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Movimenti – Bewegungen I

Akten der Fachdidaktischen Sektion des Deutschen Italianistentags 2022

0414
2025
978-3-3811-3032-0
978-3-3811-3031-3
Gunter Narr Verlag 
Domenica Elisa Cicala
Andrea Klinkner
10.24053/9783381130320

Der Band bietet eine Überarbeitung eines Teils der Beiträge, die im Rahmen der Sektion Fachdidaktik des XII. Kongresses des deutschen Italianistenverbands vom 10. bis 12. März 2022 an der Ludwig-Maximilians-Universität München abgehalten wurden. Das Thema Movimenti - Bewegungen wird im Hinblick auf das Lehren und Lernen der italienischen Sprache behandelt, wobei interessante Überlegungen und nützliche Anregungen zu Theorie und didaktischer Praxis angeboten werden. Unter den vielfältigen Perspektiven, die sich dabei herauskristallisiert haben, wird Bewegung u.a. als Zirkulation von Ideen, als Kombination von Ansätzen in mehrsprachigen Aufgaben, als Austausch in virtuellen Räumen, als literarische Reise sowie als intertextueller und interkultureller Weg verstanden, um grundlegende Inhalte im Zusammenhang mit der Geschichte, Kultur und Gesellschaft Italiens zu behandeln.

<?page no="0"?> 1 ISBN 978-3-381-13031-3 Der Band bietet eine Überarbeitung eines Teils der Vorträge, die im Rahmen der Sektion Fachdidaktik des XII. Kongresses des deutschen Italianistenverbands vom 10. bis 12. März 2022 an der Ludwig-Maximilians-Universität München gehalten wurden. Das Thema Movimenti - Bewegungen wird im Hinblick auf das Lehren und Lernen der italienischen Sprache behandelt, wobei interessante Überlegungen und nützliche Anregungen zu Theorie und didaktischer Praxis angeboten werden. Unter den vielfältigen Perspektiven, die sich dabei herauskristallisiert haben, wird Bewegung u. a. als Zirkulation von Ideen, als Kombination von Ansätzen in mehrsprachigen Aufgaben, als Austausch in virtuellen Räumen, als literarische Reise sowie als intertextueller und interkultureller Weg verstanden, um grundlegende Inhalte im Zusammenhang mit der Geschichte, Kultur und Gesellschaft Italiens zu behandeln. 1 Cicala / Klinkner (Hrsg. / A cura di) Movimenti - Bewegungen I Domenica Elisa Cicala / Andrea Klinkner (Hrsg. / A cura di) Movimenti - Bewegungen I Akten der Fachdidaktischen Sektion des Deutschen Italianistentags 2022 <?page no="1"?> Movimenti - Bewegungen I <?page no="2"?> Herausgegeben von: Barbara Kuhn ( Eichstätt) 1 <?page no="3"?> Domenica Elisa Cicala / Andrea Klinkner (Hrsg. / A cura di) Movimenti - Bewegungen I Akten der Fachdidaktischen Sektion des Deutschen Italianistentags 2022 <?page no="4"?> Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783381130320 © 2025 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Druck: Elanders Waiblingen GmbH Layout: Dr. Ursula Winter ISSN 3052-1459 Umschlagabbildung mit freundlicher Genehmigung von ILLUSTRELLA bildgestaltung | www.illustrella.de Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. ISBN 978-3-381-13031-3 (Print) ISBN 978-3-381-13032-0 (ePDF) ISBN 978-3-381-13033-7 (ePub) <?page no="5"?> Indice Domenica Elisa Cicala Introduzione. Movimenti nella didattica dell’italiano come lingua straniera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Donatella Troncarelli Movimento e rinnovamento nella didattica dell’italiano L2 . . . . . . . . . . . . . 23 Marco Mezzadri Linguistica educativa e neuroscienze: percorsi traslazionali . . . . . . . . . . . . . 41 Roland Issler Maschere della vita in movimento - neue Zugänge zu Pirandello. Ein Beitrag zur italienischen Literaturwissenschaft und Lyrikdidaktik . . . . . . . 59 Christoph Oliver Mayer Immersiver Literaturunterricht als Spurensuche: Das Beispiel Massimo Zamboni . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Fausto De Michele Apprendimento collaborativo della letteratura nell’era della surmodernità 105 Anna Castelli Mossa d’anticipo. Testi letterari e la dinamica lettura-comprensioneproduzione scritta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Eva M. Hirzinger-Unterrainer Das Potential von tasks für einen mehrsprachigkeitssensiblen Italienischunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Tatiana Bisanti Road movie all’italiana. Padri e figli on the road . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 María Belén Hernández González I road movie nell’aula di cultura italiana come LS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 5 <?page no="6"?> Dagmar Reichardt Die Geburtsstunde der «Italophonie»: Zur Nutzung fremdsprachendidaktischer Transkulturalitätsparameter im Italienischunterricht als Zweit-, Dritt- und Fremdsprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Vittorio Prada Strategien zum Gewinn der Wählerstimmen in Italien. Populistische Rhetorik im neuen Millennium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Melinda Veggian #VisitiamociOnline: ein Praxisbeispiel zur Förderung authentischer Kommunikation im Italienischunterricht über die Plattform eTwinning . . 285 Andrea Klinkner Nachwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 6 <?page no="7"?> Domenica Elisa Cicala (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt) Introduzione Movimenti nella didattica dell’italiano come lingua straniera Il presente volume raccoglie la rielaborazione di parte degli interventi tenuti nell’ambito della sezione di didattica del XII Convegno dell’Associazione Germanofona degli Italianisti, tenutosi presso l’Università Ludwig Maximilian di Monaco di Baviera dal 10 al 12 marzo 2022. Previsto per il 2020, ma posticipato di due anni a causa del diffondersi del coronavirus, con l’auspicio di un ritorno alla normalità il congresso si è svolto in presenza, garantendo mediante una modalità ibrida la partecipazione da remoto a quanti erano impossibilitati a spostarsi fisicamente. Dopo l’esperienza della pandemia da Covid-19 - segnata da chiusure, confinamenti e immobilità - la trattazione del tema Movimenti/ Bewegungen si è arricchita di nuove prospettive, includendo aspetti legati a esperienze formative e professionali fatte dai singoli negli anni precedenti e, in particolare, durante i periodi di lockdown, contraddistinti dalla necessità di muoversi in spazi virtuali, navigare in rete, far circolare idee su piattaforme digitali. Circostanza privilegiata di confronto e discussione, i lavori della sezione hanno consentito un proficuo scambio di opinioni su un ampio ventaglio di sfaccettature connesse all’idea di movimento. Se, infatti, si prende in esame l’argomento in relazione all’insegnamento e all’apprendimento dell’italiano, variegati e complementari risultano gli ambiti tematici suscettibili di riflessione e approfondimento. Tra gli input forniti in modo schematico nel call for papers come possibile spunto di indagine si richiamano i seguenti, qui esposti in maniera più approfondita. In primo luogo, il concetto di movimento può essere associato alla diffusione di concezioni e tendenze metodologiche nell’insegnamento della lingua italiana, influenzato - non solo oggi in rapporto a costanti processi di transizione tecnolo- 7 <?page no="8"?> Domenica Elisa Cicala gica e digitalizzazione - dal progresso dei mezzi di comunicazione. Nel tracciare alcune linee di evoluzione nella storia della moderna glottodidattica, fra le altre, è all’immagine del movimento del pendolo che si è fatto ricorso per visualizzare lo sviluppo di correnti di pensiero e modelli didattici, i cui influssi si possono rintracciare in diversi momenti nel corso del tempo. Come specificano Diadori/ Vignozzi (2011: 35-36) - rifacendosi a un diagramma, proposto da Marianne Celce-Murcia nella relazione Language Teaching Methods from the Ancient Greeks to Gattegno tenuta alla TESOL Convention nel 1978, ripreso e adattato da Balboni (1985: 36) - all’oscillazione pendolare, che prevede l’alternarsi di fasi di analisi della lingua a fasi di uso della stessa, si aggiunge un movimento di avanzamento glottodidattico, per cui nel ripercorrere posizioni antecedenti ci si muove su un piano più elevato, in cui sono tangibili tracce lasciate dai singoli momenti sui successivi. In un’interpretazione non rigida del movimento del pendolo è possibile affermare che, legato al cambiamento di approcci e metodi, fra innovazione e ripresa della tradizione, l’insegnamento di una lingua straniera è stato e continua a essere influenzato dal diffondersi di teorie linguistiche e modelli glottodidattici che, nell’ottica di un miglioramento, prevedono una sorta di spostamento in avanti con variazioni che presuppongono il percorso compiuto. Così, ad esempio, le novità dell’approccio comunicativo degli anni Settanta del secolo scorso vanno ricollegate ai metodi situazionale e nozionale-funzionale precedenti, di cui riprendono l’uso della lingua in situazioni comunicative legate alla vita quotidiana (cfr. Balboni 2012: 28-34; Bosisio 2014: 208). Il movimento, reso simbolicamente da tre frecce che collegano i vertici del cosiddetto «triangolo didattico», caratterizza lo spazio di azione didattica, in cui i tre fulcri rappresentati da discente, docente e lingua entrano in contatto e interagiscono (tra gli altri, cfr. Balboni 2008: 12), mentre attorno a questi tre poli costitutivi ruotano bisogni, mete formative, obiettivi didattici. A partire dall’interrelazione tra l’io e il mondo, fra i vari approcci, quello umanistico-affettivo prevede un apprendimento che pone al centro dell’attività didattica il soggetto nella sua interezza, nella misura in cui coinvolge la sua dimensione cognitiva, affettiva e motivazionale, implicando l’attivazione delle sue preconoscenze, senza trascurare, in una visione olistica (cfr. Bosisio 2005), le sue esperienze, i suoi interessi personali, nonché le sue emozioni e reazioni. Strettamente legato al piano cognitivo, il movimento come spostamento fisico dell’individuo nello spazio didattico può costituire un efficace mezzo per l’appren- 8 <?page no="9"?> Introduzione dimento linguistico. Anche sulla scia del metodo sviluppato a partire dagli anni Sessanta e Settanta da James J. Asher (cfr. Asher 1972) e noto come Total Physical Response (TPR) ovvero «Risposta Fisica Totale», nell’acquisizione di una lingua straniera risultano da evidenziare i vantaggi dell’apprendimento attraverso il movimento (fra gli altri, cfr. Glas 2019: 207-209). Grazie all’integrazione tra stimolo linguistico e movimento fisico, tra parola e gesto, si attiva una stretta combinazione tra processi cognitivi e risposta psicomotoria, finalizzata all’esecuzione di istruzioni verbali, per lo svolgimento di attività che prevedono la necessità di muoversi in classe ovvero l’inserimento di movimenti giocosi che possono contribuire a facilitare l’apprendimento (cfr. Visciola 1998). A tal proposito, non trascurabili si rivelano le riflessioni didattiche legate alla progettazione degli ambienti destinati all’apprendimento delle lingue straniere, trattandosi spesso di spazi che, organizzati in modo rigido e statico, di fatto finiscono per vincolare la mobilità e le attività dei gruppi di lavoro (cfr. Limone 2012; Maugeri 2015, 2017). Da un punto di vista metodologico occorre altresì ribadire le potenzialità di forme ludiche, come l’impiego di piste cifrate o labirinti (cfr. Mollica 2010: 65-72, 163-170), giochi di ruolo, simulazioni e drammatizzazioni che stimolano un coinvolgimento multisensoriale e promuovono l’espressività. In particolare, apprendere una lingua mediante esperienze teatrali consente di attivare aspetti emotivi e relazionali, migliorare la pronuncia e l’intonazione, conoscere e usare codici verbali e non verbali (cfr. Gilardi/ Rohrbach/ Sauter 2005: 207-225). In generale, nella lezione di lingua straniera, il gesto come atto comunicativo assume un valore straordinario, da conoscere e interpretare nella maniera opportuna, anche tenendo conto di possibili differenze interculturali per evitare fraintendimenti e cultural incidents. Nella classe di italiano appare, perciò, indispensabile approfondire, fra le altre, le dimensioni cinesica e prossemica, analizzando i diversi significati da attribuire a mimica e gestualità, nell’ottica di un’educazione integrale alla lingua e alla componente non verbale (cfr. Caon 2010; Nobili 2019). Se scelto come argomento della lezione di italiano, il tema «movimenti» permette di affrontare da una prospettiva intere transculturale interessanti tematiche legate alla storia, alla cultura e alla società dell’Italia, meta di viaggi e luogo di vacanze, terra di emigrazione e immigrazione, da inserire nel «movimentato quadro europeo» (Reichardt/ Moll 2018: 13). A livello curriculare svariate possono essere le indicazioni in merito alle ondate migratorie che in passato hanno coinvolto e ai nostri giorni continuano a interessare il Mediterraneo e le varie regioni italiane. A 9 <?page no="10"?> Domenica Elisa Cicala titolo esemplificativo: nelle linee guida ministeriali previste sia in Baviera sia nella Renania-Palatinato per l’italiano studiato come terza lingua straniera, tra gli ambiti tematici indicati per lo sviluppo delle competenze comunicative viene espressamente elencato il tema dei flussi migratori dall’Italia, verso l’Italia o all’interno delle varie regioni italiane sia nel XIX secolo sia nella società attuale; oltre alle motivazioni e alle conseguenze dei fenomeni migratori, si menziona il ruolo dell’Italia come Paese meta ovvero come terra di transito 1 . Uno strumento privilegiato per accostarsi alla realtà socio-culturale del Belpaese costituisce senz’altro il cinema italiano che, in una successione di immagini in movimento in cui si intrecciano parole e gesti, suoni e silenzi, musiche e rumori, si propone di raccontare storie, ma anche di intrattenere e divertire. Attraverso il cinema si può favorire in maniera oculata il dialogo interculturale, in un processo dinamico aperto a incontri e nuovi sviluppi all’insegna di pluralità e inclusione (cfr. Diadori/ Micheli 2010; Vedovelli 2017: 5-32; Carpiceci 2020). Riguardo al tema del movimento nello spazio sia esterno sia interiore, un angolo di osservazione specifico è contenuto nei film che fanno del viaggio on the road il cardine tematico attorno a cui ruota la trama e la caratterizzazione dei personaggi. Inoltre, l’uso didattico di brani musicali permette di sfruttare il connubio tra ritmo e testo, consentendone la combinazione anche con le immagini dei videoclip; per quanto concerne l’impiego di canzoni nella lezione di lingua straniera ai vantaggi motivazionali vanno accostati quelli neurolinguistici, per cui la musica - grazie alla suddivisione del tempo e alla successione delle battute - può favorire la stabilizzazione dell’informazione in memoria e agevolare, mediante la ripetizione, la produzione linguistica (cfr. Falkenhagen/ Volkmann 2019; Cicala 2020: 217-223). Contrario di immobilità e stasi, il movimento come scansione nell’ordine di introduzione di contenuti grammaticali, morfologico-sintattici e lessicali contraddistingue l’azione didattica, alla luce di quadri di riferimento, programmi ministeriali, livelli di competenza, obiettivi linguistici e comunicativi da perseguire e raggiungere. Nello specifico, se si prendono in considerazione i libri di testo usati a lezione, mentre da una parte la ripetizione si può riscontrare a proposito di determinati argomenti grammaticali, talora suddivisi e riproposti in apposite pagine di 1 Cfr. https: / / www.lehrplanplus.bayern.de/ fachlehrplan/ gymnasium/ 13/ italienisch/ erhoeht (ultimo accesso: 11/ 11/ 2023): «Italien als Ziel- und Transitland». Cfr. https: / / fremdsprachen.bildung-rp.de/ fileadmin/ user_upload/ fremdsprachen.bildung-rp.de/ Broschuere_Lehrplan_italienisch_DIN_A4_ korrigiertSchluss.pdf (ultimo accesso: 11/ 11/ 2023): «Italien als Einwanderungsland». 10 <?page no="11"?> Introduzione ripasso e riepilogo, dall’altra parte la progressione è ravvisabile non solo in merito alla trattazione di argomenti di cultura e civiltà, ma anche circa le tipologie testuali proposte. In un crescendo nel grado di difficoltà, in quella che può essere definita «progressione verso l’alto», l’apprendimento linguistico prevede delle tappe legate a descrittori dei livelli di competenza, a linee guida e repertori che per l’insegnante fungono da orientamento e da parametri di riferimento per la programmazione dell’attività didattica e per «andare avanti» procedendo con la spiegazione dei singoli argomenti. Nel caso di mancanza di progressione nell’apprendimento della lingua meta si parla, invece, di stabilizzazione dell’interlingua che dà luogo a processi di fossilizzazione (cfr. Ciliberti 2012: 29, 266). Va detto, infine, che nella pianificazione di curricula che rispecchiano un approccio orientato all’azione, a imporsi è una progressione non lineare di nozioni e strutture linguistiche, bensì organizzata attorno ai bisogni comunicativi del discente 2 , in un orientamento alla vita reale e allo svolgimento di compiti di realtà (cfr. Consiglio d’Europa 2002: 11-13; Consiglio d’Europa 2020: 23). Restringendo il campo di ricerca, nel lessico d’uso frequente con cui ogni apprendente non madrelingua è chiamato a confrontarsi sin dai primi contatti con l’italiano rientrano i cosiddetti «verbi di moto o movimento», che esprimono il cambiamento di posizione di una persona, un animale o una cosa da un punto a un altro nello spazio o nel tempo. Fra i più importanti, «andare» e «venire» si integrano da un punto di vista semantico nella specificazione della direzione, nel senso che il primo verbo significa recarsi verso un luogo o presso qualcuno, mentre il secondo verbo esprime l’atto del muoversi verso la persona che parla o con cui si parla. Per chi studia la lingua italiana un discorso alquanto complesso può essere costituito dall’uso della preposizione adatta - tra cui, nel caso in questione, a, in, da, per - in relazione al complemento di moto. Un’indagine concernente le metodologie didattiche impiegate nelle grammatiche in uso nell’insegnamento dell’italiano L2/ LS induce a interrogarsi sul ruolo da attribuire a modalità deduttive o induttive, nonché a strategie utili e proficue per facilitarne l’acquisizione (tra i molti, cfr. Andorno 2008; Palermo 2015: 175-183; Serena 2018). *** 2 Per agevolare la lettura in questa sede e nei saggi in lingua italiana qui pubblicati si predilige l’uso del maschile sovraesteso. 11 <?page no="12"?> Domenica Elisa Cicala Per dare una panoramica delle tematiche oggetto dei dodici saggi pubblicati in questo libro e che, come anticipato, ampliano le relazioni presentate in sede di convegno, si schizzano di seguito i contenuti dei singoli contributi, facendo risaltare in una sorta di filo rosso varie accezioni del termine «movimento» e diverse possibilità di declinazione del concetto applicato alla didattica dell’italiano come L2/ LS. Movimento come circolazione di idee Inteso come atto del muovere o del muoversi, il movimento è sinonimo di spostamento e, come detto, può riferirsi non solo a persone, ma anche a correnti di pensiero e metodologie sviluppate e applicate nel corso del tempo. In tal senso, il saggio di Donatella Troncarelli inquadra il concetto di movimento come moto propulsore alla base della circolazione di idee che portano all’evoluzione della didattica della lingua italiana rivolta a un pubblico straniero. Nel ricostruire alcune delle principali fasi dello sviluppo storico dell’insegnamento dell’italiano come lingua seconda, l’autrice ripercorre a grandi linee le maggiori trasformazioni che interessano sia il piano istituzionale - dall’attività della cattedra di Toscana favella, istituita nel 1588-1589 a Siena da parte del Granduca Ferdinando I de’ Medici e chiusa nel 1743, alla Scuola di lingua e cultura italiana inaugurata a Siena nel 1917, ai corsi di Cultura Superiore offerti a Perugia dal 1921 e poi inclusi nell’offerta formativa della Regia Università Italiana per Stranieri, ivi istituita nel 1926 - sia il punto di vista socio-culturale. A riguardo, si fa cenno, ad esempio, prima allo studio dell’italiano da parte di stranieri che nell’ambito del Grand tour giungevano in Italia, poi ai vari movimenti migratori verso l’estero ovvero verso l’Italia, per giungere a considerare la mobilità internazionale degli studenti a partire dall’avvio del Programma Erasmus nel 1987 e infine concludere con accenni alla didattica online e al movimento nello spazio della rete. Emerge, dunque, come il rinnovamento nella didattica dell’italiano sia intrinsecamente connesso con dinamiche di spostamento che apportano stimoli determinanti in termini di arricchimento culturale e innovazione metodologica. Movimento come avvicinamento tra due ambiti disciplinari All’interazione tra la linguistica educativa e la branca delle neuroscienze che si occupa della natura incarnata (embodied) del linguaggio è dedicato il saggio di Marco Mezzadri. Illustrando la complessità del rapporto tra i due settori, l’autore si interroga sulla costruzione di sinergie per avviare nuove interazioni interdiscipli- 12 <?page no="13"?> Introduzione nari. Nel tracciare le coordinate di riferimento teorico entro cui poter collocare l’accostamento della glottodidattica alla ricerca neuroscientifica, si sofferma su alcuni punti di incontro, come quelli concernenti le strategie di apprendimento e le scelte metodologiche da effettuare sulla base dei dati sul funzionamento del cervello umano. Le dinamiche che spingono i due ambiti scientifici a entrare in contatto, inducendo la linguistica educativa ad approfondire le modalità di acquisizione di una lingua e le eventuali ricadute in ambito didattico, conducono a ribadire l’importanza di adottare nella glottodidattica una prospettiva aperta a stimoli transdisciplinari che possano dare un contributo adeguato alle esigenze pratiche concernenti i processi di apprendimento e insegnamento di una lingua. Tratteggiando le implicazioni procedurali della Teoria dell’embodiment nell’insegnamento di una lingua straniera, il contributo sottolinea come elemento centrale il ruolo dell’esperienza sensoriale e motoria dell’apprendente, nella convinzione che l’approccio incarnato alla lingua possa continuare a fornire evidenze empiriche da tradurre in nuove pratiche didattiche. Movimento come iter intertestuale A schizzare possibili tappe di un percorso nella produzione lirica di Luigi Pirandello è il contributo di Roland Issler che, a partire dalla constatazione di come l’agrigentino sia conosciuto in primis per le sue opere teatrali e narrative, evidenzia il potenziale didattico, il valore comunicativo e l’apporto formativo riscontrabile nei versi selezionati. In particolare, nel saggio si riflette sul significato del genere poetico per Pirandello, i cui versi possono essere letti non solo come sintesi che anticipa aspetti tematici che ricorrono nella sua produzione successiva, ma anche come ampliamento e complemento che accompagna l’attività letteraria dello scrittore. Pur non tacendo la complessità dei testi pirandelliani, l’autore accenna all’opportunità di un uso didattico di testi poetici finalizzati alla produzione scritta, all’approfondimento di carattere storico e interculturale, al confronto con proprie esperienze personali, legate, ad esempio, a rapporti interpersonali oppure alla rappresentazione di sé. Le diverse sfaccettature dell’io che nel corso dell’esistenza assume maschere poliedriche, divenendo nessuno e, al tempo stesso, centomila, possono fungere da input formativo e spunto di riflessione per contribuire allo sviluppo della personalità dell’apprendente. 13 <?page no="14"?> Domenica Elisa Cicala Movimento come viaggio letterario ed esperienza immersiva in un luogo Che la letteratura di per sé consenta di intraprendere viaggi in spazi altri ed entrare in contatto con atmosfere suggestive è, per così dire, la premessa del saggio di Christoph Oliver Mayer. A riprova di come l’insegnamento immersivo della letteratura comporti una dimensione spaziale e includa un bagaglio di memoria culturale collettiva che può fornire un valido apporto allo studio della storia letteraria, in maniera esemplificativa, si indaga la fattibilità di identificare ambienti reali, ricostruire ovvero decostruire posti storici, andando alla ricerca di tracce letterarie nei luoghi descritti nel romanzo Nessuna voce dentro. Un’estate a Berlino Ovest, scritto da Massimo Zamboni e uscito a Torino presso Einaudi nel 2017. Le esperienze vissute dallo scrittore a Berlino, i suoi spostamenti per le strade della città, i monumenti visitati, i locali frequentati e i panorami osservati agli inizi degli anni ’80 sembrano riversarsi sulla pagina, così che la narrazione risulta intrisa di componenti topografiche e toponimiche riconoscibili e legate alla parabola biografica dell’autore. Un ulteriore elemento a cui si fa riferimento nel saggio è la componente musicale, mediante rinvii alla musica popolare, pop e rock che nel romanzo rimandano ai racconti di viaggio e ai romanzi di Pier Vittorio Tondelli. Accostarsi all’opera letteraria tramite immagini che visualizzano i luoghi (siano esse foto d’archivio oppure vedute reali da Google Street View) permette una localizzazione spaziale che può suscitare interesse e facilitare la comprensione del testo letterario. Movimento come passaggio dalla superficie alla profondità dei contenuti Un taglio empirico caratterizza il contributo di Fausto De Michele che riassume alcuni momenti di esperienze didattiche condotte nell’ambito di due seminari universitari, uno dedicato alla traduzione letteraria per studenti di Lingue e Letterature romanze dell’università di Graz e l’altro riguardante le rappresentazioni del diavolo in diversi contesti della cultura occidentale, rivolto a studenti di Comparatistica dell’università di Vienna. Ragionando sull’efficacia di metodi utilizzabili a lezione oggi, in quella che con Augé (2009) viene definita l’era della surmodernità, l’articolo si concentra sui vantaggi riscontrati in aula grazie alla messa in pratica del metodo cooperativo e del metodo collaborativo. Oltre che in termini motivazionali, la validità dell’esperienza condivisa viene riconosciuta sia da parte degli apprendenti sia da quella del docente non solo nell’acquisizione di un ampio bagaglio di conoscenze e di consapevolezza, ma anche nel tentativo di confrontarsi con 14 <?page no="15"?> Introduzione il testo letterario, passando da un contatto veloce e superficiale a un’analisi accurata che, con il supporto di attività di scaffolding, possa condurre a una dettagliata comprensione testuale, richiedendo di scendere in profondità. Movimento come spostamento di una fase dell’unità di lavoro Mediante un’azione di scomposizione e ricomposizione delle fasi di lavoro con un testo letterario, Anna Castelli articola l’argomentazione del suo contributo attorno all’idea di movimento come mossa d’anticipo che sposta in avanti la guida alla comprensione del testo. Scardinata la scansione tradizionale che nei manuali di italiano a stranieri, dopo la presentazione del testo e la guida alla comprensione, prevede un’attività di analisi che sfocia nella produzione scritta, l’unità qui illustrata prevede l’anticipazione di un’attività linguistica preparatoria sul lessico. A essa segue lo svolgimento di un’attività di produzione scritta, prima di iniziare a lavorare con il testo letterario, a cui succede l’ultima fase del confronto come momento di comprensione e riflessione sui procedimenti creativi messi in atto. La proposta, realizzata a partire da un brano del romanzo Storia della bambina perduta, pubblicato a Roma da Elena Ferrante nel 2014, messa in pratica in corsi di livello C1, è accompagnata dalle attività svolte e da estratti del feedback degli studenti in merito a una selezione di aspetti dell’apprendimento letterario sviluppati da Kaspar H. Spinner (2006). Movimento come incontro e combinazione di approcci in tasks plurilingue A proporre un’integrazione tra l’approccio plurilingue e la didattica per task ovvero l’insegnamento dell’italiano come lingua straniera tramite tasks plurilingue è il contributo di Eva M. Hirzinger-Unterrainer. Con il proposito di contribuire a colmare una lacuna che si lascia riscontrare tanto nell’ambito degli studi scientifici sull’argomento quanto in libri di testo, l’indagine focalizza l’attenzione in prima linea su varie applicazioni pratiche della didattica plurilingue in contesti germanofoni, per sottolineare i fattori - tra cui, secondo il modello di Hufeisen (2020), quelli neurofisiologici, emotivi e cognitivi, come anche quelli legati all’apprendimento linguistico, ovvero la consapevolezza (meta)linguistica e le strategie d’apprendimento - che possono esercitare influenza sul processo di acquisizione di una prima o di una seconda lingua straniera. Nella parte finale del saggio, mediante la proposta di un esempio di tasks plurilingue per il livello A1, si applica la struttura del task cycle di Willis/ Willis (2012), prevedendo una fase prima e 15 <?page no="16"?> Domenica Elisa Cicala una dopo il task, e si fornisce uno spunto concreto per riflettere sulle potenzialità di compiti che richiedono l’utilizzo di più lingue nella lezione di italiano come lingua straniera con l’obiettivo di ampliare il repertorio multilingue e multiculturale dei discenti. Movimento come itinerario di crescita in film on the road Delineando le caratteristiche riconoscibili e distintive dei film che rientrano nel genere ibrido e trasversale del road movie, il saggio di Tatiana Bisanti verte non solo sul significato della strada, protagonista principale che diviene simbolo sia di pericolo che di libertà, ma anche sulla rilevante dimensione del movimento sia esteriore che interiore, per puntualizzare alcune delle costanti tematiche e stilistiche ravvisabili nel genere, nonostante la sua intrinseca dinamicità. Nel sintetizzare percorsi didattici realizzabili nella lezione di italiano L2/ LS, l’autrice elenca proposte concernenti un corpus cinematografico di riferimento, indicato in relazione a diversi macrogruppi in cui possono essere inserite varie declinazioni del road movie all’italiana. Tra i filoni menzionati, possono essere messi in rilievo quello in cui le pellicole trattano il tema della migrazione e dell’incontro interculturale, nelle quali il viaggio è spesso una fuga dettata da necessità e costrizione, ovvero il filone di film in cui il viaggio sulla strada offre un’opportunità di crescita e formazione dei protagonisti alle prese con conflitti interpersonali, familiari e intergenerazionali, soprattutto tra padre e figlio. Concentrandosi sulla trama di una selezione di sei road movies, il contributo fa emergere l’evoluzione ravvisabile nei ruoli e stereotipi di genere nella società italiana che trovano un rispecchiamento sullo schermo cinematografico. L’articolo mostra, pertanto, come il viaggio possa essere letto come metafora di ribellione e trasgressione, ma anche come apertura all’incontro e occasione di inclusione, in una strada che si fa sinonimo di spazio sospeso. Movimento come successione di immagini cinematografiche in road movies Ad approfondire il potenziale didattico di una selezione di film che hanno la strada come uno dei luoghi di ambientazione è anche il saggio di María Belén Hernández González. Nella sintesi dei contenuti e obiettivi didattici perseguiti nell’ambito di un corso tenuto all’università di Murcia e dedicato alla cultura e alla società italiana, l’autrice commenta in maniera esemplificativa delle proposte concrete di attività svolte in aula a partire dai film Il sorpasso (1962), Basilicata coast to coast (2010) e La pazza gioia (2016), e dimostra come il cinema, intrinsecamente legato al con- 16 <?page no="17"?> Introduzione cetto di movimento, possa essere integrato nella didattica dell’italiano a stranieri e, in quanto documento autentico, essere usato come strumento per potenziare competenze interculturali. Nel privilegiare la componente pratica, nel contributo si forniscono informazioni tecniche, contenutistiche e metodologiche utili all’uso di sequenze filmiche tratte dalle tre pellicole e si spiega come le scene selezionate consentano in modo efficace di tematizzare la dinamicità della società italiana alle prese con sfide e problematiche di diverso genere, prendendo le mosse dal viaggio reale e interiore di personaggi alla ricerca di risposte esistenziali. Movimento come espressione culturale alla base del concetto di «italofonia» Il carattere imprescindibile di discorsi transculturali nella didattica dell’italiano come lingua straniera, lingua seconda o lingua terza è ribadito nel saggio di Dagmar Reichardt. Oltre ad auspicare l’istituzione di un’organizzazione che - sulla scia di quelle che riguardano, ad esempio, il mondo anglofono, francofono o ispanofono, ovvero il Commonwealth of Nation, il progetto OIF, ossia Organisation internationale de la Francophonie, oppure l’organizzazione internazionale OEI, Organización de Estados Iberoamericanos - l’autrice propone di porre al centro di una prospettiva transculturale l’italofonia ovvero l’Italia intesa nei suoi legami culturali e sociologici sul piano internazionale. Interrogandosi sul tipo di cultura di cui l’attuale società globalizzata ha bisogno, il contributo contiene una visione panoramica di una selezione di pubblicazioni, uscite negli ultimi due decenni e relative alla didattica dell’italiano in ottica transculturale, e illustra dei percorsi con cui affrontare a vari livelli di competenza linguistica molte tematiche transculturali. Tra queste, ad esempio, la Sicilia come crocevia di culture oppure la questione migratoria in ottica postcoloniale. Interpretata come parametro essenziale che in chiave postmoderna coinvolge non solo la dimensione linguistica, ma anche quella sociale pedagogica e psicologica identitaria, la prospettiva transculturale permette di integrare argomenti interdisciplinari, vagliandoli con un taglio trans-mediale, anche in considerazione della composizione ibrida ed eterogenea delle classi di apprendenti. Movimento come cambiamento nelle strategie linguistiche della politica Il movimento immaginato come probabile spostamento di voti alla vigilia di elezioni politiche grazie a strategie retoriche populiste è oggetto dell’indagine di Vittorio Prada. Nel ripercorrere la storia della Repubblica Italiana dal 1994, anno della discesa in campo di Silvio Berlusconi, fino ai giorni nostri, l’articolo esami- 17 <?page no="18"?> Domenica Elisa Cicala na selezionate scelte linguistiche, compiute da parte dei leader dei maggiori partiti politici italiani - dal fondatore di Forza Italia, a Matteo Renzi, da Matteo Salvini a Giorgia Meloni - per ipotizzare un’evoluzione all’interno del cosiddetto «gentese», usato tanto in discorsi ufficiali quanto in messaggi sui social media. Il cambiamento del linguaggio accompagna i mutati paradigmi di riferimento: si passa così dall’immagine di ostentata superiorità dell’uomo politico a quella di una sorta di rispecchiamento dell’uomo comune, con auspicate potenzialità di identificazione, per giungere a un più spiccato carattere di personalizzazione con la prima donna in Italia nella funzione di Presidente del Consiglio. Il contributo si conclude con la disamina di alcuni spunti di attività didattiche svolte durante un seminario universitario dedicato alla cultura e alla società del Belpaese. Le considerazioni esposte confermano come la lingua, in quanto organismo vivo, sia sottoposta a un costante processo di trasformazione. Movimento come scambio in spazi virtuali Un uso competente e responsabile di strumenti digitali integrati nella lezione di italiano come lingua straniera è il tema centrale messo a fuoco nel testo di Melinda Veggian. Senza trascurare la complessità del discorso relativo allo sviluppo di competenze tramite l’e-learning, si evidenziano i risultati e le conseguenze di un utilizzo della piattaforma eTwinning per la realizzazione del progetto #Visitiamoci online, effettuato nel 2021/ 22, durato sei settimane e basato sulla cooperazione tra una classe di italiano di un liceo tedesco e una classe di tedesco di un liceo italiano. Inserito nell’ambito tematico dedicato alla descrizione della propria città, il progetto è stato finalizzato alla creazione di un prodotto bilingue e digitale, come un breve filmato oppure una presentazione con parti video e contributi audio, poi caricati online. Anche in considerazione del feedback dei discenti, il resoconto si sofferma sul carattere di sostenibilità delle strategie digitali e su vari elementi significativi, tra cui l’autenticità della comunicazione in contesti di contatto virtuale in modalità sincrona e asincrona, le tipologie di compiti 2.0 da proporre e la necessità di prevedere adeguati criteri di valutazione, il ruolo del docente come moderatore e accompagnatore che garantisce sostegno tecnico e organizzativo, nonché l’indicazione di software di traduzione automatica e l’eventuale ricorso all’inglese come lingua franca. *** 18 <?page no="19"?> Introduzione La qualità scientifica e la varietà tematica dei contributi qui raccolti dimostrano come da un punto di vista glottodidattico il tema Movimenti/ Bewegungen consenta molteplici chiavi di lettura e suggerisca una serie di interessanti associazioni che possono stimolare l’approfondimento riguardo a numerosi aspetti rilevanti legati all’insegnamento e all’apprendimento della lingua italiana. Riferimenti bibliografici Andorno, Cecilia (2008): «Insegnare e imparare l’italiano L2: quale grammatica? ». In: Grassi, Roberta/ Bozzone Costa, Rossella/ Ghezzi, Chiara (a cura di): Dagli studi sulle sequenze di acquisizione alla classe di italiano L2. Perugia: Guerra, 123-142. Asher, James John (1972): Learning Another Language Through Actions: The Complete Teacher’s Guidebook. With Classroom-tested Lessons by Carol Adamski. Los Gatos: Sky Oaks Productions. Augé, Marc (2009): Nonluoghi. Milano: Elèuthera. Balboni, Paolo E. (1985): Elementi di glottodidattica. Brescia: La Scuola. Balboni, Paolo E. (2008): Fare educazione linguistica. Attività didattiche per italiano L1 e L2, lingue straniere e lingue classiche. Torino: Utet. Balboni, Paolo E. (2012): Le sfide di Babele. Insegnare le lingue nelle società complesse. Terza edizione. Torino: Utet. Bosisio, Cristina (2005): Dagli approcci tradizionali al Quadro comune europeo di riferimento. 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Nell’era moderna, con l’affermazione della dignità dei volgari nazionali rispetto alle lingue classiche, si registrano le prime codificazioni grammaticali che consentono di elaborare grammatiche dell’italiano rivolte a un pubblico non nativo. Generalmente realizzati da insegnanti, questi materiali vanno ad affiancare «glossari e manuali per la conversazione, finalizzati a necessità comunicative pratiche e destinati essenzialmente a mercanti e pellegrini» (Palermo/ Poggiogalli 2010: 9) già in uso dal Medioevo. Tra le grammatiche cinquecentesche che hanno conosciuto una maggiore fortuna possiamo ricordare i Fondamenti del parlar toscano di Rinaldo Corso (1549), Regole della lingua fiorentina di Pierfrancesco Giambullari (1552), la grammatica De italica pronunciatione et ortographia libellus del medico gallese David Ryhs 1 . Pubblicata a Padova nel 1569, quest’ultima opera illustra i suoni e la grafia dell’italiano in un’ottica comparativa, avvalendosi del confronto con il latino e con altre lingue europee. Ryhs ricorre inoltre alle proprie conoscenze anatomiche per descrivere le caratteristiche articolatorie dei suoni. 1 Ryhs aveva studiato medicina a Siena e scrive la sua opera in latino (Maraschio 2019). 23 <?page no="24"?> Donatella Troncarelli In questa prima fase della didattica dell’italiano a stranieri, resa possibile dall’impiego di materiali come le grammatiche appena ricordate, è il rapporto privatistico tra maestro di lingua e allievo la forma più consueta di insegnamento. Verso la fine del 1500, a questa modalità formativa si aggiunge l’insegnamento istituzionale dell’italiano a stranieri con l’apertura a Siena nel 1588-1589 di una cattedra di Toscana favella da parte del Granduca Ferdinando I de’ Medici. Si tratta di un atto di politica linguistica attuato in risposta al bisogno di apprendimento dell’italiano sollecitato dal movimento che stava portando ormai da un ventennio studenti stranieri in Toscana (Maraschio 2019). La scelta di istituire la cattedra a Siena si deve alla consistente presenza nell’ateneo cittadino di studenti tedeschi (Caruso 2009, Cialdini 2016), ma anche al dibattito sulla questione della lingua a cui la scuola senese aveva preso parte 2 . Lo studio superiore della lingua toscana appare dunque come un’occasione ulteriore per riflettere su questioni linguistiche, come documentano orazioni, lezioni e grammatiche prodotte per la cattedra (Maraschio 2019). L’insegnamento a un pubblico straniero colto, interessato allo studio dell’italiano anche per utilizzarlo nelle interazioni quotidiane, promuove la ricerca di strumenti didattici adatti e favorisce la sperimentazione di nuove metodologie di formazione, sebbene l’approccio utilizzato per l’insegnamento rimanga quello formalistico, centrato sulla conoscenza grammaticale, affiancata da esercizi di traduzione. Tra i materiali didattici realizzati per questo contesto di apprendimento si ricordano la grammatica di Girolamo Buoninsegni (1618) e quella di Giulio Piccolomini, lettore alla cattedra dal 1627 al 1648. Questi e altri strumenti, pur avendo come riferimento la tradizione colta, prendono anche in considerazione e valorizzano gli usi della lingua parlata, mirando alla spendibilità degli apprendimenti nella vita quotidiana (Vedovelli 2002). La cattedra di Toscana favella viene chiusa nel 1743, ma nel frattempo aveva preso piede il Grand tour che dal XVII sec. portava in Italia giovani dell’aristocrazia europea per completare la propria formazione culturale. Si tratta di un pubblico che, come quello dei secoli precedenti, è spinto da motivazioni prevalentemente intellettuali e colte a imparare l’italiano e a compiere il viaggio nel bel Paese. In questo secolo comunque anche uomini d’affari e commercianti compaiono come 2 Per un approfondimento delle implicazioni connesse all’istituzione della cattedra vedi Vedovelli (2002: 40-42). La scelta di avviare il primo insegnamento istituzionale dell’italiano a Siena, a parere di Vedovelli, è legata alle soluzioni che privilegiavano gli usi linguistici vivi di un’area toscana più vasta, contrapposte dalla scuola senese nel dibattito sulla questione della lingua alla posizione di Bembo, centrata sulla lingua letteraria e sul fiorentino. 24 <?page no="25"?> Movimento e rinnovamento nella didattica dell’italiano L2 destinatari dei materiali elaborati per l’insegnamento dell’italiano, come si evince dalle prefazioni delle grammatiche dell’epoca (Palermo/ Poggiogalli 2010). Dalla seconda metà del ’700 alla prima metà dell’800 rimane forte l’interesse verso l’italiano da parte del pubblico con motivazioni culturali e viva la moda di svolgere il viaggio di formazione in Italia. Un interesse intensificato dal Romanticismo che porta a un periodo fecondo nella produzione di grammatiche e materiali per l’insegnamento dell’italiano in vari Paesi europei 3 . 2 La nascita di istituzioni per l’insegnamento dell’italiano a stranieri in Italia nel 1900 Agli inizi del ’900 la motivazione culturale rappresenta sempre la maggiore spinta allo studio dell’italiano da parte di stranieri, favorendo la nascita di istituzioni che offrono l’insegnamento della lingua in territori in grado di attirare viaggiatori per la ricchezza del proprio patrimonio artistico e culturale. Il pubblico a cui si rivolge la Scuola di lingua e cultura italiana di Siena, che inaugura la propria attività formativa il 1 agosto 1917, è dunque rappresentato da stranieri colti, in viaggio in Italia, interessati al ricco retaggio storico e culturale toscano, i quali possono apprezzarlo meglio attraverso la padronanza della lingua. L’apertura del primo corso estivo di «Lingua e letteratura italiana per gli stranieri delle nazioni alleate» da parte dell’istituzione senese, rappresenta una data rilevante poiché segna l’inizio dell’attività di insegnamento dell’italiano L2 sul territorio nazionale dello stato unitario (Vedovelli 2002). Impegnato in questioni relative alla diffusione della lingua nazionale tra i propri cittadini, il giovane stato italiano non ha infatti ancora rivolto l’attenzione alla diffusione dell’italiano a stranieri in Italia 4 , pertanto l’iniziativa senese trova subito una buona accoglienza ricevendo il riconoscimento dal Ministero della Pubblica Istruzione. L’offerta formativa della Scuola è ovviamente caratterizzata dal binomio lingua e cultura. Accanto a lezioni di grammatica, lettura, pronuncia e traduzione, svolte a partire da brani 3 Palermo/ Poggiogalli (2010) segnalano la grande crescita della pubblicazione di grammatiche e manuali di italiano per stranieri in Germania e Spagna tra il 1750 e il 1850. 4 A Perugia i corsi di «Cultura Superiore» per stranieri iniziano nel 1921 mentre la Regia Università Italiana per Stranieri di Perugia che includerà nella propria offerta formativa anche corsi di lingua italiana verrà istituita nel 1926 (Covino 2018). 25 <?page no="26"?> Donatella Troncarelli letterari, il programma dei corsi prevede Lecturae Dantis, lezioni di Storia della letteratura, Storia dell’arte e visite guidate a luoghi di interesse artistico e culturale (Troncarelli 2019). Il 25 marzo 1926 (con R.D. n. 680) è istituita la Regia Università Italiana per Stranieri a Perugia, dove già si tenevano dal settembre 1921 corsi di «Cultura Superiore» rivolti a studenti stranieri. L’Umbria come la Toscana attraeva un turismo d’élite con interessi artistici e culturali (Covino 2018), per cui viene affidato a questa nuova istituzione il compito di diffondere la «conoscenza dell’Italia in tutte le sue manifestazioni passate e presenti: la lingua, la storia, la letteratura, le arti, le istituzioni politiche, il pensiero scientifico, le antichità italiche ed etrusche» come è indicato all’art. 1 nel R.D. I corsi sono articolati in tre livelli di apprendimento e a partire dal 1927, il corso per principianti viene affidato a Romano Guarnieri, che risiedeva in Olanda fin dai primi anni del 1900 dove svolgeva attività di lettore e libero docente in vari atenei 5 . Guarnieri sviluppa un metodo proprio, che sperimenta dapprima con gli studenti olandesi e poi con quelli provenienti da varie parti del mondo dell’Università di Perugia. Si tratta di un metodo ascrivibile all’approccio naturale, assimilabile a quello diretto, che accorda priorità alle abilità audio-orali, fa uso di pratiche ostensive-descrittive, ricorre alla drammatizzazione e alla ripetizione corale per favorire la memorizzazione e l’impiego della lingua. La grammatica è insegnata in modo esplicito ma con procedimenti induttivi che impiegano pochi schemi essenziali per presentare le forme linguistiche 6 . L’insegnamento è realizzato utilizzando sempre la lingua italiana ed evitando il ricorso alla traduzione. Il primo livello di apprendimento, svolto secondo queste indicazioni metodologiche, permette allo studente di passare dopo sei settimane al secondo livello di corso in cui le lezioni di lingua sono affiancate a quelle di storia e letteratura. La Scuola di lingua e cultura italiana per Stranieri di Siena continua invece a offrire, negli anni successivi alla sua istituzione, corsi per due livelli di apprendimento, ampliando il proprio pubblico a stranieri che provengono da vari paesi europei, adottando sempre un approccio formalistico ma alla ricerca di soluzioni metodologiche innovative. I corsi non si arrestano neanche durante il secondo conflitto mondiale e negli anni 1944 e 1945 hanno come destinatari, in mancanza di turisti stranieri, i militari degli eserciti alleati che, rispetto al pubblico consueto 5 Nel 1934 Guarnieri diventa Professore a Utrecht. 6 Il metodo Guarnieri non prevedeva l’uso di manuali ma di materiali grigi, ovvero materiali appositamente predisposti dal docente. 26 <?page no="27"?> Movimento e rinnovamento nella didattica dell’italiano L2 della Scuola, hanno anche esigenze di tipo strumentale. I programmi e i contenuti dei corsi vengono più volte revisionati per essere adeguati ai bisogni di apprendimento degli studenti anche nel secondo dopoguerra e nel 1954 vengono previsti tre livelli di apprendimento. I corsi vengono inoltre suddivisi nelle sezioni di francese, inglese e tedesco, a cui sono assegnati gli studenti a seconda della lingua madre o delle altre lingue straniere conosciute, in modo da poter praticare la traduzione (Troncarelli 2019). A partire dagli anni ’50, accanto agli studenti appartenenti ai ceti agiati europei ed extraeuropei, avevano iniziato a manifestare interesse per l’apprendimento dell’italiano anche stranieri appartenenti ad altri gruppi sociali, spinti a viaggiare a seguito dello sviluppo delle reti ferroviarie, dell’industria aeronautica e della diffusione della motorizzazione privata. La maggiore mobilità internazionale promuove infatti l’apprendimento linguistico e il delinearsi di nuovi profili di apprendenti per i quali occorre cercare soluzioni didattiche che consentano di soddisfarne i bisogni di apprendimento. Con la crescita e la diversificazione del pubblico interessato all’italiano, l’insegnamento in entrambe le istituzioni perugina e senese intraprende un percorso di avvicinamento graduale a metodologie che mirano allo sviluppo di abilità orali, al conseguimento di competenze facilmente spendibili in contesti di comunicazione quotidiani che approderanno nella fine degli anni ’70 all’approccio comunicativo. Un approdo che vede in primo piano l’istituzione senese la quale nel 1981 organizza un convegno internazionale «La tecnologia applicata all’insegnamento della lingua e della cultura italiana agli stranieri» in cui sono affrontate tematiche relative all’analisi del pubblico interessato allo studio della lingua e della cultura italiana, alla definizione dei percorsi di apprendimento e alle strategie di insegnamento che possono avvalersi del supporto tecnologico (Troncarelli 2019). Il convegno, che ha una buona risonanza, può essere considerato l’evento di apertura della fase di rinnovamento metodologico a cui contribuiranno nell’arco di un decennio i docenti di Linguistica, Sociolinguistica e Didattica dell’italiano impegnati nei corsi di cultura. Importante è anche la presenza di Nora Galli De’ Paratesi che aveva partecipato al Modern Language Project ed elaborato il livello soglia per l’italiano (Galli de’ Paratesi 1981). La de’ Paratesi, chiamata a tenere cicli di conferenze nella prima metà degli anni ’80 e successivamente incaricata dell’insegnamento di Didattica dell’italiano, fornisce un forte impulso alla riflessione sulle pratiche didattiche e alla sperimentazione pedagogica che condu- 27 <?page no="28"?> Donatella Troncarelli cono a un rinnovamento metodologico nell’insegnamento dell’italiano presso la Scuola senese. 3 I movimenti migratori verso l’estero e l’insegnamento dell’italiano Mentre in Italia le due istituzioni ufficialmente deputate alla diffusione e all’insegnamento dell’italiano partecipavano alla ricerca di soluzioni metodologiche volte a soddisfare pubblici sempre più eterogenei di stranieri in movimento per ragioni turistico-culturali verso la Penisola, le fasce meno abbienti della popolazione italiana lasciavano il territorio nazionale per stabilirsi all’estero. Si tratta di un movimento in direzione inversa da quello degli stranieri ma con ripercussioni sulla lingua italiana e il suo insegnamento. Il processo di emigrazione italiana all’estero ha radici lontane e si intensifica dopo l’unità d’Italia. Tullio De Mauro (1963) riporta che tra il 1871 e il 1951 più di 20 milioni di italiani, sommando gli espatri definitivi e quelli temporanei, hanno lasciato il territorio nazionale. Altre fonti parlano di 28 milioni di italiani che sarebbero emigrati tra il 1861 e il 1973, anno in cui si incomincia a registrare un saldo migratorio positivo. Data l’ampiezza e l’articolazione del fenomeno che ha continuato ad evolversi anche dopo questa data, sebbene con flussi sempre meno consistenti, una serie di fattori, legati al momento dell’espatrio, alle condizioni e al luogo di emigrazione, alla funzionalità della lingua di origine nella comunicazione tra i membri della famiglia e nella comunità, all’interazione nel contesto socio-economico del Paese di accoglienza hanno contributo a caratterizzare la situazione linguistica delle comunità italiane all’estero e a dare vita a modalità diverse di mantenimento della lingua d’origine. In linea generale, possiamo affermare con Vedovelli (2011) che il repertorio linguistico, perlopiù dialettofono, con cui gli italiani delle grandi ondate di emigrazione del XX secolo sono arrivati nel Paese di destinazione, si è rivelato ben presto inadeguato per l’interazione con la nuova realtà sociale e lavorativa. Per la sua ristretta gamma di usi e la ridotta portata comunicativa nella comunità italofona, il dialetto diventa la varietà da utilizzare nella comunicazione familiare, mentre negli usi sociali e pubblici si sviluppa l’italiano di emigrazione (Berruto 2012), che trascendendo le differenze geografiche e dia- 28 <?page no="29"?> Movimento e rinnovamento nella didattica dell’italiano L2 lettali consente l’interazione linguistica fra connazionali emigrati. Si rafforza così l’identità linguistica e culturale delle comunità italiane che, poco disponibili a sottoporsi passivamente a processi di assimilazione culturale, danno vita a varie iniziative per l’insegnamento dell’italiano. In Svizzera già prima del secondo conflitto mondiale la comunità immigrata introduce i corsi di lingua e cultura di origine (Giudici/ Bühlmann 2014) e successivamente altre iniziative simili prendono piede in altre mete di emigrazione. Lo stato italiano riconosce la necessità di intervenire per sostenere il mantenimento della lingua italiana all’estero varando il 3 marzo 1971 la legge 153. Si tratta di un intervento legislativo con un duplice obiettivo: • sostenere l’integrazione dei connazionali nel Paese ospite, consentendo l’istituzione di corsi «preparatori aventi lo scopo di agevolare l’inserimento dei congiunti dei lavoratori italiani nelle scuole dei Paesi di immigrazione», quindi corsi di sostegno per fronteggiare le difficoltà incontrate durante il periodo di frequenza nella scuola locale; • promuovere il mantenimento della lingua di origine in vista del rientro in patria e di un reinserimento nel sistema scolastico italiano. I Corsi di lingua e cultura italiana hanno assunto diversi indirizzi e forme nelle differenti situazioni sociali in cui si sono trovate le comunità dei nostri connazionali all’estero (Castellani 2011) e hanno subito una evoluzione con il modificarsi del pubblico di riferimento, richiedendo un continuo rinnovamento metodologico. Nella prima fase della loro attivazione, i corsi si sono configurati in molte realtà come attività sussidiarie ed extrascolastiche, rivolte a giovani emigrati che potevano così contare sul riconoscimento degli anni di studio svolti all’estero nella scuola dell’obbligo, una volta rientrati in Italia. In questa fase la formazione linguistica si è avvalsa di una metodologia di insegnamento vicina a quella adottata per la lingua materna, ma aperta a numerose sperimentazioni. Un considerevole spazio è stato dato alla componente culturale, intesa come studio della storia, geografia e letteratura italiana. Con il passare del tempo e quindi con il passaggio generazionale, gli utenti dei corsi sono diventati oriundi di seconda, terza e quarta generazione per i quali l’italiano è diventata gradualmente una lingua straniera, essendo la lingua di origine ormai slittata fuori dallo spazio linguistico della comunità di riferimento (Ve- 29 <?page no="30"?> Donatella Troncarelli dovelli 2011) e sostituita, anche negli usi familiari, dalla lingua del Paese di accoglienza. Direttive europee, attività diplomatiche e accordi locali hanno permesso in molti Paesi di integrare o inserire i corsi di italiano nei curricoli scolastici. La formazione si rivolge oggi non solo a bambini e adolescenti di origine italiana, che desiderano mantenere la lingua della famiglia e recuperare le proprie radici culturali, ma anche ad alunni di altre nazionalità che si avvicinano all’italiano per aprirsi ad altre lingue e culture e per acquisire maggiori competenze da spendere in futuro anche in ambito lavorativo. Nel corso di questa trasformazione sono state ricercate metodologie didattiche più idonee e più assimilabili a quelle dell’italiano L2. I corsi hanno assunto una fisionomia più linguistica, in cui la cultura è intesa in senso antropologico e la spendibilità della formazione è stata trovata nelle certificazioni linguistiche, riconosciute nei Paesi in cui gli alunni stabilmente risiedono. In molti casi l’italiano è sempre più entrato nel sistema scolastico locale, si sono ampliati i gradi di istruzione in cui può essere studiato, si è aperta la possibilità di averlo come materia per l’esame finale di diploma nell’educazione secondaria. La prospettiva plurilinguistica adottata dal Consiglio d’Europa ha contribuito a promuovere l’attivazione di percorsi formativi innovativi, rivolti alla popolazione scolastica indipendentemente dalla nazionalità. Ne sono un esempio l’insegnamento dell’italiano nelle Arbeitsgemeinschaften (AG) in Germania, o i corsi di apertura alle lingue e alle culture (d’Ouverture aux Langues et aux Cultures OLC) nella scuola belga (Troncarelli/ La Grassa 2018). Le finalità di questi corsi sono quelle di aprire un dialogo interculturale, valorizzare la diversità culturale e sviluppare un senso di appartenenza comune a una società pluralista e democratica, che per essere raggiunte richiedono l’adozione di nuove soluzioni didattiche. La prospettiva plurilinguistica ha spinto anche all’attivazione di sezioni e percorsi bilingue in cui l’italiano è lingua partner di quella locale, come in alcune Grundschulen e scuole secondarie in Germania, o all’avvio di curricula bilingue promossi direttamente da istituzioni elvetiche tra cui quelli della Kantonsschule di Romanshorn, dei Bieler Gymnasien di Bienna o della Scuola cantonale grigione, oppure alla definizione di percorsi nati da accordi con le autorità diplomatiche italiane, come quelli presso il polo scolastico di Casa d’Italia a Zurigo. Si tratta di contesti in cui l’italiano è lingua dello studio e sono adottate metodologie CLIL, ma anche sperimentate altre strategie di insegnamento come lo JÜL (jahresübergreifendes Lernen) alla Herman-Nohl-Grundschule di Berlino, dove i bambini sono riuniti nella sezione bilingue per competenze invece che per fasce di età, in mo- 30 <?page no="31"?> Movimento e rinnovamento nella didattica dell’italiano L2 do che i gruppi possano mettere in atto processi di apprendimento collaborativo e che i bambini più grandi possano svolgere il ruolo di tutor nel gruppo di pari, ampliando l’ambito di sviluppo dei più piccoli (Troncarelli/ La Grassa 2018). In sintesi il movimento migratorio degli italiani verso l’estero ha dato vita a un contesto dinamico di insegnamento della lingua italiana fuori dai confini nazionali che si è costantemente evoluto e metodologicamente rinnovato per trovare pratiche didattiche adatte ai diversi profili di apprendenti che si sono via via avvicinati allo studio di questa lingua. 4 I movimenti migratori verso l’Italia e la didattica per gli immigrati Negli anni ’80 del secolo scorso nuove prospettive metodologiche hanno preso forma nella didattica dell’italiano anche per l’incremento dei flussi migratori verso la Penisola, i quali hanno riguardato inizialmente un pubblico adulto, diventato numericamente rilevante nell’arco di breve tempo. Un nuovo profilo di apprendenti, molto eterogeneo per lingua madre, retroterra socioculturale, livello di istruzione e con motivazioni integrative si è dunque affacciato nel panorama dell’italiano L2 richiedendo soluzioni didattiche inedite. Fino agli anni ’80 infatti l’educazione degli adulti in Italia è stata pensata per persone italofone o dialettofone in età lavorativa, che avevano interrotto per vari motivi la propria formazione scolastica, e alle quali era necessario fornire un’istruzione, nella maggior parte dei casi, finalizzata al conseguimento di un titolo di studio. Con l’incremento dell’immigrazione vengono inseriti in questo ambito anche lavoratori stranieri per i quali l’obiettivo prioritario non è imparare a leggere e scrivere, ma imparare a prendere parte in L2 a situazioni comunicative ascrivibili ai domini lavorativo e pubblico come ricercare un alloggio e un lavoro, fruire dei principali servizi nel territorio in cui si trovano, ampliare la rete delle relazioni sociali. Inoltre, per questi apprendenti sono preminenti lo sviluppo delle abilità orali e la spendibilità immediata delle competenze acquisite. Dopo il primo periodo in cui la formazione degli immigrati è stata assimilata a quella degli adulti italiani, si è aperta una fase affidata anche agli ambienti del volontariato e dell’associazionismo, in cui docenti hanno insegnato in strutture poco 31 <?page no="32"?> Donatella Troncarelli adeguate con scarsa disponibilità di strumenti e poche risorse per l’apprendimento, producendo una grande quantità di materiale grigio. A seguito degli studi di linguistica acquisizionale, condotti dal gruppo pavese guidato da Anna Giacalone Ramat (Chini 2005), e della ricerca glottodidattica promossa in questo periodo è stato possibile comprendere il processo di acquisizione, definirne le tappe, elaborare strumenti per l’analisi dei bisogni e costruire sillabi che hanno costituito la base per una formazione mirata dei docenti, i quali hanno poi contribuito alla produzione di proposte editoriali e alla condivisione di buone pratiche. Il MIUR, oltre a finanziare la formazione degli insegnanti, ha riorganizzato la formazione degli adulti, prima con l’istituzione dei CTP (Centri Territoriali Permanenti) nel 1997 e poi con quella dei CPIA (Centri Provinciali per l’Istruzione degli Adulti ) nel 2012, che offrono corsi per adulti immigrati volti allo sviluppo di competenze A1, A2 e B1, orientati all’ottenimento del permesso di soggiorno e della cittadinanza italiana (Troncarelli/ La Grassa 2018). A rendere ancora più complessa la didattica dell’italiano rivolta all’immigrazione in Italia sono intervenuti, a partire dalla seconda metà degli anni ’80, i ricongiungimenti familiari e la stabilizzazione della residenza da parte di molte famiglie immigrate. Un numero consistente di bambini e adolescenti stranieri ha fatto quindi il proprio ingresso nel sistema scolastico italiano, facendo emergere interrogativi sulle metodologie da impiegare per l’insegnamento ad alunni non italofoni e sulle strategie più idonee al loro inserimento. La prima fase di questa esperienza si è centrata sull’adozione di misure di emergenza da parte di una scuola che non aveva strumenti per cogliere le esigenze di un pubblico diverso da quello a cui si era tradizionalmente rivolta. Sono stati così avviati corsi definiti di alfabetizzazione, sebbene non tutti gli alunni avessero bisogno di sviluppare abilità di letto-scrittura o di imparare l’alfabeto latino. Spesso affidati a insegnanti curricolari, docenti di sostegno o ad associazioni di volontari con ridotta esperienza e competenza specifica nell’insegnamento dell’italiano L2, questi corsi sono stati prevalentemente rivolti agli alunni neo-arrivati con lo scopo di far acquisire loro le competenze linguistiche minime per comprendere e farsi capire, al fine di partecipare all’attività di classe (Troncarelli/ La Grassa 2018). Leggi sull’emigrazione, varate nel 1998, sono intervenute a sancire il diritto di accesso del minore straniero all’istruzione e ai servizi educativi, indipendentemente dalla regolarità della sua posizione rispetto al soggiorno sul territorio nazionale e hanno disposto la valorizzazione delle differenze linguistiche e culturali da par- 32 <?page no="33"?> Movimento e rinnovamento nella didattica dell’italiano L2 te della comunità scolastica. L’adozione di una prospettiva interculturale ha dunque posto la scuola italiana di fronte a sfide metodologiche che hanno condotto all’adozione di pratiche didattiche più adatte a classi multietniche. Il percorso è stato lungo e tortuoso, ma coadiuvato da iniziative del MIUR come l’elaborazione di Linee guida per l’accoglienza e l’integrazione degli alunni stranieri (2006 e 2014), l’istituzione di un Osservatorio nazionale per l’integrazione degli alunni stranieri e per l’intercultura (2014) con lo scopo di promuovere politiche di integrazione scolastica in grado di tenere conto della costante trasformazione del contesto operativo. Inoltre sono stati elaborati piani per la formazione docenti e stanziati finanziamenti per sostenere i Laboratori di lingua italiana, i quali sono diventati il contenitore entro cui adottare metodologie didattiche relative all’insegnamento linguistico, sperimentate strategie di intervento e sostegno, selezionati, adattati ed elaborati materiali per apprendimento volti a rispondere ai differenti bisogni degli alunni stranieri, a seconda del loro profilo e della fase del loro itinerario verso una completa padronanza della lingua italiana. La scuola italiana è quindi uscita da questa esperienza di accoglienza di alunni stranieri cambiata e arricchita dal punto di vista didattico e pedagogico. 5 La mobilità internazionale degli studenti e l’italiano lingua di studio Un altro ambito che ha aperto un nuovo scenario per l’insegnamento-apprendimento dell’italiano è stato quello relativo alla mobilità studentesca. Nel 1987 con il Programma Erasmus ha avvio la possibilità per gli studenti universitari europei di effettuare in un’università straniera un periodo di studio, riconosciuto dal proprio ateneo. Le università italiane si trovano così a dover provvedere alla formazione linguistica di un nuovo profilo di apprendenti che arriva in Italia con livelli di competenza linguistica anche elementare, ma che deve essere inserito in breve tempo nei corsi di laurea e deve essere in grado di sostenere esami in lingua italiana. Le prime esperienze, condotte in modo frammentario e in sordina, sono lasciate all’iniziativa dei singoli docenti a cui vengono affidati i corsi. Nel 1993 si tiene presso l’Università per Stranieri di Siena il primo «Seminario permanente dei Centri linguistici» a cui partecipano dodici atenei e in cui ha inizio un dibat- 33 <?page no="34"?> Donatella Troncarelli tito sull’insegnamento dell’italiano per scopi accademici, volto alla promozione di studi, alla condivisione di idee, al confronto di sperimentazioni, alla ricerca di metodologie didattiche specifiche. Un percorso di riflessione che si è protratto con appuntamenti annuali per alcuni anni e che non può dirsi ancora esaurito, vista la dimensione assunta dalla mobilità studentesca e le problematiche che ancora oggi pone. A livello mondiale il sistema superiore di istruzione ha infatti conosciuto nelle ultime decadi una grande espansione della dimensione transnazionale a seguito del veloce incremento dell’internazionalizzazione. Il numero degli studenti che ha scelto di studiare in un Paese diverso da quello in cui ha conseguito il diploma di scuola secondaria ha infatti subito una crescita di quasi il 50% in circa un decennio, raggiungendo una dimensione globale superiore a 5 milioni e mezzo di unità nel 2021, secondo i dati statistici dell’Unesco 7 . A questa cifra si aggiunge quella relativa alla mobilità europea, sostenuta dal già menzionato programma Erasmus, diventato nel 2014 Erasmus+, che conduce annualmente più di 220.000 studenti a svolgere uno o due semestri in un Paese diverso da quello di iscrizione al proprio corso di studi 8 . Per quanto riguarda in particolare l’Italia, occorre inoltre considerare gli studenti stranieri che arrivano tramite il Programma Marco Polo e Turandot, o il Foundation Year Program e altri programmi come Invest Your Talent in Italy. Per quanto l’internazionalizzazione abbia un impatto più ridotto sulle università italiane rispetto a quelle di altri Paesi con tassi molto più elevati (Rugge 2019), la presenza di studenti stranieri e l’attrazione da esercitare su un pubblico più ampio di quello nazionale ha comunque continuato a porre interrogativi inerenti alla lingua di istruzione, il livello di padronanza da raggiungere e le modalità con cui far conseguire un livello di competenza adeguato per lo studio in lingua italiana. Alcuni atenei per favorire l’internazionalizzazione hanno deciso di adottare l’inglese come lingua di studio. Una scelta che ha dato vita a controversie messe a tacere dalla Corte Costituzionale, la quale ha sottolineato l’inopportunità di relegare la lingua italiana in una posizione marginale, soprattutto in ambiti disciplinari in cui lingua e dimensione culturale sono strettamente interconnessi 9 . Pertanto, domi- 7 Unesco, UIS Statistics: http: / / data.uis.unesco.org (ultimo accesso: 28/ 06/ 2023). 8 European Commission, Erasmus+ Annual Report. Statistical Annex, Brussels, European Union, 2020, consultabile all’indirizzo https: / / rb.gy/ t0beso (ultimo accesso: 28/ 06/ 2023). 9 Alcuni docenti del Politecnico di Milano hanno sollevato dubbi sulla costituzionalità dalla Legge 240 del 30 dicembre 2010, con cui si consentiva l’attivazione di corsi di studio in lingua straniera, otte- 34 <?page no="35"?> Movimento e rinnovamento nella didattica dell’italiano L2 nare gli usi accademici della lingua italiana costituisce per molti studenti internazionali e in mobilità un obiettivo da conseguire. Per soddisfare un tale bisogno, i Centri linguistici e altre strutture universitarie hanno dovuto rafforzare la presenza dell’italiano, entrato in molti casi tra le lingue da insegnare con i primi progetti di mobilità europea. Si continua quindi a studiare l’italiano accademico, a riflettere sui testi da presentare, a cercare pratiche didattiche innovative, a sperimentare quelle basate su formule collaborative, a elaborare sillabi e a monitorare l’impiego di tecnologie per rendere gli interventi didattici efficaci in tempi brevi di realizzazione. La testimonianza dell’attenzione a questo ambito dell’insegnamento dell’italiano è dato dalle numerose pubblicazioni fiorite negli ultimi 15 anni sull’insegnamento a studenti universitari e sullo sviluppo dell’abilità di scrittura accademica. 6 I cibernauti e la didattica senza frontiere Per concludere questa breve ricostruzione del cammino della didattica dell’italiano sollecitato dai movimenti, occorre fare un accenno alla didattica online. Questa modalità di formazione non presuppone un movimento nello spazio fisico ma in quello virtuale della rete. Che il web sia percepito dai suoi utenti come un luogo entro il quale muoversi è confermato dai molti termini che richiamano la dimensione spaziale usati per fare riferimento all’esperienza in rete, a cominciare da navigare. Nella formazione online si parla inoltre di ambienti di apprendimento in riferimento all’insieme di soluzioni e risorse didattiche elaborate e messe a disposizione su una piattaforma per e-learning; si definiscono aree le componenti di un ambiente di apprendimento e stanza il collegamento in chat di due o più utenti 10 , o le sottosezioni di un’interazione sincrona, solo per fare alcuni esempi. Il movimento nello spazio-rete ha offerto nuove opportunità all’insegnamentoapprendimento dell’italiano assottigliando i confini tra italiano LS e L2 con la possibilità di comunicare in modo immediato con parlanti nativi, di accedere a un’ampia varietà delle fonti di esposizione alla lingua e a un insieme enorme di risorse dinendo una sentenza della Corte Costituzionale nel febbraio 2017 che chiarisce i limiti di applicazione della legge (Sentenza n. 42/ 2017). 10 In alcuni sistemi di chat viene chiamata stanza lo spazio virtuale in cui ha luogo l’interazione, tanto che viene segnalato l’ingresso o l’uscita di un partecipante con il messaggio «[. . . ] è entrato nella stanza» o «[. . . ] è uscito dalla stanza». 35 <?page no="36"?> Donatella Troncarelli datticamente sfruttabili. Un movimento che ha permesso di avvicinare nuovi pubblici, grazie all’indipendenza spazio-temporale di cui possono fruire gli attori della formazione, e che è stato rafforzato dalla convergenza digitale, derivata dall’integrazione di più mezzi e più canali di comunicazione in un unico device, rendendo accessibile ciò che la rete offre anche ad apprendenti con ridotte competenze digitali. L’evoluzione degli strumenti per l’e-learning ha consentito di creare ambienti di apprendimento asincrono articolati e multirelazionali in cui, secondo principi costruttivistici (Varisco 2002), gli studenti fanno esperienza di modalità alternative di apprendimento e in cui la partecipazione attiva è stimolata e sostenuta dallo scaffolding fornito dai docenti/ tutor 11 . Questo ha posto nuove sfide sul piano della progettazione, dello sviluppo e della conduzione dei percorsi didattici e ha dato vita alla sperimentazione di modalità formative fino a qualche anno fa inedite come i MOOC (Massive Open Online Course), in grado di ampliare a dismisura la platea dei partecipanti, di raggiungere e di avvicinare all’italiano migliaia di persone molto diverse per età, livello di istruzione, conoscenza di altre lingue straniere, dislocate in qualsiasi parte del pianeta (Villarini 2020). Se fino al 2020 la formazione linguistica in rete aveva interessato soprattutto abituali cibernauti, con la pandemia è diventata un’esperienza senza frontiere. Per molti studenti e docenti si è trattato di un viaggio prematuro nello spazio della formazione digitale, che non sempre ha condotto ai risultati sperati. Alcuni si sono rivolti a sistemi di web conference che, basandosi sull’interazione in tempo reale, hanno permesso di replicare in veste virtuale la didattica d’aula. Altri sono ricorsi a piattaforme o a sistemi per l’e-learning con i quali condurre didattica asincrona. Altri ancora hanno integrato le due modalità per riuscire a sfruttare le potenzialità di entrambe. L’esperienza condotta, indipendentemente dagli esiti, ha comunque aperto la porta a nuovi scenari didattici in cui le tecnologie digitali saranno oggetto di maggiori riflessioni e sperimentazioni, sia nell’insegnamento in presenza che a distanza. Non sembra dunque troppo azzardato pronosticare che nuove opportunità metodologiche, nuovi formati di organizzazione dell’attività didattica, nuove modalità di apprendimento e nuove competenze dei docenti, derivate dal movimento in rete, caratterizzeranno la didattica dell’italiano in un prossimo futuro. 11 Il concetto di scaffolding, che è stato elaborato nell’ambito della prospettiva costruttivista dell’apprendimento (Varisco 2002), consiste nell’assistere lo studente nello sviluppo delle abilità e delle competenze utili al conseguimento di un obiettivo formativo centrato sui propri bisogni. 36 <?page no="37"?> Movimento e rinnovamento nella didattica dell’italiano L2 Riferimenti bibliografici Berruto, Gaetano (2012): Sociolinguistica dell’italiano contemporaneo. Roma: Carocci. Caruso, Carlo (a cura di) (2009): Diomede Borghesi, Orazioni accademiche. Pisa: ETS. Castellani, Maria Cristina (2011): «I corsi di lingua e cultura italiana all’estero». In: Vedovelli, Massimo (a cura di): Storia linguistica dell’emigrazione italiana nel mondo. Roma: Carocci, 175-192. Chini, Marina (2005): Che cosa è la linguistica acquisizionale. Roma: Carocci. Cialdini, Francesca (2016): «L’insegnamento della grammatica a Siena: i Primi Principi di Girolamo Buoninsegni». In: Studi di grammatica italiana, XXXV, 127-154. Covino, Sandra (2018): «Romano Guarnieri e l’insegnamento dell’italiano L2 a Perugia e in Olanda nella prima metà del ’900». In: Italiano LinguaDue, X, 1, 2018, 168-182. De Mauro, Tullio (1963): Storia linguistica dell’Italia unita. Bari: Laterza. Galli de’ Paratesi, Nora (1981): Livello soglia per l’insegnamento dell’italiano come lingua straniera. Strasburgo: Consiglio d’Europa. Giudici, Anja/ Bühlmann, Regina (2014): Corsi di lingua e cultura dei paesi d’origine (LCO). Selezione di buone pratiche in Svizzera. Berna: Conferenza svizzera dei direttori cantonali della pubblica educazione (CDPE), https: / / goo.gl/ odTkjv (ultimo accesso: 28/ 06/ 2023). Maraschio, Nicoletta (2019): «La cattedra di Toscana favella: Siena nella storia della lingua italiana». In: Bagna, Carla/ Ricci, Laura (a cura di): Il mondo dell’italiano, l’italiano nel mondo. Pacini: Pisa, 107-118. Rugge, Fabio (a cura di) (2019): L’internazionalizzazione della formazione superiore in Italia. Le università. Roma: Fondazione CRUI. Palermo, Massimo/ Poggiogalli, Danilo (2010): Grammatiche di italiano per stranieri dal ’500 a oggi. Pisa: Pacini. Troncarelli, Donatella/ La Grassa, Matteo (2018): La didattica dell’italiano nel contatto interculturale. Bologna: Il Mulino. Troncarelli, Donatella (2019): «I corsi di italiano nella Scuola di lingua e cultura italiana di Siena (1917-1992). Prima indagine nell’archivio». In: Bagna, Carla/ Ricci, Laura (a cura di): Il mondo dell’italiano, l’italiano nel mondo. Pacini: Pisa, 25-36. 37 <?page no="38"?> Donatella Troncarelli Varisco, Bianca Maria (2002): Costruttivismo socio-culturale. Roma: Carocci. Vedovelli, Massimo (2002): L’italiano degli stranieri. Roma: Carocci. Vedovelli, Massimo (a cura di) (2011): Storia linguistica dell’emigrazione italiana nel mondo. Roma: Carocci. Villarini, Andrea (a cura di) (2020): Insegnare l’italiano con i MOOC. Pisa: Pacini. Sitografia European Commission (2020): Erasmus+ Annual Report. Statistical Annex, Brussels, European Union. https: / / rb.gy/ t0beso (ultimo accesso: 28/ 06/ 2023). Unesco, UIS Statistics. http: / / data.uis.unesco.org (ultimo accesso: 28/ 06/ 2023). Abstract: Il movimento inteso come spostamento, viaggio, trasferimento delle persone, ma anche come moto, circolazione di idee che conduce a un cambiamento può essere considerato un elemento propulsore dell’evoluzione della didattica della lingua italiana rivolta a un pubblico straniero. Sebbene risulti molto complesso tracciare una compiuta ricostruzione della storia dell’insegnamento dell’italiano L2 dentro e fuori dai confini nazionali, è possibile individuare alcune tappe di questo percorso evolutivo contrassegnate dal delinearsi, a seguito della inattesa, mutata o rinnovata mobilità degli individui, di nuovi scenari didattici che hanno promosso una revisione metodologica e l’introduzione di nuove pratiche didattiche. Il presente contributo si propone dunque di ripercorrere le tappe salienti di tale percorso per mettere in luce le trasformazioni che hanno permesso alla didattica dell’italiano a stranieri di arricchirsi di nuove soluzioni metodologiche, volte a rispondere a bisogni di apprendimento di un pubblico sempre più ampio e variegato. Come osserva Vedovelli, uno sguardo al passato della didattica dell’italiano può risultare sicuramente utile «per interrogarsi sulla sua situazione contemporanea, cioè per capire come si sia potuta configurare nel modo con cui si presenta oggi» (Vedovelli 2002: 25) e per poter riflettere sui passi ancora da compiere. 38 <?page no="39"?> Movimento e rinnovamento nella didattica dell’italiano L2 Biographical sketch: Professore associato di Linguistica italiana presso l’Università per Stranieri di Siena, insegna nei corsi di laurea e nella Scuola di Specializzazione in Didattica dell’italiano a stranieri ed è Presidente del Master ELIIAS (E-learning per l’insegnamento dell’italiano a stranieri). Dal 1992 si occupa della formazione iniziale e in servizio dei docenti di italiano, con la realizzazione di progetti di formazione elaborati anche in collaborazione con Ministeri dell’educazione esteri e dal 2000 collabora con il Centro DITALS alle attività formative per la certificazione in Didattica dell’italiano a stranieri. Autrice di materiale didattico per l’insegnamento dell’italiano L2 e di manuali per la formazione docente, si occupa principalmente di progettazione didattica, insegnamento dell’italiano L2 per scopi specifici, insegnamento della grammatica e del lessico, impiego di tecnologie didattiche nell’insegnamento linguistico. 39 <?page no="41"?> Marco Mezzadri (Università di Parma) Linguistica educativa e neuroscienze: percorsi traslazionali 1 Dalla riflessione alla ricerca: il ruolo del contesto Il presente contributo prende le mosse da una constatazione che credo accomuni molti linguisti educativi italiani, così come molti docenti di lingua italiana per stranieri. Da decenni, si è abituati a considerare stabile e legittima la presenza di una componente neuroscientifica all’interno della cornice teorica che funge da contenitore delle pratiche più squisitamente didattiche, nel tentativo di favorire l’acquisizione dell’italiano. È così che dagli anni ’90 del secolo scorso, ipotesi e teorie, più o meno ritenute tuttora valide, hanno fatto irruzione nello scenario della formazione iniziale e continua degli insegnanti. Una metafora che spesso adotto è anche una dichiarazione di appartenenza almeno per quanto riguarda la scuola di glottodidattica in seno alla quale mi sono formato: «Sono cresciuto a pane e bimodalità»; con questo intendo sottolineare il grande ruolo giocato dalle Teorie della Bimodalità e della Direzionalità proposte da Marcel Danesi e ben presto entrate ad opera di Paolo Balboni tra le pietre miliari della Scuola veneziana (Balboni 2002). A onor del vero, non è l’unico contributo giunto alla glottodidattica italiana - in quegli anni si preferiva l’utilizzo del termine «glottodidattica» a «linguistica educativa» oggi più in voga - dal contatto con gli ambiti delle neuroscienze e delle scienze cognitive. Una decina di anni fa cominciavano a maturare presso l’Università di Parma percorsi e conseguentemente progetti che tendevano a far emergere contiguità, a volte insospettate, tra studi di ambito neuroscientifico e umanistico. Alcuni anni dopo, nel 2020, i rapporti si sono ulteriormente rafforzati sfociando nell’istituzione 41 <?page no="42"?> Marco Mezzadri del Laboratorio interdipartimentale di Neuroscience & Humanities 1 , diretto da Vittorio Gallese, uno dei più eminenti esponenti del vivaio dell’Ateneo parmense iniziato da Giacomo Rizzolatti e che ha saputo prosperare grazie alle brillanti intuizioni e ai noti studi sui cosiddetti neuroni specchio. Tra gli altri campi della sua ricerca, Gallese propone, a mero titolo d’esempio del tipo di riflessione in atto a Parma, considerazioni sull’esperienza estetica letta in prospettiva embodied (Gallese 2019) o ancora sull’empatia che si realizza attraverso il cinema sempre in prospettiva neuroscientifica (Gallese/ Guerra 2015). Nel frattempo, anche in ambito linguistico-educativo, i rapporti di collaborazione tra chi scrive e un altro esponente del gruppo di neuroscienziati di formazione parmense, Giovanni Buccino, davano vita a riflessioni che ben presto si sono tradotte in filoni di ricerca sul linguaggio verbale, e di conseguenza sui rapporti tra la glottodidattica e le neuroscienze (Buccino/ Mezzadri 2015a e 2015b). Questa pista di ricerca ha prodotto risultati sia nell’ambito della L1 che della L2 (Buccino/ Marino/ Bulgarelli/ Mezzadri 2017), nello specifico per quanto riguarda la categoria dei nomi. Al momento, lo sviluppo di questa pista di ricerca sta conducendo ad affrontare la categoria del verbo. Al livello sperimentale circa l’indagine sul reclutamento nell’elaborazione del linguaggio di aree del cervello preposte ad altre funzioni come quelle legate al sistema sensori-motorio, si affianca un secondo piano caratterizzato da una riflessione speculativa sull’evoluzione dei rapporti tra linguistica educativa e neuroscienze in chiave diacronica per giungere a formulare ipotesi di scelte metodologiche basate sull’esperienzialità e sulla traduzione in opzioni glottodidattiche del riconoscimento della natura embodied del linguaggio verbale, o, quantomeno, di quel tanto o poco che oggigiorno si riesce a interpretare attraverso una lettura incarnata. Così facendo, si è teso a ricollocare la prospettiva neuroscientifica in un contesto meno velleitario, attribuendovi minori aspettative e un equilibrio più sostenibile ed eticamente corretto. I prossimi paragrafi ripropongono, riviste e aggiornate, le riflessioni presentate in Mezzadri (2014) e Buccino/ Mezzadri (2015a). Tuttavia, per non creare false aspettative, corre l’obbligo di segnalare come questo contributo non intenda essere esaustivo e abbracciare i tanti temi che possono essere ricondotti a una visione embodied della cognizione. Ci limitiamo, qui, a son- 1 https: / / www.youtube.com/ channel/ UCtggKfRUnzHN1_yBE0iB2ug/ featured (ultimo accesso: 02/ 08/ 2023). 42 <?page no="43"?> Linguistica educativa e neuroscienze dare il possibile rapporto tra la linguistica educativa e la branca delle neuroscienze che si occupa di linguaggio incarnato. La comprensione della metafora, che spesso utilizziamo riprendendone e sviluppandone una simile usata da Bruer (1997), «ponti in costruzione», risulta quanto mai agevole, tuttavia è sufficiente una lettura del titolo dell’articolo di Bruer (1997) Education and the brain: a bridge too far a cui diversi altri autori si sono ispirati (cfr. anche Howard-Jones 2005, Ansari/ Coch 2006, Carandini 2012) per cogliere come possano essere diversi i punti di vista, pur rimanendo all’interno dello stesso dibattito. La nostra posizione era all’inizio dei nostri studi nel 2013 e ancora oggi connotata da un cauto ottimismo circa le possibilità di costruire delle sinergie e un ambiente comune di ricerca in grado di risultare di mutuo beneficio per la crescita di entrambi gli ambiti scientifici: la linguistica educativa su un versante, le neuroscienze sull’altro. In questa sede, cercheremo inizialmente di indagare le condizioni necessarie per permettere al mondo delle neuroscienze e a quello delle scienze di ambito educativo di sviluppare una proficua, quanto ecosostenibile collaborazione. Successivamente, tenteremo di allargare in modo più specifico la riflessione al nostro campo, quello della linguistica educativa, puntualizzando alcune questioni di tipo epistemologico che riteniamo indispensabili per poter affrontare in modo più coerente i rischi di un rapporto con le neuroscienze, affascinante quanto insidioso, nella convinzione che, per evitare gli errori del passato (cfr. OCSE 2002), sia giunto il momento di fissare alcuni punti fermi nella costruzione dell’auspicato ponte. Queste riflessioni si riallacceranno a nostri contributi inizialmente pubblicati in altra sede (Buccino/ Mezzadri 2013) contenenti un excursus lungo gli anni per ritrovare i punti di contatto con le scienze che studiano il cervello e con quelle che studiano la mente che la glottodidattica ricerca da lungo tempo. In conclusione, riprenderemo la teoria dell’embodiment, nel tentativo di indagarne le implicazioni sulla glottodidattica. 43 <?page no="44"?> Marco Mezzadri 2 I rapporti tra le neuroscienze e il mondo dell’educazione nei decenni Il fascino esercitato dalle neuroscienze sul mondo dell’educazione è grande e lo è da tempo: già verso la fine degli anni ’60 Gaddes (1968) aveva portato all’attenzione il ruolo che le neuroscienze potevano giocare nello studio dei disturbi dell’apprendimento. Un secondo momento di entusiasmo nei confronti del matrimonio tra neuroscienze e discipline dell’educazione fu vissuto tra gli anni ’80 e l’inizio degli anni ’90 (cfr. a titolo d’esempio Fuller/ Glendening 1985 e relativamente ai problemi della dislessia Vellutino/ Scanlon/ Tanzman 1991). Erano gli anni in cui arrivavano alla glottodidattica italiana le attraenti, già ricordate proposte di Marcel Danesi (1988b). Questi sono solo pochi esempi che nascondono un ben più rilevante fenomeno di divulgazione, con indesiderati e depauperanti fenomeni di tipo commerciale, che indussero l’OCSE già nel 2002, a conclusione del decennio tra il 1990 e il 2000 dichiarato «Decade of the brain» negli USA, a suonare l’allarme in modo altisonante, parlando di neuromiti, con il fine di stigmatizzare l’uso distorto di alcune teorie neuroscientifiche (o pseudo tali) e l’acquiescenza nei confronti di un ambito scientifico in grado di esercitare un grande fascino sul mondo dell’educazione, tanto sui ricercatori, quanto sui docenti, sulle autorità scolastiche, sulle famiglie e sulla società in genere. Tra questi neuromiti, l’OCSE ricorda le teorie sulla dominanza cerebrale (o specializzazione emisferica), sullo sviluppo sinaptico e sui periodi critici. Nel 1997, Bruer aveva già evidenziato che i due ambiti erano troppo distanti. Prendendo spunto da un decennio di «misconceptions» - è così che l’autore definiva la proliferazione di idee e credenze sulle funzioni dell’emisfero destro e dell’emisfero sinistro del cervello - Bruer sottolineava che «le applicazioni educative delle scienze del cervello forse arriveranno un giorno, ma per il momento le neuroscienze hanno poco da offrire agli insegnanti in termini di possibilità di influire sulle pratiche didattiche in classe» (Bruer 1997: 4, nostra traduzione) e continuava: «Al momento non sappiamo a sufficienza dello sviluppo del cervello e delle funzioni neurali per collegare queste conoscenze direttamente, in modo significativo e difendibile, alle pratiche educative» (Bruer 1997: 4, nostra traduzione). 44 <?page no="45"?> Linguistica educativa e neuroscienze Bruer, tuttavia, instillava una goccia di ottimismo, individuando nella psicologia cognitiva una sorta di intermediario in grado di ridurre le distanze tra le neuroscienze e le scienze dell’educazione (cfr. Bruer 1997: 4). I molti anni che ci separano dal testo di Bruer creano una distanza tale da rendere necessario un aggiornamento della riflessione alla luce della mole impressionante di dati provenienti dagli studi basati sul brain imagining che continuano a pervenire e che portano i dati su cui si fondano le neuroscienze a subire un processo di obsolescenza decisamente più rapido rispetto a quanto avviene in ambiti come quello della linguistica educativa. Questo è un punto su cui ci pare utile introdurre già ora una riflessione che riprenderemo più avanti per esemplificare la complessità del rapporto tra neuroscienze e discipline di ambito educativo. La separazione concettuale circa la funzione del tempo sulla rapidità del processo di confutazione e riformulazione delle teorie provoca una distanza epistemologica tra i due ambiti disciplinari che i ricercatori di entrambi i campi devono cercare di colmare, se vogliono interagire e collaborare in modo proficuo ed eticamente corretto. Gli effetti negativi di una mancanza di dialogo possono portare a una incomunicabilità ingannevole tra neuroscienze e linguistica educativa, con i ricercatori del primo ambito che procedono a ritmi spediti alla scoperta del cervello e quelli del secondo che si attardano ad aggiustare alle necessità attuali della didattica delle lingue teorie già superate. La domanda rimane aperta: se da un lato le neuroscienze hanno apportato stimoli irresistibili ad altre scienze attraverso le proprie ricerche, dall’altro ci si continua a chiedere se i tempi siano maturi per modificare le scelte metodologiche e didattiche sulla base delle attuali conoscenze neuroscientifiche. Per alcuni (Geake 2005, Blakemore/ Frith 2005a e 2005b) questo scenario era già presente qualche lustro fa, per altri, la maggioranza, occorreva resistere alla tentazione di fare il passo più lungo della gamba lasciandosi andare a facili ottimismi (Goswami 2006). Per molti era necessario aumentare la collaborazione tra i ricercatori dei due campi: Hardiman/ Rinne/ Gregory/ Yarmolinskaya (2011) mettevano l’accento sull’obiettivo, ben al di là dall’essere raggiunto, di formare i docenti alle interrelazioni tra le neuroscienze e le discipline educative come prerequisito per poter applicare alla didattica certe conoscenze. Tuttavia, le diverse sfumature sembrano convergere sull’idea che l’influenza delle neuroscienze sugli ambiti educativi sia fuori discussione. A questo scopo, sempre a titolo d’esempio, Willingham (2009) presentava l’impatto delle neuroscienze sugli studi sulla di- 45 <?page no="46"?> Marco Mezzadri slessia e Petitto (2009) descriveva un ulteriore ambito di ricerca neuroscientifica con risvolti educativi importanti, quello dello sviluppo del linguaggio in individui bilingui. 3 Percorsi di avvicinamento Muovendo dalle riflessioni di Bruer (1997), rivisitate oltre un decennio più tardi da Varma/ McCandliss/ Schwartz (2008), cerchiamo ora di mettere a fuoco alcune criticità del rapporto tra le neuroscienze e le discipline di ambito educativo, che a nostro parere ancora permangono, per poi cominciare a definire possibili sviluppi positivi e cogliere le opportunità che questo rapporto può offrire su un piano intere transdisciplinare. Abbiamo già segnalato una criticità non di poco conto in questa epoca, contrassegnata dallo sviluppo frenetico della ricerca neuroscientifica, legata alla velocità con cui i dati vengono acquisiti e al conseguente processo di interpretazione che permette alla conoscenza di evolversi, modificare e a volte confutare quanto prima ritenuto valido. Ciò porta con sé una sfasatura rispetto alle modalità della ricerca nelle discipline di ambito educativo; ma non è l’unica distanza che, peraltro, ragionando in maniera ottimistica, sarebbe più facilmente colmabile di altre, previa un’adeguata formazione nei due ambiti dei ricercatori impegnati in percorsi di collaborazione. Una distanza fondamentale tra chi si basa sull’osservazione del comportamento e chi studia il funzionamento del cervello sta nel ruolo attribuito dai primi al contesto e nella creazione di ambienti in vitro come modalità di lavoro prescelta dai secondi. Nonostante i grandi progressi che le tecnologie e le tecniche applicate nel brain imaging hanno compiuto negli ultimi decenni, l’ambiente in cui si realizzano le ricerche è caratterizzato da un alto livello di artificialità. Per poter sondare il funzionamento del cervello ed evitare di limitarsi a supporne i tratti attraverso l’osservazione del comportamento dell’individuo, i contesti in cui sono inseriti i soggetti che vengono studiati sono ben diversi, ad esempio, dal contesto dell’ambiente della classe. È indispensabile creare le condizioni affinché il dato rilevato possa essere ritenuto valido e ciò comporta che gli innumerevoli distrattori che possono turbare il dato debbano essere isolati e il loro effetto annullato. Inoltre, qualsiasi 46 <?page no="47"?> Linguistica educativa e neuroscienze esperimento è condizionato dalla tecnologia applicata: un conto è studiare un soggetto all’interno dello scanner di un’apparecchiatura per la risonanza magnetica funzionale, un altro è studiarlo in un ambiente di vita. Questi limiti imposti dalle tecnologie e dalle procedure di brain imaging restringono enormemente il campo di ciò che si può studiare e non permettono di spiegare se non una parte di ciò che caratterizza i comportamenti umani, tra i quali il linguaggio. Se partiamo da questa considerazione che consente al linguista educativo, così come ad altri studiosi di ambiti che fanno riferimento al mondo dell’educazione, di non cadere nuovamente nella trappola di uno dei tanti possibili neuromiti, ciò che può sembrare una limitazione insopportabile può trasformarsi in una nuova prospettiva di interazione intere transdisciplinare di mutuo beneficio. Ad esempio, gli studi neuroscientifici possono evidenziare le diverse aree del cervello che vengono attivate durante esperimenti che ricostruiscono differenti contesti di apprendimento. È il caso di un esperimento sull’acquisizione di nuove operazioni aritmetiche riportato da Delazer/ Ischebeck/ Domahs/ Zamarian/ Koppelstaetter/ Siedentopf/ Kaufmann/ Benke/ Felber (2005), in cui due diversi modi d’apprendere le nuove operazioni, da un lato un approccio mnemonico e dall’altro uno basato sull’utilizzo di strategie matematiche, risultano nell’attivazione di aree diverse del cervello al momento del recupero di quanto appreso. Questo esempio sulle strategie di apprendimento, così come la riflessione sul ruolo dell’esperienza nell’apprendimento del linguaggio di cui tratteremo nei paragrafi conclusivi creano le condizioni per poter affermare che un rapporto costruttivo e foriero di interessanti risultati tra le neuroscienze e gli ambiti dell’educazione è non solo possibile, ma già da tempo agito. Tutto sta nel saper interpretare le esigenze di entrambi i settori e nel volersi (ri)conoscere. In questi casi, la ricerca neuroscientifica consente a chi si occupa di didattica - della matematica e delle lingue, come di altre discipline - di interrogarsi sugli aspetti metodologici alla luce dei dati sul funzionamento del cervello umano ed eventualmente decidere di adeguare conseguentemente le proprie scelte metodologiche. Inoltre, un’impostazione della ricerca neuroscientifica ed educativa che indaghi e rifletta sugli effetti, scientificamente provati, delle scelte didattiche sul funzionamento cerebrale permette di superare sia il rischio di giustificare abbrivi didattici e scelte educative in maniera pseudoscientifica e comunque apodittica attraverso l’adesione ai soliti neuromiti, sia di far risultare didatticamente sterile il fascino che le neuroscienze sanno oggi esercitare sul mondo dell’educazione. In altri termini: 47 <?page no="48"?> Marco Mezzadri quanto può interessare sul piano operativo a un linguista educativo il fatto che il recupero dell’informazione appresa attraverso la memorizzazione attivi aree della regione parietale, se ciò non si traduce in un’azione di riflessione ed eventuale modifica delle scelte di didattica delle lingue? Un’altra criticità, già in parte emersa nelle riflessioni precedenti, riguarda la scala dell’analisi. Le neuroscienze tendono a limitare l’osservazione ad aree specifiche del cervello, quando invece chi si occupa dell’interpretazione e della gestione di comportamenti complessi, ad esempio quelli che si realizzano in classe, si concentra su una scala molto maggiore che investe virtualmente tutto il cervello, anzi, parafrasando Carl Rogers (1969), non solo ciò che sta dal collo in su. Ricordano Szűcs/ Goswami (2007: 122): «Questioni educative complesse devono essere analizzate e tradotte in compiti semplici nel laboratorio neuroscientifico e collocate all’interno di una struttura di procedure sperimentali progettate meticolosamente che insieme, forse, possono fare luce su una questione educativa» (nostra traduzione). Questa differenza porta con sé anche una distanza nella gestione del linguaggio tecnico-scientifico con cui i due ambiti comunicano sé stessi. Nel caso della linguistica educativa ci troviamo di fronte a un linguaggio che ha in sé le diverse anime della disciplina, di cui tratteremo nel prossimo paragrafo, ma che sostanzialmente sono riconducibili all’ambito delle scienze umane. La microlingua delle neuroscienze, invece, propone caratteristiche che ritroviamo nella chimica, nella fisica, nella biologia o nella medicina e mette a disposizione strumenti ben diversi da quelli richiesti da una scienza umana. L’intercomprensione tra i due linguaggi può risultare uno dei maggiori ostacoli per i ricercatori e per tutti coloro, ad esempio gli insegnanti, che fossero desiderosi di avvicinarsi agli studi che fanno dialogare neuroscienze e discipline di ambito educativo. Così, alla difficoltà nel cogliere i concetti si aggiunge la difficoltà nel condividere il codice linguistico con cui questi concetti sono proposti. La conseguenza logica è la necessità di una qualità della divulgazione estremamente elevata: chi si occupa di comunicare i risultati della ricerca intere transdisciplinare neuroscientifica ed educativa al vasto e variegato pubblico di operatori del settore dell’educazione dovrà avere competenze nei due ambiti, associate a una grande capacità di comunicare le informazioni in modo rigoroso ma comprensibile, se vorrà proporre percorsi eticamente, oltreché scientificamente, corretti. Nei prossimi anni è logico attendersi una crescita molto forte delle informazioni provenienti dalle neuroscienze che potranno essere interpretate e adottate da 48 <?page no="49"?> Linguistica educativa e neuroscienze discipline di ambito educativo. È anche realistico, ancorché ottimistico, aspettarsi che le neuroscienze sappiano sempre più dare risposte sul funzionamento del cervello in grado di assistere l’interpretazione dei comportamenti e quindi di influenzare le scelte educative e didattiche. I cenni alle ipotesi di incontro tra l’embodiment e la linguistica educativa contenuti nei paragrafi seguenti lasciano intravedere una base di partenza a cui si sono aggiunti elementi derivanti da dati sperimentali frutto delle nostre ricerche (Buccino/ Marino/ Bulgarelli/ Mezzadri 2017). Tutti i tentativi, realizzati all’insegna del rigore scientifico, che vengono fatti in questi anni per diffondere nel mondo dell’educazione i risultati delle ricerche intere transdisciplinari nei due ambiti hanno anche il merito di formare a capire il linguaggio necessario per comprendere i concetti. Una migliore comprensione reciproca porta con sé anche la possibilità da parte delle scienze di ambito educativo di far richieste alle neuroscienze più tarate sui bisogni provenienti dal mondo dell’educazione, ad esempio per chiedere aiuto nella definizione di possibili risposte alle sempre più pressanti necessità di differenziazione della didattica in contesti educativi caratterizzati dal crescente interesse e dalla crescente preoccupazione nei confronti di studenti portatori di bisogni educativi speciali (BES), tra i quali sono da includere non solo i portatori di disturbi specifici dell’apprendimento (DSA), ma anche i numerosi difficili casi di borderline e di comorbilità nei DSA, o i casi di plusdotazione (cfr. Novello 2022). Come sottolineano Varma/ McCandliss/ Schwartz (2008: 148): «I primi studi di neuroimaging si focalizzavano su forme semplici di cognizione come la percezione e l’attenzione. Gli attuali esperimenti hanno come obiettivo forme più complesse di cognizione. Quali fenomeni saranno l’oggetto degli studi futuri di neuroimaging? I ricercatori nel campo dell’educazione sono pronti a dare il loro contributo per rispondere a domande come questa [. . . ]» (nostra traduzione). 4 Linguistica educativa e neuroscienze: coordinate per un avvicinamento possibile La dinamica grazie alla quale la componente teorica della linguistica educativa entra in contatto e stabilisce una relazione operativa con la dimensione pratica che si crea attraverso l’attenzione verso le procedure e le pratiche richieste per condurre 49 <?page no="50"?> Marco Mezzadri e valutare i processi legati all’educazione linguistica (cfr. Balboni 2012) è una delle chiavi di lettura per comprendere e spiegare le possibilità di un avvicinamento tra la glottodidattica e le neuroscienze. La linguistica educativa appartiene alle scienze umane; è, dunque, una science de l’imprécis (Puren 1997; cfr. anche Moles 1990), ma ha scelto di rapportarsi con le cosiddette scienze naturali, ovvero con branche del sapere che fanno della misurabilità del dato una pietra miliare. Nel corso del XX secolo, ciò ha portato i linguisti educativi ad adottare metodi e strumenti di ricerca che possono essere definiti scientifici, oggettivi, contribuendo in questo modo allo sviluppo di settori quale, a titolo d’esempio, quello del testing linguistico. Tuttavia, nel trattare i temi dell’educazione linguistica e nel fare ricerca in questo ambito, si è spesso generata una tensione tra bisogni di diversa natura, in quanto, come già ricordato, la linguistica educativa ha dovuto affrontare e cercare di risolvere problemi legati alle necessità pratiche proposte dall’educazione linguistica. A questo scopo, essa ha disegnato quadri di riferimento teorici al cui interno sono stati collocati approcci e metodi d’insegnamento delle lingue; inoltre, ha adottato e utilizzato le conoscenze derivate da altri ambiti scientifici per individuare le soluzioni atte ad affrontare i problemi che interessano coloro che sono coinvolti nei complessi processi di apprendimento, insegnamento e valutazione delle lingue. Così facendo, la linguistica educativa ha, a volte, corso il rischio di esaminare i dati in modo non sufficientemente rigoroso e oggettivo, trasferendo al proprio ambito - talvolta in modo prematuro - teorie valide in alcuni casi, ma non unanimemente riconosciute come tali dalla comunità scientifica. Rientra in questa fattispecie di contaminazioni tra ambiti disciplinari la già ricordata adozione da parte di settori della linguistica educativa, quanto meno di quella italiana, delle teorie relative alla dominanza cerebrale (Danesi 1988a, 1988b e 1998) o all’individuazione di uno o più periodi critici nello sviluppo del cervello umano (Lenneberg 1967; per una rilettura critica, cfr. Bialystok 2001, Bailey/ Bruer/ Symonds/ Lichtman 2001). Ci pare, ora, opportuno proporre un breve resoconto delle ragioni che nel corso dei decenni hanno portato la linguistica educativa a osservare con grande interesse come l’essere umano apprende una lingua, prima di occuparsi di come la si insegni, e che hanno spinto questo ambito disciplinare a guardare sia alla mente che al cervello umano e conseguentemente, in anni più recenti, ad aprirsi alle neuroscienze e non solo alle scienze psicologiche. 50 <?page no="51"?> Linguistica educativa e neuroscienze Il nostro breve excursus prende come punto di partenza lo sviluppo del Natural Approach e del Direct Method nell’ultimo quarto del XIX secolo. Quanto sottende a queste due etichette è la reazione, generatasi in Europa e negli Stati Uniti attorno al 1870, alla tradizione grammatical-traduttiva imperante. L’elemento innovativo di rilievo in questo contesto è l’enfasi posta sulla dimensione psicologica dell’apprendente e l’embrionale spostamento da un approccio metodologico al cui centro stanno le forme della lingua, a uno al cui centro troviamo i significati. All’apprendente sono rivolte opportunità di scoperte linguistiche sulla base del contatto con la lingua che deve avvenire in modo il più possibile naturale - quindi orale - nel tentativo di riprodurre le condizioni di acquisizione spontanea che caratterizzano lo sviluppo, almeno iniziale, della lingua madre. Oggigiorno il movimento riformatore che ha condotto al Natural Approach merita attenzione in quanto è caratterizzato da numerose somiglianze con tendenze metodologiche più recenti quali la glottodidattica umanistica (cfr. Stevick 1990) e le prospettive umanistico-affettiva e cognitivo-emozionale di matrice veneziana (cfr. Titone 1981, Porcelli 1994, Cardona 2010) sulle quali torneremo più avanti. Un’altra pietra miliare della moderna glottodidattica è la Teoria della Gestalt (cfr. Mezzadri 2022): essa incoraggia lo sviluppo di una cornice metodologica determinata dalla percezione e dall’elaborazione dell’input esterno che porta a un approccio didattico da molti considerato essenziale per lo sviluppo dei processi di apprendimento linguistico. Tale approccio si fonda sulla sequenza globalità-analisisintesi di una possibile molecola matetica, cioè di un’unità minima del processo d’acquisizione linguistica. Quest’unità minima si traduce in procedure didattiche che si sono evolute nel tempo, fino all’attuale configurazione dell’unità di acquisizione (cfr. Balboni 2012). La ragione principale della longevità del modello gestaltico risiede, almeno in parte, nell’interazione con l’educazione linguistica, in quanto la sequenza gestaltica si sposa con il ruolo centrale attribuito nell’educazione linguistica al testo visto come generatore e stimolatore di significative esperienze linguistiche e culturali. In altre parole, un modello d’insegnamento linguistico basato su questa sequenza può fornire pratiche didattiche coerenti e inclusive in grado di rispettare le differenze individuali e gli stili di apprendimento. A partire dagli anni ’60 del secolo scorso, la psicologia ha influenzato lo sviluppo della glottodidattica attraverso contributi teorici provenienti da diversi filoni di ricerca. L’apprendente e i processi di acquisizione linguistica sono stati messi 51 <?page no="52"?> Marco Mezzadri definitivamente al centro dell’insegnamento; ciò comporta l’emarginazione della prospettiva strutturalistica che vedeva l’apprendimento come sviluppo di abitudini linguistiche automatizzate. Tra gli studiosi che maggiormente hanno influenzato la linguistica educativa è utile in questa sede ricordare, tra gli altri, Jerome Bruner e Carl Rogers, ma anche Howard Gardner e la sua teoria delle intelligenze multiple risalente agli inizi degli anni ’80 (Gardner 1983). Nello stesso periodo, si registra anche un forte e finora persistente spostamento del focus didattico dalla forma al significato e dunque a teorie che considerano il linguaggio come un sistema per l’espressione del significato. La centralità del significato e dell’interazione comunicativa è sostenuta dall’opera di psicologi cognitivisti come Ulric Neisser (1967), così come da concetti quale l’idea di apprendimento significativo proposta da David Ausubel (1968). Risalgono ai due decenni che vanno dal 1960 alla fine degli anni ’70 altri contributi di ambito psicolinguistico acquisiti dalla linguistica educativa. Tali studi hanno permesso ai linguisti educativi di interpretare i processi della comprensione, in sintonia con lo spostamento del focus didattico dallo studio della forma linguistica alla trasmissione del significato. Il fatto che i processi legati alla comprensione abbiano cominciato a giocare un ruolo centrale ha reso possibile reinterpretare l’interazione comunicativa tra gli individui e investigare ciò che si ritiene esserne la guida a livello del funzionamento del cervello. L’approccio è ancora psicologico e porta a prestare attenzione alle proposte di studiosi come, ad esempio, Goodman (1967) con la sua idea del processo di lettura come «psycholinguistic guessing game», oppure al concetto di expectancy grammar di Oller (1979), o ancora alla Frame System Theory di Minsky (1977). L’adozione di questi concetti ha avuto una notevole influenza su ampi settori della linguistica educativa, i quali, ad esempio, enfatizzano con vigore i processi di pre-lettura e di pre-ascolto, cioè le fasi didattiche dell’unità di acquisizione precedenti all’esposizione al testo. In questo modo viene attivata la preconoscenza dell’apprendente; in altri termini, le esperienze dell’apprendente sono divenute strategiche e cruciali non solo per l’apprendimento ma anche per l’insegnamento. Questi processi iniziali vengono considerati il motore per la comprensione del testo. Il ruolo dell’esperienza nell’apprendimento linguistico risulta essere il punto d’incontro principale tra l’embodiment e la didattica delle lingue. La ricerca sull’apprendimento attraverso l’esperienza ha radici più diffuse e profonde rispetto a quanto il contributo della linguistica educativa possa oggi im- 52 <?page no="53"?> Linguistica educativa e neuroscienze mediatamente testimoniare. È sufficiente ricordare nomi come quelli di John Dewey, convinto che «qualsiasi tipo di apprendimento autentico si realizzi attraverso l’esperienza» (1938: 12; nostra traduzione) e che il motore delle idee sia l’esperienza; oppure Maria Montessori, Paulo Freire, Jean Piaget, Kurt Lewin, David Kolb per il quale l’apprendimento è «il processo attraverso il quale la conoscenza si crea tramite la trasformazione dell’esperienza. La conoscenza risulta dalla combinazione delle azioni di afferrare e trasformare l’esperienza» (Kolb 1984: 41; nostra traduzione). La prospettiva di tipo psicologico fornita dal modello di David Kolb permette di costruire una convergenza con quanto indicato dalla teoria dell’embodiment. Tuttavia, la prospettiva neuroscientifica proposta e la dinamica di accostamento alla linguistica educativa prevedono un’attenzione maggiormente focalizzata da un lato sul funzionamento del cervello umano e dall’altro sulle possibili ricadute in ambito didattico. L’atteggiamento di apertura a stimoli plurimi che, come illustrato in questo contributo, contraddistingue a livello epistemologico la glottodidattica fa sì che proposte come quella dell’Experiential learning di Kolb siano viste come strumenti utili alla maturazione di risposte didattiche sempre più adeguate e rispettose di quella conoscenza che il contributo neuroscientifico - dell’embodiment, nel nostro caso - mette a disposizione. Quanto emerge dall’excursus proposto è che la glottodidattica è alla costante ricerca di contributi in altre scienze al fine di dare risposte sempre più adeguate alle proprie esigenze teorico-pratiche e appare chiaro che ciò è reso quanto mai necessario dalla scelta, al momento irreversibile, di adottare una prospettiva olistica nel trattare le questioni legate ai processi di apprendimento-insegnamento di una lingua. Il soggetto che apprende è preso in considerazione nelle sue diverse sfere, compresa quella emotiva. Rimandiamo a Buccino/ Mezzadri (2015b) per ulteriori approfondimenti sul ruolo delle emozioni nell’acquisizione linguistica. 5 Le implicazioni della Teoria dell’embodiment nell’insegnamento di una lingua straniera Ciò che appare centrale nell’approccio incarnato al linguaggio è, dunque, l’esperienza sensori-motoria a cui fanno riferimento specifici elementi linguistici come i nomi, i verbi e gli aggettivi. L’esperienza è centrale sia nella comprensione che nella 53 <?page no="54"?> Marco Mezzadri produzione linguistica. Quando si insegna e si apprende un elemento linguistico in una lingua seconda o straniera, esso deve fare riferimento a qualcosa che sia già stato oggetto di esperienza sensoriale e motoria dell’apprendente. Il che implica almeno tre regole procedurali per gli insegnanti di lingue. a) Il contenuto da insegnare dovrebbe essere incentrato sull’apprendente e sulla sua esperienza. b) Se l’esperienza non sostiene gli elementi linguistici che devono essere insegnati, la prima fase dell’azione didattica consiste nello stimolare lo sviluppo di esperienze sensori-motorie specifiche che saranno in seguito etichettate verbalmente. c) Durante il processo di insegnamento di una lingua, l’approccio ad ogni nuovo input linguistico (costituito da un testo di lettura o di ascolto o da qualsiasi altro tipo di testo) dovrebbe prendere le mosse dalla (ri)attivazione della preconoscenza e dell’esperienza. 6 Conclusioni In conclusione, nel recente passato, diversi approcci glottodidattici hanno cercato di trasferire alla classe, traducendolo in pratiche didattiche, un certo numero di evidenze empiriche, al fine di rispondere al crescente bisogno di colmare la distanza tra le neuroscienze (e il cervello) e la linguistica educativa. Crediamo che il cosiddetto approccio incarnato (embodied) alla lingua, da un lato, possa fornire ulteriore sostegno su base empirica alla linguistica educativa e, dall’altro, possa suggerire e aprire la strada a nuove strategie nell’insegnamento delle lingue incentrate sulla nozione di esperienza sensori-motoria come premessa e prerequisito per qualsiasi tipo di acquisizione linguistica. 54 <?page no="55"?> Linguistica educativa e neuroscienze Riferimenti bibliografici Ansari, Daniel/ Coch, Donna (2006): «Bridges over troubled waters: education and cognitive neuroscience». In: TRENDS in Cognitive Sciences, 10 (4), 146- 151. Ausubel, David P. (1968): Educational Psychology: A Cognitive View. New York: Holt, Rinehart & Winston. Bailey, Donald B./ Bruer, John T./ Symonds, Frank J./ Lichtman, Jeff W. (a cura di) (2001): Critical Thinking about Critical Periods. Baltimore: Paul Brookes. Balboni, Paolo E. ( 1 2002) (2012): Le sfide di Babele. Torino: UTET. 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Abstract: Interrogarsi sulla natura del linguaggio e ipotizzare soluzioni ai problemi dell’apprendimento delle lingue attraverso riflessioni sul funzionamento del cervello umano sono attività consolidate nel tempo che non sempre hanno portato ai risultati sperati. L’insuccesso è stato in parte dovuto ai rapporti che la glottodidattica e le neuroscienze hanno costruito. La relazione si pone l’obiettivo di fare il punto sul tema e di proporre riflessioni sulle condizioni necessarie affinché la linguistica educativa/ glottodidattica e le neuroscienze possano collaborare proficuamente e in modo scientificamente ed eticamente corretto, proponendo ipotesi di interazione tra i due ambiti sulla base delle ricerche sulla natura incarnata (embodied) del linguaggio. Biographical sketch: Professore ordinario di Didattica delle Lingue Moderne (L-Lin/ 02) presso l’Università di Parma. È dottore di ricerca in Linguistica e Didattica delle lingue (Università Ca’ Foscari). Membro del Consiglio di Amministrazione dell’Ateneo e delegato del Rettore per la formazione iniziale e in servizio degli insegnanti. I principali temi di ricerca riguardano l’acquisizione delle lingue in contesto bilingue; prospettive neuroscientifiche nell’acquisizione e nella didattica delle lingue; lo sviluppo e la valutazione di competenze in lingua italiana come L2 per fini di studi. Autore di un centinaio di articoli, capitoli di libri e saggi sulla didattica delle lingue moderne e di una dozzina di volumi monografici, e curatore di vari volumi collettanei. Direttore, con P. E. Balboni, della collana Lingua & Lingue (Bonacci). Membro del comitato scientifico e revisore di diverse riviste e collane editoriali. 58 <?page no="59"?> Roland Ißler (Goethe-Universität Frankfurt am Main) Maschere della vita in movimento - neue Zugänge zu Pirandello. Ein Beitrag zur italienischen Literaturwissenschaft und Lyrikdidaktik 1 Problematisierung: Die Dominanz Pirandellos als Erzähler und Dramatiker Luigi Pirandello (1867-1936) war ein italienischer Schriftsteller. Er wird zu den bedeutendsten Dramatikern des 20. Jahrhunderts gezählt und erhielt 1934 den Nobelpreis für Literatur 1 ; italien[ischer] Schriftsteller [...]; Journalist, Hochschullehrer für italien[ische] Literatur; schrieb Novellen, Romane und Dramen (Anonymus 2004: 365); [e]iner der bedeutendsten Dramatiker des 20. Jh., dessen umfangreiches novellist[isches] Werk seinem Dramenschaffen nicht nachsteht. Er gab dem lange von fremden Einflüssen beherrschten italien[ischen] Theater neue Impulse und wirkte darüber hinaus bahnbrechend für das moderne antiillusionist[ische] Theater (Habicht/ Lange/ Brockhaus-Redaktion 1995: 258). Was die allgemeinen und selbst die spezialisierten Lexika über Luigi Pirandello verraten, bezeugt, dass von dessen umfangreichem literarischem Schaffen bis in die Gegenwart hinein fast ausschließlich die dramatischen und epischen Werke 1 https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Luigi_Pirandello (letzter Zugriff: 28.03.2023). 59 <?page no="60"?> Roland Ißler wahrgenommen werden. Auch in der internationalen Rezeption scheint es sich nicht anders zu verhalten. Die Encyclopedia Britannica hebt in ihrer Würdigung des Schriftstellers ähnliche Merkmale hervor: «Author of short stories and novels, as well as the plays, for which he is best known, and the winner of the 1934 Nobel Prize for Literature, the Italian writer Luigi Pirandello was one of the revolutionary innovators of 20th-century literature» (Whitfield 1977: 469). Auch Charles Boulay fokussiert seine Darstellung Pirandellos im Précis de la littérature italienne (1982) von Christian Bec auf «L’œuvre narrative», «L’œuvre théâtrale» und «La philosophie pirandellienne» sowie schließlich auf «La forme théâtrale» und «L’influence théâtrale de Pirandello», verliert jedoch kein Wort über die Lyrik (vgl. Bec 1982: 356). Ein erster Befund lässt sich daraus bereits ableiten: Hypothese 1: Als Lyriker wird Pirandello von der Öffentlichkeit, ja selbst von der literaturwissenschaftlichen Forschung und Literaturkritik, bis auf wenige Ausnahmen in der Regel unterschlagen oder ignoriert. Daran ist das Komitee des Literatur-Nobelpreises vielleicht nicht unschuldig. Denn ausgezeichnet wird nicht etwa der ganze Autor - nicht einmal der Erzähler Pirandello, sondern ausdrücklich der Dramatiker - in seiner spezifischen Eigenschaft als ‹kühner und einfallsreicher› dramaturgischer Experimentator: «[The Nobel Prize in Literature 1934 was awarded to Luigi Pirandello] for his bold and ingenious revival of dramatic and scenic art» 2 . Dass Pirandello überhaupt als Lyriker in Erscheinung getreten ist, wurde in den bisher konsultierten Literaturlexika noch gar nicht berücksichtigt. Wie aber gehen die Literaturgeschichten damit um? Auch der im anglophonen Raum lehrende Literaturhistoriker Giovanni Carsaniga ignoriert die lyrischen Texte Pirandellos ganz (vgl. Carsaniga 1970); selbst Monographien zur italienischen Lyrik des 20. Jahrhunderts behandeln Pirandellos lyrische Dichtung nicht (vgl. u.a. Hinterhäuser 1990, Lentzen 1994). Giuseppe Petronio (1993: 187), obschon er sich mit dem Erzähler, dem Theatermann Pirandello und auch mit seiner Poetik ausführlich auseinandersetzt, erwähnt die Gedichtzyklen des Lyrikers lediglich beiläufig in Parenthese. Auch in Volker Kapps 2 The Nobel Foundation: The Nobel Prize in Literature 1934, https: / / www.nobelprize.org/ prizes/ literature/ 1934/ pirandello/ facts/ (letzter Zugriff: 28.03.2023). 60 <?page no="61"?> Maschere della vita in movimento - neue Zugänge zu Pirandello Italienischer Literaturgeschichte sucht man vergebens; das von Heinz Thoma und Hermann H. Wetzel verfasste Kapitel «Novecento» spricht lapidar von «dichterischen Versuchen» (Thoma/ Wetzel 3 2007: 320). Ausgerechnet eine Quelle, von der man es am wenigsten erwarten würde, berücksichtigt die Lyrik Pirandellos («la produzione letteraria di Pirandello meno conosciuta dal grande pubblico, quella delle poesie» 3 : die Netz-Enzyklopädie «Wikipedia» in ihrer italienischen Fassung - doch muss die Befriedigung darüber gleich wieder relativiert werden. Dort heißt es nämlich über die Gedichte, dass diese, contrariamente alla composizione teatrale, non esprimono alcun tentativo di rinnovamento sperimentale estetico, e seguono piuttosto le forme e i metri tradizionali della lirica classica, pur non rimandando a nessuna delle correnti letterarie presenti al tempo dello scrittore 4 . Nicht nur, dass die Enzyklopädie das lyrische Werk Pirandellos, kaum dass es überhaupt erwähnt wird, gegen das ungleich bekanntere Theaterschaffen ausspielt, im Gegensatz zu diesem spricht sie ihm auch allen experimentellen Geist und jede ästhetische Innovation ab. Beide Behauptungen - das sei vorab verraten - werden sich als falsch oder zumindest nur sehr bedingt als richtig erweisen. Ein offener Zugang zur Lyrik Pirandellos wird vor allem dadurch verstellt, dass sie erst im Lichte des Theaters Gestalt zu gewinnen scheint. Zugleich jedoch versichert der anonym verfasste Lexikoneintrag seine Leserinnen und Leser der Tatsache, dass sich in der ersten Gedichtsammlung des 13bis 22-jährigen Dichters, Mal giocondo, bereits wesentliche Fragen und Gegenstände des Hauptwerks vorgezeichnet finden: emerge uno dei temi dell’ultima estetica pirandelliana del contrasto tra la serena classicità del mito e l’ipocrisia e la immoralità sociale della contemporaneità. Sono presenti, come nota lo stesso Pirandello, anche toni umoristici, specie quelli derivati dal suo soggiorno a Roma 5 . 3 https: / / it.wikipedia.org/ wiki/ Luigi_Pirandello (letzter Zugriff: 28.03.2023). 4 https: / / it.wikipedia.org/ wiki/ Luigi_Pirandello (letzter Zugriff: 28.03.2023). 5 https: / / it.wikipedia.org/ wiki/ Luigi_Pirandello (letzter Zugriff: 28.03.2023). Als Beleg wird in einer Annotation (Anm. 75) folgende Quelle angegeben: «‹Il mio primo libro fu una raccolta di versi, Mal giocondo, pubblicata prima della mia partenza per la Germania. Lo noto, perché han voluto dire che il mio umorismo è provenuto dal mio soggiorno in Germania; e non è vero; in quella prima raccolta di versi più della metà sono del più schietto umorismo, e allora io non sapevo neppure che cosa fosse l’umorismo›. (Da una sintetica autobiografia, scritta da Pirandello probabilmente fra il 1912 e il 1913, per il periodico romano Le lettere, del 15 ottobre 1924)». 61 <?page no="62"?> Roland Ißler Die genannten unvollständigen und zum Teil widersprüchlichen Angaben führen zu einem zweiten Befund: Hypothese 2: Wenn Pirandello als Lyriker nicht unterschlagen oder ignoriert wird, so wird er vermutlich nicht selten unterschätzt 6 . 2 Pirandello als Lyriker Vor diesem Hintergrund lohnt sich ein unverstellter Blick in die Lyrik Pirandellos. Wann beginnt er, lyrische Texte zu verfassen? In welche Phase seiner literarischen Betätigung fallen Pirandellos Gedichte? Wie umfangreich ist sein lyrisches Werk? Welcher literarischen Stile, Strömungen und Formen bedient er sich, wovon ist sein lyrisches Schaffen geprägt? Anders als die genannten Einschätzungen es vermuten lassen, liegen die Anfänge des Novellisten, Romanciers und Dramatikers Pirandello in der lyrischen Dichtung. Francesco Nicolosi spricht von einer «precoce vocazione» und vom «gusto romantico del giovane» (Nicolosi 1982: V). Tatsächlich hat Pirandello - je nach Zählweise, je nachdem, ob man z.B. seine lyrischen Übersetzungen einrechnet - nicht weniger als 200 bis 250 Gedichte unterschiedlicher Länge verfasst; hinzu kommen zahlreiche unveröffentlichte poesie ungleichen Umfangs in seinen Briefen sowie verschiedene Fassungen insbesondere der Elegie renane. Die Datierung ist dadurch erschwert, dass in der Regel keine Manuskripte erhalten sind; der wesentliche Entstehungszeitraum lässt sich jedoch ungefähr eingrenzen auf die Jahre bis 1912, doch selbst noch 1934, im drittletzten Lebensjahr des Schriftstellers, erscheinen vereinzelt Gedichte Pirandellos im Druck. Welche Bedeutung die Lyrik in jungen Jahren in seinem künstlerischen Schaffen eingenommen hat, lässt sich an einer vielzitierten Selbstaussage des Dichters ermessen: «Fino a tutto il 1892 - confesserà nelle note autobiografiche scritte probabilmente nel 1912 e pubblicate su Le lettere del 15 ottobre 1924 - non mi pareva 6 Mit eindringlichen Worten warnt bereits Enzo Lauretta davor, die durchaus nicht durchweg randständigen lyrischen Texte Pirandellos zu vernachlässigen bzw. sie nur oberflächlich zu beurteilen («minacciando di scadere in superficialità di valutazione», Lauretta 1980: 203). 62 <?page no="63"?> Maschere della vita in movimento - neue Zugänge zu Pirandello possibile che io potessi scrivere altrimenti, che in versi» (Elli 2009: 447) 7 . Das Zitat geht noch weiter; die Sekundärliteratur bedient sich seiner jedoch immer wieder auf Kosten der Lyrik, nämlich fast ausschließlich zur Begründung der veristischen Frühphase Pirandellos: Tatsächlich bekennt der Dichter gerade in diesem Kontext, zur Prosa erst durch Luigi Capuana gelangt zu sein. Der erste Teil des Zitats belegt aber immerhin, dass der jugendliche Pirandello wenigstens bis zum Alter von 25 Jahren tatsächlich keine andere Gattung als die Lyrik als wichtigste literarische Ausdrucksform schätzt. Wenn man dann jedoch die Erscheinungsdaten der Gedichte Pirandellos danebenhält, so fällt auf, dass die lyrische Phase deutlich länger anhält, als die literaturwissenschaftliche Forschung oftmals glauben machen will. All dies scheint Grund genug, sich einen unvoreingenommenen Überblick zu verschaffen. 2.1 Das lyrische Schaffen Pirandellos. Ein Überblick über das Textkorpus «L’attività poetica non è per Pirandello un’attività occasionale, bensì duratura e di primaria importanza. Innanzitutto egli, agli esordi, si vedeva solo come poeta» (Elli 2009: 447). Luigi Pirandello hat zu Lebzeiten folgende Gedichtzyklen und Versdichtungen verfasst: • Mal giocondo (Pirandello 1982: 3-72) 8 (Palermo 1889; Pirandello ist 23 Jahre alt), formal klassischen Modellen verpflichtet, thematisch aber vorausweisend: Im Grunde steckt der Keim des für den reifen Pirandello so charakteristischen Widerspruchs bereits in dem Titel, auch wenn dieser auf den Renaissancedichter Angelo Poliziano zurückgeht und damit ausdrücklich auf eine lyrische Tradition reagiert. • Pasqua di Gea (TP: 73-104) (Milano 1891; Pirandello ist 25 Jahre alt), die Jenny Schulz-Lander in Bonn gewidmete Frühlingsdichtung, von der Lyrik Giosuè Carduccis beeinflusst. Zu Jenny hin, so drückt es Pirandello in einem Brief aus, wenden sich seine Gedichte wie die Sonnenblumen zum Licht (vgl. Rauhut 1964: 31). 7 Das Originalzitat findet sich in: Pirandello 3 1973: 1286. 8 Diese Ausgabe dient hier als Referenz für das gesamte Textkorpus und wird fortan TP zitiert. 63 <?page no="64"?> Roland Ißler • Elegie renane (TP: 129-154) (Roma 1895, Pirandello ist 28 Jahre alt; die Texte rekurrieren jedoch ebenfalls auf die Bonner Zeit), inspiriert durch die Römischen Elegien Johann Wolfgang von Goethes (vgl. Lauretta 1980: 224-226; Rauhut 1964: 32), von denen Pirandello etwa zu derselben Zeit mit den: • Elegie romane di Goethe (TP: 105-128) (Livorno 1896, Pirandello ist 29 Jahre alt) eine italienische Übertragung vorlegt 9 . In der frühen Lyrik ist Pirandello mithin zunächst noch an überlieferte Traditionen gebunden. Von der Anverwandlung der Formen klassischer Dichtung gelangt er zur Auseinandersetzung mit symbolistischen Tendenzen seiner Zeit, distanziert sich jedoch zugleich auch bereits von ihnen und findet jenseits von Tradition und Avantgarde eigene Wege poetischer Expression: assume forme che costituiscono una nuova dimostrazione del carattere appartato e per qualche aspetto provinciale della sua formazione. Senza alcuna esitazione, egli immediatamente assume e poi mantiene, nelle prime raccolte e nella traduzione in versi delle Elegie romane di Goethe, il canone scolastico e il linguaggio della tradizione ottocentesca, da Foscolo e Leopardi a Graf, Stecchetti e il loro maestro Carducci (quest’ultimo specialmente saccheggiato nel vocabolario poetico e nelle soluzioni metriche). Ma anche successivamente egli continua a rifiutare, nella sostanza, sia il linguaggio della poesia simbolista contemporanea, sia quello delle avanguardie espressioniste e futuriste (Luperini 1992: 18). • Zwei kleinere epische Dichtungen, eine politisch-patriotische - Pier Gudrò (TP: 271-285) (Roma 1894) - und eine mythologische - Laòmache (1906) (TP: 287-293) -, erscheinen ebenfalls selbständig. Die beiden letzten intentional zu Sammlungen ausgestalteten Gedichtbände sind: • Zampogna (TP: 155-183) (Roma 1901, Pirandello ist 34 Jahre alt). Dass der Titel Giambattista Marino entlehnt ist, scheint der Sekundärliteratur entgangen zu sein 10 , und • Fuori di chiave (TP: 184-253) (Genova 1912, Pirandello ist 45 Jahre alt). 9 Vgl. dazu Nicolosi 1982: XII sowie 128. Die Versübertragung enthält gleichwohl auch einzelne Fehler. 10 Auch Lauretta geht in seiner Würdigung des Gedichtzyklus auf Marino nicht ein (vgl. Lauretta 1980: 226-227). 64 <?page no="65"?> Maschere della vita in movimento - neue Zugänge zu Pirandello Postum erschienen ferner die folgenden Gedichtausgaben: • Poesie (Milano 1941) und • Saggi, poesie, scritti varii (Milano 1960) (TP: 343-425, «Poesie varie»). Die Gesamtausgabe des lyrischen Werks Pirandellos trug Manlio Lo Vecchio-Musti 1960 unter dem Titel Tutte le poesie zusammen 11 . Trotz der langanhaltenden lyrischen Produktivität Pirandellos bleibt das Urteil der Literaturkritik bis heute unerbittlich. Die Einschätzung des Literaturhistorikers Manfred Hardt ist hier paradigmatisch: Die frühe Lyrik Pirandellos trägt weithin den Charakter einer ersten literarischen Stilübung und bleibt, selbst wenn man den späteren Band Fuori di chiave (1912) hinzunimmt, neben dem erzählerischen und dramaturgischen Werk einfach unbedeutend (Hardt 1996: 678) 12 . Dieser Bewertung steht eine interessante Beobachtung entgegen. Von denen nämlich, die Pirandellos Lyrik einer genaueren Untersuchung unterzogen haben, wird immer wieder angedeutet, zentrale Themen des späteren Werks des Autors seien in seinen Gedichten schon angelegt. Selbst Hardt konstatiert weiter: In den späten Fuori di chiave sind dann - neben deutlichen sprachlich-stilistischen Fortschritten - bereits viele der Themen und Motive enthalten (darunter auch das Motiv der Rollenverdopplung bzw. der Bewußtseinsspaltung), die später in den erzählerischen oder dramaturgischen Werken ihre vollkommene und unvergeßliche Gestaltung finden werden (Hardt 1996: 678). Diese Spuren sollen hier weiterverfolgt und der Versuch unternommen werden, sie nicht nur literaturwissenschaftlich zu erschließen, sondern auch literaturdidaktisch nutzbar zu machen. Beachtlich ist schließlich, dass das, was Manfred Hardt für Prosa und Theater formuliert, nicht minder für die Lyrik gilt: 11 Vgl. TP. Mit der Neuauflage dieser lyrischen Gesamtedition im Jahr 1982 fällt eine internationale Tagung zur pirandellianischen Dichtung zeitlich fast zusammen, vgl. Giovanelli 1981. Zur Lyrik Pirandellos vgl. ferner auch die Einleitung von Nicolosi (1982: V-XVII), mit weiterführender Bibliographie (1982: XVIII-XIX); Bonanni 1967. 12 Hervorhebung Roland Ißler. 65 <?page no="66"?> Roland Ißler Literarisch reichen [Pirandellos] Erfahrungen von Spätsymbolismus und Dekadenz über die letzten Regungen des sich auflösenden Verismus, über die Gruppierungen und Programme der Jahrhundertwende und die nachfolgenden Avantgarden hinweg bis hin zu den existenzialistischen Themen der sogenannten Moderne (Hardt 1996: 677). Anders ausgedrückt: In der Lyrik Pirandellos ist - wenigstens in Ansätzen - der ‹gesamte› Pirandello enthalten; bei näherer Betrachtung des lyrischen Textkorpus mag sogar die Hypothese berechtigt sein, dass die Bandbreite der lyrischen Texte Pirandellos die der übrigen Gattungen überschreitet. 2.2 Pirandellos Lyrik als Komplement zu seinem epischen und dramatischen Schaffen Wenn in Pirandellos Lyrik schon sein späteres Werk von weltliterarischem Rang angelegt sein soll, kann sie dann so dilettantisch sein, wie die Literaturwissenschaft sie darstellt? Bildet Pirandellos Lyrik nicht vielmehr eine Erweiterung oder gar ein Komplement zum novellistisch-erzählerischen und dramatischen Schaffen des Schriftstellers? Diese Hypothese kann anhand der dichterischen Gesamtausgabe für stichhaltig gelten. Für eine umfangreiche Untersuchung anhand des gesamten Korpus der Gedichte Pirandellos ist im Rahmen des vorliegenden Bandes nicht der Platz. Es werden nur exemplarische und sporadische Belege angeführt werden können, der Einschränkung eingedenk, dass jede Auswahl aus dem lyrischen Gesamtwerk stets nur einen Ausschnitt wiederzugeben vermag. Mit Blick auf die anschließenden Überlegungen zur Literaturdidaktik soll bereits auf die Konsequenzen hingewiesen werden, die sich daraus für die Behandlung Pirandellos im schulischen Italienischunterricht ergeben. Dass Umfang und Komplexität der narrativen und dramatischen Texte Pirandellos Schülerinnen und Schülern den Zugang mindestens erschweren, dürfte im Fremdsprachenerwerb allerorts zutreffen. Selbst der Novellist begegnet im Unterricht allenfalls in kurzen Auszügen und wird leicht durch zeitgenössische Erzählungen verdrängt; Schülerinnen und Schülern bleibt Pirandello so meist fremd. Daher sind die bisherigen Hypothesen um ein literaturdidaktisches Anliegen zu erweitern: 66 <?page no="67"?> Maschere della vita in movimento - neue Zugänge zu Pirandello Hypothese 3: Trifft es zu, dass sich zu Pirandellos Werk über den Umweg seiner lyrischen Produktion Brücken schlagen lassen, so sollten sie begangen und genutzt werden. Diesem Anliegen widmen sich die anschließenden Überlegungen, indem sie einige besonders zugängliche Gedichte Pirandellos aufgreifen und zwei lernerorientierte Schwerpunkte vorschlagen. Gestärkt wird dadurch zugleich auch die Rolle der Lyrik im Italienischunterricht, die in der Literaturdidaktik als ein aktuell wichtiges Desiderat erscheint. In Pirandellos Lyrik lassen sich diverse rekurrente Motivkreise und Themenfelder unterscheiden, die im Folgenden in aller Kürze exemplarisch angedeutet und durch ausgewählte Beispielgedichte illustriert werden sollen: Humorvolle Gelegenheits- und Alltagsdichtung (3.1) - Mensch und Technik: Fortschritt und Vergänglichkeit (3.2) - Liebesdichtung (3.3) - Nachdichtung deutscher Klassik (3.4) - christliche Motive (3.5) - Relativierung der Welt (3.6) - Natur und Existenz (3.7) - Perspektivierung und Brechung (3.8) - Multiplikation des Ichs (4.). Umrahmt werden sie von zwei Themenfeldern, die für den Kontext des Italienischunterrichts im engeren Sinne besonders relevante Zugänge zum Autor zu bieten scheinen: die humoristische Lyrik auf der einen Seite (vgl. Abschnitt 3.1), die Spaltung und Vervielfältigung des Ichs auf der anderen (vgl. Abschnitt 4.) 13 . Obwohl beide sehr disparat erscheinen, ergeben sie sich durch einen persönlichbiographischen Zugriff auf den Dichter und stellen Verbindungen her zwischen dem empirischen Menschen Luigi Pirandello und dem Schriftsteller. Durch seine persönlichen Erfahrungen als junger Italiener in Deutschland eröffnet sich für beide eine inter-, ja sogar transkulturelle Annäherung, die mit lernerorientierten Zugängen einhergeht. Hierzu mag besonders auf Lyrik in privaten Briefen zurückgegriffen und mögen zudem Episoden aus der Vita des Autors hinzugezogen werden, in denen er Schülerinnen und Schülern durchaus nahekommt. 13 Der Stellenwert der produkiven Ich-Spaltung ist für Pirandellos Gesamtwerk derart zentral, dass sie in der Darstellung einen eigenen Abschnitt verdient. 67 <?page no="68"?> Roland Ißler 3 Auswahl lyrischer Texte Pirandellos 3.1 Humorvolle Gelegenheits- und Alltagslyrik: Private Fabulierlust beim Dichten gegen Zahnweh («Voi della villa», 1891) Aus seiner privaten Korrespondenz erhellt unter anderem, dass Pirandello sich mit Vergnügen lyrisch mitteilt. Die kleineren und längeren Gedichte in versprengten Briefen harren teilweise noch ihrer literaturwissenschaftlichen Erschließung. Ein kleines humorvolles Beispiel ist der letzte Brief, den Pirandello vor dem 17. April 1891 aus Bonn in seine sizilianische Heimat schickt. Darin kokettiert er beschwingt mit seiner Leidenschaft für den lyrischen Ausdruck, indem er mit dantesken Terzinen im Plauderton (er nennt es «rimar chiacchieracce») gegen sein Zahnweh anzudichten vorgibt: Voi della villa, ho un forte mal di denti thé non mi giova o canfora, né trovo remedio alcuno, che me l’addormenti. A rimar chiacchieracce ora mi provo co’l solo intento, e voi me’l perdonate, d’opporre al mal questo remedio novo. Che se mi manca una rimaccia in -ate o in -ite o in -ote, non staró a cercare, ma lì, senz’altro, pianteró - patate. (Pirandello 1984: 183) 14 Der Gedankengang schließt in der folgenden Strophe mit der Erkenntnis: «giova a qualcosa il poetare» (Pirandello 1984: 183). Immer wieder begegnen auch in seinen Gedichten unerwartete und zum Teil skurrile Wendungen. Für Irritationen sorgt im Gedicht «All’asta» (TP: 395) die Verlagerung der Perspektive: Von den wesentlichen Gegenständen auf Nebensachen gelenkt, führt sie zu einer komischen Brechung der Erwartungshaltung des Lesers/ der Leserin: So legt das Gedicht ausführlich dar, wie auf der Auktion eines wertvollen Flügels zunächst der Preis des Klavierhockers in schwindelnde Höhen 14 Vgl. [Lettera] CCXLIV (wohl März/ April 1891), 183-185. 68 <?page no="69"?> Maschere della vita in movimento - neue Zugänge zu Pirandello getrieben wird: «Il Pleyel a più tardi, / signori. Ora si vende lo sgabello» (TP: 395). Dass Pirandello viel Sinn für feinen und hintergründigen Humor hat, lässt sich nicht allein, wie bereits gezeigt, an seinen Briefen und Novellen sowie v.a. seiner theoretischen Schrift L’umorismo ablesen (vgl. Pirandello 1986). Komische Begebenheiten im Alltag senken die Hemmschwelle auch für Schülerinnen und Schüler, sich mit lyrischen Texten zu befassen. Gedichte wie «Meriggio» (TP: 234), in dem Pirandello eine Mittagsruhe im Grünen unter freiem Himmel beschreibt, bei der das lyrische Ich im Schlummer von Spinnen und Ameisen heimgesucht wird, bieten Anregungen für lustige und kreative Textproduktionen von Schülerinnen und Schülern, die dennoch nicht des inhaltlichen und sprachlichen Anspruchs entbehren müssen. Unerwartete, komische Wendungen in banalen Alltagssituationen sind geradezu prädestiniert für eine schülernahe schriftliche Kommunikation, weil sie anekdotisch an die Lebenswelt der Lernenden anknüpfen. Die literaturwissenschaftliche Distinktion zwischen Autor und lyrischem Ich bietet für Schülerinnen und Schüler in der Autorenrolle einen Distanz- und Schutzraum, gerade wenn es um die Mitteilung persönlicher Erfahrungen geht. 3.2 Frühe Liebesdichtung: Idylle am Melbbach («Melbthal», 1895/ 1904) Aus der Zeit, die der junge Pirandello als Student und Promovend im rheinischen Bonn verbringt 15 , stammt das Gedicht «Melbthal» (TP: 212-214), ein frühes und zugleich seltenes Beispiel heiterer und unbekümmerter Liebesdichtung, wie man sie im späteren Werk aus biographischen Gründen zumeist wird vermissen müssen. Dass bei Pirandello die Grenze zwischen empirischem und lyrischem Ich fließend ist, ist bekannt; darauf wird bei der Betrachtung seiner späteren Lyrik noch genauer einzugehen sein. Das lyrische Ich in «Melbthal» ist hier mit einer Geliebten namens Else verbunden. Der deutsche Name verhüllt indirekt, aber dennoch erkennbar Pirandellos eigene Verbindung mit Jenny Schulz-Lander, der frühlingshaften Muse des Gedichtzyklus Pasqua di Gea, der Pirandello in der deutschsprachigen Widmung der Sammlung ein literarisches Denkmal gesetzt hat (vgl. Hirdt 2 1990: 32). 15 Vgl. hierzu u.a. die kommentierte zweisprachige Anthologie von Hirdt 2 1990. 69 <?page no="70"?> Roland Ißler Das Gedicht «Melbthal» beschreibt eine idyllische Liebesszene. Der Wald als märchenhaft-verwunschener Ort der natürlichen Freiheit von gesellschaftlichen Schranken dient als Kulisse für das dreiteilige Gedicht, das aus zweimal fünf und einmal sieben quartine in umarmenden settenari besteht. Else folgt dem Geliebten in den Wald unter der die Form wahrenden Bedingung («un patto»), dass man nicht von Liebe spreche: Vengo sú al bosco a un patto, - poi disse, - e bada, tu! che d’amore, lassù, noi non si parli affatto. (TP: 212) Als er darauf mit einem Kuss antwortet, straft sie ihn mit Worten, nicht ohne aber indirekt zu erkennen zu geben, dass sie seinen Avancen sehr wohl nachgeben wird. - Else! - esclamai. Ma lesta sui labbri ella una mano mi pose; io, piano piano, gliela baciai. La testa scosse. - «Cominci male! ... Se fai così...» (TP: 212) Der zweite Teil des Gedichts bezieht die Natur ein. Ähnlich der altokzitanischen Troubadourlyrik, die er als Bonner Philologe gründlich studiert hat, macht Pirandello die Stimmen der Vögel, der Blumen und des Baches zu Komplizen des lyrischen Ichs: «Dille, dille che l’ami! » (TP: 212); «Perché venire al bosco, / se non fate all’amore? » (TP: 213), rufen sie, und: «Oh ben voi siete sciocchi! / Qui l’erba è molle e folta...» (TP: 213). Der dritte Teil löst die Spannung auf. Die Hände der Liebenden finden einander, während die Gesprächsthemen gleichsam Belanglosigkeiten über die Geographie des Bonner Umlands umkreisen. Die scheinbar banale Feststellung jedoch, dass der Melbbach in den Rhein münde, wird implizit zur Vorausdeutung der bevorstehenden und doch nur angedeuteten Vereinigung der Liebenden. Die Stimme bebt und versagt, die beiden lassen sich im Schatten nieder, und - war da nicht noch etwas? Mit einem vielsagenden «Ah, il patto»... bekräftigt der Dichter: ja, selbst das eingangs geschlossene Gelöbnis habe man nicht gebrochen: Sedemmo all’ombra. Ah, il patto fu mantenuto appieno. 70 <?page no="71"?> Maschere della vita in movimento - neue Zugänge zu Pirandello D’amor, sen contro seno, noi non parlammo affatto. (TP: 214) «Melbthal» gehört zu den wenigen unbeschwerten, nicht krisenhaften, von existentiellen Problemen und skeptisch-pessimistischen Reflexionen unbelasteten Texten Pirandellos 16 . Die gleichwohl darin wirkende rhetorische Raffinesse, die mit einer für die Gattung ungewöhnlich hohen Dialogizität einhergeht, mag bereits auf das spätere Theaterschaffen des Autors hindeuten; die wechselnde Fokalisierung zwischen der ersten und dritten grammatikalischen Person wiederum evoziert den Blick des Novellisten. Der in zweisprachigen Briefen gut dokumentierten italienisch-deutschen Liebesgeschichte nachzugehen (vgl. Rauhut 1964: 21-47), kann überdies für jugendliche Italienischlernende eine reizvolle Inspiration darstellen, weil sie nicht nur interkulturelle, landeskundliche und historische, sondern auch persönliche Züge enthält und die zeitlosen Erfahrungen der Liebenden eine deutliche lebensweltliche Nähe zu heutigen Schülerinnen und Schülern aufweisen 17 . Die Beschäftigung auch mit den Widersprüchen und Schattenseiten der Liebesbeziehung lässt ihnen den Schriftsteller als Menschen zugänglich werden und weckt möglicherweise das Interesse an dem italienischen Autor. 16 Gleichwohl bleiben in den Selbstzeugnissen aus der Bonner Zeit unaufgelöste Widersprüche, auf welche auch Willi Hirdt hinweist (vgl. Hirdt 2 1990: 27). Einem Heiratsversprechen in seiner italienischen Heimat zum Trotz geht Pirandello mit der 20jährigen Bonnerin Jenny und ihrer Familie eine derart enge Verbindung ein, dass ihm als Ausweg nur eine unrühmliche abrupte Trennung bleibt. Er schreibt unterschiedliche Briefe an seine Familie und die Geliebte, in denen er den Romanistikprofessor Wendelin Foerster zu seiner Entlastung vorschiebt (vgl. Pirandello 1996: 68-69 , Anm. S. 69: «È evidente la contraddizione, perché ai familiari dice di esser stato invitato dal Foerster, mentre a Jenny di aver scritto lui e di esser in attesa di una risposta»). Man muss in der Notlüge nicht bereits einen Ansatz für die spätere poetische Ich-Spaltung Pirandellos sehen, es ist jedoch nicht zu verkennen, dass der Autor die unterschiedlichen Perspektiven seiner eigenen Biographie mit deutlichem Zeitabstand durchaus noch literarisch produktiv machen wird. 17 An dieser Stelle kann nur kurz angedeutet werden, dass sich aus dieser Überschneidung literaturdidaktisch durchaus Kapital schlagen ließe: nicht allein durch weiterführende Rechercheaufgaben über den gut dokumentierten Lebensabschnitt Pirandellos in Bonn (vgl. Hirdt 2 1990), sondern auch durch kreative Schreibaufgaben zur Textproduktion mit Perspektivwechsel (z.B. durch Tagebucheinträge oder vertrauensvolle Briefe an Familie oder Freunde aus der Sicht Luigis oder Jennys bzw. durch unterschiedliche Antworten von deren Ratgebern), in welche die Lebens- und Zeitumstände je nach Unterrichtsziel mehr oder weniger intensiv einfließen können. 71 <?page no="72"?> Roland Ißler 3.3 Nachdichtung deutscher Klassik: Elegie romane (1896) Im Zusammenhang mit der Bonner Verliebtheit des Dichters muss noch einmal auf die lebensbejahende Grundstimmung auch der Elegie romane als kulturellem Niederschlag des Deutschlandaufenthaltes Pirandellos hingewiesen werden. Der Schriftsteller anverwandelt sich die deutschen Distichen Goethes durch die Wahl des distico elegiaco. Das klassische Metrum, das ihn zu strenger rhetorischer Selbstdisziplin zwingt, bändigt zugleich die ‹heitere Lebensfreude› Goethes in der paganen Welt Roms. Schon an der Nachdichtung, die hier nur gestreift werden kann, ließe sich vieles zeigen. Angedeutet sei indes nur, dass Pirandellos Aufenthalt in Bonn gleichsam als eine Inversion der Romreise Goethes gelesen werden kann: Die von diesem gerade verlassenen nebelverhangenen nördlichen Gefilde sucht jener vielmehr auf; der deutsche Dichter hingegen taucht in die sonnendurchflutete Heimat des italienischen Poeten ein. Und wie im Tiber der Rhein spiegelt sich in Pirandellos Jenny die Faustina Goethes (vgl. Nicolosi 1982: XII). 3.4 Christliche Motive («Torna, Gesú! », 1895; «A Gloria», 1901) Neben diesem Ausflug in die klassische Antike publiziert Pirandello aber auch die christlichen Weihnachtsverse «Torna, Gesù! » (28.12.1895) (TP: 374-376), eingebettet in eine friedvolle Kindheitserinnerung. Durchzogen von «einer starken Sehnsucht nach dem verlorenen Glauben [der Kindheit]» (Rauhut 1964: 314), schließen sie mit den Worten: «Pace tu sei, Gesú, tu sei pietà: / torna a rifare in terra / d’amor la carità» (TP: 376). Ganz andere - kritische - religiöse Töne schlägt Pirandello wiederum in späteren Gedichten an. Drei Jahre später, 1898, erscheint Pirandellos Gedicht «A gloria» (TP: 177), das in drei quartine das Begräbnis eines Kindes besingt: Un morto, e la campana non si lagna: squilla, argentina, a gloria. Un bimbo, è vero? (TP: 177) Für das verstörende Ausbleiben der Totenklage bietet der Dichter in der dritten Strophe eine unerwartete Erklärung, indem er dem Verstorbenen folgenden Gruß auf den Weg gibt: - O figliuol, sii benedetto! t’ha voluto il Signore risparmiare. - (TP: 178) 72 <?page no="73"?> Maschere della vita in movimento - neue Zugänge zu Pirandello Dass der Tod nicht etwa die Menschen dem Leben entreißt, sondern jenem vielmehr die Last des Daseins erspart, nährt eine Sichtweise, in der sich Pirandellos pessimistische Grundhaltung bereits deutlich abzeichnet. Wie verflogen ist bald schon die anfängliche Heiterkeit; wie in seinen Novellen und Romanen und später in seinen Dramen spürt Pirandello nun vielmehr der menschlichen Existenz in ihrer widersprüchlichen Unbestimmtheit nach. 3.5 Mensch und Technik: Fortschritt und Vergänglichkeit (Eröffnungs- [«a l’Eletta»] und Schlussgedicht [«Solitaria»] aus Mal giocondo, 1889) Das Eröffnungsgedicht des Zyklus Mal giocondo, einer unbestimmten Auserwählten («a l’Eletta») gewidmet, ruft virulente Themen der Zeit auf und evoziert den neuen Geist, dem sich Wissenschaft und Technik, aber auch Wirtschaft und Gesellschaft zunehmend öffnen. - «Mutaro i tempi» (TP: 5): Der Dichter begrüßt hier diesen Wandel und wendet sich bereits der Moderne zu, während er sich doch zugleich an die «vergin diva», «vergin greca» (TP: 5), «divina vergine» (TP: 6), «purissimo / amore di tempi lontani» (TP: 5) richtet und der symbolistischen Lyrik - noch - sichtlich nahesteht. «[. . . ] il mondo ha cangiato, e piú intensa / ride agli uomini e varia la vita» (TP: 6): In sperrigen Hyperbata rühmt der Text in den ersten Schritten heute gängiger, damals erst beginnender globaler Kommunikation über die Telegraphie, welche entlegene Völker über die Ozeane hinweg verbindet, sowie in den Vorzügen der Dampfmaschine den bahnbrechenden technischen Fortschritt: Ecco: lontane genti in un attimo hanno di loro casi notizia: l’umana fraterna parola per metalliche fila trascorre. Per lei su terre su fiumi e oceani, solo una patria del globo agli uomini facendo, in attivo commercio vittorioso vola il vapore. (TP: 6) 73 <?page no="74"?> Roland Ißler Der rühmende Duktus, im Beispiel zuletzt rhetorisch gestützt durch die Alliteration der Dampfkraft, darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass schon in diesem Gedichtzyklus das Düster-Melancholische, die tiefe Überzeugung von der Eitelkeit des Daseins («la vanità») überwiegen wird. Paradigmatisch dafür ist das letzte Gedicht aus Mal giocondo, «Solitaria» (TP: 72). Dessen paradoxaler Überlegung zufolge sind die Menschen gerade durch die Einsamkeit verbunden; Aufgabe des Künstlers aber sei es, für die Vergänglichkeit des Lebens einen menschlichen Ausdruck zu finden und die prekäre Bedingung des Daseins in Gesang zu bannen: Eterno immenso e vario comporre un canto solo, e tutta in quello chiuder l’anima, come in uno snello bel vaso cinerario: questo vorrei; [...] Questo. Ed a te, profonda notte, [...] dire co ’l poderoso canto umano la vanità de l’essere infinita. (TP: 72) 3.6 Relativierung der Welt («Il globo», 1905) Das Gedicht «Il globo» (TP: 354-355), 1893 zuerst mit zwei weiteren Strophen, dann in verdichteter Form 1905 erneut veröffentlicht, besteht aus vier wiederum umarmend gereimten quartine. Aus der anfänglichen Beschreibung der Weltkugel erwächst einmal mehr die Erkenntnis von der Bedeutungslosigkeit und Nichtigkeit des Erdballs und der Existenz der auf ihm lebenden Wesen. Die auf Erden so oft gepriesene Unsterblichkeit des Menschen erscheint als Illusion, solange dieser an die Erde gebunden ist, auf der die Erhabenheit der Alpen als kleiner Faltenwurf und auf der selbst Rom, die ewige Stadt, als kaum sichtbarer Punkt erscheint: Questa soma di grinze qui, montagne: le Alpi. Roma è questo punto che pare e non pare. (TP: 354) Die Charakterisierung des Globus als «una palla di cartone» (TP: 354) hebt dessen Künstlichkeit und Unfertigkeit hervor. Die Erde und, mit ihr verbunden, die menschliche Existenz in ihrer Relativität sind provisorisch, der Globus erscheint als albernes Spielzeug («un baloccuccio», «Stupido giuoco», TP: 355), als bloßer 74 <?page no="75"?> Maschere della vita in movimento - neue Zugänge zu Pirandello Spielball des Universums. Ein simpler Fingerdruck mag dieses Spiel jederzeit, vielleicht schon morgen, beenden: Io però me lo tengo tra le mani, e lo faccio girare con un dito. Stupido giuoco! Lo facciam finito? Preparo il finimondo per dimani. (TP: 355) 3.7 Natur und Existenz («A un olivo», 1909) Das Erhabene als ästhetische Kategorie - einschließlich der Entzauberung seiner Erfahrung - dient Pirandello auch in anderen Gedichten der Illustration seiner Skepsis dem Dasein gegenüber. «Il globo» findet eine Entsprechung in dem Sonett «A un olivo» (TP: 230). Darin apostrophiert das lyrische Ich einen jahrhundertealten Olivenbaum: «tu che non cedi / da trecento e piú anni, o fosco olivo, / dei venti all’urto» (TP: 230). Doch während die traditionelle Philosophie aus dem Sublimen ein ehrfürchtiges Staunen über die Welt ableitet, mündet Pirandellos Sonett in eine nüchterne Betrachtung. Die anfängliche Frage an den Baum, «Quante cose saprai...» (TP: 230), mit der suggeriert wird, welcher Fülle an historischen Ereignissen er beigewohnt, wieviel er in den vergangenen Jahrhunderten gesehen und erfahren haben mag, beantwortet das Gedicht ganz unspektakulär und bricht damit im Zentrum des Sonetts die hohe Erwartung des Lesers/ der Leserin: «Nulla sai, nulla pensi, nulla vedi» (TP: 230). Mit dieser negativen Perspektivierung, dreifach anaphorisch markiert, wendet sich der Text scharf und abrupt gegen die traditionsgängige Symbolkraft des Olivenbaums, dessen ehrwürdiges Alter gemeinhin mit Heiligkeit, Fruchtbarkeit und nachgerade mit Weisheit assoziiert wird (vgl. Meineke 2 2012: 304). Der Kontrast wird besonders deutlich spürbar im Vergleich mit einem fast zeitgleich erschienenen italienischen Gedicht, welches der Lyriker Gabriele D’Annunzio dem Olivenbaum widmet. Der Dichter der Alcyone (1903) hatte das geheimnisvolle Gewächs erst wenige Jahre zuvor mit bewundernden Worten besungen: Laudato sia l’ulivo nel mattino! [...] Esili foglie, magri rami, cavo tronco, distorte barbe, piccol frutto, 75 <?page no="76"?> Roland Ißler ecco, e un nume ineffabile risplende nel suo pallore! (D’Annunzio 1995: 161) 18 D’Annunzios Gedicht zufolge erkenne der ‹all-sehende› Olivenbaum die Seele des Menschen: Tocca l’anima nostra come tocchi il casto ulivo in tutte le sue foglie; e non sia parte in lei che tu non veda, Onniveggente! (D’Annunzio 1995: 163) 19 Als wollte Pirandellos Sonett diese Worte geradezu widerlegen, begründet er die Existenz des Baumes geradezu dadurch, dass dieser stumm und unempfänglich bleibe für die Zeit, unsensibel für geschichtliche Umwälzungen und menschliche Errungenschaften: «Nulla sai, nulla pensi, nulla vedi; / e sei solo per questo ancora vivo» (TP: 230). Der Baum mag existent sein, er weiß aber nichts vom Leben und vom Dasein; dieses erträgt er geradezu nur durch seine Unbeseeltheit. Das Erhabene führt hier gerade nicht zum Staunen angesichts der eigenen Begrenztheit, sondern zur Einsicht in die Vergeblichkeit der Existenz gegenüber. Just der Versehrtheit des Menschen, seiner Verletzbarkeit, vor denen die Ästhetik des Sublimen den Menschen im tiefsten Grunde bewahrt, wendet Pirandellos Lyrik sich zu. Sie hallt auch nach in rekurrenten Naturvergleichen der schwindenden Hoffnungen der Menschheit mit Wolken oder mit dem Zug der Vögel, wie sie etwa in Gedichten wie «Nuvole» (1902) (TP: 239) aus Fuori di chiave und «Settembre» (1910) (TP: 417) zu finden sind. Kastanien im Gedicht «Alberi soli» (TP: 169-170) aus Zampogna geben wiederum dem «vedersi solo, sentirsi sperduto...» (TP: 169- 170), dem Alleinsein und der Verlorenheit des Menschen ein Bild. Immer wieder umkreist Pirandellos Lyrik die ‹vanità del mondo› und die ‹pena di vivere›. 3.8 Perspektivierung und Brechung («Gli occhiali», 1905) Die pessimistische Haltung schreibt das Gedicht «Gli occhiali» (TP: 397) einer besonderen Sichtweise zu. Die in früheren Gedichten oft düsteren Reflexionen über 18 Vgl. das Gedicht «L’ulivo» in D’Annunzio 1995: 158-163. 19 Hervorhebungen Roland Ißler. 76 <?page no="77"?> Maschere della vita in movimento - neue Zugänge zu Pirandello den verstellten Sinn des Daseins werden hier in der Pirandellos Novellen, Romanen und Theaterstücken eigenen humoristischen und selbstironischen Weise behandelt, als hinge die Sicht der Welt von der Brille auf der Nase ab. In der ersten Strophe - im iterativen imperfetto - sieht der lyrische Sprecher die Welt durch grüne Brillengläser, die ihm noch eine ursprüngliche Heiterkeit und Gelassenheit bewahren: Avevo un giorno un pajo d’occhiali verdi; il mondo vedevo verde e gajo, e vivevo giocondo. (TP: 397) Der Begegnung mit einem traurigen Fremden verdankt das lyrische Ich sodann jedoch seine neue Sicht auf die Dinge, als es seinem folgenschweren Rat folgt: - «Verdi? - mi dice. - Male! Ti sciuperai la vista. Sú, prendi invece i miei: vedrai le cose al vero! » - (TP: 397) In kurzen, nüchternen Sätzen - nun im passato remoto - konstatiert der lyrische Sprecher den folgenschweren Fehlschlag: «Li presi. Gli credei. / E vidi tutto nero» (TP: 397). Doch es kann noch immer schlimmer kommen: Schlecht beraten, wirft er die Brille fort - und sieht fortan gar nichts mehr: «buttai gli occhiali, e allora / non vidi nulla affatto» (TP: 397). 4 Maschere della vita: Die Multiplikation des Ichs («Improvvisi», 1934; «Convegno», 1901) Bei der Lektüre von Pirandellos Lyrik begegnet man, wie die zitierten Beispiele zumindest andeutungsweise belegt haben mögen, einem technikbegeisterten, politischen, einem heiteren, verliebten, einem resignierten, sarkastischen, einem melancholischen, traurigen, einem klassischen, einem religiösen, einem einsamen, einem humorvollen, ausgelassenen Sprecher, und es wird kaum überraschen, dass die Bandbreite der lyrischen Sprecher-Ichs Pirandellos damit noch lange nicht erschöpft ist. 77 <?page no="78"?> Roland Ißler Auf die alte literaturtheoretische Frage, ob die Biographie des Dichters in dessen Deutung Eingang finden dürfe, gibt Pirandello selbst in seinem Essai L’umorismo eine weise Antwort, indem er die Metapher der Maske bemüht. Die Selbstspaltung seiner Person nimmt Pirandello schon früh vor. Er unterzieht sein Ich einer Dekomposition und verwendet nicht nur in vielen literarischen Texten, sondern auch in Briefen, d.h. in der Kunst wie im Leben, Gestalten und Stadien seiner eigenen Vita. Pirandello trägt damit bekanntlich selbst dazu bei, dass die literaturwissenschaftliche Grenze zwischen dem Autor-Ich und seinen Figuren, Erzählern und lyrischen Sprecher-Ichs bisweilen verwischt (vgl. dazu u.a. Cicala 2020: 199-217; Schmitz-Emans 1984: 27-44). Daran wird sich auch literaturdidaktisch anknüpfen lassen. In einem nicht genau datierten Brief vom August 1892 spricht Pirandello seiner Familie gegenüber erstmals von der Spaltung seiner Persönlichkeit in ein kleines Alltags- und ein großes Schriftsteller-Ich, bleibt jedoch zunächst noch bezogen auf deren Literarisierung: «Ho cominciato una serie di Dialoghi tra me e me, anzi, il mio gran me e il mio piccolo me, che credo riusciranno assai comici e interessanti» (Pirandello 1996: 112) 20 . Der zukünftigen Ehefrau öffnet und erklärt er sich deutlicher kurz vor der Eheschließung: Spesso io son triste, e tante volte io stesso non so la cagione della mia tristezza. [...] In me sono quasi due persone. Tu già ne conosci una; l’altra, neppur la conosco bene io stesso. Soglio dire, ch’io consto d’un gran me e d’un piccolo me: questi due signori son quasi sempre in guerra tra di loro; l’uno è spesso all’altro sommamente antipatico. Il primo è taciturno e assorto continuamente in pensieri, il secondo parla facilmente, scherza e non è alieno dal ridere e dal far ridere. [...] Io son perpetuamente diviso tra queste due persone. Ora impera l’una, ora l’altra. (Pirandello 1996: 190) 21 . Noch 1934, kurz vor seinem eigenen Tod, apostrophiert er in dem Gedicht «Improvvisi» (TP: 424-425) seine verstorbene Jugendfreundin Maria Lembo und imaginiert eine Begegnung mit ihr, und es könnten zahlreiche weitere Beispiele ergänzt werden, in denen das Ich sich als weniger ‹in›-dividuell erweist, als man es erwarten möchte. Abschließend sei ein letzter lyrischer Text hervorgehoben, in dem Pirandello das subtile Spiel mit der Multiplikation seines eigenen Ichs geradezu auf die Spit- 20 Vgl. [Lettera] CCLXXIX (senza data), in Pirandello 1996: 111-114. 21 Vgl. [Lettera] CCCXXIII (Roma, 5 Gennajo 1894), in Pirandello 1996: 188-190. 78 <?page no="79"?> Maschere della vita in movimento - neue Zugänge zu Pirandello ze treibt. In «Convegno» (1901) (TP: 243-245) versammelt der Dichter im Traum gleich mehrere frühere Ichs zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten seines Lebens in Begleitung ihrer einstigen Gefährtinnen: Como, Bonn, Palermo, Rom. Per le città, nostre o d’oltralpe, in ogni luogo, ov’ho fatto alcun tempo dimora, io vedo un altro me, com’ero allora, [...] [. . . ] Qua vive o là, chiuso ciascuno nel proprio tempo. (TP: 243) Sogar ein Bekenntnis zur Lyrik ist dem Gedicht eingeschrieben: Zumindest das palermitanische bärtige Dichter-Ich, «ancor non raso / il mento», präsentiert sich «alato il cor di poesia» (TP: 243). Dass die vom lyrischen Ich aufgerufenen Orte mit den Lebensstationen des empirischen Autors Luigi Pirandello auffallend übereinstimmen, scheint konsequent vor dem Hintergrund der vorhergehenden Überlegungen, berechtigt aber dennoch nicht zu einer voreiligen Vermischung von Biographie und Fiktion: L’altro, eccolo in Germania, a Bonn sul Reno, sotto un cappello di castoro, enorme: magro egro smunto: non mangia, non dorme; studia sul serio (o cosí crede almeno) del linguaggio le origini e le forme. (TP: 243) Den vergangenen «altr[i] me» (TP: 243), die er zum «Convegno» im Gedicht einbestellt, stellt der lyrische Sprecher sein gegenwärtiges Selbst gegenüber, das einsam in kalter Nacht am Feuer sitzt: or son qui solo; e, nella fredda, oscura notte, la solitudine paura quasi mi fa. Seduto accanto al foco, nella prigion di queste quattro mura, io gli altri me chiamo a convegno. (TP: 243-244) 22 - in der Befürchtung, dass eines dieser Ichs nicht kommen wird: 22 Hervorhebung Roland Ißler. 79 <?page no="80"?> Roland Ißler fors’egli solo non verrà, ché troppo son io diverso ora da lui. (TP: 244) Im Angesicht der Versammlung der Personen, die er selbst einmal war und repräsentierte, verspürt der lyrische Sprecher des Gedichts keine Reue über frühere Fehlentscheidungen und stimmt nicht etwa eine Klage an: Vedete, io non mi lagno, non m’addonto dei lievi o gravi error vostri, che poi m’han cagionato i danni ch’ora sconto. (TP: 245) Dennoch macht ihm die Erinnerung das verlust- und entbehrungsreiche Leben bewusst, das er, stumm und leer geworden, führt. Doch es wäre nicht Pirandello, wenn er der melancholischen Stimmung nicht ganz am Ende des Gedichts noch augenzwinkernd eine Schlusspointe eingeschrieben hätte: «I capelli» - auch das blonde Haar der Jugend ist entschwunden: [. . . ] Oh che bei ciuffi avevate voi tutti: biondi, come il sol d’estate... Con gli anni, via, via coi sogni anche quelli! (TP: 245) Mit dieser wehmütigen Erkenntnis schickt er die Herbeigerufenen mit gleichsam theatralischer Geste wieder fort und bleibt schließlich allein zurück: «O lasciatemi in pace, andate, andate» (TP: 245). Man wird Schülerinnen und Schülern schwerlich eine vergleichbar ‹altersweise› Rückschau auf das eigene Leben abverlangen wollen, aber die Spaltung der Persönlichkeit in verschiedene Ichs dürfte hingegen auch jungen Lernenden hinreichend vertraut sein: Es beginnt bei den verschiedenen Rollen, die sie in Schule und Familie einnehmen: als Schülerin und Schüler, als Mitschülerin und Mitschüler, als Freundin und Freund, in ersten Partnerschaften; als Tochter und Sohn, als Schwester und Bruder, als Enkelin und Enkel. Jede dieser Rollen ist mit verschiedenen Erwartungen belegt, und die verschiedenen Rollen überlappen sich zum Teil, schließen sich bisweilen aber auch aus, weil nicht jede Erfahrung mit allen anderen Mitmenschen geteilt wird. Heute tritt zu den Pirandello bekannten Erscheinungsformen sogar noch das wandelbare digitale Ich hinzu. Eine Fortsetzung der Alltagsrollen besteht so in den diversen selbstkreierten Avataren der sozialen Medien und ihrer Öffnung für verschiedene Kreise. Wäre es nicht eine willkommene und 80 <?page no="81"?> Maschere della vita in movimento - neue Zugänge zu Pirandello durchaus bereichernde Reflexion, Schülerinnen und Schüler über den Italienischunterricht einmal innehalten zu lassen und die diversen Erscheinungsformen ihrer selbst hypothetisch in einen Dialog zu bringen? Neben produktionsorientierter Aktivierung und Erweiterung von Text- und Medienkompetenz lässt sich hier möglicherweise durch den Italienischunterricht ein Reflexionsprozess initiieren, der länger anhält, als ein Stundenziel es vorsieht. Und vielleicht trifft dann, mit entsprechender Vorbereitung, ein Textauszug aus Il fu Mattia Pascal mit der hypothetischen Überlegung, als Totgesagter ein neues Leben zu beginnen, auf neugierigere Leserinnen und Leser 23 . Allein vor diesem Hintergrund verbergen sich in den lyrischen Texten Pirandellos nicht nur anregungsreiche Provokationen, die didaktisches Potential entfalten, sondern es tritt auch eine enorme Bildungsrelevanz zu Tage, die den reinen Spracherwerb weit überschreitet. 5 Fazit: «io gli altri me chiamo a convegno». Luigi Pirandello als Lyriker Auch wenn das Gedicht «Convegno» schon drei Jahrzehnte vor Pirandellos Tod erscheint, ist ihm doch ein charakteristischer Ton abzulauschen, der sehr deutlich an die Romane und späteren Novellen und Bühnenwerke gemahnt. Wie diese zeugt es von einer vita in movimento und verweist auf mehrere ihrer Stationen. Nach der anfänglichen Kritik an der literaturwissenschaftlichen Forschung ist Vorsicht geboten, nicht dieselbe Unvorsichtigkeit zu begehen und die anderen Gattungen gegen Pirandellos Lyrik auszuspielen. Angesichts der oben geäußerten Hypothesen, nach denen Pirandello als Lyriker bis heute gemeinhin entweder nicht oder zu wenig wahrgenommen, unterschlagen oder ignoriert bzw. unterschätzt wird, mag zumindest ansatzweise gezeigt worden sein, auf wie vielfältige Weise er allein im lyrischen Genre produktiv gewesen ist. Einen höheren Rang als den einer «ersten literarischen Stilübung» (Manfred Hardt) wird man vielen seiner Gedichte allemal zugestehen müssen; bedienen sich diese doch ganz anderer rhetorischer und stilistischer Mittel der Verdichtung als die Erzähl- und Theaterliteratur. Dass 23 Nicht unerheblich ist der Hinweis, dass der Lyriker Pirandello viele seiner Gedichte zeitgleich etwa mit sehr zentralen Prosawerken schreibt; in diesem Zusammenhang hebt Enzo Lauretta neben L’umorismo gerade Il fu Mattia Pascal hervor; vgl. Lauretta 1980: 208. 81 <?page no="82"?> Roland Ißler nicht nur in dieser, sondern auch in vielgestaltigen lyrischen Formen Pirandellos existentielle Themen einen Ausdruck gefunden haben, ist sicherlich weniger als Einschränkung und Redundanz denn vielmehr als Erweiterung, Bereicherung und Komplement zum erzählerischen und dramatischen Schaffen des Schriftstellers zu betrachten, in dessen Schatten seine Lyrik bisher stets gestanden hat. Positiv gewendet umfasst wohl keine andere Gattung mehr genuin Pirandelleskes als Pirandellos Lyrik, zumal sie den Dichter in seiner Vielgestaltigkeit bis zum Ende seines Lebens beschäftigt, aber auch selbst in die frühen Jahre des Autors zurückreicht. Gerade durch diese ausholende Bewegung wird sie anschlussfähig an die Lebenswelt von Schülerinnen und Schülern und lässt sie seine Erfahrungswelt teilen bzw. kontrastieren. Darin liegt viel Bildungspotential; die Überlegungen des Autors regen zur Selbstreflexion an und bieten zeitenthobene Gedanken über die eigene Existenz und die Rollen - oder maschere - des Lebens. Literaturverzeichnis Primärwerke D’Annunzio, Gabriele (1995): Alcyone, a cura di Federico Roncoroni. Milano: Mondadori. Pirandello, Luigi ( 3 1973): Saggi, Poesie, Scritti varii, a cura di Manlio Lo Vecchio- Musti. Milano: Mondadori. Pirandello, Luigi (1982) ( 1 1960): Tutte le poesie, introduzione di Francesco Nicolosi, note di Manlio Lo Vecchio-Musti. Milano: Mondadori [= TP]. Pirandello, Luigi (1984): Lettere da Bonn 1889-1891, introduzione e note di Elio Providenti. Roma: Bulzoni. Pirandello, Luigi (1986): L’umorismo. Milano: Mondadori. Pirandello, Luigi (1996): Lettere della formazione 1891-1898, con appendice di lettere sparse 1899-1919, introduzione e note di Elio Providenti. Roma: Bulzoni. 82 <?page no="83"?> Maschere della vita in movimento - neue Zugänge zu Pirandello Sekundärliteratur Anonymus (2004): «Pirandello». In: DIE ZEIT. Das Lexikon in 20 Bänden. Mit dem Besten aus der ZEIT, u.a. mit Beiträgen von Josef Joffe, Robert Leicht und Michael Naumann. Hamburg: Zeitverlag Gerd Bucerius, Bd. 11: Ore-Pux, 365. Bec, Christian (1982) : Précis de la littérature italienne. Paris : Presses universitaires de France. Bonanni, Francesco (1967): «Alcuni motivi della poesia di Pirandello». In: Atti del Congresso internazionale di studi pirandelliani, Venezia, Fondazione Giorgio Cini, Isola di San Giorgio Maggiore, 2-5 ottobre 1961. Firenze: Le Monnier, 539-551. Carsaniga, Giovanni (1970): Geschichte der italienischen Literatur. Von der Renaissance bis zur Gegenwart, aus dem Italienischen von Arnica Verena Langenmaier. 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Von seinem reichen literarischen Schaffen werden jedoch bis in die Gegenwart fast ausschließlich die epischen und dramatischen Werke wahrgenommen. Umfang und Komplexität dieser Texte erschweren zugleich aber den Zugang im Italienischunterricht. Selbst der Novellist begegnet hier allenfalls in kurzen Auszügen; Schülerinnen und Schülern bleibt er zumeist fremd. Angesichts der Dominanz der anderen Gattungen ist kaum bekannt, dass Pirandello bis drei Jahre vor seinem Tod mehrere Hundert lyrische Texte verfasst hat. In der Lyrik führt Pirandello die verschiedenen Facetten seines literarischen Schaffens zusammen; seine mit dem Wandel der Zeit und der Stile wechselnde poetische Identität gewinnt in ihr Gestalt. Tatsächlich erinnert der unverwechselbare Ton vieler Gedichte unverkennbar an Romane, spätere Novellen und Bühnenwerke des Autors. Der Beitrag lotet aus, inwiefern sich ausgewählte Gedichte dazu eignen, Pirandello im fortgeschrittenen Italienischunterricht als Schriftsteller zu entdecken, und möchte Vorschläge unterbreiten, Schülerinnen und Schülern den Dichter zugänglich zu machen. Nicht nur die relative Kürze der Gedichte stellt dabei einen entscheidenden Vorzug gegenüber den Erzählwerken und Dramen dar; auch rhetorisch und stilistisch und nicht zuletzt inhaltlich offenbaren sie eindrucksvolle Charakteristika und sind für den Literaturunterricht im Fach Italienisch auf vielfältige Weise anschlussfähig. Insbesondere bietet Pirandellos Lyrik einen leichten Zugang zu seinem typischen umorismo und lässt sich insofern auch als eine didaktische Vorbereitung und Hinführung zu einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Schaffen des italienischen Autors begreifen. Indem der Aufsatz der im Unterricht unbeliebten, zu Unrecht gefürchteten und daher oftmals gemiedenen Gattung Lyrik auch als didaktischem Problemfall nachgeht, versteht er sich auf einer Metaebene als ein Beitrag zur aktuell vernachlässigten Lyrikdidaktik, die er innerhalb der italianistischen Forschung und Lehrkräftebildung ausdrücklich stärken möchte. 85 <?page no="86"?> Roland Ißler Biographical sketch: Roland Ißler ist Professor für Romanistische Didaktik und transkulturelles Lernen mit dem Schwerpunkt Literaturdidaktik an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Nach dem Studium der Französischen, Italienischen und Deutschen Philologie an der Ernst-Moritz-Arndt- Universität Greifswald, der Université Blaise Pascal Clermont-Ferrand II, der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der Ruhr-Universität Bochum war er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Juniorprofessor und Akademischer Rat für Literaturwissenschaft und Didaktik der Romanischen Sprachen und Literaturen am Institut für Klassische und Romanische Philologie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn tätig und vertrat Professuren an den Universitäten Bochum, Essen-Duisburg und zuletzt Frankfurt. Forschungsschwerpunkte: Romanische Literaturwissenschaft vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Gattungsgeschichte und -transformation, Literatur- und Mythentheorie, Europaforschung, Literatur- und Mehrsprachigkeitsdidaktik, kulturelle und ästhetische Bildung. 86 <?page no="87"?> Christoph Oliver Mayer (Humboldt-Universität zu Berlin) Immersiver Literaturunterricht als Spurensuche: Das Beispiel Massimo Zamboni 1 Immersives Lernen und Literaturunterricht Unter immersiven Lernen verstehen wir gemeinhin zuallererst das Sprachbad, das in Italien im Grenzraum Friaul/ Slowenien/ Österreich - z.B. die sogenannten Kugy-Klassen - oder im Aosta-Tal an Schulen, insbesondere Grundschulen, praktiziert oder vor allem in Universitätsstädten in Form von Sommerkursen für Studierende aus aller Welt angeboten wird 1 . Eine ‹klassische› Immersion mit Italienisch als Schul- und Unterrichtssprache bieten mehrsprachige Schulen in Deutschland an, zum Beispiel die Staatliche Europa-Schule in Berlin (SESB), was allerdings nur eine überschaubare Gruppe von Lernenden anspricht und oft mit Konzepten des bilingualen Unterrichts zusammenfällt. In zweiter Linie jedoch sind in den letzten Jahren zahlreiche Ideen hinsichtlich des digitalen Lernens entwickelt worden, die ebenfalls den Begriff Immersion in Verbindung mit Lernen bringen, bis dato weniger aber im Bereich des Italienischen zu finden sind. Janet H. Murray definiert in diesem Kontext Immersion als «The experience of being transported to an elaborately simulated place» (Murray 2008: 5) und sie führt aus, Immersion is pleasurable in itself, regardless of the fantasy content. Immersion is a metaphorical term derived from the physical experience of being submerged in water. We seek the same feeling from a psychologically immersive experience 1 Zur Immersion siehe u.a. Leslaw 2017; Mayer 2017: 130-146. 87 <?page no="88"?> Christoph Oliver Mayer that we do from a plunge in the ocean or swimming pool: the sensation of being surrounded by a completely other reality, as different as water is from air, that takes over all of our attention, our whole perceptual apparatus. (Murray 2008: 5) Das hier angesprochene Eintauchen bzw. das Versenken, das mit einem impliziten und selbständigen Lernen mit Flow-Effekt verbunden ist und zudem in möglichst authentischen Situationen stattfindet, muss nicht notwendigerweise digital sein. Die Idee schließt genauso an zahlreiche Impulse aus der Exkursionsdidaktik an, insbesondere an die Idee entdeckender Arbeitsexkursionen, die schülerorientiert und handlungsorientiert ‹leichteres› Lernen versprechen und zwar an einem außerschulischen Lernort 2 . Dabei scheint die räumliche Veränderung bzw. das Spacing die Aufmerksamkeit positiv zu fördern. Warum sollte man nun nicht Literatur immersiv vermitteln bzw. sich erschließen können? Ein solcher Zugang zur Literatur und eine immersiv gestaltete schulische Literaturarbeit zumal im Fremdsprachenunterricht zielt hier nicht auf die Kategorie der Ästhetik oder eine stilistische Erschließung von Texten. Zudem geht es hier überhaupt nicht um ein Mitfiebern mit literarischen Figuren oder einen interpretatorischen Rückschluss auf unsere aktuelle Lebenswelt 3 . Derartige Zugänge mit einem Fokus auf die Rezeption vergessen oft die pragmatischen Aspekte literarischer Texte, die Einbettung in die reale Welt oder die Kanonizität von Literatur, die zweifelsohne jedoch wesentliche Bestandteile von critical literacy sind 4 , dem Interkulturellen und Globalen Lernen nahestehen und eine andere Form von Welterschließung bieten. Immersives Lernen verstärkt also Rezeptionsformen, die das literarische Feld selbst anvisieren 5 . Immersives Literaturlernen trägt eine räumliche Dimension in sich, insofern als hierbei real-materielle wie abstrakt-symbolische Verortungen von Literatur, sei es nun Texte oder literarische Figuren, Gegenstände oder Orte, anvisiert werden. Dabei kann es sich um eine Spurensuche nach Autoren und Autorinnen und damit um einen biographischen Zugang handeln, der einen kanonischen Autor, dessen Geburtshaus, ein ihm gewidmetes Museum, Gedenkorte etc. in den Mittelpunkt rückt. Ein diesbezüglicher Lerneffekt etwa für Studierende besteht schon darin, zu 2 Hierzu siehe auch Mayer 2018b: 9-25. 3 Hierzu siehe Bredella 2011: 123-134. 4 Zum Konzept von critical literacy vgl. Jowallah 2015: 17-27. 5 Hier im Sinne von Bourdieu 1992. 88 <?page no="89"?> Immersiver Literaturunterricht als Spurensuche erkennen, dass bestimmte Autoren wie Dante präsenter sind als etwa Francesco Petrarca. Während es in Ravenna oder Florenz nicht schwer ist, Dante nachzuspüren, zeigt sich etwa in Avignon, wie versteckt das einst berühmte Grab der Laura, das Maurice Scève dort dereinst entdeckt haben wollte, heute ist und dass das touristische Interesse daran wohl nachgelassen hat 6 . Studierende bzw. Schülerinnen und Schüler lernen bei einem solchen Zugang zur Literatur, nicht nur professionell zu recherchieren, sondern sich selbst individuell dritte Lernorte zu erschließen. Sie können Wesentliches über die Literaturgeschichte und -geschichtsschreibung, über das kollektive und kulturelle Gedächtnis usw. erfahren - wobei das Wesentliche im Sinne der Critical Theory immer eine zeithistorische und systemkritische Komponente transportiert. Die Kanonisierung wird also vornehmend kritisch beäugt, im Sinne einer den Konsum von Literatur oder Diskriminierungen und Ignoranz anprangernden Distanzierung. Eine gleiche kritische Haltung kann auch literarischen Figuren gelten, denen ebenfalls Denkmäler gewidmet sein können (z.B. die Rolands-Statuen) oder deren Spuren sich in der Produktwelt (z.B. Pinocchio, vom Speiseeis bis zur Spielzeugfigur) wiederfinden, die intertextuell wie intermedial genauso aufspürbar sind wie sie sich in einem konkreten Stadtbild suchen und finden lassen 7 . Das Eintauchen in die fiktive Welt der Texte wiederum erlaubt die Kontrastierung der fiktiven bzw. in der Literatur rekonstruierbaren mit der realen, lebensweltlich fassbaren Welt. Dem Neapel der Elena Ferrante könnte z.B. sehr gut bei einer Exkursion wie durch das Studieren von Stadtplänen und Stadtführern in 2- und 3-D nachgespürt werden 8 . Genannte Orte werden so plastisch vor Augen geführt und wie der Kontrast Buch-Film, bei Ferrante auch: Buch-Serie, bietet sich die Gegenüberstellung zu einer tieferen Durchdringung des Textes ebenso an wie zu einem Nachdenken über Fiktionalität und Faktizität. Immersives Lernen wird so zu einer Spurensuche, die ein genaues, ja detailgenaues Lesen und ein ebenso präzises Schauen, Sich-Orientieren bzw. Spacing verlangt. Diese Spielart der Raumnahme sollte Lust machen, reale Orte aufzusuchen oder die historischen Orte zu rebzw. dekonstruieren. Das Erkennen der Andersartigkeit, des Gemachten bzw. Geküns- 6 Vgl. dazu Mayer 2017; Mayer 2018a: 51-66; Mayer 2010: 245-262. 7 Hierzu Mayer/ Rebane 2022: 727-748. 8 Gemeint ist hierbei die Tetralogie Ferrante (2011): L’amica geniale; Ferrante (2012): Storia del nuovo cognome; Ferrante (2013): Storia di chi fugge e chi resta; Ferrante (2014): Storia della bambina perduta. 89 <?page no="90"?> Christoph Oliver Mayer telten, also von Abweichungen zur Lebenswirklichkeit, kann somit ebenfalls zum wesentlichen Beitrag einer critical literacy werden. 2 Das Beispiel Massimo Zamboni Eine literarisch thematisierte Reise bzw. die Schilderung eines Aufenthalts in einer fremden Stadt eignet sich ganz besonders für einen immersiven Lernzugang, zumal wenn sie Orte beschreibt, die in der Gegenwart zugänglich und durch den Text in ihrer Geschichtlichkeit erfahrbar werden. Eine solche Reise bzw. einen längeren Aufenthalt in (West-)Berlin beschreibt Massimo Zamboni in seinem Roman Nessuna voce dentro. Un’estate a Berlino Ovest (Zamboni 2017). Im Falle von Zambonis Text können nicht nur Fiktionalität und Faktizität erfahren werden, sondern es lassen sich zusätzliche Verarbeitungen seiner Berlin-Erfahrungen in musikalischer Form mit in den Unterricht einbeziehen 9 . Massimo Zamboni (geb. 1957 in Reggio Emilia) gilt seit 1982, der Gründung der legendären Band CCCP-Fedeli alla linea, in Italien als der wohl bekannteste Punk- Musiker 10 . Die selbst definierte Stilrichtung des «punk filosovietico», wodurch die Band schon allein durch ihren Namen provozieren wollte und den sie mit dem Titel ihres 1984er Albums Ortodossia noch unterstrich, verdankte viel den Erfahrungen, die Zamboni selbst im Jahr 1981 während eines längeren Berlin-Aufenthalts sammeln konnte. Musikalisch inspiriert von den deutschen Punk- und NDW-Bands wie DAF oder Fehlfarben und angeregt vom Leben in der West-Berliner Hausbesetzerszene, konnte Zamboni, selbst Gitarrist, Komponist, Texter und manchmal auch Sänger, die von ihm gegründete Band um Giovanni Ferretti und Umberto Negri entscheidend prägen. 1990 löste sich die CCCP parallel zum Ende der ‹gleichnamigen› Sowjetunion auf bzw. nahm den 3. Oktober und die deutsche Wiedervereinigung zum Anlass, diese Schaffensphase zu beenden. Die Nachfolgeband C.S.I., egtl. Consorzio Suonatori Indipendenti, benannt nach dem italienischen Kürzel für die GUS, der Gemeinschaft unabhängiger Staaten, hielt sich von 1993 bis 1999. Seitdem war Zamboni in wechselnden Formationen unterwegs, insbesondere zusammen mit der Sängerin Angela Baraldi und zuletzt auch verstärkt als Solokünstler. 9 Gemeint ist hier Sonata a Kreuzberg (Zamboni/ Baraldi/ Roversi 2018). 10 Vgl. Marinoni/ Cuoghi 1998 2 . Zu Zamboni siehe auch Mayer/ Schreiber 2023: 264-270. 90 <?page no="91"?> Immersiver Literaturunterricht als Spurensuche Sein neuestes Album La mia patria attuale (2021) zeigt ihn als Cantautore und ist das Ergebnis einer von Anfang an spürbaren künstlerischen Vielseitigkeit und eines intellektuellen Tiefgangs, mit dem er dem italienischen Punk seinen ganz besonderen Stempel aufdrücken konnte 11 . Das entscheidende Jahr für seine Karriere, die Initialzündung als Punk-Musiker, schildert Zamboni aber im 2017 erschienenen Roman Nessuna voce dentro. Seit 2000 war Massimo Zamboni mit mehreren Romanen hervorgetreten, die nahezu allesamt auf autobiographischen Erfahrungen beruhen, Erlebnisse von Tourneen seiner Bands aufgreifen und durch tiefgründige Gedanken die globale Zeitgeschichte anvisieren. Zunächst erschien mit In Mongolia in retromarcia ein zusammen mit dem Bandkollegen Ferretti verfasstes Buch (Zamboni/ Ferretti 2000 / 2009), das vor allem Reiseerfahrungen an exotischen Schauplätzen schildert. Schon die zweite Buchveröffentlichung aber, Il mio primo dopoguerra. Cronache sulle macerie: Berlino Ovest, Beirut, Mostar, die an den Tourneereisen orientiert war, greift diese jedoch auf, um einschneidende politische Ereignisse der Weltgeschichte, an denen es um die ganz großen Fragen des Weltfriedens geht, zu thematisieren (Zamboni 2005). Zuvor hatte Zamboni ein sehr lyrisches Buch vorgelegt, das vor allem Gedanken- und Sprachspiele beinhaltet: Emilia parabolica. Qua una volta era tutto mare (Zamboni 2002). Jahre später, 2011, knüpfte er daran an und ließ sich zu Prove tecniche di resurrezione (Zamboni 2011) von Liedern aus drei seiner Alben inspirieren. Nach weiteren Veröffentlichungen (Zamboni 2015: L’eco di uno sparo; Zamboni 2016: Anime Galleggianti) entschied sich Zamboni zu dem im Weiteren näher betrachteten autobiographischen Roman Nessuna voce dentro, bevor er mit La macchia mongolica (Zamboni 2020) und La trionferà (Zamboni 2021) zwei weitere Bücher veröffentlichte, die Reiseerfahrungen aus der Mongolei nebst Film und CD sowie seiner politischen Sozialisation in seiner Heimat nachspüren. Flankiert von mehreren musikalischen Live-Auftritten in Italien wurde Nessuna voce dentro in den letzten Jahren immer wieder einer Öffentlichkeit vorgestellt. Parallel zum literarischen Werk komponierte Zamboni das Album Sonata a Kreuzberg (2018), das er zusammen mit Angela Baraldi und Cristiano Roversi aufnahm. Auf dem Album finden sich mehrere Titel mit Bezug zu Berlin bzw. in deutscher Sprache: «Unterwegs», «Ein dunkel Herr», «Der Räuber und der Prinz», 11 Sichtbar z.B. am Solo-Album L’inerme è L’imbattibile (Zamboni 2008), das Erfahrungen gerade aus dem Bosnien-Krieg verarbeitet und die Songs mit einem ausführlichen literarischen Booklet begleitet. 91 <?page no="92"?> Christoph Oliver Mayer «Paul ist tot», «Hundsgemein», «Kebabträume», «Berlin», «La città imperiale». Die Songs rekurrieren zum Teil auf Lieder, die Zamboni in Berlin für sich entdeckt hat: Titel der deutschen Bands DAF («Der Räuber und der Prinz», «Kebabträume»), Ideal («Hundsgemein») und Fehlfarben («Paul ist tot») aus den frühen 1980er Jahren liefern den Soundtrack zum Roman. Somit entsteht nicht nur der Eindruck, dass episodisch-exemplarisch im Album Einzelaspekte aufgegriffen werden, die mit realbiographischen Erfahrungen Zambonis zu tun haben. Aufmerksame Lektüren seiner Romane erkennen Bezüge zu dort geschilderten Erfahrungen oder können Intertexte erkennen, z.B. wird «Kebabträume» als Kultlied, allerdings in Bezug auf die Version «Militürk» der Fehlfarben, im Kreuzberg der frühen 1980er Jahre in mehreren Texten Zambonis direkt angesprochen. Der Roman Nessuna voce dentro wiederum schildert die eigene Reise per Anhalter nach Berlin, Zambonis Erfahrungen in der Hausbesetzerszene, in der er während seines Aufenthalts unterkommt, sein Leben als Italiener in Berlin, der mitunter in einer italienischen Pizzeria jobbt, seine Erkundungen und genauen Beobachtungen von Westwie Ost-Berlin und seine Konzertbesuche. Berlin wird vom Sehnsuchtsort zum prägenden Ort für das weitere Leben. Er bricht aus der Emilia-Romagna auf und verbringt fast ein Jahr in Berlin, dem Sehnsuchtsort seiner Generation, wie es das Zitat von Giovanni Lindo Ferretti ausdrückt: «Tra Carpi e Berlino c’è un legame speciale, perché a Carpi comincia l’autostrada del Brennero: perciò noi consideravamo Carpi come la periferia estrema di Berlino» 12 . Zwei Dinge sind an Zambonis Roman besonders auffällig. Zum einen ist es die Akkuratheit, mit der der Erzähler das Erzählte topographisch und toponymisch verortet. Zamboni - der durch den geschlossenen autobiographischen Pakt mit dem Autor identische Erzähler - nennt immer Straßennamen, konkretisiert seine Bewegungen in Berlin an genauen Ortsangaben und lässt so die Lesenden gleichsam mit durch Berlin schlendern. Er erkundet die bekannten Orte Berlins, sowohl die touristischen als auch die der Subkultur, der Hausbesetzerszene, welche mittlerweile ja auch zu Sehenswürdigkeiten geworden sind. Und er integriert immer wieder deutsche Wörter, die er gehört hat (und auch so, wie er sie gehört hat, also nicht immer orthographisch korrekt - beispielsweise «Italiäner» oder «Wilkom- 12 Dieses Zitat im Geiste Tondellis wird viel zitiert, vgl. u.a. Padalino 2009: o.S. Die Internet- Originalquelle ist nicht mehr auffindbar. Siehe auch https: / / corrieredibologna.corriere.it/ bologna/ cultura-spettacoli/ cards/ giovanni-ferretti-cccp-lega-band-amicizie-politica-amanda-lear/ incontro-zamboni-berlino_principale.shtml (letzter Zugriff: 12.05.2023). 92 <?page no="93"?> Immersiver Literaturunterricht als Spurensuche men»; Zamboni 2017: 28). Zum anderen fällt auf, wie abgeklärt, hellsichtig und kritisch Zamboni seine Erfahrungen schildert 13 . Er wählt für seine autobiographischen Erinnerungen kein doppeltes Register, sondern lässt das erlebende jüngere Ich mit dem gereiften Erzähler in eins fallen. Weder apologetisch-naiv noch ideologisch verbrämt, weder einseitig das Hausbesetzerleben glorifizierend noch einem Renegateneifer verfallen, zeigt sich der Erzähler sehr hellsichtig, selbstkritisch und fällt ausgewogene Urteile. Er beschönigt nichts, aber er distanziert sich auch nicht von seinem jüngeren Ich. So entsteht ein Panorama, das sowohl die Erfahrungen eines Italieners im Westdeutschland Anfang der 1980er Jahre nachzeichnet als auch die Jugendbewegung in Westberlin aus einer Insidersicht schildert. Und damit greift er sein eigenes Vorbild, Pier Vittorio Tondelli, und seine Verknüpfung aus jugendlicher Subkultur und kommentierenden teilnehmenden Beobachter kongenial auf 14 . 3 Immersive Texterschließungen Zum Ausgangspunkt von Zambonis Berlinerfahrungen wird ein besetztes Haus in der Willibald-Alexis-Straße 39: «Willibald-Alexis-Straße. Bel nome. Bella strada. Mi piace. Mi piace tutto. Numero civico 39. Bellissimo numero, 39, la corda al collo ai numeri di lotto» (Zamboni 2017: 28). Die konkreten Orts- und Raumbeschreibungen, die angereichert werden durch Verortungen in der Populärmusik anhand von Pop- und Rocksongs erinnern ganz konkret an die Reisebeschreibungen und Romane Pier Vittorio Tondellis und intensivieren diese durch die räumliche Verdichtung und Konzentration auf Berlin 15 . Die Nennung von Musikstücken dient der chronologischen und subkulturellen Verortung, die der Orte der topologischen: «Stretto, ammassato, fracassone, ci si ritrova tutta la comunità della Willibald-Alexis. La musica sono i Cure, Boys Don’t Cry, ma non domina il 13 Diesbezüglich hat sich die Darstellung Zambonis seit Il mio primo dopoguerra (2005) nochmals geändert, wo die Berlin-Erfahrungen bereits einen wesentlichen Raum einnehmen, aber noch stärker im Gestus des Szene-Zugehörigen geschildert werden, wobei auch die «Wir»-Perspektive überwiegt. 14 Siehe Bart van den Bossche 1998: 151-162 sowie Mayer 2006: 477-497. 15 Gemeint sind insbesondere Un weekend postmoderno (1990) und Camere separate (1989), vgl. Tondelli 2009 und Tondelli 2011. Toponymische Verortungen finden sich u.a. auch in der Lyrik von Jacques Réda. Die populärmusikalische Einbettung erinnert an die Beatniks. 93 <?page no="94"?> Christoph Oliver Mayer rimbombo delle voci» (Zamboni 2017: 29). Beide zusammen erzeugen die Stimmung, Atmosphäre und das Ambiente der Punk-, Anarcho-, Hausbesetzer- und Protestszene und lassen den Roman das Lebensgefühl der damaligen Zeit atmen. Für Schülerinnen und Schüler kann eine räumliche Verortung, illustrativ unterstützt durch Fotos (Google-Bilder-Suche, Wikimedia-Commons, Foto-Datenbanken), den Zugang zum literarischen Text wesentlich vereinfachen. Bilder von besetzten und mit Protestplakaten versehenen Häusern, von Demonstrationen etc. verschaffen einen besseren Eindruck von der Zeitgeschichte. Zudem werden die Ortsbeschreibungen nicht nur leichter verständlich, sondern sie untermauern die Aussage des Textes, der im Wesentlichen darum bemüht ist, Mythisierungen und Glorifizierungen zu vermeiden und ein realistisches Bild zu zeichnen. Das wird besonders dort sichtbar, wo Orte der Zeitgeschichte und der Punk-Szene beschrieben werden, z.B. das SO 36: «SO 36 è anche il nome del locale dove bisogna andare, una gloria di questa Berlino. Arrivo quasi subito a scoprirlo, giusto il tempo di leggere il nome di Tuxedomoon su un manifesto» (Zamboni 2017: 57). Hier wird zum einen das Lebensgefühl des Punk beschrieben: «Legal Illegal Scheissegal» (Zamboni 2017: 57), aber auch verdeutlicht, worin die Unterschiede zwischen der sehr stark von den USA beeinflussten italienischen Jugendkultur und der Berliner Punk-Szene liegen, wenn Zamboni erwähnt, dass die amerikanische New- Wave-Band Tuxedomoon in seiner Szene in Italien schon längst bekannt, in Berlin eine Neuentdeckung war, während die deutschen Musiker (Nico, Nina Hagen, Ideal) und Punkbands (Fehlfarben, DAF) als Novum eine besondere Faszination auf ihn ausübten. Über die genannten Musiker lässt sich also auch die Jugendkultur nachzeichnen. Weitere Orte der Berliner Szene zu Beginn der 1980er Jahre lassen sich durch den Roman vergegenwärtigen und mit ihrem heutigen Erscheinungsbild konfrontieren: das Metropol am Nollendorfplatz, der sogenannte Scheißladen in der Großbeerenstraße («uno spaccio di dischi punk con la vetrina vuota»; Zamboni 2017: 41) oder der KukuCK (Kunst und Kultur Club) in der Wilhelmstraße 9. Einige der im Roman beschriebenen Orte sind mittlerweile zu Gedenkorten der anarchistisch-linken Szene geworden, sichtbar etwa an den Wandbemalungen in der Wilhelmstraße, die dort insbesondere in den Jahren 1982 bis 1985 entstanden sind und somit das Erscheinungsbild aus der Zeit des Romans nicht mehr widerspiegeln, die Stimmung aber vielleicht sogar noch deutlicher konturieren. Überdies lassen sich diese neueren Entwicklungen mit Archivbildern aus der Zeit um 1981 94 <?page no="95"?> Immersiver Literaturunterricht als Spurensuche kontrastieren, wie sie sich in Internetsuchmaschinen problemlos finden. Und es lassen sich interessante Spuren entdecken, die z.B. über den genannten Plattenladen zu dessen Inhaber Norbert Hähnel und über ihn zu den Toten Hosen oder zur PARTEI führen. So entsteht ein ganz spezifisches Panorama von Berlin-Kreuzberg: «Poi dico Berlino, ma dovrei dire Kreuzberg» (Zamboni 2017: 41). Aber auch legendäre Orte der Zeitgeschichte jenseits der Jugendkultur werden im Roman genannt: das Café Mitropa, der Kudamm, die Berliner Mauer. Damit erleichtert der Roman einerseits den Zugang zur deutschen Geschichte und baut sogar Wissen über Berlin auf, was auch für Schülerinnen und Schüler jenseits der deutschen Hauptstadt von Interesse ist. Die zentralen Orte werden ihnen zumindest dem Namen nach vertraut sein, andere lernen sie durch die Lektüre und Recherchearbeit kennen. Teilweise werden die Lerngruppen selbst bereits Studienreisen nach Berlin durchgeführt haben oder noch vor sich haben, sodass sich fächerübergreifendes Lernen anbietet bzw. das Vorwissen reaktiviert werden kann. Andererseits erlaubt der Blick des Italieners auf Berlin eine Außenperspektive, welche der eigenen Fremderfahrung der Schülerinnen und Schüler vorgreift, die ihrerseits ja aus einer historischen Distanz auf die Stadt und die Zeitgeschichte blicken. Sie selbst sind auf andere Weise Fremde und nähern sich somit der Zielkultur Italiens durch Anverwandlung einer Fremdperspektive, durch den Blick eines Italieners und durch den italienischen Text 16 . Besonders interessant ist auch der Arbeitsort des Ich-Erzählers, eine italienische Pizzeria (Da Salvo), die als solche heute nicht mehr existiert. Dort lässt sich, wie auch an anderer Stelle, wenn er etwa schildert, wie die demonstrierenden Hausbesetzer von Touristen zum begehrten Fotoobjekt degradiert werden (Zamboni 2017: 34), nachspüren, wie ein Italiener bzw. ein Hausbesetzer von seiner Umgebung wahrgenommen wurde. Andererseits wird dort, wo Zamboni selbst schildert, wie er einen Rundgang für seine ihn besuchende Verwandtschaft organisiert hat, ersichtlich, was wiederum ein italienischer Tourist für sehenswert erachtet hat: «Ho costruito per loro una serie di itinerari, escludendo con cura la Casa in Willibald-Alexis. Una passeggiata sul Ku’damm, naturalmente, Mehringdamm e dintorni, lì dove sono i bar, i negozi, il mercato. Un salto in una Berlino altamente raccomandabile, quasi parigina, quelle di Savignyplatz, con le librerie belle, i bar 16 Zum Perspektivenwechsel als Ziel des Literaturunterrichts vgl. Nünning/ Surkamp 2013: 148-171. 95 <?page no="96"?> Christoph Oliver Mayer eleganti, le boutique di gusto» (Zamboni 2017: 128). Charmant erscheint, wie Zamboni selbst eingesteht, dass er seinen Verwandten die Hausbesetzerszene vorenthält und lieber das anständige, schicke Berlin präsentiert. Eine solche Klassifizierung könnte ein Ansatzpunkt für einschlägige Diskussionen sein. Passend hierzu könnte man eine Passage aus Il mio prima dopoguerra heranziehen, in der Zamboni das Phänomen der traditionellen Berliner Kneipenszene beschreibt, wobei deutlich wird, wie er sich von dieser distanziert: «E qualcosa andrà pur detto anche delle Kneipen. Nessuno di noi ci entra mai, eppure sono migliaia. Da fuori, rappresentano l’idea di quella Germania che si teme. L’interno è una conferma» (Zamboni 2017: 69). Die weitere Beschreibung der verrauchten Eckkneipen und ihres Publikums, der spießbürgerlichen Seligkeit von Eisbein, Bockwurst und Bier, lässt die Abgrenzung der rebellischen Punks zu Tage treten und verbindet die Fremdwahrnehmung des Berliner Lokalkolorits mit der Selbstinszenierung. Schließlich weitet Zamboni den Blick auf Ost-Berlin, schildert eindrücklich, wie er den Westen bzw. den amerikanischen Sektor verlässt, erinnert dabei an die Meilensteine der Geschichte, den Mauerbau, John F. Kennedy, den Checkpoint Charlie und zeichnet die Trostlosigkeit der DDR nach, die Vopos. Zamboni führt überdeutlich auch die Grausamkeit eines Systems vor Augen, das er eben nicht mit dem Bandnamen CCCP verharmlost hat. Dass dem überhaupt nicht so ist, zeigen seine konzisen Beobachtungen über die Vopos und die Grenzsoldaten: «Centinaia di nemici del popolo abbattuti dai tiratori scelti dal 1961 a oggi [. . . ] Un urlo. Un colpo. Un colpo mirato» (Zamboni 2017: 156). Die Reaktion der Punks, die Zamboni aus der Musik von David Bowie und insbesondere des an der Berliner Mauer verorteten Song «Heroes» (1977) entwickelt 17 , besteht im Wegtanzen der Mauer («balliamo la vita, saltando sopra i fili spinati come gendarmi della DDR in fuga»; Zamboni 2017: 157). Zamboni imaginiert sich ein Liebespaar zwischen Ost und West, das die Grenzen ignoriert und mit seiner Liebe überwindet, als die wahren Helden des berühmten Songs von Bowie. Daran schließt Zamboni direkt an und die entsprechende Passage ließe sich sehr schön mit den englischen Texten vergleichen, sodass hier auch sprachenübergreifendes Lernen möglich wird. 17 Siehe Rüther 2008. 96 <?page no="97"?> Immersiver Literaturunterricht als Spurensuche 4 Unterrichtsimpulse Die konkreten Ortsbeschreibungen in Gestalt der Nennungen der genauen Adressen ermöglichen es, die Fortbewegung des Erzählers nachzuvollziehen. Damit ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten für Aktivitäten vor Ort, an den Schauplätzen des Romans, etwa in Form einer Schnitzeljagd. Virtuell unter Zuhilfenahme des Internets, z.B. von Google Streetview oder anderer, auch offline funktionierender Navigationssoftware, mit der Hilfe von Suchmaschinen und Routenplanern, oder analog mit klassischen Stadtplänen und Fotos lassen sich Rallyes veranstalten und die Umgebung erkunden. Dabei ist es durchaus möglich, das heutige, real erlebbare Berlin mit dem fiktionalisierten vor dreißig Jahren zu vergleichen. Damit wird ein fächerübergreifendes interkulturelles Lernen vorbereitet. Alltägliche Wege des Ich-Erzählers, der z.B. von seiner Unterkunft in der Willibald-Alexis-Straße gemeinhin über Chamissoplatz, Arndtstraße und Nositzstraße zur Bergmannstraße geht, lassen sich in einem Stadtplan nachzeichnen, können mit Streetview selbst ergangen werden und eignen sich dergestalt, Wegbeschreibungen zu üben, dienen somit also auch der Schulung funktionaler kommunikativer Teilkompetenzen. Genauso kann man etwa mit Hilfe des U-Bahn-Fahrplans vorgehen und das heutige Streckennetz mit dem von 1981 vergleichen: «La riconoscerei tra mille, la metropolitana di Berlino, la U-Bahn» (Zamboni 2017: 145). Schülerinnen und Schüler versetzen sich in die Rolle des Ich-Erzählers und wandeln auf dessen Spuren sowie in der virtuellen Begehung, womit nicht nur die Sprechkompetenz geschult wird, sondern Immersion gelebt wird. Eine schöne Schreibübung wäre etwa die Beschreibung des Kurfürstendamms. Zambonis Text, der eingebettet ist in eine dort geplante Demonstration, ließe sich als inspirierende Vorlage lesen: Quello stesso pomeriggio irrompiamo a bordo di un carro agricolo sul Ku’damm, il viale centrale della città. Il Kurfürstendamm, con la classica esposizione di negozi e uffici importanti che si devono sopportare [. . . ] Comincio a registrare la fisionomia del quartiere, con tutt’altre prospettive in capo. Infiliamo Gneisenaustraße. Ripasso sotto i quindici ponti della Yorckstraße, e non saprei davvero dire se sono stato in un film ieri o se lo sono oggi, con un cappello di paglia in testa [. . . ] Si arriva presto e alla prima salva di fischi mi spiegano che l’indirizzo è lo stabile del KaDeWe, Emporio Occidentale, Kaufhaus des Westens, dall’altra parte della strada. Il più importante dei grandi magazzini, con la più lussuosa scelta delle nemiche merci. Rallentiamo accostando le 97 <?page no="98"?> Christoph Oliver Mayer rovine della Gedächtniskirche, la Chiesa della Memoria, un campanile ridotto a moncherino e una chiesa semidiroccata. Mi raccontano che è tutto quello che rimane dopo le bombe del novembre 1943. (Zamboni 2017: 33) Die hier vorhandenen Beschreibungen deuten schon an, wie man die Hintergrundinformationen an dieser Stelle vertiefen könnte bzw. aufgerufen ist, selbst einen Text zu produzieren, der ähnlich vorgeht: Beobachtungen schildern und mit Detailwissen füllen, um diejenigen Lesenden zu informieren, die sich selbst nicht so gut auskennen. Ortskenntnisse und historische Hintergrundinformationen gehen einher mit beschreibenden und wertenden Adjektiven. Das Sich-Hineinversetzen in eine Ich-Erzählerrolle erleichtert die Aufgabe überdies und lenkt sie in die Richtung eines selbstreflektierenden interkulturellen Lernens. Eine Verlagerung nach Italien, etwa nach Rom, bietet sich dabei ebenso an. Wenn Zamboni seine Erinnerungen an die Berliner U-Bahn schildert, könnten Schülerinnen und Schüler ähnlich vorgehen und ihre Erlebnisse mit der Metro in Rom nacherzählen, die einzelnen Stationen schildern, die italienischen Ansagen wiedergeben etc. In Nessuna voce dentro findet sich auch dafür eine geeignete Vorlage: «E amo le voci meccanizzate che ripetono negli altoparlanti, ‹Zurück bleiben bitte›, stare indietro, ‹Einsteigen bitte›, e tutti salgono, ‹Zug nach Rudow›, il segnale che si ritorna a casa. E che dire della tinta dei sedili, un accrocchio rosso bianco nero blu, su cui si depone a sedere una folla colorata» (Zamboni 2017: 145). Die Verlagerung nach Italien zwingt dazu, sich Gedanken über die adäquaten italienischen Ausdrücke zu machen und sich am Metroplan Roms zu orientieren. Schließlich ist die Arbeit mit der Musik förderlich für die Kreativität und lässt wieder sprachübergreifendes, auch sprachmittelndes Arbeiten zu. Ein Lied wie «Berlin» (vom Album «Sonata a Kreuzberg»), das in englischer Sprache verfasst ist und im Original von Lou Reeds gleichnamigen Album aus dem Jahr 1973 stammt, wird in der Version von Zamboni & Baraldi zu einem Anlass, die Immersion auch klanglich-akustisch fortzuführen und sich selbst an einem neuen Text oder neuen Sprechgesang zu versuchen. Für letzteres eignet sich auch der selbstkomponierte Song «Una città imperiale», ebenfalls vom Album «Sonata a Kreuzberg», der die im Roman geschilderten Erlebnisse transformiert und lyrisch darbietet: «Mai e poi mai questo potrà avverarsi, ma se ce la facessi; se anche infine ti precipitassi fuo- 98 <?page no="99"?> Immersiver Literaturunterricht als Spurensuche ri dall’ultima porta, ti troveresti davanti la città imperiale, il centro del mondo, la città che ha ammucchiato le proprie macerie» 18 . 5 Ausblick Immersive Zugänge zur Literatur erlauben eine Vielfalt von Anwendungsmöglichkeiten für literarische Texte und können so auch Schülerinnen und Schüler ansprechen, die weniger für eine Identifikation mit den Protagonistinnen und Protagonisten noch für strukturelle Analysen literarischer Texte gewonnen werden können. Zudem werden Bezüge zur Lebenswelt hergestellt, die sprachliche Schwierigkeiten bei der Lektüre fremdsprachiger Originaltexte kompensieren können. Wie das Beispiel Tondelli gezeigt hatte 19 , können dadurch gerade zeitgenössische Texte in der Schule gelesen und die Thematiken in ein interkulturelles Lernen eingebunden werden. Literaturverzeichnis Bourdieu, Pierre (1992) : Les règles de l’art. Genèse et structure du champ littéraire. Paris: Seuil. Bredella, Lothar (2011): «Die Bedeutung von Geschichten für das interkulturelle Verstehen». In: Schmenk, Barbara/ Würffel, Nicola (Hrsg.): Drei Schritte vor und manchmal auch sechs zurück. Tübingen: Narr, 123-134. Ferrante, Elena (2011): L’amica geniale. Roma: Edizioni e/ o. Ferrante, Elena (2012): Storia del nuovo cognome. Roma: Edizioni e/ o. Ferrante, Elena (2013): Storia di chi fugge e chi resta. Roma: Edizioni e/ o. Ferrante, Elena (2014): Storia della bambina perduta. Roma: Edizioni e/ o. 18 Zum Text von «Una città imperiale» vgl. https: / / lyricstranslate.com/ de/ angela-baraldi-la-cittaimperiale-lyrics.html (letzter Zugriff: 04.01.2022). 19 Vgl. Mayer 2021: 279. 99 <?page no="100"?> Christoph Oliver Mayer Jowallah, Rohan (2015): «Awakening Students through Critical Literacy: Implications for Teaching and Learning within Contemporary Education». In: International Journal of Literacies 21.3-4 (2015), 17-27. Leslaw, Tobiasz (2017): «Fremdsprachenlernen über Fachinhalte. Immersion und bilingualer Unterricht in Deutschland». In: Info DaF 36.2-3 (2017). https: / / doi.org/ 10.1515/ imfodaf-2009-9-324 (letzter Zugriff: 11.02.2019). Löw, Martina (2001): Raumsoziologie. Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Marinoni, Gigi/ Cuoghi, Diego (Hrsg.) (1998 2 ): CCCP. Fedeli alla Linea. Viterbo: Union Printing. Mayer, Christoph Oliver (2006): «Pier Vittorio Tondelli à la recherche d’une patrie? ». 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Eine Spurensuche erlaubt es einerseits, reale Orte und damit die Zielkultur besser kennenzulernen, andererseits bietet sie sich als Scaffolding für die Erschließung literarischer Texte an und arbeitet einer critical literacy zu. Nach einer Einführung in die Theorie des immersiven Lernens soll im vorliegenden Beitrag anhand eines Beispiels, des Romans Nessuna voce dentro. Un’estate a Berlino Ovest aus dem Jahr 2017, verfasst von Massimo Zamboni und verortet im Berlin des Jahres 1981, dessen Potential für das immersive Lernen ausgelotet und in einem weiteren Schritt das Konzept mittels einer Ideenskizze für den Einsatz im Fremdsprachenunterricht konkretisiert werden 22 . 20 Zum Begriff des ‹Spacing› und zur Verortung in die Raumtheorie siehe Löw 2001: 158-159; Schroer 2006. 21 Eine Umsetzung anhand zweier Reiseberichte bzw. -romane von Pier Vittorio Tondelli findet sich in Mayer 2021: 268-279. 22 Dieser Teil des Beitrags geht zurück auf eine Lehrendenfortbildungsveranstaltung, die im August 2021 für ADI Germania/ Associazione Docenti di Italiano in Germania durchgeführt wurde. 102 <?page no="103"?> Immersiver Literaturunterricht als Spurensuche Biographical sketch: Christoph Oliver Mayer ist Privatdozent für Italienische und Französische Kultur- und Literaturwissenschaft und unterrichtet Fachdidaktik der romanischen Sprachen und Literaturen an der Humboldt Universität zu Berlin. Nach Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität München und einer Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität Dresden hat er an den Universitäten Regensburg, Dresden und Zwickau gelehrt und unterrichtete an den Universitäten Leipzig, Rennes, Lyon, Bologna und Lexington. Forschungsschwerpunkte: Transkulturalität, Immersives Lernen, Populärkultur. 103 <?page no="105"?> Fausto De Michele (Università di Graz / Vienna) Apprendimento collaborativo della letteratura nell’era della surmodernità Che ci si trovi in piena rivoluzione e cambiamento, è un dato di fatto che è sotto gli occhi di tutti. Del resto, già a partire dalla prima rivoluzione industriale (1760- 1840) la nostra società, con intervalli di tempo sempre più brevi - con la seconda a partire dal 1870 e la terza rivoluzione industriale a partire dal 1970 - è stata periodicamente costretta a rivedere i concetti fondamentali per la percezione della realtà come quelli di spazio e di tempo. Si pensi semplicemente alle conseguenze sulla percezione di queste due importanti categorie, riflettendo sui cambiamenti dati dalla progressione delle invenzioni del motore a vapore, del motore a scoppio e del motore a reazione. Oggi nell’era della rivoluzione digitale l’idea di spazio è nuovamente e ancor più radicalmente ridefinita dalle innumerevoli nuove possibilità di connettersi in videochiamata, pressoché senza limitazioni, e praticamente gratis da ogni posto e in ogni momento della giornata. Ma si pensi anche a quanto sia cambiato il modo di muoversi e viaggiare su tutto il pianeta da quando esistono i voli low cost. Non è un caso quindi che già da un trentennio a questa parte nella cultura mondiale si siano stabilite nuove definizioni che spiegano questa nuova situazione per l’intero orbo terracqueo, come l’idea di Marshall McLuhan (1967) che si viva ormai in un «villaggio globale», oppure la nuova definizione di società definita «liquida» da Zygmunt Bauman (2000, 2011). Insomma, viviamo calati nel pieno di una svolta epocale, di cui a volte solo a fatica ci si rende conto di quale sia veramente l’enorme portata delle conseguenze per la vita di ognuno di noi. L’antropologo francese Marc Augé (2009: 40-52), per i nostri giorni, ha coniato il nuovo termine di surmodernité, che ha sviluppato all’interno della teoria del non-lieu, il non-luogo. Con il termine surmodernité, Marc Augé indica un periodo successivo a quello postmoderno, che in italiano alcuni hanno tradotto anche con supermodernismo oppure sovramodernismo. L’antropologo francese usa il suffisso 105 <?page no="106"?> Fausto De Michele «sur» cioè «super» o «sovra», perché a suo avviso questa nuova fase si caratterizza proprio per una sorta di sovraccarico o eccesso in genere, soprattutto delle categorie di tempo, di spazio e di ego. Marc Augé non fa altro che osservare la nostra realtà, e non è difficile convenire con l’antropologo sul fatto che nell’ambito del tempo ci si trovi di fronte ad una vera e propria ipertrofia di eventi. Ma anche che lo spazio si sia ulteriormente ristretto e ci sia una forte ipertrofia dei non-luoghi, vale a dire di quei luoghi che non hanno alcuna caratteristica se non quella di essere tutti uguali a se stessi in ogni parte del pianeta. L’ipertrofia dell’ultima categoria, quella dell’ego, è un fenomeno certamente nuovo e vede l’individuo considerarsi come un mondo a parte. L’ego interpreta la realtà che lo circonda in modo nuovo, anche grazie alla rivoluzione digitale che sottopone ognuno di noi ad un eccesso di informazione. La scuola, l’università, i luoghi in cui si trasmette il sapere alle nuove generazioni, sono coinvolti in questa rivoluzione in maniera massiccia. I nostri studenti, per intenderci, sono quei «barbari» di cui parla in modo metaforico, ma molto illuminante, Alessandro Baricco nel suo I barbari. Saggio sulla mutazione (2006) e anche nel più recente The Game (2018). Le nuove generazioni consistono di esseri «mutati», sostiene Baricco, che, restando in metafora, respirano con le branchie: Probabilmente, quello in che Google è un movimento che insegue il sapere, nel mondo reale diventa il movimento che cerca l’esperienza. [. . . ] Posso sbagliarmi, ma io credo che la mutazione in atto, che tanto ci sconcerta, sia riassumibile interamente in questo: è cambiato il modo di fare esperienze. C’erano dei modelli, e delle tecniche, e da secoli portavamo il risultato di fare esperienza: ma in qualche modo, a un certo punto, hanno smesso di funzionare. Per essere più precisi: non c’era nulla di rotto in loro, ma non producevano più risultati apprezzabili. Polmoni sani, ma tu respiravi male. La possibilità di fare esperienze è venuta a mancare. Cosa doveva fare, l’animale? Curarsi i polmoni? L’ha fatto a lungo. Poi, a un certo punto ha messo su le branchie. Modelli nuovi, tecniche inedite: e ha ricominciato a fare esperienza. Ormai era un pesce, però. (Baricco 2006: 95) La velocità e la superficialità sono due nuovi valori sostanziali e completamente diversi dai concetti di lentezza e profondità che hanno caratterizzato gli anni di studi della maggior parte dei professori formatisi nel secolo scorso, per intenderci. Alessandro Baricco riassume in modo molto figurato come si studiava prima della rivoluzione digitale, dove i valori erano diametralmente opposti. Servivano, infatti, la lentezza e la profondità per arrivare all’esperienza: 106 <?page no="107"?> Apprendimento collaborativo della letteratura nell’era della surmodernità Io ci sono cresciuto, con quella figura novecentesca nella testa, quindi posso disegnarvela bene. In superficie, a galleggiarci sotto il naso, c’era il caos, o nel migliore dei casi l’infida rete delle percezioni superficiali. Il gioco consisteva nel superarle, opportunamente guidati da appositi maestri. Attraverso un cammino di fatica, applicazione e pazienza, occorreva scendere in profondità dove, come in una piramide rovesciata, l’articolazione complessa del reale si sarebbe lentamente riassunta prima nella chiarezza di pochi elementi e poi nell’accecante epilogo di un’assenza vera e propria: là dove era custodito IL SENSO AUTENTICO DELLE COSE. Chiamavamo ESPERIENZA il momento in cui riuscivamo ad accedervi. Era un accadimento raro, è quasi impossibile senza una qualche mediazione sacerdotale, che fossero dei professori o anche semplicemente dei libri, o dei viaggi: alle volte delle sofferenze. Comunque qualcosa che implicava dedizione e sacrificio. L’idea che potesse essere un gioco. Questo è stato un gioco, o anche solo una cosa semplice, ci era estranea. (Baricco 2018: 151) Nell’ottica della consapevolezza di questa svolta, l’apprendimento collaborativo a lezione diventa uno strumento di insegnamento estremamente efficace, perché ben si adatta al più recente profilo dello studente medio, il quale è abituato a vivere velocemente e superficialmente nel nuovo e smisurato mare delle informazioni digitali esposto ad un eccesso di tempo, di spazio e di ego. L’apprendimento collaborativo si propone infatti in netta controtendenza a quei fenomeni oggi definiti come «individualismo di massa» (cfr. Baricco 2018: 219-216), come quelli dei nerd o geek, fino ai casi estremi di isolamento conosciuto in Giappone come hikikomori o di dipendenza da internet. In questo mio saggio racconterò la mia personale esperienza con l’applicazione di questo metodo di didattica applicata della letteratura con studenti universitari, con l’intenzione di darne un modello pratico di riferimento per chi volesse provare ad applicare il modello nei propri seminari universitari. Le esperienze, in concreto, sono state due, una con il metodo cooperativo e una con il metodo collaborativo con esperienze positive in tutti e due i casi, ma con risvolti differenti, che mi fanno preferire il secondo metodo, a cui in questo articolo dedicherò maggior spazio. Tuttavia, nonostante le svolte e le rivoluzioni culturali a cui siamo sottoposti, la vexata quaestio intorno all’insegnamento della letteratura non è mai cambiata, e oggi più che mai, vale ciò che sosteneva Edoardo Sanguineti già alla fine degli anni Settanta in un suo famoso saggio, intitolato Appunti di didattica letteraria. A 1. Insegnare è impossibile. Imparare, invece, no. Dal punto di vista squisitamente (e genericamente) didattico, non si può fare, e non si è fatto in effetti, 107 <?page no="108"?> Fausto De Michele un passo oltre il Socrate. Il docente è maieuta, levatore, ostetrico. Sterile, non ingravida niente e nessuno. A 2. Insegnare è possibile. Questa attività appartiene, teste sempre il Socrate, all’arte erotica, capitolo della seduzione. Teste soprattutto la socratica cicuta, il docente valente corrompe il giovine discente. Lo spinge a ingravidarsi di corsa, lo induce ad amorazzare immaltusianamente con questa o con quella pratica intellettuale. Per esempio, per l’appunto, con la storia letteraria. L’importanza della lezione, del seminario, della discussione, è tutta qui. Occorre, al possibile, scatenare una specifica libido disciplinare. E suscitare immane vergogna per ogni possibile debolezza relativa dell’eros cognitivo. E produttivo. Oltre Adamo, in proposito, non si è fatto, e non si può fare in effetti, un passo in più. Si può stimolare demonicamente (anche nell’accezione socratica) alla perdita dell’innocenza e dell’ignoranza, indurre una casta mente a sverginarsi, non altro. Provocarla a procreare. La seduzione è connessa all’oralità (lectio, oratio, dialogus). L’arte maieutica interviene dopo, a cose fatte, è ovvio, in condizioni di avanzata gravidanza. Il docente valente assomma in sé le virtù del corruttore e del levatore. Il docente sufficiente possiede l’una delle due virtù. Gli altri docenti non servono. (Acutis 1979: 13) La provocazione sempre attuale resta la prima affermazione qui citata: «Insegnare è impossibile. Imparare, invece, no», e allo stesso modo resta attuale, almeno sin dai tempi di Socrate, la funzione di ogni insegnante e in modo particolare dell’insegnante di letteratura: «il docente valente corrompe il giovine discente [...] Occorre, al possibile, scatenare una specifica libido disciplinare». In quest’ottica, le categorie di «velocità»e «superficialità» di cui parla Baricco, legate all’ipertrofia delle tre categorie rilevate da Augé, non sono da vedere in modo negativo in assoluto, anzi bisogna proprio evitare questo atteggiamento preconcetto e affrontare questa nuova realtà, cercando di sfruttarne i principi positivi che pure vi si possono trovare, anche se questi possono andare a discapito di alcuni parametri e categorie didattiche ormai da tempo riconosciute, che tuttavia la surmodernità sta rendendo ahimè obsolete. E del resto, osteggiare il cambiamento che sta nelle cose sarebbe, oltre che completamente inutile, anche controproducente, insomma un errore fatale per chi lavora nella formazione di studenti o di futuri professori. Non si possono infatti preparare nuove generazioni a tecniche didattiche del passato, si devono dare invece a questi gli strumenti per lavorare bene nel futuro in cui arriveranno da professori, perché il futuro è già domani. Grazie a Internet e a un qualsiasi motore di ricerca oggi si può navigare nel world wide web, una sorta di sconfinata biblioteca multimediale virtuale, accessibi- 108 <?page no="109"?> Apprendimento collaborativo della letteratura nell’era della surmodernità le sempre e da dovunque. Questo oceano sconfinato di informazioni di solito viene attraversato in una «navigazione» come su un surf che cavalca l’onda in superficie, senza però mai immergersi veramente nel mare ipertrofico delle informazioni disponibili nel cyberspace. Nuovi strumenti come Google-Docs, Skype, Zoom, TikTok, BookTok, corrispondenza con mail, gruppi di conversazione o chat, e in generale, tutti gli altri social media 1 , danno alle metodologie legate all’apprendimento collaborativo, che pur risalgono agli anni Sessanta (Freinet 1969, 1977, 1978), un nuovo senso e una nuova utilità 2 . Grazie all’apprendimento collaborativo, sviluppando le sinergie date da una buona socializzazione anche in gruppi eterogenei, gli studenti sono infatti in grado di raggiungere ottimi risultati nello studio della letteratura sia essa nazionale o straniera. In questa mia relazione, con riferimento alle teorie su queste metodologie (Novak/ Gowin 1989), come anche sulla base delle mie esperienze personali di applicazione a lezione con studenti universitari soprattutto della Comparatistica di Vienna, presenterò la teoria e la pratica dell’apprendimento collaborativo della letteratura. Come insegnare dunque la letteratura al tempo dell’eccesso e della surmodernità? Quale metodo scegliere e seguire? La via maestra che ho voluto seguire è quella che pretende di riconoscere nel linguaggio letterario come un modello di rapporto tra arte e realtà che va interpretato in modo pragmatico, tenendo ben presente il contesto storico e il testo. E in questo si può certamente rassicurare chi non ama eccessivamente le novità dei tempi moderni, perché non c’è nulla di nuovo. Usare social media o nuovi supporti elettronici e digitali non vuol dire stravolgere il metodo scientifico o renderlo meno efficace. Direi piuttosto che si può continuare ad insegnare la letteratura, avendo però a disposizione tutta una serie di supporti tecnologici che rendono lo studio, non solo più rapido, ma spesso anche più efficace e completo, proprio perché il mezzo digitale ci permette di scandagliare in modo più rapido, e con l’esattezza dell’algoritmo, i testi letterari oppure ci permette semplicemente di consultare molti testi della letteratura secondaria comodamente da casa con un grande risparmio di tempo. Come già detto prima, due sono le metodologie che mi intrigavano e che ho provato ad applicare in due seminari distinti con i miei studenti: il metodo cooperativo e il metodo collaborativo. Il metodo cooperativo ha come caratteristica princi- 1 Sull’uso dei media a lezione cfr., tra gli altri, Kerres 2018. 2 Fra i vari studi sull’argomento cfr. Bearzi/ Colazzo 2017. 109 <?page no="110"?> Fausto De Michele pale il fatto che il professore lascia a ciascuno degli studenti del gruppo la «responsabilità» di contribuire a migliorare il rendimento anche degli altri. In pratica si può affermare che ogni studente contribuisce all’insegnamento. Con l’apprendimento cooperativo, quindi, ogni discente non è solo responsabile del proprio progresso nello studio, ma è anche responsabile del progresso degli altri partecipanti al gruppo. Con questo metodo ho tenuto un seminario per gli studenti del livello Bachelor della Comparatistica nel semestre invernale del 2015 dal titolo: «Interaktionen zwischen Kulturen. Die literarische Übersetzung - innerhalb des literarischen Polysystems«, (Interazioni tra le culture. La traduzione letteraria all’interno del polisistema letterario). Il seminario aveva 18 partecipanti, tra studentesse e studenti, che si sono confrontati con le teorie della traduzione, in generale, ma con una focalizzazione particolare sulla «teoria dei polisistemi» della scuola di Tel Aviv 3 . Ogni discente ha lavorato con una letteratura nazionale diversa e un testo di un’epoca e di una corrente letteraria diversa. Il compito che avevano era quello di dimostrare, ognuno con il suo autore e il suo testo tradotto, se la teoria dei polisistemi potesse essere confermata o smentita. Per dare un’idea di quali temi sono stati trattati in questo seminario cito qui solo tre dei titoli: Thomas Hinterhofer ha scritto una tesi di Bachelor dal titolo: Henrik Ibsens Et dukkehjem.Übersetzung und Einfluss in Deutschland, Österreich und Großbritannien Ende des 19. Jahrhunderts. (Et dukkehjem di Henrik Ibsen. Traduzione e influenza in Germania, Austria e Gran Bretagna alla fine del XIX secolo). Christina Stephanie Pasterk si è occupata della ricezione di Edgar Allan Poe, scrivendo su: Edgar Allan Poe. Der Vater des Kriminalromans und das deutsche Polysystem. (Edgard Alan Poe. Il padre del romanzo poliziesco e il polisistema tedesco). Infine, Judith M. Huber ha analizzato un testo oggi di grande attualità: Il Signore degli anelli in una tesi dal titolo: Der Mythos um Tolkiens «Mittelerde». Das Phänomen und ein Wirkungsvergleich zweier literarischer Übersetzungen (Il mito della «Terra di Mezzo» di Tolkien. Il fenomeno e un confronto dell’impatto di due traduzioni letterarie). Queste e altre tematiche hanno reso il seminario molto avvincente. Alla fine del corso che, oltre ad una parte introduttiva, prevedeva una serie di relazioni dei partecipanti al seminario, si è arrivati alla conclusione che la teoria dei polisistemi della scuola di Tel Aviv è praticamente sempre confermata a prescindere dal tipo di testo tradotto e dal periodo preso in consi- 3 A riguardo cfr. Even-Zohar 1979: 287-310. 110 <?page no="111"?> Apprendimento collaborativo della letteratura nell’era della surmodernità derazione. Siccome alcuni dei partecipanti avevano voluto lavorare anche con gli adattamenti cinematografici di testi letterari, considerando l’adattamento cinematografico alla stregua di una traduzione, alla fine si è arrivati all’interessante conclusione che il cinema funziona come un «iper-traduttore» di testi letterari. Questo perché lo speciale tipo di traduzione che è l’adattamento cinematografico di un testo scritto in un testo fatto di sequenze di immagini in movimento, finisce per penetrare grazie al cinema con estrema facilità in differenti polisistemi di diverse nazioni. Questo succede anche perché il film è poi anche spesso doppiato in molte lingue. I libri adattati per il cinema raggiungono infatti subito il centro del polisistema di arrivo. L’adattamento cinematografico della letteratura favorisce quindi oltremodo la ricezione del testo scritto e finisce per collocare il testo, che viene da un altro polisistema, tra i testi canonici del polisistema di arrivo in cui è stato recepito. I risultati di quel seminario sono stati presentati da me al XXI convegno internazionale di letterature comparate dell’ICLA 4 , che si è tenuto a Vienna nel 2016, al panel dal titolo: «Transnational dynamics of global/ local literature. A new idea of world literature? ». Il titolo della mia relazione in tedesco era: Die Rolle des Kinos als Hyper-translator in der Konstruktion des Polysystems «Weltliteratur», (Il ruolo del cinema come Iper-traduttore nella costruzione del polisistema della «letteratura mondiale») 5 . Nonostante quello che mi era sembrato un buon successo dell’applicazione del metodo cooperativo, il fatto che il risultato sia stato presentato e pubblicato solo dal professore, seppur citando tutti i partecipanti e i loro risultati, si prestava a una serie di critiche inopinate di presunta «utilizzazione indebita» del lavoro degli studenti. In realtà non era assolutamente possibile arrivare ad una sintesi da parte del gruppo, perché i partecipanti cooperavano sì, ma ognuno restava strettamente legato al suo ambito di studio e non conosceva quello degli altri. Diversamente dal metodo cooperativo, nel metodo dell’apprendimento collaborativo invece gli studenti sono lasciati liberi di riunirsi e lavorare su un determinato progetto in una sorta di «gruppo di studio». E quindi, con il metodo dell’apprendimento collaborativo, ogni discente deve assumersi la responsabilità sia per il proprio lavoro che per il progetto intero. In questo modo la mia posizione, dopo aver introdotto il tema di studio, diventava per così dire marginale, vale a dire solo quella di un tutore e di un mediatore. 4 https: / / icla2016.univie.ac.at/ de/ gruppenveranstaltungen/ (ultimo accesso: 10/ 03/ 2023). 5 De Michele 2023: 210-225. 111 <?page no="112"?> Fausto De Michele Il tema del seminario tenuto nel semestre invernale 2018 presso l’istituto di Comparatistica dell’Università di Vienna, in cui ho deciso di applicare il metodo collaborativo, verteva sul «diavolo» e sul suo utilizzo come motivo letterario 6 . Il titolo era: «Sympathy for the Devil? Teufelsdarstellungen in der abendländischen Kultur (Religion, Literatur, Kino und Musik)» in italiano, lasciando la citazione in inglese del famoso brano dei Rolling Stones: «Sympathy for the Devil? Rappresentazioni del diavolo nella cultura occidentale (religione, letteratura, cinema e musica)». Il seminario, come si evince dal titolo, essendo pensato per comparatisti, non era circoscritto né all’interno di letterature nazionali né confinato in un solo genere o medium, ma spaziava in tutte le forme d’arte. L’apprendimento collaborativo presenta una serie di interessanti vantaggi, essendo fortemente caratterizzato sia da uno studio che da un apprendimento attivo, perché pretende da parte del discente una chiara organizzazione delle proprie idee e buona argomentazione per esporre il proprio punto di vista agli altri partecipanti al gruppo di studio. Infatti, non soltanto il docente ma anche ogni partecipante al gruppo dà un continuo feed-back e contribuisce così non solo alla generazione delle idee, ma deve anche preoccuparsi di essere sempre comprensibile agli altri. Questo modus operandi incentiva straordinariamente il pensiero critico sia di chi parla sia di chi ascolta e alza il livello dell’attenzione di ogni unità didattica. Infatti, il confronto con i compagni mette il discente di fronte a informazioni nuove e nuovi punti di vista che lo aiutano ad apprendere concetti a cui non aveva pensato prima, e in questo modo, lo rende anche disponibile alla possibilità di cambiare il proprio punto di vista. Questo tipo di dinamica ha delle ricadute positive sulla socializzazione e finisce per migliorare il lavoro in gruppo come si può anche leggere nella descrizione dell’esperienza fatta nell’articolo pubblicato dal gruppo di studio: Durch häufige und offene Kommunikation untereinander und in der Gruppe konnte ein direktes Konkurrenzverhältnis, welches womöglich dem Arbeitsklima, wie auch dem Verständnis und der Informationsaufnahme unzuträglich gewesen wäre, verhindert werden. Erst durch den außerkurrikulären Raum zwischen Selbstorganisation und geführtem Blick hinter die Kulissen des wissenschaftlichen Arbeitens, gelang es, diese alternative Form der didaktischen Erfahrung vollends auszukosten und den gebotenen Rahmen in der inhaltlichen Auskleidung konstruktiv mitzugestalten. Somit waren die Teil- 6 Per come è stato inteso «il motivo letterario» del corso che ho tenuto, si veda: Segre 1985: 331-356. 112 <?page no="113"?> Apprendimento collaborativo della letteratura nell’era della surmodernità nehmer auch in der Lage, einander gegenseitig, abseits des regulären institutionellen Umfelds, auf ungezwungeneren Wegen mit den sich jeweils ergänzenden Lehrthematiken zu unterweisen und vertraut zu machen. Wie auch Peer-Review seine einzigartigen Vorteile in der gezielten Einbettung mit sich bringt, bietet Kollaboratives Lernen mehr Gelegenheit zum «Peer-Relay» - unter Voraussetzung einer korrekten Anleitung 7 . Attraverso una frequente e aperta comunicazione tra i partecipanti e all’interno del gruppo si è impedito un rapporto di competizione diretta, che avrebbe potuto essere dannoso per il clima di lavoro, così come lo sarebbe stato per la comprensione e per la raccolta di informazioni. Solo attraverso lo spazio extracurriculare creatosi tra l’auto-organizzazione e lo sguardo guidato dietro le quinte del lavoro scientifico è stato possibile godere appieno di questa forma alternativa di esperienza didattica e contribuire in modo costruttivo a plasmare il quadro dato in termini di contenuto. Così, i partecipanti sono stati anche in grado di istruirsi e familiarizzarsi a vicenda con gli argomenti didattici complementari in modo più informale, lontano dal normale ambiente istituzionale. Proprio come la revisione tra peers che apporta i vantaggi unici dell’integrazione mirata, l’apprendimento collaborativo offre maggiori opportunità di «Peer-Relay» - a condizione che ci siano le adeguate indicazioni 8 . Inoltre, il metodo collaborativo abitua il discente a parlare davanti ad un pubblico sempre attento e anche critico, perché pretende di essere convinto dall’argomentazione di chi espone. Un’altra caratteristica, di cui ho potuto rendermi subito conto, è anche che il metodo collaborativo modifica radicalmente il rapporto tra insegnante-allievo, perché sostanzialmente la conoscenza è sempre condivisa e non viene proposta in modo gerarchico di tipo top down. Ogni studente può contribuire alla lezione con esperienze, letture, competenze o conoscenze proprie. Ovviamente, un tema così originale come quello del diavolo come motivo letterario o protagonista di film, fumetti, canzoni o videogames ha contribuito non poco ad aumentare la motivazione dei partecipanti al seminario. Il tema può forse sembrare scurrile, ma nella pianificazione del seminario, nella parte introduttiva, che avevo impostato in modo tradizionale, erano previste sei unità frontali in cui ho introdotto sia dal punto di vista teologico che letterario e culturale informazioni essenziali relative alla rappresentazione del diavolo nelle sue tante forme, apparizioni e utilizzazioni nei diversi generi letterari. Sono seguite nove unità per le relazioni tenute dagli 7 Ehrlich/ Hofinger/ Hofmann/ Hrubi/ Jurácsik/ Kaššovicová/ Klement/ Kletztl/ Knapp/ Moling/ Neuböck/ Reisner/ Sparber/ Stummer 2019: 307. 8 Traduzione mia. 113 <?page no="114"?> Fausto De Michele studenti. Il gruppo era, oltre che eterogeneo anche molto nutrito, perché presentava ben trentanove partecipanti con diversi interessi e specializzazioni. Quell’anno si presentava la possibilità di poter partecipare ad un convegno di studi medievali organizzato da Danielle Buschinger ad Amiens in Francia, dal titolo: Magie, sorcellerie, féerie 9 . Il convegno prevedeva una tavola rotonda per studenti universitari e dottorandi. Ho quindi proposto ai ragazzi di parteciparvi. Ovviamente non tutta la classe poteva prendere parte al convegno e si è creato così solo un piccolo gruppo di quattordici tra studentesse e studenti. Abbiamo quindi organizzato tre incontri extracurriculari, in cui ha avuto luogo un apprendimento autonomo da parte degli studenti, chiamati a concordare i contenuti e a programmare l’ordine di presentazione delle loro relazioni. Io ho partecipato solo alla fine, quando le idee erano chiare e l’ordine delle relazioni era stato deciso; ho, dunque, lasciato che il gruppo lavorasse da solo. Siamo quindi partiti per Amiens dove abbiamo partecipato al convegno 10 : io con una mia relazione sulla caccia alle streghe: Zwischen Hexenangst und querelle des femmes. Malleus maleficarum und Der Vorzug des weiblichen Geschlechts vor dem Männlichen, e i partecipanti del mio gruppo con una relazione che presentava il risultato delle loro varie ricerche, che hanno presentato con lo stesso titolo del corso. La sera prima della relazione c’è stata l’ultima riunione in plenum e in mia presenza. Il giorno dopo la relazione è stata un successo, per questo motivo il gruppo è stato anche invitato a partecipare con un contributo alla pubblicazione degli atti. I partecipanti al gruppo hanno scritto con l’ausilio di Google Docs un articolo. La prima versione è però stata presto bocciata, perché troppo disorganica. Ho quindi preteso che riscrivessero tutto l’articolo con dei criteri precisi che ho fissato a partire dalla costatazione dei punti deboli della prima versione. Il risultato si può leggere oggi nella pubblicazione degli atti del Centre d’Ètudes Médièvales de Picardie 11 dell’Università Jules Vernes di Amiens in Francia (Buschinger/ Ibos- Augé/ Olivier 2019). Le ragazze e i ragazzi che hanno partecipato a questo esperimento di applicazione del metodo collaborativo sono tornati dalla partecipazione al convegno con un enorme bagaglio di consapevolezza e competenza acquisita non solo studiando la materia del seminario, ma anche imparando a gestire il lavo- 9 https: / / www.centre-d-etudes-medievales.com/ l/ fr-das-ist-ein-blogeintrag-mit-bildern/ (ultimo accesso: 10/ 03/ 2023). 10 La possibilità di viaggiare con dei voli low cost e le tante opportunità di sistemarsi anche in economici B&B hanno reso possibile la partecipazione con una spesa minima a tutte le studentesse e agli studenti che hanno voluto partecipare al convegno in Francia. 11 https: / / www.centre-d-etudes-medievales.com (ultimo accesso: 10/ 03/ 2023). 114 <?page no="115"?> Apprendimento collaborativo della letteratura nell’era della surmodernità ro di squadra e le diverse informazioni che ognuno aveva raccolto. Nel loro articolo, a proposito delle dinamiche positive dell’apprendimento collaborativo, si può leggere: Während der Überarbeitung und des gemeinsamen Austausches wurden ständig neue Aspekte der Symbolik herausgearbeitet, wodurch man sich der eigenen Arbeit und denen der KollegInnen ständig aus unterschiedlichen Perspektiven annähern konnte. Jede Person war nach und nach mit den Werken der MitstudentInnen vertraut, legte dabei jedoch den Fokus auf das eigene Gebiet, wurde hierfür zum Experten und Ansprechpartner und beschäftigte sich durch die aufgeworfenen Fragen fortwährend noch intensiver mit den eigenen Ergebnissen. Die eigene Ausarbeitung musste an mehreren Stellen verschiedenen Kontexten und Vorgaben angepasst und auf den Gesamtvortrag ausgerichtet homogenisiert werden. Der Einzelne musste gemeinschaftlich auf Veränderungen in den formalen Vorgaben reagieren und dies gleichzeitig mit der Gruppe koordinieren. Durch eine gegenseitige Beeinflussung erzeugte jedes Mitglied einen Teilaspekt der nachfolgenden Analyse innerhalb des gemeinsam erarbeiteten Gesamtwerkes. Somit entstand in dieser inhaltlichen Konfrontation eine Art Inspirationsaustausch, welcher zur Bereicherung des kollektiven Verständnisses der Schaffung symbolisch verankerter Strukturen durch Differenzierung führte. Zusätzlich kamen diverse Hindernisse auf, wodurch eine tiefgehendere Sozialkompetenz in der Praxis erlernt werden konnte, was bei sonst üblichen Einzelarbeiten nicht der Fall ist. Außerdem gab es wissenschaftlich bereits mehrmals erarbeitete Themengebiete, bei welchen sich ein breites, teils unübersichtliches Feld an Sekundärliteratur eröffnete; hierbei bestand die Herausforderung darin, die passenden Arbeiten auszuwählen und das bestehende Material entsprechend zu kürzen 12 . Durante l’elaborazione e lo scambio congiunto, sono stati costantemente elaborati nuovi aspetti del simbolismo [legato al motivo del diavolo nella letteratura N.d.T.], che hanno permesso di affrontare il proprio lavoro e quello dei colleghi sempre da diverse prospettive. Ognuno ha acquisito gradualmente familiarità con i lavori dei propri compagni di studio, ma si è tuttavia anche concentrato sulla propria area di studio, è diventato così un esperto e una persona di riferimento per gli altri e per questo ha affrontato i propri risultati in modo ancora più intenso grazie alle domande che venivano poste. L’elaborazione della propria ricerca ha dovuto essere adattata in diverse parti ai diversi contesti e alle indicazioni formali e quindi resa omogenea e in linea con la presentazione complessiva. Ogni partecipante doveva reagire in modo collegiale ai cambiamenti dei requisiti formali dati e allo stesso tempo 12 Ehrlich/ Hofinger/ Hofmann/ Hrubi/ Jurácsik/ Kaššovicová/ Klement/ Kletztl/ Knapp/ Moling/ Neuböck/ Reisner/ Sparber/ Stummer 2019: 309-310. 115 <?page no="116"?> Fausto De Michele coordinarsi con il gruppo. Influenzandosi reciprocamente, ogni componente del gruppo ha creato un aspetto parziale dell’analisi successiva all’interno del lavoro sviluppato insieme. Così, in questo confronto di contenuti, è nata una sorta di scambio di ispirazione, che ha portato all’arricchimento di una comprensione collettiva e alla creazione di strutture simboliche fisse nate dalla differenziazione. Sono anche sorti vari ostacoli, che hanno permesso di acquistare abilità sociali più approfondite attraverso la pratica, cosa che non accade con il normale lavoro individuale. Inoltre, c’erano aree tematiche già elaborate più volte scientificamente, in cui si presentava un campo ampio, a volte confuso, di letteratura secondaria; la sfida qui era selezionare le opere giuste per sintetizzare di conseguenza il materiale già esistente 13 . È inutile dire che anche per me è stata un’esperienza formidabile, e questo nonostante io possa confrontarla con un grande numero di esperienze accumulate nei miei anni di insegnamento anche con le più diverse attività extracurriculari. Quello che mi ha molto colpito questa volta è stato il vedere lentamente coagulare un gruppo estremamente eterogeneo attorno ad un «compito» da portare a termine e ad una sfida nuova e avvincente. Le ragazze e i ragazzi sono cresciuti, attraversando una serie di fasi che hanno visto ogni singolo componente cercare di dare il massimo per la riuscita della relazione di gruppo alla tavola rotonda prima e dell’articolo dopo. Essere fortemente responsabilizzati e molto motivati ha spinto ogni partecipante ad approfondire la propria ricerca il più possibile, potremmo dire anche: a rinunciare all’ipertrofia di ego, di cui parla Augé, per venire incontro al gruppo, senza lasciare indietro gli altri, cercando, per esempio, di aiutare, chi aveva un’argomentazione troppo debole, a renderla più solida sulla base di uno studio più attento e di un’analisi meglio focalizzata del testo scelto. Insomma, il gruppo ha certamente fatto uso di Internet, di WhatsApp e di Google Docs, ma è praticamente stato indotto a lasciare la superficie per la profondità, la velocità per la lentezza, per essere più chiaro per gli altri, ed essere più sicuro per poter difendere la propria argomentazione e analisi, ritrovando così il «senso autentico delle cose» che continua ad essere dato dall’esperienza anche oggi, al tempo della surmodernità. 13 Traduzione mia. 116 <?page no="117"?> Apprendimento collaborativo della letteratura nell’era della surmodernità Riferimenti bibliografici Acutis, Cesare (a cura di) (1979): Insegnare la letteratura. Parma: Pratiche Editrice. Augé, Marc (2009): Nonluoghi. Milano: Elèuthera. Baricco, Alessandro (2006): I barbari. Saggio sulla mutazione. Milano: Feltrinelli. Baricco, Alessandro (2018): The Game. Torino: Einaudi. Bauman, Zygmunt (2000): Liquid Modernity. Cambridge: Polity Press. Bauman, Zygmunt (2011): Modernità liquida. Bari: Laterza. Bearzi, Francesco/ Colazzo, Salvatore (2017): New WebQuest. Apprendimento cooperativo, comunità creative di ricerca e complex learning nella scuola di oggi. Milano: FrancoAngeli. Buschinger, Danielle/ Ibos-Augé, Anne/ Olivier, Mathieu (a cura di): Magie, Féerie, Sorcellerie, Actes du Colloque international des 13, 14 et 15 Mars 2019. Médiévales 69. Amiens: Presses du Centre d’Ètudes Médièvales de Picardie. De Michele, Fausto (2023): «Die Rolle des Kinos als hyper translator in der Konstruktion des Polysystems «Weltliteratur» oder Lernergebnisse durch kooperatives Lernen im Bachelor». In: Hölter, Achim Hermann (Hrsg.): The Languages of World Literature. Band 1. Berlin-Boston: DeGruyter, 210-225. Ehrlich, Pascal/ Hofinger, Heidrun/ Hofmann, Siri/ Hrubi, Alexandra/ Jurácsik, Natascha/ Kaššovicová, Dominika/ Klement, Florian/ Kletzl, Victoria/ Knapp, Melanie/ Moling, Nadia/ Neuböck, Hannah/ Reisner, Marie-Christine/ Sparber, Anna/ Stummer, Fabian (2019): «Sympathy for the Devil? Teufelsdarstellungen in der abendländischen Kultur. Bericht eines kollaborativen Lernversuchs am Institut Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Wien». In: Buschinger, Danielle/ Ibos-Augé, Anne/ Olivier, Mathieu (a cura di): Magie, Féerie, Sorcellerie, Actes du Colloque international des 13, 14 et 15 Mars 2019. Médiévales 69. Amiens: Presses du Centre d’Ètudes Médièvales de Picardie, 305-314. Even-Zohar, Itamar (1979): «Polysystem Theory». In: Poetics Today, vol. 1, No. 1/ 2, Special Issue: Literature, Interpretation, Communication (Autumn, 1979), Duke University Press, 287-310. Freinet, Célestin (1969): Le mie tecniche. Firenze: La Nuova Italia. Freinet, Célestin (1977): La scuola del fare. Principi. Milano, Emme ed., vol. I. Freinet, Célestin (1978): La scuola del fare. Metodi e tecniche. Milano, Emme ed., vol. II. 117 <?page no="118"?> Fausto De Michele Kerres Michael (2018): Mediendidaktik. Konzeption und Entwicklung digitaler Lernangebote. Berlin-Boston: De Gruyter. McLuhan, Marshall (1967): Gli strumenti del comunicare. Milano: Il Saggiatore. Novak, Joseph/ Gowin, Bob (1989): Imparando a imparare. Torino: SEI. Segre, Cesare (1985): Avviamento all’analisi del testo letterario. Torino: Einaudi. Sitografia https: / / icla2016.univie.ac.at/ de/ gruppenveranstaltungen/ (ultimo accesso 10/ 03/ 2023). https: / / www.centre-d-etudes-medievales.com/ l/ fr-das-ist-ein-blogeintrag-mitbildern/ (ultimo accesso 10/ 03/ 2023). https: / / www.centre-d-etudes-medievales.com (ultimo accesso 10/ 03/ 2023). Abstract: In questo contributo, sulla base delle mie esperienze di insegnamento universitario presso gli istituti di Romanistica di Graz e di Comparatistica di Vienna, presento la teoria e la pratica dell’apprendimento collaborativo della letteratura nell’era della surmodernità. Di surmodernità parla l’antropologo Marc Augé, il quale sostiene come questa fase del nuovo millennio si caratterizzi per una sorta di sovraccarico o eccesso delle categorie di tempo, di spazio e di ego. Oggi i discenti sono spesso confrontati con una fruizione veloce di informazioni raccolte solo in superficie. La mia esperienza dimostra come, grazie all’apprendimento collaborativo, studentesse e studenti siano in grado di raggiungere ottimi risultati nello studio della letteratura nonostante la superficialità e l’ipertrofia di informazione tipiche della svolta digitale, perché la collaborazione fomenta allo stesso modo sia la responsabilità dell’individuo che quella del gruppo, finendo così per pretendere le antiche e imprescindibili categorie degli studi scientifici che sono lentezza e profondità. 118 <?page no="119"?> Apprendimento collaborativo della letteratura nell’era della surmodernità Biographical sketch: Fausto De Michele è docente di Lingua e Letteratura Italiana presso l’Università di Graz e di Letterature Comparate presso l’Università di Vienna. Ha pubblicato numerosi saggi e libri su vari autori europei del Novecento, sulle teorie del comico, sulla Commedia dell’Arte e sulla ricezione di Pirandello. Le sue pubblicazioni più recenti sono: Domenica Elisa Cicala, Fausto De Michele: Pirandello tra memoria, rappresentazione e immagine (Peter Lang, 2020), Fausto De Michele, Cristina Iacono e Antonio Perniciaro: Il Taccuino di Bonn (Biblioteca Museo Regionale Luigi Pirandello - Parco Archeologico e Paesaggistico della Valle dei Templi, 2022), Alice Flemrová, Fausto De Michele: Le poetiche del riso (Peter Lang, 2023). 119 <?page no="121"?> Anna Castelli (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt) Mossa d’anticipo. Testi letterari e la dinamica letturacomprensione-produzione scritta L’attività didattica è caratterizzata dal movimento, un movimento che si genera lungo una linea temporale all’interno della quale vengono organizzate fasi e progettate azioni che concorrono al raggiungimento di obiettivi prefissati. Dentro questa cornice si rintracciano disposizioni tipiche, sequenze che garantiscono che il movimento verso questi obiettivi sia condotto in modo adeguato ed efficiente. In una di queste sequenze trova spazio il testo letterario, uno spazio che (non solo nella didattica della lingua) ha subito in momenti diversi espansioni e riduzioni, e che più recentemente ha di nuovo acquisito una propria dimensione (Caon 2013; Spaliviero 2015; Marrucci 2022 1 ). Il testo letterario, per il suo carattere multiprospettico, per i suoi scarti della norma linguistica, per l’asistematicità intrinseca alla sua materia, che lo rende sensibilmente diverso da altre tipologie testuali, può presentarsi come un testo ad alto grado di complessità. In uno dei principali strumenti di lavoro dell’apprendimento linguistico, il manuale, esso prende per lo più la forma di un brano di letteratura contemporanea, lungo qualche paragrafo. Viene preceduto da un breve stimolo introduttivo ed è seguito da attività di comprensione della lettura e di ampliamento lessicale; è inoltre spesso occasione per presentare un tema grammaticale. La sequenza si conclude talvolta con un’attività di stesura testo, che sviluppa aspetti precedentemente emersi 2 . L’insieme delle operazioni possono 1 Per riflessioni e studi recenti su educazione letteraria e didattica della letteratura vedi Brogi/ Marrucci 2019; Spaliviero 2020. 2 Si vedano per esempio: Naddeo/ Orlandino 2022: 63-65; Finzi/ Bruzzone/ Zorzan/ Merlinghaus/ Nuti 2019: 45; Birello/ Vilagrasa 2014: 36-37; molte attività di questo tipo sono presenti anche in Ardissino/ Stroppa 2009. 121 <?page no="122"?> Anna Castelli (in maniera semplificata rispetto a Danesi/ Diadori/ Semplici 2018) essere quindi sommariamente così suddivise: In questa sequenza il testo letterario, introdotto con tecniche di elicitazione e presentazione e poi esplorato nei suoi contenuti in fase di comprensione testuale, costituisce uno stimolo per attività linguistico-comunicative. Di fatto esso diventa quindi propulsore per attività di altro genere, andando a convogliare l’attenzione su aspetti dell’apprendimento più spiccatamente linguistici. Anche la produzione scritta, ove presente, è sbilanciata sulla prospettiva dell’apprendente (per esempio nelle istruzioni «come continua la storia? » oppure «basandoti su quello che hai letto, racconta. . . ») e fa riferimento in modo molto limitato al testo letterario. Il risultato di questa organizzazione, che prevede un brano letterario nella fase iniziale e una produzione scritta in quella finale con in mezzo attività linguistiche, è che i due momenti (anche se adeguati ed efficaci) risultano tra loro disgiunti: si manca o non si persegue affatto l’obiettivo di una didattica che integri adeguatamente lingua e letteratura (Marrucci 2022: 375). Ci siamo quindi chiesti come rendere maggiormente efficace il confronto con il testo, come rendere questo incontro produttivo sia per la dimensione linguistica che per quella letteraria. Obiettivo di questo contributo è mostrare un percorso non sostitutivo, ma alternativo alla combinazione di momenti nella sequenza sopra delineata (quindi: presentazione testo - guida alla comprensione - attività di analisi - produzione scritta), un percorso che dia sì risalto all’apprendimento linguistico, ma che sia efficace anche per la competenza letteraria, intesa qui - senza rendere conto della complessa architettura di definizioni legate a questo concetto - come competenza di ricezione testuale. La proposta che avanziamo è di compiere un’azione di scomposizione e ricomposizione delle fasi fin qui osservate, in un gioco «d’anticipo» che le ordini nella seguente maniera: attività linguistica preparatoria - produzione scritta - presentazione testo - confronto. L’idea è di proporre una brevissima attività iniziale, per la quale, tra i vari elementi che possono avere pertinenza in prospettiva testuale, si privilegia l’ampliamento lessicale, aspetto linguistico chiave della ricezione scritta. Ad essa segue la produzione scritta, quindi la 122 <?page no="123"?> Testi letterari e la dinamica lettura-comprensione-produzione scritta lettura del testo letterario e infine la guida alla comprensione, che prende la forma di un confronto. Primo momento: attività linguistica preparatoria sul lessico Con un occhio alla sequenza tipica sopra delineata, in cui al testo (letterario) seguono momenti di approfondimento linguistico (possibilmente anche lessicale), è legittimo porsi delle domande sulla natura, sulle caratteristiche di questo lessico, localizzato invece all’interno di un’attività linguistica preparatoria, quindi decontestualizzato. Il lessico oggetto di questo primo momento introduttivo è quello presente nel testo letterario che sarà sottoposto all’apprendente nel terzo momento e che viene quindi scorporato dal suo contesto per essere proposto non immediatamente prima, come talvolta in uso nella prassi didattica attraverso l’esplorazione di parole chiave, ma con un anticipo più ampio. Si va quindi a operare una (momentanea) trasgressione rispetto all’idea - condivisa comunque anche dall’autrice di questo contributo - dell’importanza di contesto e cotesto per l’apprendimento del lessico, per proporre invece una presentazione all’apprendente attraverso modalità di altro genere. In questa fase si può, per esempio, prevedere il confronto con brevissimi input testuali, ma anche la consultazione di dizionari monolingue e bilingue, enciclopedie e lessici, dizionari delle collocazioni, reti lessicali e corpora, che, soprattutto attraverso supporti digitali, permettono oggi una fruizione più dinamica e aperta e nuove forme di microcontestualizzazione linguistica (per un più ampio panorama vedi Spaliviero 2022). Si potrà quindi successivamente ricorrere a tecniche didattiche di vario tipo per facilitare la stabilizzazione di questo lessico e un suo primo, ancora isolato, riutilizzo. Secondo momento: produzione scritta Il lessico selezionato viene a questo punto attivato nella produzione scritta dell’apprendente. Ma profondamente diversa, rispetto al suo uso nella sequenza tipica, è la modalità con cui la scrittura prende forma in questa fase. Rispetto alle produzioni che si ispirano a un input circoscritto (il «come continua la storia? » o il «basandoti 123 <?page no="124"?> Anna Castelli su quello che hai letto, racconta. . . » sopra ricordati), essa prevede un’aderenza maggiore al modello letterario. Questo può realizzarsi, per esempio, attraverso istruzioni guidate che valorizzano struttura e singoli nuclei del testo identificati da chi prepara l’attività come significativi e/ o intesi come quelli che ne colgono aspetti essenziali. È quindi una scrittura che attiva la dimensione linguistica, ma anticipa anche quella estetica del testo letterario. Questo passo anticipatorio, se da un lato indebolisce l’effetto sorpresa, lo scarto dalla norma, l’incontro con l’altrove che la letteratura genera e alimenta, dall’altro ne favorisce la ricezione con un’attesa di altro tipo, costruita attraverso l’apporto di un contributo personale che riteniamo possa essere maggiormente percepito da parte dell’apprendente. Attesa, che, sulla base dei suggerimenti della expectancy grammar (Oller 1979), diventa quindi una expectancy literature che prende forma e sostanza attraverso la scrittura. Il concetto qui brevemente delineato ci condurrebbe tuttavia alla percezione della scrittura come momento di precomprensione del testo letterario. In realtà questa scrittura non mira in primis a un’appropriazione di contenuti (quella monodimensionale di certe attività di «guida alla comprensione»), bensì a una creazione autonoma di contenuti che prenderanno, ad esempio, la forma di un brano di narrativa, un componimento poetico o una scena di pièce teatrale e che andranno a confrontarsi, a nostro avviso produttivamente, con il testo stesso. Terzo momento: presentazione testo A questo punto si prevede il contatto con il brano selezionato, proposto senza ulteriori attività introduttive. L’apprendente va quindi a confrontarsi con un testo sconosciuto, del quale dovrebbe però essere in grado di riconoscere senza difficoltà specifici aspetti, come la struttura utilizzata nella propria produzione scritta: essa, oltre a costituire una sorta di scaffolding orientativo per apprendenti eventualmente spaesati o, semplicemente, a corto di idee, ha permesso - a nostro avviso senza alterare il senso complessivo di questa attività - un deciso orientamento del contenuto della produzione autonoma verso il testo letterario e ha quindi preparato una lettura più efficace e fruttuosa in questa fase. In secondo luogo, l’apprendente dovrebbe essere in grado di riconoscere i nuclei lessicali significativi, che trovano qui, oltre alla contestualizzazione attivata con il riutilizzo produttivo del punto precedente, un ulteriore momento di fissazione attraverso la lettura del tessuto narrativo. A questo punto l’apprendente può concentrarsi anche sugli altri aspetti che integrano, arricchiscono e completano l’esperienza di fruizione di un testo letterario. 124 <?page no="125"?> Testi letterari e la dinamica lettura-comprensione-produzione scritta Quarto momento: confronto Nella sequenza tradizionale la guida alla comprensione che segue la lettura di un testo mira a riconoscere gli eventi, a cogliere aspetti significativi dei personaggi e delle loro relazioni, quindi a capire il testo nella sua globalità (Danesi/ Diadori/ Semplici 2018: 211-212). Visto che in questa sequenza la guida alla comprensione si trova invece ad essere anticipata dalla produzione scritta, che di fatto ne compromette l’efficacia didattica, si sostituisce ad essa un procedimento che riteniamo indispensabile e decisivo, quello del confronto. Metodo della didattica della letteratura che, alternando procedimenti bottom-up e top-down, stimola ricerca e riconoscimento di equivalenze e differenze (Spinner 2014: 214-219), il confronto è un momento di comprensione e riflessione sui procedimenti creativi messi in atto, sia dal punto di vista dell’organizzazione testuale che da quello delle scelte linguistiche operate. Tuttavia, diversamente da altre tecniche di comprensione testuale che implicano solo uno sguardo monodirezionale, esso è anche e soprattutto un serrato corpo a corpo con il testo letterario, che a nostro avviso origina un coinvolgimento maggiore nella materia letteraria e un dialogo diretto e più intenso con l’autore. Presentiamo qui un’attività che segue la sequenza delineata, da noi proposta in corsi di livello C1 per partecipanti con italiano curriculare (non orientati specificamente all’abilità della scrittura) a partire da metà 2019 presso la Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt. Si è operato quindi in un contesto in cui forme di interazione con la letteratura e, seppure in maniera ancora molto limitata, con la letteratura in lingua straniera sono state già sviluppate a scuola e in cui, nell’ambito seminariale di corsi di letteratura italiana e/ o delle lingue romanze all’università, si inizia un percorso di riflessione che porta a una sempre maggiore consapevolezza della complessità del testo letterario. Il tema di questa attività, il terremoto, è stato proposto in un corso di cultura e civiltà (Landeskunde) sulla geografia italiana; il brano scelto, tratto da Storia della bambina perduta di Elena Ferrante (Ferrante 2014: 156-158), presenta l’esperienza del sisma del 1980 in Irpinia vissuta dalle protagoniste Elena e Lila, entrambe incinte. Il testo è stato selezionato per due aspetti che riteniamo significativi, pur non essendo a nostro avviso vincolanti, anche per scelte testuali da operarsi in futuro proponendo attività che seguano questa sequenza. Per prima cosa riteniamo le brevi pagine selezionate adeguate dal punto di vista linguistico per i nostri obiettivi. Esse si presentano in un italiano accessibile ad apprendenti stranieri di livello B2-C1, ma soprattutto propongono uno spettro lessicale estremamente variato e al tempo stesso molto preciso sul tema del terre- 125 <?page no="126"?> Anna Castelli moto, come mostrano verbi (tremare, vibrare, oscillare, scricchiolare, inclinarsi. . . ), sostantivi (sedia, lampadina, muri, polvere. . . ) e locuzioni (mi si mozzò il respiro, i piedi mi pesavano, le mani che tenevano la pancia. . . ) a descrizione dell’ambiente e delle sensazioni fisiche delle protagoniste. Inoltre, il fenomeno «terremoto» qui raccontato si presenta in una successione che risulta immediatamente nota anche a chi non ne ha mai fatto esperienza diretta (come probabile nel contesto di apprendimento in cui si è operato), mostrando in maniera lineare eventi e relativi pattern comportamentali: situazione iniziale di stasi, scossa sismica, sorpresa, paura, fuga all’aperto, sollievo. Riteniamo che questo schema di vicende ed emozioni (qui potenziate dal fatto che le due protagoniste sono incinte) innescato dal terremoto facciano parte di quelle preconoscenze, di quel sapere del mondo necessario a una produzione creativa di questo tipo, che permetta agli apprendenti di «descrivere in modo chiaro e preciso avvenimenti ed esperienze reali o immaginari, realizzando un testo coeso che segnali le relazioni tra i concetti», come suggerito dalla scala della «Scrittura creativa» di livello B2 proposta dal QCER (Council of Europe 2020: 73). Si riporta di seguito il percorso proposto, segnalando la presenza di una variazione rispetto alla struttura in quattro momenti sopra delineata: si è infatti prevista una riflessione preliminare alla lettura del testo letterario (vedi terzo momento), che, a nostro avviso, non inficia l’efficacia dell’attività nel suo complesso. Per il momento iniziale, dedicato alla stimolazione lessicale, si prevede l’uso del dizionario monolingue e si fa riferimento a generali conoscenze pregresse. Primo momento: attività sul lessico La protagonista e l’amica Lina, entrambe incinte, si trovano in una stanza di un edificio quando si verifica una violentissima scossa sismica. • Gli oggetti. Durante un evento come un terremoto l’ambiente rivela la sua presenza con straordinaria intensità. Cosa succede intorno alle due figure? Associare a ogni oggetto un verbo (se necessario consultare il dizionario monolingue della Treccani: https: / / www.treccani.it/ vocabolario/ ), inserendo nella tabella la lettera corrispondente ai numeri: 126 <?page no="127"?> Testi letterari e la dinamica lettura-comprensione-produzione scritta 1. La tazza del caffè 2. La sedia 3. La lampadina 4. I muri 5. Una nebbia di polvere 6. Una vecchia argentiera con i suoi oggettini, bicchieri, posate, cineserie... a. scricchiolare b. vibrare c. tremare d. piovere e. inclinarsi f. oscillare 1. 2. 3. 4. 5. 6. • Le sensazioni fisiche. Nel caso di una catastrofe naturale il corpo agisce spesso in maniera imprevedibile. Cosa succede a piedi, testa, orecchie, gola, palpebre? Come reagiscono le due donne, che sono in avanzato stato di gravidanza? Immaginare le reazioni istintive del corpo e la reazione volontaria delle figure, completando le frasi: 1. I piedi ___________________ 2. La testa _________________ 3. Le orecchie _______________ 4. La gola __________________ 5. Le palpebre_______________ 6. La protagonista e Lina _______________ la pancia • Le azioni. Un evento catastrofico mette in moto pensieri, parole, azioni e reazioni più complesse. Cosa fanno le due protagoniste? Completare le azioni delle due figure con un verbo adeguato: _____________ cosa sta succexxxxxxxxxxxxxxx,xxxxdendo _____________ : «Il terremoto! » _____________ il soffitto _____________ verso la porta _____________ al centro della xxxxxxxxxxxxxxxxxxx stanza _____________ un passo 127 <?page no="128"?> Anna Castelli Secondo momento: produzione scritta Una storia di terremoto. Scrivere un testo di 250-300 parole in prima persona sull’esperienza della protagonista e di Lina. Usare almeno tre espressioni per ognuno dei punti precedenti (1. Gli oggetti; 2. Le sensazioni fisiche; 3. Le azioni) per costruire una storia che illustri gli eventi a partire dallo scoppio del sisma, eventualmente differenziando la reazione delle due figure. Terzo momento: presentazione testo Dopo aver scritto la storia sul terremoto, rispondere alle seguenti domande: • Come si può strutturare il racconto di un terremoto? Potreste immaginarvi una struttura diversa? • Su quali oggetti, sensazioni fisiche, azioni vi siete concentrati/ e? Leggete adesso la storia del terremoto del 1980 a Napoli raccontata da Elena Ferrante. Quarto momento: confronto • La struttura del racconto di Ferrante presenta analogie con la vostra? • Quali oggetti, sensazioni fisiche, azioni sono simili alle vostre? L’attività, per la quale sono state previste tre ore di elaborazione complessiva, è stata svolta in autonomia nell’arco di tempo di due-tre settimane. Per evitare di frammentare troppo l’elaborazione da parte degli apprendenti essa è stata suddivisa in due parti, accorpando il primo con il secondo e il terzo con il quarto momento, e proposta con una pausa di una settimana circa tra una somministrazione e l’altra. Questo ha permesso di separare dal punto di vista temporale l’elaborazione autonoma dall’incontro con il testo letterario, favorendo così una maggiore messa a fuoco dei due momenti di scrittura e lettura e permettendo al tempo stesso un retrieval ricettivo del lessico (Nation 2001) incontrato nell’attività linguistica preparatoria (e già fissato nella produzione scritta) attraverso la sua nuova esposizione nel testo letterario. 128 <?page no="129"?> Testi letterari e la dinamica lettura-comprensione-produzione scritta Quanto agli esiti dell’attività, ci sembra che l’aspetto più interessante su cui riflettere non sia tanto il prodotto narrativo che di essa è il risultato, il quale, prevedibilmente, manifesta a livello di lingua e di contenuto numerose congruenze sia all’interno del gruppo che tra i singoli prodotti e il testo letterario. Piuttosto, maggiori spunti di osservazione vengono dal terzo e dal quarto momento, quindi dalla fase di metariflessione sulla propria scrittura e dal confronto con le pagine di Elena Ferrante, che mostrano una considerevole attenzione da parte degli apprendenti sia a specifiche questioni linguistiche che alla dimensione testuale. Come chiave di lettura di questi risultati ci sembra opportuno riferirci ad alcuni degli «Elf Aspekte literarischen Lernens», gli undici aspetti dell’apprendimento letterario sviluppati secondo una prospettiva di ricezione testuale da Kaspar H. Spinner in «Literarisches Lernen» (Spinner 2006, trad. inglese 2019). Il contesto a cui si fa riferimento è quello scolastico e non quello universitario, riteniamo tuttavia che alcuni di questi aspetti possano essere produttivamente presi in considerazione anche per altri profili di apprendenti, nella prospettiva comune di una didattica della letteratura che sia handlungs- und produktionsorientiert, quindi orientata all’azione e alla produzione, se con questa espressione possiamo rendere in italiano l’intenso dibattito che in ambito germanofono si è sviluppato intorno ai due termini e di cui Spinner stesso è stato protagonista (Spinner 2013). Presentiamo quindi, con un’aggiunta finale, gli aspetti di Spinner selezionati (e provvisti di traduzione in inglese, ripresa da Spinner 2019), che riassumiamo brevemente e in parte riformuliamo nell’ottica specifica di questa attività, mettendoli, con l’esclusione del primo, a confronto con alcune tra le più significative riflessioni emerse dagli apprendenti, che riportiamo integralmente e prive di correzioni. • Capacità di sviluppare l’immaginazione leggendo, ascoltando e scrivendo (Beim Lesen und Hören Vorstellungen entwickeln, in inglese: Developing the imagination when reading and listening) Si intende qui la capacità di non limitarsi alla comprensione di parole e frasi in un testo, imparando piuttosto a trasformarle in immagini. Degli undici aspetti questo è indicato da Spinner come primo ed è da lui considerato come fondamentale da un punto di vista di ricezione letteraria (Spinner 2015). È di fatto il principio sotteso all’attività qui presentata, quindi non riportiamo le singole riflessioni sviluppate nelle varie fasi dagli apprendenti. Si è inoltre inteso riformulare questo «aspetto» di 129 <?page no="130"?> Anna Castelli Spinner aggiungendo, nella prospettiva dell’intera proposta didattica, il momento (o piuttosto l’atto) della scrittura come pratica efficace e significativa per dare spazio all’immaginazione. • Attenzione alla dimensione linguistica (Sprachliche Gestaltung aufmerksam wahrnehmen, in inglese: Active awareness of linguistic composition) Questo aspetto, per il quale Spinner fa riferimento alla capacità di saper riconoscere l’importanza dell’elemento linguistico in un testo letterario, intendendolo però nella propria lingua, deve essere preso in considerazione anche secondo la prospettiva della scrittura e lettura in lingua straniera, elementi che hanno un peso decisivo nel contesto di apprendimento in cui abbiamo operato. Ci pare che di questa prospettiva siano ben consapevoli gli apprendenti stessi, alle prese con termini italiani non conosciuti. - Alcune delle mie azioni sono molto simili a quelli di Ferrante se consideriamo le espressioni come «fare un passo» o «guardare il soffitto». Poi, per completare l’espressione «verso la porta», ho scelto il verbo «correre», Ferrante invece ha scritto «slanciare» di cui non conoscevo il significato prima. - Nel mio racconto non mi sono concentrato su sensazioni o azioni particolari ma ho piuttosto cercato di integrare il maggior numero possibile di quelli che sono state proposte sulla prima pagina del documento. Ne ho usato tante soprattutto nell’ultimo paragrafo nel quale il terremoto raggiunge il suo culmine. Per quanto riguarda gli oggetti ho scelto le tazze del caffè e la lampada perché fanno parte della scena che si svolge in un soggiorno. Oltre a ciò questi oggetti mi hanno permesso a illustrare le conseguenze del terremoto e renderle visibili per i lettori / le lettrici grazie alle onde, per esempio, sulla superficie del liquido. L’apprendente qui mostra, pur nel vincolo impostogli (usare almeno tre espressioni. . . , vedi consegna dell’attività), di essere in grado di servirsi creativamente di un elemento linguistico con il quale si è confrontato nella prima parte (tazza) allo scopo di veicolare un’immagine semplice ma suggestiva (far vedere il movimento di un liquido e quindi richiamare visivamente il terremoto). Dà così prova di capacità di riflessione sul ruolo evocativo delle parole nella lingua letteraria e di messa in gioco di strategie adeguate per raggiungere l’obiettivo comunicativo corrispondente. 130 <?page no="131"?> Testi letterari e la dinamica lettura-comprensione-produzione scritta • Costruzione/ percezione della prospettiva dei personaggi (Perspektiven literarischer Figuren nachvollziehen, in inglese: Understanding the perspectives of characters in literature) e • alternarsi di coinvolgimento soggettivo e rappresentazione (Subjektive Involviertheit und genaue Wahrnehmung miteinander ins Spiel bringen, in inglese: Using the interaction between subjective involvement and accurate perception) Sono questi due aspetti che implicano, nella prospettiva di Spinner, un comprendere di tipo empatico che passa dagli eventi della trama al mondo interiore dei protagonisti e che porta a una tensione tra soggettività e riferimento testuale. Alle proposte di Spinner si è aggiunta l’idea di una «costruzione» della prospettiva e di una «rappresentazione» precisa, nell’ottica di un’attività produttiva e non solo ricettiva sulla letteratura. - Siccome nella mia storia c’è un terremoto con una fortezza relativamente bassa, i miei personaggi non reagiscono subito, ma parlano più delle sue paure e dei suoi sentimenti. Però una cosa in comune che ho notato subito è che anche il suo [di Ferrante] personaggio principale all’inizio non aveva capito che cosa stava succedendo - quindi almeno in questo punto noi due siamo d’accordo che sia una prima reazione tipica. - Mi sono concentrata su quello che è più «tipico» e conosciuto per me. Visto che non ho mai vissuto un terremoto, non ne avevo un’idea concreta. Ho scritto ciò che sapevo di questo soggetto. - Anche se usiamo le stesse parti del corpo per esprimere le sensazioni fisiche, le colleghiamo con parole diverse: «la gola» della mia protagonista «diventa tutta secca», nell’altro testo «non inspirava aria» e mentre Ferrante scrive «le palpebre cancellavano lo sguardo», io uso semplicemente il verbo «chiudere». Gli apprendenti riflettono qui sulle reazioni tipiche di un terremoto e le loro possibilità rappresentative, anche in caso di mancanza di conoscenza diretta del fenomeno, oltre che sulle differenze tra il proprio prodotto e quello dell’autrice. L’osservazione sulla reazione tipica ci conduce a due altri aspetti delineati da Spinner, che riportiamo di seguito. 131 <?page no="132"?> Anna Castelli • Produzione/ comprensione della costruzione logica di una trama (Narrative und dramaturgische Handlungslogik verstehen, in inglese: Understanding narrative and dramaturgical logic of action) e • consapevolezza degli aspetti finzionali (mit Fiktionalität bewußt umgehen, in inglese: Dealing consciously with fictionality) Questi aspetti in Spinner vanno a toccare la comprensione (a cui si è aggiunta qui la produzione) degli elementi che costruiscono una storia nella loro successione, ma anche nelle loro relazioni all’interno di una struttura complessiva, in un sistema diverso da quello che si produce per tipologie testuali diverse dalla letteratura. Il riferimento è qui alle domande: «Come si può strutturare il racconto di un terremoto? Potreste immaginarvi una struttura diversa? ». - Potrebbe iniziare dalla fine. Per esempio, in tutte e due le storie sarebbe stato possibile iniziare con il racconto delle protagoniste già fuori e poi spiegare come sono finite ad essere lì. Questo potrebbe creare un po’ di suspense e mistero all’inizio del racconto per spingere il lettore a continuare a leggere. - Siccome il terremoto è un evento naturale molto inatteso e pericoloso, si potrebbe descriverlo in modo che mentre i personaggi parlano, all’improvviso le scosse interrompano l’avvenimento. Quindi si potrebbe creare un tira e molla tra la descrizione delle scosse e le reazioni dei personaggi. Le riflessioni degli apprendenti mostrano un alto grado di consapevolezza logica, ma anche e soprattutto creativa, come mostra il «tira e molla» suggerito nell’ultimo commento, che evoca plasticamente l’immagine di un movimento tellurico. • Costruzione/ percezione della prospettiva autorale Infine, in aggiunta a Spinner, possiamo anche prendere in considerazione un aspetto che riguarda più direttamente chi produce il testo letterario, ma non dal punto di vista del suo contesto biografico e culturale o delle peculiarità di forma e stile del suo narrare, elementi pressoché onnipresenti nell’approccio didattico alla letteratura: ci si riferisce qui alla dimensione dell’attività della scrittura. - Dato che le sensazioni fisiche vengono descritte più dettagliatamente da Ferrante, lei riesce a far sì che uno si senta più vicino al trama. Oltre alle sensazioni 132 <?page no="133"?> Testi letterari e la dinamica lettura-comprensione-produzione scritta fisiche descrive anche più gli oggetti. Ne nomina molto di più e usa tante parole diverse per la descrizione dei movimenti di quelli. Inoltre, i personaggi [di Ferrante] parlano molto meno dei miei perché devono combattere i dolori e reagiscono subito alle scosse. - Ferrante ed io, iniziamo le nostre descrizioni con le tazze del caffè che tremano (o vibrano) sul tavolino e integriamo anche l’immagine della lampadina oscillante nei nostri testi. Si tratta qui di un processo di percezione della prospettiva altrui che va oltre quella relativa ai personaggi precedentemente esaminata, e che si colloca a pieno titolo nella dimensione autorale. Il «Ferrante ed io» dell’ultimo apprendente, così breve e incisivo, non esprime infatti il riconoscimento di un’affinità, l’individuazione di una sintonia esistenziale (come è in uso dire, per esempio, con «io e Kafka» o «io e Leopardi», autori particolarmente adatti alla percezione di questo tipo di vicinanza), ma un’aderenza ben più profonda alla prospettiva di Ferrante-autrice, che è sì interlocutrice, ma soprattutto compagna nel processo creativo di produzione linguistica ed estetica. Riteniamo che le riflessioni emerse nel corso dell’attività mostrino come la modifica dell’ordine di presentazione di un testo narrativo, in questa proposta preceduto da una produzione creativa, possa risultare fruttuosa per avvicinare l’apprendente al testo letterario. L’atto dello scrivere si rivela inoltre un aiuto efficace per trasformare in forma linguistica pensieri e immagini, per organizzarli logicamente nell’architettura di una trama. Ma l’obiettivo di un’educazione alla letteratura non si raggiunge attraverso una mera attività di scrittura, pur adeguatamente inserita all’interno di una struttura di fasi didattiche. Decisivo è qui piuttosto il confronto tra i prodotti creativi risultanti da questo atto, che, mettendo sullo stesso piano i due io-narranti, diminuisce la distanza tra di loro e al tempo stesso, con stimoli adatti, fornisce gli strumenti idonei a una riflessione più profonda sulle peculiarità linguistiche e di contenuto della letteratura. 133 <?page no="134"?> Anna Castelli Riferimenti bibliografici Ardissino, Erminia/ Stroppa, Sabrina (2009): La letteratura nei corsi di lingua. Dalla lettura alla creatività. Perugia: Guerra. Birello, Marilisa/ Vilagrasa, Albert (2014): Bravissimo! 3. Firenze: Bulgarini. Brogi, Daniela/ Marrucci, Marianna (2019): «Che cos’è l’educazione letteraria e come può interagire con l’insegnamento dell’italiano L2». 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Questo intervento indaga la possibilità di un sovvertimento di tale combinazione, ponendo in chiusura la presentazione del testo e suggerendo, oltre a una fase esperienziale più ampia precedente alla lettura, un momento conclusivo di riflessione e confronto. A tal proposito vengono presentati i risultati di un’attività seminariale svolta in corsi di italiano LS, in cui sono stati proposti, nell’ordine: un momento di stimolo lessicale, una prova di produzione scritta con elementi guida, la lettura di un testo letterario che presenta aspetti linguistici e tematici anticipati nelle due fasi precedenti e in conclusione, un momento di confronto. 135 <?page no="136"?> Anna Castelli Biographical sketch: Anna Castelli ha studiato Germanistica e Romanistica presso l’Università degli Studi di Pisa, dove ha concluso i suoi studi di dottorato, e ha svolto il percorso di studi per l’insegnamento presso la Humboldt- Universität di Berlino. Tra il 2008 e il 2019 ha insegnato lingua e cultura italiana presso la Humboldt-Universität, la Freie Universität, la Technische Universität di Berlino e l’Europa-Universität Viadrina a Francoforte sull’Oder, dove ha collaborato con la cattedra di Westeuropäische Literaturen. Dal 2019 è lettrice di italiano presso la Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt. 136 <?page no="137"?> Eva M. Hirzinger-Unterrainer (Universität Innsbruck) Das Potential von tasks für einen mehrsprachigkeitssensiblen Italienischunterricht 1 Einleitung Eingeführt in den 1980er Jahren aufgrund der Unzufriedenheit mit bisherigen Methoden des Fremdsprachenunterrichts (u.a. Norris 2009: 579), erfährt der aufgabenorientierte Ansatz in den letzten Jahren ein steigendes Interesse in Forschung und Lehre (vgl. Ellis 2000: 193-194), wobei dies in geringerem Maße für Italienisch als Zielsprache zutrifft, da der Großteil der bisherigen Publikationen die Zielsprache Englisch, tw. auch Französisch, forciert. Gerade für das Italienische kann durchweg ein Forschungsdesiderat im Bereich der Fremdsprachendidaktik ausgemacht werden: «Die Sprachlehrforschung und die Didaktik des Italienischen als Fremdsprache entwickeln sich langsam, was eben auch an der [. . . ] unzureichenden institutionellen Verankerung dieser Disziplinen liegt» (Reimann 2012: 75, Hervorhebung im Original). Grundlegende Publikationen zum aufgabenorientierten Ansatz gehen auf den oben angeführten Zeitraum zurück und stehen in überarbeiteten Auflagen auf Englisch zur Verfügung (u.a. Ellis 2007, Nunan 2006, van den Branden 2009, 2010, Willis 1996, Willis/ Willis 2012). Im deutschsprachigen Raum liegen relevante Publikationen zur Aufgabenorientierung im Fremdsprachenunterricht im Allgemeinen (u.a. Keller/ Reintjes 2016, Müller-Hartmann/ Schocker-von Ditfurth 2005, 2011) sowie zum Englischunterricht im Speziellen (z.B. Hallet/ Krämer 2014) vor, die etwa auch Brücken in die schulunterrichtliche Praxis für die Zielsprache Englisch schlagen und konkrete tasks anbieten (vgl. Hallet/ Krämer 2014). Gerade für die Zielsprache 137 <?page no="138"?> Eva M. Hirzinger-Unterrainer Italienisch, aber auch für die auf Italienisch vorliegenden Publikationen, ist ein Desiderat auszumachen. Im italienischsprachigen Raum bearbeiten bisher hauptsächlich zwei Forscherinnen (u.a. Ferrari/ Nuzzo 2011) und ein Forscher (Pallotti z.B. 2019) dieses Feld. Ein erster Versuch, Lücken in diesem Bereich zu schließen, stellt der Sammelband Aufgabenorientierung im Italienischunterricht. Ein theoretischer Einblick mit praktischen Beispielen (Hirzinger-Unterrainer 2024) dar. Dieser Sammelband gibt eingangs einen Überblick über die relevante Forschungsliteratur und bietet anschließend praktische Umsetzungsmöglichkeiten für den schulischen Italienischunterricht - mit unterschiedlichen Schwerpunkten, die bisher in dieser Form für das Italienische nicht vorliegen. Der vorliegende Beitrag schlägt in eine ähnliche Kerbe und skizziert mögliche compiti bzw. tasks im mehrsprachigkeitsorientierten Italienischunterricht, da zwar eine große Anzahl an Publikationen zu mehrsprachigkeitsdidaktischen Ansätzen vorliegt, diese jedoch kaum über einzelne Aktivitäten hinausgehen und nur geringfügig einen vollständigen task im eigentlichen Sinne abbilden 1 sowie das Italienische häufig vernachlässigen: «Auffallende Lücken bestehen auf dieser Stufe [gymnasiale Oberstufe, EMHU] z.B. im Bereich der Sprachreflexion, die im Sinne einer Mehrsprachigkeitsdidaktik ausgerichtet sein könnte. In engem Zusammenhang damit wäre eine schriftlich fixierte, reflektierte Didaktik für das Italienische als [in Deutschland, EMHU] spät einsetzende (oft vierte) Fremdsprache am Gymnasium zu entwickeln.» (Reimann 2012: 353) Ein erster Beitrag in dieser Richtung liegt von Mayr (2021) vor, die von task plurilingue spricht. Nachfolgend sollen die Konzepte der Aufgabenorientierung in Kap. 2 und der mehrsprachigkeitsdidaktischen Ansätze in Kap. 3 diskutiert werden, bevor sie in Kap. 4 zusammengeführt und exemplifiziert werden. 2 Aufgabenorientierung im Italienischunterricht Wie bereits einleitend angeführt, liegt im italienischsprachigen Raum relativ wenig Forschung zu Aufgabenorientierung und Italienisch als Zielsprache vor. Task- Based Language Learning und Task-Based Language Teaching sind die in der scien- 1 Erste Ansätze zu mehrsprachigkeitsfördernden Aufgaben finden sich jedoch bei Meissner (2005), wenngleich hier die Definition von ‹Aufgabe› näher betrachtet werden muss. 138 <?page no="139"?> Das Potential von tasks tific community am häufigsten verwendeten Begriffe, didattica per task, approccio orientato ai task sind nur zwei der im italienischsprachigen Raum sehr heterogen verwendeten Begriffe für diesen Ansatz, während im deutschsprachigen Raum Aufgabenorientierung und Aufgabenorientierter Ansatz als Termini vorherrschen. Task/ compito im Italienischunterricht: eine Definitionsannäherung Auch wenn das Konzept der Aufgabenorientierung vor allem im anglophonen Sprachraum, aber vermehrt auch in Deutschland, Italien und Österreich, seit Jahrzehnten in die Forschung einzieht und vielfach rezipiert sowie diskutiert wird, hinkt dessen Implementierung im schulischen Fremdsprachenunterricht überwiegend hinterher. Beginnend in den 1980er und 1990er Jahren war ein weiter Gebrauch des Begriffs ‹task› vorherrschend. Als eine der ersten Definitionen von ‹task› wird häufig jene von Long angeführt; diese kann exemplarisch für eine weite Definition fungieren: «a piece of work undertaken for oneself or for others, freely or for some reward» (1985: 89, zitiert in Abdollahzadeh 2018: 26 und East 2021: 45). Tasks im weiteren Sinne sind demnach nicht zwangsläufig sprachlicher Natur: Als mögliche Beispiele führt Long (1985: 89) sprachliche und nicht-sprachliche Aktivitäten - von Zaunstreichen, Schuhekaufen über Formularausfüllen bis hin zu Reservierungen - an. Während das Ausfüllen von Formularen eindeutig eine sprachliche Aufgabe darstellt, trifft dies für Zaunstreichen gar nicht oder nur bedingt (wenn gemeinsam gestrichen und miteinander gesprochen wird) zu. Von dieser breiten Definition weicht Long auch bei späteren Vorschlägen nicht ab. Ihm war vielmehr der Bezug zur Lebenswelt wichtig: «the hundred and one things that people do in everyday life at work and play, and in between» (Long 2015: 89, zit. in East 2021: 45). Ähnlich breit aber klar mit sprachlichem Lernen verknüpft, definiert Breen (1987: 23) einen task «in a broad sense to refer to any structured language learning endeavour which has a particular objective, appropriate content, a specific working procedure, and a range of outcomes for those who undertake the task». Damit hebt Breen die Bedeutung sprachlichen Lernens hervor und definiert den Erfolg dieses Lernens klar an einem Outcome, der mit erfolgreicher Kommunikation gleichzusetzen ist. Ein task wurde damit als komplexe und längere Aktivität betrachtet, in 139 <?page no="140"?> Eva M. Hirzinger-Unterrainer deren Rahmen etwa Probleme gelöst oder Entscheidungen getroffen werden müssen. Damit positionierte Breen einen task (compito) an einem Ende des Kontinuums, eine exercise (esercizio) am gegenüberliegenden Pol. In contrast, in an ‹exercise› such as a fill-in-the-blank grammar exercise, the learners are primarily engaged in producing correct linguistic forms, there is no obvious communicative goal to be achieved, the outcome is evaluated in terms of whether the learners’ answers are grammatically correct or not, and no direct relationship between the type of language activity involved and naturally occurring discourse is intended (Ellis 2000: 196). Weitere Vorschläge, die den weiten Begriffsdefinitionen zugerechnet werden können, wurden etwa von Nunan (1989) und Willis (1996) eingebracht. Bei beiden ist der schulische Kontext von Bedeutung: Für Nunan (2010: 4) ist ein task «[a] piece of classroom work which involves learners in comprehending, producing, or interacting in the target language while their attention is principally focused on meaning rather than form». Mit anderen Worten, ein task ist eine pädagogische Aufgabe, um die Zielsprache zu rezipieren, produzieren oder mit ihr Inhalte auszuhandeln, weshalb der Fokus auf der Bedeutung und weniger auf der Form liegt. Willis (1996, zit. u.a. in van den Branden 2006: 9) definiert tasks als «activities where the target language is used by the learner for a communicative purpose (goal) in order to achieve an outcome.» Beiden Definitionen gemein ist die kommunikative Verwendung im schulischen Fremdsprachenunterricht. Insgesamt verbindet die frühen Definitionen 2 von task die breite Formulierung, dennoch unterscheiden sie sich stark in den unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen. Die Definitionen ab den späteren 1990er Jahren zeichnen sich durch präzisere Begriffsbeschreibungen aus und beginnen «to crystallise thinking around particular core elements of the task construct for communicative purposes» (East 2021: 46), d.h. das Konstrukt setzt sich aus mehreren Kriterien zusammen. Ellis (2003, 2009b, zit. in East 2021: 47) schlägt vier Kriterien vor: a task is an activity where: 1. the primary focus should be on meaning 2. there should be some kind of gap 2 Ein Überblick über Definitionsmöglichkeiten von task findet sich etwa in Van den Branden (2006: 1-16). 140 <?page no="141"?> Das Potential von tasks 3. learners should principally be dependent on their own resources to complete the activity 4. there is a clearly defined outcome over and above the use of language. Skehan hingegen postuliert fünf Kriterien: A task is an activity in which • meaning is primary • learners are not given other people’s meanings to regurgitate • there is some sort of relationship to comparable real-world activities • task completion has some sort of priority • the assessment of the task is in terms of outcome (Skehan 1998: 47, zit. in East 2021: 46-47). Den angeführten Definitionen gemeinsam ist die Betrachtungsweise von task als Aktivität, die durch die Verwendung von Sprache zu einem Ziel führt. Die Bedeutung steht im Vordergrund, wobei hier die pragmatische Bedeutung - und nicht die semantische - gemeint ist (East 2021: 48). Die Lernenden sollen demnach erfolgreiche Sprechakte und Funktionen umsetzen können. Der Bezug zur realen Lebenswelt ist eine weitere Gemeinsamkeit ebenso wie ein am Ende des tasks stehender Outcome. In den späteren Definitionen ist der Bezug zum Unterricht vorrangig (Abdollahzadeh 2018: 27), wobei hier unterschieden werden kann zwischen den so genannten real-world tasks/ target tasks und pedagogical tasks (u.a. Ellis/ Skehan/ Li/ Shintani/ Lambert 2019: 12). Während erstere Aktivitäten umfassen, die sich im realen Leben als hilfreich erweisen, trifft dies auf zweitere nur bedingt zu: «target tasks, as the name implies, refer to uses of language in the world beyond the classroom; pedagogical tasks are those that occur in the classroom.» (Nunan 2010: 1) Mit anderen Worten, ein target oder real-world task spiegelt die außerschulische Wirklichkeit wider, wie etwa ein Bewerbungsgespräch oder ein Rollenspiel an der Rezeption, ein pedagogical task hingegen ist «an activity or action which is carried out as the result of processing or understanding language (i.e. as a response). For example, drawing a map while listening to a tape, listening to an instruction and performing a command may be referred to as tasks [. . . ]» (Nunan 2010: 2) bzw. «a piece of classroom work that involves learners in comprehending, manipulating, producing or interacting in the target language while their attention is 141 <?page no="142"?> Eva M. Hirzinger-Unterrainer focused on mobilizing their grammatical knowledge in order to express meaning, and in which the intention is to convey meaning rather than to manipulate form» (Nunan 2010: 4). Aus den bisherigen Ausführungen möchte ich folgern, dass ein task eine zielgerichtete, sprachliche Aktivität ist, die verbale Kommunikation erfordert und zu einem Ergebnis in Form eines Produkts kommt. An dieser Stelle sei erwähnt, dass auch zwischen einem input- und einem output-based task unterschieden werden kann. Bei ersterem wird schriftlicher oder mündlicher Input verarbeitet und das Verständnis beispielsweise durch Zeichnen, Bewegung etc. gezeigt, während bei zweiterem der Output mittels produktiver Fertigkeiten, nämlich Sprechen und Schreiben, erfolgt. Gerade ein input-based task bietet sich bereits bei niedrigen Niveaus (wie A1) an, um von Beginn an aufgabenorientiert zu unterrichten (vgl. Ellis/ Skehan/ Li/ Shintani/ Lambert 2019: 12). Im italienischsprachigen Raum wird häufig der task-cycle von Willis (u.a. 1996, übersetzt von Ferrari 2010) u.a. durch Ferrari/ Nuzzo (2011) rezipiert. Der pre-task führt in den task und ins Thema ein, während im eigentlichen task-cycle der task durchgeführt wird. Ausgehend vom task können die Lernenden in der Planungsphase (planning) die Präsentation des Produkts (report) vorbereiten. Der post-task ermöglicht focus on form mit einer Analyse von sprachlichen Strukturen und entsprechender Praxis (Willis 2009: 227-241): Abbildung 1: Task cycle nach Willis (u.a. 2009). Ferrari und Nuzzo (2011: 284-295) entwickelten etwa Beispiele für den Italienischunterricht unter besonderer Berücksichtigung der Grammatik. Sie schlugen z.B. Notizie curiose al telegiornale zur aufgabenorientierten Bearbeitung vor, indem die Lernenden nach der Durchsicht eines telegiornale im focus linguistico Passivformen in den lückenhaften Text einsetzen, wobei dies eher eine Übung darstellt und zudem insgesamt kritisch beleuchtet werden müsste, inwieweit das Beispiel einem task entspricht. 142 <?page no="143"?> Das Potential von tasks 3 Mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze im Italienischunterricht Mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze werden nach wie vor selten im Fremdsprachenunterricht implementiert, falls doch ist ihr Einsatz spontan und blitzlichtartig, d.h. eine systematische, theoriegeleitete und anhaltende Verwendung von mehrsprachigkeitsdidaktischen Ansätzen stellt ein Desiderat im Fremdsprachenunterricht dar. Gerade das Italienische als eine in Österreich häufig zweitgelernte und in Deutschland meist dritt- oder viertgelernte Fremdsprache, wäre prädestiniert für Mehrsprachigkeitsdidaktik, aber genau hier zeigen sich «[a]uffallende Lücken» (Reimann 2012: 353). Falls mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze in den Unterricht einfließen, so erfolgt dies kaum oder gar nicht in handlungs- und aufgabenorientierter Form (vgl. Reimann 2012: 353). Wie bereits oben erwähnt, nähert sich Mayr (2021) dem Konzept eines task plurilingue an und resümiert den Einsatz desselben folgendermaßen: «Il task plurilingue permette la partecipazione di tutti, con l’apporto individuale del proprio repertorio linguistico, che si può perciò aprire a nuove possibilità grazie ad un setting in cui il processo di apprendimento è autoregolato, e gli stessi discenti possono stabilirne regole e confini» (Mayr 2021: 209, Hervorhebung im Original). Im vorliegenden Kapitel folgt eine Annäherung des Begriffs ‹Mehrsprachigkeit›, anschließend werden mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze präsentiert und Mehrsprachigkeit in bildungsrelevanten Dokumenten verortet, bevor abschließend auf die Abbildung von Mehrsprachigkeit in Lehrwerken eingegangen wird. 3.1 Der Begriff ‹Mehrsprachigkeit›: ein komplexes Konstrukt Das Konstrukt ‹Mehrsprachigkeit› ist ein komplexes: Zum einen liegt nach wie vor keine einheitliche Definition vor, zum anderen sind die vorhandenen Definitionen vielfach vage. Gemäß einem engen Begriffsverständnis spricht man ab drei Sprachen von Mehrsprachigkeit, bei einem weiten Verständnis wird die Kenntnis zweier Sprachen bereits als mehrsprachig definiert, womit Bilingualismus in diesem Fall eine Form von Mehrsprachigkeit darstellt. Offen bleibt jedoch vielfach der Kompetenzgrad der involvierten Sprachen. War der Begriff und die Kompetenz bei Bloomfield (1933: 56) noch überwiegend als «native-like control of two 143 <?page no="144"?> Eva M. Hirzinger-Unterrainer languages» 3 definiert, überwiegt heute eine funktionale Betrachtungsweise: «[D]as Verstehen und das sich-Verständlich-Machen-Können in mehr als einer Sprache (funktionale Mehrsprachigkeit) [...]» (Kofler/ Peyer/ Barras 2020: 101), das heißt die kommunikative (erfolgreiche) Kompetenz steht im Vordergrund und weniger eine (nahezu) erstsprachliche Kompetenz in allen verfügbaren Sprachen. Nach wie vor wird ein «monolingualer Habitus der multilingualen Schule» (Gogolin 2008) weitertradiert und damit einhergehend im schulischen Kontext im deutschsprachigen Raum überwiegend eine prospektive Mehrsprachigkeit (Königs 2000, zit. in: Neuner 2003: 15) der Schüler/ innen angenommen, d.h. sie werden als monolinguale Lernende betrachtet, die erst im Rahmen des Unterrichts eine fremdsprachliche Mehrsprachigkeit ausbauen, was die retrospektiv-prospektive und retrospektive Mehrsprachigkeit ausklammert. Schüler/ innen mit einer retrospektiv-prospektiven Mehrsprachigkeit kommen bereits zwei- oder mehrsprachig in den Unterricht (z.B. Deutsch und Türkisch, Deutsch und Arabisch, Ukrainisch und Polnisch), allerdings ist keine der bereits erworbenen Sprachen Zielgegenstand des Fremdsprachenunterrichts, dennoch weisen sie einen Wissensvorsprung auf und bauen zusätzlich ihre Mehrsprachigkeit im bzw. durch den Fremdsprachenunterricht aus. Prospektiv mehrsprachig sind die Lernenden, wenn sie bereits zwei- oder mehrsprachig sind und Kompetenzen der jeweiligen L2 aufweisen, die unterrichtet wird, weshalb sie «einen beträchtlichen Wissens- und Könnensvorsprung in dieser Sprache» (Königs 2000, zit. in: Neuner 2003: 15) haben. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Schüler/ innen mit Italienisch aufwachsen und den Italienischunterricht besuchen. 3.2 Mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze Mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze können auf eine lange Tradition verweisen, erste mehrsprachige Gesprächsbücher reichen beispielsweise in Norditalien bis ca. ins Jahr 1425 zurück, wo Vokabulare und Sprachbücher dem Sprachlernen, v.a. für den Handel, dienten (vgl. Reimann 2016: 15). Diese mehrsprachige Tradition endet mit der direkten Methode im 19. Jahrhundert, die von einer absoluten Ein- 3 Hier muss erwähnt werden, dass Bloomfield (1933: 56) einräumt, dass eine präzise Definition der erforderlichen Sprachkompetenz schwierig ist: «Of course, one cannot define a degree of perfection at which a good foreign speaker becomes a bilingual: the distinction is relative». 144 <?page no="145"?> Das Potential von tasks sprachigkeit ausging. Die monolinguale Tradition setzte sich in der audiolingualen Methode fort, ab den 1970er Jahren kommen wieder verstärkt mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze vor (Reimann 2016: 16). Ausschlaggebend für die (Weiter-) Entwicklung einer Mehrsprachigkeitsdidaktik waren das Postulat der «aufgeklärten Einsprachigkeit» (Butzkamm 1973), die kognitive Wende und der neokommunikative Fremdsprachenunterricht ab den 1990er Jahren (vgl. Reimann 2016: 15). Mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze 4 verfolgen demnach das Ziel, die Entwicklung mehrsprachiger Kompetenzen und die Teilhabe in mehrsprachigen Diskursen zu fördern (vgl. Jakisch/ Hopp/ Thoma 2021). Die Interkomprehensionsdidaktik zur Jahrtausendwende machte den Anfang und lenkte das Bewusstsein, nach einer überwiegend einsprachigzentrierten Phase, wieder vermehrt auf die Mehrsprachigkeit. Gerade für die Interkomprehensionsdidaktik liegt eine Vielzahl an Publikationen vor (z.B. Meissner 2005, Morkötter 2005, Schöpp 2008, 2015), die konkrete Arbeitstechniken, wie das multilinguale Wörterbuch und die Hypothesengrammatik, vorschlagen. Mit den EuroCom-Projekten 5 seien weitere, bekannte Umsetzungsmöglichkeiten der Interkomprehensionsdidaktik genannt, die überwiegend auf die rezeptive Mehrsprachigkeit abzielen und dadurch auch einer Kritik unterliegen, zumal Lernende die Fremdsprache(n) vor allem auch sprechen wollen. Bär/ Gerdes/ Meissner/ Ring (2005) zeigten deren Nutzung auch als Potential für die produktive Mehrsprachigkeit auf: Hier soll ausgehend von den rezeptiven Fertigkeiten eine schnellere Progression für die produktiven Fertigkeiten erfolgen (vgl. Bär/ Gerdes/ Meissner/ Ring 2005: 14). Neben der Interkomprehensionsdidaktik stellt die Tertiärsprachendidaktik eine weitere Form der Mehrsprachigkeitsdidaktik dar. Mit Tertiärsprachen werden jene Fremdsprachen bezeichnet, «die in der zeitlichen Abfolge nach einer ersten Fremdsprache gelernt werden» (Hufeisen/ Neuner 2003: 5). In ihrem Faktorenmodell geht Hufeisen (2020) davon aus, dass sich das Lernen einer Tertiärsprache (L3) deutlich von einer ersten Fremdsprache (L2) unterscheidet. Beim Erwerb 4 An dieser Stelle gilt es zu erwähnen, dass das ‹Innsbrucker Modell der Fremdsprachendidaktik› ein sprachenübergreifendes Ausbildungsmodell für angehende Fremdsprachenlehrpersonen ist, das Mehrsprachigkeitsbewusstsein bereits im Studium forciert und eine gemeinsame Ausbildung in der Fremdsprachendidaktik für alle angehenden Fremdsprachenlehrpersonen anbietet (s. u.a. Hinger/ Hirzinger-Unterrainer/ Schmiderer 2020). 5 Die Webseite EuroComRom: Romanische Interkomprehension - Uebungsraum (eurocomprehension.de) stammt aus dem Jahre 2007 und wird nicht mehr aktualisiert. Dasselbe trifft auf http: / / www.fremdsprachenwerkstatt.ch/ module/ 2/ 1 zu, wenngleich hier die Aktivitäten überwiegend noch aktuell sind. 145 <?page no="146"?> Eva M. Hirzinger-Unterrainer der Erstsprache(n) sind neurophysiologische und lernerexterne Faktoren beteiligt. Erstere umfassen die generelle Spracherwerbsfähigkeit und das Alter, zweitere schließen vor allem die Lernumwelt(en) sowie Art und Umfang des Inputs mit ein. Um eine L2, d.h. hier erste Fremdsprache, zu lernen, spielen bei den lernerexternen Faktoren zusätzlich Art und Umfang des Inputs und L1-Lerntradition(en) eine Rolle. Gerade beim institutionellen Fremdsprachenlernen wirkt sich die Darbietung des Inputs sowie dessen Quantität auf den Lernprozess aus. Auch die L1- Lerntradition(en) beeinflussen das Fremdsprachenlernen, d.h. beispielsweise kann diese tendenziell überwiegend kommunikativ oder durch Auswendiglernen erfolgen (vgl. Hufeisen 2010: 202). Zu den bisher erwähnten Faktoren treten beim Lernen einer L2 insbesondere emotionale und kognitive Faktoren hinzu, wobei erstere vor allem Motivation und Einstellung(en) zu den Sprachen und kulturellen Kontexten umfassen, die zweitgenannten Faktoren setzen sich überwiegend aus Sprach- und metalinguistischer Bewusstheit sowie Wissen um den eigenen Lerntyp und Lernstrategien zusammen (vgl. Hufeisen 2010: 203). Zu guter Letzt sind die sprachenspezifischen Faktoren zu erwähnen, d.h. welche Sprachen (L1, L2) beim Spracherwerb beteiligt sind (vgl. Hufeisen 2020: 78). Neu hinzu treten beim Lernen einer L3 die fremdsprachenspezifischen Faktoren, wodurch sich das Tertiärsprachenlernen grundsätzlich von jenem einer ersten Fremdsprache unterscheidet: «Beim Lernen einer zweiten Fremdsprache tritt nicht nur eine weitere Fremdsprache hinzu, sondern das Lernen einer Fremdsprache wiederholt sich und bedeutet den erwähnten qualitativen Unterschied zum Lernen einer L2.» (Hufeisen 2010: 203). Vor allem «[i]ndividuelle Fremdsprachenlernerfahrungen und Fremdsprachenlernstrategien (z.B. interlinguale Vergleichs-, Transfer- und Rückbezugsfähigkeit)» (Hufeisen 2010: 204) beeinflussen das weitere Fremdsprachenlernen im institutionellen Kontext sowohl positiv als auch negativ. Waren die Erfahrungen beim L2-Lernen positiv, können sie für das L3-Lernen angewandt werden, waren sie jedoch negativ, werden diese Strategien vermieden. Zur besseren Übersicht wird nachfolgend das skizzierte L3-Lernen im Vergleich zum L2-Lernen dargestellt: 146 <?page no="147"?> Das Potential von tasks L2 Neurophysiologische Faktoren Lernerexterne Faktoren Emotionale Faktoren Sprachenspezifische Faktoren L3 Neurophysiologische Faktoren Lernerexterne Faktoren Emotionale Faktoren Kognitive Faktoren Sprachenspezifische Faktoren Fremdsprachenspezifische Faktoren Abbildung 2: Lernen einer ersten (L2) und einer zweiten Fremdsprache (L3) nach Hufeisen (2020: 204). Eine weitere Möglichkeit ist Content and Language Integrated Language Learning (CLIL), das Sprachen- und Sachfachlernen vereint, indem etwa Geschichte auf Englisch unterrichtet wird und sowohl fachliches als auch sprachliches Lernen stattfindet. Italienisch spielt - ebenso wie andere Sprachen als Englisch - hierfür eine marginale Rolle, wenngleich in Westösterreich classi bilingui etwa an der Volksschule Innere Stadt in Innsbruck angeboten werden. Im Hinblick einer Mehrsprachigkeitsdidaktik liegt hier ein weites Verständnis von Mehrsprachigkeit vor, indem Zweisprachigkeit unter Mehrsprachigkeit subsumiert wird. Die bisher genannten Möglichkeiten verbindet die Förderung von fremdsprachlicher Mehrsprachigkeit, nehmen die lebensweltliche Mehrsprachigkeit jedoch überwiegend wenig in den Blick. Gerade diese gilt es jedoch als wertvolle Ressource in den Fremdsprachenunterricht einzubeziehen. Nach wie vor werden Forderungen nach einer verstärkten Berücksichtigung von mehrsprachigkeitsberücksichtigenden Ansätzen im Fremdsprachenunterricht laut, zumal auch europäische und nationale Bildungsdokumente diese im Fremdsprachenunterricht verankern, wie der nachfolgende Einblick zeigt. 3.3 Einbettung von Mehrsprachigkeit in Bildungskontexten Der Europäischen Union liegt die sprachliche und kulturelle Vielfalt Europas am Herzen. Im Weißbuch zur allgemeinen und beruflichen Bildung (EU 1995: 62) wird als viertes allgemeines Ziel die Beherrschung von drei Gemeinschaftssprachen festgehalten, die möglichst früh (beginnend mit dem Kindergarten) gelernt werden 147 <?page no="148"?> Eva M. Hirzinger-Unterrainer sollen. Diese Initiative geht jedoch nicht über eine additive, schulische Mehrsprachigkeit hinaus und vernachlässigt etwa den außerschulischen Kontext und die lebensweltliche Mehrsprachigkeit. Die Ziele der Europäischen Union, und damit der Wunsch nach einem Europa mit sprachlicher und kultureller Vielfalt, werden auch im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GeR) (Coste / North/ Trim 2002) und im Volume Complementare bzw. Begleitband (2020, Vogt/ Quetz 2020) abgebildet. Der GeR differenziert in Kapitel 1.3 «Was bedeutet ‹Mehrsprachigkeit›? » zwischen ‹Mehrsprachigkeit› und ‹Vielsprachigkeit›, wobei der erste Begriff mit plurilinguismo oder plurilingualism übersetzt wird. «Mehrsprachigkeit jedoch betont die Tatsache, dass sich die Spracherfahrung eines Menschen in seinen kulturellen Kontexten erweitert, von der Sprache im Elternhaus über die Sprache der ganzen Gesellschaft bis zu den Sprachen anderer Völker [. . . ].» (Kap. 1.3) Die persönliche Mehrsprachigkeit kann demnach nicht isoliert und ohne kulturellen Kontext betrachtet werden. Waren im GeR (2002) noch keine Skalen für Mehrsprachigkeit vorgesehen, werden diese mit Costruire e usare un repertorio pluriculturale, Comprensione plurilingue und Costruire e usare un repertorio plurilingue im Begleitband bzw. Volume Complementare (2020) ergänzt. Abbildung 3: Übersicht der im Volume Complementare (Consiglio D’Europa 2020: 133) ergänzten Skalen. Ferner räumt der Volume Complementare (endgültig) mit Vorurteilen und Halbwissen über Mehrsprachigkeit auf, indem er, sich auf den GeR (u.a. 2002) berufend, u.a. durch die Formulierung der Skalen klar macht, dass Sprachen miteinander verknüpft und nicht isoliert in einzelnen Containern abgespeichert sind. Ebenso 148 <?page no="149"?> Das Potential von tasks wird die Verknüpfung von sprachlicher und interkultureller Kompetenz betont. Mit den drei Skalen legt der Volume Complementare sowohl ein produktives Verständnis von Mehrsprachigkeit und Interkulturalität als auch zusätzlich ein rezeptives von Mehrsprachigkeit fest. Die Handlungsfähigkeit wird damit zum erklärten Ziel, die Rezeption beschränkt sich hingegen auf die Mehrsprachigkeit. Auffallend im Bereich des repertorio pluriculturale ist die häufige Verwendung von la propria cultura, was an die Dimensionen interkultureller (kommunikativer) Kompetenz (savoirs) von Byram (z.B. 2021: 40-72) erinnert und ein entsprechendes Kulturverständnis impliziert. Der Vergleich von Kulturen als relativ geschlossene Gebilde schwingt in den Deskriptoren mit und lässt sich nur bedingt mit einem offenen Kulturbegriff, wie ihn etwa der Grundsatzerlass für Interkulturelle Bildung (2017) in Österreich vertritt, in Einklang bringen 6 . Eine detaillierte Abbildung des Konstrukts liefert der Referenzrahmen für plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen (REPA) (Candelier et al. 2007), der Skalen und Deskriptoren für mehrsprachige und interkulturelle Kompetenzen bietet 7 . Nicht nur europäische sondern auch nationale Dokumente widmen sich mehr oder weniger stark der Mehrsprachigkeit. Während die österreichischen Lehrpläne für die Allgemeinbildenden Höheren Schulen (AHS) seit 2004 eine Gesamtsprachenperspektive einnehmen und für alle Lebenden Fremdsprachen Gültigkeit haben, trifft dies für die deutschen und Schweizer Lehrpläne nicht zu. Auch wenn der Mehrsprachigkeit in den österreichischen AHS-Lehrplänen eine große Rolle zugeschrieben wird, so bleiben konkrete Lernziele in diesem Bereich überwiegend aus. Das konkreteste Zitat verweist auf den bereits erwähnten Tertiärspracheneffekt: «Beim Erwerb einer zweiten oder weiteren Fremdsprache ist das Zurückgreifen auf bereits vorhandene Fremdsprachenkompetenzen und Kenntnisse in einer eventuell vorhandenen (in der Familie erworbenen) Erstsprache als besonderer lernstrategischer Vorteil bewusst zu machen und konsequent zu nutzen (Tertiärspracheneffekt).» (BMBWF 2018: 15-16). Weitere Verweise nehmen die Berücksichtigung vorhandener sprachlicher Ressourcen in den Blick und damit die Wertschätzung lebensweltlicher Mehrsprachigkeit. 6 Auf die Diskussion zum offenen und geschlossenen Begriff kann hier nicht eingegangen werden, es wird u.a. auf Dervin/ Yuan/ Sude (2023) verwiesen. 7 An einer konkreten Umsetzungsmöglichkeit arbeitet etwa das Erasmus+-Projekt MEMO (s. https: / / memo-project.com/ ), das auf der Grundlage des REPA Lernziele erarbeitet, um diese im Anfangsunterricht Französisch mehrsprachigkeitsdidaktisch zu fördern. 149 <?page no="150"?> Eva M. Hirzinger-Unterrainer 3.4 Mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze in Lehrwerken Lehrwerke spielen nach wie vor eine große Rolle im Fremdsprachenunterricht und ihre große Bedeutung spiegelt sich u.a. in der langen Tradition der Lehrwerksforschung wider. In den letzten Jahren lässt sich auch ein verstärktes Interesse an Untersuchungen zur Umsetzung von Mehrsprachigkeit in Lehrwerken feststellen. Diese Studien in Deutschland (z.B. Schöpp 2020) und in der deutschsprachigen Schweiz (z.B. Kofler/ Peyer/ Barras 2020: 101) zeigen zum einen, dass Mehrsprachigkeitsdidaktik berücksichtigende Ansätze in den analysierten Lehrwerken vorkommen und zum anderen, dass diese überwiegend im Bereich des Wortschatzes zu finden sind (Kofler/ Peyer/ Barras 2020; Schöpp 2020). Kofler/ Peyer/ Barras (2020: 110-115) stellten in ihrer Analyse von 37 Englisch- und Französisch- Lehrwerken fest, dass sich die Lehrwerke in der Anzahl mehrsprachigkeitsdidaktischer Aktivitäten (stark) unterscheiden, im Durchschnitt umfasst jedes analysierte Lehrwerk etwa zwölf mehrsprachigkeitsdidaktische Aktivitäten. Im Gegensatz zum Wortschatzerwerb, der - wie bereits erwähnt - häufig mehrsprachigkeitsdidaktisch unterstützt wird, trifft dies für andere Bereiche, beispielsweise dem Grammatikerwerb, kaum zu. Höfinger (2016: 201) konstatiert etwa auf der Basis einer Analyse von Italienisch-Lehrwerken, «[. . . ] dass Sprachvergleiche in Lehrwerken - wenn überhaupt vorhanden - eher oberflächlicher Natur bleiben [...]». Die von Hirzinger-Unterrainer (2023) durchgeführte Analyse von Espresso ragazzi A1 und B1 (Orlandino/ Rizzo/ Ziglio 2017, 2018) 8 im Hinblick auf fremdsprachenspezifische und kognitive Faktoren nach Hufeisen (2010, 2020) zeigt, dass diese kaum berücksichtigt werden, ebenso wenig wie andere mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze. Für das Lehrwerk Espresso ragazzi 1 (Orlandino/ Rizzo/ Ziglio 2017), mit dem Zielniveau A1 nach GeR, lässt sich nur eine mehrsprachigkeitsberücksichtigende Aktivität am Ende des Lehrwerks feststellen. Umgelegt auf das Forschungsinteresse dieser Studie bedeutet dies, dass die fremdsprachenspezifischen Faktoren einmal und die kognitiven Faktoren gar nicht berücksichtigt wurden. Erst und nur im abschließenden Projekt «Parlo italiano! » der letzten Lektion 8 La mia famiglia (Orlandino/ Rizzo/ Ziglio 2017: 107) erhalten die Lernen- 8 Für die Lehrwerksanalyse wurden Band 1 und Band 3 herangezogen, um mögliche Vergleiche mit dem Anfangs- und Abschlussniveau herzustellen. Für Band 1 war von mehrsprachigkeitsdidaktischen Ansätzen ausgegangen worden, da der Anfangsunterricht Potential für lebensweltliche und fremdsprachige Mehrsprachigkeit bieten würde. Band 3 wurde ausgewählt, da B1 im österreichischen Schulkontext das Maturaniveau darstellt. 150 <?page no="151"?> Das Potential von tasks den die Möglichkeit, über den Spracherwerb im Italienischen und damit die Entwicklung ihrer Lernersprache zu reflektieren. Explizit werden die Lernenden gebeten zu beschreiben, «wie es [ihnen] in den letzten Monaten beim Spracherwerb ergangen [ist]» (Orlandino/ Rizzo/ Ziglio 2017: 107). Im Band 3 mit dem Zielniveau B1 (Orlandino/ Balì/ Ziglio 2018) widmet sich die erste Lektion thematisch der Mehrsprachigkeit, weshalb hier fünf Aktivitäten die Kriterien erfüllen. Die Berücksichtigung fremdsprachenspezifischer und kognitiver Faktoren setzt sich jedoch in den weiteren Lektionen nicht fort. Lediglich in der letzten Lektion werden zwei mehrsprachigkeitsdidaktische Aktivitäten angeboten (s. Tabelle 1). Anzahl Aktivitäten Lezione 1 Lezione 2 Lezione 3 Lezione 4 Lezione 5 Lezione 6 Lezione 7 Lezione 8 Bd. 1 (A1) 0 3 0 1 1 0 0 1 Bd. 3 (B1) 5 0 0 0 0 0 0 2 Tabelle 1: Anzahl der Aktivitäten im Vergleich Band 1 und Band 3. Zusammenfassend kann angeführt werden, dass Lehrwerke nach wie vor wenig mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze aufgreifen, wodurch Lehrpersonen zusätzliche Aktivitäten überwiegend selbst erstellen müssen, wenngleich teilweise lehrwerksunabhängige Materialien (z.B. Behr 2005 9 ) und die österreichische Lehrwerksreihe von Rückl/ Brandner/ Pruniaux/ Higueras Ruiz/ Vázquez Arco (2012) für Französisch, Italienisch und Spanisch vorliegen. Es ist zweifellos das Verdienst dieser Reihe 10 , dass sie mehrsprachigkeitsdidaktische Aspekte berücksichtigt. So werden etwa interkomprehensive Elemente wie das mehrsprachige Wörterbuch oder die Hypothesengrammatik herangezogen, wobei hier kritisch angemerkt werden muss, dass die Verweise überwiegend innerhalb der drei romanischen Sprachen Französisch, Italienisch und Spanisch erfolgen und etwa Englisch als erste lebende Fremdsprache oder Erstsprachen außen vor lassen. Gerade im österreichischen Kontext wählen die Schüler/ innen häufig nur eine zweite lebende Fremdsprache und können daher nur bedingt aus den anderen beiden romanischen Sprachen ableiten. Durch die überwiegend unzureichende Berücksich- 9 Diese lassen Italienisch außen vor, schließen aber etwa Russisch und Latein ein. Im deutschen Kontext nimmt Italienisch als Fremdsprache (u.a. als dritte lebende Fremdsprache) einen geringeren Stellenwert ein als etwa Französisch und Spanisch. 10 Das Lehrwerk ist im aktuellen Schuljahr 2022/ 23 zum letzten Mal in der österreichischen Schulbuchliste und kann danach nur mehr als zur Wahl stehendes Unterrichtsmittel bestellt werden. 151 <?page no="152"?> Eva M. Hirzinger-Unterrainer tigung von Mehrsprachigkeit in Lehrwerken sind Lehrpersonen häufig auf sich allein gestellt, eine «systematische Integration von Mehrsprachigkeit in den Englischunterricht, belastbare empirische Daten zu den Effekten mehrsprachigkeitssensiblen Fremdsprachenunterrichts und angeleitete Umsetzungspraktiken» (Jakisch/ Hopp/ Thoma 2021: 254) fehlen. 4 Mögliche Umsetzung von mehrsprachigkeitsdidaktischen Ansätzen im aufgabenorientierten Italienischunterricht 4.1 Umsetzungsmöglichkeiten Die bisherigen Ausführungen legen eine geringe Berücksichtigung von aufgaben- und mehrsprachigkeitsorientierten Ansätzen im Italienischunterricht nahe, eine Kombination beider Ansätze ist nach wie vor überwiegend ein Desiderat. Bisher werden tasks kaum für einen mehrsprachigkeitssensiblen Fremdsprachenunterricht verwendet, falls doch, findet dies nicht im schulischen, sondern im tertiären Bildungskontext statt (Álvarez/ Pérez-Cavana 2015). Mit Facciamo bella figura! 8 task fraseodidattici per studenti di italiano L2/ LS legen Schmiderer/ Zanasi/ Konecny/ Autelli (2021) ein Lehrwerk vor, das ausschließlich aufgabenorientiert und tw. mehrsprachigkeitsorientiert konzipiert ist. Beispielsweise wird der italienische Wortschatz im Glossario multilingue in sechs oder mehr Sprachen übersetzt, darunter finden sich neben der ersten lebenden Fremdsprache Englisch und der Mehrheitssprache Deutsch auch die in Österreich häufigen Familiensprachen Arabisch und Türkisch 11 . Das in Tabelle 2 gezeigte Glossario multilingue kann grundsätzlich in alle Sprachen übersetzt werden und soll veranschaulichen, dass die fremdsprachliche und lebensweltliche Mehrsprachigkeit der Schüler/ innen einbezogen werden kann. 11 Hier sei auf die «Mehrsprachigen Aufgabenorientierten Plattformen (MAP)» (Leitzke-Ungerer 2014) verwiesen. 152 <?page no="153"?> Das Potential von tasks Glossario multilingue - Unità 1 «Cercasi casa» Italiano English Arabisch Español Deutsch Türkçe Weitere Sprachen alloggioxa basso costo lowxcost accomodation günstige/ preiswerte Unterkunft ucuz konaklama . . . Tabelle 2: Glossario multilingue nach Schmiderer/ Zanasi/ Konecny/ Autelli (2021: 15). 4.2 Beispiel eines mehrsprachigkeitsorientierten Tasks Abschließend soll eine mögliche Umsetzung von mehrsprachigkeitsdidaktischen Ansätzen in Form eines tasks auf Niveau A1 gezeigt werden. Das Beispiel ist demnach für das erste Lernjahr Italienisch angedacht und je nach Kontext eine zweite lebende Fremdsprache (häufig in Österreich) oder eine dritte oder vierte lebende Fremdsprache (häufig in Deutschland). Dementsprechend unterschiedlich ist auch die Altersgruppe von durchschnittlich 12 bis 15 Jahren zu denken. Globale Lernziele des im Folgenden skizzierten tasks sind: • sich in einem mehrsprachigen Kontext zurechtfinden, • in einfachen Situationen (ver-)mitteln können, • sich in einer Alltagssituation (im Restaurant) in mehreren Sprachen einfach ausdrücken können. Mit Hallet/ Krämer (2014: 14) kann der task anhand der nachfolgenden Übersicht charakterisiert werden. 153 <?page no="154"?> Eva M. Hirzinger-Unterrainer Thema, Inhalte Reise in die Schweiz (Lugano) 12 Input: Texte, Bilder, Materialien Speisekarte, Tourismuswerbeprospekt online, Video Genres Rollenspiel mehrsprachig, Elfchengedicht Sprachliche Mittel presente, Wortschatz «vacanze» Teil(kompetenz)-Aufgaben, Übungen Förderung der Fertigkeiten Lesen, Hören, Schreiben, Sprechen, Mediation, Internetrecherche, Rollenspiel Scaffolding-Angebote Für die sprachliche Umsetzung des Rollenspiels (Handout) und durch ein Beispiel für ein Elfchengedicht (s. Anhang) Aufgabeninstruktion Rollenspiel (io, mamma, papà), Elfchengedicht, siehe unten Tabelle 3: Beispiel anhand des Modells der komplexen Kompetenzaufgabe nach Hallet/ Krämer (2014). Aus der präsentierten Übersicht kann ein erster Eindruck für einen möglichen mehrsprachigkeitssensiblen task gewonnen werden. Nachfolgend wird dieser beschrieben, ohne jedoch einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Gemäß dem task cycle nach Willis/ Willis (2012) wird mit einem pre-task begonnen, bevor der task anschließt und mit einer post-task-Phase endet. Pre-task (prima del task) A. Du möchtest mit deinen Eltern auf Urlaub in die Schweiz fahren. Beantworte die folgenden Fragen, ohne Unterstützung, über mentimeter.com: • Che cosa ti viene in mente quando pensi alla Svizzera? • Sei già stato/ stata in Svizzera? • Quali sono le lingue ufficiali? B. Zu zweit besprecht (und diskutiert) ihr das Ergebnis der mentimeter-Umfrage: • Che cosa vi salta all’occhio? • Quali esperienze avete già vissuto in Svizzera? 12 Die Idee einer Reise in die Schweiz wurde im Rahmen von Hirzinger-Unterrainer/ Morkötter (2024) entwickelt, die weitere Aufgabe unterscheidet sich jedoch stark von der vorliegenden. 154 <?page no="155"?> Das Potential von tasks • Quali sono le lingue ufficiali? La Svizzera si differenzia linguisticamente dal- • l’Austria? Perché? 13 C. Du möchtest gerne in eine Schweizer Region, in der Italienisch gesprochen wird. Gemeinsam mit deinen Eltern entscheidest du dich für Lugano. Als Einstimmung auf den Urlaub siehst du dir mit deinen Eltern das Video LU- GANO SWITZERLAND TRAVEL GUIDE 14 an. Deine Eltern haben keine Fremdsprachenkenntnisse und bitten dich um eine kurze Zusammenfassung auf Deutsch in max. drei Sätzen. D. Dir ist eine möglichst umweltschonende Anreise sehr wichtig und du recherchierst deshalb, wie du am besten mit dem Zug nach Lugano (https: / / www.sbb.ch/ it/ orario.html) fahren kannst 15 . Suche eine passende Zugverbindung und eine Unterkunft für eure Familie. Task (Il ciclo del task) A. In Lugano angekommen, möchtet ihr am Abend essen gehen. Du hilfst deinen Eltern mit dem Verständnis der Speisekarte. Deine Mutter ist Vegetarierin, mag aber heute keine Pizza. Aiuta i tuoi genitori a capire il menu. Tua madre è vegetariana, ma oggi non vuole mangiare la pizza. Il ristorante è una buona scelta? Cosa puoi consigliarle? A tuo padre piace il pollo. Cosa puoi consigliargli? 16 13 Übersetzung (kann lerngruppenabhängig entschieden werden, ob diese notwendig ist): A. Was fällt dir ein, wenn du an die Schweiz denkst? Warst du bereits in der Schweiz? Was sind die offiziellen Sprachen? B. Was springt euch ins Auge? Welche Erfahrungen habt ihr in der Schweiz bereits gemacht? Was sind die offiziellen Sprachen in der Schweiz? Unterscheidet sich die Schweiz sprachlich von Österreich? Warum? 14 https: / / youtu.be/ ovsnyxX9fuk (letzter Zugriff: 28.02.2023). 15 Im Unterricht kann diese Schnitzeljagd auch interaktiv (wie etwa mit https: / / de.actionbound.com/ ) durchgeführt werden. Diese Bounds können dann mit Hilfe der mobilen Geräte der Lernenden durchlaufen werden. 16 Übersetzung: Ist das Restaurant eine gute Wahl? Was kannst du ihr empfehlen? Dein Vater möchte gerne Huhn. Was kannst du ihm empfehlen? 155 <?page no="156"?> Eva M. Hirzinger-Unterrainer Il menu (The fork) Beef carpaccio with rocket and parmesan flakes CHF 22 Chef’s fashion octopus (mashed potatoes, cherry tomatoes and olives) CHF 24,5 Beef Tartarin butter and toast bread CHF 28 Lasagna alla Bolognese au gratin in the oven (homemade pasta) CHF 19,5 Chicken in the Basket with the secret sauce and fries CHF 29,5 Cordon Bleu with french fries CHF 34,5 Breaded Milanese with fries CHF 29 Beef tartare with butter and toast CHF 39,5 Mixed Fried Paranza with fries and tartare sauce CHF 39,5 King prawns’ tails with curry sauce and rice CHF 38,5 Pollo al Cestello con patate fritte CHF 29,5 Spaghetti allo Scoglio CHF 25 Tartare di Manzo CHF 39,5 Tonno Rosso Scottato CHF 39,5 Paella de Marisco CHF 42 Gamberoni Argentini al Cognac CHF 38 Carpaccio di Manzo CHF 22 Lasagna Gratinata al forno CHF 19,5 Filetti di Luccioperca CHF 34 Polipo ai carciofi CHF 25 Insalata Mista CHF 8,5 Vollständige Speisekarte: https: / / www.thefork.at/ restaurant/ ristorante-pizzeriastadio-lugano-r482797/ speisekarte. In quattro (A-madre, B-padre, C-cameriere/ a, D-tu) create una conversazione nel ristorante Pizzeria Stadio Lugano. Per prima cosa, pensate insieme alle possibili espressioni di cui avete bisogno (mappa mentale). Presentate poi la vostra conversazione alla classe. La seconda volta realizziamo un video 17 . Abbildung 4: Mappa mentale «Al ristorante». 17 Zu viert (A, B, C, D) erstellt ihr ein Gespräch im Restaurant Lugano. Überlegt zuerst gemeinsam mögliche Ausdrücke, die ihr benötigt (mappa mentale). Anschließend präsentiert ihr euer Gespräch in der Klasse. Beim zweiten Mal drehen wir ein Video. 156 <?page no="157"?> Das Potential von tasks B. Aus deinem Urlaub möchtest du deinem besten Freund/ deiner besten Freundin anstelle einer Karte eine WhatsApp-Nachricht schicken. Da du gerne kreativ bist, schreibst du ein Elfchen-Gedicht in den Sprachen, die du kannst. Ein Beispiel findet sich im Anhang. Invece di una cartolina, mandi una poesia di undici parole (Elfchen-Gedicht) al tuo migliore amico/ alla tua migliore amica. Puoi usare tutte le lingue che conosci. Dopo il task Prima leggete il testo e rispondete alle domande seguenti: • Di che cosa parla il testo? • Com’è il centro storico di Lugano? • Per che cosa è conosciuta Lugano oggi? Poi disegnate la città di Lugano sulla base delle informazioni contenute nel testo. Lugano «Situata a pochi chilometri dal confine italiano, Lugano è una città del Canton Ticino che si trova lungo le sponde del Lago di Ceresio, meglio conosciuto come Lago di Lugano. Il suo centro storico è ricco di edifici in stile lombardo, palazzi colorati e portici che un tempo erano luogo di commercio dove i pescatori stendevano le loro reti da pesca e gli artigiani esponevano i loro prodotti in vendita. La città è, allo stesso tempo, una rinomata località turistica in tutta Europa e un importante centro d’affari dove sono presenti numerosi istituti di credito, cosa che rende Lugano il terzo centro finanziario della Svizzera dopo Ginevra e Zurigo. Circondata da bellissime montagne, come il Monte Salvatore e il Monte Brè, e lambita dalle tranquille acque del lago, Lugano è una cittadina ordinata e molto curata caratterizzata da un’atmosfera tipicamente mediterranea, caratteristica che la rende la destinazione ideale in ogni stagione dell’anno.» (https: / / www.svizzera.net/ ticino/ lugano/ , letzter Zugriff: 28.02.2023) 157 <?page no="158"?> Eva M. Hirzinger-Unterrainer Riflessione dopo la lettura: Welche Strategien hast du verwendet, um den Text über Lugano zu verstehen? Was war einfach und was war schwierig für dich? Warum? Welche Sprachen hast du für das Verständnis herangezogen? Was hast du dabei entdeckt? 5 Zusammenschau Der vorliegende Beitrag präsentiert einen Einblick in mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze und gibt nach einer Annäherung des Begriffs ‹task› ein Beispiel, wie diese Ansätze aufgabenorientiert umgesetzt werden können, da nach wie vor wenig mehrsprachigkeitsberücksichtigende Materialien und Lehrwerke für das Italienische vorhanden sind. Gerade Lehrwerke für das Italienische setzen selten und wenig theoriegeleitet mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze um. Hier muss auch bei den Lehrwerksverlagen verstärkt das Bewusstsein geweckt werden, zumal einige Aktivitäten durch geringfügige Änderungen die lebensweltliche und fremdsprachliche Mehrsprachigkeit der Lernenden berücksichtigen könnten (Hirzinger-Unterrainer 2023). Auch entsprechende Materialien (wie Behr 2005, Leitzke-Ungerer 2014) lassen das Italienische häufig außen vor, wodurch Italienisch-Lehrpersonen oft auf sich gestellt sind und Mehrsprachigkeit wenig bzw. nur spontan und unregelmäßig in ihren Unterricht implementieren. Der hier vorliegende Beitrag tritt für eine verstärkte Berücksichtigung mehrsprachigkeitsdidaktischer Ansätze im Fremdsprachenunterricht am Beispiel des Italienischen ein. Gerade der aufgabenorientierte Ansatz bietet viele Möglichkeiten für eine erfolgreiche Integration dieser Ansätze. Im pre-task können die mehrsprachigen Erfahrungen der Lernenden aufgegriffen werden und die (lebensweltliche) Mehrsprachigkeit auch auf lexikalischer Ebene (z.B. mehrsprachiges Wörterbuch) berücksichtigt werden. Im task können die Lernenden bereits auf niedrigen Niveaus durch beispielsweise input-tasks aufgabenorientiert lernen, wo (authentischer) Input rezipiert wird und die Produktion erst zu einem späteren Zeit- 158 <?page no="159"?> Das Potential von tasks punkt einsetzt. Im vorliegenden Beispiel wurde ein italienischer (Werbetext Lugano) und ein englischer Input (Video) gewählt, wo sich die Lernenden fremdsprachlicher und kognitiver Faktoren bedienen können. U.a. können diese Faktoren den Spracherwerb zweiter oder weiterer Fremdsprachen nach Hufeisen (2020: 78) begünstigen; im präsentierten Beispiel wurden Fremdsprachenlernerfahrungen und -strategien im Rahmen der Lektüre des Textes über Lugano integriert, um den Lernenden v.a. den Einsatz von zweiteren bewusst zu machen und auf Synergien durch die eigene Mehrsprachigkeit hinzuweisen. Gerade der Transfer aus dem Englischen kann hier zielführend sein, aber auch weitere Sprachen der Lernenden dienen dem Verständnis des jeweiligen Textes und des Videos. Teilweise verzahnt mit diesen fremdsprachlichen Faktoren sind die kognitiven Faktoren wie etwa Lernstrategien und individuelle Lernerfahrungen, die im vorliegenden task vor allem in der abschließenden Reflexion eine Rolle spielen, indem die Lernenden u.a. über den Einsatz von Strategien nachdenken. Als Produkte des präsentierten tasks wurden ein mehrsprachiges Rollenspiel und ein mehrsprachiges Elfchengedicht vorgeschlagen, die möglichst kontextualisiert umgesetzt werden sollen. Der abschließende post-task ermöglicht u.a. die Verwendung von Erschließungsstrategien (ähnlich jener der Interkomprehensionsdidaktik) und eine Reflexion über Lernstrategien. Ferner wäre eine induktive Herangehensweise an sprachliche Strukturen hier möglich. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass tasks in einem kommunikativen und handlungsorientierten Fremdsprachenunterricht integriert werden (sollen) sowie das Potential bieten, die lebensweltliche und fremdsprachliche Mehrsprachigkeit der Lernenden stärker einfließen zu lassen. Mit dieser integrativen Herangehensweise kann - getreu dem Motto des Tagungsbandes - Bewegung (movimento) in die Fremdsprachendidaktik und in den Fremdsprachenunterricht kommen, indem zum einen der Aufgaben- und Handlungsorientierung mehr Platz eingeräumt wird und zum anderen mehrsprachigkeitsdidaktische Aspekte stärker berücksichtigt werden. Gerade ein kombinierter Einsatz dieser Stränge erscheint vielversprechend, um die sprachliche und kulturelle Vielfalt im Fremdsprachenunterricht zu berücksichtigen, da der Individualisierung und Differenzierung sowie der Inklusion durch einen aufgabenorientierten Fremdsprachenunterricht verstärkt Raum gegeben werden kann. 159 <?page no="160"?> Eva M. Hirzinger-Unterrainer 6 Anhang Ausgewählte Skalen auf A1, die relevant für den vorliegenden task sind: • «È in grado di utilizzare un repertorio molto limitato in differenti lingue per condurre una transazione quotidiana molto concreta con un interlocutore collaborativo.» (Skala Costruire e usare un repertorio plurilingue A1, Volume complementare 2020: 139). • «È in grado di riconoscere parole internazionali e parole/ segni comuni alle diverse lingue (ad es. Haus / hus / house) per: − dedurre il significato di semplici cartelli e avvisi; − identificare il probabile messaggio di un testo breve e semplice; − seguire a grandi linee, semplici scambi sociali condotti molto lentamente e chiaramente in sua presenza; − dedurre ciò che le persone stanno cercando di dirgli/ dirle direttamente purché articolino molto lentamente e chiaramente, ripetendo se necessario.» (Skala Comprensione plurilingue A1, Volume Complementare 2020: 137). • «È in grado di riconoscere diversi modi di numerare, misurare la distanza, dire l’ora ecc., anche se potrebbe avere difficoltà ad applicarli anche in semplici concrete transazioni quotidiane.» (Skala Costruire e usare un repertorio pluriculturale A1, Volume complementare 2020: 136). Ad post-task A. Foto von Lugano als Vergleich zu den Zeichnungen der Schüler/ innen Abbildung 5: Foto von Lugano (https: / / www.svizzera.net/ ticino/ lugano/ , letzter Zugriff: 28.02.2023). 160 <?page no="161"?> Das Potential von tasks Ad post-task B. La poesia di undici parole - Elfchen-Gedicht Ein Elfchen-Gedicht wird folgendermaßen geschrieben: 1 Una parola 2 Due parole (Chi? Che cosa? ) 3 Tre parole 4 Quattro parole (legame con ‹io› . . . ) 5 Una parola Un esempio (mio): Lugano in Svizzera gefällt mir sehr I enjoy my holidays vacaciones Literaturverzeichnis Abdollahzadeh, Maryam (2018): «Task-Based Language Teaching and Implementing Consciousness-Raising Tasks». In: International Journal on Studies in English Language and Literature 5 (6), 26-30. Álvarez, Inma/ Pérez-Cavana, María Luisa (2015): «Multilingual and multicultural task-based learning scenarios: A pilot study from the MAGGIC project». In: Language Learning in Higher Education 1 (5), 59-82. 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Eingangs werden Einblicke in den aufgabenorientierten Ansatz, auch unter Task-Based Language Learning (TBLL) und Teaching (TBLT) bekannt, gegeben und der Begriff ‹task› bzw. ‹compito› definiert, bevor ausgewählte mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze im Fremdsprachenunterricht aufgezeigt werden. Abschließend wird eine mögliche Umsetzung von mehrsprachigkeitssensiblen tasks im Italienischunterricht diskutiert und anhand eines Beispiels gezeigt. Biographical sketch: Eva Maria Hirzinger-Unterrainer hat das Lehramtsstudium für Italienisch und Psychologie/ Philosophie sowie das Diplomstudium für Medienpädagogik an der Universität Innsbruck absolviert. Danach schloss sie das Doktorat in Fremdsprachendidaktik an und sammelte Unterrichtserfahrung in den genannten Unterrichtsfächern. Ende 2010 konnte sie eine Laufbahnstelle an der Universität Innsbruck antreten und seit April 2021 ist sie Universitätsprofessorin für Fremdsprachendidaktik am Institut für Fachdidaktik, Bereich Sprachen, an der Universität Innsbruck. Ihre Forschungsinteressen liegen im Bereich der (sprachenübergreifenden) Ausbildung von Fremdsprachen-Lehrpersonen, des Einsatzes von digitalen Medien im (schulischen) Sprachenunterricht, der Mehrsprachigkeit sowie des Wortschatzerwerbs. 167 <?page no="169"?> Tatiana Bisanti (Universität des Saarlandes) Road movie all’italiana. Padri e figli on the road 1 Introduzione In quanto successione di immagini in movimento, il cinema è, per sua stessa natura, la meno statica fra le arti visive, quella più predisposta a esplorare spazi e superare confini. Va quindi da sé che, nel vasto territorio dei generi cinematografici, quello più intrinsecamente legato all’essenza dinamica del cinema è il road movie. Nel 1954 Fellini girava La strada, il film che gli valse il suo primo Oscar: ed è proprio la strada, teatro delle vicende dei due saltimbanchi girovaghi Gelsomina e Zampanò ed emblema stesso dell’esistenza umana, a fare qui da assoluta protagonista. Ma il genere vero e proprio nasce nell’America delle strade sconfinate ed ha, come è noto, precedenti letterari di grande successo, si pensi solo al libro cult della beat generation, quell’On the road di Jack Kerouac (1957) a cui si ispirò l’universo antagonista degli anni Sessanta e Settanta e che continuò ad affascinare anche le generazioni successive. È in America che vengono fissati i canoni a cui si rifarà tutta una serie di film ambientati sulle vie di tutto il mondo: il prototipo del road movie è Easy rider di Dennis Hopper (1969), film fortunatissimo che verrà ripreso in seguito dando vita a innumerevoli variazioni sul tema. Non sorprenderà, pertanto, che la declinazione italiana di questo genere tenda a riprodurre moduli e strutture tipiche dell’originale d’oltreoceano. Ma cos’è il road movie in senso stretto? La critica ha sottolineato a più riprese quanto sia difficile dare una definizione unitaria del genere, e quanto sia problematico anche solo parlare di un genere vero e proprio. Anni fa Corrigan (1991: 143) osservava che il road movie in quanto genere era stato fino a quel momento 169 <?page no="170"?> Tatiana Bisanti perlopiù ignorato dagli studiosi 1 , opinione condivisa pochi anni più tardi anche da Cohan/ Hark (1997) 2 . Fra i dieci generi cinematografici e i relativi sottogeneri di cui parla Faulstich ( 3 2013: 28-64) nel suo Grundkurs Filmanalyse il road movie non è menzionato. In anni più recenti si è preso nuovamente atto di questa mancanza 3 e si è assistito ad un cambiamento di rotta, che ha dato il via a svariati studi sull’argomento. Von Hagen/ Thiele (2013: 10) parlano di una «Genreformierung», della nascita di un genere vero e proprio verso la fine degli anni Sessanta del XX secolo. È a partire da questo momento, infatti, che in alcuni film di viaggio e movimento emergono in modo ricorrente e vengono fissate alcune caratteristiche riconoscibili e distintive che fanno parlare di un nuovo genere cinematografico, il road movie appunto 4 . È vero che si tratta, come è stato ripetutamente sottolineato, di un genere ibrido 5 . I film variano enormemente, ad esempio, a seconda dei personaggi (motociclisti, gangster, musicisti, ecc.). Pur nella loro eterogeneità, tuttavia, queste pellicole sono accomunate da una costante principale: il vero protagonista resta sempre la strada. Quest’ultima assume una valenza molteplice e le connotazioni più disparate: se da un lato, infatti, essa è sinonimo di pericolo, dall’altro si configura come simbolo di possibilità e scelta. I mezzi di trasporto, oggetti emblematici di una realtà dinamica e in movimento, assurgono spesso allo status di veri e propri personaggi. Si pensi alla mitica Lancia Aurelia B24 guidata da Vittorio Gassman alias Bruno ne Il sorpasso di Di- 1 «As a film genre, road movies are frequently bypassed by some of the best studies of genre, and one explanation for these omissions could be that it has only recently appeared as a major direction in film history, the modern descendant of westerns such as The Searchers (1956), and so is recognizably less stable than most so-called classical genres» (Corrigan 1991: 143). 2 «However, despite the obvious popularity and significance of the road movie throughout the history of American cinema, there has not yet been much sustained inquiry into what precisely qualifies a film as a road movie, how the genre relates to the social and cultural history of the United States, or how its inflection alters when carried over to a non-American landscape» (Cohan/ Hark 1997: 2). 3 «Die Existenz eines Genres des Roadmovies ist allerdings wiederholt infrage gestellt worden» (von Hagen/ Thiele 2013: 8). 4 Per von Hagen/ Thiele (2013: 8) queste caratteristiche sarebbero sostanzialmente due: una rappresentazione del movimento tramite inquadrature dinamiche basate su nuove tecnologie di ripresa, e la tipologia dei protagonisti, generalmente raffigurati come outsider, in linea con i movimenti di protesta degli anni Sessanta. 5 Cfr. ad esempio Grob/ Klein 2006: 9 («Im Grunde bilden Road Movies ein Patchwork-Genre, das Einflüsse aus den unterschiedlichsten Formen, Gattungen, Mustern und Stilen aufsaugt und in den einzelnen Filmen neu formt») e Lie 2017: 7 («the recent growth in road movie scholarship has led to a great number of definitions, demonstrating not only the variety within this category, but also - more problematically - a lack of consensus on what a road movie is»). 170 <?page no="171"?> Road movie all’italiana no Risi (1962), il film che può senz’altro essere considerato il prototipo del road movie all’italiana. Il road movie motorizzato unisce alla ricerca di un mondo autentico, slegato dai vincoli della civilizzazione, il fascino della modernità e della tecnologia. «The road is the goal», la meta non c’è o non conta, il senso del cammino si esaurisce tutto in sé stesso, e consiste nel non fermarsi mai, perché arrivare potrebbe significare una rinuncia alla libertà, l’accettazione di quel mondo di regole dal quale si sta fuggendo. Viaggiare significa, questa è un’altra costante, oltrepassare le frontiere, non solo geografiche, ma anche morali e sociali, e quindi compiere un atto di trasgressione. Il viaggiatore è un nomade o un ribelle in cerca di libertà 6 . Il road movie, che ha in comune con il western (genere da cui in qualche modo è nato, almeno in parte) 7 questa idea di libertà, ne stravolge, tuttavia, il significato originario. La libertà on the road, infatti, è associata al fallimento del sogno americano, del mito del self made man che, venuto dal nulla, si conquista un posto nella società, soldi e potere. Il protagonista del road movie, generalmente di sesso maschile, è spesso un fallito, un outsider insofferente alle regole, che cerca di evadere dalla prigione delle costrizioni civili, morali e sociali in cui si trova a vivere. Al movimento esteriore corrisponde in molti casi il movimento interiore dei personaggi, i quali compiono un’evoluzione, a volte addirittura un percorso di crescita, motivo per cui alcuni road movie, come si vedrà in seguito, possono essere accostati al genere del racconto di formazione. In sintesi, si può affermare che, pur trattandosi di un genere dinamico come il suo stesso oggetto, le cui caratteristiche sono fluttuanti e variabili a seconda dei vari contesti, il road movie presenta generalmente una determinata tipologia di personaggi, vicende, ambientazioni, musiche. Alcune delle costanti di questi film, riassunte a grandi linee, sono: la strada come ambientazione privilegiata, teatro di incontri fortuiti ed eventi imprevedibili; il movimento non solo come motivo centrale, ma anche come principio costitutivo e mezzo stilistico; il dinamismo inteso 6 Cfr. Grob/ Klein (2006: 11): «In den Road Movies um Alltagsrebellen wird das Unterwegs-Sein häufig zur letzten Hoffnung, die innere Zerrissenheit zwischen frühen Träumen und verpassten Chancen doch noch zu überwinden. Doch die tagtäglichen Konflikte lösen sich auch auf der Straße nicht auf. Sie kommen mit - und fordern auch in der Fremde ihren Tribut. So steht am Ende kein neuer Anfang, sondern nur eine weitere, letzte Hoffnung». 7 Il legame fra il road movie e il western è sottolineato da vari studiosi, fra cui Corrigan (1991: 143, cfr. nota 1) e Roberts (1997: 52), che a proposito di Easy Rider afferma: «The link between the Western and this constitutive road film proves informative throughout the genre». 171 <?page no="172"?> Tatiana Bisanti come superamento di confini in tutti i sensi (sociali, psicologici, morali), e quindi anche come trasgressione ed evoluzione. 2 Il road movie in Italia: percorsi didattici Anche il road movie nella sua versione italiana si presenta come un genere trasversale, interessante sia perché attraversa l’evoluzione del cinema italiano nel corso dei decenni, sia perché rispecchia i cambiamenti della società che si trova di volta in volta a rappresentare. Dal neorealismo alla commedia all’italiana, dal cinema d’autore al B-movie fino ad arrivare alla produzione indipendente, nella cinematografia italiana dal secondo dopoguerra ai giorni nostri si contano numerosissimi film il cui set è la strada e i cui personaggi sono in perenne movimento. Il motivo del viaggio viene rappresentato in modalità differenti, assume valenze molteplici e assolve a funzioni eterogenee. Alcuni di questi lungometraggi costituiscono materiale autentico particolarmente interessante per i corsi di italiano L2/ LS, ma anche per la classe di italiano L1. Gli aspetti da analizzare e approfondire a lezione, sia lavorando sui singoli film che mettendoli a confronto l’uno con l’altro, possono investire gli ambiti più disparati, a seconda del livello della classe e delle competenze su cui si intenda concentrare l’unità didattica. Alcune domande su cui lavorare potrebbero essere, ad esempio: • Qual è la tipologia del viaggio e cos’è che spinge a mettersi in cammino: si tratta di una vacanza, una fuga (volontaria o forzata), una ricerca (con un obiettivo preciso o indefinito)? • Chi sono i viaggiatori? Restano gli stessi dall’inizio alla fine? • Quali sono i mezzi di trasporto? Sono rilevanti per lo svolgimento del viaggio? • Qual è la direzionalità del viaggio? È un percorso lineare, circolare, discontinuo? La fine del film coincide con la fine del viaggio? • Ci sono tappe? Sono programmate o impreviste? Esse influiscono sullo svolgimento del viaggio e sui viaggiatori o coincidono con momenti di svolta nella narrazione? 172 <?page no="173"?> Road movie all’italiana • Durante il viaggio sopravvengono eventi casuali? Qual è il loro impatto sulle vicende e la loro funzione narrativa? • Quali incontri avvengono durante il cammino? Che effetto hanno sui viaggiatori i personaggi incontrati? • Come vengono rappresentati i luoghi del viaggio? • La rappresentazione di luoghi e persone incontrate durante il viaggio contiene stereotipi e, in caso affermativo, questi vengono messi in discussione e rinegoziati nel corso del viaggio? • Quali sono gli effetti del viaggio sui viaggiatori? Il viaggio modifica e rimette in gioco abitudini e certezze e ha un effetto duraturo sui personaggi e le loro vicende? • In seguito al viaggio cambia la prospettiva e la percezione della situazione di partenza? • In che misura i mezzi tecnico-stilistici (inquadrature, luci, suoni, musica) sono funzionali alla rappresentazione del viaggio? • Ci sono particolarità linguistiche legate allo spostamento geografico e all’incontro con realtà differenti (varietà diatopiche, diastratiche, diafasiche)? • Come si inserisce il film nella storia del cinema? Ci sono rimandi ad altri film, influenze di altri generi cinematografici (western, poliziesco, avventura, racconto di formazione, dramma, commedia)? • Come cambia la rappresentazione del viaggio al cinema nel corso degli anni? In che misura questi cambiamenti sono dovuti al cambiamento della realtà storico-sociale? Per quanto riguarda il corpus cinematografico, ovvero la scelta dei film, le declinazioni del road movie all’italiana possono essere suddivise in diversi macrogruppi, che potrebbero costituire, sia nel loro insieme che parzialmente, interessanti percorsi didattici. Il primo filone comprende film non dissimili dal modello americano: i viaggiatori sono in fuga dalle norme sociali, dai ruoli familiari o dai modelli capitalistici, 173 <?page no="174"?> Tatiana Bisanti e in questo percorso, talvolta, trovano casualmente un compagno di viaggio, un personaggio solitamente opposto o complementare, che mette in moto il cambiamento e l’evoluzione del protagonista. Rientrano in questo filone, ovviamente con i dovuti distinguo, i due film già menzionati, La strada di Fellini e Il sorpasso di Dino Risi; Zabriskie Point di Michelangelo Antonioni (1970); molti film di Gabriele Salvatores e in particolare la trilogia della fuga (Marrakech Express, 1989; Turnè, 1990; Mediterraneo, 1991); film che mettono in scena un viaggio al femminile come Lezioni di volo di Francesca Archibugi (2007), Viaggio sola di Maria Sole Tognazzi (2013), oppure La pazza gioia di Paolo Virzì (2016, una specie di Thelma & Louise all’italiana); film di ambientazione americana, come Ella e John dello stesso Virzì (2017) e infine film il cui titolo inglese già tradisce la vicinanza al modello statunitense, come This must be the place di Paolo Sorrentino (2011) e Drive me home di Simone Catania (2018). Un altro filone, di particolare rilevanza in corsi di italiano per stranieri, ma non solo, è costituito da road movies incentrati sul tema della migrazione e sull’incontro fra culture, sia che essi trattino l’emigrazione italiana oltreconfine, sia che rappresentino il cammino dei migranti in Italia 8 . Rientrano nel primo sottogruppo Il cammino della speranza di Pietro Germi (1950), Bello onesto emigrato Australia sposerebbe compaesana illibata di Luigi Zampa (1971), Nuovomondo di Emanuele Crialese (2006); fa da spartiacque fra i due gruppi Lamerica di Gianni Amelio (1994); sono dedicati invece alla migrazione verso l’Italia negli ultimi decenni Pummarò di Michele Placido (1990), Vesna va veloce di Carlo Mazzacurati (1996), Io sto con la sposa di Del Grande/ Augugliaro (2014), Tolo Tolo di Checco Zalone (2020), lo capitano di Matteo Garrone (2023). Si tratta in questo caso di road movies radicalmente diversi rispetto a quelli del primo filone: se è vero che anche qui giocano un ruolo fondamentale il caso, la fortuna, gli incontri accidentali, l’imprevedibilità dell’esistenza, in questi film tuttavia il viaggio non è dimensione esistenziale alternativa e antagonista. Esso non è né una scelta né un modello da contrapporre ad una società ottusa e opprimente, ma uno spostamento dettato da necessità e costrizione. Se di fuga si tratta, non è più la fuga dai vincoli sociali e dalle disprezzate comodità della civiltà capitalistica, ma quella da una condizione di povertà e pericolo. Ben diverso da quello dell’outsider, il viaggio del migrante non è fine a sé stesso, ma tende ad una meta ben precisa, ad una vita sicura e dignitosa. 8 Per un’analisi del motivo del viaggio nel cinema delle migrazioni in Italia si rimanda, fra l’altro, a Gianturco & Peruzzi (2015). 174 <?page no="175"?> Road movie all’italiana Un terzo filone è dedicato ai viaggi attraverso l’Italia in prospettiva interculturale. In questo caso l’incontro-scontro può avvenire sia fra cultura italiana e cultura straniera, come in Viaggio in Italia di Roberto Rossellini (1953), Bianco rosso e Verdone di Carlo Verdone (1981), Italy - Love it or leave it di Hofer/ Ragazzi (2011); sia fra il Nord e il Sud del Paese, oppure come ricerca di un’eredità culturale legata a determinati luoghi - è il caso de Il ladro di bambini di Gianni Amelio (1992), Caro Diario di Nanni Moretti (1993), Basilicata coast to coast di Rocco Papaleo (2010). 3 Il road movie «familiare» C’è poi tutto un filone di film che è di particolare interesse per le sue potenzialità didattiche soprattutto in classi di adolescenti o giovani, e in cui il viaggio sulla strada diventa occasione per rinegoziare conflitti interpersonali, soprattutto familiari. Al viaggio esteriore corrisponde un viaggio interiore e un percorso di crescita individuale: in questi casi il road movie diventa una sorta di film di formazione. Protagonisti sono spesso una coppia di viaggiatori diametralmente opposti, che nel corso del viaggio compiono un graduale processo di avvicinamento l’uno all’altro: è quanto succedeva già nel Sorpasso, dove il personaggio dello sbruffone, fanfarone e inaffidabile Bruno lasciava affiorare verso la fine un tono autocritico, mentre il timido e inibito Roberto diventava man mano più disinvolto e sicuro di sé. Lo schema si ripresenterà invariato in moltissimi film, nei quali, come nel Sorpasso, i viaggiatori non solo sono tipologicamente opposti, ma appartengono a differenti generazioni. È proprio la dimensione peculiare del viaggio che, azzerando le distanze, favorisce l’incontro fra generazioni e personaggi diversi e permette un avvicinamento al di là degli schemi consunti delle dinamiche domestiche e sociali e al di fuori degli spazi claustrofobici del focolare domestico 9 . 9 Provenzano (2007: 106-107) parla di «film di viaggio che [. . . ] si presenta[no] come un viaggio di formazione e, per certi versi, di iniziazione; struttura narrativa che diviene particolarmente significativa quando la coppia in viaggio è formata da un adulto e un bambino/ a, poiché se il bambino deve essere ‹educato› e preparato alla vita, anche l’adulto ha sempre da imparare dalla purezza dei bambini». Sulle potenzialità destabilizzanti del viaggio nei confronti delle dinamiche familiari cfr. anche Cohan/ Hark (1997: 2), che a loro volta citano Corrigan (1991): «A road narrative, first of all, responds to the breakdown of the family unit, ‹that Oedipal centerpiece of classical narrative›, and so witnesses the resulting destabilization of male subjectivity and masculine empowerment». Questo il passo completo di Corrigan (1991: 145): «More and more, the family unit, that oedipal 175 <?page no="176"?> Tatiana Bisanti Che si tratti di un viaggio prevalentemente connotato al maschile è stato rilevato già nei primi anni ’90: «The road trip is always a male trip and the road movie makes literal the Rite of passage that Oedipally-driven narratives demand of their male heroes. If a woman hops a ride with a man, the journey, perfumed with a female sexuality, breeds danger and violence rather than pleasure» (Dargis 1991: 16). Secondo Corrigan (1991) le produzioni più recenti rispecchiano la crisi del soggetto maschile 10 . Cohan/ Hark (1997: 3) ribadiscono a loro volta il legame fra mascolinità e tecnologia e l’idea della strada come fuga dalle responsabilità della vita domestica 11 . Questa lettura del road movie in chiave maschile è stata relativizzata in studi più recenti, che la considerano un prodotto del contesto storico-sociale e non un attributo intrinseco al genere del road movie 12 . Punto di svolta è il fortunatissimo Thema & Louise, film in cui le protagoniste, a detta di Cohan/ Hark (1997: 11), «interrogate and [. . . ] overturn the masculinist bias of the road». Per quanto riguarda il panorama italiano si osserva analogamente che, tranne alcune eccezioni, il road movie è declinato quasi sempre al maschile e pertanto anche l’incontro fra generazioni viene rappresentato, in modo emblematico e pressoché esclusivo, nel rapporto padre-figlio (quest’ultimo ancora bambino o già adulto, ma comunque generalmente maschio). Molte di queste sceneggiature sono incentrate sulla figura di un padre in viaggio con il figlio, viaggio nato per circostanze fortuite e generalmente contro la volontà del protagonista. La donna, quando c’è (ma sono diversi i casi in cui è completamente assente), è tradizionalmente la custode del focolare, del chiuso universo domestico, mentre il luogo di azione del padre è l’esterno, la sua modalità il viaggio e il movimento. È lì che, suo malgrado, centerpiece of classical narrative, begins to break apart, preserved only as a memory or desire with less and less substance». 10 Cfr. Corrigan (1991: 138): «the contemporary road movie [. . . ] responds specifically to the recent historical fracturing of the male subject [. . . ] and the hysterical but impossible need to stabilize male identities within history». E più avanti: «As a genre traditionally focused, almost exclusively, on men and the absence of women, the road movie self-consciously displays the crisis of gender, so central in stabilizations of any genre, around the seemingly peculiar and historically recent proliferation of the threat of male hysteria» (Corrigan 1991: 143). 11 Cfr. Cohan/ Hark (1997: 2-3): «The road movie promotes a male escapist fantasy linking masculinity to technology and defining the road as a space that is at once resistant to while ultimately contained by the responsibilities of domesticity: home life, marriage, employment». 12 Cfr. Mills (2006: 10): «Because films are the most capital-intensive form of cultural production, they tend to represent dominant groups, and the road film is no exception». I libri invece, meno costosi, sarebbero più «democratici» : «the multimedia road genre is broader and more democratic than heretofore appreciated [. . . ]. Corrigan’s essay contains many valuable insights into genre, yet this particular aspect of gender needs to be questioned». 176 <?page no="177"?> Road movie all’italiana a contatto diretto con il figlio maschio, riesce a scoprire il proprio ruolo di genitore, dopo la risoluzione di un conflitto edipico padre-figlio e un passaggio di consegne da una generazione all’altra. Il papà on the road, conformemente con il personaggio standard del road movie classico, è un individuo ex lege, ribelle spiantato e disadattato. Padre suo malgrado, non ha ancora risolto i propri conflitti e rifiuta la generazione dei propri padri, che siano genitori o rappresentanti delle istituzioni. Quando fa irruzione sulla scena, questo padre, eterno bambino, genera confusione nel mondo ordinato del figlio, cresciuto per lo più lontano da lui. La madre, che si è assunta da sola tutte le responsabilità, considera questo padre un modello negativo, il contrario della figura ideale del «procacciatore di cibo» che riesce a dare sicurezza economica e materiale alla famiglia. Il padre ribelle è cronicamente al verde, ma è capace di guadagnare tantissimi soldi in poco tempo e con mezzi discutibili, per poi perderli in modo altrettanto improvviso. Spesso si assiste ad un’inversione dei ruoli, per cui è il padre a prendere lezioni di vita dal figlio molto più maturo di lui. Ma è proprio nel corso del viaggio che avviene un’evoluzione in entrambe le direzioni: il piccolo diventa grande, la sregolatezza del padre insegna al figlio ad affrontare con coraggio gli imprevisti della vita, mentre il padre impara finalmente ad assumersi, almeno in parte, le proprie responsabilità. Nei paragrafi che seguono verranno presentati alcuni film italiani degli ultimi anni basati, in linea di massima e con variazioni sul tema, su questo canovaccio 13 . Sarà interessante andare a verificare se sia cambiato qualcosa nel corso degli anni, ovvero se ci sia stata un’evoluzione dei ruoli di genere all’interno della società che trovi un corrispettivo nella narrazione cinematografica. 3.1 In viaggio con papà di Alberto Sordi (1982) Ispirato alla commedia all’italiana, In viaggio con papà è interessante, fra l’altro, per via dell’accoppiata comica Sordi-Verdone, con un Alberto Sordi maturo che sem- 13 È uno schema narrativo che vale anche per Il sorpasso, sebbene Bruno non sia il padre di Roberto. Anch’egli è, infatti, un padre che ha abdicato al proprio ruolo e solo nel corso del film riuscirà, parzialmente, a riavvicinarsi alla figlia, incontrata in una tappa del viaggio. Per quanto riguarda il rapporto padre-figlio al cinema non si può non citare Che ora è di Ettore Scola (1989) e La vita è bella di Roberto Benigni (1997), che tuttavia non saranno oggetto di questa breve rassegna, perché tipologicamente assai diversi dagli altri film presi in considerazione. 177 <?page no="178"?> Tatiana Bisanti bra voler passare il testimone della comicità alla nuova generazione, rappresentata dal newcomer Carlo Verdone. Sordi, qui regista e attore, è Armando, un padre dongiovanni che nonostante l’età colleziona avventure amorose con le donne che incontra e si trova, suo malgrado, a dover fare un viaggio con il figlio. Cristiano (Carlo Verdone), già adulto, è l’esatto opposto dei propri genitori, di cui non comprende lo stile di vita libero e disinibito. Sessuofobo, gentile e imbranato, Cristiano è amante della natura, in particolare degli uccelli, e passa le giornate in cerca di gabbiani da proteggere. Il viaggio con il padre lo porterà a scontrarsi con un’altra visione del mondo e soprattutto del sesso. All’inizio pieno di complessi e inibizioni, riuscirà a sbloccarsi quando incontrerà, senza saperlo, la giovane ex-amante del padre, delusa per essere stata abbandonata. È grazie a lei che Cristiano vincerà la paura del sesso, prendendo simbolicamente il posto del padre, la cui contrarietà iniziale si trasforma infine in gioia per l’avvenuta maturazione del figlio. Lo schema è collaudato (si trovava già ne Il sorpasso): il padre scapestrato riesce, superate le prime resistenze, a fare breccia nel figlio e a diventare per quest’ultimo, che all’inizio lo rifiutava, un modello da imitare. Paradossalmente è proprio grazie al contatto con il padre, immaturo cronico, che il figlio impara a superare le proprie inibizioni e a compiere un processo di maturazione. Anche il figlio, a sua volta, contribuisce alla maturazione del padre, che comincia ad assumersi le responsabilità alle quali fino a quel momento si era sottratto. Questo canovaccio verrà riproposto in diversi film degli anni a seguire, con una significativa concentrazione in epoca recente. 3.2 Sole a catinelle di Gennaro Nunziante (2013) Checco Zalone - personaggio e attore, qui al suo terzo, fortunatissimo lungometraggio - lavora come cameriere in un albergo di Venezia e si licenzia proprio nel momento in cui la fabbrica in cui lavora la moglie Daniela, operaia tessile, è a rischio chiusura. In cerca di un nuovo impiego, Checco viene assunto come rappresentante di aspirapolveri. Venditore di successo finché può piazzare i prodotti fra i suoi innumerevoli parenti, spende i guadagni comprandosi elettrodomestici e altri oggetti inutili, fino a quando, pieno di debiti, non riesce più a pagare le rate dei prodotti acquistati e viene abbandonato dalla moglie. Checco promette al figlio Niccolò una splendida vacanza, e quando, a corto di soldi, è costretto a man- 178 <?page no="179"?> Road movie all’italiana tenere la promessa, lo porta da una vecchia zia in Molise. Deluso, Niccolò scappa a Piombino con un amico, per poi farsi tuttavia impietosire dalle lacrime del padre e continuare la vacanza con quest’ultimo. Di nuovo in viaggio, padre e figlio incontrano un bambino che soffre di afasia. Dopo che Checco, con la sua allegra sfrontatezza, lo fa improvvisamente guarire, la madre del bambino, la ricca Zoe, convince Checco e Niccolò a continuare le vacanze insieme a loro. La vacanza prosegue fra set cinematografici, ville di lusso, yacht, campi da golf e feste di beneficenza. Checco millanta doti di finanziere di fronte al compagno della madre di Zoe, imprenditore spregiudicato, ma la vista della moglie in televisione, scesa in piazza contro la chiusura della fabbrica, lo riporta al suo ruolo di padre di famiglia. Tornato in paese, Checco si improvvisa paladino delle donne lavoratrici con un discorso scritto dal figlio. In tal modo riesce a riconquistare la moglie e ad assumere un ruolo dirigenziale nell’impresa tessile dopo averne sventato la chiusura. Il padre viene rappresentato, fino all’ultimo, come un uomo superficiale, che riesce, grazie al suo charme, a sfuggire alle proprie responsabilità familiari. Egli manipola chi gli sta intorno con le lusinghe di una vita spensierata e godereccia finché non sopravviene il ravvedimento finale, che sancisce, in ultima analisi, la vittoria morale della madre, simbolo di fermezza e affidabilità, ma anche di una vita noiosa e fatta di regole. 3.3 Il premio di Alessandro Gassmann (2017) Il romanziere Giovanni Passamonte (interpretato da Gigi Proietti in quello che sarà uno dei suoi ultimi film) vince il premio Nobel e parte per la Svezia con Oreste e Lucrezia, due dei suoi tanti figli sparsi per il mondo. Contrariamente al padre, coltissimo e poliglotta, Oreste (Alessandro Gassmann) si interessa solo di sport. Dopo una serie di tappe in Alto Adige, Austria e Germania, la comitiva si fermerà in Danimarca, dove Oreste, padre a sua volta, incontra il figlio Andrea. Oreste, pur sentendosi un figlio incompreso e infelice, riproduce gli stessi schemi familiari con il figlio Andrea, per cui lui è un padre assente ed estraneo. Giovanni, seduttore incallito, spinge Oreste a tradire la moglie con l’amica di suo figlio, facendo di tutto per mettere in crisi il suo matrimonio. La sua ansia distruttiva si rivolge anche contro la figlia Lucrezia, di cui annienta con un commento le velleità letterarie. Narcisista, egoista e manipolatore, Giovanni si adopera per plasmare a suo gusto 179 <?page no="180"?> Tatiana Bisanti la vita degli altri, ma sempre convinto di fare il bene dei propri figli. Nella scena finale della consegna del premio si assiste, tuttavia, ad una sorta di riscatto quando dedicherà il Nobel ai figli, elogiando i valori della condivisione e della solidarietà. 3.4 C’è tempo di Walter Veltroni (2019) Stefano (Stefano Fresi) è studioso di arcobaleni e si occupa della manutenzione di un sistema di specchi che ha portato la luce a Viganella, paesino nascosto all’ombra delle montagne, mentre sua moglie Luciana vive con l’angoscia dei debiti e la frustrazione per un lavoro insoddisfacente. Stefano, nato da un’avventura di sua madre con un uomo sposato, non ha mai conosciuto suo padre. Scopre di avere un fratello, il tredicenne Giovanni, solo quando i genitori di quest’ultimo muoiono improvvisamente in un incidente. Attratto dai soldi dell’eredità, Stefano acconsente a fargli da tutore legale. Giovanni, cresciuto in un ambiente colto e altoborghese, è un ragazzino intelligente ed educato, ma anche saccente e moralista. Al primo incontro fra i due, vestito in giacca e cravatta, si rivolge al fratello maggiore con un tono formale e distaccato. Il viaggio dei due fratelli con il vecchio Maggiolino decappottabile di Stefano parte da Roma e prosegue per San Casciano, dove Stefano, sognando un ritorno di fiamma con una vecchia ex, scopre che questa si è rifatta una vita con una donna. Per quanto si dia arie da uomo maturo («per te c’è tempo», min. 33: 30, dice al fratello minore che vuole sapere quando si smette di essere bambini), fra i due è Stefano il vero bambino, in forte contrasto con Giovanni che a sua volta si atteggia da adulto. Il viaggio li porterà a Rimini, e fra mare, cinema (il mitico Fulgor di Fellini) e concerti i due cominciano a prendere confidenza. Dopo il concerto di Simona Giannelli, cantante sconosciuta ai più ma idolatrata da Stefano, i due fratelli decidono di seguire Simona e la figlia Francesca a Parma. Si ritrovano nei luoghi in cui è stato girato Novecento di Bertolucci, poi tutti insieme proseguono per Parigi, dove incontrano il vecchio attore Jean-Pierre Léaud (qui nel ruolo di sé stesso) e concludono questo viaggio, che è anche un viaggio attraverso il cinema caro a Veltroni, con la contemplazione, fra lo stupore e la meraviglia, di un doppio arcobaleno sulla città. Il tema principale del film, dice lo stesso regista, è l’incontro: «È un film sul tema dell’incontro come scambio tra persone diverse. Sulla meraviglia che nasce dall’incontro con qualcosa di diverso, proprio come avviene nell’arcobaleno la cui bellezza nasce dall’unione di diversi colori [. . . ]. Ho 180 <?page no="181"?> Road movie all’italiana scelto l’idea del viaggio come metafora dell’incontro. Per questo ho voluto che i due personaggi viaggiassero con un’auto aperta» (Dell’Aquila 2019). Deriva da questo intento, se ne deduce, la scelta del road movie, il genere cinematografico che più di tutti si presta a rappresentare il tema dell’incontro, inteso come momento di svolta e simbolo di diversità e inclusione. 3.5 Il ladro di giorni di Guido Lombardi (2019) L’incontro fra persone diverse, in questo caso un criminale e suo figlio, si trova anche al centro de Il ladro di giorni con Riccardo Scamarcio, film che richiama per molti aspetti Un mondo perfetto di Clint Eastwood. La famiglia (madre, padre, figlio), ancora intatta e felice all’inizio del film, si disgrega dopo la morte della madre e l’arresto del padre Enzo, coinvolto in traffici illegali. Il piccolo Salvo viene affidato agli zii in Trentino. Lo ritroviamo anni dopo, undicenne, al corso di nuoto, insicuro e pieno di paure. L’arrivo del padre dopo sette anni di assenza e di carcere stravolgerà completamente la sua vita. Nonostante l’opposizione di Salvo, la zia acconsente a mandarlo in viaggio con il padre per qualche giorno. Il bambino deve servire in realtà da copertura per traffici illeciti: Enzo, diretto a Bari per conto di criminali slavi, sa che per difendersi «un bambino è meglio di una pistola» (min. 15: 36). Dopo un tentativo di fuga di Salvo, sventato dal padre, avviene il primo vero contatto fra i due, quando in una stanza di hotel Salvo scopre il proprio nome tatuato sulla schiena di Enzo. Da questo momento Salvo cercherà di avvicinarsi al padre imitandone il comportamento criminale: in un negozio ruba un robot giocattolo, lo stesso che aveva quando il padre è scomparso. Sempre più scaltro, non tarderà a scoprire il vero motivo del viaggio, ovvero i 70 chili di stupefacenti nascosti nel bagagliaio della macchina. Enzo, nel frattempo assalito da scrupoli, prova a lasciare il figlio all’autogrill per non coinvolgerlo ulteriormente, ma torna subito sui propri passi. Salvo, ormai complice, riesce a sventare un controllo della polizia e ad aiutare il padre nel derubare due turiste austriache. Insieme vendono pellicce rubate e infine riescono a ritrovare «il professore», colui che sette anni prima era stato responsabile dell’arresto di Enzo e della loro conseguente separazione. Enzo, la cui iniziale spregiudicatezza è entrata in crisi grazie al contatto con il figlio, rinuncia a sparargli, ma il professore, approfittando della sua debolezza, gli spara e lo uccide. Il film si chiude con l’immagine di Salvo in piscina, nel 181 <?page no="182"?> Tatiana Bisanti momento in cui finalmente trova il coraggio di tuffarsi dal trampolino. Ha imparato che «per crescere la devi smettere di dare la colpa agli altri delle cose brutte che ti capitano. Il vero ladro di giorni era lui, Vincenzo. Io da grande non voglio essere né stupido né cattivo. Voglio essere coraggioso» (min. 1: 37: 50). Queste parole suggellano il percorso di crescita e di formazione del ragazzo. La lezione di coraggio imparata dal padre, fatta di inganni e furberie, porta alla rovina: per Enzo, infatti, non ci sarà scampo e dovrà morire. Ma sarà attraverso le vie tortuose di questo percorso, in parte anche sbagliate, che alla fine Salvo troverà la propria strada. 3.6 Tutto il mio folle amore di Gabriele Salvatores (2019) Il titolo è un verso di una canzone cantata da Domenico Modugno nel cortometraggio di Pasolini Che cosa sono le nuvole (1968). Il protagonista Willy (Claudio Santamaria) è un cantante di provincia soprannominato il Modugno della Dalmazia. Per paura di diventare padre, in gioventù aveva abbandonato la compagna Elena (Valeria Golino) subito dopo aver saputo della gravidanza di lei. Conosce suo figlio soltanto sedici anni dopo, una sera in cui si presenta ubriaco a casa della ex e scopre che Vincent, questo il nome del ragazzo, è autistico. Willy viene mandato via da Elena, ma Vincent si nasconde nella sua macchina e parte con lui. La tournée musicale di Willy li porta prima in Slovenia, poi in Croazia, dove superano il confine di nascosto percorrendo in senso inverso la rotta dei migranti. In cerca di riparo, trovano le foto lasciate dai migranti di passaggio in un autobus abbandonato dove passano la notte. In seguito ad un guasto alla macchina, sono costretti a continuare a piedi. Nel frattempo, Elena parte con il marito (Diego Abatantuono) alla loro ricerca. Dopo un tentativo di fuga di Vincent, Willy lo lega al guinzaglio per non farlo scappare, e così legati continuano il cammino a piedi su un terreno impervio e accidentato, finché non si comprano una moto con i soldi guadagnati durante un concerto. Ma anche questo mezzo di trasporto è destinato a durare poco: in seguito ad un incidente si danno alla fuga abbandonando la moto sulla strada perché privi di documenti. Da una breve avventura con una donna conosciuta presso una comunità hippy Willy riesce a rimediare una camionetta con cui continuare il viaggio. Convinto che anche per Vincent sia arrivato il momento di conoscere le donne, il padre lo porta in un club do- 182 <?page no="183"?> Road movie all’italiana ve trovano una ragazza che provvederà alla sua iniziazione sessuale. È durante la tappa successiva della tournée che Elena e il compagno riescono finalmente a raggiungerli, giusto in tempo per salvare Vincent caduto in piscina. L’avventura di Vincent con il padre si conclude qui, ma, a sorpresa, Elena decide di non tornare a casa con il marito: salita su un traghetto, convince Vincent a partire con lei per un nuovo viaggio, mentre il marito resta a terra stupito e Willy li saluta dall’alto. La presenza di Valeria Golino nel ruolo della madre richiama alla mente un precedente illustre di questo film, Rain Man (1988), in cui Dustin Hoffmann interpretava il ruolo del protagonista affetto da autismo e Tom Cruise quello del fratello minore interessato solamente all’eredità, accompagnato da una fidanzata più empatica interpretata da una Golino giovanissima. Ed è proprio il focus sul tema dell’autismo che fa di Tutto il mio folle amore un road movie che, se da un lato riprende molti elementi del genere (si pensi solo agli innumerevoli mezzi di trasporto), dall’altro indaga il rapporto padre-figlio in modo più complesso, perché agli usuali conflitti familiari aggiunge il tema dell’inclusione e del rapporto con la diversità. Proprio per questo il film risulta particolarmente interessante ai fini di un utilizzo in didattica 14 . 4 Padri e figli on the road tra vecchi e nuovi modelli familiari Riassumendo, si osserva dunque che nei film presentati il viaggio, spezzando ruoli fissi, regole e schemi della quotidianità, provoca uno stravolgimento del sistema famiglia, aprendo così la via a nuove dinamiche relazionali. È proprio sulla strada, in uno spazio sospeso, anonimo, di passaggio, una sorta di luogo zero o non-luogo 15 , che può avvenire l’incontro tra padre e figlio. La strada mette in discussione ogni storia e identità, le azzera, le rimette in gioco. È un territorio libero da nevrosi familiari e pertanto aperto ad infinite possibilità. Se da un lato è una via di fuga 14 Sul tema dell’inclusione al cinema, al di fuori del genere del road movie, si veda anche il film di Rosalba Vitellaro Nel mare ci sono i coccodrilli, tratto dall’omonimo libro di Fabio Geda. 15 Cfr. Augé (1992: 100): «Si un lieu qui peut se définir comme identitaire, relationnel et historique, un espace qui ne peut se définir ni comme identitaire, ni comme relationnel, ni comme historique définira un non-lieu». 183 <?page no="184"?> Tatiana Bisanti per l’uomo in crisi, dall’altro è il terreno su cui i padri scoprono un senso di appartenenza nel rapporto con i figli. All’inizio i due viaggiatori, che appartengono a tipologie diametralmente opposte (adulto immaturo l’uno, ragazzo posato e ragionevole l’altro) si comportano come estranei o antagonisti, ma la situazione si ribalta nel corso del viaggio, grazie ad un momento di svolta che segna solitamente un primo avvicinamento. Questa svolta è suggellata in alcuni film da una scena che segna il nascere di una nuova intimità: un momento standard in quasi tutti i lungometraggi presentati è quello in cui padre e figlio urinano insieme 16 . Nella storia del cinema il road movie è, come si diceva, un genere segnatamente maschile. Il viaggio picaresco dei protagonisti è, sì, una ribellione al sistema, ma una ribellione che si consuma tutta all’interno dell’universo maschile: all’eroe borghese, stanziale e benestante, si contrappone l’antieroe, nomade ed eterno bambino. Entrambi si muovono, comunque, in uno spazio che resta connotato in senso patriarcale. Anche i film italiani analizzati, in cui prevalgono i personaggi maschili, non si allontanano generalmente da queste coordinate 17 . È grazie al viaggio che gli attributi del ribelle (coraggio, spirito di avventura, capacità di reagire agli imprevisti) vengono trasmessi di padre in figlio. Si veda ad esempio la parabola di Salvo, che alla fine de Il ladro di giorni impara la lezione del padre e trova finalmente il coraggio di tuffarsi dal trampolino della piscina. Anche l’uso di un linguaggio scurrile e aggressivo è un attributo standard del ribelle on the road, che lo esibisce fieramente al figlio come mezzo per liberarsi dai lacci del perbenismo e dominare la realtà. Quando, ad esempio, Checco sente finalmente suo figlio abbandonare l’usuale cortesia e sbottare con un improvviso «hai rotto il cazzo», invece di redarguirlo, reagisce commosso e sollevato: «ma allora sei sano? » (min. 21: 59). Si veda anche la lezione di Enzo al figlio ne Il ladro di giorni: «Tu puoi dire pisello perché c’hai il pisello. Poi, quando cresci e il pisello diventa cazzo, puoi dire cazzo» (min. 50: 50). 16 Fa eccezione In viaggio con papà: alla fine del film, il padre, che finge di fare pipì, sta in verità piangendo perché ha scoperto dell’avventura erotica fra il figlio e la sua ex amante. La scena sancisce la perdita di potenza del padre, che d’ora in avanti sarà sostituito dal figlio. Se l’atto di urinare era affermazione di dominio e vitalità, versando le lacrime il padre prende coscienza del proprio invecchiamento. 17 Le eccezioni sono poche: si veda, ad esempio, il già menzionato La pazza gioia di Virzì, o il film Ovunque proteggimi di Bonifacio Angius (2018), in cui la protagonista tossicodipendente rapisce il figlio che le era stato tolto. Come nel film di Virzì, il viaggio della madre è qui una fuga alla ricerca del figlio perduto. 184 <?page no="185"?> Road movie all’italiana Centrale è il tema della sessualità, presente in tutti i film, che riproduce una narrazione del mondo connotata in senso prettamente maschile 18 . Un motivo ricorrente è quello della scoperta del sesso da parte del figlio: questi viene generalmente iniziato all’amore in seguito all’incitamento del più maturo compagno di viaggio, che in questo caso funge da modello (mentre non lo era in fatto di principi, valori e regole sociali). Lo schema edipico, per quanto datato, resta comunque un punto di riferimento, anche se in epoca recente esso viene riproposto con significative variazioni sul tema. La narrazione tradizionale prevede che il figlio compia la propria maturazione sessuale attraverso l’emulazione del padre, del quale finirà per prendere, metaforicamente o letteralmente, il posto. È così nella coppia Sordi/ Verdone, dove la liberazione sessuale del figlio avviene proprio in seguito a un rapporto con l’amante del padre: la crescita del giovane avviene, così, tramite la trasmissione della potenza sessuale di padre in figlio. Ne Il ladro di giorni il figlio, al quale il padre aveva precedentemente imposto l’uso di un linguaggio consono alla sua età, come detto sopra, si arrabbia e rivendica, di fronte alle ragazze austriache derubate e spaventate, la propria forza e maturità, conformemente alla narrazione fallocentrica del padre («Comunque io non c’ho il pisello. C’ho il cazzo», min. 1: 10: 30). Se la materia sessuale viene affrontata in tutti i film analizzati, le considerevoli variazioni sul tema rimandano ad una realtà nella quale i cliché sessuali e di genere vengono rinegoziati, e che si rivela pertanto fluida e in movimento 19 . In C’è tempo, ad esempio, è il bambino a riscuotere più successo del fratello maggiore, sebbene questo pensi di potergli dare lezioni di seduzione. Nonostante il suo aspetto di adolescente saputello e ingessato, infatti, Giovanni riesce a baciare la coetanea Francesca, mentre il fratello maggiore Stefano, che si finge disinvolto e navigato, si trova di fronte ad un duplice fallimento: rifiutato dalla sua ex, che nel frattempo ha una compagna, farà fiasco anche con la cantante, che si addormenta sul più bel- 18 Da questo punto di vista un interessante oggetto di studio sarebbero anche le colonne sonore dei film. In due film si ritrova, ad esempio, la sigla della fortunata serie TV Love boat (a livello extradiegetico in Sole a catinelle, intradiegetico ne Il ladro di giorni), il cui kitsch romantico viene usato in funzione parodica, mentre in Tutto il mio folle amore il protagonista canta le canzoni di Modugno. Si tratta in generale di canzoni che celebrano schemi amorosi tradizionali, che ripropongono l’immagine del maschio seduttore e predatore, o che evocano la casualità e la fuggevolezza delle avventure amorose, in sintonia con il picaresco viaggio di questi padri in vacanza con i figli. 19 È quanto suggerisce anche Archer (2012: 93) a proposito del road movie francese: «If these films explore the road as a site of transformation or disappearance, it is, as I will argue here, less in the service of a conservative re-affirmation of masculinity, than a re-thinking of its shaky foundational status and its position vis-à-vis changing societal norms». 185 <?page no="186"?> Tatiana Bisanti lo. È significativo, del resto, che a interpretare il ruolo del maschio adulto qui non sia il padre, ma il fratello maggiore, mentre il padre di entrambi (soprannominato «l’inseminatore» e morto all’inizio del film) rappresenta proprio quel modello patriarcale di potenza sessuale e mascolinità predatrice che mette in crisi Stefano. Lo schema della narrazione edipica resta, quindi, sostanzialmente intaccato. Ne Il premio la situazione si complica per la presenza di tre generazioni: se da un lato il nonno, con i suoi tanti figli sparsi per il mondo, rappresenta il modello dell’inseminatore per eccellenza, dall’altro il padre nel corso del viaggio ha un’avventura con l’amica di suo figlio - il quale a sua volta, in quanto appartenente a una generazione Z più disinvolta e disinibita, non ne fa un dramma. Si può parlare, dunque, di una narrazione che, pur restando prevalentemente al maschile, viene ricalibrata e riconfigurata su una realtà che sta cambiando. Alcuni di questi film riflettono una situazione sociale in evoluzione, in cui le donne non sono solo madri ma anche lavoratrici: la mamma di Sole a catinelle rischia di perdere il lavoro, ma ha una solida coscienza politica e difende i diritti delle donne; in C’è tempo la moglie di Stefano rimpiange un passato lavorativo appagante, mentre il marito insegue improbabili lavori precari; in Tutto il mio folle amore Elena è una scrittrice sconosciuta ma dotata, mentre Willy è un alcolista che sbarca il lunario come cantante di provincia. L’uomo on the road è incapace di svolgere un lavoro qualificato e retribuito ed è spesso economicamente e intellettualmente inferiore alla donna. Se quindi il road movie all’italiana si configura, negli esempi qui presentati, come un genere prevalentemente maschile e come tale tende a riprodurre alcuni stereotipi di una mascolinità vecchio stampo (una mascolinità anche fisica che cerca di dominare lo spazio con il proprio corpo), di fatto questa virilità esibita risulta essere, nei film più recenti, una mera facciata dietro cui si nasconde, nella realtà, una situazione di precarietà e debolezza. Non a caso il viaggio di Vincent nella scena finale di Tutto il mio folle amore continua per mare insieme alla madre, mentre i due padri, sia quello biologico che quello adottivo, restano sulla terraferma a guardare. Tornare sotto la protezione materna non significa, in questo caso, rientrare fra le confortanti mura domestiche, ma segna l’inizio di un nuovo viaggio, di un percorso sempre dinamico e in movimento. 186 <?page no="187"?> Road movie all’italiana Riferimenti bibliografici Archer, Neil (2012): The French Road Movie: Space, Mobility, Identity. New York: Berghahn Books. Augé, Marc (1992) : Non-lieux : Introduction à une anthropologie de la surmodernité. Paris: Seuil. Cohan, Steven/ Hark, Ina Rae (1997): «Introduction». In: Cohan, Steven/ Hark, Ina Rae (eds.): The Road Movie Book. London: Routledge, 1-14. Corrigan, Timothy (1991): A Cinema Without Walls: Movies and Culture After Vietnam. New Brunswick, New Jersey: Rutgers University Press. Dargis, Manohla (1991): «Roads to Freedom». In: Sight and Sound, 1.3, 14-18. 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Abstract: Nella sua declinazione italiana il road movie, genere ibrido nato in America negli anni Sessanta e a lungo trascurato dagli studiosi, ripropone alcune delle caratteristiche salienti del suo modello d’oltreoceano: centralità della strada come luogo di incontri ed eventi imprevedibili, protagonisti outsider, rappresentazione del viaggio come superamento di confini non solo geografici, ma anche sociali, psicologici e morali, e quindi come trasgressione ed evoluzione. Ai fini didattici i road movies italiani possono essere suddivisi in quattro grandi filoni: storie di outsider in fuga dai vincoli della società tradizionale; film sulle migrazioni da e verso l’Italia; storie di viaggi in cui vengono alla luce i conflitti interculturali; road movie a sfondo familiare in cui i rapporti intergenerazionali vengono ridefiniti nel corso di un viaggio. Mettendo a fuoco in particolare quest’ultimo gruppo, si osserva che al centro del road movie familiare si trova quasi sempre il rapporto padre-figlio, in linea con l’impronta generalmente maschile del road movie tradizionale. Dall’analisi di alcuni film degli ultimi anni risulta che il canovaccio di base è quasi sempre lo stesso: il viaggio, spezzando ruoli fissi, regole e schemi della quotidianità, provoca uno stravolgimento del sistema famiglia, aprendo così la via a nuove dinamiche relazionali. Il padre, outsider scapestrato, a contatto con il figlio diventa più maturo e responsabile, mentre il ragazzo impara dal genitore a sciogliersi e ad affrontare con coraggio gli imprevisti della vita. La narrazione, pur restando prevalentemente al maschile, rispecchia comunque una realtà che sta cambiando: nei film più recenti, dietro l’esibizione di una virilità spavalda e aggressiva, si nasconde, di fatto, una situazione di precarietà e debolezza. 188 <?page no="189"?> Road movie all’italiana Biographical sketch: Tatiana Bisanti, laureata a Pisa, ha conseguito il dottorato di ricerca in letteratura italiana a Saarbrücken con una tesi sul plurilinguismo in letteratura (L’opera plurilingue di Amelia Rosselli: un «distorto, inesperto, espertissimo linguaggio», Pisa, ETS 2007). Insegna lingua, letteratura e cultura italiana presso l’Università del Saarland e pubblica nel campo della letteratura e del cinema italiano. Si occupa, fra l’altro, di formazione per insegnanti e organizzazione di eventi per la promozione della lingua e della cultura italiana all’estero. 189 <?page no="191"?> María Belén Hernández González (Universidad de Murcia) I road movie nell’aula di cultura italiana come LS 1 Introduzione Come scegliere dei materiali educativi adeguati ad insegnare una lingua moderna in costante cambiamento e che, a loro volta, riflettano le inevitabili trasformazioni della società e della cultura? Da quale concetto di lingua e cultura possiamo partire, se vogliamo valorizzare la competenza interculturale 1 , consentendo allo studente di diventare il protagonista del proprio processo di apprendimento? Quali interventi critici sono leciti al docente al fine di progettare le unità didattiche del corso sulla base dei documenti ricavati dalla vita reale? L’uso del cinema come base delle unità didattiche nei corsi di LS rivela grande potenzialità; tra le altre manifestazioni artistiche, lo si considera un costrutto culturale di grande ricchezza, capace di veicolare tanto la pragmatica linguistica come la visione del mondo e il pensiero della società che lo ha prodotto (Balboni 2007; Bartoli/ Tronconi 2008; Diadori/ Micheli 2010; Puntil 2010). Attorno al concetto del movimento insito nei film e alla riflessione sui continui mutamenti del mondo che costituiscono una sfida per insegnanti e discenti dell’italiano come lingua straniera, vorrei presentare 1 Sono chiare le raccomandazioni del Quadro comune europeo di riferimento (QCER): «Chi apprende una lingua diventa plurilingue e sviluppa un’interculturalità. Le competenze linguistiche e culturali di ciascuna lingua vengono modificate dalla conoscenza dell’altra e contribuiscono alla consapevolezza interculturale, al saper essere e al saper fare. Aiutano l’individuo a sviluppare una personalità più ricca e complessa, potenziano la sua capacità di apprendere altre lingue e promuovono la sua apertura verso nuove esperienze culturali.» (Consiglio d’Europa 2002: 55). A questo proposito il QCER considera un aspetto di fondamentale importanza la conoscenza della società e della cultura della comunità di cui si apprende la lingua e consiglia ai docenti di promuoverla, evitando che venga deformata da stereotipi e pregiudizi che ostacolerebbero la comprensione e l’accettazione di ciò che risulta diverso rispetto alla cultura di origine (cfr. Consiglio d’Europa 2002: 127). 191 <?page no="192"?> María Belén Hernández González alcune proposte pratiche che possano servire ad altri insegnanti o interessare per nuovi sviluppi sull’argomento. Il mio intervento parte dall’esperienza come docente in corsi di lingua e cultura italiana come LS rivolti a ispanofoni adulti, nel contesto d’insegnamento a livello superiore dell’Università di Murcia. Il cinema in genere viene utilizzato nei corsi d’italiano con tre finalità che, a seconda dei contesti didattici, possono essere perseguite in modo singolo o combinato, e mirano essenzialmente: 1) allo sviluppo della competenza linguistica e comunicativa; 2) allo studio della cultura della lingua straniera; 3) con meno frequenza, alla conoscenza intrinseca della storia del cinema italiano, quando i corsisti frequentano un corso di laurea specialistico, come Storia dell’Arte. Nel nostro caso le opere filmiche si propongono nei corsi di cultura italiana di livello intermedio-avanzato, corrispondenti all’ultimo anno della laurea in Filologia moderna e sono complementari allo studio linguistico. La presenza sempre più assidua del cinema in aula come strumento per imparare la lingua italiana è innanzitutto conseguenza del suo forte influsso sulla motivazione degli studenti 2 , i quali sperimentano un materiale didattico non convenzionale e vivono un’esperienza di apprendimento plurisensoriale attraverso lo schermo, che è ormai un veicolo nella loro quotidianità. Inoltre, se i film sono ben selezionati, diventano uno stimolo piacevole per approfondire le conoscenze in modo creativo e coinvolgendo anche le emozioni. Essi propongono sempre delle tematiche trasversali, delle testimonianze e dei preziosi contenuti storici, divulgativi e pedagogici, che si possono interpretare e programmare in dipendenza degli interessi di ogni gruppo di discenti, allo scopo di far prevalere l’apprendimento significativo, costruito attraverso il lavoro in gruppo e con le opportune ricerche individuali 3 . Oltre a ciò, il filmato mostra una lingua autentica e modelli linguistici inseriti in un reale contesto culturale e comunicativo (Spinelli 2000). L’integrazione dei 2 Tali processi garantiscono la motivazione intrinseca, cioè quella dovuta all’interesse per l’apprendimento in sé, più che alla pressione esterna per compiere il compito con successo, il che è un fattore trainante per ottenere risultati d’apprendimento positivi (cfr. Consiglio d’Europa 2002: 191). 3 Sono numerose le ricerche riguardo agli effetti esercitati sulla motivazione dall’uso del cinema; ricordiamo almeno gli studi di Pierangela Diadori: «Le immagini in movimento, associate a voci, suoni e melodie, possono provocare emozioni piacevoli (quando colpiscono, commuovono, emozionano e perfino quando terrorizzano, visto che si tratta di un terrore fittizio e catartico), e come sempre, il piacere sta al centro della motivazione» (Diadori 2007: 38). Si veda inoltre il volume Viaggio nel nuovo cinema italiano (Continanza/ Diadori 1997). 192 <?page no="193"?> I road movie nell’aula di cultura italiana come LS diversi codici all’interno del materiale audiovisivo si potrebbe paragonare alla pratica dell’immersione linguistica e situazionale e di conseguenza è in grado di offrire agli studenti campioni di lingua e cultura molto più prossimi alla realtà. In questo modo, è possibile conoscere le varietà diafasiche, diastratiche e diatopiche del repertorio linguistico dell’Italia contemporanea, e inoltre si possono analizzare le dimensioni pragmatiche, prossemiche e paralinguistiche, stimolando la riflessione sugli elementi non verbali della comunicazione (Diadori/ Micheli 2010: 199). Nell’aula di cultura, il confronto con le opere d’arte, in particolare con i testi letterari, acquista particolare rilievo come i testi tratti dalla vita quotidiana, in quanto entrambi utilizzabili per affrontare aspetti di grammatica e sviluppare competenze pragmatico-comunicative. Analogamente in ambito didattico consideriamo il prodotto audiovisivo come un oggetto artistico irripetibile da interpretare fuori dal contesto nativo; di conseguenza, possiamo esaminare i film come realia, vale a dire, come frammenti del reale, portatori d’una determinata cultura proprio perché hanno la capacità di rappresentarla. Non essendo omologabili ad altre culture, su di essi si dovrebbe operare in aula, per guidare l’apprendente nella fruizione dell’opera, in un percorso in movimento che farebbe prima capire l’oggetto, e successivamente trasferire i valori della cultura italiana ad altre culture (nell’ottica della comunicazione interculturale). Infine, l’obiettivo finale sarebbe quello di educare la sensibilità e, attraverso la riflessione critica, stimolare la costruzione di valori transculturali validi per la convivenza. 2 Movimenti e road movie I contenuti del nostro corso universitario riguardano la cultura contemporanea italiana dalla seconda metà del Novecento al secolo XXI. Alcuni degli argomenti studiati sono per esempio: la ripresa economica italiana dopo la Seconda Guerra, lo sviluppo del cinema e la letteratura neorealista, il Made in Italy e la diffusione della vita all’italiana nel mondo, la contestazione sociale degli anni ‘70, la crisi e caduta della I Repubblica, il dibattito sulla trasformazione della famiglia, l’arte moderna e le tendenze sociali più significative dall’inizio del presente secolo. Si tratta dunque di un percorso cronologico, ma che vuole dare uno sguardo flessibile verso il passato, aggiornando ogni avvenimento con fatti del nostro tempo, in 193 <?page no="194"?> María Belén Hernández González modo da far capire le cause di ogni trasformazione e saperle confrontare con la propria cultura. Nel presentare le diverse tematiche, la scelta dei film è stata operata nell’ambito del genere della commedia all’italiana, dato che piace alla maggior parte degli alunni senza escludere l’ironia verso le abitudini sociali. Per di più, in corrispondenza con le tematiche di trasformazione sociale, non a caso, si sono dimostrati particolarmente adatti i road movie. A questo punto, sarà utile riflettere un momento sul concetto di movimento e sul vincolo con tale sub-genere di film. In un certo senso, il movimento è «la misteriosa proprietà che permette a un corpo di occupare più luoghi diversi» (Ragunì 2022: 2). Da questa prospettiva, sorge subito la difficoltà di osservare il corpo (l’individuo) in transito. In fisica quantistica, il corpo in movimento è descritto da un’onda che si distribuisce in regioni sempre più grandi al crescere del tempo. Nelle interpretazioni multi-universali (cioè relative a molti mondi) c’è un universo differente per ogni possibile traiettoria, ed esso viene determinato dall’osservazione. Anche nei corsi di LS, l’osservazione della cultura dovrebbe essere, per così dire, non deterministica, pronta a spostarsi ed aprirsi ai mondi sempre diversi che essa stessa individua. Di conseguenza, si dovrebbe supporre che il soggetto che si sposta, interagisca con diverse realtà e perciò chi ritorna da un viaggio non sia mai lo stesso di chi lo ha intrapreso. I road movie sarebbero dei costrutti culturali specialmente interessanti per analizzare la dinamicità della società oggetto di studio, perché sono una tipologia filmica che fa attenzione ai mutamenti del soggetto lungo un percorso in cui si affrontano nuove sfide e situazioni problematiche. I film girati in strada sono caratterizzati essenzialmente dalla presenza del viaggio, inteso come via di conoscenza personale o di ricerca di libertà. Storicamente questo genere cinematografico, relativamente moderno, è sbocciato nell’industria statunitense (ma non solo) tra gli anni Sessanta e Settanta del Novecento, e raggruppa numerosi sottogeneri che hanno in comune il movimento costante dei personaggi. Altre caratteristiche comuni ai road movie sono le seguenti: • l’azione coincide con il viaggio, inteso come ritmo narrativo del racconto filmico; • la strada è simbolo di cambiamento, cioè il movimento non è soltanto geografico, ma va anche inteso come nuova visione della realtà; 194 <?page no="195"?> I road movie nell’aula di cultura italiana come LS • i personaggi spesso partono come antagonisti, ma lungo il percorso si verifica l’intesa e la complementarietà dei punti di vista; • sono film che generalmente tendono alla ricerca esistenziale (drammatica) con personaggi emarginati (Wood 2007). Infine, la prospettiva prevalente nei road movie è adeguata allo studio della cultura in movimento perché essi evitano effetti speciali: di solito la telecamera segue soltanto il movimento dei protagonisti e si concentra sulle problematiche motrici. In questo senso, il punto di vista da cui si riprende la realtà è vicino a quello riscontrabile in un documentario, il che rende più facile lo sfruttamento dei film in aula, come osserviamo nel paragrafo successivo. 3 Lo sfruttamento dei film in aula La presentazione dei film richiede da parte del docente un lavoro di preparazione che renda fruibili le loro potenzialità e soprattutto possa attivare le diverse competenze, evitando il pericolo di un’audiovisione passiva. Nella presente esperienza educativa, i principali obiettivi di ogni unità didattica si riassumono per le dimensioni linguistica, comunicativa e interculturale nel seguente modo: Obiettivi linguistici • Arricchire il lessico legato all’argomento di ogni unità. • Saper riferire alla classe descrizioni, impressioni, emozioni e pensieri sugli argomenti presentati dal film. • Sviluppare la produzione libera scritta e l’auto-correzione grammaticale. Obiettivi comunicativi • Saper dedurre informazioni su situazioni e/ o stati d’animo dei personaggi in base all’analisi delle sequenze filmiche. • Saper tradurre il linguaggio filmico all’espressione delle problematiche presentate nei film in maniera critica. • Sviluppare la capacità d’interazione mediante le attività proposte per ogni scena o frammento del film. 195 <?page no="196"?> María Belén Hernández González Obiettivi interculturali • Ampliare le proprie conoscenze sull’Italia nel corso del Novecento e sino ai nostri giorni. • Studiare criticamente le problematiche della società italiana moderna sollevate nei road movies analizzati. • Saper mettere a confronto le stesse tematiche e le loro implicazioni e/ o differenze di sviluppo in Italia e in Spagna (o nel Paese d’appartenenza). • Arrivare a formulare un concetto più ampio d’ogni tematica che consideri la complessità del fenomeno, ma anche il carattere universale e il confronto con altri Paesi, al fine di scoprire la molteplicità dei punti di vista. Tenendo conto degli obiettivi prefissati, prima di pianificare ogni unità è stato importante dare risposta ad alcune domande pratiche relative alla scansione temporale e alla programmazione dei corsi: • È preferibile lavorare con un film completo o con uno o più frammenti di film? • Come introdurremo la visione del film o della sequenza nella serie di attività che intendiamo sviluppare? • Cosa faranno esattamente gli studenti con il film o le sequenze? • Quali attività sono necessarie o pertinenti prima e dopo la visione? • Quali materiali di lavoro e di supporto sono necessari? • Effettueremo qualche tipo di valutazione o di verifica? Quando e come? La struttura delle unità didattiche progettate all’interno del corso di cultura a livello B2-C1 parte dunque dalle attività di motivazione, prima della visione del film; prosegue con delle sequenze di attività pensate per sviluppare l’apprendimento della lingua e la comprensione interculturale che vengono svolte durante la visione del film; continua con attività di verifica delle competenze acquisite; e si conclude con alcuni spunti di riflessione o d’ampliamento tematico, attraverso opere o materiali culturali supplementari (letterari, audiovisivi, giornalistici, ecc.), secondo il seguente diagramma: 196 <?page no="197"?> I road movie nell’aula di cultura italiana come LS Prima della visione del film, nella fase di motivazione, si cerca di capire il grado d’interesse degli studenti sul tema e di sviluppare la loro curiosità attraverso informazioni di carattere generale, a partire dal manifesto del film con i dati tecnici, il titolo, un fotogramma, il trailer, la sequenza iniziale o a volte l’uso dello storyboard. In seguito, è utile fornire qualche materiale per introdurre l’argomento e la realizzazione del film, come ad esempio brevi testi critici, delle notizie sul regista e gli attori, oppure qualche altro documento o immagine che aiuti a entrare in contatto con la pellicola. Una volta creato il clima adeguato, attiviamo i riferimenti socioculturali vincolati all’argomento, determinando le difficoltà o le carenze d’informazione del gruppo che riguardano la storia o la cultura d’origine. A questo punto, dobbiamo tener pronti gli adeguati sostegni linguistici, sia lessicali che grammaticali; cioè, conviene presentare e attivare le forme linguistiche necessarie per la comprensione. La metodologia proattiva del corso richiederà inoltre che durante questa fase, previa alla visione, il/ la discente capisca bene l’obiettivo globale d’apprendimento dell’unità, che cosa ci si aspetta da lui/ lei nelle diverse fasi, e quali sono le istruzioni di ogni attività; ricordando - per evitare frustrazioni - che non si esige la comprensione totale delle battute del film, bensì il riconoscimento dei contesti oggetto di studio. Durante la visione del film le opzioni d’analisi e la tipologia delle attività sono numerose. Ne elenchiamo alcune. a) Identificare una certa sequenza, una situazione e persino dei personaggi, attraverso la descrizione proposta dall’insegnante. 197 <?page no="198"?> María Belén Hernández González b) Prendere nota della lingua: espressioni colloquiali, modi di dire, usi pragmatici, composizione di parole, creazione di elenchi di parole legate al tema del film, mappe semantiche, ecc. c) Mettere in relazione i dialoghi forniti dall’insegnante con le scene che vengono visualizzate. d) Doppiare delle scene. e) Completare una scheda con informazioni sui personaggi, la storia, ecc. f) Confrontare alcuni minuti di film con il riassunto di una scena o di un frammento, scartando le informazioni false. g) Prendere nota di ciò che accade per poi scrivere un compito o fare un riassunto orale. h) Estrarre informazioni da una scena bloccata. i) Ordinare le diverse parti del riassunto di una scena o di un frammento del film. k) Raccontare scene/ frammenti ad altri studenti che non vedono la scena. l) Senza visualizzare l’immagine e soltanto dal sonoro, ricostruire l’azione di una scena o frammento. m) Creare un elenco di oggetti che appaiono nella sequenza. n) Riempire le lacune informative nella trascrizione di una scena. o) Inventare il possibile dialogo di una parte del film. p) Scrivere il copione di una sequenza/ scena. q) Confrontare varie scene del film. r) Confrontare le informazioni apprese ascoltando la traccia sonora con quelle ricavate dalla visione, dividendo la classe in due gruppi. Dopo la visione del film è il momento di sviluppare le abilità basate su esercizi di discussione, scrittura e opinione, come le seguenti. 198 <?page no="199"?> I road movie nell’aula di cultura italiana come LS a) Valutare la comprensione attraverso domande aperte, domande chiuse, scelta multipla, ecc. b) Preparare un riassunto di quanto visto e/ o della trama del film. c) Realizzare una drammatizzazione/ simulazione di alcune delle sequenze o dei frammenti proposti. d) Riscrivere i testi relativi al film: completare un riassunto, inserire elementi grammaticali mancanti per dare un senso, scartare informazioni false. e) Se il film è basato su un’opera letteraria, confrontarlo con il libro o con dei frammenti letterari scelti. f) Comparare gli aspetti culturali, sempre da un punto di vista interculturale, allontanandosi dagli stereotipi. g) Inventare/ proporre/ registrare un finale alternativo o una possibile continuazione della storia. h) Aprire un colloquio o dibattito, condividere opinioni/ scambiare impressioni su alcuni degli argomenti trattati nel film, personaggi, contesto e/ o ambientazione, linguaggio cinematografico, colonna sonora, ecc. i) Se è stata vista solo la fine del film, inventare la storia. k) Leggere, valutare e commentare le critiche al film, conciliando i diversi punti di vista. l) Trovare e visualizzare informazioni sui riconoscimenti cinematografici (premi, successo di critica e di pubblico), aneddoti delle riprese (accessibili agli spettatori attraverso gli extra). m) Scrivere una recensione. n) Simulare interviste con i personaggi o gli attori del film. o) Creare un trailer del film. p) Realizzare un manifesto/ collage sul film (con fotogrammi, frasi significative di esso, sintesi dell’argomento, ecc.). 199 <?page no="200"?> María Belén Hernández González q) Leggere testi complementari sugli argomenti trattati. r) Collegare gli argomenti discussi con la propria vita. Nei paragrafi successivi si mostrano delle attività di sfruttamento dei film, svolte come contenuto dei nostri corsi di cultura italiana L2 in tre unità diverse. Per motivi di spazio, si tratta di una selezione di proposte didattiche che vuole essere rappresentativa. 3.1 Il sorpasso della società italiana Scheda tecnica: Titolo originale: Il Sorpasso Nazione: Italia Anno: 1962 Genere: Commedia, dramma Durata: 105’ Regia: Dino Risi Copione: Dino Risi, Ettore Scola, Ruggero Maccari Musiche: Riz Ortolani Fotografia: Alfio Contini Produzione: Mario Cecchi, Gori Cast: Vittorio Gassman, Jean-Louis Trintignant, Katherine Spaak, Claudio Gora Il film è stato scelto come opera emblematica del cinema del secondo periodo del neorealismo italiano. I contenuti culturali che si studieranno attraverso l’analisi dell’opera corrispondono al periodo storico tra il 1945 e il 1965. La tematica generale è la strada come simbolo della trasformazione della società italiana degli anni Sessanta del Novecento. Prima della visione si propone un sondaggio orale in aula a partire dalle questioni: come era la vita in Italia durante la Seconda Guerra mondiale? 4 E dopo la 4 Nel nostro corso questa domanda si ricollega da un punto di vista tematico allo studio precedente, in particolare al capitolo sulla storia della Seconda Guerra mondiale in Italia. 200 <?page no="201"?> I road movie nell’aula di cultura italiana come LS Guerra, come credi che cambierà la vita negli anni Sessanta? Confronta il periodo con la realtà del tempo nel tuo Paese. Poi si spiega l’arte neorealista mediante spunti brevi, di solito attraverso le parole o a partire da alcuni frammenti di interviste dell’epoca fatte a Roberto Rossellini, principale esponente del cinema neorealista. In seguito, si propone la visione della prima sequenza del film, fino al minuto 3: 30. Subito dopo, oralmente, il gruppo commenta l’accaduto in rapporto con le tematiche anticipate. In seguito, si propone agli studenti la ricerca in rete di fotografie delle strade di Roma datate negli anni Sessanta 5 . L’idea è che il gruppo avverta attraverso le foto i contrasti visivi del boom economico nella capitale italiana, specialmente forti quando si confrontano foto del centro storico e delle periferie in piena costruzione. Osserviamo le strade, i quartieri poveri, i mezzi pubblici e perfino i passanti, commentando le impressioni e diverse caratteristiche. Per compiere questo esercizio si attiverà il lessico adeguato. Durante la visione del film, concentriamo l’attenzione sulla sequenza della spiaggia, dal minuto 1: 21 al 1: 36, per commentare in aula i costumi, la musica, i divertimenti del lido, la distanza interpersonale tra i bagnanti e altri aspetti che attirino l’attenzione degli studenti. Il film possiede un ritmo narrativo da rispettare, è per questo che soltanto nei minuti finali crediamo conveniente fare una sosta e prendere respiro, commentando aspetti sociali, che contrastano con i fatti drammatici della vita di Bruno, mostrati qualche momento prima con la visita ai quartieri poveri dove abita la sua famiglia. In effetti, la presente sequenza nel racconto filmico in qualche modo vuole alleggerire la dura realtà dell’uomo e mostrare la spensieratezza e la fiducia nel futuro da parte del cittadino medio. A questo punto si propone una serie di attività sull’antagonismo dei personaggi principali del film, Bruno e Roberto. Cominciamo con lo studio degli aggettivi per descrivere le loro personalità, per esempio chiedendo di abbinare qualità ai contrari (timido/ spavaldo). Si domanda al gruppo d’immaginare l’età dei compagni di viaggio, quali sono i progetti futuri di ognuno e come affrontano la vita secondo la loro morale. In seguito, ogni persona dovrebbe scegliere uno dei due personaggi e difendere il suo ruolo, per simpatia o con altri argomenti. Per concludere que- 5 Come orientamento per la ricerca delle foto storiche, alcune delle risorse digitali suggerite in aula sono: l’Archivio storico dell’Istituto Luce: https: / / www.archivioluce.com/ (ultimo accesso: 04/ 08/ 2023); Getty Images in Italia: https: / / www.gettyimages.it/ (ultimo accesso: 04/ 08/ 2023); e l’opera del fotografo di Paolo (2018). 201 <?page no="202"?> María Belén Hernández González sta parte dell’unità, si chiede un breve compito scritto sul viaggio e la possibile intesa tra i due uomini per rispondere alla domanda: credi che alla fine del film diventeranno amici? Dopo la visione del film, si offrono attività guidate sulle vacanze degli italiani, esercizi sul lessico e sull’uso di diverse forme verbali attraverso la produzione di frasi sugli stereotipi del soggiorno al mare, i luoghi (nel caso del film la Riviera Livornese) e i costumi. A partire da questi esercizi si aprono degli sviluppi tematici orali o piccole attività di ricerca: tra cui, ad esempio, che cosa s’intende per «ferragosto» legato al fenomeno dello svuotamento delle città italiane nel mese di agosto, durante le ferie degli operai; i concetti di moda, benessere, famiglia, e quali sono le abitudini degli italiani di allora in confronto ad oggi. Queste attività si valutano con un punteggio, come parte della verifica finale. A proposito del finale del film realizziamo diverse attività di produzione libera: a) Immagina un altro finale. b) Parla del cambio di significato del film con finale drammatico o lieto fine. c) Scrivi le tue opinioni pro e contro l’accelerazione nei cambiamenti irreversibili della società. d) Presenta i paragoni con i cambiamenti della società nello stesso periodo per la cultura ispanica o altre. Queste attività sono ugualmente valutate come parte della verifica finale. Infine, a seconda dell’interesse e preparazione degli studenti, si possono svolgere delle attività di riflessione sul significato del film in corrispondenza con altre opere della cultura del tempo. In questo caso, tra le attività d’indagine filmica e letteraria, proponiamo la poesia di Pier Paolo Pasolini «Pianto della scavatrice», tratta dal volume Poesia in forma di rosa del 1964; analizziamo alla luce del film il significato dei seguenti versi: «[. . . ] Salgo sui viali nuovi / (vecchia scavatrice che sconvolge il) breve confine dell’orizzonte novecentesco» (Pasolini 2001: 111). L’obiettivo è mostrare la figura di Pasolini tra le più importanti per comprendere la resistenza della cultura italiana al capitalismo emergente e riferimento imprescindibile per la letteratura e il cinema del tempo. Altre attività supplementari possono essere la visione delle inchieste televisive di Pasolini, particolarmente il documentario Comizi d’amore (1965), messe a confronto con il pensiero dei giovani del film Il Sorpasso. 202 <?page no="203"?> I road movie nell’aula di cultura italiana come LS 3.2 Viaggio in Italia Scheda tecnica: Titolo originale: Basilicata Coast To Coast Nazione: Italia Anno: 2010 Genere: Commedia musicale Durata: 105’ Regia: Rocco Papaleo Copione: Rocco Papaleo, Walter Lupo Musiche: Rocco Papaleo, Rita Marcotulli Fotografia: Fabio Olmi Produzione: Paco Cinematografica, Ministero per i Beni e le Attività Culturali Distribuzione: Eagle Pictures Data di uscita: 09 aprile 2010 (cinema) Cast: Giovanna Mezzogiorno, Alessandro Gassman, Paolo Briguglia, Rocco Papaleo, Michela Andreozzi, Claudia Potenza, Max Gazzè Basilicata coast to coast è stato scelto come film rappresentativo per studiare diversi aspetti della società e della cultura meridionale italiana attuale (problemi dei giovani, sfide politiche, valori artistici ed enogastronomici, sviluppo turistico del territorio). I contenuti sono veicolati attraverso un viaggio alternativo al tradizionale Grand Tour, perché mostra la Basilicata, una regione tra le meno conosciute per gli stessi italiani. Prima della visione si apre in aula un dibattito sui viaggi che gli studenti hanno fatto in Italia in precedenza. Poi si mostrano tre fotografie della Basilicata (il Cristo Redentore di Maratea, i Sassi di Matera e i laghi di Monticchio) e si chiede d’identificare i luoghi, con l’aiuto della mappa e dei siti turistici regionali. In seguito, si legge e commenta la seguente battuta tratta dal film, chiedendo di far attenzione ai passaggi sottolineati: Va bene, confesso: sono nato in Basilicata. Sì, la Basilicata esiste. Esiste! È un po’ come il concetto di Dio: ci credi o non ci credi. Io credo nella Basilicata. 203 <?page no="204"?> María Belén Hernández González L’ho vista. Era notte, diciamo che l’ho intravista: una grande Basilicata! Una regione che, sotto l’aspetto della depressione e della disoccupazione giovanile, non ha niente da invidiare a Puglia, Sicilia, Campania e Calabria. È solo che non c’è la mafia; ma dateci la nostra fetta di mafia! (Nicola, Basilicata coast to coast, minuto 00: 01) A proposito del testo, si aprono delle domande generali che cercano di stimolare le aspettative degli studenti: «Quale sarà la tematica di questo film? Conosci qualche cosa sulla Basilicata? Secondo Nicola, quali aspetti la rendono diversa dalle altre regioni dell’Italia meridionale? » Subito dopo presentiamo la locandina e la trama del film attraverso la sintesi della produttrice cinematografica, facendo attenzione al lessico sottolineato: Basilicata coast to coast è una commedia musicale, un viaggio denso di imprevisti e di incontri inaspettati che porta una combriccola di musicisti a mettersi in viaggio per partecipare al Festival del teatro-canzone di Scanzano Jonico, attraversando a piedi la Basilicata, dal Tirreno allo Ionio, lungo il tragitto che dà il titolo al film. Il viaggio avrà per tutti un valore terapeutico. Basilicata coast to coast è una commedia corale, picaresca e canterina, malinconica e stralunata, che tra gag esilaranti, sagaci dialoghi e amare constatazioni di vita, prende quota per crescere ininterrottamente fino all’epilogo a sorpresa 6 . Sempre prima della visione del film, si propone un cloze, in cui gli studenti devono completare una breve descrizione della regione con delle parole mancanti. In seguito, le tematiche principali del film sono anticipate attraverso tre brevi documenti video che con la guida del docente saranno presentati oralmente per sottogruppi di studenti dal punto di vista del contenuto e dell’espressione linguistica. Il primo è legato al fenomeno dell’emigrazione, e s’intitola «Non me ne voglio andare» del canale Basilicata Turistica, narrato da Francesca Barra 7 . Con questo breve video andremo a scoprire un po’ la geografia, la cultura e la storia della Basilicata. Il secondo videoclip mostra la gastronomia e la musica, s’intitola «Fiore di Lucania, Inno Ruralità Lucana (Unione Musicisti di Basilicata)» scritto da Gianpiero Francese, Giovanni Sileo e Nicola Manfredelli. In questo video si presentano le più importanti prelibatezze enogastronomiche dei luoghi della Basilicata, attraverso la musica propria di questa regione e i suoi dialetti 8 . Il terzo documento affron- 6 https: / / www.maremetraggio.com/ archivio/ 2010/ basilicata-coast-to-coast/ (ultimo accesso: 04/ 08/ 2023). 7 https: / / www.youtube.com/ watch? v=hGPM8yyFOUU (ultimo accesso: 04/ 08/ 2023). 8 https: / / www.youtube.com/ watch? v=KJiMHT9f JH0 (ultimo accesso: 04/ 08/ 2023). 204 <?page no="205"?> I road movie nell’aula di cultura italiana come LS ta la situazione sociale dei giovani, s’intitola «Le politiche giovanili in Basilicata 2019-2027», di Generazione Lucana. Questo dossier illustra le problematiche che i giovani della regione devono affrontare 9 . Dopo queste attività è il momento di guardare la pellicola. Durante la visione del film, facciamo pausa dopo aver guardato la sequenza tra il minuto 9 e l’11. Chiediamo al gruppo: dove si trovano i protagonisti? Cosa stanno facendo? Chi sono le persone sedute in platea? In seguito, gli studenti riguardano la scena e devono mettere in ordine le battute lette da Nicola con l’itinerario del viaggio. Riflettiamo in gruppo sul significato della frase pronunciata dal protagonista del film: «La vita è un viaggio troppo corto, se non lo si allunga». Poi ci soffermiamo sulla scena dal minuto 19 al 21. Si propongono diverse domande sui neologismi, modi di dire e dialettalismi, per esempio: a) Nicola definisce Rocco «il divanista». Secondo te cosa significa questa parola? b) Interpreta le seguenti frasi prese dal dialogo: «a Famiglia Cristiana ci arrivi, no? / Perché, se uno ci ha un po’ di talento e ci ha pure una spintarella che problema c’è? ». In seguito, i discenti rispondono alle domande di comprensione: a) Come ha fatto Rocco a trovare informazioni su Tropea? b) Cosa pensa Rocco delle raccomandazioni? E cosa pensa di Tropea? c) Esiste il clientelismo nel tuo paese? Un’altra scena interessante per l’analisi è quella tra il minuto 37 e il 40, dove i malavitosi cercano Maria Teresa. A questo punto si presentano due brevi testi giornalistici sulla presenza della mafia in Basilicata e la definizione di brigantaggio: sono testi critici e ognuno è seguito da quattro domande di comprensione del testo sul modello vero/ falso, e diverse domande sul significato di parole e modi di dire nuovi. Allora si apre il confronto orale a partire dalla domanda: pensi che la mafia esista anche in Basilicata? 9 https: / / www.generazionelucana.it/ (ultimo accesso: 04/ 08/ 2023). 205 <?page no="206"?> María Belén Hernández González Dopo la visione del film, si propone l’analisi dei personaggi, introdotta dal seguente esercizio sul carattere dei protagonisti (muto per un trauma/ giornalista svogliata, ecc.). A questo punto è possibile rispondere individualmente alle domande: • Come descriveresti il carattere dei protagonisti? • Qual è la loro situazione lavorativa e personale? • Come reagisce la moglie di uno dei protagonisti alla notizia dell’imminente tour? • Qual è l’evento che ha fatto chiudere nel silenzio uno dei protagonisti? (minuto 57). • Quali sono le conseguenze quando ricomincia a parlare? • Perché uno dei protagonisti ha lasciato l’università? Per concludere questa parte dell’unità si propone uno scambio orale di opinioni sul significato del film e il valore simbolico del viaggio: • Perché il gruppo di amici decide di organizzare il tour? • Quali problemi compaiono in fase di organizzazione del viaggio? • In che modo si tratta di un viaggio... alternativo? • Quale faccia dell’Italia emerge dal film? Che tipo di persone incontrano i protagonisti? • Quali dei paesini attraversati ti ha colpito di più? Perché? • All’inizio del viaggio, la giornalista Tropea definisce l’impresa del gruppo un vero e proprio «anacronismo». E tu faresti mai - o hai mai fatto - un viaggio a piedi? Cosa/ chi porteresti con te? • «La vita è un viaggio troppo corto, se non lo si allunga»: sei d’accordo con l’affermazione di Nicola? Perché? 206 <?page no="207"?> I road movie nell’aula di cultura italiana come LS Come verifica finale si programma una task complessiva, al fine di far apprezzare la Basilicata dopo aver studiato la realtà del territorio; in particolare, il lavoro consiste nel diventare agenti di viaggio seguendo le seguenti istruzioni. In coppia, organizzate il vostro personalissimo tour della Basilicata! Lasciatevi ispirare dalla cartina, aiutatevi con i links turistici ufficiali e create un percorso da presentare alla classe e da vendere, come se foste veri agenti di viaggio! Non dimenticate di includere informazioni utili per il turista che comprerà il pacchetto, come indicazioni su alloggi speciali, mezzi di trasporto alternativi, tradizioni e periodi dell’anno in cui viverle, esperienze ed eventi da non perdere, gastronomia locale, leggende e curiosità. Le attività supplementari di riflessione ricollegano il film con frammenti letterari scelti. Leggiamo e confrontiamo due poesie intitolate «Lucania», la prima del poeta Leonardo Sinisgalli (1947: 16); l’altra di Mario Trufelli (2003: 11), anche lui poeta lucano, ancora vivente. Il commento ai testi viene guidato dalle domande: a) Che significa nel testo di Sinisgalli: «[. . . ] lo spirito del silenzio sta nei luoghi/ della mia dolorosa provincia [. . . ]»? b) Perché Trufelli scrive: «Da noi il mondo è lontano, / ma c’è un odore di terra e di gaggia / e il pane ha sapore del grano». Basilicata coast to coast è, innanzitutto, un viaggio da costa a costa all’interno di una regione certamente poco conosciuta, ma con un grande patrimonio storico e culturale. Nel film sono menzionati anche importanti personaggi storici che ebbero un legame con questa terra, come lo scrittore Carlo Levi (1902-1975), autore del celeberrimo romanzo Cristo si è fermato a Eboli (1945), che lo rese uno dei maggiori portavoce della questione meridionale nel secondo dopoguerra. Proponiamo di scrivere un breve compito sul legame tra Carlo Levi e la Basilicata - in particolare, il paesino di Aliano -, dopo una breve ricerca individuale negli archivi Rai Cultura e nella Fondazione Carlo Levi. 207 <?page no="208"?> María Belén Hernández González 3.3 Alla ricerca della felicità Scheda tecnica: Titolo originale: La Pazza Gioia Nazione: Italia e Francia Anno: 2016 Genere: Commedia drammatica Durata: 118’ Regia: Paolo Virzì Copione: Paolo Virzì Musica: Carlo Virzì Fotografia: Vladan Radovic Produzione: Lotus Productions, Manny Films Distribuzione: 01 Distribution Data di uscita: Cannes 2016 - Quinzaine des Réalisateurs; 17/ 05/ 2016 (cinema) Cast: Valeria Bruni Tedeschi, Anna Galiena, Micaela Ramazzotti, Valentina Carnelutti, Elena Lietti, Tommaso Ragno, Bob Messini, Francesca Della Ragione, Roberto Rondelli. Il film La pazza gioia è stato scelto nel nostro corso per studiare alcune delle tematiche che preoccupano la società del presente, il rapporto di amicizia tra donne sole (importante per la tematica femminista), lo scontro tra generazioni e classi sociali opposte e la salute mentale individuale e collettiva. Prima della visione del film riflettiamo sul concetto di felicità con un dialogo tratto dal film e facendo vedere soltanto la sequenza del minuto 43: Donatella: Ma dove cavolo stiamo andando, cosa stiamo cercando? Beatrice: Stiamo cercando un po’ di felicità! Donatella: Ma sei scema? ! Dove si trova? ! Beatrice: Nei posti belli, nelle tovaglie di fiandra, nei vini buoni, nei bicchieri di cristallo, nelle persone gentili... ecco dove si trova! Ecco il concetto di felicità di Beatrice, una delle protagoniste del film. È davvero difficile dare una definizione di felicità, ma cosa significa per te essere felici? Prova 208 <?page no="209"?> I road movie nell’aula di cultura italiana come LS a spiegarlo, aiutandoti con le immagini (si offrono diverse fotografie da abbinare al concetto di benessere fisico e mentale, a modo di suggerimenti). Al fine di motivare gli studenti, proponiamo una breve ricerca a scelta sulla tematica della salute mentale attraverso materiali autentici, come: «Il circolo vizioso tra disturbi mentali e disuguaglianza sociale» di Federica D’Auria 10 , post in cui si parla del legame tra malattia mentale e disparità tra classi sociali; le indagini di «Onda» (Osservatorio nazionale sulla salute della donna) «Donne e patologie psichiche» 11 ; il sito dell’Istituto Superiore di Sanità, «Salute mentale al femminile» 12 oppure i testi dedicati alla tematica dell’amicizia femminile su «Donne ieri, oggi e domani» 13 . Durante la visione si propongono diversi esercizi per studiare le costruzioni linguistiche, per esempio fermiamo al minuto 1: 29: la macchina d’epoca che Donatella e Beatrice rubano si ferma perché senza benzina, ma le due donne non hanno tempo da perdere: devono trovare Elia! Ecco il breve dialogo: Passante 1: Cosa fate, la lasciate lì [la macchina]? Beatrice: Sì, ma abbiamo una cosa molto importante da fare, poi torneremo a prenderla. Passante 2: Oh, ma siete matte? Beatrice: Eh, secondo alcune perizie, sembrerebbe di sì! L’espressione sottolineata è usata, in italiano, in senso figurato, non letterale. Qual è il senso nel film? Ricerca sinonimi in italiano e le corrispondenze nella tua lingua. Dopo la visione, si chiede di ricostruire la trama ordinando delle frasi proposte dal docente in un quadro. Di seguito si avvia un dialogo in aula guidato dalle seguenti domande di comprensione del film e sul significato del viaggio. • Come definiresti l’amicizia tra Beatrice e Donatella? • Come Beatrice e Donatella gestiscono il dolore? 10 Disponibile su https: / / ilbolive.unipd.it/ it/ news/ circolo-vizioso-disturbi-mentali-disuguaglianza (ultimo accesso: 04/ 08/ 2023). 11 Cfr. https: / / ondaosservatorio.it/ it/ progetto/ donne-e-patologie-psichiche/ (ultimo accesso: 04/ 08/ 2023). 12 Cfr. https: / / www.iss.it/ (ultimo accesso: 04/ 08/ 2023). 13 Cfr. https: / / www.donneierioggiedomani.it/ (ultimo accesso: 04/ 08/ 2023). 209 <?page no="210"?> María Belén Hernández González • Quali elementi identificano la loro estrazione sociale? • Cos’è la felicità per Beatrice e Donatella? • Come vivono la solitudine le due protagoniste? • Che tipo di relazioni interpersonali e familiari hanno caratterizzato la loro esistenza prima dell’arrivo a Villa Biondi (madri, padri, mariti, amanti, figli, ecc.)? • Potremmo definire La pazza gioia un film femminista? • Qual è il messaggio più importante che il film ti ha lasciato? In seguito, osserviamo le protagoniste. Beatrice e Donatella hanno personalità molto diverse. Perciò, si chiede agli studenti di tracciare il profilo caratteriale di ognuna di loro, abbinando le caratteristiche elencate nella tabella fornita dal docente al personaggio corrispondente e aggiungendone di nuove. Si chiede dopo di riflettere sulle caratteristiche che potrebbero appartenere ad entrambe per considerare l’intensificarsi del loro rapporto di amicizia. Per concludere l’unità, si presenta un breve confronto tra le sequenze della fuga della copia di donne in La pazza gioia (minuto 1: 29) e in Thelma e Louise, film diretto da Ridley Scott nel 1991. Infine come prova di verifica si propone agli studenti la ricerca e presentazione in aula di altri film italiani o stranieri sull’argomento, che potranno mostrare gli interessi e la sensibilità di ogni discente a proposito delle tematiche studiate. 4 Conclusioni in progress Il film, quale opera artistica autentica, a tutti gli effetti può essere considerato un documento rappresentativo delle trasformazioni sociali; una categoria simile ai realia, molto utile per insegnare la cultura italiana nell’aula L2. Il cinema italiano, per la sua vocazione pedagogica (Diadori 2006; Albizzati 2013), la ricchezza tematica e sociale e le proprie potenzialità audiovisive (Brunetta 1995), costituisce uno dei mezzi privilegiati per l’approccio interculturale della lingua. 210 <?page no="211"?> I road movie nell’aula di cultura italiana come LS I road movie (all’interno dei generi filmici) sono particolarmente adatti per tracciare le connessioni tra cinema, lingua e apprendimento, mediante percorsi didattici innovativi, allo scopo di riflettere sia sulla società novecentesca ritratta nelle sue diverse evoluzioni, sia sulle sfide legate alle necessarie trasformazioni ravvisabili nella società contemporanea. Attraverso la nostra esperienza didattica, è stato dimostrato che nei corsi di cultura la fruizione di questo genere di film consente di soffermarsi sul significato del movimento lungo il tempo: ne Il sorpasso di Dino Risi la strada era simbolo dei benefici e dei pericoli dello sviluppo economico italiano negli anni del dopoguerra; in Basilicata coast to coast di Rocco Papaleo il viaggio a piedi, intrapreso da un gruppo di amici che hanno tempo da perdere per svariate crisi vitali, implica la riscoperta del territorio dimenticato, e dei valori che esso preserva; in La pazza gioia di Paolo Virzì il viaggio delle due donne protagoniste incita alla ricerca della felicità, persino tra le persone malate e ai margini della società. I risultati d’apprendimento verificati nel nostro corso in rapporto con gli obiettivi previsti sono stati altamente positivi. I corsisti, oltre ad aver approfondito le loro conoscenze sulla lingua e la cultura italiana, hanno imparato ad osservare con un nuovo sguardo la propria cultura arricchendo le proprie prospettive di partenza. Di conseguenza continueremo a ripercorrere la strada con nuove proposte didattiche per l’insegnamento dell’italiano come LS basate sui film e le immagini in movimento. Riferimenti bibliografici Albizzati, M. (2013): «Il film a lezione di italiano L2: gli esami al cinema». In: Italiano LinguaDue, V. 5, n. 2, 182-210. Balboni, Paolo E. (2007): La comunicazione interculturale. Venezia: Marsilio. Bargellini, Costanza/ Cantù, Silvana (2007): Viaggi nelle storie. Frammenti di cinema per narrare. Milano: Fondazione Ismu & Agis Lombarda, Regione Lombardia. Bartoli, S./ Tronconi, E. (2008): Quaderni di cinema italiano per stranieri. Notte prima degli esami. Perugia: Guerra. 211 <?page no="212"?> María Belén Hernández González Brunetta, G. P. (1995): Cent’anni di cinema italiano. Roma-Bari: Laterza. Consiglio D’Europa (2002): Quadro comune di riferimento per le lingue. Apprendimento insegnamento valutazione. Firenze: La Nuova Italia. Continanza, M./ Diadori, Pierangela (1997): Viaggio nel nuovo cinema italiano. La Certosa, Firenze-Atene, 1997. Diadori, P. (2006): «L’italiano del cinema». In: Schafroth, E. (a cura di): Lingua e mass media in Italia. Dati, analisi, suggerimenti didattici. Bonn: Romanistischer Verlag, 89-119. Diadori, Pierangela (2007): «Cinema e didattica dell’italiano». In: Bargellini, Costanza/ Cantù, Silvana (a cura di): Viaggi nelle storie. Frammenti di cinema per narrare. Milano: Fondazione Ismu & Agis Lombarda, Regione Lombardia, 35-47. http: / / viagginellestorie.ismu.org/ files/ VNS-Volume-Parte1. pdf (ultimo accesso: 04/ 08/ 2023). Diadori, Pierangela/ Micheli, Paola (2010): Cinema e didattica dell’italiano L2. Perugia: Guerra. Di Paolo, Paolo (2018): Mondo perduto. Fotografie 1954-1968. Venezia: Marsilio. Pasolini, Pier Paolo (2001): Poesia in forma di rosa. Milano: Garzanti. Puntil, D. (2010): «L’uso didattico di un film in classe: un approccio task-based». In: Officina.it, n. 4 aprile 2010, 16-21. https: / / www.almaedizioni.it/ media/ upload/ officina/ raccolte/ raccolte_in_pdf/ off.it.4.pdf (ultimo accesso: 04/ 08/ 2023). Ragunì, Giuseppe (2022): «Definizione di Tempo e Meccanica Quantistica». In: Researchgate, 2022: https: / / www.researchgate.net/ publication/ 359005965_ Definizione_di_tempo_e_Meccanica_Quantistica (ultimo accesso: 04/ 08/ 2023). Sinisgalli, Leonardo (1947): I nuovi Campi Elisi. Milano: Mondadori. Spinelli, B. (2000): «L’utilizzo dei materiali autentici nell’insegnamento dell’italiano come LS». In: Dolci, Roberto/ Celentin, Paola (a cura di): La formazione di base del docente di italiano per stranieri. Roma: Bonacci, 133-147. Trufelli, Mario (2003): L’ombra di barone: Viaggio in Lucania. Venosa: Ossana. Wood, J. (2007): 100 road movies. London: British Film Institute. 212 <?page no="213"?> I road movie nell’aula di cultura italiana come LS Sitografia https: / / www.archivioluce.com/ (ultimo accesso: 04/ 08/ 2023). https: / / www.gettyimages.it/ (ultimo accesso: 04/ 08/ 2023). Abstract: Il cinema italiano costituisce uno dei mezzi privilegiati per mettere in pratica un approccio interculturale nell’insegnamento dell’italiano come lingua straniera (LS). Se la comprensione di un film può risultare immediata dal punto di vista della percezione, dal punto di vista psicologico e culturale implica un intero processo di significazione (Bargellini/ Cantù 2007). Di conseguenza, nonostante il mondo delle immagini in movimento sia parte della vita quotidiana - specialmente quella dei giovani, abituati ad integrare una pluralità di codici che forniscono una grande quantità d’informazione -, i film costituiscono anche un atto connotato culturalmente, delle volte molto difficile da interpretare. Il presente contributo, fondato sull’esperienza dei corsi universitari di cultura e lingua italiana per stranieri a ispanofoni, propone di indagare le connessioni tra cinema, lingua e apprendimento con proposte didattiche utili per interpretare una selezione di film denominati road movie allo scopo di riflettere sui contesti in transito tra il Novecento e il nostro secolo. Biographical sketch: Professoressa titolare di Filologia Italiana presso l’Università di Murcia (Spagna), è studiosa di letteratura comparata e saggistica italiana del Novecento. Tra i suoi libri: Poetica y ensayo en Ortega y Pirandello (Saarbrücken, 2011); Memoria e traduzione (Murcia, 2008); Quaderno di Traduzione Italiano-Spagnolo (Murcia, 2008), così come numerosi articoli sull’opera saggistica di Pirandello. Ha curato la traduzione critica in spagnolo de La persuasione e la retorica e Il dialogo della salute di Carlo Michelstaedter (Murcia, 2010), oltre a libri di Giuseppe Bonaviri, Ercole Patti, Leo Ferrero e Renato Serra. Si occupa della didattica della cultura italiana attraverso il cinema e la letteratura e ha diretto, tra gli altri incontri, le giornate internazionali: Italia: il cinema della realtà (2019) e La cultura italiana attraverso il cinema e la letteratura. Romanzo e Cinema (2021). Con D.E. Cicala ha pubblicato Insieme al cinema. Imparare la lingua e la cultura italiana con i film (Murcia, 2023). 213 <?page no="215"?> Dagmar Reichardt (Latvian Academy of Culture, Riga) Die Geburtsstunde der «Italophonie»: Zur Nutzung fremdsprachendidaktischer Transkulturalitätsparameter im Italienischunterricht als Zweit-, Dritt- und Fremdsprache 1 Forschungsstand: Plädoyer für eine «Italophonie» In einer zunehmend bevölkerten, vernetzten und globalisierten Welt ist es auch für die italienische Fremdsprachendidaktik unerlässlich geworden, transkulturelle Diskurse, die die Gesellschaft im Italien der Postmoderne insbesondere seit der Flüchtlingskrise in Europa (und deren Höhepunkt in den Jahren 2015-2016) bedeutend beeinflussen, verstärkt in die Curricula einzubeziehen. Die universelle Metastruktur dieser transkulturellen Parameter - die es seit jeher gibt, die aber heute deutlicher denn je hervortreten (vgl. Welsch 1999: 199-200) - betrifft verschiedene Aspekte der Forschung im Bereich der Italianistik und, mit besonderer Relevanz, auch den Erwerb des Italienischen als «Fremdsprache» (lingua straniera, kurz: LS) oder «Zweitsprache» (lingua seconda, kurz: L2) bzw. «Drittsprache» (lingua terza, kurz: L3). Als didaktisches Erfordernis treten sie umso klarer hervor, je genauer wir die zunehmend hybride und heterogene Zusammensetzung von Schulklassen (insb. ab der gymnasialen Oberstufe), von studentischen Seminarteilnehmern und Italienischlernenden im Allgemeinen sowohl in kultureller als auch demografischer Hinsicht betrachten, mit der sich Lehrende heute im Unterricht, in Sprachkursen und an Universitäten konfrontiert sehen (vgl. Küster 2003a und 215 <?page no="216"?> Dagmar Reichardt 2003b). Die Pflege kollektiver und individueller Identitäten, einen offenen Geist gegenüber Neuem und zugleich ein solides, freies, ausgeglichenes Zugehörigkeitsgefühl (belonging) - sowohl was Italien als auch generell Fremdes, Unbekanntes bzw. «das Andere» per se betrifft - auszubilden und zu stärken, stellt eine Notwendigkeit dar, die auch in der Fremdsprachendidaktik nachdrücklicher Berücksichtigung bedarf. Der Status Quo des italienischen Fremdsprachenunterrichts ist dessen ungeachtet Anno 2024 jedoch weiterhin der, dass allein das Erlernen der Nationalsprache im Fokus steht (d.h. linguistische bzw. politisch-strategische oder karrieristische Akzente die Lernmotivation begleiten), während es aus transkultureller Perspektive wünschenswert wäre, weniger Italien als vielmehr eine (künftige) «Italophonie» (d.h. Italien in seiner internationalen kultursoziologischen Einbindung) in den Mittelpunkt zu stellen. Bezüglich dieses Desiderats stellt sich die zentrale Frage, ob es eine transkulturelle Italophonie überhaupt gibt und - wenn ja - was darunter historisch und soziokulturell zu verstehen sei. Angesichts der vielen Italienischlernenden im Ausland sowie der zahlreichen ausländischen Italienischlernenden innerhalb Italiens (durch Sommerkurse, Erasmus Auslandssemester etc.) bietet die Fremdsprachendidaktik einen idealen Rahmen, um transkulturelle Kompetenzen zu schulen sowie sich eine Fremdsprache auf natürliche Weise in einem explizit komparatistischen Framing anzueignen. Bevor im Folgenden einige Vorschläge zur fachdidaktischen Praxis mittels eines Überblicks ausgewählter Publikationen der letzten gut anderthalb Jahrzehnte zum Thema «Transkulturelle italianistische Fremdsprachendidaktik» zusammengetragen und einige geeignete Ansätze konkreter vorgestellt werden, rekapitulieren wir vorab entscheidende Leitbilder für eine - freilich noch zu definierende - Italophonie, um letztere im internationalen Vergleich zum Leben zu erwecken und die prinzipielle Ausgangsposition für unsere weitere Argumentation vorab zu umreißen. Im Zusammenhang distinkt abgrenzbarer Sprachräume bilden die anglophonen, d.h. englischsprachigen Kulturräume der 1931 in London gegründeten Institution des Commonwealth of Nations, die heute insgesamt 54 Mitgliedsstaaten zählt bzw. unter ihrer Ägide vereint, den größten jener weltweiten «transkulturellen Räume» (transcultural spaces), in denen - David Tomas’ theoretischer Überlegung zufolge (Tomas 1996) - «transkulturelle Wesen» (transcultural beings) leben. Im Gründungsjahr schlossen sich zunächst Großbritannien, Irland, Kanada, Australien und Neuseeland zusammen, bevor 2009 zuletzt Ruanda beitrat, sodass sich 216 <?page no="217"?> Die Geburtsstunde der «Italophonie» dieses Staatenbündnis aus sprach-, literatur- und kulturwissenschaftlicher Sicht heute in der Wissenschaft auf unterschiedlich spezialisierte Forschungsfelder fragmentarisch verteilt (so zunächst auf die Amerikanistik vs. Anglistik, wobei die Kulturen der USA, Großbritanniens, Kanadas oder etwa Indiens und Australiens unterschiedliche Fachgebiete darstellen, zu denen u.a. auch die internationale Afrikanistik zählt). Als Frankophonie hingegen kennt insbesondere die Linguistik die französischsprachigen Gebiete, die unter dem Oberbegriff des (sprach- und bildungs-) politisch ausgerichteten Projekts der OIF - Organisation internationale de la Francophonie - seit 1970 in Paris versammelt werden. Transkulturelle Defizite der OIF, die 2018 insgesamt 88 Mitgliedsstaaten zählte, zeigen sich seit Anbruch der Postmoderne insbesondere an der sog. Multikulturalismusdebatte in Kanada, wo 1988 die Loi sur le multiculturalisme canadien eingeführt wurde. Seitdem reduziert die überwiegende Forschung die OIF vorwiegend auf einen linguistischen Ansatz und diskutiert dieses ob seines zentralistischen Weltbildes fragwürdige Modell somit aus kultursoziologischer Sicht sträflich unkritisch (bzw. negiert es aus postkolonialer Betrachtungsweise). Weitere Leitbilder, an denen sich eine zu definierende Italophonie messen lassen muss, ist die die spanische und portugiesische Sprachlandschaften fokussierende noch ältere Hispanophonie: Sie ist bereits 1949 in Madrid als internationale bzw. zwischenstaatliche Organisation sowie Kooperation von 23 souveränen Mitgliedsstaaten entstanden und basiert auf zwei ihr zugeordneten Institutionen: die OEI - Organización de Estados Iberoamericanos (für Spanisch) und die Organizaç-o dos Estados Ibero-americanos (für Portugiesisch). Wie bereits für die Anglophonie festgestellt, ergibt sich auch aus den der Frankosowie der Hispanophonie zugewiesenen Konstellationen jeweils eine Fragmentierung spezifischer Forschungsfelder: darunter - z.B. was die Hispanophonie betrifft - allein schon so verschiedene Sprachgebiete wie Katalanisch, Aragonesisch, Asturleonisch, Galicisch und das brasilianische vs. europäische Portugiesisch (im Rahmen der Lusophonie) sowie auf kulturwissenschaftlichem Gebiet die Gegenüberstellung der Europavs. Süd- und Nordamerikastudien, das «diasporische» Afrika u.a.m. Nicht nur aufgrund der kleineren abgedeckten Sprachgebiete werden aus europäischer Perspektive die Niederländisch sprechenden Kulturräume, die sich - ebenfalls 1949 - zur Niederländisch-Indonesischen Union vereinigt hatten, als eher unbedeutend bzw. minoritär betrachtet, sondern auch weil sie sich bereits zwischen 1954 und 1956 wieder aufgelöst hat: Diese lose Union scheiterte am Austritt 217 <?page no="218"?> Dagmar Reichardt Indonesiens bereits wieder 1954. Ebenso werden unter einem durchaus wörtlich zu nehmenden «DACH» - wenngleich bislang auf rein formaler und einzelprojektbezogener Ebene - seit den 2000er Jahren verstärkt die drei bislang normalerweise voneinander getrennt behandelten Kulturräume der deutschen (D), österreichischen (A) und schweizerischen (CH) deutschsprachigen Welt subsumiert, wobei deren Verschmelzung unter dem sogenannten D-A-CH-Netzwerk stattfindet, das in seinen Grundzügen allerdings genauso frei ausgestaltet ist wie es die Niederländisch-Indonesische Union war. Der jüngste Zusammenschluss, an der sich die Italophonie orientieren könnte, ist schließlich die Lusophonie: Dieser autonome Verbund entstand 1996 in Lissabon unter der Bezeichnung CPLP - Comunidade dos Países de Língua Portuguesa als multilaterales Forum für Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen den lusophonen Ländern. Es umfasst bislang neun Mitgliedsstaaten, deren Gemeinschaft sich noch im Aufbau befindet. Im Jahr 2020 sollte in Luanda, der Hauptstadt Angolas in Westafrika gelegen, entschieden werden, ob die Elfenbeinküste, Peru, Katar, Rumänien und die USA der CPLP beitreten, um die Entstehung eines transkulturellen, kultursoziologisch dekolonisierenden Netzwerks zu fördern, das sprachliche Minderheiten programmatisch inkludiert. Was die Italophonie betrifft, so existiert aus verschiedenen historischen Gründen - noch - keine derart transkulturell ausgerichtete Institution, Einrichtung oder Mitgliedschaft. Zur Vorgeschichte einer heute jedoch dank des fortgeschrittenen Globalisierungsprozesses de facto gelebten Italophonie (denn es wird nicht nur auf italienischem Staatsgebiet Italienisch gesprochen) gehört zum einen, dass Italien auf eine relativ späte Staatenbildung im 19. Jahrhundert zurückblickt, wodurch sich auch eine verspätete Entwicklung des Standarditalienischen ergab, das sich erst nach dem 2. Weltkrieg (insbesondere unter dem Einfluss des italienischen Fernsehens) zögerlich etablierte. Während sich in dieser europäischen Verspätung eine gewisse Parallele zur (formaliter ebenso inexistenten) «Germanophonie» erkennen lässt, so hat zum anderen eine künftige Italophonie doch die historische Chance, eine transkulturelle Alternative zum tonangebenden Trio einer Anglo-, Franko- und Hispanophonie auf Mikroebene zu entwerfen. Diesem Desiderat wirken z.Zt. wiederum zwei problematische Faktoren entgegen: 1.) Erstens ist die Diaspora-Forschung italienischer Sprechergemeinschaften im Ausland (ebenso wie die der deutschen im Ausland) akademisch eher unterrepräsentiert, obwohl sich die Italophonie durchaus durch eine heterotopische Third- 218 <?page no="219"?> Die Geburtsstunde der «Italophonie» Space-Bedeutung im Sinn von Homi K. Bhabhas in-between-Theorie auszeichnet (Bhabha 1994) - man denke dabei etwa nur an die Parlamentswahlen von 2006 unter der Beteiligung der Auslandsitaliener gemäß der Legge Tremaglia (2001), die sich gegen Silvio Berlusconis Casa delle Libertà wandten und somit zur überraschenden Abwahl der 3. Regierung Berlusconis (2001-2006) beitrugen. 2.) Zweitens stehen auch in Italien fehlende kultursoziologische Perspektiven für integrative Lösungen der Flüchtlingsfrage einer transkulturell innovativen, zeitgemäßen und kosmopolitisch pointierten Italophonie im Wege: Italiens Wende vom Emigrationsland 1 zum Immigrationsland ist bis heute weder auf politischer noch auf transkultureller Ebene konstruktiv bzw. lösungsorientiert vollzogen worden, obwohl das Land soziokultureller Wandlungsprozesse mit Blick auf die postmoderne Immigrationsfrage (deren Dringlichkeit in der Flüchtlingskrise 2015/ 2016 gipfelte) weiterhin akut bedarf. Dieser Missstand ist auf kulturwissenschaftlicher und soziologischer Ebene insofern umso unverständlicher, dass aus historisch-massenmigratorischer Sicht kaum ein anderes europäisches Land intensivere, mit heute vergleichbare Auswanderungserfahrungen über einen so konstanten und zeitlich so ausgedehnten Zeitraum (vom 19. Jahrhundert bis heute) wie Italien gesammelt hat. Dabei könnten diese Erfahrungswerte der italienischen Kultur und Politik äußerst dienlich sein, um Unterschiede und Analogien zwischen Transformationstendenzen und charakteristischen Trends im europäischen Vergleich frühzeitig zu erkennen und anzugehen, indem sie für die kollektive Identitätsfindung und für die zukünftige Verbesserung des sozialen Zusammenhalts nutzbar gemacht würden. Denn wenn wir das soziale Miteinander und einen identitätsbezogenen Dialog in Europa fördern wollen, dann müssen wir uns dringend mit soziokulturellen, medialen und kommunikativen Kernfragen auseinandersetzen, wobei ein transkultureller Ansatz sehr hilfreich sein kann: Je mehr wir über die Vielfalt und die Kohäsion innerhalb eines zusammengesetzten kulturellen (etwa europäischen) Territoriums wissen, desto besser können wir erforschen, welche Art von «Kultur» eine globalisierte Gesellschaft benötigt, um zivilisiert zu überleben und auf friedliche, proaktive und fortschrittliche Weise zu funktionieren. Eine Untersuchung der 1 Die 1. Große Emigrationswelle der Italiener fand von den 1860er bis in die 1930er Jahre (insb. nach Süd- und Nordamerika sowie Kanada) statt und schlug danach in die 2. Große Emigrationswelle um, als italienische «Gastarbeiter» in den 1950er Jahren massenweise in andere europäische Länder auswanderten (vgl. Bevilacqua/ De Clementi/ Franzina 2001 und Bevilacqua/ De Clementi/ Franzina 2002). 219 <?page no="220"?> Dagmar Reichardt signifikanten italienischund/ oder deutschsprachigen Areale in Europa könnte in einem späteren Schritt durch die Einbeziehung der italienisch-, respektive deutschsprachigen Diaspora in Übersee und auf anderen Kontinenten bzw. in weiteren außereuropäischen Ländern erweitert werden. Im europäischen Rahmen ist insbesondere auch die Südtirolfrage von symbolkräftiger Relevanz, stellt sie doch eine italienisch-deutsch-österreichische Kontaktzone dar, die auf situativer Kooperationsebene bereits unter dem Akronym DACHS (d.h. die D-A-CH-Staaten plus «S» für «Südtirol») Anschluss an die kontinentale Initiative gesucht und somit einen gangbaren, attraktiven Weg zum sinnvollen, transkulturellen Miteinander in die richtige Richtung zumindest ansatzweise gefunden zu haben scheint. 2 Das emanzipatorische Potenzial der transkulturellen Bildung Von einer solchen sowohl global als auch lokal (ergo: glokal) 2 geprägten identitären Gemengelage und Spannweite ausgehend, verdienen transkulturelle Parameter im beruflichen Kontext der Bildung unsere größte Aufmerksamkeit, weil sie auf beiden «Fronten» - d.h. auf der Seite des/ der Lehrenden (lecturer bzw. teacher) wie auch auf der Seite des/ der Lernenden (learner bzw. student) - sowie auf der intellektuellen Ebene, soweit diese den Lehrstoff betrifft, erhebliche Auswirkungen auf die «Lebenswelten» der Beteiligten (insb. der Lernenden) haben können. In der Tat sind kulturübergreifende Themen besonders dafür prädestiniert, das Interesse des/ der Lernenden zu wecken, da sie einen ihm/ ihr vertrauten kognitiven Bereich berühren, ihm/ ihr zugleich einen Mehrwert für persönliche Bewältigungsstrategien innerhalb der eigenen Lebenswelt bieten und ihn/ sie gleichzeitig dazu einladen, sich der fremden Kultur und Sprache, die er/ sie studieren will, didaktisch anzunähern. Was aber nun unter diesen «transkulturellen Parametern» exakt zu verstehen ist, die über die Sprache hinaus die sozialpädagogischen und identitätspsychologischen Aspekte unseres Zusammenlebens aktiv beeinflussen, ist eine komplexe Frage. Von den vielen Beispielen, die hier angeführt werden könnten, sind die 2 Zur Begriffsklärung des Glokalen bzw. der Glokalisierung (insb. im literaturwissenschaftlichen Licht) vgl. Haensler/ Heine/ Zanetti 2022: 13-15 sowie 135-137. 220 <?page no="221"?> Die Geburtsstunde der «Italophonie» vielleicht offensichtlichsten oder dominantesten in dem Sinn die besten, dass sie Bereiche und Verhaltensweisen berühren, die weltweit als bekannt, anthropologisch erlernt und sozial akzeptiert gelten können. Solcherlei Blickwinkel einzunehmen eignet sich daher wahrscheinlich besonders gut, um eine wirksame und eloquente transkulturelle Brücke «zwischen» verschiedenen Ethnien, Kulturen, hierarchischen Strukturen, Generationen, sozialen Klassen und Geschlechteridentitäten zu schlagen. Insbesondere nonverbale Diskurse erleichtern diese Übung, reichen sie doch - wenn wir von einer Kommunikationsebene ausgehen wollen, die eng mit der menschlichen Physis verbunden ist - von Gesten, Mimik und Pantomime über Zeremonien verschiedenster Art (etwa religiösen, politischen, soziokulturellen, sportlichen oder juristischen Ursprungs), bis hin zum Aussehen, Ausdruck und Gebrauch des menschlichen Körpers, zu Blicken und Begegnungen sowie zum Austausch oder sprichwörtlichen Überkreuzen von Blicken «zwischen» Fremden (Bhabhas Zwischenräume im sog. in-between-space dabei kulturell ausfüllend). Diese als foreign gaze oder regard étranger (oder auch: regards croisés) bekannte kulturelle Praxis ist zunächst als eine literarische Technik bezeichnet worden, die ursprünglich vom Genueser Romancier Giovanni Paolo Marana (1641- 1694) in seinem Briefroman The Turkish Explorer (1684) eingeführt und von Montesquieu (1689-1755) in seinen Lettres Persanes (1721) aufgegriffen und erweitert wurde. Sie sollte idealiter - so auch das Lehrdesiderat - nicht nur in die universitäre Praxis, sondern auch im täglichen Miteinander aus diversen Gründen Eingang in die Lebenswelten aller Europäerinnen und Europäer finden. Tatsächlich führt die Kulturtechnik des gegenseitigen Austauschs von Blicken über die Körpersprache hinaus u.a. zu deren symbolischer Überhöhung im Tanz, zur Schauspielerei oder auch Gebärdensprache, bis hin zu kulturellen Artefakten und eher intellektuellen Interpretationen, in die der menschliche Körper eingebunden bleibt und die ebenfalls als «transkulturelle Parameter» gelten können. Architektur, Mode und Design sind ebenso wahre «Formsprachen» wie auch die Musik, alle Klangkünste, die Oper, das Theater, die darstellenden Künste und natürlich die vielen Formen der figurativen Sprache - wie die freien bildenden Künste, von der Zeichnung über die Malerei hin zur Bildhauerei, Videokunst, Film, Fotografie, von der Straßenkunst oder Street Art zur Land Art hin zum Graffiti, Design, zur Typografie, Grafik oder auch kulinarischen Kunst (die den Farben, Formen und Klängen einen körperlich wahrnehmbaren Geschmack verleiht). Sie alle sind «Sprachen» im semiotischen Sinn von Roland Barthes (1915-1980), der auch die 221 <?page no="222"?> Dagmar Reichardt Mode als eine von mehreren ausdrucksstarken Systemsprachen definiert hat, mit denen wir jenseits der Linguistik kommunizieren. Sie stellen ein zentrales nonverbales Mittel der menschlichen Verständigung dar, das von allen Fremdsprachenlernenden direkt und «ungefiltert» rezipiert wird, auch wenn sie noch über keine (oder geringe) Vokabel- oder Grammatikkenntnisse verfügen. Fachdidaktisch ist es daher günstig, kulturübergreifende Themen aufzugreifen, die möglichst einen Bezug zu aktuellen Ereignissen aufweisen, mit denen sich die Sprachkursteilnehmerinnen und -teilnehmer beschäftigen bzw. identifizieren können und die z.B. den Klimawandel, ökologische Belange oder die Bereiche der Medizin, Krankheiten, Pandemien oder Naturkatastrophen einschließlich der verschiedenen Gegenmaßnahmen, Therapien, Katastrophenschutzdienste oder zur freien Verfügung stehenden Dokumentationsmaterialien betreffen können. Das geschieht in der Absicht, den/ die Fremdsprachenlernende/ n «abzuholen» bzw. problemloser zu erreichen und ein neutrales Feld der Begegnung und Überschneidung «zwischen» der Interessensphäre des/ der Lehrenden und des/ der Lernenden zu schaffen 3 . Es ist somit gerade auch «der Blick», der darüber entscheidet, ob und wie wir auf die Migration schauen und wie man in unserer heutigen, zunehmend globalisierten und auch zunehmend digitalen Welt am besten einen systematischen Zugang zur «anderen Sprache», zur «anderen Kultur» und schließlich zum «Anderen» ad personam findet. Unter dem Gesichtspunkt eines transkulturellen Bildungsbegriffs (Kap. 3), der im Italienischunterricht Anwendung finden kann, zeigen die Ergebnisse von insgesamt sechs kollektiven - in den folgenden zwei Kapiteln summarisch vorgestellten (Kap. 3.1. bis 4.2.) - Forschungsprojekten, die in den letzten sechzehn Jahren (2006-2022) rund um den «italienischen Fall» erarbeitet und abgeschlossen worden sind, dass - und wie - Themen aus dem Bereich der Transkulturalität besonders geeignet sind, um sowohl die Kultur als auch die italienische Sprache denjenigen näher zu bringen, die sich mit ihr beschäftigen wollen. Unter den vielen Themen, aus denen sich neue Ideen für die Sprachvermittlung ableiten lassen, finden sich zunächst besonders vielversprechende «lokale» Themen, die sich kultur- und landeswissenschaftlich mit einer der insgesamt 20 Regionen Italiens beschäftigen. 3 Sowohl die Kategorie des Austauschs (oder Begegnung) als auch die der Intersektionalität (oder Überschneidung) stellt jeweils eine conditio sine qua non transkultureller Funktionalität gerade auch in bildungshistorischer und gendergerechter Hinsicht dar (vgl. die Einleitung zum Band von: Gippert/ Götte/ Kleinau 2008: 14-15). 222 <?page no="223"?> Die Geburtsstunde der «Italophonie» Unter den letzteren, zu denen auch die fünf italienischen Regionen mit Sonderstatut zählen, kann Sizilien als signifikantes, erstes Paradigma dienen (Kap. 3.1.). Sizilien ist ein exemplarischer antiker Schmelztiegel der italienischen Zivilisation und mikrohistorisches europäisches Modell, das die vielen Epochen, Fremdherrschaften und kulturellen Hybridismen reflektiert, die im Laufe der Jahrhunderte auf dem Boden des heutigen Italiens miteinander verschmolzen sind, und für das spezifische repräsentative Inhalte und Aspekte, die das Forschungsfeld der Sizilienstudien berühren (Reichardt 2006), gelten. Weitere aktuelle, prinzipiell reizvolle und zugleich lehrreiche Themen kommen aus dem Bereich der Medien in Italien, unter denen das Kino hervorsticht (Bianchi/ Reichardt 2014; Kap. 3.2.). Aber auch das Buchformat gewinnt - etwa in Gestalt neuer Stilrichtungen wie die italophone Migrationsliteratur (Reichardt/ Moll 2018; Kap. 3.3.) - ebenso an Bedeutung wie u.a. das Genre des Comics (Reichardt/ Kulessa/ Moll/ Sinopoli 2017), die italienische Mode (Reichardt/ D’Angelo 2016) oder die Musik (Reichardt/ Cicala 2020), die das erste Unterkapitel des 4. Kapitels (Kap. 4.1.) genauer zu beleuchten versucht. Durch die Kombination verschiedener methodischer Ansätze - von der Literaturanalyse über die Soziologie bis hin zur Kultur-, Musik- oder Medienkritik - und thematischer Zugänge lassen sich im Unterricht leicht anschauliche Bezüge für didaktische Innovation und ein soziokulturelles Bewusstsein herstellen, indem die Grenzen dieser Zusammenstellung und einer dialogischen, sozialkosmopolitischen, dekonstruktivistischen oder peer-to-peer-orientierten, migratorischen, postkolonialen und somit transkulturellen Perspektive im Lehrprogramm synergetisch verfließen. Die systematische und methodische Anwendung der Transkulturalität als fachdidaktisches Mittel eröffnet die Möglichkeit, einen mehrdimensionalen, vielschichtigen und heterogenen ebenso ethischen wie praktischen Parameter in das Sprachstudium zu integrieren, der das italienische LS-Curriculum um eine sowohl kritische Vision als auch vernunftbetonte Annäherung an das Land, das man studieren möchte, d.h. Italien, bereichert. Dabei geht es insgesamt darum, einen Bedeutungszusammenhang herzustellen, der zwischen Synkretismus, Transmedialität, Pluriformität und Kohabitation vermittelt, d.h. auf dieser Basis die Verständigung zwischen den Völkern und Zusammenarbeit in Form kollaborativer Netzwerke auch im Seminarraum fördert. Die transkulturelle Vision impliziert mit anderen Worten das programmatische Denken einer integrativen Didaktik, die einen ethisch-sozialen Mehrwert und auf individueller Ebene eine 223 <?page no="224"?> Dagmar Reichardt exemplarische Anleitung für die Persönlichkeitsbildung impliziert. Auf dieser These basiert ein rezent umgesetztes Forschungsprojekt zu transkulturellen «Ikonen» aus Italien, das im vorletzten Unterkapitel vorgestellt wird (Kap. 4.2.), bevor abschließend die Hauptpunkte unserer Argumentation als Gesamtergebnis zusammengefasst werden (Kap. 4.3.). 3 Transkulturelle Fachdidaktik im Italienischunterricht (LS / L2 / L3) Indem der/ die Italienischlernende dazu gebracht wird, stereotypes, eurozentrisches oder hegemoniales Denken sowohl in Bezug auf seinen/ ihren eigenen Herkunftsort als auch auf das «andere», sich im Fremdsprachenunterricht zu erschließende Land - d.h. hier das Italien, das er/ sie noch nicht (gut) kennt - kritisch und transversal (nämlich in transkultureller Hinsicht) zu hinterfragen, bringt ihm/ ihr der Dozent verschiedene Fähigkeiten nah, die weit über das reine lexikale Wissen hinausgehen und seinen/ ihren Horizont für möglichst verschiedene Interessen-, Forschungs- und Erkenntnisbereiche öffnen. Das Studium der italienischen Sprache ergibt sich dabei fast wie von selbst und gerät fast zur (scheinbaren) Nebensache: Es hängt von der Sensibilität und dem Einfühlungsvermögen des/ der Lehrenden ab, wie er/ sie die individuellen Interessen der einzelnen Lernenden mit dem didaktisch-komplexen Curriculumziel so in Einklang bringen kann, dass einerseits die Motivation und Lernfähigkeit jedes Einzelnen gefördert und andererseits der gemeinsame Blick des Plenums auf bestimmte allgemeine Themen gelenkt wird, auf die man sich entweder in den ersten Unterrichtsstunden gemeinsam geeinigt oder den Kursrahmen a priori ausgerichtet hat. Solch transkulturelle fachdidaktische Formate erfolgversprechend zu planen und zu gestalten und dabei einerseits eine gewisse Effektivität, Einzigartigkeit und Flexibilität im pädagogischen Interesse zu bewahren, andererseits einen Reichtum an Variation und Attraktivität anzubieten, die die Aufmerksamkeit und das notwendige Engagement der Lernenden aufrechterhalten, sind zwei nur scheinbar gegensätzliche Faktoren. Um sie miteinander in Einklang zu bringen, besteht die aus didaktischer Sicht zu bevorzugende Lösung darin, bestimmte thematische Schwerpunkte an spielerische Aktivitäten zu koppeln, die die Neugier und das Interesse 224 <?page no="225"?> Die Geburtsstunde der «Italophonie» der Studierenden bereits bei der Vorbereitung des Kurses strategisch zu wecken imstande sind. Unsere Absicht ist es daher, in den folgenden Kapiteln eine Reihe von unterschiedlichen thematischen Stichworten und diversen Akzenten aufzufächern, die nach einem Baukastensystem frei miteinander kombiniert werden können. Das paradigmatische Spektrum der genannten Themenblöcke versucht möglichst klar und logisch zu veranschaulichen, wie man das transversale Denken - das zumindest nach dem transkulturellen Theoretiker Wolfgang Welsch benötigt wird (Welsch 1999; Reichardt/ Welsch 2022), um einen Konnex zwischen Subjektivität und Pluralität herzustellen - anwenden und stimulieren kann. Will man nämlich auf methodische Weise nicht nur eine Öffnung des Unterrichts, sondern auch eine dauerhafte geistige Erweiterung derjenigen, die dem Italienischunterricht zuhören und folgen, bewirken - indem man sich persönlich an den/ die Lernende/ n und die Realität seiner/ ihrer Erfahrungswelt wendet -, muss der/ die Lehrende dessen/ deren Herkunftsmentalität, kulturelle Einstellung und Wissen über die Gesellschaft auf eine sicherlich sensible und indirekte, aber auch kraftvolle und wirksame Weise anregen, nutzen und kanalisieren. Wird auf der Seite der Lernenden in konstruktiver, verantwortungsvoller und empathischer Absicht das Eintauchen in einen fremdsprachlichen Kontext - hier in den der italienischen Kultur - unterstützt, so werden sie sich bald als eine integrale pars-pro-toto- Gemeinschaft erleben. Der Seminarraum wird dann zu einer Begegnungs- und Kommunikationsstätte, einem Third Space, in dem sie sich wiederfinden und für den sie sich einsetzen. Das Fernziel einer solchermaßen transkulturell gestalteten Lerneinheit bleibt es - wenn man an den italienischen Fremdsprachenunterricht weltweit denkt -, der Lerngruppe an die globalen Gesellschaften im Plural, in denen wir alle leben, mit der Absicht heranzuführen, eine kollektive, noch zu etablierende und zu konstruierende Weltkultur hervorzubringen, auch wenn diese, so wünschenswert sie sein mag, zumindest im Moment noch eine zweitausendjährige «Weltkultur» ante litteram bleiben muss. 3.1 Sizilienstudien Wenn wir von einem prismatischen Ganzen bzw. holistischen Grundgedanken ausgehen - der von der Schülergruppe über die sie leitende Lehrkraft bis hin zu den analogen und digitalen Möglichkeiten im Hörsaal bzw. Klassenzimmer reicht, 225 <?page no="226"?> Dagmar Reichardt und sowohl die einzelnen Motivationen der Lernenden als auch das zur Verfügung stehende didaktische Material berücksichtigt, sei es in Buchform, sei es ein digital erworbenes oder auf realen Erfahrungen innerhalb und außerhalb des Unterrichtsraums beruhendes Wissen -, dann ist es nur ein kleiner Schritt, um von unserer anfänglichen Vision einer transkulturellen Fachdidaktik im Rahmen eines Italienischkurses als Zweit-, Dritt- und Fremdsprache zur Wahl einer bestimmten italienischen Region als zentrales Lehrplanthema überzugehen. Im Mittelpunkt könnte hier ein paradigmatischer, vielleicht mythischer oder legendärer Ort stehen, der auch ein urbaner Raum wie Rom (wenn man an seine Entstehung in der Antike und seine unübertroffene Aktualität denkt) oder Venedig (das als Serenissima jahrhundertelang als Schnittstelle vieler Kulturen fungierte) sein kann, um nur zwei von zahlreichen weiteren Möglichkeiten zu nennen. Der didaktische Zweck besteht dabei offensichtlich darin, dem/ der Teilnehmer/ in eines Italienischkurses ein imaginäres, metaphorisch «sprechendes», «redseliges» und lohnendes Reiseziel anzubieten, das er/ sie während des Seminars zumindest symbolisch besuchen und sich (wissenschaftlich) erschließen kann. Im vorliegenden Fallbeispiel konzentrieren wir uns auf die Insel Sizilien, um einer Lerngruppe nicht nur den klassischen und archetypischen Charakter dieser Region als antike griechische Kolonie historisch zu veranschaulichen, sondern sie ihr auch als einen mediterranen Kreuz- und Knotenpunkt vorzustellen. Die vielschichtige transkulturelle Vergangenheit und abgelegenen Hügellandschaften auf der Insel kontrastieren noch heute mit dem «neuen» Palermo der Post-Falcone & Borsellino-Antimafia-Ära 4 , das nicht nur seit dem Jahr 831 n. Chr. Hauptstadt 4 Im Jahr 2022 feierte das staatlich organisierte italienische Antimafia-Kriminalamt zur Bekämpfung mafiöser Strukturen, die sog. Direzione Investigativa Antimafia (DIA) mit zentralem Sitz in Rom, ihr 30-jähriges Bestehungsjahr. Dort untersteht es als nationales Sonderorgan direkt dem italienischen Innenministerium und verfügt über zwölf landesweit zerstreute operative Zentren (centri operativi) in allen Großstädten Italiens, davon u.a. auf Sizilien je eines in Palermo und Catania. Giovanni Falcone (1939-1992) und Paolo Borsellino (1940-1992) hingegen waren zwei Staatsanwälte, die ihren nachhaltig erfolgreichen Kampf gegen die organisierte Kriminalität auf Sizilien mit ihrem Leben bezahlt haben: Nach ihnen ist nicht nur der Palermitaner Flughafen benannt, sondern an ihre Ermordung erinnert auch das an der Autobahn von Punta Raisi nach Palermo Stadt liegende Denkmal Monumento strage di Capaci von 1992. Ihren Einsatz gegen die Mafia symbolisiert in der Innenstadt darüber hinaus ein weiteres der Antimafia-Bewegung gewidmetes Denkmal für die Opfer der Mafia (gemeint ist das ca. 15 Meter hohe, sich durch vier - die zivile Mobilmachung Palermos gegen die Mafia durch Richter, Polizisten, Journalisten und politische Aktivisten darstellende - Bronzeflächen auszeichnende und von Mario Pecoraino 1983 errichtete Monumento ai caduti nella lotta contro la mafia) sowie ein Antimafia-Bürgermuseum: Das programmatisch auf Englisch benannte No Mafia Memorial ist auf gemeinnütziger Basis bereits 1977 als erstes solches Zentrum in Italien unter 226 <?page no="227"?> Die Geburtsstunde der «Italophonie» des Eilandes bzw. der Regione Sicilia ist, sondern 2018 auch zur Kulturhauptstadt Italiens avanciert ist. Sizilien bietet sich als vielversprechender Ausgangspunkt eines potenziellen Kurscurriculums an, weil es postkoloniale und synkretistischtranskulturelle Aspekte avant la lettre hervorhebt. Letztere charakterisieren die Insel als Ort einer gemischten kulturellen Identität und machen sie zu einem italienisch kodierten Paradigma der Transkulturalität par excellence (vgl. Reichardt 2006: 89), d.h. zu einem Ort, der reich ist an vielfältig stratifizierten, jahrhundertelang palimpsestartig überlagerten und immer noch intakten, allgegenwärtigen Einflüssen der Stadt- und Inselgeschichte, die sowohl in der Region vor Ort als auch in der gesamtitalienischen Kultur bis heute präsent und weithin sichtbar geblieben sind. Was das Unterrichtsmaterial betrifft, so hat man die Qual der Wahl: Bei der Literatur kann man mit Lara Cardellas antichauvinistischem Roman Volevo i pantaloni (1989) beginnen, der in viele Sprachen übersetzt, leicht verständlich geschrieben und 1990 von Maurizio Ponzi verfilmt worden ist, oder mit dem unterhaltsamen, postmodern ironischen Roman Chi è Lou Sciortino? von Ottavio Cappellani (2004) für die Niveaustufe A2-B1, um dann - ausgehend von Cardellas Emanzipationsgeschichte oder von letztgenannter unterhaltsamen Kriminalgeschichte - auf ein komplexeres, anspruchsvolleres sprachliches Niveau (ab B2) überzuleiten. Ab der Niveaustufe B2 wählt man z.B. entweder eine Novelle von Giovanni Verga (z.B. Cavalleria Rusticana, Tentazione oder Rosso Malpelo etc.) oder von Luigi Pirandello (z.B. Il fu Mattia Pascal oder die vier Novellen, die die Gebrüder Taviani 1984 für ihren preisgekrönten Film Kaos adaptiert haben) oder aber einen Auszug aus Il Gattopardo von Giuseppe Tomasi di Lampedusa (um vielleicht das berühmte 7. Kapitel über den Tod des Prinzen gemeinsam im Unterricht zu lesen und miteinander zu besprechen). Originell wäre es auch, ein Theaterstück von Giuseppe Bonaviri im Unterricht mit verteilten Rollen vorzutragen (z.B. Bonaviris heitere Persiflage Giovanni Verga sulla luna, vgl. Bonaviri 1998) oder alternativ bei einem Text von Andrea Camilleri anzusetzen: Hier böten sich z.B. La bolla di componenda von 2004 an (Camilleri 2004) oder andere Passagen aus den seriellen Geschichten Camilleris rund um den Inspektor Montalbano (z.B. ein Auszug der Ägide des Langzeit-Bürgermeisters (1985-2022) von Palermo Leoluca Orlando entstanden und bietet einer breiten, internationalen Öffentlichkeit freien Zutritt zu einer beeindruckenden Dokumentationssammlung in Palermos Fußgängerzone nahe der Kathedrale. Wie das hier folgende Kap. 3.2. von didaktischer Warte aus illustriert, hält auch die Mafia eine reichhaltige Themenpalette für transmediale und -kulturelle Lehreinheiten eines vollen Semesters parat. 227 <?page no="228"?> Dagmar Reichardt aus dem Roman Il cane di terracotta von 1996, den die RAI im Jahr 2000 für eine Fernsehserie verfilmt hat, o.Ä.). Das didaktische Ziel besteht weiterhin darin, die regionalen Traditionen kennenzulernen und sich vertiefend mit ihnen zu befassen 5 , aber auch die Verwendung von sizilianischen Klischees im sozioliterarischen Kontext kritisch zu diskutieren (vielleicht nachdem man sie zuvor im Unterricht gemeinsam aufgelistet hat, um einen Wiedereffekt zu nutzen) oder auch deren ironische Umkehrungen im Plenum zu goutieren. Diese Arbeit muss unter fachkundiger Anleitung stattfinden und sorgfältig kommentiert werden - indem jener historische Kontext herangezogen bzw. aktiv korrigiert wird, aus dem bestimmte anthropologische Konstanten oder populäre Vorurteile möglicherweise abgeleitet werden könnten -, um etwaige inzwischen überholte Vorstellungen aus heutiger Sicht zu hinterfragen bzw. punktuell umzudeuten. Die äußerst facettenreiche und breit aufgestellte sizilianische Literatur - es sei hier nur kurz daran erinnert, dass vom Hof Friedrichs II. die sizilianische Dichterschule ausging, die in der Volkssprache schrieb und damit den Grundstein für die italienische Literaturgeschichte legte, nachdem sich ihr Wirkungsradius von Sizilien aus vollends entfaltet hatte - ist oft auf Zelluloid gebannt worden. Das kann sich im Unterricht als förderlich erweisen, um die Lektüre oder das mündliche Vortragen von Texten durch das Anschauen und anschließende Diskutieren ausgewählter Filme zu ergänzen, die auf literarischen Texten basieren. Für Fortgeschrittene ist z.B. der Filmklassiker La terra trema (1948) - frei nach dem Roman I Malavoglia von Giovanni Verga gedreht - oder auch besagter Streifen über Il Gattopardo - der 1963 den gleichnamigen Roman von Tomasi di Lampedusa in die Filmsprache übertragen hat -, geeignet: Beide sind unter der Regie von Luchino Visconti (1906-1976) entstanden und gelten als Filmklassiker. 3.2 Kino und Literatur Kurz, ob der/ die Kursleiter/ in bei der film- und literaturbasierten Curriculumgestaltung werk- (d.h. nach Genre) oder autorenbezogen (d.h. nach Regisseur oder Autor) vorgeht, liegt in dessen freiem Ermessensspielraum. Fest steht, dass im Zu- 5 Diese regionalen Traditionen schließen aus didaktischer Sicht - wie Giovanni Ruffino im Sizilienkontext festhält - auch den Dialekt (vgl. Ruffino 1999 und Ruffino/ Sottile 2015) oder überall in Italien die Kulinarik ein (vgl. Massei/ Bellagamba 2012). 228 <?page no="229"?> Die Geburtsstunde der «Italophonie» ge des so genannten Iconic turn (Maar/ Burda 2004) - der sich parallel zur digitalen Revolution ab den 1990er Jahren zunächst in den hochindustrialisierten Kulturräumen, d.h. im Westen, dann auch bald global immer deutlicher abzeichnet - das Filmmedium zu einem wesentlichen Lehrmittel geworden ist. Mit dem Aufkommen der Postmoderne - die in den Kulturwissenschaften sowie der Italianistik häufig insbesondere mit der Veröffentlichung von Umberto Ecos «postmodernem» historischen Roman Der Name der Rose (1980) und der anschließenden gleichnamigen Romanverfilmung von Jean-Jacques Annaud (1986) zusammenfällt - ist somit auch ein didaktischer Wandel zu beobachten 6 . Dieser impliziert, dass der/ die Lernende sich einen bestimmten Zusammenhang bereitwilliger, leichter und sogar schneller durch das Bild anstelle des Wortes aneignet - sei dieses schriftlich oder mündlich übermittelt. Die Verlagerung der rezeptiven Aufmerksamkeit des/ der Lernenden vom Wort zum Bild verändert wiederum auch den Kern der Didaktik selbst, die sich in postmodernen Zeiten zunehmend der sog. integrativen Didaktik zuwendet. Als Bezugsebene für diesen neuen Fokus haben die beiden italienischen Linguisten Tullio De Mauro (1932-2017) und Massimo Vedovelli (geb. 1953) in Anlehnung an das angelsächsische Modell der sog. Educational Linguistics (oder Linguistic-Educational Studies) ab den 2000er Jahren sukzessive die sog. Linguistica educativa in die italianistische Didaktik des deutschsprachigen Kulturraums eingeführt, indem sie die Aufmerksamkeit verstärkt auf das (bei ausländischen Sprachkursteilnehmern durchaus beliebte) Italienische gerichtet haben (vgl. De Mauro/ Vedovelli/ Barni/ Miraglia 2002; Vedovelli 2017). Dadurch haben sich in den letzten zwanzig Jahren auch im Rahmen der romanistischen Didaktik neue konzeptionelle Wege für einen strukturell offenen, integrativ ausgerichteten Italienischunterricht eröffnet. Durch die Rezeption, Analyse und das Studium von Filmen rückt indirekt auch die Literatur näher an die bewusste Sprachwahrnehmung der Lernenden heran: Nach einer Filmbesprechung im Seminar fühlen sie sich i.d.R. besonders aufgeschlossen und motiviert, bestimmte Passagen eines literarischen Textes oder sogar ein ganzes Buch laut im Unterricht oder selbstständig als gestaffelte Hausaufgabe zu lesen, um diese Aktivität dann u.U. auch im Rahmen einer abschließen- 6 Unter den zahlreichen Studien, die dies belegen, sei neben der bereits erwähnten Publikation über Literatur und Kino (Bianchi/ Reichardt 2014) beispielhaft auf den von Leonarda Trapassi und Linda Garosi herausgegebenen Sammelband über das italienische Migrationskino verwiesen, der auf dem Höhepunkt der europäischen Migrantenkrise erschienen ist (Trapassi/ Garosi 2016). 229 <?page no="230"?> Dagmar Reichardt den Hausarbeit oder einer schriftlichen oder mündlichen Prüfung zu vertiefen, auszubauen und zu intensivieren. Im universitären Sprachunterricht darf die Lektüre selbstredend keinesfalls durch das «einfache» Betrachten von Filmen ersetzt werden, vielmehr soll letztere Aktivität das Medienspektrum der Lernenden bereichern, vervollständigen und gleichzeitig ein hohes Bildungsniveau in Bezug auf die italienische Kultur aufrechterhalten, deren Geist, Geschichte und Aktualität den Studierenden vermittelt werden sollen. Dem Leitgedanken weiter treu bleibend, dass den Studierenden die Orientierung und generell die Vertiefung eines paradigmatischen Ansatzes erleichtert werden soll, der ihnen die Mentalität der Italiener/ innen und die Lebensweise in Italien bestmöglich veranschaulicht, könnte man z.B. den Realismus im Film als thematischen Ariadnefaden wählen, um auf die mit dieser Stilrichtung in Italien verbundene literarische Tradition zu sprechen zu kommen, indem man im Laufe eines Semesters 1) vom Verismus (z.B. eines Giovanni Verga) ausgeht, um 2) zum Neorealismus der frühen Nachkriegszeit zu kommen - aus der u.a. diverse neorealistische Meisterwerke des bereits erwähnten Regisseurs Visconti stammen - und um schließlich 3) beim Neuen Realismus oder Realismo positivo eines Maurizio Ferraris anzulangen (Ferraris 2012, 2013 und 2014), der sich z.B. im Film La grande bellezza (2013) von Paolo Sorrentino oder in jenem übersteigerten Hyperrealismus manifestiert, der die fiktive Hauptstadt Gomorra in der Romanversion des neapolitanischen Schriftstellers Roberto Saviano von 2006 und in der Filmversion von 2008 unter der Regie des römischen Regisseurs Matteo Garrone kennzeichnet (vgl. Reichardt 2016: 31). Auch das Genre des Mafiafilms bietet ein fruchtbares analytisches Feld für einen semesterlangen Kurs über die postmoderne Kino- und Literaturszene in Italien, wenn man an die lange Filmtradition denkt, die von der Trilogie Der Pate (engl.: The Godfather; ital.: Il padrino) des italo-amerikanischen Regisseurs Francis Ford Coppola (die drei Teile stammen jeweils aus den Jahren 1972, 1974 und 1990) oder Sergio Leones Klassiker Es war einmal in Amerika (Once Upon a Time in America, 1984) bis hin zum neueren Film La paranza dei bambini (2019) von Claudio Giovannesi nach dem gleichnamigen Roman (2016) von Roberto Saviano reicht, um nur einige konkrete Titel zu nennen. Viele der bekanntesten Mafiafilme gehen auf ein literarisches Werk zurück und knüpfen an eine weit zurückliegende literarische Tradition an, wie z.B. Der Pate - der ursprünglich auf das gleichnamige Buch von Mario Puzo aus dem Jahr 1969 zurückgeht -, während Der Pa- 230 <?page no="231"?> Die Geburtsstunde der «Italophonie» te - Teil III (1990) sogar mit einer transmedialen Bezugnahme in der Schlussszene überrascht, in der Pietro Mascagnis Oper Cavalleria rusticana (1890) als sowohl theatralische als auch musikalisch-sonore Filmkulisse Verwendung findet. Diese Szene wiederum, die fester Bestandteil von Der Pate III ist, zitiert verschiedene Bilder und Handlungen aus dem Libretto von Pietro Mascagni, der sich seinerseits von der gleichnamigen Novelle Cavalleria rusticana (1880) des sizilianischen Veristen Giovanni Verga hatte inspirieren lassen, indem er sie vertont und musikalisch in die Version verwandelt hat, die Coppola schließlich auf die Leinwand bringt (vgl. Reichardt 2016: 27). Seinem Film gelingt es - dank dessen transmedialer Komposition - ein historisch-kreatives Narrativ fortzuschreiben, das sein Publikum vom Italien des 19. Jahrhunderts bis in die USA des 20. Jahrhunderts führt, sodass die Trilogie insgesamt eine entscheidende Etappe in der Mafiafilmografie markiert, an der sich alle folgenden Filme dieses Genres bis heute messen lassen. 3.3 Italophone Literaturen und Kulturen der Migration Eine weitere kulturübergreifende literarisch-filmische Affinität, die unter didaktischen Gesichtspunkten besonders zeitgemäß und bedeutsam wirkt, ist in Büchern und Filmen über Migration zu finden. In letztere Kategorie fallen Filme wie Marina (2013) von Stijn Coninx (über Lebenserfahrungen von Italienern in Belgien und damit einhergehende Sprachfragen), Ali ha gli occhi azzurri (2012) von Claudio Giovannesi (über die ausländische Einwanderung in Italien), La straniera (2009) von Marco Turco, inspiriert von Younis Tawfiks gleichnamigem Roman aus dem Jahr 2000, oder auch der Dokumentarfilm Come un uomo sulla terra (2008) von Andrea Segre, Dagmawi Yimer und Riccardo Biadene, der die Geschichte heutiger Ausgrenzungsmechanismen, Menschenrechtsverletzungen und Resilienz dokumentiert und erzählt. Diese Art von Filmen unterstreicht die Vorteile der transkulturellen Bildung insbesondere in Verbindung mit der italienischsprachigen Migrationsliteratur, von der das inzwischen bekannte mehrsprachige Beispielgedicht Babel (D’Alfonso 1999: 47) des italienisch-kanadischen Autors Antonio D’Alfonso - auf Italienisch, Französisch, Englisch und Spanisch verfasst - ein konkretes poetisches Zeugnis ablegt: D’Alfonsos nur fünfzehn Verse kurzer lyrischer Text zeigt in komprimierter und einprägsamer Form auf, wie man den gemischtsprachigen Gebrauch von 231 <?page no="232"?> Dagmar Reichardt transkulturellen Kompetenzen mit einem Bewusstsein für Identitätsfragen und der kooperativen Beteiligung des Rezipienten verbinden kann. Spätestens seit Daniele Comberiati das Genre der italienischsprachigen Migrationsliteratur in die internationale Romanistik eingeführt hat (Comberiati 2010), ist jedem Italianisten die Vielfalt postmoderner Titel bewusst, die sich einer pluralen narratologischen Perspektive bedienen und hybride sprachliche Ausdrücke sowie die Technik des Code- Switching anwenden, um eben jenes zeitgenössische paradigmatische literarische Phänomen zu gestalten, das Wolfgang Welsch «transkulturell» (Welsch 1992 und Welsch 1999) nennt. Weiterhin die Intention verfolgend, einen pragmatisch konzisen, literarischen Kernkorpus zu umreißen, der als Lehrplan für eine der Literatur und Kultur der Migration gewidmeten Unterrichtseinheit dienen könnte, beschränken wir uns hier darauf, die Titel einiger weiterer Schlüsseltexte - die auch fast schon zu Klassikern geworden sind - der transkulturellen literarischen Italophonie in Erinnerung zu rufen: darunter etwa die Romane Regina di fiori e di perle (2007) von Gabriella Ghermandi, Madre piccola (2007) von Cristina Ali Farah, Oltre Babilonia (2008) von Igiaba Scego und Scontro di civiltà per un ascensore a piazza Vittorio (2006) oder auch Divorzio all’islamica a viale Marconi (2010) von Amara Lakhous. Das innovative Potenzial dieser Bücher, die im Zeichen besagter Literaturströmung besonders ins Auge fallen, zeichnet sich durch ihre transkulturelle Qualität, deren hybride, polyphone und choral angelegte Grundstrukturen sowie die Verwendung einer «Schein-Oralität» aus, wie sie Paul Goetsch bereits in den 1980er Jahren als ein Stilmittel «fingierter Mündlichkeit» definiert hat (Goetsch 1985: 202). Auf kritischer Ebene laden zudem die Veröffentlichungen und sprachlichen Experimente des in Togo geborenen migrantischen Schriftstellers, Übersetzers und Chirurgen Kossi Komla-Ebri, die die Begegnung zwischen verschiedenen Kulturen und die so unterschiedliche Disziplinen wie Literatur und Medizin zum Gegenstand haben, zum Nachdenken ein (Imbarazzi. Quotidiani imbarazzi in bianco e nero, 2002; Imbarazzismi. Quotidiani imbarazzi in bianco e nero... e a colori, 2004). 232 <?page no="233"?> Die Geburtsstunde der «Italophonie» 4 Pionierarbeiten der Italianistik Der bereits in den Werken eines Manzoni (wie erstmals der deutsche Romanist Wido Hempel festgestellt hat; Hempel 1974) oder eines Vergas (z.B. in I Malavoglia) verwendeten Erzähltechnik des choralen Erzählens weiter analytisch nachspürend, stößt man im Rahmen der italienischsprachigen Migrationsliteratur zum zentralen Parameter der Mündlichkeit als sprachlicher Basiskompetenz vor. Diese wiederum löst sich - das Postmoderne mit dem Postkolonialen vermischend - in der Transkulturalität auf, wodurch sich das hohe, selbstreflexive und ästhetische Niveau vor allem der Autoren der sogenannten Zweiten Generation erklärt. Deren Anspruch wird durch eine Reihe neuerer postkolonialer Romane bestätigt, die Teil des hier erwähnten transkulturellen italienischen Korpus sind, wie Timira. Romanzo meticcio (Wu Ming 2/ Mohamed 2012) - geschrieben von einem Kollektiv, das aus dem Erzähler Antar Mohamed, seiner bei Bucherscheinen 85-jährigen Mutter Timira Marincola (die auf dem Umschlag nicht als Autorin, sondern als Hauptfigur oder Protagonistin des Buchs erscheint) und Giovanni Cattabriga von der Literaturgruppe Wu Ming 2 besteht (die sich wiederum aus mehreren männlichen Schriftstellern zusammensetzt, die an der italophonen Literaturfront in verschiedenen Konstellationen auch als Einzelautoren auftreten). Mit ihrem hybriden Werk Timira - das zwischen fiktivem Tagebuch, historischem Roman und biografischem Dokument angesiedelt ist und Memoiren mit Archivmaterial und erzählerischen Elementen rund um das Leben der Mutter eines der Buchautoren (Antar Mohamed Marincola), nämlich der Schauspielerin Isabella Marincola (alias: Timira Hassan Yere), vermengt - haben die beiden Autoren die postkoloniale Literaturströmung des New Italian Epic (zu Deutsch wörtlich: des Neuen Italienischen Epos) initiiert. Auf ähnliche Weise hat das Kollektiv von Schriftsteller/ inne/ n und Illustrator/ inn/ en, die unter dem Künstlernamen Zoya Barontini firmieren, einen illustrierten Roman bzw. eine Graphic Novel mit dem Titel Cronache dalla polvere (Zoya Barontini 2019) vorgelegt, den das Kollektiv im Untertitel des Buchs als einen gemeinschaftlichen «Mosaikroman» (mosaic novel) ankündigt. Er verwebt die Erzählungen von elf Autor/ inn/ en (darunter Igiaba Scego) zu einer facettenreichen, prismatischen Geschichte mit unterschiedlichen stilistischen Ansätzen, die Jadel Andreetto (geboren 1974 in Bozen) herausgegeben und Alberto Merlin (geboren 1973 in Belluno) illustriert hat. 233 <?page no="234"?> Dagmar Reichardt Sowohl die internationale als auch insbesondere die deutschsprachige Italianistik rezipiert diese literarischen Entfaltungen parallel zu ihrer eigenen Entwicklung, sodass sich - wenngleich zögerlich - eine transkulturelle italianistische Forschungsrichtung auf der akademischen Metaebene zu etablieren beginnt. Zu solcherart deutschsprachigen Studien zählen etwa Romina Linardis - unter expliziter Gender-Akzentuierung - 2017 veröffentlichte literaturwissenschaftliche Dissertation über die italophonen Migrationsautorinnen Gabriella Kuruvilla, Igiaba Scego, Laila Wadia und Sumaya Abdel Qader (vgl. Linardi 2017; zum Gender-Aspekt vgl. u.a. Gippert/ Götte/ Kleinau 2008), Simona Bartoli Kuchers erziehungswissenschaftliche Habilitationsschrift zur transkulturellen italophonen Fremdsprachendidaktik von 2021 (Bartoli Kucher 2021) sowie der darauf folgende, rezente, ebenfalls von Bartoli Kucher in Zusammenarbeit mit Fabrizio Iurlano 2022 herausgegebene bilinguale (Deutsch | Italienisch) akademische Sammelband zur Transmedialität im Italienischunterricht, der sich mit der titelgebenden Kernfrage Quo vadis, italiano 2020? richtungsweisend auseinandersetzt (Bartoli Kucher/ Iurlano 2022). 4.1 Comics, Mode und die Macht der Musik Die beiden jüngsten soeben angeführten literarischen Beispiele - Timira von Antar Mohamed Marincola und Wu Ming 2 sowie Cronache dalla polvere des Kollektivs Zoya Barontini - eröffnen dem Lesepublikum mit ihren subversiven linguistischen Strategien eine derartige Erweiterung des italienischen Sprachraums, dass sie die in Italien traditionell gestellte questione della lingua in eine questione delle lingue im Plural verwandeln. Die Frage nach der globalen Sprachenvielfalt, der Vielseitigkeit dessen, was wir unter «Sprache» verstehen, und den Möglichkeiten, wie wir uns in Anbetracht dessen sinnvoll verständigen und auf Notlagen, Komplexitäten und Bedürfnisse einstellen können, macht deutlich, dass es eines kulturübergreifenden, mehrsprachigen Rahmens bedarf, um eine geglückte Zusammenarbeit diverser Gesellschaften, Erzähltechniken und Disziplinen auf länderübergreifender Ebene zu ermöglichen. Da diese Bedingung auch im lokalen Umfeld - wie u.a. in einem Seminarraum - herrschen muss, damit sich eine solch kollaborativ gedachte Verständigung über transnationale Grenzen hinweg ausbreiten kann, gilt es aus didaktischer Sicht umso mehr, die rege Beteiligung der Lernenden und deren Aus- 234 <?page no="235"?> Die Geburtsstunde der «Italophonie» tausch untereinander zu fördern. Diese interaktiven Praktiken können in einem didaktischen «Laboratorium» (Reichardt 2006: 93) realisiert werden, das inhaltlich auf die soziale Zukunft ausgerichtet ist und materiell auf «offen» angelegten Werken basiert, die den Kursteilnehmer/ inne/ n helfen, die erforderlichen Kompetenzstandards selbstständig zu definieren sowie eigene Strategien zu entwickeln und zu regulieren. Da auf semiotischem Feld - wie wir eingangs festgestellt haben - die Präsenz des Bildes heutige Lebenswelten dominiert, begünstigt dieser Umstand das Genre des Comics mit seinen intermedialen Wort-Bild-Relationen gerade auch im Fremdsprachenunterricht (vgl. Reichardt 2017: 141-178). So könnten den Lernenden zum Beispiel einige Episoden des postkolonialen Comics Volto Nascosto (2007/ 2008) des vielseitigen Autors Gianfranco Manfredi vorgestellt werden - ein italienischer Cartoonist, Liedermacher, Drehbuchautor und Schauspieler, der 1948 in Senigallia an der Adriaküste der Region Marken zur Welt kam und als Co-Autor und Schöpfer mehrerer italienischer Comicserien einen landesweiten Bekanntheitswert genießt (darunter: Magico Vento, Dylan Dog, Nick Raider und Tex sowie nach Volto Nascosto auch Shanghai Devil und Adam Wild). Die Handlung der Miniserie Volto Nascosto spielt gegen Ende des 19. Jahrhunderts zwischen Rom und Äthiopien sowie Eritrea - letztere zwei Länder waren damals italienische Kolonien in Afrika - und wird im Format von vierzehn Comic-Heften (quaderni) dargelegt, die in den Jahren 2007-2008 unter dem Titel Volto Nascosto veröffentlicht worden sind und dem/ der Leser/ in zwischen den Zeilen grundständige Ideen der Dekolonisierung, Hybridität und Postmoderne sowohl historisch als auch narratologisch anschaulich vermitteln. So ist der transkulturelle Protagonist des Comics zwar eine fiktive, aber auch historisch inspirierte legendäre Figur namens Volto Nascosto, der für die Befreiung seines afrikanischen Volkes während des Abessinischen Krieges bzw. des Ersten Italo-Äthiopischen Krieges (1895-96) gegen die italienischen Kolonisatoren kämpft. Die kriegerische Auseinandersetzung gipfelte bekanntlich in der Schlacht von Adua (1896), die mit der Niederlage der italienischen Armee endete: Dieses Ergebnis hatte zu Beginn des 20. Jahrhunderts insofern schwerwiegende historische Folgen, dass es der faschistischen Bewegung und erneuten kolonialen Aggression seitens Benito Mussolinis Auftrieb verlieh. Ebenso historisiert und von der gleichen revelatorischen, dekolonialistischen Absicht des Autors aus Senigallia motiviert ist die Comic-Serie Shanghai Devil (2011). Diese pädagogische Comicserie will ebenfalls über die koloniale Vergan- 235 <?page no="236"?> Dagmar Reichardt genheit Italiens aufklären, über dessen Rolle in der Welt informieren und den/ die Leser/ in mit einer hybriden Sprache unterhalten, die sich zwischen Wort und Bild, verbürgter Geschichte und freier Fiktion, bewegt. Shanghai Devil thematisiert den historischen Boxeraufstand (1899-1901), der sich gegen die Einmischung des Westens und Japans in China richtete, mit der Unterzeichnung der sog. «Ungleichen Verträge» (auch als «Boxerprotokoll» bekannt) 1901 endete und damit zum Sieg der Allianz von acht Nationen führte - darunter Italien, das damals zu den Großmächten gehörte, die an der Aufteilung Chinas interessiert waren. Eine weitere semiotische Sprache, die nicht ganz so eng mit der historischen Vergangenheit verbunden ist und sich tendenziell eher an aktuellen Ereignissen orientiert - obwohl auch sie auf eine sehr lange und berühmte italienische Tradition zurückblickt - ist die der Mode (vgl. Reichardt/ D’Angelo 2016). Der erkenntnistheoretische und phänomenologische Rahmen des Ankleidens verweist auf komplexe transkulturelle Parameter, die sich gut dazu eignen, auf systematische Weise mit vielen empirischen Realitäten und anderen Disziplinen in Kontakt zu kommen und einen transdisziplinären Diskurs zu verbreiten, der sich zwischen verschiedenen thematischen und medialen Sphären bewegt. Gerade der Kontext der Mode lässt diverse methodische Ansätze in Bezug auf den mit Italien assoziierten, kleidungsrelevanten soziologischen Habitus - inner- und außerhalb Italiens - zu, die im Unterricht vor dem Hintergrund paradigmatischer Kombinationen individueller sowie kulturell geprägter Geschmacksrichtungen diskutiert werden können. Das Thema Mode kann in verschiedene Richtungen ausgelegt werden: Da es übergreifende Themen tangiert, von denen mehrere für diejenigen, die Italienisch lernen, von Interesse sein dürften, ist das Modethema eine ideale Grundlage, um auf die unterschiedlichsten Themenbereiche in der bildenden, dramatischen und kulinarischen Kunst, der Architektur und Archäologie, des Tourismus, der Geschichte, Wirtschaft oder Produktionstechnologie, des Designs, des Tanzes, der Naturwissenschaften oder des digitalen Bereichs, der Fotografie, des Journalismus oder auch der Politik, der Musik, der Literatur und des Zeitgeschehens im Allgemeinen zu sprechen zu kommen. Auch die polyphone Kraft der Musik entwirft ein solch transdisziplinäres Lehrmodell 7 , das sowohl als Thema des Italienischunterrichts als auch als Mittel eingesetzt werden kann, um den Kursteilnehmer/ inn/ en das Erlernen des zu bewälti- 7 Der Begriff der Polyphonie ist insofern transdisziplinär, dass er sowohl im Bereich der Musik als auch in der Literatur als auch der Linguistik Anwendung findet (vgl. Reichardt/ Cicala 2020: 13-16). 236 <?page no="237"?> Die Geburtsstunde der «Italophonie» genden Curriculums zu erleichtern (vgl. Di Dio/ Bellagamba 2011; Reichardt/ Cicala 2020). Der semiotische Bereich der Musik umfasst - wie die Mode - eine nonverbale Sprache, die dazu beiträgt, kontraproduktive Impulse zu lösen, die oft einer schnellen und erfolgreichen Assimilation des Lehrstoffs und einem erfolgreichen Verständnis der fremden Sprache und Kultur im Weg stehen. Diese Konfrontation mit der Musik als nonverbaler Stimme, als vielstimmiger Chor oder kultureller Diskurs kann mit anderen hier bereits skizzierten Themen kombiniert werden - etwa mit regionalen Parametern (z.B. Sizilien oder Toskana), anderen Medien (z.B. Musik in Texten oder Soundtracks von Filmen), mit Migrationsdiskursen, dem Comic-Genre oder performativen bzw. musikaffinen Aspekten der Mode -, oder aber das Curriculum bleibt auf die Welt der italienischen Musik fokussiert, die ebenso berühmt wie reich an sowohl geschichtlichen als auch zeitgenössischen Liedermachern, Songtexten oder ausländischen Einflüssen und Einflussnahmen ist. Will der/ die Lehrende dabei der Komplexität gerecht werden, die jeder transkulturelle Unterricht voraussetzt, wenn er nahe an der Realität der Lernenden konzipiert wird, so weist die medizinische Anthropologin Nayantara Sheoran Appleton von der Universität Wellington in Neuseeland darauf hin, dass man - gerade auch im Fremdsprachenunterricht - «nicht dekolonisieren sollte, wenn [...] man nicht wirklich dekolonisiert» (sondern nur davon spricht, dies in Zukunft tun zu wollen; vgl. Appleton 2019; die Übers. des Titelzitats aus dem Engl. ins Dt. stammt von D.R.). Die Verwendung einer progressiven Sprache im Rahmen der transkulturellen Bildung hängt - Appletons Ratschlag zufolge - vor allem davon ab, inwieweit es dem/ der Lehrenden gelingt, die Lehrpläne und das Curriculum zu diversifizieren, mutig vom Kanon abzuweichen, das Wissen und die Wissensproduktion zu dezentralisieren, Hierarchien flach zu halten, oder bestimmte Stimmen und Meinungen, die vom Plenum geäußert werden, eher abzuschwächen und «andere» dagegen zu bestärken, um sich am Ende von den herrschenden Machtstrukturen zu lösen und einen kreativen Unterricht mit Innovationspotenzial zu gestalten. Zumindest im Hinblick auf diese letzte Forderung ist zu hoffen, dass die Vorteile eines Curriculums für einen (sowohl geistig als auch didaktisch) «mobilen» Italienischunterricht transparent werden: Er sollte im Prinzip die Lernenden in der kulturellen Sphäre, die sie sich zu erschließen vornehmen, mit einem inspirierenden, kritischen und zukunftsorientierten Blick begleiten. Die Methodik besteht kurz gesagt darin, am Beispiel Italiens stereotype, eurozentrische und hege- 237 <?page no="238"?> Dagmar Reichardt moniale soziokulturelle Kontexte in Frage zu stellen und stattdessen dem Spracherwerb durch Synkretismen mehr Bedeutung zu verleihen. Der Unterricht sollte Parameter der Transmedialität, Transgenerationalität, Diversifizierung, Völkerverständigung und Vernetzung explizit berücksichtigen, um eine enge Anlehnung an die Realität der postmodernen Gesellschaften, ein sozial kompatibles Miteinander innerhalb so genannter «Kontaktzonen» (contact zones; Pratt 1992: 7) und - was hier im Mittelpunkt steht - ein kontextbasiertes transkulturelles Verständnis der Zielsprache (d.h. hier: des Italienischen) zu begünstigen (vgl. Welsch 1999; Reichardt/ von Kulessa/ Moll/ Sinopoli 2017; Reichardt/ Moll 2018). 4.2 Ikonen der Transkulturalität Ein letztes transkulturelles Beispiel für ein umfänglicheres Bildungsprojekt basiert auf der Idee, den Lernenden im Unterricht mit berühmten Namen, Werken und Schlüsselfiguren aus der globalisierten italienischen Lebenswirklichkeit vertraut zu machen, wobei sich aus Aktualitätsgründen und mit Blick auf eine leichtere Identifizierbarkeit seitens der Teilnehmerschaft zur Einführung die Auswahl solch ikonischer Persönlichkeiten und Artefakte zunächst an der jüngeren Vergangenheit von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart - d.h. von den 1950er Jahren bis heute (ca. 1950-2022) - orientieren sollte (vgl. Capodaglio 2001; Reichardt/ Cicala 2022). Im Mittelpunkt des Interesses stehen dabei jene historischen Wurzeln einer zu diskutierenden innovativen, transkulturellen Denkart, die Phänomene aus diversen Disziplinen miteinander verflochten und dieses Ergebnis in einen neuen methodischen Zusammenhang bzw. Stildiskurs überführt haben. In diesem Modul stehen alle Disziplinen zur Disposition: von der Literatur, Linguistik, Musik und bildenden Kunst über das Theater, Kino, Design, die Mode, Ethnologie, Medienwelt oder den Journalismus bis hin zur Architektur, Religion, Medizin, Pädagogik, Politik und Wirtschaft sowie zu den Ingenieur- und Naturwissenschaften. Den multidisziplinären Ansatz sowohl mit der didaktischen Idee als auch mit der Analyse der sowohl in Italien als auch in der Diaspora zu beobachtenden kulturellen Praktiken zu verbinden, kann neue Konzepte, Modelle und Leitgedanken für die italienische Fremdsprachendidaktik bereitstellen. Um der transkulturellen Idee treu zu bleiben, ist es dabei methodisch sinnvoll, für jeden einzelnen Untersuchungsbereich im Rahmen des Curriculums einen vergleichenden Schwerpunkt 238 <?page no="239"?> Die Geburtsstunde der «Italophonie» zu setzen, der mindestens drei verschiedene Kultursphären als kleinsten gemeinsamen Nenner (d.h. möglicherweise auch noch mehr Kontaktzonen) abdeckt (vgl. die Einleitung zu: Reichardt/ Cicala 2022: 19). Sich systematisch mit der Wirkung zu befassen, die die verschiedenen italienischen Vordenker, Pioniere oder herausragenden Vertreter einer bestimmten Disziplin mit ihren Werken oder Erfindungen als Wegbereiter der Transkulturalität im Ausland bzw. rund um den Globus erzielt haben, hilft signifikant dabei, ihre geschichtliche Bedeutung adäquat wertzuschätzen. Das intellektuelle Erbe ausgewählter italienischsprachiger - historischer und transkultureller - Persönlichkeiten entsprechend dem Erfolg, den sie auf internationaler Ebene erzielt haben, zu betonen birgt auf gleich mehreren Ebenen ein didaktisch erfreulich großes Potenzial. Der Eingebung folgend, die Michele Nicotra und Antonina Bonarrigo in ihrer Studie über Ikonen als transkulturelles und spirituelles Erbe der Menschheit sowohl aus kultureller als auch wissenschaftlich neuronaler Perspektive vorgelegt haben (Nicotra/ Bonarrigo 2017), lassen sich auch im Fremdsprachenunterricht menschliche Verhaltensmuster jenseits sprachlicher, religiöser oder soziokultureller Gesten und Kommunikationsformen als künstlerische, rituelle, transnationale und ortsunabhängige symbolische Arten der Verständigung hinterfragen. Diejenigen Vertreter italienischer Kultur in der Welt in die didaktische Ausrichtung des Curriculums einzubeziehen, die soziokulturelle Veränderungen in ihren jeweiligen Zielgesellschaften bewirkt haben, erweist sich somit nicht nur als pädagogisch funktional, um ausländische bzw. fremdsprachige Studenten an der reichhaltigen Komplexität multimedialer Erfahrung teilnehmen zu lassen. Vielmehr bietet ein solches Vorgehen auch die qualitativ entscheidende Möglichkeit, ihnen die tiefgreifende kulturelle Schichtung bestimmter Werke und transformatorischer Handlungen begreiflich zu machen, die auf Erfindungen bzw. eine Erweiterung innovativer Techniken ausgerichtet sind und demzufolge - ausgehend von der italienischen Kultur - neue Ideen in plurale Gesellschaften eingebracht haben. Gleichzeitig vermitteln solch genialische Persönlichkeiten und ikonischen Werke dem/ der Lernenden ad hoc spezifische Aspekte der italienischen und glokal kompatiblen - historischen sowie gegenwärtigen - Realität(en). Ein Blick auf die akademische Italianistik zeigt, wie sich dieser fortschrittliche Ansatz in den theoretischen Überlegungen einiger Wissenschaftler auf dem Gebiet der transkulturellen Didaktik widerspiegelt. Wie wichtig die Anwendung und Umsetzung der transkulturellen Methode in der italianistischen Fremdsprachen- 239 <?page no="240"?> Dagmar Reichardt didaktik und generell in der Schulpädagogik sind, hat jüngst die im italienischösterreichischen Kontext aktive Didaktikerin Simona Bartoli Kucher (Bartoli Kucher 2019 und 2021) erforscht und ausführlich dargestellt. Ihre umfassenden Analysen sind auf italienischer Sprache 2019 in der wissenschaftlichen Reihe Studi di Linguistica Educativa von Massimo Vedovelli unter dem Titel Scritture in viaggio nel mediterraneo erschienen (Bartoli Kucher 2019), während die deutsche Ausgabe zum Thema Transkulturelle Literatur- und Filmdidaktik. Narrationen und Filme aus dem mediterranen Begegnungsraum (2021) Vorschläge für eine integrative Didaktik «zwischen» Sprache, Literatur und Film im deutschsprachigen Raum auffächert. Das Verdienst von Bartoli Kuchers integrativem Ansatz besteht vor allem darin, dass er (endlich) die transkulturelle Perspektive auf methodischer Ebene in den italienischen Fremdsprachenunterricht eingeführt hat, indem er sie erneuert und belebt: Ihre Publikationen übertragen die zuvor von der angelsächsischen Didaktik erarbeiteten Forschungseinsichten auf den italienischsprachigen Raum. Diese zuvor seitens anglophoner Wissenschaftler gewonnenen Ergebnisse wurden in Deutschland u.a. vom Autorenduo Doff und Schulze-Engler in ihrem Sammelband Beyond Other Cultures (Doff/ Schulze-Engler 2011) propagiert, der bewusst die Perspektive des Englischunterrichts außerhalb Großbritanniens und der USA in das Unterrichtsprogramm einbezieht und sich dabei gerade auf die Diaspora (und auf das Literaturstudium) konzentriert. Bartoli Kucher dockt die Didaktik des Italienischen nicht nur an diesen neuen Forschungsstand an, sondern auch an ein europäisches, ja globales Konzept, das sie in den mediterranen Diskurs einbettet. Ihre Publikationen zeigen in Wahrheit nicht nur die Rückständigkeit bzw. den z.T. überholten, ja regressiven Forschungsstand in der italienischen Fremdsprachendidaktik auf, sondern auch den mangelnden systematischen Blick für genuin europäische Interessen sowie Italiens transnationale Zugehörigkeit zur Mittelmeerkultur. Am Rande sei erwähnt, dass im selben Jahr von Bartoli Kuchers Scritture in viaggio nel mediterraneo auch die Neubewertung der Mittelmeerfrage aus einer transkulturellen Perspektive von Iain Chambers und Marta Cariello unter dem Titel La questione mediterranea (Chambers/ Cariello 2019) erschienen ist. Chambers’ und Cariellos Publikation befreit - im spezifisch italienischen Zusammenhang - das Thema eines Südens, der seit jeher als mit sozialem Rückstand und, vor allem in den 2000er Jahren, mit Migrationsproblemen belastet angesehen wird, vom Nimbus einer antiquierten Questione del mezzogiorno. Die beiden Autoren - nicht 240 <?page no="241"?> Die Geburtsstunde der «Italophonie» zufällig Anglisten - veröffentlichen nur wenige Jahre nach dem Höhepunkt der großen Flüchtlingskrise in Europa (2015/ 2016) eine neue Kartierung des migrantischen Mittelmeerraums, die sich als konstituierendes Element einer postkolonialen, globalisierten Welt - die heute von fluiden Geografien geprägt ist - versteht und ebenso selbstbewusst wie fundiert inszeniert. 4.3 Die transkulturelle Wende in der italophonen Fremdsprachendidaktik Die Brücke, die es in der italienischen Fremdsprachendidaktik in nuce bewusst zu schlagen gilt, besteht - zusammengefasst - darin, eine Verbindung «zwischen» der transkulturellen Theorie auf philosophisch-methodischer Ebene einerseits und der didaktischen Praxis im Seminarraum andererseits herzustellen, um die plurale Bildung mit dem ästhetisch-kulturellen Ansatz in der Fremdsprachendidaktik zu vereinen und beide Parameter aufeinander abzustimmen. In diesem Konstrukt genießt der literarische Diskurs weiterhin besondere Aufmerksamkeit, obwohl einfaches «Lesen» im Prinzip nicht ausreicht, wenn man das Ziel verfolgt, das heutige Italien auf einem Niveau zu unterrichten, das sowohl inhaltlich als auch didaktisch als fortschrittlich und zeitgemäß bezeichnet werden kann. Unter diesem Gesichtspunkt ist es nicht nur nützlich, sondern notwendig, neue didaktische Praktiken für den Unterricht sowohl der Sprache (LS/ L2/ L3) als auch der italienischen Literatur und Kultur in engem Kontakt mit den Lehrenden und Lernenden zu definieren. Im Hinblick auf das Profil des/ der Lernenden muss der/ die Lehrende versuchen, im Unterricht vor allem auf die Bedürfnisse der Digital Natives einzugehen, die dem Iconic turn nahestehen und daher für die Welt der Bilder empfänglich sind, ohne dabei die für das didaktische Ziel ausgewählten transdisziplinären Inhalte zu vernachlässigen - weder die Textanalyse noch das Erlernen der italienischen Sprache gemäß konventionell erprobter Sprachlehrbücher und -methoden. Insofern ist die von Tiberio Snaidero (Snaidero 2017 und 2019) vertretene Anschauung einer Mehrsprachigkeitsdidaktik, die Filmdidaktik und transkulturelle Literatur amalgamierend zusammenführt, besonders ergiebig, wenngleich dabei keine explizite Auseinandersetzung mit dem transkulturellen Theorem erfolgt. In seinen sowohl auf Deutsch als auch Italienisch erschienenen Handbüchern zu dem Thema schlägt er u.a. Lehrpläne und -stoffe vor, die den/ die Lernenden speziell mit 241 <?page no="242"?> Dagmar Reichardt der gegenwartsbezogenen italienischen Kultur - sowohl so wie sie außerhalb der Landesgrenzen als auch wie sie von in Italien wohnhaften Ausländern wahrgenommen und gelebt wird - in Italienischkursen (für ein mittleres oder fortgeschrittenes Niveau) vertraut machen. Das entscheidende Ziel dieses Leitfadens ist es, den/ der Fremdsprachenlernenden ein realistisches Bild der zeitgenössischen italienischen und italophonen Gesellschaft, ihrer Dynamik und jüngsten Geschichte vor Augen zu führen - etwas, das in vielen Italienischbüchern, die auch für Sprachkurse an Universitäten im Umlauf sind, keineswegs zentral ist, wodurch die Gelegenheit ungenutzt bleibt, sich einer Fremdsprachenkultur «auf allen Breitengraden» im reformierten Sinn des Verfassers anzunähern 8 . Snaideros Bücher zielen darauf ab, die Art und Weise des Kulturunterrichts in italienischen Fremdsprachenkursen zu aktualisieren, indem sie sich bemühen, Beispiele aus den innovativsten Ansätzen des Sprachunterrichts aufzuzeigen und praktische Hinweise und Beispielmodule zu beschreiben, die speziell für den Kulturunterricht in italienischen Fremdsprachenkursen entwickelt wurden. Die von Snaidero ausgewählten kulturellen und soziologischen Informationen sind für die Inhalte ausschlaggebend, die den Lernenden im Unterricht erklärt werden und die es ihnen ermöglichen, ein kritisches Bewusstsein zu entwickeln, und zwar 1.) sowohl gegenüber der italienischen Gesellschaft als auch 2.) gegenüber ihrer eigenen Gesellschaft, in der sie leben oder aus der sie stammen, sowie 3.) gegenüber Drittgesellschaften (in die sie z.B. ausgewandert sind). Auf diese Weise trägt der Italienischunterricht dazu bei, Bürger aus- und weiterzubilden, die bereit sind zuzuhören, Kulturzusammenhänge zu interpretieren und zu ergründen, um möglicherweise - darauf aufbauend - sozial empathischer und kulturaffiner zu handeln, indem sie von einem bekannten Bereich (ihrer eigenen Gesellschaft) zu einem unbekannten Bereich (der italienischen Kultur) geführt und auf ihrem Weg vom Ich zum «Anderen» didaktisch unterstützt werden. Nach der praktisch-theoretischen Wende, die zu den Veränderungen in der Hochschulbildung auf der Grundlage der Bologna-Erklärung (1999) und zu den 8 Der sinnbildliche Ausdruck einer italophonen Fremdsprachenkultur «auf allen Breitengraden» findet sich auf der Website des Turiner Verlages Marcovalerio, wo der Titel von Tiberio Snaidero (Snaidero 2019) auf italienischer («Italiano come LinguaCultura Straniera a tutte le latitudini») und englischer Sprache («Italian as a Foreign Language and Culture in all latitudes») paratextlich beworben wird (vgl. Marcovalerio - Libri e contenuti per la formazione e l’università, Tiberio Snaidero: Insegnare l’Italia di oggi. Guida a una didattica dell’interCultura italiana, online: https: / / www.marcovalerio.it/ titolo/ 9788875475253/ ; letzter Zugriff: 20.12.2022). 242 <?page no="243"?> Die Geburtsstunde der «Italophonie» europäischen Reformen geführt hat, die der Bologna-Prozess mit sich brachte und die fünfzehn Jahre später in der Ausrufung des Transcultural Turn (Bond/ Rapson 2014) gipfelte, muss man sich fragen, welche Lehrtechniken in der universitären Fremdsprachendidaktik angewandt werden sollen, um in Zeiten der Globalisierung transkulturelle Kompetenzen - von der Basis des heutigen gesellschaftlichen Lebens ausgehend - an interessierte Lerngruppen weiterzugeben. In der Tat ist das friedliche Zusammenleben der Völker heute ohne die vergleichende Verhandlung der Unterschiede, die unsere Kulturen auszeichnen, undenkbar. Um diese Aushandlungsprozesse zu ermöglichen, muss den weltgewandten Bürgern von morgen ein Wissen von heute vermittelt werden, das ihnen dabei hilft, die Herausforderungen einer Pluralität «zwischen» den Kulturen zu meistern. Dieser multiethnische, kaleidoskopische, prismatische und sprachlich zugleich sehr facettenreiche, diversifizierte und rhizomatisch vielstimmige Kulturenreichtum ist seit mindestens einem Jahrzehnt als weltweit vernetzt zu betrachten. Diese unumkehrbare Entwicklung der Lebensumstände muss auch im Bereich des modernen Fremdsprachenunterrichts gebührend berücksichtigt werden, prägen doch besagte - z.T. sichtbare, aber z.T. auch völlig unsichtbare - längst global verstrickte Strukturen unsere Weltkultur in Form eines Netzwerks, das alle Gesellschaften weltweit miteinander verbindet und auf transkultureller Ebene eint. Obwohl davon auszugehen ist, dass fast alle Sprachlehrenden die hier skizzierten nonverbalen, semiotischen und transkulturellen Techniken bereits kennen, teilweise nutzen oder zumindest gelegentlich intuitiv darauf zurückgreifen, so ist es doch von großer Wichtigkeit, sich ihrer Wirkung und ihres fortschrittlichen Potenzials nachdrücklicher bewusst zu werden. Die pädagogische Sensibilität für die Entwicklung transkultureller Soft Skills zu schärfen, ist sowohl auf Seiten der Lehrenden im face to face-Unterricht aus pädagogischer Sicht entscheidend als auch auf Seiten der Lernenden oder Studierenden während des Studiums und im wirklichen Leben von großer Tragweite, wo auch immer sie dem Unterricht folgen. Die (gegenseitige) Befruchtung der Kulturen (cross-fertilization) ist schon seit jeher der Motor der menschlichen Evolution gewesen und weist uns auch im Zeitalter der Globalisierung den Weg in die Zukunft. Diese historisch nachprüfbare Regel besagt, dass der/ die Lehrende die intrinsische Motivation des/ der Lernenden stärkt, indem beide ihre kulturelle Neugier reziprok kultivieren und ihre eigenen kognitiven und nicht-kognitiven Fähigkeiten aufeinander abstimmen. Die Lehrenden haben sich demnach in erster Linie auf die anspruchsvollen, postmodernen Ler- 243 <?page no="244"?> Dagmar Reichardt nenden zu konzentrieren, die sich ihrerseits mit einer transkulturellen Komplexität konfrontiert sehen, die eine angemessene didaktische Struktur erfordert. Es gilt - in anderen Worten - innerhalb der Grenzen des gegebenen didaktischen Resonanzraums geduldig eine reine Form aufzuspüren, die Roland Barthes als ein floating (dt.: Schweben) bezeichnet. Darunter versteht Barthes die eigentliche, «pure» Form des Signifikanten, die nichts zerstört, sondern sich damit begnügt, das Gesetz in Frage zu stellen. Das heißt, dass - auch im Fremdsprachenunterricht - berufliche Verpflichtungen (die gewissenhaft erfüllt werden sollten) sowie «Imperative» des Wissens, das «Prestige» einer Methode und auch ideologische «Kritik» durchaus der Hervorhebung, Betonung und Darlegung bedürfen, dass dabei aber alles - so Barthes - «schweben» muss: In short, within the very limits of the teaching space as given, the need is to work at patiently tracing out a pure form [...] (the very form of the signifier); a floating which would not destroy anything but would be content simply to disorientate the Law. The necessities of promotion, professional obligations (which nothing then prevents from being scrupulously fulfilled), imperatives of knowledge, prestige of method, ideological criticism - everything is there, but floating. (Barthes 1977: 215) In Wirklichkeit hat sich gemäß des Welschen Axioms (Transculturality - Already in History; Welsch 1999: 199-200) - dass es Transkulturalität nämlich bereits seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte gegeben habe (sie sich aber durch die akzelerierten Digitalisierungs- und Globalisierungsprozesse in der Postmoderne besonders augenfällig manifestiere), Transkulturalität also historisch gesehen schon über lange Perioden faktisch existent gewesen und nicht die Heterogenität, sondern vielmehr die Homogenität eine «Fiktion» sei (Welsch 1999: 200; vgl. auch Törnquist-Plewa/ Bernsand/ La Rosa 2017) -, demnach also kann sich auch die «Italophonie» nur zeitgleich mit den Anfängen der sog. «italienischen» Literatur- und Kulturgeschichte entfaltet haben. Die internationale Italianistik muss diesen Umstand (und Unterschied) nur noch als Gegebenheit anerkennen und sich gewissenhafter aneignen, in den Fremdsprachenunterricht verstärkt einbeziehen und in der Forschung nuancierter thematisieren bzw. zielbewusster vorantreiben, dann entwickelt sich vermutlich nicht nur die kollektive italienische Identität am Puls der Zeit in ihrer Einzigartigkeit potenzierter, weltoffener und transkultureller. Vielmehr käme eine solche methodische Wende auch einerseits dem/ der einzelnen Fremdsprachenlernenden der italienischen Sprache selbst - in Form eines persön- 244 <?page no="245"?> Die Geburtsstunde der «Italophonie» lichen Gewinns - zugute, andererseits aber (und das ist ja am Ende die nachhaltigere Motivation eines/ einer jeden am Unterricht Beteiligten) der Weltgemeinschaft. Genau das ist im Sinn einer hoffentlich zunehmend toleranten, aufgeschlossenen und weltgewandten Zukunft sowohl der italophonen als auch europäischen Kohäsion und historischen Vielfalt als auch insgesamt dem glokalen Gemeinsinn und Pazifismus auf transkontinentaler Ebene zu wünschen. Literaturverzeichnis Appleton, Nayantara Sheoran (2019): «Do Not ’Decolonize’... If You Are Not Decolonizing: Progressive Language and Planning Beyond a Hollow Academic Rebranding». In: Critical Ethnic Studies, University of Minnesota Press, 04.02.2019, online: http: / / www.criticalethnicstudiesjournal.org/ blog/ 2019/ 1/ 21/ do-not-decolonize-if-you-are-not-decolonizing-alternate-langua ge-to-navigate-desires-for-progressive-academia-6y5sg? fbclid=IwAR3zq8P u-9Wu3lyVxDQmI02po2o6i-4Vfpg3Sk59aGdJL1ukaSaDekRng_s (letzter Zugriff: 23.12.2022). Barthes, Roland (1977): «Writers, Intellectuals, Teachers». In: Barthes, Roland: Image - Music - Text, hg. und aus dem Französischen ins Englische übers. v. 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Abstract: Angesichts eines wachsenden Kommunikationsaustauschs zunehmend globaler Partnerschaften, migratorischer Bewegungen und vernetzter Medien gerade auch im Umfeld jener Standardzielgruppen, auf die der Italienischunterricht zwecks eines Zweit-, Dritt- und Fremdsprachenerwerbs (LS/ L2/ L3) ausgerichtet ist, hinterfragt dieser Beitrag zunächst historische sowie kultursoziologische Rahmenbedingungen und mögliche Beschaffenheiten einer noch auszurufenden Italophonie. Mittels einer Summa aus disparat vorliegenden Forschungsergebnissen der letzten zehn bis fünfzehn Jahre werden konkrete Ansätze und Unterrichtseinheiten im Dienst einer «Transkulturellen italianistischen Fremdsprachendidaktik» im Sinn der Linguistica educativa vorgestellt, um progressive Aspekte der Lebenswelten sowohl der Lehrenden als auch Lernenden in den Unterricht zu integrieren, dem Spracherwerb selbst mehr Sinnhaftigkeit zu verleihen und den Lernenden zu einem besseren kulturellen Verständnis des Ziellandes - d.h. Italiens - zu verhelfen. So werden in Interaktion mit hybriden, transdisziplinären und kulturübergreifenden Themenbereichen Lernende didaktisch dazu angeleitet, eigene transkulturelle Strategien auf dem Weg zu einer Weltkultur zu entwickeln, hier u.a. mit paradigmatischem Fokus auf das regionale Italien (3.1 Sizilien), Medien (3.2 Kino), die italophone Migrationsliteratur (3.3) sowie italienische Deklinationen des Comics, der Mode, Musik und Populärkultur (4.1-4.2). 250 <?page no="251"?> Die Geburtsstunde der «Italophonie» Biographical sketch: Dagmar Reichardt ist seit 2016 Professorin für Transkulturelle Studien am Fachbereich Soziologie der Lettischen Kulturakademie in Riga/ Lettland. Zuvor hatte sie zuletzt an der Fakultät der Künste der Universität Groningen/ Niederlande im Bereich Modern European Studies gelehrt. Mehrere internationale Gastprofessuren und Preise. Herausgabe von rund 100 Bänden sowohl im deutschen als auch internationalen Verlagswesen und rund 300 weitere Publikationen vorwiegend zu kulturwissenschaftlichen Themen sowie Forschungen und Übersetzungen innerhalb der Italianistik, u.a. zum Film (2014) und Werk von Pier Paolo Pasolini (2007, 2022) sowie Dacia Maraini (2024) oder zu medien- und literaturwissenschaftlichen Ansätzen. 2009 Gründungsmitglied und seitdem ständige Redaktionsleiterin (Ressort: Wissenschaft, Philosophie und Kulturtheorie) für das deutschsprachige Internetfeuilleton Kultur-Port.De. Seit 2022 Mitglied des PEN-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland (Exil PEN). 251 <?page no="253"?> Vittorio Prada (Universität Tübingen) Strategien zum Gewinn der Wählerstimmen in Italien. Populistische Rhetorik im neuen Millennium 1 Das politichese der Ersten Republik Nach dem Skandal von Tangentopoli (bekanntermaßen ein Synonym für Schmiergeldaffären) folgte ein regelrechtes politisches Erdbeben, das zur Auflösung einiger historischer und zur Entstehung neuer Parteien im nationalen Panorama führte, die sich bei den Wahlen von 1994 vorgestellt hatten. Der Umsturz des gesamten italienischen Parteiensystems und die Veränderungen in der Art und Weise, wie Politik betrieben wurde, war so radikal, dass die Presse, inzwischen aber auch der Großteil der Politikwissenschaftler, von einem Übergang Italiens von einer Ersten in eine Zweite Republik zu Beginn der 90er Jahre sprechen. Die am weitesten verbreitete sprachliche Form innerhalb der politischen Kommunikation, die von den politischen Vertretern der Ersten Republik 1 bewusst eingesetzt wurde, war das sogenannte politichese, das sich durch einen ebenso schwülstigen wie kryptischen Stil auszeichnete. Zwischen den 50er und den 80er Jahren 1 Prima Repubblica ist eine journalistische Bezeichnung für das politische System Italiens der Zeit zwischen 1948 und 1994, das vom Gegensatz der zwei großen Volksparteien, der Democrazia Cristiana und dem Partito Comunista italiano charakterisiert ist. Beide verschwinden mit dem Beginn der Zweiten Republik, die sich von der Ersten durch die Zersplitterung der Parteienlandschaft unterscheidet. Vgl. hierzu den Artikel «Repubblica»des Wörterbuchs Treccani: https: / / www.treccani.it/ vocabolario/ repubblica/ (letzter Zugriff: 05.08.2023). 253 <?page no="254"?> Vittorio Prada kritisierten aber viele Intellektuelle, darunter Italo Calvino 2 , Umberto Eco 3 und Natalia Ginzburg 4 , die damalige Führungsriege, der vorgeworfen wurde, sich einer sektiererischen und für den durchschnittlichen Italiener nahezu unverständlichen Sprache zu bedienen. 2 Silvio Berlusconi 2.1 Berlusconis Einlaufen «auf das Feld» und das gentese der Zweiten Republik In den 90er Jahren erreichte das Misstrauen der Bürger/ innen gegenüber der politischen Führung in Folge der Mani-Pulite-Untersuchungen ihren Höhepunkt. In diesem von tiefer Abneigung gegenüber den traditionellen Parteien und ihren Vertreter/ innen geprägten Klima, fasste Silvio Berlusconi den Entschluss, den politischen Ring zu betreten, indem er eine neue Partei, die Forza Italia, gründete. Berlusconi erkannte die Notwendigkeit, die Politik der Bevölkerung wieder besser zugänglich zu machen, und versuchte eine bislang unbekannte Form der Kommunikation zu erproben, die sich in dezidierter Weise dem «politichese» entgegenstellte, das in der Ersten Republik an der Tagesordnung war. Silvio Berlusconi hatte verstanden, dass ein geschliffener Stil und ein übertrieben hochgestochenes Vokabular nicht mehr den Anklang voriger Zeiten finden würden und wendete sich, im Gegensatz zu seinen Gegnern, mit einer klareren und direkteren Sprache an die Wähler/ innen, mit anderen Worten: der Sprache des Durchschnittsmenschen. Es ist kein Zufall, dass dieser Stil später als «gentese» (von la gente: das Volk) bezeichnet wird 5 . 2 Vgl. Calvino 1965, 1980. 3 Vgl. Dell’Anna/ Lala 2004. 4 Vgl. Ricolfi 2008. 5 Vgl. Beccaria 2006: «Anche da noi, con l’avvento della «seconda Repubblica», prese piede il cosiddetto «gentese», il discorso che si voleva chiaro, diretto, esplicito, non «difficile», che doveva parlare alla gente comune. Occorreva svecchiare il linguaggio politico nostrano, così prudente e oscuro. Ma è dilagato subito un linguaggio più popolaresco, più parlato, più disinvolto ma anche più rozzo e sbracato». - «Auch bei uns fasste mit dem Beginn der ‹Zweiten Republik› das sogenannte ‹gentese› Fuß, ein Stil, der klar, direkt, explizit und nicht ‹schwierig› sein wollte und sich an die einfachen 254 <?page no="255"?> Strategien zum Gewinn der Wählerstimmen in Italien Er, der Koalitionsführer der Mitte-Rechts-Parteien, bestand darauf, die Ideen und Konzepte auf einfache Art und Weise zu formulieren, damit auch die weniger Gebildeten sie verstehen konnten, und stellte sicher, dass auch seine engsten Mitarbeiter/ innen nur einen einfachen Wortschatz benutzten, in welchem sich der einfache Mann wiedererkennen kann. Berlusconi stammte nicht aus einer intellektuellen Schicht und sprach im Umgangston ohne jegliche Überheblichkeit. Er kreierte einen einfachen Wortschatz, äußerte sich verständlich, machte Witze, ironisierte und überzeugte mit Argumentationen, denen eine die klare und deutliche Sprache zugrunde lag. 2.2 Das Durchsetzen des Sportjargons in Politik und Zeitungen In seiner Redeweise griff Berlusconi außerdem auf das semantische Feld des Sports, und insbesondere auf das des Fußballs zurück, wobei er sich die Naivität der Fußballfans ebenso zunutze machte wie deren Neigung, sich mit Gewinnern zu identifizieren. Forza Italia, der Name der von ihm gegründeten Partei, erinnert beispielsweise mehr an Gesänge der Fangemeinde als an den Namen einer politischen Partei, und bereits seit seiner ersten offiziellen politischen Handlung bediente sich der Cavaliere bewusst des Ausdrucks «Einlaufen auf das Feld», statt «kandidieren» oder «in die Politik gehen» zu verwenden - so hat das Vokabular des Fußballs mit Macht Einzug in die politische Rhetorik gehalten (vgl. Abb. 1 und 2). Es ist zweifellos ein großer kommunikativer Erfolg Berlusconis, dass er auch seine Gegner/ innen im Laufe der Jahre gewissermaßen dazu gezwungen hat, auf seinem linguistischen Spielfeld zu spielen, und sei es nur, um ihm zu widersprechen. Die Metaphern und Ausdrücke, die der Parteivorsitzende von Forza Italia den Sportmagazinen entlehnte und dem politischen Kontext einverleibte, werden seit Jahren nicht nur von seinen politischen Gegnern, sondern inzwischen auch sehr häufig von Journalist/ innen der wichtigsten italienischen Tageszeitungen gebraucht, die mit der größten Nonchalance von «Konter», «Abseits», «Partie» und Ähnlichem sprechen. Leute richten sollte. Es war notwendig, unsere Sprache der Politik, die so zurückhaltend und undurchsichtig war, zu verjüngen. Aber es hat sich sofort ein volkstümlicherer, umgangssprachlicherer und ungezwungenerer, aber auch gröberer und nachlässigerer Jargon ausgebreitet». Übersetzung des Autors. 255 <?page no="256"?> Vittorio Prada Abbildung 1: Wahlplakat der Partei Forza Italia für den Wahlkampf 1994. Abbildung 2: Silvio Berlusconi und der Fußballspieler Filippo Inzaghi zeigen den Fotografen den Champions League Pokal, den der AC Mailand 2007 gegen den FC Liverpool gewonnen hat. 2.3 «Ich sage euch, dass es möglich ist, mit einer Politik des unverständlichen Geschwafels Schluss zu machen» 6 Die Rede vom «Einlaufen auf das Feld», die Berlusconi 1994 gehalten hatte, wird allgemein als Trennungslinie angesehen, die ganz deutlich in ein Vorher und ein Nachher innerhalb der politischen Rhetorik einteilt. Denkwürdig ist die Einleitung von Silvio Berlusconis Fernsehansprache - er beginnt nämlich mit: «Italien ist das Land, das ich liebe», also einer regelrechten Liebeserklärung an das Land, in dem er geboren ist - und untermauert dies mit: «Hier habe ich meine Wurzeln». Danach klagt der Cavaliere jedoch während seiner Ansprache die politischen Gegner/ innen an, eine undurchsichtige Sprache zu verwenden, um die Wähler/ innen zu verunsichern, und verspricht daraufhin, die politische Kommunikation für die Massen ‹zugänglicher› zu machen. Die Anzahl der Worte der offiziellen Hymne von Forza Italia, die als Hintergrund der berühmten Spots diente, die auf seinen privaten Fernsehkanälen aus Werbungsgründen ausgestrahlt wurden, ist beschränkt - es «sind vielleicht 30, 6 Die vollständige Version von Berlusconis Rede vom ‹Einlaufen auf das Feld› ist online verfügbar. Siehe unter YouTube: http: / / www.youtube.com/ watch? v=B8-uIYqnk5A&feature=related (letzter Zugriff: 31.07.2023). 256 <?page no="257"?> Strategien zum Gewinn der Wählerstimmen in Italien nicht mehr, denn sie sollen keine Ideen vermitteln, sondern lediglich Gefühle» (Corrias/ Gramellini/ Maltese 1994: 81) 7 . Am Vorabend der politischen Wahlen vom 13. Mai 2001 versandte Berlusconis Team für eine Gesamtsumme von 15 Milliarden Lire die Biographie des Parteiführers von Forza Italia, in seinem eigenen Verlag Mondadori veröffentlicht, an die Adressen von gut 20 Millionen Italiener/ innen. Es handelte sich um eine beschönigende, lobende Publikation, in deren Zentrum der Cavaliere stand - sie war einfach zu lesen und der Schwerpunkt lag weniger auf dem Text als auf den Fotoaufnahmen. «Eine italienische Geschichte», so der Titel des Werks, erzählt, wie in einem Märchen, auf eine einfache und leicht verständliche Weise Berlusconis Biographie. Das im Buch verwendete Vokabular bestand aus 3000-5000 Wörtern (vgl. Amadori 2002: 109-110), die für den Großteil der Bürger/ innen verständlich waren. Im Jahr 2022, 20 Jahre später, hält Berlusconi weiterhin in seiner Redeweise an umgangssprachlichen Begriffen und für den allgemeinen Sprachgebrauch typischen Ausdrucksweisen fest. Im September 2022 hat er auf seinem eigenen Instagram- Kanal eine Videorubrik eingeweiht, um die Punkte seines Parteiprogramms zu illustrieren: «Ich beginne mit einem Sprichwort. ‹Eine Pille am Tag hält den Doktor fern›. (Una pillola al giorno leva il medico di torno; aus dem Engl.: An apple a day keeps the doctor away.) - Eine Pille am Tag von unserem Programm müsste die Herrschaften der Linken fernhalten. Die heutige Pille sind die Steuern» (Instagram, 6. August 2022). 3 Matteo Renzi 3.1 Die «Verschrottung» Als ausgezeichneter «Schüler» des Cavaliere, was die politische Kommunikation angeht, hat sich zweifelsohne Matteo Renzi erwiesen, der jahrelang mit Schlagwörtern Politik machte und dessen Sprache direkt, eindeutig und dem allgemeinen Sprachgebrauch nahe ist. Während seiner Zeit als Bürgermeister von Florenz strebte er nach dem Posten des Parteivorsitzenden des Partito Democratico. Damals 7 Übersetzung des Autors. 257 <?page no="258"?> Vittorio Prada versprach Renzi, die italienische Führungsriege, die seiner Meinung nach aus einer Oligarchie der Älteren, meist Männern, die häufig inkompetent waren und regelrecht an ihren Sitzen klebten, bestand, zu erneuern. Diesbezüglich verwendete er, mit dem Ziel der Volksverhetzung, in regelmäßiger Häufigkeit den Begriff «Verschrottung» («rottamazione»). Das Bild der Verschrottung, das in jeder Hinsicht das Sinnbild seiner politischen Kommunikation war, wurde so zu einem epochemachenden Slogan, reinigend und äußerst wirkmächtig (vgl. Testa 2012). 3.2 Unabdingbarer Optimismus und ikonische Kommunikation Renzi erinnert nicht nur wegen seiner durch Umgangssprachlichkeit und Empathie geprägten Rhetorik an Berlusconi, sondern auch, wenn er ironisiert und in der Öffentlichkeit ostentativ Optimismus zur Schau stellt. Im Amt als Staatsoberhaupt lud er die Medien und die Politik dazu ein, aus dem «Chor der Wehklagen» auszusteigen, der in Italien alles hässlich und im Ausland alles schön erscheinen lässt. Im Jahre 2011, als die Wirtschaftskrise das Land fest im Griff hatte, behauptete Berlusconi, während einer Pressekonferenz von Journalist/ innen bedrängt, starrsinnig, die italienischen Bürger/ innen seien wohlhabend, der Konsum sei nicht zurückgegangen, die Restaurants seien voll und es sei schwierig, einen Platz im Flugzeug zu buchen. Der Vorsitzende von Forza Italia sprach nicht von Finanzkrise, sondern von Psychokrise, und forderte sogar dazu auf, den verlogenen Medien ebenso zu misstrauen wie den Kassandren, die unbegründete Ängste einflößten. Auf dieselbe Art und Weise regte sich Renzi über diejenigen auf, die er als «Schwarzmaler», «Bremser» und «Defätisten» bezeichnete, die «wollen, dass alles vor die Hunde geht» und die im Volksjargon immer nur «dagegen rudern» (Cerno/ Damilano 2014). 3.3 Die politische Instrumentalisierung des Sports Mit dem Ziel, die eigene Popularität zu steigern, hat auch Renzi sich auf strategische Weise des Sports bedient. Nach jedem sportlichen Erfolg der italienischen Nationalmannschaft rief der damalige Premierminister diese an, um sie zu beglückwünschen, und lud sie in den Palazzo Chigi ein, wo er sich mit ihnen zusammen 258 <?page no="259"?> Strategien zum Gewinn der Wählerstimmen in Italien von der Presse ablichten ließ. Mit dem Tennisschläger in der Hand ließ er sich mit den Tennisspielerinnen Errani und Vinci verewigen, die gerade vom historischen Sieg in Wimbledon zurückgekehrt waren (vgl. Abb. 3). Ebenso ließ er sich mit der Volleyballnationalmannschaft der Frauen, die in die Endrunde der Weltmeisterschaften gelangt war, fotografieren (vgl. Abb. 4). Nach dem Sieg von Nibali beim Giro d’Italia kümmerte sich Renzi sofort darum, den italienischen Radfahrer öffentlich zu ehren, indem er ihm den folgenden Tweet widmete: «Mamma mia, lo Squalo! Grande Vincenzo Nibali. L’Italia è orgogliosa di te #giro2016» («Mamma mia, der Hai! Großartig, Vincenzo Nibali. Italien ist stolz auf dich #giro2016» - Twitter, 28. Mai 2016). Außerdem stellt Renzi eine tiefe Leidenschaft für den Fußball zur Schau: 2015, vor einem Arbeitstag voller diplomatischer Treffen in Kuba im Rahmen eines Staatsbesuchs, ließ er sich beim Joggen an der Strandpromenade von Havanna mit einem T-Shirt der italienischen Fußballnationalmannschaft fotografieren. In der Heimat wiederum wird er häufig von Fernsehkameras im Stadion Franchi in Florenz gezeigt, wo er gerne die Meisterschaftsspiele seiner Lieblingsmannschaft verfolgt, oder aber er ist beim Kleinfeldfußballspielen mit Freunden oder Kollegen zu sehen. Abbildung 3: Matteo Renzí empfängt im Palazzo Chigi (der Amtssitz des italienischen Ministerpräsidenten) die Tennisspielerinnen Errani und Vinci, die gerade ihren historischen Sieg in Wimbledon errungen haben. Abbildung 4: Matteo Renzi mit der Volleyball-Nationalmannschaft der Frauen. 259 <?page no="260"?> Vittorio Prada 3.4 Empathie und Solidarität Wenn es stimmt, was Nanni Moretti in einem berühmten Ausspruch im Film Palombella rossa sagt, nämlich: «Die Worte sind wichtig», dann ist jedoch der Körper in der modernen italienischen Politik noch viel wichtiger, denn Renzi war vor allem in der jüngsten Vergangenheit ein Meister der Selbstinszenierung. In Europa kursierte z.B. ein Video, in dem Renzi an der Initiative «Ice Bucket Challenge» teilnimmt, die Gelder für die Erforschung und Bekämpfung der amyotrophen Lateralsklerose (ALS) sammelte. Dabei schüttet er sich im Garten seines Hauses, lediglich mit Hemd und Shorts bekleidet, einen Kübel Eiswasser über den Kopf und macht sich von Kopf bis Fuß nass (vgl. Abb. 5). Diese Geste hatte ein doppeltes Ziel: Auf der einen Seite zeigte sie die Freundlichkeit und Solidarität des Ministerpräsidenten, auf der anderen Seite zeigte sie das Bild eines Politikers, der sich frei von Überheblichkeit für Albernheiten zu wohltätigen Zwecken hergibt. Abbildung 5: Matteo Renzi nimmt an der «Ice Bucket Challenge» teil, bei der er sich in seinem Hinterhof einen Eimer Eiswasser über den Kopf schüttet, um Spenden für die Erforschung der Amyotrophen Lateralsklerose zu sammeln. Ähnlich verhielt sich Matteo Renzi während der Vorwahlen für das Amt des Vorsitzenden des Partito Democratico am 8. Dezember 2013 - nachdem ihm vorgeworfen wurde, einen übermäßig hitzigen Kampf gegen die ‹Parteiälteren› angetreten zu haben, lässt er sich lächelnd für die populäre Zeitschrift Oggi ablichten, wobei er zärtlich seine über 80-jährigen Großmütter in den Armen hält. Auf der Titelseite prangte die Schlagzeile «Ich werde diese Politiker verschrotten (nicht meine Omas)» (vgl. Abb. 6). 260 <?page no="261"?> Strategien zum Gewinn der Wählerstimmen in Italien Abbildung 6: Matteo Renzi mit seinen beiden Großmüttern auf dem Cover der Zeitschrift Oggi. 3.5 Jugendlichkeit als Markenzeichen Der derzeitige Vorsitzende von Italia Viva war sowohl der jüngste Bürgermeister von Florenz als auch der jüngste Premierminister aller Zeiten. Um sein jugendliches Alter zu unterstreichen hat er alles dafür getan, um (im Lauf der Jahre) das frische Bild von sich selbst als einem leidenschaftlichen Politiker mit draufgängerischem Aussehen aufrecht zu erhalten. Im Jahr 2013 präsentierte er sich beispielsweise in der Talentshow Amici, die auf Berlusconis Privatsendern ausgestrahlt wurde und unter den italienischen Jugendlichen extrem beliebt war, mit einer Lederjacke im Stil von Marlon Brando. Während seines Auftritts interagierte er mit einem Publikum aus Jugendlichen auf eine ungezwungene und vollkommen umgangssprachliche Art. Die «Operation Sympathie» war an ein nationalpopuläres Publikum gerichtet und hatte zum Ziel, Zustimmung von der ganz jungen Wählerschaft zu gewinnen. 3.6 Spontaneität und Zwanglosigkeit Auch im Parlament stellt Renzi offen einen bewusst zwanglosen Stil zur Schau, wenn er beispielsweise beim Sprechen die Hand in der Hosentasche lässt, um die Distanz zwischen sich selbst und den politischen Repräsentanten der alten Garde 261 <?page no="262"?> Vittorio Prada zu unterstreichen. Im Jahr 2012, kurz vor den Vorwahlen des Partito Democratico, präsentierte er sich in weißem Hemd mit hochgerollten Ärmeln zum Fernsehduell mit dem (deutlich älteren) Gegenkandidaten Pierluigi Bersani, der dagegen Jackett und Krawatte trug. Im Übrigen sind das Tragen einer Krawatte oder das Siezen mittlerweile als Bräuche und Sitten der alten Politik etwas geradezu Prähistorisches und völlig aus der Mode. Diesbezüglich schreibt der Journalist Ceccarelli: Es ist fast unmöglich, sie die Hand schütteln zu sehen, viel eher ergreifen sie beim Bad in der Menge so viele Hände wie möglich, aber noch häufiger geben sie sich die Hände halb in der Luft, wie beim Armdrücken, oder sie begrüßen sich mit High Five. Das ‹Sie› existiert nicht, höchstens als Vorspiel einer Distanz oder einer Beleidigung. Unter sich duzen sich alle immer [...] (Ceccarelli 2018a: 863, 2018b) 8 . Renzi ist außerdem bestens mit der modernen Technologie und den sozialen Netzwerken vertraut, derer er sich bedient, um sich ungefiltert an die Wähler zu wenden. Seinen Befürworter/ inne/ n antwortet Renzi nicht auf eine gekünstelte oder gewählte Art, sondern bevorzugt eine Kommunikationsweise, die ein Großteil seiner Follower als dem eigenen kulturellen Horizont nahe empfindet. Die Slogans in Form von Tweets, knapp, spontan, leicht und häufig dreist, sind die perfekte Synthese der Kommunikation Renzis. 4 Matteo Salvini 4.1 Der zerstörerische Schaufelbagger Wenn Renzi ein ‹smarter› Leader mit einem gewissen spitzbübischen Aussehen ist, dann ist das besondere Merkmal des Parteivorsitzenden der Lega, Matteo Salvini, ehemals stellvertretender Ministerpräsident und Innenminister, die Entscheidungsfreude, mit der er Vorkehrungen und Maßnahmen ankündigt, die getroffen werden müssen, um die Probleme zu lösen, die in Italien vorherrschen. Nachdem er im Jahr 2013 die Führung der Lega übernommen hat, als diese auf ein historisches Minimum von 4% abgerutscht war, benötigte auch Salvini einen Slogan, der 8 Übersetzung des Autors. 262 <?page no="263"?> Strategien zum Gewinn der Wählerstimmen in Italien die öffentliche Meinung beeindrucken und in den Köpfen haften bleiben würde, ganz wie der der «Verschrottung» seines Rivalen Matteo Renzi. Und so wurde die äußerst erfolgreiche Idee des Schaufelbaggers («la ruspa») geboren, die genau auf die der Verschrottung verweist: eine kurze und bündige, sofort eingängige Metapher, die Salvini und seine Entourage zu übernehmen beschlossen haben, um all das «niederzureißen», was ihrer Meinung nach an Negativem in Italien existiert: die unerlaubten Nomadencamps, die ehemalige Regierung Renzis, und nicht zu vergessen den Euro oder die sogenannte ‹kriminelle Währung› ([s.n.] 2014), die das Land seiner Meinung nach arm gemacht hat. Das Bild des Schaufelbaggers fand sofort Anklang bei Salvinis Wählerschaft und hat sich schnell zu einem oft wiederholten Schlagwort entwickelt. Ende November 2018 bestieg der damalige Innenminister Salvini einen Bagger und begann, mit einem Helm auf dem Kopf, vor laufenden Kameras eine Villa abzureißen, die von der Mafiafamilie Casamonica in Rom illegal erbaut worden war. Das Bild eines zerstörerischen Schaufelbaggers, der laut Salvini «den vielen begangenen Fehlern den Prozess macht» («La ruspa fa giustizia di tanti errori» [s.n.] 2015), ist absolut simpel und spiegelt perfekt die Standhaftigkeit der Lega und die Vehemenz ihrer Vertreter wider. Als der Capitano, wie ihn seine Anhänger/ innen nennen, das Amt des Innenministers wieder bekleidete, versprach er, hinsichtlich der Landung von Flüchtlingen an den italienischen Küsten unflexibel zu sein, und drohte der Europäischen Union in den sozialen Medien, die Häfen zu schließen und die internationalen Abkommen nicht zu unterschreiben. Als Gast eines Fernsehprogramms, das sich mit politischen Hintergründen beschäftigt, erklärte er: «Es macht mich rasend, wenn wir jedem Dahergelaufenen von der anderen Seite der Welt helfen, aber wir helfen nicht denen, die bei uns im eigenen Haus leben» («Io mi imbestialisco quando aiutiamo chiunque sia dall’altra parte del mondo e non aiutiamo chi c’è in casa nostra», Dimartedì, La7, 17.02.2015), während er auf Twitter Slogans veröffentlichte, die ebenso unumstößlich wie im Telegrafenstil waren: «STOP Ong, STOP Schleuser, ich ändere meine Meinung nicht, es wird nicht aufgegeben! » «STOP Ong, STOP scafisti, io non cambio idea, non si molla! », 09.01.2019), «die Italiener zuerst» («prima gli italiani», 02.09.2022). 263 <?page no="264"?> Vittorio Prada 4.2 Die politische Kommunikation in den sozialen Netzwerken In einem Artikel in Il Sole 24 ore wurde darauf aufmerksam gemacht, wie sich die Wahlkampagne der politischen Wahlen im März 2018 ins Internet verschoben und sich das Ende einer Ära hinsichtlich der politischen Kommunikation vollzogen hatte (vgl. Gagliardi/ Marini 2018). Die großen Parteien haben in der Tat die traditionellen Propagandainstrumente wie z.B. Ansprachen auf öffentlichen Plätzen und das Aufstellen von Wahlplakaten reduziert, um sich auf die sozialen Netzwerke zu konzentrieren, die gezielte Kampagnen und eine größere Interaktion mit den Nutzer/ inne/ n gestatten. Es war vor allem Salvini, dessen Rhetorik, die anscheinend auch funktionierte, instinktiv und spontan erscheint, aber in Wirklichkeit nichts dem Zufall überlässt, der stark auf die politische Kommunikation in den sozialen Netzwerken setzte. Die Kommunikationsstrategie, die er anwendet, nimmt voll und ganz die Sprache der Influencer der größten Social-Media-Plattformen auf. Und es verwundert daher nicht, wenn es ausgerechnet er ist, der im Ranking der am meisten gefolgten Influencer-Politiker an erster Stelle steht, mit mehr als 5 Millionen Followern auf Facebook, 2 Millionen auf Instagram und 1,4 auf Twitter (Calabrese 2022) 9 . Seine Nachrichten, die von einem Team von tüchtigen und jungen Expert/ inn/ en am Reißbrett akribisch geplant und entworfen werden (vgl. Florio 2021), sind sehr direkt, unverblümt, elementar, häufig aggressiv und voller Provokationen und eignen sich perfekt dazu, eine wenig gebildete Wählerschaft für sich einzunehmen. Denn Salvini weiß genau, dass der durchschnittliche Bildungsgrad seiner Wählerschaft nicht besonders hoch ist: eine Studie der Meinungsforschungsinstitute Ixé und Emg Acqua aus dem Jahr 2019 ergab, dass 55% der Lega-Wähler/ innen lediglich einen Haupt- oder Realschulabschluss besitzen (vgl. Lauria 2019). 4.3 Die Infantilisierung der Erwachsenen Am 26. Dezember 2018 postet Salvini auf seinem Twitter-Account ein Foto, auf dem er in eine Scheibe Brot mit Haselnusscreme beißt, versehen mit dem Kommentar «Mein Santo Stefano [zweiter Weihnachtsfeiertag] beginnt mit Brot und 9 Übersetzung des Autors. 264 <?page no="265"?> Strategien zum Gewinn der Wählerstimmen in Italien Nutella, und eurer? ? ? » (vgl. Abb. 7). Im Netz folgt augenblicklich eine Welle von Hunderten von Kommentaren. Viele davon geben zu bedenken, dass der amtierende Innenminister, statt die Bürger/ innen mit jeder Menge pubertärer Selfies über sein Frühstück zu informieren, sich um ganz andere Fragen kümmern sollte, vor allem wenn man die Tatsache bedenkt, dass an jenem Tag Catania von den Stößen eines Erdbebens geweckt und in Pesaro am Vortag der Bruder eines Mafia- Kronzeugen von der ’Ndrangheta umgebracht worden war. Die Follower und Unterstützer/ innen von Salvini verteidigen hingegen seinen Einfall, den sie für vollkommen unschuldig und spontan und vor allem Lichtjahre entfernt von den blasierten Haltungen der Politiker früherer Zeiten halten. Abbildung 7: Matteo Salvini postet ein Foto auf seinem Twitter-Account, auf dem er in ein Nutellabrot beißt. 4.4 Vom Paradigma der Überlegenheit zum Paradigma der Spiegelung 10 Ein weiteres Beispiel der Aktivität Salvinis in den sozialen Medien ist ein Morgengruß an seine Internetfreunde - er widmete ihnen ein Zitat aus einem Bacio Perugina mit den folgenden Worten: «Der Tag beginnt mit einem schönen Bacio Perugina: ‹Die Freundschaft bereitet großes Glück mit kleinen Gesten›. Ich umar- 10 Vgl. Antonelli 2007: 85. 265 <?page no="266"?> Vittorio Prada me Euch! » (Twitter, 05.12.2018). Daneben fragte er auch nach Empfehlungen für die Genesung bei einer Grippe: «Fieber und Erkältung. Habt ihr andere Ratschläge außer Paracetamol? » (Twitter, 07.01.2018, vgl. Abb. 8) oder er informierte seine Follower über seine Mahlzeiten: «200 g Bucatini von Barilla, ein bisschen Ragout von Star und ein Glas Barolo von Gianni Gagliardo. Dem Bauch zum Trotz! Einen schönen Nachmittag, Freunde» (Twitter, 04.12.2018, vgl. Abb. 9) 11 . Abbildung 8: Matteo Salvini informiert seine Anhänger über seinen Gesundheitszustand und bittet sie um Tipps, wie er sich von der Grippe erholen kann. Abbildung 9: Matteo Salvini postet sein Mittagessen in den sozialen Medien. Diese Aufmerksamkeit, die er gegenüber dem Alltag zeigte, war einer der Gründe, die Salvini wahrscheinlich glaubhafter erscheinen ließen als andere politische Führer, die vielmehr als distanziert, blasiert und zu sehr in ihren Elfenbeintürmen der Macht eingeschlossen wahrgenommen wurden. Es überrascht indessen nicht, dass Salvini seine Gegner angreift, indem er sie zum Beispiel auf Facebook als «radikalschicke Nörgler der Kaviar-und-Champagner-Linken» («rosiconi radical-chic della sinistra ‹caviale & champagne›») bezeichnet (vgl. Cortelazzo 2019). Um hervorzuheben, dass er einer aus dem Volk ist, postete Salvini im Sommer häufig auf seinem eigenen Account Fotos, die ihn mit nacktem Oberkörper zeigten: am Strand, von anderen Badegästen umgeben (vgl. Abb. 10), auf dem Boot mit seiner Lebensgefährtin (vgl. Abb. 11) oder zusammen mit normalen Bürger/ inne/ n in ei- 11 Vgl. Valentini 2018. 266 <?page no="267"?> Strategien zum Gewinn der Wählerstimmen in Italien nem Fischgeschäft oder auf dem Markt, wo er die Qualität der ausgestellten Produkte lobt (vgl. Abb. 12). Das Zurschaustellen des Körpers, ein echtes Tabu in der Ersten Republik, ist das Ergebnis einer bewussten Entscheidung, und der «Oberkörpernudismus» von Salvini ist eine Art Botschaft an die Bürger/ innen und Wähler/ innen: «Das bin ich, auch am Strand habe ich nichts zu verbergen, ich bin wie ihr, Freunde [...]» (Mastrantonio 2018). Abbildung 10: Salvini am Strand in Badehose und andere Badegäste posieren für ein Selfie. Abbildung 11: Matteo Salvini, der mit der Moderatorin Elisa Isoardi Urlaub auf den Tremiti-Inseln macht, postet in den sozialen Medien ein Foto des Paares, das an Bord eines Bootes aufgenommen wurde. 4.5 Der Körper des Staatsoberhaupts 12 Im Dezember 2014 ließ sich Salvini von der Wochenzeitschrift Oggi porträtieren - auf einem Bett liegend, mit nacktem Oberkörper, und trug dabei lediglich eine 12 Vgl. Belpoliti 2009. 267 <?page no="268"?> Vittorio Prada Abbildung 12: Auf einem Fischmarkt in Manfredonia (Apulien) lobt Matteo Salvini die Güte der angebotenen Produkte, mit freiem Oberkörper. grüne Krawatte (vgl. Abb. 13 und 14). Es handelte sich damals um eine an seinen Rivalen Matteo Renzi adressierte Herausforderung, die auf ikonographischer Ebene ausgetragen wurde. In der Tat war der Gegner vom Partito Democratico einige Monate zuvor lächelnd und in der Pose eines Sexsymbols auf den Seiten von Vanity Fair erschienen, für die er vom Chefredakteur der deutschen Wochenzeitung Die Zeit, Giovanni di Lorenzo, interviewt worden war - auf dem Cover ist er mit geheimnisvollem Blick, die Krawatte über einem weißen Hemd zurechtmachend, zu sehen (vgl. Di Lorenzo 2013 und Abb. 15 -17). In der populären Zeitschrift Oggi bezeichnete sich Salvini als ein nachlässiger und fauler Mann und fügte hinzu, dass er deshalb nun einen Bart trage, und unterstrich dadurch, weniger eitel zu sein als sein politischer Antagonist. Einem Journalisten der Wirtschafts- und Finanzzeitung Il Sole 24 ore gegenüber, der Salvini fragte, ob die Fotografie (mit nacktem Oberkörper und grüner Krawatte) ein Schachzug sei, um Wählerstimmen zu gewinnen, antwortete der Parteivorsitzende der Lega: Es war, um mich selbst auf den Arm zu nehmen, ich habe keinen besonderen Körper, habe kaum das Fitnessstudio besucht und bin fast nicht gebräunt. Es sollte ein Scherz sein, es ist wahr, dass über sich selbst zu lachen guttut, viele nehmen sich selbst viel zu ernst» ([s.n.] 2014), und fügte hinzu, dass die Einnahmen aus dem Verkauf der Bilder einem wohltätigen Zweck gespendet worden seien. 268 <?page no="269"?> Strategien zum Gewinn der Wählerstimmen in Italien Abbildungen 13 und 14: Matteo Salvini posiert ohne Hemd für die Zeitschrift Oggi. Abbildungen 15, 16 und 17: Matteo Renzi posiert für die Zeitschrift Vanity Fair. 5 Giorgia Meloni 5.1 Der Leaderismus Nach dem Triumph der Fratelli d’Italia bei den politischen Wahlen im Jahr 2022 wurde Giorgia Meloni Ministerpräsidentin, die erste Frau in der Geschichte Italiens, die dieses Amt innehat. Seit ihrem Auftritt als Gründerin und in der Folge als Vorsitzende der Fratelli d’Italia, vor allem aber während der letzten Wahlkampagne, wurde Meloni Protagonistin der wichtigsten Talkshows im öffentlichen und privaten Fernsehen und ist praktisch die einzige Vertreterin, die das Bild der Partei in den Medien vertritt. Für den Erfolg der Fratelli d’Italia ist sie, die Vorsitzen- 269 <?page no="270"?> Vittorio Prada de, mit ihren Fähigkeiten, ihrem jungen und entschlossenen Auftreten, ihrer Gesprächsbereitschaft, eherne Thesen zu verfechten und dialektische Auseinandersetzung nicht zu fürchten, zum großen Teil alleine verantwortlich (vgl. Ventura 2022). 5.2 «Ich bin Giorgia». Die Personalisierung der Politik Es ist unzweifelhaft, dass die im Moment stärkste Partei der italienischen Rechten sowie die erste Partei auf nationaler Ebene von einer starken Personalisierung charakterisiert ist: Das zeigt im Übrigen deutlich der berühmte Slogan «Ich bin Giorgia, ich bin eine Frau, ich bin eine Mutter, ich bin Italienerin, ich bin Christin» («Io sono Giorgia, sono una donna, sono una madre, sono italiana, sono cristiana»), den die aktuelle Premierministerin mit der eindeutigen Absicht, äußerst traditionelle Werte zu verteidigen, auf vehemente Art während einer Veranstaltung der Mitte-Rechts-Partei auf dem Platz San Giovanni in Rom mitten in der Wahlkampagne ausgesprochen hatte und den sie heftig umjubelt in Andalusien im Rahmen der Ansprache von Vox, der spanischen Partei der extremen Rechten, wiederholte: «Nuestra identidad està atacada [. . . ] Yo soy Giorgia, soy una mujer, soy una madre, soy cristiana! Eso no me lo puede quitar nadie» (Buj 2022). Nachdem sie zur Premierministerin gewählt worden war, stellten sich viele Journalist/ inn/ en die Frage, mit welcher Bezeichnung sie in offiziellen Mitteilungen von der Parteivorsitzenden der FdI sprechen sollten, vor allem nach ihrer Entscheidung, sich «Herr Ministerpräsident, Euer Ehren Giorgia Meloni» ([s.n.] 2022b) nennen zu lassen, mit der sie sich für die traditionelle männliche Form entschied. Als sie zu den Diskussionen Stellung nahm, die diese Entscheidung mit sich gebracht hatte, und die von vielen als offensichtlich konservativ aufgefasst wurde, nutzte Meloni die Gelegenheit, um sich auf der einen Seite als auf die unmittelbaren Probleme, denen es zu begegnen galt, konzentriert und entschlossen angesichts der schwierigen Aufgabe, die sie bei der Führung der Regierung erwartete, zu zeigen. Zugleich aber lieferte sie einen Beweis ihrer Demut und Bescheidenheit, indem sie die Anhänger/ innen der Printmedien ermutigte, sie einfach GIORGIA zu nennen: Ich lese, dass das Hauptthema der heutigen Diskussionen ist [...] wie man die erste Frau, die Ministerpräsidentin ist, nennen soll. Macht nur. Ich kümmere mich um Rechnungen, Steuern, Strafsicherheit, Haushaltmaßnahmen. Ich 270 <?page no="271"?> Strategien zum Gewinn der Wählerstimmen in Italien sehe es so, dass Ihr mich nennen könnt, wie ihr wollt, auch einfach Giorgia (Facebook, 29.10.2022) 13 . Dass der Name «Giorgia» stufenweise schon an sich ein politisches Manifest geworden ist, wird aus ihrer Biografie deutlich, die ein Bestseller wurde: Ich bin Giorgia. Meine Wurzeln, meine Ideen (Io sono Giorgia: le mie radici, le mie idee) (Meloni 2021) (vgl. Abb. 18), in der Meloni der Erzählung von sich als Tochter, Mutter und Partnerin ihres Lebensgefährten viel Raum gibt (vgl. Soncini 2021). Außerdem hatte Meloni während der letzten Wahlkampagne auch begonnen, die private Dimension und die Erzählung über sich als Person, oder vielmehr die intimate politics auszunutzen (vgl. Abb. 19 und 20), mit dem Ergebnis, dass die Unterhaltungssendungen und die zahlreichen Fernsehdebatten im Zeichen des Politainment (oder der Vermischung von zwei völlig unterschiedlichen Genres: von Politik und Unterhaltung) immer stärker den Pop-Aspekt und das Persönliche der Vorsitzenden der Fratelli d’Italia in den Vordergrund stellten. Abbildung 18: Cover des autobiografischen Buches von Giorgia Meloni. Abbildung 19: Giorgia Meloni mit ihrer Tochter und ihrem Partner fotografiert von der Zeitschrift Chi. Abbildung 20: Giorgia Meloni in Badeanzug in der Zeitschrift Novella 2000. Intensiv ist auch der Gebrauch der sozialen Netzwerke wie Facebook, Twitter und Instagram, über die die Premierministerin ihr eigenes Bild konstruiert und ihre politischen Botschaften verbreitet. Wenige Monate nachdem sie Regierungsober- 13 Übersetzung des Autors. 271 <?page no="272"?> Vittorio Prada haupt wurde, veröffentlicht Giorgia Meloni einen Post, mit dem sie die Rubrik Die Notizen von Giorgia («Gli appunti di Giorgia») einweiht, mittels derer sie die Initiativen der Regierung erklären will, wobei sie sich mit ad hoc gemachten Videos direkt an die Wähler/ innen wendet. Ich bin immer mit einem Notizheft unterwegs, weil ich alles aufschreibe. In diesen Heften steckt praktisch meine ganze Arbeit drin. Und da ich überhaupt kein Problem damit habe, diese Arbeit und die Entscheidungen, die ich treffe, mit den Menschen, die ich vertrete, zu teilen, habe ich beschlossen, mein Notizheft für eine Rubrik, die wöchentlich erscheinen soll, zu öffnen [...]» ([s.n.] 2022c) 14 . Das Notizheft, aus dem «die Politikerin von nebenan» jedes Mal einen Auszug liest, ist mit einem Band versehen, das mit versilberten Buchstaben, die - das muss wohl nicht gesagt werden - die Inschrift GIORGIA ergeben, verziert ist (vgl. Abb. 21). Abbildung 21: In Videos, die sie auf ihren Instagram-, Facebook- und TikTok- Profilen geteilt und mit denen sie einen direkten Draht zu ihren Anhängern und Wählern hergestellt hat, zeigt Giorgia Meloni ihr privates Notizheft. 6 Schlussfolgerungen Im Vergleich mit der Ersten Republik hat sich die Art und Weise, wie politische Informationen formuliert sind, völlig gewandelt und das «Gesicht der Macht» hat 14 Übersetzung des Autors. 272 <?page no="273"?> Strategien zum Gewinn der Wählerstimmen in Italien sich radikal verändert: von ernst und würdevoll zu freundschaftlich und disponibel. In der Tat ist es das Ziel der politischen Vertreter, eine Beziehung auf emotionaler Ebene mit den Fernsehzuschauer/ inne/ n herzustellen. Auf der politischen Bühne machen häufig Qualitäten, die eigentlich nicht notwendig sein dürften, um zu regieren, den entscheidenden Unterschied zwischen den verschiedenen, konkurrierenden Kandidaten. Die charismatische und sympathische und offenkundig authentische Performance wird zur bevorzugten Strategie der Politiker/ innen, um die Wählerschaft für sich zu gewinnen (vgl. Mazzoleni/ Bracciale 2019: 75-79): Das Wichtige ist, schlagfertig in den Talkshows zu erscheinen, aber dennoch umgänglich, jugendlich, liebenswürdig, mit Geschmack gekleidet und mit gepflegtem Äußeren. Es überrascht zu sehen, wie die politischen Akteur/ innen der Zweiten Republik gewisse Kompromisse bereitwillig akzeptierten, nur um die eigene Popularität zu vergrößern, und wie im Verhältnis zur Führungsschicht der Vergangenheit, die das Aufrechterhalten der äußeren Erscheinung als lebenswichtig betrachtet hatte, die Privatangelegenheiten der aktuellen Parteivertreter mittlerweile eine öffentliche Angelegenheit geworden sind 15 . Es geschieht in der Tat oft, dass es die Politiker selbst sind, die, um ihre Beliebtheit zu steigern, ihre eigenen Geheimnisse lüften und in der Öffentlichkeit intime Geschichten erzählen oder einige ihrer Schwächen beichten. Es handelt sich im Übrigen bei diesem Verhalten um etwas, das von den rechts und links zu verortenden Parteien gleichermaßen geteilt wird (vgl. Prada 2014: 242). Zu diesem Thema schreibt Dirk Schümer, der jahrelang Italien- Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in Italien war: Wie anders war da doch das Klima zu Zeiten der seligen Christdemokratie! Da saßen unscheinbare katholische Familienväter, die ein Leben lang mit derselben Matrone verheiratet blieben, an den Schalthebeln der Macht. Und was sie sonst noch hinter verschlossenen Türen und unter schmutzigen Laken anstellten, wäre niemals von einer Zeitung oder gar im Fernsehen beleuchtet worden, denn darin bestand ihre Macht. Doch das ist Geschichte. Heute ist 15 Als er die Partei präsentierte, die er als Parteivorsitzender bei den letzten politischen Wahlen anführte, beschrieb Clemente Mastella seine politische Ausbildung wie ein «partito a chilometro zero» («Null-Kilometer-Partei», «Partei aus der Region»), das heißt tatsächlich nahe an den Menschen und ihren «Bedürfnissen, Schwierigkeiten und Dramen». Um diese Nähe zu zeigen und besser zu erklären, was er damit meinte, hat Mastella seine persönliche Telefonnummer öffentlich gemacht und die Menschen dazu eingeladen, ihn anzurufen, wenn sie Fragen zu seiner politischen Funktion hätten. Vgl. [s.n.] 2022a. 273 <?page no="274"?> Vittorio Prada das Private die eigentliche Öffentlichkeit. Ein hässlicher, aber gründlicher Triumph des demokratischen Prinzips, denn vor dem Fernsehen sind endlich alle gleich (Schümer 2009). Unabänderlich scheint die Politik dazu verpflichtet zu sein, denselben Regeln zu gehorchen, die auch die Welt des Fernsehens und der sozialen Plattformen beherrschen. Selbst die renommiertesten italienischen Tageszeitungen, die sich einer langen Tradition rühmen, tendieren immer mehr dazu, sich an die Ästhetik und die Sprache der neuen Medien zu gewöhnen oder gar anzupassen. Das Ziel ist hierbei sicherlich, die inzwischen manifeste Ausblutung der Leserschaft zu stoppen, die offensichtlich gelangweilt von den allzu konventionellen politischen Erzählungen ist, welche die Presse zu bieten hat. Diese Tatsache erscheint emblematisch, beeindruckt immer mehr und ist höchstwahrscheinlich als neues Phänomen zu betrachten. Dass allerdings selbst der renommierte Corriere della Sera sich bemüht, uns mit Informationen über die täglichen Angewohnheiten des Parteivorsitzenden der Lega während der Quarantäne zu versorgen, erscheint doch etwas verwunderlich und stimmt zumindest nachdenklich. Der Journalist einer der maßgeblichsten Zeitungen Italiens erzählt seinen Lesern auf der Grundlage der Tweets und der Instagram-Stories von Salvini, wie ‹Matteo›, wie der Parlamentsangehörige gutmütig genannt wird, seine Zeit verbringt: er bereitet die Pizza zu, isst Orangen und Nutella, arbeitet im Home-Office, und wenn seine Lebensgefährtin es ihm erlaubt, übernimmt er einige Haushaltsarbeiten. Er verfolgt die Spiele von Inter Mailand und die Winterolympiade, außerdem das Festival von Sanremo, auch wenn er gesteht, dass er gegen Mitternacht eingeschlafen ist, noch vor der Preisverleihung! (vgl. Decrestina 2022). Ein anderes konkretes Beispiel unter den vielen, um die kurz zuvor formulierte These zu stützen, liefert wiederum die historische Mailänder Tageszeitung, die es in ihrer gedruckten Version für relevant hält, ihre Leser darüber zu informieren, dass der Präsident der Region Emilia-Romagna seinen Look verändert hat: «[...] der Bart wie aus Stein gemeißelt, die Krawatte fast nie vorhanden, das Hemd offen, der Kopf rasiert und die Brille im Aviator-Stil» und, als ob das nicht genügen würde, zitiert sie sogar die Worte des Personal Trainers, der den Politiker des Partito Democratico lobt: «In den letzten Monaten hat Stefano Bonaccini ungefähr 9 kg abgenommen. Verdienst einer eisernen Diät, aber auch von viel körperlichem Training. Wir trainieren seit 10 Jahren gemeinsam, aber seit diesem Sommer viel mehr: er war wirklich sehr tüchtig» ([s.n.] 2019). 274 <?page no="275"?> Strategien zum Gewinn der Wählerstimmen in Italien 7 Didaktische Aktivitäten: Einige Beispiele a. Nachdem im Unterricht die oben behandelten Themen vorgestellt wurden, hat der Dozent eine Debatte angeschnitten, die im Plenum geführt werden soll, wobei er die Studierenden gebeten hatte, auf einige Fragen zu antworten: 1) Wie würdet ihr die Sprache der Politiker in der Vergangenheit und in der Gegenwart bezeichnen? 2) Aus welchen Sprachregistern entlehnt die Politik heutzutage viele allgemeine Ausdrücke? 3) Wie würdet ihr die Art und Weise beschreiben, in der die Politiker/ innen eures Landes sich ausdrücken? 4) Was meint deiner Meinung nach der Linguist Giuseppe Antonelli, wenn er behauptet, dass auf dem Gebiet der Politik der Übergang vom «Paradigma der Überlegenheit» zu dem der «Spiegelung» stattgefunden hat? b. Auf eine Aktivität, die darauf abzielt, die Reflexion anzuregen und die mündliche Ausdrucksweise zu schulen, folgt eine Aufgabe zur linguistischen Analyse. Es wird daher eine Rede präsentiert, die ein politischer Vertreter der Ersten Republik gehalten hat 16 sowie eine Erklärung eines politischen Vertreters der Zweiten Republik 17 . Die Kursteilnehmer sollen die beiden Texte analysieren und die auffallendsten Unterschiede auf der Stil-, Syntax- und Wortschatzebene herausarbeiten. c. Eine Aktivität zur Schulung des schriftlichen Ausdrucksvermögens der Studierenden wird vorgestellt. Anbei die Aufgabenstellung: «Formuliert in Paaren oder kleinen Gruppen zwei verschiedene Tweets, indem ihr euch zuerst vorstellt, 1.) ein politischer Vertreter der Opposition zu sein, der die amtierende Regierung angreift und beschuldigt, nicht angemessen auf den Notzustand der Pandemie reagiert zu haben. Und dann: 2.) ein Minister für Sport, der öffentlich die zigste Episode von Gewalt oder Rassismus in den italienischen Fußballstadien verdammt und verspricht, zu drastischen Vorkehrungen zu greifen, um diesem traurigen Phänomen ein Ende zu bereiten. Denkt daran, dass eure Textnachrichten maximal 16 Auszug aus einer Rede Aldo Moros: «Alla luce dell’esperienza, in un’attenta e realistica considerazione del delicato equilibrio sul quale si regge, pure in presenza di una possibile e auspicata evoluzione verso un più stabile e umano assetto delle relazioni internazionali, la pace del mondo, l’alleanza atlantica ci appare [. . . ]» (zitiert nach https: / / dizionari.corriere.it/ dizionario-si-dice/ P/ politicheselaconico.shtml, letzter Zugriff: 05.08.2023). 17 Erklärung Salvinis im Rahmen einer Fernsehsendung: «Io mi imbestialisco quando aiutiamo chiunque sia dall’altra parte del mondo e non aiutiamo chi c’è in casa nostra» (DiMartedì, Ausstrahlung auf La7 am 17. Februar 2015). 275 <?page no="276"?> Vittorio Prada 280 Buchstaben enthalten dürfen! » 3.) «Jetzt stellt Euch dagegen vor, Ihr seid ein Parteivorsitzender der Ersten Republik und müsst eine Erklärung in einer Tageszeitung abgeben. Benutzt in diesem Fall eine geschliffene Sprache, ein ausgewähltes Vokabular und eine eher komplexe Syntax». d. Rollenspiel: drei Studierende versetzen sich in die Rolle von drei Premierministerkandidat/ inn/ en, die jeweils eine Partei der Rechten, eine der Linken und eine populistische und systemkritische Partei vertreten. Der Rest der Klasse besteht aus Journalist/ inn/ en von einigen der wichtigen italienischen Tageszeitungen, die den drei Herausforderer/ inne/ n ungemütliche Fragen stellen, sowie aus normalen Bürger/ inne/ n, die Teil des anwesenden Publikums in Fernsehtalkshows sind: auch sie befragen abwechselnd die drei Politiker/ innen. e. Die Studierenden betrachten die folgenden Bilder (vgl. Abb. 22 und 23), vergleichen sie miteinander und kommentieren schließlich mündlich die Worte der Tochter von Aldo Moro in Bezug auf die Haltung des Vaters «Wenn wir an den Strand gingen, trug Papa immer ein Jackett, und wenn ich ihn nach einem Grund fragte, antwortete er mir, dass er ein Vertreter des italienischen Volkes sei und deshalb immer würdevoll und präsentabel sein müsse» (Agnese Moro) 18 . f. Nach dem Anhören des berühmten Liedes «Destra-Sinistra» von Giorgio Gaber ist die Aufgabe der Studierenden, über den Text nachzudenken und in kleinen Gruppen über die Bedeutung des Titels des Mailänder Chansoniers zu diskutieren, der auf ironische Weise die vermeintlichen Unterschiede zwischen politischer Rechten und politischer Linken hervorhebt. g. Die Kursteilnehmer kommentieren abschließend die folgende Behauptung des Philologen Cesare Segre: «Unsere politische Klasse, die in längst vergangenen Zeiten großartige Redner aufweisen konnte, neigt immer mehr dazu, das Register abzusenken, weil sie denkt, die Zustimmung leichter zu erhalten, wenn sie sich auf ein weniger gehobenes Niveau begibt. Dies ist die schleichende Versuchung des Populismus» (Antonelli 2017: 57). Im Verlauf des Semesters haben die Studierenden einige der führenden Figuren der politischen Landschaft Italiens und die Vorsitzenden der wichtigsten Parteien des Landes kennengelernt. Neben der Schulung von strikt fremdsprachenrelevanten Kompetenzen durch jeweils stimulierende didaktische Aktivitäten sind die Kursteilnehmer/ innen an eine Vielzahl an Erkenntnissen gelangt, die zum fes- 18 Vgl. Scafi 2019. 276 <?page no="277"?> Strategien zum Gewinn der Wählerstimmen in Italien Abbildung 22: Matteo Salvini mit nacktem Oberkörper und einem Mojito in der Hand, zwischen zwei DJs, vor der Menschenmenge am Strand von Milano Marittima. Abbildung 23: Aldo Moro im elfenbeinfarbenen Anzug, dunkler Krawatte, glänzenden schwarzen Schuhen, beim Spaziergang mit seiner Tochter Agnese am Strand von Terracina im Jahr 1972. ten Bestandteil des soziokulturellen Bildungsguts gehören, das für das Studium der Italianistik unerlässlich ist. Die Resonanz von Seiten der Studierenden auf die thematisierten Schwerpunkte war durchweg positiv und resultierte in einer sehr aktiven Teilnahme. Die Rückmeldungen am Ende des Semesters zeigten, dass die Studierenden vor allem die kritische Analyse - zunächst mit Hilfe des Dozenten, später dann auch in Kleingruppen - des Phänomens des auf internationaler Ebene anzutreffenden Populismus sehr geschätzt haben. Auch die Erweiterung und Vertiefung des Wissens um die wechselnden Listen und Kniffe, die von den politischen Parteien in den traditionellen und moderneren Medien skrupellos angewendet werden, um die öffentliche Meinung zu manipulieren, wurde von den Studierenden positiv erwähnt. 277 <?page no="278"?> Vittorio Prada Literaturverzeichnis Amadori, Alessandro (2002): Mi consenta. Metafore, messaggi e simboli. Come Silvio Berlusconi ha conquistato il consenso degli italiani. Milano: Libri Scheiwiller. Antonelli, Giuseppe (2007): L’italiano nella società della comunicazione. Bologna: il Mulino. Antonelli, Giuseppe (2017): Volgare eloquenza: come le parole hanno paralizzato la politica. Bari/ Roma: Laterza. Belpoliti, Marco (2009): Il corpo del capo. Parma: Guanda. Calvino, Italo (1980). Una pietra sopra: discorsi di letteratura e società. Torino: Einaudi. Ceccarelli, Filippo (2018a): Invano: il potere in Italia da De Gasperi a questi qua. Milano: Feltrinelli. 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Abbildungx9: xMatteo Salvini posta sui social network il suo pranzo. https: / / twitter. com/ matteosalvinimi/ status/ 1069942262979850240? lang=de (letzter Zugriff: 13.08.2023). Abbildungx10: xhttps: / / www.agi.it/ politica/ salvini_tour_spiagge-5978602/ news/ 20 19-08-06/ (letzter Zugriff: 13.08.2023). Abbildungx11: xhttps: / / bari.repubblica.it/ cronaca/ 2018/ 08/ 10/ foto/ matteo_salvini_ in _vacanze_alle_tremiti_con_elisa_isoardi_la_vacanza_e_social-20383610 9/ 1/ (letzter Zugriff: 13.08.2023). Abbildungx12: xhttps: / / video.corriere.it/ salvini-torso-nudo-elogia-pesce-manfredonia/ 7488426c-9d36-11e8-b092-878207db751a (letzter Zugriff: 13.08.2023). Abbildungenx13-14: xhttps: / / www.oggi.it/ attualita/ notizie/ 2014/ 12/ 02/ matteo-salvini-lancia-la-sfida-costruiro-unalternativa-a-renzi-e-correro-alle-primarie-del-centrodestra-anche-contro-berlusconi-esclusivo/ (letzter Zugriff: 13.08.2023). 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Abbildungx23: xhttps: / / www.ilgiornale.it/ news/ politica/ viaggio-pap-1715560.html (letzter Zugriff: 13.08.2023). Abstract: Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, ein allgemeines Bild der Strategien zu vermitteln, die ab den 90er Jahren bis heute von einigen wichtigen Vertretern der italienischen Politik angewendet wurden, um die Wählerschaft kurz vor dem Urnengang von sich zu überzeugen oder um die eigene Popularität zu steigern. Zu Beginn werden die Inhalte eines monographisch angelegten Kulturwissenschafts-Seminars dargestellt, das sich an nichtmuttersprachliche Italianistik-Studierende im letzten Jahr des Bachelor Italianistik an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen wendet, um anschließend einige didaktische Aktivitäten vorzustellen, die auf der Grundlage der behandelten Themen im Unterricht umgesetzt wurden. Daneben möchte der vorliegende Artikel auch beschreiben, in welchem Ausmaß und mit welcher Geschwindigkeit sich die Sprache der politischen Wortführer seit der Geburtsstunde der Italienischen Republik bis heute gewandelt hat. Der radikale Bruch mit dem traditionellen politischen Sprachgebrauch seit Beginn der 90er Jahre, das Experimentieren mit neuen Ausdrucks- und Kommunikationsformen und schlussendlich die Verfestigung und die definitive Bestätigung einer Rhetorik, die derjenigen der Vergangenheit diametral gegenübersteht - dies alles zeigt, wie sich die politische Kommunikation in ständiger Bewegung und in kontinuierlicher Veränderung befindet. Der Beitrag versucht, die Hauptelemente sowohl der Neuentwicklung des öffentlichen Diskurses als auch des Wortschatzes der italienischen Politik zu beleuchten. 283 <?page no="284"?> Vittorio Prada Biographical sketch: Vittorio Prada studierte moderne Literatur- und Fremdsprachenwissenschaft an der Universität Parma. Stipendien führten ihn an die Universitäten Passau, La Rochelle, Boston, Valencia und Venedig. Er promovierte am Lehrstuhl für Italianistik an der Universität Stuttgart und unterrichtete dort als Dozent. Seine Doktorarbeit mit dem Titel Videokratie und theatralische Inszenierung der Politik in der Ära Berlusconi wurde 2015 mit dem Elise-Richter-Preis des Deutschen Romanistenverbandes als bundesweit beste Dissertation im Bereich Kultur- und Medienwissenschaft ausgezeichnet. Vittorio Prada hielt Vorträge an zahlreichen europäischen Universitäten und publizierte unter anderem in den Zeitschriften Italienisch, Horizonte, Zibaldone und Romania Viva. Zurzeit arbeitet er als Fremdsprachenlektor am Romanischen Seminar der Universität Tübingen. 284 <?page no="285"?> Melinda Veggian (Fremdsprachenlehrerin am Gymnasium und Moderatorin des Pädagogischen Austauschdienstes/ Universität Duisburg-Essen) #VisitiamociOnline: ein Praxisbeispiel zur Förderung authentischer Kommunikation im Italienischunterricht über die Plattform eTwinning 1 Lehren und Lernen mit digitalen Medien - ein notwendiger Bildungsauftrag im schulischen Kontext mit systemischen Herausforderungen Die Digitalisierung verändert mit ihren rasanten Entwicklungen viele Bereiche unseres gesellschaftlichen Lebens und ist fester Bestandteil des bildungspolitischen Diskurses geworden. Die seit 1998 zum Medienumgang Zwölfbis 19-Jähriger in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführte Jim-Langzeitstudie zeigt, dass im Jahr 2021 entsprechend einer repräsentativen Stichprobe von 1200 befragten Jugendlichen 98% der Befragten ein Handy oder Smartphone besitzen (vgl. JIM- Studie, Medienpädagogischer Forschungsverbund 2021: 5). Da die Schule relevanter Lern- und Lebensraum für Kinder- und Jugendliche ist, macht dies eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit möglichen Chancen und Konsequenzen der Digitalisierung für deren Entwicklung notwendig, um 285 <?page no="286"?> Melinda Veggian «Schülerinnen und Schülern 1 einen kompetenten und verantwortungsbewussten Umgang mit Medien zu vermitteln» (Schaumburg/ Prasse 2019: 12). Die Autorinnen Anne Sliwka und Britta Klopsch gehen einen Schritt weiter: «Es geht jetzt um Entwicklung einer Pädagogik für das digitale Zeitalter, ein Deeper Learning, das Wissensaneignung und kreatives Problemlösen in einem Lernarrangement verknüpft und aufeinander bezieht» (Sliwka/ Klopsch 2022: 14). In diesem Zusammenhang sollen Kompetenzen wie kritisches Denken, Kreativität, Kommunikation und Kooperation gefördert werden, bekannt als das 4-K Modell (vgl. Pfiffner/ Sterel 2021: 41), um auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vorzubereiten. Die ergänzende Empfehlung zur Strategie der KMK Bildung in der Digitalen Welt (vgl. Strategiepapier KMK 2021) liefert zudem Impulse für die Weiterentwicklung fächerübergreifender und fachspezifischer Kompetenzen (vgl. KMK 2021: 8). Der Fokus liege dabei nicht auf dem Einsatz digitaler Werkzeuge im Unterricht, sondern vielmehr, im Sinne eines Prozesses, auf der sich kontinuierlich verändernden digitalen Realität (vgl. KMK 2021: 9). Auf eine digitale Lernumgebung ausgerichtete Aufgabenformate sollen dabei den Kompetenzzuwachs fördern, indem sie nicht nur kognitiv herausfordernde, individuelle und differenzierte Lernwege eröffnen, systematisiertes Üben zulassen und im Sinne von Handlungs- und Produktorientierung Lernen erfahrbar machen, sondern darüber hinaus kollaborative Arbeitssettings ermöglichen, die auch in Verbindung zu anderen außerschulischen, internationalen Lernorten stehen können (vgl. KMK 2021: 10). Eine Weiterentwicklung von Unterricht und Lernkultur sei jedoch wiederum von einer veränderten Prüfungskultur abhängig (vgl. KMK 2021: 11-13). Die im «System Schule» verantwortlichen Akteure stehen somit vor der komplexen Aufgabe, gemeinsam eine nachhaltige Digitalisierungsstrategie zu entwickeln, die systemisch auf unterschiedlichen Ebenen von der Lehreraus- und -fortbildung, der Schul- und Personalentwicklung bis hin zur technischen Ausstattung in Schulen abbildbar ist, langfristig weiterentwickelt und wissenschaftlich begleitet wird. Dieser Beitrag erhebt in seiner Kürze allerdings nicht den Anspruch, Antworten auf derart grundsätzliche Fragen zum digitalen Lehren und Lernen geben zu wollen. Noch liegt der Fokus auf der damit verbundenen länderspezifisch umzusetzenden, bildungspolitischen Digitalisierungsstrategie. Die einleitenden Worte 1 Es werden die Abkürzungen SuS für Schülerinnen und Schüler, LuL für Lehrerinnen und Lehrer verwendet. 286 <?page no="287"?> #VisitiamociOnline sollen vielmehr verdeutlichen, vor welch komplexem Hintergrund derartige digitale Unterrichtsvorhaben entstehen und einzuordnen sind. Das folgende Beispiel ist eine gelebte Momentaufnahme aus der Unterrichtspraxis im Italienischunterricht der gymnasialen Oberstufe und zeigt, wie für SuS über die Nutzung der europäischen Plattform eTwinning authentische Kommunikation im Klassenzimmer ermöglicht werden kann 2 . Zunächst soll jedoch ein Blick in die Forschungsliteratur die Vielschichtigkeit dieser virtuellen Kommunikationssituation verdeutlichen, deren Umsetzung an entsprechende curriculare Vorgaben gebunden ist. 2 Virtuelle Zusammenarbeit im Fremdsprachenunterricht: Einblick in Forschung und curriculare Vorgaben In den vergangenen Jahren weisen wissenschaftliche Veröffentlichungen verstärkt auf das Potential digitaler Medien im Fremdsprachenunterricht hin. Dabei ändere und öffne der Einsatz digitaler Medien die Lernumgebung durch die internetbasierte Authentizität und Aktualität zielsprachlicher Materialien sowie die Möglichkeit zur selbstgesteuerten Wissensaneignung und -vertiefung unterschiedlicher Kompetenzen über neue Lernsoftware bis hin zur vielfältigen Nutzung digitaler Kommunikationskanäle zwecks Kooperation mit Muttersprachlern (vgl. Bechtel 2019: 27). Hier liege unter anderem in der Schaffung authentischer Kommunikation mit Gleichaltrigen im formellen schulischen, aber auch im informellen, außerschulischen Kontext ein erhebliches Innovationspotential (vgl. Bär 2019: 14; Biebighäuser/ Zibelius/ Schmidt 2012: 46). Durch authentischen Input erfahre der Fremdsprachenunterricht eine Art «Entkünstlichung» (Biebighäuser/ Zibelius/ Schmidt 2012: 46), da in Anlehnung an Lehrmaterialien und curriculare Vorgaben konstruierte Gesprächsanlässe diesen authentischen Kommunikationssituationen weichen und der Lebensweltbezug für SuS deutlicher in den Vordergrund trete (vgl. Bär 2019: 15). 2 Vgl. eTwinning als Teil der European School Education Platform: https: / / school-education.ec.europa. eu/ de (letzter Zugriff: 24.02.2023); eTwinning - weiterführende Informationen: https: / / erasmusplus. schule/ digitaler-austausch/ (letzter Zugriff: 24.02.2023). 287 <?page no="288"?> Melinda Veggian Auf der Suche nach wissenschaftlichen Beiträgen zur Erforschung virtueller Kooperationsprojekte im Fremdsprachenunterricht stößt man zwar auf schulisch umsetzbare Konzepte und entsprechende Plattformen, wie z. B. die durch das Deutsch-Französische Jugendwerk geprägte Tele-Tandem Plattform oder die europäische Plattform eTwinning. Die empirische Datenlage zu schulisch realisierten Projekten ist jedoch noch nicht sehr ergiebig. Im universitären Kontext sind häufig Tandemprojekte zwischen Universitäten im Allgemeinen, insbesondere E- Tandems, d. h. digital gestützte Tandem-Kooperationen, Gegenstand insbesondere qualitativer Forschung mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung (vgl. Brammerts/ Little 1996; Bechtel 2003; Schmelter 2004; Macaire 2004; Bendieck/ de Jonghe 2009; Augustin 2011; Biebighäuser 2014; Becker 2018; Aquino/ Mechtenberg/ Tassinari 2022). Aufgrund der Kürze des Beitrags kann leider an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen werden. Ein im schulischen Kontext durchgeführtes und wissenschaftlich begleitetes Projekt mit dem Titel FAME (Förderung von Autonomie und Motivation durch den Einsatz von E-Tandems im schulischen Fremdsprachenunterricht) zur Arbeit in E- Tandems setzt mit Blick auf das in diesem Beitrag vorzustellende Unterrichtsprojekt interessante Impulse zur Frage der Schülermotivation und des selbstbestimmten Lernprozesses einer Fremdsprache (vgl. Vetter/ Volgger 2016: 12). Dabei unterstreichen die beiden Autorinnen vorab, dass sich die Kommunikationssituation von Präsenztandems, d. h. eine mündliche und synchrone face-to-face Interaktion am gleichen Ort zwischen den Gesprächspartner/ inne/ n von einer computervermittelten Kommunikation eines E-Tandems unterscheide (vgl. Vetter/ Volgger 2016: 14f.). Während im Rahmen eines Präsenztandems Kommunikation eine unmittelbare Reaktion auch über Gestik und Mimik zulasse (vgl. Vetter/ Volgger 2016: 14), habe eine computervermittelte Kommunikation zwar enorme Vorteile wie einen virtuellen, weltweiten Austausch, sei jedoch auch wesentlich komplexer und mit Einschränkungen verbunden. Die in das Projekt eingebundenen SuS beschreiben im Kontext des E-Tandems beispielsweise, dass sie beim Stocken der Kommunikation über den Bildschirm unangenehme Stille ertragen haben (vgl. Vetter/ Volgger 2016: 23). Dennoch wurde laut qualitativer Befragung trotz dieser kritischen Momentaufnahmen die Motivation und der Mehrwert eines solchen Lernsettings aus Schülersicht hervorgehoben, wie folgende Einschätzung belegt: 288 <?page no="289"?> #VisitiamociOnline Die Befragten thematisierten neben dem eigentlichen Sprachlernen auch die Gegenseitigkeit, den kulturellen Aspekt sowie die affektiven Komponenten. [. . . ] Was den erwarteten Mehrwert betraf, fielen die Antworten sehr unterschiedlich aus. Hier war eine grobe Einteilung in fachlichen und persönlichen Mehrwert möglich. Während letzterer sowohl kulturelle als auch soziale Aspekte der Persönlichkeitsentwicklung umfasste, bezog sich der fachliche Mehrwert in erster Linie auf die Verbesserung von Sprachkenntnissen (El- Hariri 2016: 50). Wie bereits eingangs geschildert, wird in nahezu allen Publikationen der Mehrwert derartiger, digital gestützter Lernsettings zur Förderung der kommunikativen, interkulturellen Kompetenz betont, gleichzeitig aber auch verdeutlicht, dass es an weiterführenden, systematischen, wissenschaftlichen Untersuchungen im schulischen Kontext fehle (vgl. Vetter/ Volgger 2016: 22). Neben den administrativen und datenschutzrechtlichen Hürden quantitativer und qualitativer Studien im schulischen Kontext, erscheint jedoch allein die Definition des Begriffs der kommunikativen, interkulturellen Kompetenz eine Herausforderung. Laut einer Publikation von Andrea Rössler variieren diesbezüglich die Formulierungen in den unterschiedlichen Kernlehrplänen der Länder. Dennoch seien entsprechend der Vorgaben des CEFR Companion Volume folgende Kompetenzbereiche länderübergreifender Konsens: der Erwerb soziokulturellen Orientierungswissens zur Anwendung in schriftlicher und mündlicher Kommunikation, die Sensibilisierung und Öffnung gegenüber anderen Werten, Kommunikationsstilen und Verhaltensweisen und der dementsprechenden Reflexion der eigenen Position, sowie der Verfügbarkeit über kommunikative Mittel und Handlungsstrategien (vgl. Rössler 2011: 128). Die Autorin kommt diesbezüglich zu der Beobachtung, dass es sich, abgesehen von den enormen Anforderungen für SuS im kognitiv-analytischen, affektivattitudinalen und pragmatisch-kommunikativen Bereich, um curriculare Standards für interkulturelle Kompetenz handelt, die schwer operationalisierbar und nachprüfbar seien. Es gibt sicherlich diverse Modelle mit entsprechenden Entwicklungsstufen interkultureller Kompetenz, wie beispielsweise das vielfach rezipierte und den Bildungsstandards zugrunde liegende Modell Michael Byrams (Byram 1997), die im Detail an dieser Stelle nicht darstellbar sind, jedoch fehle es auch in diesem Bereich an empirisch gestützten Forschungsergebnissen (vgl. Rössler 2011: 129). Insgesamt lässt sich festhalten, dass eine präzise und differenzierte Begriffsbestimmung der anzustrebenden interkulturellen, kommunikativen Kompetenz eine große Herausforderung darstellt und man mit der Frage nach Messbar- 289 <?page no="290"?> Melinda Veggian keit oder Nachprüfbarkeit zu diesen curricular implementierten Schlagworten an Grenzen des Operationalisierbaren kommt. Da SuS aber entsprechend dieser curricularen Vorgaben unterrichtet und bewertet werden und, wie zu Beginn geschildert, Bildungsstandards im Sinne einer sich kontinuierlich verändernden, digitalen Realität weiterentwickelt werden sollen, ist sowohl eine fächerübergreifende als auch fachspezifische Auseinandersetzung mit den entsprechend geforderten Kompetenzen notwendig. Im Hinblick auf die konkrete Unterrichtsplanung - in unserem Fall des virtuellen Kooperationsprojekts im Italienischunterricht der gymnasialen Oberstufe - bedeutet dies eine Auseinandersetzung mit dieser Frage auf der Mikroebene. Sowohl ein Blick in die in Nordrhein-Westfalen (NRW) geltenden Kernlehrpläne für das Unterrichtsfach Italienisch in der gymnasialen Oberstufe als auch in den Medienkompetenzrahmen NRW ist dazu notwendig. In Letztgenanntem werden sechs Kompetenzbereiche zur Orientierung präsentiert und entsprechend in Teilkompetenzen ausdifferenziert: Bedienen und Anwenden, Informieren und Recherchieren, Kommunizieren und Kooperieren, Produzieren und Präsentieren, Analysieren und Reflektieren, Problemlösen und Modellieren (vgl. Medienberatung NRW 2020: 10). Obgleich im Rahmen des Projekts sicherlich verschiedene Kompetenzen gefördert werden, liegt ein Schwerpunkt sicherlich im Bereich des Kommunizierens und Kooperierens, der wie folgt definiert wird: «Kommunizieren und Kooperieren heißt: Regeln für eine sichere und zielgerichtete Kommunikation zu beherrschen und Medien verantwortlich zur Zusammenarbeit zu nutzen» (Medienberatung NRW 2020: 6). Weiterhin wird zwischen folgenden Teilkompetenzen differenziert: der zielgerichteten Nutzung digitaler Werkzeuge, der Formulierung, Kenntnis und Beachtung von Regeln digitaler Kommunikation, die Reflexion von Kommunikations- und Kooperationsprozessen im Sinne einer aktiven Teilhabe an der Gesellschaft sowie das Beachten kulturell-gesellschaftlicher Normen [. . . ]» (Medienberatung NRW 2020: 10). Im Hinblick auf die im Kernlehrplan NRW der gymnasialen Oberstufe für das Unterrichtsfach Italienisch vorgesehenen Kompetenzen liegt bei der Durchführung virtueller Projekte sicherlich der Schwerpunkt auf der Förderung der interkulturellen, kommunikativen Kompetenz. Diese wird wie folgt definiert: Die SuS können in interkulturellen Kommunikationssituationen [. . . ] in direkten persönlichen Begegnungen handeln. Sie können kulturell geprägte Sachverhalte, Situationen und Haltungen verstehen und kulturelle Konven- 290 <?page no="291"?> #VisitiamociOnline tionen und Unterschiede in ihrem interkulturellen Handeln berücksichtigen. Dabei greifen sie auf ihr grundlegendes soziokulturelles Orientierungswissen zurück [. . . ] (Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen 2014: 22). Wie bereits dargestellt, handelt es sich aus Schülerperspektive um Zielsetzungen mit hohem Anforderungsprofil und als Lehrkraft stellt man sich die Frage, wie sich im Rahmen eines zielführenden, mediengestützten Unterrichts die anspruchsvollen Kompetenzbereiche des verantwortungsvollen Kommunizierens über digitale Medien, der interkultureller Handlungsorientierung, dem Erwerb soziokulturellen Orientierungswissens in Kombination mit den zu transportierenden, curricular festgelegten Unterrichtsinhalten sinnvoll zueinander in Relation setzen und miteinander verbinden lassen. Am Unterrichtsbeispiel selbst soll im Folgenden diese Problematik konkretisiert werden. Neben diesen curricularen Vorgaben ist jedoch auch der virtuelle Kommunikationskontext eines solchen Kooperationsprojekts an sich vielschichtig und herausfordernd. Dies soll am Beispiel der Plattform eTwinning erklärt werden, die für unser Unterrichtsprojekt genutzt wurde. 3 eTwinning: eine virtuelle Plattform zur Kooperation mit Partnerschulen im Fremdsprachenunterricht eTwinning ist eine seit 2005 von der Europäischen Kommission ins Leben gerufene Plattform für angehende und im Schuldienst beschäftigte Lehrkräfte, für Schulpersonal im Allgemeinen und für die in der Lehrerausbildung an Studienseminaren oder Universitäten tätige Personen der an eTwinning teilnehmenden europäischen Partnerländer. Seit 2022 ist sie fester Bestandteil der mehrsprachigen, kostenlosen European School Education Platform, die nicht nur der europaweiten Vernetzung dient, sondern auch Fortbildungsangebote, Unterrichtsmaterial und Praxisbeispiele für Nutzer/ innen bereithält. Registrierte LuL haben die Möglichkeit, sich mit beliebig vielen Kolleg/ inn/ en ebenso registrierter Partnerschulen in Europa zu vernetzen. Dabei können sie sich in sogenannten eTwinning-Gruppen zu bestimmten Fächern, Themen und Interessensbereichen austauschen oder mit mindestens zwei oder mehr LuL unterschiedlicher Partnerländer ein Projekt bei der zentralen Koordi- 291 <?page no="292"?> Melinda Veggian nierungsstelle beantragen, das sie mit Schüler/ innen/ gruppen über die Plattform durchführen. Sobald das Projekt bewilligt wurde, wird ein sogenannter TwinSpace eingerichtet, auf den die beteiligten Lehrkräfte als Projektkoordinator/ inn/ en Administrationsrechte haben, diesen folglich eigenständig gestalten und mitarbeitenden SuS oder registrierten Gästen Zugriff geben können. Es handelt sich um einen kostenlosen und laut Angaben der Betreiber/ innen datenschutzrechtlich sicheren, virtuellen Raum, der über unterschiedliche Anwendungen verfügt und zur gemeinsamen Projektarbeit im schulischen Kontext genutzt werden kann. Die Plattform eTwinning bietet somit die Möglichkeit einer authentischen Kommunikation und virtuellen Vernetzung im schulischen Kontext mit dem Potential, dass SuS sowohl fachspezifisch als auch fachübergreifend im Unterricht projektorientiert zusammenarbeiten. Im Folgenden soll nun das auf der Plattform eTwinning durchgeführte Projekt aus dem Italienischunterricht mit dem Titel #Visitiamoci online vorgestellt werden. 4 #Visitiamoci online - ein komplexes Kommunikationsszenario im Italienischunterricht Das eTwinning Projekt #Visitiamoci online ist im Schuljahr 2021/ 2022 entstanden und basiert auf einer Kooperation zwischen dem Gymnasium der Stadt Würselen und dem Liceo Scientifico e Linguistico Statale Antonio Vallone in Galatina. Das Gymnasium der Stadt Würselen bietet Italienisch als neu einsetzende Fremdsprache in der gymnasialen Oberstufe an. Die Schule in der Provinz von Lecce bietet Deutsch als Unterrichtsfach in der gymnasialen Oberstufe an und hatte über eTwinning eine Partnerschule bei Aachen mit Italienisch im Fremdsprachenangebot gesucht, da eine Klassenreise mit den Deutschkursen in die Euregio geplant war und man diese Mobilität mit einer deutschsprachigen Partnerklasse über eine gemeinsame eTwinning Aktivität vorbereiten wollte. In den folgenden Ausführungen soll weder eine Einführung zur Arbeit mit der Plattform eTwinning gegeben, noch ein Schwerpunkt auf das Projektmanagement der Partnerschulen gelegt werden. Ziel ist es, die wie eingangs angedeutete komplexe Kommunikationssituation dieses Unterrichtssettings zu verdeutlichen und die daraus resultierenden Überlegungen zu den Aufgabenformaten 2.0 abzuleiten. 292 <?page no="293"?> #VisitiamociOnline Wie bereits verdeutlicht, verlief die Kommunikation im Rahmen unseres Tandembasierten Unterrichtsprojekts zwischen gleichaltrigen deutschen und italienischen SuS der gymnasialen Oberstufe im Anfangsunterricht Italienisch/ Deutsch nicht nur auf der Basis unterschiedlicher Konstellationen von Akteuren, sondern auch in unterschiedlichen Interaktionsräumen mit entsprechend unterschiedlichen Kommunikationszielen. Die folgende tabellarische Darstellung 3 ist der Versuch, die zentralen, zueinander in Relation stehenden Kommunikations- und Interaktionsräume schematisch darzustellen. Dazu wird auf folgende dichotome Begriffspaare (synchron/ asynchron; schulisch/ außerschulisch; formell/ informell; Präsenz/ digital) zurückgegriffen. Der schulische formelle Rahmen wurde durch die Implementation des Projekts in den regulären Anfängerunterricht (Italienisch und Deutsch) der gymnasialen Oberstufe gemäß geltenden schulinternen Lehrplänen gewährleistet. Das Projektthema #Visitiamoci online war der an beiden Schulen durchgeführten Lerneinheit Scambio 2.0 - essere adolescenti in Italia e in Germania (Niveau A2 gemäß Europäischem Referenzrahmen) mit dem inhaltlichen Schwerpunkt, die eigene Stadt, Feste und Traditionen vorzustellen oder Lebensgewohnheiten junger Menschen in beiden Ländern zu reflektieren, zuzuordnen. Aufgrund des Anfängerniveaus der beiden Lerngruppen und der gewollten Vorstrukturierung eines möglichst selbstorganisierten, handlungsorientierten und schülerzentrierten Projektunterrichts entwickelten die Lehrkräfte zum Globalthema unterschiedlich wählbare Unterthemen und Fragestellungen. Ziel des Projekts war die Erstellung jeweils eines gemeinsamen, zweisprachigen, digitalen Produkts pro Sprachtandem. Während einige SuS beispielsweise einen zweisprachigen Film zu Lebensgewohn- 3 Folgende Abkürzungen werden im Kontext auch verwendet: DT-Deutschland, IT-Italien, s - synchron, as - asynchron. 293 <?page no="294"?> Melinda Veggian heiten Jugendlicher in beiden Kleinstädten drehten, setzten sich andere Sprachtandems mit Festen und Traditionen in den Orten auseinander und kreierten dazu eine Präsentation über das anschauliche Tool Genially. Die mit Video- und Audiobeiträgen animierte Präsentation wurde um entsprechendes Zusatzmaterial, d.h. einem Storyboard zum Videobeitrag oder einem zweisprachigen, thematisch gebundenen Wortfeld ergänzt, das dann auf der eTwinning Plattform über ein kollaboratives Twinboard, d.h. einer virtuellen Pinnwand, für alle SuS zur Verfügung gestellt wurde. Wie die Tabelle verdeutlicht, arbeiteten die SuS zur Erstellung dieser zweisprachigen Produkte in unterschiedlichen Interaktionsräumen zusammen. Dabei diente die Zusammenarbeit im Klassenraum in der jeweils eigenen Lerngruppe mit der verantwortlichen Lehrkraft primär der Vor- und Nachbereitung der Online-Aktivitäten auf eTwinning oder in Videokonferenzen. Der Twinspace diente nicht nur dem Materialaustausch und der Ergebnispräsentation, sondern wurde auch zur kollaborativen Arbeit und zur asynchronen Kommunikation über Chats und Forumsdiskussionen genutzt. Dabei eröffneten die Lehrkräfte mit thematisch gebundenen Beiträgen Diskussionen im Forum oder Chat, die dann von den SuS in der jeweiligen Zielsprache individuell beantwortet werden konnten. Diese Form der asynchronen Zusammenarbeit hatte den Vorteil, dass die SuS zeitlich flexibel auf Kommentare der anderen reagieren konnten und man die Möglichkeit hatte, über seine Formulierungen länger nachzudenken. Jedoch ist diese Form der Kommunikation auch unpersönlicher, da non- und paraverbale Aspekte wegfallen (vgl. Becker 2018: 33). Sie sollte folglich in Ergänzung zu anderen Projektaktivitäten durchgeführt werden. Um SuS zum Verfassen und Veröffentlichen von Kommentaren zu motivieren und damit die Verbesserung der schriftsprachlichen Kompetenz zu fördern, sollten die jeweilige Tandempartner/ innen im Sinne eines Peer-Feedbacks Beiträge des/ der jeweils anderen kommentieren und korrigieren. Auch die LuL nahmen Bezug auf die Schüler/ innen/ kommentare und entwickelten daraus weitere Impulse zur Diskussion, damit die Arbeit der SuS Wertschätzung erfährt. Eine Form synchroner Zusammenarbeit im mehrsprachigen Plenum oder Tandemkonstellationen boten die Videokonferenzen, die in dem sechswöchigen Projektzeitraum drei Mal stattgefunden haben. Sie hatten folgende Funktion: Kennenlernen und direkter Austausch zwischen den Tandempartner/ inne/ n zur Planung und Organisation der gemeinsamen Projektarbeit, prozessorientierte Ergebnisprä- 294 <?page no="295"?> #VisitiamociOnline sentationen mit Abschlusspräsentation, kontinuierliche Evaluierung der Projektarbeit, Unterstützung und Hilfe der SuS durch die Lehrkraft. In den durch das Videokonferenzsystem vorgesehenen, sogenannten Breakout-Räumen, hatten die Sprachtandems dann die Möglichkeit, sich in kleinen Teams oder im Tandem im «Schonraum» über die Projektarbeit auszutauschen und bei organisatorischen Problemen oder bei Verständigungsschwierigkeiten die Lehrkräfte um Unterstützung zu bitten. Während der Videokonferenzen konnte bei Fragen auch der Chat genutzt werden. Im Projekt veränderte sich auch die Rolle der Lehrperson. Sie wurde zum/ zur Moderator/ in oder Lernbegleiter/ in, um Arbeitsprozesse zu strukturieren, bei technischen, organisatorischadministrativen oder inhaltlichen Fragen zu unterstützen. Insbesondere in Videokonferenzen hat die Lehrkraft diese moderierende Funktion, durch die Lernende befähigt werden, selbst zu interagieren, im Gespräch zu partizipieren (vgl. Langela-Bickenbach/ Wampfler 2021: 103). Obgleich Best Practice Beispiele auf der eTwinning Plattform Inspiration zur Erstellung eigener didaktischer Materialien liefern, muss die Lehrkraft in Anlehnung an die curricularen Vorgaben der gymnasialen Oberstufe in beiden Partnerschulen neue, didaktische, zweisprachige Konzepte und entsprechende Aufgabentypologien 2.0 mit Bewertungskriterien entwickeln, da die SuS nicht nur ein Zertifikat über die erfolgreiche Teilnahme am Projekt erhalten, sondern die Leistungen im Bereich der «Sonstigen Mitarbeit» gewertet werden. Die schulinternen, curricularen Vorgaben für die Einführungsphase am Gymnasium der Stadt Würselen sehen, wie bereits erwähnt, die Unterrichtsreihe Scambio 2.0 - essere adolescenti in Italia e in Germania zur Förderung der interkulturellen, kommunikativen Kompetenz vor. Dabei werden, entsprechend der Richtlinien für Italienisch als neu einsetzende Fremdsprache, auch grundlegende grammatikalische Strukturen vermittelt. Die Kollegin in Galatina hat ähnliche curriculare Vorgaben, was die gemeinsame Planung der kontrastiven, digitalen Unterrichtsreihe mit folgenden inhaltlichen Schwerpunkten vereinfacht hat: una mappa virtuale delle nostre città, un podcast delle nostre tradizioni e feste, un vlog di una giornata tipica di un giovane a Würselen e Galatina. Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen im Hinblick auf die Inhalte, die Verfügbarkeit sprachlicher Mittel und das digitale Produkt erstellen die Lehrkräfte zwecks Binnendifferenzierung Lernaufgaben mit drei Schwierigkeitsstufen und entsprechende, zweisprachige Kriterienkataloge und Bewertungsbögen, die den SuS als Leitfaden zur Arbeit im zweisprachigen Tandem dienen. Zur Doku- 295 <?page no="296"?> Melinda Veggian mentation des Projektverlaufs fertigen die SuS ein individuelles Portfolio an, das neben dem digitalen Produkt bewertet wird. Insgesamt zeigen die Ausführungen einerseits die komplexen Herausforderungen dieses Lernsettings für alle daran beteiligten Akteure, andererseits wird auch das Potential deutlich, mehr authentische Kommunikation im Fremdsprachenunterricht zu generieren. 5 Fazit: #Visitiamoci Online - authentische Kommunikation im Klassenzimmer und motivierende Lernerfahrung Das bilinguale eTwinning Projekt wurde zur Nachsteuerung im Arbeitsprozess in regelmäßigen Abständen anlässlich der Videokonferenzen über die App Edkimo anonym evaluiert. An der letzten, abschließenden Befragung nahmen 38 deutsch- und italienischsprachige SuS (19 SuS pro Lerngruppe) teil. Von diesen 38 SuS äußerten 34, dass sie diese Form der Projektarbeit im Unterricht als motivierend empfunden haben. 30 SuS hatten laut Umfrage den subjektiven Eindruck, dass sich ihre Kenntnisse in der Fremdsprache verbessert haben. Allerdings äußerten 27 SuS, dass sie neben den beiden Projektsprachen auch Englisch als Lingua Franca genutzt haben. Die angebotene Aufgabentypologie sagte 32 SuS zu. 33 SuS hatten den subjektiven Eindruck, dass sich durch die Projektarbeit auch ihre digitale Kompetenz und 35 ihre interkulturelle Kompetenz verbessert haben. Auf die offen formulierten Fragen, was den SuS am Projekt zugesagt habe, wurden folgende Aspekte mehrfach genannt: die virtuelle Begegnung und Kommunikation mit gleichaltrigen SuS aus einem anderen Land und der kreative Freiraum bezüglich der Aufgabenformate 2.0, zu deren Lösung jedoch auch KI-Tools eingesetzt wurden. Als Kritikpunkte wurden mehrfach genannt, dass die Projektarbeit vor Klausurphasen viel Zeit in Anspruch genommen habe und dass die Planung der außerschulischen, virtuellen Zusammenarbeit mit den Partner/ inne/ n zur Projektfertigstellung einen hohen Organisationsaufwand dargestellt habe. Auf die Frage, ob derartige Projektarbeit weiterhin curricularer Bestandteil bleiben solle, gaben 36 ein positives Feedback. Dieses subjektive Schülerfeedback hat keinen wissenschaftlichen Charakter, stellt jedoch in einer Momentaufnahme dar, welche Aspekte aus Schülersicht im 296 <?page no="297"?> #VisitiamociOnline Hinblick auf die Projektarbeit im Fremdsprachenunterricht als wichtig und motivierend wahrgenommen wurden und wirft zudem neue Fragestellungen zu diesem komplexen Kommunikationskontext auf, denen man über langfristig angelegte, qualitative und quantitative Studien systematisch nachgehen könnte. Wie zuvor dargestellt, beschreiben SuS häufig, dass sie zur effizienten Zusammenarbeit mit dem/ der Tandempartner/ in lieber auf die Lingua Franca Englisch zurückgreifen. Was bewegt die SuS dazu, im Sprachtandem kommunikationsstrategisch Englisch zu nutzen, obwohl insbesondere im neu einsetzenden Italienischunterricht ein hoher Wert auf Mündlichkeit gelegt wird und häufig eingeübte, grundlegende Chunks Sicherheit in der Basiskommunikation vermitteln sollen? Von welchen Faktoren hängt diese kommunikationsstrategische Entscheidung der SuS ab? Man könnte die Interaktion der SuS im asynchronen und synchronen Kommunikationskontext daraufhin näher untersuchen und, daraus resultierend, didaktische Handlungsoptionen entwickeln, welche Faktoren zu mehr Sicherheit im Kommunikationsprozess in der Zielsprache führen, wie beispielsweise eine bereits in der Sekundarstufe I gelebte Mehrsprachigkeitsdidaktik mit gezieltem Rückgriff auf die individuelle Mehrsprachigkeit der SuS und den erlernten romanischen Sprachen. In diesem Zusammenhang sei ebenso kritisch zu reflektieren, inwiefern neben dem Fokus auf Mündlichkeit auch andere Kompetenzen wie ein ausgewogenes Aussprachetraining und die Förderung der Schriftlichkeit verstärkt in den Blick genommen werden müssten. SuS äußern, dass sie bei erhöhten kommunikativen Anforderungen zur Lösung der Aufgaben im Twinspace auf KI-Tools wie DeepL oder Chat GPT zurückgreifen. Auch hier könnte eine systematische Untersuchung Aufschluss darüber geben, welche KI-Tools SuS als kommunikative Stütze einsetzen und nach welchen strategischen Kriterien sie zur Bearbeitung der Aufgaben und zur Erstellung von Chat- oder Forumseinträgen vorgehen. Daraus ergeben sich didaktische Überlegungen zu einer gezielten und reflektierten Verwendung von KI-Tools in binnendifferenzierten, kreativen Aufgabenformaten 2.0, zu einer wachsenden Bedeutung einer systematischen und kontinuierlichen Feedbackkultur im Fremdsprachenunterricht, zur Entwicklung zeitgemäßer, innovativer Prüfungsformate und insgesamt zu den Auswirkungen derartiger Lernarrangements auf das Fremdsprachenlernen. Wie eingangs verdeutlicht, werden in wissenschaftlichen Publikationen die Authentizität und die daraus resultierende «Entkünstlichung» von Fremdsprachen- 297 <?page no="298"?> Melinda Veggian unterricht durch derartige digitale Unterrichtssettings als innovativ und motivierend für die SuS beschrieben. Diese Position wird durch das Schülerfeedback unterstrichen. Außerdem wird in der Literatur hervorgehoben, dass laut 4-K Modell kritisches Denken, Kreativität, Kommunikation und Kooperation wichtige fächerübergreifende Kompetenzen seien, die mit Blick auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts durch entsprechende Aufgabenformate 2.0 gefördert werden sollen. Die subjektive Momentaufnahme der SuS im Unterrichtsbeispiel bestätigt, dass derartige Aufgabenformate als kreativ empfunden werden und ein Kompetenzzuwachs in unterschiedlichen Bereichen wahrgenommen wird. Diese Kompetenzen wurden aus Lehrersicht durch die Tandem-Konstellation gezielt gefördert, da die SuS dadurch einen Perspektivwechsel einnehmen und man sich mit dem eigenen Lebensstil sowie dem des Tandems auseinandersetzt. Auch der hohe thematische Lebensweltbezug steigert die Motivation der SuS, sich auf diese Form der Projektarbeit einzulassen. Wie bereits erwähnt, handelt es sich nicht um eine wissenschaftliche Untersuchung, sondern um eine gelebte Momentaufnahme aus dem Italienischunterricht. Da die Fremdsprachendidaktik auch die Perspektive der SuS auf Unterricht in den Blick nimmt, wirft dieses Schülerfeedback interessante Fragestellungen auf, die es durch systematische, qualitative und quantitative Studien zu überprüfen gilt, wie das folgende Zitat verdeutlicht: Ebenso bieten sich durch den Einsatz digitaler Medien im Fremdsprachenunterricht neue Gelegenheiten zur Förderung der Sprechkompetenz an. Hier scheint vor allem die Nutzung virtueller Lernräume mit Kommunikationspartner*innen in anderen Ländern sinnvoll [. . . ]. Allerdings mangelt es diesbezüglich bislang an Studien hinsichtlich der tatsächlichen, kurz-, mittelwie langfristigen Auswirkungen auf die Sprechkompetenz (Schlaak/ Willems 2022: 15). 298 <?page no="299"?> #VisitiamociOnline Literaturverzeichnis Aquino, Marceli Cherchiglia/ Mechtenberg, Franz/ Tassinari, Maria Giovanna (2022): Fremdsprachenlernen im Teletandem: Ein deutsch-brasilianisches Kollaborationsprojekt aus der Sicht teilnehmender Studierender. S-o Paulo: Pandaemonium Germanicum, Bd. 25, Nr. 47. Augustin, Wiebke (2011): Kooperativer Fremdsprachenerwerb im Teletandem: Grundlagen der Lehr- und Lernmethode. Mainz: ArchivMeD. Bär, Marcus (2019): «Fremdsprachenlehren und -lernen in Zeiten digitalen Wandels. Chancen und Herausforderungen aus fremdsprachendidaktischer Sicht». In: Burwitz-Melzer, Eva/ Riemer, Claudia/ Schmelter, Lars (Hrsg.): Das Lehren und Lernen von Fremd-und Zweitsprachen im digitalen Wandel. Arbeitspapiere der 39. 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Einleitende Überlegungen zu den systemischen Herausforderungen des Einsatzes digitaler Medien im Lern- und Arbeitsumfeld Schule und die Analyse des hier dargestellten, komplexen Kommunikationsszenarios unter Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstands untermauern die praxisnahen Ausführungen. 301 <?page no="302"?> Melinda Veggian Biographical sketch: Dr. phil. Melinda Veggian ist Lehrerin für die Fächer Italienisch und Französisch am Gymnasium der Stadt Würselen. Sie war Lehrbeauftragte für französische Fachdidaktik an der Universität Duisburg-Essen, ist Moderatorin sowohl im Auftrag der Bezirksregierung Düsseldorf als auch des Pädagogischen Austauschdienstes im Rahmen der Initiative eTwinning for future Teachers. Außerdem leitet sie im Auftrag des Virtuellen Kompetenzzentrums Schreiben Lehren und Lernen mit KI-Tools und Techniken für Bildung und Wissenschaft den Think Tank Einsatz von KI-Tools im Unterricht. 302 <?page no="303"?> Andrea Klinkner (Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien Trier) Nachwort Mit großer Freude blicken wir auf die Veröffentlichung der Publikation «Movimenti - Bewegungen» zurück, die im Rahmen der Fachdidaktischen Sektion des Italianistentags in München 2022 entstanden ist. Diese Sammlung von Beiträgen beleuchtet auf eindrucksvolle Weise die vielfältigen Bewegungen, die das Feld der Fachdidaktik des Italienischen in den letzten Jahren geprägt haben, sei es auf theoretischer, methodischer oder didaktischer Ebene. Die zahlreichen Diskussionen und Präsentationen, die im Verlauf der Tagung stattfanden, haben gezeigt, dass das Thema «Bewegung» in vielerlei Hinsicht als ein zentraler Motor für den Fortschritt in der Lehre und Forschung der Italianistik verstanden werden kann. Von der didaktischen Innovation bis hin zur kulturellen Vermittlung, von der Sprachwissenschaft bis zur Literatur - überall begegnen wir Bewegungen, die neue Perspektiven eröffnen und die Italianistik in Deutschland und darüber hinaus voranbringen. Jeder der hier präsentierten Artikel bietet einen einzigartigen Einblick in die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen, die unser Fachgebiet prägen. Diese vielfältigen Ansätze zeigen, wie dynamisch und lebendig die Italianistik im deutschsprachigen Raum ist und wie eng Theorie und Praxis miteinander verknüpft sind. Wie bereits im Vorwort erwähnt hier noch einmal ein komprimierter Überblick über den Inhalt dieses Bandes: Den Auftakt bildet der Beitrag «Movimento e rinnovamento nella didattica dell’italiano», der sich mit den innovativen Ansätzen und den Entwicklungen der Didaktik des Italienischen befasst. Hier wird aufgezeigt, wie Bewegungen im pädagogischen Bereich neue Impulse setzen können, um den Unterricht aktueller, adressatengerechter und ansprechender zu gestalten. 303 <?page no="304"?> Andrea Klinkner In «Linguistica educativa e neuroscienze: percorsi traslazionali» werden die Schnittstellen zwischen Sprachwissenschaft und Neurowissenschaften erkundet. Der Artikel bietet einen spannenden überblick über die translationalen Wege, die von der Fachdidaktik zur Neurowissenschaft führen, und zeigt auf, wie diese interdisziplinären Ansätze den Fremdsprachenunterricht bereichern können. Der Beitrag «Maschere della vita in movimento - neue Zugänge zu Pirandello» eröffnet erweiterte Perspektiven auf das Werk von Luigi Pirandello. Hier wird insbesondere die Bedeutung der Bewegungen in seinen frühen Gedichten herausgearbeitet, was wertvolle Impulse für die Arbeit mit der Literatur und im Besonderen den Lyrikunterricht gibt. «Immersiver Literaturunterricht als Spurensuche: Das Beispiel Massimo Zamboni» zeigt auf beeindruckende Weise, wie literarische Texte in einen lebendigen Unterricht integriert werden können, der die Schülerinnen und Schüler auf eine Entdeckungsreise mitnimmt. Dieser Ansatz fördert nicht nur das Verständnis von Literatur, sondern auch die aktive und handlungsorientierte Auseinandersetzung mit den behandelten Themen. Das Thema «Apprendimento collaborativo della letteratura nell’era della surmodernità» beleuchtet die Möglichkeiten des kollaborativen Lernens in einer Zeit, die von raschen Veränderungen und der Überlappung von Realitäten geprägt ist. Der Beitrag untersucht, wie diese Dynamik genutzt werden kann, um den Literaturunterricht effektiver zu gestalten. In «Mossa d’anticipo. Testi letterari e la dinamica lettura-comprensione-produzione scritta» wird die Bedeutung einer dynamischen Auseinandersetzung mit literarischen Texten hervorgehoben. Die enge Verzahnung von Lesen, Verstehen und Schreiben und deren Umkehrung wird hier als Schlüssel für einen erfolgreichen Literaturunterricht präsentiert. Das Potential von Aufgaben, die die Mehrsprachigkeit im Italienischunterricht fördern, wird in «Das Potential von tasks für einen mehrsprachigkeitssensiblen Italienischunterricht» untersucht. Dieser Beitrag zeigt, wie Lernaufgaben so gestaltet werden können, dass sie die sprachliche Vielfalt der Schülerinnen und Schüler nutzen und fördern. «Road movie all’italiana. Padri e figli on the road» und «I road movie nell’aula di cultura italiana come LS» widmen sich dem Genre des Road Movies und seiner didaktischen Anwendung im Italienischunterricht. Diese Beiträge verdeutlichen, wie 304 <?page no="305"?> Nachwort filmische Genres dazu genutzt werden können, kulturelle und sprachliche Kompetenzen auf spannende Weise zu vermitteln. Mit «Die Geburtsstunde der ‹Italophonie›» wird die Rolle von Transkulturalität im Italienischunterricht beleuchtet. Der Beitrag zeigt, wie fremdsprachendidaktische Parameter genutzt werden können, um den Unterricht auf verschiedensten Ebenen zu bereichern, insbesondere in mehrsprachigen Klassen. Die Untersuchung «Strategien zum Gewinn der Wählerstimmen in Italien. Populistische Rhetorik im neuen Millennium» befasst sich mit der politischen Kommunikation in Italien. Diese Analyse der populistischen Rhetorik liefert wertvolle Einblicke in die Mechanismen politischer Überzeugungsarbeit der letzten Jahrzehnte. Abschließend gibt «#VisitiamociOnline: ein Praxisbeispiel zur Förderung authentischer Kommunikation im Italienischunterricht über die Plattform eTwinning» einen praxisorientierten Einblick in die Möglichkeiten digitaler Plattformen zur Förderung authentischer Kommunikation im Italienischunterricht. Unser Dank gilt allen Autorinnen und Autoren, die mit ihren Beiträgen die Publikation bereichert und damit den Diskurs innerhalb der Fachgemeinschaft weiter angeregt haben. Abschließend hoffen wir, dass die in dieser Publikation gesammelten Erkenntnisse und Anregungen weit über die Grenzen der Tagung hinaus Wirkung zeigen und sowohl in der akademischen Lehre als auch in der praktischen Anwendung ihren Niederschlag finden. Möge «Movimenti - Bewegungen» ein wertvoller Beitrag zur Weiterentwicklung und Verbreitung der Italianistik in der gegenwärtigen und zukünftigen Bildungslandschaft sein. Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern eine anregende Lektüre und freuen uns auf die Fortsetzung der Bewegung, die diese Arbeiten in Gang gesetzt haben. 305 <?page no="306"?> 1 ISBN 978-3-381-13031-3 Der Band bietet eine Überarbeitung eines Teils der Vorträge, die im Rahmen der Sektion Fachdidaktik des XII. Kongresses des deutschen Italianistenverbands vom 10. bis 12. März 2022 an der Ludwig-Maximilians-Universität München gehalten wurden. Das Thema Movimenti - Bewegungen wird im Hinblick auf das Lehren und Lernen der italienischen Sprache behandelt, wobei interessante Überlegungen und nützliche Anregungen zu Theorie und didaktischer Praxis angeboten werden. Unter den vielfältigen Perspektiven, die sich dabei herauskristallisiert haben, wird Bewegung u. a. als Zirkulation von Ideen, als Kombination von Ansätzen in mehrsprachigen Aufgaben, als Austausch in virtuellen Räumen, als literarische Reise sowie als intertextueller und interkultureller Weg verstanden, um grundlegende Inhalte im Zusammenhang mit der Geschichte, Kultur und Gesellschaft Italiens zu behandeln. 1 Cicala / Klinkner (Hrsg. / A cura di) Movimenti - Bewegungen I Domenica Elisa Cicala / Andrea Klinkner (Hrsg. / A cura di) Movimenti - Bewegungen I Akten der Fachdidaktischen Sektion des Deutschen Italianistentags 2022