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Movimenti – Bewegungen II

Akten der Literaturwissenschaftlichen Sektion des Deutschen Italianistentags 2022

0616
2025
978-3-3811-3042-9
978-3-3811-3041-2
Gunter Narr Verlag 
Barbara Kuhn
Florian Mehltretterhttps://orcid.org/0000-0002-7706-7882
Christian Rivoletti
10.24053/9783381130429

Der vorliegende Band, der auf den 2022 an der Ludwig-Maximilians-Universität München veranstalteten 12. Deutschen Italianistentag zurückgeht, versammelt überarbeitete Fassungen der Vorträge, die unter dem Thema Movimenti - Bewegungen im Rahmen der literaturwissenschaftlichen Sektion gehalten wurden. In diesem Kontext meint der Begriff zum einen konkrete Bewegungen im Raum: Dies zeigen etwa die Beiträge zur (Arbeits-)Migration in der Literatur oder zur Rolle der Eisenbahn in Lyrik und Narrativik. Zum anderen wird das Konzept ,Bewegung' in Literatur und Literaturwissenschaft selbstverständlich auch im übertragenen Sinn gebraucht und kann - beispielsweise - eine literarische oder philosophische Strömung meinen, aber ebenso die Bewegung von Texten, die von anderen Texten ,weitergeschrieben' werden, oder von einzelnen Episoden und Motiven, die aus einem Text in andere ,weiterwandern'.

<?page no="0"?> 2 Barbara Kuhn / Florian Mehltretter / Christian Rivoletti (Hrsg. / A cura di) Movimenti - Bewegungen II Akten der Literaturwissenschaftlichen Sektion des Deutschen Italianistentags 2022 <?page no="1"?> Movimenti - Bewegungen II <?page no="2"?> Herausgegeben von: Barbara Kuhn ( Eichstätt) 2 <?page no="3"?> Barbara Kuhn / Florian Mehltretter / Christian Rivoletti (Hrsg. / A cura di) Movimenti - Bewegungen II Akten der Literaturwissenschaftlichen Sektion des Deutschen Italianistentags 2022 <?page no="4"?> Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783381130429 © 2025 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Druck: Elanders Waiblingen GmbH Satz: Dr. Ursula Winter ISSN 3052-1459 ISBN 978-3-381-13041-2 (Print) ISBN 978-3-381-13042-9 (ePDF) ISBN 978-3-381-13043-6 (ePub) Umschlagabbildung mit freundlicher Genehmigung von ILLUSTRELLA bildgestaltung | www.illustrella.de Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. <?page no="5"?> Inhaltsverzeichnis | Indice Barbara Kuhn ‹Movimenti›, un concetto chiave della letteratura italiana - ‹Bewegungen›, ein Schlüsselkonzept der italienischen Literatur Einführende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 I. Bewegung als analytisches Konzept | Il movimento come concetto analitico Maria Antonietta Terzoli Trasmutabile per tutte guise. Movimenti, trasformazioni, riscritture di episodi e temi danteschi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Gaia Gubbini Dalla passio alla beatitudo: la ‹svolta› dantesca nella Vita nuova . . . . . . . 53 Antonio Lucci / Esther Schomacher Italian Theory: movimento o turn? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 II. Bewegung als Textstruktur | Il movimento come struttura testuale Katharina List Statik und Dynamik in Carlo Emilio Gaddas Adalgisa . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Carolina Pini Un fanciullo correva dietro a un treno. | La vita - mi gridava - è senza freno.... Il treno come simbolo dei movimenti nella letteratura italiana del Novecento . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 5 <?page no="6"?> III. Bewegung als metaphorische Selbstbeschreibung | Il movimento come autodescrizione metaforica Christoph Gross Motus mentis: Von der Rhetorik des movere zur compassio als Modell religiöser Bildandacht bei Gabriele Paleotti und Giambattista Marino . . . 131 Gianni Cimador Un paesaggio della continua meraviglia: Saba, Trieste e il movimento della modernità . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 IV. Bewegung in der Semantik der Texte | Movimenti nella semantica dei testi Vincenzo Vitale Il tema dell’esilio politico dall’ultima novella del Novellino di Masuccio all’Arcadia di Sannazaro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Angela Oster Von der sentimentalen Reise zum bewegten Abenteuer. Carlo Collodis Un romanzo in vapore als europäischer Eisenbahnroman zwischen Märchen und Moderne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 Julia Görtz Migration - und dann? Die Rückkehr nach Albanien bei Ornela Vorpsi und Giorgio Saponaro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 Cora Rok Arbeit(ssuche) als Mission: Zirkuläre vs. zielgerichtete Mobilität in Giovanni Accardos Un anno di corsa (2006) und Gianni Amelios La Stella che non c’è (2006) . . . . . . . . . . 251 6 <?page no="7"?> Barbara Kuhn ‹Movimenti›, un concetto chiave della letteratura italiana - ‹Bewegungen›, ein Schlüsselkonzept der italienischen Literatur Einführende Überlegungen Parmenides’ und Zenons Ablehnung des Begriffs der ‹Bewegung› stellte Heraklit seine These des πάντα ῥεῖ , «Alles fließt», gegenüber; Platon kommt später in den Νόμοι zur Klassifikation von acht Arten von Bewegung, Aristoteles unterscheidet quantitative und qualitative Bewegung sowie Ortsbewegung. Viele Jahrhunderte danach sollte Galileo Galilei sein Interesse auf das Verhältnis von Zeit und Weg bei Bewegungen und die damit verbundenen Gesetzmäßigkeiten richten, wobei «die Punkte der Zeit [. . . ] zu denen des Raumes» in Beziehung gesetzt werden. Doch auch die Vorstellung einer «Bewegung des Verstandes» gerät in den Blick, wenn etwa Descartes von einer «kontinuierlichen und ununterbrochenen Bewegung des Denkens» spricht, «in welcher das Einzelne durchlaufen und in ‹geordneter und zureichender Aufzählung› begriffen» wird. Zum einen wird demnach - «in der Nachfolge cusanischer Gedankengänge» - das Subjekt selbst «als unteilbare Einheit, aus welcher die Vielheit der einzelnen Bewegungs-Zustände fließt», verstanden; zum anderen geht bereits bei Descartes die «Entwicklung des Subjektivitätsgedankens [. . . ] mit dem Prinzip der Perspektivität und der damit zusammenhängenden Theorie der Relativität der Bewegung» einher. 1 Zugleich prägt sich seit dem 17. Jahrhundert ein Verständnis von «movimento» oder «mouvement» im Sinne von ‹politischer Bewegung› aus: ‹Bewegung› wird in diesem Kontext zunächst, seit dem 17. Jahrhundert, umgangssprachlich be- 1 Sämtliche Zitate bis hierher aus: Kaulbach / Meyer (1971), coll. 864-873. 7 <?page no="8"?> Barbara Kuhn nutzt, in der Folge, etwa in den Revolutionen vor allem des 19. Jahrhunderts, vielfältig ausdifferenziert, im Faschismus jedoch, «unter ersatzloser Streichung der emanzipatorischen Inhalte», von Carl Schmitt «in den Rang eines theoretischen Begriffs» erhoben und so auf die eine und nun unmissverständliche Bedeutung ‹der Bewegung› eingeengt. 2 Auch das Grimmsche Wörterbuch registriert für die Zeit seit Ende des 17. Jahrhunderts die «öffentliche bewegung», verstanden als ‹Aufruhr› etwa bei Johann Balthasar Schupp - «zur aufruhr und bürgerlichen bewegungen getrieben» -, oder die «arbeiterbewegung» im Sinne von «aufruhr der arbeiter» 3 , und ebenso nimmt das Wörterbuch der Accademia della Crusca in der dritten Auflage von 1691 die Lesart «novità, commozione» auf, allerdings mit einem wesentlich früheren Beleg aus Agnolo Firenzuolas Asin d’oro d’Apuleio 4 . In der Moderne ist Bewegung zu einem grundlegenden Konzept, zu deren «zentrale[r] Metapher», zu einer «performativen Kategorie» 5 geworden. Dabei rückte insbesondere die (Notwendigkeit der) Gestaltbarkeit von Bewegung in den Vordergrund, die zur Entstehung ganz unterschiedlicher Auffassungen von und Sichtweisen auf Bewegung führte. Diese manifestieren sich in allen Lebensbereichen, von der Gesellschaft über die Medien bis hin zur Wissenschaft. Im Kontext der Postmoderne schließlich wurde der zentrale Charakter der Metapher zunehmend auf den Prüfstand gestellt, insbesondere im sozial-, gesellschafts- und kulturwissenschaftlichen Kontext, wo seit einigen Jahren Begriffen wie Zirkulation und Interaktion, aber auch Mobilität und Transfer eine zentrale Rolle zukommt, und zwar sowohl im Hinblick auf die je interessierenden Gegenstände selbst als auch auf das diesbezüglich generierte Wissen und die damit verbundenen Wissensordnungen bzw. deren (De)Stabilisierung. Bewegung im Sinne von Mobilität etwa konstituiert den Gegenstand von Migrationsforschung, die sich zunächst eher an einem insofern statischen Verständnis orientierte, als sie von einer dauerhaften Verschiebung des Lebensmittelpunktes ausging, während neuere Forschungen stärker die Vielfalt und Varianz von Ortswechselkonstellationen und die damit ver- 2 Zur Geschichte des Konzepts der «politischen Bewegung» cf. Frese (1971), coll. 880-882, die beiden Zitate col. 881. 3 Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, https: / / woerterbuchnetz.de/ ? sigle= DWB&lemid=B06445 [06.08.2024]. 4 Vocabolario degli Accademici della Crusca (1691), p. 1065, https: / / www.digitale-sammlungen.de/ de/ view/ bsb10496195? page=154,155 [07.08.2024]. 5 Klein (2004), 7. 8 <?page no="9"?> Einführende Überlegungen bundenen, je unterschiedlichen Auswirkungen auf die Lebenswirklichkeit in den Vordergrund rücken. 6 Auch lange Zeit als stabil angesehene Wissensordnungen unterliegen einerseits selbst einer zunehmenden Dynamisierung, etwa durch Veränderungen im Bereich der Medien, die diese Wissensbestände transportieren; andererseits sorgt aber ein veränderter Blick auf frühere Konstellationen der Wissensproduktion, -speicherung und -weitergabe dafür, dass zugleich die Frage nach dort wirksam gewesenen Dynamiken nachdrücklicher gestellt wird. 7 Im Bereich der Literatur- und Kulturwissenschaft verknüpft sich das teils konkret, teils metaphorisch gebrauchte Konzept movimenti mit durchaus heterogenen Aspekten, wie nicht zuletzt die in vorliegendem Band versammelten Beiträge illustrieren. Dem Literalsinn des Wortes folgend, sind Bewegungen im konkreten Sinn, die in unterschiedlicher Weise literarisch relevant werden, zunächst Bewegungen von Menschen, insbesondere von einem Ort zum anderen, mithin Migrationen in einem weiten Sinn, der von - imaginären und anderen - Reisen in Mittelalter und Früher Neuzeit über die Mode des Grand Tour vor allem im Settecento samt den modernen Ausprägungen des Tourismus seither bis hin zur aktuellen Thematik der Migration in einem engeren Sinn reicht, die ihrerseits eine breite Palette an Themen eröffnet 8 . Insbesondere in den vergangenen Jahrzehnten ist im postkolonialen Kontext eine Fülle von Literatur zu diesem Themenspektrum erschienen, das sich keineswegs auf Texte von Autorinnen und Autoren beschränkt, die in erster, zweiter oder dritter Generation aus den einstigen italienischen Kolonien nach Italien kamen. Vielmehr schließt es auch jene etwa von Jhumpa Lahiri oder Amara Lakhous und vielen anderen ein, die, obwohl anderer Muttersprache und Herkunft, in italienischer Sprache schreiben und so in noch 6 Cf. Klein (2004), 7-14. 7 Herausgeberin und Herausgeber danken Ludwig Fesenmeier, der als damaliger Vorsitzender des Deutschen Italianistikverbands den allgemeinen Teil des Tagungsexposés verantwortete. 8 Cf. hierzu etwa den kürzlich erschienenen Band Letteratura e migrazione. Proposte intorno alla figura del ponte | Literatur und Migration. Fragen zur Figur der Brücke (hg. von Kuhn / Liebermann (2023)), in dem die Herausgeberinnen insbesondere im einleitenden Teil auf die Kritik am Verständnis der Brücke als einem statischen Konzept eingehen, wie es etwa Leslie A. Adelson in ihrem Manifest Against Between vertritt, und dem ein anderes, dynamisches Verständnis der metaphorischen Brücke ebenso wie des konkreten Phänomens der Migration entgegensetzen. 9 <?page no="10"?> Barbara Kuhn anderer Weise von der ‹Literatur in Bewegung› und ‹ohne festen Wohnsitz› 9 zeugen. Zu denken ist im weiten Kontext der horizontalen Mobilität aber beispielsweise auch an die zentrale Rolle, die das Exil in der italienischen Literatur seit ihren Anfängen und bis in die Gegenwart spielt, indem es das Leben wie die Werke etwa eines Dante, eines Petrarca oder eines Foscolo und anderer entscheidend prägte; zu denken ist an die Auswanderungs-‹Wellen› in Richtung Amerika, wie sie unter anderem Leonardo Sciascia in der Erzählung Il lungo viaggio evoziert, ebenso wie an die Texte der lange so genannten ‹Gastarbeiter› und ihrer Nachkommen, die, wie etwa Tra due mari von Carmine Abate, das Hin und Her zwischen Süden und Norden erzählen. Insofern dessen Texte teils erst in deutscher, teils erst in italienischer Sprache erschienen, spiegelt sich hier, mehr noch als in anderen Fällen, das konkrete Phänomen der Schaukel-Bewegung von Italien nach Deutschland und zurück in der Bewegung der Über-Setzung. Das Bild des Über-Setzens deutet zugleich darauf, dass Bewegungen auch verbunden sind mit ‹Bewegungs-› oder, gängiger, Transportmitteln, die - nicht zuletzt in ihrem Wandel - ihrerseits die Frage nach dem Konnex von movimenti und Literatur flankieren: Am Beispiel der nach und nach selbstverständlich scheinenden Eisenbahn und ihrer Konsequenzen für die von ihr bewegten Menschen in der (nicht nur italienischen) Literatur zeichnet dies etwa Remo Ceserani in Treni di carta nach, doch auch zwei Beiträge des vorliegenden Bandes, auf die weiter unten im Zusammenhang mit dessen Aufbau näher einzugehen ist, thematisieren in sehr unterschiedlicher Weise die Rolle der Eisenbahn für die Literatur. Mag die Eisenbahn als eine Art Pars pro toto für die Frage der konkret gedachten movimenti stehen, ließe sich diese gleichermaßen an so unterschiedliche Genres wie die Berichte von Pilgerreisen oder die - die Roadmovies begründenden und ihnen auch wieder folgenden - Roadnovels stellen, an Reisetagebücher, die das Vergehen der Zeit und die Bewegung im Raum korrelieren, oder an gleichsam archipelische Erzählungen über Schiffsreisen von Insel zu Insel nach dem Vorbild der Odyssee (wie in der im Mittelalter und danach in zahlreiche Vulgärsprachen, u.a. ins Venetische, übertragenen und weit verbreiteten Navigatio Sancti Brendani), an phantastische Literatur im engen und im weiteren Sinn - etwa die Mondreisen, 9 So die ebenso suggestiven wie viel-sagenden Buchtitel von Ette (2001) und Asholt (2010), auch wenn sich die dergestalt benannten Bände allenfalls punktuell mit italienischsprachiger Literatur befassen. 10 <?page no="11"?> Einführende Überlegungen die in Ariostos Orlando furioso oder im folgenden Jahrhundert von Cyrano de Bergerac erzählt werden, an Science fiction und vieles mehr. Movimenti jedoch lassen, wie oben im allgemeinen Verständnis angedeutet, auch in der Literatur zugleich an Bewegungen im übertragenen Sinn denken, an (gesellschafts)politische, künstlerische oder - im vorliegenden Kontext primär - an literarische Bewegungen und (immer schon Bewegung implizierende) Strömungen, die weniger weit ausgreifen, weniger umfassend gedacht sind als Epochenbezeichnungen, aber dennoch zur Periodisierung historischer Dynamiken und Entwicklungen hilfreich und sinnvoll sein können, sofern ihnen ihre ‹Beweglichkeit› belassen wird und die (Literatur- und anderweitige) Geschichtsschreibung nicht in einer Nomenklatur von ‹Bewegungen› erstarrt. Paradebeispiel hierfür mag etwa das Konzept des modernismo sein, mit dem nicht etwa eine einheitliche Bewegung bezeichnet wird, das aber doch eine Fülle von Bewegungen seit dem Ende des 19. und vor allem im frühen 20. Jahrhundert charakterisiert, durch die in der Kunst generell und insbesondere in der Literatur dieser Zeit Neues entsteht, ohne so radikal mit dem Alten zu brechen, wie dies wenig später oder auch noch gleichzeitig etwa die historischen Avantgarden und allen voran der Futurismus als die früheste der Avantgarde-Bewegungen propagieren. Mit dem Futurismus ist zugleich ein weiterer, nicht auf den Futurismus begrenzter, aber hier besonders sichtbar werdender Bedeutungsaspekt der movimenti angesprochen: Ausgehend von der immaginazione senza fili und den parole in libertà, die vermeintlich erstarrte Strukturen durch die Dynamisierung von Sprache, von Texten und anderen Äußerungsformen zu ersetzen versuchen, reflektiert die Frage von ‹Literatur und/ in/ als Bewegung› auch grundsätzlicher die Relation von Dynamik und Statik in literarischen Texten. Damit verbindet sich die andere Frage, wo und in welcher Weise sich Bewegung(en) nicht nur thematisch, sondern vor allem strukturell, produktionswie rezeptionsästhetisch, niederschlagen, etwa in den Möglichkeiten der Hypertextualität, wie sie nicht erst in der digitalen Welt ausgedacht wurden, sondern bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert Mallarmé mit seiner Idee des jede Seite mit jeder anderen ‹verlinkenden› Livre vorschwebten und wie sie etwa hundert Jahre später Deleuze und Guattari mit dem Bild des Rhizome denken und beschreiben. Doch auch der oulipista Calvino beispielsweise thematisiert nicht allein in seinen Lezioni americane Konzepte wie «rapidità» und vor allem «molteplicità», sondern erzählt in Se una notte d’inverno un viaggiatore von einer «rete di linee che s’allacciano» und «che s’intersecano» und spiegelt 11 <?page no="12"?> Barbara Kuhn darin die bewegte Struktur seines Romans, der, wie schon das Inhaltsverzeichnis illustriert, Baum- und Rhizom-Modell nicht als einander wechselseitig ausschließend denkt, sondern in einen Dialog, wenn nicht in einen fruchtbaren Widerstreit versetzt. Indem der Text, der nicht zufällig Bücher, Leser und Leserinnen zu seinen Protagonisten macht, den Akzent auf die Lektüre legt, die sich von einer tendenziell oder idealiter linearen und eindeutigen zu einer multidirektionalen und offenen, kaum vorhersehbaren Lesebewegung wandelt, stellt er einmal mehr die Frage nach movimenti und ‹movimentabilità› in der Literatur. In Anbetracht der so ungemein vielfältigen Lesarten des Lexems, Konzepts, Bildes movimenti, von denen hier ohne jeden Anspruch auf ‹erschöpfende› Vollständigkeit einige wenige evoziert wurden, versteht sich von selbst, dass auch die hier versammelten Beiträge die unterschiedlichen Bedeutungsebenen und -aspekte nur exemplarisch beleuchten können und sollen. Sie gliedern sich in vier große Rubriken, die von der Bewegung als analytisches Konzept (I) über die Bewegung als Textstruktur (II) und als metaphorische Selbstbeschreibung (III) bis zur Bewegung in der Semantik der Texte (IV) reichen, wobei sich wiederum von selbst versteht, dass diese Rubriken keine starren Kategorien mit trennscharfen Grenzen bezeichnen, sondern die Übergänge zwischen ihnen fließend sein können und die ihnen jeweils subsumierten Beiträge durchaus in Teilen auch Affinitäten zu den jeweils anderen Facetten des movimenti-Begriffs besitzen. In der ersten Rubrik, die «Bewegung als analytisches Konzept» fasst, fragt Maria Antonietta Terzoli unter dem Titel «Trasmutabile per tutte guise. Movimenti, trasformazioni, riscritture di episodi e temi danteschi» nach Bewegungen und Transformationen von Ausdrucksmitteln sowie nach kulturellen Übergängen, indem sie einige Episoden und Orte Dantes analysiert und deren Funktion als Ursprung und Nukleus für die Entstehung neuer Werke - in Vers und Prosa, in Musik, Malerei und Skulptur - herausarbeitet. Denn Dantes Commedia ist dank ihres unendlichen imaginativen und bildlichen Potenzials in jeder Epoche und Kultur auf der Grundlage ganz unterschiedlicher Interpretationsansätze gelesen worden, so dass diverse Episoden Ausgangspunkt für réécritures und Umarbeitungen in Novellen, Romanen, Dramen, Opern oder Filmen wurden, die mit dem raffinierten Anspielungsreichtum des Textes teilweise sehr frei umgingen. Aber auch die bildliche Umsetzung, die die Commedia von den ersten Handschriften an bis zu den jüngsten zeitgenössischen Gestaltungen begleitet, übte durch die Jahrhun- 12 <?page no="13"?> Einführende Überlegungen derte hindurch eine unmittelbare und außergewöhnliche Wirkung auf deren Interpretation aus, zumal sie auch das jeweilige Ambiente und Gegenstände darstellen musste, die in den Versen nicht explizit erwähnt werden, und zudem die narrativen Entwicklungen, die Prolepsen und Analepsen der Erzählung, in eine relativ statische Form übertragen, wie der Beitrag an verschiedenen Beispielen deutlich macht. ‹Bewegung› ist folglich in diesem eröffnenden Beitrag in einem (mindestens) doppelten Sinn zu verstehen, der gemäß der vom auctor Dante adaptierten Lehre vom mehrfachen Schriftsinn auf der literalen ‹Bewegung› des Wanderers Dante und seiner verschiedenen Begleitungen durch die drei Jenseitsreiche gleichsam ‹aufruht›, ohne je ‹zur Ruhe zu kommen›, im Gegenteil: Vom Danteschen Text geht seit seiner Entstehung eine Bewegung aus, die eine Fülle weiterer Kunstwerke aller Sparten entstehen ließ und lässt, doch gleichzeitig versetzen diese das ‹Ursprungswerk› ebenfalls in eine nicht abschließbare (Deutungs)Bewegung, die den ‹alten› Text nicht veralten lässt. Ebenfalls mit Dante, aber nicht mit der Commedia, sondern mit dem Jugendwerk setzt sich Gaia Gubbini in ihrem Beitrag «Dalla passio alla beatitudo: la ‹svolta› dantesca nella Vita nuova» auseinander. In dessen Zentrum steht eine poetische ‹Bewegung›, die für die Entwicklung der Geschichte der italienischen und europäischen Literatur von entscheidender Bedeutung ist: der in der Vita nuova erzählte und bedichtete allmähliche Übergang von der Darstellung der zerstörerischen Kraft der passio amorosa zur Seligkeit. Dieser Übergang wird in den Kontext der pneumatischen Doktrin eingebettet, die für die mittelalterliche europäische Literatur von grundlegender Bedeutung und in Dantes Jugendwerk in hohem Maße präsent ist. Durch die Untersuchung einiger Schlüsselpassagen der Vita nuova, die im Lichte früherer romanischer Texte - etwa Tristan et Yseut von Thomas d’Angleterre, die vida des Troubadours Guilhem de Cabestanh in Langue d’Oc sowie deren ‹Inszenierung› in der neunten Novelle der «Quarta Giornata» von Giovanni Boccaccios Decameron - analysiert werden, zeigt der Beitrag, wie Dante in der Vita nuova einen Weg geht, der von der schmerzhaften Liebesleidenschaft für Beatrice ausgeht und dank der Sublimierung der poetischen Erfahrung schließlich zur Glückseligkeit gelangt. Grundlegend andere Facetten von «Bewegung als analytisches Konzept» entfaltet demgegenüber unter der Überschrift «Italian Theory: movimento o turn? » der von Antonio Lucci und Esther Schomacher gemeinsam verfasste Beitrag: Ausgehend von einer vertieften Analyse der gegenwärtigen Situation der als Italian 13 <?page no="14"?> Barbara Kuhn Theory bekannten philosophischen Strömung stellt der Beitrag zwei Fragen: Die erste richtet sich auf die Möglichkeit oder Unmöglichkeit, die Italian Theory als Bewegung zu definieren; die zweite, unmittelbar mit der ersten verbundene betrachtet die Möglichkeit, diese nach den inneren Debatten, die sie anlässlich der covid-Pandemie durchzogen haben, weiterhin als ein relativ organisches Ganzes anzusehen. Der erste Teil des Beitrags stellt eine historische Rekonstruktion dar: Er präsentiert die Protagonisten sowie die zentralen theoretischen Aspekte der Strömung und schlägt vor, die Stellungnahmen der italienischen Philosophen zur Pandemie im Licht sowohl ihrer früheren Arbeiten als auch ihrer jeweiligen Interpretationen des Konzepts der Biopolitik zu lesen, das für die Bewegung zentral ist. Im zweiten, stärker theoretisch-systematisch ausgerichteten Teil antwortet der Beitrag auf die beiden eingangs aufgeworfenen Fragen, indem er - mit Bezug auf mögliche Weiterentwicklungen der Debatte in einigen der jüngsten Arbeiten von Roberto Esposito und Giorgio Agamben - den philosophischen Impetus der Italian Theory mit den theoretischen turns der letzten Jahrzehnte vergleicht. In der folgenden zweiten Rubrik, die sich dem Verständnis von «Bewegung als Textstruktur» widmet, zeigt der «Statik und Dynamik in Carlo Emilio Gaddas L’Adalgisa» überschriebene Beitrag von Katharina List, ausgehend von Gaddas Poetik der deformazione, die er unter anderem im kurzen, das Moment der Dynamik schon im Titel tragenden Essay «Tendo al mio fine» formuliert, anhand ausgewählter Disegni milanesi der Adalgisa, wie Gadda auf verschiedenen Ebenen mit Bewegungen im Text spielt. Dabei legt die Autorin den Fokus insbesondere darauf, wie Gaddas Texte eine paradoxe Gleichzeitigkeit von Fortschritt und Stillstand inszenieren und in ihnen zugleich alles Statische durch verschiedene, die Struktur sowie Sprache und Stil betreffende Strategien ins Wanken gebracht wird. Der folgende Beitrag von Carolina Pini, der den Titel trägt: «Un fanciullo correva dietro a un treno. | La vita - mi gridava - è senza freno.... Il treno come simbolo dei movimenti nella letteratura italiana del Novecento», evoziert zunächst unterschiedliche Gestaltungsweisen der von der Eisenbahn symbolisierten Bewegung, wie sie sich in der italienischen Literatur des 20. Jahrhunderts finden. So zeigt Pini, dass der Topos der Zugfahrt etwa aus einer sozio-historischen Perspektive gelesen werden kann, wie dies bei Elio Vittorini und Ignazio Silone geschieht, als Übersetzung traumatischer Ereignisse, als Trauma tout court, so zum Beispiel bei Carducci, Pirandello, Gadda und Svevo, oder auch als Moment des Abschieds, etwa bei Caproni. Nach dem kursorischen Überblick konzentriert sich der Beitrag jedoch 14 <?page no="15"?> Einführende Überlegungen auf Verwendungen des Topos zur Modellierung von Bewegungen der Entfernung und des Weggehens, von Flucht, Abenteuer und Begegnung, auch von Begegnung des inneren Raums mit dem äußeren. Besonders in der Poesie Sandro Pennas verdichten sich diese letztgenannten Momente, der Zug wird zum Medium des Umschlags von Einsamkeit und Unglück in die Verheißung von Schönheit und Begegnung. Unter der Überschrift «Bewegung als metaphorische Selbstbeschreibung» versammelt der dritte Teil des Bandes zwei Beiträge, die wiederum die große Spannweite auch dieser Facette des movimenti-Konzepts deutlich zu machen vermögen. Christoph Groß überschreibt seinen Beitrag «Motus mentis: Von der Rhetorik des movere zur compassio als Modell religiöser Bildandacht bei Gabriele Paleotti und Giambattista Marino» und geht aus von den in der Frühen Neuzeit geführten theologischen Debatten um den Gebrauch religiöser Bilder, die in der Bewegung des Geistes hin zu Gott als Hilfe oder aber als Hindernis agieren können. Gemäß dem Abschlussdekret des Konzils von Trient sollte sich die Verehrung nicht auf die Bilder selbst richten, sondern auf die Prototypen, auf die sich die Bilder nur in semiotischem Sinne bezogen. So wurde, wie Groß zeigt, die Verehrung der Bilder als eine Bewegung gesehen, die den physischen Gegenstand, das konkrete Bild, überwand, indem der Gläubige sich mental auf einen metaphysischen Referenten bezog. Gabriele Paleotti etwa verknüpft in seinem Discorso intorno alle immagini sacre e profane von 1582 die tridentinischen Positionen mit einer Rhetorik des movere, um so die künstlerische Qualität des Bildes mit dessen religiöser Funktion zu vereinen. Dieser Zugang war in der posttridentinischen Ära weithin anerkannt, wie Giambattista Marinos Galeria (1619/ 20) belegt: In diesem Gedichtband lotet Marino die Widersprüche und Konvergenzen zwischen der emotiven Dimension der geistlichen Bilder auf der einen Seite und ihrer transzendenten spirituellen Funktion auf der anderen aus. Als Vermittlungsinstanz, die dem Intellekt die Bewegung vom physischen Bild zu dessen metaphysischer Dimension ermöglichte, fungiert dabei, wie der Beitrag zeigt, eben das Konzept des movere. Grundlegend anderen Aspekten des metaphorischen movimenti-Begriffs geht der Beitrag von Gianni Cimador unter der Überschrift «Umberto Saba e il ‹movimento› della modernità» nach, indem er die nicht fixierbare Stadt Triest in ihrer Beweglichkeit mit der Beweglichkeit des Blicks verknüpft. Der Beitrag zeigt, inwiefern Triest, das seit Trieste e una donna (1910-12) im Zentrum von Umberto Sabas Lyrik steht und sich geradezu zu einer literarischen Figur entwickelt, als eine 15 <?page no="16"?> Barbara Kuhn Stadt modelliert wird, die nie in einer stabilen Konsistenz verharrt, sondern stets wandelbar, ambivalent, ohne starke und klar definierte Wurzeln ist, gespalten zwischen individualistischen Impulsen und einer Tendenz zu Alterität und Diversität. Es ist nicht mehr möglich, die Stadt binär im Sinne des 19. Jahrhunderts zu denken: Triest hat eine in ständiger Bewegung begriffene Identität, die Stadt ist Ausdruck einer Modernist Identity, eines hybriden Raums und einer fluiden, fragmentierten, nichtlinearen Zeit. Wie Baudelaires Paris verurteilt auch Sabas Triest jede einsinnige Lektüre zum Scheitern, da es die problematische Beziehung zwischen Tradition und Moderne manifest werden lässt. Gerade aufgrund seiner polymorphen Elastizität, verbunden mit ungeregeltem und unkontrollierbarem Wachsen, verlangt es nach dem beweglichen Blick des Flaneurs, der im Umherstreifen seiner selbst gewahr wird und die Essenz einer instabilen und in ständiger Veränderung begriffenen Stadt aus Antinomien und zerreißenden Widersprüchen nur in der Bewegung erfassen kann. So wird die Stadt, wenngleich sie der Ort eines ‹Wissens um die Widersprüchlichkeit› ist, bei Saba wie bei Baudelaire zum Emblem einer neuen Schönheit, die selbst die niedrigsten und alltäglichsten Aspekte der Existenz durchdringt und eng an die Beweglichkeit des Blicks gebunden ist. Vincenzo Vitales Beitrag über «L’esilio politico dall’ultima novella del Novellino di Masuccio all’Arcadia di Sannazaro» eröffnet den letzten Teil des vorliegenden Sammelbands, in dem die «Bewegung in der Semantik der Texte» im Vordergrund steht, doch lässt er zugleich einmal mehr evident werden, dass sich die - hier zentrale - Bewegung auf thematischer Ebene in ein dichtes Netz von «movimenti di natura diversa» einschreibt, von denen hier nur die Bewegung «dalla realtà storica alla letteratura» und «un movimento intertestuale, interno alla letteratura» genannt seien. In diesem Sinn rekonstruiert der Aufsatz die Bedeutung von Masuccios Entscheidung, seinen Novellino mit einer Novelle abzuschließen, die sich dem Thema des politischen Exils widmet. Dabei werden vor allem die subtilen Korrespondenzen aufgezeigt, die der Autor des Novellino zwischen dem Protagonisten Ariete und dem Widmungsträger der Novelle, dem neapolitanischen Adeligen Boffillo del Giudice, herstellt. Hinsichtlich der Themen Liebe und Ehe erscheint die letzte Novelle des Novellino als eine parodistische Umkehrung einer lateinischen Elegie von Giovanni Pontano, deren Protagonist Boffillo del Giudice selbst ist. In eben dieser Elegie greift Pontano wahrscheinlich zum ersten Mal das tibullische Motiv der freien Liebe im goldenen Zeitalter auf, das später in Sannazaros Arcadia und Tassos Aminta und noch in Werke Goethes Eingang finden sollte. Der zweite Teil des Auf- 16 <?page no="17"?> Einführende Überlegungen satzes legt den Akzent insbesondere auf die bukolischen Implikationen der letzten Novelle des Novellino. Die bukolische Anspielung, mit der das Buch schließt, erinnert an die arkadische Geste des Dichters Gallus in Vergils Zehnter Ekloge, so dass sich das literarische Exil des Autors des Novellino implizit mit dem politischen Exil von Ariete und Boffillo verbindet. Damit gelangt Vitale zu der Hypothese, dass das von Masuccio in der letzten Novelle des Novellino konstruierte Netz von Implikationen einen der direkten Vorläufer von Sannazaros Arcadia darstellt, jenem Meisterwerk, das sich um das Thema der Flucht aus der neapolitanischen Zivilisation in einen Naturzustand außerhalb der Geschichte dreht. Ein weiteres semantisches Feld bearbeitet Angela Oster in ihrem Beitrag «Von der sentimentalen Reise zum bewegten Abenteuer. Carlo Collodis Un romanzo in vapore, ein europäischer Eisenbahnroman zwischen Märchen und Moderne», der, wie schon mit anderem Fokus Carolina Pini, zur Rolle der Eisenbahn in der Literatur zurückkehrt. Carlo Collodi ist als Autor des Pinocchio berühmt geworden, in dem nicht nur die Nase des gleichnamigen Protagonisten als Indikator seiner Lügen in ständiger Bewegung bleibt. Bereits der Titel des Romans, Le avventure di Pinocchio, weist darauf hin, dass der Text qua Gattung dem Schema der Âventiure als Lebensreise verpflichtet ist. Dies ist im Fokus von ‹movimenti› bereits in Collodis frühem Werk Un romanzo in vapore von 1856 der Fall, einem der ersten europäischen Eisenbahnromane überhaupt. Der Beitrag vermag zu zeigen, dass Collodi nicht nur der bekannte Kinderbuchautor ist, sondern ein journalistisch versierter Schriftsteller, der scharfsinnig Konstellationen des Transfers, der Übersetzung und der Dynamisierung im 19. Jahrhundert beobachtet. Während die Forschung Collodis ‹Abenteuerreisen› oftmals in der Nachfolge von Sternes Sentimental journey sieht, verfolgt der Aufsatz im vorliegenden Band einen anderen Ansatz, insofern er den Dunst oder Nebel des «vapore» als Motivation einer ‹Literatur in ständiger Bewegung› begreift, die zwischen imaginären (oder märchenhaften) Welten und realistischem Modernismus vermittelt und so auch in diesem Fall die semantische Lesart von ‹movimenti› mit Bewegungsformen auf anderen Ebenen des Textes verbindet. In ständiger Bewegung ist ebenso die Gegenwartsliteratur, wie die letzten beiden Beiträge des Bandes illustrieren, indem sie zu zwei Aspekten der Migration und damit zu den einführenden Bemerkungen dieser Seiten zurückkehren. Auch hier erweist sich, wie in den Beiträgen Vitales und Osters, dass die «Bewegung in der Semantik der Texte» sich stets zugleich mit «movimenti» auf weiteren tex- 17 <?page no="18"?> Barbara Kuhn tuellen Ebenen verknüpft. Unter der Überschrift «Migration - und dann? Die Rückkehr nach Albanien bei Ornela Vorpsi und Giorgio Saponaro» analysiert Julia Görtz einen Aspekt, der in der umfangreichen italienischsprachigen Literatur zum Phänomen der Migration nur vergleichsweise wenig Raum einnimmt: Thematisiert diese überwiegend den Aufbruch aus der ‹alten Heimat› oder die Ankunft in der ‹neuen›, steht in dem Beitrag die Darstellung der nach einer Migrationserfahrung erfolgenden Rückkehr in die Heimat im Zentrum, wie sie in den Werken von Ornela Vorpsi und Giorgio Saponaro gestaltet ist. Ausgehend von den Migrationsbewegungen der Protagonisten zeigt der Aufsatz, dass Vorpsi die Unmöglichkeit einer Rückkehr inszeniert, während Saponaro diese gerade als unumgänglich beschreibt - ein Kontrast, den Görtz auf die unterschiedlichen Perspektiven der Autorin albanischer Herkunft und des italienischen Autors zurückführt. Die divergierenden Konzeptionen der Reise, der Rückkehr und des Konzepts ‹Heimat› spiegeln sich sowohl in der Raumdarstellung der narrativen Texte als auch in der Beschreibung der bei der Rückkehr entstehenden Gefühle der Hauptfiguren: Beide beleuchten auf unterschiedlichen Ebenen den Gegensatz von Unmöglichkeit versus Unausweichlichkeit der Rückkehr. Einen spezifischen Aspekt der Migration, der erst in den letzten Jahren stärker in den Fokus der Forschung gerückt ist, die Arbeitsmigration 10 , beleuchtet der Beitrag von Cora Rok, «Flexible Jobnomaden in italienischen Arbeitsnarrativen des 21. Jahrhunderts», in dem zwei auf die Arbeitswelt fokussierte Werke verglichen werden, in denen die ‹Bewegung› als Thema zentral ist und zugleich als strukturelles Element fungiert: Giovanni Accardos Roman Un anno di corsa (2006) und der Film La Stella che non c’è (2006) von Gianni Amelio. Nach einem kurzen Überblick über die vom 20. zum 21. Jahrhundert erfolgten Transformationen in der Arbeitswelt und einer Diskussion der wichtigsten Tendenzen in der der Arbeit gewidmeten zeitgenössischen italienischen Narrativik analysiert Cora Rok eingehend die beiden genannten Werke: Während Amelio den Typus eines Arbeiters des vergangenen Jahrhunderts inszeniert - einen Arbeiter, der sein ganzes Leben lang an einem Ort genau jene Tätigkeiten ausübt, für die er einst ausgebildet worden war und in denen er Kompetenzen erworben hatte - und die Geschichte der Transformation an der Schwelle zum 21. Jahrhundert erzählt, wird in Accardos Roman die Situation des Arbeitsmarkts in Italien zu Beginn des 21. Jahrhunderts geschildert, 10 Cf. etwa Schmitz (2023), pp. 51-84. 18 <?page no="19"?> Einführende Überlegungen als es eine hohe Zahl an Arbeitslosen gab. Für beide Figuren gewinnt die Mobilität eine zentrale Rolle, doch die Arbeitssuche des namenlosen Protagonisten bei Accardo erweist sich als zirkuläre Bewegung ohne jeden Fortschritt, weder in beruflicher noch in persönlicher Hinsicht, was sich nicht zuletzt in der zirkulären Struktur und der Repetitivität des Romans spiegelt. Demgegenüber wird die starke Identifikation von Amelios Protagonist mit seiner früheren Arbeit für ihn zur Motivation, nach China aufzubrechen. Obwohl diese Reise ursprünglich mit dem Ziel, eine Arbeit zu finden, unternommen wurde, verwandelt sie sich letztlich in eine Art ‹Bildungsreise›, auf der die verschiedenen Transportmittel sein ständiges Fort- und Vorankommen unterstreichen. Sämtliche Beiträge dieses Bandes gehen auf die literaturwissenschaftliche Sektion des XII. Deutschen Italianistentags zurück, der vom 10.-12. März 2022 11 an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität stattfand. Die Herausgeber und die Herausgeberin danken dem Münchener Organisationsteam Giulia Lombardi, Noemi Piredda und Sascha Resch sowie der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die finanzielle Unterstützung der Tagung. Ferner danken sie allen Beiträgerinnen und Beiträgern noch einmal für Vortrag und Diskussion während der Tagung und nun vor allem dafür, dass sie ihre Texte für diesen Band zur Verfügung gestellt und entsprechend überarbeitet haben. Allen Mitwirkenden sei ausdrücklich auch Dank gesagt für die Geduld, die sie aufgrund gewisser Unwägbarkeiten, die nicht in unserer Hand lagen, bis zur Publikation aufbringen mussten und in der Tat aufgebracht haben: Zu unserer Freude hat niemand den einmal zugesagten Beitrag zurückgezogen, so dass der Band im geplanten Umfang erscheinen kann. Für die sachkundige Einrichtung der Beiträge danken wir Katharina List, Ursula Winter und Patrick Angerer von der Universität Eichstätt, Gaia Gubbini von der LMU München sowie Marco Menicacci von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Außerdem gilt unser Dank dem Narr-Verlag, bei dem die drei Movimenti-Bände der Tagung - Fachdidaktik, Literatur- und Sprachwissenschaft - in der neuen Reihe «Italianistica. Testi e Strutture - Strukturen und Texte» erscheinen können, und hier insbesondere Frau Heyng für die wie üblich hervorragende 11 Zur ungewöhnlich langen ‹Vorgeschichte› und den pandemiebedingten Wirren im Vorfeld dieses Italianistentags cf. die Einleitung im 3. Band der Movimenti, der die Akten der sprachwissenschaftlichen Sektion versammelt. 19 <?page no="20"?> Barbara Kuhn Zusammenarbeit und große Hilfsbereitschaft in allen anfallenden Fragen - und trotz aller Bewegungen hin und her. Eichstätt, München, Erlangen August 2024 Bibliographie Forschungsliteratur Asholt, Wolfgang (Hg.) (2010): Littérature(s) sans domicile fixe | Literatur(en) ohne festen Wohnsitz (Edition lendemains 17), Tübingen. Ette, Ottmar (2001): Literatur in Bewegung. Raum und Dynamik grenzüberschreitenden Schreibens in Europa und Amerika, Weilerswist. Frese, Jürgen (1971): «Bewegung, politische», in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 1: A-C, hg. von Joachim Ritter, Basel, coll. 880-882. Hallet, Wolfgang / Neumann, Birgit (Hg.) (2015): Raum und Bewegung in der Literatur. Die Literaturwissenschaften und der Spatial Turn, Bielefeld. Kaulbach, Friedrich / Meyer, Gerbert (1971): «Bewegung», in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 1: A-C, hg. von Joachim Ritter, Basel, coll. 864-879. Klein, Gabriele (2004): «Bewegung und Moderne. Zur Einführung», in: ead. (Hg.): Bewegung. Sozial- und kulturwissenschaftliche Konzepte, Bielefeld, pp. 7-19. Kuhn, Barbara / Liebermann, Marita (2023): «Introduzione» | «Einleitung» in: eaed. (a cura di): Letteratura e migrazione. Proposte intorno alla figura del ponte | Literatur und Migration. Fragen zur Figur der Brücke (Venetiana 24), Roma, pp. 7-33. Schmitz, Sabine (2023): «Geschichte der italienischen Zuwanderung nach Belgien im Medium Comic: Macaroni! (2016) und Une histoire importante. 70 ans d’immigration italienne en Belgique et plus (2019)», in: Barbara Kuhn / Marita Liebermann (a cura di): Letteratura e migrazione. Proposte intorno alla figura del ponte | Literatur und Migration. Fragen zur Figur der Brücke (Venetiana 24), Roma, pp. 51-84. 20 <?page no="21"?> Einführende Überlegungen Internetquellen Grimm, Jacob / Grimm, Wilhelm: Deutsches Wörterbuch, s.v. «bewegung», https: / / woerterbuchnetz.de/ ? sigle=DWB&lemid=B06445 [06.08.2024]. Vocabolario degli Accademici della Crusca, 3 a ed., Firenze 1691, s.v. «movimento», https: / / www.digitale-sammlungen.de/ de/ view/ bsb10496195? page=,1 [07.08.2024]. 21 <?page no="23"?> I Bewegung als analytisches Konzept Il movimento come concetto analitico <?page no="25"?> Maria Antonietta Terzoli Trasmutabile per tutte guise. Movimenti, trasformazioni, riscritture di episodi e temi danteschi 1. Nella notte fra il 13 e il 14 settembre 1321 moriva a Ravenna Dante Alighieri. Settecento anni dopo, in tutto il mondo abbiamo celebrato questo poeta quasi come se fosse un nostro contemporaneo, una guida e una voce che ha attraversato i secoli intatta nella sua forza, nuova a ogni lettura, duttile e straordinariamente capace di esprimere anche le nostre passioni e i nostri sentimenti. «Dante. Seine allgemeine Bedeutung für jede Frage» suona l’icastica nota della seconda lezione tenuta da Jakob Burckhardt nel novembre del 1858 nell’Aula Magna dell’Università di Basilea per la serie delle Vorlesungen über Renaissance. 1 In effetti la Commedia, scritta nei primi vent’anni del Trecento, ancora oggi ci tocca e ci emoziona, racconta storie che ci coinvolgono profondamente, presenta vicende di personaggi antichi, lontani nel tempo e nello spazio, che leggiamo come se fossero storie di nostri contemporanei. Questa lettura per così dire ‹metaforica›, questa possibilità di attualizzare le vicende narrate e di trovare nella Commedia folgoranti chiavi di interpretazione per la nostra stessa vita e per il nostro tempo, non deriva solo dalla mirabile, ineguagliata grandezza artistica di quest’opera, di questo libro-mondo come è stato chiamato. In realtà è già prevista nel geniale meccanismo compositivo messo in atto con assoluta consapevolezza dal suo autore. I contemporanei di Dante leggevano avidamente il poema per scoprirvi, accanto a quella di personaggi mitici e antichi, la sorte ultraterrena di persone che ben conoscevano, morte da poco, che avevano avuto un ruolo di spicco nelle vicende cittadine o nella cronaca nera e rosa più recente. La prima anima che racconta a Dante la sua tragica storia, è Francesca, figlia di Guido da Polenta, signore di Ra- 1 Burckhardt 2014, pp. 3-37, la cit. è a p. 4 («Dante. Il suo generale significato per ogni questione»; traduzione proposta in Cordibella 2019, pp. 101-116, in partic. p. 102 e nota 4). 25 <?page no="26"?> Maria Antonietta Terzoli venna, e zia di Guido Novello da Polenta, ultimo protettore del poeta. Il suo amante, Paolo Malatesta, ucciso con lei dal marito geloso, era stato capitano del Popolo proprio a Firenze nel 1282, quando il giovane Dante aveva diciassette anni e componeva i suoi primi versi. Come scrive con sprezzante condiscendenza Petrarca in una lettera a Boccaccio una quarantina di anni dopo la morte di Dante, persino osti, tintori e lottatori si appassionavano alla Commedia e alle sue storie: «nisi forte sibi fullonum et cauponum et lanistarum ceterorum ve, qui quos volunt laudare vituperant, plausum et raucum murmur invideam»(Fam. xxi 15 22). 2 E recitandoli ne storpiavano i versi: sicut ex diverso nullos quibus esset infestior, quam hos ineptissimos laudatores, qui omnino quid laudent quid ve improbent ex equo nesciunt, et qua nulla poete presertim gravior iniuria, scripta eius pronuntiando lacerant atque corrumpunt [. . . ]. (Fam. xxi 15 16) 3 Quella della Commedia era in effetti una scandalosa contemporaneità, di straordinario impatto emotivo, per la menzione esplicita di nomi e luoghi, di colpe note e di colpe segrete, di fatti ben conosciuti e di episodi più oscuri, affidati dall’ombra di un trapassato alla testimonianza di un imprevisto visitatore dell’aldilà, che percorre in carne e ossa il mondo dei morti e può riportarne notizia nel mondo dei vivi, svelando ai suoi lettori le verità, altrimenti non conoscibili, del dopo morte. Nella sua Littérature du midi de l’Europe (1813), all’inizio dell’Ottocento, lo storico ginevrino Jean Charles Sismonde de Sismondi notava: L’empire des morts des poètes de l’antiquité est confus et presque incompréhensible; celui du Dante se présente avec un ordre, avec une grandeur, avec une régularité, qui saisissent l’imagination, et ne lui permettent plus, une fois qu’elle l’a conçu, de se le figurer autrement. 4 2 Lettera a Giovanni Boccaccio del giugno 1359, in Petrarca 2009, tomo V, pp. 3068-3087, in partic. pp. 3082-3083: «A meno che non si dica che gli invidi l’applauso e il roco clamore dei tintori, dei bettolai, dei lanaioli e di tutta quella genia la cui lode è in realtà un’offesa». Mio il corsivo, così nel seguito salvo indicazione contraria. 3 Petrarca 2009, pp. 3078-3079: «così come, al contrario, non avrebbe certo avuto avversari peggiori di questi suoi elogiatori, tanto sciocchi che ignorano del pari le ragioni per le quali lodano o biasimano e che gli infliggono intanto la più grave ingiuria che si può recare a un poeta, ossia quella di sciupare e guastare i suoi versi con le loro recite». 4 Simonde de Sismondi 1813, tomo I, cap. IX, pp. 365-366. E cf. Simonde de Sismondi 1813, cap. X, p. 386: «Peu de chefs-d’œuvre ont mieux manifesté la force de l’esprit humain que le poëme du Dante: complètement nouveau dans sa composition comme dans ses parties, sans modèle dans aucune langue, il était le premier monument des temps modernes, le premier grand ouvrage qu’on eût osé composer dans aucune des littératures nouvellement nées». 26 <?page no="27"?> Trasmutabile per tutte guise In questo ben organizzato aldilà, in questa perfetta geografia ultraterrena che non ha precedenti, i contemporanei di Dante potevano trovare risposte a dubbi e paure, compensi di giustizia e di punizione rappresentati con straordinaria concretezza e realismo. L’argomento del poema, se considerato «limitatamente alla lettera», cioè al primo significato, è «semplicemente lo stato delle anime dopo la morte»: «Est ergo subiectum totius operis, litteraliter tantum accepti, status animarum post mortem simpliciter sumptus» (Ep. xiii 8). 5 Così lo presenta l’autore nella dedica del Paradiso a Cangrande della Scala, vicario imperiale in Italia e suo protettore a Verona. Ma come precisa la frase successiva: «Se invece si considera l’opera dal punto di vista dell’allegoria, il soggetto è l’uomo, in quanto con meriti e demeriti, per la libertà di arbitrio, è esposto alla giustizia che premia e punisce». 6 Il soggetto siamo dunque tutti noi, uomini e donne di ogni tempo, luogo e cultura. In effetti Dante nel suo poema è riuscito a mettere in atto un meccanismo di moltiplicazione infinita di senso, attraverso un uso spregiudicato e sapiente delle potenzialità polisemiche e metaforiche del linguaggio, utilizzato nella più alta forma, quella «poetica», ricorrendo a una maniera di esporre da lui definita «inventiva, descrittiva, digressiva, metaforica», ma insieme «precisa e determinata», «concreta di esempi» (Ep. xiii 9). 7 Prendiamo la storia del conte Ugolino, accusato di tradimento, chiuso in una torre e lasciato morire di fame con quattro figli giovinetti. La vicenda, narrata nel penultimo canto dell’Inferno, si è svolta nel xiii secolo, a Pisa, ma il racconto di questo personaggio ci emoziona come se anche noi fossimo coinvolti in prima persona. Dante mette in scena, con una potenza rappresentativa inusitata, i temi della fedeltà politica e del tradimento, dell’interesse pubblico sacrificato ai vantaggi personali, ma soprattutto racconta la disperazione e l’impotenza di un genitore davanti alla morte dei figli, l’odio di parte, feroce fino all’annientamento fisico del nemico, l’atroce e inappellabile condanna a morte, la punizione del traditore e l’orrida antropofagia. Sono temi che toccano le basi stesse della nostra civiltà, e 5 Epistola xiii, in Alighieri 2014, pp. 1417-1592, in partic. pp. 1494-1521 (la citazione è a p. 1500; la traduzione a p. 1501). 6 Alighieri 2014, p. 1503; «Si vero accipiatur opus allegorice, subiectum est homo prout merendo et demerendo per arbitrii libertatem iustitie premiandi et puniendi obnuxius est» (ivi, p. 1502). 7 Alighieri 2014, p. 1503; «Forma sive modus tractandi est poeticus, fictivus et descriptivus, digressivus, transumptivus, et cum hoc deffinitivus, divisivus, probativus, improbativus et exemplorum positivus» (ivi, p. 1502). 27 <?page no="28"?> Maria Antonietta Terzoli del nostro modo di pensare e di rapportarci con i nostri simili: ci coinvolgono direttamente e nella loro decifrazione esibiscono significati simbolici, implicazioni antropologiche, valenze e modelli religiosi di assoluta rilevanza. Questo racconto non ha mancato di ispirare molteplici interpretazioni figurative, che hanno privilegiato la drammatica scena che si svolge all’interno della torre, come William Blake nel suo primo disegno dantesco, quasi quarant’anni prima di illustrare l’intero poema (1824 ca). 8 Nella scultura di Jean-Baptiste Carpeaux, a metà Ottocento, Ugolino è rappresentato come un nuovo Laocoonte, impotente di fronte alla morte dei figli. 9 Altri artisti hanno inserito la storia in un quadro più ampio, rendendo materialmente visibile il suo statuto di racconto secondo, narrato retrospettivamente da Ugolino. Così nel Cinquecento il fiammingo Giovanni Stradano (Jan van der Straet) rappresenta questa scena nella parte superiore dell’immagine, in una sorta di nuvola che sovrasta l’incontro tra Dante e i dannati. 10 Nell’Ottocento Gustave Doré dedica molte immagini alla drammatica storia di Ugolino. Tutti però hanno cercato di trasmettere visivamente l’orrore di una morte prevista, lenta e atroce di vittime innocenti che si accasciano ad una ad una davanti agli occhi del padre atterrito. Così la storia di amore e morte di Francesca, che ho ricordato all’inizio, è stata riscritta, reinterpretata e illustrata nei secoli in una sorta di esegesi figurativa che ha trasformato in immagini di grande impatto mediatico e di immediata contemporaneità la mirabile narrazione dantesca. 11 Qui ricordo solo l’interpretazione di due 8 Se ne vedano le riproduzioni in Schütze / Terzoli 2014, pp. 227-237 (ed. economica: Schütze / Terzoli 2017, pp. 318-329). È significativo che la scena di Ugolino nella torre sia addirittura il suo primo disegno di argomento dantesco (conservato oggi al British Museum di Londra), risalente agli inizi degli anni Ottanta del Settecento, dunque molto precedente la serie dei disegni della Commedia realizzati tra il 1824 e il 1827 (cf. Schütze 2014, pp. 33-51, in partic. p. 38; ed. 2017: pp. 41-65, in partic. p. 51). 9 Una versione in marmo del gruppo di Ugolino e i suoi figli (1857-1861), realizzata tra il 1865 e il 1867, è conservata al Metropolitan Museum of Art di New York (cf. da ultimo Morachioli 2020, pp. 90- 91). L’artista sembra sviluppare figurativamente anche una suggestione del testo di Dante, «queste misere carni» (v. 63), che riprende l’aggettivo usato da Virgilio per i figli innocenti del sacerdote troiano divorati dai serpenti, «et miseros morsu depascitur artus» (Aen. ii 215; l’eco virgiliana nei versi danteschi è segnalata da ultimo in Alighieri 2012, p. 990). 10 Il disegno, databile al 1587, è conservato con altri dello stesso artista alla Biblioteca Medicea Laurenziana di Firenze (ms. Mediceo Palatino 75; cf. Battaglia Ricci 2018, pp. 133-135). 11 Un’ampia rassegna della ricezione e della fortuna dell’episodio di Paolo e Francesca nella letteratura, nelle arti figurative e nella musica si può trovare nella monografia di Locella 1913. Tra i lavori recenti si veda Renzi 2007, in particolare i capitoli quarto, quinto e sesto, I commenti antichi, Francesca entra nella «Weltliteratur», Noia europea, entusiasmo «di genere» in America (pp. 105-127, 129-152, 161-181), 28 <?page no="29"?> Trasmutabile per tutte guise artisti svizzeri. Johann Heinrich Füssli nel dipinto che si trova al Kunsthaus di Aargau rappresenta la scoperta degli amanti e il loro proditorio assassinio: Paolo und Francesca von Gianciotto überrascht (1785). 12 Arnold Böcklin illustra a sua volta la storia dei due amanti in un dipinto essenziale e potente, conservato alla Stiftung Oskar Reinhart (Kunst Museum di Winterthur), Paolo und Francesca (1893): due sole figure, isolate su fondo nero, da cui emergono con drammatica intensità i corpi feriti. 13 2. Queste storie sono tra le più celebri della letteratura occidentale, ma non c’è quasi episodio della Commedia che nei secoli non sia stato punto di partenza di riscritture in prosa, in versi, in musica, di rappresentazioni figurative, di film, fumetti, ora persino di videogiochi. Movimenti e trasformazioni di mezzi espressivi, passaggi di culture che hanno segnato anche la nostra lettura del testo dantesco. Qui vorrei soffermarmi sulla storia di Pia, nobildonna senese, che i più antichi commenti ascrivono al casato dei Tolomei, reclusa e lasciata morire dal marito in un castello della Maremma. La vicenda, che noi oggi collocheremmo sotto l’etichetta di violenza coniugale e femminicidio, suggella in maniera memorabile il quinto canto del Purgatorio: «Deh, quando tu sarai tornato al mondo, e riposato de la lunga via», seguitò ’l terzo spirito al secondo, «ricorditi di me, che son la Pia; Siena mi fé, disfecemi Maremma: salsi colui che ’nnanellata pria disposando m’avea con la sua gemma» (Purg. v 130-136). 14 In un saggio del 1818, uscito sulla Edinburgh Review, Ugo Foscolo, esule a Londra, tracciando un suggestivo confronto tra Dante e Shakespeare, riflette su modalità e per le interpretazioni figurative, dalle miniature medievali agli artisti moderni, il settimo capitolo, Come illustravano, pp. 183-216. Per la fortuna ottocentesca dell’episodio si veda Palladino 1998, pp. 75-97. 12 Si veda la scheda relativa nel sito del museo, in Aargauer Kunsthaus Sammlung Online: http: / / sammlung-online.aargauerkunsthaus.ch/ eMP/ eMuseumPlus? service=ExternalInterface& module=collection&objectId=180959&viewType=detailView (26.06.2023). 13 Si veda la scheda relativa in Andree 1977, pp. 508-509 (n. 441). 14 Tutte le citazioni della Commedia da Alighieri 1966-1967. Per una suggestiva lettura dell’episodio di Pia e una sintetica presentazione della sua stratificata esegesi, si veda da ultimo Bausi 2021. 29 <?page no="30"?> Maria Antonietta Terzoli narrative, somiglianze e differenze tra i due scrittori. 15 La vicenda di Pia, condensata in pochissimi versi, è accostata, per analogia di fabula, a quella di Desdemona, uccisa da Otello per sospetto di tradimento, che in Shakespeare occupa un’intera tragedia: La storia di Desdemona ha un parallelo nel seguente passo di Dante. Nello della Pietra aveva sposato una gentildonna di Siena, di nome madonna Pia. La sua bellezza era ammirata da tutta la Toscana, ed eccitava nel cuore del marito una gelosia che, inasprita da false dicerie e da infondati sospetti, alla fine lo indusse alla disperata decisione di Otello. Difficile è stabilire se la donna fosse del tutto innocente; ma tale Dante la rappresenta. Il marito la condusse nella Maremma, che allora, come oggi, era un territorio insalubre. Mai egli disse alla misera consorte il motivo del suo esilio in un paese così infesto. Non degnò di esprimere una lamentela o un’accusa. Visse con lei, solo, in un gelido silenzio, senza rispondere alle sue domande, senza ascoltarne le proteste. Pazientemente attese fino a che l’aria pestilenziale ebbe rovinata la salute di questa giovane donna. In pochi mesi ella morì. Alcuni cronisti, in realtà, ci narrano che Nello si servì del pugnale per accelerarne la morte. 16 Il brevissimo episodio, in effetti, è stato nei secoli punto di partenza di innumerevoli variazioni, riscritture, rielaborazioni. Ogni lettore e ogni interprete, come lo stesso Foscolo in questo passo, nel riferire con le proprie parole o nell’illustrare un episodio della Commedialo modifica e lo carica di particolari che non figurano nell’originale. La sofisticata allusività dei versi e la complessa polisemia del testo concedono spazio alle più diverse immaginazioni, le esigono quasi: ognuno assume le storie narrate da Dante e le ri-racconta a modo suo, consapevolmente o inconsapevolmente le adatta alle proprie esperienze e al proprio tempo, le riscrive, le integra di sentimenti e di fatti non menzionati nei versi. 17 Insomma le rende ‹contemporanee› alle proprie esperienze e alla propria cultura. Nel Cinquecento Matteo Bandello dedica alla storia di Pia un’intera novella, con esplicito rinvio alla Commedia: «Questa è quella Pia che il vertuoso e dottis- 15 Foscolo 1818. Su questo articolo cf. Da Pozzo 1979, pp. xvii-clxv, in partic. pp. xxx-xxxviii; e Terzoli 2017, pp. 207-226, in partic. pp. 212-215. 16 Foscolo 1818, p. 17. L’ipotesi che Pia possa essere stata addirittura pugnalata dal marito in preda alla gelosia stringe ulteriormente il rapporto con la violenza di Otello. 17 Lo nota già Foscolo con grande consapevolezza: «La soave armonia degli ultimi versi, pieni di liete e affettuose memorie, dà luogo a un fortissimo contrasto con le idee di infelicità domestica, di morte e di crudeltà che necessariamente nascono nella immaginazione del lettore» (Foscolo 1818, p. 19). 30 <?page no="31"?> Trasmutabile per tutte guise simo Dante ha posta in Purgatorio» (i 12). 18 La novella però narra, con dovizia di particolari, una storia d’amore segreta che non si trova affatto in Dante, insistendo sugli stratagemmi escogitati dagli amanti per i loro incontri segreti, fino alla scoperta dell’adulterio e alla vendetta brutale del marito. Ma è soprattutto tra Otto e Novecento che la tragica storia di Pia si sviluppa in una straordinaria quantità e varietà di forme: 19 dai poemi in versi, ai romanzi, ai drammi teatrali, alle opere liriche, al cinema (1941, per la regia di Esodo Pratelli; 1958, per la regia di Sergio Grieco). Nel 1822 esce a Roma un poemetto in ottave, La Pia de’ Tolomei: leggenda romantica 20 . L’autore è un giovane poeta e pittore toscano, Bartolomeo Sestini, implicato nei moti carbonari del 1821. 21 Lo scrittore morirà di lì a poco a Parigi, ma il suo testo, più volte ristampato negli anni successivi, avrà grande successo e sarà alla base del libretto di Salvatore Cammarano per l’opera musicata da Gaetano Donizzetti, Pia de’ Tolomei: tragedia lirica, andata in scena per la prima volta a Venezia nel febbraio del 1837. 22 Per anni molto più vicini basti ricordare l’opera rock in ottava rima di Gianna Nannini, Pia, come la canto io, presentata al Festival di San Remo nel 2007. In questi movimenti tra diversi mezzi espressivi, un incremento non meno sostanziale, e con effetto anche più immediato, è quello che l’episodio incontra nel passaggio a una interpretazione figurativa, che deve rappresentare anche spazi, ambienti, eventualmente oggetti non indicati nei versi e trasporre in forma statica e relativamente rigida lo sviluppo narrativo, le prolessi e le analessi del racconto. Quando nel 1868 Dante Gabriele Rossetti, figlio di un altro esule italiano a Londra, comincia a dipingere la sua Pia de’ Tolomei, che finirà molti anni più tardi (1880; Spencer Museum of Arts, University of Kansas; fig. 1), 23 sceglie di raffigurare non la scena purgatoriale dell’incontro con Dante e Virgilio, ma la malinconica vita da reclusa evocata nei versi e lo stato coniugale, alluso dall’anello sulla mano sinistra, 18 Cf. Bandello 1910, vol. I, pp. 151-156, la cit. è a p. 151. 19 Un’accurata rassegna, soprattutto delle riscritture ottocentesche, si legge in D’Angelo 2004, pp. 23- 45, dove sono riprodotte anche alcune interpretazioni figurative (pittura e scultura). 20 Sestini 1821. Un’edizione commentata in Sestini (2015), pp. 35-149, e una presentazione in Pagani 2015, pp. 11-28, in partic. pp. 16-25. Nel volume sono riprodotti anche alcuni dipinti senesi che illustrano il poemetto. 21 Cf. Scalessa 2018. Per un profilo bio-bibliografico cf. anche Pagani 2015, pp. 11-16. 22 Sulla nascita e sulla fortuna di quest’opera si veda Fabbri 2004, pp. 9-21. 23 Su questo dipinto cf. Surtees 1971, vol. I, pp. 118-119; scheda con dati tecnici e indicazioni bibliografiche in http: / / www.rossettiarchive.org/ docs/ 19-1880.s207.raw.html (26.06.2023). 31 <?page no="32"?> Maria Antonietta Terzoli al centro del quadro, quasi a rendere l’evidenza che ha nel testo di Dante, dove è l’ultima parola del verso e del canto. Fig. 1: Dante Gabriele Rossetti, Pia de’ Tolomei, University of Kansas, Spencer Museum of Arts, 1868-1880. L’artista isola così, nella solitudine di un tempo ormai concluso, la figura della Pia. La giovane donna siede con il capo reclino in uno spazio angusto, chiuso da un muro: la massa degli splendidi capelli sembra più un peso che un ornamento, lo sguardo è perduto in lontananze indecifrabili, in un atteggiamento e una posizione che richiamano quelli della Melancolia di Albrecht Dürer (1514; New York, Metropolitan Museum of Art; fig. 2), a cui l’avvicinano anche gli oggetti topici di una vanitas, disseminati ai suoi piedi a segnare il trascorrere del tempo e la vanità delle umane passioni: una meridiana, che sostituisce la clessidra rappresentata da Dürer, lettere (d’amore? ), un libro aperto e un rosario. La campanella della torretta, nel lato sinistro del dipinto, riprende, quasi citazione esatta, quella appesa al muro alle spalle della Melancolia nell’angolo destro dell’incisione. A sinistra il cielo carico di nubi è invaso da uccelli grigiastri: forse corvi, che prendono il posto del solitario pipistrello di Dürer. Persino lo schienale a cui si appoggia la Pia di Rossetti - una grossa pietra squadrata, di cui si intravede uno degli angoli superiori - sembra rinviare a Dürer, in particolare all’enigmatico poliedro di pietra grigia che occupa con grande evidenza la parte sinistra dell’incisione. Evocando questo precedente illustre, Ros- 32 <?page no="33"?> Trasmutabile per tutte guise setti riesce a esprimere figurativamente la malinconia e la consunzione mortale della Pia dantesca, contaminandola con un modello rinascimentale nordico. Fig. 2: Albrecht Dürer, Melencolia I, New York, Metropolitan Museum of Art, 1514. Molte altre opere si potrebbero indicare nella letteratura e nell’arte seguendo i movimenti di questo brevissimo episodio e delle sue contaminazioni e riscritture, 24 ma tanto basti a mostrare, su un caso minimo e oltremodo circoscritto, la straordinaria efficacia dei versi danteschi sulla letteratura e le arti figurative, la loro funzione di nucleo originario per la nascita di altre opere, in versi, in prosa, in pittura, in scultura, in musica: cioè l’incalcolabile e capillare influenza delle invenzioni dantesche sul nostro stesso immaginario culturale. 3. Nell’angolo sinistro del dipinto di Rossetti, sulla meridiana, si accampa una figura alata che tiene tra le mani una sorta di ruota sotto la quale sembra di scorgere delle fiamme. Potrebbe trattarsi di una raffigurazione di Amore come si vede in alcuni 24 Sulla fortuna ottocentesca della storia di Pia a partire da Foscolo e sulle variazioni romantiche dello spunto offerto dai versi di Dante si veda Barucci 2016, pp. 253-271 (un catalogo di opere a p. 257, nota 14). 33 <?page no="34"?> Maria Antonietta Terzoli Trionfi d’Amore ispirati a Petrarca, o di un rinvio all’incisione di Dürer, dove la figura della Melancolia ha due grandi ali sulle spalle, o invece di un’allusione al fuoco del Purgatorio, quasi a suggerire la sorte ultraterrena della giovane donna come è presentata nella Commedia. Ma anche più interessante è che questa scena sia raffigurata come un bassorilievo che decora un oggetto. L’artista iscrive così nel suo dipinto il riferimento a una forma di rappresentazione artistica a cui è data grande evidenza proprio all’ingresso del Purgatorio dantesco. La prima cosa che attira l’attenzione del pellegrino, appena varcata la grande porta, è infatti una serie di bassorilievi che adornano una parete di marmo bianchissimo. Sono opera di Dio e superano per bellezza ogni altra scultura umana, vincendo per realismo la natura stessa: quand’io conobbi quella ripa intorno che dritto di salita aveva manco, esser di marmo candido e addorno d’intagli sì, che non pur Policleto, ma la natura lì avrebbe scorno (Purg. x 29-33). I bassorilievi rappresentano tre scene esemplari di umiltà, tratte dalla Sacra Scrittura e da una leggendaria storia romana: l’Annunciazione, il trasporto dell’Arca Santa con la danza di David, l’imperatore Traiano che rende giustizia a una povera vedova. Sono descritti seguendo lo sguardo di chi li contempla e registrando anche le percezioni acustiche e olfattive che la loro perfetta illusione di realtà suscita nello spettatore. Guardando il primo, lo spettatore ha l’impressione di sentire la parola pronunciata dall’angelo e la risposta della Vergine (Purg. x 37-40 e 43-44). Davanti al secondo sembra di sentire il canto dei cori e il profumo dell’incenso, con tale evidenza che la vista entra in conflitto con l’udito e l’odorato (vv. 59-63). Guardando la terza scena sembra addirittura di assistere a un vivace scambio di battute tra i personaggi rappresentati (vv. 82-93), a un «visibile parlare» ignoto al mondo terreno: Colui che mai non vide cosa nova produsse esto visibile parlare, novello a noi perché qui non si trova (Purg. x 94-96). A questi tre bassorilievi scolpiti sulla parete se ne aggiungono altri tredici che rappresentano scene di superbia punita: sono istoriati sul pavimento come le figure 34 <?page no="35"?> Trasmutabile per tutte guise dei defunti sulle lapidi delle tombe nelle chiese o nei chiostri (Purg. xii 16-24). Anche questi sono opera di Dio e danno allo spettatore l’illusione di assistere veramente alle scene rappresentate, offrendo al pellegrino Dante, che ha lo straordinario privilegio di contemplarle da vivo, una conoscenza per così dire ‹testimoniale› di storie e miti antichi: Qual di pennel fu maestro o di stile che ritraesse l’ombre e ’ tratti ch’ivi mirar farieno uno ingegno sottile? Morti li morti e i vivi parean vivi: non vide mei di me chi vide il vero, quant’io calcai, fin che chinato givi (Purg. xii 64-69). Se gli esempi di umiltà erano introdotti da una dichiarazione di supremazia dell’arte divina sull’arte umana e sulla natura, quelli della superbia si chiudono a loro volta indicando una supremazia di realizzazione (relativa all’artefice) e una supremazia di conoscenza (relativa all’osservatore). Le sculture si trovano così comprese tra due giudizi sulla loro superiorità assoluta rispetto a ogni altra creazione, artistica o naturale, e a ogni altra verità conoscitiva. 25 Dante era probabilmente suggestionato da opere dell’antichità che poteva aver visto a Roma, come gli impressionanti bassorilievi che si snodano circolarmente intorno alla Colonna Traiana in maniera non dissimile da come si svolge la fascia marmorea istoriata intorno alla parete circolare della montagna del Purgatorio. In effetti questo esempio straordinario del cosiddetto «stile illusionistico» romano, che ebbe la sua più alta realizzazione artistica nel rilievo storico d’età flaviotraianea, sembrerebbe indirettamente alluso nel terzo rilievo del Purgatorio, dove il protagonista è proprio l’imperatore Traiano. 26 Ma Dante doveva conoscere anche i bassorilievi di Nicola Pisano nel pergamo del Battistero di Pisa e del Duomo di Siena, o quelli ancora più stupefacenti del figlio di lui, Giovanni, nel pergamo della chiesa di Sant’Andrea a Pistoia e del Duomo di Pisa. 27 Tuttavia nei bassorilievi del Purgatorio Dante fornisce l’ecfrasi di opere d’arte immaginarie, mai esistite in questa forma, che rappresentano a loro volta scene em- 25 Cf. Terzoli 2016, pp. 23-48, in partic. pp. 23-24 (ora Terzoli 2018, pp. 29-51). 26 Cf. Carli 1965, pp. 159-170, in partic. p. 168. 27 Cf. Mariani 1957, pp. 5-19, in partic. pp. 11-13; Roedel 1965, pp. 215-229, in partic. pp. 220-222; Ulivi 1965, pp. 171-189, in partic. pp. 174-175; Scott 2001, pp. 173-197, in partic. pp. 186-192. 35 <?page no="36"?> Maria Antonietta Terzoli blematiche narrate in testi letterari, sacri e profani. 28 Mette così in scena, in forme oltremodo elaborate, il rapporto tra parola e immagine, i continui movimenti di andata e ritorno tra rappresentazione verbale e rappresentazione figurativa, ed esibisce la sofisticata interazione tra opera che descrive e opera descritta. Su questi movimenti e passaggi di modalità espressive mi vorrei ora concentrare. La doppia serie di bassorilievi descritta nei canti x-xii del Purgatorio costituisce in effetti un momento di contatto esemplare tra poesia e arte figurativa. Questo confronto radicale sulle possibilità espressive delle diverse arti raramente ha lasciato indifferenti miniatori e pittori, che di volta in volta ne hanno privilegiato le parti che meglio si adattavano alle loro modalità espressive, ai contesti in cui si trovavano a vivere e alle posizioni ideologiche e politiche con cui dovevano confrontarsi. Per coglierne le implicazioni basterà ricordare qualche caso di particolare rilevanza, per qualità artistica o per significato culturale. Nella seconda metà del Quattrocento Guglielmo Giraldi e la sua bottega illustrano le prime due cantiche del poema per il duca di Urbino, Federico da Montefeltro, in uno splendido manoscritto ora conservato alla Biblioteca Apostolica Vaticana (Urb. Lat. 365; 1477 circa-1480). 29 2018, pp. 99-106 (Il Dante Urbinate), in cui confluiscono anche i risultati dei saggi Battaglia Ricci 2008, pp. 183-211; e Battaglia Ricci 2011, pp. 547-579, in partic. pp. 570-573. La decorazione del codice (integrata per alcune miniature da Franco dei Russi tra 1480 e 1482) fu interrotta agli ultimi canti del Purgatorio probabilmente a causa della morte di Federico avvenuta nel settembre del 1482. L’artista rappresenta i tre bassorilievi dell’umiltà, ma sembra interessato soprattutto al terzo, quello di Traiano e della vedovella. Lo raffigura infatti non insieme con gli altri due nel canto x (Annunciazione e David; Urb. Lat. 365, f. 124r e 126v), bensì isolato e in grande evidenza nel capolettera del canto successivo (Urb. Lat. 365, f. 127r). La scena della clemenza dell’imperatore in effetti ben si conviene a esaltare indirettamente le imprese guerresche del duca e insieme a celebrarne la generosità e la clemenza. Indiretta conferma del carattere celebrativo per l’illustre committente può essere anche il fatto che nel manoscritto non sia raffigurato nessuno dei bassorilievi della superbia, che stigmatizzano i comportamenti negativi dei potenti. 28 Per un’analisi del rapporto di emulazione con l’Eneide, si veda Terzoli 2016, pp. 34-42. 29 Riprodotto in facsimile Alighieri 1965, il codice è ora consultabile integralmente all’indirizzo https: / / digi.vatlib.it/ view/ MSS_Urb.lat.365 (26.06.2023). Si veda Battaglia Ricci 36 <?page no="37"?> Trasmutabile per tutte guise Sandro Botticelli rappresenta invece entrambe le serie nelle pergamene che illustrano i canti della Commedia, allestite tra il 1490 e il 1495 per Lorenzo di Pierfrancesco de’ Medici e ora divise tra il Kupferstichkabinett di Berlino (84 disegni; Hamilton 201 Cim 33) e la Biblioteca Apostolica Vaticana (8 disegni; Reginense Lat. 1896). 30 In questa serie, che doveva comprendere circa un centinaio di disegni, due sono dedicati ai bassorilievi del Purgatorio e illustrano i canti x e xii (entrambi conservati a Berlino). Nel primo, relativo al canto x e agli esempi di umiltà, Botticelli dà grande rilievo alla rappresentazione dell’arte, alla resa dell’immagine nell’immagine, addirittura inserita in una cornice, ben riconoscibile soprattutto nella terza scena (fig. 3). Fig. 3: Sandro Botticelli, Purgatorio X: arrivo di Dante e Virgilio nella prima cornice, bassorilievi dell’umiltà e superbi penitenti, Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett, Codice Hamilton 201, 1490 circa. 30 L’insieme delle pergamene, sul cui verso figura la trascrizione del canto successivo, è stato ricostruito da Peter Dreyer in Alighieri 1986. I disegni sono presentati e riprodotti in Gizzi (a cura di) 1990, pp. 99-197, commento pp. 259-318; nel catalogo della mostra, tenutasi a Berlino, Schulze Altcappenberg (Hg.) 2000, e in quello corrispondente della mostra tenutasi a Roma, Gentile / Schulze Altcappenberg (a cura di) 2000; nonché in Alighieri 2008. Sulle illustrazioni di Botticelli alla Commedia si veda anche Battaglia Ricci 2011, pp. 573-579; Battaglia Ricci 2018, pp. 106-113 (Sandro Botticelli: un «Dante istoriato» e alcuni disegni per un’edizione a stampa). 37 <?page no="38"?> Maria Antonietta Terzoli È suggestivo che il primo esempio, l’Annunciazione, si ritrovi in forma molto simile, soprattutto per la figura dell’angelo, nella pala dell’Incoronazione della Vergine, dipinta tra fine anni Ottanta e inizio Novanta (1488-1490 o 1491-1493) per la chiesa di San Marco a Firenze e ora alle Gallerie degli Uffizi. 31 Tanto più che nella pala d’altare la scena dell’Annunciazione si trova nella predella, cioè in una parte che prevede anch’essa una scansione per episodi esemplari e distinti. La successione cronologica tra il disegno e il dipinto non è indiscussa, tuttavia il loro rapporto è in ogni caso degno di nota: se il disegno è precedente, il pittore ne inserisce una citazione nella pala d’altare, se il disegno è successivo, come sembrerebbe più probabile, si tratterebbe addirittura dell’autocitazione di una propria opera reale, inserita nel luogo più illustre di rappresentazione di opere d’arte, la parete marmorea della montagna del Purgatorio, dove sono attribuite nientemeno che alla mano di Dio. A differenza di quanto accade per i bassorilievi dell’umiltà, per quelli della superbia nel disegno che illustra il canto xii non è quasi possibile indicare una demarcazione tra la scena rappresentata e quella in cui si muovono Dante e Virgilio. Gli esempi, biblici e mitologici, sono infatti disegnati come se fossero collocati nello stesso spazio in cui si trovano i due poeti, quasi a rendere visibile, con questa identità spaziale, la dichiarazione di Dante di aver visto quelle antiche storie come se fosse stato presente al loro svolgersi, in virtù della loro perfetta rappresentazione figurativa: Morti li morti e i vivi parean vivi: non vide mei di me chi vide il vero, quant’io calcai, fin che chinato givi (Purg. xii 67-69). Può essere interessante notare che tra gli esempi di superbia punita Botticelli ometta di rappresentare il settimo, dedicato alla superbia dell’artista, in particolare dell’artista figurativo esemplificato su Aracne, l’abilissima tessitrice che come narra Ovidio nel vi libro delle Metamorfosi (vv. 1-145) volle gareggiare con Minerva e dopo averla sconfitta fu tramutata in ragno dalla dea adirata: «O folle Aragne, sì vedea io te | già mezza ragna, trista in su li stracci | de l’opera che mal per te si fé» (Purg xii 43-45). 31 Per collegamento e datazione cf. Schulze Altcappenberg 2000, pp. 14-35, in partic. pp. 23-28, e cf. la scheda a pp. 156-157. 38 <?page no="39"?> Trasmutabile per tutte guise Il disegno dedicato al canto xi del Purgatorio rappresenta i superbi penitenti che procedono sotto il peso di un’enorme pietra, chinati o quasi schiacciati fino a terra (Berlin, Kupferstichkabinett, codice Hamilton 201). Al centro, in posizione di grande evidenza, è collocato l’incontro tra Dante e il miniatore Oderisi da Gubbio, riconosciuto come il più eccellente nella sua arte: «Oh! », diss’io lui, «non se’ tu Oderisi, l’onor d’Agobbio e l’onor di quell’arte ch’alluminar chiamata è in Parisi? » (Purg. xi 79-81). Oderisi con atto d’umiltà lontano dal suo comportamento in vita riconosce l’eccellenza di un rivale (Purg. xi 82-87) e subito dopo, in un’accorata riflessione sulla vanità della superbia umana, chiama in causa pittori e poeti in due celebri terzine, che sintetizzando la civiltà artistica di un’intera epoca dichiarano la durata effimera della gloria: Credette Cimabue ne la pittura tener lo campo, e ora ha Giotto il grido, sì che la fama di colui è scura. Così ha tolto l’uno a l’altro Guido la gloria de la lingua; e forse è nato chi l’uno e l’altro caccerà del nido (Purg. xi 94-99). Il superamento avviene qui all’interno della stessa arte: miniatura, pittura e poesia. Oderisi è superato da Franco Bolognese, Cimabue da Giotto, Guido Guinizzelli da Guido Cavalcanti ed entrambi sono destinati a essere superati da un poeta più giovane, Dante stesso benché non nominato. In un saggio del 1950, che apriva il primo numero della rivista Paragone, Roberto Longhi notava che con questi versi Dante fonda la critica d’arte e mette per la prima volta sullo stesso piano pittori e poeti citandone insieme i nomi. 32 È in effetti una scena emblematica di incontro e superamento tra le arti, che ha coinvolto profondamente artisti di culture e secoli diversi. 32 «Dante [. . . ] fonda con quella frase, e proprio nel cuore del suo poema, la nostra critica d’arte. Lasciamo stare il peso sociale del passo, dove, per la prima volta, nomi di artisti figurativi son citati alla pari accanto a nomi di grandi poeti. [. . . ] Conta altrettanto il rapporto posto, per dissimiglianza, tra Franco e Oderisi che già afferma il nesso storico fra opere diverse» (Longhi 1950, pp. 5-19, la cit. è a p. 8). 39 <?page no="40"?> Maria Antonietta Terzoli Luca Signorelli, pochi anni dopo Botticelli, riprende alcune scene della Commedia nei grandiosi affreschi della Cappella di san Brizio nel Duomo di Orvieto e illustra i primi undici canti del Purgatorio nei medaglioni in grisaille che circondano i busti di poeti e filosofi nello zoccolo (1499-1503 circa). 33 In quello dedicato a Purgatorio x l’artista riesce a condensare la materia dell’intero canto affidando alla triplice rappresentazione di Dante e Virgilio la funzione di segnalare i passaggi di scena (fig. 4). Sulla parete di fondo sono rappresentati i bassorilievi dell’umiltà divisi da colonne: ai tre descritti da Dante se ne aggiunge un quarto, che non compare nei versi, incompleto e collocato nell’estrema destra dell’immagine. In primissimo piano procedono lentamente i superbi penitenti, oppressi dai pesanti massi che portano sulla schiena. Fig. 4: Luca Signorelli, Purgatorio x: bassorilievi dell’umiltà e superbi penitenti, Orvieto, Duomo, Cappella di San Brizio, 1499-1503. Sotto questo tondo un altro medaglione, di misura minore e di forma rettangolare, rappresenta l’incontro di Dante con Oderisi (canto xi), cioè la scena che abbia- 33 Per la presentazione completa del ciclo di affreschi, con eccellenti riproduzioni fotografiche, si veda Riess 1995; Roettgen 1997, pp. 384-421. Per il rapporto con la Commedia, si veda Venturi 1922; Herzman 1999, pp. 155-83; Villa 2016, pp. 121-142. 40 <?page no="41"?> Trasmutabile per tutte guise mo appena ricordato in cui il miniatore parla della durata effimera della gloria e del superamento di celebri artisti da parte di artisti più giovani, nell’arte figurativa e nell’arte della parola. L’incontro è inserito in un paesaggio essenziale, quasi metafisico, che isola le poche figure umane. Proprio su questo emblematico incontro Signorelli chiude la serie dei medaglioni che illustrano il Purgatorio. Ed è suggestivo che per rappresentare canti danteschi così implicati con le sfide artistiche, il confronto e i movimenti tra le diverse arti, il pittore ricorra proprio alla tecnica della grisaille, dove la pittura imita e tenta di riprodurre a sua volta l’effetto della scultura. A fine Cinquecento anche Federico Zuccari mostra particolare interesse per le scene implicate con le arti figurative e il confronto tra artisti. I suoi disegni per la Commedia, raccolti sotto il titolo Dante Historiato, furono allestiti in Spagna tra il 1586 e il 1588 e sono conservati a Firenze presso il Gabinetto delle stampe della Galleria degli Uffizi. 34 Su ottantotto disegni quarantanove sono dedicati al Purgatorio, e di questi ben sei illustrano i bassorilievi dell’umiltà e della superbia (GDSU inv. 3515-3520). Il primo della serie rappresenta i tre esempi di umiltà scolpiti sulle pareti inseriti in una sorta di trittico (inv. 3515 F). Nel costante dialogo tra parola e immagine che caratterizza le illustrazioni di Zuccari, ogni scena è sovrastata dalle relative terzine. Nel disegno che illustra i bassorilievi dell’umiltà i versi sono iscritti in uno spazio esterno ai singoli riquadri ma interno alla grande cornice in cui sono racchiusi gli scomparti del trittico. Sul pavimento, su cui si muovono Dante e Virgilio, sono raffigurati invece esempi di superbia punita, seguiti a loro volta dalle relative terzine. Un altro disegno raffigura i bassorilievi dedicati a Saul e ad Aracne, che sembrano emblematicamente alludere al potere politico e a quello artistico, entrambi di breve durata se calcolati sul tempo dell’eterno (inv. 3517 F; fig. 5). Per Aracne, Zuccari non rappresenta la metamorfosi, ma privilegia la scena iniziale e quella finale: una ragazza che tesse al telaio, nella parte bassa dell’immagine, e un grosso ragno al centro della tela nella parte alta (nell’angolo sinistro), che risulta così in primissimo piano e al centro del disegno. Sopra i bassorilievi, che coprono interamente il pavimento, si muovono Dante, Virgilio e i superbi penitenti. Tra questi è messo in 34 Su Zuccari e sui disegni danteschi si veda il catalogo della mostra tenutasi nel novembre 1993 alla Casa di Dante in Abruzzo, Gizzi (a cura di) 1993. I disegni sono ora pubblicati integralmente in fascsimile: Zuccari 2004, con un volume di Commentario di Andrea Mazzucchi. Si possono consultare on line nella mostra virtuale a cura di Donatella Fratini: cf. Zuccari 2021. 41 <?page no="42"?> Maria Antonietta Terzoli massima evidenza Oderisi che parla con Dante: il suo nome è scritto sul masso che porta sulla schiena, sotto le parole da lui pronunciate (xi 85-90). Altre terzine, sono iscritte, quasi epigrafi, nei tre riquadri della parete vuota alle sue spalle: sono riflessioni gnomiche sulla vanità della gloria umana, le prime due pronunciate ancora da Oderisi (xi 91-93 e 100-102), la terza dall’autore stesso (xii 70-72). È interessante notare che le prime due terzine iscritte in questi riquadri nella Commedia precedono e seguono immediatamente le terzine già ricordate (xi 94-99), 35 in cui sono menzionati i nomi di artisti e poeti progressivamente superati l’uno dall’altro: eliminando proprio questi memorabili versi Zuccari rivela il suo gusto universalizzante, caro alla cultura manierista, ma sembra non cogliere la straordinaria portata cognitiva dell’esemplificazione concreta e puntuale impiegata da Dante. Fig. 5: Luca Signorelli, Purgatorio xi-xii: Oderisi, Saul e Aracne, Firenze, Galleria degli Uffizi, Gabinetto dei disegni e delle stampe, inv. 3517 F, 1586-1588. 35 Cf. sopra, pp. 12-13. 42 <?page no="43"?> Trasmutabile per tutte guise Tra i moderni che si sono cimentati nell’illustrazione di queste scene emblematiche non si può tacere il nome di William Blake. 36 In uno dei disegni per la Commedia, allestiti tra il 1824 e il 1827, compaiono i primi due bassorilievi dell’umiltà, l’Annunciazione e il trasporto dell’Arca Santa con la danza di David, rappresentati in primissimo piano su una parete bianca che si innalza a picco su una cornice di roccia (Londra, Tate Gallery). 37 La scena è tutt’altro che idillica per il colore nero del mare oltre lo strapiombo e per il vastissimo cielo che domina la scena, carico di nubi bluastre nella direzione verso cui si dovranno muovere i due spettatori per contemplare il terzo bassorilievo, non visibile e quindi da immaginare raffigurato su un altro lato della parete. La leggenda romana con Traiano e la vedovella sembra in effetti interessare Blake meno delle due scene bibliche dell’Annunciazione e del trasporto dell’Arca Santa. Con pochi tratti e colori ridottissimi (nero, blu e bianco da cui si stacca il tenue rosso dell’abito di Dante) l’artista trasmette a chi guarda la scena un senso di stupore e di angoscia. Paradossalmente più serena sembra la scena dei superbi puniti, illuminata nella parte alta dalla luce del sole che colora di verde e di blu le onde del mare e riempie di azzurro il cielo alle spalle dell’angelo diretto verso i due pellegrini (British Museum, London). 38 I bassorilievi dei superbi non sono distribuiti in riquadri diversi, ma accalcati sul pavimento in una moltitudine confusa in cui si riconosce qualcuno dei personaggi menzionati nelle terzine dantesche. Anche Blake non trascura la scena dell’incontro memorabile con Oderisi da Gubbio, a cui dedica un altro disegno, indicato come «P-g. Canto 10 », ma che sembra rappresentare piuttosto gli incontri narrati nel canto xi (Birmingham Museums and Art Gallery) 39 . Nei disegni e nelle xilografie allestite da Gustave Doré negli anni Sessanta dell’Ottocento per l’edizione illustrata della Commedia - uscita in francese, in italiano, in tedesco e in inglese tra il 1861 (Inferno) e il 1868 (Purgatorio e Paradiso) 40 - il bassorilievo di Traiano è rappresentato quasi come una scena a tutto tondo, distinta dalle figure di Dante e Virgilio che lo contemplano solo dall’uso di tonalità grige 36 I disegni per la Commedia sono integralmente pubblicati in Schütze / Terzoli 2014; Schütze 2014 ne offre un’eccellente presentazione (ed. economica: Schütze 2017). 37 Il disegno è riprodotto e commentato in Schütze / Terzoli 2014, pp. 262-263 (ed. 2017: pp. 366- 369). 38 Schütze / Terzoli 2014, Tav. 85, riprodotta e commentata a pp. 266-267 (ed. 2017: pp. 374-377). 39 Tav. 84, riprodotta e commentata a pp. 264-265 (ed. 2017: pp. 370-373). 40 Cf. Battaglia Ricci 2018, pp. 186-192 e nota 50. Ampia presentazione di Doré e aggiornata bibliografia nel catalogo della mostra tenutasi a Parigi e a Ottawa, Kaenel (Éd.) 2014. 43 <?page no="44"?> Maria Antonietta Terzoli e biancastre, in una sorta di grisaille. 41 Le diverse gradazioni cromatiche lo isolano e lo evidenziano come manufatto artistico rispetto alla scena per così dire ‹vera›, rappresentata in primo piano e di colore più scuro. L’artista cerca così di rendere plastica la dichiarazione dantesca che questi bassorilievi sono così perfetti da sembrare più ‹reali› della stessa natura («non pur Policleto, | ma la natura lì avrebbe scorno», Purg. x 32-33). Anche più estrema, nella resa realistica di storie e miti antichi su cui Dante insiste («non vide mei di me chi vide il vero», Purg. xii 68), è l’interpretazione di alcuni bassorilievi della superbia, raffigurati con personaggi a tutto tondo, addirittura rappresentati nello stesso spazio in cui si trovano Dante e Virgilio. In particolare evidenza è collocato il mito di Aracne, implicato direttamente con la superbia dell’artista, che mostra l’orrida metamorfosi in atto: 42 con fedeltà letterale e provocante interpretazione Doré rappresenta la trasformazione mostruosa di un corpo di donna, esibito in primissimo piano, in un gigantesco ragno, di cui già si scorgono sei delle otto zampe. Un artista contemporaneo come Milton Glaser (1929-2020), nella sua illustrazione del Purgatorio per le edizioni Nuages (1999), per la copertina sceglie proprio un episodio della cornice dei superbi. 43 In primissimo piano colloca l’angelo dell’Annunciazione, raffigurando dietro di lui la faticosa ascesa dei superbi che procedono carponi lungo l’erta del monte. Rovescia così la gerarchia della scena, mettendo in prima posizione la figura ‹artistica› che nel testo dantesco è rappresentata sul bassorilievo dell’umiltà e in secondo piano quanto accade ‹veramente› in quel momento della narrazione. La scena dell’Annunciazione in copertina è una sorta di sineddoche, dal momento che manca la figura della Vergine, e sembra un omaggio all’angelo dell’Annunciazione di Botticelli rappresentato sulla predella dell’Incoronazione della Vergine di San Marco che ho già ricordato: ne riprende infatti la postura e persino i colori dell’abito, azzurro e giallo oro, pur utilizzandoli per altre parti della figura (giallo per le ali e l’aureola, blu per le mani e parte della testa). La Commedia è in effetti una struttura narrativa duttile e polivalente che si può riempire a piacere di episodi e personaggi, di colpe diverse, persino di oggetti della vita quotidiana, senza che perda in riconoscibilità. Un artista americano, Sandow Birk (1962), all’inizio del nuovo millennio ha illustrato la Commedia utilizzando 41 Illustrazione di Purg. x 82-84, in Alighieri 1880, p. 361. 42 Illustrazione di Purg. xii 43-45 in Alighieri 1880, p. 373. 43 Cf. Alighieri 1999. 44 <?page no="45"?> Trasmutabile per tutte guise scene e situazioni contemporanee. In Purgatorio, nella cornice dei superbi, dove i penitenti danteschi sono oppressi da grossi massi che portano sulle spalle, le sue figure avanzano lentamente su una scala, sotto il peso non di pietre ma di comuni elettrodomestici: 44 si riconoscono bene lavatrici e cucine, con i piani dei fornelli ben visibili (fig. 6). Uno dei superbi volge il capo verso Dante e potrebbe essere il miniatore Oderisi. Sulla parete circolare intorno alla quale si inerpica la scala, nel luogo dove il poeta colloca i bassorilievi dell’umiltà, si accampano oggetti quotidiani di dimensioni gigantesche - tra gli altri una chiave, una lampadina, un pennello - accompagnati da alcune parole. Fig. 6: Sandow Birk, Purgatorio x: superbi penitenti, in Dante’s Purgatorio illustrated, San Francisco, Chronicle Books, 2005. La trasformazione delle pietre che opprimono i penitenti danteschi in elettrodomestici se da una parte esprime un’amara interpretazione della società contemporanea - dove uno strumento pensato per ridurre il lavoro manuale è percepito come peso opprimente e tutt’altro che liberatorio - dall’altra mostra ancora una 44 Cf. Alighieri / Sanders / Birk 2005. 45 <?page no="46"?> Maria Antonietta Terzoli volta l’inesauribile adattabilità e trasmutabilità della Commedia, che nella sua infinita potenzialità, immaginaria e figurativa, è sempre leggibile secondo nuove chiavi esegetiche. Episodi e vicende che riguardano personaggi lontani nel tempo e nello spazio hanno la forza coinvolgente di storie contemporanee, diventano metafora di sentimenti universali, che scrittori, artisti e interpreti di ogni tempo hanno cercato di cogliere e illustrare, con riscritture e movimenti complessi tra parola e immagine, con passaggi radicali tra epoche e culture diverse. 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Manche Episoden wurden Ausgangspunkte für réécritures und Umarbeitungen in Novellen, Romanen, Dramen, Opern oder Filmen, die mit dem raffinierten Anspielungsreichtum des Textes teilweise sehr frei umgingen. Auf der anderen Seite übte die bildliche Umsetzung, die die Commedia von den ersten Handschriften an bis zu den jüngsten zeitgenössischen Gestaltungen begleitet, über die Jahrhunderte eine unmittelbare und außergewöhnliche Wirkung auf deren Interpretation aus, zumal sie auch das jeweilige Ambiente und Gegenstände darstellen musste, die in den Versen nicht explizit erwähnt werden, und zudem die narrativen Entwicklungen, die Prolepsen und Analepsen der Erzählung, in eine relativ statische Form übertragen. Der Aufsatz konzentriert sich auf Bewegungen und Transformationen von Ausdrucksmitteln sowie auf kulturelle Übergänge, indem er einige Episoden und Orte Dantes analysiert und deren Funktion als Ursprung und Nukleus für die Entstehung neuer Werke - in Vers und Prosa, in Musik, Malerei und Skulptur - herausarbeitet. Profilo biobibliografico: Maria Antonietta Terzoli è stata Ordinaria di Letteratura italiana all’Università di Basilea dal 1991 al 2022. Si è occupata di testi dal Tre al Novecento come filologa (edizioni, commenti, filologia d’autore) e interprete, con attenzione particolare a Dante, Petrarca, Boccaccio, Piccolomini, Tasso, Parini, Foscolo, Leopardi, Ungaretti, Gadda. Ha lavorato su romanzo epistolare, scritture autobiografiche, testi di dedica, rapporti tra letteratura e arti figurative. Dirige la rivista open access Margini. 51 <?page no="53"?> Gaia Gubbini Dalla passio alla beatitudo: la ‹svolta› dantesca nella Vita nuova San Tommaso nella Summa Theologiae fornisce la seguente definizione di passio: «Omnis autem motus appetitus sensitivi dicitur passio» 1 . E dunque, secondo Tommaso, ogni movimento dell’appetito sensibile si chiama passione. Il volume che riunisce i presenti saggi ha appunto come tema fondante e come titolo Movimenti - sembra quindi particolarmente opportuno analizzare proprio in questa sede tale ‹movimento› dell’appetito sensibile che è la passio. Il mio contributo esaminerà inoltre il tema ‹movimenti› anche su un altro piano: al centro della mia attenzione sarà infatti un ‹movimento› poetico di capitale importanza per lo sviluppo della storia della letteratura italiana ed europea: il passaggio progressivo - cui si assiste nella Vita nuova dantesca - dalla rappresentazione della potenza distruttiva della passio amorosa alla beatitudo. Mi sono occupata a lungo del concetto di passio 2 , esaminandolo nella sua intima connessione con il topos della ferita d’amore, in ambito mediolatino, d’oc, d’oïl, di sì, nella lirica e nei romanzi, in versi e in prosa 3 : torneremo, nel corso del presente contributo, su questa stretta connessione fra la passio e il motivo del vulnus amoris. Che la ‹passione› - nel suo significato stratificato - costituisca un elemento importante del libello della Vita nuova, ce lo dice Dante stesso, quando, in un passo notissimo del Convivio, afferma: E se ne la presente opera, la quale è Convivio nominata, e vo’ che sia, più virilmente si trattasse che ne la Vita Nuova, non intendo però a quella in parte alcuna derogare, ma maggiormente giovare per questa quella; veggendo sì 1 Thomas Aquinas 1888, Ia IIae, q. 35 a. 1. Miei i corsivi in tutto il testo. 2 Cf. già Gubbini 2005; 2012; Gubbini 2019. 3 Proprio a questo concetto stratificato di passio e alla ferita d’amore è infatti dedicato il mio libro Vulnus amoris. The Transformations of ‹Love’s Wound› in Medieval Romance Literatures (Gubbini 2023). 53 <?page no="54"?> Gaia Gubbini come ragionevolmente quella fervida e passionata, questa temperata e virile esser conviene. 4 Dunque la Vita nuova viene definita fervida e passionata - come si conviene a un’opera che narra passioni e fatti della prima etade: questo infatti - come mostrato da Guglielmo Gorni - il significato del titolo Vita nuova. 5 Prima di passare all’esame di alcuni passi della Vita nuova, sarà tuttavia necessario aggiungere qualche ulteriore elemento sulla definizione del termine passio. Menzionerò a tal proposito alcune osservazioni di fondamentale importanza di Erich Auerbach, che si è soffermato sull’evoluzione semantica del termine passio a più riprese: prima nell’articolo «Passio als Leidenschaft» 6 , poi nell’appendice dal titolo Gloria passionis contenuta nel bel volume Literatursprache und Publikum in der lateinischen Spätantike und im Mittelalter da cui cito: «Dasjenige, was nach meiner Meinung passio-Leidenschaft aus der Passionsmystik schöpfte, ist die Vertiefung des Inhalts ‹Leiden›in einem polaren Sinne, in dem es zugleich Entzücken und Entrückung bedeuten kann» 7 . Nella lirica romanza precedente Dante l’io lirico si presenta spesso come corpus patiens - cioè come un corpo che soffre a causa della passio e che, in molti casi, non può (e spesso non vuole) da tale passio liberarsi 8 . Nella metaforica che caratterizza la verbalizzazione letteraria della sofferenza del corpus patiens un elemento molto importante nelle letterature romanze delle origini è la presenza della dottrina pneumatica 9 . La pneumatologia medievale è un complesso dottrinale che riunisce e sintetizza fonti antiche, tardo-antiche e medievali (stoiche, neoplatoniche, cristiane); che incrocia il piano filosofico-religioso con il discorso medico (di provenienza greca, araba, poi latina) 10 . Tale dottrina permette di collegare fra loro temi di capitale importanza per la storia delle idee - temi 4 Alighieri 2015, pp. 16-17 (I, i). 5 Cf. Gorni 2001, pp. 133-148. 6 Auerbach 1941. 7 Auerbach 1958, p. 63. 8 Su questo tema mi permetto di rimandare in particolare ai miei contributi: Gubbini 2014; Gubbini 2015a; Gubbini 2015b; Gubbini 2017. 9 Come ho avuto modo di constatare nell’ambito del mio progetto Pneuma. Breaths, sighs and spirits in Medieval Romance Literatures, finanziato qualche tempo fa dalla Alexander von Humboldt-Stiftung. 10 Riprendo qui alcune considerazioni anticipate in Gubbini 2014. Sul termine spiritus e sul concetto classico e medievale di pneuma in ambito filosofico-medico cf. Bundy 1927; Verbeke 1945; Bertola 1951; Bertola 1958; Harvey 1975; Bono 1984; Fattori / Bianchi 1983; Jacquart 1986; Jacquart 2003; Burnett / Jacquart 1994; Di Pasquale Barbanti 1998; Caiazzo 2006. 54 <?page no="55"?> Dalla passio alla beatitudo che hanno trovato uno sviluppo e una verbalizzazione ricchissima nella metaforica letteraria del Medioevo. Secondo la dottrina pneumatica la vita corporea e intellettuale dell’uomo è retta da diversi spiriti i quali, con compiti diversi fra loro, provvedono alla circolazione del sangue e al sostentamento del corpo, sul piano organico e fisiologico; alla capacità motrice e alla sensibilità, sul piano corporeo e percettivo; alle facoltà dell’immaginazione, della ratioe della memoria, sul piano emotivo-intellettuale. Seppur con funzioni e sedi organiche distinte fra i vari spiriti, tale dottrina pneumatica si fonda su una sostanziale unità psicosomatica dell’uomo che collega in un indissolubile processo le passiones e la vita intellettuale dell’essere umano con le sue manifestazioni fisiologiche. Nel discorso lirico la dottrina pneumatica si manifesta attraverso l’impiego degli spiriti e degli ‹spiritelli›, in alcuni testi posti inoltre in connessione con la presenza della manifestazione fisiologica del sospiro: spirito e sospiro condividono infatti la base etimologica latina del verbo spiro, e su tale connessione etimologica giocano diverse liriche - dalla produzione trobadorica di Bernardo di Ventadorn, a quella siciliana di Giacomo da Lentini e, soprattutto, di Guido delle Colonne, fino a Petrarca. Nella tradizione poetica più vicina a Dante, quella del Dolce Stil Novo, è proprio nel corpus del suo ‹primo amico› Guido Cavalcanti che, come ben noto, la presenza degli spiriti e degli spiritelli si fa dilagante 11 - come, esemplarmente, nei versi che seguono: Canzon, tu sai che de’ libri d’Amore io t’asemplai quando madonna vidi: ora ti piaccia ch’io di te mi fidi e vadi ’n guis’a lei ch’ella t’ascolti; e prego umilemente a lei tu guidi li spiriti fuggiti del mio core, che per soverchio de lo su’ valore eran distrutti, se non fosser vòlti, e vanno soli, senza compagnia, e son pien’ di paura. Però li mena per fidata via e poi le di’, quando le sè presente: 11 Cf. Auciello 2001. 55 <?page no="56"?> Gaia Gubbini «Questi sono in figura d’un che si more sbigottitamente». 12 Come vediamo nei versi appena letti, l’impiego dell’immagine degli spiriti fuggiti dal cuore è la conseguenza dell’eccesso di valore dell’amata, alla vista della quale gli spiriti - ossia, secondo la dottrina pneumatica, le facoltà che tengono in vita l’essere umano - sarebbero stati distrutti se non si fossero allontanati. Ora gli spiriti se ne vanno soli, pieni di paura. Questo è solo un esempio della copiosissima presenza degli spiriti nel corpus cavalcantiano, una presenza che mostra perlopiù una costante: gli spiriti vengono meno, e si indeboliscono fino a morire, alla vista del valore eccessivo dell’amata, verbalizzando così la passio dell’io lirico. Ma ora vediamo come Dante impieghi tali temi nella Vita nuova - leggiamo insieme alcuni passi fondamentali del libello: [3] Apparve vestita di nobilissimo colore, umile ed onesto, sanguigno, cinta e ornata a la guisa che a la sua giovanissima età si convenia. [4] In quel punto dico veracemente che lo spirito de la vita, lo qual dimora ne la sacretissima camera del cuore, cominciò a tremar sí fortemente, che apparia ne li menimi polsi orribilmente; e tremando disse queste parole: «Ecce deus fortior me, qui veniens dominabitur michi». [5] In quel punto lo spirito animale, lo qual dimora nell’alta camera ne la quale tutti li spiriti sensitivi portan le loro percezioni, si cominciò a maravigliar molto, e parlando spezialmente a li spiriti del viso, sí disse queste parole: «Apparuit iam beatitudo vestra». [6] In quel punto lo spirito naturale, lo qual dimora in quella parte ove si ministra ’l nudrimento nostro, cominciò a piangere, e piangendo disse queste parole: «Heu miser, quia frequenter impeditus ero deinceps! » 13 Come segnalano i riferimenti allo «spirito de la vita», allo «spirito animale», allo «spirito naturale», la descrizione dantesca della reazione psico-fisica dell’Io lirico all’incontro con Beatrice si nutre di evidenti richiami alla pneumatologia medievale e alla sua fisiologia e - elemento molto importante per le presenti considerazioni - tale impiego rimanda ad una concezione dell’amore-passio e al topos dell’aegritudo amoris 14 . I riferimenti alla ‹sofferenza› degli spiriti sono infatti la 12 Cavalcanti 2011, pp. 83-84 («Io non pensava che lo cor giammai», vv. 43-56). 13 Alighieri 2015b, pp. 79-83 (II 3-6). Per una nuova prospettiva sulla Vita nuova, cf. la bella analisi di Carrai 2020. 14 Sull’aegritudo amoris cf. Crohns 1905; Lowes 1913-1914; Ciavolella 1970; Ciavolella 1976; Jacquart 1984; Wack 1990; Gubbini 2012; Tonelli 2015; Gubbini 2015a; Gubbini 2015b; Gubbini 2017; Küpper 2018; Robert 2020; Gubbini 2020. 56 <?page no="57"?> Dalla passio alla beatitudo ‹spia› di tale passio e del turbamento emotivo che cattura Dante quando incontra Beatrice - passio e turbamento rappresentati, appunto, grazie al serbatoio di immagini legate alla dottrina pneumatica. L’io lirico, all’incontro con l’amata, è, nel passo appena menzionato della Vita nuova, ‹cavalcantianamente› - potremmo dire - impedito nelle sue facoltà vitali. Il passo che abbiamo appena letto descrive il primo incontro con Beatrice bambina. Passati ancora nove anni, come noto, i due si incontrano nuovamente - subito dopo Dante torna nella sua stanza e ha il seguente sogno: e però che quella fu la prima volta che le sue parole si mossero per venire a’ miei orecchi, presi tanta dolcezza, che come inebriato mi partio da le genti e ricorsi al solingo luogo d’una mia camera. [3] E puosimi a pensare di questa cortesissima, e pensando di lei, mi sopragiunse un soave sonno, nel qual m’apparve una maravigliosa visione: che mi parea vedere ne la mia camera una nebula di colore di fuoco, dentro a la quale i’ discernea una figura d’un signore di pauroso aspetto a chi la guardasse; e pareami con tanta letizia, quanto a sé, che mirabil cosa era; e ne le sue parole dicea molte cose, le quali io non intendea se non poche; tra le quali ’ntendea queste: «Ego dominus tuus». [4] Ne le sue braccia mi parea vedere una persona dormir nuda, salvo che ’nvolta mi parea in un drappo sanguigno leggeramente, la qual io riguardando molto intentivamente, conobbi ch’era la donna de la salute, la quale m’avea lo giorno dinanzi degnato di salutare. [5] E nell’una de le mani mi parea che questi tenesse una cosa, la quale ardesse tutta; e pareami che mi dicesse queste parole: «Vide cor tuum». [6] E quando elli era stato alquanto, pareami che disvegliasse questa che dormia; e tanto si sforzava per suo ingegno, che le facea mangiare questa cosa che ’n mano l’ardea, la quale ella mangiava dubitosamente. [7] Appresso ciò poco dimorava che la sua letizia si convertia in amarissimo pianto; e cosí piangendo si ricogliea questa donna ne le sue braccia, e con essa mi parea che si ne gisse verso il cielo. Ond’io sostenea sí grande angoscia, che ’l mio deboletto sonno non poteo sostenere, anzi si ruppe e fui isvegliato. 15 Il passo - notissimo - è quello dedicato al ‹sogno del cuore mangiato› 16 . A quanto già rilevato dalla bibliografia precedente, vorrei aggiungere alcune considerazioni pertinenti al tema passio. Perché il sogno del cuore mangiato sembra legarsi intimamente al concetto di passio? A mio avviso, per tre motivi principalmente. Il primo motivo è di ordine congiuntamente lessicale e tematico, ed è basato sul ritorno del termine sanguigno, che collega il sogno del cuore mangiato alla prima 15 Alighieri 2015b, pp. 87-90 (III 2-7). Sul significato della nudità di Beatrice, cf. l’eccellente lavoro di Pirovano 2023. 16 Oltre ai commenti della Vita nuova ad locum, sul sogno del cuore mangiato dantesco cf. almeno: Pinto 2008; Brugnolo 2018. 57 <?page no="58"?> Gaia Gubbini visione di Beatrice bambina che abbiamo citato sopra. Nel primo incontro, sanguigno è il colore delle vesti della giovinetta, nel sogno del cuore mangiato sanguigno è il drappo che avvolge il corpo nudo di Beatrice: insieme al cuore ardente presente nel sogno, sembra importante sottolineare come proprio tale «marcato cromatismo» contribuisca «a esprimere la passionalità che caratterizza questa visione» 17 . Il rosso, nelle sue diverse sfumature, è, come ben mostrato da Michel Pastoureau, il colore dell’amore - anch’esso inteso in tutte le sue gradazioni: dall’amore-passio all’amore-caritas 18 . Sanguigno rimanda naturalmente anche al ‹sangue›: come è stato già rilevato, in tutt’altro contesto, si potrebbe collegare l’elemento del sanguigno - presente, come si ricordava, sia nel primo incontro con Beatrice che nel sogno del cuore mangiato - al «sangue spirituale, il sottile veicolo pneumatico derivato dal fluido sanguigno» 19 . A tal proposito - per sostanziare tale affermazione di un puntuale riferimento medico - sarà opportuno ricordare un passo dal Pantegni di Costantino Africano, dove si rileva come sia in particolare il sangue maggiormente depuratus, e dunque più chiaro, quello che permette allo spiritus spiritualis di trasformarsi in spiritus animalis - ossia in quella facoltà che «relève également de l’âme et confère la sensibilité et la capacité motrice aux êtres irrationnels, la fantasia, la ratio et la memoria seulement aux êtres rationnels» 20 : Spiritualis vero spiritus cum a corde progreditur, in tele modum multipliciter diffusus et ibi immorans implicitus tamdiu ibi digeritus quoad depuratus clarificetur sicque animalis spiritus ab eo generatur. 21 Sembra importante sottolineare come questo passo di Costantino appartenga sempre al complesso di idee legate alla dottrina pneumatica di cui abbiamo sintetizzato sopra le linee principali; e sembra fondamentale, per il ragionamento condotto sin qui, ricordare come tale possibile sfumatura ‹pneumatica› del termine sanguigno sia del tutto coerente con la dimensione altrettanto pneumatica reperibile in modo patente nel primo incontro con Beatrice - grazie ai riferimenti presenti nel passo, come abbiamo già rievocato, allo ‹spirito de la vita›, allo ‹spirito animale›, allo ‹spirito naturale›, etc. -, e in modo invece latente, per così dire, nel sogno del cuore mangiato. Anche la dimensione del sogno in generale è infatti, nella tarda 17 Cito da Pirovano 2015, p. 89. 18 Pastoureau 2016; Pirovano 2015, p. 81 segnala per il colore sanguigno diversi riferimenti scritturali. 19 Peri 1996, p. 78. 20 Caiazzo 2006, p. 1013. 21 Passo di Costantino Africano segnalato in Burnett / Jacquart 1994, p. 115. 58 <?page no="59"?> Dalla passio alla beatitudo Antichità e nel Medioevo, strettamente legata alla dottrina pneumatica: come sintetizzato nel trattato De insomniis di Sinesio di Cirene, l’attività onirica è connessa ai ‹movimenti› dello spirito che si stacca dal corpo - lo spiritus phantasticus, un concetto di matrice stoica e neoplatonica, fondamentale anche per la tradizione medievale 22 . Ma torniamo all’esame delle ragioni che paiono collegare il sogno del cuore mangiato al concetto di passio. Il secondo motivo in analisi è principalmente di tipo tematico: se, come anticipavo, il concetto di passio è strettamente legato al topos del vulnus amoris, il motivo del ‹cuore mangiato› potrà anche essere considerato come una variazione speciale - naturalmente con il suo significato proprio e con le sue connessioni specifiche sul piano antropologico e culturale - del topos della ferita d’amore. La ‹crudeltà› e la sanguinosità dell’immagine sono molto più forti di una consueta rappresentazione letteraria della ferita d’amore, ma entrambi i temi insistono sul legame speciale fra la ferita (o la rimozione della carne), e il cuore come organo designato. Direi quindi che il motivo del cuore mangiato possa essere descritto, in relazione al tema del vulnus amoris, come la sua più intensa variante. Il terzo motivo per cui il sogno del cuore mangiato è intimamente legato al concetto di passio si fonda invece sulla presenza e sull’impiego di questo tema nella tradizione letteraria romanza precedente Dante. La lunga storia del motivo del cuore mangiato nelle letterature medievali - romanze e germaniche - è stata già tracciata in diverse pubblicazioni in modo analitico 23 : dunque, non sarà necessario, in questa sede, rievocare tutti i luoghi che hanno impiegato il motivo prima di Dante. Ricorderò quindi solo due testi brevemente - e precisamente al fine di comprendere meglio il significato della presenza di tale tema nella Vita nuova. Il primo passaggio che evocherò si trova nel Tristan et Yseut di Thomas d’Angleterre - un testo in versi giunto a noi in frammenti, scritto nel XII secolo e probabilmente alla corte di Enrico II il Plantageneto, nella speciale variante linguistica del francese antico nota come ‹Anglo-Normanno› o ‹francese d’Inghilterra› 24 . 22 Cf. in particolare Bundy 1927, pp. 147-153; Klein 1970, pp. 69-78; Agamben 1977, pp. 109-111; Mancini 1988, pp. 454-455. 23 Cf. Rossi 1983; Cots 1991; Di Maio 1996; de Riquer 1998; Picone 1996; Rossi 2003; Pinto 2008; Brugnolo 2018. 24 Cf. la nota introduttiva al Tristan et Yseut di Thomas d’Angleterre contenuta nel volume Marchello-Nizia et alii 1995. 59 <?page no="60"?> Gaia Gubbini In questo testo il tema del cuore mangiato appare indirettamente attraverso un lai - ossia un racconto in versi accompagnato dalla musica 25 - che Isotta la Bionda canta nella sua stanza, presa da nostalgia per Tristano che è lontano da lei. Leggiamo insieme il passaggio in questione: En sa chambre se set un jor E fait un lai pitus d’amur, Coment dan Guirun fu supris, Pur l’amur de la dame ocis Qu’il sur tute rien ama, E coment li cuns puis li dona Le cuer Guirun a sa moillier Par engin un jor a mangier, E la dolur que la dame out, Quant la mort de sun ami sout. La reïne chante dulcement, La voiz acorde a l’estrument. Les mainz sunt bels, li lais buens, Dulce la voiz, bas li tons. 26 L’elemento centrale per il nostro discorso sul cuore mangiato è il seguente: il lai cantato da Isotta narra come il personaggio Guiron sia stato messo a morte per aver amato una donna sopra ogni cosa, come recitano i versi 989-991: «Coment dan Guirun fu supris, | Pur l’amur de la dame ocis | Qu’il sur tute rien ama». Il marito dell’amata ha dato poi da mangiare a sua moglie, ingannandola, il cuore del protagonista, causando la disperazione della donna. Possiamo qui notare quanto sia forte la connessione del motivo del cuore mangiato con il concetto di ‹amorepassione›. L’elemento che, come vedremo, connette questo primo testo ricordato con il prossimo che evocheremo è proprio questa intensità - e forse l’eccesso? - costituito dall’amare qualcuno sopra ogni cosa. L’altro testo latore del tema del cuore mangiato che ricorderò ed esaminerò brevemente è la vida del trovatore Guilhem de Cabestanh. Ricorderò qui per comodità 25 Sulla tradizione dei lais si veda almeno Walter et alii 2018. 26 Thomas d’Angleterre 1995, pp. 150-151 (vv. 987-1000) (cf. traduzione francese moderna ibid. : «Un jour, la reine se tenait dans sa chambre et composait un lai d’amour fort émouvant : il racontait comment le seigneur Guiron avait été découvert et mis à mort pour avoir aimé passionnément une dame, et comment ensuite le comte avait donné perfidement à manger le cœur de Guiron à son épouse, et le désespoir de celle-ci apprenant la mort de celui qu’elle aimait. La reine chantait doucement, accordant sa voix à l’instrument. Ses mains étaient belles, et le lai agréable, douce la voix, et grave le ton de l’accompagnement»). 60 <?page no="61"?> Dalla passio alla beatitudo alcuni elementi ben noti su tale tradizione. Le vidas - corte biografie dei trovatori contenenti elementi fittizi tratti dai componimenti stessi - e le razos - corte narrazioni sui fatti e le circostanze che hanno generato la composizione di un testo poetico - erano, come noto, probabilmente funzionali ad illustrare e promuovere una maggiore comprensione e contestualizzazione della cultura e dell’universo trobadorico nel nuovo pubblico delle corti del Nord Italia, dove molti trovatori si erano rifugiati dopo la crociata anti-albigese nel sud della Francia. La creazione di vidas e razos, probabilmente ad opera di Uc de Saint Circ 27 , e il loro inserimento nei canzonieri trobadorici come ‹introduzione› e spiegazione dei testi poetici cambiarono considerevolmente la fruizione dei trovatori da parte del nuovo pubblico. È stato a buon diritto rilevato dalla letteratura secondaria come il prosimetro dantesco vitanoviano trovi i suoi modelli, oltre che nella Consolatio di Boezio, anche proprio in questa commistione di brevi testi in prosa - vidas e razos - e testi poetici presente nella tardiva tradizione manoscritta trobadorica 28 . Un esempio luminoso dell’influenza di tali testi sulla produzione letteraria successiva è il riuso che Boccaccio farà, in una novella della «Quarta giornata» del Decameron - quella dedicata agli amori tragici 29 -, proprio della vida del trovatore Guilhem de Cabestanh, vida che riporto qui di seguito: En Guillems de Cabestaing si amava la dompna per amor e chantava de lieis e ⋅ n fazia sas chanssos. E la dompna, qu’era joves e gaia e gentils e bella, si ⋅ l volia ben mais que a re del mon. [...] E qan venc un dia, Raimons de Castel Rossillon trobet passan Guillem de Cabestaing ses gran compaignia et aucis lo; e fetz li traire lo cor del cors e fetz li taillar la testa; e ⋅ l cor fetz portar a son alberc e la testa atressi; e fetz lo cor raustir e far a pebrada, e fetz lo dar a manjar a la moiller. E qan la dompna l’ac manjat, Raimons de Castel Rossillon li dis : «Sabetz vos so que vos avetz manjat ? ». Et ella dis : «Non, si non que mout es estada bona vianda e saborida». Et el li dis q’el era lo cors d’En Guillem de Cabestaing so que ella avia manjat ; et, a so q’ella ⋅ l crezes mieils, si fetz aportar la testa lieis. E quan la dompna vic so et auzic, ella perdet lo vezer e l’auzir. E qand ella revenc, si dis : «Seigner, ben m’avetz dat si bon manjar que ja mais non manjarai d’autre». E qan el auzic so, el cors ab s’espaza e volc li dar sus en la testa ; et ella cors ad un balcon e laisset se cazer jos, et enaissi moric. 30 27 Su Uc de Saint Circ cf. Zinelli 2004 e 2006. 28 Cf. Picone 2001. 29 Cf. Quondam et alii 2020. 30 Vida del trovatore Guillem de Cabestaing, in: Boutière / Schutz 1973, p. 531 (traduzione italiana mia: «Messer Guglielmo amava di vero amore la donna e componeva per lei delle canzoni. E la 61 <?page no="62"?> Gaia Gubbini Questo testo mette in scena un’intima connessione fra il tema del cuore mangiato e il concetto di ‹amore-passione›. Vediamo come l’eccesso giochi un ruolo importante: naturalmente nella vendetta eccessiva del marito, ma l’elemento della forte intensità è presente già nella frase che qualifica la natura di amore provato dalla protagonista femminile della storia, Soremonda, verso il trovatore Guilhem de Cabestanh: il testo dice infatti ch’ella lo amava come nessun’altra cosa al mondo («si ⋅ l volia ben mais que a re del mon»). Troviamo qui, ma in lingua d’oc, proprio la stessa espressione che abbiamo già incontrato nel passaggio menzionato dal Tristan et Yseut di Thomas (vv. 989-991: «Coment dan Guirun fu supris, | Pur l’amur de la dame ocis | Qu’il sur tute rien ama»). Come risulta chiaro dagli esempi analizzati, il motivo del cuore mangiato è strettamente connesso al concetto di ‹amorepassione›: la presenza di tale motivo nel sogno della Vita nuova sembra dunque connettersi a tali contesti e ‹climi› letterari. Tuttavia, come vedremo fra poco, tali riferimenti sono con ogni probabilità impiegati da Dante per rappresentare lo stadio iniziale della sua storia: quello che, appunto, si lega ancora al concetto - fortemente presente nelle letterature romanze medievali - di ‹amore-passio›. Come si anticipava al principio, la Vita nuova è infatti la storia di una grande trasformazione: quella del passaggio, della svolta dal concetto di ‹amore-passio› a quello di ‹amore-beatitudo› 31 . Ma, nello specifico, come si realizza nella Vita nuova tale movimento di uscita dall’impasse della passio amorosa - cioè da una situazione senza uscita in cui l’io donna, che era giovane, gaia, gentile e bella, lo amava come nessun’altra cosa al mondo. [...] E un giorno, casualmente, Raimondo del Castello di Rossiglione incontrò Guglielmo di Cabestaing da solo e lo uccise, gli fece estrarre il cuore e tagliare la testa. Fece portare a casa sua la testa e il cuore e lo fece arrostire e pepare e lo offrì in pasto alla moglie. Quando la donna ebbe finito di mangiare, Raimondo le chiese: ‹Sapete che cosa avete mangiato? › Ed ella rispose: ‹No, si trattava di una vivanda buonissima e saporita›. E lui le disse che si trattava del cuore di Messer Guglielmo di Cabestaing e, affinché credesse alle sue parole, le fece portare la testa e gliela mostrò. Subito dopo aver udito quelle parole e aver visto la testa, la donna svenne. E quando rinvenne disse: ‹Signore mi avete offerto una vivanda così eccellente, che non ne mangerò più alcuna›. A quelle parole, il marito sguainò la spada per ferirla, ma lei corse verso il balcone e si lasciò cadere nel vuoto: e così morì.»). 31 Cf. già in questa direzione il fondamentale Singleton 1949, in particolare il III capitolo. Cf. anche Branca 1966, citazione a p. 129: «È un itinerario chiarissimo ed evidente, già del resto intravisto dal Parodi, già ragionato magistralmente da Bruno Nardi: dall’amore-passione all’amore-carità, dalla contemplazione sensibile alla visione ultrasensibile nel ‹libro della memoria›». Cf. inoltre le seguenti riflessioni dal bel contributo Brugnolo 2018, citazione a p. 143: «un percorso intellettuale e poetico ancora ignoto e tutto da compiere ma inconsciamente auspicato: quello che, detto in estrema sintesi, porterà alla trasformazione dell’amore-passione, cupiditas o amor hereos (poiché questo, nell’impianto del sonetto, resta pur sempre l’ineludibile dato di partenza), in amore puro e disinteressato, amore-caritas». 62 <?page no="63"?> Dalla passio alla beatitudo lirico è perfino ostacolato nelle sue facoltà di sopravvivenza (come abbiamo visto nel brano citato sugli spiriti) e anche privato del suo stesso centro vitale, il cuore (come abbiamo visto nel sogno del cuore mangiato) - come si realizza la svolta, appunto, dall’amore-passio ad una dimensione di beatitudo? Un elemento fondamentale di tale trasformazione è la connessione operata da Dante fra Beatrice e Maria - una connessione che ritorna più volte, non solo nella Vita nuova, ma anche nella Commedia. Beatrice assume infatti gradualmente, già in vita, e ancor di più dopo la morte, funzioni, attributi e forti legami con la Vergine 32 . Questa dimensione è già anticipata da un incontro fra i due nella Vita nuova, quando Dante vede Beatrice in chiesa e, non a caso, si specifica che alla messa si udivano parole de la reina de la gloria: V. [1] Un giorno avvenne che questa gentilissima sedea in parte ove s’udiano parole de la reina de la gloria, ed io era in luogo dal quale vedea la mia beatitudine. 33 La morte della gentilissima, già profetizzata, avrà poi luogo. E il brano che comunica l’evento contiene il seguente dettaglio: quando lo Signore de la giustizia chiamòe questa gentilissima a gloriare sotto la ’nsegna di quella reina benedetta Maria, lo cui nome fue in grandissima reverenzia ne le parole di questa Beatrice beata. 34 In questo passaggio, vediamo come la connessione della Beatrice beata con la Vergine sia estremamente forte: in vita ella teneva la Vergine «in grandissima reverenzia», in morte la gentilissima è glorificata «sotto la ’nsegna di quella reina benedetta Maria». Questo legame di Beatrice con la Vergine viene infine consacrato nella Commedia, già a partire da Inferno II, dove, come sappiamo, Beatrice è la messaggera di Santa Lucia che è, a sua volta, la messaggera della Vergine: le tre donne si preoccupano della salvezza spirituale di Dante. Per raggiungere questo obiettivo, Beatrice scende dall’Empireo al Limbo, per chiedere a Virgilio di convincere Dante a intraprendere, sotto la sua guida, il viaggio della Commedia. In Inf . II, nello scambio 32 Su Beatrice come «miracolo incarnato», come «manifestazione in Terra della caritas» e sulle sue connessioni con la figura della Vergine, cf. Pirovano 2017 (le due citazioni si trovano rispettivamente alla p. 544 e alla p. 545). 33 Alighieri 2015b, p. 96 (V 1). 34 Alighieri 2015b, pp. 227-228 (XXVIII 1). 63 <?page no="64"?> Gaia Gubbini fra Virgilio e Beatrice, quest’ultima racconta all’ombra del poeta mantovano come Lucia l’abbia esortata a soccorrere Dante. E vorrei quindi sottolineare che non sarà un caso che Lucia chiami Beatrice «loda di Dio vera»: Disse: «Beatrice, loda di Dio vera, ché non soccorri quei che t’amò tanto, ch’uscì per te della volgare schiera? 35 In effetti, il tema della ‹loda› sembra essere la costante che caratterizza Beatrice nella Vita nuova e, poi, nella Commedia, e che fa assomigliare la gentilissima alla Vergine per come apostrofata nelle laude a lei dedicate. 36 Naturalmente mi riferisco alla celeberrima svolta della ‹poesia della loda›, su cui torneremo in chiusura, ma anche all’insistenza della Vita nuova sulla forma del superlativo nelle espressioni che riguardano Beatrice - come, paradigmaticamente, l’attributo per eccellenza di Beatrice: la gentilissima. Tale insistenza è, a livello lessicale, molto vicina alle espressioni che descrivono la Vergine, ad esempio, nella più antica raccolta italiana di laudi medievali, il Laudario di Cortona - come possiamo leggere nel testo che segue: Ave, donna santissima, regina potentissima. La vertù celestïale colla grazia supernale en te, Virgo virginale, discese benignissima. La nostra redenzïone prese encarnazïone ch’è senza corruzïone de te, donna santissima. 37 A Beatrice si addicono dunque quelle lodi celesti che si rivolgono alla Vergine: potremmo dire che Dante attui per Beatrice proprio quello che, nella celeberrima canzone guinizzelliana Al cor gentil rempaira sempre Amore, Dio rimproverava al poeta 35 Alighieri 2007, p. 58 (Canto II, vv. 103-105). 36 Come rileva Pirovano 2015, p. 80, anche l’aggettivo «gloriosa» - a più riprese riferito a Beatrice nella Vita nuova - rimanda alla tradizione laudistica mariana. 37 «Ave, donna santissima», vv. 1-10, dal Laudario di Cortona, a cura di Contini 1995, vol. II, tomo I, pp. 15-19. 64 <?page no="65"?> Dalla passio alla beatitudo di fare - ovvero di usare per una donna mortale lodi che si addicono solo a lui e alla Vergine -, rimprovero cui Guinizzelli rispondeva, come ben noto, così 38 : Donna, Deo mi dirà: «Che presomisti? », sïando l’alma mia a lui davanti. «Lo ciel passasti e ’nfin a Me venisti e desti in vano amor Me per semblanti: ch’a Me conven le laude e a la Reina del reame degno, per cui cessa onne fraude». Dir Li porò: «Tenne d’angel sembianza che fosse del Tuo regno; non me fu fallo, s’in lei posi amanza». 39 In effetti, a leggere la Vita nuova, di certo a Beatrice non si addicono lodi ‹terrestri› da descriptio puellae, che insistano sulla sua corporeità: non una parola, infatti, sulle chiome di Beatrice, sui lineamenti del suo volto, né sulla forma del suo corpo. 40 Un solo dettaglio, ma importantissimo, ci viene svelato nel capolavoro giovanile dantesco - il colore della sua complessione, quasi perlaceo: Color di perle ha quasi, in forma quale convene a donna aver, non for misura: 41 Maggiori tracce corporee è dato invece ritrovare nell’apparizione di Beatrice alla fine del Purgatorio, nel Paradiso terrestre, dove vengono date alcune informazioni sulla bellezza dei suoi occhi «smeraldi» e della sua bocca: Disser: «Fa che le viste non risparmi; posto t’avem dinanzi ali smeraldi onde Amor già ti trasse le sue armi». 42 «Per grazia, fa noi grazia che disvele a lui la bocca tua, sì che discerna la seconda bellezza che tu cele». 43 38 Per un parallelo con Guinizzelli cf. le riflessioni di Pirovano 2017, p. 545. 39 Guinizzelli 2002 pp. 37-38 («Al cor gentil rempaira sempre Amore», vv. 51-60). 40 Riprendo qui alcune considerazioni già presenti in Gubbini 2021. 41 Alighieri 2015b, p. 164 (IX 11, «Donne ch’avete intelletto d’amore», vv. 47-48). 42 Alighieri 2011, p. 377 (Canto XXXI, vv. 115-117). 43 Alighieri 2011, p. 379 (Canto XXXI, vv. 136-138). 65 <?page no="66"?> Gaia Gubbini È importante sottolineare che non sarà un caso che questa dimensione corporea di Beatrice, quasi assente quando ella era ancora viva nel racconto della Vita nuova, appaia invece solo quando Dante la incontra nel Paradiso terrestre e in un contesto, come mostrato da Florian Mehltretter, fortemente marcato dall’allegoria 44 . Perché dunque una tale assenza di dettagli legati all’aspetto di Beatrice nel capolavoro giovanile dantesco, così intimamente legato alla precedente tradizione romanza che, analogamente alla tradizione mediolatina, aveva fatto un largo impiego del topos della descriptio puellae? Accade forse proprio per quanto detto fin qui: ovvero che Dante nella Vita nuova abbia cercato di ‹risolvere› il problema romanzo dell’amore-passio e raccontarci la storia di una trasformazione - dall’amore-passio, appunto, alla beatitudo. Per guarire dall’amore-passio, per guarire da tale pena - ulteriormente inasprita dopo la negazione del saluto da parte di Beatrice - è necessario un passaggio fondamentale: risolvere il problema del desiderio e la sofferenza ad esso connessa, per poter davvero trovare la propria beatitudo. Infatti, come lo stesso Dante sosterrà nel Convivio, il desiderio non può coesistere con la beatitudine: desiderio; lo quale essere non può con la beatitudine, acciò che la beatitudine sia perfetta cosa, e lo desiderio sia cosa defettiva; ché nullo desidera quello che ha, ma quello che non ha, che è manifesto difetto. 45 Il desiderio in questo passaggio del Convivio va inteso nel senso di Sant’Agostino, quando scriveva in un passo dalle Enarrationes in Psalmos: «Desiderium ergo quid est, nisi rerum absentium concupiscentia? » 46 Questo passaggio dalla passio, intimamente connessa al desiderio, alla beatitudo è naturalmente reso possibile dal vero punto di svolta della Vita nuova, come ben riconosciuto dai commentatori - ovvero la notissima svolta della ‹poesia della loda› 47 . Ma tale svolta è anticipata e quasi preparata, a mio avviso, proprio dalla lieve presenza della dimensione corporea nella Beatrice vitanoviana di cui abbiamo già detto - una corporeità così lieve già in vita, e che poi giunge al dileguo, con la morte. 44 Cf. Mehltretter 2005. 45 Alighieri 2015a, p. 205 (III, xv, 3). 46 Augustinus Hipponensis 2002, 118, 8, 4. 47 Cf. le osservazioni di De Robertis contenute nell’«Introduzione» a Alighieri 1995, pp. 3-19; cf. anche il commento contenuto ibid., p. 112 nelle note. Cf. anche l’«Introduzione» di Carrai in Alighieri 2009 e l’«Introduzione» di Pirovano in Alighieri 2015b. 66 <?page no="67"?> Dalla passio alla beatitudo Se, come abbiamo visto, il tema della ‹loda› è un fil rouge che caratterizza Beatrice nella Vita nuova e, poi, nella Commedia, e che fa assomigliare la gentilissima alla Vergine, non sarà quindi un caso che il momento chiave della grande innovazione dantesca rispetto alla precedente tradizione letteraria - ovvero il passaggio, epocale per la letteratura italiana ed europea, dalla passio alla beatitudo - sia da ritrovarsi proprio nelle «parole che lodano la donna mia», come spiega il celeberrimo brano della Vita nuova: «A che fine ami tu questa tua donna, poi che tu non puoi sostenere la sua presenza? Dilloci, ché certo lo fine di cotale amore conviene che sia novissimo». [. . . ] [4] Allora dissi queste parole loro: «Madonne, la fine del mio amore fue già lo saluto di questa donna, forse di cui voi intendete, ed in quello dimorava la beatitudine, ché era fine di tutti li miei desiderî, ma poi che le piacque di negarlo a me, lo mio signore Amore, la sua mercede, ha posta tutta la mia beatitudine in quello che non mi puote venire meno». [. . . ] «Noi ti preghiamo che tu ne dichi dove sta questa tua beatitudine»; ed io, rispondendole, dissi cotanto: «In quelle parole che lodano la donna mia». 48 Questa svolta dal corpo alle parole ‹libera›, per così dire, l’istanza poetica dalla tirannide del desiderio e, di conseguenza, consente il passaggio dalla passio alla beatitudo. E la guarigione che nella letteratura romanza precedente presupponeva un contatto o una prossimità fisica dell’io lirico con l’amata ha con Dante invece luogo solo grazie alla sublimazione della scrittura poetica. 49 In questo percorso, in questo movimento, in questa trasformazione operata da Dante già nella Vita nuova, e portata poi a compimento nella Commedia, la guarigione dalla passio perde infatti via via la sua corporeità - fino a sfumare nella luce sovrannaturale della beatitudo paradisiaca. Bibliografia Testi Alighieri, Dante (1995): Vita Nuova, a cura di Domenico De Robertis, in: id.: Opere minori, vol. I, tomo I, Vita Nuova, Rime, a cura di Domenico De Robertis e Gianfranco Contini, Milano / Napoli. 48 Alighieri 2015b, pp. 154-156 (XVIII 3-6). 49 Sulla relazione fra corpo, scrittura, libro e morte nella Vita nuova, cf. Kuhn 2008. 67 <?page no="68"?> Gaia Gubbini Alighieri, Dante (2007): Inferno, a cura di Giorgio Inglese, Roma. 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Durch die Untersuchung einiger Schlüsselpassagen der Vita nuova, die im Lichte früherer romanischer Texte - etwa Tristan et Yseut von Thomas d’Angleterre, die vida des Troubadours Guilhem de Cabestanh in Langue d’Oc und ihre Inszenierung in der neunten Novelle der «Quarta Giornata» von Giovanni Boccaccios Decameron - analysiert werden, zeigt der Beitrag, wie Dante in der Vita nuova einen Weg geht, der von der schmerzhaften Liebesleidenschaft für Beatrice ausgeht und dank der Sublimierung der poetischen Erfahrung schließlich zur Glückseligkeit gelangt. Biobibliografisches Profil: Gaia Gubbini ist Privatdozentin und akademische Oberrätin am Institut für Italienische Philologie der Ludwig-Maximilians- Universität München. Ihre Forschungsinteressen liegen in der vergleichenden mediävistischen Literaturwissenschaft - insbesondere zur französischen, italienischen und okzitanischen Literatur - sowie in der modernen französischen und italienischen Literatur - von der Renaissance bis zur zeitgenössischen Produktion - und umfassen Studien zu Lexikon und Semantik sowie Textkritik. Zu ihren Forschungsthemen gehören die Beziehung zwischen Körper und Geist, die Rolle der imaginatio und der Sinne sowie die Vorstellung(en) der Liebe in der mittelalterlichen und modernen französischen und italienischen Literatur. Ihr neuestes Buch - Vulnus amoris. The Transformations of ‹Love’s Wound› in Medieval Romance Literatures - ist kürzlich in der Reihe «Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie» bei de Gruyter erschienen. Derzeit arbeitet sie an einer Monographie über Marcel Proust. 73 <?page no="75"?> Antonio Lucci / Esther Schomacher Italian Theory: movimento o turn? 1 Introduzione Quando, nel febbraio del 2020, la pandemia di Covid-19 ha travolto il mondo, i filosofi italiani sono stati tra i primi a sentire la necessità di offrire analisi di carattere teorico della crisi in atto. I vari saggi di Giorgio Agamben, 1 controversi e non privi di problematicità, così come le repliche critiche e talvolta pungenti di Jean- Luc Nancy 2 , Roberto Esposito 3 , Antonio Negri 4 e altri 5 hanno aperto un dibattito importante, che è stato recepito e portato avanti anche in altri paesi e contesti. Questa attenzione e questa celerità di reazione da parte della filosofia italiana nello sviluppare un dibattito pubblico sul significato concettuale, politico e storico delle misure sanitarie attuate per contenere la pandemia riteniamo non possa essere sottovalutata. Al contempo, riteniamo che questa attenzione non possa essere (quanto meno non totalmente) ricondotta al fatto contingente - per quanto pur sempre, come ovvio, rilevante - che l’epidemia di Covid-19 abbia avuto in Italia il suo epicentro europeo. è nostra convinzione, piuttosto, che sia possibile comprendere i motivi e le posizioni di questo dibattito solamente tenendo presente la cornice delle categorie sviluppate per interpretare il pensiero politico-filosofico italiano dalla corrente 1 Ora raccolti in: Agamben 2020a. Per una ricostruzione delle posizioni agambeniane ad uso del pubblico germanofono ci permettiamo di rimandare a Lucci / Schomacher 2021. Nel presente contributo ci siamo serviti a più riprese delle argomentazioni qui esposte. 2 Cf. Nancy 2020. 3 Cf. Esposito 2020a. 4 Cf. Negri 2020. 5 Cf. Flores D’Arcais 2020. 75 <?page no="76"?> Antonio Lucci / Esther Schomacher filosofica dell’Italian Theory 6 : per questo motivo esse verranno di seguito utilizzate per mettere in evidenza sia le differenze tra le posizioni filosofiche assunte durante il dibattito, quanto i punti ad esse comuni. L’effetto retroattivo tra dibattiti occasionati dalla pandemia e pensiero sviluppato dagli esponenti dell’Italian Theory si è palesato in tutta la sua evidenza all’inizio del 2022, laddove è diventato ovvio che l’Ausnahmezustand della pandemia aveva condotto a posizioni inconciliabili anche all’interno della stessa corrente, e persino, forse, come cercheremo di mostrare di seguito, ad una disgregazione del common ground, della base comune, a partire da cui essa si era articolata. A partire da queste premesse, nel presente contributo intendiamo sollevare e discutere due questioni: la prima, di carattere teorico, è relativa alla possibilità di descrivere l’Italian Theory come un «movimento». La seconda, di carattere maggiormente storico, è relativa alla possibilità di descrivere l’Italian Theory come un fenomeno ancora attuale - oppure se, invece, lo stesso momento storico che ha mostrato la sua rilevanza, quello dell’emergenza pandemica, ha anche, consustanzialmente, condotto alla sua definitiva interruzione. Per discutere queste due questioni, nella prima parte del nostro contributo presenteremo innanzitutto una breve ricostruzione storica e concettuale di ciò che viene definito Italian Theory. Nella seconda parte ci occuperemo del dibattito attorno alla pandemia sviluppatosi tra alcuni dei maggiori esponenti dell’Italian Theory e delle sue conseguenze per la sua stessa coerenza e consistenza interna. La terza ed ultima parte, invece, chiuderà il nostro intervento cercando di offrire una risposta alla domanda posta nel titolo - vale a dire se l’Italian Theory possa essere considerato un «movimento» o piuttosto un turn - offrendo al contempo un ulteriore sguardo d’insieme sulle posizioni più attuali dell’Italian Theory e sulle possibilità di dialogo che essa offre al mondo accademico germanofono (e non solo). 6 Mentre la denominazione «Italian Theory» si è imposta maggiormente all’estero, quella di «Italian Thought», introdotta da Roberto Esposito per segnare le distanze rispetto alla French Theory, si è imposta in Italia. Pur rispettando le differenze concettuali che gli interpreti del dibattito hanno rilevato per sostenere la prima o la seconda denominazione, riteniamo che nella presente sede sia possibile fare astrazione da tali dibattiti e utilizzare per il fenomeno di cui stiamo parlando la denominazione generale «Italian Theory». 76 <?page no="77"?> Italian Theory: movimento o turn? 2 Italian Theory: genealogia di un «movimento» (? ) La definizione Italian Theory è stata coniata in risonanza con quella di French Theory, che - come è noto - venne introdotta a partire dagli anni ’70 negli istituti anglofoni (soprattutto statunitensi) di studi letterari e culturali, nel tentativo di portare a un denominatore comune autori e autrici di per sé eterogenei, nel cui pensiero era però possibile riscontrare una sorta di wittgensteiniana Familienähnlichkeit che sembrava così incontrovertibile da dover essere portata ad espressione. Alla creazione dell’etichetta ha contribuito il fatto che tali pensatori e pensatrici non solo provenissero quasi tutte o tutti dalla Francia e scrivessero in francese, ma che fossero anche, a volte con maggiore, a volte minore distanza critica, rappresentanti del cosiddetto (post-)strutturalismo e della svolta linguistica. La genesi dell’Italian Theory è stata per vari aspetti simile: tra la fine degli anni ’80 e l’inizio del nuovo millennio, la questione riguardante la possibilità di ritrovare anche per un certo numero di autori italiani contemporanei delle caratteristiche teoriche unificanti è stata affrontata a vari livelli in alcuni importanti volumi collettanei pubblicati in ambito anglofono. 7 L’attenzione si è concentrata non solo su quegli autori che avevano suscitato grande interesse negli anni precedenti - come Giorgio Agamben, Roberto Esposito, Maurizio Lazzarato, Luisa Muraro, Antonio Negri e Paolo Virno - ma anche su nomi ‹canonici› come Antonio Gramsci, Benedetto Croce e Giovanni Gentile. Tutti questi autori si trovano ad essere accomunati non solo dalle loro origini italiane, ma anche dal loro pronunciato interesse per un tipo di filosofia politica, che, soprattutto da parte degli esponenti attuali, si sviluppa in una direzione antinormativa 8 , critica e radicale, che in vari modi attinge al concetto di biopolitica di Foucault. La pubblicazione di Pensiero vivente. Origine e attualità della filosofia italiana di Roberto Esposito nel 2010 9 , segna però il momento in cui le somiglianze tra la French e l’Italian Theory cominciano progressivamente a venir meno. In questo ampio studio Esposito riprende esplicitamente la riflessione metateorica che 7 Cf., tra gli altri, almeno Borradori (Ed.) 1988; Virno / Hardt (Eds.) 1996; Chiesa / Toscano (Eds.) (2009). 8 Eccezione a questa posizione antinormativa diffusa tra gli esponenti contemporanei dell’Italian Theory è rappresentata da Roberto Esposito, in particolare nella sua produzione più recente, dedicata al tema delle istituzioni. Cf. Esposito 2021. 9 Cf. Esposito 2010. 77 <?page no="78"?> Antonio Lucci / Esther Schomacher era stata sviluppata in ambito anglofono e presenta una prima ricostruzione genealogica degli assi principali di un pensiero filosofico specificamente italiano, che egli riconduce genealogicamente all’opera di Niccolò Machiavelli. 10 A differenza della French Theory, per la Italian Theory si può dunque indicare un’«opera fondativa» - quella di Esposito - che riprende esplicitamente le questioni teoriche che negli anni precedenti si erano sviluppate nel discorso internazionale a proposito delle categorie fondamentali del pensiero italiano e che, allo stesso tempo, cerca per la prima volta di dare loro una direzione comune. La manovra argomentativa centrale di Esposito consiste nell’evidenziare tre concetti a partire dai quali è possibile ricostruire una «storia del pensiero italiano»: il concetto di vita, quello di politica (intesa come dinamica conflittuale) e il concetto di storia. Mettendo al centro della propria ricostruzione questi concetti, Esposito riesce a definire con chiarezza ciò che egli intende per Italian Theory: innanzitutto, la filosofia politica e il concetto di biopolitica, che pur avendo avuto in Francia, attraverso il fondamentale lavoro di Michel Foucault, il suo momento germinale, ha trovato una sorta di «seconda casa» sia nelle riflessioni teoriche di Giorgio Agamben e Toni Negri che nel lavoro dello stesso Esposito. Un’ulteriore caratteristica dell’Italian Theory messa particolarmente in luce da Esposito è la ricerca di una dimensione genealogica: l’unitarietà dell’Italian Theory, secondo Esposito, si fonda sulla ricerca da parte dei suoi autori di concetti che affondino le loro radici in una sorta di longue durée storico-concettuale. Se uno degli alfieri della French Theory, Jean-François Lyotard, aveva proclamato nel 1979 ne La condition postmoderne la fine delle grandi, onnicomprensive, riconciliatorie e unificanti narrazioni e delle rappresentazioni totalizzanti, 11 la Italian Theory sembra qui tendere esattamente al contrario. Questo ritorno alle grandi narrazioni non va inteso, ovviamente, come una ripresa di teorie e forme espressive definitivamente superate: non si tratta in alcun modo della pretesa di voler raggiungere concettualmente l’intero orizzonte del reale. Piuttosto, gli autori dell’Italian Theory mostrano spesso la volontà di operare genealogicamente in un modo che dà ai loro testi una cornice ampia e che rivela l’obiettivo di portare alla luce strutture nascoste, originarie che si trovano al fondo del nostro tempo e della nostra cultura: 10 Per una voce critica nei confronti dell’interpretazione di Machiavelli data da Esposito quale momento fondativo dell’Italian Theory si veda Portinaro 2018. 11 Cf. Lyotard 1981. 78 <?page no="79"?> Italian Theory: movimento o turn? i nove volumi del progetto Homo Sacer di Agamben, 12 ad esempio, possono essere letti in questa prospettiva come una ricostruzione dei concetti di «potere», «vita», «politica» ed «ontologia» nel contesto delle culture occidentali. Anche la trilogia Communitas (1998), Immunitas (2002), Bios (2004) di Roberto Esposito 13 traccia la genealogia storica delle relazioni tra potere, vita, comunità e immunità all’interno della storia del pensiero e della cultura occidentali. Così come, nei loro volumi Empire (2000), Multitude (2004) e Commonwealth (2009), Antonio Negri e Michael Hardt 14 delineano a loro volta un’analisi del potere politico ed economico nell’epoca della globalizzazione e delle possibili controstrategie da opporvi. Il progetto intellettuale della Italian Theory è stato, talvolta, esposto a critiche e polemiche anche piuttosto aspre. Già all’epoca della prima pubblicazione di Pensiero vivente, Esposito fu criticato per la sua esclusione di autori e correnti ‹eccellenti› della tradizione filosofica italiana. Inoltre, il progetto di una «teoria» determinata da una precisa provenienza geografica fu sospettato di un certo provincialismo - se non addirittura di nazionalismo. 15 In risposta a queste critiche Esposito ha sempre sostenuto che una delle caratteristiche più importanti dell’Italian Theory sia il suo sguardo ‹da fuori› 16 : un’apertura costitutiva verso altre discipline e altre tradizioni di pensiero, che rende il pensiero ‹italiano› (che Esposito suggerisce, lo ricordiamo, di far iniziare con Machiavelli, cioè in un’epoca in cui l’Italia non esisteva nemmeno come stato nazionale) ibrido in modo fondamentale. Come già queste brevi considerazioni introduttive annunciano, la nostra opinione è - lo anticipiamo - che sia possibile definire l’Italian Theory un movimento filosofico, a patto di considerarlo, però, un ‹movimento senza manifesto›: vale a dire un gruppo molto libero, caratterizzato fin dall’inizio da diversità di prospettive, discrepanze e, anche, disaccordi. Ma è proprio perché esso va inteso non tanto come un insieme omogeneo, e ancor meno come un tentativo di canonizzazione, quanto piuttosto come un esperimento filosofico la cui forza sta proprio nell’eterogeneità delle posizioni e de- 12 Ora consultabili in volume unico, cf. Agamben 2018. 13 Cf. Esposito 2006; 2002; 2004. 14 Cf. Hardt / Negri 2001; 2004; 2010. 15 Cf. ad esempio l’intervista di Andrea Muni a P.A. Rovatti 2014, pp. 25-31, e quella di Tommaso Megale a Franco «Bifo» Berardi 2014: Italian Something, pp. 33-39. 16 Cf. Esposito 2016. 79 <?page no="80"?> Antonio Lucci / Esther Schomacher gli approcci, che diventa possibile farne uno strumento di riflessione filosofica del presente politico. 3 L’Italian Theory e la pandemia I testi pubblicati dai filosofi italiani riconducibili al movimento dell’Italian Theory nel contesto della pandemia, pur riprendendo per molti aspetti temi e concetti dei loro lavori precedenti, si sono caratterizzati per una inedita vis polemica, per non dire aggressività, spesso guarnita da un evidente coinvolgimento personale. Forse è anche per questo motivo, che proprio nel momento aurorale del dibattito (nel 2020), i concetti centrali e caratterizzanti del movimento - vita, conflitto, politica e storia - venivano espressi, nel corpo a corpo della discussione pubblica, non solo teoricamente, ma anche, per così dire, performativamente, con una chiarezza quasi cristallina e in tutta la loro potenza. Per mostrare temi e toni di questo dibattito, verranno di seguito analizzati i primi testi di Giorgio Agamben e di Roberto Esposito, che vennero pubblicati, per lo più online, durante i primissimi giorni della pandemia. Appena tre giorni dopo l’introduzione della limitazione alla libertà di circolazione individuale - a seguito delle misure adottate per la per prima volta in Italia il 23 febbraio 2020 nelle provincie settentrionali di Lodi e Padova - in un breve scritto intitolato L’invenzione di un’epidemia 17 , apparso sul suo blog personale presso l’editore Quodlibet e poi su Il Manifesto, Giorgio Agamben si profondeva in un’aspra critica delle misure prese a livello governativo - descrivendole ed analizzandole facendo ricorso al concetto di «Stato di eccezione». Secondo quanto scriveva Agamben nel febbraio 2020, la diffusione di un virus che egli definiva di dubbia pericolosità sarebbe stata strumentalizzata da parte del Governo per imporre dei decreti-legge che introducevano e legittimavano sproporzionate limitazioni e sospensioni dei diritti personali: Innanzitutto si manifesta ancora una volta la tendenza crescente a usare lo stato di eccezione come paradigma normale di governo. [. . . ] Si direbbe che esaurito il terrorismo come causa di provvedimenti d’eccezione [Ausnahme- 17 Agamben 2020b. 80 <?page no="81"?> Italian Theory: movimento o turn? anordnungen], l’invenzione di un’epidemia possa offrire il pretesto ideale per ampliarli oltre ogni limite. 18 Le risposte a queste tesi di Agamben si susseguirono rapidamente; dopo un breve testo dai forti accenti personali pubblicato da Jean-Luc Nancy il giorno immediatamente successivo, 19 due giorni dopo, il 28 febbraio, veniva data alle stampe una pungente reazione di Roberto Esposito, intitolata Curati a oltranza, nella quale il filosofo napoletano rifiutava l’analisi della situazione pandemica proposta da Agamben, sostenendo che quest’ultimo, nel suo servirsi del pensiero di Michel Foucault, non avrebbe tenuto conto delle attuali circostanze storiche, completamente differenti rispetto a quelle in cui aveva sviluppato le sue teorie il filosofo francese. 20 Il concetto-chiave di biopolitica, visto anche da Esposito come imprescindibile per la comprensione degli avvenimenti attuali, non deve, infatti, indurre alla tentazione - a cui avrebbe ceduto Agamben - di confondere e parallelizzare indebitamente esperienze tra loro molto differenti: «Personalmente eviterei di mettere in una qualsiasi relazione le carceri speciali con una quarantena di un paio di settimane nella Bassa», scriveva icasticamente Esposito. Se, da un lato, Esposito si sbagliava tragicamente sulla durata e sull’essere circoscritto della quarantena, dall’altro la sua critica ad Agamben sembra non aver perso di incisività per quel che concerne il richiamo alla profondità storica a cui il pensatore napoletano faceva appello per inquadrare processi e avvenimenti del febbraio 2020: Politica e medicina si legano in un’implicazione reciproca che ha finito per trasformarle entrambe. Da un lato si è determinato un processo di medicalizzazione di una politica che, apparentemente sgravata da vincoli ideologici, si mostra sempre più dedita alla ‹cura› dei propri cittadini da rischi che spesso è essa stessa a enfatizzare. Dall’altro assistiamo a una politicizzazione della medicina, investita di compiti di controllo sociale che non le competono [. . . ]. Da entrambe queste tendenze la politica risulta deformata, rispetto al suo profilo classico. Anche perché nei suoi obiettivi entrano non più singoli individui o ceti sociali, ma segmenti di popolazione differenziati da salute, età, sesso o anche etnia. 21 18 Agamben 2020b. 19 Cf. Nancy 2020. 20 Cf. Esposito 2020a. 21 Esposito 2020a 81 <?page no="82"?> Antonio Lucci / Esther Schomacher Come appare evidente già solo a partire da questa cursoria ricostruzione, nel corso del dibattito sia Agamben che Esposito adoperavano proprio quelle teorie sui rapporti tra vita e politica che innervano tutto il loro pensiero filosofico: per questo, giunti a questo punto della nostra ricostruzione, ci sembra divenuto necessario offrirne una, per quanto breve, presentazione. Nel caso di Agamben i concetti che il filosofo adotta continuamente nei suoi contributi sulla pandemia sono quelli di «Stato d’eccezione», di «Lager» e soprattutto di «nuda vita». Nel nostro contesto è quest’ultima espressione - la «nuda vita» - che permette sia di chiarire il nesso tra vita e politica nel pensiero del filosofo romano, che di evidenziare la sua originale rilettura del concetto foucaultiano di «biopolitica». Nei nove volumi del progetto homo sacer, pubblicati tra il 1995 e il 2016, Agamben ha intrapreso una lunga archeologia della politica occidentale, basando la sua ricostruzione sull’individuazione di una dicotomia basale, introdotta fin dalle primissime righe del primo volume del progetto: quella tra zoe e bios. Questa distinzione, essenziale per comprendere i meccanismi politici di funzionamento della polis greca, segnando uno scarto tra la vita «naturale» (comune a uomini, piante, animali e dei), e la vita organizzata (sociale, politica) istituirebbe una sorta di macchina bipolare che finirà per determinare poi, per Agamben, la struttura logica di tutta la filosofia occidentale. La storia della politica occidentale, infatti, non sarebbe altro, per l’Autore, che la lunga storia dei modi con cui gli apparati di potere hanno costruito la sfera della cosiddetta «vita politica» a partire dall’esclusione di una porzione di popolazione relegata sul versante della zoe, ossia della vita «nuda», deprivata delle sue caratteristiche sociali. Gli schiavi e le donne nel mondo antico (fino alle soglie della contemporaneità), le popolazioni africane e amerinde nell’epoca del colonialismo, gli ebrei sotto il nazismo (di cui Agamben tratta diffusamente nel suo dibattuto libro Quel che resta di Auschwitz. L’archivio e il testimone del 1998 22 ) sono solo alcuni degli esempi storici possibili di zoe, sull’esclusione, sfruttamento e distruzione di cui sono stati nel corso della storia edificati interi (e duraturi) regimi politici e sociali. Come appare evidente anche solo da questa brevissima ricostruzione teorica, per Agamben la dicotomia zoe/ bios è strutturale, e può essere ritrovata in tutte le configurazioni politiche che si sono date lungo il corso della storia occidentale. 22 Cf. Agamben 1998. 82 <?page no="83"?> Italian Theory: movimento o turn? Passiamo ora a Roberto Esposito: il concetto di biopolitica è anche per il filosofo napoletano alla base di gran parte delle sue pubblicazioni - soprattutto di quelle della sua «trilogia biopolitica» costituita dai volumi Communitas (1998), Immunitas (2002) e Bios (2004). E sono proprio - come è ovvio che sia - i concetti di communitas e immunitas a spiccare maggiormente nei suoi scritti sulla pandemia. Il primo di essi viene definito, nel volume omonimo, facendo riferimento alle sue radici etimologiche, a partire dal concetto latino di «munus», ossia di «dono» 23 . Il paradosso della comunità, spiega Esposito, è che essa non si basa su un «dono» da condividere tra i membri di un gruppo sociale, quanto piuttosto su un «dono» che è necessario fare - vale a dire su un sacrificio - che unifica, fondandola, la communitas stessa. Quello che è condiviso dalla comunità è quindi una mancanza, che, nel senso di Hobbes, coincide con un dono «negativo», un sacrificio, che essa, per sussistere, chiede ai singoli: vale a dire la rinuncia alle proprie libertà in vista dell’ingresso nella vita comune. 24 Escluso da questo sacrificio primordiale è solo il soggetto «immune», che diventa la categoria centrale nel secondo volume della trilogia. Nell’immagine dell’immunità Esposito mostra come il negativo implicito nella communitas possa essere neutralizzato e incluso in un corpus politico, proprio come in una vaccinazione, il cui scopo è, appunto, l’immunizzazione, il far diventare, cioè, i germi patogeni parte del corpo. 25 In questo contesto Esposito enfatizza la qualità filosofico-politica del concetto di immunità, il quale pervade la sfera della medicina, quella della teologia e quella del diritto, perché l’immagine del «corpo» sociale o spirituale rimane sempre intrinsecamente collegata con la concezione fisico-biologica del corpo umano. Così le dinamiche politiche e sociali di inclusione ed esclusione portano con sé un sostrato biologico - e viceversa. 26 È comprensibile come per Agamben, invece, una volta date le premesse teoriche della sua filosofia sopra accennate, le misure di sanità pubblica contro la pandemia non possano che apparire come un’esasperazione delle tendenze biopolitiche da egli ritenute sempre presenti negli stati moderni: il virus diventa, nell’ottica agambeniana, un alibi con cui i governi possono giustificare l’aumento delle misure di sorveglianza e controllo biopolitico della popolazione spingendosi fino al trac- 23 Cf. Esposito 2006, pp. X-XI. 24 Cf. Esposito 2006, pp. 3-28. 25 Cf. Esposito 2004, pp. 41-78. 26 Cf. Blumenberg 1998, pp. 93-95. 83 <?page no="84"?> Antonio Lucci / Esther Schomacher ciamento dei dati biometrici e dei contatti personali. Dal momento che l’obiettivo delle misure adottate sarebbe stato la protezione non della vita sociale, ma della mera «vita nuda» - e visto che quella protezione ha portato alla sospensione perfino dei diritti costituzionali - suddette misure non possono che essere lette da Agamben come la manifestazione dell’erosione completa del valore della vita politica, cioè del bios, che finirebbe per essere schiacciato totalmente sulla sua dimensione puramente biologica - sulla sopravvivenza: sulla zoe. Le misure contro l’epidemia di Covid-19 adottate non sarebbero altro, quindi, per Agamben, che la «performance» più estrema di una macchina biopolitica sviluppatasi ipertroficamente fino al punto di poter al contempo certificare e statuire la riduzione della vita politica nella sua totalità a «vita nuda». Roberto Esposito, rispetto ad Agamben, non vede la biopolitica come qualcosa di necessariamente negativo o distruttivo - ossia come coincidente con una thanatopolitica - ma, in questo restando aderente alla formulazione foucaultiana del concetto, la intende come un dispositivo dinamico, multilaterale, dai possibili effetti (anche) costruttivi e costituenti. 27 Al contrario di Agamben, Esposito non propone un concetto di vita come un «surplus» che dovrebbe essere protetto dagli eccessi governamentali della biopolitica, ma come qualcosa che viene formato, plasmato, dalle istituzioni, che hanno, soprattutto a partire dalla Modernità, una dimensione anche biopolitica. Interpretando le misure antipandemiche come un movimento ‹immunitario› che richiede il sacrificio (il ‹munus›) di una quarantena o di un ‹lockdown› per proteggere la comunità, le critiche di Esposito si volgono al rapporto tra medicina e politica nel periodo pandemico: proprio perché la biopolitica - secondo Esposito - è un meccanismo ‹produttivo› bisogna guardare bene da chi essa viene statuita, gli strumenti legislativi con cui essa viene dispiegata, i modi politici in cui essa viene proposta, disposta, impartita. Ma questa non può né deve essere considerata a priori attraverso la lente del sospetto che - ad esempio in Agamben - vede in essa sempre uno strumento di soggiogamento e distruzione della libertà. 27 Cf. Esposito 2004, pp. 159-217. 84 <?page no="85"?> Italian Theory: movimento o turn? 4 Considerazioni conclusive Il dibattito a distanza su questi temi tra i due autori è lontano dall’essersi esaurito. Nei primi mesi del 2022, a distanza di poche settimane l’uno dall’altro, sono usciti - entrambi per l’editore torinese Einaudi - i libri Immunità comune. Biopolitica all’epoca della pandemia 28 , di Esposito e L’irrealizzabile. Per una politica dell’ontologia 29 , di Agamben. Non possiamo qui ricostruire i complessi contenuti di entrambi i testi, ma vogliamo comunque segnalare che essi non fanno altro che proseguire, approfondendoli, alcuni dei punti teorici di entrambi gli autori, che nella fase pandemica avevano assunto un tenore principalmente giornalistico. Esposito, in particolare, in maniera esplicita, «lavora ai fianchi» di Agamben, sostenendo, nello specifico, che bisognerebbe saper distinguere tra Stato d’eccezione e Stato d’emergenza, derubricando le misure anti-Covid-19 sotto quest’ultima categoria, sostanzialmente diversa dalla prima, usata da Agamben. 30 Inoltre, Esposito si fa portavoce di una visione della vita che non può darsi se non in rapporto alla forma che ad essa viene conferita dalle istituzioni: non esiste, per il filosofo napoletano, una vita nuda, ma sempre e solo una forma di vita, che è il risultato del rapporto tra individuo biologico e istituzioni storiche. 31 Di contro, Agamben, senza fare mai esplicito riferimento né alla pandemia né ad Esposito, nel suo L’irrealizzabile - testo dal titolo già di per sé emblematico - ricostruisce tramite una dottissima e complessa archeologia filosofica la storia dei rapporti tra possibilità e realtà nel corso della storia della metafisica e dell’ontologia occidentali, con l’evidente sottotesto politico (e polemico) consistente nel sottolineare come non vi sia nessuna necessità nel passaggio tra possibilità e realtà, e come - di conseguenza - il realismo istituzionale di un Esposito non sia l’unica via per pensare la politica, che - per dirla con Jacques Derrida - sarebbe, invece, sempre à venir. O, per usare le parole di Agamben stesso: La radicale eterogeneità del messianico non permette né piani né calcoli per il suo inveramento in un nuovo ordine storico, ma può apparire in questo solo 28 Cf. Esposito 2022. 29 Cf. Agamben 2022. 30 Cf. Esposito 2002, pp. 160-166. 31 Cf. Esposito 2002, p. 111. 85 <?page no="86"?> Antonio Lucci / Esther Schomacher come un’istanza reale assolutamente destituente. E si definisce destituente una potenza che non si lascia mai realizzare in un potere costituito. 32 Il fatto che le posizioni - esemplificate qui, nel nostro intervento, per comodità, a partire da due autori-cardine del movimento - all’interno dell’Italian Theory si siano allontanate tra di loro in maniera praticamente irriconciliabile a causa del dibattito filosofico sulla pandemia ha spinto Roberto Esposito, in un intervento pubblico tenutosi nel 2022 presso l’Istituto Italiano di Cultura di Berlino, a sostenere persino che, forse, il movimento dell’Italian Theory potrebbe essere giunto alla sua fine. 33 Questa riflessione di Esposito ci conduce nella direzione delle considerazioni conclusive del nostro contributo. Siamo partiti ponendoci una domanda specifica: l’Italian Theory può essere considerata un movimento? Per rispondere a questa domanda, più che descrivere che cosa sia un movimento, ci sembra un’opzione teorica maggiormente praticabile quella di domandarci se - rispetto ai molti turns che hanno caratterizzato l’orizzonte epistemologico del secolo scorso - l’Italian Theory ne possa essere considerato uno o sia qualcosa di diverso. Per definizione i turns teoretici hanno sempre preteso, o quanto meno lo hanno fatto coloro che hanno definito una serie di autori e di teorie come delle svolte epistemologiche, di dare a una strada già battuta una svolta, imponendo una curvatura al modo di fare scienza che si era imposto precedentemente in maniera univoca. Dopo il linguistic turn nessuna delle scienze umane avrebbe potuto più procedere senza porsi la questione del linguaggio, dopo il material turn non sarebbe più stato possibile pensare la teoria indipendentemente dai suoi supporti materiali, dopo il performative turn il ruolo del corpo e delle pratiche avrebbe per sempre influenzato il modo di discutere delle humanities. Riteniamo che l’Italian Theory non abbia mai avuto questa aspirazione metodologica totale, né l’intento di rivoluzionare per intero lo sguardo sulle discipline a cui si riferisce. Essa, piuttosto, partendo dall’analisi di un canone concreto di autori e testi, si è posta l’obiettivo di scavalcare l’orizzonte nazionale della filosofia italiana, in un afflato teorico che mirava all’enucleazione di categorie fondamentali più che all’instaurazione di una svolta metodologica. L’Italian Theory, per questo, ci sentiamo di dire, non può essere considerata un turn: essa, fin dall’inizio, anche e soprattutto in virtù delle separazioni, 32 Agamben 2022, p. 15. 33 Cf. le conclusioni dell’intervento di Roberto Esposito 2020b. 86 <?page no="87"?> Italian Theory: movimento o turn? correnti diverse, opposizioni, divergenze che l’hanno caratterizzata, si sottrae alla logica e alla metaforica della strada unica del sapere che, in virtù di una curva epocale, prende una direzione inedita. L’Italian Theory, è questa la nostra posizione, può essere piuttosto considerata un movimento proprio in virtù delle proprie discrepanze, divisioni, fratture e conflitti interni. Le posizioni dell’Italian Theory si muovono, creano un aggregato metastabile di teorie ed autori, senza avere un manifesto né delle linee di pensiero comuni. Al di là degli assi portanti della vita, della storia e della politica come conflitto, intesi come strumenti ermeneutici, i modi dell’Italian Theory sono tutti da inventare, in una vitalità e in una mobilità del tutto peculiare, che si declina in maniera estremamente individuale a seconda degli autori e dei protagonisti dei dibattiti. è in questo senso che l’Italian Theory può essere considerata un movimento. E questo ci porta alla seconda domanda posta in apertura: l’Italian Theory è ancora un movimento, alla luce delle criticità ricostruite poc’anzi a partire dei dibattiti sul Covid-19? Su questa domanda non ci sentiamo di prendere una posizione definitiva. Quello che però ci sentiremmo di sostenere è che - ammesso che la dimensione filosofico-politica dell’Italian Theory sia entrata in crisi a causa delle spaccature evidenziate dai dibattiti sulla pandemia - questo non significa necessariamente che il movimento teorico da essa iniziato sia giunto al termine. Visto che lo stesso Roberto Esposito si è pronunciato in modo scettico riguardo alla futura continuazione del movimento, uno degli scenari che si delinea proprio in questo momento è che il movimento si arresti davvero, che i filosofi che ne hanno fatto parte non abbiano più nulla da dirsi e che a un dibattito così intenso faccia seguito un silenzio altrettanto intenso. D’altro canto il movimento dell’Italian Theory è sempre stato, fin dalla sua origine sia storica che concettuale, centrato sull’idea del conflitto come qualcosa di costruttivo e produttivo: questo può far pensare che forse, da queste premesse, il movimento ne esca vivificato e non ridotto a stasi. Comunque vada, gli assi della vita, della politica e della storia come conflitto sono categorie che - nel reciproco specchiarsi - danno accesso a una dimensione ermeneutica inedita e restano importanti strumenti teorici anche al di là dell’universo della filosofia (italiana). Esse, ad esempio, permettono di aprire degli orizzonti interpretativi per le scienze umane e per quelle letterarie fino ad oggi son- 87 <?page no="88"?> Antonio Lucci / Esther Schomacher dati solo marginalmente 34 , e che da soli basterebbero a certificare la vita e vitalità del movimento. Poi, gli strumenti dell’Italian Theory permetterebbero, a nostro parere, di ricostruire una dimenticata tradizione delle Kulturwissenschaften italiane, la cui controstoria - da Paolo Mantegazza a Cesare Lombroso, da Scipio Sighele a Ernesto De Martino - sarebbe ancora tutta da scrivere. Questo vale anche per la letteratura - particolarmente quella italiana - che sin dai suoi inizi (Dante! ) è sempre stata una letteratura politica. In questo ambito i concetti della Italian Theory potrebbero permettere un’analisi più approfondita dell’agenda biopolitica e delle dinamiche comunitarie e immunitarie connesse ad essa in modo più o meno esplicito sia da quegli autori che si impegnavano per l’unità nazionale italiana (da scrittori del Rinascimento come Machiavelli, a quelli del Risorgimento, come ad esempio, Nievo e Leopardi), che da quelli che, una volta «fatta l’Italia», si impegnavano a «fare gli italiani» (anche partendo, a volte, da presupposti diametralmente contrari): si pensi ai veristi, ma anche all’estetismo e al futurismo e, più tardi, al neorealismo. È per questo che siamo convinti che - indipendentemente dallo sviluppo futuro del movimento filosofico stesso - le domande, i concetti e le categorie dell’Italian Theory continueranno a ‹muoversi›. Bibliografia Agamben, Giorgio (1998): Quel che resta di Auschwitz. L’archivio e il testimone, Torino. Agamben, Giorgio (2018): Homo sacer. 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Abstract: Ausgehend von einer vertieften Analyse der gegenwärtigen Situation der als Italian Theory bekannten philosophischen Strömung stellt der Beitrag zwei Fragen: Die erste richtet sich auf die Möglichkeit oder Unmöglichkeit, die Italian Theory als Bewegung zu definieren; die zweite, unmittelbar mit der ersten verbundene, betrachtet die Möglichkeit, diese nach den inneren Debatten, die sie anlässlich der COVID-19-Pandemie durchzogen haben, weiterhin als ein relativ organisches Ganzes anzusehen. Der erste Teil des Beitrags stellt eine historische Rekonstruktion dar: Er präsentiert die Protagonisten sowie die zentralen theoretischen Aspekte der Strömung und schlägt vor, die Stellungnahmen der italienischen Philosophen zur Pandemie im Licht sowohl ihrer früheren Arbeiten als auch ihrer jeweiligen Interpretationen des Konzepts der Biopolitik zu lesen, das für die Bewegung zentral ist. Im zweiten, stärker theoretisch-systematisch ausgerichteten Teil versucht der Beitrag eine Antwort auf die beiden eingangs aufgeworfenen Fragen zu geben, indem er den philosophischen Impetus der Italian Theory mit den theoretischen turns der letzten Jahrzehnte vergleicht und sich dabei auf mögliche Weiterentwicklungen der Debatte in einigen der jüngsten Arbeiten von Roberto Esposito und Giorgio Agamben bezieht. 90 <?page no="91"?> Italian Theory: movimento o turn? Profili biobibliografici: Antonio Lucci (1983) è ricercatore in Filosofia Morale presso il Dipartimento di Filosofia e Scienze dell’educazione dell’Università degli Studi di Torino. In precedenza ha effettuato attività di ricerca e docenza presso la Freie Universität e la Humboldt Universität di Berlino, la Zeppelin Universität Friedrichshafen, la Dresden International University, la NABA di Milano, le Università degli Studi di Torino e Chieti. è stato inoltre ricercatore invitato presso l’IFK di Vienna, il FIPH di Hannover, l’Exzellenzcluster TOPOI di Berlino, L’IISF di Napoli. Tra le sue più recenti pubblicazioni: La stella ascetica. Ascesi e soggettivazione in Friedrich Nietzsche (Roma 2020); Askese als Beruf. Die sonderbare Kulturgeschichte der Schmuckeremiten (Vienna 2019); True Detective. Una filosofia del negativo (Genova 2019), e Italian Theory (Lipsia 2020), curato con Esther Schomacher e Jan Söffner. Esther Schomacher è professoressa ospite (Gastprofessorin) di Letteratura italiana presso l’Istituto di lingue e letterature romanze della Humboldt Universität a Berlino. In precedenza ha insegnato cultural studies alla Zeppelin Universität, Friedrichshafen in qualità di ricercatrice associata alla cattedra di cultural theory and cultural analysis, e Letteratura italiana presso la Ruhr- Universität, Bochum. La sua ricerca è focalizzata sulle relazioni tra letteratura e scienza (in particolare economia), teoria dei media, historical gender studies, storia del teatro e teoria politica contemporanea. Tra le sue più recenti pubblicazioni: Schrift und Geld um 1900. Italo Svevos Medien (Paderborn 2021), The Culture of Money (Milton Park 2024), curato con Jan Söffner, e Italian Theory (Lipsia 2020), curato con Antonio Lucci e Jan Söffner. 91 <?page no="93"?> II Bewegung als Textstruktur Il movimento come struttura testuale <?page no="95"?> Katharina List Statik und Dynamik in Carlo Emilio Gaddas Adalgisa 1 Tendo. . . : eine Poetik Carlo Emilio Gadda läuft sicher nicht Gefahr, als statischer Autor mit einer monotonen, starren Ästhetik wahrgenommen zu werden: Die Stichworte, die man unmittelbar mit seinem Schreiben in Zusammenhang bringt - macaronico, Plurilinguismus, barocco, Pastiche 1 -, verweisen alle auf Mobilität und Dynamik. Dabei verbinden sich seine expliziten Plädoyers für Bewegung oder Beweglichkeit in und von Texten - sowie seine Verurteilung von Stillstand und Statik - mit präzisen Überzeugungen, wie er sie etwa im frühen, das Moment der Dynamik bereits im Titel tragenden Essay «Tendo al mio fine» formuliert. 2 Dieser sehr dichte Text mit 1 Cf. für solcherlei ‹Etiketten› verschiedene Einträge in der Pocket Gadda Encyclopedia 2002 ; etwa Albert Sbragia zu «Macaronico», für «Barocco», «Pastiche» und «Dialetto» Riccardo Stracuzzi ; alle unter http : / / www.gadda.ed.ac.uk/ Pages/ resources/ walks/ pgeindex2.php (19.12.2022). 2 Erstmals wurde er 1931 in der Zeitschrift Solaria veröffentlicht als Antwort auf eine von Giansiro Ferrata koordinierte Umfrage unter Schriftstellern: «A proposito di tendenze»; Gaddas Essay folgt auf denjenigen von Elio Vittorini, der mit dem Titel «Tendo al diario intimo» erschienen war. Ab 1934 eröffnet der kurze Text dann programmatisch die Sammlung Il castello di Udine. Jetzt in Gadda 2007a, pp. 117-281; aus dieser Ausgabe wird im Folgenden mit der Sigle CdU und unter Angabe der Seitenzahl im Text zitiert. Cf. zum Essay allgemein Kleinhans 2005, pp. 85-96, zur Frage nach einer möglichen Gattungsbestimmung des Textes den Artikel von De Michelis 2003, wobei die Autorin Schwierigkeiten einer solchen Zuordnung selbst unterstreicht - «fattori stilistici e tematici problematizzano dinamicamente la definizione di genere» - und daneben Strukturmomente des Essays herausarbeitet. Eine Interpretation des Essays mit besonderem Augenmerk auf den Dante- Bezügen nimmt Vandi 2021 vor; cf. außerdem Vitale 2015, pp. 143-146. Auch in vielen anderen Texten wendet sich Gadda aus unterschiedlichen Perspektiven gegen Statik; einige thematisch und chronologisch weit auseinanderliegende Zitate können als Beispiele dienen. In der erst posthum erschienenen, aber bereits 1928 verfassten Meditazione milanese argumentiert er philosophischmethodologisch: «Ecco perché il nostro metodo prediletto è quello della chiazza d’olio allargantesi e non l’andar subito a trovar Dio o l’intima fibra dell’essere; ché questi termini implicano certezza e staticità, nel mentre noi siamo convinti di una cosa sola: che qualcosa accade e per accade inten- 95 <?page no="96"?> Katharina List narrativen und lyrischen Elementen, der sich einer einfachen Gattungszuordnung entzieht und verschiedenste Stile mischend polemisch-sarkastisch Klischees und Stereotype seiner Zeit angreift, legt Gaddas Poetik der deformazione dar und bildet die inhaltlichen Forderungen zugleich selbst auf sprachlich-struktureller Ebene ab. Es genügt zunächst, sich die ersten Abschnitte des Textes anzusehen, dessen vehementem Einstieg es nicht an Deutlichkeit mangelt: Tendo a una brutale deformazione dei temi che il destino s’è creduto di proponermi come formate cose ed obbietti: come paragrafi immoti della sapiente sua legge. [. . . ] Era ed è la legge che custodisce ed impone l’inutilità marmorea del bene, che ignora o misconosce le ragioni oscure e vivide della vita, la qual si devolve profonda: deformazione perenne, indagine, costruzione eroica [...]. (CdU, p. 119) Zuerst auf inhaltlicher Ebene (die «brutale deformazione dei temi») ‹tendiert› Gadda dazu, das, was ihm als vorgeblich statisch und festgeformt vorgesetzt wird, aus dieser fixen Form herauszusprengen: Den ehernen Normen (der ‹marmornen Sinnlosigkeit des Guten›, die vom Gesetz und seinen «paragrafi immoti» gewahrt und durchgesetzt wird), den Erwartungen, die dem sich unaufhörlich entwickelnden, geradezu von Forschungsdrang angetriebenen Leben - selbst «deformazione perenne, indagine, costruzione eroica» (CdU, p. 119) 3 - nicht Genüge tun, aber von einer Gesellschaft, die sich ihrer unveränderlichen Werte absolut sicher ist, an den Schriftsteller herangetragen werden, begegnet er seinerseits mit ‹Deformation›. Dabei setzt schon in den ersten Absätzen des Textes ein Prozess ein, mit dem diese Werte der Gesellschaft (virtù, sapienza, bene, auch vita) nach und nach entwertet werden. Gadda nutzt die Begriffe zu Beginn in geradezu obsessiver Frequenz, collagenartig über die Sätze verteilt; die mit ihnen verbundenen Bedeutundiamo ‹si deforma›. E ciò sebbene i ghiacci scintillanti e le erme fronti dell’Alpi [. . . ] ci sembrino delineazione e simbolo d’un eleatico essere. Ma il glaciologo dice che l’Aletsch defluisce, se pur più lento del Rodano» (Gadda 2009, p. 742). Im Kontext sprachlich-ästhetischer Überlegungen identifiziert Gadda in zwei seiner späteren Essays die Verwendung von Dialekt auch in der Literatur als dynamisierendes Mittel, das einer Immobilisierung der Sprache, einer «‹faraonizzazione› o ribalsamazione della lingua stessa» entgegenwirkt (Gadda 2008d, p. 1193) und damit eine paralysierte «monolingua» verhindert: «Nella purezza e nella lindura faraonizzata di codesta presunta monolingua e però monostoria d’Italia riposino, riposino in pace i vocaboli di un lessico eterno, immutabile, sempre uguale a se stesso, pulitissimo, decorosissimo. Riposino i monovocaboli fissi! et lux perpetua eluceat eis» (Gadda 2008c, p. 1163; cf. auch ibid., p. 1175). 3 Ähnlich definiert Gadda anderswo die Literatur; cf. z.B. «Il lavoro, bello o brutto che sia, non è l’approssimazione maggiore o minore a un preesistente paradigma [. . . ]: è invenzione e costruzione, se pur lenta, sgraziata, infelice, che bisogna strapparsi dall’anima» (Gadda 2 2007d, p. 55). 96 <?page no="97"?> Statik und Dynamik in Carlo Emilio Gaddas Adalgisa gen sind jedoch nicht statisch, sondern erfahren je nach Kontext (teils antiphrastische) Verschiebungen: So wird sein Leben zum schändlichen Gefängnis, zur «immonda prigione», das ‹Gute› war ihm Kerker und Grab («il muro del carcere e la bontà della tomba»; mit zusätzlichen Distanzierungsstrategien wie «ciò che sogliono chiamare il bene»; CdU, p. 119). Die Wortkombinationen lassen dann erst recht kein herkömmliches Verständnis der einzelnen Elemente zu, beinahe als sei hier ein Parallelwörterbuch zum Einsatz gekommen, in dem manche Signifikanten mit anderem Signifikat verzeichnet sind 4 , oder schlimmer: in dem die Signifikate fluktuieren, wobei dergestalt deformierte Begriffe bei erneutem Auftauchen wiederum auf ihre Umgebung abfärben und sie in Bewegung bringen (cf. etwa «inutilità marmorea del bene»; «inutilità veneranda»). Inhaltlich verschränkt Gadda drei Aspekte, die bald stärker, bald weniger allusiv mehrfach miteinander kombiniert werden: die Erwartungen der Gesellschaft; Verweise auf die eigene Biographie 5 oder allgemeiner auf die Art und Weise, wie das Leben funktioniert; und drittens seine Poetik, die auf beides reagiert. So nimmt er sich vor, in unbestimmter Zukunft (von hier an wird das auf il fine des Titels hindrängende Futur zum vorherrschenden Tempus) aus der für ihn vorgesehenen Position auszubrechen: vorrò dipartirmi un giorno dalle sfiancate sèggiole dove m’ha collocato la sapienza e la virtù de’ sapienti e de’ virtuosi, e, andando verso l’orrida solitudine 4 Cf. etwa das Substantiv «devoluzione» (CdU, p. 119): GDLI gibt hier lediglich zwei sehr spezifische Bedeutungen aus dem juristischen Kontext (cf. GDLI 1966, p. 299), Gadda hingegen substantiviert das im Satz zuvor gebrauchte Verb ‹devolvere› (‹sich ergießen, fließen, strömen›) gewissermaßen samt seiner Bedeutung: Ungebräuchliche Verben ziehen die entsprechenden, noch weniger geläufigen (und in unüblicher Bedeutung verwendeten) Substantive nach sich. Daneben suggeriert die ‹devoluzione› natürlich eine wenn nicht ins Negative gewendete, so doch zumindest nicht vorschnell positiv zu bewertende ‹Evolution› und bildet zugleich das Pendant zur auf sie reagierenden ‹deformazione›. 5 Cf. gleich zu Beginn des zweiten Satzes die asyndetische Reihung («Umiliato dal destino, sacrificato alla inutilità, nella bestialità corrotta»; CdU, p. 119), die in Anspielungen, aber präzise auf die Gefangennahme bei Caporetto und die deutsche Kriegsgefangenschaft verweist. Bereits im Kriegstagebuch wird das Gefühl der eigenen ‹inutilità› zum tragischen Leitmotiv (cf. etwa den Eintrag vom 15. Mai 1918, in dem Gadda sich als «inutile come un cadavere» wahrnimmt; Gadda 2008, p. 784), und auch im Rückblick wird die Gefangenschaft mit der Erfahrung der Nutzlosigkeit gleichgesetzt: «Sentii subito, come una caduta orrenda nel vuoto, l’inanità morale della prigionìa: dai regni fulgidi, dopo i fulgidi atti del cosciente volere, ero stato travolto verso la riva dell’inutilità. [. . . ] Prigioniero, mi vidi finalmente quell’essere nullo, perfettamente superfluo, quella foglia morta che il vento della miserabilità può sbatacchiare dentro l’inverno, verso la gioia di tutti gli pseudo-Dostoiewski della madre terra e per la mia infinita e cruciale mortificazione» (Gadda 2007b, p. 171). 97 <?page no="98"?> Katharina List mia, levarò in lode di quelli quel canto, a che il mandolino dell’anima, ben grattato, potrà dare bellezza nel ghigno [...]. (CdU, p. 119) In grausiger Einsamkeit wird er ironisch die Weisen und Tugendhaften besingen, von denen er sich dabei eigentlich abgrenzt, und seine persönliche Darstellung der Realität umsetzen, hier sehr pointiert gefasst mit dem geläufige Lyrik-Metaphern effektvoll verschiebenden Bild der Seelen-Mandoline, auf der so gut geschrammelt wird, dass sie eine Art fratzenhafte Schönheit hervorbringt. In dem Moment, in dem er sich zum Dichter des ‹Guten› und der ‹Tugend› ausruft («Sarò il poeta del bene e della virtù e il famiglio dell’ideale»), sind die beiden Begriffe schon so unscharf geworden, dass sich nichts Positives mehr mit ihnen verbindet. Der Zusatz «ma farò sentirvi grugnire il porco nel braco» (CdU, p. 119) wäre nicht mehr nötig, um die grotesken, de-formierenden Züge hervorzuheben, die sein Schreiben entsprechend annimmt und mit denen er sich einerseits den geltenden ästhetischen Vorgaben entzieht (ihnen wird «il verso e il canto» gemacht; CdU, p. 121), die aber andererseits auch viel geeigneter sind, der unaufhaltsamen Bewegtheit des Lebens selbst mit seinen Spannungen und Widersprüchen Rechnung zu tragen. Nicht in allen Texten greift die Gaddasche Deformation so unmittelbar in die Wortbedeutungen ein wie in diesem programmatischen kleinen Traktat, gemeinsamer Nenner seiner verschiedenen Deformationsmechanismen ist jedoch ihr mobilisierendes Potenzial. Über dieses verfügen seine Texte auf unterschiedlichen Ebenen, von denen bei «Tendo al mio fine» eine außerhalb des Haupttextes zu verorten ist, wo sich ein gewisser Dott. Feo Averrois 6 , Alter Ego des Autors, als Kommentator vergnügt - er bezeichnet seinen Apparat gar als «traduzione» (CdU, p. 115). Durch seine Anmerkungen unterlegt er den Essay (und die in der Sammlung folgenden Texte) mit einer Art kritischem Gegengesang, der sprachliche oder etymologische Erläuterungen gibt, aber etwa auch ideologische und moralische Wertungen des Autors vornimmt. Zu diesem Zweck erstellt er ein kleines Glossar mit Abkürzungen wie «mor. satiresco in direzione moralistica»; «deform. fant. deforme per fantasia; deformazione fantastica»; «amb. ambiguo, cioè suscettivo di doppia interpretazione» oder sogar, in parodistisch religiöser Wendung, «trign. trignostico, cioè suscettivo di tri- 6 Dessen Name ihn als einen - allerdings üblen, schlechten; spanisch feo - Nachfahren von Averroës, dem Kommentator per Antonomasie, ausweist. Gleichzeitig ist der Name zusammengezogen aus Incipit und Explicit des Dante-Verses «Averoìs che ’l gran comento feo» (Inf . IV, 144); darauf verweist Kleinhans 2005, pp. 51-52. 98 <?page no="99"?> Statik und Dynamik in Carlo Emilio Gaddas Adalgisa na» (CdU, pp. 117-118), wodurch der eigentliche Text wiederum in Bewegung gerät, von außen relativiert und ironisiert wird. Eine ähnliche Konstellation findet sich auch in der Sammlung L’Adalgisa, aus der im Folgenden einige Passagen etwas näher betrachtet werden sollen. Dort verdanken sich die Anmerkungen zwar keinem expliziten ‹Übersetzer›-Kommentator 7 , dafür nehmen sie im Umfang noch einmal deutlich zu. Als Überleitung zwischen beiden Texten kann die Fußnote dienen, die Averrois bei der ersten Okkurrenz von «legge» in «Tendo al mio fine» anfügt: «Legge: in senso lato, agnatizio e tribuico = sistema delle inibizioni che costituiscono eredità normativa della tribù. Nel caso del Ns. la tribù è il ceto mercativo politecnico di Milano e dintorni» (CdU, p. 122). 2 L’Adalgisa: das ‹alte Mailand› im «ciclone del Novecento» 8 Genau diese Schicht, die tribù des Mailänder Bürgertums oder des niederen Adels, steht im Mittelpunkt der Disegni milanesi der Adalgisa. Die zehn Skizzen, die weniger über die Handlung als über wiederkehrende Figuren und eben über das gemeinsame Milieu miteinander verbunden sind, wurden als Sammlung erstmals 1944 veröffentlicht; viele stammen jedoch aus den Dreißigerjahren und sind im Kontext eines anderen Romanprojekts mit dem Titel Un fulmine sul 220 entstanden. 9 Schon dort dreht sich alles um den Mailänder «ceto mercativo politecni- 7 Ezio Raimondi spricht für die Adalgisa von einer «voce ventriloqua del narratore»; Raimondi 1995, p. 102. 8 Gadda 2000, p. 205. 9 Als Sammlung wurde L’Adalgisa erstmals im Januar 1944 bei Le Monnier veröffentlicht; «Un ‹concerto› di centoventi professori» (die Erzählung, die in der weiteren Analyse im Zentrum steht) zum ersten Mal in Letteratura 23, VI (1942), pp. 48-66 (Titel: «Un ‹Concerto di centoventi professori› - Disegno su due fogli arancio pallido»); ursprünglich entstanden ist der Text in der zweiten Fassung des 3. Kapitels von Un fulmine sul 220 (mit dem Titel «Un’orchestra di 120 professori») zwischen 1933 und 1935, also kurz nach dem Essay «Tendo al mio fine». Die Garzanti-Ausgabe (Gadda 2007c, aus der im Folgenden mit der Sigle A direkt im Text zitiert wird) basiert auf der Einaudi-Version von 1955, wobei einige wenige offensichtliche Fehler korrigiert wurden (cf. Lucchini 2007, p. 848; L’Adalgisa. Disegni milanesi erstreckt sich im Band von pp. 283-564). Die meisten Erzählungen gehen auf das gescheiterte Romanprojekt Un fulmine sul 220 (1931-1936) zurück. Die zehn Disegni in ihrer Reihenfolge in der Sammlung: «Notte di luna», «Quando il Girolamo ha smesso. . . .», «Claudio disimpara a vivere», «Quattro figlie ebbe e ciascuna regina», «Strane dicerie contristano i Bertoloni», «I ritagli del tempo», «Navi approda- 99 <?page no="100"?> Katharina List co», von Gadda als technik-, maschinen- und geschwindigkeitsaffin gezeichnet. Zu seinen Glaubenssätzen gehört eben der an die überragende Bedeutung des Polytechnikums - «Nei loro cuori è la fede: una certezza, una sicurezza salda: nessun lezzo di critica maldigesta contaminerà l’affermazione perenne: ‹Io sono il tuo Politecnico e tu non avrai altro Politecnico avanti di me›» -, weswegen der Weg der männlichen Familienmitglieder der Cavigioli vorgezeichnet ist: «le leve maschili de’ Cavigioli devono accudire alle macchine elettriche, solo compito che sia degno della maschilità cavigiola. [. . . ] Viva le macchine! Viva il ritmo! Il ritmo che pulsa» 10 . In der Adalgisa werden aus den Cavigioli die Caviggioni, zu denen etwa der nobile Gian Carlo gehört, ein wenig aus der Art geschlagen, da Schokoladenfabrikant, aber doch immerhin «ingegnere tendenziale, ingegnere onorario» (A, p. 409), und sein Neffe Valerio, dieser tatsächlich Ingenieur, den Abschluss vom Polytechnikum frisch in der Tasche. Diesem Teil der Sippe begegnet man in mehreren Erzählungen, und Gadda entwirft etwa Valerio als willensstark, energisch, «pieno di modernità e di raziocinio» (A, p. 470), als effizient, sogar was sein blitzartiges Mittagessen, seine «colazione fulminea» (A, p. 416) angeht. Für andere Vielbeschäftigte liest der Priester eigens eine extraschnelle Messe (cf. A, p. 466); um ihrer etwas zu klassisch geratenen Bildung einen modernen Anstrich zu verpassen, wird die knappe Freizeit aufs Fremdsprachenlernen verwendet, ‹denn das ist heutzutage die Grundlage›, so sind sie überzeugt (cf. A, p. 412). Ein Milieu also, das mit «spirito ‹positivo›» (A, p. 471) dem Fortschritt huldigt, in der «città industre» (A, p. 456), der geschäftigen modernen Großstadt, zu Hause ist und das in seiner Emsigkeit einer Maschine in nichts nachsteht: «Si presume che una cotale societas (bonorum virorum) eguagli in alacrità la più operosa, la più valida macchina» (A, p. 416), kommentiert der Erzähler. Allerdings können die äußere Geschwindigkeit, die technischen Entwicklungen und Neuerungen den inneren unerschütterlichen Überzeugungen und Normvorstellungen 11 nichts anhaben, im Gegenteil: Manchmal dient das Moderne in no al Parapagàl», «Un ‹concerto› di centoventi professori», «Al Parco, in una sera di maggio», «L’Adalgisa». 10 Gadda 2000, p. 207. 11 Zu dieser «eredità normativa della tribù» (CdU, p. 122) gehören etwa die ehernen Vorschriften bezüglich der Auswahl der Dienstmädchen: «I Cavenaghi avevano, si può dire, per legge, tramandata di generazione in generazione lungo le varie intrefolature del clan, avevano per norma assoluta e inderogabile che le persone di servizio [. . . ] dovessero essere delle ragazze ‹fedeli e affezionate› e 100 <?page no="101"?> Statik und Dynamik in Carlo Emilio Gaddas Adalgisa Form von eingehegten, harmlosen Skandalen der eigenen Selbstvergewisserung, ansonsten wird es, wo immer möglich, in den Kanon der Glaubenssätze und der festen Gewohnheiten integriert; der Fortschritt selbst in eine Konstante verwandelt, in die sich die Gesellschaft einspinnt wie in einen Seidenkokon. 12 Und so gelingt es der Mailänder tribù paradoxerweise, zugleich fortschrittsgläubig und jeglicher Veränderung abhold zu sein; 13 Gadda ironisiert beides in seiner ‹bewegten›, deformierenden Schreibweise. Zeigen lässt sich dies am Beispiel einer der Skizzen der Adalgisa, «Un ‹concerto› di centoventi professori». Schauplatz ist natürlich Mailand, am Samstag, dem 27., und am Sonntag, dem 28. April 1931; wir befinden uns wieder im Hause Caviggioni. Erzählt werden zunächst die Umstände des Unfalls des jungen, vom Schokoladenfabrikanten Caviggioni ersatzweise eingestellten Bruno mit dem motorisierten Lastendreirad bei der Nougat-Pralinen-Lieferung; er kommt zur Beichte zu Gian Carlo und seiner viel jüngeren Ehefrau Elsa. Von Interesse ist hier allerdings vor allem der zweite Teil der Erzählung, der das allwöchentliche Sonntagskonzert behandelt, zu dem Elsa aufgrund der Unpässlichkeit ihres Mannes ausnahmsweise von ihrem nur zwei Jahre jüngeren Neffen, dem bereits erwähnten Neu-Ingenieur Valerio, begleitet wird. Bereits bei der Darstellung des Wegs zum Konzert kommt das zum Tragen, was Federico Bertoni als das ‹Dynamische› an den Gaddaschen Beschreibungen ‹delle nostre parti›. Guai a chi proponesse loro di andar a pescar le domestiche in partibus infidelium» (A, p. 318). Das Zitat stammt aus der Erzählung «Quando il Girolamo ha smesso. . . .», in der die Caviggioni / Cavigioli (wohl unabsichtlich) unter Cavenaghi firmieren. 12 Gewohnheit ist die oberste Tugend: «l’abitudine, la cara abitudine, ‹le mie care abitudini›, erano il bozzolo prediletto dove s’imbozzolavano tutti della famiglia» (A, p. 520). 13 Angesichts des unaufhaltsamen Wandels der Stadt gibt es durchaus Momente reiner Nostalgie, vor denen auch der Erzähler nicht ganz gefeit zu sein scheint: «È la Milano che dispare: e quale la lasceremo non era, e qual’era neppur più la ricordo: la forme d’une ville - change plus vite, hélas! que le cœur d’un mortel»(A, p. 326). Cf. zur Gleichzeitigkeit von Nostalgie und Spott bei der in der Adalgisa zwischen hetero- und homodiegetisch schwankenden Erzählinstanz die Bemerkungen von Cristina Savettieri: «the narrative discourse is rooted in both laughter and melancholy and in the powerful ambivalence their dynamic coexistence engenders. [. . . ] It is not necessary to establish whether the past is in the end a comfort zone to be regretted or an archive of ridiculous things to be derided: the past as well as the self remembering it are actually the object of both regret and derision»(Savettieri 2015, p. 422). Allerdings geht der Erzähler fast immer ironisch auf Distanz zu nostalgischen Anwandlungen der Figuren und zu ihrem illusionären Wunsch nach Stillstand; cf. dazu Biasin 1997, p. 98. So werden die unverhältnismäßigen Reaktionen des Bürgertums auf kleinere Veränderungen ins Lächerliche gezogen; man vergleiche etwa die Erzählung «Quando il Girolamo ha smesso. . . .», in der eine Mailänder Bankenkrise Katalysator für eine ganze Reihe mehr oder minder gewaltiger Katastrophen ist und als deren Konsequenz den bürgerlichen Familien u.a. die Parkettreiniger abhandenkommen; cf. dazu Georges Günterts Analyse 2013, pp. 75-76. 101 <?page no="102"?> Katharina List bezeichnet: 14 Die Schilderung wird parallel geschaltet mit der des sonntäglichen Zeitvertreibs der niedrigeren Schichten, die vor den Bars über ein Fahrradrennen diskutieren, welches die knarzenden Grammophone zugleich lautstark übertragen. Dabei färbt die Live-Berichterstattung des Rennens auf die Beschreibung des Wettlaufs der guten Mailänder Gesellschaft um die besten Plätze im Konzertsaal ab; auch die Sprints, Überholmanöver, Abhängversuche und Hinterhalte der verschiedenen Familien werden durch typische Reporter-Formeln eingeleitet: «erano ormai», «già superavano», «Ecco ecco ecco». . . (A, p. 454), bis sich die gesamte «società musogònica» (A, p. 452) wie ein Wasserstrom in die Via del Conservatorio ergießt: Come acqua precipite in una gora, piedi e piedi, scarpe e scarpe vi si buttavano dal Corso Monforte [. . . ]. Le lunghe e nere scarpe degli ingegneri milanesi, tanto dei civili che degli industriali ed elettrotecnici, inseguivano come fumosi cacciatorpediniere il ticchettìo secco e preciso delle scarpette femminili: siluranti leggere ma non perciò men temibili, che di già insidiavano e bentosto avrebbero minacciato di torpedinare senza misericordia i posti più vantaggiosi, più favorevoli per «l’aküstica» [. . . ]. (A, p. 453) Neben den Doppelungen («piedi e piedi, scarpe e scarpe») und der ironischen Präzision (Schuhe sowohl der Bau-, als auch der Industriesowie der Elektrotechnik- Ingenieure), durch die sich das Gedränge der eiligen Konzertbesucher auch auf der Textoberfläche spiegelt, wird die Beschreibung hier durch die an eine Filmsequenz erinnernde Perspektivführung mit Zoom auf die Füße lebendig. 15 Zugleich situieren die Vergleiche und Metaphern den Konkurrenzkampf zwischen einem Räuber-und-Gendarm-Spiel und taktischer Kriegsführung, als eine Art survival of 14 Cf. Bertoni 2001, p. 165; Bertoni bezieht sich auf die unendlichen Verkettungen in den Gaddaschen Beschreibungen, bei denen ein Objekt zu vielen weiteren führt, die Feststellung lässt sich aber allgemein auf Gaddas Beschreibungen ausweiten: «la descrizione gaddiana ha qualcosa di dinamico, di sottilmente rivoluzionario. La concezione dell’oggetto, del dato, del referente, del supporto reale come aggregato o convergenza di rapporti, come manifestazione provvisoria e contingente di un sistema reticolare e polidimensionale, esteso all’infinito, non può fare altro che imprimere al processo descrittivo (che dovrebbe in qualche modo ‹fissare›, ‹far vedere› quelle vibranti e poliedriche manifestazioni del possibile) un impulso centrifugo, una spinta espansiva e divagante, capace di riassorbire drammaticamente il carico di inerzia e di staticità implicito in qualunque rappresentazione oggettuale» (cf. auch ibid., pp. 158-159). 15 Darauf wurde in der Kritik mehrfach hingewiesen: cf. die Beschreibung der Passage als «un episodio di taglio cinematografico e di gusto surrealistico» bei Guarnieri Corazzol 2000, p. 375. Die Parallele zum Kino zieht auch Tuliozi 2020, pp. 247-248. 102 <?page no="103"?> Statik und Dynamik in Carlo Emilio Gaddas Adalgisa the fittest, bei dem Haltung keine Rolle spielt, was die animalische, aggressive Seite der Bourgeoisie entlarvt. 16 Generell wimmelt der Text von oft überraschenden, aber umso plastischeren Vergleichen und Metaphern aus sehr unterschiedlichen Bildbereichen in oft erstaunlichen Zusammenstellungen (es ergibt sich so etwas wie eine «bellezza nel ghigno», CdU, p. 119), wobei Isotopien nach einer ersten Verwendung häufig untergründig mitlaufen, um zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzutauchen, weitergesponnen zu werden oder neue Bildbereiche zu erschließen. So führt etwa der eben zitierte Vergleich der Menschenmasse mit dem Wasser, das in einen Mühlbach stürzt («Come acqua precipite in una gora», A, p. 453) und der Schuhe mit «cacciatorpediniere» und «siluranti», mit Kriegsschiffen und Torpedobooten, etwas weiter dazu, dass die Säulen vor dem Eingang des Konzerthauses Giuseppe Verdi als «rompiflutto» (A, p. 454), als Flutbrecher, bezeichnet werden, woran sich der Vergleich des «Giuseppe» - nun metonymisch für das Konzerthaus gebraucht - mit dem Wal, der Jona in 2000-maliger Vervielfältigung verschluckt, anschließt (cf. A, p. 454); der metonymische Anthropomorphismus wird unmittelbar von einem Zoomorphismus ‹überschrieben›. Die Analogie ‹Giuseppe› / ‹menschenfressendes Tier› bleibt im nächsten Abschnitt erhalten, wo der publikumsverschlingende Giuseppe Verdi nun einem «lupatto famelico che deglutisca una galàssia di costolette crude»(A, p. 455) 17 gleicht. Damit ist der Bereich der Gastronomie eingeführt, so dass das Publikum mit seinem Auf und Ab im Saal wenig später zu einem sprudelnd kochenden Minestrone voll Sellerie und Karotten wird (cf. A, p. 547), während sich Dekor und Ausstattung des Theaters mit Ricotta-Stuck und Crème- Caramel-Vergoldungen eher im Bereich der Süßspeisen bewegen. Diese für Gadda typische überbordende Bildlichkeit 18 , die nicht unwesentlich für die Lebendigkeit seines Schreibens verantwortlich ist, ließe sich in weiteren Episoden der Erzählung 16 Georges Güntert fasst die Beschreibung von Konzertbesuch und Radrennen treffend als eine doppelte Thematisierung des «struggle for life», Güntert 2013, p. 85. Erhebliche Eroberungswut fördert auch ein anderes bürgerliches Ritual zutage: die in «I ritagli del tempo» erzählte allsamstägliche Bücherausleihe im Circolo Filologico, bei der der Bibliothekar sich gegen die «assalti e l’impeto degli aggressivi Caviggioni» wehren und zugleich der Buchbestellungen der «Perego, dei Biraghi, dei Maldifassi, dei Corbetta, dei Rusconi, dei Bernasconi, dei Trabattoni, dei Repossi, dei Comolli, dei Lattuada, del Gaddus» Herr werden muss (A, p. 413). Hier wird in ähnlicher Weise wie beim Konzertbesuch Konfusion durch Akkumulation erzeugt. 17 Für dieses Bild spricht der Erzähler in der Anmerkung selbst von einem «effetto cinematogràfico» (A, p. 475). 18 Es sei noch einmal auf die Monographie von Kleinhans 2005 verwiesen, die diesen zentralen Aspekt des Gaddaschen Schreibens ausführlich in seinen verschiedenen Implikationen untersucht. 103 <?page no="104"?> Katharina List untersuchen, etwa in der Beschreibung des Orchesterstimmens oder des Konzerts selbst, auf dessen Programm zeitgenössische Komponisten stehen, für deren ‹Kakophonien› er die unterschiedlichsten Paraphrasen verwendet - hier fände Averrois zahlreiche Beispiele für das Etikett «grottesco gaddiano» (CdU, p. 145), das er in seinen Anmerkungen gerne gebraucht. 19 Damit gehört das Konzert außerdem zu den kleinen Skandälchen («‹Oportet ut eveniant scandala›», A, p. 456, nach Matthäus 18,7), mithilfe derer das Publikum sich des eigenen unfehlbaren wie unverrückbaren Geschmacks versichern kann. Es ist allerdings die Aufzählung der Konzertbesucher selbst, der verschiedenen Familienzweige, der anwesenden wie auch der abwesenden Personen, die das Kernstück dieses Teils der Erzählung bildet und dank der ein Gesamtbild der Mailänder guten Gesellschaft entsteht, in dem sich erneut Statik und Dynamik mischen (hier nun auch wieder auf inhaltlicher Ebene). Zunächst geschieht dies hauptsächlich in der Fokalisierung der jungen, schönen Elsa, die die neidischen, neugierigen, prüfenden Blicke aller auf sich gerichtet fühlt: La tribù [. . . ] era al completo: e già lasciavano convergere su di lei i benefici e caldi raggi d’una cordiale attenzione [. . . ]. Riuscì perfino a poterla avvistare, se pure dentro un mare di nebbie, la cataratta eroica di alcune dame dalla pelle di geco [. . . ]: ed ella, Elsa Delmonte maritata Caviggioni, le supponeva integralmente defunte! No, sciagurata donna! , no: le Berluschi, le Vigogna, non sono defunte. Perdurano. Persistono [. . . ]. (A, p. 458) Diese alten Damen mit der geckogleichen Haut sind von beinahe übernatürlicher Dauer, oder - so vermutet der Erzähler - der Monumentalfriedhof hat aus Anlass des Konzerts seine «granitici avelli» (A, p. 458) wieder geöffnet und eine Art vorgezogene Auferstehung ermöglicht. Auf jeden Fall ist das Leben der Sippe jedoch in einen Kreislauf eingebunden, der das Althergebrachte mit dem Neuen vereint und zugleich den ewigen Fortbestand dieser Gesellschaft sicherstellt: «I clan dell’antica gente rivivevano confederati in un Foro, elettrificati nella società nuova e perenne» (A, p. 460). Gadda stellt den immer gleichen normierten Lebens-Lauf der 19 Adriana Guarnieri Corazzol versucht, die Identität der von Gadda genannten Komponisten aufzulösen, die abgesehen vom tatsächlich existierenden Franco Alfano wohl auf der Verfremdung der Namen zeitgenössischer Komponisten beruhen; so vermutet sie hinter Foroposo Villa-Lobos, Merletti ist wohl Pizzetti, Cavalloni evtl. Leoncavalli; Lioncello de’ Guenci dagegen lässt sich nicht identifizieren (cf. Guarnieri Corazzol 2000, p. 379). Cf. zu Gaddas Darstellung des Konzerts außerdem Gioanola 2004, pp. 106-107. 104 <?page no="105"?> Statik und Dynamik in Carlo Emilio Gaddas Adalgisa Sippenmitglieder im Zeitraffer, aber nichtsdestoweniger mit auch hier ironischakribischer Genauigkeit dar, wobei er die kleinen Exkurse zu verschiedenen ‹Lebensstadien› immer wieder in der sonntäglichen Konzertsituation verankert. Die rasanten Aufzählungen wirken zugleich klaustrophob und uniformierend; angefangen mit der Geburt - wie in einer überaus produktiven Fabrik werden im Dreischichtbetrieb unaufhörlich neue Carli, Giancarli, Sergi, Teresine, Marise, Giuseppi usw. für die Sippe produziert (cf. A, p. 461) -, wobei der im Publikum anwesende «zio ginecologo» als «taumaturgo della moltiplicazione» (A, p. 465) fungiert, über die lebendige, kraftstrotzende Jugend, die den existierenden Strukturen bereits einverleibt ist und das Konzert ebenfalls besucht: in Form von u.a. acht Skifahrern und neun Skifahrerinnen sowie weiteren medaillengeschmückten Sportlern, acht ‹rationalen› Architekten, 33 Elektrotechnikingenieuren und 55 Elektrotechnik- und Ingenieurstudenten - «una falange che avrebbe potuto elettrificare il mondo» (A, p. 462) -, 80 «signorine», die zur Hälfte ein Diplom des Italienischen Roten Kreuzes, zur Hälfte eines der Hauswirtschaftsschule in der Via Quadronno besitzen. Logischer nächster Schritt ist die Hochzeit, die «santità inderogabile del matrimonio», ein «istituto o forma giuridica antecedente susseguente ed eterna» (A, p. 459), wie der zio Gnecchi, Professor für Privatrecht, ebenfalls im Theater, präzisiert. Hier konfrontiert Gadda die unbesorgt und selbstgewiss sich Vermählenden in einem knappen Satz und einer Anmerkung mit der «castità lacerata» der 19- oder 20-jährig im Krieg Gefallenen, wobei der Ton kurzzeitig vom Humoristischen ins Düster-Tragische umschlägt (cf. A, p. 463 und Anmerkung A, p. 478). Anwesend sind weiterhin Mütter, Schwiegermütter, Witwen; nicht anwesend, aber noch sehr lebendig - das Asyndeton «c’erano, esistevano, perduravano» unterstreicht wie oben die außergewöhnliche Langlebigkeit - sind 19 Urgroßmütter, Versteinerungen ihrer selbst, «dolomiti d’Ampezzo» (A, p. 463), doch nach wie vor tyrannische Befehlserteilerinnen. Die Aufzählung schließt mit einer ganzen Reihe von männlichen Konzertbesuchern in sich steigernder Bedeutung, von verschiedenen Onkeln über den Familien-Zahnarzt, Ingenieur, Anwalt bis hin zu einem Commendatore und einem Grande Ufficiale, die nur ‹Familie und Arbeit› kennen, dabei aber eigentlich fieberhaft auf ihren eigenen Tod hinarbeiten, freilich ohne sich dessen bewusst zu sein: Lavoratori indefessi, consiglieri, sindaci, amministratori, presidenti, negli anonimali consessi, non concedevano un minuto allo svago, non dirò all’ozio. La loro vita era esclusivamente dedita alla famiglia e al lavoro: (indefesso). Con 105 <?page no="106"?> Katharina List «applicazione» d’ogni giorno, d’ogni ora, d’ogni minuto - così dicono i virtuosi del crescendo - preparavano ognuno a se medesimo il suo funerale [. . . ]. (A, p. 466) Nicht nur der letztlich sinnlose Arbeitseifer wird hier ironisiert, sondern ebenso die Art und Weise, wie diese unermüdliche Eifrigkeit üblicherweise in Worte gefasst wird, nämlich mittels vorgefertigter, statischer Wendungen: «lavoratori indefessi», una «vita dedita alla famiglia e al lavoro: (indefesso)», die «applicazione» - solche verfestigten, unbeweglichen Formeln verweisen auf die mentale Unbeweglichkeit derjenigen, die sie verwenden. Die erstarrten, fossilisierten Sprechwerden bei ihnen zu Verhaltensmustern und immobilisieren schlussendlich den ganzen Menschen, wie Gadda es unter anderem in einem Essay von 1936 formuliert: «la persona umana ‹si fissa› in un caramello di modi di dire, che divengono modi di essere, o addirittura l’essere». 20 Sprache fungiert - bewusst oder unbewusst - als Mittel der Kontrolle und zur Affirmation und Aufrechterhaltung von oftmals eigentlich erodierenden Normen (der ‹legge› aus Tendo al mio fine); auch Gaddas gegen die «[l]ocuzione standard» (A, p. 376) 21 gerichtete Sprachkritik ist damit zugleich Gesellschaftskritik. Solche standardisierten, quasi automatisierten Wendungen, die eine Art unreflektiertes Grundrauschen der Gesellschaft darstellen, streut er in der Adalgisa als explizite, jedoch nicht personen-, sondern milieuspezifische Zitate ein, so dass sie in ihrer Formelhaftigkeit aus- und in ihrer Bedeutung infrage gestellt werden. Diese wortwörtlichen, teils sogar durch Anführungszeichen markierten ‹Übernahmen› haben also - auch wenn es sich um Dialektausdrücke handelt - viel mehr als nur mimetische Funktion 22 , wobei sich für den Text selbst 20 Gadda 2008b, p. 451. 21 Cf. für weitere, ähnlich geartete ‹Standards›, die in den Anmerkungen ironisch als solche entlarvt werden, z.B. A, p. 404, p. 405, p. 413. 22 Der Erzähler-Kommentator selbst zieht sich zwar mehrfach auf die Rolle eines Figurenrede und -gedanken Transkribierenden zurück, in dessen Texten «i modi mentali e i modi idiomatici propri de’ personaggi» erscheinen: «L’orditura sintattica, le clausole prosodiche, l’impasto lessicale della discorsa, in più che un passaggio, devono perciò ritenersi funzioni mimetiche del clima, dell’aura di via Pasquirolo o del Pontaccio: che dico, dell’impetus e dello zefiro parlativo i quali dall’ambiente promanano, o prorompono» (A, p. 374). Ein von ihm direkt wiedergegebenes Figuren-Zitat bezeichnet er als «trasferito di peso» (A, p. 376), und auch anderswo distanziert er sich ironisch von der Figurensprache (cf. A, p. 419); schon diese erläuternden Formulierungen machen jedoch deutlich, dass zur Mimesis mindestens die Satire hinzukommt bzw. die Funktion dieser Art der Mimesis in den meisten Fällen eine satirische ist. Cf. auch über die ironische Ausstellung formelhafter Sprechweisen hinaus allgemein zur Frage des Dialektgebrauchs, zum «uso non preminentemente mimetico del vernacolo»(p. 90) und zur «dissociazione linguistica e stilistica» (p. 91) in der Adalgisa Lucchini 106 <?page no="107"?> Statik und Dynamik in Carlo Emilio Gaddas Adalgisa wiederum durch die häufigen abrupten Registerwechsel und den (auch über diese Art von Zitaten hinausgehenden) Gadda-typischen Plurilinguismus ein Effekt der Verlebendigung ergibt. 23 Im ‹concerto› di centoventi professori nutzt er derartige Sprachversatzstücke in besonders eklatanter Weise in Zusammenhang mit dem ‹Ende›, auf das alle hinarbeiten, hier am Beispiel des «Grand’Ufficiale Dottor Ingegner Maurizio Rinaldoni Senatore del Regno»: Sein Ableben wird in einem «unìsono nerolistato» von spaltenweise Todesanzeigen im Corriere della Sera bekanntgegeben, «come fosse un’ameba, si sdoppierà e moltiplicherà in una serie infinita di Maurizio Rinaldoni, Maurizio Rinaldoni, Maurizio Rinaldoni, Maurizio Rinaldoni, Maurizio Rinaldoni, da rimanerci inebetito il lattaio» (A, p. 466). Aber nicht nur der Name erscheint identisch auf den Anzeigen, sondern auch die Trauerworte werden zu einem sich in der invariablen Wiederholung selbst parodierenden Trauerjargon: Tutto dedito alla famiglia e al lavoro, il Grand’Ufficiale Dottor Ingegnere Maurizio Rinaldoni, Presidente di qui e Amministratore Delegato di là: e più sotto «alla famiglia e al lavoro» e ancora più sotto «famiglia e lavoro»: e dopo tre dita di nuovo «famiglia e lavoro», «famiglia e lavoro», «famiglia e lavoro», «famiglia e lavoro». Impossibile sperare nella variante «lavoro e famiglia», data la gerarchia degli affetti. (A, p. 467) Die vollkommen vereinheitlichte Aufzählung spiegelt auch hier die ebenso fixe, standardisierte ‹Moral› der Bourgeoisie mit ihren hierarchisierten Normen wider, in der Individualität nicht vorgesehen ist. 1998, pp. 89-91, wobei er allerdings keine deutlich satirische Funktion erkennt; cf. ibid., p. 93. Auch «la mimesi della media borghesia della capitale lombarda è sostanzialmente affabulatoria, [. . . ] l’io narrante prevarica dalla rappresentazione realistica del dialogo attraverso un uso del lessico il quale, nel suo ampio spettro (arcaismi, toscanismi, latinismi, ecc.), oltrepassa di continuo il referto ‹obiettivo› di una data couche sociale» (ibid., p. 104). 23 Was Ezio Raimondi für eine andere Erzählung der Adalgisa mit dem Titel Al parco, una sera di maggio festhält, lässt sich ohne Weiteres auf den ganzen Band und sogar Gaddas Schreiben im Allgemeinen übertragen; Raimondi spricht von einem «dinamismo simultaneo della tecnica rappresentativa (alimentata dal passaggio continuo attraverso tutti i registri linguistici, da quello alto a quello più quotidiano e volgare)» (Raimondi 1995, p. 104). Lucchini erkennt ein «abbassamento radicale, o meglio un uso sistematico della voce culta in un contesto frastico corrivo dal punto di vista lessicale quando non decisamente ‹umile› e in una situazione narrativa ironica o comica»; außerdem eine «stridente giustapposizione di registri stilistici tanto distanti» (Lucchini 1998, p. 99). Auch Paola Italia widmet sich den Gaddaschen Aulizismen in der Adalgisa und identifiziert sie als die «cifra più appariscente della deformazione gaddiana in chiave ironico-grottesca» (Italia 1996, p. 13). 107 <?page no="108"?> Katharina List Fluchtpunkt für alle ist der Friedhof - Gadda zitiert Horaz, «Omnes eodem cogimur» (A, p. 467) 24 -, und nicht nur die Menschen bereiten aktiv ihre eigene Beerdigung vor, sondern unzählige Faktoren scheinen in ihrem Zusammenspiel darauf hinzuwirken, dass der Tod zu einem bestimmten Zeitpunkt stattfinden kann, wie die doppelte Finalkonstruktion im folgenden Zitat nahelegt: Così - perché Lui [i.e. Rinaldoni] possa arrivare al Cimitero Monumentale alle ore 16 precise di giovedì 27, dopo una cantatona di quelle, dopo la silente galoppata di Libitina - [. . . ] per arrivare a questo bel risultato, i fusi dei rings e dei self-actings avranno piroettato in trilioni di giri, a filar miliardi di chilometri di filo: cardato le carde milioni di balle di Oklaòma e di Makò, i telai tessuto e tessuto infinita tela agli umani: tela di guendali e camicie, di innocenti fasce e di insanguinate bende, di tovaglie avvinate e di demografiche lenzuola. E il tempo! [. . . ] Il tempo imperterrito degli alternatori e dei regolatori di giri, il tempo ingranato degli orologi di fabbrica e dei contatori di chilowattora, il tempo infranto e assordato dei telai e delle magliatrici, il tempo indaffarato e cuci-camicie ci avrà guidati a indossare la camicia della morte. (A, pp. 467-468) Im Futurum exaktum werden verschiedene Ebenen übereinandergeschichtet; mechanisch-technisch mit der Produktion von Fäden durch die entsprechenden Maschinen, über Baumwollsorten, die gekämmt, bis hin zu Stoffen, die gewoben werden; dann konkret in der metonymischen Aufzählung von für ein Leben bedeutsamen Stoffen oder Kleidungsstücken, die jeweils sehr unterschiedliche Assoziationen provozieren (Schürzen und Hemden, Windeln und blutige Verbände, Tischdecken mit Weinflecken und demographische Bettlaken), wobei die topischen, den Lebensfaden spinnenden und durchtrennenden Parzen natürlich im Hintergrund stehen. Dieses Kondensat einer ganzen menschlichen Existenz in einem Halbsatz mündet in einer Meditation über die unerbittlich und ebenfalls mechanisch fortschreitende Zeit, die sich schließlich selbst als Hemdennäherin betätigt und am Ende alle unweigerlich in Richtung Totenhemd geleitet haben wird. Mit dem Totenhemd geht es dann zum Friedhof und mittlerweile, genauer: seit 1925, wie eine Fußnote präzisiert, erreicht man diesen Ort in Galoppgeschwindigkeit, denn auch Libitina, die römische Todesgöttin - der Leichenwagen -, ist inzwischen motorisiert und gleitet nach der ‹cantatona› der Trauermesse wie ein 24 Das Horaz-Zitat stammt aus Carmina II,3: «Alle werden zum selben Ort wir gezwungen» (v. 25). Horatius Flaccus 1992, p. 87. 108 <?page no="109"?> Statik und Dynamik in Carlo Emilio Gaddas Adalgisa schneller Schatten über den Asphalt zum Monumentalfriedhof. Libitina steht damit als Statik und Dynamik vereinendes Emblem für einen Fortschritt, für eine Effizienz, deren einziger Nutzen darin besteht, den endgültigen Stillstand schneller zu erreichen. Allerdings: Gaddas an ihrem Ende angelangte Mailänder unterscheiden sich in ihrem irreversiblen Stillstand nur graduell vom Zustand der lebenden (und nicht nur der granitisierten alten Damen), all ihrem Aktionismus zum Trotz. 3 Zurück zum Anfang: Tendo. . . al mio fine Und damit kann abschließend noch einmal der Bogen geschlagen werden zum eingangs betrachteten poetologischen Essay, in dem das Thema des Todes ebenfalls omnipräsent ist: Hier ist es das Ich, welches vom Titel an auf sein Ende zu drängt. 25 So bewegt sich das ‹tendierende› Ich nicht nur auf sein Ziel, sondern zugleich auf seinen Tod und den Friedhof zu, den letzten Schauplatz des Essays, 26 auf dem Gras über sein Grab wachsen wird: «Crescerà ne’ vecchi muri l’urtica: e l’erba di sopra la lassitudine mia. E l’erba, che sarà cresciuta, la mangerà il cavallo, che campato sarà» (CdU, p. 122). Ein letztes Mal kommt Averrois zum Einsatz und fügt bei «erba» eine Erläuterung hinzu: «L’erba, ecc.: deform. fant. ed arb. di un detto pop.; qui il cavallo è la saluberrima stupidità, superstite e pascolante sopra la vana fatica del pensiero» (CdU, p. 123). Das Sprichwort, auf das Gadda Bezug nimmt, «Campa cavallo, che l’erba cresce», ist eine Durchhalteformel, eine Aufforderung, geduldig auf ein Ereignis oder Ergebnis - das Wachsen des Grases - zu warten, das endlich eintreffen wird. In seiner ‹fantastischen Deformation› des Spruchs, die die Reihenfolge der Elemente durcheinanderwirbelt, ist das Ereignis allerdings schon eingetreten: Wie bei der zum Totenhemd geleitenden Zeit im Futurum exaktum wird nach dem bereits erfolgten Tod Gras über die Grabstelle gewachsen sein und dem Pferd Nahrung bieten, der vor Gesundheit nur so strotzenden Dummheit, die über der «vana fatica del pensiero» weiden - und triumphieren - wird. Das statische Beharrungsvermögen der Dummheit erweist sich als 25 Eine Anmerkung des ‹Übersetzers› Averrois erläutert, dass ‹fine› früher auch in maskuliner Form für den Tod stehen konnte, wie heute ‹la fine› (cf. A, p. 122). 26 So wie auch die Disegni der Adalgisa auf dem Friedhof enden, mit der energischen Protagonistin der letzten Erzählung, die der ganzen Sammlung ihren Namen gibt (cf. A, pp. 550-552). Hier wird die Vergänglichkeit ironischer ‹behandelt›; cf. Savettieri 2015, p. 421. 109 <?page no="110"?> Katharina List resistenter im Vergleich zur vergeblichen Denkmühe, zur «indagine», zur «costruzione eroica» (CdU, p. 119), von denen der Beginn des Essays spricht. Allerdings wird auf der Friedhofsmauer (der letzten Manifestation des «marmoreo muro della legge, della virtù e dell’inutilità veneranda» vom Anfang, CdU, p. 119) ein leichtes Zeichen lesbar bleiben, mit Blut geschrieben, wie Gadda etwas pathetisch formuliert: «E in sul muro, che chiude il Campo, si leggerà, mal vedibile, un segno: un segno inscritto col sangue» (CdU, p. 122). 27 Dieses Zeichen, kaum sichtbar zwar, aber vorhanden, stellt sich der Statik des Gesetzes, der Tugend, der ehrwürdigen Sinnlosigkeit entgegen und fordert also die Leser heraus, es zu entziffern, sich davon - von den Texten Gaddas - in Bewegung versetzen zu lassen. Bibliographie Quellen Gadda, Carlo Emilio (2000): Un fulmine sul 220, a cura di Dante Isella, Milano. 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Gadda, Carlo Emilio (2008a): «Giornale di guerra e di prigionia», in: id.: Saggi giornali favole e altri scritti II, a cura di Claudio Vela [et al.], Milano, pp. 431- 867. 27 Schon der Beginn des Essays kündigt dieses schriftstellerische Programm zumindest in der ‹Tendenz›, in der Absicht an: «Tendo a dare di questa devoluzione un segno, tenue e forse indecifrato algoritmo in sul marmoreo muro della legge, della virtù e dell’inutilità veneranda» (CdU, p. 119). 110 <?page no="111"?> Statik und Dynamik in Carlo Emilio Gaddas Adalgisa Gadda, Carlo Emilio (2008b): «Meditazione breve circa il dire e il fare» [1936], I viaggi la morte, in: id.: Saggi giornali favole e altri scritti I, a cura di Liliana Orlando / Clelia Martignoni / Dante Isella, Milano, pp. 444-454. Gadda, Carlo Emilio (2008c): «La battaglia dei topi e delle rane» [1959], Scritti dispersi, in: id.: Saggi giornali favole e altri scritti I, a cura di Liliana Orlando / Clelia Martignoni / Dante Isella, Milano, pp. 1162-1175. 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In particolare, si evidenzia come i suoi racconti inscenino una paradossale simultaneità di progresso e immobilità, allo stesso tempo mettendo però in discussione tutto ciò che è statico attraverso varie strategie che coinvolgono la struttura, la lingua e lo stile. 112 <?page no="113"?> Statik und Dynamik in Carlo Emilio Gaddas Adalgisa Biobibliografisches Profil: Katharina List ist akademische Rätin auf Zeit am Lehrstuhl für Romanische Literaturwissenschaft I an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Sie hat zu Carlo Emilio Gadda promoviert (Pensiero, azione, parola. Ethik und Ästhetik bei Carlo Emilio Gadda. Frankfurt a.M.: Klostermann 2017) und v.a. zum italienischen 19. und 20. Jahrhundert publiziert (u.a. zu D’Annunzio, Pintor, Tozzi, Rosselli). Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liegt in der französischen Literatur der Renaissance. Daneben übersetzt sie aus dem Italienischen. 113 <?page no="115"?> Carolina Pini Un fanciullo correva dietro a un treno. La vita - mi gridava - è senza freno.... Il treno come simbolo dei movimenti nella letteratura italiana del Novecento E la locomotiva sembrava fosse un mostro strano che l’uomo dominava con il pensiero e con la mano: ruggendo si lasciava indietro distanze che sembravano infinite, sembrava avesse dentro un potere tremendo, la stessa forza della dinamite. (Francesco Guccini: La locomotiva, 1972) L’idea di Guccini di una locomotiva che «ruggisce», con un potere tremendo e la forza di dinamite ci riporta al Carducci di Inno a Satana e Alla stazione in una mattina d’autunno, due componimenti in cui il treno raffigura un «mostro» di mitologica memoria. A partire da fine Ottocento la locomotiva diventa sempre più personaggio di racconti e poesie nel panorama letterario italiano e non solo. Su questo mezzo pubblico si potrebbe fare un intero convegno, come in effetti è già successo in passato in altre sedi. 1 Mi sia concesso così di toccare solo alcuni luoghi, per fermarmici, e di vederne invece altri velocemente, lasciandoli scorrere dal finestrino, senza soste. La presenza del treno nella letteratura e nella poesia italiana del Novecento è così vasta che pare opportuno arginare questo tema, strutturarlo e sistematizzarlo, suddividendolo secondo alcune categorie per poi soffermarsi ad analizzare solo una di esse. Il viaggio in treno può essere letto sotto il profilo storico-sociale - è 1 A riguardo si rimanda al recente volume: Capecchi / Pistelli (a cura di) 2020. Altro testo interessante sotto questo punto di vista è il saggio di Santurbano 2009. Si veda infine anche il volume di Ceserani 1993, che riserva alcuni capitoli importanti al Novecento italiano. 115 <?page no="116"?> Carolina Pini il caso di Elio Vittorini e Ignazio Silone - oppure come traduzione di eventi traumatici o come trauma tout court, per esempio in Carducci, Pirandello, Gadda e Svevo. Ci sono poi altri significati legati al viaggio in treno, come quelli futuristici di Palazzeschi o quelli di Primo Levi e Caproni, visti dalla prospettiva del congedo. Questo lavoro si concentrerà tuttavia su un altro aspetto: saranno infatti analizzati i casi in cui il movimento riveste il significato di uscita, fuga, avventura e incontro. Un viaggio che ha il suo culmine nel movimento stesso, un viaggio che non ha sempre un arrivo. Un viaggio che in qualche modo celebra il dentro e il fuori, il luogo esteriore e la dimensione introspettiva di personaggi e autori. Il mito del viaggio è sempre stato uno dei temi più celebrati in letteratura, ma anche nei campi artistici e filosofici, fin dall’antichità. Se inizialmente con Ulisse il viaggio ricopre il tema di partenza, transito e ritorno, nella sua canonica struttura triadica, in Dante il viaggio presuppone una nuova partenza che va oltre i limiti. Fino ad arrivare infine a Joyce che, piuttosto che vedere nel viaggio un movimento fisico, vi ravvisa un cambiamento interiore. 2 A partire dall’Ottocento, alla grande tematica del viaggio si aggiunge l’elemento del treno come simbolo della rivoluzione industriale e dell’unificazione politica dell’Italia. Ed è qui che l’immaginazione degli scrittori ha trovato un campo dove poter attribuire al treno diversi significati, da un’accezione positiva a quelle invece più negative, dalle esperienze fisiche a quelle della mente, dei ricordi, della memoria. In questo saggio andrò ad analizzare solo una piccola parte di questi viaggi: quelli che hanno il significato, come anticipato in apertura, di incontro, fuga e scoperta. E lo farò andando a toccare da più vicino - e solo in parte - alcuni autori del Novecento italiano che con le loro opere hanno dato un apporto decisivo alla letteratura e alla lirica. Procederò in crescendo, ovvero partendo in sordina con i primi autori per poi soffermarci di più sull’ultimo autore, Sandro Penna. Come scrive Antonella Tropeano nel suo intervento Amori in corsa: Il treno e l’amore costituiscono un connubio particolare che sicuramente ha sollecitato la fantasia di scrittori e di artisti rapiti dal fascino di ambientazioni così «promiscue», «fugaci», ma, proprio per questo, frontiere verso un’intimità e un’aspirazione del tutto nuove. Il simbolismo legato al treno ha per molti versi attinenza con desiderio e sessualità, termini che la new entry psicoanalisi aveva teorizzato, alcuni decenni 2 Cf. Santurbano 2009. 116 <?page no="117"?> Il treno come simbolo dei movimenti nella letteratura italiana del Novecento dopo la nascita del treno, mettendo in luce un universo fervido ma sotteso: l’inconscio, luogo e motore di emozioni e passioni. 3 Il treno quindi come pretesto per incontri fortuiti, per momenti particolari, più o meno significativi, luogo di immaginazione, pulsioni e amore. Se nell’ambito letterario internazionale non si può fare a meno di pensare in questo senso a Émile Zola e a Tolstoj (Anna Karenina) 4 , in Italia è degno di nota il romanzo primonovecentesco di Fogazzaro, Piccolo mondo moderno, in cui i protagonisti hanno un incontro amoroso proprio all’interno di un vagone del treno. Il treno come luogo intimo, dunque, lontano dagli sguardi indiscreti, luogo staccato dal resto, in cui i due innamorati possono condividere sogni comuni e un tempo comune in una maniera che sarebbe altrimenti impossibile. Nel descrivere l’intimità dei due, Fogazzaro opera un parallelismo tra la corsa del treno e i loro movimenti: I loro sguardi s’incontravano, si univano, correvano insieme. Forse anche nel ritmico fragore che li portava con sé si toccavano i loro segreti pensieri [. . . ]. Nella galleria di Lonato Jeanne gli prese una mano, se ne recò il polso scoperto alle labbra e poi agli occhi umidi. La mano si arrendeva senza resistere né secondare. Usciti dalla galleria, guardavano entrambi in silenzio, per il finestrino, i poggi ridenti, ma un lieve ansare li tradiva. 5 Altro autore che ha ambientato diverse opere all’interno di stazioni e treni è Italo Calvino. Si pensi a Se una notte d’inverno un viaggiatore, in cui l’autore inizia il racconto descrivendo una qualsiasi stazione di provincia: [l]e stazioni si somigliano tutte; poco importa se le luci non riescono a rischiarare più in là del loro alone sbavato, tanto questo è un ambiente che tu conosci a memoria, con l’odore di treno che resta anche dopo che tutti i treni sono partiti, l’odore speciale delle stazioni dopo che è partito l’ultimo treno. Le luci della stazione e le frasi che stai leggendo sembra abbiano il compito di dissolvere più che di indicare le cose affioranti da un velo di buio e di nebbia. Io sono sbarcato in questa stazione stasera per la prima volta in vita mia e già mi sembra di averci passato una vita, entrando e uscendo da questo bar, passando dall’odore della pensilina all’odore di segatura bagnata dei gabinetti, tutto mescolato in un unico odore che è quello dell’attesa, l’odore delle cabine tele- 3 Tropeano 2020, p. 215. Molti spunti per questo saggio sono tratti dal suo ottimo lavoro. 4 Cf. Tropeano 2020, pp. 215-217. 5 Fogazzaro 1912, pp. 337-338. 117 <?page no="118"?> Carolina Pini foniche quando non resta che recuperare gettoni perché il numero chiamato non dà segno di vita. 6 La stazione come luogo fisico, con le sue luci e i suoi odori, ma anche il senso di attesa, di stallo, un tempo senza tempo. A differenza dell’opera di Fogazzaro, qui troviamo un tempo sospeso, imprecisato. Una stazione come punto di contatto con il mondo, in cui non passa alcun treno e in cui il viaggiatore sembra perdersi, e in cui l’autore trasmette questo senso anche al lettore stesso, quasi intrappolato in una sorta di labirinto da cui sarà poi liberato dal narratore stesso. Italo Calvino era un assiduo frequentatore dei treni. Oltre a descriverli più volte nei suoi racconti e romanzi - ricordiamo ad esempio anche il volume Gli amori difficili 7 - ne ritroviamo traccia nel suo epistolario con la scrittrice Elsa de’ Giorgi. La stessa de’ Giorgi pubblica nel 1992 Ho visto partire il tuo treno, in cui descrive il rapporto che aveva con Italo Calvino e trascrive una missiva di lui: Ho visto partire il tuo treno, tu al finestrino, t’ho salutato non visto, dal finestrino di coda del mio treno, bellissima. Poi per tutto il viaggio ho assaporato nel dormiveglia [. . . ]. Il treno che mi sta trascinando su per l’Italia e quello che ti porterà verso il Sud mi paiono un’immagine di feroce violenza come due cavalli frustati in direzioni opposte che dilaniano un unico corpo. 8 Il viaggio in treno funziona come depositario degli incontri dell’autrice e di Calvino, dell’attesa, dei sogni condivisi. Calvino le scrive ancora, riferendosi al treno: Sobbalzando si porta via le mie parole d’amore che diventano come se le gridassi, come se dovessi scrivere più forte [. . . ] e le parole corrono sulle ruote del treno. 9 Se il treno in Calvino diventa protagonista silenzioso dei suoi racconti e degli incontri amorosi e sfuggenti, diverso è il discorso per Leonardo Sciascia. 6 Calvino 1992, p. 620-621. 7 Esemplari, a tale proposito, sono alcuni dei racconti di quest’opera: il primo, intitolato Avventura di un soldato, fornisce come sfondo ai dialoghi un vagone del treno, che in questo caso fin da subito si presta come analogia del desiderio amoroso (lo scandire del tempo e il movimento del treno servono ad alludere al gioco erotico); la comunicazione tra i protagonisti avviene a livello fisico, non verbale. O ancora il racconto Avventura di un viaggiatore, in cui il protagonista, Federico V, trova nell’attesa e nel dolce muoversi del treno il piacere carnale, la fantasia, l’ebrezza del viaggio e degli incontri amorosi. 8 De’ Giorgi 2017, pp. 257-258. 9 De’ Giorgi 2017, p. 259. 118 <?page no="119"?> Il treno come simbolo dei movimenti nella letteratura italiana del Novecento Anche lo scrittore siciliano si muove quasi sempre in treno e ne fa uso come mezzo di spostamento in molti dei suoi romanzi. Il treno in Sciascia è legato a momenti di riflessione e scoperta, nella sua vita, nei racconti autobiografici e nelle interviste, così come nelle esperienze dei protagonisti delle sue opere. Il treno è il filo conduttore della sua raccolta Il mare colore del vino, in cui il lettore - tra il tema dell’emigrazione e del lungo viaggio, quello della mafia, della religione e delle differenze sociali nell’Italia del Novecento - si ritrova spesso in una stazione o all’interno di uno scompartimento del treno. Nel racconto Un caso di coscienza la storia inizia nel vagone di un treno, quello che porta da Roma a Maddà e che l’avvocato Vaccagnino prende almeno una volta al mese. Durante questi viaggi l’abitudine dell’avvocato è quella, finite le sue consuete letture, di leggere i giornali e le riviste lasciati sui sedili dagli altri passeggeri: Ma il quotidiano, i tre rotocalchi e il romanzo erano ormai misura di un viaggio in orario, dalle otto alla mezzanotte, con l’intervallo dei due pasti: uno sul vagone ristorante, l’altro sul traghetto. Il guaio era quando il treno si caricava di ritardo: consumata la carta stampata, non potendo nemmeno dedicarsi a guardare la campagna o il mare che ora scorrevano nella notte amorfa, il sonno cominciava a insidiarlo; e c’era pericolo andasse a finire, pesantemente addormentato, alla stazione terminale, come una volta gli era capitata. Perciò, quando il ritardo si verificava, nel treno oramai quasi vuoto l’avvocato si dedicava alla ricerca di giornali abbandonati dai viaggiatori, e si sentiva salvo quando ne trovava qualcuno, fascista o di moda o di fumetti che fosse. 10 E l’avvocato Vaccagnino, in una di queste riviste, legge una lettera interessante intorno a cui girerà tutto il racconto. Ne è prova anche la novella Il mare colore del vino, che dà il titolo alla raccolta stessa. Qui protagonista è l’ingegnere vicentino Bianchi, che condivide con una famiglia siciliana il vagone del treno che lo porterà da Roma a Gela. Sciascia descrive abilmente quella che è l’atmosfera in stazione nelle primissime righe del racconto: Il treno che nell’estate parte da Roma alle 20,50 - diretto per Reggio Calabria e Sicilia, annuncia dall’altoparlante una voce femminile che, nel rivolo dei viaggiatori che si muove verso quel treno, un rivolo che trascina valige legate con la cordicella e mappate di tela, evoca e sospende tra i fili della stazione Termini, verso il cielo della sera, un volto femminile di appena sfiorita bellezza - porta una vettura di prima classe Roma-Agrigento: enorme privilegio sollecitato e mantenuto da tre o quattro deputati della Sicilia occidentale. In verità, 10 Sciascia 1996, pp. 108-109. 119 <?page no="120"?> Carolina Pini dei treni diretti al sud, questo è il meno affollato: in seconda classe sono pochi i viaggiatori che non trovano posto a sedere: e in prima, specialmente nella vettura per Agrigento, è possibile avere uno scompartimento tutto per sé - basta spegnere la luce, tirare le tendine e distribuire bagagli e giornali sui sedili: almeno fino a Napoli, e se volete essere prudenti fino a Salerno. Superata Salerno, potete mettervi a dormire, magari in canottiera o addirittura in pigiama, che nessuno verrà a cercare posto proprio nello scompartimento vostro. Ma questa comodità relativamente ai posti la si sconta ad usura degli orari: perciò i siciliani preferiscono il direttissimo che partendo due ore prima arriva ad Agrigento, estrema stazione, con un vantaggio di almeno sette ore. 11 Il racconto prosegue, pagina dopo pagina, stazione dopo stazione, con situazioni abituali dei lunghi viaggi in treno: l’agitazione dei bambini, la difficoltà di dormire, la fame improvvisa, ma anche le chiacchiere tra i passeggeri, prima superficiali e poi con il tempo, come se queste prendessero una forma diversa, sempre più intima. Un viaggio che lega i passeggeri e che fa nascere sentimenti di affetto e amore. Se inizialmente i protagonisti sono degli sconosciuti, via via con il marciare dei chilometri, i legami cambiano e il viaggio prende la forma della rappresentazione dell’esistenza: Era già mezzanotte. ‹Qui non si dorme› pensò l’ingegnere: e se non gli conveniva cambiare scompartimento, che ce n’erano quasi vuoti. Ma in verità non aveva sonno: e all’irritazione per essere capitato tra persone di così incontenibile loquacità, e con quei due terribili bambini per giunta, era subentrato il divertimento e ora, sul punto di decidersi a lasciare lo scompartimento, qualcosa di vago e di indefinito che non si poteva dire affezione, ma all’affezione somigliava. Non aveva mai avuto dimestichezza coi bambini e aveva sempre creduto di non poter sopportarne la compagnia, sempre nei viaggi aveva osservato la regola di non prender posto negli scompartimenti in cui c’erano bambini; ma Nenè decisamente gli piaceva. E gli piaceva la ragazza: ad ogni gesto che faceva, ad ogni parola che diceva, si faceva più viva e desiderabile. ‹Il fatto è› pensava l’ingegnere ‹che un viaggio è come una rappresentazione dell’esistenza, per sintesi, per contrazione di spazio e tempo; un po’ come il teatro, insomma: e vi si ricreano intensamente, con un fondo di finzione inavvertito, tutti gli elementi, le ragioni e i rapporti della nostra vita›. 12 Un’esistenza e l’interpretazione di essa attraverso la percezione non solo del treno e del suo ritmo, ma anche della presa di conoscenza del ‹fuori›: 11 Sciascia 1996, pp. 28-29. 12 Sciascia 1996, pp. 36-37. 120 <?page no="121"?> Il treno come simbolo dei movimenti nella letteratura italiana del Novecento Dormivano tutti, il professore addirittura ronfava. Erano già nelle Calabrie; alle fermate, nell’improvviso dilagare del silenzio, si sentivano frasi in dialetto. Ad un momento il treno si fermò in riva al mare, il suono del mare si fece immagine, come nelle illusioni del cinema, una di quelle dissolvenze in cui le figure umane appunto si dissolvono nell’avanzare delle onde; l’ingegnere se ne sentì penetrato, disciolto: ed era, indecifrato, il suo sentimento di accordo col mondo, con la natura, con l’amore. 13 I personaggi, le loro sensazioni, i loro stati d’animo vengono stravolti dal viaggio. L’ingegnere Bianchi non è la stessa persona che troviamo ad inizio racconto, il movimento del treno, le ore passate insieme agli altri passeggeri, fanno sì che in poco tempo avvenga un mutamento di pensiero e sentimenti. Sciascia chiosa con il tema del viaggio, proprio come aveva fatto all’inizio della narrazione: «Sulla visione baluginante di colui che gli aveva consigliato quel treno, quella vettura, una faccia soddisfatta, sadica, il suo ultimo pensiero si spense. ‹Accidenti che viaggio›». 14 In questo racconto il colore del mare viene paragonato al vino da uno dei bambini della famiglia siciliana. Un aspetto che coglie le venature delle onde e che riporta ai poemi omerici in cui spesso al mare viene conferito un potere nuovo, quello afrodisiaco, già affidato al vino. Una lettura quindi del viaggio in treno in questo racconto di Sciascia che risveglia i topoi dei lirici greci - il viaggio, il vino, il simposio, l’incontro e l’attrazione fisica. Se per Sciascia il mare ha il colore del vino, per Sandro Penna invece il mare è «tutto fresco di colore» 15 o, più precisamente, «il mare è tutto azzurro» 16 . Poeta italiano del Novecento ai più sconosciuto e dai molti dimenticato, Sandro Penna, disinteressato e completamente all’oscuro dalle regole e delle convenzioni sociali e politiche del Novecento, viene intrappolato nella rete della poesia e dedica tutta la sua vita alle descrizioni d’immagini frammentarie che si ripetono ossessivamente, pur senza essere mai uguali, nei versi delle sue liriche. Si potrebbe quasi dire che in Penna vita e poesia si siano sviluppate di pari passo. In lui appare tutto come un sogno, un qualcosa di magico dal quale niente e nessuno riesce a distoglierlo. Le sue parole sono frammenti, attimi e descrizioni lampo. Per questo Sandro Penna si 13 Sciascia 1996, p. 41. 14 Sciascia 1996, p. 56. 15 Si fa qui riferimento all’ultimo verso della famosa poesia di Penna La vita. . . è che andremo a vedere da più vicino nelle prossime pagine. 16 Penna 2000, p. 12: «Il mare è tutto azzurro. | Il mare è tutto calmo. | Nel cuore è quasi un urlo | di gioia. E tutto è calmo». 121 <?page no="122"?> Carolina Pini affida molto spesso alle immagini del quotidiano: la piazza, la strada, il cimitero, la stanza, la camera, l’osteria, la taverna, così come l’autobus, la bicicletta e il treno. Per quest’ultimo sono tantissimi i rimandi nelle poesie di Penna 17 . Il treno è: il teatro dei risvegli, lo spazio degli incontri, l’immagine della vita nella sua mobilità e turbolenza, imprevedibilità e avventura; il treno diviene in Penna un oggetto familiare e amichevole che sfila nella campagna e chiama il poeta alla vita, alla ricerca e al vagabondaggio. Esso sfila fra cielo e terra, tra terra e mare, ricongiunge continuamente nel suo movimento instancabile il destino dell’io a quello del cosmo, divenendo il tramite fisico di quelle ricongiunzioni liberatrici. 18 Sandro Penna ha fatto della lirica la propria vita, sciogliendo i nodi delle proprie angosce attraverso il medium della contemplazione del popolo e dei giovani operai senza nome, e con la sua poetica ha fatto della trascrizione di immagini su un «taccuino bianco» 19 la sua vita. Lo ha fatto ponendo la base dei suoi versi su modelli italiani illustri, Dante, Petrarca, Leopardi su tutti. E persino Carducci ricopre un ruolo fondamentale, anche in riferimento al treno. Lo ritroviamo infatti nel com- 17 Mi limito qui ad elencare i componimenti lirici in cui si trovano le espressioni «stazione» e «treno», non andando ad analizzare la prosa, gli appunti e le lettere di Penna. Le pagine di corrispondenza si riferiscono all’edizione: Penna 2017. Stazione: Nel fresco orinatoio alla stazione (p. 42), L’insonnia delle rondini. L’amico (p. 83), La stazionetta (p. 174), Fantasia per un inizio di primavera (p. 229), Stazione (p. 273), Anonime stazioni, a un calmo treno (p. 331), Al di là dell’ortaglia ove nell’ombra (p. 441, in realtà qui Penna usa il termine «rotaia» e non stazione), Esiste ancora al mondo la bellezza? (p. 511), La fanfara col sole (p. 526). Treno: La vita. . . è (p. 9), Se dietro la finestra illuminata (p. 13), Era l’alba sui colli, e gli animali (p. 52), I treni che languivano una volta (p. 64), Un fanciullo correva dietro un treno (p. 78), Forse invecchio, se ho fatto un lungo viaggio (p. 90), Il treno tarderà almeno un’ora (p. 106), Forse la lenta tua malinconia si perde (p. 112), Un po’ di pace è già nella campagna. (p. 131), Come è bella la luna di dicembre (p. 141), La stazionetta (p. 174), Entro al meriggio affocato di luglio (p. 186), Stazione (p. 273), Alfio che un treno porta assai lontano (p. 302), Guarirai. Si odono i treni (p. 306), Imbruna l’aria, e il lume (p. 313), Sotto la pioggia lenta s’è perduto (p. 322), Ma se ognuno dormiva il treno e io (p. 328), Il nero treno che correva in mezzo (p. 329), Anonime stazioni, a un calmo treno (p. 331), Al primo soffio dell’autunno il treno (p. 347), Sei nella voce di un treno lontano (p. 360), Giunge sul ponte il treno (p. 432), Primavera? (p. 443), Voleva raccontare una sua storia (p. 487), Cimitero nel Sud (p. 495), Il viaggiatore insonne (p. 510), I sospiri dei treni, il bene o il male (p. 532). In Salgono in compagnia dei genitori (p. 79) si può intendere sia il treno che l’autobus o altro mezzo di trasporto così come in La rima facile, la vita difficile (p. 105) in cui viene descritto il passaggio sotto il tunnel. Infine anche la scena di Un dì quando per salutare (p. 403) può essere riconducibile al treno, anche se non viene esplicitamente denominato. 18 Di Fonzo 1981, p. 111. 19 Penna 2020, p. 151: «Amavo ogni cosa nel mondo. E non avevo | che il mio bianco taccuino sotto il sole.» 122 <?page no="123"?> Il treno come simbolo dei movimenti nella letteratura italiana del Novecento ponimento La stazionetta, 20 prima poesia di Penna in cui il treno ha una connotazione negativa e che può essere accostato ai versi carducciani di Alla stazione in una mattina d’autunno. Se Carducci descrive una mattina piovosa e Penna sceglie invece una calma sera di luna, in entrambi i componimenti il rapporto tra realtà e rappresentazione è molto simile, anche se per Penna la stazione è luogo d’arrivo, mentre per Carducci è punto di partenza. In Penna i treni e le stazioni rappresentano la sua espressività e percezione del ‹fuori›, come abilmente nota Roberto Deidier nel saggio introduttivo della recente raccolta delle opere di Penna, Poesie, prose e diari: Dietro le stazioni, gli orinatoi, le strade colme di biciclette, e soprattutto i treni, si avverte l’eco, come vedremo, di quel «trasognamento» dannunziano, che qui prende la forma decisiva della memoria: non la vita in presa diretta, ma, per l’appunto, il suo ricordo. La vita stessa come un inesausto ricordare, così come, per il modello Leopardi, era stato un irrinunciabile naufragare. Il treno è per Penna qualcosa di più di un luogo banale e ricorrente; non solo perché è in uno scompartimento anonimo che la poesia penniana ha rinvenuto la sua più autentica espressività, ma anche e soprattutto perché lo spostarsi in ferrovia consente il gioco tra la velocità e la fermata, e tale gioco, tale altalena percettiva, rappresenta per il poeta il movimento stesso della poesia, il modo attraverso cui rapportarsi, come in un formulario magico, con l’incombere della malinconia. 21 Quello che avviene in Penna è una sorta di segmentazione, tra lo spazio ‹dentro› e ‹fuori› dal treno, ma anche all’interno dell’esistenza stessa del narratore. Il tutto ritmato dalla velocità delle locomotive in cui basso e alto convivono - è il caso per esempio del componimento La semplice poesia forse discende - in una poesia «sem- 20 Penna 2017, p. 175. In questo componimento ritroviamo Sbarbaro, Leopardi in più frangenti, Foscolo, Amalia Guglielminetti, De Amicis, Joyce e Carducci. A riguardo si veda anche Penna 2017, pp. 1098- 1099. La Stazionetta: «Sul nudo sedile | l’anima stanca e dolente/ alfine poso. | Baciata è la campagna, | soävemente, | dal pallor lunare. . . | S’addorme, ne la notte silenziosa, | la stazionetta candida e modesta. | Sguizza dai lucenti binari | una luce malata: | un fièvole baglior che dà al mio core | una dolce tristezza! ... | Vibra nell’aria tepida e leggera, | in un brivido lungo, | l’effluvio selvaggio | de la Primavera. | Di lievi sprazzi, | le bianche nuvolette, | la luna han ricamata. . . | e dolcemente armonïoso | è il brillìo delle stelle! ... | Oh! come, come | viver vorrei | tra questa quiete, | lungi dai vari affanni | di cui l’acerba | vital mortal d’intesse! | Ed ecco invece, a richiamarmi ad essa, | l’improvviso fragore | del tren veloce | che ansimando s’appressa. . . | Giunge rompendo, | violentemente, | de la silente notte il dolce incanto. . . | E a me misero, toglie | la desïata quiete | per rituffarmi | nell’aspra lotta | dell’inutile vita! ». 21 Penna 2017, pp. LX-LXI. 123 <?page no="124"?> Carolina Pini plice» che dall’aspro e arido introduce, con un «ma» avversativo, una possibilità di svolta: La semplice poesia forse discende distratta come cala al viaggiatore entro l’arida folla di un convoglio la mano sulla spalla di un ragazzo. 22 Se in questo componimento, il movimento della poesia «discende» dall’alto al basso, di diverso regime è invece la seguente poesia, in cui il movimento è dal basso verso l’alto e in cui il convoglio è calmo, fermo 23 . Tipico della lirica penniana è il trasognare dell’autore, spesso appunto in rapporto con i viaggi in treno, da cui viene frequentemente risvegliato dalle apparizioni nello scompartimento di giovani uomini, fanciulli, marinai o soldati: Anonime stazioni, a un calmo treno riemergeva il mio corpo addormentato. E il mondo lieto s’incrociava all’angolo dei miei calzoni di fresco soldato. 24 Sandro Penna proviene da una famiglia di origini piccolo-borghesi, di cui rifiuta il perbenismo e il normativismo sociale, amando invece la vita dei piccoli borghi, dei garzoni, delle case popolari. Questo amore si traduce nel rifugio in un mondo sentito come vero, reale ma al tempo stesso configuratosi come sogno, come gratificazione e liberazione. La particolarità del poeta risiede nel mostrare le storie di tutti i giorni: quelle della gente, della quotidianità, dei quartieri popolari, delle stazioni. E lo fa attraverso frammenti brevi, come se scattasse delle fotografie, alle volte gioiose, alle volte più malinconiche. Penna riesce a cogliere il momento, il muoversi delle stagioni, del tempo, delle esperienze. Il movimento delle cose, allegoria della dinamicità della vita, che descrive il poeta perugino è la matrice che fa scattare le sue foto, descrizioni che riguardano il muoversi delle biciclette, degli autobus, delle macchine e dei treni, così ricorrenti nei suoi componimenti: 22 Penna 2017, p. 77. 23 A riguardo cf. Penna 2017, pp. LXI-LXII. 24 Penna 2017, p. 331. 124 <?page no="125"?> Il treno come simbolo dei movimenti nella letteratura italiana del Novecento Un fanciullo correva dietro un treno. La vita - mi gridava - è senza freno. Salutavo, ridendo, con la mano E calmo trasalivo, indi lontano. 25 Il treno, così come l’amore e il desiderio, alcuni dei temi più importanti della sua lirica, si ritrovano in quella che forse è la sua poesia più famosa: La vita. . . è ricordarsi di un risveglio triste in un treno all’alba: aver veduto fuori la luce incerta: aver sentito nel corpo rotto la malinconia vergine e aspra dell’aria pungente. Ma ricordarsi la liberazione improvvisa è più dolce: a me vicino un marinaio giovane: l’azzurro e il bianco della sua divisa, e fuori un mare tutto fresco di colore. 26 Componimento scritto «in un risvolto di giornale», come lui stesso ammette in un video girato nei suoi ultimi anni di vita 27 , in cui aggiunge: «non sapevo di averla scritta perché ero nel sonno quasi in dormiveglia». Ed è proprio questa la descrizione: il risveglio su un treno la mattina presto, in preda alla malinconia. E trovare, dopo la congiunzione avversativa «ma», la «liberazione» nell’apparizione del giovane marinaio: dallo «spazio interno» precedente, carico di dolore e di passato, si giunge, dunque, in una sorta di crescendo, allo «spazio esterno» costituito da un «mare tutto fresco di colore», estensione della divisa a strisce del marinaio e anelito alla luce e alla speranza rappresentata dalla giovane vita. 28 In questa poesia di Penna ritroviamo uno dei cardini della sua lirica: il movimento circolare che dall’interno ci porta all’esterno e che sovverte una situazione. Se all’inizio del componimento lo sguardo dell’io lirico è malinconico nella «luce» incerta della mattina (elemento esterno allo scompartimento del treno), l’occhio passa poi nella seconda quartina sulla divisa del marinaio (elemento interno), ai suoi 25 Penna 2017, p. 78. 26 Penna 2017, p. 9. 27 Apparizione di Sandro Penna nel documentario Umano, non Umano di Schifano (Dir.) (1969). 28 Tropeano 2020, p. 226. 125 <?page no="126"?> Carolina Pini colori che portano lo sguardo al mare (di nuovo elemento esterno). Un cerchio che si chiude in bellezza, con dolcezza e «liberazione» in contrasto con la descrizione dei primi versi in cui l’aria è «aspra», «pungente» e la «luce incerta». In tutti gli autori considerati fin qui, lo spostarsi in treno rappresenta l’attesa, ma anche l’improvviso capovolgimento di una situazione, la passione così come l’immaginazione, in un gioco tra la fermata e la lentezza che ne deriva, e la velocità della locomotiva in corsia, tra gioia e malinconia. Il mito della velocità, che riduce lo spazio-tempo del viaggio, rappresenta il palcoscenico dove gli attori, in poco tempo, recitano una parte, ricca di sorpresa, istinto, sogni e desideri. Perenni viaggiatori, gli autori qui descritti raffigurano l’Ulisse del Novecento italiano, in un movimento che spesso riconduce al sistema di partenza (transito e ritorno), ma che in varie occasioni descrive invece un attimo del transito, colto attraverso la percezione dei personaggi. Bibliografia Testi Calvino, Italo (1992): «Se una notte d’inverno un viaggiatore» [1979], in: id.: Romanzi e racconti, vol. II, ed. diretta da Claudio Milanini, a cura di Mario Barenghi e Bruno Falcetto, Mondadori, pp. 611-870. Fogazzaro, Antonio (1912): Piccolo mondo moderno, Milano. De’ Giorgi, Elsa (2017): Ho visto partire il tuo treno, Milano. Penna, Sandro (2000): Poesie, prefazione di Cesare Garboli, Milano. Penna, Sandro (2017): Poesie, prose e diari, a cura e con saggio introduttivo di Roberto Deidier, cronologia a cura di Elio Pecora, Milano. Sciascia, Leonardo (1996): Il mare colore del vino, Milano. Saggi Capecchi, Giovanni / Pistelli, Maurizio (a cura di) (2020): Treni letterari. Binari, ferrovie e stazioni in Italia tra ’800 e ’900. Atti del convegno del 2019, Torino. Ceserani, Remo (1993): Treni di carta. L’immaginario in ferrovia: l’irruzione del treno nella letteratura moderna, Genova. 126 <?page no="127"?> Il treno come simbolo dei movimenti nella letteratura italiana del Novecento Di Fonzo, Giulio (1981): Sandro Penna. La luce e il silenzio, Roma. Tropeano, Antonella (2020): «Amori in corsa» in: Treni letterari. Binari, ferrovie e stazioni in Italia tra ’800 e ’900. Atti del convegno del 2019, a cura di Giovanni Capecchi e Maurizio Pistelli, Torino, pp. 215-227. Santurbano, Andrea (2009): «Viaggi di carte e modernità: la presenza della ferrovia nella narrativa italiana del primo Novecento», in: Annali della Facoltà di Lettere e Filosofia XLIV, pp. 183-195. Film Schifano, Mario (Dir.) (1969): Umano, non Umano; https: / / www.youtube.com/ watch? v=Cm4MCjm2wgU (01.12.2022). Abstract: Der Topos der Zugfahrt kann in der italienischen Literatur des 20. Jahrhunderts aus einer sozio-historischen Perspektive gelesen werden - dies ist bei Elio Vittorini und Ignazio Silone der Fall - oder als Übersetzung von traumatischen Ereignissen oder als Trauma tout court, zum Beispiel bei Carducci, Pirandello, Gadda und Svevo. Daneben gibt es futuristische Versionen - oder die Zugfahrt als Moment des Abschieds etwa bei Caproni. Die Eisenbahn kann auch Symbol der industriellen Revolution und der politischen Einigung Italiens sein. Der Beitrag konzentriert sich jedoch auf Verwendungen des Topos zur Modellierung von Bewegungen der Entfernung und des Weggehens, von Flucht, Abenteuer und Begegnung, auch des inneren Raums mit dem äußeren. Besonders in der Poesie Sandro Pennas verdichten sich diese letztgenannten Momente, der Zug wird zum Medium des Umschlags von Einsamkeit und Unglück in die Verheißung von Schönheit und Begegnung. Biobibliografisches Profil: Carolina Pini, gebürtige Florentinerin, hat ihr Masterstudium in «Italienstudien» an der Ludwig-Maximilians-Universität in München mit einer Arbeit über Girolamo Savonarola abgeschlossen. Danach hat sie an der Scuola Normale Superiore in Pisa in Cotutelle mit der Ludwig- Maximilians-Universität mit einer Arbeit über Giovan Battista Gelli und die Dante-Rezeption im Italien des 16. Jahrhunderts promoviert. Carolina Pini übersetzte Gedichte moderner und zeitgenössischen Lyriker aus dem Deutschen ins Italienische, schrieb Artikel für verschiedene italienische Tageszeitungen (Il corriere fiorentino, Il Messaggero, La Gazzetta dello Sport) und arbeitete als Dozentin in verschiedenen Hochschulen in München. Im Jahr 2017 veröffentlichte sie ihren ersten Gedichtband, Terra del frattempo (Eretica edizioni). Carolina Pini ist derzeit Fachgebietsleiterin für Französisch, Italienisch und Portugiesisch an der Münchner Volkshochschule. 127 <?page no="129"?> III Bewegung als metaphorische Selbstbeschreibung Il movimento come autodescrizione metaforica <?page no="131"?> Christoph Groß Motus mentis: Von der Rhetorik des movere zur compassio als Modell religiöser Bildandacht bei Gabriele Paleotti und Giambattista Marino 1 Refertur ad prototypa: Zur Theorie der Bildandacht nach Trient Das Bild, verstanden und ästhetisch konfiguriert als Fenster zur sichtbaren Welt, beschreibt einen kunsttheoretischen Topos, der, ausgehend von Albertis finestra aperta-Vergleich 1 , in den Kunsttheorien der Frühen Neuzeit eine bemerkenswerte Konjunktur erreicht hat. Doch auch innerhalb des theologischen Diskurses über sakrale Bilder wurde im 16. bis 17. Jahrhundert vermehrt die Frage debattiert, inwiefern Gemälden das Potenzial zugesprochen werden kann, als sprichwörtliche ‹Fenster zur Ewigkeit› eine Sicht auf die göttliche Welt zu eröffnen. Diese im Wesentlichen auf den byzantinischen Bilderstreit zurückgehende Fragestellung wurde im Kontext des theologischen Konflikts zwischen Reformation und Gegenreformation neu gestellt und dreht sich vor allem um folgende, für die Frömmigkeitskulturen der Frühen Neuzeit allgemein zentrale Frage: Legen Andachtsbilder durch ihren materiellen Oberflächencharakter der spirituellen Betrachtung des Gläubigen Grenzen auf, oder ermöglichen es gerade ihre immanenten medialen Artefaktqualitäten, die Bewegung der Seele bzw. des Geistes hin zum Göttlichen zu stimulieren, zu vektorisieren und letztlich auch zu intensivieren? Sind sie eher ein Hilfsmittel 1 Alberti 3 2002, p. 92: «Principio, dove io debbo dipingere scrivo uno quadrangolo di retti angoli quanto grande io voglio, el quale reputo essere una finestra aperta per donde io miri quello che quivi sarà dipinto». 131 <?page no="132"?> Christoph Groß oder ein Hindernis in Bezug auf Praktiken der meditatio, die auf eine kontemplative Entrückung des Geistes und dessen Versetzung hin zu einer Erfahrung einer beseligenden und heilversprechenden Gegenwart des Göttlichen abzielen? 2 Wenn sich mit Thomas von Aquin der Glaube in den Begriffen einer Bewegung des Geistes hin zu Gott («actus fidei est primus motus mentis in Deum» 3 ) beschreiben lässt, welche Rolle kommt dann jenen Artefakten zu, denen zu- oder abgesprochen wird, den Glauben ihrer Betrachter anzufachen und ihn auf sein metaphysisches Ziel hin in Bewegung zu setzen? Vor dem Hintergrund der Konfessionalisierungsprozesse, die das christliche Europa ab dem frühen 16. Jahrhundert in Atem hielten, wurde diesen Fragen eine neue Aktualität zugesprochen 4 . Die reformatorische Bilderkritik 5 , die insbesondere im Wittenberger Bildersturm ihren Höhepunkt und in den Streitschriften Andreas Bodensteins, Huldrych Zwinglis, Johannes Calvins - sowie mit Einschränkung auch Martin Luthers - ihre theoretische Grundlage fand, eröffnete eine Arena kontroverstheologischer Auseinandersetzungen, die in den Beschlüssen des Konzils von Trient und einer sich daran anschließenden Proliferation bildtheologischer Traktatliteratur gipfelte 6 . Das in der letzten Sitzung des Trienter Konzils verabschiedete Dekret De invocatione, veneratione, et reliquiis sanctorum et sacris imaginibus (1563) bekräftigte die Legitimität der seit dem zweiten Konzil von Nicäa bestehenden Bilderverehrung und begegnete zugleich der von protestantischer Seite vorgebrachten Kritik, indem es die Weisung ausgab, dass die religiöse Verehrung nicht auf die Bilder selbst, sondern auf die durch sie dargestellten und somit nur gleichsam semiotisch referenzierten Prototypen auszurichten sei. 2 Zur Praxis der Bildandacht in den Frömmigkeitskulturen des Mittelalters und der Frühen Neuzeit sei v.a. auf Lentes 2002; Boulnois 2008; Dekoninck 2005, bes. pp. 130-208 ; Falkenburg / Melion / Richardson 2007; Cousinie 2007; Melion 2009; Melion / Dekoninck / Guideroni-Bruslé 2012; Föcking 2018 verwiesen. 3 Thomas von Aquin 1955, p. 119 (q. 3, a. 2c [5]). 4 Wie in der Forschung ausführlich dargelegt, bildet sich, insbes. in Nordeuropa, bereits im Spätmittelalter eine innerkirchliche Bildkritik, die jene der Reformation im Kern vorwegnimmt. Cf. Wirth 1986 sowie Schnitzler 1996, pp. 41-48, 51-76. 5 Grundlegend zur reformatorischen Bildkritik cf. Campenhausen 1957; Eire 1986; Michalski 1993; Blickle et al. 2002; Steiger 2002; Koerner 2004; Tümmel 2021, pp. 3-32; Lentes 2007. 6 Cf. hierzu weiterführend Prodi 1962; Jeden 1963; Prosperi 1999; Steinemann 2006; Bianchi 2008; Hecht 2012; De Long 2011; Fabre 2013; Zitzlsperger 2016; Locker 2019; Boer 2022. 132 <?page no="133"?> Motus mentis Die vom Konzil gewählte Diktion «refertur ad prototypa» 7 deutet auf eine geistige Abstraktionsleistung hin, welche die Metaphorik der Bewegung bzw. des Transports bemüht: Während die Passivform des Verbs ferre auf den Vorgang eines Tragens oder Bringens verweist, suggeriert deren Präfix redie Vorstellung einer Wieder- oder Rückkehr. Die Bilderverehrung wird somit als eine über das Bildartefakt hinausreichende Bewegung aufgefasst, in deren Zuge der Gläubige einen gedanklichen Rückbezug auf ein theologisch verbürgtes Erstes πρῶτος zu leisten habe. Das sakrale Bild wird so zu einer Schwelle, mittels derer die Grenzen des Sichtbaren überschritten werden sollen - eine Überschreitung allerdings, die sich im Inneren des Gläubigen vollziehen soll. In seinem (unvollendet gebliebenen 8 ) Discorso intorno alle immagini sacre e profane (1582) verbindet der Kardinal und Bologneser Erzbischof Gabriele Paleotti die bildtheologischen Positionen des Tridentinischen Konzils mit einer Affektpoetik des movere, die er direkt aus der klassischen Rhetorik übernimmt und auf sakrale Bilder appliziert. Die Bewegung des Geistes hin zum Urbild soll demnach durch eine primär bildästhetisch fundierte Stimulierung der Affekte amplifiziert werden, wodurch die künstlerischen Artefaktqualitäten sakraler Bilder mit ihrer auf einen metaphysischen Vorstellungsraum ausgerichteten Referenzialität zusammengeführt werden. Der Umstand, dass ein solches Bildprogramm in der intellektuellen Kultur der Frühen Neuzeit weit verbreitet war, soll im Folgenden durch einen vergleichenden Blick auf den Dichter Giambattista Marino gezeigt werden. Dieser thema- 7 Zit. n. Hecht 2012, p. 502: «Imagines porro Christi, Deiparae Virginis, et aliorum sanctorum, in templis praesertim habendas et retinendas, eisque debitum honorem et venerationem impertiendam, non quod credatur inesse aliqua in iis divinitas vel virtus, propter quam sint colendae; vel quod ab eis sit aliquid petendum, vel quod fiducia in imaginibus sit figenda, veluti olim fiebat a gentibus, quae in idolis spem suam collocabant: sed quoniam honos, qui eis exhibetur, refertur ad prototypa, quae illae repraesentant: ita ut per imagines, quas osculamur, et coram quibus caput aperimus et procumbimus, Christum adoremus, et sanctos, quorum illae similitudinem gerunt, veneremur» (Übers. ibid.: «Ferner [sollen sie lehren, daß] man die Bilder Christi, der jungfräulichen Gottesgebärerin und der anderen Heiligen besonders in den Kirchen haben und beibehalten soll und daß ihnen die geschuldete Ehre und Verehrung zu erweisen ist, nicht als ob jemand glaubte, in ihnen befände sich irgendeine Göttlichkeit oder eine Kraft, um derentwillen sie zu verehren wären, oder weil von ihnen etwas zu erbitten wäre oder weil man Vertrauen in die Bilder setzen könnte, wie es vor Zeiten von den Heiden getan wurde, welche ihre Hoffnung auf Götzenbilder setzten, sondern weil die Ehrung, die ihnen [d.h. den Bildern] erwiesen wird, sich auf die Urbilder bezieht, welche jene darstellen, so daß wir durch die Bilder, die wir küssen und vor denen wir das Haupt entblößen und uns niederwerfen, Christus anbeten und die Heiligen verehren, deren Ähnlichkeit sie aufweisen»). 8 Nur die ersten beiden Bücher des Traktats liegen in schriftlicher Form vor. Zur Ankündigung der restlichen drei geplanten Bücher hat Paleotti lediglich Inhaltsverzeichnisse veröffentlicht; cf. Paleotti 1961, pp. 504-509. 133 <?page no="134"?> Christoph Groß tisiert in den lyrischen Ekphrasen seiner Galeria (1619/ 20) u.a. sakrale Gemälde mitsamt ihrem besonderen emotionalen Affizierungspotential. Auch bei Marino werden immer wieder die Gegensätze - aber auch die Konvergenzen - zwischen dem diesseitigen Artefaktcharakter sakraler Bilder und ihrem spirituellen Transzendenzcharakter, durch den das lyrische Ich vermeint, den medial vermittelten Erfahrungsraum des Bildes tatsächlich mental begehen zu können, zur Darstellung gebracht. Dem Begriff des movere kommt hierbei die Funktion zu, zwischen bildimmanentem ‹Diesseits› und bildtranszendentem ‹Jenseits› zu vermitteln und den motus mentis hin zu Letzterem zu ermöglichen. Die in der Ästhetik des movere anvisierte Bewegung der Affekte, die im emotionalen Nachvollzug des im sakralen Bild Dargestellten eine Bewegung der Aufmerksamkeit nach Außen, d.h. zum Bild hin, beschreibt, erweist sich vor diesem Hintergrund als spirituelles Movens einer Bewegung des Geistes nach innen, durch das ästhetische und spirituelle Betrachtungsmodalitäten in eins geführt werden. 2 E seco rapirli in cielo: Paleotti und die bildtheologische Fundierung einer Ästhetik der Affekterregung Seit der Antike wird der Diskurs über die ästhetische Wirkung von Kunstwerken mit einer Metaphorik der Bewegung zusammen gedacht. Beschreiben bereits die lateinischen Rhetoriker die Kunst der Überzeugung in den Begriffen des Leitens und Lenkens der Zuhörerschaft 9 , so gilt dies umso mehr für die persuasive Wirkmacht der Affekterregung. Diese wird, wie etwa bei Quintilian, als eine heftige Be- 9 So etwa Cicero 2007, p. 216 (II, 186-187): «sed etiam consuetudo valentis et natura corporis cognoscenda est, sic equidem cum adgredior in ancipiti causa et gravi ad animos iudicum pertractandos, omni mente in ea cogitatione curaque versor, ut odorer quam sagacissime possim, [. . . ] quo deduci oratione facillime posse videantur. Si se dant et, ut ante dixi, sua sponte, quo impellimus, inclinant atque propendent, accipio, quod datur, et ad id, unde aliquis flatus ostenditur, vela do» (Übers. ibid., p. 217: «Wenn ich in einem ungewissen und schwierigen Fall darangehe, auf die Richter stark einzuwirken, richte ich mit meiner ganzen Geisteskraft mein Denken und meine Aufmerksamkeit darauf, dass ich mit möglichst feiner Witterung aufspüren kann, [. . . ] in welche Richtung sie durch meine Rede wohl am leichtesten gelenkt werden können. Wenn sie meine Richtung einschlagen und sich, wie ich vorhin sagte, von sich aus dahin wenden und neigen, wohin ich sie bringen will, nehme ich, was mir geboten wird, und setze meine Segel in die Richtung, aus der sich ein Windhauch bemerkbar macht»). 134 <?page no="135"?> Motus mentis wegung («vehementes motus» 10 ) des Gemüts beschrieben, durch die das Publikum nicht nur zu Tränen gereizt und erschüttert, sondern auch ‹angetrieben› («concita[re]» 11 ), ja regelrecht ‹mitgerissen› («rapere» 12 ) und im reißenden Strom der Gefühle fortgetragen («aestu fertur et velut rapido flumini obsequitur» 13 ) werden soll. Auch Cicero bedient sich in Hinblick auf die Kunst der rhetorischen Entfesselung großer Gefühle des Vergleichs mit einem Fluss, wenn er etwa die mit Pathos vorgetragenen Reden seines Zeitgenossen Crassus mit einem «flumen gravissimorum optimorumque verborum» 14 vergleicht. Durch die mit der Stilhöhe des genus grande verbundene «höchst[e] Anspannung aller rednerischen Kräfte» 15 soll über das officium oratoris des movere 16 (auch pathos) etwas geleistet werden, das durch die auf moderate Gefühlsreaktionen abzielende Wirkungsfunktion des delectare (auch ethos) und der mit ihr verbundenen persuasio allenfalls annäherungsweise erreicht werden kann: der in der Wendung des «imperare» 17 anklingende Anspruch einer Unterwerfung von Herz und Verstand des Publikums unter den Willen des Redners, die ihre Vollendung in dem Umstand findet, dass der affektisch erregte Adressat in den Glauben versetzt werden soll, dass seine Ansichten nicht von außen fremdgesteuert, sondern von innen heraus autonom empfunden werden. Im Zuge der humanistisch beeinflussten Rhetorisierung der Kunstliteratur seit Alberti 18 rückt auch der Begriff des movere als eine wirkungsästhetische Kategorie in das Zentrum der rinascimentalen und (früh)barocken Kunsttheorien. Aus den ästhetischen Tendenzen des Manierismus, die nach Ueding und Steinbrink «weit über jenen von der Theorie gegebenen Rahmen hinaus[gehen], indem sie alle 10 Quintilianus 3 1995, Bd. 2, p. 700 (VI 2, 9). 11 Quintilianus 3 1995, Bd. 2, p. 700. (VI 2, 9). 12 Quintilianus 3 1995, Bd. 2, p. 689 (VI 2, 3). 13 Quintilianus 3 1995, Bd. 2, p. 698 (VI 2, 6). 14 Cicero 2017, p. 216 (II, 188); (Übers. ibid., p. 217: «der Fluss der gewichtigsten und treffendsten Wörter»). 15 Ueding / Steinbrink 5 2011, p. 283. 16 Grundlegend zum Begriff des movere als rhetorische Kategorie cf. Wöhrle 2001; ergänzend hierzu sei auch auf Mellmann 2015, pp. 178-184, verwiesen. 17 Quintilianus 3 1995, Bd. 2, p. 700 (VI 2, 9). 18 Zum Einfluss der ciceronischen Rhetorik auf Albertis Della Pittura cf. Spencer 1957. Der umfangreiche Forschungsstand zur Rhetorisierung von Kunst und Kunsttheorie in Renaissance und Barock kann an dieser Stelle nur angedeutet werden; es seien aber genannt: Baxandall 1971; Le Coat 1975; Bialostocki 1981, pp. 12-42; Michels 1988; Kapp 1990; Goldstein 1991; Pochat 1993; Hundemer 1997; Knape 1994; Gramiccia1999; Brassat 2001, hier bes. pp. 750-758 und passim; Brassat 2017, pp. 1-41 (sowie weitere Beiträge dieses Bandes). 135 <?page no="136"?> Christoph Groß Möglichkeiten des movere und/ oder des delectare bis an die Grenzen auszuschöpfen such[en]» 19 , bildet sich eine durch die antike Rhetorik informierte Affektpoetik heraus, die quer durch alle Künste hindurch breite Anwendung findet 20 . Über Gabriele Paleotti 21 findet der Begriff des movere auch Eingang in den kontroverstheologischen Diskurs über sakrale Bilder, die mit seiner Hilfe - im Sinne einer «rhétorique des peintures» 22 und damit verbundenen «valorisation de l’éloquence de l’image» 23 - als Werkzeuge gegenreformerischer Bildpropaganda nutzbar gemacht werden sollen. In Hinblick auf analoge Entwicklungen im Bereich der Homilie spricht Ralph Dekoninck von einem «double mouvement de picturalisation de la rhétorique sacrée et de rhétoricisation de la peinture religieuse» 24 , durch den die Zielsetzungen von Predigt und Bildtheologie aufeinander bezogen werden: Sakrale Malerei gerät auf diese Weise zu einer Fortsetzung der ars praedicandi mit anderen Mitteln. Mit dem Ziel einer Erläuterung und Rechtfertigung der im Trienter Konzil (und unter seiner Mitwirkung) kodifizierten Bilderverehrung setzt sich Paleotti in seinem Discorso intorno alle imagini sacre e profane unter anderem mit der affektiven Wirkung religiöser Bilder auseinander. Aus der Masse der kontroverstheologischen Schriften seiner Zeit sticht der Text gerade dadurch hervor, dass er kunstästhetische und theologische Fragestellungen gemeinsam zu beantworten versucht und dabei eine Rhetorik des movere auf den religiösen Gebrauch von Bildern anwendet. Im ersten Buch seines Discorso vergleicht Paleotti die Schöpfer religiöser Bilder mit Predigern 25 und reklamiert für diese ein «officio e fine del pittore cristiano» 26 , das sich im Wesentlichen mit den ciceronischen officia oratoris deckt 27 . 19 Ueding / Steinbrink 5 2011, p. 97. 20 Grundlegend zur Genese und Ausgestaltung frühneuzeitlicher Affektpoetik im Sinne einer Apologie und Indienstnahme der passio cf. auch Strier 2004. 21 Zur Funktion des movere im Kontext von Paleottis Kunsttheorie cf. auch Michels 1988, pp. 127-158 und Steinemann 2006, pp. 310-327. 22 Fumaroli 1980, p. 281. 23 Dekoninck 2005, p. 118. 24 Dekoninck 2005, p. 186. 25 Paleotti 1961, p. 214: «vi è un altro effetto che deriva dalle cristiane pitture, molto notabile e prencipale, il qual a guisa degli oratori è dirizzato al persuadere il popolo e tirarlo col mezzo della pittura ad abbracciare alcuna cosa pertinente alla religione». 26 Paleotti 1961, p. 214. 27 Paleotti 1961, pp. 215-216: «Quello poi che abbiamo detto chiamarsi ufficio del pittore, che è il mezzo per conseguire questo fine, pare a noi che da nissun altro luogo meglio si possa cogliere, che dalla stessa comparazione degli scrittori, a’ quali per ufficio dell’arte è imposto che debbano dilettare, 136 <?page no="137"?> Motus mentis Während noch Alberti in Hinblick auf die Malerei für den mit grazia und soavità und modestia assoziierten mittleren Stil und somit noch primär für die Wirkungsfunktion des delectare plädierte 28 , hebt nun Paleotti - mehr als hundert Jahre später - unter den rhetorischen Wirkungsfunktionen gerade die dritte, jene des movere, hervor, indem er sie als «la [. . . ] parte, non solo propria, ma prencipale delle pitture» 29 bezeichnet. Im Gegensatz zu einer seit den Zeiten Gregors des Großen vorherrschenden bildtheologischen Position, die den Zweck sakraler Bilder aus deren Eignung als scriptura laicorum 30 ableitete und den religiösen Bildgebrauch insbesondere über den Aspekt der Unterweisung, des docere, legitimierte, stellt nun Paleotti die besondere Fähigkeit der Bilder «di movere gli animi de’ riguardanti» 31 in den Vordergrund 32 . Gemälde seien in besonderer Weise geeignet, den Betrachtern fromme Affekte einzuflößen und sie gerade dadurch im Glauben zu bestärken. Sakralbilder sind für ihn vor allem als Mittel der persuasio und eines insegnare e movere. Parimente dunque ufficio del pittore sarà usare li stessi mezzi nella sua opera, faticandosi per formarla di maniera, che ella sia atta a dare diletto, ad insegnare e movere l’affetto di chi la guarderà». 28 Cf. Michels 1988, pp. 32-38 sowie pp. 177-178. Zwar entwirft Alberti eine an die rhetorische actio- Lehre angelehnte «analogistische Theorie der Affekterregung durch das Kunstwerk» (Brassat 2017, p. 17), indem er schreibt: «Poi moverà l’istoria l’animo quando gli uomini ivi dipinti molto porgeranno suo propio movimento d’animo. Interviene da natura, quale nulla più che lei si truova rapace di cose a sé simile, che piagniamo con chi piange, e ridiamo con chi ride, et doglianci con chi si duole» (Alberti 3 2002, p. 130). Da sich jedoch in der Malerei Gemütsbewegungen primär durch körperliche Bewegungen darstellen lassen («questi movimenti d’animo si conoscono dai movimenti del corpo»; Alberti 3 2002, p. 130), seien allzu heftige Körperbewegungen zu tadeln, wenn durch sie die Gemütsbewegung in übertriebener und das aptum verletzender Weise, gewissermaßen ‹parenthysisch› manifestiert werden: «Truovasi chi esprimendo movimenti troppo arditi, e in una medesima figura facendo che ad uno tratto si vede il petto e le reni, cosa impossibile e non condicente, credono essere lodati, perché odono quelle immagini molto parer vive quali molto gettino ogni suo membro, e per questo in loro figure fanno parerle schermidori e istrioni senza alcuna degnità di pittura, onde non solo sono senza grazia e dolcezza, ma più ancora mostrano l’ingegno dell’artefice troppo fervente e furioso. Et conviensi alla pictura avere movimenti soavi e grati, convenienti a quello ivi si facci» (Alberti 3 2002, p. 136). 29 Paleotti 1961, p. 227. Dabei beruft er sich auf Augustinus: «E se bene tutti questi tre mezzi sono importanti e necessarii per sodisfare a quello che si deve, nientedimeno non si può negare che tra essi non siano i suoi gradi et alcuno più eccellente dell’altro, come disse quel gran Padre, parlando dell’ufficio dell’oratore: Delectare est suavitatis, docere necessitatis, flectere victoriae» (Paleotti 1961, p. 216). 30 Zur Konzeption des Sakralbildes als scriptura laicorum cf. Hecht 2012, pp. 263-274. 31 Paleotti 1961, p. 227. 32 Wie Steinemann nachweist, lässt sich die Bevorzugung der Wirkungsfunktion des movere gegenüber jener des docere nicht nur als ein Spezifikum von Paleottis Bildtheorie beschreiben, sondern bildet auch außerhalb bildtheologischer Fragestellungen durchaus eine allgemeine Tendenz der posttridentinischen Rhetorik (cf. Steinemann 2006, p. 323). 137 <?page no="138"?> Christoph Groß damit verbundenen spirituellen Movens zu greifen: Ihnen komme die Aufgabe zu «di movere gli uomini alla debita obedienza e soggezzione a Dio» 33 . Dabei stellt die affektive Wirkmacht der Bilder sogar noch jene von Predigt und Bibellektüre in den Schatten. Der Theologe aus Bologna versteht das Bild als eine «viva scrittura» 34 und privilegiert dessen mediale, auf dem Prinzip der Bildevidenz beruhenden Wirkmacht gegenüber dem Affizierungspotential oratorischer Eloquenz: Onde, se tanta efficacia hanno le parole, che si odono o leggono, di tramutare i sensi nostri, con molta maggiore violenza penetreranno dentro di noi quelle figure, dalle quali si vedrà spirare pietà, modestia, santità e divozione [. . . ]. Il sentire narrare il martirio d’un santo, il zelo e costanza d’una vergine, la passione dello stesso Cristo, sono cose che toccano dentro di vero; ma l’esserci con vivi colori qua posto sotto gli occhi il santo martirizzato, colà la vergine combattuta e nell’altro lato Cristo inchiodato, egli è pur vero che tanto accresce la divozione e compunge le viscere, che chi non lo conosce è di legno o di marmo. 35 Das Wirkungspotenzial sakraler Bilder findet dabei in der Erfahrungskategorie eines reinen, vernunftfernen Affekts keinesfalls seinen Endzweck. Es geht Paleotti vielmehr um ein «sapere volgere [. . . ] gli affetti altrui» 36 im Sinne einer Kunst der Lenkung und Umwandlung, letztlich also auch der Domestizierung des Seelenvermögens der voluntas zugunsten einer Unterstützung bzw. Herausbildung frommer Gefühle. In diesem Sinne versteht er den im movere aufscheinenden Aspekt affektiver Vehemenz nicht nur als einen Stimulus, sondern vor allem auch als einen Vektor, der in besonderem Maße geeignet ist, die Gläubigen zu spirituellen Veränderungen anzuregen, bei denen die initiale «violenza» des Gefühls auf die Erfüllung eines theologischen Zwecks hin kanalisiert werden und schließlich im Tugendskript von «pietà, modestia, santità e divozione» aufgehen soll. Als Scharnierstelle zwischen Affekt und Frömmigkeit scheint hierbei die compassio 37 auf: Die Rede vom «compunge[re] le viscere» folgt der Tradition einer auf das altgriechische Verb σπλαγχνιζομαι zurückgehende Beschreibung der Mitleidserfahrung als Wahrnehmung eines überwältigenden Körperereignisses, bei dem sich sprichwörtlich die 33 Paleotti 1961, p. 215. 34 Paleotti 1961, p. 227. 35 Paleotti 1961, p. 228. 36 Paleotti 1961, p. 227. 37 Grundlegend zur frömmigkeitsgeschichtlichen Semantik und Funktion christlicher compassio cf. bes. Regnard 1993; Rombach / Seiler 2009; Blowers 2010; McNamer 2010; Köpf 2015; Wessel 2016; Delaurenti 2016, bes. pp. 152-165. 138 <?page no="139"?> Motus mentis Eingeweide ‹umdrehen› 38 . Der Anblick der Passio Christi sowie der Leiden und Tugenden der Heiligen soll somit als direkte Betrachterreaktion eine compassio nach sich ziehen, die zwar gemäß dem, wie Kristine Steenbergh schreibt, «early modern paradigm of compassion as an embodied experience» 39 in die Dimension der Körpererfahrung eingeschrieben ist, jedoch nicht in ihr ihren Endpunkt findet, sondern im prozessualen Wirken des körperlichen Affekts eine Kraft entfaltet, die in Geist und Seele hineinwirkt, um die Menschen zur Frömmigkeit anzuregen («accresce la divozione») 40 . Theologisch spezifiziert und funktionalisiert im Affekt der compassio, fügt sich die rhetorische Kategorie des movere in ein Kontinuum ein, das die rezeptionsästhetischen Prozesse der Betrachtung und der Wirkung des Abbildes mit Praktiken der mentalen Vergegenwärtigung des Urbildes verknüpft. Eine wichtige Funktion kommt dabei der Einbildung zu, in die sich Paleotti zufolge die aus der Außenwelt gewonnenen Sinneseindrücke einprägen: «Essendo donque la imaginativa nostra così atta a ricevere tali impressioni, non è dubbio non ci essere istrumento più forte o più efficace a ciò delle imagini fatte al vivo, che quasi violentano i sensi incauti [. . . ].» 41 Der Autor des Discorso beschreibt das Illudierungspotential lebensechter pikturaler Darstellungen als eine die Sinne in Besitz nehmende Gewalt, der sich der Betrachter kaum entziehen könne. Diese unmittelbar erscheinende und doch medial vermittelte Wirkmacht verdanke die Malerei ihrer medienspezifischen Befähigung zur Hervorbringung einer Evidenz oder Augenscheinlichkeit, die dem 38 Diese dem Mitleidsbegriff begriffsgeschichtlich inhärente Körpermetaphorik leitet sich aus der altgriechischen Bezeichnung für ‹Eingeweide› ab und fand in der Bibel - u.a. auch im Gleichnis vom barmherzigen Samariter - prominente Verwendung. Nach Wessel waren die Eingeweide in der Antike ein Überbegriff für die Gesamtheit der inneren Organe und galten daher als «the place where the feelings were felt» (Wessel 2016, p. 17). Zur Verwendung und Semantik des Begriffs in den Evangelien cf. Durham Peters 1999; Eisen 2020. 39 Steenbergh 2021, p. 134. 40 Vor diesem Hintergrund halte ich den von Norbert Michels erhobenen Einwand, Paleottis Bildrhetorik der persuasio stehe im Widerspruch zur theologischen Dogmatik, für wenig überzeugend: Denn sein movere-Verständnis lässt sich mitnichten auf «einen rein physiologisch begründeten Vorgang» (Michels 1988, p. 146) reduzieren, der «ohne Anteil an intellektueller Glaubenseinsicht» auskäme (Michels 1988, p. 147); vielmehr greift Paleotti auf das Affektische im Sinne eines Movens zurück, das seine Erfüllung erst in einem inneren, spirituellen Vorgang findet und somit von seiner Teleologie nicht zu trennen ist. Darüber hinaus wird die Geltung des movere durch die Wirkungsfunktionen des docere und delectare keineswegs «verdrängt» (Michels 1988, p. 151), sondern flankierend ergänzt und unterstützt. Da in der Bildrezeption alle drei Wirkungsfunktionen stets zusammenwirken, scheint Paleotti im Kontext sakraler Bilder gerade nicht von ausschließlich auf (Körper-)Affekte reduzierbaren Erfahrungsmodi auszugehen. 41 Paleotti 1961, p. 230. 139 <?page no="140"?> Christoph Groß Eindruck unmittelbarer Präsenz und Nähe verpflichtet ist 42 . Paleottis Bildbegriff beruht dabei im Wesentlichen auf dem Prinzip der imitatio und dem damit einhergehenden Gedanken, dass Bilder dazu dienen, Abwesendes qua Ähnlichkeit präsent zu machen 43 . Um diese Leistung zu erbringen, müssen sich Bilder auf eine möglichst transparente und unverfälschte Wiedergabe der Bilderzählung fokussieren. Der disegno ist daher auch für Paleotti der wichtigste Aspekt des sakralen Bildes - denn erst durch die Deutlichkeit der Zeichnung und das Abstreifen allen nicht notwendigen künstlerischen Beiwerks könne das referenzierte Urbild auch klar und unmissverständlich für die Gläubigen präsent gemacht werden. Der disegno dient somit keinesfalls der Optimierung der ästhetischen Qualität eines Bildes, sondern einzig und allein der Eindeutigkeit des mimetischen Verweises auf den Prototypen. Denn als Grundlage der figurativen Evozierung von Körpern und Raum auf der zweidimensionalen Oberfläche des Bildes unterstützt der disegno die chiarezza und accuratezza der gezeichneten Formen, durch die auf Seiten des Betrachters die kognitive Dekodierung des Bildinhalts sichergestellt und damit auch die geistige Vergegenwärtigung des Urbilds überhaupt erst ermöglicht wird. Dem Begriff einer - als mental-imaginativ gedachten - Präsenzerfahrung kommt somit in Paleottis Theorie des sakralen Bildes ein besonderer Stellenwert zu. Bilder gelten ihm dabei nicht nur als Teletechnologien, die räumlich Entferntes präsent machen; vielmehr unterstützen sie auch die menschliche memoria in ihrer Aufgabe der inneren, mentalen Vergegenwärtigung zeitlich entzogener, insbesondere auch biblischer und weiterer zu (im christlichen Sinne) tugendhaftem Verhalten anregender religiöser Gegenstände 44 . In Paleottis bildpragmatischer Operatio- 42 Paleotti 1961, p. 219: «E questa imitazione, che nella pittura si scorge così evidentemente, tanto maggiormente suole recare diletto, quanto pare che subito renda le cose presenti agli uomini, se bene sono lontane, et a guisa della omnipotente mano di Dio e della natura sua ministra pare che in un momento faccia nascere e produca uomini, animali, piante, fiumi, palazzi, chiese e tutte l’istesse opere che si veggono in questa gran machina del mondo; overo, che le medesime cose già create da Dio e distribuite in varii luoghi e disperse in tutti i lati della terra ella con meravigliosa maniera in un momento le apporta dinanzi agli occhi, quasi avantaggiando e soprafacendo alla natura, che avendoli determinata la sua sede propria et i suoi confini certi in questa o in quella parte, con la pittura si mutano le loro stanze, e di lontane si fanno presenti, e di grandi picciole, e di brutte spesse volte belle, con infinito piacere e meraviglia» (Hervorh. v. Verf.). 43 Paleotti 1961, p. 141: «diciamo l’origine dell’imagini essersi trovata a fine che potessimo rappresentare la similitudine delle cose e con essa supplire al difetto della lontananza». 44 Cf. Paleotti 1961, pp. 231-232: «dicemo che, quanto a questo dello onesto e della virtù, non si può pienamente isprimere il frutto che da esse si riceve, ammaestrando elle l’intelletto, movendo la volontà e rifrescando la memoria delle cose divine, con produrre insieme negli animi nostri quei maggiori e più efficaci effetti che si possono sentire d’alcuna altra cosa al mondo, rappresentandoci 140 <?page no="141"?> Motus mentis nalisierung einer in die Frömmigkeitspraxis der compassio eingespeisten Ästhetik des movere klingt dabei stets auch das Trienter Präzept des «refertur ad prototypa» nach, verweist doch sein Modell einer mimetischen Evidenzierung eines Abwesenden im Medium des Bildes auf den motus mentis des Gläubigen im Vorgang der religiösen Bildandacht. In diesem Sinne weist der Theologe sakralen Bildern die Fähigkeit zu, «[di] imprimere nel popolo il vero culto di Dio e la grandezza delle cose eterne, e convertire come ministro celeste i cuori delle nazioni intiere, e cangiarli in altra forma, e seco rapirli in cielo» 45 . Sakrale Bilder haben somit die Funktion einer emotionalen Affizierung zu leisten, die keinesfalls als ästhetischer (Selbst)Zweck zu fassen ist, sondern allein der Unterstützung und Verstärkung einer Bewegung des Geistes hin zum Göttlichen dienen soll. Ihnen kommt dabei die Aufgabe zu, spirituelle Erfahrungsräume zu generieren, die den frommen Bildbetrachter hinaus aus der sichtbaren Welt führen und in eine andere, eine metaphysische Welt hineinversetzen («seco rapirli in cielo»), die innerlich erfahren wird und deren Wirklichkeitskonstituenten durch die unmittelbar erfahrene Präsenz der eigenen Affekte nachgebildet werden. 3 Pon’ mente in nobil tela: Marino und die compassio im Spannungsfeld von Religion und Ästhetik Auch wenn Giambattista Marino ein neuzeitliches Verständnis von Kunst als Kunst und das der stilistisch effektvollen Ostentation von argutezza und ingegno verpflichtete Spiel mit der Form gewiss näher lagen als der theologisch kodifizierte sancto uso religiöser Malerei, der in vielerlei Hinsicht noch auf eine - mit Hans Belting gesprochen - «Geschichte des Bildes vor dem Zeitalter der Kunst» 46 zurückverweist, so weist sein Werk doch erstaunliche Parallelen zu Paleottis Positionen auf. Dies mag zunächst überraschen, gilt doch der neapolitanische Dichter als paradigmatisches Beispiel des (früh)barocken Konzeptismus, der gemeinhin als Symptom wie auch als Agens ästhetischer Autonomisierungsprozesse gedeutet inanzi agli occhi et insieme imprimendo nei nostri cuori atti eroici e magnanimi, or di pazienza, or di giustizia et or di castità, di mansuetudine, di dispreggio del mondo, di misericordia e d’altri simili». 45 Paleotti 1961, p. 233. 46 Belting 1990. 141 <?page no="142"?> Christoph Groß wird. Hugo Friedrich, an dessen vernichtendem Diktum über den Konzeptismus kaum eine deutschsprachige Marino-Exegese vorbeikommt, spricht in diesem Zusammenhang abwertend von einem «Geflirr der barocken Sprache» 47 , das er als ein «Verdrängen der Sache und der Sachrichtigkeit», ja als «Zusammenstoß von Begriffen ohne Anschauung» 48 beschreibt. Marino, dem Friedrich die zweifelhafte Würde des «talentierteste[n] Charlatan[s] der italienischen Literatur» 49 verleiht, zeichne sich durch eine «Überfunktion des Stils» aus, bei der eine «Hypertrophie der Kunstmittel» mit einer «Atrophie der Gehalte» 50 einhergehe. Das im konzeptistischen Pointen- und Sprachspiel aus sich selbst heraus wuchernde und sich immer wieder um sich selbst drehende lyrische Wortkunstwerk verweist laut Friedrich nicht mehr auf ein transzendentales Signifikat, sondern nur noch auf die Eigenpräsenz seiner stilistischen Effekte. Obwohl Friedrichs Vorwurf sicherlich nicht grundsätzlich von der Hand zu weisen ist, lässt seine Analyse außer Acht, dass sich Marinos Werk sehr umfassend mit religiösen Themen auseinandersetzt 51 und sich darüber hinaus der (Früh)Barock als «Kunst der Gegenreformation» 52 schon per se als ein «verflochtene[s] Bezugsfeld von religiösen und ästhetischen Paradigmen» 53 präsentiert, angesichts dessen die Rede von «eine[m] Austausch, ja sogar eine[r] Gleichsetzung, zwischen der spirituellen und der ästhetischen Erfahrung» 54 keine für das Cinque- und Seicento ungewöhnliche Diskurspraktik darstellt. Auch wenn sich Marinos Poetik der meraviglia aufgrund der für sie charakteristischen Praktiken der Amplifizierung der Stilmittel und Ostentation ihrer Effekte mit einiger Berechtigung 47 Friedrich 1964, p. 647. 48 Friedrich 1964, p. 637. 49 Friedrich 1964, p. 673. 50 Friedrich 1964, p. 597. 51 Cf. Föcking 1994, pp. 251-252. Zu Recht weist Föcking in seiner Analyse einschränkend darauf hin, dass Marinos Behandlung religiöser Themen einerseits in Hinblick auf den Gattungshorizont geistlicher Lyrik von den decorum verletzenden Stilmischungen (Föcking 1994, pp. 253-260) und andererseits auf der semantisch-lexikalischen Ebene von einer Nivellierung religiöser und weltlicher Themen (Föcking 1994, pp. 260-270) gekennzeichnet ist. Wie Florian Mehltretter anhand von Marinos Versepos Adone zeigt, trifft Letzteres auch in umgekehrter Richtung auf den Bereich mythologischprofaner Dichtung zu (cf. Mehltretter 2013). Einen konzisen Überblick über den Stellenwert religiöser Thematiken in Marinos Werk und dessen Diskussion in der Forschung gibt Nendza 2020, pp. 29-36. 52 Weisbach 1921. 53 Krüger 2016, p. 28. 54 Heck 2021, p. 308. 142 <?page no="143"?> Motus mentis als Symptom einer «substantiell entlastete[n] Ästhetik» verstehen lässt, zeigt sie sich dennoch, wie Gerhard Regn nachweist, darum bemüht, «sich theologischmetaphysisch salviert [zu] sehen» 55 . So stellt Marino im ersten, der Pittura gewidmeten Teil der Dicerie sacre (1614) eine theologisch fundierte Theorie des Bildes vor, die der neapolitanische Dichter im Kontext der gegenreformatorischen Bildtheologie zu verankern versucht, indem er sich explizit unter die Ägide der vergangenen Konzilsbeschlüsse stellt: «i beni proceduti dal divoto e pietoso culto delle imagini sante che per lei s’adorano, uso infin dalla origine della Chiesa nostra ragionevolmente introdotto, indi da tutti i sacri Concilii legittimamente approvato» 56 . Mit Paleotti verbindet den Autor der Dicerie sacre zudem eine besondere Reflexion der medienspezifischen Beschaffenheit von Bildern sowie ihrer über die Rhetorik abgesicherten Funktionsbestimmung. Für Marino stellen Bilder höchst effiziente «stromenti da risvegliar la memoria» dar, indem sie den älteren Erinnerungsbildern durch die Zufuhr von der visuellen Wahrnehmung entnommenen «fantasimi» 57 zu neuer Frische verhelfen. Während Sprechen bei den Rezipienten ein «sentire con l’intelletto» einfordert, ermöglichen die auf dem Prinzip der Bildevidenz basierenden pikturalen Nachahmungen spiegelbildlich ein «intendere co’ sensi» 58 . Dies erleichtert die Aufnahme bildlicher Darstellungen durch ein breiteres Publikum und begründet den religiösen Nutzen sakraler Bilder: Während Sprache - und somit auch die Dichtung - immer schon einen erudierten Modellleser voraussetze, sei die Malerei «intelligibile ad ogni qualità di persone, eziandio ignoranti» 59 . 55 Regn 2000, p. 382. 56 Marino 2014, p. 71. 57 Marino 2014, p. 67. Zu Marinos Rückgriff auf den der aristotelischen Anthropologie entnommenen Phantasmata-Begriff cf. auch Flemming 2013, pp. 24-25. 58 Marino 2014, p. 124. 59 Marino 2014, p. 124. Auch Paleotti hat auf die besondere Eignung pikturaler Bildmedien hingewiesen, Inhalte und Botschaften zu transportieren, die für die breite Masse direkt verständlich seien. Damit schließen beide an die oben skizzierte bildtheologische Auffassung des Sakralbildes der scriptura laicorum an und ergänzen sie um das Prinzip unvermittelter Bildevidenz: «È certo gran meraviglia che, per volere intendere qualche libro, vi sono necessarie sì difficili cose, come la cognizione della lingua, il maestro, l’ingegno capace e la commodità d’imparare, tal che la cognizione loro si ristringe solo in pochi, che si chiamano dotti et intelligenti; dove che le pitture servono come libro aperto alla capacità d’ogniuno, per essere composte di linguaggio commune a tutte le sorti di persone, uomini, donne, piccioli, grandi, dotti, ignoranti [. . . ]. Si aggiunge che, con brevità grandissima, anzi in 143 <?page no="144"?> Christoph Groß Neben den Dicerie sacre hat sich Marino vor allem im Kontext seiner Gedichtsammlung La Galeria 60 mit Werken sakraler Malerei auseinandergesetzt. Diese Sammlung besteht aus 624 Bildgedichten im Sinne Gisbert Kranz’ 61 , von denen die meisten entweder ekphrastisch oder enkomiastisch auf zeitgenössische Gemälde und Skulpturen verweisen 62 . Der Großteil der dort behandelten Werke stellt historische Porträts und mythologische Sujets aus; jedoch lässt sich in der Galeria auch eine Reihe von Gedichten vorfinden, die unter der Überschrift Historie subsumiert werden und sakrale Gemälde zum Gegenstand haben. Bei diesen fällt auf, dass Marino, ähnlich wie schon Paleotti, eine Ästhetik des movere mit einer impliziten Theorie des motus mentis verknüpft, indem der durch das Bild affektiv bewegte Betrachter zum spirituellen Teilnehmer an der im Bild dargestellten Szene wird. Das Modell der religiösen Bildandacht wird bei Marino durch die Formel des «Pon’ mente in nobil tela» 63 explizit aufgerufen und verbindet so die Dimension der ästhetischen Betrachtung mit einer bildtheologisch informierten Funktionalisierung der sprachlich referenzierten Gemälde. Zusammen mit dem Blick soll vor allem auch das Auge des Geistes auf die Leinwand gerichtet werden. Auf diese Weise gerät das Sakralbild zum medialen Relais einer meditativen Vergegenwärtigung des in ihm dargestellten Prototypen. Beispielhaft wird dieser Vorgang in dem Gedicht über ein Andachtsbild des ligurischen Malers Luca Cangiasi (auch: Cambiaso) deutlich, das Christus an der Geißelsäule zeigt: Christo alla colonna di Lvca Cangiasi in casa di Giovan Carlo Doria Dele sferze spietate In te da cruda man vibrate e mosse Le rabbiose percosse - ahi chi non sente Flagellato innocente? Meraviglia non è, c’habbia a sentire Vn verace martìre Chi tien nel finto tuo le luci intente Poiché tu parimente un momento, o più tosto in uno sguardo, fanno capaci subito le persone; dove nei libri provano gli eruditi quanto tempo et oglio vi si consuma per intenderli» (Paleotti 1961, p. 221). 60 Marino 2005. 61 Cf. Kranz 1973, p. 9; zu Marino bes. pp. 42-43. Auf Marinos ikonische Gedichte trifft, von wenigen Ausnahmen abgesehen, Kranz’ fünftes Definitionskriterium zu («Ein Gedicht, dessen Thema ein Werk der bildenden Kunst ist»; Kranz 1973, p. 9). 62 Zur Einführung in das Werk sei auf den von Christiane Kruse und Rainer Stillers 2013 herausgegebenen Sammelband sowie die Aufsätze von Stillers 2006; Martini 2007; Caruso 2009 verwiesen. 63 Marino 2005, p. 77. 144 <?page no="145"?> Motus mentis (Oh d’egregio pennel potere immenso! ) Insensibile hai senso. 64 Das Gedicht beginnt mit einer Beschreibung der Bilderzählung, die als Apostrophe an den im Bild dargestellten und als «Flagellato innocente» bezeichneten Christus- Figur modelliert ist. Bereits ab dem dritten Vers wird, hervorgehoben durch die affektisch indizierte exclamatio des «ahi chi non sente», der Fokus vom Bildsujet auf die Wirkmacht versetzt, die der Anblick des Bildes auf seine Betrachter ausübt. Die anfängliche Ansprache des abgebildeten Christus verschiebt sich auf diese Weise in Richtung einer Ansprache eines potentiellen, nur ex negativo genannten Kollektivs, das diesseits des Bildes, d.h. auf der Seite der Betrachtenden, verortet wird. In der gleichen Bewegung werden die descriptio der Bilderzählung und die descriptio der Wirkung des Bildes in seiner Eigenschaft als imago pietatis miteinander verschränkt. Gemeinsam verweisen sie auf die religiöse Funktionalisierung des Bildes als Aufforderung zum emotionalen Nachvollzug der Leiden Christi in der Andacht vor dem Bild. Im weiteren Verlauf des Gedichts wird ein semantischer Gegensatz zwischen dem Folterer und einem modellhaften, nicht namentlich genannten Bildbetrachter etabliert, der Ersterem negativ entspricht 65 . Während der Folterer als grob, gewaltsam und gefühlskalt ausgewiesen wird und seine Geißelhiebe bereits angesichts des Adjektivs «spietate» von vornherein jede Möglichkeit von Mitleid auszuschließen scheinen, erweist sich der Betrachter des Bildes als in höchstem Maße empfänglich für die compassio, verstanden als gleichermaßen emotionaler wie mentaler Nachvollzug der Passio Christi. Während der Folterer zwar die Geißel bewegt, im Inneren jedoch unbewegt bleibt, wird der modellhafte Bildbetrachter von heftigen Gemütsbewegungen erschüttert. Das auf dem Bild dargestellte Leid erweckt diesseits der Leinwand das Mitleiden des Betrachters, der sich meditativ auf die dargestellte Szene einstimmt. 64 Marino 2005, p. 70. 65 Da der Text jedoch keinerlei Personaldeiktika enthält, die Rückschlüsse auf die Identität, Position und Rolle der lyrischen Sprechinstanz geben könnten, und er stattdessen mit Formulierungen arbeitet, die auf eine semantisch nicht determinierbare, da potentiell infinite Kollektivmenge abzielen («chi non sente»; «c’habbia a sentire»), bietet sich dieser Modellbetrachter an, im Sinne einer Iser’schen Leserrolle von den Lesenden der Galeria ausgefüllt zu werden. Die durch den Text vorausgesetzte Leserrolle besteht somit nicht nur darin, zusammen mit dem Sprecher - und durch diesen vermittelt - auf das Bild zu blicken, sondern insbesondere auch darin, die affektive Wirkung des Bildes gleichsam am eigenen Leib zu erfahren. 145 <?page no="146"?> Christoph Groß Wie durch die Isotopie der Bewegung («vibrate e mosse») im Verbund mit der dreifachen Nennung des Verbs sentire in seinen unterschiedlichen Flexionsformen verdeutlicht wird, zieht sich die Ästhetik des movere wie ein roter Faden durch das Gedicht und suggeriert die Vorstellung einer kausal begründeten Kongruenz der Affekte des gemarterten Christus mit jenen des durch den mitleiderregenden Bildeindruck spiegelbildlich gemarterten Modellbetrachters. Die emotionale Wirkmacht des Bildes wird dabei als eine zwangsläufige Konsequenz des Betrachtens dargestellt, der man sich nicht entziehen könne («chi non sente», «c’habbia a sentire»). So wird auch im sechsten Vers nicht etwa das im Bild dargestellte Leid Christi als «[u]n verace martìre» attribuiert - nein, das Martyrium, von dem hier die Rede ist, bezieht sich vielmehr auf das innere Leid des Betrachters, der seinen Blick beharrlich auf den «finto» des Bildes richtet. Somit wird zwar die Passio Christi auf der Leinwand visuell abgebildet, der eigentliche Vorgang ihrer Vergegenwärtigung realisiert sich jedoch erst in der mentalen wie auch affektiven Erfahrungsdimension des Betrachters. An die Stelle der pikturalen Illusion, des «finto» der Nachahmung, tritt die Kategorie des «verace», d.h. die gefühlte - dabei aber gerade durch den Gefühlswert ontologisch verbürgte - Wirklichkeit der compassio, die Leid und Mitleid in eins führt. Die Wahrheit des Gefühls kompensiert die Fiktionalität der Nachahmung. Der Vorgang der Bildbetrachtung lässt sich mitnichten mit den Begriffen ästhetischer Erfahrung beschreiben, sondern ist selbst schon zu einem die Bilderzählung spiegelnden, dabei aber affektisch durchlebten «verace martìre» geworden. Hierdurch erschließt sich nun auch die oxymorale Charakterisierung des abgebildeten Messias als eines gefühllos Fühlenden («Insensibile hai senso»), die gleichsam die konzeptistische Schlusspointe des Gedichts bildet: Denn als bloßes pikturales Abbild ist dieser nicht zur Empfindung fähig - allein in der emotionalen Reaktion auf das Abbild wird das dargestellte Leid «parimente» im Bewusstsein des sich in das Bild meditativ versenkenden und von compassio erfüllten Betrachters aktualisiert. Vor diesem Hintergrund ist auch der Ausruf der Wehklage («ahi») im dritten Vers zu verstehen. Im Sinne der Dichtung als eine «pittura parlante», die imstande ist, die «poesia taciturna» 66 pikturaler Darstellungen wirkungsvoll zu ergänzen, kompensiert der von der compassio bewegte lyrische Sprecher über die Interjektion die als Leerstelle auftretende Stille des gemalten Christus und füllt somit des- 66 Marino 2014, p. 123. 146 <?page no="147"?> Motus mentis sen supponierte Verhaltensrolle aus. Anders ausgedrückt, empfindet der Betrachter den Schmerz als Stellvertreter des bildlich dargestellten und somit nicht mehr zu Leidempfindung fähigen Christus. Der Betrachter wird somit zu einem zweiten «Flagellato innocente», der die wirkmächtigen, emotional affizierenden Effekte des Bildes über sich ergehen lässt wie Christus die Geißelhiebe seines Folterers. Anstelle einer Geißel bekommt er die Gewalt von Cangiasis Pinsel zu spüren («Oh d’egregio pennel potere immenso»), der hierdurch in die Nähe der Arma Christi gerückt wird. Als Werkzeug einer nunmehr ästhetisch-medial vermittelten Passion wird dieser allerdings zwar nicht von einer «cruda man» geführt, sondern in der Formel des «egregio pennel» enkomiastisch nobiliert und weist die Qualität von Bild und Maler aus. Auch wenn der Bildeffekt letztlich nicht der Kraft des Glaubens, sondern dem Pinsel des Malers - und somit einem primär kunstästhetischen Vermögen - zugeschrieben wird, so erweist sich hier eine im Dienst der compassio stehende Ästhetik des movere als eine - im Sinne Paleottis - direkt zur Frömmigkeit anregende Kraft, bei welcher der Betrachter in die Wirklichkeit der biblischen Szene regelrecht hineingezogen wird. 4 Schluss In Bezug auf die Diskursivierung von Praktiken der Bildandacht ähneln sich die sonst so grundsätzlich verschiedenen Autoren Paleotti und Marino insofern, als bei beiden Autoren zwei Metaphoriken der Bewegung ineinander verschränkt werden: auf der einen Seite die Vorstellung von einer (ästhetisch vermittelten) Bewegung der Affekte im Zeichen religiöser compassio und auf der anderen Seite die Idee eines motus mentis im Sinne einer Bewegung des Geistes hin zu einer spirituellen Präsenzerfahrung, bei der die meditative Versenkung in sakrale Bilder zur Erfahrung einer unmittelbar affizierenden Wirklichkeit führt. Die in der Ästhetik des movere anvisierte Gemütsbewegung der compassio, die im emotionalen Nachvollzug des im Bild dargestellten Leids eine Bewegung der Aufmerksamkeit nach außen, d.h. zum Bild hin, beschreibt, erweist sich somit als Vektor und Katalysator einer Bewegung des Geistes nach innen, in deren Zuge Modalitäten der ästhetischen Erfahrung und der spirituellen Andacht zusammengeführt werden. 147 <?page no="148"?> Christoph Groß Diese Prozesse sind allerdings bei Marino stets ästhetisch gebrochen. Marino übernimmt die bildtheologischen Vorgaben seiner Zeit, sucht aber zugleich auch deren Widerstände und Differenzen hinsichtlich der manieristisch-konzeptistischen Konstituenten einer Ästhetik der «demonstrative[n] Artistik» 67 effektvoll zu nivellieren. Während bei Paleotti und ganz allgemein auch in der tridentinischen Bildtheologie der kunstästhetische Gehalt sakraler Bilder eine klar untergeordnete Stellung innehat, indem er das Mittel, nicht aber den Zweck des religiösen Bildgebrauchs bezeichnet, lässt Marino die Dimension des Künstlerisch- Medialen gleichsam durch die Hintertür wieder herein. Dies geschieht zum einen über die subtile Markierung der Eigenleistungen der Sprache, die im Sinne der Dichtung als ‹pittura parlante› dem Schweigen des Bildes das Wehklagen des gegeißelten Christus entlockt; zum anderen durch die Attribution der Bildwirkung auf die Macht des ‹egregio pennel› des Malers, welche die religiöse Thematik subtil in Richtung des für die Galeria so charakteristischen Gestus enkomiastischen Künstlerlobs lenkt. Auch wenn sich Marino bemüht zeigt, seine Lesenden in die ‹Wirklichkeit› der Bilderzählung affektiv wie imaginativ hineinzuführen, so lässt er dennoch durchscheinen, dass, im Gegensatz zur tridentinischen Prototypenlehre, die Ursache dieser Bewegung nicht auf das metaphysische Urbild, sondern vielmehr auf den ingegno des Malers zurückzuführen ist. Die kirchliche Lehre vom sancto uso der Bilder schreibt sich auf diese Weise in Marinos Dichtung ein, nicht jedoch ohne dass auch Marino seine zumindest tendenziell kunstautonome Poetik in das Sprechen über diese Bilder einbringt. Bibliographie Quellen Alberti, Leon Battista ( 3 2002): Della Pittura - Über die Malkunst, hg. und übers. von Oskar Bätschmann und Sandra Gianfreda, Darmstadt. Cicero, Marcus Tullius (2007): De Oratore / Über den Redner, hg. und übers. von Theodor Nüßlein (Sammlung Tusculum), Düsseldorf. 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Systematische Aspekte einer ästhetischen Kategorie», in: Wolfgang Braungart (Hg.): Manier und Manierismus (Untersuchungen zur deutschen Literaturgeschichte 106), Tübingen, pp. 1-14. Zymner, Rüdiger (1995): Manierismus. Zur poetischen Artistik bei Johann Fischart, Jean Paul und Arno Schmidt, Paderborn. Abstract: Nella prima età moderna una parte significativa dei dibattiti teologici sull’uso delle immagini religiose gravitava attorno al loro ruolo come ausili o ostacoli nel movimento della mente verso Dio. Secondo il decreto finale del Concilio di Trento, la venerazione non doveva essere indirizzata alle immagini stesse, ma ai prototipi a cui le immagini si riferivano solo in senso semiotico. La dizione «refertur ad prototypa» suggerisce un atto di astrazione intellettuale, utilizzando la metafora del movimento: la venerazione delle immagini era quindi vista come un movimento che superava l’oggetto fisico dell’immagine, in cui il fedele doveva fare un riferimento mentale a un referente metafisico. Nel Discorso intorno alle immagini sacre e profane (1582), Gabriele Paleotti coniugò le posizioni tridentine con una retorica del movere. L’obiettivo principale della sua teologia dell’immagine consiste nell’amplificare il movimento della mente verso il prototipo attraverso una stimolazione emozionale, unendo così la qualità artistica dell’immagine alla sua funzione religiosa. Questo approccio era ampiamente riconosciuto nell’età post-tridentina, come dimostrato dalla Galeria (1619/ 20) di Giambattista Marino. In questo volume di poesie, Marino esplorò le contraddizioni e le convergenze tra la dimensione emotiva delle immagini sacre e la loro funzione spirituale trascendente. Il concetto del movere fungeva da mediatore tra l’immagine fisica e la sua dimensione metafisica, consentendo all’intelletto di spostarsi verso quest’ultima. Il movimento degli affetti, ottenuto attraverso l’esperienza emozionale delle immagini sacre, catalizzava il movimento interiore della mente, unificando così contemplazione estetica e spirituale. 155 <?page no="156"?> Christoph Groß Biobibliografisches Profil: Christoph Groß ist Akademischer Rat a.Z. für französische und italienische Literatur am Romanischen Seminar der Ruhr-Universität Bochum. Seine Dissertationsschrift befasste sich mit Schmerz als ästhetischem Phänomen in Charles Baudelaires Lyrik, Kunst- und Literaturkritik. In seinem aktuellen Habilitationssprojekt untersucht er frühneuzeitliche Konzeptionen und Figurationen spiritueller Wahrnehmung im Spannungsfeld von Ästhetik und Aszetik. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Visual Culture, Intermedialität, historische Emotionsforschung und Medical Humanities. Publikationen in Auswahl: Agonie et extase. Baudelaire et l’esthétique de la douleur, Paris 2021; «Baudelaire et le Parnasse, ou l’éros du beau: sur une strophe inédite des Bijoux», in: Baudelaire et ses autres. Textes réunis par Patrick Labarthe, Genève 2023, pp. 393-422 ; «Von der Klage der Stimme und dem Schweigen der Schrift. Zur Medialität des Mitleids in Maurice Scèves Délie», in: Poetica 53 (2022), 209-230; «Folle chi crede agli occhi! Bewunderung und Verwunderung als affektive Konstituenten des ästhetischen Urteils bei Giambattista Marino», in: Peter Kuon (Hg.): Die Kunst des Urteils in und über Literatur und Kunst, Heidelberg 2022, pp. 291-308; «Affekte in absentia. Das Porträtbild als Movens des Gefühls bei Rousseau und Diderot», in: Germanisch-Romanische Monatsschrift 71 (2021), pp. 127-152. 156 <?page no="157"?> Gianni Cimador Un paesaggio della continua meraviglia: Saba, Trieste e il movimento della modernità Tra 1892 e 1912, negli anni in cui avviene la formazione umana e letteraria di Umberto Saba, sugellata dalle poesie di Trieste e una donna (1910-1912) 1 , Trieste vive l’apice di uno sviluppo tumultuoso, iniziato nei primi decenni del Settecento, con l’istituzione del Porto Franco da parte di Carlo VI nel 1719, e proseguito lungo tutto l’Ottocento 2 , stimolato da un flusso inarrestabile di merci che arrivano nella città da ogni parte del mondo e la fanno crescere rapidamente, come un adolescente che non è pienamente consapevole di quanto gli stia accadendo e dei problemi connessi a un mutamento così veloce, ma è inebriato dal dinamismo che lo percorre e stordisce. Già alla fine del Settecento, nelle Riflessioni politiche sopra il prospetto attuale della città di Trieste, redatte per conto del governo austriaco, il triestino Antonio de Giuliani, funzionario del tribunale di Vienna, sottolinea l’eccezionalità e la grandiosità dello sviluppo di Trieste, luogo dalle immense potenzialità future, nel quale è possibile «gettare i fondamenti di una Città capace a rinchiudere nel suo seno commercio, industria, navigazione» 3 : Si può dire che il commercio presso di noi non faccia che nascere. Farlo nascere era il più difficile, i successivi sviluppi dovranno necessariamente venire in oggi che le operazioni politiche non anno altro fine che quello. Il movimento, che Trieste presenta ne’ suoi principi, non è niente indifferente. Dalla maggior parte si credono esaggerati i suoi progressi per la stessa ragione che non si credevano mai possibili. 4 1 Al riguardo si può vedere Castellani 1986. 2 Si veda Apih 1988, pp. 7-56. 3 de Giuliani 1785, p. 123. 4 de Giuliani 1785, pp. 55-56. 157 <?page no="158"?> Gianni Cimador Come evidenzia Sergia Adamo, nelle riflessioni di Giuliani, «[l]a contemplazione dell’orizzonte aperto del mare sembra essere la causa che stimola il desiderio di attività, il fermento inventivo e pratico quasi, saldando il paesaggio con l’evoluzione commerciale, con l’intervento umano, a voler sottolineare la naturalità di questo sviluppo, la sua ineluttabilità» 5 . Il senso di meraviglia e sorpresa per una città che, arrivando sia via terra sia via mare, sembra apparire e prendere forma quasi improvvisamente rispetto al paesaggio che la circonda e colpisce per il suo sviluppo altrettanto repentino, è l’elemento che accomuna molti viaggiatori tra la fine del Settecento e gli inizi dell’Ottocento: nelle descrizioni di Rzehak, Azuni, Meerman, Desaix, Küttner c’è il tentativo di cogliere, con uno sguardo panoramico e necessariamente variabile, una realtà inedita e multiforme, in continuo movimento e sempre diversa a seconda dei punti di vista da cui la si osserva, emblematica della vita moderna 6 . A stimolare un ulteriore sviluppo della città sarà poi la costruzione della ferrovia che nel 1857 collega Trieste con i Paesi nordici, diventando un ponte di collegamento tra questi e l’Oriente e portando la città a competere con Amburgo: nello stesso anno Karl Marx, sulle pagine del New York Herald Tribune, scrive che «[i]l completamento della ferrovia da Trieste a Vienna con una ramificazione da Cilli a Pest determinerà una rivoluzione nel commercio austriaco, dal quale nessuno trarrà maggior vantaggio di Trieste» 7 . Qualche anno dopo, lo scrittore tedesco Julius Rodenberg, osservando che «da quando c’è la ferrovia, si passa con un salto brusco e prodigioso, da settentrione a mezzogiorno» 8 , rileva anche lo sbalzo di percezione prodotto dal treno. Le merci, il loro transito continuo, dettano il ritmo di una città che, nell’arco di due secoli, passa da cinquemila abitanti a duecentocinquantamila, con uno sforzo pionieristico che si traduce nella costruzione di nuovi quartieri con un carattere cosmopolita come il Borgo Teresiano, nel quale anche i palazzi riflettono, oltre al legame indissolubile tra Trieste e il suo porto, la nuova etica mercantilistica, che definisce l’anima di tutta la città, il cui destino storico è strettamente intrecciato a quello commerciale, come sottolinea Anita Pittoni: 5 Adamo 2004, p. 34. 6 Al riguardo si veda sempre Adamo 2004, pp. 43-48. 7 Si veda Botteri 1988, p. 154. 8 Rodenberg 1865, pp. 95-96. 158 <?page no="159"?> Saba, Trieste e il movimento della modernità Interessante l’anima della casa del negoziante. All’esterno essa non dà alcuna impressione del grande lavoro che si svolge all’interno: col suo grigio incolore, i suoi parchi ornamenti appena scritti con ordine sulla facciata: lesene, bassorilievi a bordura e nelle lunette, con nel mezzo il suo poggiolo di trina di ferro e gli scuretti dipinti di bianco, la casa ha un’aria ingenua e tranquilla, con qualcosa di fragile. Entri a pianterreno e, inaspettatamente, tutto cambia; non sai come sia, ti trovi in un ambiente che dà il senso della vastità e della sicurezza; devi convenire che il magazzino delle merci è il protagonista della casa. I suoi forti pilastri, dai quali partono le arcate, vi poggiano le volte a crociera, il ritmo che ne acquista il vuoto, tutto dà un senso piacevole di calma solidità; senti che le merci sono le signore della città, le bene amate; che tutta la famiglia della piccola comunità, dell’intera città, poggia la sua esistenza sulle merci, è sostenuta dai pilastri e dalle volte dei suoi innumerevoli magazzini, si nutre dei suoi odori, odori di famiglia, ariosi, che vagano per tutta la città. I magazzini sono sempre odorosi; le merci non vi sostano a lungo, vengono da lontano e vanno lontano, continuamente. 9 Lo spirito effervescente e dinamico che caratterizza la borghesia a Trieste sotto il dominio austro-ungarico produce per Anita Pittoni un «paesaggio della continua meraviglia» 10 , espressione di un vitalismo che non rimane soltanto a livello superficiale ma provoca anche sommovimenti interiori e una continua tensione verso nuovi orizzonti, reali e immaginati, tipica di una società d’avanguardia, di un mondo che non ha limitazioni metafisiche e trascendentali, fatto di individui ambiziosi, di lotte segrete e accanite, di incontri e scontri fra razze diverse, accomunate tutte dalla fiducia nella propria azione e da una forte e combattiva autocoscienza: Preoccupato, distratto, restìo, la meraviglia ti afferra, la contemplazione s’impossessa di te, ti porta inconsapevolmente al raccoglimento, alla meditazione, ti apre gli orizzonti, alla conquista cosciente del gioco interiore dei sentimenti... Febbre di traffici, di attività, d’interessi: nulla resiste al fascino della «barbara terra di Trieste»; fascino che, da visivo, si fa interiore, spettacolo che diventa patrimonio spirituale di un popolo, quasi una base di sicurezza, paesaggio che è orgogliosa conquista. Trieste è un mondo; un mondo che ti entra dentro chiunque tu sia, da qualunque parte tu venga, presente nello svolgimento dei tuoi pensieri, in tutti i momenti della tua vita; un mondo che ti attende al traguardo e con il quale, a un dato punto, devi fare i conti. 11 Anche dal punto di vista letterario Trieste è una città di pionieri e costruttori, impegnati in «[u]n lavorìo continuo di analisi, di confronti, di revisioni, una continua 9 Pittoni 1968, p. 40. 10 Pittoni 1968, p. 61. 11 Pittoni 1968, pp. 61-62. 159 <?page no="160"?> Gianni Cimador ricerca dei rapporti: reali, immaginati, costruiti, per impossessarsi dell’Uomo nella comunità» 12 : In questo dramma, che è lo sbocco ultimo e conseguente della comunità degli emigrati pionieri si muove la nuova letteratura triestina, creando tutta una topografia che rispecchia la topografia dei mercanti, ma che si fa più complessa e si realizza nell’opera scritta; topografia a più piani comunicanti: sotterranea, tutta a viuzze e vicoli tortuosi e androne; ma con sbocchi alla luce, dei pertugi che si aprono su ardue scalette e salite, tutto un arrampicarsi coraggioso per arrivare ai ponti e ponticelli, alle vie aeree, uno snodarsi di passaggi, un intrico di movimento che ripete il ritmo sotterraneo, ma alla luce, all’aria circolante; in alto - la conquista di sé - ma solo quel tanto che basta per vedere l’insieme palpitante degli uomini; per poi ridiscendere e mescolarsi tra la folla delle vie con un’andatura di buona creatura umana, che nulla sa più degli altri, discreta e . . . ignorante, meravigliata, con la propria esperienza segreta chiusa nel cuore, mimetizzata perfino ai propri occhi: per ritrovarsi tra gli altri e con gli altri, nel dolore e nel godibile, nella pratica della vita . . . 13 Il movimento e la crescita inarrestabile che caratterizzano ogni aspetto di Trieste proiettano la città nel Futuro e rendono evanescente il senso del Passato: al riguardo Marx, nel 1857, osserva che, rispetto a Venezia, Trieste «aveva il vantaggio [. . . ] di non possedere alcun passato. Composta da una variopinta e disordinata compagine di commercianti e speculatori, italiani, tedeschi, inglesi, francesi, greci, armeni ed ebrei, non era gravata da tradizioni come la città della laguna» 14 . L’assenza di un Passato e di tradizioni culturali, se da un lato favoriscono lo slancio imprenditoriale e l’attivismo, dall’altro alimentano, tuttavia, una sottile inquietudine che deriva dal bisogno, sentito soprattutto dalla borghesia ottocentesca, di definire la propria identità e dalla consapevolezza della sua precarietà: Città senza la continuità di un passato, essa era una città borghese per eccellenza, nata, cresciuta ed esistente - sul piano economico e su quello spirituale - soltanto in questa dimensione mercantile. Priva di una storia illustre, Trieste aveva alle proprie spalle solo una recente preistoria minimale, le ramificate ascendenze dei suoi cittadini provenienti dalle più diverse contrade, gli innesti gli incroci e gli scontri che costituivano un latente tessuto di contraddizioni, di lacerazioni rimosse, di perplessità e inquietudini, represse sotto il decoro del contegno borghese e dell’architettura neoclassica - di quell’architettura 12 Pittoni 1968, p. 57. 13 Pittoni 1968, pp. 56-57. 14 Si veda Botteri 1988, p. 152. 160 <?page no="161"?> Saba, Trieste e il movimento della modernità neoclassica che dà alla città teresiana e ottocentesca un suo pathos solido e segreto, convenzionale e insieme elusivo. [. . . ] Sotto la grigia correttezza del costume borghese nasce la vocazione all’analisi. 15 Anche Adolfo Leghissa, che in Trieste che passa descrive nostalgicamente la città nei tre decenni precedenti la Prima guerra mondiale, pone l’accento sul grande ed euforico dinamismo che dal porto si propagava a tutti i vari ambiti del contesto urbano, rilevando che «Trieste era anche una scuola di vita, quella che informa, riforma e trasforma con l’esempio e con l’attività» e individuando l’essenza più profonda della città nel movimento febbrile innescato dal transito continuo di merci e denaro: Dal veliero al transatlantico, dal treno merci all’ultima carrettella spinta a braccia, tutto si muoveva, sotto le direttive degli esperti senza tregua, senza posa come presi nel vortice di una danza tutta febbre. Si può dire che a Trieste allora fossero ignorati il riposo e l’inerzia. La spinta dall’alto s’irradiava per vibrazione in ogni ambiente. Nei grandi magazzini come nei modesti depositi, nei negozi di lusso come nei mercati popolari, fino ai venditori stradaioli ambulanti. La città non aveva che un moto: scambio di denaro con merci e viceversa. 16 Come testimonia sempre Leghissa, evocando il mondo pittoresco e animato delle osterie che anche Saba amava per la presenza in esse di una umanità autentica, lo stesso movimento caratterizzava la vita notturna di Trieste, soprattutto nei rioni popolari, dove «[i]n certe serate di baldoria, la città [. . . ] sembrava colpita da un movimento di terremoto ondulatorio, poiché nelle vie il traballamento dei passanti era quasi generale» 17 . Si tratta di un’energia sprigionata dai corpi, attivi e operosi anche nella ricerca del piacere oltre che nel lavoro, pervasi da un anelito indefinibile a oltrepassare i limiti dell’individualità e a fondersi in un’unica massa indistinta: Spesso, a tarda ora, gli abitudinari del «Fumo» erano una famiglia di umani che morivano uomini per essere trasformati in cenci. Morivano, a poco a poco, accasciandosi gli uni sugli altri, sfasciati sopra i tavoli, sulle panche, sul pavimento, lenti, grevi, con le movenze incomposte, con le facce irriconoscibili. Le braccia brancolavano meccanicamente nel vuoto, come i tentacoli di un polipo ferito a morte. Era lo sforzo istintivo per riprendere la posizione eretta, la 15 Ara / Magris 1982, p. 32. 16 Leghissa 1981, p. 73. 17 Leghissa 1981, p. 159. 161 <?page no="162"?> Gianni Cimador posizione d’uomini. Era quella massa un groviglio di corpi e di arti che si cercavano, si respingevano or abbracciandosi or percuotendosi nell’incoscienza dei movimenti. Da quel brulicame umano si levavano voci strane per colore e per accento. Voci profonde, sibilanti, gutturali, chiocce, cavernose, sfiatate. Erano le voci di un mondo subcosciente, misterioso, impenetrabile. Erano i canti di gioia di una umanità che si sente felice di tuffarsi in una specie di nulla. 18 I due aspetti rilevati da Pittoni e Leghissa, quello più diurno e apollineo di una città portuale laboriosa che non si ferma mai e quello più dionisiaco e notturno di una incontenibile tensione verso un’ebbrezza che crea uno spazio precario, fluttuante, provvisorio, sono le manifestazioni complementari di un’identità che non si presenta mai in una consistenza stabile, ma è sempre mutevole, ambivalente, e non può essere definita se non da categorie contraddittorie e divergenti, perché genera, con la sua mutevolezza, sempre nuovi tipi di percezione, che mettono in crisi ogni tentativo di una sola lettura e interpretazione: Trieste ha le caratteristiche di una Modernist Identity, di uno spazio transitivo e pieno di potenzialità, che rischia tuttavia continuamente lo smarrimento e la dispersione, proprio per l’eccesso di potenzialità della sua identità anomala 19 , dovuta al retroterra meticcio e impuro, alla grande varietà umana e alla simultaneità di fenomeni culturali diversissimi che si sono intrecciati in un contesto circoscritto e in tempi relativamente brevi. Anche Elvio Guagnini sottolinea l’eccentricità di una psicologia lacerata e combattuta tra impulsi individualistici e desiderio di immersione nell’esperienza quotidiana e collettiva (Saba), tra tensioni naturali conscie e inconscie dell’io e ruoli coattivi imposti da una società borghese moderna efficientistica (Svevo), una psicologia - ancora - caratterizzata dallo sforzo di stabilire un difficile rapporto tra suggestioni e matrici nazionali e culturali compresenti nello stesso contesto: una tensione in cui si innesta il problema della presa di coscienza di un rapporto - conflitto tra una natura primitiva e potenzialmente rigeneratrice, una realtà cittadina che può essere punto d’avvio di nuovi e più ampi rapporti su scala assai vasta, un’etica del lavoro che può dare senso generante a queste potenzialità, con uno sforzo di volontà e autorevolezza (Slataper). 20 Come rilevano sempre Ara e Magris, anche la letteratura che nasce in questo contesto agli inizi del Novecento riflette tutte le contraddizioni di una identità senza 18 Leghissa 1981, p. 156. 19 Al riguardo si vedano Soja / Hooper 1993, pp. 183-205, e Kern 2011, p. 95. 20 Guagnini 1988, p. 280. 162 <?page no="163"?> Saba, Trieste e il movimento della modernità radici forti e ben definite, legata soprattutto alla dimensione mercantile, alla sua mutevolezza: La mésalliance fra Apollo e Mercurio determina però anche un’inquieta insicurezza, una trasvalutazione, e fa di Trieste un ambiguo «posto di transizione» dove «ogni cosa è duplice o triplice»; «il carattere trafficante» di Trieste sovrasta «come un grigio piombo» sull’atmosfera della città, ma le conferisce «un’originalità d’affanno» (Slataper). In una città priva di tradizioni culturali la letteratura che esula dal pantheon umanistico delle lettere non conosce alcuna istituzionalizzazione, non assume la dignità di un’attività, ma viene coltivata come un vizio segreto, fra le pause e gli intervalli dell’esistenza sociale e lavorativa. Lo scrittore è un clandestino, un commerciante dedito a un vizio solitario e disprezzato, come accadrà a Svevo, ma questa clandestinità gli conferisce la verità dello scrittore moderno, che non può far parte di alcuna istituzione o società letteraria ma è costretto, se vuol essere un poeta fantastico, ad essere un randagio ed un transfuga, un naufrago senza tavole della legge né colonne della società, uno che scrive scarabocchi e li affida a bottiglie vaganti per l’ignoto. 21 Nel caso della Trieste dei primi anni del Novecento, non è più possibile pensare alla città in un senso binario, ottocentesco: ci troviamo in uno spazio contaminato, dai confini labili, attraversato da flussi di persone in continuo movimento, appartenenti a mondi e culture diversi, che non si può più leggere in un’ottica statica ed è fonte incessante di stimolazioni sensoriali. È uno spazio che mette in discussione l’identità. 22 Trieste rivela la «crisi di abbondanza» 23 che caratterizza la cultura urbana di inizio secolo, con il livellamento delle gerarchie e l’affermazione di tempi e spazi diversi: anche le avanguardie artistiche di questo periodo, privilegiando le forme aperte, testimoniano la difficoltà di catturare la natura fluida del movimento e del tempo; si verifica una sempre maggiore integrazione della sequenza temporale con le forme dello spazio, uno sviluppo al quale contribuiscono l’impatto delle automobili, la luce elettrica e il cinema che produce la percezione della simultaneità; entra in crisi il principio di non contraddizione e viene messa in discussione la stabilità della materia, formata da particelle elettriche in movimento. L’esperienza discontinua di uno spazio mobile e di un tempo transitorio e frammentato, che si presenta, in senso bergsoniano, come flusso, fatto di attimi 21 Ara / Magris 1982, pp. 72-73. 22 Al riguardo si veda Cinquegrani 2007, p. 22. 23 Kern 1988, p. 15. 163 <?page no="164"?> Gianni Cimador ed eventi senza nessi evidenti, è quella di una modernità che per Baudelaire si vive nella grande metropoli, definita da ciò che è «transitorio, fugace, fortuito, la metà dell’arte di cui l’altra metà è l’eterno e l’immutabile» 24 : si tratta di un nuovo oggetto estetico, fondato sulla contingenza effimera del Presente, sulla metamorfosi continua della superficie della realtà quotidiana, che mettono in discussione le categorie tradizionali di causalità, necessità storica e necessità naturale. La modernità è una crisi permanente, e il mutamento è il suo principio costitutivo, che richiede una narrazione in movimento dello spazio, capace di registrare i veloci cambiamenti di percezione prodotti dai processi di modernizzazione tecnologica. L’artista di cui parla Baudelaire nel Pittore della vita moderna è sempre ebbro, interessato vivamente alle cose che lo circondano, anche a quelle apparentemente più banali, ed è incuriosito dalle novità come un fanciullo, cerca la dimensione del Sublime in ciò che è basso e ordinario, si abbandona alle suggestioni dell’immaginazione, «concretamente congiunta all’infinito» 25 , con la consapevolezza che «[i]l meraviglioso ci avvolge e ci bagna come l’atmosfera; ma noi non lo vediamo» 26 . È un interesse vorace che lo porta alla dispersione e a una congestione nervosa, proprio per l’eccesso di stimoli e impressioni che lo investono: Sposarsi alla folla è la sua passione e la sua professione. Per il perfetto perdigiorno, per l’osservatore appassionato, è una gioia senza limiti prendere dimora nel numero, nell’ondeggiante, nel movimento, nel fuggitivo e nell’infinito. Essere fuori di casa, e ciò nondimeno sentirsi ovunque nel proprio domicilio; vedere il mondo, esserne al centro e restargli nascosto [. . . ]. L’osservatore è un principe che gode ovunque dell’incognito. [. . . ] Così l’innamorato della vita universale entra nella folla come in un’immensa centrale di elettricità. Lo si può magari paragonare a uno specchio immenso quanto la folla; a un caleidoscopio provvisto di coscienza, che, ad ogni suo movimento, raffigura la vita molteplice e la grazia mutevole di tutti gli elementi della vita. È un io insaziabile del non-io, il quale, ad ogni istante, lo rende e lo esprime in immagini più vive della vita stessa, sempre instabile e fuggitiva. 27 Per Saba, che nella sua poesia trasforma Trieste in un cronotopo, in un emblema della modernità, l’immagine del «ragazzaccio aspro e vorace, | con gli occhi azzurri e mani | troppo grandi per regalare un fiore» 28 è quella che descrive meglio 24 Baudelaire 2004c, p. 288. 25 Baudelaire 2004b, p. 223. 26 Baudelaire 2004a, p. 122. 27 Baudelaire 2004c, pp. 285-286. 28 Saba 1988, p. 89 (Trieste). 164 <?page no="165"?> Saba, Trieste e il movimento della modernità l’essenza della città, la sua estrema e polimorfica elasticità, legata a una crescita selvaggia e incontrollabile, colta nel momento in cui la vita è soggetta a continui cambiamenti e richiede quindi, oltre a sempre nuove decifrazioni e definizioni, uno sguardo mobile, cinetico, in grado di cogliere le trasformazioni di un’identità metamorfica, in bilico tra il retroterra continentale e il mondo mediterraneo: Trieste, nova città, che tiene d’una maschia adolescenza, che di tra il mare e i duri colli senza forma e misura crebbe; dove l’arte o non ebbe ozi, o, se c’è, c’è in cuore degli abitanti, in questo suo colore di giovinezza, in questo vario moto; tutta esplorammo, fino al più remoto suo cantuccio, la più strana città. 29 Anche nel protagonista di Ernesto si riflette la tensione di una città caratterizzata da una molteplicità di potenziali connotazioni identitarie, che sta crescendo e cerca di definire un punto di vista rispetto a una diversità che ancora non riesce a comprendere del tutto: come osserva Adamo, Quella che Ernesto esplicita è la mobilità, l’instabilità, la precarietà dell’identità che si accosta alla dimensione omosessuale. E questa mobilità, precarietà, instabilità è Trieste, come personaggio, come sfondo e soprattutto come città, a mettere in scena per prima nell’esperienza poetica di Saba. Un rimandare continuamente a un’‹altra sponda›, un’alterità che sembra essere sempre obliquamente allusa, un’alternativa, un’eccentricità, una stravaganza [. . . ]. 30 Nella doppiezza psichica dell’adolescenza prende letteralmente corpo l’ambivalenza di uno spazio privo di centro, in perenne movimento come il vento che lo percorre, nel quale convivono l’inquietudine esistenziale e un vitalismo irrefrenabile che alimenta l’immaginazione e la induce a creare, accanto alla città reale, una città interiore, un mondo pensato che nasce anche dal bisogno di evitare lo smarrimento, altrettanto forte rispetto alla tensione a immergersi nella città, nel suo dinamismo: sono queste pulsioni, solo apparentemente in contrapposizione tra loro, a provocare, nella poesia di Saba, la feticizzazione dei luoghi e degli adolescenti, 29 Saba 1988, p. 90 (Verso casa). 30 Adamo 2007, p. 135. 165 <?page no="166"?> Gianni Cimador «amabili parvenze | di me stesso» 31 , figure fantasmatiche e nello stesso tempo corporee, apparizioni sfuggenti di uno spazio ingannevole, nel quale si proiettano vite immaginate, desideri, mancanze affettive. Queste figure evanescenti, come il «fanciullo appassionato» dell’omonima poesia, sono identificazioni narcisistiche, legate all’aspirazione a una reintegrazione con sé stessi, con la società e la natura, e si rivelano sempre instabili, soggette a continui rovesciamenti e dolorose smentite, non consentono di fissare un confine netto tra la realtà e l’autosuggestione, costringono all’erranza, a un’esplorazione indotta dalla necessità di definirsi: C’è un fanciullo che incontro nelle mie passeggiate, un fanciullo un poco strano. Ha qualcosa di me, di me lontano nel tempo; un passo strascicato e molle di bestia troppo in libertà lasciata; la folla schiva entro le anguste vie, ama le barche piene di cipolle e di capucci; tutto esplora, il nuovo porto, la diga: ed oggi lo ritrovo, fermo, la bella testina abbassata, lo sguardo immobilmente a terra chino. 32 Questo e altri fanciulli, nei quali Saba proietta la ricerca di un senso da dare a sé stesso, richiamano il flâneur di Walter Benjamin dal passo errabondo e con lo sguardo sognante 33 , che fa del movimento nella città l’essenza della propria vita e tende a perpetuare nel tempo l’intensità di questa deambulazione errante, per sfuggire alla massificazione e alla disintegrazione dell’esperienza nella città moderna: come sottolinea Nuvolati, [i]l flâneur è colui che prova a estendere il più possibile la condizione di sospensione. Mosso dall’ansia della ricerca e dal desiderio di convivenza prolungata con essa, il suo obiettivo diventa quello di rendere straordinaria l’ordinarietà. Ecco perché il desiderio dell’altrove non presuppone sempre un viaggio fisico, ma piuttosto un’esperienza mentale fondata sulla diversità dello sguar- 31 Saba 1988, p. 399 (Dodicesima fuga). 32 Saba 1988, p. 115 (Il fanciullo appassionato). 33 La riflessione di Walter Benjamin sulla figura del flâneur, che parte dal testo di Franz Hessel Spazieren in Berlin (1929), viene sviluppata già in Infanzia berlinese (1933) e poi nei Passages di Parigi, rileggendo la poesia di Baudelaire. Al riguardo si veda Benjamin 2010. 166 <?page no="167"?> Saba, Trieste e il movimento della modernità do, sulla lettura originale della realtà, sull’intuizione. [. . . ] È il quotidiano che si fa straordinario [. . . ]. 34 Immagine del puer aeternus, caratterizzato da una natura duplice nella quale convergono e si intrecciano gli opposti 35 , il fanciullo percorre la città e accumula esperienze: diventa così senex e rompe il cordone ombelicale che lo lega alla dimensione materna, un passaggio evocato, nella parte finale del Fanciullo appassionato, dal bisogno di intimità e riflessione, dalla sosta necessaria per rielaborare quanto ha visto e vissuto, prima di partire verso nuove esplorazioni ed esperienze. Allo stesso modo, in Malinconia amorosa, il poeta si proietta nell’adolescente sognatore che «sale, pensoso di chi sa che amore | e che strazio, la lunga erta sassosa | della collina, | dove le case con la chiesa in cima | paion balocchi», mentre «la città operosa | sfuma nell’orizzonte ancora acceso; | ed il suo orgoglio ingigantisce, leso | dalla vita, vicino alla follia» 36 . La vita del poeta, come quella degli adolescenti in cui riconosce una traccia di sé («Nel chiaro giorno, se ho vagato assai, | poco rinvenni più fraterno e grato | d’un fanciullo, nei cui gesti ho ascoltato / i miei pensieri reconditi e gai» 37 ), raggiunge la sua massima intensità nelle passeggiate, per lo più solitarie, che lo portano dal porto ingombro e fervente di attività alle zone più periferiche e deserte, dal centro che pullula di vita e di uomini ai prati suburbani, dalla spiaggia alla montagna, dal frastuono di ambienti artificiali al silenzio di spazi naturali popolati da animali: nel movimento pendolare della passeggiata si risolve tutta la varietà dell’esistenza, con l’esigenza del ritorno a casa, del raccoglimento solitario in un «cantuccio» dove si realizza, attraverso la poesia e una visione panoramica 38 , la composizione dei contrasti. Il movimento nel contesto urbano diventa occasione di conoscenza: ubiquità e identità convergono; i luoghi configurano una mappa delle emozioni. Solo abbandonandosi alla città, perdendosi in essa, è possibile recuperare il senso dell’esperienza urbana e, nello stesso tempo, quello della propria esistenza: l’identità deve essere quindi interpretata «non come uno stato inalterabile, subito passivamente, 34 Nuvolati 2013, p. 51. 35 Si veda al riguardo Hillman 1988, pp. 1-22. 36 Saba 1988, p. 113 (La malinconia amorosa). 37 Saba 1988, p. 106 (Il fanciullo). 38 Cf. Castellani 1986, p. 56. 167 <?page no="168"?> Gianni Cimador ma come una condizione in divenire, rispetto alla quale l’individuo gioca un ruolo costruttivo, da protagonista» 39 . Grazie alla sua fragilità e all’innocenza infantile mista a forza creativa, il puer senex, come il flâneur che vuole prolungare il più possibile la condizione di adolescente alla scoperta del mondo, si fa interprete della modernità, rilanciando una tensione conoscitiva e costruttiva dell’individuo nel contesto anonimo e spesso indecifrabile della città, e recuperando la sensibilità come forma di conoscenza alternativa. Figura sfuggente e ossimorica per eccellenza per l’equilibrio perennemente instabile tra interno ed esterno, vicinanza e lontananza, emozione e razionalità, anche il flâneur, come l’adolescente, è un’icona della libertà, dell’autonomia di riflessione e di movimento: è un individuo che, camminando, si riappropria della città le cui traiettorie «sono enunciazioni che rendono possibili solo alcune delle virtualmente infinite possibilità di lettura che la città offre, a condizione di cambiarle di segno, di farne il marchio della libertà di interpretazione rispetto alle griglie prefissate che il panorama lasciava percepire, a costo della perdita del controllo delle proprie letture o proprio in vista di esse» 40 . La dimensione di improvvisazione e spensieratezza della flânerie, in cui la città è continuamente riscritta e reinventata, oltre all’autonomia di pensiero e di movimento, che trasforma la routine in rêverie 41 , afferma la peculiarità dei luoghi, ne esplora i significati reconditi e immateriali, intercetta in essi la cifra di un destino, di fugaci felicità, come avviene nel Borgo, poesia ispirata dal rione di Roiano, dove Saba, da bambino, si recava il sabato in lunghe passeggiate con la madre ed era affascinato dal fervore di lavoro e di movimento, che lo caratterizzava: Dove nel dolce tempo d’infanzia poche vedevo sperse arrampicate casette sul nudo della collina, sorgeva un Borgo fervente d’umano lavoro. In lui la prima volta soffersi il desiderio dolce e vano 39 Nuvolati 2006, p. 99. 40 Adamo 2007, p. 87. 41 Cf. Nuvolati 2013, p. 77. 168 <?page no="169"?> Saba, Trieste e il movimento della modernità d’immettere la mia dentro la calda vita di tutti, d’essere come tutti gli uomini di tutti i giorni. 42 Il vagabondare, mosso dall’istinto e dall’improvvisazione, corrisponde a un processo di autoriflessività, in cui il soggetto prende coscienza di sé stesso: in questo senso, «[n]ella sua solitudine e nella sua ansia, il flâneur simbolizza il superamento dei bisogni materiali, la preminenza della dimensione intellettuale, la ricerca di significati più profondi. Egli diventa un modello di riferimento per figure sociali sempre più diffuse, alla ricerca di riconoscimento in nome della capacità di riflessione e della sensibilità artistica» 43 . Questa presa di coscienza avviene nello spazio urbano che «non è solo uno sfondo accessorio, indifferente e sostituibile, ma diventa la rete stessa dei riferimenti che producono il testo attraverso complesse articolazioni tra costruzioni finzionali ed effetti di realtà» 44 . Saba definisce la sua identità poetica percorrendo una città ossimorica e informe, piena di contraddizioni e stravagante come lui, vuole «essere [. . . ] moderno in modo quasi sconcertante, rimanendo al tempo stesso fedele alla tradizione» 45 , tenta di conciliare la tradizione poetica con la modernità, anche consapevole del fatto che a Trieste l’italianità si articola con altre identità in un rapporto sempre dinamico. Anche il flâneur, come il poeta di Caffè Tergeste, spazio ibrido che riunisce persone di diverse provenienze sociali e nazionali, dove in Saba si è formato «un cuore nuovo» 46 , è alla costante ricerca di una dimensione cosmopolita in cui convivono identità multiple: da un lato quella del luogo d’origine, dall’altro quelle - pur deboli - ricavate da un’esistenza sempre più itinerante che si dispiega lungo una sorta di continuum spazio-temporale. È il sogno dell’ubiquità: il cittadino del mondo a casa sua sempre e dovunque. L’identità viene, dunque, interpretata dal flâneur non come uno stato inalterabile, subito passivamente, ma co- 42 Saba 1988, pp. 324-325 (Il Borgo). 43 Nuvolati 2006, p. 106. 44 Adamo 2007, p. 69. 45 Saba 2001a, p. 115. 46 Saba 1988, p. 163 (Caffè Tergeste). 169 <?page no="170"?> Gianni Cimador me una condizione in divenire, rispetto alla quale l’individuo gioca un ruolo costruttivo, da protagonista. 47 La sovrapposizione tra la dimensione della città e i discorsi sulla città, che, soprattutto in Trieste e una donna, diventano indistinguibili, fa di Trieste uno spazio prima di tutto letterario, che genera la scrittura e, nello stesso tempo, è creato da essa: la poesia di Saba problematizza la relazione, che può sembrare paradossale, tra la tensione verso uno sguardo panoramico, universalizzante, e l’esigenza di riappropriarsi della città, della molteplicità e singolarità delle esperienze che le costituiscono, del suo tempo cinetico e discontinuo, delle dinamiche relazionali ed economiche. Per Saba, come per Michel de Certeau, «la storia comincia al livello del suolo, con dei passi» 48 : il punto di vista ideale è quindi quello di un uomo che cammina e trasforma lo spazio in un luogo, per cui «la città diventa un dispositivo che mette in relazione l’esistenza del singolo con l’attività di tutti, rendendo questa relazione visibile e rumorosa, riesce a fare di sé lo scenario che innesca la massima efficacia dell’incontro e dello scambio tra gli esseri umani» 49 . Come il flâneur di Baudelaire, espressione di una realtà urbana convulsa e disaggregante, anche Saba cerca rapporti di reciprocità e intimità più autentici nei luoghi dove si concentra la folla, per reagire alla frammentarietà e liquidità delle relazioni e con il desiderio di scoprire la dimensione invisibile dell’opaco brulicare umano: Fu nelle vie di questo Borgo che nuova cosa m’avvenne. Fu come un vano sospiro il desiderio improvviso d’uscire di me stesso, di vivere la vita di tutti, d’essere come tutti gli uomini di tutti i giorni. Non ebbi io mai sì grande gioia, né averla dalla vita spero. 47 Nuvolati 2006, p. 99. 48 Cf. de Certeau 2009, p. 164. 49 Adamo 2007, p. 83. 170 <?page no="171"?> Saba, Trieste e il movimento della modernità Vent’anni avevo quella volta, ed ero malato. Per le nuove strade del Borgo il desiderio vano come un sospiro mi fece suo. 50 In Trieste il poeta ha bisogno di percepire la vitalità attraverso gli aspetti più torbidi e bassi, cerca di fare proprio il calore e il piacere di abbandonarsi alla vita di una collettività anonima e pulsante nelle vie della città, suggestionato dall’idea che soltanto l’ibridazione, l’incontro con la diversità, sono fonte del nuovo, momento di possibile catarsi e rigenerazione, che passa attraverso l’apertura ai più diversi stimoli percettivi. Al nomadismo si lega così la ricerca di un’immersione in una condizione estatica in cui il pensiero si compone con il movimento, con la vita quotidiana nella sua totalità: Qui tra la gente che viene che va dall’osteria alla casa o al lupanare, dove son merci ed uomini il detrito di un gran porto di mare, io ritrovo, passando, l’infinito nell’umiltà. Qui prostituta e marinaio, il vecchio che bestemmia, la femmina che bega, il dragone che siede alla bottega del friggitore, la tumultuante giovane impazzita d’amore, sono tutte creature della vita e del dolore; s’agita in esse, come in me, il Signore. Qui degli umili sento in compagnia il mio pensiero farsi più puro dove più turpe è la via. 51 La flânerie raggiunge il suo apice proprio nell’ambiente urbano densamente abitato, in contesti come le osterie affollate o in situazioni-limite dove il soggetto diventa adulto incontrando lo sconosciuto e vive l’«esperienza del desiderio», che è, in senso lacaniano, «l’esperienza di un eccesso, esperienza di un’alterità e dunque porta 50 Saba 1988, p. 324 (Il Borgo). 51 Saba 1988, p. 91 (Città Vecchia). 171 <?page no="172"?> Gianni Cimador sempre con sé una quota di perdita di identità, una disidentità, una non coincidenza» 52 : il «cuore dal nascere in due scisso» 53 è la contraddizione che attraversa il soggetto e lo esilia da se stesso, è il cuore dell’uomo dissociato della modernità. Saba cerca continuamente l’interazione con l’alterità per colmare la distanza tra soggetto e oggetto, tra interiorità e realtà esterna, e ciò comporta una continua dislocazione del desiderio e una ripetizione compulsiva delle stesse pratiche: l’oscillazione tra individualità e individuazione 54 , che caratterizza la metamorfosi dell’adolescenza, esprime lo sforzo del poeta di trovare un equilibrio tra il complesso materno, che si proietta sulla città e si ripresenta nell’istinto di separazione e protezione 55 , e la tendenza ad annullare i confini con le persone attraverso la mobilità. Si tratta di una oscillazione lacerante, come spiega bene Recalcati: Da una parte il desiderio è legato al desiderio dell’Altro che è il nutrimento simbolico del desiderio stesso, dall’altra però il desiderio si rivela essere una spinta assolutamente singolare alla propria realizzazione che non dipende dall’Altro. Non esiste evidentemente una soluzione definitiva di questa contraddizione. Il desiderio umano oscilla strutturalmente tra il desiderio dell’Altro e il desiderio di avere un desiderio proprio senza che sia possibile decidere risolutamente per l’uno o per l’altro. La nevrosi tende a schiacciare la dimensione singolare del desiderio sulla necessità del riconoscimento. Preferisce il riconoscimento dell’Altro alla differenziazione. Come se fosse il riconoscimento stesso a diventare la meta del desiderio e non l’esigenza di essere riconosciuti nel proprio desiderio. Farsi riconoscere diventa allora più fondamentale della soggettivazione del proprio desiderio. D’altra parte, quando il soggetto si pone come l’unico, come senza legami con l’Altro, come sconnesso dal desiderio dell’Altro, incontriamo il sintomo opposto; ovvero il rifiuto della dialettica del riconoscimento, il rifiuto dell’eredità, della dipendenza dall’Altro in nome di un desiderio che vorrebbe generarsi narcisisticamente da sé. 56 La tensione di Saba a proiettarsi fuori da sé, in un movimento di oggettivazione che personifica e mette a nudo, nello stesso tempo, anche la città, esterna e insieme interna, per cui i luoghi, le persone, le cose appaiono come lo sdoppiamento, il riflesso dell’io poetante, è sempre accompagnata da un movimento opposto di 52 Recalcati 2012, p. 28. 53 Saba 1988, p. 401 (Secondo congedo). 54 Si veda al riguardo Cinquegrani 2007, in particolare pp. 17-22. 55 Cf. Paino 2009, p. 24. 56 Recalcati 2012, p. 64. 172 <?page no="173"?> Saba, Trieste e il movimento della modernità autodeterminazione, di costruzione attiva della personalità, che si realizza soltanto nella solitudine: La fede avere di tutti, dire parole, fare cose che poi ciascuno intende, e sono come il vino ed il pane, come i bimbi e le donne, valori di tutti. Ma un cantuccio, ahimè, lasciavo al desiderio, azzurro spiraglio, per contemplarmi da quello, godere l’alta gioia ottenuta di non esser più io, d’essere questo soltanto: fra gli uomini un uomo. 57 Questa oscillazione continua tra attrazione verso gli altri e concentrazione tesa a tutelare la propria unicità, tra mobilità e invisibilità, è tipica di una società fortemente segmentata e fluida come quella mercantile, nella quale normalità e devianza sono strettamente connesse: come per Saba, anche per il flâneur di Baudelaire, emblema della riflessività tardomoderna, uno dei piaceri più intensi è «vedere il mondo, esserne al centro e restargli nascosto» 58 . Come rileva anche Nuvolati, «[l]a sfacciataggine, la spettacolarità non appartengono al flâneur, che predilige piuttosto l’anonimato. Infatti, solo grazie a esso il flâneur può infrangere i costumi e le abitudini tipiche del proprio tempo per immergersi in un mondo altro da sé, fatto anche di contagio con i soggetti più diseredati della società» 59 . L’«azzurro / spiraglio», ovvero la dimensione immaginaria e intima in cui si risolve la peregrinazione fisica del poeta, evoca la tensione primordiale alla scoperta propria della condizione infantile, quella a cui fa riferimento anche Freud quando scrive che «il poeta fa quello che fa il bambino giocando: egli crea un mondo di fantasia, che prende molto sul serio, che, cioè, carica di grossi importi affettivi 57 Saba 1988, p. 325 (Il Borgo). 58 Baudelaire 2004c, p. 284. 59 Nuvolati 2013, p. 46. 173 <?page no="174"?> Gianni Cimador pur distinguendolo dalla realtà» 60 . Nello stesso tempo, Saba rimanda all’ambiguità dell’adolescenza, al movimento esplorativo all’interno e all’esterno di sé stessi rivolto alla costruzione di un’identità e al superamento delle contraddizioni, che si manifesta nel legame con luoghi specifici come l’erta: Dall’erta solitaria che nel mare precipita - che verde oggi e schiumoso percuote obliquo la città - si vede il bianco panorama di Trieste. Tu già le conoscevi - dici - queste mie strade, ove s’incontra, al più, una donna che la lunga salita ansia, un fanciullo che se Borea t’investe, mette l’ali a ogni cosa, per te vola. Poi torna a se stesso, ti passa accanto altero. Tutto un mondo che amavo, al quale m’ero dato, che per te solo oggi rivive. 61 Nell’erta il poeta trasferisce simbolicamente il movimento di fort - da dal complesso materno, con la sua oscillazione tra bisogno di attaccamento e di introversione infantile e la necessità di distacco ed estroversione, dalla quale deriva la poesia che non è quiete, fissità, ma vitalità e lacerazione. La materia incandescente della vita preme e incalza continuamente; non si presenta mai in una consistenza ferma, ma in uno stato sempre mutevole: tutto è doppio, ambivalente. La pulsione regressiva e difensiva che accompagna il bisogno di solidarietà con il reale inteso come profonda totalità vitale, fa pensare inoltre all’«atteggiamento blasé» di cui parla Georg Simmel in Le metropoli e la vita dello spirito (1903), cioè all’indifferenza e al distacco scettico con cui gli individui, nel contesto sovrastante e complesso delle città moderne, reagiscono alla continua stimolazione sensoriale e all’eccesso di informazioni ed emozioni, che comportano una sovraesposizione degli individui e tendono ad azzerare ogni dimensione esplorativa e creativa 62 . Nel luogo in cui è massima la libertà di movimento e di espressione del singolo, dove tutti gli aspetti della modernità si concentrano e si potenziano reciprocamente ed è forte la spinta verso l’individualizzazione spirituale e l’intensificazione dei ritmi e della vita nervosa, è nello stesso tempo elevato il rischio che l’identità perda 60 Freud 1976, p. 376. 61 Saba 1988, p. 473 (Dall’erta). 62 Si veda Simmel 2020, pp. 406-409. 174 <?page no="175"?> Saba, Trieste e il movimento della modernità la sua consistenza, rispetto al quale la creazione poetica diventa un momento di salvezza: Ora che con la sera anche si fa vivo il bisogno di tornare in noi, vogliamo entrare ove con tanto amore sempre ti ascolto, ove tu al bene puoi volgere un lungo errore? Della più assidua pena, della miseria più dura e nascosta, anima, noi faremo oggi un poema. 63 Anche Trieste, come la metropoli di cui parla Simmel, mette in evidenza la discrasia, tipicamente moderna, fra cultura oggettiva e cultura soggettiva, un rapporto conflittuale dove la prima, che riguarda la dimensione delle cose e dell’economia monetaria, tende sempre a prevalere sull’altra, su ciò che il singolo è interiormente: sono tuttavia questa continua tensione e l’ambivalenza della complessità urbana a consentire il dispiegarsi della coscienza e una evoluzione spirituale, che, nel caso della poesia di Saba, derivano dal cortocircuito prodotto dalla ricerca di un punto di vista distaccato rispetto alla città dopo l’immersione in essa. Attraverso un’elevazione che costa fatica e in cui lo scrittore cerca di dominare anche la confusione della sua vita, la città può diventare oggetto di poesia: la sublimazione attraverso l’arte è un’intima necessità, il solo mezzo per far fronte al dolore e alla malattia; la poesia si configura una forza equilibratrice tra le due pulsioni di lotta e rinuncia, «un’azione, e non una reazione» 64 . La conquista di uno sguardo poetico in cantucci appartati o in cima a erte scoscese dove il movimento e la vita vengono fissati, così come è stata codificata anche dalla tradizione letteraria, si rivela tuttavia subito precaria, incompleta, e perciò è necessario tornare in basso, immergersi di nuovo nella vita della città, per comprenderla realmente: come sottolinea Adamo, [l]a città non si può solo guardare dall’alto (così come la poesia non può essere solo distacco, per quanto faticosamente ottenuto). [. . . ] Non si può stare fermi a guardare. Il movimento deve poter negare la staticità, pur dopo averla cercata. Alla stasi della contemplazione e della sua aspirazione alla totalità 63 Saba 1988, p. 90 (Verso casa). 64 Aymone 1971, p. 34. 175 <?page no="176"?> Gianni Cimador deve fare da contraltare la precarietà creativa e inventiva della mobilità: è così che si comincia a camminare nello spazio urbano [. . . ]. 65 Tutto il Canzoniere di Saba, con le sue riscritture e revisioni, è caratterizzato da questa duplicità che tematizza il rapporto problematico, di confronto e scontro, tra tradizione e modernità, tra «bisogno continuamente affermato di costruzione di un’architettura, di un ‹piano regolatore› percepibile come un panorama a volo d’uccello, e allo stesso tempo impossibilità, ugualmente esibita, di evitare la trasgressione del piano, la traiettoria singolare che non si sottomette al piano, la pratica della creatività che non può che vivere nella cecità del proprio percorso, nella condanna alla frammentarietà e alla provvisoria precarietà» 66 . In tal senso, lo stesso Saba ha sottolineato che «il Canzoniere è la storia (non avremmo nulla in contrario a dire ‹il romanzo›, e ad aggiungere, se si vuole, ‹psicologico›) di una vita, povera (relativamente) di avvenimenti esterni; ricca, a volte, fino allo spasimo, di moti e risonanze interne» 67 . La duplicità del Canzoniere è anche quella di una città fatta di antinomie e contraddizioni laceranti, nello stesso tempo allegra e drammatica, «[u]n mondo in perpetua trasformazione, che sembra sempre uguale perché è sempre diverso, come lo spazio smanioso e scompaginato del mare» 68 . Per questo Stuparich sostiene che conviene «cercar di coglierla in movimento, di fissare tra due estremi la sua cangevole fisionomia» 69 : Il dramma di Trieste ha le radici nelle origini stesse, naturali e storiche, della città. Trieste è posta in quel settore orientale dell’arco serrato a difesa d’Italia, che disgraziatamente la natura ha fatto meno solido che sia l’occidentale e quello settentrionale. . . Trieste ha in sé l’inquietudine dei posti avanzati. Ha responsabilità di un compito ingrato e difficile, di una missione grave e delicata. Deve cercar d’equilibrare, di fondere si può dire, la propria necessità vitale, il proprio sviluppo, con la difesa d’una civiltà che è sua, ma è tanto più grande di lei. [. . . ] L’istinto di conservazione, di difesa propria e della civil- 65 Adamo 2007, p. 85. 66 Adamo 2007, p. 89. 67 Saba 2001a, p. 325. 68 Pellegrini 1995, pp. 18-19. 69 Stuparich 1952, p. 56. 176 <?page no="177"?> Saba, Trieste e il movimento della modernità tà cui appartiene, la chiuderebbe in sé, la farebbe ostinata, gelosa, diffidente, conservatrice; ma la sua vitalità la fa traboccare, la rende sensibile e aperta al progresso e agli scambi, fiduciosa nell’avvenire. Ed ecco che ogni atto, ogni manifestazione, ogni decisione a cui la spinge o l’una o l’altra delle due tendenze in contrasto, finisce o col ritorcersi contro di essa o col ripresentarle una scelta ancor più difficile. 70 Come ha evidenziato anche Lavagetto, nel Canzoniere e nelle sue appendici testuali, «i salti, gli strappi, le fusioni coatte rivelano un’eccezionalità che nasce da una situazione storica particolare e rispecchia nella lingua, nei temi, nelle strutture, nelle scelte spesso dissonanti la morfologia di una città economicamente e socialmente caratterizzata da uno straordinario incrocio di combinazioni» 7 1 : una percezione totalizzante di Trieste è quindi possibile solo cogliendone gli aspetti ossimorici e inconciliabili, le discontinuità, le diverse stratificazioni temporali, che rendono indefinibili i confini tra presente e passato. C’è la precisa consapevolezza in Saba che nella modernità la poesia non può più essere una torre d’avorio, ma deve confrontarsi con la realtà, guardare in basso, identificarsi con chi pratica la città e le dà vita, ridefinire continuamente il suo punto di vista. Oltre che nello spazio, risignificato dal piacere di un vagabondaggio nel quale il poeta sfida le delimitazioni, materiali e simboliche, della città, la flânerie è una erranza verticale, si muove nel tempo e restituisce spessore diacronico alla dimensione urbana: questo avviene soprattutto nelle prose dei Ricordi-racconti, dove viene evocata la Trieste del 1823 «col suo tumulto di città portofranco e l’incrocio di vie nuove e rumorose» 72 , oppure quella dei commercianti ebrei «in piena fioritura della sua sudicia originalità» 73 nel racconto Il ghetto di Trieste nel 1860, un mondo dinamico ed eterogeneo, popolato da commercianti che vivevano tra la bottega e il Tempio, nel quale «le vie erano androne, le androne affollate, e le botteghe aperte, una di fronte all’altra, come campioni nemici» 74 . 70 Stuparich 1952, p. 70. 7 1 Lavagetto 1989, p. 219. 72 Saba 2001b, p. 374. 73 Saba 2001c, p. 377. 74 Saba 2001c, p. 379. 177 <?page no="178"?> Gianni Cimador La città dei racconti degli Ebrei e di Autobiografia («Come bella doveva essere allora | la mia città: tutta un mercato aperto! » 75 ), fatta di piccole botteghe e androne strette, di commercianti indaffarati come Leone Stampella, che portano con sé dovunque il denaro perché potrebbero incontrare un cliente «per via o al caffè Tergeste» 76 , con il quale concludere un affare, più che un mondo realmente esistito è quella del «divino per me milleottocento» 77 , una fantasmagoria che rimanda al modello delle Mille e una notte: come rileva sempre Adamo, nelle prose di Saba la città diventa anche un ricettacolo di soggetti che si trasfigurano nell’oggetto urbano per eccellenza, le merci, anche e soprattutto quando recano il più profondo e irriducibile carico simbolico. Diventano così fantasmagorie, processi di illusione in cui si perdono i confini tra soggetto e oggetto, lampade di Aladino, tesori nascosti in caverne chiuse che solo le parole magiche sembrano poter riportare alla luce del valore d’uso. 78 La città moderna, luogo per antonomasia della feticizzazione delle merci e della loro spettacolarizzazione, è un campo in continua trasformazione, una fonte incessante di ispirazione per lo scrittore-flâneur: come scrive Nuvolati, [i]l paesaggio urbano, nella sua stratificazione storica, consente una simultaneità vertiginosa, perché vede l’individuo costruire al presente pratiche di vita ambientate in scenari di altri tempi. Più del semplice passante, il flâneur riesce a percepire questa seducente forza evocativa della città e a tradurla in narrazione, combinando la quotidianità con la storia dei luoghi. 79 Il poeta diventa flâneur per cogliere l’essenza della città sempre instabile e in continua mutazione, fatta di proiezioni sempre diverse, apparizioni ingannevoli, rovesciamenti continui e sovrapposizioni temporali. Il ghetto della Trieste ottocentesca ferve di attività e di movimento, è una realtà povera e feroce, nella quale si trasferiscono nel commercio gli istinti aggressivi di un’umanità viva e palpitante, tutta estrovertita nella dimensione della quotidianità e capace di adattarsi alle più imprevedibili contingenze: Saba osserva che c’era «una lotta per la vita così furiosa quale si ammira negli insetti tra l’erbe del prato o la rena 75 Saba 1988, p. 256 (Autobiografia). 76 Saba 2001d, p. 382. 77 Saba 1988, p. 311 (La vetrina). 78 Adamo 2007, p. 125. 79 Nuvolati 2006, p. 61. 178 <?page no="179"?> Saba, Trieste e il movimento della modernità del mare» 80 . È inevitabile pensare alla descrizione che Silvio Benco fa di questo mondo caotico e brulicante, «sovraffollato» e «sovraffaccendato»: Cotesta umiltà della cittadetta cresciuta rachiticamente nelle strettoie delle mura medioevali vive tuttora nel quartiere di «città vecchia». Quartiere labirintico, ordisce l’intrigo dei suoi vicoli e delle sue calli giù dall’altura di San Giusto, fino al lungo paravento che le case del Corso fanno alle sue pittoresche vergogne. Pittoresco sì: una grande tavolozza di bruni, di rossigni, di grigi, di tinte sporche, di toni cupi fino al nero sordo e polveroso della fuliggine; un grande impasto di miserie e di sudiciume, nel quale la vita umana brulica come un fermento; vergognoso un poco: l’odore di sfacelo delle vecchie murature, il miasma delle infiltrazioni viscide, il tanfo dell’aria imputridita negli antri bui di certi portoni, nella semioscurità equivoca di certe bottegucce, si confondono in una complicata atmosfera ammorbante. . . 81 Nel fervore del ghetto che diventa «un grande teatro profano» 82 , descritto con una vibrante nostalgia per la comunità unitaria del passato 83 , in cui Saba si muove continuamente dalla dimensione materiale della natura a quella spirituale dell’immaginazione, si manifesta l’estrema e polimorfica elasticità del vivente. Come osserva Pellegrini, la Trieste delle prose sabiane è «una cosa viva, animata, personificata» 84 , nella quale si riconosce l’«antica brama» evocata da Saba in «Cuor morituro» 85 , un magma inarrestabile ed eterno che va al di là delle regole della morale e di ogni finzione sociale e che traduce l’aspirazione all’autenticità delle origini, fino a perdersi nella totalità divina dell’Eros, nel senso in cui la concepisce Nietzsche: È un fenomeno eterno: sempre la bramosa volontà trova un mezzo per trattenere in vita e per costringere a continuare a vivere, con un’illusione diffusa sulle cose, le sue creature. Questo è incatenato dal piacere socratico della conoscenza e dall’illusione di poter con essa guarire l’eterna piaga dell’esistenza, quello è irretito dal seducente velo di bellezza dell’arte che gli ondeggia davanti agli occhi, quello ancora dalla consolazione metafisica per il fatto che la vita eterna continua a fluire indistruttibile sotto il vortice dei fenomeni: per tacere delle illusioni più comuni e forse ancora più forti, che la volontà tiene pronte in ogni momento. 86 80 Saba 2001c, p. 380. 81 Benco 2021, p. 18. 82 Pellegrini 1995, p. 80. 83 Al riguardo si veda Lavagetto 1989a, pp. 223-225. 84 Pellegrini 1995, p. 57. 85 Saba 1988, p. 85 (Cuor morituro). 86 Nietzsche 1977, pp. 118-119. 179 <?page no="180"?> Gianni Cimador Fantasmagorica è anche la città di La gallina e di Ernesto: la peregrinazione dei personaggi sabiani avviene in uno spazio fisico ma si risolve in un mondo tutto privato, ricostruito nella dimensione dell’immaginario, in cui si rinnovano l’anelito primordiale della scoperta tipico della condizione infantile, una volontà di vivere nel Presente e di liberarsi dal peso delle memorie dolorose per riconquistare la felicità dell’attimo e dare a un soggetto in crisi una nuova individualità. È la città stessa ad attivare questa rigenerazione, con il suo tempo non rettilineo, ma «continuo e contraddittorio, che va avanti e indietro ritornando ogni volta su se stesso, sospendendo la successione delle cose e rendendole tutte simultanee allineando [. . . ] come detriti sulla spiaggia del mare, stagioni ed epoche diverse e lontane» 87 . Come scrive Castellani, «passato e presente entrano improvvisamente in contatto. Non solo la trasformazione delle cose è la legge dell’esistere, ma anche la barriera fra vero e falso, pensato e realtà è illusione: per il poeta, come per l’occhio di Dio, gli opposti sono inseparabili» 88 . I luoghi sono immersi così in un’atmosfera archetipale e dilatata, per quanto sia precisa la loro descrizione toponomastica. Il legame con l’inconscio rende vivo il rapporto con la creatività poliforme della vita, nella quale la materia e l’immaginazione, altrettanto metamorfiche, si intrecciano continuamente, mantenendo l’uomo immerso nella Natura: in questo spazio, pensato ma nello stesso tempo reale, si prolunga idealmente il viaggio del flâneur che reinterpreta in modo originale ciò che vede e sperimenta, attento agli stimoli emotivi, non solo a quelli cognitivi, emancipandosi, attraverso un consapevole processo di esplorazione, rispetto alle dinamiche della società di massa, che tende ad azzerare ogni dimensione individuale e creativa. L’ambivalenza affettiva che caratterizza il rapporto di Saba con Trieste è l’espressione di uno sforzo di differenziazione rispetto al complesso materno, di una tensione, sempre conflittuale, a trasformare l’introversione nella molteplicità del mondo: Pellegrini osserva giustamente che il poeta «combatte con un’aspirazione personale e interiore a una regressione assoluta, a un silenzio e a un’immobilità totali, quelli che appartengono alla corda dell’istinto di morte, alla pace del nonessere, per affermare il fluire delle cose e del tempo, il movimento chiassoso e trasgressivo di Eros» 89 . 87 Magris 1982, p. 282. 88 Castellani 1986, p. 53. 89 Pellegrini 1995, p. 55. 180 <?page no="181"?> Saba, Trieste e il movimento della modernità Il nomadismo urbano di Saba nasce dalla ricerca dell’oggetto perduto, di una soddisfazione unica e irripetibile che si colloca in un tempo mitico, dal bisogno di risarcimento per una perdita e una castrazione originarie, ma, nello stesso tempo, presuppone un movimento di separazione, è il tentativo da parte di un io che si proietta ancora nell’adolescenza di liberarsi dal fantasma genitoriale per declinarlo in una forma nuova: la persistenza a livello profondo di fantasie primitive che continuano a emergere in superficie indica, come suggerisce Ernst Kris, che i nuclei fantasmatici che alimentano il «mito personale» non sono stati ancora integrati nella personalità, ossessivamente ancorata alla propria storia fantasticata 90 . È questo legame fantasmatico con le pulsioni, più o meno rimosse, dell’inconscio a far retrocedere Saba verso il mondo delle sue origini ebraiche, anche in poesie come Il molo, nelle quali il poeta, attraverso il rapporto con un luogo particolare, ritrova sé stesso e un’anima, percepita sempre come qualcosa di fisico, tangibile, superando la dicotomia oggettivo-soggettivo in una dimensione dove, come osserva la Pellegrini, «si fondono riflessione e descrizione, quello stadio intermedio che indica anche un’operazione di rovesciamento in cui il reale è reale ma soprattutto è il sogno che il reale provoca, e nello stesso tempo riflette la ricerca di una definizione positiva, materiale, per uno stato d’animo» 91 : Non per tale un ritorno or lascerei molo San Carlo, quest’estrema sponda d’Italia, ove la vita è ancora guerra; non so, fuori di lei, pensar gioconda l’opera, i giorni miei quasi felici, così ben profondate ho le radici nella mia terra. Né a te dispiaccia, amica mia, se amore reco pur tanto al luogo ove son nato. Sai che un più vario, un più movimentato porto di questo è solo il nostro cuore. 92 Il movimento che anima il ghetto si trasferisce, per contiguità, a quello del porto. Saba cerca radici per opporsi allo spaesamento: nel porto, che rappresenta l’essenza di Trieste e la sua identità commerciale, strettamente connessa al dinamismo della 90 Cf. Kris 1977, in part. pp. 78-84. 91 Pellegrini 1995, p. 20. 92 Saba 1988, p. 117 (Il molo). 181 <?page no="182"?> Gianni Cimador comunità ebraica, il poeta proietta l’aspirazione alla sicurezza di un grembo materno 93 , in una dimensione metatemporale, nella quale è possibile un risarcimento fantasmatico, una compensazione per quanto è stato perduto. L’esigenza di Saba di trovare l’anima in qualcosa di fisico, tangibile, e, nello stesso tempo, di andare oltre una realtà che muta continuamente, di penetrarla a fondo, richiama la religiosità materialistica del popolo ebraico, come anche la ricerca delle origini, della vita prima della nascita e dell’esistenza individuale, ripresenta il nomadismo ebraico, rielaborato in una condizione interiore: come scrive Blanchot, «[l]’ebreo è l’uomo delle origini che, nel riferirsi alle origini, non resta ma si allontana e proclama che la verità dall’inizio è la separazione» 94 . Nel contesto della città moderna, dove la mobilità è un fattore cruciale per lo sviluppo economico, l’ebreo errante può trovare una dimensione ideale perché «è capace nella sua continua mobilità di adattarsi e di attingere all’astrattezza per descrivere i diversi avvenimenti di cui è spettatore», è «dotato di creatività, disposto al viaggio, al cambiamento e, pertanto, in continua e positiva evoluzione» 95 . L’emblematizzazione di Trieste in senso materno riflette questo bisogno di tornare alle origini e all’unità della persona, che si contrappone all’ordine lineare del tempo: è un movimento nello spazio dell’anima, dentro la corrente immemoriale dell’esistenza, come quello descritto in Ulisse, dove l’eroe omerico è un’altra proiezione dell’aspirazione alla sicurezza di un grembo materno protettivo, che riguarda una città sognata e mitizzata più che reale, fuori dal tempo e da ogni storicità, che ha ancora l’innocenza del primo mattino, un oggetto perduto che può essere recuperato attraverso la parola poetica che fa vivere le cose in una dimensione altra, disalienando il soggetto dal fantasma genitoriale, declinato in una forma nuova. Il movimento della vita, caratterizzata dall’incessante divenire dell’eterno ritorno 96 , ha bisogno della distruzione per rinascere: la perdita della madre apre la strada a un viaggio senza meta, necessario per ritrovare la propria identità e ricongiungersi al mondo dell’infanzia, ancora innocente e pieno di possibilità, dove passato, presente e futuro sono la stessa cosa. 97 93 Cf. Aymone 1971, pp. 73-74. 94 Blanchot 1977, p. 167. 95 Nuvolati 2006, p. 116. 96 Cf. Cinquegrani 2007, in part. pp. 238-46. 97 Si vedano Polato 1986, pp. 279-290, e Camerino 2002, pp. 63-70. 182 <?page no="183"?> Saba, Trieste e il movimento della modernità Anche in L’ora nostra la poesia crea un tempo nuovo, nel tentativo di cogliere la permanenza del mutamento, l’immobilità sotto la mobilità. Nella ritualità degli altri il poeta-flâneur raggiunge la sospensione del tempo, l’unità che si nasconde sotto la varietà e che trasfigura tutta la realtà: È l’ora che lasciavi la campagna per goderti la tua cara città, dal golfo luminoso alla montagna varia d’aspetti in sua bella unità; l’ora che la mia vita in piena va come un fiume al suo mare; e il mio pensiero, il lesto camminare della folla, l’artiere in cima all’alta scala, il fanciullo che correndo salta sul carro fragoroso, tutto appare fermo nell’atto, tutto questo andare ha una parvenza d’immobilità. È l’ora grande, l’ora che accompagna meglio la nostra vendiammiante età. 98 Da fisico e reale quello di Saba diventa un movimento nello spazio dell’anima, che afferra il senso del tempo, la sua pienezza, e ciò avviene al crepuscolo, quando il poeta si abbandona alla corrente dell’esistenza e si concentra su dettagli minimi, frammentari, del mondo: come ha scritto Beccaria, «Il ‹profondo› pare annidarsi nella superficie, il componimento poetico si risolve nelle apparenze su cui scivolare, o adunare, smarrite per la perdita di un centro. [. . . ] La gremita presenza di cose, persone, gesti e incontri, non si risolve in un errabondare sui singoli particolari, né le cose sono mute e disgregate, ma parvenze della vita, ‹emersione›» 99 . Si afferma una nuova idea di totalità: il senso dell’esistenza si rivela nel movimento di una strada, in eventi e particolari apparentemente insignificanti che, attraverso la poesia, non sono più muti e dispersi, ma ci mettono in contatto con l’Essere, colto in una dimensione kairologica piuttosto che cronologica, abbattendo i confini dell’individuazione 100 e riconducendo nel cuore della natura il soggetto che può, così, «Godere | l’alta gioia ottenuta | di non esser più io» 101 . 98 Saba 1988, p. 103 (L’ora nostra). 99 Beccaria 1986, p. 42. 100 Al riguardo si veda sempre Cinquegrani 2007, pp. 217-233. 101 Saba 1988, p. 324 (Il Borgo). 183 <?page no="184"?> Gianni Cimador L’adesione al mondo naturale e al suo indistinto vitalismo, che porta al rifiuto dell’identità, è la stessa a cui Saba aspira in Trieste e in Città vecchia, dove vorrebbe trasformarsi nel «detrito | di un gran porto di mare» 102 . Come l’artista moderno descritto da Baudelaire, anche Saba vuole «estrarre l’eterno dall’effimero» e rivelare ciò che di poetico è contenuto nella «trama del quotidiano» 103 : in questo senso, la città, anche se è il luogo di un «sapere della contraddizione [. . . ] in cui il concetto di caducità si accompagna a quello di mutazione» 104 , diventa per entrambi l’emblema di una nuova bellezza, strettamente legata alla mobilità dello sguardo 105 . Bibliografia Testi Baudelaire, Charles (2004a): «Salon del 1846» (1846), in: id.: Scritti sull’arte, prefazione di Ezio Raimondi, trad. it. di Giuseppe Guglielmi / Ezio Raimondi, Torino, pp. 54-123. Baudelaire, Charles (2004b): «Salon del 1859» (1859), in: id.: Scritti sull’arte, prefazione di Ezio Raimondi, trad. it. di Giuseppe Guglielmi / Ezio Raimondi, Torino, pp. 212-277. 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Wie Baudelaires Paris verurteilt auch Sabas Triest jede einsinnige Lektüre zum Scheitern, da es die problematische Beziehung zwischen Tradition und Moderne manifest werden lässt. Gerade aufgrund seiner polymorphen Elastizität, verbunden mit ungeregeltem und unkontrollierbarem Wachsen, verlangt es nach dem beweglichen Blick des Flaneurs, der im Umherstreifen seiner selbst gewahr wird und die Essenz einer instabilen und in ständiger Veränderung begriffenen Stadt aus Antinomien und zerreißenden Widersprüchen nur in der Bewegung erfassen kann. Bei Saba wie bei Baudelaire wird die Stadt, auch wenn sie der Ort eines ‹Wissens um die Widersprüchlichkeit› ist, zum Emblem einer neuen Schönheit, die selbst durch die niedrigsten und alltäglichsten Aspekte der Existenz dringt und eng an die Beweglichkeit des Blicks gebunden ist. 187 <?page no="188"?> Gianni Cimador Profilo biobibliografico: Gianni Cimador (1975) è insegnante di Lettere presso l’Istituto Nautico di Trieste. Ha conseguito il Dottorato di Ricerca in Italianistica presso il Dipartimento di Studi Umanistici dell’Università degli Studi di Trieste. Nella tesi di Laurea e nella tesi di Dottorato si è occupato di Italo Calvino, del suo rapporto con le altre arti e della sua rielaborazione dei generi letterari. È stato assegnista di ricerca presso l’Archivio degli Scrittori e della Cultura Regionale del Dipartimento di Studi Umanistici, dove ha lavorato sui diari di Biagio Marin e sul Fondo Bruno Maier. Sempre nell’ateneo giuliano, è cultore della materia di Letteratura Italiana e attualmente tiene a contratto i corsi di Lingua Italiana OFA. Lavora principalmente sui temi della letteratura di massa del Novecento, dei linguaggi multimediali e dei rapporti tra letteratura e altre arti, sulle forme della narrativa postmoderna, sulla letteratura triestina, sulle forme del comico. Ha scritto su Umberto Saba, Italo Calvino, Fulvio Tomizza, Scipio Slataper, Giani Stuparich, Carmelo Bene, Pier Vittorio Tondelli, Biagio Marin, Pierluigi Cappello, Renzo Rosso, Enzo Bettiza, Aldo Busi, David Maria Turoldo, Giorgio Manganelli, Franco Fortini, Claudio Magris, Bruno Maier, Valentino Zeichen, Pier Paolo Pasolini, Virgilio Giotti. Nel 2011 ha vinto il Premio Tondelli per saggi critici. Nel 2013 ha curato, insieme a Marino Bonifacio, il Dizionario dei cognomi goriziani e triestini. Collabora con le riviste Il Ponterosso, diretta da Walter Chiereghin, e La Panarie, con il Comitato Culturale Gianfrancesco da Tolmezzo di Socchieve (Udine). Fa parte del comitato di redazione di Aghios. Rivista di studi sveviani, diretta da Elvio Guagnini e Giuseppe Camerino, e del direttivo della «Società di Minerva» di Trieste. Del 2020 è il libro Trieste di carta. Guida letteraria della città (Il Palindromo). 188 <?page no="189"?> IV Bewegung in der Semantik der Texte Movimenti nella semantica dei testi <?page no="191"?> Vincenzo Vitale Il tema dell’esilio politico dall’ultima novella del Novellino di Masuccio all’Arcadia di Sannazaro L’ultimo racconto del Novellino di Tommaso Guardati detto Masuccio Salernitano é al centro di una fitta rete di movimenti di natura diversa. Il movimento é presente innanzitutto a livello tematico: si tratta infatti della storia di un esilio politico. Ma esso concerne anche l’invenzione stessa della storia, essendo questa il risultato della convergenza di due direttrici: un movimento dalla realtá storica alla letteratura, e un movimento intertestuale, interno alla letteratura. Come tenteró di mostrare in questa sede, la novella é costruita infatti, da una parte, come trasfigurazione letteraria della biografia di una persona storica, il dedicatario Boffillo del Giudice; dall’altra, come riscrittura polemicamente parodica di un’elegia latina di Giovanni Pontano. L’esilio politico evocato nella dedica e quello narrato nell’ultima novella del Novellino sono inoltre riecheggiati dalla fuga bucolica del narratore annunciata da Masuccio in chiusura del commento morale alla stessa novella. L’ultimo movimento riguarda il passaggio all’Arcadia di Sannazaro, opera che dá séguito, in un certo qual modo, alla ritirata arcadica che chiude il Novellino di Masuccio. Vorrei partire dal primo movimento che presiede all’invenzione del racconto: quello dalla realtá storica alla trasfigurazione letteraria. Come ho tentato di mostrare in alcuni studi precedenti 1 , le novelle di Masuccio sono assimilabili a un vestito cucito sulla misura specifica e individuale del dedicatario. La trama é congegnata sulla base di un parallelismo sistematico con la vicenda biografica del destinatario, rispecchiata in modo allusivo nell’intreccio delle novelle. L’ideazione di ogni racconto é conseguente alla scelta del dedicatario e a questa inscindibilmente le- 1 Cf. in particolare Vitale 2018; Vitale 2020. 191 <?page no="192"?> Vincenzo Vitale gato. Per interpretare l’ultima novella di Masuccio conviene dunque partire dal dedicatario. 2 Come accennato sopra, l’ultima novella del Novellino é dedicata a Boffillo del Giudice, gentiluomo originario di Amalfi. 3 La sua data di nascita non é conosciuta con esattezza. Tuttavia nel 1443 Boffillo é attestato come paggio di Alfonso il Magnanimo. Siccome ancora nel Quattrocento, come nel Medioevo, il ragazzo nobile iniziava il suo servizio come paggio verso i sette anni, Boffillo nacque probabilmente verso l’inizio degli anni Trenta. La vita di Boffillo fu segnata da un vero e proprio spartiacque: in occasione della guerra di successione seguita alla morte di Alfonso il Magnanimo nel 1458 Boffillo si schieró dalla parte di Giovanni d’Angió contro il figlio di Alfonso, il re Ferrante d’Aragona. Nel maggio del 1459 il sovrano aragonese dispose la confisca di tutti i suoi beni; l’anno successivo, in séguito alla sconfitta definitiva del duca angioino, Boffillo decise di abbandonare il Regno di Napoli rifugiandosi in Provenza. L’esilio di Boffillo é evocato apertamente da Masuccio nella dedica della novella, dove il dedicatario é descritto come «nobilissimo partenopeo» fattosi «voluntario ultramontano» (Nov. L 3) 4 , cioé esiliatosi volontariamente in Francia. In Francia Boffillo si distinse presto come capitano militare. Quando nel 1466 Renato d’Angió (l’antico concorrente del Magnanimo per il trono di Napoli) accettó la corona d’Aragona offertagli dalle cortes catalane ribelli, Boffillo fu nominato capitano dell’esercito inviato per prendere possesso della Catalogna. Egli diede dunque fattivamente séguito in Francia alla sua militanza politica anti-aragonese. Dopo la morte del duca Giovanni e la fine della guerra per la Catalogna, Boffillo ricevette altissimi onori per i servigi prestati agli Angió. Fu nominato innanzitutto alla prestigiosissima carica di ciambellano di Renato, che gli aveva giá concesso in precedenza una pensione di 400 fiorini provenzali. Nel 1473 fu eletto consigliere e ciambellano dal re di Francia Luigi XI, che gli concesse una pensione annua di 2000 fiorini d’oro. Boffillo rimase al servizio di Luigi XI fino alla morte del sovrano francese nel 1483, diventando luogotenente (nel 1475) e successivamente, nel 1480, viceré del Rossiglione e della Cerdaña. La situazione di Boffillo peggioró tut- 2 Riprendo qui l’interpretazione del rapporto tra l’ultima novella del Novellino e la dedica a Boffillo giá proposta nella sesta parte di Vitale 2018, pp. 483-494. 3 Per la biografia di Boffillo cf. Torraca 1918 e Petrucci 1988. 4 Qui e nel séguito cito il Novellino da Guardati 1957, indicando i prologhi e le novelle in numero romano, il paragrafo in numero arabo. 192 <?page no="193"?> Il tema dell’esilio politico tavia progressivamente sotto il regno di Carlo VIII (1483-1498), fino alla morte a Roquecourbe nell’agosto del 1502. Come detto, nell’ultima novella del Novellino é possibile scorgere il riflesso del profilo biografico di Boffillo. Il protagonista del racconto, Ariete, é figlio unico di un cavaliere spagnolo di Toledo, Piero Lopes d’Ayala. Ariete é un giovane «multo ligiadro e bello e de gran core» (Nov. L 4), che viene peró coinvolto casualmente con altri suoi compagni in una rissa, una «notturna zuffa» (Nov. L 4), in cui rimane ucciso un giovane nobile favorito del re di Spagna. Temendo la reazione del sovrano, Ariete decide di abbandonare la patria: «porgendoli multo piú timore l’ira del re che la qualitá del non voluntario caso [. . . ] per ultimo partito giá prise in altri regni andare a trovare sua ventura» (5). Sapendo della guerra in corso tra Francia e Inghilterra (il racconto é ambientato durante la guerra dei Cent’anni) Ariete entra nell’esercito francese, desideroso di mettere alla prova la sua virtú militare. Entrato nel battaglione del conte di Armagnac, parente del re di Francia e capitano generale dell’esercito, Ariete si fa grande onore sia nelle battaglie campali sia negli assedi, procurandosi grandissima fama di virtú e prodezza nell’esercito francese. In breve tempo acquista la fiducia e l’amicizia del conte d’Armagnac e del re di Francia, che lo nomina «cavaliero e maestro del campo con grandissimo onore» (8), aumentandogli la «condutta» e la «provisione» (8). Intermessa la campagna militare per l’arrivo dell’inverno, il re di Francia fa ritorno a Parigi, dove convoca tutti i baroni del regno per festeggiare la vittoria contro gli Inglesi. Alla festa giunge anche il conte di Armagnac con la sua unica figlia, la quale si innamora immediatamente del virtuoso e prestante cavaliere spagnolo. Avvedutosi dell’amore della giovane, Ariete decide di anteporre alla passione amorosa l’onore del conte d’Armagnac, da cui aveva ricevuto grandi benefici. Disperata per l’indifferenza di Ariete, la figlia del conte decide di scrivergli una lettera, in cui confessa il suo amore, minacciando di togliersi la vita nel caso in cui Ariete non l’avesse corrisposta. Tuttavia, intuendo che potesse trattarsi di qualcosa di sconveniente, il giovane servitore scelto per consegnare la lettera decide di consegnarla al padre della giovane donna. Nell’apprendere la passione disonorevole della figlia il conte d’Armagnac é amareggiato e deluso; ma prima di punire la figlia, si propone di mettere alla prova la virtú di Ariete, restituendo la lettera al servitore con l’ordine di riportargli la risposta del cavaliere spagnolo. Letto il messaggio d’amore, Ariete decide «con incommutabile preposito [. . . ] sulo la vertú avere de continuo firmo per obietto» (16). Il virtuoso cavaliere spa- 193 <?page no="194"?> Vincenzo Vitale gnolo risponde con una lettera in cui afferma di voler piuttosto morire che «macchiare» l’onore del suo signore. Volendo evitare l’ira della giovane, pur cosciente della differenza di rango sociale, Ariete si dice pronto a concederle il proprio amore a condizione di ottenere l’autorizzazione del padre al matrimonio. La risposta di Ariete procura al conte di Armagnac una gioia maggiore del dolore provato alla scoperta del comportamento poco onorevole della figlia. Si reca allora dal re di Francia che, ammirato per l’azione virtuosa e magnanima di Ariete, conferma il conte nella decisione di dargli la figlia in sposa. Convocato il cavaliere spagnolo, il re pronuncia un discorso di altissima lode, in cui Ariete é additato come luminoso «esempio de’ vertuosi»: Carissimo nostro Ariete, avendone, dal principio che sotto la protezione del conte a servire ne venisti, gran parte de la tua vertú corporale con tanta animositá, ordene e prodenza, e con diverse e memorivole operazione demostrata, non te restava altro, a farete per unico al mundo intiero e perfetto cognoscere, se non la fortezza occulta e sincera vertú de l’animo tuo ne demostrare (Nov. L 22-23). Al matrimonio con la figlia del conte di Armagnac segue un notevole avanzamento sociale: Ariete é eletto infatti «generale capitanio de l’esercito» e «conte de Foes» (Fos, cittadina francese della regione pirenaica). Le analogie tra il dedicatario Boffillo e il protagonista dell’ultima novella mi paiono inequivocabili. L’uccisione accidentale di un favorito del re di Spagna che induce Ariete a fuggire in Francia corrisponde al sostegno offerto da Boffillo al duca Giovanni d’Angió contro il re di Napoli Ferrante d’Aragona. Ariete si muove dalla Spagna alla Francia; Boffillo fugge in Francia da un Regno, quello di Napoli, retto da una stirpe di origine spagnola - anzi proprio castigliana - come quella dei Trastámara. Come storicamente accaduto anche a Boffillo, le virtú militari e morali di Ariete vengono degnamente rimunerate da un grande barone francese e dal re Francia. Nel rapporto tra il conte d’Armagnac e il re di Francia descritto nella novella sembra riflettersi quello tra il conte di Provenza Renato d’Angió e il re di Francia Luigi XI, che, come detto, concessero grandi onori e ricchi emolumenti a Boffillo. Infine, la cittadina pirenaica di Fos, di cui Ariete diventa conte nella novella, non é molto distante dalla regione pirenaica del Rossiglione, di cui Boffillo divenne effettivamente luogotenente nel 1475. Alla luce di queste corrispondenze l’Ariete dell’ultima novella del Novellino appare come un vero e proprio doppio del dedicatario. Il rispecchiamento della vita 194 <?page no="195"?> Il tema dell’esilio politico di Boffillo nell’intreccio del racconto consente di affermare che egli é celebrato da Masuccio proprio in quanto avversario degli Aragonesi. In effetti, Boffillo era assurto a grandi onori per aver comandato l’esercito di Renato d’Angió contro il re d’Aragona Giovanni II, fratello del conquistatore di Napoli Alfonso il Magnanimo. Con l’eccezione di Salvatore Nigro, che ha riconosciuto la portata sovversiva della dedica dell’ultima novella a Boffillo del Giudice 5 , l’offerta letteraria a un nemico degli Aragonesi é stata interpretata generalmente come un gesto di magnanimitá disinteressata da parte di Masuccio 6 , considerato un sostenitore irriducibile della dinastia regnante, sulla scorta di una lettura a mio parere poco avvertita della radicale ambiguitá del Novellino. Boffillo é dedicatario dell’ultima novella del libro non nonostante si fosse ribellato a Ferrante nel 1458, ma precisamente poiché aveva deciso di lasciare Napoli e riparare in Francia. Questa lettura é confermata anche da deduzioni che riguardano la struttura complessiva del libro. Il personaggio di Ariete, controfigura di Boffillo, é l’esempio piú alto di virtú nel Novellino. La novella é l’ultima della quinta decade, che, sull’esempio del Decameron, contiene racconti di azioni virtuose e magnanime. Tale posizione induce ad associare Ariete esempio di virtú alla Griselda dell’ultima novella del Decameron, in cui il misogino Masuccio riconosceva certamente un esempio insuperabile di fedeltá coniugale e abnegazione femminile. Si tratta di un’interpretazione corroborata anche dalla corrispondenza tra l’escursione geografica delineata dal Novellino e il viaggio di Ariete dalla Spagna alla Francia. La prima novella del libro di Masuccio, dedicata al re Ferrante, é ambientata a Salamanca, quindi non lontano da Toledo, cittá d’origine di Ariete. In essa appare come personaggio il re d’Aragona Ferdinando I d’Antequera, padre di Alfonso il Magnanimo. Il Novellino disegna dunque un ‹movimento geografico› dalla Spagna della prima novella alla Francia dell’ultima 7 , con una parabola significativamente non dissimile da quella paradigmatica di Ariete, e da quella storica dei sovrani serviti da Boffillo: gli Aragonesi prima e i Francesi poi. É come se il libro di Masuccio ricalcasse in questo modo le orme dell’esilio rivoltoso di Boffillo. Veniamo ora al secondo movimento che soggiace all’invenzione della novella di Masuccio, che, come detto, é di natura intertestuale. Se i temi dell’esilio politico 5 Cf. Nigro 1983, pp. 100-102. 6 Cf. ad esempio Petrocchi 1953, p. 56; e Pirovano 1996, p. 48, nota 100. 7 Sulle significative corrispondenze geografiche tra la prima e l’ultima novella del Novellino cf. Nigro 1983, p. 97. 195 <?page no="196"?> Vincenzo Vitale e della promozione sociale sembrano riflettere direttamente la biografia di Boffillo del Giudice, quelli della passione amorosa e del vincolo coniugale sono mutuati probabilmente da un’elegia latina di Giovanni Pontano, apparsa per la prima volta nelle redazioni immediatamente successive degli Amores, trádite dai manoscritti Ambros. O, 74 Sup. e Corton. 84, confezionati tra il 1457 e il 1458 8 . Il componimento é il secondo della seconda parte, la stessa posizione che manterrá nella raccolta definitiva intitolata Parthenopeus. La poesia é un lungo paraklausithyron intitolato Bophillus adulescens Phiellam amicam suam alloquitur, cioé Il giovane Boffillo si rivolge alla sua amata Fiella 9 . Il personaggio principale dell’elegia é appunto Boffillo del Giudice. L’ultima novella del Novellino deriva a mio parere dal rovesciamento parodico di quest’elegia pontaniana. Nei primi 74 versi dell’elegia di Pontano sono riportate le parole in discorso diretto con cui Boffillo tenta di sedurre la giovane Fiella dissuadendola dal praticare la pudicizia. Negli ultimi quattordici versi é descritta invece con divertita ironia l’apparizione della madre della fanciulla, che allontana la figlia dalla finestra aperta proprio nel momento in cui la giovane sembrava sul punto di cedere al corteggiamento di Boffillo. Si tratta di un comportamento opposto a quello di Ariete nell’ultima novella del Novellino, che non accondiscende all’amore della figlia del conte di Armagnac per amicizia virtuosa nei confronti del suo signore, ricevendola infine in sposa come premio della sua lealtá. L’ultima parte del discorso di Boffillo nell’elegia pontaniana costituisce un singolare vagheggiamento dell’antica etá dell’oro. Ai versi 55-62 dell’elegia Boffillo - spasimante descritto con ironia da Pontano - auspica il ritorno dei tempi antichi, quando tutte le fanciulle potevano unirsi con i loro amanti nella natura selvaggia, liberi dalle leggi dell’onore e dalla rigida custodia dei genitori: Atque utinam in priscos redeant nova saecula mores, aurea quis Latio regna fuisse canunt, cum passim virides nullo custode per herbas ibat amatori iuncta puella suo, non quem dura parens, non quem pater improbus illi, mutua sed placido iunxerat ore Venus; 8 Sulle diverse fasi redazionali degli Amores cf. Dionisotti 2009, pp. 73-94; e Schäfer 2002, pp. 57- 91. Per una lettura dell’elegia cf. Iacono 1999, pp. 110-114. 9 Cito l’elegia nella lezione del manoscritto Ambros. O, 74 Sup., che ho trascritto in Vitale 2018, pp. 506-510, accompagnandola con un mio esperimento di traduzione, che qui riprendo. 196 <?page no="197"?> Il tema dell’esilio politico atque ita composito iungebant foedere curas, una fides, unus lectus et unus amor. 10 (Pontano, Bophillus adulescens, vv. 55-62). Si tratta, a mia conoscenza, della prima attestazione - dopo il precedente antico di Tibullo 2, 3, vv. 71-74 11 - della rappresentazione dell’etá dell’oro come un tempo caratterizzato dall’amore libero 12 . Per quanto mi consta, é passata inosservata finora la possibile influenza di questi versi di Pontano sulla descrizione dell’antica etá dell’oro messa in bocca al pastore Opico nella sesta egloga dell’Arcadia di Sannazaro. Anche Opico descrive infatti l’etá dell’oro come un tempo dell’umanitá contraddistinto da una illimitata libertá amorosa: Ov’é ’l valore, ov’é l’antica gloria? U’ son or quelle genti? Oimé, son cenere, de le qual grida ogni famosa istorïa. I lieti amanti e le fanciulle tenere givan di prato in prato ramentandosi il foco e l’arco del figliuol di Venere. Non era gelosia, ma sollacciandosi movean i dolci balli a suon di cetera, e ’n guisa di colombi ognor basciandosi. (Arcadia, Sannazaro 2013, ecl. VI, vv. 100-108). 13 10 «Oh, se la nuova etá tornasse agli antichi costumi! | Alcuni cantano che giá fu l’etá dell’oro nel Lazio, | quando qua e lá per le verdi erbe senza custode | andava ogni fanciulla unita al suo amante, | e questo a quella non la madre severa né l’improbo padre | congiungeva, ma la scambievole Venere con placida bocca; | e cosí in un vincolo composito gli affanni erano congiunti | da una sola fede, un solo letto e un solo amore» (trad. mia). 11 «Tunc, quibus aspirabat Amor, praebebat aperte | mitis in umbrosa gaudia valle Venus. | Nullus erat custos, nulla exclusura dolentes | ianua; si fas est, mos precor ille redi», «Allora Venere compiacente offriva a cielo aperto | in una valle ombrosa l’orgasmo a quanti Amore spirava. | Non c’erano guardiani, non porte che tenessero fuori | i dolenti; se m’é concesso, voi costumi di un tempo, vi prego, tornate» (Tibullo 2, 3 vv. 71-74; qui e in séguito il testo e traduzione sono citati da Tibullo 1980). Il passo di Tibullo é indicato come fonte dell’elegia pontaniana Bophillus adulescens da Iacono 1999, p. 114. 12 Non prendendo in considerazione Tibullo 2, 3, vv. 71-74, Hellmuth Petriconi ha riconosciuto nei versi dell’Arcadia di Sannazaro citati qui di séguito (ecl. VI, vv. 100-108) la prima attestazione del motivo dell’amore libero durante l’etá dell’oro: cf. Petriconi 1948, pp. 187-200, in partic. pp. 190- 191. Mi pare invece che la prima ripresa dell’innovazione contenuta in Tibullo 2, 3 vada attribuita piuttosto all’elegia pontaniana Bophillus adulescens, la cui composizione risale, come detto, agli anni Cinquanta del Quattrocento. 13 Il testo dell’Arcadia é citato da Sannazaro 2013. Riprendendo una nota di Gérard Marino (Sannazaro 2004), per il verso 103 della sesta ecloga dell’Arcadia Carlo Vecce rinvia a Tibullo 1, 3, vv. 63-64 («ac iuvenum series teneris immixta puellis | ludit, et adsidue proelia miscet Amor», 197 <?page no="198"?> Vincenzo Vitale Attraverso il celebre «S’ei piace, ei lice» dell’Aminta di Tasso (atto I, scena II, v. 681) 14 , l’originale innovazione tibulliana ripresa da Pontano e Sannazaro arriverá fino ai goethiani «erlaubt ist was gefällt» (Torquato Tasso, atto II, scena I, v. 994) 15 e «Arkadisch frei sei unser Glück! » (Faust II, atto III, v. 9573) 16 . Con reazione non dissimile da quella all’Aminta di Tasso contenuta piú tardi nel Pastor fido di Guarini, nell’ultima novella del Novellino Masuccio ribalta il Boffillo lascivo di Pontano nella figura casta e virtuosa di Ariete. Al vagheggiamento da parte del Boffillo pontaniano di un’etá dell’oro caratterizzata dall’amore libero in un paesaggio bucolico Masuccio oppone anche l’immagine di una sua austera e polemica «ritirata arcadica». Per descrivere il disperato silenzio a cui si voterá dopo la conclusione del Novellino, in chiusura del commento morale alla novella di Ariete Masuccio paragona infatti sé stesso a un pastore selvaggio e senza pecore: Tuttavia essendo omai tempo de a la mia inquietata mente dare alcun reposo per a le promisse cinquanta novelle avere dato ultimo fine, sulo me resta al mio multo amato Novellino dare conviato; lo che brevemente esequito, me forzaró per il curso naufragio al porto l’ancore fermare, e degli selvani e senza pecore pastori imitare li custumi (Nov. L 36). Si tratta di un gesto protestatario, che ricalca quello del poeta Gallo nell’ultima bucolica di Virgilio. Masuccio fugge da un mondo senza virtú e senza onore, privo ormai di esempi di continenza e di fedeltá paragonabili a quelli di Ariete. Non a caso il commento morale dell’ultima novella si apre con il lamento circa l’assenza di virtú nel tempo presente: «Per esserno ogge le vertú prostrate a terra, e dagli príncipi poco o niente appregiate» (33). Davanti alla degenerazione dei costumi e al naufragio degli ideali politici, all’autore del Novellino non rimane che uno stato insanabile di alienazione, dalla societá e dalla storia. «mentre la schiera dei giovani, misti alle giovani amabili, | folleggia, di continuo Amore accende le battaglie»), versi che descrivono con lessico effettivamente vicino a quello di Sannazaro i liberi giochi d’amore di un gruppo di giovani e fanciulle. Tuttavia, tali liberi giochi d’amore non hanno luogo nella mitica etá dell’oro, che pure é ampiamente descritta da Tibullo ai versi 35-48 dell’elegia, bensí nei campi Elisi. Nell’elegia di Tibullo é quindi piuttosto questione della prosecuzione dei giochi d’amore nell’aldilá, tra gli amanti che morirono precocemente. Sulla diversitá di situazione tra Tibullo 1, 3, vv. 63-64, e Sannazaro 2013, vv. 100-108, cf. Petriconi 1948, p. 191. 14 Circa l’influenza sull’Aminta dell’Arcadia, da cui Tasso riprende il motivo, di matrice tibulliana, dell’amore libero durante l’etá dell’oro cf. Petriconi 1948, pp. 192-194; e Chiodo 1987, pp. 43-100, in partic. pp. 46-47. 15 Cf. Petriconi 1948, pp. 195-196. 16 Sul Nachleben della massima dell’Aminta «S’ei piace, ei lice» nel Torquato Tasso e nel Faust di Goethe cf. Poggioli 1975, pp. 220-240. 198 <?page no="199"?> Il tema dell’esilio politico In conclusione intendo occuparmi brevemente del «movimento» intertestuale dal Novellino di Masuccio all’Arcadia di Sannazaro. Come notato da Salvatore Nigro 17 , la fuga metaforica in Arcadia che chiude il Novellino di Masuccio preparó il terreno all’Arcadia di Sannazaro. Pur trattandosi di due opere molto diverse per ció che riguarda lo stile, il genere letterario e l’ispirazione complessiva, esse presentano alcuni elementi di forte continuitá 18 . Innanzitutto Sannazaro cominció la composizione delle prime ecloghe intorno al 1480, solo quattro anni dopo l’editio princeps napoletana del Novellino di Masuccio. E cosa ancora piú decisiva, Sannazaro inizió a comporre le prose della futura Arcadia pochi anni piú tardi, intorno al 1483-1484 19 . Nel 1486 la prima redazione dell’Arcadia intitolata Libro pastorale nominato Archadio, composta da dieci prose e dieci egloghe precedute da un prologo, fu copiata in un manoscritto di dedica per Ippolita Sforza d’Aragona, giá dedicataria del Novellino di Masuccio. Sannazaro puó essere considerato il vero continuatore del programma di classicismo volgare avviato e promosso da Masuccio 20 . Era stato infatti giá Masuccio nel prologo della terza parte del Novellino, ad affermare con originale lungimiranza per bocca del dio Mercurio di essersi sempre sforzato di imitare l’«idioma e stile» del «famoso commendato poeta Boccaccio» (Nov. Prol. III 6). Sannazaro diede séguito a questo intento programmatico con le prose della sua Arcadia, imitando peró non la prosa corrosiva di alcune novelle del Decameron e del Corbaccio - come ave- 17 Cf. Nigro 1983, pp. 98-102; e Riccucci 2001, pp. 128-130. 18 Per quanto riguarda le riprese dirette, nel suo commento Vecce ipotizza che il congedo dell’Arcadia intitolato A la sampogna riscriva anche «il finale del Novellino di Masuccio, in cui l’autore prende congedo dalla propria opera piangendo la morte di Roberto Sanseverino» (Sannazaro 2013, p. 331). 19 Per le date dell’inizio della composizione di ecloghe e prose dell’Arcadia cf. Vecce 2017, pp. 261-268, in partic. p. 262. 20 Per Sannazaro fondatore del classicismo volgare cf. l’introduzione di Vecce all’Arcadia intitolata Viaggio in ‹Arcadia› (Sannazaro 2013, pp. 9-40, in partic. pp. 20-21). Si legga anche Pozzi 2014, pp. 264-269, in partic. p. 267, a commento del passo dell’introduzione di Vecce citato sopra. Come ho avuto modo di sostenere (cf. Vitale 2018, pp. 15-19), é a mio parere Masuccio, non Sannazaro, a dover essere considerato il primo fautore del classicismo volgare. Del resto il primato cronologico del classicismo volgare di Masuccio era giá stato indicato lucidamente da Letterio di Francia: «al quale [Masuccio] spetta il merito d’aver fatto, fra i primi, un passo audace verso le forme piú terse e castigate dell’Arcadia sannazariana, e verso quell’ideale linguistico che fu poi propugnato dai cinquecentisti» (Di Francia 1924, p. 468). Sull’anterioritá del boccaccismo linguistico e stilistico di Masuccio rispetto a quello di altri autori napoletani come De Jennaro e Ceccarella Minutolo cf. Santoro 1963, p. 324. Anche secondo Petrocchi (1953, p. 3) il Novellino di Masuccio annuncia empiricamente la soluzione letteraria e espressiva del primo Cinquecento. 199 <?page no="200"?> Vincenzo Vitale va fatto invece Masuccio 21 - ma quella piú rarefatta della cornice del Decameron, dell’Ameto, dell’Elegia di Madonna Fiammetta e del Filocolo 22 . Del resto, Masuccio e Sannazaro avevano in comune anche l’estrazione sociale. Entrambi appartenevano alla piccola nobiltá cittadina, la cosiddetta nobiltá di seggio, legata a doppio filo alla dinastia aragonese da un rapporto di fedeltá inquieta, fatto di grata dipendenza e nello stesso tempo di diffidenza. Non a caso sia la famiglia di Masuccio sia quella di Sannazaro avevano intrattenuto un legame privilegiato con i sovrani napoletani della dinastia d’Angió-Durazzo, Carlo III e Ladislao 23 . Nonostante gli elementi di continuitá, il ‹movimento› dal Novellino all’Arcadia comporta di necessitá un adattamento alla nuova situazione politica e sociale, che vede mutare l’origine della minaccia nei confronti della nobiltá di seggio. E questo si comprende bene proprio prendendo in esame il sistema metaforico dell’allegoria bucolica. Nel Novellino i lupi che minacciano pastori e pecore (cioé fuor di metafora, gli esponenti dell’aristocrazia cittadina) sono i frati e i sacerdoti immorali; nell’Arcadia l’immagine dei lupi ricorre invece come allegoria dei grandi funzionari e consiglieri del re, in particolare di Antonello Petrucci e Francesco Coppola, futuri animatori della Congiura dei baroni del 1485-1486 24 . Mi pare quindi che ci siano numerosi elementi per ipotizzare che il viaggio di Sincero-Sannazaro dal mare di Napoli alle selve dell’Arcadia ricalchi sia quello del narratore-autore del Novellino, che, giunto al porto della scrittura, si ritira in luoghi selvaggi di disperato silenzio; sia, indirettamente, l’esilio politico di Boffillo. Non é forse un caso che nell’ottava prosa dell’Arcadia il pastore Carino 21 Per l’importanza del Corbaccio come modello del Novellino cf. Nigro 1983, pp. 36-38, e pp. 45-46. 22 Per i modelli boccacciani dell’Arcadia cf. l’introduzione di Carlo Vecce in Sannazaro 2013, pp. 18 e 21. 23 Nella settima prosa dell’Arcadia Sannazaro-Sincero ricorda che il nonno, Rosso Sannazaro, si era trasferito a Napoli in occasione della conquista del Regno da parte di Carlo III di Durazzo. Secondo Sannazaro-Sincero la decadenza sarebbe iniziata dopo la morte di Ladislao Durazzo, quando il regno passó a una donna, la regina Giovanna II. Tommaso Mariconda, nonno di Masuccio citato all’inizio della novella xiv del Novellino, fu beneficato dalla reggente Margherita di Durazzo, madre di Ladislao, con la metá dei diritti di patronato della chiesa di S. Maria de Alimundo a Salerno, una cui metá fu poi ereditata dallo stesso Masuccio (cf. de propris 2003, pp. 279-286, in partic. p. 282). 24 Cf. Santagata 1979, p. 355; Resta 1979, pp. 88-89; e Riccucci 2001, pp. 124-130 e 148, in partic. p. 125, dove la studiosa nota come «il processo che di lí a poco tempo dará vita in ambiente aragonese alla produzione di egloghe in volgare sia stato innescato proprio da alcune pagine del Novellino: [sembra] che il Novellino costituisca, insomma, in un certo senso, il punto di confluenza tra lezione dantesca e registro bucolico». Sul mutamento di significato dell’immagine dei lupi nel passaggio dalla Commedia di Dante all’Arcadia di Sannazaro attraverso il Novellino di Masuccio cf. anche Sannazaro 2013, pp. 82-83. 200 <?page no="201"?> Il tema dell’esilio politico definisca la fuga da Napoli di Sincero-Sannazaro un «voluntario exilio» (Arcadia, Sannazaro 2013, VIII 5). Si tratta di una locuzione giá attestata in un’epistola di Seneca (86, 3), in cui l’esilio di Scipione é descritto appunto come «exilium voluntarium». In volgare la formula era stata giá esperita dal Boccaccio del Filocolo (3, 32, 3), comparendo poi anche nel titolo della prosa narrativa della Pastorale di De Jennaro, Transcorso del voluntario exilio 25 . Tuttavia, prima dell’uso sannazariano l’espressione era stata riecheggiata - forse con mirata allusione all’ingiusto esilio di Scipione - proprio nella dedica dell’ultima novella del Novellino, in cui, come detto, Masuccio ricorda come Boffillo avesse deciso di farsi «de nobilissimo partenopeo voluntario ultramontano» (Nov. L 3). La ripresa della formula senechiana e boccacciana - piú allusiva in Masuccio, piú esplicita in Sannazaro - sembra un ulteriore indizio dell’affinitá tra l’esilio di Sincero-Sannazaro in Arcadia e quello francese di Boffillo. La complessa genealogia, che collega il pastore Sincero al ribelle Boffillo attraverso una fitta serie di implicazioni storiche, letterarie e allegoriche, agisce come una traccia sommessa ma indelebile dell’inquietudine anti-aragonese che soggiace anche all’Arcadia di Sannazaro 26 . Bibliografia Testi Guardati, Masuccio (1957): Il Novellino (con appendice di prosatori napoletani del ’400), a cura di G. Petrocchi, Firenze. 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Dabei sollen vor allem die subtilen Korrespondenzen aufgezeigt werden, die der Autor des Novellino zwischen dem Protagonisten Ariete und dem Widmungsträger der Novelle, dem neapolitanischen Adeligen Boffillo del Giudice, herstellt. Was die Themen der Liebe und der Ehe betrifft, so erscheint die letzte Novelle des Novellino als eine parodistische Umkehrung einer lateinischen Elegie von Giovanni Pontano, deren Protagonist Boffillo del Giudice selbst ist. Gerade in dieser Elegie greift Pontano wahrscheinlich zum ersten Mal das tibullische Motiv der freien Liebe im goldenen Zeitalter auf, das später in Sannazaros Arcadia und Tassos Aminta bis hin zu Goethe Eingang finden sollte. Der zweite Teil des Aufsatzes zielt darauf ab, die bukolischen Implikationen der letzten Novelle des Novellino hervorzuheben. Die bukolische Anspielung, mit der das Buch schließt, erinnert an die arkadische Geste des Dichters Gallus in Vergils Zehnter Ekloge. Das literarische Exil des Autors des Novellino ist somit implizit mit dem politischen Exil von Ariete und Boffillo verbunden. Schließlich soll die Hypothese aufgestellt werden, dass das von Masuccio in der letzten Novelle des Novellino konstruierte Netz von Implikationen einen der direkten Vorläufer von Sannazaros Arcadia darstellt, einem Meisterwerk, das sich um das Thema der Flucht aus der neapolitanischen Zivilisation in einen Naturzustand außerhalb der Geschichte dreht. Profilo biobibliografico: Vincenzo Vitale insegna letteratura italiana presso il seminario di Italianistica dell’Universitá di Basilea. A Masuccio Guardati ha dedicato una serie di studi, tra cui la monografia Secondo i precetti della perfetta amicizia: il ‹Novellino› di Masuccio tra Boffillo e Pontano (Carocci, 2018). Negli ultimi anni i suoi interessi sono stati rivolti in particolare a Dante, su cui ha pubblicato vari saggi e lecturae. 204 <?page no="205"?> Angela Oster Von der sentimentalen Reise zum bewegten Abenteuer. Carlo Collodis Un romanzo in vapore als europäischer Eisenbahnroman zwischen Märchen und Moderne Tim Parks schreibt in seinem Buch mit dem sprechenden Titel Italien in vollen Zügen zur Historie der Eisenbahn Italiens: Nach Italien kam die Eisenbahn im Jahre 1839, zunächst in Gestalt einer sieben Kilometer langen Schienenstrecke im Schatten des Vesuvs von Neapel bis Portici, gefolgt von vierzehneinhalb Kilometern von Mailand bis Monza im Jahr 1840. In Anlehnung an das englische railways prägten die Italiener den Begriff ferrovie, «Eisenwege». Anders als die Engländer besaßen sie jedoch kaum Eisen für die Schienen, so gut wie keine Kohle, um die Züge anzutreiben, und nur einen Bruchteil der Nachfrage nach Fracht- und Personentransport, den in England die industrielle Revolution erzeugt hatte. Es war schwierig, die Züge zu füllen, und noch schwieriger, sie profitabel zu betreiben. Aber wenn das Geschäft schlecht lief, gab es ja noch die Politik. Der Prozess des Risorgimento, der das Ziel verfolgte, die separaten, oft fremd regierten Staaten der Halbinsel zu einer einzigen Nation zu vereinen, war in vollem Gange; alle Parteien hatten verstanden, dass schnelle Kommunikationswege die Einigung fördern und später untermauern würden. 1 Parks’ informative Übersicht interessiert sich allerdings weder, so heißt es in dem Buch weiter, für «Geschichtsbuch»noch für «Reisebericht» 2 , und so kommt Italiens wichtigster Eisenbahnroman in der kurzweiligen Darstellung bemerkenswerterweise nicht vor: Carlo Collodis Un romanzo in vapore. 1 Parks 2018, p. 10. 2 Parks 2018, p. 11. 205 <?page no="206"?> Angela Oster Abb. 1: Carlo Collodi: Un romanzo in vapore, 1856, Frontispiz. Collodi ist vor allem als Autor des Pinocchio weltberühmt geworden, in dem nicht nur die Nase des gleichnamigen Protagonisten als Indikator seiner Lügen in ständiger ‹Bewegung› bleibt. Bereits der Titel des Romans weist darauf hin, dass der Text qua Gattung - Le avventure di Pinocchio - dem Schema der Âventiure als Lebensreise verpflichtet ist. ‹Movimenti› prägen Collodis Schreiben von Grund auf, was auch in seinem frühen, weitgehend unbekannt gebliebenen Buch Un romanzo in vapore (im Untertitel: Da Livorno a Firenze: Guida storico-umoristica) der Fall ist, das über Italien hinausgehend einen der ersten europäischen Eisenbahnromane überhaupt darstellt 3 . Der Roman ist im Jahr 1856 erschienen, als Collodi noch seinen ursprünglichen Nachnamen trägt, nämlich Lorenzini, den er erst später ablegt und sich nach dem Geburtsort seiner Mutter - Collodi - benennt. Die Strecke zwischen Livorno und Florenz wurde zwischen 1844 und 1848 gebaut und war wesentlich durch den ersten Unabhängigkeitskrieg und andere ‹Dunstkreise› («vapore») des Ottocento geprägt. 3 Lorenzini unter dem Pseudonym Collodi 1856. Immerhin gibt es zwischenzeitlich zwei neuere Wiederabdrucke: einer hg. von Randaccio (Collodi 2010) und einer von Marcheschi (Collodi 1987). Letzterer stellt eine Reproduktion der Erstausgabe von 1856 dar, nach der im Folgenden mit dem Kürzel Collodi 1987 und Seitenzahl zitiert wird. 206 <?page no="207"?> Von der sentimentalen Reise zum bewegten Abenteuer Collodi hat als scharfsinniger Journalist Konstellationen des Transfers, der Übersetzung und der Dynamisierung im 19. Jahrhundert beobachtet, was sich unter anderem in seinen Cronache dall’Ottocento 4 und ähnlich auch in den drei Bänden Il viaggio per l’Italia di Giannettino (1880-1886) widerspiegelt, in denen die Einteilung in «Italia superiore», «Italia centrale» und «Italia meridionale» eine turbulente Varianz italienischer Mobilitäten vorstellt 5 . Während die Forschung Collodis ‹Abenteuerreisen› oftmals einseitig in der Nachfolge von Sternes Sentimental journey sieht 6 , verfolgt der vorliegende Beitrag einen anderen Ansatz. Er begreift den Dunst oder Nebel des «vapore» als Motivation einer ‹Literatur in ständiger Bewegung›, die zwischen imaginären (oder märchenhaften) Welten und realistischem Modernismus zu vermitteln versucht. Dessen ungeachtet: Der ebenfalls plausible Ansatz, Collodis Arbeit im Schema literarischer Industrialisierung zu verorten, ist keineswegs verfehlt, ganz im Gegenteil. Dass Eisenbahn- und andere Geschwindigkeitsdarstellungen in industrialistischen Deutungen ohne Zweifel wichtig sind, ist bereits angesichts der zeitgenössischen Reaktionen alles andere als abwegig, die sich von den neuen technischen Möglichkeiten mit revolutionären Zeit-, Raum- und Dynamisierungserfahrungen fasziniert zeigten. Dies ist vor allem im frühen 19. Jahrhundert der Fall, während sich im Lauf des Jahrhunderts auch kritische Stimmen mehren, so im Naturalismus bei Zola, im italienischen Verismus oder in Deutschland mit Gerhart Hauptmanns Bahnwärter Thiel. Im Fokus der Technik fusionieren verschiedene moderne Paradigmen wie Wirtschaft, Geographie und Phänomenologie mit «symbolische[r] Strahlkraft: Die Eisenbahn wird im 19. Jahrhundert als Synonym für eine emphatisch verstandene Modernität verstanden, sie steht für den Fortschritt» 7 . Die Kehrseite der Medaille liegt ebenfalls auf der Hand: «Der technische Erfolg hatte allerdings auch seine Schattenseiten: Zusammenstöße, Explosionen und entgleiste Züge waren damals nichts Ungewöhnliches und sind leider bis heute keine Seltenheit». 8 Europaweit entfaltete sich ein komplexes Schienennetz. England war Vorreiter auf dem Gebiet und offerierte 1825 für Güter und Personen die weltweit erste Ei- 4 Collodi 1990. 5 Collodi 1880-1886. 6 Eher einseitig in der Nachfolge des sentimentalen Romans sieht bspw. Daniela Marcheschi Un romanzo in vapore als «archetipo sterniano», Marcheschi (1995), p. XL. 7 Cf. dazu Bender 2011, p. 105; cf. des Weiteren Heinimann 1989 und allgemeiner Segeberg 1987. 8 Bedey (Hg.) 2019, p. 3. 207 <?page no="208"?> Angela Oster senbahnstrecke zwischen Stockton und Darlington. Deutschland folgte zehn Jahre später, 1835, mit einer Strecke zwischen Nürnberg und Fürth. Als materielles Objekt verkörperte die Lokomotive ein imposantes Gebilde, das mit rauchenden Schloten oder Pfiffen des Dampfes alle Sinne ansprach. Die Forschung hat die wahrnehmungsästhetischen Einflüsse eindringlich aufgearbeitet, wobei luxuriöse Varianten, wie das Reisen im legendären Orient-Express, ein eigenes Feld darstellen und im Kontext der Gattung des Kriminalromans zum detektivischen locus classicus avancierten (besonders bekannt ist Agatha Christies Kriminalroman Mord im Orient-Express aus dem Jahr 1934) 9 . Die neuen Techniken und Dynamiken hatten nicht zuletzt Einfluss auf die Sprache 10 . So feierte der Futurismus die neuen Erfahrungen der Geschwindigkeit im Lobgesang des Automobils, das viel schöner sei als die Nike von Samothrake (Filippo Tommaso Marinettis Manifest zum Futurismus erschien in Le Figaro am 20. Februar 1909), oder in einem Schriftbild der ‹parole in libertà›, welches die Gewalt neuer Mobilität in zersprengten Lettern und in einer Relativierung von Landschaftsdarstellungen nachbildete, in denen die Natur aufgrund hoher Geschwindigkeiten nur noch schemenhaft wahrgenommen werden konnte: als reißender Strom von Eindrücken jenseits aller gemächlichen Impression 11 . Im Folgenden wird demonstriert, dass auch Collodi die vertrauten Sprachmodelle und Bildmuster hinterfragt. Die Tradition ist für ihn nicht uneingeschränkt von Nutzen, um den innovativen Mobilitäten des 19. Jahrhunderts und deren drastischen Entwicklungen entsprechen zu können. Die Grenzgebiete zwischen überlieferten Welten und Ausblicken auf Neues hat Carl Spitzweg in seinem Gemälde mit dem Titel Gnom, Eisenbahn betrachtend aus dem Jahr 1848 eindrucksvoll ins Bild gesetzt. Der Gnom schaut aus dem schützenden Dunkel baumhafter Höhlen mit seitlich geneigtem Kopf und auf dem Rücken verschränkten Armen in die panoramatischen Weiten und dort auf einen in der Ferne sichtbaren Zug, der zukunftsversprechend in die hellen Weiten des Hintergrunds fährt 12 . Nostalgische Trauer um den Verlust vergangener Welten und Spannung in Hinblick auf neue Reize und mobile Qualitäten scheinen sich bei Spitzweg in ein und demselben Kunstwerk zu verbinden; romantische Idylle und dynamischer Fortschritt halten sich die Waage. 9 Cf. Sölch 1998 und Franzke (Hg.) 1998. 10 Cf. dazu allgemein Oster 2009b. 11 Cf. Oster 2009a sowie Maag / Chytraeus-Auerbach (Hg.) 2016. 12 Cf. Wichmann (Hg.) 2002. 208 <?page no="209"?> Von der sentimentalen Reise zum bewegten Abenteuer Abb. 2: Carl Spitzweg: Gnom, Eisenbahn betrachtend, 1848, Wikipedia Commons. Zwischen Mensch und Maschine verstärken sich im 19. Jahrhundert die Spannungen, was anthropologisch versierte Forschungen breit aufgearbeitet haben 13 . Im Kontext von Collodis Roman ist speziell von Interesse, dass der Autor die scheinbar sicheren Techniken und ihre Souveränität in Hinblick auf das Moment unaustilgbarer Irritationen und Irrationalitäten befragt. Für prekäre Situationen steht in der Tradition in der Regel ein Held bereit, der mutig auf der Welle der Ereignisse die Leserinnen und Leser wieder in ruhigere Fahrwasser geleitet. In der modernen Welt Collodis greift dieses Schema weiterhin, auch wenn es nicht mehr umstandslos beglaubigt, sondern humorvoll-ironisch begleitet wird 14 . Die Antinomien von Natur und Technik unterläuft Collodi, was in seinem ‹Roman› insofern zum Tragen kommt, als diese Gattung auf metapoetischer Ebene vom Erzähler hinterfragt wird. Denn der Dampf, der «vapore», weist nicht einfach nur auf das entsprechende Kondensat hin, das ausgestoßen wird, um die Lok zu mobilisieren. Ausgehend davon, dass der «vapore» eine maschinell angetriebene, selbstfahrende 13 Cf. stellvertretend Bohlken / Thies (Hg.) 2009. 14 Dass es sich diesbezüglich hingegen um eine Parodie handelt, ist zu bezweifeln; diese Meinung vertritt Marcheschi 1995, p. XL. 209 <?page no="210"?> Angela Oster Gerätschaft indiziert, werden die Lesenden auf die Strukturen des funktionierenden Textes hingewiesen. Die Schrift ist ebenfalls ein selbstbezügliches Gebilde, zu dessen ästhetischer Funktion allerdings durch den nebligen Dampf des Plots allererst vorgestoßen werden muss. Dem Hinweis im Untertitel - «Da Firenze a Livorno» - erweist der Roman in den ersten Zeilen geradezu positivistisch seine Reverenz. Eine Art Prolog - der in der Paginierung durch die Verwendung römischer Ziffern auch typographisch von den folgenden Seiten in arabischer Zählung abgesetzt ist - ist dem Capitolo Uno vorangestellt, und nach «Strade ferrate italiane. In attività, in costruzione e in progetto» (so die Überschrift des Prologs) hebt folgende nüchterne Aufzählung an: «La rete delle Strade Ferrate del Regno Lombardo-Veneto consiste nelle seguenti linee. Da Milano a Como per Monza» 15 , die sich als «Guida» mit weiteren seriellen Städtenamen und monotonen Zahlenfolgen fortsetzt, sodass Lesende nach diesem eher prosaischen Auftakt auf die angekündigte Charakterisierung des «storico-umorista» hoffen. Diese Erwartung wird nicht enttäuscht. Dem sprachlichen «storico-umorista»-Stil wird zeitnah in der Lektüre mit einer humoristischen Zeichnung entsprochen, mithin einer Karikatur, die als Form gesellschaftskritischer Ikonographie ahnen lässt, dass es im Folgenden auch um ernsthafte Darlegungen gehen wird. Was es mit den devoten Bücklingen vor dem Geld - genauer: dem ‹rollenden› Geld in Form von Münzen - und seiner Mobilität (es hätten schließlich auch Scheine genommen werden können) auf sich hat, wird später noch deutlich werden. Kapitel 1, «Un motto degli Americani», setzt zunächst mit einer inszenierten Replik ein: «Lo stile è l’uomo - ha detto Buffon. | Il motto è l’uomo - rispondo io». Diese beiden Zeilen stellen en miniature auf der formal-kommunikativen Ebene eine Dialogizität aus, und der Roman wird auch im Anschluss daran immer wieder in Form von Gesprächen fortgesetzt. Vor allem ist der Auftakt zum ersten Kapitel ein prägnantes Beispiel für das, was stilistisch implizit entgegen der ostentativen Verneinung eine Rolle spielen wird. Der Erzähler, der hier als selbstbewusst entgegnendes «io» fungiert, stellt in der ersten Zeile eine Aussage auf, die auf den ersten Blick besehen wie ein Motto wirkt: «Lo stile è l’uomo - ha detto Buffon». Doch der zweite Satz stellt eben genau dies in Abrede. Während auf der phatischen Ebene das Motto ausgehebelt wird - denn es folgt eine Entgegnung -, wird es inhaltlich als zentral, ja 15 Collodi 1987, p. 1. 210 <?page no="211"?> Von der sentimentalen Reise zum bewegten Abenteuer Abb. 3: Karikatur, Capitolo 1, «Un motto degli americani», Un romanzo in vapore, p. 2. existentiell behauptet: «Il motto è l’uomo». Und weiter: Buffon wird von der erzählenden Instanz anschließend als «filosofo» apostrophiert - was insofern eine leutselige Formulierung ist, als Georges-Louis Leclerc, Comte de Buffon weniger ein Philosoph denn ein Naturwissenschaftler, genauer ein Botaniker war (und in Konkurrenz zu Carl von Linné stand) 16 , und nun im Kontext der (oftmals pauschal als philosophisches Zeitalter geltenden) Aufklärung des 18. Jahrhunderts vom Erzähler in Un romanzo in vapore zum «filosofo» wird. Nun ist Collodis parodistischer Reiseführer durchaus (wenn auch nicht nur) auf ein pauschalisierendes Massenpublikum zugeschnitten, trotz der impliziten Kritik an demselben. Buffons Satz («Le style est l’homme même») ist berühmt geworden als Teil seiner Antrittsrede Discours sur le style an der Académie française im Jahr 1753 17 . Er hat eine eigene 16 Cf. allgemein zum naturwissenschaftlichen Diskurs der Zeit und dem Agon der Wissenschaftler untereinander Oster 2017. 17 Comte de Buffon 1954, p. 503. 211 <?page no="212"?> Angela Oster literaturtheoretische Lehre des Stils begründet, die bereits Jean Paul als «Wohllaut statt Wahrheit» ironisierte 18 . In dessen Nachfolge stellt sich Collodi, wenn er ab dem dritten Satz fortfährt mit: La sentenza del filosofo francese è più speciosa che vera; molte volte lo stile non è l’uomo. Lo stile, domandatelo ai grammatici, è un artifizio della rettorica: e come tale, a farlo apposta, può mirabilemente servire a nascondere l’indole e i sentimenti dello scrittore. 19 Collodis Text weist eine Fülle engmaschig gesetzter Verweise auf, aus der im Folgenden eine Auswahl getroffen werden muss. Auffällig ist bereits auf den ersten Seiten, dass sich in einem Romantext, der eine Reise fingiert, kaum zufälligerweise zwei unüberlesbare Hinweise - «sentimenti» und «insensibile» - auf einen der berühmtesten Reiseromane überhaupt finden, nämlich Laurence Sternes A Sentimental Journey Through France and Italy aus dem Jahr 1768. Dass die Liebesabenteuer des englischen Helden dabei nicht ganz so empfindsam sind, wie es der Titel suggeriert, lässt die Schelte an Goethe und anderen vorgeblich ‹gefühlskalten› Autoren von vornherein als spielerisch erscheinen. Und auch das Plädoyer für die mottohafte Sentenz als Weg zur Wahrheit wird buchstäblich in einer selbstironischen Wendung revidiert: «Lasciatemelo ripetere: il motto è un dagherreotipo; il motto è uno specchio che riflette l’individuo, l’epoca e il paese! ». 20 Wenn hier die ‹Wahrheit› angeführt wird, dann ist dies in den mit Fiktionen arbeitenden Künsten insofern eine nicht unproblematische Angelegenheit, als es diesen literarisch in Italien erst mit dem später einsetzenden Verismus programmatisch um Wahres ging. Die Verbindungen zu den Naturwissenschaften sind dabei eng, wie der französische und deutsche Naturalismus bereits namentlich indizieren. Collodi bereitet 1856 dem wenige Jahrzehnte später in Italien einsetzenden Verismus den Weg, wenn er im Namen der ‹Wahrheit› und angesichts der Aufzählung abschreckender Beispiele sein Plädoyer für das Motto oder auch den Aphorismus fortsetzt. Er verweist auf Nero, der (so die anachronistische Sichtweise) in der Manier der Canzonieri d’Amore nach Petrarca ähnlich unehrlich gesprochen hätte wie der ebenfalls wenig sympathisch gezeichnete «Goëthe», «il più freddo, il più insensibile e il più egoista di tutta la bionda Germania» 21 . 18 Cf. Lepenies 2007. 19 Collodi 1987, p. 4. 20 Collodi 1987, p. 6. 21 Collodi 1987, p. 5. 212 <?page no="213"?> Von der sentimentalen Reise zum bewegten Abenteuer Die selbstreflexive Perspektive greift mit der Daguerreotypie das erste kommerziell verwendete Fotografie-Verfahren im 19. Jahrhundert auf, das vor allem in den 50er Jahren ein beliebtes Massenprodukt war, also genau in dem Zeitraum, in dem Collodi seinen Eisenbahn-Roman schreibt. Ein Spezifikum der Daguerreotypie ist, dass ihr fotografisches Verfahren seitenverkehrt abbildet 22 , sodass auf der Folie dieser Information Collodis bereits zitierter Satz - «Lasciatemelo ripetere: il motto è un dagherreotipo; il motto è uno specchio che riflette l’individuo, l’epoca e il paese! » - zum Spiegelreflex des Mottos als Hinweis auf Abbildungsverfahren (auch der Literatur) zu verstehen ist, die es mit wahrheitsgetreuen Illustrationen nicht so genau nehmen müssen. Dies ist umso brisanter, als in diesem Zusammenhang auch das Monetäre eine Rolle spielt. In Collodis Text wird im direkt folgenden Satz die Karikatur, von der bereits die Rede war, wieder aufgegriffen: «Il denaro fa tutto [. . . ] Il tempo è moneta! » Mit dem zuvor geschmähten «Goëthe» könnte man mit dessen Faust auch sagen: «Nach Golde drängt, | Am Golde hängt | Doch alles! | Ach wir Armen! » 23 Weiter heißt es in Un romanzo in vapore: «la vecchia Europa si è scossa al rumore di questa formula, tutta di metallo sonante» 24 . Die Tradition wird in der Folge wiederum mit «Argonauti moderni» apostrophiert, und es zeigt sich, dass Neues und Altes eng miteinander im Modus der «mitologia» verbunden sind: Non ci perdiamo in illusioni : non ci divaghiamo in fisime di glorie passate e di tradizioni coperte di polvere : non intorbidiamo la prosa finanziaria dell’epoca, col miscuglio di una poesia eterogenea e dissolvente. Ogni cosa ha il suo tempo ! 25 «Il Medio-Evo» wird als «scheletro tarlato dal tempo e dalle leggende» 26 , die ritterliche «tavola rotonda. Inventati dal Arcivescovo Turpino» oder «la ruggine dei Guelfi e dei Ghibbilini» werden als «roba passata di modo» abgewertet 27 - aber der Ausweg aus diesen petrarkisch angehauchten dunklen Zeiten wird sofort angeboten: als «via del positivo» 28 , die bekanntlich im 19. Jahrhundert mit Auguste Com- 22 Cf. zu Technik und Verfahren der Daguerreotypie Siegel 2014. 23 Goethe 1790, p. 96. 24 Collodi 1987, p. 7. 25 Collodi 1987, p. 7. 26 Collodi 1987, pp. 7-8. 27 Collodi 1987, p. 8. 28 Collodi 1987, p. 8. 213 <?page no="214"?> Angela Oster te oder Hippolyte Taine ihren Erfolgszug angetreten hat. Die Dynamik der «velocità del genio industriale» manifestiert sich nicht einfach nur als: «Questa formula, quasi per incanto, generò le macchine, il vapore e il telegrafo» 29 . Die «movimenti» sind sehr viel einschneidender. Mit «la società è un campo di battaglia, dove chi cade, cade» 30 am Ende des ersten Kapitels wird der Name Darwins zwar nicht explizit genannt, aber dass seine Lehre des ‹survival of the fittest› gemeint ist, ist offensichtlich. On the origin of species erscheint zwar erst drei Jahre nach Collodis Text, doch die Lehre Darwins ist durch zuvor erschienene Beiträge bekannt und wird in Europa intensiv diskutiert. Die Zeitersparnis im Reisen hat handfesten wirtschaftlichen Profit zur Folge - «il tempo è moneta» -, was sich als «epidemia universale» manifestiere, nämlich im «libro del Dare e Avere» des «calcolo infinitesimale», und das Kapitel 1 schließt im vorletzten Satz mit den Worten der «moltiplicazione indefinita del Capitale» 31 . Nicht nur die Verwendung der Majuskel indiziert die Ideologie von Karl Marx. Das Kapital ist zwar 1856 ebenfalls noch nicht erschienen, befindet sich aber in Vorbereitung; andere Schriften von Marx sind bereits erschienen, und die marxistische Lehre hat in Europa Fuß gefasst. Der allerletzte Satz des ersten Kapitels lautet: «Oh! il genio della speculazione è senza pietà! » 32 Der Terminus «speculazione» ist mehrdeutig. Es beinhaltet semantisch die Mutmaßung, aber auch die wirtschaftliche Kalkulation und nicht zuletzt im anthropologisch-philosophischen Bereich das Spiegelbild (lat. ‹speculum› = Spiegel[ung]) sowohl des Anderen als auch des Eigenen. Ästhetische, ökonomische und kommunikative Ebenen verschränken sich damit aussagekräftig und, was die Situierung im Text angeht, an ausgestellter Position. Das zweite Kapitel weist zu Beginn die eher possierliche Abbildung einer Lokomotive auf, in deren Anhang sich sowohl ein Güterals auch ein Personenwaggon befinden. Der Titel lautet «Il Vapore», aber die Erwartungen werden sogleich ‹gedämpft› mit den Worten: «Non v’insospettite dal titolo; non abbiate paura. Come! E potete credere che io voglia parlarvi del vapore e dei suoi progressi? ». Das alles sei ja nicht notwendig, denn die «scienza» sei inzwischen ein «libro aperto, dove leggono tutti [. . . ]» 33 . 29 Collodi 1987, p. 9. 30 Collodi 1987, p. 10. 31 Collodi 1987, p. 10. 32 Collodi 1987, p. 10. 33 Collodi 1987, p. 11. 214 <?page no="215"?> Von der sentimentalen Reise zum bewegten Abenteuer Abb. 4: Capitolo 2, «Il Vapore», Un romanzo in vapore, p. 11. Der «Vapore, come mezzo di locomozione» knüpft in Kapitel 3 weiterhin an den nüchternen Ton des Prologs an und macht damit dem Untertitel als «Guida storic[a]» - allerdings hier ohne «umoristica» - alle Ehre. Der Humorismus kommt in Kapitel 4 wieder zum Tragen, wenn über Fortbewegungen aller Art unter linguistischen Aspekten philosophiert wird. Naturwissenschaftliche Aufzählungen und literarische Darstellungen wechseln auch in den folgenden Kapiteln kontinuierlich ab. Exemplarisch sei auf das Kapitel 6 verwiesen, dessen Überschrift «Un romanzo» lautet und das mit intertextuellen Anspielungen reich gesättigt ist. Giorgio Sands Stenio, «innamorato e fantastico» wird genannt; mit «Ortis» sind Foscolos «Ultime Lettere» aufgerufen; mit dem gleichsam gehauchten «Addio. . . » wird Verdis 1853 uraufgeführte Traviata «a mezza voce» in Erinnerung gerufen und den Lesenden mit einem humoristischen Augenzwinkern mitgeteilt: «Assistete a un dramma, a una tragedia» 34 . Neben der Rezeptionsebene kommt die Produktionsseite ins Spiel, wobei «regole» eines «romanzetto d’invenzione» konstruiert und 34 Collodi 1987, p. 11, pp. 38-39. Cf. zu Collodi und dem Melodrama allgemein Guarducci 1969. 215 <?page no="216"?> Angela Oster anhand eines lästigen, weil neugierigen Passagiers durchdekliniert werden - um dann in einer pointierten Kehrtwendung als «simili porcherie» ad absurdum geführt zu werden 35 . Auch die Kunst unterliegt dem zeitgenössisch immer allgegenwärtiger werdenden Konsum («consuma») 36 , und zwar nicht zuletzt in dem Gattungsschema, das anhand von Sternes ‹sentimental journey› bereits aufgerufen wurde: «l’avventura romantico-sentimentale» heißt es im Text - während die Zugfahrt weitergeht und verschiedene Städte an den Haltepunkten des Zuges zur Sprache kommen, «nelle loro umoristiche pellegrinazioni in Italia» 37 . Weiterhin werden die Kapitel von pittoresken Illustrationen begleitet. Die Abbildungen stammen von Leopoldo Cipriani, einem Freund Collodis, der viele Karikaturen für die humoristische Zeitschrift La Lente zeichnete und sichtlich von Honoré Daumier beeinflusst war. Ähnlich wie die Städte, an denen der Zug hält, sich ähneln, erweisen sich auch die verschiedenen Gattungen des Erzählens als beliebig austauschbare Haltepunkte der Narration: «è un romanzo, un dramma, una tragedia; insomma è tuttociò che volete» 38 . Außerdem werden Kontaminationen von einander sich eigentlich Ausschließendem möglich: «una tragedia di carnevale» 39 . Als am ehesten seriös im Gattungs-Potpourri wird der «Romanzo Sociale» ausgewiesen 40 , der durch Kursivierung und Majuskeln doppelt im Schriftbild hervorgehoben ist. Wie könne man, so lautet die Frage in Kapitel 7, einen zeitgenössischen Roman schreiben («contemporaneo») 41 ? Was in Frankreich im Zeichen des «verosimile» funktioniere, «degli avvenimenti che sembrano storici» 42 , sei in Italien, in dem ‹jeder an jedem› Anteil nehme (so der humoristische Hinweis auf die ‹typische› italienische Kommunikationsfreude) unmöglich. Die Streitgespräche über die «cronache d’Italia» in den Waggons kontrastieren die Idyllen und Panoramen, die an den Fenstern vorbeigleiten und weiterhin als Abbildungen den Text begleiten 43 . Die Lokalitäten dienen in den Zuggesprächen vor allem dazu, Typen zu bestimmen, vor allem in Hinblick 35 Collodi 1987, pp. 40-41. 36 Collodi 1987, p. 41. 37 Collodi 1987, p. 44. 38 Collodi 1987, p. 47. 39 Collodi 1987, p. 47. 40 Collodi 1987, p. 56. 41 Collodi 1987, p. 56. 42 Collodi 1987, p. 56. 43 Collodi 1987, p. 78. 216 <?page no="217"?> Von der sentimentalen Reise zum bewegten Abenteuer auf Florenz, und zwar «un tipo sui generis», wie den «ragazzetto fiorentino», «il birichino di strada» 44 . Diese Typisierungen wiederum bieten Material für weitere Karikaturen im Buch; es finden kontinuierlich ikonographischen Wechselwirkungen statt. Abb. 5: Capitolo 17, «Il Vade-mecum del Viaggiatore», Un romanzo in vapore, p. 142. Die stellenweise auch langatmigen Ausführungen in Collodis Romanzo in Vapore scheinen schließlich sogar den Erzähler selbst dazu zu bewegen, in Kapitel 17 ein «Vade-mecum del Viaggiatore», so die Überschrift, zu entwerfen. Es enthält Ratschläge für ein bequemes und unterhaltsames Reisen, deren Nichtbefolgung die Illustrationen karikieren; und das Kapitel schließt mit den Worten: La vita è breve . . . ma la noia è lunga! Perciò, se desiderate ammazzare in qualche modo le lunghissime ore del wagone, procacciatevi un libro. . . o fate mentalmente il riepilogo delle vostre passività. 45 44 Collodi 1987, p. 94, Hervorhebungen im Original. 45 Collodi 1987, p. 146, Auslassungen im Original. 217 <?page no="218"?> Angela Oster Das 19. Kapitel weist intratextuell auf die «aneddoti amorose del 6 o capitolo» zurück, und der Erzähler informiert seine Leser in Ariostischer Manier darüber, dass er den amourösen Handlungsstrang keinesfalls fallengelassen und vergessen habe: «Ma il lettore questa volta s’inganna a partito. Ogni romanzo ha le sue regole e i suoi artifizi! » 46 Der Erzähler stellt sein Licht keineswegs unter den Scheffel: «sento che sarei stato l’inventore del romanzo sociale in Italia! » Doch sowohl der Konjunktiv als auch die Gattungsschreibung, nämlich dieses Mal in Minuskeln, dämpfen die vermeintliche Errungenschaft. Es scheint, als habe der Roman sowohl vor Augen als auch ad absurdum führen wollen, was passiert, wenn ein Text allzu ostentativ in realistisch-sozialer Manier geschrieben wird: Se domani, per esempio, vi accingete a scrivere un romanzo contemporaneo, novantanove per cento i vostri lettori cominceranno a sbadigliare al primo capitolo: al secondo avranno delle cascaggini: al terzo dormiranno saporitamente il sonno della noia [. . . ]. Il gran segreto del romanziere, sapete voi dove sta? Sta nel conoscere il modo di eccitare la curiosità, e nel sapere incatenare per un verso o per l’altro, i lettori alle pagine del libro, per poterseli quindi tirar dietro, come tanti schiavi, attaccati al carro della fantasia! ! ! 47 Die «fantasia» wird mit drei Ausrufezeichen ausgestattet und damit auf eine Art und Weise akzentuiert, die Späteres vorwegnimmt (dazu im Folgenden mehr). Auffällig ist zunächst die Überschrift: «Un Romanzo. Secondo la Ricetta del Professor Pagliano» 48 . Die massierten Hervorhebungen mit Fettdruck, Kursivierungen und Kapitälchen stammen aus dem Schriftbild des Originals und heben sich betont übertrieben von den normalen Schriftypen der anderen Überschriften ab. Der Beginn der anschließenden Ausführungen erinnert geradezu frappant an Umberto Ecos Nachschrift zum Namen der Rose, der seine intertextuelle Vorlage eventuell bei Collodi gefunden hat: Capitolo primo. (disse il Professore) È una serata d’inverno, fredda, buia, piovosa. (In fatto di romanzi, è sempre bene attenersi al tempo cattivo! ). 49 Si può dire «Era una bella mattina di fine novembre» senza sentirsi Snoopy? 50 46 Collodi 1987, p. 155. 47 Collodi 1987, p. 156. 48 Collodi 1987, p. 157. 49 Collodi 1987, p. 157. 50 Eco 1994, p. 512. 218 <?page no="219"?> Von der sentimentalen Reise zum bewegten Abenteuer Beide Ausführungen haben metapoetische Erwägungen zum Gegenstand, und es mutet umgekehrt fast postmodern an, wenn Collodis Erzähler fingiert, auf der Straße auf seinen Verleger gestoßen zu sein, der gefragt habe: «Conosci tu per caso la storia dei paesi che si incontrano lungo la strada ferrata, da Firenze a Livorno? » Daraufhin entfaltet sich folgender Dialog: - Facciamo una guida della Strada ferrata Leopolda. Facciamola pure: ma nessuno la comprerà. - Lo credi? - Ne sono sicuro: facciamo piuttosto un romanzo. - Come c’entra il romanzo col vapore? - C’entra benissimo: anzi, il titolo non potrebbe esser più seducente: Un romanzo in vapore! Bello! magnifico! nuovo! stupendo! - Calmati e ascolta: io penserò a metterti insieme la Guida: in quanto poi al romanzo. . . - Facciamo una cosa, la Guida intitoliamola Romanzo! ... - È una trappoleria bella e buona ! 51 Was wie eine gänzlich fiktionale Erfindung anmutet, stellt tatsächlich die Entstehungsgeschichte beziehungsweise den realistischen Anlass für Un romanzo in vapore dar. Im Nachruf auf Collodi, der in der Domenica fiorentina erschienen ist, gibt der Verleger Ferrigni an, dass sich die Szene mehr oder weniger genauso abgespielt habe, wie sie im Roman geschildert wird. Der Verleger habe «un libretto da vendersi nelle stazioni, per leggere in treno» haben wollen, «che potesse divertire servendo nel tempo stesso da Guida in viaggio» 52 . Und genau das habe ihm Collodi dann auch geliefert. Tatsächlich kommt das Genre des Touristenführers im Text nicht zu kurz. Dies verwundert wenig, denn es darf nicht vergessen werden, dass um die Mitte des 19. Jahrhunderts für einige Zeit der ‹Baedeker› florierte, wobei das Original des ‹Baedeker› von Koblenz aus ab 1836 in ganz Europa vertrieben wurde. Der Text endet mit schier endlosen Listen von Lokalen, Sehenswürdigkeiten, Geschäften von Florenz, die auf den ersten Blick besehen ähnlich wenig Lust machen, sie aufmerksam durchzulesen, wie die Aufzählungen zu Beginn des Romans. 51 Collodi 1987, pp. 160-161, Hervorhebungen im Original. 52 Yorick (=P. Coccoluto Ferrigni) 1890 (Auszug in Collodi 2002, p. VI). 219 <?page no="220"?> Angela Oster Es ist wiederum Umberto Eco, der auf die besondere Ästhetik der Liste aufmerksam gemacht hat, nämlich in seinem Katalog Die unendliche Liste 53 . Die ganze Welt sei eine Liste, so antwortete Eco, als man ihn fragte, was an Listen interessant und nicht grundlegend langweilig sei. Die Liste sei eine spannende rhetorische Figur, mit verschwenderischen Reihungen oder schier endlosen Häufungen von Namen. Gerade weil die Liste kein Erhabensheitspotenzial aufweise, sei sie praktikabel. Oder wie Steffen Bogen es in einer Buchbesprechung formuliert hat: Eco profiliert die Liste als intellektuelle Antwort auf das Problem, keine Kategorie für die Genese der Dinge zu haben, die Vielfalt der konkreten Erscheinungen nicht aus dem Zusammenwirken endlicher Prinzipien erklären zu können. So wird die Reihe der Begriffe, mit denen man die Dinge beschreibt, selbst zu einer Aufreihung von konkreten Zeichen, die in keine endgültige Ordnung gebracht sind und stets erweiterbar bleiben. [. . . ] Eco stellt Rabelais als denjenigen heraus, der die ästhetische Faszination für die chaotische Aufzählung als erster zelebriert habe. 54 Collodis ‹Listomanie› der ‹langen Weile› wirkt so besehen als (Gegen)Mittel, um der Schnelligkeit der technischen Errungenschaften eine lediglich scheinbare Eintönigkeit von Listen aufzuzwingen, die erst im langsamen Lesen eine eigenständige, in sich ruhende Ästhetik entfaltet. Und anders als Ecos Listen weist diejenige Collodis am Ende immerhin ein pointiertes «FINE» auf. Abschließend sei die Frage gestellt: Was wollte Collodi mit seinem Romanzo in vapore bezwecken? Folgendes lässt sich festhalten: Collodi greift die modernen Diskurse seiner Zeit - Technik, Positivismus, Naturwissenschaften - auf und hüllt sie von Anfang an in einen «vapore», einen nebulösen Deutungshorizont, bei dem auch genuin poetologische Kategorien, wie beispielsweise die Gattungen, ähnlichen Humorisierungen unterliegen wie die Realdiskurse. Zu Beginn dieses Beitrags wurde bereits der Abenteuerroman genannt, der in seiner sentimentalen Ausprägung besonders von der Gattungskritik des 18. Jahrhunderts torpediert worden ist, was Collodi im 19. Jahrhundert anscheinend noch zu übertreffen versucht. Die DFG- Forschungsgruppe «Philologie des Abenteuers» an der LMU München hat auf Folgendes aufmerksam gemacht: Die Geschichte des modernen Erzählens lässt sich, jedenfalls was den Roman betrifft, als Geschichte der Zurückweisung des Abenteuers schreiben. In der 53 Eco 2009. 54 Bogen 2011. 220 <?page no="221"?> Von der sentimentalen Reise zum bewegten Abenteuer Moderne wird die Abenteuergeschichte zum Inbegriff der falschen Geschichte, die eine Illusion von Kohärenz vermittelt und einem trivialen narrativen Lustprinzip unterliegt. 55 Das Forschungsprojekt weist auf «populäre Kompensationsformen d[e]s Abenteuer[s]» und auf das «Weiterleben des Abenteuerparadigmas in der Populärliteratur» hin 56 - was Collodi ganz ähnlich intendiert hat. Die selbstreflexiven Passagen seines Romans oder Pseudo-Romans rufen Erzählschemata auf, die in phrasenhafte Typisierungen oder Listen münden, sodass letztlich vor allem das Schreiben selbst zum eigentlichen Abenteuer des Textes wird. Collodi stellt die Schnittstellen von fingierten Erzählungen, verosimile-Passagen und Realreferenzen offen aus und ist gar nicht erst darum bemüht, mittels raffinierter Verknüpfungstechniken die Kontraste zu verschleiern. Ja, die Dissimulation selbst ist von Anfang an der eigentliche Gegenstand des Textes, denn der «vapore» ist nur vordergründig allein der Dampf der Lokomotive. Dieser ist selbstredend ein prominentes Thema. Es handelt sich, was bereits verdienstvoll genug ist, um den ersten veritablen Eisenbahnroman Europas. Damit sind die Vorzüge des Romanzo in vapore aber noch nicht erschöpft. Denn vor allem das Erzählen an sich, in dem Sein und Schein in nebulösen Verhüllungen nur mehr verschwommen wahrnehmbar und unterscheidbar sind, rückt im Verlauf der Lektüre in den Vordergrund der Aufmerksamkeit. Der Waggon der Eisenbahn und der Innenraum des Textes korrespondieren einander als Enklave geschützter Dynamik - in dem einen Fall des Reisens, in dem anderen Fall des Erzählens. Fiktionalität und Faktualität sind in beiden Fällen der Wechselhaftigkeit ausgesetzt, die nur mehr in komisierenden Registern, in der Spannung des «storico-umoristica»bewältigt werden kann. Souveränität gewinnt das Erzählen - aus ästhetischer Sicht: paradoxerweise - in der Aufzählung von Listen, welche die Zerfallsprodukte der modernen Zivilisation in übersichtlichen Rubriken aufarbeiten. Die Immanenz von Textur und Listung entbehrt dabei der Transzendenz, was vor allem in der Entmächtigung des Liebesromans deutlich wird. Die opernhaften Wiederholungsstrukuren - und nicht der überkommene Liebesplot - avancieren zur letzten Bastion, die der Geschwindigkeit des Neuen entgegengehalten wird. Der «romanzo sociale» gerät zur Persiflage und scheint sich noch am ehesten in den bewährten Mustern des Schelmenromans zu realisieren, in denen ein mittlerer Held soziale Schichten durchläuft und der Gesellschaft 55 DFG-Forschungsruppe 2568 (2017). 56 DFG-Forschungsruppe 2568 (2017), Hervorhebung im Original. 221 <?page no="222"?> Angela Oster einen Spiegel vorhält. Der «récit spéculaire» des Romanzo in Vapore agiert vor allem selbstreflexiv 57 , allen scheinbar auf Realitäten fixierten Listen zum Trotz. Ähnlich wie in der Lokomotive die Druckenergie des Dampfes in mechanische Bewegungsenergie umgewandelt wird, produziert der moderne Text Collodis eine Energie der Verwandlung, deren Strukturen analog zu den oszillierenden Bewegungen der Kolbenstangen Dynamiken übertragen. Text und Lokomotive erzeugen - um es mit dem Eisenbahnexperten Wolfgang Schivelbusch zu umschreiben - eine ‹Schubkraft aus dem Nichts›. Sie sind beide künstlich erzeugte Kraftquellen, was im 19. Jahrhundert auf Seiten der Technik als Revolution gilt. In den vorindustriellen Zeiten «musste Bewegung einer äußeren natürlichen Quelle entzogen oder ihr entliehen»werden 58 : Segel und Wind, Pferde und Kutsche, Wasserrad und Strömung. Die Dampflokomotive überträgt nunmehr nicht mehr Energie, sondern wandelt «einen Brennstoff in Energie» um 59 . Und Schivelbusch schreibt in seiner Geschichte der Eisenbahnreise des Weiteren: An diesem Punkt ist daran zu erinnern, dass die ursprüngliche - präindustrielle - Bedeutung von Maschine nicht das technische Gerät, sondern den Täuschungs- oder Betrugseffekt meinte, worauf das alte Wort Machination für Machenschaft oder Trick oder der Begriff deus ex machina hindeutet. 60 Während allerdings der Kohlenstaub im vollständig geschlossenen Feuerkasten der Lokomotive durch den Unterdruck eingesaugt wird, scheint in Collodis Lesart der Staub der Tradition die moderne Schrift zu überlagen und damit zu ‹entglänzen›. Collodi befürchtet als Gegenreaktion eine allzu einseitige Inklusion der Literatur, die sich anders als die Frischluftzufuhr der Lokomotive abschottet und zu implodieren droht. Und so verschleiert sein Dampf-Roman zwar einerseits selbst in modernistischen Verfahren die Webart seiner Textur. Andererseits ist Collodi darum bemüht, seinen Text in mimetischen Verfahren zu öffnen und dessen Funktionen in einer spielerischen Weise auszustellen, die erst später, nämlich in der Postmoderne, zum gängigen Verfahren geworden ist. Damit soll Collodi allerdings nicht als Vorläufer des Postmodernen identifiziert werden, denn es handelt sich lediglich um bemerkenswerte Ähnlichkeiten, denen Differenzen zur Seite treten. 57 Cf. Dällenbach 1977. 58 Schivelbusch 2000, p. III. 59 Schivelbusch 2000, p. IV. 60 Schivelbusch 2000, p. V, Hervorhebungen im Original. 222 <?page no="223"?> Von der sentimentalen Reise zum bewegten Abenteuer Zwar hat auch Collodi der Gedanke nicht mehr losgelassen, dass Phantasmen und Fiktionen auf ihr Eigenrecht pochen. Er hat die Problematik der rein immanenten Verkettung von Signifikanten aber hinterfragt, indem er in der Folge zum einen die Gattung des Märchenhaften aufgegriffen und zum anderen die allzu forcierte ästhetische Immanenz als moralisch fragwürdig ausgestellt hat. Diese Kritik kulminiert in der Problematik der Lüge, die nur dann funktioniert, wenn sie sich im Kreis ihrer eigenen Vorgaben bewegt und die Wahrheit - auf die Collodi eingangs seines Eisenbahn-Romans gepocht hat - ausblendet. Pinocchios Nase wird in der Folge zum Seismographen einer in der Moderne sich in Permanenz wiederholenden Verstellung. Und umgekehrt werden in der Tradition des Märchenhaften Residuen des Wahren sichtbar. Das Märchen wird zur Verwirklichung des ‹Fantastischen mit drei Ausrufezeichen›, von dem vorher bereits die Rede war. Collodis Weg von der sentimentalen Reise zum bewegten Abenteuer demonstriert eindringlich, dass auch oder gerade in Zeiten der spannungsvollen, auf Fortschritt bedachten modernen Technik das märchenhafte Phantastische und das Imaginäre nicht verzichtbar sind. Spitzwegs Gnom, [die] Eisenbahn betrachtend (Abb. 2) erweist sich somit, parallel zu Collodis Eisenbahn-Roman, als alles andere als ein biedermeierliches, ahistorisches Idyll. Der Gnom - so schreibt bereits Paracelsus - ist im Bereich der Elementarwesen als scheuer Berggeist der Erde zugeordnet und ist besonders zum Schatzhüter geeignet, weil seine feinstoffliche Substanz ihn zu irrlichternden Bewegungen befähigt. 61 Der Erde erwächst wiederum das Holz, aus dem der ‹burattino› Pinocchio geschnitzt wird, dessen Fahrten Collodi anschließend in dem bereits genannten abenteuerlichen «viaggio per l’Italia di Giannettino» noch weiter fortsetzt. Un romanzo in vapore bildet den Auftakt zu Collodis Beiträgen moderner ‹movimenti›, in denen - anders als es hauptsächlich im 19. Jahrhundert der Fall ist - nicht der Zeitaspekt im Mittelpunkt der Darstellungen steht, sondern der Raum. Dabei geht es Collodi nicht um sentimentale Nostalgie in Hinblick auf vergangene Reisekonfigurationen, wie beispielsweise die Kutschfahrten. Die neue Industrialisierung des Reisens beobachtet Collodi mit Sympathie, sieht aber auch die Nachteile voraus, welche in der Suspendierung des Spielraums umständlichen Reisens begründet liegen. Auf die zeitsparenden Mechanisierungen des Reisens rea- 61 Cf. Paracelsus 1566. Als behütende Figur ist der Gnom bei Spitzweg deshalb nicht eine gänzlich technikkritische Figur, «die durch die aufkommende neue Eisenbahntechnik gestört» wird (so die oberflächliche Sicht in: Wichmann 2002, p. 261). 223 <?page no="224"?> Angela Oster giert Un romanzo in vapore weder mit naturalistischer Kritik noch mit naivem Enthusiasmus, sondern mit humoristischer Anteilnahme. Dem vermeintlichen Fortschritt, mit seiner rasenden Linearität, begegnet der Roman mit ebenso rasanten, aber eben auch monotonen Listen. Beide arretieren das, was genuine ‹Erfahrung› benötigt, um als außerordentlich gelten zu können: Zeit und Raum der Entfaltung, Spielräume für Unvorhergesehenes, abenteuerliche Kontingenz und flanierende Geduld. Mit der Beschreibung «de[s] Verlust[s] räumlicher Wahrnehmung durch das beschleunigte Reisen» befindet sich Collodi in illustrer Gesellschaft schreibender Kolleginnen und Kollegen 62 . Was seinen Roman auszeichnet, ist aber eben nicht nur, dass er chronologisch als erster Eisenbahnroman bezeichnet werden kann. Es ist die Vielzahl an Schnittstellen auf verschiedensten Ebenen - Gattung, Stil, Motive, Gesellschaftskritik -, die auf der Metaebene der Errungenschaft der Eisenbahn ‹ordentlich Dampf macht›. Collodi entfaltet dabei keine konsekutive Analyse, sondern die Gleichzeitigkeit der Anforderungen und Phänomene führt dazu, dass er den post-sentimentalen Text - seine «Scrittura» 63 - als Chance begreift, vergangenen Welten nicht nachzutrauern, sondern stattdessen neue eigenständige Räume des Ästhetischen zu kreieren. Märchenhafte Imagination und naturwissenschaftlicher Positivismus schließen sich in dieser Sichtweise nicht aus, sondern ergänzen einander in historiographischen und soziokritischen Narrativen: Bevor wir wahrnehmen, was sich bewegt und was sich entwickelt, nehmen wir wahr, was ist. Wir sind in dieser Welt, die uns umgibt und die uns hält, ohne daß wir etwas dazu tun müssten; und wir sind in dieser Welt, die uns von Anfang an überfordert, denn sie ist mehr ‹auf einmal›, als wir ‹auf einmal› wahrnehmen und verarbeiten können. Wir verlieren uns im Raum, der nach allen Seiten offen ist, und wir sind im Raum gehalten, denn er umgibt uns. 64 Was zu Beginn von Un romanzo in vapore im Prolog und zu Beginn dieses Aufsatzes zunächst als nüchterne, wenig mitreißende Aufzählung anmutete - «Strade ferrate italiane. In attività, in costruzione e in progetto» -, entpuppt sich im Verlauf des Romans als fulminante «Aktivität», als gewagte «Konstruktion» und als optimistisches «Projekt» der Funktionen des Textes selbst, dessen strukturelle ‹Dunstkreise› den reinen Plot der Eisenbahn signifikant erweitern. 62 Cf. dazu stellvertretend D’Aprile 2018, hier: p. 80. 63 Collodi 1987, p. 4, Majuskel im Original. 64 Schlögel 2006, hier: p. 49. 224 <?page no="225"?> Von der sentimentalen Reise zum bewegten Abenteuer Bibliographie Quellen Buffon, Georges-Louis Leclerc, comte de (1954): «Discours prononcé à l’Académie Française, le jour de sa réception (le samedi août 1753)», in: id.: Œuvres philosophiques de Buffon, publié par Jean Piveteau, Paris. Collodi, Carlo (1880-1886): Il viaggio per l’Italia di Giannettino, 3 voll., Firenze (vol. 1: L’Italia superiore, 1880; vol. 2: L’Italia centrale, 1883; vol. 3: L’Italia meridionale, 1886). Collodi, Carlo (1987 [Reprint der Ausgabe 1856]): Un romanzo in vapore. 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Studien zum Verhältnis von Technik- und Literaturgeschichte im 19. und frühen 20. Jahrhundert, Tübingen. Siegel, Steffen (Hg.) (2014): Neues Licht. Daguerre, Talbot und die Veröffentlichung der Fotografie im Jahr 1839, München. Sölch, Werner (1998): Orient-Express. Glanzzeit und Niedergang und Wiedergeburt eines Luxuszuges, Düsseldorf. Wichmann, Siegfried (Hg.) (2002): Carl Spitzweg: Reisen und Wandern in Europa und der glückliche Winkel. Katalog, Stuttgart. Abstract: Carlo Collodi è diventato famoso come l’autore di Pinocchio, in cui non solo il naso del protagonista omonimo rimane in costante movimento come indicatore delle sue bugie. Già il titolo del romanzo - Le avventure di Pinocchio - indica che il testo nel suo genere si richiama allo schema dell’avventura come ‹viaggio attraverso la vita›. Questo è già il caso del focus dei ‹movimenti› presenti nell’opera giovanile di Collodi Un romanzo in vapore (1856), uno dei primi romanzi ferroviari europei. Collodi non è solo l’autore di libri per bambini, ma anche uno scrittore con esperienza giornalistica, che osserva con attenzione le costellazioni di trasferimento, traduzione e dinamizzazione nel corso del XIX secolo. Mentre la letteratura secondaria pregressa spesso vede i ‹viaggi avventurosi› di Collodi come gli eredi del Viaggio sentimentale di Sterne, il presente saggio adotta invece un approccio diverso. Si interpreta infatti la foschia o la nebbia del ‹vapore› come la motivazione di una ‹letteratura in costante movimento› che media fra mondi immaginari (o fiabeschi) e Modernismo realistico. 227 <?page no="228"?> Angela Oster Biobibliografisches Profil: Angela Oster promovierte zu Barthes und Pasolini an der Universität Tübingen, Habilitation zum Wahnsinn in der Renaissance an der Universität München. Akademische Oberrätin am Institut für Italienische Philologie (Universität München). Vizepräsidentin der Deutschen Leopardi Gesellschaft, Wissenschaftlicher Beirat bei: Horizonte. Italianistische Zeitschrift für Kulturwissenschaft und Gegenwartsliteratur sowie bei Studi Pasoliniani. 228 <?page no="229"?> Julia Görtz Migration - und dann? Die Rückkehr nach Albanien bei Ornela Vorpsi und Giorgio Saponaro Migration ist in der italienischsprachigen Literatur der Gegenwart omnipräsent. In der Mehrzahl der literarischen Texte, in denen das Thema verhandelt wird, vollzieht sich die Bewegung vom Herkunftsland nach Italien. Um im vorliegenden Artikel eine bisher weniger beleuchtete Facette in den Fokus zu rücken, wurden Werke ausgewählt, in denen stattdessen die Rückkehr ins Herkunftsland eine zentrale Rolle spielt. Die Texte zeichnen sich darüber hinaus durch ihre ungewöhnliche Bearbeitung des Themas Rückkehr aus: Während die Kurzgeschichte Lumturi disparue der albanischstämmigen Autorin Ornela Vorpsi durch die pointierte Verknüpfung von abstrakten inneren Prozessen mit konkreten Bildern auffällt, ist Giorgio Saponaros Roman Il ragazzo di Tirana insbesondere aufgrund der unkonventionellen und ambivalenten Darstellung der Rückkehr interessant. Stellenweise wird auch auf weitere Texte Vorpsis Bezug genommen, in denen die Rückkehr ebenfalls relevant ist. Ziel dieses Beitrags ist es, anhand der figuralen, bildlichen und räumlichen Ausgestaltung der Kurzgeschichte und des Romans aufzuzeigen, inwiefern Rückkehr bei Vorpsi als unmöglich und bei Saponaro als unausweichlich dargestellt wird. Dafür wird einführend dargelegt, wie die Rückkehr abläuft, um welche Formen von Bewegung es sich dabei handelt und wie die Rückkehr in den Texten bewertet wird. Aufbauend auf der Erkenntnis, dass sie in Vorpsis Kurzgeschichte negativ konnotiert ist, während sie in Saponaros Roman eine positive Konnotation erhält, wird anschließend die Perspektive der Autor: innen hinzugezogen, um zu erörtern, in welchem Maße die persönlichen Erfahrungen mit Migration diese Darstellung und Bewertung mitbedingen. Danach dienen Überlegungen zum Konzept ‹Heimat› dazu, deutlich zu machen, dass das Ziel der Rückkehr in Vorpsis 229 <?page no="230"?> Julia Görtz Lumturi disparue und La mano che non mordi nicht immer das Herkunftsland der Figuren ist. Im Anschluss stehen die im Kontext der jeweiligen Rückkehr entstehenden Gefühle von Heimatlosigkeit bei Vorpsi bzw. Heimweh in Saponaros Roman im Fokus, die mithilfe von physischem Leiden der Hauptfiguren ausgedrückt werden und die Darstellung der unmöglichen bzw. unausweichlichen Rückkehr stützen. Die abschließende raumtheoretische Betrachtung der für die Figurenbewegung zentralen Orte - des Flughafens als hybrider Zwischenraum bzw. des Meeres als trennende Grenze - zeigt, dass auch an der Raumgestaltung erkennbar ist, dass Vorpsi die Unmöglichkeit einer Rückkehr und Saponaro die Unausweichlichkeit der Rückkehr inszeniert. 1 Migration, Reise und Rückkehr - Formen von Bewegung in Lumturi disparue und Il ragazzo di Tirana In Ornela Vorpsis Kurzgeschichte Lumturi disparue, die 2010 in der Anthologie Bevete cacao van Houten! bei Einaudi erschien, stehen sich mit Migration und Reise zwei Formen von Bewegung gegenüber. Lucien, der Sohn Lumturis, wandert von Albanien nach Frankreich aus, wenig überraschend, denn er hatte schon vor seiner Geburt als Projektionsfläche für die Frankreichfaszination seiner Mutter gedient: Quando Lumturi rimase incinta per la seconda volta, nutrì di Francia la sua gravidanza. Scrittori francesi, eroi francesi: Lumturi passeggiava a occhi chiusi sugli Champs-Élysées mai visti, sognava flaconi di profumi mai sentiti, era annoiata come Madame Bovary, rivoluzionaria come Giovanna d’Arco, scomparsa come Albertine [. . . ]. (Lumturi, p. 65) Durch imaginierte Sinneserfahrungen und das Einfühlen in literarische und historische Figuren versucht Lumturi in ihrem ungeborenen Kind den Traum anzulegen, den sie sich selbst nie erfüllen konnte: «Il figlio [. . . ] avrebbe realizzato quello che Lumturi non aveva potuto fare: Essere Francese, ed Essere Qualcuno! Questo figlio l’aveva progettato per la Francia» (Lumturi, p. 65). Eine vermeintlich französische Erziehung des jungen Lucien - Lumturi setzt sich ihr Frankreichbild nur aus literarischen Puzzleteilen zusammen (cf. Lumtu- 230 <?page no="231"?> Migration - und dann? ri, p. 65) - sorgt dafür, dass er nicht nur von ‹französischer Statur› ist 1 , sondern auch ein einem stereotypischen Franzosen würdiges ästhetisches Bewusstsein entwickelt, das sich vor allem in Bezug auf Nahrung zeigt: «[S]e qualcuno gli serviva un piatto colmo di cibo, il ragazzo non lo toccava. Un piatto ben riempito bloccava il desiderio del piccolo Lucien. ‹Perché mai mio adorato? › [. . . ]. ‹Non è estetico, - aveva risposto il ragazzino, - di più, è volgare›»(Lumturi, pp. 65-66). Die Anreicherung von Luciens Kindheit durch Frankreich wird im Text durch eine Vielzahl an intertextuellen Verweisen verstärkt. Neben den bereits zitierten Referenzen auf Flauberts Emma Bovary und Prousts Albertine verweist auch der Titel der Kurzgeschichte klar auf den sechsten Teil der Recherche. Außerdem erhält Lucien seinen Namen als Hommage an Stendhal (cf. Lumturi, p. 65) 2 , und seine Mutter wünscht sich nichts mehr, als dass er ein Schriftsteller wird, «[c]ome Balzac, come Hugo, Voltaire» (Lumturi, p. 66). Eine intertextuelle Bewegung findet in Vorpsis Kurzgeschichte schon vor derjenigen der Figuren statt; die literarischen Texte ‹reisen› nach Albanien und bedingen anschließend Luciens Migrationsbewegung mit. Die prädestinierte Emigration Luciens nach Frankreich erfolgt bei erster Gelegenheit, in dem Moment, in dem die Ausreise aus Albanien nach dem Ende des Kommunismus erstmals möglich ist (cf. Lumturi, p. 67) 3 . Lucien steht nun vor den 1 «Come a incarnare il sogno della madre, invece che la robustezza dei bambini di queste parti, Lucien ebbe [. . . ] corporatura minuta»(Lumturi, p. 65). 2 Viel mehr als zwischen Vorpsis und Stendhals Lucien (Leuwen) lassen sich Parallelen zwischen Vorpsis Figur und Stendhal selbst ausmachen. Beide können aufgrund ihrer Aufenthalte im Ausland als Grenzgänger bezeichnet werden. Lumturis Frankreichfaszination, die sie ihrem Sohn in die Wiege legt und in dessen Erziehung einfließen lässt, findet im «Stendhalsche[n] Italienmythos» (Rieger 1985, p. 54) ein Äquivalent. Er war «[e]iner der ersten bedeutenden französischen Schriftsteller, die im Zeitalter der Romantik Italien bereisten [. . . ]. Kein anderer entwickelte auch nur annähernd so große Bindungen an dieses Land»(Rieger 1985, p. 53). Stendhal verbrachte circa ein Drittel seines Lebens in Italien, größtenteils in Mailand, und wird sogar auf seinem Grabstein als Mailänder bezeichnet (cf. Rieger 1985, pp. 53-54). In seiner Autobiographie Vie de Henry Brulard erwähnt Stendhal, dass schon seine Mutter, zu der er eine große Liebe hegte, mit der italienischen Literatur und Sprache vertraut war, sie las Dantes Commedia im Original (cf. Stendhal 1961, pp. 28-29). Möglicherweise lässt Vorpsi Lumturi ihren Sohn nach einer Figur Stendhals benennen, damit er Lucien als Vorbild für seine Migration nach Frankreich und die Beziehung zu seiner Mutter dient. 3 Da der historische Kontext in der Kurzgeschichte nicht explizit thematisiert, sondern nur angerissen wird, sei hier darauf hingewiesen, dass Lumturi Frankreich aufgrund des während der Diktatur andauernden Reiseverbots nicht anders kennenlernen konnte und die Literatur eines der wenigen Mittel darstellte, einen Blick über die albanischen Ländergrenzen zu werfen. Auch das Fernsehen bot diese Möglichkeit und bedingte paradiesische Vorstellungen vom kapitalistischen Europa mit (cf. King / Mai 2011, p. 53). 231 <?page no="232"?> Julia Görtz Schwierigkeiten sprachlicher und ökonomischer Natur, im neuen Land anzukommen (cf. Lumturi, p. 69-70) 4 . Es folgt die (fast) unausweichliche Desillusion, der Traum von der terra promessa, von der paradiesischen Projektionsfläche Frankreich zerplatzt: «[Lucien] stava attraversando enormi difficoltà per sopravvivere, perché qui non era l’Albania, e la Francia non è quel sogno che sognammo, la vita è dura» (Lumturi, p. 72). Eine mögliche Rückkehr Luciens, desjenigen, der die Migration vollzogen hat, nach Albanien wird in der Kurzgeschichte jedoch nicht thematisiert. Vielmehr ist die Rückkehr der an Krebs leidenden Mutter Lumturi zentral, die ihren Sohn einige Jahre nach seiner Migration in Paris besucht, wie durch ein Wunder gesund wird, aber dann - zurück in Albanien - erneut erkrankt. Daraufhin plant Lumturi, wieder zu ihrem Sohn zu reisen, in der Hoffnung, nochmals gesund zu werden. Sie tritt ihre Reise an, erreicht ihr Ziel jedoch nicht; nach mehrtägigem Herumirren stirbt sie am Wiener Flughafen. Dieser im Verlauf des Artikels zu vertiefenden mehrdirektionalen Bewegung zwischen (Nicht-)Orten und Figuren in Lumturi disparue steht eine vermeintlich geradlinige, dann eher zirkuläre Bewegung in Giorgio Saponaros Roman Il ragazzo di Tirana, erschienen im Jahr 1996, gegenüber. Ein junger Mann, genannt Tirana, verlässt Albanien, um in Italien ein besseres Leben zu finden, und schließt die Rückkehr in sein Herkunftsland dabei aus: «Mia madre [. . . ] si fece promettere solennemente che un giorno sarei tornato. Ma tutti e due sapevamo che quella era una vana promessa» (Il ragazzo, p. 26). Auf dem Weg nach Bari, dem Ziel seiner Migration, durchläuft Tirana verschiedene Stationen, lässt sich allerdings nirgends nieder. Er bleibt Nomade, gelangt mehr zufällig als geplant von Ort zu Ort, verliert teilweise sein Ziel Bari aus den Augen und irrt umher. Dies wird auf Ebene der Romanstruktur dadurch verstärkt, dass Tirana erst nach über der Hälfte des Textes nach Bari gelangt, obwohl er bereits auf der ersten Seite betont, das Ziel sei es, dort so schnell wie möglich anzukommen (cf. Il ragazzo, p. 7). Die ersten Zeichen von Heimweh zeigen sich auf Tiranas langer Reise indes schon früh. Er fühlt, als er in die falsche Richtung aufbricht, als zum ersten Mal etwas nicht läuft wie geplant, «per la prima volta da quando er[a] sbarcato, una grande nostalgia del ritorno, di tornare là da dove er[a] 4 Er muss die französische Sprache erlernen und hat finanzielle Schwierigkeiten. Die Herausforderung, eine Wohnung und Nahrung zu finden, wird als Überlebenskampf («lotta per la sopravvivenza» [Lumturi, p. 70]) beschrieben. 232 <?page no="233"?> Migration - und dann? partito» (Il ragazzo, p. 31). Auch die lang ersehnte Ankunft in Bari bringt ihm keine Ruhe. Sie ist von Desillusion gekennzeichnet: Wurde Bari im Zuge der ersten Enttäuschungen in Italien von Tirana noch stärker zur terra promessa stilisiert als zuvor 5 , zerplatzt bei der tatsächlichen Ankunft jegliche Illusion: A Bari si dileguarono tutti i nostri sogni d’integrazione: Bari era una città difficile, con un cuore duro, coriaceo, molto diversa da come l’avevano mille volte descritta. [. . . ] Ci ritrovavamo sempre nelle stesse strade, negli stessi posti, come se girassimo a vuoto intorno a noi stessi. Tanino [. . . ] non parlava più, non sorrideva più, aveva perso anche lui, d’un tratto, ogni speranza di salvezza. [. . . ] Non sapevamo più come e cosa fare. [. . . ] Eravamo disperati: avevamo sempre più fame. Non avrei mai immaginato che Bari, la città sognata, desiderata sin dalla partenza, mi avrebbe deluso tanto. Perché mi avevano raccontato tutte quelle bugie su di lei? Non vedevo assolutamente uno spiraglio [. . . ]. (Il ragazzo, pp. 68-69) Statt sich - wie Lucien in Lumturi disparue - den Schwierigkeiten in Italien zu stellen, vagabundiert Tirana sowohl wortwörtlich als auch in Gedanken weiter umher. Tanino, der Freund, mit dem er gemeinsam nach Bari reist, scheint sich dort nach der ersten Ernüchterung besser zurechtzufinden: Er findet nach kurzer Zeit eine Verdienstmöglichkeit, dann sogar eine Freundin. Dies könnte als Zeichen der Integration, als Zeichen für den Beginn eines neuen Lebens gelesen werden, wenn Saponaro ihn nicht kurze Zeit später an einer Überdosis sterben lassen würde (cf. Il ragazzo, pp. 101-103). Nach einigen Monaten in Italien und im Anschluss an Taninos Tod beschließt Tirana - entgegen seinen wiederholten Äußerungen 6 -, nach Albanien zurückzukehren (cf. Il ragazzo, pp. 104-105). Die jeweilige Rückkehr ins Herkunftsland Albanien hat verschiedenartige Auswirkungen auf die Figuren Tirana und Lumturi. Bei Saponaro ist sie klar positiv konnotiert: Die kreisförmige Bewegung Tiranas - von Albanien über Italien zurück nach Albanien - wird abgeschlossen, indem er an einen ‹sicheren› Ort zurückkehrt, ‹endlich› wieder zu Hause ist 7 . Für Lumturi hingegen bedeutet die Rückreise den erneuten Verlust ihres Sohnes und die Wiedererkrankung; sie trägt also eine deutliche Negativkonnotation. Diese unterschiedliche Ausgestaltung der 5 Il ragazzo, p. 11: «M’illudevo, speravo che Bari fosse davvero vicina. La città del lavoro, della speranza, del futuro, dei miraggi». 6 Il ragazzo, p. 26, p. 81: «Di un fatto ero sicuro: non sarei più tornato là da dov’ero partito». 7 Il ragazzo, p. 113, p. 115: «Ritornavo ora al posto sicuro che avevo abbandonato in cerca di chissà cosa, di qualcosa che non avevo assolutamente trovato»; «[E]ro finalmente di nuovo a casa». 233 <?page no="234"?> Julia Görtz Rückkehr ist unter anderem auf die ebenso unterschiedliche Herkunft der beiden Autor: innen und die daraus resultierenden Perspektiven auf Migration zurückzuführen. 2 Die Rückkehr der Autor: innen: Perspektiven auf Migration Ornela Vorpsi verließ Albanien im Jahr 1991, kurz nach Ende der Diktatur Enver Hoxhas, lebte anschließend sieben Jahre in Italien und migrierte dann erneut, nach Frankreich, wo sie bis heute lebt. Wenn sie also von Migration, den damit einhergehenden Schwierigkeiten, Problemen und Herausforderung schreibt, kann sie aus eigener Erfahrung schöpfen. Der italienische Journalist Giorgio Saponaro ist in Bari geboren und starb dort im Jahr 2018. Es ist zwar anzunehmen, dass er in Bari mit albanischen Migrant: innen in Kontakt kam, auf eigene Migrationserfahrungen kann er jedoch nicht zurückgreifen. Seine Perspektive ist italienisch, woraus eine andere Darstellungsweise von Migration und Remigration resultiert. Für keine seiner beiden Figuren hält Saponaro eine positive Migrationserfahrung bereit: Während die Hauptfigur Tirana Italien wieder verlässt, da sie es nicht schafft, dort wirklich anzukommen und sich zu integrieren, stirbt Tanino, der sich in Italien von einer Krankheit erholt und dort nach und nach anzukommen scheint. Dieser Tod ist jedoch nicht mit jenem Lumturis in Vorpsis Kurzgeschichte gleichzusetzen, da diese sich am Flughafen bewusst gegen eine Rückkehr nach Albanien entscheidet und den Tod somit in Kauf nimmt. Sowohl Taninos unerwarteter Tod als auch Tiranas Rückkehr können als Zeichen für missglückte Migration gelesen werden. Saponaro hebt sich mit dieser Darstellung der Kehrseite von Migration von Texten mit trivialen Happy Ends oder offenen Enden 8 ab. Die Rückkehr ins Herkunftsland scheint die einzige Lösung zu sein. 8 Beispielsweise Fabio Gedas Nel mare ci sono i coccodrilli (2010) oder Ron Kubatis Il buio del mare (2007). Während die Migration der Hauptfigur in Gedas Text erfolgreich verläuft, bleibt in Kubatis Roman offen, ob die Migration des namenlosen Jugendlichen nach Italien die erhoffte Verbesserung der Lebenssituation mit sich bringt oder ob auf ihn ähnliche Schwierigkeiten zukommen wie auf Tirana. 234 <?page no="235"?> Migration - und dann? Darüber hinaus malt Saponaro mit der Darstellung Tiranas als undankbar und sexistisch, mit viel zu hohen Erwartungen an die Italiener: innen, die ihm auf seinem Weg helfen, ein negatives Bild von albanischen Migrant: innen. Tirana ist versucht, Tommaso, der ihn kurz nach seiner Ankunft in Italien gutmütig bei sich aufnimmt, zu bestehlen, da er ihn für reich hält, und entwendet letztendlich dessen Schuhe (cf. Il ragazzo, pp. 19-20). Von Cecilia und ihrer Mutter, zwei Frauen, die sich seiner annehmen, verlangt Tirana zusätzlich zu Kost und Logis ein Gehalt (cf. Il ragazzo, pp. 37-38). Außerdem sexualisiert und objektifiziert er die beiden Frauen: Cecilia, la figlia, mi piaceva molto, forse perché era giovane; ma anche la mamma, grassoccia, non mi dispiaceva proprio. [. . . ] Tutte e due, in modo diverso e opposto, facevano in modo di farsi guardare, di farsi ammirare, aprendo appena appena le gambe quand’erano sedute, tirando un po’ più su la gonna di già cortissima; insomma, facendo ognuna per proprio conto quello di cui tutte le donne sono maestre. Una seduzione che, se fosse stata assecondata, sarebbe stata la mia rovina (Il ragazzo, p. 35). Eine vielschichtige Identität mit tiefergehenden Charakterzügen wird Tirana auch durch seine Namenlosigkeit verwehrt: Tommaso gibt ihm den Namen Tirana (cf. Il ragazzo, p. 15), womit seine Identität auf seine Herkunft beschränkt wird 9 . Diese Vorgehensweise erinnert an Camus’ L’étranger, dessen Name ebenso unbekannt bleibt 10 . Allein das Herkunftsmerkmal wird zum ‹Namensgeber›, so werden beide 9 In ihrem Aufsatz zur Onomastik in Afrikaromanen erklärt Marie A. Rieger, dass Namen von Figuren «kolonial-rassistisches Gedankengut widerspiegeln» (Rieger 2018, p. 218) können. «Nach Gottfried Schramm (1957: 7) schafft erst der Name die ‹Person. Darum ist der Name kostbarster Besitz, ohne den ein Mensch nicht wirklich leben kann.› Folgerichtig für kolonial-rassistisches Denken werden so gut wie alle Weißen Figuren namentlich genannt, und genauso folgerichtig bleibt das Gros der afrikanischen Figuren namenlos» (Rieger 2018, p. 220). Im vorliegenden Roman gibt der weiße Italiener dem albanischen Migranten einen neuen Namen, womit nicht nur die mit dem ursprünglichen Namen verknüpfte Identität überschrieben wird, sondern Machthierarchien deutlich werden, denn Namensgebung und Besitzanspruch stehen, so Nietzsche, in engem Verhältnis zueinander: «Das Herrenrecht, Namen zu geben, geht so weit, dass man sich erlauben sollte, den Ursprung der Sprache selbst als Machtäusserung [sic! ] der Herrschenden zu fassen: sie sagen ‹das ist das und das›, sie siegeln jegliches Ding und Geschehen mit einem Laute ab und nehmen es dadurch gleichsam in Besitz» (Nietzsche 1980, p. 260, Hervorh. i. O.). 10 Cf. dazu bspw. Kaplan 2016, pp. 203-209. Im Kapitel «What’s in a Name? » ihrer Monographie Looking for The Stranger erläutert sie, dass die Namen- und Stimmlosigkeit des Fremden der immer wiederkehrende Kritikpunkt an Camus’ existentialistischem Roman ist, und geht genauer auf die politische Lesart des Textes und der Figur ein. Erst in Kamel Daouds postkolonialer Réécriture (Meursault, contre-enquête, 2014, Actes Sud) wird dem ‹Fremden›, dem «Araber, der nicht einmal 235 <?page no="236"?> Julia Görtz Figuren auf entsprechende Gemeinplätze reduziert 11 . Weiterhin lässt Tiranas Name bereits erahnen, dass eine Verbindung zu Albanien bestehen bleibt und sein endgültiges Ankommen in Italien unmöglich wird. Seine Erfahrungen mit albanischer Migration lässt der italienische Journalist Saponaro in sein romaneskes Schreiben einfließen, wenn er die Figuren wie auch das Phänomen der Rückkehr beschreibt und dabei beispielsweise in Italien bzw. Bari vorherrschende stereotype Vorstellungen von Albaner: innen einfängt 12 . Diese entstanden, wie Ardian Vehbiu und Rando Devole in La scoperta dell’Albania zeigen, das im gleichen Jahr wie Saponaros Roman erschien, aufgrund der medialen Darstellung von albanischen Migrant: innen als Kriminelle oder Prostituierte. Sie bezeichnen diese systematische Diffamierung in den (süd-)italienischen Medien der 1990er Jahre als «campagna di criminalizzazione dell’albanese in quanto tale» 13 , durch die sich im kollektiven Imaginarium ein angsteinflößendes Bild von ‹überheblichen› und ‹verbrecherischen› Albaner: innen herausbildete 14 . Es ist dieser Blick von außen auf Migration, den Saponaro in seinem Roman inszeniert, da er die inneren Prozesse, die durch Migration ausgelöst werden, aufgrund der mangelnden eigenen Erfahrungen kaum in dem Maße erfassen und literarisch darstellen kann, wie dies bei Ornela Vorpsi der Fall ist, in deren Texten die Kategorien Identität, Zugehörigkeit und Heimat eine zentrale Rolle spielen. In Il ragazzo di Tirana zeigt sich die Außensicht des Autors auf das Thema u.a. dadurch, dass die Gründe für die Migration und die schlussendliche Rückkehr einen Namen hatte» (Daoud 2014, p. 15; Übersetzung d. Verf.), dieser zurückgegeben: «Mon frère s’appelait Moussa. Il avait un nom. Mais il restera l’Arabe, et pour toujours. [. . .] Depuis des siècles, le colon étend sa fortune en donnant des noms à ce qu’il s’approprie et en les ôtant à ce qui le gêne. S’il appelle mon frère l’Arabe, c’est pour le tuer comme on tue le temps, en se promenant sans but» (Daoud 2014, pp. 22-23). 11 Die Namensgebung ist auch bei Vorpsi hochinteressant. Während Lucien in Zusammenhang mit seiner von Frankreich geprägten Erziehung einen französischen Namen erhält, der zusätzlich eine intertextuelle Referenz darstellt, ist der Vorname Lumturi albanischen Ursprungs und bedeutet Glück. So entsteht auch auf onomastischer Ebene eine Dynamik bzw. ein Kontrast zwischen Mutter und Sohn. 12 Wichtig ist es, an dieser Stelle zu betonen, dass mit der eher unkonventionellen und negativen bzw. kritischen Darstellung der Figuren oder der Rückkehr entsprechend nicht (zwingend) Saponaros persönliche Meinung zum Ausdruck kommt. 13 Vehbiu / Devole 1996, p. 176. 14 Vehbiu / Devole 1996, p. 175: «Il delinearsi nell’immaginario collettivo dello stereotipo dell’albanese altezzoso, scontroso e malavitoso, cioè dell’albanese che fa paura, pare che sia da considerare come definitivo». Siehe dazu auch das Kapitel «From Welcome to Stigmatisation» in Russell Kings und Nicolai Mais soziologischer Untersuchung der Massenemigration von Albanien nach Italien (cf. King / Mai 2011, pp. 101-126). 236 <?page no="237"?> Migration - und dann? fast ausschließlich auf externe Faktoren zurückgeführt werden 15 . Darüber hinaus scheinen Italien, die dort verlebte Zeit und die gesammelten Erfahrungen Tiranas seine Identität nicht zu beeinflussen; er erinnert sich laut Epilog nicht daran (cf. Il ragazzo, p. 117). Dies steht im Gegensatz zu den identitären Prozessen, die für gewöhnlich im Kontext von Migration und Rückkehr beschrieben werden. So erklären Claudia Olivier-Mensah und Sarah Scholl-Schneider in ihrer Untersuchung von transnationaler Rückkehr bei Migrant: innen, dass [a] return is not just a return to an ‹origin›, to what was known and familiar before. Neither remigrants, nor the country of return, nor those left behind stay the same (Ahmed, 1999). New skills, knowledge, changed behaviors, values, norms, belongings, and identities have developed during migration. 16 Sowohl die Migrant: innen als auch der Ort, an den sie zurückkehren, werden aufgrund von neuem Wissen und veränderten Verhaltensweisen, Werten und Normen sowie Zugehörigkeiten anders wahrgenommen. Zwar wird auch in Il ragazzo di Tirana kurz thematisiert, dass die Heimat, in die Tirana zurückkehrt, ihm anders erscheint (cf. Il ragazzo, p. 116), jedoch ist dies nicht auf eine Weiterentwicklung oder identitäre Veränderung seinerseits zurückzuführen. Vielmehr betrachtet er seine Heimat bei seiner Ankunft aufgrund der desillusionierenden Erfahrungen in Italien als positiver. 3 Die Richtung der Rückkehr - Bedeutungen von Heimat Die im obigen Zitat erwähnten identitären Veränderungen werden bei Vorpsi in den Vordergrund gerückt. Im Kontext der Rückkehr wirft sie in ihrer Kurzgeschichte u.a. die Frage nach der Bedeutung von Heimat auf. Wohin kehrt man zurück? Ist Heimat gleichzusetzen mit Herkunft? Bezieht sich Heimat ausnahmslos auf einen geographischen Ort? 15 Es wird thematisiert, dass Tirana sich in Italien eine bessere ökonomische Situation erhofft (cf. Il ragazzo, p. 25), persönliche Gründe für das Verlassen Albaniens, wie bspw. das Leiden unter der kommunistischen Diktatur, spielen jedoch keine Rolle. Auch scheint es nicht die Trauer um Tanino zu sein, die Tirana zur Rückkehr bewegt, sondern vielmehr die Angst, für den Tod seines Freundes verantwortlich gemacht zu werden. 16 Olivier-Mensah / Scholl-Schneider 2016, p. 4. 237 <?page no="238"?> Julia Görtz Für Olivier-Mensah und Scholl-Schneider ist das Ziel einer transnationalen Rückkehr nicht zwingend ein Ort: «[S]ometimes a place or geographical space is not the most important reason for returning, but rather the social setting and kinship ties in which individual actors are embedded» 17 . Analog dazu kann das Gefühl von Heimat nicht nur in Orte, Länder und Städte, sondern auch in Personen o.ä. eingeschrieben werden. Für Lumturi ist ihr Sohn Lucien Teil dessen, was für sie Heimat bedeutet. Mit seiner Emigration verliert sie einen Teil dieser Heimat, den sie bei ihrer Reise nach Frankreich wiederfindet. So betrachtet, handelt es sich bei Lumturis Hin- und Herreisen zwischen Albanien und Frankreich um eine ständige Rückkehr, denn ihre Heimat ist nicht eindeutig verortbar: Albanien ist ihr Geburts- und Herkunftsland, in Frankreich lebt Lucien, der für sie eine metaphorische Heimat darstellt. An Lumturis Pendelbewegung zwischen Albanien und Frankreich ist eine gespaltene Zugehörigkeit zu erkennen. Sie kann zwar geographisch gesehen an den Ausgangspunkt ihrer Reise, nach Albanien, zurückkehren, eine vollständige Heimkehr wird jedoch unmöglich. Bei der Bewegung von Vorpsis Hauptfigur scheint es sich demnach nicht um eine einfache Reise zu handeln; vielmehr ist auch Lumturi von den Auswirkungen der Migration(serfahrung) ihres Sohnes betroffen. Migration und Reise lassen sich in der Kurzgeschichte somit nicht so klar trennen wie bei Iain Chambers: Während eine Reise - so Chambers - «eine Bewegung zwischen festen Punkten, einen Abreiseort, einen Ankunftspunkt und die Kenntnis einer Route [impliziert]» und «eine mögliche Rückkehr, eine potentielle Heimkehr an[deutet]», «bedeutet Migration eine Bewegung, in der weder die Orte der Abreise noch die der Ankunft unveränderlich oder sicher sind. [. . . D]as Versprechen einer Heimkehr [. . . wird] zur Unmöglichkeit» 18 . In Lumturi disparue hingegen verschwimmen die Grenzen zwischen Reise und Migration. In Vorpsis La mano che non mordi (2007) wird die Frage nach der Richtung der Rückkehr und der Bedeutung von Heimat u.a. sprachlich dargestellt. An verschiedenen Stellen im Text bezeichnen die Figuren sowohl die Rückreise ins Herkunftsland als auch in ihre neue Heimat als Rückkehr: Während sich das «Voglio rientrare» (La mano, p. 66) der Hauptfigur auf Paris, ihre neue Heimat bezieht, meint ihr Freund Mirsad sein Herkunftsland Bosnien-Herzegowina, wenn er das gleiche Verb benutzt. 19 Wie in Lumturi disparue sind Start- und Endpunkte der 17 Olivier-Mensah / Scholl-Schneider 2016, p. 3. 18 Chambers 1996, p. 6. 19 «Il colpo l’ho avuto [. . . ] dopo essere rientrato» (La mano, p. 52). 238 <?page no="239"?> Migration - und dann? Migrationsbewegungen nicht fest, sondern variabel, und Heimat ist nicht gleichbedeutend mit Herkunft. Die Betrachtungsweise der Bewegung Lumturis als ständige Rückkehr legt es nahe, Lucien als Grenzbzw. Zwischenfigur anzusehen. Wie oben ausgeführt, kann er als Heimat für seine Mutter verstanden werden. 20 Zusätzlich bleibt er jedoch die Projektionsfläche für ihr illusioniertes Frankreichbild und erleichtert Lumturi als Zwischenfigur die Reise nach Frankreich. Durch das Vorausschicken ihres Sohnes als Teil ihrer selbst findet Lumturi in Frankreich bereits etwas Heimliches/ Heimeliges vor. Da sie selbst nicht die Schwierigkeiten durchleben muss, denen sich Lucien statt ihrer ausgesetzt sah, sieht sie Frankreich auch weiterhin als terra promessa, ihre Illusionen werden bestätigt. Dies zeigt sich - wie schon bei der oben erläuterten französischen Erziehung Luciens - in besonderer Weise auf kulinarischer Ebene. Frankreich wird für Lumturi zum Schlaraffenland, zum gelobten Land, in dem zwar keine Milch, jedoch Honig zu fließen scheint: «È da anni che non vediamo il miele», diceva mentre finiva l’ennesimo barattolo in un giorno e mezzo. «Dio, - continuava la donna, - qui il pesce è senza lische! Ma vi rendete conto! » Rotolava fra le mani il merluzzo ghiacciato del Franprix mentre le guance le si arrossavano d’incredulità, e rideva sonoramente: per il figlio così vicino, per la Francia, per i pesci senza lische a forma di quadrati puliti surgelati. «Che meraviglia! Che incanto, lontano da quel marito barbuto! Che grandi queste prugne secche, che bianco questo pesce! » [. . . ] La felicità aveva inebriato Lumturi [. . . ]. (Lumturi, p. 71) Sie leert fast täglich ein Glas Honig und hält ungläubig grätenlosen, gefrorenen Fisch aus dem Supermarkt in den Händen. Nicht nur der Verzehr des Honigs, sondern auch Lumturis Reaktion auf die Nahrungsmittel in Form von Ausrufen und lautem Lachen wirkt, ob deren Alltäglichkeit, stark übertrieben. So wird einerseits deutlich, dass die erwähnten Güter in Albanien nicht zugänglich sind, und andererseits gezeigt, dass Lumturi bereits von vermeintlichen Kleinigkeiten begeistert ist, insofern sie diese im erträumten Frankreich, ‹weit weg von diesem bärtigen Ehemann›, findet. Dadurch, dass Lumturi sich zu ihrem Sohn hingezogen fühlt, 20 Die Verortung von Heimat wird bei Vorpsi noch anders gestaltet als bspw. bei Cristina Ali Farah und Igiaba Scego. Wie Barbara Kuhn in ihrem Artikel «‹La nostra casa la portiamo con noi›: zum Widerstreit von Diaspora und Heterotopie in Madre piccola von Cristina Ali Farah und La mia casa è dove sono von Igiaba Scego»erklärt, ist Heimat auch in den analysierten Romanen der zur somalischen Diaspora in Italien zählenden Autorinnen nicht an einen bestimmten Ort gebunden. Vielmehr tragen die jeweiligen Hauptfiguren ihr Heimatgefühl in sich selbst (cf. Kuhn 2019, pp. 51-81). 239 <?page no="240"?> Julia Görtz der als Migrant zwischen Frankreich und Albanien steht, lässt sich argumentieren, dass sie sich nicht einfach von Frankreich, sondern von diesem Dazwischen angezogen fühlt, das Mutter und Sohn charakterisiert. Die Hybridität der Figuren lässt keine eindeutigen Zuordnungen mehr zu, Zugehörigkeit und Heimat sind nicht mehr klar definierbar. Da, wo bei Ornela Vorpsi die Unmöglichkeit einer einzelnen Heimat sowie einer einzelnen Zugehörigkeit illustriert wird, und somit auch die Unmöglichkeit einer vollständigen Rückkehr - da es irgendwann keinen Ausgangs- und Endpunkt mehr gibt, sodass zwar geographisch gesehen noch eine Rückkehr möglich wäre, doch auf identitärer Ebene nicht mehr -, stellt Saponaro, wie aufgezeigt wurde, die Unmöglichkeit der Ankunft in Italien dar. 4 Körperbilder und psychisches Leiden Beide Unmöglichkeiten, die der Zugehörigkeit und die der Ankunft, werden in den Texten mithilfe von Krankheitsmetaphorik illustriert. Das physische Leiden - in Il ragazzo di Tirana leidet die Hauptfigur an Übelkeit und generellem Unwohlsein (cf. Il ragazzo, p. 101), in Lumturi disparue erkrankt Lumturi an Krebs (cf. Lumturi, p. 70) - kann jeweils als Ausdruck psychischen Leidens gelesen werden. Tiranas «malessere fisico» (Il ragazzo, p. 101) ist als Veräußerlichung seines Heimwehs zu lesen und deutet auf seine bevorstehende Rückkehr nach Albanien voraus. Er träumt von einer verschlossenen Tür, deren Schwelle er überschreiten muss, um in Sicherheit zu gelangen. Dabei hebt er die Notwendigkeit hervor, diese «accuratamente»(Il ragazzo, p. 98) hinter sich zu schließen, wodurch nicht nur sein Bedürfnis nach Rückkehr deutlich wird, sondern auch jenes nach dem wortwörtlichen Abschließen (mit) der (Tür zur) Vergangenheit. Unterstützt wird dies noch durch den Fortgang des Traums, in dem Tirana in einen embryonalen Status zurückkehrt und seine verjüngten Eltern wiedersieht (cf. Il ragazzo, pp. 99-100). Als er aus dem ‹unendlichen Albtraum› (cf. Il ragazzo, p. 100) aufwacht, ist Tirana orientierungslos, verspürt ein starkes Schwindelgefühl und muss sich übergeben. Der Tod Taninos, den Tirana kurz darauf bemerkt, fungiert als Katalysator für seine Entscheidung, dem Heimweh nachzugeben und nach Albanien zurückzukehren (cf. Il ragazzo, p. 101-103). 240 <?page no="241"?> Migration - und dann? Lumturi hingegen erkrankt im Herkunftsland Albanien und erholt sich beim Besuch ihres Sohnes in Frankreich wie durch ein Wunder: Quando Lumturi [. . . ] venne in Francia a trovare Lucien, era molto malata. La povera donna soffriva di cancro. [. . . ] Ma sembra che avvenne un miracolo: la donna (che in Albania non parlava da anni con il marito) diede libero sfogo a un fiume di parole. Il suo scarso appetito da malata diventò una fame adolescente, la sua gioia di vivere le faceva fare interminabili camminate da Montmartre a Châtelet. [. . . ] Lucien giunse alla conclusione che la malattia di sua madre fosse di origine psicosomatica: «In realtà non è malata, - disse, - si ammala per starmi vicino» [. . . ]. (Lumturi, pp. 70-71) Dass Lumturi zurück in Albanien einen Rückfall erleidet, bestätigt Luciens Vermutung, dass es seiner Mutter gut bzw. besser geht, wenn sie bei ihm ist. Während das Unwohlsein in Saponaros Roman Heimweh ausdrückt, ist Lumturis Krankheit mit dem Fernweh nach Frankreich bzw. nach ihrem Sohn und dem Gefühl von Heimatlosigkeit in Verbindung zu setzen. Eine Krankheit bricht in den Werken Ornela Vorpsis in dem Moment aus, in dem die Betroffenen im Zuge der Rückkehr in ihr Herkunftsland merken, dass sie sich nun auch dort fremd fühlen. So ergeht es auch Mirsad, dem Freund der Hauptfigur aus dem bereits erwähnten Roman La mano che non mordi. Ihm geht es nach seiner Rückkehr aus Italien in sein Herkunftsland Bosnien-Herzegowina so schlecht, dass er das Haus nicht mehr verlässt und kaum etwas zu sich nimmt. Er erklärt seiner Freundin, dass dies begann, als er nach seinem Aufenthalt in Mailand zurück in Sarajevo ankam (cf. La mano che, pp. 50-53), und warnt sie, da er an ihr die gleichen Symptome sieht: «[T]u sei diventata verde. Fai attenzione! - Verde come? - Verde di migrazione, povera mia. Il verde della denutrizione, quello tipico di chi ha le radici in aria. Fai attenzione, perché la malattia di cui ti sto parlando comincia così» (La mano che, pp. 51). Durch die Verwendung des Farbadjektivs ‹grün› als äußerliches Merkmal der Krankheit wird die Krankheitsmetaphorik noch verstärkt und das psychische Leiden sichtbar gemacht 21 . Auch das Bild der «radici in aria» veranschaulicht die mit Migration einhergehenden innere Vorgänge und das Gefühl von Heimatbzw. Wurzellosigkeit. In Vorpsis Texten wird Zugehörigkeit auch auf unterschiedliche Weise durch Füße und Schuhe dargestellt 22 . So symbolisiert der Zustand der Füße eines Paares in La 21 Für eine weiterführende Betrachtung der Farbe Grün als Lektüreschlüssel für den Roman, durch die das Gefühl von Entwurzelung ausgedrückt wird, siehe Bond 2010. 22 Siehe dazu bspw. Kleinhans 2017, insbes. p. 103. 241 <?page no="242"?> Julia Görtz mano che non mordi die jeweilige Zugehörigkeit der Figuren zu Westeuropa bzw. zu Albanien, obwohl beide Figuren in den Niederlanden leben. Während es dem geborenen Westeuropäer möglich ist, sich gute Schuhe zu leisten, und seine Füße entsprechend gepflegt sind, spiegeln die Füße der albanischen Migrantin ihre Vergangenheit und die Lebensbedingungen während der kommunistischen Diktatur wider (cf. La mano, pp. 83-85). Auch in der Kurzgeschichte Storia di scarpe wird der Hauptfigur ihre Fremdheit in ihrer neuen Heimat Mailand bewusst, als sie bemerkt, dass die Schuhe ihres Gegenübers nicht nur, wie ihre eigenen, eine praktische, sondern eine dekorative Funktion erfüllen (cf. Storia, pp. 127-130) 23 . Auch Saponaros Hauptfigur Tirana wünscht sich nichts mehr als gute italienische Schuhe zu besitzen und wiederholt dies geradezu obsessiv (cf. Il ragazzo, p. 8, p. 12, p. 16, p. 18). Die Schuhe haben für ihn denselben oder sogar einen höheren Stellenwert als Lebensmittel und ein Schlafplatz 24 , und auch für die anderen albanischen Migrant: innen, die gemeinsam mit Tirana in Italien ankommen, stellen neue Schuhe einen großen Erfolg dar (cf. Il ragazzo, p. 21), denn sich diese leisten zu können ist ein Zeichen der Ankunft und Integration in Italien. Neue, insbesondere italienische Schuhe scheinen für Tirana und die weiteren Migrant: innen eine Verbindung zum italienischen Boden darzustellen. Als er aufbricht, um weiter nach Bari zu reisen, stiehlt Tirana dem Italiener Tommaso, der ihn nach seiner Ankunft in Italien bei sich aufgenommen hatte, sein Paar Lederschuhe und erfüllt sich damit seinen Wunsch (cf. Il ragazzo, p. 20). Obwohl er damit zufrieden ist, deutet der Diebstahl bereits das Scheitern Tiranas an, denn die Schuhe gehören ihm nicht, er eignet sie sich unrechtmäßig an. So veranschaulicht Saponaro auch mithilfe dieses Bildes die unmögliche Ankunft des albanischen Migranten in Italien. Neben der Bildlichkeit bringt auch die Raumgestaltung die jeweilige Perspektive der Autor: innen zum Ausdruck und verdeutlicht die positive bzw. negative Darstellung der Rückkehr sowie die Thematisierung von Identität, Zugehörigkeit und Heimat. Von besonderem Interesse ist die Inszenierung der Räume zwischen den jeweiligen Ländern und die jeweilige Akzentuierung des Trennenden bzw. des Verbindenden. 23 Über die beiden genannten Werke hinaus spielen Schuhe auch in Fuorimondo (2012) und Tu convoiteras (2014) eine zentrale Rolle. 24 «[P]rima di tutto il cibo, una stanza per dormire, una maglietta e un paio di jeans nuovi e, soprattutto, un paio di scarpe»(Il ragazzo, p. 8; Hervorh. d. Verf.). 242 <?page no="243"?> Migration - und dann? 5 Flughafen und Meer - verbindende und trennende (Grenz-)Räume In Lumturi disparue stirbt die Hauptfigur auf dem Weg nach Paris am Wiener Flughafen. Aufgrund eines gefälschten Visums wird ihr die Weiterreise nach Paris verwehrt und sie entscheidet sich gegen eine Rückkehr nach Albanien: «La signora aveva un visto falso, - disse la polizia. - Le abbiamo consigliato di rientrare, ma non capiva un accidente di quello che dicevamo o forse non voleva capire, anzi, adesso che ci penso credo che quest’ultima versione sia piú credibile [. . . ]». [. . . ] Lumturi era rimasta in aeroporto a girovagare per due giorni interi, senza cibo, senza carta telefonica, senza qualcuno a cui spiegare. [. . . ] L’anziana signora, dopo due giorni passati a girovagare supplicando gli stranieri di aiutarla, era morta in una sala d’attesa dell’aeroporto di Vienna. «Era una signora testarda, - continuò a tradurre l’interprete, - non voleva rientrare nel suo paese» (Lumturi, pp. 75-76). Der Flughafen als Nicht-Ort par excellence 25 wird im Kontext der Zugehörigkeitsproblematik bei Ornela Vorpsi zu einem ‹Dazwischen› im Sinne Homi Bhabhas 26 . Er wird für Lumturi mit Bedeutung aufgeladen und ist so nicht mehr, wie von Augé beschrieben, ohne Identität, Relationen und Geschichte 27 . Es ist in diesem Zusammenhang von besonderer Wichtigkeit, dass Lumturi sich nicht an einem beliebigen Flughafen befindet - es hätte beispielsweise derjenige in Paris oder Tirana sein können -, sondern dass es sich um den Flughafen einer Stadt handelt, die sich auch geographisch zwischen Tirana und Paris, zwischen Ausgangs- und Ankunftspunkt, befindet. Der imaginierte, prinzipiell unbetretbare Dritte Raum Bhabhas 28 wird in Form eines existierenden Zwischenraumes, eines Transitraumes, der die Städte verbindet, real betretbar. Ähnlich wie mit ihrer Bildlichkeit 25 «Les non-lieux pourtant sont la mesure de l’époque ; mesure quantifiable et que l’on pourrait prendre en additionnant, au prix de quelques conversions entre superficie, volume et distance, les voies aériennes, ferroviaires, autoroutières et les habitacles mobiles dits ‹moyens de transport› (avions, trains, cars), les aéroports, les gares et les stations aérospatiales, les grandes chaînes hôtelières, les parcs de loisir, et les grandes surfaces de distribution, l’écheveau complexe, enfin, des réseaux câblés ou sans fil» (Augé 2009, pp. 101-102 ; Hervorh. d. Verf.). 26 «[I]t is the ‹inter› - the cutting edge of translation and negotiation, the inbetween space - that carries the burden of the meaning of culture» (Bhabha 2004, p. 56; Hervorh. i. O.). 27 Cf. Augé 2009, p. 100 : «Si un lieu peut se définir comme identitaire, relationnel et historique, un espace qui ne peut se définir ni comme identitaire, ni comme relationnel, ni comme historique définira un non-lieu». 28 Cf. Bhabha 2004, p. 55: Der «Third Space [. . . ] [is] unrepresentable in itself». 243 <?page no="244"?> Julia Görtz gelingt es Vorpsi durch diese Juxtaposition, die identitären Prozesse und die Zugehörigkeitsproblematik zu konkretisieren und greifbar zu machen. Lumturis Entscheidung, lieber am Flughafen zu verharren und letztendlich dort zu sterben, als nach Albanien zurückzukehren, illustriert einerseits den Wunsch nach einem Ort, der ihre Gespaltenheit zwischen Albanien und Frankreich vereint, und andererseits die Unmöglichkeit einer Heimkehr. Lumturi bleibt durch den Tod für immer zwischen Frankreich und Albanien, zwischen ihrem Sohn und ihrer Herkunft, was auf räumlicher Ebene zeigt, inwiefern die Zugehörigkeit zu nur einem Ort unmöglich wird. Dass der Tod für Lumturi eine akzeptablere Option darstellt als die Rückkehr nach Albanien, verdeutlicht auch Vorpsis negativ-pessimistischen Blick auf die Frage nach doppelter bzw. mehrfacher Zugehörigkeit im Kontext von Migration. Während die Figuren in einigen italophonen transkulturellen Texten 29 für sich herausfinden, dass sie sich sowohl zur ‹alten› als auch zur ‹neuen› Heimat zugehörig fühlen können und dies als positive Erweiterung der Identität verstehen, wird in Vorpsis Kurzgeschichte - dadurch, dass nur der Tod für Lumturi eine Lösung darstellt - eher ein Weder-Noch, die Spaltung der Identität akzentuiert. In Saponaros Il ragazzo di Tirana wird der zentrale Raum zwischen Albanien und Italien, das Meer, nicht als verbindender Grenzraum 30 , sondern als trennende Grenze inszeniert. Tirana betont sowohl auf dem Hinals auch auf dem Rückweg, dass es schwarz wie Pech bzw. Teer ist 31 . Außerdem finden beide Überfahrten bei Nacht statt, sodass es durch das absolute Dunkel unmöglich ist, das Land auf der anderen Seite zu erkennen: Al momento stabilito ci staccammo dalla costa e prendemmo il largo. Ci proteggeva il cielo illune e stellatissimo di una notte nera proprio come fossimo sprofondati in un forno (Il ragazzo, p. 7). 29 Siehe bspw. Igiaba Scegos Dismatria (2005) oder die in Fußnote 20 erwähnten Romane La mia casa è dove sono und Madre piccola. 30 Michel de Certeau stellt in Kunst des Handelns heraus, dass Grenzen Räume zwar trennen, sie aber gleichzeitig miteinander verbinden: «Das Paradox der Grenze: da sie durch Kontakte geschaffen werden, sind die Differenzpunkte zwischen zwei Körpern auch ihre Berührungspunkte. Verbindendes und Trennendes ist hier eins. [. . . ] Sie [= die Grenze] ist ein Zwischenraum» (de Certeau 1988, p. 233; Hervorh. i. O.). Als solcher erscheint das Meer in Saponaros Roman jedoch nicht. 31 «[A]vevo davanti un mare calmo e nero come un lago color della pece» (Il ragazzo, p. 8); «Il mare davanti a me, invisibile ad occhio nudo e pur assai presente, dove navigavamo a fatica, era assolutamente nero, un lago nero le cui acque calde erano spesse, pesanti come asfalto liquido» (Il ragazzo, p. 106). 244 <?page no="245"?> Migration - und dann? Nessuna luce davanti a me, nessuna luce in cielo: né di luna, né di stelle (Il ragazzo, p. 106). Eine Verbindung zwischen Albanien und Italien kann so nicht hergestellt werden. Das Meer fungiert als Grenze und «teilt den Raum» - mit Lotman gesprochen - «in zwei disjunktive Teilräume. Ihre wichtigste Eigenschaft ist ihre Unüberschreitbarkeit» 32 . Die eigentlich unmögliche Grenzüberschreitung von Figuren, die für gewöhnlich einem der beiden Teilräume zugeordnet sind, konstituiert für Lotman ein Ereignis, da so mit der etablierten literarischen Raumbzw. Weltordnung gebrochen wird 33 . Lotman bezeichnet diese Art von Texten mit beweglichen Figuren als sujethaft 34 , wohingegen «[e]in sujetloser Text die Unverletzbarkeit der [. . . ] Grenzen [bekräftigt]» 35 . Tirana überquert das Meer, die Grenze zwischen Albanien und Italien, in Saponaros Roman zwei Mal. Auf der Hinfahrt bricht er durch seine illegale Reise nach Italien zwar mit der bestehenden Ordnung, diese wird aber durch seine Rückkehr wiederhergestellt. Der Text ist demnach als sujetlos zu bezeichnen, denn [e]ine andere wichtige Eigenschaft sujetloser Texte ist die Bestätigung einer bestimmten Ordnung der inneren Organisation ihrer Welt. Der Text ist auf eine ganz bestimmte Weise aufgebaut, und eine Verschiebung seiner Elemente, die die festgesetzte Ordnung verletzen würde, ist nicht statthaft. 36 Dass Tirana in seine Ausgangslage, in die «festgesetzte Ordnung», zurückkehrt, zeigt sich auch durch die Erinnerung der Hauptfigur. Die zweite Grenzüberschreitung markiert das Ende eines kognitiven Abschnitts; alles, was während seines Aufenthalts in Italien geschah, gehört für Tirana der Vergangenheit an: «[D]ell’Italia non ricorda più nulla» (Il ragazzo, p. 117) 37 . Dadurch, dass Italien bzw. Bari für Tirana nicht die Bedeutung einer neuen oder zweiten Heimat annimmt und ihn die 32 Lotman 1993, p. 327. Die beiden Teilräume haben verschiedene, sich gegenüberstehende Charakteristika, wobei Lotman den Raum nicht nur rein topologisch versteht, denn verschiedenste Oppositionen werden in der Literatur räumlich realisiert (cf. p. 337). So bspw. ‹oben - unten›, ‹offen - geschlossen›, ‹heimisch - fremd›, ‹Freund - Feind› oder ‹arm - reich›. 33 Cf. Lotman 1993, p. 328. 34 Cf. Lotman 1993, pp. 336-338. 35 Lotman 1993, p. 338. 36 Lotman 1993, p. 337. 37 Zwar behauptet Tirana auch bei der Hinfahrt, dass er sich in Italien nicht an sein Leben in Albanien erinnern würde - «non appena sbarcato in Italia, non avrei più avuto alcuna memoria» (p. 10) -, dies erweist sich jedoch als falsch, da er regelmäßig an Albanien und seine dort verbliebenen Eltern denkt (cf. Il ragazzo, pp. 12-13, p. 15, pp. 25-26, p. 33, p. 48, p. 78, p. 81, p. 87, p. 93). Auch der Modus- 245 <?page no="246"?> Julia Görtz dort verbrachte Zeit nicht prägt oder verändert, werden die binären Oppositionen von Eigenem und Fremdem, von Start- und Zielpunkt bestätigt. In Lumturi disparue werden Grenzen nicht nur überschritten, sondern, wie dargelegt wurde, aufgelöst. Durch die transkulturellen Erfahrungen der Figuren entsteht ein neuer Raum, ein hybrider Zwischenraum, der eine derartige binäre Einteilung nicht mehr zulässt. 6 Fazit: unmögliche oder unausweichliche Rückkehr? Rückkehr ist nicht gleich Rückkehr. In Saponaros Il ragazzo di Tirana stellt die Rückkehr für den jungen Tirana die einzige Lösung dar, da es ihm nicht gelingt, in Italien Fuß zu fassen. Diese Inszenierung des Scheiterns der Migration ist in der italienischen Literatur eher unkonventionell. Im Gegensatz dazu wird die Rückkehr der Hauptfigur in Vorpsis Lumturi disparue nach Albanien zur Unmöglichkeit, da sie nach ihrem Besuch in Frankreich feststellt, dass sie sich nunmehr nirgendwo vollends zugehörig und zu Hause fühlt. So wird außerdem deutlich, dass Rückkehr nicht für jede: n Heimkehr bedeutet. Während die rein geographische Bewegung zum Ausgangspunkt, wie bei Saponaro dargestellt, möglich ist und bleibt, wird eine Rückkehr, sobald sie mit den Konzepten Identität, Zugehörigkeit und Heimat in Verbindung tritt, unmöglich. Die Verknüpfung dieser inneren Vorgänge mit den äußeren, die Konkretisierung des Abstrakten zeichnet die Darstellung von Remigration bei Vorpsi aus. Zwar fehlen bei Saponaro die mit Migration verbundenen inneren Prozesse, doch greifen beide Autor: innen - trotz ihrer unterschiedlichen Perspektiven auf Migration - auf ähnliche gestalterische Elemente zurück, um ihre jeweilige Darstellung von Rückkehr zu unterstreichen. So verdeutlichen körperliche Symptome das Heimweh bzw. die Heimatlosigkeit der Figuren und damit deren Einstellung zur Rückkehr. Auch die jeweilige Inszenierung der Räume als Grenze bzw. Zwischenraum trägt dazu bei, die unvermeidbare Rückkehr Tiranas nach Albanien und den unvermeidlichen Tod Lumturis am Wiener Flughafen zu veranschaulichen. gebrauch und die Erzählsituation in den entsprechenden Textstellen zeigen dies. Während bei der Hinreise Tirana selbst als autodiegetischer Erzähler im Konditional mutmaßt, wird sein Vergessen nach der Rückkehr nach Albanien im Epilog durch eine heterodiegetische Erzählerfigur im Indikativ bestätigt. 246 <?page no="247"?> Migration - und dann? 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Vehbiu, Ardian / Devole, Rando (1996): La scoperta dell’Albania. Gli albanesi secondo i mass media (Uomini, fatti, problemi 22), Milano. 248 <?page no="249"?> Migration - und dann? Abstract: Anche se il tema della migrazione è onnipresente nella letteratura italiana contemporanea, il ritorno al paese di origine non vi trova molto spazio; si parla principalmente della partenza o dell’arrivo nella nuova patria. Per spostare il centro dell’attenzione, nel presente articolo si analizza la rappresentazione del ritorno dopo una esperienza migratoria nelle opere di Ornela Vorpsi e Giorgio Saponaro. Partendo dai movimenti migratori dei personaggi principali, il contributo si propone di dimostrare che Vorpsi mette in scena l’impossibilità del ritorno mentre Saponaro lo descrive come inevitabile. Questo contrasto viene ricondotto, fra l’altro, alle diverse prospettive ed esperienze dell’autrice di origine albanese e dell’autore italiano. Le differenti concezioni del viaggio migratorio, del ritorno e del concetto di ‹patria› si riflettono tanto nella descrizione dello stato d’animo dei personaggi - nei testi di Vorpsi soffrono della mancanza di appartenenza, mentre il protagonista di Saponaro è preso dalla nostalgia - quanto nella rappresentazione degli spazi. L’analisi conclusiva dell’aeroporto come spazio in between e ibrido da un lato e del mare come frontiera separatoria dall’altro dimostra che l’impossibilità o l’inevitabilità del ritorno viene messa in scena su vari livelli testuali. Biobibliografisches Profil: Julia Görtz ist akademische Mitarbeiterin am Romanischen Seminar der Universität Mannheim. Sie studierte in Leipzig, Perugia und Macerata. Derzeit promoviert sie an der Universität Würzburg im Bereich der Romanistik zum Thema Literatur und Sprachwechsel. In ihrer Dissertation beschäftigt sie sich mit den Auswirkungen eines migrationsbedingten Sprachwechsels auf die Ästhetik literarischer Werke anhand von Romanen und Erzählungen Ornela Vorpsis und Bessa Myftius. Zu ihren Forschungsinteressen zählen transkulturelle und postkoloniale Literaturen und Theorien, frankophone und italophone Texte und Medien des 20. und 21. Jahrhunderts sowie kulturwissenschaftliche Ansätze zur Darstellung von Raum, Erinnerung und Trauma. Gemeinsam mit Martha Kleinhans und Maria Chiara Levorato gab sie den Band La forma dell’assenza. Facetten italienischer Epistolographie vom 14. Jahrhundert bis heute. Würzburg: Würzburg University Press 2021 heraus, in dem der Artikel «Geschwister auf Distanz: transkulturelle und didaktische Perspektiven auf den E-Mail-Roman Caro Hamid, fratello lontano von Anna Russo» erschien. Darüber hinaus publizierte sie zur Rolle der Bar im frankoafrikanischen Roman und zur literarischen Konstruktion Albaniens als Erinnerungsort. 249 <?page no="251"?> Cora Rok Arbeit(ssuche) als Mission: Zirkuläre vs. zielgerichtete Mobilität in Giovanni Accardos Un anno di corsa (2006) und Gianni Amelios La Stella che non c’è (2006) In Mi spezzo ma non m’impiego. Guida di viaggio per lavoratori flessibili (2006), einem Texthybrid zwischen Sachbericht, Reportage und Tagebuch, erzählt Andrea Bajani nicht nur von seiner eigenen ‹bewegten› Arbeitsbiografie und der seiner Bekannten, er bietet auch eine humorvolle Einführung in die mannigfaltigen Formen von Arbeitsverträgen zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Gleich auf der ersten Seite berichtet der Autor, der sich über zwei Jahre von Job zu Job hangeln musste, wie er begonnen hatte, «agenzie di lavoro temporaneo» zu fotografieren. Über hunderte Fotos hatte er schließlich, unterwegs auf einem Fahrrad, geschossen - eines war jedoch darunter, das eine «agenzia di viaggi» zeigte. Er hatte sie versehentlich fotografiert, da er im Schaufenster eine Reisewerbung mit einer Jobanzeige verwechselt hatte: I cartoncini colorati appesi alla vetrina erano sostanzialmente identici a quelli delle agenzie di lavoro temporaneo. Come quelli, riportavano l’indicazione di una meta (in un caso ‹New York›, nell’altro ‹Rinomato studio commercialista›), e la durata del soggiorno (‹tre settimane› in un caso, ‹tre settimane più proroga› nell’altro). 1 Befristete Arbeit scheint einem Kurzurlaub nicht ganz unähnlich zu sein - man lebt aus dem Koffer, man richtet es sich an dem Ort, an dem man schläft, nicht ein, 1 Bajani 2006, p. 5. 251 <?page no="252"?> Cora Rok man zieht nach einer festgesetzten Zeit wieder weiter. Bajani stellt in diesem Zuge den alten «viaggio tipico» einem neuen «viaggio atipico» gegenüber, der sich durch Last Minute-Buchungen und spontane Kurzwochenendtrips auszeichnet, bei denen man bis kurz vor knapp gar nicht wisse, wohin man eigentlich fliegt, was man dafür braucht und wie lange man bleiben wird, was zugleich aufregend, erschreckend und überraschend sein könne. 2 Dasselbe lässt sich über kurzfristige, befristete Beschäftigungsverhältnisse, die «lavori atipici», sagen, die zu Beginn des 21. Jahrhunderts die Norm darstellen. Um genau dieses Thema dreht sich Giovanni Accardos Roman Un anno di corsa (2006), der im Folgenden unter anderem Gegenstand der Untersuchung sein soll und in dem es um den schwierigen Berufseinstieg eines circa 30-jährigen, namenlosen Akademikers sowie die externen und auch psychischen Hemmnisse bei der Selbstaktivierung während der Jobsuche geht. Angeschlossen wird eine Analyse von Gianni Amelios Film La Stella che non c’è (2006), dem der Roman La dismissione (2002) von Ermanno Rea zugrunde liegt. Amelios Protagonist, Vincenzo Buonavolontà, ein kürzlich arbeitslos gewordener Mann in den Fünfzigern, der zeit seines Lebens eine feste Stelle als Techniker und Wartungsarbeiter in einem Stahlwerk hatte, dessen Hochofen nach China verkauft wurde, zeichnet sich gegenüber Accardos Figur durch eine erstaunliche Motivation und Aktivierungsbereitschaft aus; er beschließt, in China nach dem Hochofen zu suchen, für dessen Steuermodul er kürzlich noch ein vermeintlich wichtiges Ersatzteil hergestellt hat. Beide Protagonisten, die für Tätigkeiten in unterschiedlichen Wirtschaftssektoren ausgebildet wurden und auf unterschiedliche Berufserfahrungen zurückblicken, haben etwas gemein: Sie sind mit einem neuen Lebensabschnitt konfrontiert, beide sind auf der Suche, und für beide ist Mobilität von entscheidender Bedeutung. Während Accardos namenloser Protagonist jedoch sichtlich Probleme hat, eine berufliche Identität auszubilden und sich seine Arbeitssuche - und die damit verbundene Selbstsuche - in einer zirkulären Bewegung ohne Fortschritt im Hinblick auf die berufliche und persönliche Entwicklung vollzieht, ist die starke Identifizierung von Amelios Protagonisten mit seiner einstigen Arbeit der Grund dafür, seine Reise zu beginnen, die sich, obwohl sie als Quest zur Erreichung eines Arbeitsziels begonnen hat, schlussendlich als persönliche Bildungsreise entpuppt. 2 Cf. Bajani 2006, p. 42. 252 <?page no="253"?> Arbeit(ssuche) als Mission Bevor die beiden Werke einer näheren Untersuchung im Hinblick auf das Thema der Bewegung, das auch als narratives Strukturelement gefasst wird, unterzogen werden, wird ein kurzer Überblick über die Transformationen der Arbeitswelt vom 20. ins 21. Jahrhundert gegeben und über den Trend der Arbeitsnarrative in der italienischen Gegenwartsliteratur gesprochen. 1 Bewegte Arbeitswelt - Aktivierung, Flexibilisierung und Mobilisierung Arbeit setzt Bewegung unmittelbar voraus. Wer physische Arbeitskraft aufwendet, tut dies jedoch selten in spontanen und kurzen Bewegungen, vielmehr werden bei der Bearbeitung von Natur und Materie Körperbewegungen oder Handgriffe, mitunter durch die Hilfe von Maschinen, gezielt orchestriert und wiederholt. Bei der Wissensarbeit wiederum, wo die Arbeitsschritte abstrakter Natur sind, können spontane Geistesblitze Ideen oder Lösungswege hervorbringen, doch auch diese sind oftmals Resultat eines längeren Prozesses intensiven Gedankenwälzens und Zeichen innerer Beweglichkeit. Nicht nur wer arbeitet, ist auf die eine oder andere Weise in Bewegung, auch die Arbeitswelt selbst. Seit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert hat die Arbeitswelt in den westlichen hochentwickelten Ländern einen großen Strukturwandel erfahren, der sich in der Ausweitung des sekundären, industriellen und schließlich in der Ausdehnung des tertiären, dienstleistungsbezogenen Sektors bemerkbar gemacht hat, in dem Beschäftigte ab Mitte des 20. Jahrhunderts größtenteils ihren Lebensunterhalt erwirtschaften. Während in Italien um 1900 noch 59% in der Landwirtschaft, 24% in der Industrie und 17% im Dienstleistungssektor beschäftigt waren, in den Jahren 1950-55 bereits nur noch 38% der Beschäftigen im primären Sektor, 33% im sekundären Sektor und 29% im tertiären Sektor verzeichnet werden konnten, 3 hat sich das Verhältnis nach über 100 Jahren deutlich umgekehrt: 2021 waren 69,3% aller Beschäftigten in Italien im Bereich der Dienstleistungen 3 Zu den frühen Prognosen über die Entwicklung der drei Wirtschaftssektoren von Allan G.B. Fisher, Colin Clark und Jean Fourastié cf. Hugon 1963. Hier findet sich auch eine aufschlussreiche Tabelle zum Ländervergleich, p. 92. 253 <?page no="254"?> Cora Rok tätig, 26,6% im Bereich der Industrie und nur noch 4,1% im Bereich der Landwirtschaft. 4 Nicht nur aufgrund immer raffinierterer Automatisierungsprozesse ist es zu einem Rückgang von Arbeitsplätzen im primären und sekundären Sektor gekommen, viele Unternehmen haben ihre Produktion auch aus Kostengründen ganz oder in Teilen ins Ausland verlagert. Ist im Zuge der Globalisierung darüber hinaus der Import-Export-Handel immer weiter ausgebaut worden, ist es selbstverständlich geworden, dass nicht nur Waren, sondern auch Menschen, von der Pflegekraft bis zum Top-Wissenschaftler, die entferntesten Grenzen übertreten und bereit sind, sich aus ökonomischen und/ oder karrieretechnischen Gründen zu mobilisieren, und sich daher besonders flexibel in der Wahl ihres Arbeits- und Wohnortes zeigen. 5 Forciert wurde dieser Lebenswandel unter anderem durch arbeitsrechtliche Reformen - in Italien ab 1993 bzw. ab dem Jahr 1997, in dem das pacchetto Treu umgesetzt wurde, ein Vorläufer der legge Biagi, vergleichbar mit den Hartz- Gesetzen in Deutschland - , die eine Deregulierung des Arbeitsmarktes bewirkten, wodurch Leistung, Innovation und Konkurrenz befeuert und eine allgemeine Aktivierung von Arbeitssuchenden bewirkt werden sollte 6 . Neben einer hohen Anzahl von Praktikanten und Volontären, die wenig oder bekanntlich bis vor Kurzem 7 gar nichts gekostet haben, sind Leiharbeitsfirmen Resultate dieser Flexibilisierungstendenzen, die ihr häufig unbefristet eingestelltes Personal zum Beispiel für kurzfristige Reinigungs- oder Lieferdienste an andere Unternehmen verleihen. Doch nicht nur in Bezug auf die allgemeine Vertragsdauer gilt das Prinzip der Flexibilität: Zu den gängigen Arbeitsformen gehören Part Time-Modelle, Shared Work, Schichtarbeit oder Gleitzeit. Ebenso bekannt sind Arbeitsmodelle, in denen an manchen Stunden oder Tagen einfach nur Verfügbarkeit gefordert wird, man denke an den Bereich der Telearbeit, Kundendienste, Info-Hotlines, Verkäufe, Beratungen, alle informationsverarbeitenden Arbeiten, die von zu Hause bzw. von irgendeinem Ort der Welt am Telefon oder vor allem am internetfähigen PC erledigt werden können. 4 Cf. die Statistik zur Verteilung der Erwerbstätigen auf die Wirtschaftssektoren von 2011 bis 2021 in Italien, veröffentlicht im Januar 2023 auf https: / / de.statista.com/ statistik/ daten/ studie/ 167740/ umfrage/ erwerbstaetige-nach-wirtschaftssektoren-in-italien/ (13.07.23). 5 Zum Thema Arbeitsmigration aus Italien cf. bspw. Saint-Blancat 2017. 6 Cf. Gallino 2007, pp. 63-65. 7 In Deutschland bis zur Einführung des Mindestlohngesetzes 2014, in Italien bis zur Einführung eines Minimalgehalts von 300 Euro 2012. 254 <?page no="255"?> Arbeit(ssuche) als Mission Stellte in vielen Branchen der Vollarbeitsvertrag mit sozialrechtlichen Absicherungen Mitte des 20. Jahrhunderts eine Errungenschaft dar, wurden Ende des Jahrhunderts sozial eingehegte, gewerkschaftlich geschützte Arbeitsverhältnisse zur Seltenheit und dafür atypische Beschäftigungsformen mit befristeten Verträgen zur Norm. 2005, so hat der Soziologe Luciano Gallino festgehalten, gab es in Unternehmen mehr befristete als unbefristete Verträge, die aber gleichfalls noch ausgestellt wurden, was ein Zweiklassensystem befördert hat, in dem Arbeitnehmer auf festen Stellen Vorteile gegenüber jenen genießen, die dieselbe Arbeit ausüben, aber nur für kurze Zeit angestellt sind und bspw. keine Abfindung bei Kündigung erhalten 8 . Abgesehen davon, dass eine Diskussion über die neue Klasse der Proletarier, die aus unterschiedlichen Schichten stammenden Prekarier, eröffnet wurde, spricht man in der Soziologie auch von Jobnomaden, die dank ihrer Fristverträge nie lange in einer Tätigkeit, mit denselben Kollegen, häufig auch nicht am selben Ort sesshaft werden können 9 . Das, was für Unternehmen rentabel ist, nämlich zu jedem Zeitpunkt die Zahl der Mitarbeiter nach Bedarf regulieren, also dezimieren oder erhöhen zu können 10 , befördert aufseiten der Arbeitnehmer ein Gefühl der Unsicherheit, ja Existenzangst. Die Folgen des neuen Flexibilisierungsregimes, wie eine fragmentierte Identität aufgrund instabiler Arbeitsverhältnisse, ein geringes Selbstwirksamkeitserleben wegen mangelnder Planbarkeit des Lebens oder instabile soziale Bindungen wegen der erhöhten Mobilität, hat der Soziologe Richard Sennett in seinem 1998 erschienenen Buch The Corrosion of Character eindringlich beschrieben 11 . Wenige Jahre später wurde das Thema für die Literatur entdeckt 12 . 2 Arbeit in der italienischen Gegenwartsliteratur In den letzten Jahrzehnten sind in Italien zahlreiche literarische Publikationen zum Thema ‹Arbeit› erschienen, deren Handlungen auf der einen Seite, wie zur Hoch- 8 Cf. Gallino 2007, p. 7. 9 Cf. Boltanski/ Chiapello 1999, p. 183; cf. auch Vogel 2009. 10 Gallino führt die Rationalisierungstendenzen auf die Übertragung der erfolgreichen Prinzipien aus dem Bereich der Herstellungsprozesse, und zwar die Produktion ‹on demand› und ‹in time›, auf den Bereich der Mitarbeiterführung zurück. Cf. Gallino 2007, p. 30. 11 Cf. Sennett 1998. 12 Ich greife im Folgenden einige Aspekte auf, mit denen ich mich in meiner Dissertation auseinandergesetzt habe: cf. Rok 2021. 255 <?page no="256"?> Cora Rok zeit der Arbeitsliteratur der 60er und 70er Jahre des letzten Jahrhunderts, im Fabrikkontext angesetzt sind, was Valentina Fulginiti veranlasst hat, von einem «nuovo operaismo» zu sprechen 13 . Auf der anderen Seite spielen sich die Geschichten in Kontexten neuer Unternehmenswelten ab, wofür der Begriff «letteratura aziendale» gefunden wurde 14 . Eine markante Kategorie bilden die «storie di precariato» 15 , in denen es sowohl um die Abwesenheit von Arbeit und die Suche nach ihr geht als auch um desolate Arbeitsbedingungen, schlechte Bezahlung, mangelnde rechtliche Absicherung im Falle von Krankheit etc., und vor allem um die stete Angst, die Arbeit wieder zu verlieren, egal wie ausbeuterisch oder unwürdig sie empfunden wird. Insbesondere im Jahr 2006 wurde der italienische Buchhandel mit Publikationen zum Thema ‹Arbeit› geradezu überschwemmt 16 , einige der Texte wurden verfilmt. 17 Ein weiterer Höhepunkt ist im Jahr 2009 zu verzeichnen, in dem drei einschlägige Anthologien mit Kurzgeschichten bekannter Autoren erschienen sind 18 . Die größtenteils autobiographischen Texte, die Missstände auf dem Arbeitsmarkt dokumentieren und zum Teil als engagierte Literatur aufgefasst werden können, zeichnen sich nicht nur durch eine Gattungs- und Stilhybridität aus, insofern sie eine Mischung aus Aufdeckungsjournalismus, Tagebuch und Erzählung, aus Fakten und Fiktion bieten. Häufig sind sie in der Ich-Perspektive verfasst und bezeugen eine Leidenserfahrung innerhalb des Arbeitskontexts, wobei sich die Struk- 13 Fulginiti 2011, p. 14. 14 Cf. Contarini 2010. 15 So der Titel eines der ersten Aufsätze zur neuen italienischen Arbeitsliteratur von Stefano Ghidinelli, «Storie di precariato», Ghidinelli 2008. 16 Dazu zählen Bajanis bereits zitiertes Buch Mi spezzo ma non m’impiego und der im Folgenden im Fokus stehende Roman von Giovanni Accardo: Un anno di corsa. Cf. darüber hinaus Aldo Nove: Mi chiamo Roberta, ho quarant’anni, guadagno 250 euro al mese; Michela Murgia: Il mondo deve sapere; Angelo Ferracuti: Le risorse umane; Alessandro Rimassa / Antonio Incorvaia: Generazione Mille Euro; Federico Platania: Buon lavoro; Aris Accornero: San Precario lavora per noi; Mario Desiati [et al.] (a cura di): Laboriosi oroscopi. Diciotto racconti sul lavoro, la precarietà e la disoccupazione; Maria Teresa Cassini [et al.] (a cura di): La donna è mobile. Undici storie di normale precariato femminile. 17 Murgias Il mondo deve sapere wurde unter dem Titel Tutta la vita davanti von Paolo Virzì verfilmt und erschien 2008, Rimassa und Incorvaias Generazione Mille Euro wurde unter dem gleichnamigen Titel von Massimo Venier verfilmt und erschien 2009. 18 Cf. Andrea Camilleri [et al.] (a cura di): Articolo 1. Racconti sul lavoro; Tullio Avoledo et al. (a cura di): Lavoro da morire; Carola Susani [et al.] (a cura di): Sono come tu mi vuoi. Storie di lavori. Neben den Anthologien sind auch zwei weitere einschlägige Romane, Massimo Lollis Il lunedì arriva sempre di domenica pomeriggio und Ascanio Celestinis Lotta di classe, 2009 erschienen. 256 <?page no="257"?> Arbeit(ssuche) als Mission tur eines invertierten Bildungsbzw. Desillusionierungsromans aufweisen lässt. Für viele Publikationen, insbesondere jene, die zuvor in Blogs im Internet veröffentlicht wurden, ist Mündlichkeit und ein niedriges sprachliches Register charakteristisch. Der Tonfall reicht von einem trockenen, sachlichen Stil zu einem pathetischen Lamento, bis zu feiner Ironie und scharfzüngigem Sarkasmus. Darüber hinaus stellt Machtlosigkeit ein wiederkehrendes Merkmal der häufig namenlosen Protagonisten dar, die sich auch in vielen Fällen als willensschwache inetti charakterisieren lassen 19 . Die in The Corrosion of Character angeführten empirischen Beispiele für den Umgang mit plötzlicher Arbeitslosigkeit, mit denen Sennett zu zeigen beabsichtigte, dass das lineare Erzählen in kausalen Zusammenhängen, konkret, die Rekonstruktion der Geschichte des eigenen Scheiterns und die Umdeutung des Endes in einen Anfang, therapeutische Wirkung erzielen kann, finden in der Literatur ihre fiktionalen Entsprechungen. Um der Erfahrung der Zersetzung der eigenen Identität das Gefühl von Ganzheit und Einheit entgegenzusetzen, wird eine Selbsterzählung nötig, in der sich Betroffene wieder als handlungsfähige Subjekte wahrnehmen 20 . Beispielhaft hat Christian Raimo diese Idee in seiner Kurzgeschichte Sono come tu mi vuoi umgesetzt, wo er eine namenlose Ich-Erzählerin in ihrer aktuellen Phase der Arbeitslosigkeit von ihren frustrierenden Erfahrungen als Jobnomadin berichten und auf diese Weise zu sich kommen lässt. Das hervorstechende Merkmal des Textes sind die Ellipsen an den Satzenden, die eine Chiffre für den Selbstverlust der Protagonistin darstellen. Genau wie ihre Ausbildung nie abgeschlossen zu sein scheint, da sie beständig Kompetenzen dazu erwerben muss, um sich für die nächste befristete Stelle zu qualifizieren, bleibt auch die Syntax unvollständig, wie bereits im ersten Abschnitt deutlich wird: Io sono qualificata in, che non riesco a capire se sia una qualifica che effettivamente vale nel mercato del lavoro ma, avendo cominciato a lavorare che avevo neanche, non mi posso lamentare del fatto che oggi a distanza di, la mia formazione è stata comunque articolata, piena di esperienze di tutti i tipi, come per esempio. 21 Lässt sich aus der Kurzgeschichte Kritik an einem System, das konstante Anpassungsbereitschaft fordert und prekäre Arbeitssubjekte produziert, herauslesen, lädt 19 Cf. Rok 2021, pp. 83-85. 20 Cf. Sennett 1998, p. 134. 21 Raimo 2009, p. 3. 257 <?page no="258"?> Cora Rok sie zugleich dazu ein, den Konformismus der Hauptfigur («Sono come tu mi vuoi») kritisch zu hinterfragen. In meiner Dissertation, in der sich eine eingehendere Untersuchung der Kurzgeschichte von Raimo findet 22 , habe ich mich darauf konzentriert, herauszuarbeiten, inwieweit in den literarischen Texten die Arbeitsbedingungen als verdinglichend in Szene gesetzt werden. Dabei kam ich zu dem Ergebnis, dass zwar einerseits Kritik an einem neoliberalen Flexibilisierungsregime sowie an disziplinierenden und stimulierenden Strategien der Mitarbeiterführung in Unternehmen geübt wird, die Protagonisten andererseits aber auch als ‹Selbstverdinglicher› mit Tendenzen zum Selbstbetrug portraitiert werden. Dabei entsteht der Eindruck, ihre Entfremdung sei zu einem gewissen Teil selbstverschuldet. Diese These lässt sich auch an dem Werk belegen, das im Folgenden untersucht werden soll und zu dem sich besonders gut Verbindungen zum Thema des Bandes herstellen lassen. 3 Ein Arbeitsmarktdrifter auf Sinnsuche - Giovanni Accardos Un anno di corsa Ähnlich wie Raimo, nur mit anderen stilistischen Mitteln, erzählt auch Giovanni Accardo in seinem Roman Un anno di corsa von dem Versuch, eine Arbeit zu finden, die den eigenen Interessen und Qualifikationen entspricht. Sein Ich-Erzähler ist männlich, um die 30, kommt aus Palermo und hat in Padova italienische Literatur studiert und mit Bestnote abgeschlossen. Doch der Berufseinstieg gestaltet sich schwieriger als gedacht; um über die Runden zu kommen, muss der Protagonist jeden Job annehmen, der sich ihm bietet. Wenig Solidarität erfährt er von seinem faulen und TV-süchtigen Mitbewohner, der dank der Finanzierung seiner wohlhabenden Eltern sorgenfrei in den Tag hineinleben kann. Namenlos ist der Protagonist, wie in vielen Texten der zeitgenössischen Arbeitsliteratur, nicht nur deswegen, weil seine berufliche Identität nicht lesbar ist und er keine stabile Persönlichkeit darstellt, sondern auch weil er einen von vielen Sizilianern repräsentiert, die für das Studium bzw. für die Arbeit in den Norden gekommen sind und sich bessere Chancen erhofft haben. Am liebsten würde der Protagonist ein Doktorat beginnen, scheut sich aber, seinen Professor zu fragen, ob er ihn zulassen 22 Für eine detaillierte Analyse der Kurzgeschichte cf. Rok 2021, pp. 111-113. 258 <?page no="259"?> Arbeit(ssuche) als Mission würde. Die Unsicherheit, die in diesem Kontext zutage tritt, ist eines von mehreren Indizien, die darauf verweisen, dass die Problematik des Protagonisten, eine als sinnvoll empfundene Tätigkeit zu finden, nicht nur in dem gesättigten Arbeitsmarkt begründet liegt, in dem es schwer ist, eine Position gemäß der geisteswissenschaftlichen Ausbildung zu finden. Er selbst steht sich im Weg. Accardo zeichnet das Bild eines neurotischen und leicht paranoiden Langzeitstudenten, der zwar angibt, passionierter Literaturleser zu sein, seine Zeit aber mit der Lektüre von Arbeitsannoncen sowie Grübeleien, Selbstzweifeln und Polemiken gegen die Gesellschaft zubringt. Nur einmal werden explizit Buchtitel genannt, die der Protagonist sich zu Gemüte führt. Es sind die Romane Tempi stretti (1957) von Ottiero Ottieri, La vita agra (1962) von Luciano Bianciardi und La macchina mondiale (1965) von Paolo Volponi, allesamt Bücher, die aus der Hochphase der «letteratura di fabbrica» bzw., wie Elio Vittorini sie nannte, «letteratura industriale» stammen und die Beziehung zwischen Mensch und mechanisierter, enthumanisierter Umwelt thematisieren. 23 Autoren wie Paolo Volponi oder Ottiero Ottieri, beide für Olivetti tätig, Volponi später auch bei Fiat, haben in ihrem schriftstellerischen Werk eigene Erfahrungen mit der Fabrikarbeit verarbeitet und Figuren kreiert, die für Accardos Werk Pate gestanden haben könnten. Vor allem zwischen dem Protagonisten Albino Saluggia aus Volponis Memoriale (1962) und Accardos Figur drängen sich Parallelen auf, da sie beide zur Selbstisolation sowie Paranoia tendieren und starke Derealisations- und Depersonalisationserscheinungen aufweisen, wobei nicht ganz eindeutig ist, inwieweit äußere Umstände - bei Saluggia die Disziplinarmaschine ‹Fabrik›, bei Accardos Protagonisten die Situation wiederkehrender Arbeitslosigkeit - oder die Vorgeschichte - Saluggia ist Kriegsheimkehrer, Accardos Figur Binnenmigrant, relativ isoliert und arm - die psychische Fragilität der beiden Figuren befördern. Die Handlung von Un anno di corsa spielt sich, wie sich durch den Titel unschwer erraten lässt, innerhalb eines Jahres ab, wobei die Wintermonate eine große Rolle spielen. Insbesondere die zahlreichen Erwähnungen des Nebels stechen hervor, 24 der für die Desorientiertheit und Perspektivlosigkeit des Protagonisten, seine ungewisse Zukunft steht. Die Wetterfühligkeit, oder besser, die Sensibilität in der Wahrnehmung atmosphärischer Veränderungen teilt Accardos Protagonist mit einer anderen literarischen Figur, dem ebenfalls namenlosen Ich-Erzähler aus 23 Cf. Vittorini 1961/ 2008. 24 Cf. Accardo 2006, pp. 12, 19, 54, 93, 98, 123, 178, 180, 183, 193. 259 <?page no="260"?> Cora Rok Italo Calvinos Erzählung La nuvola di smog (1958). Dieser arbeitet für das Organ eines Industrieunternehmens als Journalist, wo er green-washing betreiben soll. Konstant schwankt er zwischen engagierter Meinungs- und Profilbildung und dem Wunsch, unsichtbar in der Masse zu verschwinden, kurz, zwischen Idealismus und Konformismus. Die Nebelwolke (bei Calvino auch die Smog-Wolke) lässt sich als Sinnbild einer nackten Existenz lesen, einer Existenz ohne feste Konturen, in kontinuierlicher Veränderlichkeit begriffen. Auch Accardos Protagonist fühlt sich zur Konformität gezwungen. Seine wechselnden Anstellungsverhältnisse verlangen stete Anpassung und Flexibilität, nie hat er das Gefühl, in einer der Arbeitsstellen sesshaft werden zu können, zugleich ist er gezwungen jeden Minijob anzunehmen, was ihn von seinen akademischen Zielen weiter entfernt und an seinem Selbstbild zweifeln lässt. Wie der Nebel Dinge, die er umgibt, in ihrer Form und Größe, ja in ihrer gesamten Materialität unkenntlich werden lässt, so verlieren auch die Gegenstände im Lebensumfeld des Protagonisten, auch er selbst als Person, ihre Distinktivität, was ihn mit Panik erfüllt: Allora toccavo la sedia su cui ero seduto e mi toccavo io, vedi, sono due cose diverse: c’è la sedia e ci sei tu, mi dicevo. Poi toccavo il tavolo e dopo il bicchiere. Finché rimangono due cose distinte puoi stare tranquillo, non può succederti nulla. Allora toccavo nuovamente la sedia, toccavo il tavolo e toccavo il bicchiere. Qualche volta toccavo anche il muro. 25 Der Protagonist macht eine lähmende Verdinglichungserfahrung - an einer anderen Stelle beschreibt er diese ganz explizit als «una sensazione di inutilità che pietrifica ogni emozione e mi faceva sembrare ancora di più un oggetto» 26 - und versucht daher, durch das Betasten seiner Umwelt eine Art Realitätscheck zu vollziehen, die Wahrnehmung neu zu justieren, um einen Unterschied zwischen leblosen Dingen und lebendigem Sein festzustellen. Es handelt sich um eine wiederkehrende Marotte, einen therapeutischen Trick, der im Verlauf der Handlung aber immer weniger besänftigt und das verlorengegangene Selbstgefühl zurückbringt: Allora toccavo la sedia, dopo toccavo il mio corpo, e non ci sentivo più nessuna differenza. Mi toccavo un braccio e dopo tastavo il tavolo. Mi toccavo la gamba e dopo stringevo in mano un bicchiere. Era tutto freddo, e duro. 27 25 Accardo 2006, p. 12. 26 Accardo 2006, p. 75. 27 Accardo 2006, p. 65. 260 <?page no="261"?> Arbeit(ssuche) als Mission Mentre lui parlava, mi guardavo le mani, oppure toccavo la sedia e dopo mi toccavo il braccio. Oppure una gamba. 28 [. . . ] mi trasformavo in un oggetto: inerte, privo di desideri, apatico: mi pareva di essere un pezzo di legno [. . . ] Toccavo il tavolo e mi toccavo un braccio. Toccavo la sedia e mi tastavo una gamba. Che differenza c’era tra le mie gambe e quelle del tavolo? 29 An diesen Ausschnitten lässt sich gut der repetitive Erzählstil Accardos erkennen, der von einer hohen Frequenz wiederkehrender Ausdrücke und Wendungen, insbesondere Anaphern, gekennzeichnet ist, worin sich die Zyklizität der Handlungen, allgemein der Tagesabläufe des Protagonisten widerspiegeln, was vor allem an folgenden Textstellen ersichtlich wird: Durante il giorno camminavo, telefonavo, inseguivo un lavoro occasionale che mi permettesse di sopravvivere sino a febbraio, guardavo le ragazze alla fermata dell’autobus, una in particolare, ma la sera il tempo non passava mai. Durante il giorno camminavo, cercavo lavoro, sentivo freddo, entravo al bar, leggevo il giornale, ma la sera il tempo rallentava, le pareti di casa aumentavano di spessore, allontanando ogni traccia del mondo esterno. 30 Wenige Seiten später werden zwei unmittelbar aufeinanderfolgende Abschnitte mit derselben Phrase eingeleitet: «Durante il giorno camminavo per la città, mentre una stanchezza crescente mi divorava il corpo [. . . ]. Durante il giorno camminavo, e aumentavano i segni delle feste [. . . ].» 31 Die Monotonie der Abläufe und die Versteinerung des Protagonisten kontrastieren nun mit den Bewegungen, die er in seiner Umwelt registriert. Gleich zu Beginn des Romans wird die Schnelligkeit der Menschen in der Stadt hervorgehoben: Tutti correvano, quell’inverno lì, chiusi nelle tute da ginnastica, lungo i pochi metri quadrati di verde che costeggiavano i canali della città, col traffico che sfiorava i corpi, correvano [. . . ]. Io ero l’unico a non correre, l’unico a camminare, in un percorso sempre uguale tra il telefono, l’edicola, il bar e l’ufficio del personale di qualche azienda. 32 28 Accardo 2006, p. 79. 29 Accardo 2006, p. 123. 30 Accardo 2006, p. 56. 31 Accardo 2006, p. 64. 32 Accardo 2006, p. 11. 261 <?page no="262"?> Cora Rok Einerseits blickt der Protagonist, der lediglich einen «percorso sempre uguale» zurücklegt, aus seiner exzentrischen Position mit einer gewissen Herablassung auf seine Mitmenschen, deren Geschäftigkeit ihm sinnlos erscheint. Andererseits entfaltet die wahrgenommene Beschleunigung einen Strudel, dessen Kräften er sich kaum entziehen kann, weswegen er das Gefühl hat, mithalten zu müssen. Zwei Seiten später, wo sich der Ausdruck «quell’inverno lì» sowie die Verben correre und camminare erneut, diesmal in invertierter Reihenfolge finden, beschreibt er das Gefühl, abgehängt zu werden: Quell’inverno lì, camminavo e telefonavo, ero sempre in giro per la città, a piedi oppure in autobus. [. . . ] Camminavo, quell’inverno lì, e tutti intorno a me correvano: a piedi oppure in macchina, in bicicletta oppure in tuta da ginnastica. Camminavo, e mi sentivo circondato da quell’umanità veloce, e allora acceleravo il passo anch’io. Tutti attorno a me andavano in fretta, e allora mi domandavo se dovevo correre anch’io [. . . ]. E mi girava la testa, mi girava il mondo davanti agli occhi, si metteva a correre anche la strada, il terreno sotto ai piedi si rimescolava. Giravo tutto e mi metteva voglia di vomitare, tutto quel correre, tutto quel girare. Dove correte? , gli domandavo, cioè, avrei voluto domandarglielo, ma le parole non uscivano dalla bocca. Però lo pensavo. 33 Sowohl in dem ersten als auch in dem zweiten Blockzitat wird die «tuta da ginnastica» erwähnt - wer in der Leistungsgesellschaft konkurrenztauglich bleiben will, muss seine Sportlichkeit unter Beweis stellen, konstant an seinem Humankapital arbeiten und die nötige Selbstdisziplin aufbringen. 34 Der Protagonist selbst ist auch in Bewegung, allerdings sind seine Steifzüge durch die Stadt oder durch die Wohnung nie dynamisch und nie zielführend, was auch die Ausdrücke vagare und girare nahelegen: Vagai per Padova con una lentezza snervante, mi sembrava di non arrivare mai da nessuna parte [. . . ] mentre i pensieri giravano in tondo [. . . ]. Girai a caso per le vie [. . . ]. 35 33 Accardo 2006, p. 13. 34 Cf. zu dem Punkt Möhring 2006, pp. 289-291. Cf. auch meine Analyse (Rok 2021, pp. 122-124) zu der Kurzgeschichte Tanti piccoli me (2009) von Tommaso Pincio, in der das Motiv des Joggens von zentraler Bedeutung ist. 35 Accardo 2006, p. 76. 262 <?page no="263"?> Arbeit(ssuche) als Mission [. . . ] mi aggiravo per le strade [. . . ], vagando per casa [. . . ]. 36 [. . . ] continuavo a girare per casa [. . . ]. 37 Vagai per la casa [. . . ]. 38 Ripresi i miei giri per la città, come un cane in cerca di un padrone. 39 Abermals spiegeln sich die zirkulären Bewegungsformen des Protagonisten in einer repetitiven Erzählweise, die die Monotonie der festgefahrenen Lebenssituation zum Ausdruck bringt. Paul Virilio hat das von Accardo hier literarisch in Szene gesetzte Phänomen «inertie polaire» genannt, was im Deutschen mit «rasendem Stillstand» 40 übersetzt wurde. Hartmut Rosa hat sich Virilios These zunutze gemacht, um die Beschleunigungstendenzen in der Moderne zu beschreiben, die eine paradoxe Wirkung zeitigen: Der Einzelne macht keine Erfahrung eines dynamischen Wandels, da extreme Mobilität und Beschleunigung im Gegenteil zu einer Erstarrung führen und Fortschritt undenkbar erscheinen lassen. 41 Das Problem ist nach Rosa in dem Fehlen eines übergeordneten Ziels zu suchen. Eine ähnliche Diagnose ließe sich für Accardos Protagonisten stellen, der zwar mobil bleibt und verschiedene Arbeitserfahrungen macht; diese ändern jedoch nichts an seiner Situation der Prekarität und entfernen ihn allenfalls von seinem selbst gesetzten, aber nicht verfolgten Ziel eines Doktorats. 42 Der Roman endet mit einem Abschnitt, in dem die Anfangssätze des Romans aufgegriffen und leicht abgeändert werden. Hieß es zu Beginn «Tutti correvano, quell’inverno lì», kündigt der Ich-Erzähler nun den Frühling an: Tutti correvano, quella primavera lì, con i calzoncini corti e le magliette colorate, correvano lungo lo spazio tra l’argine e la strada intasata di macchine. Tutti correvano e si riempivano i polmoni di ossido di carbonio, di piombo, di benzene; correvano, a un palmo delle macchine in coda che riportavano a casa i lavoratori, dopo le otto ore di fabbrica o ufficio. Tutti correvano, felici, 36 Accardo 2006, p. 123. 37 Accardo 2006, p. 124. 38 Accardo 2006, p. 125. 39 Accardo 2006, p. 223. 40 Cf. Virilio 1990/ 1992. 41 Cf. Rosa 2010, pp. 38-40. 42 Es gibt meines Wissens keine Forschungsliteratur zu Accardos Text, der jedoch in allen einschlägigen Studien stets aufgeführt wird. Franco Carnevale widmet ihm ein paar mehr Zeilen und liest den Roman als «rendiconto di come la flessibilità-precariato, l’incertezza del futuro e l’impossibilità di lavorare con soddisfazione trasformino il corpo e la mente delle persone.» Carnevale 2006, p. 139. 263 <?page no="264"?> Cora Rok perché nell’aria s’annunciava già l’estate, e allora occorreva preparare i corpi, bisognava levigarli e modellarli, tonificarli e rassodarli, pronti per farli sfilare sulla spiaggia. Io non correvo, io camminavo e cercavo ’sto lavoro irraggiungibile, con addosso una sensazione di estraneità, come se una parte di me fosse stata altrove, come se all’improvviso mi fossi sdoppiato. Camminavo, con il corpo da una parte e la mente dall’altra [. . . ]. Allora anch’io mi mettevo a correre, ora dietro alle gambe e ora appresso ai pensieri. Qualche volta inciampavo. 43 So wie ein Jahreszyklus sich schließt und wieder neu beginnt, scheint auch für den Protagonisten ein weiteres Jahr zu beginnen, das dem vergangenen ähnelt. Er gefällt sich weiterhin in der Rolle, die Angepassten als verblendete Hamsterradläufer zu belächeln und sich selbst zum weisen Beobachter zu stilisieren, der eben gerade aufgrund seiner Fremdheit genug Distanz aufbringt, all jenes deutlich zu sehen, was auf der Welt falsch läuft - von der Umweltverschmutzung bis zum Fitness- und Schönheitswahn. Dass er seine Geschichte im Frühling enden lässt, kann jedoch positiv bewertet werden. Der Nebel ist verschwunden, der Gesundheitszustand des Protagonisten hat sich nach einem Krankenhausaufenthalt gebessert, obwohl er noch nicht ganz ‹bei sich› ist, «con il corpo da una parte e la mente dall’altra». In einer der letzten Szenen finden wir den Protagonisten am Bahnhof, den Marc Augé auch als «non-lieu» 44 bezeichnet hat, einem Transitort, an dem sich nicht verweilen lässt. Ob er sich für eine Richtung und Destination entscheiden und endlich ankommen wird, bleibt ungewiss. Accardos Roman demonstriert deutlich, wie eng Arbeit, sprich eine berufliche Identität, mit persönlicher Integrität verbunden ist. Der drift des nomadischen Arbeitssubjekts durch den Arbeitsmarkt, das, wie es Sennett beschrieben hat, 45 ziellose, erratische Sich-treiben-Lassen, ist nur von denjenigen gut zu bewältigen, die eine gewisse Kontingenz-Kompetenz mitbringen. Accardo bietet mit seinem Protagonisten ein Beispiel für das Scheitern an den Herausforderungen eines flexiblen Arbeitsmarktes sowie an den eigenen Versagensängsten. Seine Suchbewegungen sind weder in sich befriedigend, weil sie keine wertvollen Erfahrungen mit sich bringen, ja das Gefühl der Selbst- und Weltentfremdung stetig verstärken, noch führen sie ihn zu einem befriedigenden Ziel. Das Erreichen eines Endpunkts, das heißt, eine als sinnvoll empfundene Tätigkeit, die zugleich existenzsichernd und 43 Cf. Accardo 2006, p. 222f. 44 Cf. Augé 1992, p. 102. 45 Cf. Sennett 1998, p. 119. 264 <?page no="265"?> Arbeit(ssuche) als Mission nicht nur vorläufig ist, erscheint aussichtslos und für den Protagonisten außerhalb seiner Macht zu liegen. Seine Gelähmtheit und Unfähigkeit, aus der Routine seines ernüchternden Alltags auszubrechen, zeigen sich in der zirkulären und repetitiven Erzählstruktur. Ein Gegenbeispiel zu dieser Figurenkonzeption und Erzählstruktur bietet nun das Werk, das im Folgenden näher betrachtet werden soll. 4 Eine sinnlose Arbeitsmission als zielführende Bildungsreise - Gianni Amelios La stella che non c’è Mit seinem Roman La dismissione von 2002 hat Ermanno Rea, will man Paolo Chirumbolo folgen, eine Marke gesetzt und die Arbeitsliteratur in das neue Jahrtausend überführt. 46 Der Roman spiegelt wichtige Entwicklungen wider, wie den steten Rückgang von Arbeitsplätzen im sekundären Sektor und das Eindringen der nach den USA weltweit größten Wirtschaftsmacht China in den europäischen Markt, dokumentiert aber auch konkret die Stilllegung und Demontage des Stahlwerks Ilva di Bagnoli in Neapel in den Jahren 1992 bis 1994. Im Folgenden soll allerdings nicht der Roman im Fokus stehen, sondern der Film La stella che non c’è von Gianni Amelio, 47 bei dem es sich, wie es im Vorspann heißt, um eine freie Adaption des Buches handelt. 48 Protagonist ist der schätzungsweise 50-jährige ehemalige Techniker und Wartungsarbeiter Vincenzo Buonavolontà, der, wie Carlo Testa in seiner Analyse prägnant auf den Punkt bringt, 49 weder mit Hintergrundinformationen zu seiner Identität noch mit einem realistischen Namen eingeführt wird. Sein sprechender Name, der im Übrigen eine Variation des Namens von Reas Protagonisten, Buonacoro, darstellt, 50 verweist nicht nur auf seinen moralischen Charakter und seine Willensstärke; für Testa ist Vincenzo Buonavolontà «more of a metaphysical hero, one 46 Cf. Chirumbolo 2013, p. 44. 47 Cf. Amelio 2006. 48 Für eine Analyse des Romans cf. Marmo 2001. 49 Cf. Testa 2013, p. 132. 50 Marmo macht eine Namensverwandtschaft zwischen Reas Protagonisten Buonocore zu einer Figur («il grande Buonocore») aus Ottieris Roman Donnarumma all’assalto aus. Cf. Marmo 2001, pp. 155- 156. 265 <?page no="266"?> Cora Rok only endowed with a telos. A delirious latter-day Quixote» 51 , der von einer fixen Idee besessen ist, nämlich ein wichtiges Ersatzteil, das er eigens hergestellt hat, den neuen Besitzern des demontierten Hochofens zu überbringen. Es handelt sich um ein völlig irrationales Vorhaben, dessen Durchführung noch unrealistischer erscheint, als der nach China gereiste Buonavolontà erfährt, dass das Unternehmen, das den Kauf getätigt hat, nur als Mittler fungiert hat und der Verantwortliche, der für den Deal nach Italien gereist war, nun schon gar nicht mehr für das Unternehmen arbeitet. Doch Buonavolontà gibt sich nicht geschlagen; das Wörterbuch der chinesischen Dolmetscherin, das er bei dem Besuch der chinesischen Delegation in Italien eingesteckt hatte, gibt ihm Aufschluss, wo er das junge Mädchen, Liu Hua, finden kann. Wie es die märchenhafte Fügung will, findet er sie in der Bibliothek in Shanghai, wo sie ihm von ihrer Entlassung berichtet. Bei der Übersetzung seiner Warnung vor dem fehlerhaften Steuerungsmodul im Hochofen hatte sie sich ungeschickt gezeigt, und Buonavolontà hatte sie korrigieren müssen und damit bloßgestellt. Hier schließt sich der Kreis der Kündigungstrias; Buonavolontà hat seine Arbeit wegen der chinesischen Käufer verloren, der chinesische Käufer stellt sich als austauschbares Glied in seinem eigenen Unternehmen dar und wird entlassen, und Liu Hua macht Buonavolontà wiederum für ihren Jobverlust verantwortlich. Schnell wird deutlich, dass Machtpositionen temporär und eine Frage der Perspektive sind, und es wird eine Weile dauern, bis Buonavolontà und Liu Hua wahrhaftige Empathie für die Situation des Anderen - Liu Hua lässt ihren Sohn von ihrer Großmutter großziehen und benötigt dringend Geld, der starrsinnige Buonavolontà kann aus seiner Rolle als Wartungsarbeiter nicht ausbrechen - aufbringen. Testas Vergleich der beiden ungleichen Figuren zu Dante und Virgil ist insofern zutreffend, als dass Liu Hua zu Buonavolontàs Begleiterin wird und ihn auf seiner Suche nach dem Hochofen durch verschiedene Regionen Chinas führt, womit das Roadmovie beginnt. 52 Doch eigentlich hat für sie die Reise eine ganz individuelle Bedeutung; Buonavolontà stellt sie als Führerin ein, womit er sich an einer Entschädigung für den verlorenen Job als Dolmetscherin versucht. Was für Liu Hua als Arbeit beginnt, verwandelt sich bald in eine Herzensangelegenheit. Das, was als ein entfremdetes Verhältnis, als Geschäftsbeziehung begonnen hat, entwickelt sich zu einer Freundschaft, die im Einsatz von interkultureller Verständigung steht. 51 Cf. Testa 2013, p. 132. 52 Cf. Testa 2013, p. 132. 266 <?page no="267"?> Arbeit(ssuche) als Mission Während für Testa jedoch die Geschichte des Films nicht wirklich zu einem Abschluss kommt, das Thema des unaufhaltsamen Fortschritts durch die letzte Einstellung, in der Liu Huas Gesicht gezeigt wird, metonymisch umgesetzt werde, 53 muss doch betont werden, dass Buonavolontàs Mission - vor diesem Epilog - durchaus beendet wird und subjektiv von Erfolg gekennzeichnet ist. Ein einfacher Arbeiter erkennt schließlich, um was für ein Teil es sich handelt, das Buonavolontà wie eine Reliquie beschützt und zurück in das Heiligtum zu bringen gedenkt. Genau genommen sind es zwei Teile, aus denen das Modul besteht, die Buonavolontà mit den italienischen Worten dolce und tenace und den chinesischen Äquivalenten beschreibt. Die Kontraste stehen hier für die unterschiedlichen Kulturen, die ineinandergreifen und zu einem nützlichen Ganzen werden können. Der Arbeiter hat das Prinzip sofort verstanden, er nimmt Buonavolontà das Modul ab und fährt damit in das Areal des Stahlwerks hinein. Während Buonavolontà, geradezu selig (Abb. 1) durch die Anerkennung des Chinesen für seiner Hände Arbeit, die ihm die Nützlichkeit nicht nur des Gegenstandes, sondern auch seiner Person als passionierter und versierter Tüftler und auch Retter einer fehlfunktionierenden, möglicherweise gefährlichen Apparatur attestiert, seinen Rückweg antritt, wird der Zuschauer indes Zeuge, wie das Ersatzteil durch die Hände anderer Arbeiter wandert (Abb. 2) und schließlich auf einem riesigen Schrotthaufen landet. Abb. 1: Mission accomplished - Buonavolontà hat seine Suche nach dem Hochofen beendet. Abb. 2: Die chinesischen Stahlarbeiter haben keinen Bedarf für Vincenzos Modul. 53 «Liu Hua’s face remains, in the film’s concluding freeze frame, staring forever into an open emptiness: an excellent metonymy (the space in lieu of the person) to symbolize the openendedness of humanity’s collective destiny as it gets caught up in this extremely recent, earth-ripping novelty called industrial capitalism.» Testa 2013, p. 140. 267 <?page no="268"?> Cora Rok Betont Testa bei seiner Interpretation der Szene die Hybris der chinesischen Arbeiter, die sich im Besitz viel fortschrittlicherer Techniken wähnen 54 , so lässt sich doch einwenden, dass die Hybris zumindest auf beiden Seiten gesehen werden muss, ist der Europäer Buonavolontà immerhin zuerst dem Irrtum erlegen, dass es auf seine Expertise ankomme und seine Schöpfung von großem Wert sei. Wenn man die Szenen betrachtet, in denen technische Errungenschaften aus Europa und asiatische Lebenswelt in Szene gesetzt werden, so fällt auf, dass, obwohl die Singer- Nähmaschine und die Dampflok aus einem anderen Land und einer anderen Zeit stammen, Gerät und Transportmittel sich problemlos in die chinesische Kultur zwischen Tradition und Modernität einfügen. Zwar wird durch die Szene, in der der paternalistisch 55 auftretende Buonavolontà die Nähmaschine engagiert zu reparieren beginnt, suggeriert, dass der Europäer noch Sinn für Handarbeit hat und das Alte zu bewahren weiß. Dem gegenübergestellt werden allerdings Szenen, in denen sich nicht nur Hinweise für traditionelle Heimarbeiten finden (im Heimatdorf von Liu wird Wolle verarbeitet und werden Nudeln zum Trocknen aufgehängt), sondern auch Szenen, die ein chinesisches Fabrikareal zeigen, in dem die Familien der Arbeiter mit ihren Kindern kochen, spielen und schlafen. Hier wird betont, dass die Pflege der Arbeitsmittel und ihre Reparatur durchaus Anliegen der dort symbiotisch mit der Fabrik lebenden Menschen sind - eine Symbiose, die Buonavolontà allerdings als gefährlich einstuft. Der einer Liebesbeziehung gleichkommenden Verbindung von Mensch-Maschine, wie sie sich bei Buonavolontà zeigt, wird eine pragmatischere Bindung von Kollektiv-Maschine gegenübergestellt. Als Liu Hua (Abb. 3) und Buonavolontà (Abb. 4) von einem Dampfer absteigen und in die höher gelegene Stadt gelangen wollen, so entscheidet sich Buonavolontà gegen das schnellere Transportmittel, das die Massen mobilisiert (Abb. 5) und wendet, dabei äußerst selbstzufrieden, eigene Körperkraft auf. Statt einer Bergbahn nimmt er die Treppenstufen. Als er Liu Hua in eine (Arbeiter-)Unterkunft folgen soll (Abb. 6) und dabei auf den Fahrstuhl verzichten muss, der erst ab der 10. Etage und dann nur mit einem Ticket in Betrieb genommen werden kann, bedauert er allerdings, dass ihn die Technik hier nicht schneller und bequemer zu seinem Ziel 54 Cf. Testa 2013, p. 141. 55 Zum Thema westlicher Herablassung und östlicher Ignoranz sowie dem Genderaspekt cf. den Aufsatz Chu 2019. 268 <?page no="269"?> Arbeit(ssuche) als Mission bringt. Die Integration von Technik in den Alltag und der Verzicht auf sie stellt mitunter eine Gewohnheit dar. Abb. 3: Liu Hua wird vom Strom der Passagiere in die Gondel gedrängt. Abb. 4: Buonavolontà wählt die Treppen. Abb. 5: Eine Bergbahn, die die Schiffspassagiere vom Landesteg in die Stadt transportiert. Abb. 6: Mehrstöckiges Wohnhaus - hier fährt der Aufzug erst von der 10. Etage ab. Grundsätzlich prallen in dem Film zwei Geschwindigkeiten aufeinander; Buonavolontà, der in den ersten Szenen des Films, die in Italien spielen, die chinesischen Käufer dazu ermahnt, den Hochofen sensibel und langsam, ohne die Hilfe des Schweißgeräts, zu demontieren, ist frappiert, als er beim Betreten des Fabrikareals entdeckt, dass der komplette Hochofen bereits vollständig binnen kürzester Zeit entfernt wurde. In der letzten Szene des Films, in der sich Buonavolontà einer kleinen Bahnhofsstation nähert, ruft ihm ein älterer Chinese mehrfach zu, er solle schneller laufen. 56 Buonavolontà zeigt aber keine Eile und lässt den Zug, eine Dampflok, Sinnbild der ersten mit fossiler Energie angetriebenen Maschine, an sich vorbeiziehen. Dem Ideal der Schnelligkeit setzt Buonavolontà das der Besonnenheit und Präzision entgegen, was insbesondere in der Szene deutlich wird, in 56 Ich danke Keli Du für die Übersetzung einiger Passagen. 269 <?page no="270"?> Cora Rok der er das Modul herstellt. Der Vorgang wird ästhetisch inszeniert; jeder gleichmäßigen und ruhigen Bewegung der Maschine von oben nach unten bzw. von links nach rechts entspricht eine Bewegung der langsam gleitenden Kamera von rechts nach links bzw. unten nach oben. Die Maschine macht kaum Geräusche, zu hören sind lediglich hohe Streicherklänge. Buonavolontà wählt jede Schraube mit Bedacht, verfolgt jeden Prozess mit großer Achtsamkeit. Er ist kein gewöhnlicher Arbeiter, er ist kreativ. Diese Inszenierung von Fabrikarbeit gleichsam als Handwerk kontrastiert mit Bildern aus Filmen wie La classe operaia va in paradiso (1971) von Elio Petri, in der die Arbeit mit Maschinen geräuschvoll und durch eine hektische Montage, in der unterschiedliche Einstellungsgrößen miteinander kombiniert werden, dargestellt wird. Gerade deswegen ist mit Reas Roman und Amelios Film eine neue Marke in der Repräsentation von Industriekontexten erreicht; es geht nicht mehr um die Ausbeutung der Arbeiterklasse, die Monotonie der Fließbandarbeit. Die letzten Überlebenden einer industriellen Epoche, die tatsächlich noch an ihrer Arbeit hängen, sind diejenigen, die sich noch als wichtige Glieder einer Wertschöpfungskette betrachten, Auslaufmodelle wie Buonavolontà, die allerdings ihren individuellen Nutzen überschätzen. Testas Urteil über Amelios «metaphysical meditation on the human condition» kann auch nur bedingt zugestimmt werden: one can detect no despair in Amelio’s metaphysical meditation on the human condition; possibly, just a touch of Camusian révolte. How so? Even if the persuasion of having accomplished our duty should retrospectively turn out, in absolute terms, to have been a fallacious one, this condition at least gives a sense to our lives while we live them and therefore proves to be, although factually ineffective, certainly not useless for us in our lives. 57 Testa hat recht, es handelt sich nicht um einen Film, der Hoffnungslosigkeit ausstrahlt. Ganz im Gegenteil, Buonavolontàs Entwicklung von einem eigenbrötlerischen, starrsinnigen Einzelgänger zu einem sozialen Menschen, der sich von Vorteilen und alten Gewissheiten verabschiedet und sich für Neues öffnet, zeichnet ein positives Menschenbild. Der Vergleich zu Camus, der in Sisyphos’ Handlung, einen Stein immer wieder aufs Neue den Berg hochzurollen, und in seiner Identifizierung mit dieser Aufgabe die révolte schlechthin erkennt, hinkt aber insofern, als Buonavolontà der Sinnlosigkeit seines Unterfangens gar nicht ins Auge blickt. Sei- 57 Testa 2013, p. 141. 270 <?page no="271"?> Arbeit(ssuche) als Mission ne lange und mitunter auch beschwerliche Reise ist für ihn ja gerade sinnvoll gewesen, weil er seine Arbeit vollenden konnte. Den bewegten Bildern, die den gesamten Film durchziehen - Amelio setzt diverse Transportmittel, ein Schiff, einen Bus, einen LKW, einen Jeep, eine Ape in Szene, um die Weiterfahrt Buonavolontàs abwechslungsreich zu gestalten -, folgt eine zweieinhalb-minütige Einstellung (TC: 1: 30: 19-1: 32: 27), in der Buonavolontà in einer Nahaufnahme gezeigt wird, wie er augenscheinlich seine Mission verarbeitet und schließlich zu schluchzen beginnt. Abb. 7: Buonavolontà auf der Fähre - noch in Bewegung, aber nach erfolgreich beendeter Mission zur Ruhe gekommen. Abb. 8: In einer zweieinhalbminütigen Einstellung wird Buonavolontà in Nahaufnahme gezeigt. Zu sehen ist Buonavolontà auf einer kleinen Fähre auf einem Gewässer, der Horizont scheint in weiter Ferne, wir können nicht ahnen, zu welcher Seite hin Buonavolontà übersetzen wird, alle Wege scheinen nun offen (Abb. 7). Die Parallele zu Dante ist hinfällig; während in der Divina Commedia die Reise für Dante mit dem Betreten von Charons Fähre und der (in Ohnmacht zugebrachten) Überfahrt über den Acheron erst beginnt, da er in Folge den ersten Kreis der Hölle betritt, ist Buonavolontàs Quest hier zu Ende. Doch warum der ernsthafte Blick und die Tränen nach der anfänglichen Heiterkeit, die auf die Übergabe des Ersatzteils folgte? Hat er sich die Sinnfrage doch gestellt? Sind es Tränen der Erleichterung, der Erschöpfung, die sich nach dem Kampf gegen die Windmühlen einstellt? Tränen der Dankbarkeit? Schließlich hat ihn sein Verantwortungsgefühl dazu gebracht, eine erfahrungsreiche Reise zurückzulegen und dabei persönlich zu wachsen, sodass ihm allein schon der Weg als das Ziel erscheinen müsste 58 . Wenn überhaupt, ist Buonavolontà aus einer Art purgatorio herausgetreten, er erscheint geläutert und 58 Stefano Bona spricht auch von einem «filmed Bildungsroman». Cf. Bona 2014, p. 50. 271 <?page no="272"?> Cora Rok befreit. Allerdings muss er sich nun neu orientieren. Eingespielt wird ein sanfter Chorgesang, der dank seiner repetitiven Melodie an ein Kinderlied erinnert; das Stück, das von Wang Luobin, einem chinesischen Musiker des 20. Jahrhunderts, komponiert wurde und auf einem uigurischen Volkslied basiert 59 , ist im Verlauf des Films häufiger zu hören, jedoch hier in seiner gesamten Länge. Es handelt sich um einen Minnesang. Abgesehen davon, dass das Stück ein Beispiel für die Modernisierung tradierten Kulturguts abgibt, könnte die Wahl auch darin begründet liegen, dass damit indirekt auf amouröse Beziehungen angespielt wird, die in dem gesamten Film eine völlig untergeordnete Rolle spielen, wenngleich sich zwischen Buonavolontà und Liu Hua eine gefühlsmäßige Beziehung anzubahnen scheint. Dass sich Buonavolontà vor Liu Hua, die er in der letzten Szene des Films zufällig an einem Bahnhof trifft - eine interessante Überschneidung mit dem Roman von Accardo -, bereiterklärt, ihrem Sohn das kaputte Plastik-Spielzeug mit einem blinkenden Stern 60 durch ein neues zu ersetzen, könnte als Hinweis darauf gelesen werden, dass er von seiner Ideologie, der eines Handwerkers, der den Schöpferstolz kennt, Abstand gewonnen hat und sich den Gegebenheiten anpasst (wiewohl er sich einen Kommentar über die Wegwerfgesellschaft nicht verkneifen kann). Nicht alles kann und muss repariert werden, und nicht für alle Reparaturen wird der Europäer gebraucht. Dass er die Genialität und die Wichtigkeit seiner Schöpfung nicht mehr über alles stellt, ist auch bereits in einer früheren Szene deutlich geworden, in der er das Modul Lius Sohn als Spielzeug überlässt. Liu, die gelernt hat, die fixe Idee des Italieners zu respektieren, und ihren Sohn auszuschimpfen beginnt, stößt auf einen sanften Buonavolontà; der Junge habe schon kapiert, wie die Teile zusammengehören, er könne ruhig damit spielen. Buonavolontà hat Vertrauen geschöpft in die Zukunft, auch wenn sie von den Chinesen mitgestaltet wird. 59 Die englische Version des Stücks The Half-moon Is Arising kann unter folgendem Link angehört werden: https: / / youtu.be/ Ya_LIJnKPuM (20.09.23) Ich danke Keli Du für den Hinweis. 60 Der Stern aus dem Titel des Films findet sich nur in Form des Spielzeugs gespiegelt. Liu Hua und Buonavolontà unterhalten sich über die chinesische Flagge und die Bedeutung der darin abgebildeten Sterne, die für «onestà, pazienzia, giustizia, soldarietà» stehen würden, wie die Chinesin erklärt. Er habe etwas anderes gehört, antwortet der Italiener, aber es fehle ja schließlich immer etwas. Genau dieses Fehlen, so ließe sich seine Aussage weiterdeuten, kann eine Suchbewegung initiieren - eine nie abgeschlossene Suchbewegung, an deren Ende Vollkommenheit steht. 272 <?page no="273"?> Arbeit(ssuche) als Mission 5 Schlussbetrachtung Auch wenn die Mission, die Buonavolontà antreibt, eine eingebildete ist, so hat er doch ein konkretes Ziel. Seine Geschichte, die sich in Etappen vollzieht, die Fortschritt und einen Lernprozess erkennen lassen, nimmt sich darum als Erfolgsgeschichte - wenn auch nur subjektiv, für ihn selbst - aus. Während auf Bildebene die Mobilität von Amelios Protagonisten durch die Inszenierung verschiedener Transportmittel gestützt wird, spiegelt sich die Lähmung von Accardos Protagonisten formal in der zirkulären Struktur des Romans sowie in der repetitiven sprachlicherzählerischen Gestaltung wider. In beiden Werken ist der Kontrast zweier Lebenstempi ausschlaggebend: Bei Amelio wird der Vergleich zwischen den progressiven Chinesen und den konservativen Europäern gezogen, bei Accardo zwischen unterschiedlichen Gruppierungen der italienischen Leistungsgesellschaft, den erfolgreichen Aktiven und den gescheiterten Zwangsentschleunigten. Den jeweiligen Herausforderungen begegnen die Protagonisten auf unterschiedliche Art und Weise. Die Entschlossenheit, die Buonavolontà wider rationale Überlegungen an den Tag legt und die ihn zum Ziel und hin zu seiner persönlichen Befriedigung führt, zeigt sich zwar auch in ihrer negativen Form als Starrsinn. Schlussendlich kommt es aber zu einer interkulturellen und auch konkret freundschaftlichen, solidarischen Annäherung und damit zu einer Überwindung der exzentrischen Position des anfänglich hochmütigen Einzelgängers. Seine Arbeitsmission, für die er noch als Entlassener die finanziellen Mittel eigenes aufzubringen scheint, entpuppt sich als Bildungsreise. Das Gegenteil ist bei Accardo der Fall. Seinem Protagonisten mangelt es nicht nur an finanzieller Sicherheit, sondern auch an Entschlossenheit, er fühlt sich mehr und mehr in die Isolation gedrängt, seine Existenzangst verdichtet sich zu einer pathologischen Depression und Paranoia. Dabei ist er allerdings in der Lage, Kritik an einem System zu üben, in dem diejenigen auf der Überholspur, die sich wenig solidarisch zeigen, belohnt werden. Aus dem Zyklus der sich selbst verstärkenden Ohnmacht und Entfremdung, so die wenig erbauliche Botschaft des Romans, gibt es kein Entrinnen. Damit ordnet sich Accardos Protagonist in die Reihe der Figuren aus den «storie di precariato» ein, die sich als Gescheiterte erleben und keine bis kaum Resonanzerfahrungen - weder im beruflichen, noch in emotionalen Kontext - machen. Während Amelio einen Arbeitnehmer-Typus des vorigen Jahrhunderts in Szene setzt - den Typus Arbeitnehmer, der zeit seines Lebens auf einer festen Stelle Tätigkeiten ausgeübt hat, für die er ausgebildet wurde 273 <?page no="274"?> Cora Rok und in denen er eine Expertise erlangen konnte - und eine Geschichte von der Transformation des produzierenden Gewerbes erzählt, spiegelt sich in Accardos Roman die Situation auf dem Arbeitsmarkt zu Beginn des 21. Jahrhunderts in Italien wider, wo eine hohe Ziffer von Arbeitslosen, darunter akademisch gebildete Personen, verzeichnet werden konnte. Auch spricht aus ihm der Unmut, der viele junge Akademiker in dieser Periode dazu bewogen hat, Texte zu verfassen, in denen nicht nur undefinierte Berufsprofile nach einem geisteswissenschaftlichen Universitätsstudium problematisiert werden. Ebenso die Diskrepanz zwischen der Erwartung derer, die sich als Geistesarbeiter verstehen und im Lesen, Schreiben und Interpretieren geschult wurden, und ihren Berufsaussichten - Minijobs, in denen ganz andere Kompetenzen gefordert werden - werden vor Augen geführt. Eine Parallele ließe sich hier noch zu der Figur Liu Hua in Amelios Film ziehen; wie Accardos Protagonist arbeitet und lebt sie prekär, als Mutter, deren Kind bei der Großmutter aufwachsen muss, ist sie allerdings auf der Belastungsskala noch viel höher angesiedelt. Sowohl Roman als auch Film verhandeln schlussendlich ganz grundsätzliche Fragen: Wie viel Einfluss hat die Arbeit, die nicht nur existenzsichernd, sondern identitätsbildend und sinnstiftend ist, auf den Menschen? Inwieweit wirkt sie sich aktivierend, inwieweit hemmend aus? Und wie ist mit ihrer Abwesenheit umzugehen? Die in den letzten Jahrzehnten erschienenen Texte und Filme, in denen Figuren innerhalb neuer Arbeitswelten portraitiert werden, geben auf jeden Fall interessante Antworten darauf, über die es sich lohnt, weiter nachzudenken. Bibliographie Quellen Accardo, Giovanni (2006): Un anno di corsa, Milano. Amelio, Gianni (2006): La stella che non c’è, DVD: Frenetic. Bajani, Andrea (2006): Mi spezzo ma non m’impiego. Guida di viaggio per lavoratori flessibili, Torino. 274 <?page no="275"?> Arbeit(ssuche) als Mission Raimo, Christian (2009): «Sono come tu mi vuoi», in: Carola Susani [et al.] (a cura di): Sono come tu mi vuoi. Storie di lavori, Roma, pp. 3-8. Forschungsliteratur Augé, Marc (1992) : Non-lieux. Introduction à une anthropologie de la surmodernité, Paris. Boltanski, Luc / Chiapello, Ève (1999) : Le nouvel esprit du capitalisme, Paris. 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Mentre Amelio mette in scena un tipo di lavoratore del secolo scorso - il lavoratore che per tutta la sua vita ha svolto attività in un luogo fisso per le quali è stato formato e nelle quali ha acquisito competenza - e narra la storia della trasformazione del settore produttivo alla soglia del XXI secolo, nel romanzo di Accardo si riflette la situazione del mercato del lavoro all’inizio del XXI secolo in Italia, in cui si registrava un elevato numero di disoccupati, tra cui individui con formazione accademica. Entrambi i personaggi sono alla ricerca di qualcosa, e per entrambi la mobilità riveste un’importanza cruciale. Tuttavia, la ricerca di lavoro del protagonista senza nome di Accardo che non sa identificarsi si svolge in un movimento circolare privo di progresso sia dal punto di vista professionale che personale. D’altra parte, l’identificazione forte del protagonista di Amelio con il suo lavoro passato è la motivazione che lo spinge a intraprendere il suo viaggio in Cina, che, sebbene inizialmente sia stato concepito come una missione per raggiungere un obiettivo lavorativo, si trasforma infine in una ‹Bildungsreise›. Dal punto di vista visuale, la mobilità del protagonista di Amelio è sostenuta dalla rappresentazione di vari mezzi di trasporto che lo portano avanti costantemente, mentre nell’opera di Accardo l’immobilismo del protagonista si riflette nella struttura circolare del romanzo e nella ripetitività della narrazione. Biobibliografisches Profil: Cora Rok ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Romanischen Seminar der Universität Heidelberg. 2019 wurde sie an den Universitäten Bonn, Florenz und Paris-Sorbonne mit einer Arbeit zu Formen der Entfremdung in der italienischen Gegenwartsliteratur promoviert. Aktuell arbeitet sie an ihrem Habilitationsprojekt zum Thema Scham in der französischen Literatur des 19. Jahrhunderts. 277 <?page no="278"?> BUCHTIPP Der Band bietet eine Überarbeitung eines Teils der Beiträge, die im Rahmen der Sektion Fachdidaktik des XII. Kongresses des deutschen Italianistenverbands vom 10. bis 12. März 2022 an der Ludwig-Maximilians-Universität München abgehalten wurden. Das Thema Movimenti - Bewegungen wird im Hinblick auf das Lehren und Lernen der italienischen Sprache behandelt, wobei interessante Überlegungen und nützliche Anregungen zu Theorie und didaktischer Praxis angeboten werden. Unter den vielfältigen Perspektiven, die sich dabei herauskristallisiert haben, wird Bewegung u. a. als Zirkulation von Ideen, als Kombination von Ansätzen in mehrsprachigen Aufgaben, als Austausch in virtuellen Räumen, als literarische Reise sowie als intertextueller und interkultureller Weg verstanden, um grundlegende Inhalte im Zusammenhang mit der Geschichte, Kultur und Gesellschaft Italiens zu behandeln. Domenica Elisa Cicala / Andrea Klinkner (Hrsg. / A cura di) Movimenti - Bewegungen I Akten der Fachdidaktischen Sektion des Deutschen Italianistentags 2022 Italianistica: Testi e Strutture - Strukturen und Texte, Vol. 1 1. Auflage 2025, 306 Seiten €[D] 68,00 ISBN 978-3-381-13031-3 eISBN 978-3-381-13032-0 Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany \ Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="279"?> BUCHTIPP Die Vielschichtigkeit des Begriffs der ‚Bewegung‘ zeigt sich nicht zuletzt in den Lesarten, die bereits in den ersten lexikographischen Werken festgehalten wurden. Die zwölf Beiträge in diesem Band illustrieren diese Vielschichtigkeit über drei Themenbereiche hinweg: Der erste Bereich betrifft die Bewegung von Einheiten innerhalb des Sprachsystems in morphologischer, syntaktischer und textueller Hinsicht; der zweite beschäftigt sich mit den Bewegungen von Wörtern und Texten im Raum, währen sich der dritte mit soziolinguistischen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Bewegung von Individuen befasst. Das Ergebnis ist ein Profil des Italienischen, dessen wesentliche Merkmale sich über seine ganze Geschichte hinweg und aus je verschiedenen Perspektiven immer wieder mit ‚Bewegung(en)‘ ganz unterschiedlichen Typs fruchtbar in Beziehung setzen lassen. Ludwig Fesenmeier, Tania Paciaroni, Sarah Dessì Schmid (Hrsg. / A cura di) Movimenti - Bewegungen III Akten der Sprachwissenschaftlichen Sektion des Deutschen Italianistentags 2022 Italianistica: Testi e Strutture - Strukturen und Texte, Vol. 3 1. Auflage 2025, 294 Seiten €[D] 68,00 ISBN 978-3-381-13051-1 eISBN 978-3-381-13052-8 Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany \ Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="280"?> ISBN 978-3-381-13041-2 Der vorliegende Band, der auf den 2022 an der Ludwig-Maximilians-Universität München veranstalteten 12. Deutschen Italianistentag zurückgeht, versammelt überarbeitete Fassungen der Vorträge, die unter dem Thema Movimenti - Bewegungen im Rahmen der literaturwissenschaftlichen Sektion gehalten wurden. In diesem Kontext meint der Begriff zum einen konkrete Bewegungen im Raum: Dies zeigen etwa die Beiträge zur (Arbeits-) Migration in der Literatur oder zur Rolle der Eisenbahn in Lyrik und Narrativik. Zum anderen wird das Konzept ,Bewegung‘ in Literatur und Literaturwissenschaft selbstverständlich auch im übertragenen Sinn gebraucht und kann - beispielsweise - eine literarische oder philosophische Strömung meinen, aber ebenso die Bewegung von Texten, die von anderen Texten ,weitergeschrieben‘ werden, oder von einzelnen Episoden und Motiven, die aus einem Text in andere ,weiterwandern‘.