Revolution am Arbeitsplatz
Wie wir in Zukunft arbeiten werden
0808
2022
978-3-7398-8094-5
978-3-7398-3094-0
UVK Verlag
Gerald Pilz
10.24053/9783739880945
Das Buch informiert anschaulich über die Entwicklungen und Studien im Bereich neuer Arbeitsformen.
Der Autor spannt dabei den Bogen von New Work und Arbeiten 4.0 sowie Home Office und Remote Work über die Zunahme der Digitalen Nomaden bis hin zur Gig Economy in der Weltwirtschaft.
Konkrete Fallbeispiele und innovative Ansätze aus aller Welt geben einen Einblick in diese spannenden Themen.
Das Buch richtet sich in erster Linie an Fachkräfte im Personalbereich und Führungskräfte in Unternehmen und anderen Organisationen.
<?page no="0"?> Gerald Pilz Revolution am Arbeitsplatz Wie wir in Zukunft arbeiten werden <?page no="1"?> Revolution am Arbeitsplatz <?page no="2"?> Dr. Dr. Gerald Pilz ist Dozent an deutschen Hochschulen und Autor zahlreicher Bücher über Finanz- und Managementthemen. <?page no="3"?> Gerald Pilz Revolution am Arbeitsplatz Wie wir in Zukunft arbeiten werden UVK Verlag · München <?page no="4"?> Umschlagabbildung: © iStock, twinsterphoto Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.dnb.de> abrufbar. 1. Auflage 2022 DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783739880945 © UVK Verlag 2022 - ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISBN 978-3-7398-3094-0 (Print) ISBN 978-3-7398-8094-5 (ePDF) ISBN 978-3-7398-0568-9 (ePub) <?page no="5"?> Vorwort Neue Formen des Arbeitens gewinnen immer mehr an Bedeutung und prägen die Arbeitswelt in zunehmendem Maße. Das Homeoffice konnte sich erst mit der Pandemie großflächig durchsetzen und hat die Art und Weise, wie wir in Zukunft arbeiten wollen, grundlegend verändert. Flexibles und ortsunabhängiges Arbeiten wird zu einem Qualitätsmerkmal eines Arbeitsplatzes, der mehr Selbstverwirklichung, Dynamik und Abwechslung bietet. Angesichts des akuten Fachkräftemangels, der sich zunehmend in mehr Branchen ausbreitet, und der angespannten konjunkturellen Lage wird es für viele Unternehmen zu einer Frage der Wettbewerbsfähigkeit und des Überlebens, ob sie in der Lage sind, genügend hochqualifizierte und motivierte Fachkräfte zu finden. Inzwischen gilt es in manchen Branchen als selbstverständlich, dass Tätigkeiten an fünf Tagen in der Woche „remote“ ausgeführt werden. Denn diese Arbeitsform ermöglicht es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch an Orten tätig zu werden, die kostengünstiger sind. Insbesondere in ländlichen Regionen ergeben sich erhebliche Einsparmöglichkeiten, was beispielsweise die Höhe der Miete und die Verfügbarkeit von größeren Wohnungen und Häusern anbelangt. Durch das Homeoffice entfällt das teure und das zeitaufwändige Pendeln, das aufgrund der steigenden Spritpreise Haushaltseinkommen überdurchschnittlich belastet. Etliche Unternehmen und Behörden sträuben sich indes noch, das Homeoffice flächendeckend einzuführen und die neuen flexiblen Formen anzuerkennen. Nicht wenige fürchten einen Mangel an Produktivität und Effizienz. Doch der Arbeitsmarkt wird immer mehr zu einem Arbeitnehmermarkt, in dem Wechselwillige bessere Chancen suchen und durchsetzen können. Die Diskussion um neue Arbeitsformen gewinnt daher an Bedeutung. Längst genügt es nicht mehr, nur höhere Gehälter anzubieten. Da die Babyboomer-Generation allmählich in den Ruhestand geht, kommt es zu einem demografischen Ungleichgewicht, das der jüngeren Generation einen größeren Verhandlungsspielraum verschafft. Unternehmen, die ernsthaft glauben, ein Obstkorb würde diese Bedürfnisse befriedigen, kennen die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt nicht. Längst gibt es eine Vielzahl an Ideen, wie eine moderne und zukunftsträchtige Arbeitswelt im 21. Jahrhundert aussehen könnte. Dies beginnt <?page no="6"?> 6 Vorwort beim Hund, den man ins Büro mitbringt, über das Dienstfahrrad, unbegrenzten Urlaub, Ortsunabhängigkeit und den Einsatz von Freelancern. Projektbezogenes Arbeiten ist ebenso ein Symptom der neuen Arbeitswelt wie fluide Organisationen, in denen die klassische Abgrenzung zwischen festangestellten Fachkräften und freiberuflichen Experten verschwimmt. Eine weltweite, zeitzonenübergreifende Kooperation ist ebenso selbstverständlich wie agiles Projektmanagement. Dieses Buch stellt Ihnen die unterschiedlichen Ansätze vor, die die Arbeitswelt von morgen bestimmen werden. Kornwestheim, Juli 2022 Dr. Dr. Gerald Pilz <?page no="7"?> Inhalt Vorwort ..................................................................................................................... 5 Die Rolle von Remote Work im 21. Jahrhundert .............................. 9 Was ist Remote Work? Zwischen Telearbeit und Homeoffice ......... 16 Homeoffice-Regelungen ................................................................................. 21 Beispiele für die Einführung von Remote Work .................................... 29 New Work und Arbeiten 4.0 ........................................................................ 35 Neue Arbeitszeitmodelle ................................................................................ 43 Freelancing und Crowdworking .................................................................. 50 Die Digitalisierung und kollaboratives Arbeiten ................................... 53 Design Thinking und New Work ................................................................ 60 Sharing Economy und New Leadership .................................................... 61 Freelancing und Clickworking ..................................................................... 65 Der Angestelltenjob und das Großraumbüro .......................................... 66 Die Plattformökonomie ................................................................................. 71 Vor- und Nachteile der Plattformökonomie ............................................ 79 Digitale Tagelöhner und Crowdsourcing ................................................. 81 Digitale Transformation ................................................................................. 92 Blockchain und Plattformökonomie........................................................... 97 Agiles Projektmanagement ........................................................................... 99 Postwachstumsökonomie und Arbeitssouveränität............................ 105 Bedingungsloses Grundeinkommen......................................................... 112 Organisationale Entwicklung und New Work ................................ 117 Neue Lernformen in agilen Organisationen .......................................... 129 Learning Analytics ......................................................................................... 142 Learning Design und Content Curation ................................................. 144 Fazit........................................................................................................................ 147 Stichwortverzeichnis .................................................................................... 150 <?page no="9"?> Die Rolle von Remote Work im 21. Jahrhundert <?page no="11"?> Mit der Pandemie wurde das Homeoffice zum ersten Mal für viele Millionen Menschen Realität. Einige empfanden die neue Freiheit und Unabhängigkeit als angenehm und hilfreich, während andere Arbeitnehmer sich schwertaten und unter der zunehmenden Isolation und der ungewohnten Situation litten. Auch die Unternehmen war zwiegespalten: Einige sahen in der neuen Arbeitsweise die Chance, Kosten für Büroräume zu sparen, während andere gravierende Produktivitätseinbußen befürchten. Andere wiederum sahen darin die Möglichkeit, ihr Unternehmen grundlegend zu modernisieren und neue innovative Arbeitsformen zu etablieren. Mittlerweile ist Remote Work, wie der Überbegriff für alle Formen des Homeoffice lautet, aus der heutigen Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken. Etliche Unternehmen, die sich bislang noch weigern, diese neue Arbeitsform einzuführen und Vorbehalte geltend machen, werden früher oder später von dieser Einstellung abrücken. Denn immer mehr Arbeitnehmer haben während der Pandemie erkannt, wie vorteilhaft, bequem und hilfreich es ist, von zuhause aus zu arbeiten und eigenständig und souverän Projekte zu erledigen. Ein Großteil der Unternehmen wird deshalb früher oder später dazu übergehen, flexible Formen der Arbeitsorganisation einzuführen, die mehr Eigenständigkeit, Selbstverantwortung und Arbeitssouveränität zulassen und den Mitarbeitern größere Freiräume zubilligen. Doch es gibt noch etliche kleine und mittelständische Unternehmen, die die Zeichen der Zeit nicht erkennen wollen. Diese Unternehmen, die beharrlich an den herkömmlichen Strukturen und der Präsenzpflicht festhalten, werden langfristig scheitern, denn angesichts des technologischen Wandels, der immer schneller voranschreitet, ist es heutzutage überhaupt nicht mehr verständlich, dass Unternehmen wie im 19. Jahrhundert jeden einzelnen Schritt kontrollieren und beaufsichtigen wollen. Im Zeitalter des Cloudmanagements und der dynamischen und flexiblen Arbeitsformen, der agilen Projektorganisation und moderner Führungsmodelle wie Shared Leadership ist es völlig unverständlich, dass sich mancher Vorgesetzte dem Homeoffice auf irrationale Weise widersetzt. Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels werden solche obsoleten Strukturen nicht mehr länger akzeptabel. <?page no="12"?> Aufgrund des demografischen Wandels, der den Arbeitsmarkt zunehmend prägt und zu einem eklatanten Fachkräftemangel führt, wird es unerlässlich sein, sich an den Bedürfnissen und Wünschen der Arbeitnehmer zu orientieren, um ein optimales und förderliches Betriebsklima zu schaffen. Ein tayloristisch organisiertes Unternehmen, das jeden Arbeitsschritt bis ins Detail vorschreibt, wird auf wenig Resonanz stoßen und auf dem Arbeitsmarkt als rückständig wahrgenommen werden. Die Reputation des Unternehmens ist daher entscheidend für den Erfolg. Niemand möchte acht Stunden in einem Unternehmen verbringen, das es noch nicht einmal für nötig hält, Remote Work einzuführen, weil es insgeheim den Mitarbeitern und deren Leistungen misstraut und die uneingeschränkte Kontrolle behalten möchte. Arbeitnehmer, die längst die vielfältigen Vorzüge des häuslichen Arbeitsplatzes erkannt haben und zu schätzen wissen, werden sich schnell umschauen und einem anderen Unternehmen den Vorzug geben. Wer schon erfolgreich Homeoffice eingeführt hat, wird sehr rasch feststellen, dass auch Arbeitnehmer, die nicht ständig beaufsichtigt werden, erfolgreich und zielstrebig arbeiten. Man hat mehr Freiräume und kann wesentlich schneller und zielorientierter arbeiten. Gerade durch die Fahrt zum Arbeitsplatz geht viel Zeit verloren, zumal in Großstädten Staus den Verkehr prägen, wodurch es zu erheblichen Verspätungen kommt. Durch die Arbeit von zuhause aus ist es sofort möglich, mit der Arbeit zu beginnen, und man kann durch das vertraute Umfeld auch mehr Selbstsicherheit gewinnen. Darüber hinaus ergeben sich in Anbetracht der steigenden Inflation enorme Kosteneinsparungen, und die Reduzierung des Pendelns trägt zum Klima- und Umweltschutz bei. So ist es im Homeoffice auch für Familien möglich, die Kinder zumindest teilweise nebenher zu betreuen, und man befindet sich im gewohnten und vertrauten Umfeld und hat mehr Möglichkeiten, eigenständig zu arbeiten. Die Kräfte, die das häusliche Arbeiten in der historischen Ausnahmesituation der Pandemie freigesetzt hat, werden häufig unterschätzt. Daher wäre es wünschenswert, wenn immer mehr Unternehmen erkennen würden, dass das Homeoffice keineswegs ein Freibrief für Nachlässigkeit, Freizeit und mangelnde Motivation ist, sondern eine herausragende und einmalige Chance, um mehr Innovation und mehr Produktivität zu erzielen. Etliche Mitarbeiter, die zu Hause arbeiten, können sich eigenständig Ziele setzen und sind wesentlich fleißiger. Es wird sich herausstellen, dass die Produktivität durch das Arbeiten von <?page no="13"?> zuhause aus erheblich steigt und dadurch neue Leistungsniveaus erreicht werden. Im 21. Jahrhundert ist es selbstverständlich, dass Mitarbeiter in der Lage sind, sich eigenständig Arbeitsziele zu setzen und diese in der Praxis umzusetzen. Mitarbeiter, die im Homeoffice miserable oder unterdurchschnittliche Ergebnisse erbringen und immer mehr zurückfallen, sind häufig ein Symptom für ein Unternehmen, das schon längst den Anschluss an das 21. Jahrhundert verloren hat und nicht mehr in der Lage ist, mit der technologischen Entwicklung Schritt zu halten. Insofern sollte sich ein solches Unternehmen fragen, welche Mitarbeiter es eigentlich rekrutiert hat und wie es um die Arbeitsmotivation und die Leistungsfähigkeit der Belegschaft bestellt ist. Es ist eine verhängnisvolle Illusion und ein gefährlicher Irrtum zu glauben, dass Leistungsdefizite nur im Homeoffice auftreten. Wer Mitarbeiter beschäftigt, die zu Hause ihre Arbeit vernachlässigen, weil sie nicht mehr beaufsichtigt werden, hat wahrscheinlich ein veraltetes Unternehmensmodell, das ohne Drill und eine strikte Kommandostruktur nicht auskommt. Insofern sollte man sich umgehend die Frage stellen, ob ein solches Unternehmen nicht schon längst dem Untergang preisgegeben ist. Kein Unternehmen kann es sich leisten, Mitarbeiter zu beschäftigen, die zu Hause ihre Arbeit vernachlässigen und ohne Aufsicht nicht in der Lage sind, eigenverantwortlich anspruchsvolle Projekte zu bearbeiten. In der heutigen Arbeitswelt ist es eigentlich selbstverständlich, dass Mitarbeiter intrinsisch motiviert sind, selbstgesteuert die nächsten Arbeitsschritte bewältigen und eigene Ideen zur Problemlösung entwickeln. Niemand braucht heutzutage mehr einen Aufseher; insbesondere hochqualifizierte Mitarbeiter werden es eher als grotesk empfinden, wenn sie unentwegt kontrolliert und beaufsichtigt werden. Angesichts des technologischen Fortschritts ist heute kollaboratives Arbeiten gefragt, bei dem sich jeder selbst einbringt und eigene Lösungsansätze realisiert. Auch die Verwendung moderner Softwaretools, die die Zusammenarbeit unterstützen und Projekte voranbringen, gilt heute als selbstverständlich. Unternehmen, die das immer noch nicht begriffen haben, werden wahrscheinlich früher oder später an den heutigen Herausforderungen scheitern. Besonders in manchen Behörden herrscht immer noch die Meinung vor, man müsste die Mitarbeiter zwingen, vor Ort am Schreibtisch zu sein. Die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust und dass offenbar werden <?page no="14"?> könnte, wie wenig Vorgesetzte dazu beitragen, betriebliche Prozesse zu unterstützen, lässt gerade altgediente Vorgesetzte in irrationaler Weise darauf beharren, dass alle vor Ort tätig werden, denn sonst könnte jeder erkennen, wie wenig Vorgesetzte Einfluss auf das Leistungsverhalten haben und dass ihre einzige Funktion darin besteht, andere Leute zu kontrollieren. Insofern sollten sich solche Unternehmen fragen, was eine moderne agile Arbeitsorganisation ausmacht. Es grenzt an eine Farce, dass viele Unternehmen trotz der Pandemie hartnäckig und uneinsichtig darauf bestanden, dass alle vor Ort tätig werden. Allein die Infektionsgefahr und das große Risiko, an einer Krankheit zu sterben, hätte die Einsicht beflügeln müssen, dass das Homeoffice eine unabdingbare Notwendigkeit ist, um die Gesundheit der Belegschaft wirksam zu schützen. Dennoch beharrten etliche Unternehmen darauf, dass die Mitarbeiter jeden Tag zum Dienst im Büro antreten. Auch in Großraumbüros wurde die Gefahr, ernsthaft zu erkranken, wortreich kleingeredet, und es wurde darauf bestanden, dass jeder einzelne Mitarbeiter vor Ort sein musste. Dabei bestand in Großraumbüros eine beträchtliche Gefahr, sich zu infizieren und schwer zu erkranken. Dieses Risiko wurde von vielen Unternehmen ignoriert und beiseitegeschoben. Solche Unternehmen müssen sich angesichts dieser dramatischen Umstände fragen lassen, wie viel ihnen eigentlich die Mitarbeiter wert sind und welche Verantwortung sie für die Gesundheit ihrer Belegschaft übernehmen. Wer so sträflich Risiken ignoriert und ausklammert, hat eigentlich Mitarbeiter nicht verdient, die sich für einen solchen Betrieb engagieren. In diesen Unternehmen herrschen dann meistens auch jene Bullshit- Jobs vor, die dazu führen, dass Menschen Tätigkeiten ausführen, die zunehmend als sinnlos wahrgenommen werden. David Graeber prägte den polemischen Begriff der Bullshit-Jobs, um Tätigkeiten zu beschreiben, die eigentlich sinnlos sind und dazu dienen, Menschen in einem Unternehmen mit irgendetwas zu beschäftigen. 1 Graeber brandmarkt diese Firmenkultur als „Manager-Feuda- 1 https: / / www.zeit.de/ arbeit/ 2018-09/ bullshit-jobs-david-graeber-buch-aufsicht-vorgesetzte-rezension <?page no="15"?> lismus“ und Nonsens-Beschäftigung. 2 Solche Unternehmen gleichen „Hofstaaten mit allerlei Kammerdienern, Narren und Gauklern“. 3 Es ist daher wichtig, dass Mitarbeiter in Zukunft Unternehmen sorgfältig und akribisch aussuchen und daraufhin überprüfen, ob sie moderne und zeitgemäße Formen der Arbeitsorganisation in die Realität umsetzen und inwieweit sie bereit sind, ihre Mitarbeiter auch wirklich wertzuschätzen und zu unterstützen. Unternehmen, die selbst bei Lebensgefahr darauf bestehen, dass man in einem Großraumbüro erscheint, obwohl jederzeit auch Homeoffice möglich wäre, sollten in der Wunschliste der akzeptablen Arbeitgeber ganz unten stehen. Es kommt darauf an, die Selbstverwirklichung des einzelnen Mitarbeiters im Unternehmen auch in schweren Krisenzeiten zu stärken und zu fördern; dies setzt auch voraus, dass Handlungskompetenzen systematisch weiterentwickelt werden, die auf die sich schnell ändernden Situationen und Rahmenbedingungen abgestimmt sind. Außerdem sollten die Kompetenzlücken der Mitarbeiter systematisch durch Personalförderung geschlossen werden und im Rahmen eines agilen Kompetenzmanagements eine systematische Förderung umfassen, die den organisationalen Rahmenbedingungen gerecht wird. Das Homeoffice bietet den Mitarbeitern großartige Möglichkeiten, um flexibler von zuhause aus zu arbeiten und die Möglichkeiten zu nutzen, die sich durch die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ergeben. Experten sind der Auffassung, dass diese neue Arbeitsform die Zukunft prägen wird, denn immer mehr Menschen haben während der Pandemie erkannt, dass das Homeoffice für die Work-Life-Balance und die berufliche Weiterentwicklung eine hervorragende Chance darstellt und neue Möglichkeiten der Selbstverwirklichung im Beruf eröffnet. 2 https: / / www.zeit.de/ arbeit/ 2018-09/ bullshit-jobs-david-graeber-buch-aufsicht-vorgesetzte-rezension 3 https: / / www.zeit.de/ arbeit/ 2018-09/ bullshit-jobs-david-graeber-buch-aufsicht-vorgesetzte-rezension/ seite-2 <?page no="16"?> Was ist Remote Work? Zwischen Telearbeit und Homeoffice Es gibt einen klaren Unterschied zwischen Homeoffice und mobiler Arbeit. Beim Homeoffice erfolgt die Arbeitsleistung an einem eigenen Arbeitsplatz zu Hause in den eigenen vier Wänden. Dabei muss vor allem beachtet werden, dass der Arbeitgeber prinzipiell verpflichtet ist, die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, die für einen Arbeitsplatz im Betrieb gelten. Das heißt, er muss dafür sorgen, dass auch zu Hause die Ausstattung allen gesetzlichen Vorgaben entspricht, die im Betrieb gelten. Diese hohe Anforderung an ergonomische Bedingungen und die Arbeitsplatzsicherheit stellt eine beträchtliche Hürde und eine große Verantwortung dar. Deshalb sprechen die meisten Unternehmen in diesem Kontext eher von mobiler Arbeit, da diese weniger streng reguliert ist und geringere Anforderungen an das Arbeiten stellt. Bei mobiler Arbeit reicht es beispielsweise aus, wenn der Arbeitnehmer über ein Smartphone verfügt und mit diesem die geforderte Arbeitsleistung unterwegs erbringen kann. Insofern ist die mobile Arbeit durch ein höheres Maß an Flexibilität und Freiheit gekennzeichnet. Eine solche Tätigkeit kann von unterwegs in Cafés oder an anderen Orten ausgeübt werden — beispielsweise auch in einer Bahn, im Hotel oder zuhause, da die mobile Arbeit weniger restriktiv definiert wird. Der Arbeitgeber muss sich weniger um die Details und die technische und sonstige Ausstattung kümmern. Es gibt geringere rechtliche Vorgaben hinsichtlich der Arbeitssicherheit und der Arbeitsorganisation. Aus diesem Grund bevorzugen die meisten Arbeitgeber diese weit gefasste Definition mobiler Arbeit anstelle von Homeoffice; denn die arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften sind bei der mobilen Arbeit wesentlich geringer angesetzt als beim Homeoffice, das erheblich höheren Restriktionen unterliegt. Bei dieser Variante muss der Arbeitgeber sehr detaillierte Regelungen der Arbeitsstättenverordnung beachten; dies gilt beispielsweise für die Arbeitssicherheit und für Fluchtwege und mögliche andere Hindernisse, die zu Arbeitsunfällen führen können; darüber hinaus ist der Arbeitgeber verpflichtet, wenn er den Arbeitsplatz offiziell als Telearbeit deklariert, die Kosten für die mögliche Ausstattung, beispielsweise den Schreibtisch, den ergonomischen Arbeitsstuhl und die IT-Infrastruktur zu übernehmen. 4 4 Remote Work - Telearbeit, Mobiles Arbeiten oder Homeoffice. https: / / thueringen40.de/ remote-work-telearbeit-mobiles-arbeiten-oderhomeoffice/ <?page no="17"?> Beim mobilen Arbeiten hingegen sind die arbeitsrechtlichen Beziehungen wesentlich flexibler. Die Arbeitsstättenverordnung ist beim Homeoffice weitaus restriktiver und verlangt, dass alle arbeitsrechtlichen Vorschriften exakt eingehalten werden; vor allem hinsichtlich der Gefährdung des Arbeitnehmers ergeben sich daraus hohe Auflagen. 5 So muss beispielsweise der Unfallschutz in allen Details beachtet werden; dies ist beispielsweise in der Betriebssicherheitsverordnung exakt festgelegt. Außerdem ergeben sich für den Arbeitgeber bei der Einstufung als Homeoffice umfangreiche und exakte Prüf- und Dokumentationspflichten, die jederzeit erfüllt werden müssen. Die verschiedenen Formen von Remote Work 6 : Telearbeit Die Telearbeit ist in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) § 2 Absatz 7 ArbStättV genau definiert und festgelegt. Arbeitnehmer benötigen in ihrer Wohnung einen vollständig ausgestatteten Arbeitsplatz mit Arbeitsmaterialien (Büromaterial, Notebook oder PC, Bildschirm, Software, Schreibtisch, Bürosessel), die der Arbeitgeber zur Verfügung stellen muss. Der Arbeitgeber ist für die Internetverbindung verantwortlich und für die Aktualisierung der Software. Die Arbeitsbedingungen (Stundenzahl, Pausenregelung) sind vertraglich detailliert festgelegt. Die alternierende Telearbeit Die alternierende Telearbeit bedeutet, dass Arbeitnehmer im Betrieb und zu Hause arbeiten. Auch hier sind der Anteil und die Häufigkeit des Wechsels und alle anderen Rahmenbedingungen vertraglich festgehalten. Das mobile Arbeiten Diese Variante unterliegt keinen genauen Auflagen und kann zu Hause stattfinden, aber auch in der Bahn, in einem Café oder in einer Bibliothek. Sie ist nicht detailliert geregelt; die Arbeitsstättenverordnung wird auf das mobile Arbeiten nicht angewandt. Daher wird das mobile Arbeiten von den meisten Unternehmen bevorzugt. 5 Was bedeutet Remote Work? https: / / www.haufe.de/ arbeitsschutz/ gesundheit-umwelt/ neue-arbeitsformen-was-bedeutet-remote-work_94_526480.html 6 Die Unterscheidung der Arbeitsforme*n, rechtliche Rahmenbedingungen und die Frage der Haftbarkeit https: / / thueringen40.de/ remote-work-telearbeit-mobiles-arbeiten-oder-homeoffice/ <?page no="18"?> Das Homeoffice Der umgangssprachliche und relativ weit verbreitete Begriff „Homeoffice“ verursacht Missverständnisse, da er im britischen Englisch „Innenministerium“ bedeutet. Homeoffice kann als mobiles Arbeiten definiert werden, das nahezu ausschließlich zu Hause stattfindet. Dieser Begriff kann sich sowohl auf Telearbeit als auch auf mobiles Arbeiten beziehen. Als umgangssprachlicher Terminus ist er in semantischer Hinsicht nicht besonders trennscharf, aber er hat sich in Medien eingebürgert und wird im Alltag fast immer verwendet. Remote Work Remote Work ist ein international verwendetes Wort, das alle Erscheinungsformen und Facetten des häuslichen Arbeitens (Telearbeit, mobiles Arbeiten, Homeoffice) in einem Begriff zusammenfasst. Im Prinzip werden drei Formen der Telearbeit differenziert; bei der Teleheimarbeit verrichtet der Arbeitnehmer einzelne Arbeiten in Vollzeit von zuhause aus. Bei der alternierenden Telearbeit hat der Mitarbeiter sowohl einen festen Arbeitsplatz im Unternehmen als auch einen Arbeitsplatz bei sich zu Hause, den er nutzen kann. Der Mitarbeiter wird also entsprechend den Anforderungen und den Vereinbarungen des Unternehmens zwischen dem Arbeitsplatz zu Hause und dem Arbeitsplatz im Betrieb wechseln. Diesen konzeptionellen Ansatz bezeichnet man als alternierende Telearbeit. Davon unterscheidet sich die mobile Telearbeit, bei der Mitarbeiter die Tätigkeiten vor allem unterwegs verrichten, beispielsweise in der Bahn und im Bus. Das mobile Arbeiten ist durch ein Höchstmaß an Flexibilität gekennzeichnet. Für Arbeitgeber bedeutet die Einrichtung der Telearbeit eine beträchtliche Kostenreduktion, da Büroflächen eingespart oder verringert werden können, und es entsteht möglicherweise eine erhöhte Produktivität. Man arbeitet in der vertrauten Umgebung zu Hause möglicherweise besser, effizienter und schneller. Für viele Arbeitgeber ist ein umfangreiches und detailliertes Regelwerk eher eine bürokratische Belastung und schreckt davor ab, das Homeoffice auf diese Weise umzusetzen. So müssen die Einrichtungsgegenstände wie beispielsweise der Bürostuhl, der Laptop und der Drucker vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden, was nicht selten beträchtliche Kosten nach sich zieht und daher unvorteilhaft ist. Im <?page no="19"?> Grunde möchte der Arbeitgeber durch die Einführung der mobilen Arbeit flexibler und dynamischer werden und gezielt Kosten einsparen. Deshalb bevorzugen es die meisten Unternehmen, dass die weniger restriktiven Regelungen der mobilen Arbeit Anwendung finden. Beim Homeoffice muss beispielsweise der Laptop, das Smartphone und das Headset gestellt werden. An den anderen vertraglichen Regelungen ändert sich grundsätzlich nichts; so bleibt die Arbeitszeit gleich und auch alle anderen Bestimmungen des Arbeitsvertrages werden vollständig übernommen. Es muss die Arbeitszeit eingehalten werden, die durch das Arbeitszeitgesetz vorgegeben ist; eine mobile Arbeit, die sich über mehrere Stunden erstreckt und auch in den Abendstunden noch ausgeführt wird, würde gegen die vorgegebene Maximalstundenzahl von 11 Stunden verstoßen. Deshalb muss sich der Arbeitgeber bei der Einführung von mobiler Arbeit an die Schutzvorschriften des Arbeitszeitgesetzes halten. So gilt beispielsweise das Abrufen von E-Mails und das Lesen als eine Arbeitstätigkeit, die in den späten Abendstunden nach 11 Stunden Arbeit nicht mehr verlangt werden kann. Der Arbeitnehmer hat nämlich in der mobilen Arbeit keine Rufbereitschaft, die eine Aufhebung der Arbeitszeitgrenzen gestattete. In einer Studie der DEKRA berichten 32 Prozent der Interviewten über längere Arbeitszeiten und Arbeiten, die abends außerhalb der regulären Arbeitszeit oder am Wochenende anfallen. 7 Darüber hinaus entsteht ein großes Problem beim Datenschutz; es muss sichergestellt sein, dass der Datenschutz von zuhause oder von unterwegs aus jederzeit gewährleistet wird; vertrauliche betriebliche Informationen dürfen auf keinen Fall an Fremde, Freunde oder Verwandte weitergegeben werden, und auch die IT-Sicherheit muss stets garantiert sein, was ein aktuelles Betriebssystem und die permanente Aktualisierung voraussetzt. Das gilt natürlich auch für die Geheimhaltung betrieblicher Daten gegenüber Familienangehörigen. Wenn in einem Homeoffice Telefonate geführt werden oder Familienmitglieder Ein- 7 Homeoffice - Fluch und Segen. https: / / www.dekra.de/ de/ homeoffice-fluchsegen-asr2021/ <?page no="20"?> blick in streng vertrauliche Akten oder Unterlagen erhalten, entspricht diese Praxis nicht den strengen Auflagen des Datenschutzes. Das Homeoffice mit seinen weniger restriktiven Rahmenbedingungen hat für den Arbeitgeber beträchtliche Vorteile; so kann beispielsweise der Arbeitsschutz leichter eingehalten werden, da die Auflagen weniger streng sind. Der Arbeitnehmer kann sich wesentlich genauer auf die Arbeiten konzentrieren und wird weniger abgelenkt als beispielsweise während einer Bahnfahrt oder in einem Restaurant, wie es beim mobilen Arbeiten der Fall ist. Die Reisezeiten können wesentlich flexibler und effizienter durch das Arbeiten von unterwegs genutzt werden. Somit ergeben sich für den Arbeitgeber geringere Kosten, da das mobile Arbeiten nicht zu restriktiv ausgelegt wird. Der Arbeitgeber muss beispielsweise dem Arbeitnehmer keine umfassende Büroausstattung zur Verfügung stellen oder für die Strom- und Kommunikationskosten aufkommen. Die Nachteile der mobilen Arbeit sind hingegen offensichtlich; im Vergleich zum Homeoffice besteht die größere Gefahr, dass vertrauliche Daten in unbefugte Hände gelangen, wenn die Büroarbeit im Bus oder in der Bahn oder an einem öffentlichen Ort ausgeübt wird und über das öffentlich verfügbare WLAN mangels Verschlüsselung Daten abgegriffen werden. Es kann sehr viel schneller zur Verletzung von Betriebsgeheimnissen kommen, und auch der Datenschutz ist nicht immer gewährleistet. Darüber hinaus besteht aufgrund der hohen Flexibilität der Arbeitszeit und der vielen Möglichkeiten eine realistische und nicht zu unterschätzende Gefahr, dass gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen wird. Denn wenn der Arbeitnehmer ständig zur Verfügung stehen muss und auch um 22.00 Uhr noch E-Mails oder Messages entgegennehmen und lesen soll, wächst das Risiko, dass das Arbeitszeitgesetz verletzt wird. Auch für das Arbeiten im Homeoffice gelten das Arbeitszeitgesetz und die gesetzlich festgelegte Höchstarbeitszeit. Ruhezeiten müssen ebenso eingehalten werden wie das Verbot von Sonn- und Feiertagsarbeit. Darüber hinaus müssen die Arbeitszeiten im Homeoffice für Dokumentationszwecke aufgezeichnet und erfasst werden. 8 Eine übermäßige Flexibilisierung der Arbeitszeit, die zu Lasten des Arbeitnehmers geht, ist natürlich nicht sinnvoll und würde die bisherigen 8 Heiko Lenz: Arbeitsrechtliche Grundlagen des Homeoffice. https: / / www.ihk.de/ pfalz/ recht/ arbeitsrecht/ spezielle-beschaeftigungsverhaeltnisse/ homeoffice-4921780 <?page no="21"?> Prinzipien des Arbeitsschutzes unterlaufen. Bislang sind weder Homeoffice noch mobile Arbeit grundlegend geregelt. Die aufgrund der Pandemie abrupte Umstellung erfolgte spontan und relativ wenig geplant. Betriebsvereinbarungen oder vertragliche Regelungen sind daher selten vorhanden und keineswegs umfassend, sodass die Vereinbarungen in der Praxis eher unbestimmt und vage bleiben. Das Homeoffice oder das mobile Arbeiten beruhen auf einem offensichtlichen Regelungsdefizit, und dieser Zustand wird in der Praxis forciert, was natürlich zu deutlichen Verstößen führen kann, beispielsweise bei den Arbeitszeitregelungen. Die Adhoc-Einführung der mobilen Arbeit oder des Homeoffice war aufgrund der Pandemie mit erheblichen Problemen verbunden. So konnte beispielsweise nicht abschließend geklärt werden, für welche Arbeitsmittel der Arbeitgeber aufkommen muss, wie der Datenschutz am besten gestaltet werden könnte und welche Haftungsfragen sich beim Arbeiten ergeben, falls Daten aufgrund von Sicherheitslücken abhandenkommen. Darüber hinaus wurde auch nicht festgelegt, in welchem Umfang der Arbeitnehmer Kosten für beispielsweise Strom, Kommunikation und Heizung trägt. Daher beklagen sich manche Arbeitnehmer, dass mit der Einrichtung des Homeoffice wesentlich höhere Aufwendungen für Heizung, für die Büroausstattung, die IT und für Büromaterialien entstanden sind, die wegen der Inflation eine zusätzliche Belastung für die Haushaltskasse darstellen. Homeoffice-Regelungen Was die technische Ausstattung anbelangt, so sollte das Unternehmen von vornherein eindeutige Regelungen vereinbaren und gewisse Vorkehrungen treffen; dies gilt beispielsweise für eine Kostenpauschale bei der Anschaffung von Ausrüstung; hierzu gehört ein ergonomischer Bürosessel oder die technische und bürobezogene Ausstattung; es sollte geklärt werden, wer die Kosten dafür übernimmt und wie umfangreich die technische Ausstattung sein soll. Auch für den Homeoffice-Arbeitsplatz, sofern er nicht als Telearbeit deklariert wird, gilt die Arbeitsstättenverordnung und das Arbeitsschutzgesetz. Das heißt, es sollte eine ergonomische Ausstattung des Büroarbeitsplatzes vorhanden sein. Eine ebenso wichtige Rolle spielt der Datenschutz und die nicht zu vernachlässigende <?page no="22"?> Cybersicherheit. Es müssen klare und unmissverständliche Regelungen für die Einhaltung des Datenschutzes und der Datensicherheit bestehen. Hierfür ist es notwendig, dass die IT-Ausstattung über die entsprechenden Sicherheitsstandards verfügt und entsprechende Software vorhanden ist, die sicherstellt, dass der Datenschutz jederzeit uneingeschränkt eingehalten wird. Beim Einsatz im Homeoffice gelten bestimmte Grundregeln, die jedes Unternehmen beachten sollte. Beispielsweise kann es Einschränkungen geben, die sich aus einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ergeben. Deshalb ist es für Arbeitgeber wichtig, sich vorher mit den rechtlichen Rahmenbedingungen zu befassen, die für Remote Work relevant sind. Es ist wichtig, dass es keine Probleme gibt, wenn beispielsweise der Arbeitsvertrag keine konkreten Regelungen oder Vorschriften für den Einsatz zu Hause enthält. Das Homeoffice erfordert immer detaillierte und differenzierte Regelungen. Es ist daher sinnvoll, dass der Arbeitgeber sich sorgfältig und gründlich auf das neue Projekt vorbereitet und alle Eventualitäten berücksichtigt. Unter Umständen könnte ein Zusatz zum Arbeitsvertrag festgelegt werden, der die genauen Bedingungen für das Homeoffice definiert. Dabei könnte auch differenziert werden, welche Arbeiten von zuhause erledigt werden und welche Fördermöglichkeiten sinnvoll sind. Darüber hinaus sollte sich der Arbeitgeber Gedanken machen, welche Ausstattung der einzelne Arbeitnehmer benötigt und welchen Umfang dieses technische Equipment einnehmen sollte. Außerdem ist es ratsam, eine zusätzliche Datenschutzvereinbarung zu formulieren, die der Arbeitnehmer unterzeichnen sollte. Der Arbeitgeber sollte beachten, dass die Regelungen für die Krankschreibung und für die Arbeitsunfähigkeit von Arbeitnehmern auch zu Hause im Homeoffice gelten. Daher muss vereinbart werden, was geschieht, wenn sich ein Arbeitnehmer in Quarantäne befindet und inwieweit er in dieser Situation in der Lage ist, noch zu arbeiten oder vielmehr als arbeitsunfähig gilt. Wichtig ist es auch zu wissen, dass Arbeitgeber die Arbeitnehmer nicht zwingen können, die Chance, zu Hause zu arbeiten, wahrzunehmen. Nur in äußersten Notfällen ist es denkbar, dass der Arbeitgeber seine Mitarbeiter verpflichtet, im Homeoffice tätig zu werden. Vielmehr handelt es sich hier um ein freiwilliges Angebot, das der Arbeitnehmer annehmen kann oder auch nicht. Hinsichtlich des Unfallschutzes gelten dieselben Regeln wie am Arbeitsplatz im Betrieb. Es ist entscheidend, dass die gesetzlich vorgeschriebenen <?page no="23"?> Arbeitszeiten eingehalten werden. Darüber hinaus ist zu beachten, dass auch am Arbeitsplatz zu Hause Unfallvorschriften akribisch beachtet werden. Durch die flächendeckende Einführung von Homeoffice wird es für die betriebliche Unfallversicherung immer schwieriger zu unterscheiden, was bei einer Tätigkeit als privat oder als betrieblich anzusehen ist. Auch im Homeoffice gilt die Unfallversicherung. Es ist jedoch so, dass nur dann Unfälle zählen, wenn sie in unmittelbarem Bezug zur Arbeitstätigkeit stehen. Der Gang zur Küche kann unfallversichert sein, wenn man einen Kaffee für berufliche Zwecke zubereitet. Eine private Tätigkeit liegt vor, wenn jemand den Keller aufsucht, um die Waschmaschine zu befüllen. Es ist immer klar zu trennen, was abgesichert ist und nicht. Wer beispielsweise sich beim Öffnen eines Briefes verletzt, für den wird die Unfallversicherung aufkommen. Wer sich aber in der Küche an einem Messer beim Frühstück verletzt, für den wird die Unfallversicherung den Schutz versagen müssen. Beispielsweise hat das Bundessozialgericht in einem Fall entschieden, dass der Unfallschutz nicht deshalb verweigert werden kann, wenn jemand zu Hause auf einer Treppe stürzt. Ein Makler hatte einen Unfall erlitten, als er nachts ein Softwareupdate auf einem Firmenserver durchführen wollte. Der Server befand sich im Keller, das Büro des Maklers hingegen in der ersten Etage. 9 Ähnlich verhielt es sich bei einer Mitarbeiterin, die nach einer Fachmesse im häuslichen Büro einen Anruf in die USA tätigen wollte. Sie ging mit ihrem Notebook, verschiedenen Unterlagen und Geräten in den Keller, wo sich ihr häusliches Arbeitszimmer befand. Dabei stürzte sie und verletzte sich schwer. Die Berufsgenossenschaft weigerte sich zunächst, den Vorfall als Unfall anzuerkennen, aber das Bundessozialgericht wertete anders und erkannte den Unfall an. 10 Diese beiden Beispiele verdeutlichen, dass das Homeoffice zunehmend auch von den Behörden und Gerichten als Teil des Arbeitsalltags anerkannt wird. 9 Bundessozialgericht (Az.: B 2 U 8/ 17 R) 10 Tobial Klingelhöfer: Arbeitsunfall im Home-Office: Experte erklärt, wann die Unfallversicherung zahlt. https: / / www.focus.de/ finanzen/ karriere/ arbeitsrecht/ arbeitsunfall-was-ist-ein-arbeitsunfall-im-home-office_id_ 80608952.html <?page no="24"?> Die Vorteile des Homeoffice bestehen darin, dass der Arbeitnehmer sich den langen Arbeitsweg und die Fahrtkosten erspart und dadurch am Tag mehr Zeit übrighat. Darüber hinaus bietet das Homeoffice die Möglichkeit, den Arbeitstag flexibel und eigenverantwortlich zu gestalten und private Termine besser wahrnehmen zu können. Auf diese Weise hat der einzelne Arbeitnehmer eine bessere und ausgewogenere Work- Life-Balance. Zudem entstehen für den Arbeitgeber geringere Kosten, denn er spart sich die in Innenstädten oft hohe Büromiete und weitere Aufgaben - beispielsweise für teure Dienstreisen im In- und Ausland. Durch das Homeoffice ergibt sich ein produktiveres Arbeiten, das im Einklang mit dem persönlichen Tageszyklus steht. das Arbeiten zu Hause birgt geringere Gefahren, durch andere Mitarbeiter oder Kollegen abgelenkt zu werden und viel Zeit beim Kaffeeklatsch und anderen informellen Begegnungen zu verbringen. Ein weiterer maßgeblicher Vorteil für das Homeoffice besteht darin, dass der jeweilige Arbeitgeber deutlich an Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt gewinnt, denn es gibt immer mehr Bewerber, die großen Wert darauf legen, dass ein Unternehmen Remote Work anbietet. Dieser Trend hat sich insbesondere im IT-Bereich verstetigt und führt dazu, dass kaum noch Stellen besetzt werden können, die auf Homeoffice verzichten. In fast allen Stellenangeboten im IT-Sektor findet sich das Tag „Remote Work“, und Unternehmen, die auf diese Option verzichten, werden von Bewerbern gemieden. Immer mehr US-Unternehmen suchen in Deutschland aktiv nach IT-Spezialisten, die dann remote im Silicon Valley tätig werden. Die Gehälter sind meist viel höher als bei deutschen Unternehmen, was die Attraktivität dieses Modells noch deutlich erhöht. Es ist inzwischen durchaus beliebt geworden, für ein zukunftsträchtiges Unternehmen in Kalifornien zu arbeiten und in Berlin, Köln, Stuttgart oder Düsseldorf zu wohnen. Auch der Umwelt- und Klimaschutz ist ein wichtiger Faktor bei der Einrichtung des Homeoffice. Dadurch, dass die langen Arbeitswege entfallen, werden weniger Kohlendioxidemissionen ausgestoßen und der Straßenverkehr und der öffentliche Nahverkehr weniger belastet. Die Nachteile des Homeoffice bestehen darin, dass die Kollegen weniger Chancen haben, mit anderen Mitarbeitern zu sprechen und Netzwerke zu bilden oder sich Hilfe zu holen. Die Vereinsamung und Isolation am häuslichen Schreibtisch können einen Nachteil bedeuten, wenn in dem Unternehmen sehr viel Wert auf Teammanagement und Gruppenarbeit gelegt wird. Je weniger die Chance besteht, mit anderen zu <?page no="25"?> interagieren, desto mehr wird das Gefühl der Isolierung und der Vereinzelung zunehmen. Auf der anderen Seite bietet das Arbeiten von zuhause aus die Möglichkeit, dass man eigenständig und souverän agiert und Aufgaben nach den eigenen Prioritäten erledigt. Hierbei manifestiert sich deutlich, welche Mitarbeiter in der Lage sind, sich permanent zu motivieren und Aufgaben eigenverantwortlich zu erledigen. Eine solche neuartige Arbeitsweise, die vielleicht für viele Mitarbeiter ungewohnt ist, wird dazu führen, dass die Fähigkeit, Selbstdisziplin aufzubringen und souverän zu agieren, eine wichtige Schlüsselqualifikation im modernen Arbeitsleben wird; denn aus der Isolation resultiert ein schwierigerer Kommunikationsfluss. Diese Situation setzt ein hohes Maß an Selbstkontrolle und Souveränität voraus. Allerdings besteht auch die Gefahr, dass das Privatleben und das Berufsleben miteinander verschmelzen, sodass eine klare und eindeutige Trennung nicht mehr möglich ist. Im Homeoffice ergeben sich naturgemäß größere Ablenkungen und Störungen, wenn beispielsweise der Postbote klingelt, die Kinder quengeln oder Hausaufgaben erledigen möchten oder Besucher unvorhergesehen kommen - ganz zu schweigen von unzuverlässigen Internetverbindungen. Dadurch ist es wesentlich schwieriger, sich auf eine Aufgabe zu fokussieren. Außerdem kann das mangelnde Netzwerken dazu führen, dass man von Vorgesetzten übersehen wird oder ins berufliche Abseits gerät. Was die Pausenregelung anbelangt, gilt die normale gesetzliche Regelung, wie am normalen Arbeitsplatz. Es ist nach 6 Stunden eine Pause von mindestens 30 Minuten einzulegen. Nach mehr als 9 Stunden muss eine Pause von 45 Minuten reserviert werden. Dies kann der Arbeitgeber nur schwer überprüfen, daher sollten die Mitarbeiter selbst darauf achten, dass sie die gesetzlichen Arbeitszeitregelungen eigenverantwortlich einhalten. Für viele Mitarbeiter stellt sich die Frage, ob sie im Homeoffice ständig erreichbar sein müssen. Hierbei gibt es unterschiedliche Regelungen, die im Arbeitsvertrag verankert werden sollten. Es ist jedoch nicht so, dass Mitarbeiter ständig zu Hause verfügbar und erreichbar sein müssen. Es gilt nur, dass während der gesetzlichen oder der vertraglich vorgeschriebenen Arbeitszeiten der Mitarbeiter erreichbar sein sollte. Außerhalb der normalen Arbeitszeiten, beispielsweise am Wochenende oder an Feiertagen, muss der Arbeitnehmer natürlich nicht zur Verfügung stehen. <?page no="26"?> Bei der täglichen Arbeit im Homeoffice ist es unerlässlich, regelmäßig angemessene Pausen einzulegen; es ist wichtig, dass die Pausen so gewählt werden, dass die Konzentrationsfähigkeit und die Leistungsfähigkeit erhalten bleiben. Daher sollten von vornherein bestimmte Intervalle eingeplant werden, um so die Leistungsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Ohne solche sinnvollen Pausen wird die Konzentration sehr schnell nachlassen, und es kommt zu häufigen Fehlern. Es wurde festgestellt, dass die Akzeptanz, im Homeoffice zu arbeiten, umso größer ist, je mehr der Betreffende verdient. Insofern ist die Bereitschaft von zuhause aus zu arbeiten, an das entsprechende Haushaltseinkommen gekoppelt. Bei Berufen mit geringerem Qualifikationsniveau wird Remote Work wesentlich seltener angeboten. Ein Großteil der Betroffenen ist der Auffassung, dass das Homeoffice die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erheblich verbessert und die effektive Nutzung der Arbeitszeit weiter optimiert. Problematisch bleibt jedoch, dass Arbeit und Freizeit immer mehr ineinander übergehen und dass dadurch eine Art informelle Rufbereitschaft entsteht, die auch für das Wochenende gilt. Die meisten Arbeitnehmer lehnen dies ab, denn sie befürchten, dass sich ihre Arbeitszeit dadurch in die Freizeit ausdehnt und sie weniger Möglichkeiten haben, um sich auszuruhen und zu erholen. Die Sicherheit im Homeoffice ist erheblich von der Ausstattung mit Hardware und Software abhängig. Dabei gilt es, einige wichtige Regeln zu beachten; insbesondere die Verbindung zum Unternehmen sollte durch eine schnelle und abgesicherte Internetverbindung ermöglicht werden. Dies kann sowohl per Festnetz, aber auch über Mobilfunk erfolgen. Es ist wichtig, dass eine gewisse Verbindungsgeschwindigkeit erreicht wird. Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass die Verbindung abgesichert ist, beispielsweise durch ein VPN (Virtual Private Network). Zudem muss im Unternehmen eine Telefonanlage vorhanden sein, die es ermöglicht, Anrufe schnell an den richtigen Adressaten weiterzuleiten. Eine besonders große Flexibilität besitzen dabei Telefonanlagen, die auf Voice-over-IP beruhen. Es ist wichtig, dass private und berufliche Rufnummern stets getrennt werden, daher darf aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht einfach die private Rufnummer des Mitarbeiters an Kunden weitergegeben werden. Vielmehr muss der Anruf an den entsprechenden Teilnehmer weitergeleitet werden. <?page no="27"?> Die Ausstattung im Homeoffice sollte dem neuesten technischen Standard entsprechen. Hierzu gehört eine klare Trennung von privater und beruflicher Nutzung. Durch die private Nutzung können entsprechende datenschutztechnische Probleme entstehen, wenn Rechner nicht völlig abgesichert sind; die Sicherheit des Unternehmens würde dadurch enorm beeinträchtigt, wenn Mitarbeiter private Smartphones, Tablets, Notebooks oder PCs während der Arbeit benutzen und sich in das Firmennetz einloggen. Um zu verhindern, dass es dadurch zu Sicherheitsproblemen kommt, ist es wichtig, dass der Fernzugriff durch einen abgesicherten VPN-Tunnel erfolgt. Beim Einloggen sollte ein erhöhtes Maß an Sicherheit realisiert werden. Hierzu gehören eine umfassende 2-Faktor-Authentifizierung, die sicherstellt, dass beim Einloggen keine Manipulationen erfolgen können und dass Passwörter nicht gehackt werden. Besonders sicher sind Hardwareschlüssel, die über ein Securitytoken verfügen und daher nach heutigem technischen Stand nicht geknackt werden können. Besonders kritisch ist es, wenn USB-Sticks in den Rechner eingesteckt werden, denn dadurch kann unbemerkt Malware auf den Rechner geschleust werden. Außerdem muss jeder Mitarbeiter ein eigenes Nutzerkonto für den Rechner besitzen und verpflichtet werden, komplexe und schwer zu erratende Passwörter einzusetzen. Darüber hinaus sollte die jeweilige IT- Abteilung bereit sein, sich mit Notfällen zu befassen, so dass bei einem Hackerangriff umgehend Sofortmaßnahmen eingeleitet werden. Aus technischer Sicht ist es entscheidend, dass firmeneigene Geräte gegen Schadsoftware geschützt sind und auch gegen Datendiebstahl Schutz bieten. Eine zuverlässige Festplatten-Verschlüsselung sollte gewählt werden. Der Datenschutz spielt beim Homeoffice eine herausragende Rolle, und es ist wichtig, dass alle Unternehmensdaten umfassend vor Hackerangriffen und Datendiebstahl geschützt sind. Der Zugriff auf das Firmennetz sollte nur per VPN erfolgen 11 . Darüber hinaus sollte das Unternehmen den einzelnen Mitarbeitern einen Zugang zum Intranet zur Verfügung stellen, damit diese Zugriff auf Archive, Fileserver und wichtige Unterlagen haben sowie auf Wiki-Seiten und auf ein- 11 https: / / www.ionos.de/ startupguide/ produktivitaet/ homeoffice-einfuehren/ <?page no="28"?> zelne Arbeitsanweisungen. Darüber hinaus ist es ratsam, dass Kollaborations-Tools installiert sind, die es erleichtern, Meetings abzuhalten und die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern und den Vorgesetzten fördern. Hierzu gehören gängige Tools wie beispielsweise Microsoft Teams, Slack, Google Hangouts und Webex. Videokonferenzen spielen eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung von Remote Work. Darüber hinaus sollten die Mitarbeiter über entsprechende Projektmanagement- Tools verfügen, die die Gestaltung und den Ablauf von Projekten erleichtern. Am bekanntesten ist beispielsweise Projektmanagement- Software wie Microsoft Project, Planner und Trello. In den Meetings ist es wichtig, dass bei dieser Form der Zusammenarbeit ein entsprechendes Feedback erfolgt und die Mitarbeiter motiviert werden. Das Unternehmen sollte die Kernarbeitszeiten definieren, damit die Mitarbeiter das Homeoffice als angenehm und förderlich erleben; wichtig ist es auch, den Arbeitsplatz entsprechend den Richtlinien einzurichten und eine hervorragende technische Ausstattung anzubieten sowie eine ergonomische Ausstattung des Arbeitsplatzes, wozu der Schreibtisch und der Bürostuhl gehören. Die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern kann durch moderne Kollaborations- und Kommunikationstools erfolgen sowie durch spezifische Chatprogramme. Projekte können in einfacher Form in To-do-Listen organisiert werden. 12 Eine Umfrage der DEKRA im Jahr 2021 hat ergeben, dass sich die Mitarbeiter mit dem Homeoffice sehr wohlfühlen; 78 Prozent der Befragten sind jedoch weiterhin im Unternehmen tätig und verfügen über keine Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten 13 . 32 Prozent der Befragten sind bereits zu Hause tätig und 10 Prozent arbeiten hybrid sowohl im Außendienst als auch im Unternehmen oder auf Baustellen. Für die meisten Beschäftigten hat die Arbeit im häuslichen Bereich erhebliche Vorteile, und 95 Prozent der Befragten gaben an, dass sie die Hygienemaßnahmen, die durch das Homeoffice ermöglicht werden, für sehr sinnvoll halten und sich dadurch sicher fühlen. 38 Prozent der Befragten waren der Auffassung, dass sie das Homeoffice 12 https: / / www.ionos.de/ startupguide/ produktivitaet/ homeoffice-einfuehren/ 13 https: / / www.dekra.de/ de/ homeoffice-fluch-segen-asr2021/ <?page no="29"?> dem Arbeiten im Betrieb vorziehen würden, insbesondere bei der jüngeren Belegschaft votierten 45 Prozent für das Homeoffice, während Ältere eher dazu tendierten, im Betrieb arbeiten zu wollen. 14 Beispiele für die Einführung von Remote Work Ein Vorreiter für das Arbeiten im Homeoffice ist die Deutsche Bank, die sich mit ihrem Gesamtbetriebsrat auf einheitliche und umfassende Regeln geeinigt hat. Dieser Vereinbarung zufolge können Beschäftigte der Deutschen Bank bis zu 40 Prozent ihrer Arbeitszeit im Homeoffice verbringen: Dies sind 2 bis 3 Tage in der Woche. Darüber hinaus beinhaltet das Übereinkommen, das die Deutsche Bank für die Ausstattung des Homeoffice getroffen hat, weitere umfangreiche Hilfen. Auf dieser Basis stehen den Beschäftigten ein vorkonfigurierter Laptop, eine PC- Maus und ein Headset zur Verfügung. Zudem wird eine Aufwandspauschale von 1.000 Euro brutto gewährt, die für die Erstausstattung gedacht ist. Die Inanspruchnahme setzt voraus, dass die Mitarbeiter mindestens zwei Tage oder mehr zu Hause ihre Arbeit erledigen. 15 Die Regelungen der Deutschen Bank gelten in der Branche als besonders großzügig und vorteilhaft; bei anderen Banken wird lediglich eine Einmalzahlung gewährt. Weitere Einschränkungen bei der Organisation des Homeoffice bestehen darin, dass diese Vereinbarung lediglich für nichtleitende Angestellte gilt. Für Spitzenverdiener der Deutschen Bank und leitende Angestellte ist der Gesamtbetriebsrat nicht zuständig, so dass für sie diese Vereinbarungen nicht angewandt werden. Insgesamt betrachtet lässt sich feststellen, dass die Regelungen für die neue Arbeitswelt, die mit dem Homeoffice einhergehen, nicht einheitlich sind und maßgeblich von den betrieblichen Rahmenbedingungen und zum Teil vom Engagement des Betriebsrats abhängen; während einige Mitarbeiter erheblich 14 https: / / www.dekra.de/ de/ homeoffice-fluch-segen-asr2021/ 15 Bis zu drei Tage die Woche im Homeoffice und 1000 Euro: So geht New Work bei der Deutschen Bank nach Corona. https: / / www.businessinsider.de/ karriere/ deutsche-bank-bis-zu-3-tage-home-office-1000-euro-entschaedigung-b/ <?page no="30"?> von der neuen Situation profitieren und sich mit dieser innovativen Arbeitsorganisation schnell anfreunden können, haben andere Nachteile. 16 Dies gilt vor allem für Familien mit Kindern. Insbesondere wenn die Kinder zu Hause betreut werden müssen, was angesichts der Pandemie häufiger vorkam, als Kitas und Schulen geschlossen waren, ist es für Beschäftigte besonders schwer, wenn sie im Homeoffice arbeiten mussten. Einige Unternehmen sind im Bereich des Remote Work besonders fortschrittlich und aufgeschlossen und verfügen bereits über umfangreiche Erfahrungen, die ihnen während der Pandemie besonders zugutekamen. 17 Hierzu gehört beispielsweise Microsoft, das den 61.000 international beschäftigten Mitarbeitern großzügige Homeoffice-Regelungen einräumte. 18 Ihnen wurde zugebilligt, dass sie selbst entscheiden konnten, wo sie arbeiten wollten. 19 Eine Studie, die Microsoft initiiert hatte, kam zu dem Schluss, dass die Produktivität im Homeoffice sogar wesentlich besser war. Allerdings gab es Einschränkungen und Einschnitte bei der Kommunikation, und die Koordination zwischen verschiedenen Abteilungen gestaltete sich im Alltag schwieriger, obwohl es natürlich zahlreiche erprobte und von Microsoft bereitgestellte und selbst entwickelte Tools gab, die die Kommunikation zwischen den Beschäftigten erheblich erleichterten. Dennoch wurde konstatiert, dass die Isolation zunahm und dass Kommunikationsschwierigkeiten zunehmend auftraten. 20 16 Andreas Weck: Deutsche Bank einigt sich auf brandneue Homeoffice-Regel - das steckt drin. https: / / t3n.de/ news/ deutsche-bank-homeoffice-betriebsvereinbarung-regeln-mobiles-arbeiten-1421487/ 17 Microsoft setzt dauerhaft auf Home Office. https: / / www.itmagazine.ch/ artikel/ 73187/ Microsoft_setzt_dauerhaft_auf_Home_Office.html 18 Vom Homeoffice zum hybriden Arbeiten: Wie sieht die Zukunft der Arbeit aus? https: / / news.microsoft.com/ de-de/ features/ die-zukunft-der-arbeitvom-homeoffice-zum-hybriden-arbeiten/ 19 Microsoft lässt mehr Mitarbeiter permanent von zu Hause aus arbeiten. https: / / www.berliner-zeitung.de/ zukunft-technologie/ microsoft-laesstmehr-mitarbeiter-permanent-von-zu-hause-aus-arbeiten-li.110763 20 Microsoft-Studie: Homeoffice kann Produktivität und Innovation beeinträchtigen. https: / / www.heise.de/ news/ Microsoft-Studie-Homeoffice-kann- Produktivitaet-und-Innovation-beeintraechtigen-6192236.html <?page no="31"?> Microsoft stellte fest, dass die Zahl der E-Mails und Textnachrichten sprunghaft zugenommen hatte und dass viele Beschäftigte bereit waren, auch nach Feierabend noch für das Unternehmen zu arbeiten, um Projekte abzuschließen oder voranzubringen. 21 Es lässt sich also nicht klar resümieren, inwiefern das Homeoffice zu einer größeren Zufriedenheit oder einer erhöhten Produktivität beiträgt. Hierbei sind die unterschiedlichen Rahmenbedingungen von erheblicher Bedeutung. Diese unterscheiden sich von Unternehmen zu Unternehmen und hängen auch vom Qualifikationsniveau ab. Eine ausführliche Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung kam zu dem Schluss, dass die besten Erfahrungen mit dem Homeoffice dann möglich sind, wenn die Beschäftigten die Möglichkeit haben, ganze Tage zu Hause zu arbeiten und wenn Aufstiegsmöglichkeiten weiterhin bestehen, falls die Beschäftigten nicht vor Ort anwesend und nicht im informellen Netzwerk des Unternehmens präsent sind. 22 Darüber hinaus war es für die Beschäftigten von Bedeutung, ob das Homeoffice vertraglich detailliert und verbindlich geregelt wurde. Eine psychologische Studie gelangte zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass das Homeoffice für introvertierte Menschen von größerem Vorteil war: Sie mussten sich weniger mit unterschiedlichen Menschen befassen und Kontakte knüpfen und konnten die unvermeidliche Isolation besser bewältigen sowie das eigenständige Arbeiten ohne größere Probleme durchstehen. Hingegen hatten Extrovertierte, die durch die ungewohnte Situation in ihren Kommunikationsmöglichkeiten beeinträchtigt waren und daher besonders unter Stress litten, beträchtliche Schwierigkeiten. 23 21 Microsoft: Homeoffice bringt die neue 21-Uhr-Arbeitsstunde hervor. https: / / winfuture.de/ news,128973.html 22 Homeoffice: Auf den Rahmen kommt es an. https: / / www.boeckler.de/ de/ boeckler-impuls-homeoffice-auf-den-rahmen-kommt-es-an- 32790.htm 23 Ulrike Bartholomäus: Warum Introvertierte im Home Office zu Höchstleistungen auflaufen. https: / / www.businessinsider.de/ karriere/ warum-introvertierte-im-home-office-zu-hoechstleistungen-auflaufen-b/ <?page no="32"?> Ein negatives Kriterium für die Einführung von Homeoffice war bei etlichen Beteiligten, dass sie befürchteten, in ihrer Karriere zurückzufallen oder berufliche Chancen zu verpassen. Denn aufgrund der mangelnden Networking- und Kommunikationsmöglichkeiten wurde die Befürchtung geäußert, dass die Karriere wegen der fehlenden Kontakte vor Ort behindert werden könnte. Negative Auswirkungen auf die berufliche Laufbahn wurden besonders befürchtet, zumal es weniger Möglichkeiten gab, informelle Netzwerke zu knüpfen und zu sondieren, wo sich neue Karrierechancen ergaben. 24 Große Vorteile resultierten für viele Beschäftigte aus der Möglichkeit, Büro und Remote Work zu kombinieren und eine bessere Work-Life-Balance zu erzielen. Insofern war die spontane Einführung der Homeoffice-Pflicht ein unfreiwilliges historisches und zugleich faszinierendes Experiment, das einigen zugutekam und anderen eher weniger behagte. Dennoch lässt sich resümierend feststellen, dass diese innovative Form der Arbeitsorganisation eine große Zukunft für zahlreiche Unternehmen haben wird. Denn die Chancen sind unübersehbar; hierzu gehören beispielsweise Kostenvorteile, die sich für die Unternehmen dadurch ergeben, dass weniger kostspielige Büroflächen angemietet werden müssen und dass mehr Freiräume entstehen, die der Innovationsfähigkeit und der Ideenfindung dienen. Ein Großteil der Unternehmen (60 Prozent) geht nach einer PwC-Studie davon aus, dass innerhalb der nächsten drei Jahre die vorhandenen Büroflächen um 20 Prozent reduziert werden - bei gleichbleibender Mitarbeiterzahl. 25 Für die Arbeitnehmer bedeutet die Einführung von Homeoffice, dass sie sich mit dem Gedanken anfreunden müssen, eigenverantwortlich und eigenständig zu arbeiten. Für manche Arbeitnehmer mag dies schwierig und ungewohnt sein. Denn man muss sich schon vorher ein hohes Maß 24 Beatrice Nolan: Home Office ist oft mit Nachteilen für die Karriere verbunden — ein Stanford-Professor erklärt, was Führungskräfte dagegen tun können. https: / / www.businessinsider.de/ karriere/ home-office-karriere-nachteile-stanford-experte-nicholas-bloom-tipps-fuer-fuehrungskraefte/ 25 Weniger Büroflächen: Homeoffice-Trend kann sich für viele Unternehmen langfristig lohnen. https: / / www.pwc.de/ de/ pressemitteilungen/ 2020/ weniger-buroflachen-homeoffice-trend-kann-sich-fur-viele-unternehmen-langfristig-lohnen.html <?page no="33"?> an Disziplin angeeignet haben, um den neuen Anforderungen zu genügen; eigenverantwortliches Handeln, eine ausgeprägte intrinsische Motivation und unternehmerisches Denken sind unabdingbare Voraussetzungen für den langfristigen Erfolg im Homeoffice, das darüber hinaus Projektmanagement-Fähigkeiten und methodische Kompetenzen voraussetzt. Das Homeoffice verändert das grundlegende Verständnis, wie eine Karriere funktioniert. In der Vergangenheit spielte vor allem das unablässige Networking mit Kollegen eine große Rolle und die Bereitschaft, informelle Machtstrukturen für eigene Belange zu instrumentalisieren. Auch die Vorgesetzten mussten den Eindruck erhalten, dass der Betreffende sich aktiv in das Unternehmen einbrachte, um eine Beförderung oder Gehaltserhöhung zu verdienen. Inzwischen haben die neuen Formen der Arbeitsorganisation und der Zusammenarbeit das Leistungsverständnis und die Bewertungsmaßstäbe grundlegend verändert. So ist es nun von hoher Priorität, aktiv zu kommunizieren und auch digitale Meetings zu nutzen, um sich ins rechte Licht zu rücken. Die Kollaborationssoftware kann einen erheblichen Beitrag dazu leisten, Projekte vorzustellen, eigene Ideen einzubringen und sich an Diskussionen zu beteiligen, während der Betreffende sich darauf fokussieren muss, seinen Vorgesetzten von seinen Leistungen und seiner hohen Motivation zu überzeugen. Dies setzt voraus, dass die Mitarbeiter aktiv eine solche Software nutzen und in digitalen Meetings in den Vordergrund treten und ihre Leistungen überzeugend präsentieren. Für manche ist diese Vorgehensweise sicherlich ungewohnt, aber dennoch hat das Homeoffice einen erheblichen Vorteil; denn es ermöglicht es auch introvertierten Mitarbeitern, sich zu beweisen und die eigenen Verdienste hervorzuheben. Gerade bei komplexen und vielschichtigen Projekten zählt nämlich die eigentliche Leistung, die manche im Büroalltag dank einer ausgeprägten Selbstdarstellung mit allerlei Büroklatsch und nebensächlichen Tätigkeiten nicht erbringen. Motivierte und leistungswillige Mitarbeiter haben bei Remote Work die einzigartige Chance, sich zu beweisen und ihre Leistungen zu unterstreichen. Denn nichts wird im Homeoffice so markant sichtbar wie die Unfähigkeit, bestimmte Projekte termingerecht zu erledigen. Bei dieser Arbeitsorganisation wird sofort augenscheinlich, welche Mitarbeiter eine kontinuierlich hohe Leistung erbringen und welche möglicherweise weniger leistungsfähig sind, zu den Underachievern zählen und den Arbeitsalltag eher für andere Aktivitäten nutzen. <?page no="34"?> Deshalb ist es gerade in diesem Kontext ratsam, Leistungsbereitschaft zu signalisieren und sich aktiv in das Unternehmen einzubringen. Dennoch gibt es nicht wenige Mitarbeiter, die ernsthaft befürchten, dass sie bei Beförderungen möglicherweise übergangen werden. Ein persönlicher Kontakt zum Vorgesetzten gilt nach wie vor als bedeutsam und karrierefördernd. Allerdings wird sich dieses Beziehungsmanagement in Zukunft eher verändern, denn digitale Konferenzen und Remote Work werden in der Arbeitswelt einen wesentlich höheren Stellenwert als bisher einnehmen und dadurch zum vorrangigen Prinzip in der Arbeitsorganisation avancieren. Aus diesem Grunde sollte sich jeder Mitarbeiter mit den Besonderheiten des mobilen Arbeitens vertraut machen und die Effektivität des Arbeitens kontinuierlich verbessern. Als problematisch erweist es sich für manche Mitarbeiter, dass sie jeden Tag zu Hause isoliert sind und dadurch weniger Feedback und Rückmeldung über eigene Erfolge erhalten. Dieser Umstand führt dazu, dass Mitarbeiter verunsichert sind und nicht wissen, wie ihre Leistung von dem Unternehmen beurteilt wird. Hierbei ist es wichtig, sich vor allem selbst zu motivieren und die Kriterien der Selbstorganisation zu beherzigen; je mehr die Menschen bereit sind, sich zu engagieren und ihren Arbeitsalltag eigenverantwortlich zu strukturieren, desto größer werden die Erfolge sein. Die neuen Formen der Arbeitsorganisation, die sich durch das Remote Work etabliert haben, erfordern eine höhere Arbeitsmotivation und eine viel größere Bereitschaft, Arbeitsvorgänge und Projekte eigenverantwortlich umzusetzen. <?page no="35"?> New Work und Arbeiten 4.0 <?page no="37"?> Es zeichnet sich eine Revolution in der Arbeitswelt ab, die viele herkömmliche Arbeitsmodelle, die die vergangenen Jahrzehnte prägten, grundlegend verändern wird und deren Ausmaße jetzt noch gar nicht richtig erkannt worden sind. Es wird bereits jetzt offensichtlich, dass in Zukunft Arbeit zu einem beachtlichen Teil im mobilen Bereich stattfinden wird und dass sich die Art des Zusammenarbeitens völlig neugestaltet und die Arbeitsplätze anderen Anforderungen unterliegen werden. Die Pandemie, die im Frühjahr 2020 plötzlich über die Welt hereinbrach und ganze Volkswirtschaften erschütterte, hat in kürzester Zeit deutlich gemacht, dass neue Arbeitsformen auch gegen den Widerstand von veralteten und verkrusteten Hierarchien möglich sind, die bislang als unantastbar galten. Immer noch sind in etlichen Unternehmen schwerfällige Strukturen, unzählige, überdimensionierte Führungsebenen und ein engmaschiges Kontrollsystem an der Tagesordnung. Zahlreiche Managementaufgaben erschöpfen sich darin, die Belegschaft ständig zu kontrollieren und jeden einzelnen Arbeitsschritt zu überwachen. M onotone und triste Großraumbüros, die bereits in den 1920er Jahren die Architektur kennzeichneten, veraltete Kommandostrukturen und ein pessimistisches Menschenbild sind Symbole und Insignien einer Arbeitsorganisation, die ihre Hochblüte in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts hatte und noch heute in vielen Firmen auf Resonanz stößt. Diese sperrige Arbeitsorganisation mit ihren straffen und verschachtelten Hierarchien und ihrer kleinteiligen Administration ist der Ausfluss eines Industriezeitalters, das von der Automobilbranche und dem Taylorismus geprägt wurde. Doch diese Ära ist längst vorbei, und es ist für die Unternehmen eine Frage des Überlebens und der Wettbewerbsfähigkeit, ob sie mobile und flexible Arbeit zulassen oder nicht. Das Homeoffice avanciert zum neuen markanten Statussymbol der überdurchschnittlich verdienenden Experten und gilt als Voraussetzung dafür, dass hochqualifizierte Fachkräfte sich für einen Arbeitsplatz bewerben und das Unternehmen in die engere Wahl ziehen. Firmen, die sich beharrlich und unbeirrbar weigern, mobiles Arbeiten zuzulassen, die ihrer Belegschaft notorisch misstrauen und eine permanente Kontrolle befürworten, laufen Gefahr, weniger engagierte und schlechter qualifizierte Mitarbeiter anzulocken und hinsichtlich der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit immer mehr zurückzufallen. <?page no="38"?> Eine von der Dekra in Auftrag gegebene Befragung zeigte, dass auch seit dem Beginn der Pandemie 78 Prozent der Befragten weiterhin im Büro ihre Arbeit verrichten. 32 Prozent nutzen das Homeoffice und 10 Prozent arbeiten auf Baustellen oder im Außendienst. 26 Insbesondere Bürojobs profitieren von der Einführung des Homeoffice, während andere Tätigkeiten wie beispielsweise im Gesundheitswesen selten von zuhause aus erledigt werden können. Viele Unternehmen zögern noch, Remote Work in großem Stil einzuführen und halten eher an den traditionellen Formen der Arbeitsorganisation fest, was sich jedoch zunehmend als ein Nachteil herausstellen könnte. In der Befragung betonten 84 Prozent, dass sie sich zu Hause wesentlich besser vor einer Infektion geschützt fühlen, und 82 Prozent hoben hervor, dass es sehr gut sei, nicht jeden Tag ins Büro pendeln zu müssen und es eine erhebliche Entlastung darstelle. 27 Die Digitalisierung führt zu sehr vielen Chancen und außergewöhnlichen Möglichkeiten, die sich in der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts ergeben. Diese neue Konzeption des Arbeitens hat folgende Merkmale: Digitalisierung Änderung des Mindsets Partizipative Führungsmodelle Innovation und Flexibilität Coopetition (Kooperation und Competition) 28 Sharing Economy Plattformökonomie Virtualisierung der Arbeitswelt Einige befürchten, dass die zunehmende Digitalisierung auch zu erheblichen Nachteilen führt. Kritiker erwägen, es könnte durch den zunehmenden Einsatz von Künstlicher Intelligenz, Robotik und Automatisierung zu einer gravierenden und langanhaltenden Massenarbeitslosigkeit kommen, die das gesellschaftliche Gleichgewicht beeinträchtigt 26 Homeoffice - Fluch und Segen. https: / / www.dekra.de/ de/ homeoffice-fluchsegen-asr2021/ 27 ebd. 28 https: / / www.haufe-akademie.de/ new-work#: ~: text=Der Prozent20Begriff Prozent20New Prozent20Work Prozent20(deutsch,strukturellen Prozent20Wandel Prozent20in Prozent20unserer Prozent20Arbeitswelt. <?page no="39"?> und zu erbitterten sozialen Konflikten führt. Diese Befürchtungen werden zunehmend geäußert, und es ist sehr wahrscheinlich, dass in einigen Bereichen Arbeitsplätze in großem Umfang abgebaut werden, insbesondere in jenen Sektoren, in denen die Automatisierung zu einer größeren Effizienzsteigerung führt. Hierzu gehören beispielsweise Verwaltungsprozesse, aber auch die gesamte Banken- und Versicherungsbranche, in deren Bereich sich zahlreiche Tätigkeiten einfach und ohne größeren Aufwand automatisieren lassen. Schon heute gibt es Online-Banken, die mit wenig Personal und einigen IT-Spezialisten die gesamten operativen Vorgänge abwickeln können, während traditionelle Banken auf einen großen Personalstamm zurückgreifen müssen. In der Fachliteratur spricht man metaphorisch von einem digitalen „Athen“. 29 Diese Formulierung geht darauf zurück, dass man die jetzige Situation mit der in der Antike vergleicht; während im damaligen Griechenland rechtlose Sklaven für die Reichen tätig waren, könnte in Zukunft die Digitalisierung diese Funktion für die Menschen im 21. Jahrhundert übernehmen. In der sogenannten Delphi-Studie des Internationalen Millenniumprojekts 30 gelangten Wissenschaftler zu der Auffassung, dass bis zum Jahre 2025 der Einsatz von Robotik und Artificial Intelligence auf 24 Prozent wachsen könnte. Daraus ergeben sich verschiedene Automatisierungsszenarien, die durch unterschiedliche Geschwindigkeiten gekennzeichnet sind. Bei dem Szenario 1 geht man von einer beschleunigten Automatisierungsgeschwindigkeit aus, während das Szenario 2 auf eine langsamere Automatisierung abhebt. In Szenario 1 wird für Deutschland eine Automatisierung von 24 Prozent bis zum Jahr 2030 angenommen. Dieser Simulation zufolge könnten 9 Millionen Arbeitsplätze wegfallen. 29 Horst Wildemann: Der Traum vom „digitalen Athen“ rückt näher. https: / / www.welt.de/ wirtschaft/ bilanz/ article185138192/ Digitalisierungund-Arbeit-Der-Traum-vom-digitalen-Athen-rueckt-naeher.html 30 Bertelsmann-Stiftung: 2050: Die Zukunft der Arbeit. Ergebnisse einer internationalen Delphi-Studie des Millennium Project. https: / / www.bertelsmann-stiftung.de/ fileadmin/ files/ BSt/ Publikationen/ GrauePublikationen/ BST_Delphi_Studie_2016.pdf New Work und Arbeiten 4.0 39 <?page no="40"?> Bei dem zweiten Szenario wird mit 47 Prozent Automatisierung bis zum Jahr 2030 gerechnet. Daher könnten 47 Prozent der Arbeitsplätze in den USA zur Disposition stehen. Ein Brüsseler Thinktank gelangt zu der Auffassung, dass innerhalb der Europäischen Union 54 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland durch Automatisierung gefährdet sind und in den kommenden Jahren wegfallen werden. Es ist davon auszugehen, dass die Anforderungsprofile sich beträchtlich verändern werden. Die schwer automatisierbaren Berufe werden als Engineering Bottle Necks 31 bezeichnet, da sie sich aufgrund ihrer Komplexität und Vielschichtigkeit einer umfassenden Automatisierung und Digitalisierung entziehen. Hierzu gehören beispielsweise kreative und soziale Aufgabenbereiche wie Sozialarbeit, Therapie und Beratung, die aufgrund der Nähe zu den Klienten weniger automatisierbar sind; andere Tätigkeiten hingegen, wie beispielsweise gleichförmige administrative Vorgänge, die auf Routinen beruhen, sind ohne großen technologischen Aufwand zu automatisieren und werden sich daher grundlegend wandeln oder vollständig entfallen. Vor Automatisierung sind insbesondere IT-Berufe und Arbeitsplätze im Bildungswesen geschützt und auch Tätigkeiten im industriellen Sektor, bei denen bereits heute ein hohes Maß an Automatisierung stattfindet. 32 Es wird davon ausgegangen, dass in den nächsten Jahrzehnten eine Divergenz von Produktivität und Beschäftigung stattfindet. Das bedeutet, dass erhebliche Produktivitätssteigerungen sich durch den Einsatz von Automatisierung realisieren lassen und die Beschäftigung in allen Bereichen und Branchen deutlich abnimmt. Besonders gefährdet sind standardisierte Tätigkeiten, die auf Routine basieren und sich relativ leicht erlernen lassen. 33 Daher wird es zu heftigen Kontroversen in der Gesellschaft kommen. Die Frage wird lauten: Wie will die Gesellschaft in Zukunft ihre Arbeitswelt gestalten? Die klassische Arbeit, die die Erwerbsarbeit in den 31 AI Minimizes Factory Flow Bottlenecks. https: / / www.engusa.com/ en/ posts/ ai-minimizes-factory-flow-bottlenecks 32 Wolter, M. I., Mönnig, A., Hummel, M., Schneemann, C., Weber, E., Zika, G., Helmrich, R., Maier, T. und Neuber-Pohl, C. (2015): Industrie 4.0 und die Folgen für Arbeitsmarkt und Wirtschaft. Szenario-Rechnungen im Rahmen der BIBB-IAB-Qualifikations- und Berufsfeldprojektionen. IAB Forschungsbericht 8/ 2015. 33 https: / / www.rnd.de/ beruf-und-bildung/ digitalisierung-wie-veraendert-sichdie-arbeitswelt-FMI5PD7OLJHBLPV4UT7C3YKHUE.html <?page no="41"?> Mittelpunkt der Lebensführung rückt und ein calvinistisches Ethos propagiert, wird zurückgehen, da die Automatisierung große Bereiche verschiedener Branchen erfassen wird und dadurch sehr viele, auch qualifizierte und erfahrene Arbeitskräfte freisetzt; immer mehr Arbeitsplätze werden durch die Automatisierung und den Einsatz von Digitalisierung ersetzt werden und ein höheres Maß an Effizienz und Produktivität erzielen. Die Gesellschaft muss rechtzeitig eine realistische Alternative entwickeln und sich Gedanken machen, wie die Arbeitswelt in der Zukunft aussehen soll. Dieser schwierige und langwierige Prozess hat bereits an Geschwindigkeit zugenommen, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich diese Frage immer dringlicher stellt. Die neue Arbeitswelt wird völlig anders aussehen als heute. Es wird darum gehen, dass Menschen, die aus dem Arbeitsmarkt herausgefallen sind, eine sinnvolle Alternative erhalten, ihr Potenzial und ihre Berufserfahrungen in die Gesellschaft einzubringen. In diesem Kontext ist die Diskussion um ein bedingungsloses Grundeinkommen von großer Bedeutung. Schlüsselbegriff wird die moderne Arbeitswelt sein, und es wird darum gehen herauszufinden, was New Work im Kern bedeutet und ob sich die herkömmlichen Arbeitsformen in Zukunft noch lohnen; denn durch die fortschreitende und ungebremste Automatisierung und die Robotik wird es möglich, immer mehr Arbeitsplätze abzubauen und Geschäftsprozesse effizienter zu gestalten. New Work ist eine zukunftsträchtige und innovative Form der Arbeit, bei der die Selbstverwirklichung in den Vordergrund rückt. Zu den wesentlichen Merkmalen der neuen Arbeit zählt beispielsweise die zeitliche und örtliche Flexibilisierung. Dies manifestiert sich beispielsweise in der Zunahme digitaler Nomaden, die von überall ihre Arbeit Zeitzonen übergreifend ausführen. In Zukunft wird eine Beschäftigung nicht mehr an einen bestimmten Arbeitsplatz oder Ort gebunden sein, sondern kann frei und global ausgeführt werden. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwinden zusehends. Ein weiteres charakteristisches Merkmal ist die projektbasierte Organisationsstruktur, die auch im Begriff des agilen Projektmanagements zu finden ist; klassische Führungsebenen werden aufgelöst, und die Teamfähigkeit und die flexible Arbeitszeit werden zu Leitaspekten der New Work. Ein postmaterieller Wertekanon verbreitet sich, der die tägliche Arbeit beeinflusst. Niemand möchte nur noch für Geld arbeiten, sondern auch Lebensziele und Lebenswünsche durch die tägliche Arbeit realisieren New Work und Arbeiten 4.0 41 <?page no="42"?> können. Diese Einstellung manifestiert sich in partizipativen Unternehmensstrukturen und modernen Formen der Selbstorganisation. Charakteristische Aspekte des Postmaterialismus sind 34 : Individualisierung und Selbstverwirklichung Wohlbefinden und Zufriedenheit schonender Umgang mit Ressourcen kein Gewinnstreben Selbstgenügsamkeit immaterielle Bedürfnisse (Zufriedenheit, Glück) haben Vorrang Partizipation New Work ist daher eine zukunftsorientierte Form der Arbeitsorganisation, bei der Zeitsouveränität, Selbstverwirklichung, Wohlbefinden und Selbstkonkordanz im Mittelpunkt des Wertekanons stehen. Das Modell wurde 1999 von Sheldon und Elliot 35 entwickelt und analysiert den Zusammenhang zwischen der Auswahl, der Verfolgung und dem Erreichen von Zielen. Selbstkonkordanz spiegelt die Authentizität eines Menschen wider. 36 Ein wichtiger Schlüsselbegriff in diesem Zusammenhang ist die Selbstverwirklichung. Der Begriff Flow beschreibt Selbstverwirklichung und das Glücksgefühl, das bei der Arbeit entsteht, die in Konkordanz zu den eigenen Werten und Bedürfnissen steht. Die Arbeitszufriedenheit, die Freude und Anerkennung sind entscheidend für das individuelle Wohlbefinden. Selbstvertrauen, freie Zeit und Selbstverwirklichung stehen im Vordergrund. Wichtig ist im psychologischen Zusammenhang noch das Kohärenzgefühl, das heißt die Vorstellung, dass alle Werte mit den Handlungsweisen und der Arbeit übereinstimmen. Der Einzelne erhält dadurch das Gefühl, dass er sich selbst verwirklichen kann und einen tieferen Sinn in der Arbeit sieht. 34 Petra Bauer-Kaase und Max Kaase: Werte und Wertewandel ein altes Thema und eine neue Facette. https: / / www.diw.de/ documents/ dokumentenarchiv/ 17/ diw_01.c.81790.de/ krupp_14_ bauerkaase.pdf 35 Sheldon, K. M. (2002). The self-concordance model of healthy goal striving: When personal goals correctly represent the person. In E. L. Deci & R. M. Ryan (Eds.), Handbook of self-determination research (pp. 65-86). Rochester, NY: University of Rochester Press. 36 Das Selbstkonkordanz-Modell. https: / / www.sport.uni-freiburg.de/ de/ institut/ Arbeitsbereiche/ psychologie/ psych_proj/ ssk/ sktheorie <?page no="43"?> Für viele Arbeitnehmer ist es entscheidend, sich selbst weiterzuentwickeln und Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz zu erfahren. Solche Arbeitsplätze erfordern andere Aufgabenstellungen; so sollte es wichtig sein, dass der Einzelne seine eigenen Stärken durch die Kompetenzen zielgerichtet in Projekte einbringen kann. Ein solches Arbeitsambiente setzt voraus, dass jemand mit der Arbeit zufrieden ist. Bislang sind Unternehmen eher schwerfällig mit Umstrukturierungen und Innovationen. Eine solche Offenheit ist aber unerlässlich, denn ohne eine grundlegende Veränderung der Unternehmenskulturen ist die Etablierung von New Work nicht möglich. Eine moderne Organisationskultur muss bereit sein, auf die Mitarbeiter einzugehen und deren Bedürfnisse zu erfüllen. Eine solche Umsetzung macht es notwendig, dass in den Unternehmen die Bereitschaft besteht, grundlegende Veränderungen vorzunehmen, die die Leistungsfähigkeit und Innovationsfähigkeit des Unternehmens stärken. Organisationen sollten sich bemühen, Wohlbefinden zu ermöglichen, Souveränität zu realisieren, unternehmerisches Denken zu fördern und Selbstkonkordanz zu unterstützen. Der Einzelne muss die Gelegenheit erhalten, seine Kompetenzen, Qualifikationen und Fähigkeiten im Arbeitsleben vollständig anwenden zu können. Angesichts des immer problematischer werdenden Fachkräftemangels, der mittlerweile viele Branchen erfasst hat, wird diese Forderung, sich im Beruf verwirklichen und die eigenen Ideen realisieren zu können, zunehmend wichtiger. In diesem Kontext spricht man vom Job Crafting 37 ; mit diesem Fachbegriff wird die Möglichkeit bezeichnet, den Arbeitsplatz so zu gestalten, dass er der eigenen Zufriedenheit dient und die Möglichkeit bietet, Ideen und Konzeptionen im Arbeitsalltag einbringen zu können. Die Führungskultur sollte Wert legen auf Sinnhaftigkeit, Freundlichkeit, Entgegenkommen, Respekt und Wertschätzung im Beruf. Neue Arbeitszeitmodelle Das überall anzutreffende Schlagwort „New Work“ bedeutet eine umfassende Revolution des Arbeitens, die alles grundlegend verändert und einen Lifestyle kreiert, der sich durch Flexibilität, Mondänität und Ortsunabhängigkeit auszeichnet. Digitale Arbeit ist zum Zentrum einer stetigen Innovation geworden, die Kreativität, und Selbstverantwortung 37 Tim Geier: Job crafting - Die Arbeit proaktiv gestalten. https: / / www.zeitakademie.de/ e-learning/ blog/ job-crafting/ <?page no="44"?> in den Vordergrund rückt. Das flexible und selbstbestimmte Arbeiten wird in der Zukunft eine herausragende Rolle spielen und einen Umbruch in der Arbeitswelt einleiten. Firmen, die beharrlich am Althergebrachten festhalten, werden früher oder später an Attraktivität einbüßen; schon jetzt gilt mobiles Arbeiten als eines der wichtigsten Kriterien für eine Stellenausschreibung. Insbesondere das Fachpersonal aus der IT-Branche wird Positionen ablehnen, die mobiles Arbeiten von Vornherein ausschließen und als Belastung und Nachteil einstufen. Denn flexible Tätigkeiten erlauben es, statt in den teuren Innenstädten zu leben, sich eine Wohnung oder ein Haus in einer Vorstadt oder auf dem Land zu suchen. Angesichts der Inflation und rapide steigender Immobilienpreise und rekordverdächtiger Mieten möchten Arbeitnehmer eher seltener umziehen und nicht einen stattlichen Anteil ihres Gehalts für das Wohnen aufwenden. In einer florierenden Stadt wie München, die wie kaum eine andere exorbitante Lebenshaltungskosten aufweist, können nur noch Unternehmen mit einer exzellenten Reputation und weit überdurchschnittlichen Gehältern Fachpersonal finden. Allein um in München eine angemessene Wohnung zu finden, benötigt man mehrere Monate und ein überdurchschnittliches Gehalt. Auch das Münchener Umland ist keine Lösung, da dort die Immobilienpreise inzwischen ein sehr hohes Niveau - bei schlechterer Verkehrsanbindung und Infrastruktur - erreicht haben. Immer mehr Arbeitgeber aus der bayerischen Metropole müssen potenziellen Bewerbern bereits Remote Work, wie der Überbegriff für alle Formen des mobilen Arbeitens lautet, für die gesamte Woche anbieten. Mittlerweile benötigt man ein Bruttojahresgehalt in Höhe von 150.000 Euro, um sich in München eine angemessene Immobilie leisten zu können, wie die Wirtschaftswoche berichtet. 38 Bei einem Jahresgehalt von 100.000 Euro wird es bei der Immobiliensuche bereits schwer. Für Experten, die keine Führungskarriere anstreben, ist München bereits unerschwinglich und eine No-Go-Area für die unbeschwerte berufliche Zukunft. Selbst IT-Experten und hochqualifizierte Akademiker wie Ingenieure meiden die Metropole. Apple musste sogar einen Standort in der Nähe des Hauptbahnhofs wählen, um die 38 Wohnen in München: „Mit 100.000 Euro Jahresgehalt wird die Luft extrem dünn“. https: / / www.wiwo.de/ politik/ deutschland/ wohnen-in-muenchenmit-100-000-euro-jahresgehalt-wird-die-luft-extrem-duenn/ 26742280.html <?page no="45"?> schnelle Erreichbarkeit und das Pendeln der Mitarbeiter zu erleichtern. Eine Umfrage der renommierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC ergab, dass 44 Prozent der Münchener ernsthaft darüber nachdenken, zu kündigen oder zumindest München zu verlassen und umzuziehen. 39 Auch in anderen deutschen Großstädten wie beispielsweise Stuttgart, Frankfurt am Main, Hamburg, Berlin und Düsseldorf erreichen die Immobilienpreise und die Mieten Rekordhöhen. Viele Arbeitgeber, die das Homeoffice ablehnen, verkennen, dass sie es sich gar nicht leisten können, auf Remote Work zu verzichten. Denn in attraktiven Branchen wie der IT, wo der Fachkräftemangel besonders akut ist, werden Bewerber kaum bereit sein, einen Großteil ihres Gehaltes für das Wohnen in überteuerten Großstädten aufzuwenden und sich auf eine ungewisse und mühselige monatelange Wohnungssuche zu begeben. Erschwerend kommen eine immer schneller steigende Inflation hinzu und hohe Lebenshaltungskosten - insbesondere für Energie. Ganz anders sieht die Situation für digitale Nomaden aus. Sie können ihren Arbeitsort frei wählen und profitieren von den lukrativen wirtschaftlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen anderer Länder. Beispielsweise zieht es immer mehr IT-Experten nach Lissabon, wo ein sonniges Klima, ein angenehmes Ambiente, die Nähe des Meeres, umfangreiche Steuervorteile und ein lässiges Savoir-vivre Fachkräfte aus aller Welt begeistern. 40 In Portugal sind die Lebenshaltungskosten erheblich niedriger als in Deutschland; das Land gilt als sicher und stabil und bietet ein angenehmes Klima, wobei die Temperaturen ganzjährig zwischen 18 und 32 Grad liegen. 41 39 Wohnen in München: „Mit 100.000 Euro Jahresgehalt wird die Luft extrem dünn“. https: / / www.wiwo.de/ politik/ deutschland/ wohnen-in-muenchenmit-100-000-euro-jahresgehalt-wird-die-luft-extrem-duenn/ 26742280.html 40 Digitale Nomaden nutzen die Steuervorteile Portugals. https: / / www.theportugalnews.com/ de/ nachrichten/ 2021-07-30/ digitale-nomaden-nutzen-diesteuervorteile-portugals/ 61431 41 Als digitaler Nomade nach Portugal: 10 gute Gründe. https: / / www.provisit.com/ de/ themen/ portugal/ als-digitaler-nomade-nach-portugal <?page no="46"?> Remote Work in Form des Homeoffice stellt deshalb auch im weltweiten Maßstab eine interessante Lösung dar. Das nervenaufreibende und zeitaufwändige Pendeln, das zu einer zunehmenden Belastung wird, entfällt, und die Lebensqualität ist im Haus mit eigenem Garten und einem separaten und gut ausgestatteten Arbeitszimmer höher zu bewerten. In Zukunft wird niemand mehr bereit sein, in einer Metropole wie München mit teuren Wohnungen und überzogenen Immobilienpreisen arbeiten zu wollen, wenn der Arbeitgeber diesen Nachteil nicht durch eine wesentlich höhere Vergütung oder dauerhafte lukrative Zusatzleistungen kompensiert. Natürlich wird das Wohnen auf dem Dorf oder dem flachen Land kaum eine langfristige Alternative für verwöhnte Städter sein; dennoch werden teure Metropolen qualitativ hochwertige Arbeitsbedingungen und überdurchschnittliche Gehälter bieten müssen. Regionen mit dürftiger Infrastruktur werden künftig Schlusslichter und Verlierer auf dem Arbeitsmarkt sein. Das Homeoffice eröffnet völlig neue Möglichkeiten und ungeahnte Potenziale. Unternehmen, die diesen Trend ignorieren oder für eine merkwürdige Modeerscheinung erachten, werden früher oder später an Reputation verlieren. Angesichts der demografischen Entwicklung und des fortschreitenden Fachkräftemangels, der immer mehr Branchen erfasst, spielt das Employer Branding und der Stellenwert eines Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt eine ausschlaggebende Rolle. New Work, Work-Life-Blending und Arbeiten 4.0 sind Aspekte, die die Arbeitsorganisation der Zukunft maßgeblich prägen werden. Diese Arbeitsformen sind für immer mehr Beschäftigte besonders entscheidend und ermöglichen ein hohes Maß an Flexibilität und Autonomie. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zum Fachkräftemangel in Deutschland zeigt auf, dass insbesondere im Bereich der Berufsausbildung ein drastischer Mangel an Fachkräften und Auszubildenden vorherrscht. 48 Prozent der Unternehmen suchen Arbeitskräfte mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung. Bei den Akademikern beträgt der Prozentsatz 27 Prozent. Besonders dramatisch ist der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen und in der Pflege. Auch einige Bundesländer wie Bayern, Brandenburg, Rheinland-Pfalz leiden besonders unter Personalengpässen. 42 74,3 Prozent der befragten Unternehmen versuchen den Fachkräftemangel 42 Fachkräftemangel in deutschen Unternehmen größer als erwartet. https: / / www.bertelsmann-stiftung.de/ de/ themen/ aktuelle-meldungen/ 2021/ november/ fachkraeftemangel-in-deutschen-unternehmen-groesser-als-erwartet <?page no="47"?> durch eine eigene betriebliche Ausbildung zu kompensieren; 41,1 Prozent möchten eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf anstreben, und 38,8 Prozent der Unternehmen bemühen sich, Weiterbildungsmöglichkeiten im Betrieb zu erweitern. 43 Darüber hinaus hat die Einrichtung von Homeoffice oder die Einführung von Telearbeit eine beträchtliche Auswirkung auf das Image des jeweiligen Unternehmens. Remote Work kann das Employer Branding, also die Reputation eines Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt, merklich steigern. Es ergeben sich durch die Einführung von Telearbeit sehr gute Effekte bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der Work- Life-Balance. Dadurch, dass die Eltern zu Hause arbeiten, haben sie mehr Möglichkeiten, sich um die Kinder zu kümmern oder beispielsweise bei schulischen Aufgaben Hilfestellungen zu leisten; darüber hinaus trägt das Homeoffice dazu bei, dass das Vertrauen in das Unternehmen gestärkt wird und die Mitarbeiter ein größeres Engagement bei betrieblichen Belangen zeigen. Das höhere Maß an Flexibilität fördert die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit, was die Mitarbeiter durch ein größeres Engagement und eine verstärkte Leistungsbereitschaft honorieren. Ein internationales Ranking, das die Wettbewerbsfähigkeit von Ländern misst, ist das IMD World Competitiveness Ranking. Im Jahr 2021 belegte den ersten Platz die Schweiz, die im Jahr 2020 noch auf dem dritten Platz firmierte. Auf Platz 2 folgt Schweden, und den dritten Platz nimmt Dänemark ein. Die Niederlande erreichen Platz 4 und Singapur Platz 5. Wettbewerbsfähigkeit (IMD World Competitiveness Ranking) 44 : 1. Schweiz 2. Schweden 3. Dänemark 4. Niederlande 5. Singapur 6. Norwegen 43 Fachkräftemangel in deutschen Unternehmen größer als erwartet. https: / / www.bertelsmann-stiftung.de/ de/ themen/ aktuelle-meldungen/ 2021/ november/ fachkraeftemangel-in-deutschen-unternehmen-groesser-als-erwartet 44 https: / / www.imd.org/ centers/ world-competitiveness-center/ rankings/ world-competitiveness/ <?page no="48"?> 7. Hongkong Deutschland muss sich mit Platz 15 zufriedengeben und ist im Ranking um zwei Positionen aufgestiegen. Von 64 untersuchten Staaten belegt Venezuela den letzten Platz. Auch das Homeoffice spielt bei der Betrachtung, ob ein Land innovativ und wettbewerbsfähig ist, eine wichtige Rolle. Es muss aber auch mit einbezogen werden, dass Remote Work mit erheblichen Nachteilen verbunden sind; so kann es beispielsweise zu einem erhöhten organisatorischen Aufwand kommen, wenn verschiedene Tätigkeiten und eine Vielzahl unterschiedlicher Projekte koordiniert werden müssen. Aufgrund von Anlaufschwierigkeiten kann es zu einer Beeinträchtigung der Arbeitsleistung kommen, wenn Projekte nicht sinnvoll aufeinander abgestimmt sind, wenn die Befugnisse und die Verantwortlichkeiten nicht klar definiert wurden und es allgemein zu einer problematischen Koordination verschiedener einzelner Aktivitäten kommt. Darüber hinaus resultiert ein weiterer Nachteil daraus, dass die Teamfähigkeit leiden könnte. Denn das digitale Meeting ersetzt nicht Präsenzveranstaltungen, da bei diesen die Wahrnehmung der Körpersprache und die Interpretation der Kommunikation besser sind. Wesentlich schwieriger ist es, in einem virtuellen Meeting wahrgenommen zu werden. Es muss gewährleistet sein, dass der Datenschutz lückenlos eingehalten wird. Dies setzt sichere Systeme voraus und ausgezeichnete IT-Fertigkeiten; bei vielen Mitarbeitern fehlen die erforderlichen Kompetenzen, um beispielsweise beurteilen zu können, wann die Datensicherheit in einem System nicht mehr gewährleistet ist. Dies ist besonders der Fall, wenn die Mitarbeiter zu Hause eigene PCs, Laptops oder Tablets nutzen (Bring your own device, BYOD), die möglicherweise nicht aktualisiert worden sind und Sicherheitslücken aufweisen. Die IT-Abteilung ist gefordert und muss sicherstellen, dass die Datensicherheit und Betriebssicherheit der IT-Systeme gewährleistet sind. Zudem ist im Homeoffice die Kontrolle der Arbeitszeit nur in geringerem Maße möglich. Es gibt zwar moderne Arbeitszeiterfassungssysteme, aber diese können dennoch nur unzulänglich kontrolliert werden. So kann es beispielsweise aufgrund der ständigen Einsatzbereitschaft zu einer unzulässigen Überschreitung der Arbeitszeit kommen, und diese Situation kann dazu führen, dass die Flexibilisierung der Arbeit im Homeoffice ausgenutzt wird und sich zu einer zusätzlichen Belastung für die Arbeitnehmer entwickelt. <?page no="49"?> Das Thema der Zeiterfassung, das durch ein Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs bereits Priorität erlangt, wurde durch die Pandemie und das Arbeiten von zuhause aus noch wichtiger. Eine umfassende Aufzeichnung aller Arbeitszeiten ist in Deutschland nicht notwendig. Jedoch müssen nach dem Arbeitszeitgesetz alle Stunden, die über die werktägliche Arbeitszeit hinausgehen („Überstunden“) detailliert aufgezeichnet werden. Diese Regelung gilt sowohl für den klassischen Bürojob als auch für Remote Work (mobiles Arbeiten, Homeoffice, alternierende Telearbeit). Das System muss objektiv, verlässlich und zugänglich sein. 45 Nur Mitarbeiter, die aufgrund ihres hohen Gehalts (76.200 Euro im Westen, Stand: 2021) als außertariflich eingestuft werden oder als Führungskräfte gelten, müssen keine Überstunden dokumentieren. Das Konzept des Homeoffice umfasst noch weitere Aspekte, die ebenso wichtig sind und prioritär behandelt werden sollten; hierzu gehört beispielsweise die Ausgestaltung von Weiterbildungsmaßnahmen und die Möglichkeit, Qualifizierungen zu verbessern. Solange New Work nur auf den Begriff Homeoffice reduziert wird, findet diese Debatte nur unzureichend statt. Um mehr Arbeitssouveränität zu ermöglichen, unternehmerisches Denken zu fördern und auch die Partizipation der Mitarbeiter zu stärken, wird vorausgesetzt, dass interkulturelle Umgangsformen und Kommunikationsmöglichkeiten in der Arbeitswelt verankert werden. Es genügt nicht, im Unternehmen eine neue Architektur zu etablieren oder mehr Schreibtische anzubieten sowie Obstkörbe bereitzustellen, sondern die Arbeitsweise selbst muss sich grundlegend ändern und den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht werden. Hierzu gehören neue Formen der digitalen Kollaboration. Das Konzept der Arbeitssouveränität umfasst mehrere Ebenen 46 : strukturelle Ebene (Unternehmensorganisation) 45 Zeiterfassung im Homeoffice: Pflicht oder Option? https: / / www.hrworks.de/ news/ zeiterfassung-im-homeoffice/ 46 Köffer, S. & Urbach, N. (2018). Die Digitalisierung der Wissensarbeit - Unternehmen im Spagat zwischen Innovation und Kontrolle. In J. Hofmann (Hrsg.), Arbeit 4.0 - Digitalisierung, IT und Arbeit, IT als Treiber der digitalen Transformation (S. 17-28). Springer Vieweg. <?page no="50"?> Handlungsebene (Mitarbeiter: innen und deren Kompetenzen) Arbeitszeitebene (Zeitunabhängigkeit) räumliche Ebene (Ortsunabhängigkeit) Während der Corona-Pandemie nahm der Umfang der Arbeitssouveränität sprunghaft zu. In einer Befragung wurde ermittelt, dass 61 Prozent der Beschäftigten wesentlich mehr Verantwortung und Entscheidungsspielräume erhielten und dass 58,4 Prozent ein stärkeres Maß an Ortsunabhängigkeit erreichten. 47 Freelancing und Crowdworking Mit der zügigen Verbreitung des mobilen Arbeitens nimmt das digitale Modell erheblich an Bedeutung zu. In Zukunft wird es immer mehr Crowd- und Clickworker geben, die eigenverantwortlich kleinere Aufgaben für das Unternehmen übernehmen und eine Effizienzsteigerung erzielen. Solo-Selbstständige werden in Zukunft einen höheren Stellenwert haben als bislang. Die Digitalisierung bedingt eine höhere Flexibilität und eine Ausweitung neuer Möglichkeiten. Der traditionelle Arbeitsplatz wird zunehmend verschwinden und durch dynamischere Formen der Arbeitsorganisation ersetzt. Eine Studie gelangt für die USA zu dem Ergebnis, dass in den kommenden 10 bis 20 Jahren 47 Prozent der Arbeitsplätze automatisiert werden könnten. 48 Das Homeoffice verbreitet sich in immer mehr Branchen und trägt dazu bei, dass die Arbeitsplätze sich grundlegend wandeln. Die Art und Weise, wie wir in Zukunft arbeiten werden, hängt von der Innovationsfähigkeit der Unternehmen und deren Bereitschaft ab, die Arbeitsverhältnisse zu flexibilisieren. 47 von Garrel, Jörg; Ansgar Düben: Selbstbestimmung und Motivation bei der Projektarbeit - Eine empirische Analyse zum souveränen Arbeitshandeln. https: / / rdcu.be/ cL2Dj 48 Frey, C. und Osborne, M. A. (2013): The Future of Employment: How Susceptible are Jobs to Computerization? University of Oxford. <?page no="51"?> Deshalb wird in Zukunft Remote Work sich immer mehr etablieren, da diese Arbeitsform den Arbeitnehmern mehr Flexibilität und Innovationsfähigkeit zugesteht, was vor allem für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie von Relevanz ist. 49 Erstaunlicherweise hatten bis vor der Pandemie 85 Prozent der Beschäftigten keinerlei Erfahrung mit dem Arbeiten im Homeoffice. In immer mehr Unternehmen wird sich die Ansicht durchsetzen, dass das Arbeiten von zuhause aus mit etlichen Vorteilen verknüpft ist, sodass die Attraktivität eines Arbeitgebers davon abhängt, in welchem Umfang er der Belegschaft ein Homeoffice anbieten kann. Immer mehr Arbeitnehmer wünschen sich eine Flexibilisierung der Arbeitszeit und mehr Freiraum bei der Lösung von Arbeitsaufgaben. Angesichts des demografischen Wandels wird es immer wichtiger, innovativ im Unternehmen zu handeln und sich den neuen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu stellen. 50 Das Homeoffice wird im Arbeitsalltag zur Normalität, und Arbeitnehmer haben ihren Schreibtisch zu Hause. Die Homeoffice-Pflicht, die eingeführt wurde, hat dazu beigetragen, dass eine Flexibilisierung der Arbeitsorganisation in vielen Branchen eintrat. Beispielsweise konnten Dienstleistungsbranchen diese Arbeitsformen großflächig einsetzen. Zudem führte die Bundesregierung weitere Erleichterungen ein, die mit der Homeoffice-Pflicht einhergehen. Hierzu gehört beispielsweise eine Homeoffice-Pauschale, die im Steuerrecht verankert wurde. Inzwischen gilt es als ausgemacht, dass das Homeoffice immer mehr zu einer Normalität wird und das Arbeitsleben der Menschen prägt. Es wird damit gerechnet, so das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln, dass in Zukunft mehr als 40 Prozent der deutschen Arbeitnehmer von zuhause aus arbeiten könnten und dass das Potenzial bei 49 Arbeiten im Homeoffice. https: / / www.haufe.de/ arbeitsschutz/ gesundheitumwelt/ das-macht-es-mit-uns-arbeiten-im-homeoffice_94_514430.html 50 Bertelsmann Stiftung (2016): Auf dem Weg zum Arbeitsmarkt 4.0? Mögliche Auswirkungen der Digitalisierung auf Beschäftigung und Arbeit in Deutschland bis 2030; Juliane Landmann und Stefan Heumann (Hrsg). <?page no="52"?> weitem noch nicht ausgeschöpft ist; Remote Work ist zu einem unverzichtbaren Teil der Arbeitswelt geworden und wird sich weiter durchsetzen. 51 Dennoch gibt es Arbeitnehmer, die sich mit dieser neuen Form der Arbeitsorganisation nicht anfreunden können und sich über Schwierigkeiten beklagen. Hierzu gehören zum Beispiel chronische Schmerzen, die durch das lange Sitzen auf ungeeigneten, nicht ergonomischen Büromöbeln verursacht werden. Viele empfinden es als Belastung, wenn sie zu Hause Kinder haben oder durch Lärm und andere Faktoren empfindlich gestört werden. Das Homeoffice erfordert ein hohes Maß an Selbstorganisation, Selbststeuerung und Disziplin, um die fälligen Aufgaben in der entsprechenden Zeit zu lösen. Manche beklagen sich über die zunehmende Vereinsamung und Isolierung und können sich mit der Arbeit im Homeoffice nicht anfreunden. Dennoch befürworten die meisten Beschäftigten das Arbeiten von zuhause. Eine Untersuchung stellte fest, dass die Produktivität der Arbeitnehmer im Homeoffice deutlich steigt. Bisweilen wurde sogar ein Produktivitätsanstieg in Höhe von über 30 Prozent registriert. Eine aktuelle DGB-Studie 52 kommt zu der Auffassung, dass ein Großteil der Arbeitnehmer aufgrund der Homeoffice-Pflicht auf teure Dienstreisen verzichtete und dadurch weniger belastet wurde. 53 Für die Unternehmen hat die Homeoffice-Pflicht den Vorteil, dass Büroflächen eingespart und kleinere Räume angemietet werden können; vor allem in der Finanz- und Versicherungsbranche stellt dies einen be- 51 DIW Wochenbericht: Home Office: Möglichkeiten werden bei weitem nicht ausgeschöpft. https: / / www.diw.de/ de/ diw_01.c.525999.de/ wochenberichte/ home_office_moeglichkeiten_werden_bei_weitem_nicht_ausgeschoepft.html@ 52 Report 2021: Unter erschwerten Bedingungen - Corona und die Arbeitswelt. https: / / index-gute-arbeit.dgb.de/ ++co++034808ca-493c-11ec-99ed- 001a4a160123 53 Report 2020: Mehr als Homeoffice - mobile Arbeit in Deutschland. https: / / index-gute-arbeit.dgb.de/ ++co++6bbbd7ec-0c7f-11eb-8fc7- 001a4a160123 <?page no="53"?> achtliche Kosteneinsparung dar, die sich langfristig rechnet, zumal die Immobilienkosten in den vergangenen 10 Jahren erheblich gestiegen sind. Daher sind die Prognosen für eine Expansion der Office-Pflicht sehr zuversichtlich. Das europäische Wirtschaftsforschungsinstitut rechnet damit, dass ein Großteil der Unternehmen auch nach der Pandemie das Homeoffice als Teil der Arbeitsorganisation befürworten wird. Es wird geschätzt, dass 74 Prozent der Unternehmen an Remote Work festhalten werden. 54 Die Einführung der Homeoffice-Pflicht verlief nicht reibungslos; denn viele Arbeitnehmer mussten zu Hause feststellen, dass sie nicht den richtigen Arbeitsplatz und keine ergonomischen Stühle hatten, die ihnen ein reibungsloses Arbeiten ermöglichten. Auch die Erstattung der Aufwendungen und der zusätzlichen Arbeitsmittel war bei vielen Arbeitnehmern völlig unzureichend, zumal viele von ihnen gar keine Software, eine Einführung oder Qualifizierung oder weitere Unterstützung vom Arbeitgeber erhielten. Ein beachtlicher Pluspunkt des Homeoffice besteht darin, dass der Arbeitsweg entfällt. Die Digitalisierung und kollaboratives Arbeiten Der klassische industrielle Arbeitsplatz, der vor allem die Automobilindustrie beeinflusst hat, verliert an Bedeutung und wird zur Hürde in einer Weltwirtschaft, die auf immer größere Produktivitätssteigerungen angewiesen ist. In den vergangenen Jahren zeigte sich, dass die Weltwirtschaft immer stärker zu einer Segmentierung in Handelsblöcken tendiert und dass das Zeitalter, das im Jahr 1990 mit dem Ende des Kalten Krieges begann, sich dem Ende zuneigt. Durch die Auflösung der Blöcke schien damals die Vision eines freien ungehinderten, prosperierenden Welthandels greifbar nah, und zahlreiche Länder, die bislang vom Welthandel abgeschottet waren, haben von dieser Öffnung profitiert. Insbesondere China stieg innerhalb von drei Jahrzehnten zu einer der bedeutendsten Volkswirtschaften der Welt 54 Christiane Flüter-Hoffmann; Oliver Stettes: Homeoffice nach fast zwei Jahren Pandemie. https: / / www.iwkoeln.de/ studien/ christiane-flueter-hoffmann-oliver-stettes-homeoffice-nach-fast-zwei-jahren-pandemie.html <?page no="54"?> auf. Aufgrund der höheren Wettbewerbsintensität sanken die Preise für Produkte und Dienstleistungen, was in eine lange Phase der Niedriginflation mündete. Ein goldenes Zeitalter der Börse begann nach 2010, und viele Technologieunternehmen stiegen im Ranking auf und überflügelten alle anderen Branchen. Doch nun besteht die Gefahr, dass es erneut zu einer Abschottung verschiedener Regionen kommt. Diese schon zu beobachtende Segmentierung des Welthandels wird höhere Preise, Handelshemmnisse und eine stark steigende Inflation nach sich ziehen. Hinzu kommt, dass die Pandemie die Lieferketten erheblich beeinträchtigt hat und dramatische Versorgungsengpässe bedingt. Letztlich bedeutet diese Situation für die Unternehmen, dass mehr Anstrengungen erforderlich sind und eine höhere Innovationsfähigkeit unerlässlich ist, um sich auf sich rasch wandelnden Weltmärkten zu behaupten. Eine umfassende Digitalisierung ist notwendig. Charakteristisch für die zunehmende Digitalisierung sind folgende Aspekte: Einsatz von künstlicher Intelligenz Business Analytics Data Science, Big Data Cloud Computing Automatisierung und Digitalisierung Robotik Virtualisierung und Metaversum Insofern ist die Etablierung von Remote Work nur die Manifestation eines tiefgreifenden Wandels in der Weltwirtschaft und der Arbeitswelt, der sich auf alle Bereiche erstreckt. Die Menschen haben während der Pandemie erkannt, dass eigenverantwortliches und ortsunabhängiges Arbeiten genauso so effizient ist wie das herkömmliche Arbeitsmodell, und sie wollen sich nun selbst verwirklichen, autonom Entscheidungen treffen und eigenverantwortlich handeln. Digitale Tätigkeiten erfordern nämlich ein beträchtliches Maß an Flexibilität, unternehmerischem Denken, hohen Qualifikationen und Innovationsfähigkeit. Die Digitalisierung beeinflusst immer mehr Sektoren und sorgt für enorme Produktivitätszuwächse. Unternehmen, die die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt haben und krampfhaft an den alten Arbeitsmodellen des Industriezeitalters festhalten, werden bei den <?page no="55"?> besten und am höchsten qualifizierten Mitarbeitern außer Acht gelassen und den erbitterten weltweiten Wettlauf um die besten Talente verlieren. Für immer mehr abhängig Beschäftigte ist es nämlich äußerst wichtig, dass sie flexibel und autonom arbeiten können und ein hohes Maß an Teilhabe realisieren können. Das Recht auf Homeoffice bzw. mobiles Arbeiten wird sich immer mehr durchsetzen, und Unternehmen, die sich diesem Fortschritt verschließen, werden auf dem Arbeitsmarkt nur noch zweite oder dritte Wahl sein und für viele hoch qualifizierte Arbeitnehmer unattraktiv werden. Um dies zu verhindern es ist wichtig, dass Unternehmen sich mit diesem neuen Konzept von Remote Work intensiver befassen und diese Arbeitsorganisation in der Praxis umsetzen. New Work und New Business bedeuten, dass Produktivitätspotenziale erschlossen werden und Innovation in allen Bereichen spürbar beschleunigt wird. Ein solches Unterfangen ist nur möglich, wenn die einzelnen Beschäftigten in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen und ihre Fähigkeiten und Potenziale in vollem Umfang in den betrieblichen Alltag einzubringen. Ein solches Arbeitskonzept, das auf Vertrauen basiert, setzt natürlich eine sehr hohe intrinsische Motivation bei den Arbeitnehmern voraus. Es ist angesichts des Umbruchs in der Weltwirtschaft und der informationstechnologischen Disruption wichtig, dass die digitale Transformation schnellstmöglich umgesetzt und realisiert wird. Angesichts des verschärften Wettbewerbs in der Weltwirtschaft und der zunehmenden Krisen ist es unabdingbar, dass Unternehmen sich gezielt mit den neuen Arbeitsformen auseinandersetzen und diese auch neu bewerten. Wer hier zaudert, läuft Gefahr, dass das Unternehmen hinsichtlich der Innovations- und der Wettbewerbsfähigkeit an Potenzial deutlich verliert. Schon heute sind nicht wenige Unternehmen nach der schweren Pandemie und den zahlreichen Verwerfungen, die sie ausgelöst hat, kaum noch wettbewerbsfähig und auf die unterschiedlichsten Formen der staatlichen Alimentierung (Kurzarbeitergeld, Wirtschaftshilfen und Subventionen) angewiesen. Moderne Wirtschaftssysteme setzen voraus, dass Menschen von sich aus innovativ, ideenreich und konstruktiv arbeiten. Immer noch gibt es unzählige Firmen, in denen faktisch Formen der Arbeitsorganisation vorherrschen, die die Produktivität einschränken und behindern. Um nun einen innovativen Sprung zu machen, ist es ratsam, sich mit New Work und mobilem Arbeiten auseinanderzusetzen <?page no="56"?> und auch für innovative und hochproduktive Fachkräfte ein geeignetes Arbeitsumfeld zu schaffen, das die Produktivität und den Ideenreichtum beflügelt. Bestimmte Soft Skills wie die Selbstorganisationsfähigkeit werden in Zukunft eine große Rolle spielen . 55 Durch die Pandemie wurde sehr schnell deutlich, dass es von entscheidender Bedeutung ist, digitale Formen der Arbeit gezielt zu implementieren. Denn nur auf diese Weise ist es möglich, den beträchtlichen Herausforderungen gerecht zu werden und neue Ideen zu realisieren. Die klassische tayloristische Arbeitsorganisation, die in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts eingeführt und in der Automobilproduktion großflächig umgesetzt wurde, stellt nun ein enormes Hemmnis dar, denn sie beeinträchtigt die Innovationsfähigkeit der Angestellten und erweist sich als eine obsolete Konzeption der Unternehmensorganisation, die in einer digitalen Wirtschaft rückständig und veraltet anmutet. Es gibt noch immer viele Vorgesetzte, die es für unbedingt notwendig halten, Mitarbeiter minutiös und detailliert zu kontrollieren. Diese wenig konstruktive und fast schon pathologische Einstellung zeugt von einer hohen Unsicherheit, mangelndem Selbstvertrauen und von einem Defizit an Innovationsfähigkeit. Das Unternehmen sollte sich in einem solchen Kontext fragen, ob es eine sinnvolle, zukunftsorientierte und produktive Personalpolitik betreibt, die die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens nachhaltig sichert. Aufgrund der langen Tradition solcher fragwürdiger Arbeitsformen mit kleinteiligen Vorgaben, atomistisch gegliederten Arbeitsschritten und engmaschigen Kontrollen sind viele Mitarbeiter es nicht gewohnt, ihren Arbeitsalltag eigenständig und souverän zu strukturieren und zu planen. Doch das Unternehmen sollte sich fragen: Wie kann die Wettbewerbsfähigkeit für die nächsten Jahrzehnte gewährleistet werden, wenn die eigenen Mitarbeiter schon daran kläglich scheitern, eigenverantwortlich ein Projekt zu managen? Die Personalabteilung sollte großen Wert darauf legen, dass Mitarbeiter imstande sind, ohne exakte und detaillierte Instruktionen ein Projekt in eigener Regie zu gestalten und termingerecht abzuschließen. 55 Apt, W.; Bovenschulte, M.; Hartmann, E.A; Wischmann, S. (2016): Foresight-Studie „Digitale Arbeitswelt“. Online: http: / / www.bmas.de/ DE/ Service/ Medien/ Publikationen/ Forschungsberichte/ Forschungsbe-richte-Arbeitsmarkt/ fb-463-digitale-arbeitswelten.html <?page no="57"?> Ein partizipativer Führungsstil, der Mitarbeiter in allen Belangen fördert und Aufgaben sinnvoll delegiert, ist heutzutage eine Selbstverständlichkeit. Insbesondere im IT-Bereich, der sich durch hohe Gehälter und überdurchschnittliche Qualifikationen auszeichnet, sind es Mitarbeiter nicht gewohnt, einen dirigistischen Führungsstil und hierarchische Strukturen vorzufinden, die jegliche Eigeninitiative im Keim ersticken. Hier riskiert das Unternehmen eine beträchtliche Personalfluktuation mit den entsprechend hohen Kosten für das Onboarding und die Einarbeitung neuer Mitarbeiter, wenn es mobiles und flexibles Arbeiten von Vornherein ausschließt. Wer am Bestehenden und den traditionellen Strukturen festhält, wird spätestens in einigen Jahren sichtbare Probleme haben, qualifiziertes Personal zu finden, das bereit ist, zu solchen Konditionen sich langfristig an das Unternehmen zu binden. Schon jetzt steigen die Ansprüche insbesondere infolge des demografischen Wandels, der sich in den kommenden Jahren noch erheblich verschärfen wird, so dass es sich kein Unternehmen mehr leisten kann, den Status quo und die Bräsigkeit schwerfälliger und rigider Unternehmensstrukturen zu verewigen. Wer noch immer zahlreiche Führungsebenen hat und der Auffassung ist, jeden Mitarbeiter genau kontrollieren zu müssen, mobiles Arbeiten für ein Synonym für Freizeit hält und jeden Schritt überwacht, wird als dritte Wahl auf einem dynamischen Arbeitsmarkt gelten, der sich immer schneller wandelt und höhere Anforderungen stellt. Schon jetzt ist in den Stellenanzeigen allenthalben mobiles Arbeiten gefragt. Hierarchische Strukturen, kleinliche Vorgaben und autokratisches Gehabe werden immer seltener akzeptiert. Ein Informatiker, der die neuesten Technologien beherrschen muss und mit Cloud Computing und maschinellem Lernen vertraut ist, wird sich kaum von einem Vorgesetzten belehren lassen, dessen Führungsstil streng hierarchischen Strukturen huldigt. Durch die Internationalisierung sind Lifestyles und Arbeitsweisen, wie sie im Silicon Valley selbstverständlich praktiziert werden, auch in anderen Teilen der Welt bekannt. Sie fungieren als Leitbild und werden dann auch in Unternehmen hierzulande eingefordert. In der deutschen IT-Branche sind einem Bericht der Bitkom zufolge im Jahr 2021 96.000 Arbeitsplätze unbesetzt. 65 Prozent aller Unternehmen haben einen Mangel an IT-Fachkräften. 66 Prozent der Unternehmen gehen davon aus, dass sich dieser Trend in Zukunft noch deutlich verschlimmern wird. Durch die Pandemie ist der Bedarf an <?page no="58"?> IT-Experten drastisch gestiegen. 56 Insbesondere Softwareentwickler und IT-Projektmanager sind schwer zu finden. 41 Prozent der Unternehmen suchen dringend Softwareentwickler. 57 Angesichts dieser schwierigen Situation stellen die Ortsunabhängigkeit und das mobile Arbeiten einen Pluspunkt dar. Schon jetzt fragen immer mehr Bewerber in den Vorstellungsgesprächen welche Möglichkeiten, mobil, eigenständig und flexibel zu arbeiten, es gibt. Diese Dynamik hat nämlich für alle Beteiligten bedeutsame Vorteile, die sich durch ein höheres Gehalt oder einige betriebliche Boni nicht aufwiegen lassen. So entfällt das Pendeln zum Arbeitsplatz, das in Anbetracht der hohen Mieten und Immobilienpreise in Großstädten bisweilen bis zu zwei Stunden dauern kann. Außerdem hat der Arbeitnehmer zu Hause mehr Möglichkeiten, Aufgaben flexibel und zu verschiedenen Tageszeiten zu bearbeiten. Eltern erhalten die Möglichkeit, ihre Kinder parallel zur Arbeit zu betreuen. Unternehmen müssen sich auch Gedanken über die Architektur, die Anordnung der Arbeitsplätze, die Arbeitsplatzsicherheit und die Weiterqualifizierung Gedanken machen. Wenn mehr Beschäftigte zu Hause ihre Arbeit verrichten, muss das Terminmanagement einen höheren Stellenwert erlangen. Großraumbüros sind ebenso fragwürdig wie sinnentleerte stundenlange Meetings, die nur der Selbstdarstellung von Führungskräften dienen und um Banalitäten kreisen. Wie wenig Unternehmen auf diesen rigorosen Wandel vorbereitet waren, offenbarte die Pandemie. Selbst in kritischen Phasen, als noch keine Impfung verfügbar war und eine Infektion ein todbringendes Ereignis bedeuten konnte, gab es Unternehmen, die rücksichtslos und unbelehrbar darauf bestanden, dass auch in Großraumbüros alle Angestellten anwesend sein müssen, obwohl mobiles Arbeiten jederzeit möglich gewesen wäre. So viel Realitätsverweigerung zeugt von einem erschreckenden Unwissen, wie die Weltwirtschaft im 21. Jahrhundert funktioniert, und der mangelnden Bereitschaft, sich der Wirklichkeit zu stellen. 56 Bastian Pauly: IT-Fachkräftelücke wird größer: 96.000 offene Jobs. https: / / www.bitkom.org/ Presse/ Presseinformation/ IT-Fachkraeftelueckewird-groesser 57 ebd. <?page no="59"?> Wirklich innovative Unternehmen haben längst das beachtliche Potenzial der mobilen Arbeit erkannt und realisiert. Beispielhaft dafür sind Unternehmen, deren Beschäftigte über den ganzen Globus verteilt sind und von dort aus die Aufgaben eigenständig erledigen. Dass es auch anders geht, als Mitarbeiter in Großraumbüros zu pferchen und den Kaffeeklatsch als produktive Arbeitszeit auszugeben, beweisen moderne Unternehmen, die auf Innovation und Weltläufigkeit setzen. Ein typisches Beispiel ist das Unternehmen Komoot , das eine Plattform für Outdoor-Aktivitäten anbietet. Das Unternehmen, das vorwiegend Softwareentwickler beschäftigt, hat Mitarbeiter auf der ganzen Welt, die vor Ort angestellt werden und remote arbeiten. Die Koordination erfolgt über Videocalls und so genannte Gatherings, die auf Mallorca, in Frankreich oder auf Teneriffa stattfinden können. Dieses Geschäftsmodell wurde bereits viele Jahre vor dem Beginn der Pandemie eingeführt und erfolgreich praktiziert . 58 Das setzt Mitarbeiter voraus, die motiviert sind und jederzeit die Bereitschaft zeigen, sich intensiv und gründlich in ein neues Arbeitsgebiet einzuarbeiten und alle Aufgaben zu erledigen. Gerade hierarchisch strukturierte Unternehmen und Konzerne ziehen Mitarbeiter an, die eher gelangweilt, unmotiviert sind und frustriert agieren und nicht eigenständig arbeiten können. Durch die abrupte Einführung des Homeoffice wird sehr schnell erkennbar, welche Mitarbeiter ihre Arbeitszeit früher vor allem in der Teeküche verbracht, Geschäftigkeit vorgespiegelt und Fleiß vorgetäuscht haben. Inkompetente Mitarbeiter, Blender und nachlässige Angestellte fallen im Homeoffice wesentlich schneller durch mangelnde Zielerreichung und unzulängliche Ergebnisse auf. Sie sind nicht in der Lage, sorgfältig zu arbeiten, Projektziele zu erreichen und beharrlich weiterzuarbeiten. Diese Leistungsversager vermissen den üblichen stundenlangen Klatsch auf dem Flur als Zeitvertreib, das endlose Geplauder in der Kantine, die zahlreichen Pausen, die Meetings und die nebensächlichen Tätigkeiten, die deren Inkompetenz kaschieren sollen. 58 Die Remote-Firma KOMOOT stellt sich vor und verrät, worauf es ankommt. https: / / new-work-life.com/ remote-unternehmen-komoot/ <?page no="60"?> Design Thinking und New Work Ein zentraler Terminus, der die neuen Organisationsformen beschreibt, ist der Begriff New Work, der als Sammelbegriff verschiedene alternative Arbeitsmodelle und Formen zusammenfasst. Unter Agilität, das in der Form des neuen Projektmanagements an Zuspruch gewinnt, versteht man die flexible Umorganisation von Unternehmen und die dynamische Steuerung von Projekten. Es bedeutet, dass weniger herkömmliche und hierarchische Strukturen zählen, sondern die Flexibilisierung und die Stärkung des Kundenservice. Die Arbeitsorganisation erreicht einen immer höheren Grad an Komplexität und erfordert daher flexible Formen des Projektmanagements, die den Fokus auf Partizipation legen. 59 Hierzu gehört auch das sogenannte Design Thinking, das sich auf komplexe Aufgabenstellungen ausrichtet und für schnelle Lösungen sorgen soll. Grundvoraussetzungen für das Design Thinking sind die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Abteilungen und der kontinuierliche Fluss an neuen Ideen und eine höhere Innovation. Dabei beginnt der Prozess mit einem „Beginner’s mind“ und setzt auf eine kreative Problemlösung. Design Thinking umfasst folgende Aspekte 60 : multidisziplinäre Teams (Lösung eines Problems aus verschiedenen Perspektiven) variable Räume Design-Thinking-Prozess (Entwicklung von Prototypen, iterative Schleifen) nutzerorientiertes Erfinden (Prototyping Mindset) Das wurde von Larry Leifer in Stanford und Terry Winograd sowie David Kelley entwickelt. In Deutschland ist vor allem das Hasso-Plattner-Institut führend bei der Implementierung von Design Thinking. 61 59 Pfeiffer, S.; Schütt, P.; Wühr, D. (2011): Innovationsarbeit unter Druck braucht agile Forschungsmethoden. Arbeits- und Industriesoziologische Studien Jg. 4, Heft 1, Februar 2011, S.19-32. 60 https: / / hpi-academy.de/ design-thinking/ was-ist-design-thinking/ 61 Andreas Diehl: Design Thinking - Mit Methode komplexe Aufgaben lösen und neue Ideen entwickeln. https: / / digitaleneuordnung.de/ blog/ design-thinking-methode/ <?page no="61"?> In diesem Zusammenhang spricht man von „Gamifikation“, das heißt: die Notwendigkeit, spielerische Elemente in den Lösungsprozess mit einzubeziehen. Die Aufgabenstellung wird durch spielerische Aktionen gelöst, zu denen Rätsel, Trophäen und Auszeichnungen gehören. Es wird zwischen interner (Produktentwicklung, Qualitätsmanagement, Onboarding) und externer Gamifikation (Einbeziehen von Kunden) differenziert. Beispielsweise kann ein neuer Mitarbeiter beim Onboarding verschiedene Badges (Auszeichnungen) erreichen, wenn er sich mit den internen Abläufen im Unternehmen vertraut macht und so einen Expertenstatus erlangt. Ein typisches Beispiel ist die bekannte Onlineplattform und der Social-News-Aggregator Reddit, bei dem ausgezeichnete und populäre Beiträge von Lesern „Upvotes“ erhalten, die in so genannte „Karmapunkte“ umgewandelt werden. 62 Sharing Economy und New Leadership New Work wird vor allem in Zusammenhang gebracht mit flachen Strukturen und unkonventionellen Lösungsansätzen, die auf Interdisziplinarität beruhen. Es geht um New Leadership, wobei herkömmliche und verkrustete Führungsstrukturen aufgehoben und aufgelöst werden, so dass alle Mitarbeiter in der Lage sind, kreative Prozesse anzustoßen und eigenverantwortlich Projekte zu initiieren und durchzuführen. Ein weiteres Merkmal des New Work ist die Sharing Economy. Sharing Economy bedeutet, dass es im 21. Jahrhundert nicht darauf ankommt, Dinge zu besitzen, sondern sie gemeinsam zu nutzen und Ressourcen zu schonen. Charakteristika der Sharing Economy sind: gemeinsame Nutzung von Ressourcen Access statt Ownership Typische Beispiele sind Airbnb und Uber. Aber auch klassische Einrichtungen wie Bibliotheken, öffentliche Verkehrsmittel und Schwimmbäder oder das Food Sharing können als Sharing Economy angesehen werden. Die lässt sich in folgende Bereiche untergliedern 63 : 62 Nico Emran: 11 großartige Gamification-Beispiele erfolgreicher Unternehmen. https: / / www.einstein1.net/ gamification-beispiele/ 63 Die deutsche Shareconomy-Landschaft: https: / / blog.friendsurance.de/ infografik-shareconomy-landschaft/ <?page no="62"?> Mobilität (Car Sharing) Finanzen (Smava, Lendstar) Tauschbörsen (Kleiderkreisel) Immobilien (Airbnb) Verleihen und Verschenken Coworking (Coworking Spaces) Diese Philosophie bezieht sich im Büroalltag auf Schreibtische, aber auch auf PCs, Laptops und Smartphones. Es gilt auch für das benutzte Betriebssystem, so dass jeder Mitarbeiter sich an einen PC einloggen kann und die gewohnte konfigurierte Arbeitsumgebung und bereits installierte Apps vorfindet. Dieses Ambiente fördert cloudbasierte Systeme, die ein gleichförmiges und vertrautes Arbeitsumfeld bieten. Ein weiteres wichtiges Prinzip des New Work ist VUCA. VUCA ist ein Akronym, das folgende Begriffe umfasst: Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität. VUCA bedeutet konkret: Volatilität (Anpassung an eine sich stets verändernde Systemumwelt) Uncertainty (Fähigkeit, Ungewissheit und Unsicherheit ertragen zu können) Complexity (die Welt wird immer komplexer und erfordert differenzierte Lösungsansätze.) Ambiguity (die Anforderungen sind widersprüchlich und vielschichtig.) Diese Konzeption bedeutet, dass in einem sich schnell wandelnden Arbeitsumfeld flexible Arbeitsformen unabdingbar sind. Die Mitarbeiter sollten im agilen Projektmanagement in der Lage sein, Unsicherheiten und Ambiguitäten im Arbeitsumfeld auszuhalten, komplexe Anforderungen erfüllen können und auch mit mehrdeutigen ambivalenten Aufgabenstellungen zurechtkommen. Dies setzt voraus, dass ein hohes Maß an Resilienz vorhanden ist, so dass diese Herausforderungen leicht bewältigt werden können, und Teams imstande sind, interdisziplinär über verschiedene Führungsebenen und hierarchische Strukturen hinweg zu agieren, um kunden- und serviceorientiert Probleme zu lösen. Geprägt wurde das Akronym VUCA 1985 von den Wirtschaftswissenschaftlern Warren Bennis und Burt Nanus . 64 64 VUCA Welt. https: / / www.vuca-welt.de/ <?page no="63"?> Die Digitalisierung wird einen grundlegenden Wandel der Arbeitswelt herbeiführen, die alle Bereiche erfasst. Schon jetzt haben 12 Prozent aller Arbeitnehmer in Deutschland einer Studie der Unternehmensberatung EY zufolge Angst, dass ihr Arbeitsplatz durch einen Roboter oder durch automatisierte Systeme und Workflows ersetzt werden könnte. 65 Die Digitalisierung der Arbeitswelt erstreckt sich auf alle Bereiche und wird zu völlig neuen Arbeitsformen und Geschäftsmodellen führen. Insbesondere in manchen Branchen herrscht große Furcht, dass diese Umwälzung alle Sektoren tangieren könnte. Dies gilt in hohem Maße für die Banken- und Versicherungsbranche. Denn Banken machen gleichförmige und routineartige Rechenarbeiten, die sich vollständig automatisieren lassen. Es wird zu einem kaum vorstellbaren Jobkahlschlag kommen. 66 Experten schätzen, dass in Deutschland und in Österreich lediglich 12 Prozent der Arbeitsplätze in Gefahr sind. In einigen Ländern wie beispielsweise Südkorea ist die Zahl der automatisierbaren Jobs noch geringer, so dass dort nur mit einem Wegfall von 6 Prozent der Arbeitsplätze gerechnet wird. 67 Ob Arbeitsplätze einem Rationalisierungsdruck ausgesetzt sind, hängt auch davon ab, welches Qualifikationsniveau für eine Stelle notwendig ist. Bei einem tertiären Bildungsabschluss ist die Gefahr, dass Tätigkeiten automatisiert werden können, geringer. Insgesamt gehen die Ex- 65 Jeder Achte fürchtet wegen Digitalisierung um Arbeitsplatz. https: / / www.zeit.de/ arbeit/ 2021-10/ jobstudie-2021-ey-arbeitsplatz-verlustdigitalisierung-sorgen-arbeitswelt? utm_referrer=https Prozent3A Prozent2F Prozent2Fwww.startpage.com Prozent2F 66 Hansjörg Leichsenring: Banken rechnen mit hohen Jobverlusten durch Digitalisierung. Fehlende Masterpläne für personellen Umbau. https: / / www.der-bank-blog.de/ banken-jobverlusten-digitalisierung/ studien/ banking-trends/ 37656237/ 67 Arnold, Daniel u.a.: Herausforderungen der Digitalisierung für die Zukunft der Arbeitswelt. https: / / madoc.bib.uni-mannheim.de/ 43782/ 1/ pb16-08.pdf <?page no="64"?> perten davon aus, dass lediglich jeder zehnte Arbeitsplatz durch die Digitalisierung und Automatisierung entfallen könnte. Für die Versicherungen beispielsweise besteht ein beträchtlicher Automatisierungsbedarf. Viele fürchten die bahnbrechende Digitalisierung und Automatisierung aller Unternehmensprozesse. Hierzu gehört die Automobilindustrie, die in vielen Bereichen anfällig ist. Vergleichbares gilt auch für die Baubranche. Weniger fürchten müssen eine umfassende Automatisierung oder den flächendeckenden Einsatz von Robotik Branchen wie beispielsweise der Gesundheitsbereich. Da es in diesem Sektor auf persönliche Dienstleistungen ankommt, die am Menschen erbracht werden, sind Fähigkeiten wie Empathie, Menschenkenntnis und soziale Kompetenz unentbehrlich. Diese können durch Maschinen oder automatisierte Vorgänge nicht ersetzt werden. In der Verwaltung indes lassen sich zahlreiche Vorgänge von vornherein vollständig automatisieren und effizienter gestalten, wodurch hohe Produktivitätszuwächse erreichbar sind. Experten rechnen damit, dass die fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung nicht nur zum Wegfall von Jobs führen wird, sondern dass dadurch auch Arbeitsplätze mit neuen Anforderungen und Profilen entstehen können. Insgesamt prognostizieren einige optimistische Fachleute, dass wesentlich mehr Arbeitsplätze durch neue Technologien kreiert werden können. Um den Übergang und mögliche soziale Härten abzumildern, ist es erforderlich, die Weiterbildung systematisch zu fördern und zu forcieren. Denn erst durch höhere Zusatzqualifikationen sind Arbeitnehmer imstande, sich diesem umfassenden Wandel zu stellen. 68 Digitalisierung bedeutet folglich, dass eine Flexibilisierung der Arbeit entsteht, die durch die Automatisierung vorangetrieben wird. Digitalisierung wird die Unternehmenskultur fundamental verändern. Organisationen müssen mehr Flexibilität beweisen. 69 68 Deutsche Beschäftigte unterschätzen Automatisierung der Arbeit. https: / / www.haufe.de/ personal/ hr-management/ studie-angst-vor-arbeitsplatzverlust-durch-automatisierung_80_542086.html 69 Computer können Jobs von 4,4 Millionen Deutschen übernehmen. https: / / www.wiwo.de/ erfolg/ beruf/ studie-digitalisierung-und-arbeitsplaetze-computer-koennen-jobs-von-4-4-millionen-deutschen-uebernehmen/ 12724850.html <?page no="65"?> Freelancing und Clickworking Solche Arbeitsmodelle werden sich in der Zukunft global in raschem Tempo verbreiten und die Arbeitswelt von morgen prägen. Eine solche Umwälzung verlangt, dass eine flexible Organisation im Unternehmen möglich wird, die das Homeoffice mit klassischen Arbeitsplätzen kombiniert. Darüber hinaus ändert sich die Arbeitswelt, so dass projektbezogene Tätigkeiten immer mehr von temporär beschäftigten Crowd- und Clickworkern übernommen werden. Für die Implementierung von moderner Arbeit ist es wichtig, dass rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die verhindern, dass solche Arbeitsverhältnisse sich zu problematischen Jobs entwickeln und dann zur Rechtlosigkeit oder Verarmung der jeweiligen Arbeitnehmer führen. Es ist entscheidend, dass komplexe Tätigkeiten, die von Freelancern oder durch Clickworking erbracht werden, dieselbe rechtliche Absicherung erhalten wie herkömmliche Beschäftigungsverhältnisse. Das Freelancing wird in Zukunft einen weitaus größeren Stellenwert einnehmen; die Digitalisierung schreitet voran, und immer mehr werden Aufgaben auch im Ausland übernommen, was zur Aufhebung nationaler Grenzen führen wird. Es wird außerdem üblich werden, mehrere Tätigkeiten und Aufträge parallel auszuführen. Um solche komplexen und vielschichtigen Arbeitsformen adäquat zu gestalten, ist es erforderlich, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die festlegen, wie solche Arbeitsverhältnisse sozialversicherungsrechtlich abgesichert sind. Nur dann wird es möglich sein, eine hohe Resonanz und Akzeptanz für solche Tätigkeiten zu erzielen, die bislang in der Arbeitswelt noch eine Ausnahmeerscheinung sind. Eine solche projektbasierte Arbeit setzt voraus, dass man eigenständig arbeitet und in der Lage ist, sich rasch in neue Themengebiete einzuarbeiten. Viele Angestellte leiden noch darunter, dass sie nicht in der Lage sind, sich selbst zu motivieren oder eigenständig neue Themen zu erfassen. Das Problem besteht darin, dass das bisherige System auf Kontrolle basierte und dadurch die Eigenständigkeit und Eigeninitiative verhinderte; der Fokus in der Zukunft liegt darauf, dass Arbeitnehmer imstande sind, Aufgabenstellungen selbstständig zu bearbeiten, sich den Herausforderungen zu stellen und eigenständig zu agieren. Industrieunternehmen, die wie bisher mit ihrer Routine fortfahren, sind längst zu schwerfälligen Behörden mutiert. Das Kollaborationspotenzial moderner Arbeitsformen sollte systematisch genutzt werden. Es gilt, neue Netzwerke zu etablieren und agiles Projektmanagement in <?page no="66"?> die Praxis umzusetzen, damit klassische, verkrustete und hierarchische Strukturen im Unternehmen aufgelöst werden und eine digitale Transformation in Gang gesetzt wird. New Business bedeutet eben auch, dass die klassischen Arbeitsformen aufgelöst werden und dass mehr Transformation und Selbstverwirklichung ermöglicht werden. Es muss verhindert werden, dass prekäre digitale Arbeit ausufert und durchgesetzt werden, dass die Arbeitnehmer ausreichende Beschäftigungsmöglichkeiten und Einkommenschancen haben. Die Flexibilisierung darf nicht zu einer schleichenden Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse führen. Durch die internationale Ausrichtung und digitale Nomaden besteht die Gefahr, dass es zu einem verschärften Wettbewerb kommt, der zu Niedrighonoraren führt, die für digitale Nomaden und Freelancer eine Prekarisierung ihres Lebens bedeuten und eine Verschlechterung der Erwerbsarbeit. Hierfür ist es notwendig, dass rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die sicherstellen, dass selbstständige Tätigkeiten genauso umfassend geschützt sind wie der klassische Angestelltenjob. Der Angestelltenjob und das Großraumbüro Der klassische Angestelltenjob wird in Zukunft eher weniger akzeptiert werden. Er hat ausgedient; denn wer möchte schon in einem lärmbelasteten und tristen Großraumbüro arbeiten, in dem Innovationsfähigkeit und Kreativität kaum möglich sind; durch das Homeoffice und die zunehmende Digitalisierung hat sich die Vorstellung erledigt, dass das Großraumbüro jemals ein genuiner Ort der Kreativität und der Innovation sein könnte. Eine Untersuchung des Digitalverbands Bitkom hat 1.500 Erwerbstätige zu diesem Thema eingehender befragt und festgestellt, dass die meisten Arbeitnehmer das Arbeiten in einer solchen Umgebung ablehnen. Vor allem hat kaum jemand mehr Motivation, in einem Großraumbüro zu arbeiten. 38 Prozent der Befragten können sich zwar vorstellen, im Büro zu arbeiten 70 , bevorzugen aber ein Einzelbüro, da die Infektionsgefahr in Großraumbüro höher ist. 70 Bastian Pauly: Nach Corona lieber ein Einzelbüro. https: / / www.bitkom.org/ Presse/ Presseinformation/ Nach-Corona-lieber-ein-Einzelbuero <?page no="67"?> Dinge wie Shared Desks, die lange Zeit als Innovation gefeiert wurden, sind letztlich nur Ausdruck eines innovationsfeindlichen Systems geworden und bedeuten für die meisten Menschen eher eine Belastung als eine Inspiration. Das Desk Sharing stammt ursprünglich aus der Marine, da Kojen im Schichtbetrieb genutzt werden mussten, weil es auf den Schiffen nicht genügend Platz gab. Das Desk Sharing soll mehr Flexibilität im Betrieb ermöglichen. Manche Unternehmen sehen inzwischen „Tischinseln“ vor, aber auch die aus früheren Jahrhunderten bekannten Stehtische. Durch dieses System sollen der Kommunikationsfluss, der Austausch und die Mitarbeiterzufriedenheit verbessert werden. 71 Auf jeden Fall setzt das System eine Clean Desk Policy voraus, was manche Mitarbeiter überfordert, die ihren Bildschirm mit Dutzenden von Post-its bekleben und überall Notizzettel, Aktenordner und Unterlagen auftürmen. Das Desk Sharing verlangt von den Beschäftigten ein hohes Maß an Selbstorganisation und Systematik. Darüber hinaus hat die Pandemie auf erschreckende Weise veranschaulicht, dass ein Großraumbüro zu einem gefährlichen Ort der Infektion werden kann und daher eine große Gefahr für die Gesundheit darstellt. Die Generation der 16bis 29-Jährigen hat in der Umfrage deutlich gemacht, dass sie eine Rückkehr in solche Großraumbüros für nicht sinnvoll hält; bei den über 50-Jährigen indes sprachen sich lediglich 7 Prozent für eine Abschaffung der klassischen Arbeit aus. Diese Einstellung der jungen Generation ist nicht verwunderlich, da immer mehr Unternehmen bereit sind, die Arbeitsorganisation grundlegend zu verändern. An die Stelle des antiquierten Großraumbüros mit seinem einer Fabrikhalle nachempfundenen Charme tritt das Open- Space-Büro. Es gibt eine Fülle von neuen architektonischen Konzeptionen, um Büroräume an die Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts anzupassen 72 : Open-Space-Büros (Verzicht auf Wände, mehr Geräumigkeit, Lounge-Areale, Flexibilität durch Stellwände, große Pflanzen) Team-Büros (Gruppenbüros durch flexible Trennwände) 71 Desk sharing: Vorteile, Nachteile und Regeln fürs Büro. https: / / www.avantgarde-experts.de/ de/ magazin/ desk-sharing-so-nutzt-du-das-konzept-fuerdein-unternehmen-richtig/ 72 https: / / www.avantgarde-experts.de/ de/ magazin/ modernes-buero-gestaltenopen-space-bueros-reversible-bueros-co-im-check/ <?page no="68"?> Zellenbüros (kleine Räume für einzelne Mitarbeiter) reversible Büros (bewegliche Sichtschutzelemente, Meeting Lounges) Kombibüros (Arbeitskojen, temporäre Arbeitsplätze mit Gemeinschaftszonen) non-territoriale Arbeitsplätze (Arbeitsplätze werden spontan gewählt: remote oder im Betrieb, Clean Desk Policy) Insbesondere infolge der Pandemie verbreitete sich die Vorstellung, dass die Anwesenheit im Unternehmen letztlich wenig produktiv ist und hohe Kosten verursacht. Daher gewinnt die Idee des non-territorialen Arbeitsplatzes an Bedeutung, der einen spontanen Wechsel zwischen dem häuslichen Arbeitszimmer und dem Arbeiten vor Ort ermöglicht. Durch die Optimierung von Geschäftsprozessen können beachtliche Effizienzsteigerungen erzielt werden; vor allem benötigen die Unternehmen weniger Büroräume und können sich dadurch verkleinern. Früher galt die Devise der Managementberater, dass es wichtig sei, stets vor Ort zu sein, um die Karriere voranzubringen. Die Präsenz wurde als ein unentbehrlicher Karrierebaustein gepriesen. Doch inzwischen haben sich diese Vorstellungen als veraltet erwiesen. Denn wer möchte schon ständig im Unternehmen präsent sein, um den Vorgesetzten vom eigenen Leistungsniveau zu überzeugen, wenn dieser bislang noch nicht selbst die hohen Qualifikationen des Mitarbeiters und dessen soziale Kompetenzen entdeckt hat? Ein solcher Vorgesetzter sollte sich einmal Gedanken machen über seine eigenen Fähigkeiten, Potenziale richtig einzuschätzen. Die klassische Präsenzkultur hat etwas Skurriles an sich; denn sie bedeutet, dass nur Personen vor Ort Leistungen erbringen. Viele Vorgesetzte können anscheinend erst glauben, dass ein Mitarbeiter tüchtig ist, wenn sie es mit eigenen Augen gesehen haben. Unternehmen, die so denken, haben vermutlich eine Vielzahl schlecht motivierter Mitarbeiter und ein bedenkliches Betriebsklima. Die Produktivität der Mitarbeiter hat nämlich auch während der Corona-Pandemie nicht nachgelassen. Vielmehr ist man zu der Erkenntnis gelangt, wie entscheidend es ist, Mitarbeitern Vertrauen entgegenzubringen und Verantwortung zu übertragen. <?page no="69"?> Siemens hat beispielsweise beschlossen, die Quote für das Homeoffice deutlich zu erhöhen. 73 So soll mehr als die Hälfte der Mitarbeiter an zwei bis drei Tagen pro Woche nicht mehr in das Unternehmen kommen, sondern von zuhause aus arbeiten; die Produktivität und Effektivität des mobilen Arbeitens haben das Unternehmen sofort überzeugt. Durch Betriebsvereinbarungen versuchen immer mehr Unternehmen, Homeoffice und mobiles Arbeiten zu etablieren und die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. 73 Michael Watzke: Siemens setzt dauerhaft auf Homeoffice. https: / / www.deutschlandfunk.de/ zukunft-der-arbeit-siemens-setzt-dauerhaft-auf-homeoffice-100.html <?page no="71"?> Die Plattformökonomie <?page no="73"?> Die Plattformökonomie spielt für die Wirtschaft des 21. Jahrhunderts eine herausragende Rolle, denn durch digitale Plattformen kann die Wertschöpfung und die Produktivität erheblich gesteigert werden. Durch die zunehmende Vernetzung und Konnektivität ergeben sich neue Potenziale hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit und der Innovationsfähigkeit. Die Plattformökonomie wird das Geschäftsmodell der Zukunft sein. Schon heute haben Giganten wie beispielsweise Amazon und Ebay eine führende Schlüsselstellung in der Weltwirtschaft. Dieses Geschäftsmodell wird globale Verbreitung finden und Dienstleistungen von Grund auf verändern. Durch die Digitalisierung wird sich die Verbreitung der Plattformökonomie in der Weltwirtschaft noch deutlich beschleunigen und den Wettbewerb grundlegend verändern. Die digitale Transformation führt zu einer grundlegenden Umwälzung aller Wertschöpfungsprozesse und Vorgänge. Deshalb ist es wichtig, dass sich Unternehmen bereits heute auf die zunehmende Verbreitung der Plattformökonomie verbreiten und die entsprechenden Vorbereitungen treffen. Dieser Ansatz hilft, Produkte zu vertreiben und gleichzeitig die vorhandenen Ressourcen zu nutzen; es findet ein umfassender Datenaustausch statt und gleichzeitig bilden sich neue Schnittstellen für andere Geräte wie beispielsweise Smartphones. Es ist daher wichtig, dass die Infrastruktur umfassend ausgebaut wird und dass eine differenzierte Plattformstrategie für die Plattformökonomie entwickelt wird. Online-Plattformen können als Grundlage für Transaktionen dienen. Dabei sind sie eine Art virtueller Treffpunkt oder ein Marktplatz, der das Zusammentreffen von Menschen in einem virtuellen Raum ermöglicht. Charakteristische Beispiele sind Amazon, aber auch Facebook. 74 Neben der Ausprägung als Plattform für Transaktionen spielen Online-Plattformen als Grundlage für Innovationen eine maßgebliche Rolle. Durch diese Art der Ausrichtung kann die Plattformökonomie Wertschöpfungsprozesse erheblich verbessern und neue Formen der Konnektivität schaffen. Beispiele für solche Geschäftsmodelle sind Sales Force, Microsoft und Oracle. Neben der Funktion als Innovationsplattform können Online-Plattformen jedoch auch der Integration dienen. Solche 74 https: / / www.pergenz.de/ wissen/ crowd_economy/ plattformoekonomie/ <?page no="74"?> integrativen Online-Plattformen sind typisch für bestimmte Apps oder zum Beispiel für den Google Play Store und den Apple App Store. Plattformökonomien: Transaction Platform (Amazon, Facebook) Innovation Platform (Salesforce, Oracle, Microsoft) Integration Platform (Google Play, Apple App Store) Durch diese Integration wird die Kommunikation zwischen verschiedenen Menschen erleichtert. Die Plattformökonomie hat in den letzten Jahren zunehmend an Zuspruch gefunden und verbreitet sich immer schneller. Online-Plattformen wie beispielsweise Netflix dominieren inzwischen die gesamte Unterhaltungsindustrie. Aber auch im Bereich der Mobilität hat die Plattformökonomie eine herausragende Stellung eingenommen. Hierzu gehören Dienstleistungsanbieter wie Uber, die als Mobility as a Service fungieren. Aber auch im Bereich des Wohnens konnte durch die Plattformökonomie die Art des Denkens und der Operation grundlegend verändert werden. Ein Beispiel dafür ist Airbnb. 75 Die Geschichte der Plattformökonomie ist alt. Denn es gab bereits vor mehreren hundert Jahren Plattformen. Selbst in der Antike und im Altertum wurden Geschäftsmodelle praktiziert, die Foren als zentrale Komponente vorsahen. Hierzu gehört der Getreidehandel, aber auch der Heiratsmarkt und der Handel auf Märkten. Diese Transaktionsforen waren im Mittelalter weit verbreitet. Der Unterschied zu heutigen Formen der Plattformökonomie besteht darin, dass die Plattform als virtueller Markt realisiert wird. Eine solche Implementierung gab es erstmals in den 1990er Jahren, und seitdem hat sich die virtuelle Plattform überall etabliert. Die Verbreitung der Plattformökonomie hat zu drastischen Veränderungen geführt. Viele Unternehmen erlitten durch diese Disruption, die alle Geschäftsprozesse modifizierte, Verluste, insbesondere der Einzelhandel, aber auch Großhändler, die der Marktmacht verschiedener Plattformenökonomien wie jener von Amazon nicht mehr gewachsen waren. Es wird geschätzt, dass die Plattformökonomie in Zukunft noch viel schneller expandieren und einen größeren Markt einnehmen wird. Solche Geschäftsmodelle haben sich blitzschnell durchgesetzt und sind aufgrund ihrer Innovationsfähigkeit die am stärksten wachsenden Kon- 75 https: / / www.pergenz.de/ wissen/ crowd_economy/ plattformoekonomie/ <?page no="75"?> zeptionen, die man sich vorstellen kann. Die Produktivität wurde erheblich gesteigert; denn durch die Plattformökonomie können Kosten eingespart werden und die Prozesse effizienter gestaltet werden. Die Zukunft dieses bahnbrechenden Geschäftsmodells steht erst noch jetzt bevor. Es ist dadurch möglich, eine Integration mit anderen digitalen Ansätzen zu erreichen. Folgende Modelle werden sich in Zukunft noch stärker verbreiten; ein wichtiges Konzept ist beispielsweise die Sharing Economy. Bei dieser kommt es darauf an, dass Plattformen genutzt werden, um beispielsweise Autos, Wohnungen, Häuser oder Dienstleistungen zu verbreiten. Auf diese Weise wird eine wesentlich höhere Effizienz erzielt. Ein anderes Zukunftskonzept ist die Economy on Demand. In ihren Grundzügen ähnelt sie der Sharing Economy, sie ist aber noch viel weitergehend. Während früher die Nutzung von Dienstleistungen mit dem Besitz (Ownership) verknüpft war wie beispielsweise einer CD oder einer DVD, können heute durch Streamingdienste Dienstleistungen on Demand angefordert werden; ein typisches Beispiel ist Spotify. Das Abo- Modell hat sich in weiten Teilen der Wirtschaft durchgesetzt, und inzwischen gibt es sogar Auto-Abos. Ausprägungen von Plattform-Geschäftsmodellen: Sharing Economy Economy on Demand Digital Economy Gig Economy Ein weiteres Konzept ist die Digital Economy, bei der vor allem die Digitalisierung von Aktivitäten und Prozessen den Kernbestand des Geschäftsmodells ausmachen. Hierzu gehören die Kollaborationstools, die in den letzten Jahren eine erhebliche Verbreitung gefunden haben und den Büroalltag wesentlich einfacher und effizienter gestalten. Ein weiterer Aspekt der Plattformökonomie ist die Gig Economy. Sie beruht auf einer Netzwerkökonomie, bei der die Arbeitswelt völlig transformiert wird; anstelle von langfristigen Beschäftigungsverhältnissen werden heute projektbezogene Arbeitsformen vorgezogen, bei denen es neue Formen der Vergütung gibt. Natürlich hat diese Entwicklung für den Arbeitsmarkt nicht nur Vorteile, sondern auch gravierende Nachteile, wenn sie mit einer Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse einhergeht und zu einem erschreckenden Lohndumping führt. Darüber Die Plattformökonomie 75 <?page no="76"?> hinaus kommt es zur Aushöhlung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnisse, was einer weiteren Prekarisierung Vorschub leisten kann. Insgesamt lassen sich diese Umwälzungen als eine Veränderung und Transformation der bisherigen Geschäftsmodelle verstehen; durch die zunehmende Digitalisierung wird es möglich, neue Geschäftsmodelle zu konzipieren, die ein höheres Maß an Effizienz erzielen. Diese Art von Ökonomie wird auch als New Economy bezeichnet. Ein typisches Beispiel ist PayPal. Der Zahlungsdienstleister hat die Art des Bezahlens im Internet grundlegend revolutioniert, aber auch andere Unternehmen wie Facebook, Apple, Alibaba, Google oder Amazon haben die Plattformökonomie neu definiert und Innovationspotentiale entfesselt. In Zukunft wird es noch weitere grundlegende Veränderungen geben; wenn man beispielsweise die führenden Unternehmen von 2008 mit denen des Jahres 2018 vergleicht, stellt man fest, dass die oberen Rangplätze fast alles Unternehmen sind, die zum Bereich der New Economy und der Plattformökonomie gehören. Auf Platz 1 steht beispielsweise Apple und auf Platz 2 Alphabet, das mit Google eine revolutionäre Suchmaschine und andere Dienstleistungen entwickelt hat. Platz 3 und Platz 4 belegen Microsoft und Amazon und auf Platz 5 firmiert Facebook (Meta). Vergleicht man diese Lage mit der Situation im Jahr 2008, fällt der Unterschied sofort auf. Im Jahr 2008 dominierten auf den ersten Plätzen noch traditionelle Erdölunternehmen wie beispielsweise Exxon oder Gasunternehmen, das heißt, die Energiewirtschaft nahm aufgrund ihrer großen Marktkapitalisierung die Spitzenplätze ein. Innerhalb von 10 Jahren hat sich diese Rangfolge grundlegend gewandelt. Heutzutage dominieren digitale Unternehmen die ersten Börsenplätze. Dies zeigt, wie beachtlich der Vorsprung der Plattformökonomie ist. Ohne die Digitalisierung hat heutzutage ein Unternehmen kaum noch eine realistische Chance, im internationalen Wettbewerb zu bestehen, denn die Effizienz der Prozesse im Unternehmen ist zu gering. In Zukunft wird sich der Prozess der Digitalisierung noch erheblich beschleunigen und zu ganz neuen disruptiven Geschäftsmodellen führen, die Wertschöpfungsprozesse neu definieren. Es ist schon jetzt sicher, dass die Plattformökonomie in Zukunft alle Denkweisen bestimmen wird. Das Sharing, das Crowdfunding und die Digitalisierung werden die Unternehmenskonzeptionen der Zukunft maßgeblich prägen. Auch der E-Commerce und Lieferdienst-Plattformen werden einen herausragenden Stellenwert einnehmen. <?page no="77"?> Was bedeutet eigentlich Digitalisierung? Digitalisierung bedeutet, dass alle Prozesse im Unternehmen dem Datenmanagement unterworfen werden und durch computerbasierte Prozesse verarbeitet werden. Diese Form der Digitalisierung hat inzwischen alle Lebensbereiche erfasst, auch die Home Automation. In der Zukunft wird die Digitalisierung ganz neue Geschäftsmodelle generieren und weitere Diskussionen auslösen. Herkömmliche Wertschöpfungsketten werden neu angeordnet, aufgelöst und umstrukturiert werden; auch Vermittler und Geschäftspartner werden sich grundlegend umstellen müssen. Zwischenhändler werden in Zukunft eine wesentlich geringere Rolle spielen. Die Netzwerkökonomie bedeutet, dass global neue Zielgruppen erschlossen und neue Geschäftspartner gefunden werden, die in ein umfassendes System integriert werden. Auch im technischen Bereich wird es epochale Umwälzungen hinsichtlich der Plattformökonomie geben. Hierzu gehören zum Beispiel innovative Sensoren, die es ermöglichen, eine Vielzahl von Daten zu sammeln und diese auszuwerten. Insofern wird Data Science in Zukunft eine primäre Schlüsselrolle einnehmen und zu neuen Erkenntnissen und Paradigmen führen. Es findet eine Transformation statt, die alle bisherigen Geschäftsprozesse in Frage stellt. Durch eine solche Transformation müssen alle Bereiche des Lebens digitalisiert werden, um einen Quantensprung hinsichtlich der Produktivität zu erzielen. Die Unternehmenskultur wird sich noch stärker auf Serviceorientierung fokussieren. Die Plattformökonomie bietet erhebliche Vorteile, die Unternehmen nutzen sollten, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Das Image eines Unternehmens wird in Zukunft eine noch viel zentralere Rolle spielen. Darüber hinaus ist es wichtig, den Kunden einen verwertbaren Nutzen zu bieten, der sich nicht nur im Preis widerspiegelt, sondern auch in den Serviceleistungen und der Bereitschaft, auf den Kunden und die Anforderungen einzugehen. Die Anwendungen sollten sich auf das Wesentliche fokussieren und neue Funktionen anbieten. Auch die Kompetenz eines Unternehmens muss stärker im Profil verankert sein und unterstrichen werden, um bei den Kunden ein größeres Interesse auszulösen. Die stärkere Wettbewerbsorientierung wird sich in Geschäftsmodellen manifestieren, die zunehmend auf eine Gamifikation setzen und das spielerische und kreative Element bei der Nutzung von Dienstleistungen und Produkten hervorheben; auch die Interaktion mit dem Kunden und die Nutzung der Crowd Intelligence wird eine zunehmende Rolle Die Plattformökonomie 77 <?page no="78"?> spielen. Hierzu gehören die Einführung von Bewertungen und Kommentaren und die zunehmende Interaktion mit den Kunden und Geschäftspartnern, um so neue Ideen und Innovationen zu generieren, die für das Unternehmen einen Quantensprung hinsichtlich der Produktivität und der Dienstleistungsorientierung bedeuten. Moderne Unternehmen müssen die Serviceorientierung für die Kunden wesentlich stärken. Es gilt auch, exklusive Systeme zu etablieren, die den einzelnen Kunden erkennbare Vorteile bieten. Ein bezeichnendes Beispiel ist Apple, das durch sein modernes und nutzerfreundliches Design eine treue Fangemeinde geschaffen hat. Auch müssen die Unternehmen stärker das Contentmanagement einbeziehen und wertvolle Inhalte anbieten; hierzu gehören Zusatzinformationen und Gebrauchsanleitungen, die im Alltag nützlich sind, sowie weitere Vorteile, um dadurch eine stärkere Kundenbindung zu schaffen. Die Geschäftsmodelle sollten so angelegt sein, dass sie jederzeit skalierbar sind und eine Ausweitung der Zielgruppen ermöglichen. Die Produkte müssen ein Design aufweisen, das für viele Kunden interessant und faszinierend ist. Die Netzwerkeffekte sollten gezielt eingesetzt werden, um neue Innovationen zu entwickeln. Dies setzt voraus, dass das Feedback von Kunden in das Produktdesign und die fortgeschrittene Produktentwicklung mit eingebunden wird. Je besser die Zielgruppenansprache und die Interaktion mit den einzelnen Kunden ist, desto größer sind auch die Chancen, neue innovative Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, die auf dem Markt eine große Resonanz finden. Hierbei gilt es, globale Trends zu analysieren und herauszufinden, welche kaufkraftstarken Gruppen sich für ein bestimmtes Produkt besonders begeistern könnten. Der Vertrieb wird weitgehend online erfolgen und alle Regeln des Online-Marketings beachten, so dass unterschiedliche Segmente angesprochen werden können. Hierbei ist es wichtig, einen Kundenservice zu bieten, der diesen Namen auch verdient und bei den Kunden ein hohes Maß an Kundenzufriedenheit auslöst. 76 Das Unternehmen muss zunehmend auf Interaktion und Konnektivität achten und eine Skalierbarkeit des vorhandenen Geschäftsmodells ermöglichen. Dies bedeutet, dass Kunden und Geschäftspartner nicht nur als Stakeholder wahrgenommen werden, sondern als Partner in einem umfassenden Wertschöpfungsnetzwerk, das neue Innovationen ermöglichen soll. Dies erfordert, dass die Digitalisierung solche Schnittstellen 76 https: / / www.pergenz.de/ wissen/ crowd_economy/ plattformoekonomie/ <?page no="79"?> vorsieht und es ermöglicht, zielgenau mit einzelnen Interessenten zu kommunizieren. Hierbei ist es wichtig, dass man innovative Technologien einsetzt und sich verschiedener Marketingkonzeptionen bedient wie beispielsweise des Voice Marketings. Zukünftig wird es vermutlich Hybridmodelle geben, die eine Mischform zwischen Plattformökonomie und klassischen Formen darstellen. Für viele Unternehmen wird es sehr schwierig, diese Prozesse auf einmal umzusetzen und diese in der Organisationsstruktur zu verankern. Es werden sich aber verschiedene Synergien ergeben, wenn eine Mischform von solchen Geschäftsmodellen etabliert wird. Wichtig ist es, dass alle Prozesse in der Wertschöpfungskette gezielt miteinander verknüpft werden, sodass durch die Digitalisierung neue Innovationspotentiale ausgeschöpft werden können. Vor- und Nachteile der Plattformökonomie Die Plattformökonomie wird erhebliche Vorteile für Unternehmen bieten, da sie neue Innovationen in allen Bereichen ermöglicht. Darüber hinaus ist sie in Verbindung mit der Globalisierung ein wertvoller Vorteil für Unternehmen und erhöht die Wettbewerbsfähigkeit. Durch die Digitalisierung werden alle Prozesse im Unternehmen flüssiger und schneller ablaufen und gesteuert werden können, da es ein umfassendes Controlling aller digitalen Prozesse geben wird. Dadurch ist es möglich, beispielsweise durch Data Science sowie Künstliche Intelligenz einzelne Prozesse noch schneller und zielgerichteter zu optimieren; auf diese Weise können neue Dienstleistungen und Produkte etabliert werden, die weltweit auf eine größere Nachfrage stoßen. Es ergeben sich jedoch auch erhebliche Nachteile durch die Einführung der Plattformökonomie. So ist es für viele Unternehmen sehr schwierig, die organisationale Transformation umzusetzen, da dadurch klassische Führungsebenen und Formen des Projektmanagements obsolet werden und es eine grundlegende Veränderung im Unternehmen gibt, die möglicherweise mit Arbeitsplatzverlusten und der Neudefinition von Aufgaben und Anforderungen verbunden ist. Online-Plattformen setzen eine grundlegende Disruption und die Etablierung eines agilen Projektmanagements voraus, das alle herkömmlichen Unternehmensstrukturen und organisationalen Prozesse infrage stellt; durch einen solchen disruptiven Wandel werden viele Ängste und Befürchtungen ausgelöst, was im Unternehmen zu erheblichen Widerständen führt. <?page no="80"?> Clayton Christensen beschrieb Disruption bereits 1997 als das Dilemma des Innovators. 77 Selbst sehr erfolgreiche Unternehmen, die zahlreiche Innovationen durchführen, werden am Ende von einem disruptiven Prozess eingeholt. Je älter ein Unternehmen wird, desto stärker werden die Beharrungskräfte, die zu einer Überbürokratisierung und Trägheit führen. Solche Firmen laufen Gefahr, durch eine Disruption zu scheitern, da sie nicht mehr in der Lage sind, sich einer schnell wandelnden Systemumgebung anzupassen. Ein abrupter organisationaler Wandel kann zu drastischen Verwerfungen führen, der das Scheitern des Unternehmens nach sich ziehen kann. Deshalb wird eine behutsame Vorgehensweise sinnvoll und empfehlenswert sein. Viele Unternehmen werden alle klassischen Geschäftsprozesse infrage stellen müssen, und auch alltägliche Vorgänge werden völlig neu strukturiert werden müssen, um diesen hohen Anforderungen gerecht zu werden. Insofern ist die Einführung einer Plattformökonomie und die umfassende Digitalisierung aller Prozesse im Unternehmen mit erheblichen Risiken verbunden. Deshalb sollte man sich bewusst machen, dass eine solche Disruption zu drastischen Kosten führt und auch neue Kompetenzen und Ressourcen erfordert. Besonders Unternehmen, die traditionalistisch organisiert sind und auf klassische Führungsstrukturen setzen, werden sich mit der Einführung einer solchen umfassenden Digitalisierung der Erfahrung nach sehr schwertun und unter erheblichen Reibungsverlusten leiden. Die Disruption jahrelang etablierter Geschäftsprozesse bedeutet enorme Herausforderungen für alle. Jedoch ist es unumgänglich, alle Prozesse im Unternehmen zu digitalisieren, um die Wettbewerbsfähigkeit auch im 21. Jahrhundert aufrechterhalten zu können. Denn durch die Globalisierung und die Probleme mit den Lieferketten wird es immer unumgänglicher, mehr Produktivität und Innovationen im betrieblichen Alltag zu erzielen. Die Plattformökonomie hat ihren Siegeszug in der Wirtschaftswelt des 21. Jahrhunderts angetreten. Insofern werden in Zukunft nur noch professionelle Unternehmen eine Chance haben, die bereit sind, alle ihre Strukturen und organisationalen Prozesse einer umfassenden Digitalisierung zu unterwerfen. 77 https: / / www.businessinsider.de/ gruenderszene/ lexikon/ begriffe/ disruption/ <?page no="81"?> Digitale Tagelöhner und Crowdsourcing Doch die zunehmende Flexibilisierung und Digitalisierung der Arbeitswelt birgt auch Risiken. Inzwischen gibt es weltweit mehr als 2.000 Plattformen, die digitale Dienste für Clickworker anbieten. Es wird geschätzt, dass auf solchen Plattformen mehrere hundert Millionen Menschen tätig sind. 78 Hinsichtlich der Plattformen werden folgende Kategorien unterschieden: Marktplatz-Plattformen Design-Plattformen (Fokussierung auf Designaufgaben) Testing-Plattformen (Test von Software, Websites u.a.) Microtask-Plattformen (Microjobs) Innovationsplattformen Den Großteil der Plattformen machen die Marktplatz-Plattformen aus, wo auch relativ betrachtet die höchsten Honorare erzielt werden. 13 Prozent der Crowdworker in diesem Sektor kommen auf ein monatliches Honorar von über 1.500 Euro. 79 Im Durchschnitt aller Plattformen arbeiten Crowdworker 13,7 Stunden wöchentlich. 80 Die meisten gering bezahlten Tätigkeiten bestehen aus repetitiven Tätigkeiten, die nur geringe Qualifikationen erfordern. Man schätzt, dass weltweit über hundert Milliarden Menschen als Clickworker für einfache Projekte tätig sind, die zumeist online durchgeführt werden können. In Deutschland wird ihre Zahl auf 1,2 Millionen taxiert. Insbesondere Geringverdiener arbeiten in diesem Bereich, der keine hohen Zu- 78 Clickworker: Digitale Tagelöhner in Deutschland. https: / / www.ndr.de/ ratgeber/ Clickworker-Digitale-Tageloehner-in-Deutschland,clickworker100.html 79 Jan Marco Leimeister, David Durward, Shkodran Zogaj: Crowd Worker in Deutschland: Eine empirische Studie zum Arbeitsumfeld auf externen Crowdsourcing-Plattformen. Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung. Juli 2016, S. 46. 80 ebd., S. 50. <?page no="82"?> gangsbarrieren hat. Clickworking kann eine interessante Nebentätigkeit sein, man sollte jedoch bedenken, dass es sich bei diesen Aufträgen um sehr gering vergütete Aufgaben handelt, die nur einen bescheidenen Umfang erreichen und wenig anspruchsvoll sind. Dieser Zustand bedeutet eine fortschreitende Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse, wenn beispielsweise Freiberufler zusätzlich die in Deutschland besonders hohen Sozialversicherungsbeiträge aufbringen müssen. Für Clickworker bedeutet eine solche Tätigkeit einen Zugang zum globalen Arbeitsmarkt und seinen überdurchschnittlichen Wachstumschancen. Es besteht aber eine erschreckende Machtasymmetrie gegenüber den digitalen Plattformen, die Arbeitsschutz und nationale sozialversicherungsrechtliche Bestimmungen aushebeln können. 81 Die soziale Absicherung ist daher wesentlich geringer als bei normalen Beschäftigungsverhältnissen und zieht für die betroffenen Menschen langfristig Altersarmut und ein Verweilen in prekären Arbeitsverhältnissen nach sich; typische Clickworker-Tätigkeiten sind beispielsweise das Recherchieren von Adressen und Öffnungszeiten, die Erstellung von detaillierten Produktbeschreibungen für Webshops oder die Kategorisierung von Bildern für eine Website. Einige Portale zahlen 0,10 Euro je Auftrag. Hierbei handelt es sich um geringfügige Tätigkeiten, die nebenher ausgeführt werden können. Jedoch sind die Verdienstmöglichkeiten dementsprechend bescheiden. Die Hans-Böckler-Stiftung der Gewerkschaft kommt in einer Studie zu folgendem Ergebnis: Auf herkömmlichen Marktplatz- und Design-Plattformen liegt das durchschnittliche monatliche Einkommen bei 660 Euro. Im Bereich von Microjobs sind die Verdienstmöglichkeiten geringer und belaufen sich auf 144 Euro monatlich. Bei so genannten Testing-Plattformen beträgt das monatliche Honorar im Durchschnitt 410 Euro. Diese digitale Tätigkeit kann daher als geringfügige Beschäftigung eingestuft werden. 82 81 Kurzer Click für kleines Geld. https: / / idw-online.de/ en/ news? print=1&id= 689771 82 Jan Marco Leimeister, David Durward, Shkodran Zogaj: Crowd Worker in Deutschland: Eine empirische Studie zum Arbeitsumfeld auf externen Crowdsourcing-Plattformen. Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung. Juli 2016. <?page no="83"?> Die zunehmende Digitalisierung der Arbeitsverhältnisse und die Verbreitung von fragwürdigen Microjobs hat gravierende Nachteile, die sich langfristig verhängnisvoll auf die soziale Absicherung und die gesellschaftliche Teilhabe auswirken. Es ist folgerichtig, von digitalen Tagelöhnern zu sprechen, die am Rande des Existenzminimums leben. Deren Arbeitsverhältnisse sind mehr als prekär. Nicht selten geht es um Sekunden, die penibel abgerechnet werden. Die sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen sind dementsprechend schlecht und erschreckend. Die Arbeitswelt hat sich durch die Digitalisierung grundsätzlich verändert. Sie ist flexibler und internationaler geworden und unterliegt einem höheren Wettbewerbsdruck. Durch die Plattformökonomie haben nur wenige Chancen, beispielsweise ausreichende tarifvertragliche Regelungen durchzusetzen. Das klassische Gewerkschaftsmodell, das auf Streiks und der Verankerung tarifvertraglicher Vereinbarungen beruht, ist auf diese globalen Herausforderungen nur unzulänglich vorbereitet; da solche Plattformen international und grenzüberschreitend agieren, wird es schwierig, bestimmte sozialversicherungsrechtliche Rahmenbedingungen oder tarifvertragliche Standards zu organisieren und durchzusetzen. Denn inzwischen gibt es natürlich auch flexible Jobs, die über diese Plattformen vermittelt werden. Hierzu gehören beispielsweise Fahrdienste, aber auch Reinigungs- und Essenslieferdienste. Selbständige geraten in einen ausweglosen Teufelskreislauf, der aus geringen Vergütungen, erhöhtem Arbeitsdruck und schlechten Arbeitsbedingungen besteht. Anders als bei Arbeitnehmern gibt es für Selbstständige, die diese Clickworkerdienste ausüben, keine angemessenen Mindesthonorare, sodass es auch denkbar ist, dass jemand nur lediglich 5 Euro für eine Dienstleistung erhält. Alle Versuche, akzeptable Mindesthonorare einzuführen, werden voraussichtlich scheitern, da detaillierte und spezifische Vorgaben bei der Vielzahl von Tätigkeiten nicht praktikabel sind. Darüber hinaus gibt es eine erhebliche Bandbreite von unterschiedlichen Dienstleistungen, die sich in ihren Anforderungen und ihrer Komplexität beträchtlich unterscheiden; so sind einige Reinigungsdienste tatsächlich prekär vergütet. IT-Spezialisten zählen indes zu den am besten bezahlten Experten Deutschlands. Eine Studie des BIBB prognostiziert, dass IT-Berufe in der Zukunft eine noch weitaus größere Bedeutung erlangen werden. Allein für die Umsetzung von Industrie 4.0 und Technologien wie IoT (Internet of <?page no="84"?> Things) wird bis zum Jahr 2030 ein Zuwachs von 3 Prozent im Bereich der IT-Beschäftigung erfolgen mit deutlich steigender Tendenz. Die Nachfrage außerhalb der IT-affinen Sektoren (Informations- und Kommunikationstechnologie) wird um 37 Prozent zunehmen. 83 In einer Umfrage von Gulp sagten 14,6 Prozent der befragten Ingenieure und Informatiker, dass sie einen Stundensatz von mehr als 130 Euro haben. 84 Im Bereich des Cloud Computing verdienen manche Spezialisten weit mehr als 130 Euro in der Stunde, während andere Clickworker lediglich auf einen Betrag von wenigen Euro in der Stunde kommen; aufgrund dieses großen Spektrums und der beachtlichen Divergenz unterschiedlicher Qualifikationen und Tätigkeiten sind alle gesetzlichen Regelungen zur Einführung eines einheitlichen und vertretbaren Mindesthonorars zum Scheitern verurteilt. Man müsste nämlich klar definieren, für welche Tätigkeiten und für welchen Arbeitsumfang ein solches Honorar gelten könnte. Die Bandbreite solcher digitalen Dienstleistungen reicht von Hotelbewertungen über Internetrecherchen bis hin zu standardisierten Aufgaben wie Produktbeschreibungen für einen Onlineshop. Hierzu gehören auch sogenannte Microjobs, die häufig nur wenige Sekunden dauern. Diese Tätigkeiten sind durch eine geringe Komplexität gekennzeichnet und eine hohe Granularität. Die erste Clickworking-Plattform gab es bereits im Jahre 2005 und wurde von Amazon eingeführt. Inzwischen geht der Trend dahin, solche digitalen Aufgaben nach Asien outzusourcen, insbesondere nach Indien; denn dort findet sich ein nahezu unerschöpfliches Arbeitskräftereservoir, das auch für wenige Cents bereitwillig digitale Dienstleistungen erbringt. Für viele Gewerkschafter ist diese Praxis eine beängstigende Vorstellung. In Deutschland führen diese niedrig vergüteten Tätigkeiten vor allem Studierende aus, die diese Arbeit als einen sinnvollen temporären Nebenjob betrachten. Dennoch ist die Situation problematisch; denn die Plattformökonomie könnte zu einer kontinuierlichen Erosion der sozialversicherungsrechtlichen und arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland führen, wenn immer mehr Menschen als wenig abgesicherte Solo-Selbstständige und Tagelöhner im digitalen Bereich tätig werden. Nur einige 83 Hall, A.; Maier, T.; Helmrich, R.; Zika, G. (2016), IT-Berufe und IT-Kompetenzen in der Industrie 4.0. BIBB 84 Stundensatz selbstständiger Ingenieure und IT-Freelancer: https: / / www.ingenieur.de/ karriere/ gehalt/ stundensatz-selbststaendiger-ingenieure-und-itfreelancer/ <?page no="85"?> hochqualifizierte Spezialisten im Bereich der Programmierung, des Cloud Computing oder des Machine Learning können weit überdurchschnittliche Honorare generieren, und sie sind zudem hervorragend abgesichert. In der Regel handelt es sich bei den anderen Tätigkeiten eher um ein dürftiges Taschengeld, das nebenbei erarbeitet werden kann. Inzwischen gibt es Angebote, die auf einem Smartphone ausgeführt werden können. So bieten einige dieser Unternehmen Jobs an, bei denen der Beschäftigte in einem Supermarkt Regale fotografiert, um herauszufinden, ob die entsprechenden Produkte auch in den Regalen vorhanden sind. Langfristig werden solche Jobs wahrscheinlich automatisiert werden, da etliche Tätigkeiten, die solche Clickworker ausführen, automatisiert durchgeführt werden können. Hierzu gehören zum Beispiel Recherchen im Internet nach Adressen, das Redigieren von Texten oder auch andere Tätigkeiten, die wahrscheinlich in Zukunft automatisiert werden wie beispielsweise die Wetter-, Sport- und Börsenberichterstattung, was als „Roboterjournalismus“ bezeichnet wird. 85 Objektiv betrachtet sind diese Microjobs keine zuverlässige Einkommensquelle, sondern eher ein beiläufiger Nebenverdienst. Auf Marktplatz-Plattformen beträgt das monatliche Durchschnittshonorar 1.560,76 Euro, wobei jedoch eine hohe Standardabweichung vorliegt, die darauf hindeutet, dass es eine erhebliche Bandbreite bei der Honorarhöhe gibt. 86 Auch die hohe Flexibilität, die solche Jobs voraussetzen, sollte nie unterschätzt werden. Insofern sind solche Tätigkeiten wesentlich anstrengender und unsicherer als herkömmliche Beschäftigungsverhältnisse. Die enorme Arbeitsbelastung steht in keinem Verhältnis zu der geringfügigen und größtenteils prekären Vergütung. Selbstständige, die sich für solche Jobs interessieren, sollten überlegen, ob das Stundenhonorar wirklich ihren Erwartungen entspricht, ob es aus betriebswirtschaftlicher Sicht verantwortbar ist und ob es sich langfristig lohnt. Eine solche selbstständige Tätigkeit führt früher oder später zu einer Prekarisierung. 85 Roboterjournalisten - automatisierte Berichterstattung. https: / / blog.1und1.de/ 2018/ 06/ 02/ roboterjournalisten-automatisierte-berichterstattung/ 86 Jan Marco Leimeister, David Durward, Shkodran Zogaj: Crowd Worker in Deutschland: Eine empirische Studie zum Arbeitsumfeld auf externen Crowdsourcing-Plattformen. Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung. Juli 2016, S. 74. <?page no="86"?> Erschreckenderweise sind trotz der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht 34 Prozent der Crowdworker nicht krankenversichert, was das enorme Ausmaß der Prekarisierung veranschaulicht. 87 Natürlich kann es sein, dass die Betroffenen über einen anderen Job sozialversichert sind; die Aushöhlung der sozialen Absicherung ist aber dennoch bemerkenswert. 59 Prozent der Befragten verfügen nämlich über keinerlei Altersvorsorge. Die Gewerkschaften monieren dementsprechend, dass es sich hier um eine eklatante Form von Selbstausbeutung handelt, die in Zukunft noch mit zusätzlichem Personalabbau in den herkömmlichen Arbeitsverhältnissen verbunden ist. Durch die vermeintliche Zeitsouveränität steht diese Arbeitsform immer mehr für entgrenzte Arbeit, die zu einer ständigen Rufbereitschaft beispielsweise bei Lieferdiensten führt. Unbezahlte Überstunden sind ebenso an der Tagesordnung wie die Angst, den vermeintlich lukrativen Job wieder schnell zu verlieren. Es gibt kaum sichere Rahmenbedingungen für diese Tätigkeit. Mitbestimmungsrechte sind meist sehr dürftig ausgestaltet oder werden systematisch durch die Gründung zusätzlicher Niederlassungen unterlaufen, und auch die Beteiligung an neuen Unternehmensideen und ein partizipativer Führungsstil sind eher selten. Die AGB enthalten teilweise fragwürdige Bestimmungen, und Informationstechnologien werden dazu benutzt, um die Crowdworker und den Arbeitsfortschritt fortlaufend zu überwachen. Insbesondere Solo-Selbstständige haben es schwer, unter diesen Rahmenbedingungen zu einem nachhaltigen Einkommen zu gelangen, das auch die Altersvorsorge vollständig abdeckt und für die Existenzsicherung sorgt. 87 Jan Marco Leimeister, David Durward, Shkodran Zogaj: Crowd Worker in Deutschland: Eine empirische Studie zum Arbeitsumfeld auf externen Crowdsourcing-Plattformen. Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung. Juli 2016, S. 55. <?page no="87"?> Die Studie der Hans-Böckler-Stiftung fand heraus: 66 Prozent der Crowdworker müssen sich selbst gegen Krankheit und Arbeitslosigkeit versichern. 47 Prozent haben keine Altersvorsorge. 88 Durch die zunehmende Expansion der verschiedenen Plattformen wird es immer fragwürdiger, ob diese Beschäftigungsverhältnisse nicht zu einer Erosion der herkömmlichen arbeitsrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen führen; es kommt zu einem eskalierenden Unterbietungswettbewerb, der dazu führt, dass immer mehr prekäre Sekunden- und Minuten-Jobs angeboten werden, die nicht mehr über dem Existenzminimum liegen. Gleichzeitig bedeuten die Digitalisierung und die Verbreitung einer solcher Plattformökonomie natürlich auch, dass mehr hochqualifizierte Arbeitskräfte herausragende Chancen in der internationalen globalisierten Weltwirtschaft erhalten. Für exzellente IT-Spezialisten bedeutet die Expansion digitaler Arbeitsformen und des Crowdworking, dass sie ihre Expertise weltweit offerieren können und so weit überdurchschnittliche Honorare erzielen. Viele Unternehmen, die ursprünglich auf das so genannte Offshoring setzten und Fachkräfte aus Indien oder anderen asiatischen Ländern herangezogen haben, um kurzfristig Projekte zu realisieren, tendieren heutzutage eher dazu, Fachkräfte aus dem Inland zu bevorzugen, da so eine bessere Koordination der Arbeitsaufgaben ermöglicht wird. Insofern kann sich der Trend umkehren, da es für viele mittelständische oder größere Unternehmen schwierig ist, komplexe Aufgaben über mehrere Zeitzonen hinweg sinnvoll zu koordinieren und die Sprachbarrieren zu überwinden. Zahlreiche Aufgaben haben einen lokalen Bezug und erfordern daher ein gewisses länderspezifisches Vorverständnis. Darüber hinaus sind lokale Experten sofort einsetzbar. Aufgrund der Verzögerung bei divergierenden Zeitzonen ist es oft schwierig, Aufgaben von Land zu Land zu koordinieren. Daher gehen immer mehr Unternehmen dazu über, vor allem IT-Fachkräfte vor Ort zu beschäftigen. Diese sind zügig eingearbeitet und verfügen über das nötige Knowhow, das bei steuerrechtlichen und marketingspezifischen Fragestellungen unabdingbar ist. 88 Jan Marco Leimeister, David Durward, Shkodran Zogaj: Crowd Worker in Deutschland: Eine empirische Studie zum Arbeitsumfeld auf externen Crowdsourcing-Plattformen. Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung. Juli 2016, S. 10. <?page no="88"?> Dennoch setzen unzählige Konzerne auf das Offshoring oder das Nearshoring mit Fachkräften aus Osteuropa, um Kosten im Bereich der Informationstechnik einzusparen. Die Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, dass 83 Prozent der Crowdworker im Homeoffice arbeiten und nur ein geringer Prozentsatz mobil (insbesondere im Microtasking-Bereich, bei dem ein Smartphone verwendet wird). 89 Die Zahl der Personen nimmt zu, die als Freelancer arbeiten möchten. Doch das Freelancing ist mit erheblichen Problemen, aber auch beträchtlichen Chancen verbunden. Freelancer haben in der Regel sehr viele Chancen und die Möglichkeit, ihren Arbeitsaufwand und die einzelnen Projektschritte nach eigenem Ermessen und mit hoher Flexibilität zu gestalten. Traditionell werden in Deutschland Freelancer als Freiberufler bezeichnet, wobei dieser steuerrechtliche Begriff nur bestimmte Berufe umfasst, die sich durch eine wissenschaftliche Qualifikation auszeichnen und eigenständig und selbstständig arbeiten. Im engeren Sinne umfasste der freiberufliche Kreis nur Berufe, die einen wissenschaftlichen künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erzieherischen Hintergrund vorweisen können. Allgemein gilt die Annahme, dass Freelancer unabhängig und flexibel sind und daher Kunden entgegenkommen können. Dies bedeutet, dass sie eigenständig agieren und ihre Honorare eigenständig verhandeln. Für Freelancer hat dies Vorteile, da sie dadurch möglicherweise eine bessere Work-Life-Balance erzielen als abhängig Beschäftigte; dennoch sollte man bedenken, dass es für Freelancer schwierig ist, fortlaufend Aufträge zu erhalten, die angemessen vergütet werden. In einigen problematischen Branchen kann es mit erheblichen Problemen verbunden sein, entsprechende Aufträge zu erlangen. Dennoch gibt es auch einzelne Sektoren, in denen hohe Vergütungen den Regelfall darstellen. Für einige Freelancer bedeutet die Tätigkeit ein höheres Maß an Selbstverwirklichung und Selbstentfaltung. Dennoch sollte man bedenken, 89 Jan Marco Leimeister, David Durward, Shkodran Zogaj: Crowd Worker in Deutschland: Eine empirische Studie zum Arbeitsumfeld auf externen Crowdsourcing-Plattformen. Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung. Juli 2016, S. 53. <?page no="89"?> dass Freiberufler jederzeit in der Lage sein müssen, eigenständig und souverän zu arbeiten. Als Freelancer tätig zu sein setzt ein hohes Maß an Eigenmotivation voraus, denn ohne diese ist es nicht möglich, langfristige und umfassende Projekte systematisch zu bearbeiten. Daher bedeutet für viele Freelancer die Eigenständigkeit ein Problem. Wer nicht in der Lage ist, intrinsisch motiviert eine Vielzahl von Aufgaben diszipliniert auszuführen, wird letztlich an der Selbständigkeit scheitern. Daher sollte man sich keinen Illusionen hingeben. Jeder Freelancer weiß, dass es sehr schwierig ist, langfristig und fortlaufend immer wieder neue Aufträge zu akquirieren. Viele Unternehmen sind angesichts der Krisen und der Pandemie sowie der vielen Probleme und der Umwälzungen in der Weltwirtschaft sehr zurückhaltend geworden. In manchen Branchen sinken daher die verfügbaren Honorare, was langfristig zu Altersarmut und weiteren Problemen führen kann. Nur in einigen wenigen Sektoren gibt es lukrative Honorare, die ein weit überdurchschnittliches Einkommen generieren. Man sollte sich daher keine falschen Hoffnungen machen, wenn die Auftragslage schlecht ist. Es ist es äußerst schwierig, neue Aufträge zu erhalten. Dies wirkt sich sehr schnell auf die allgemeine wirtschaftliche Situation aus, denn die laufenden Kosten müssen weiterhin bestritten werden. Hierzu gehören beispielsweise Vorauszahlungen für das Finanzamt, Sozialversicherungen sowie die gesetzliche Krankenversicherung oder eine private Krankenversicherung. Ein Freelancer muss jederzeit in der Lage sein, diese Kosten aufbringen zu können; insbesondere bei den Steuervorauszahlungen und anderen Kosten unterschätzen Neulinge die Gefahren, die sich daraus ergeben. Freelancer sollten beachten, dass sie im Krankheitsfall keine Lohnfortzahlung erhalten und deshalb besonders gefährdet sind. Insbesondere während der Pandemie wurde schnell deutlich, dass Freelancer anders als Angestellte sehr riskanten Lebensbedingungen ausgesetzt sind. Wer beispielsweise mehrere Wochen lang erkrankt, erhält kein Geld mehr; dann steht möglicherweise das vorhandene Geschäftsmodell auf der Kippe, wenn die Kunden abspringen und keine neuen Aufträge hereinkommen. Auch haben Freelancer weder Urlaubsnoch Weihnachtsgeld, und sie können keinen längerfristigen Urlaub einplanen, da die Kunden ein ständiges Engagement erwarten. Dies gilt auch für Arbeiten am Wochenende oder am späten Abend. Es wird erwartet, dass man ständigen Einsatz zeigt und auch zu ungewöhnlichen Tageszeiten noch erreichbar ist. <?page no="90"?> In den USA gibt es mittlerweile einen Trend, der als „Great Resignation“ bezeichnet wird, und die freiwilligen Kündigungen von Angestellten beschreibt. Immer mehr Angestellte in den USA entdecken die Möglichkeit, sich selbstständig zu machen und sind es leid, weiterhin abhängig beschäftigt zu sein. Insbesondere die Pandemie hat dieses Konfliktfeld in den Mittelpunkt gerückt und den Menschen deutlich gemacht, wie wenig erfreulich es sein kann, wenn man während einer Pandemie von einem Arbeitgeber abhängig ist. Diese große Kündigungswelle führt zu einem grundlegenden Umdenken, so dass etliche Angestellte es sich vorstellen können, als Freelancer tätig zu werden. Eine Studie, die von Xing angefertigt wurde, deutet darauf hin, dass das Massenphänomen der „Great Resignation“ sich auch in den deutschsprachigen Ländern ausbreitet. 90 Im Frühjahr 2021 registrierte die Arbeitsbehörde in den USA eine wachsende Anzahl von Kündigungen. Im November 2021 gab es in den Vereinigten Staaten 4,5 Mio. Kündigungen von Angestellten. Dieser Trend signalisiert, dass immer mehr Menschen bereit sind, ihre sichere Angestelltentätigkeit zugunsten einer selbstständigen Aufgabe aufzugeben. 91 Die Studie konnte feststellen, dass insbesondere bei Angestellten im Alter zwischen 30 und 45 Jahren eine gewisse Unzufriedenheit mit dem Angestelltenjob vorhanden ist. Immer mehr Beschäftigte denken darüber nach, die jetzige Tätigkeit zu wechseln. Dabei spielt vor allem die Erfahrung mit dem Homeoffice eine ausschlaggebende Rolle. Durch diese Erfahrungen wurde zum ersten Mal wahrgenommen, was es bedeutet, eigenständig tätig zu sein und wie diese Arbeitssouveränität besser genutzt werden kann. Daher entscheiden sich viele Angestellte für eine Tätigkeit als Freelancer; denn es gibt dadurch mehr Möglichkeiten, höhere Gehälter zu erzielen, die Work-Life-Balance zu nutzen und sich eigenverantwortlich um Projekte zu kümmern. Erstaunlicherweise trat die Kündigungswelle im Rahmen der Great Resignation vor allem in bestimmten Branchen auf. Eine der wichtigsten Branchen war die Technologiebranche, in der die Kündigungen rasch zunahmen. Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass im IT-Bereich überdurchschnittlich hohe Honorare angeboten werden und es mehr 90 https: / / news.kununu.com/ the-great-resignation/ 91 ebd. <?page no="91"?> Möglichkeiten gibt, Projekte eigenständig von zuhause aus durchzuführen. Neben den USA gibt es eine vergleichbare Kündigungswelle erstaunlicherweise auch in China, die als „Tang Ping“ bezeichnet wird. 92 Angesichts der Erfahrungen, die während der Pandemie gemacht wurden, hat sich weltweit eine Bewegung konstituiert, die mehr Wert legt auf Eigenständigkeit und Selbstbestimmung; durch das Homeoffice konnten Millionen von Arbeitnehmern eine neue Erfahrung machen und haben bemerkt, dass es besser ist, eigenständig Projekte durchzuführen, statt sich in einem traditionalistischen Unternehmen einem rigiden Führungsstil unterzuordnen. Das größte Maß an Arbeitssouveränität und Selbstverwaltung wurde als lukrativ wahrgenommen, daher möchten viele Arbeitnehmer nun nicht mehr zurückkehren in die klassische Organisationsstruktur eines Unternehmens, sondern vielmehr frei und unabhängig arbeiten. Insbesondere in der IT-Branche, in der dringend Fachpersonal gesucht wird, sind die Möglichkeiten, freiberuflich tätig zu werden, sehr viel lukrativer als in anderen Bereichen. Auch in Deutschland macht sich dieses Phänomen bemerkbar - immer häufiger werden klassische Beschäftigungsverhältnisse hinterfragt, und die Fluktuationsrate in den Unternehmen steigt merklich. Erstaunlicherweise denken hierzulande 37 Prozent der Arbeitnehmer darüber nach, den Job zu wechseln, während in früheren Jahrzehnten eine sehr viel stärkere Loyalität zum Arbeitgeber vorhanden war. 93 Die Xing Studie legte auch offen, dass 59 Prozent der Arbeitnehmer, die in der Studie befragt wurden, ein gutes Führungsverhalten als selbstverständlich voraussetzen. 57 Prozent plädierten für flexiblere Arbeitszeiten und 54 Prozent forderten ein höheres Gehalt. Erstaunlich ist auch, dass 52 Prozent der Interviewpartner die persönliche Sinnerfüllung in den Mittelpunkt ihres Wertekanons stellen und die Möglichkeit, das Homeoffice zu nutzen, als besonders wichtig erachteten. 94 92 https: / / news.kununu.com/ the-great-resignation/ 93 ebd. 94 ebd. <?page no="92"?> Niemand sollte jedoch die Risiken, die mit der Tätigkeit als Freiberufler verknüpft sind, unterschätzen; häufig bedeuten diese Freiheiten auch ein höheres Maß an Gefahren. Ein Problem ist eine mögliche langfristige Erkrankung. Insbesondere während der Pandemie wurde deutlich, dass eine solche Krankheit schnell das Ende einer selbständigen Tätigkeit bedeuten kann, insbesondere wenn ein längerer Krankenhausaufenthalt erforderlich ist. Daher müssen Selbstständige immer über genügend Reserven verfügen, um längere Durststrecken überbrücken zu können. Ein weiteres Problem, das keineswegs unterschätzt werden sollte, ist das Problem der Scheinselbständigkeit. Wer nur wenige Auftraggeber oder gar nur einen einzigen hat, riskiert als scheinselbstständig eingestuft zu werden; vor allem im IT-Bereich wird rigide kontrolliert, da dort oft wenige Auftraggeber mit größeren Projekten dominieren. Digitale Transformation Die digitale Transformation bzw. der digitale Wandel wird die Gesellschaft in erheblichem Maße umwälzen und zu einem unumkehrbaren Veränderungsprozess führen. Durch die digitale Transformation werden Technologien und die Umsetzung in den Unternehmen immer wichtiger. Es ist möglich, dass Unternehmen gezwungen sind, eine höhere Produktivität zu erzielen. Erst durch den Einsatz digitaler Technologien können innovative Geschäftsmodelle implementiert werden. Dies bedeutet für die Gesellschaft eine beträchtliche Herausforderung, die es zu meistern gilt. Aspekte der digitalen Transformation 95 : digitale Vernetzung und digitale Plattformen digitale Geschäftsmodelle Kostensenkung durch digitale Prozesse digitale Unternehmen (Remote Work, Lean Startup, metamoderne Organisationsformen) Immer mehr Unternehmen sind gezwungen, die Unternehmensstruktur und die Geschäftsprozesse umzustellen. Alle Formen des Cloud Computing gewinnen im betrieblichen Alltag an Bedeutung. Viele Volkswirtschaften tun sich schwer damit, diese Umwälzungen zu verkraften 95 https: / / www.etventure.de/ digitale-transformation/ <?page no="93"?> und abzufedern. Immer noch gibt es dominierende Beharrungskräfte, die sich auch im Bereich des Remote Work manifestieren. Digitale Transformation hat den Vorteil, dass sie zu einer höheren Effizienz in wirtschaftlichen Bereichen führt, zu einer Verschlankung der Produktionsabläufe und zu einer Optimierung des Prozessmanagements. Im Bereich der Produktion finden umfassende Innovationen statt. Durch die so genannte additive Fertigung, bei der Teile im 3D-Druck erstellt werden, ergeben sich völlig neue Möglichkeiten, beispielsweise um in Rekordgeschwindigkeit Prototypen zu produzieren (Rapid Prototyping), die auf 3D-CAD-Modellen beruhen, die von der Software automatisch generiert werden. Digitalisierung ist für die Wirtschaft eine große Herausforderung. Durch moderne Software wird es immer schneller möglich, einzelne Prozesse systematisch zu automatisieren und neu zu gestalten. Moderne Software ermöglicht in vielen Bereichen eine umfassende Automatisierung von Prozessen. Durch Cloud Computing wird es immer mehr möglich, virtuelle Maschinen zu installieren und die Leistungs- und Rechenfähigkeit zu skalieren. Durch die Digitalisierung, die im 21. Jahrhundert immer schneller voranschreitet, werden neue Geschäftsmodelle möglich, die in vielen Bereichen und vor allem im Dienstleistungssektor neue Formen der Innovation ermöglichen. Cloud Computing lässt sich in folgende Bereiche untergliedern: Infrastructure as a Service (IaaS) Platform as a Service (PaaS) Software as a Service (SaaS) Function as a Service (FaaS) Bei der Infrastructure as a Service (IaaS) umfasst die Leistung des Cloudanbieters vor allem Hardware. Das bedeutet: Ein Unternehmen kann schnell und unkompliziert auf zusätzliche Rechenleistung und Server zurückgreifen. Jedoch ist das Unternehmen für die Konfiguration und Installationen selbst verantwortlich. Bei Platform as a Service stellt der Cloudanbieter eine Laufzeitumgebung zur Verfügung, in der das Unternehmen selbstentwickelte Software, deren Funktionsfähigkeit und Sicherheit in unterschiedlichen Umgebungen ausgiebig testen kann. Software as a Service bezieht sich auf die weit verbreiteten Softwarelösungen, die in der Cloud angeboten werden und von Unternehmen und Privatpersonen genutzt werden. Bekanntestes Beispiel ist die Bürosoftware, die von Microsoft als Office 365 angeboten wird. Man spricht daher <?page no="94"?> von Software on Demand. Der Vorteil besteht darin, dass beim Software as a Service stets aktuelle Software mit allen Sicherheitsaktualisierungen und neuen Funktionen zur Verfügung steht, die ortsunabhängig und unter verschiedenen Betriebssystemen genutzt werden kann. Function as a Service bezieht sich auf spezifische Funktionen, die mit Hilfe der Cloud aufgrund der höheren und dynamischen Rechenleistung besser ausgeführt werden können. Es ist für die Unternehmen überlebenswichtig, sich diesen neuartigen Herausforderungen zu stellen und sinnvolle Lösungskonzeptionen zu entwickeln, die dieser Situation in besonderem Maße gerecht werden. Durch die Digitalisierung ändern sich alle Bereiche und Wertschöpfungsprozesse im Unternehmen, so wird das Marketing sehr viel zielgruppenspezifischer und genauer, und auch einzelne Wertschöpfungsprozesse können neu organisiert und effizienter gestaltet werden. Digitalisierung stellt eine Form der Disruption der Geschäftsprozesse dar, was dazu führt, dass sich Unternehmen hinsichtlich ihrer Unternehmensziele und ihrer Effizienz neu ausrichten müssen. Eine Studie von McKinsey 96 ergab, dass die Pandemie die digitale Transformation erheblich beschleunigt hat. Die Untersuchung zeigte auf, dass Führungskräfte immer mehr Zeit damit verbringen, sich mit digitalen Technologien vertraut zu machen und über neue digitale Geschäftsmodelle nachdenken. Eine besondere Bedeutung hat auch Data Science, da durch die Auswertung von Milliarden Daten sich bahnbrechende Erkenntnisse und Potentiale ergeben. Durch die Analyse von solchen großen Datenmengen ist es möglich, neue Erkenntnisse zu generieren. Die grundlegende Umwälzung der bisher bekannten Organisationskonzeptionen wird bereits dadurch sichtbar, dass das agile Projektmanagement immer mehr Verbreitung findet; es ist für Unternehmen von großer Bedeutung. Die klassische Einteilung in eine führungsebenenbezogene Organisation wird aufgehoben und im Alltag durch flexible Teams ersetzt. Die digitale Transformation wird auch für den Staat relevant. Lean Government 96 The new digital edge: Rethinking strategy for the postpandemic era: https: / / www.mckinsey.com/ business-functions/ mckinsey-digital/ our-insights/ the-new-digital-edge-rethinking-strategy-for-the-postpandemic-era <?page no="95"?> und die Verschlankung von administrativen Prozessen ist eine wichtige Zukunftsaufgabe. Je schneller und effizienter die Verwaltung arbeitet, desto geringer sind die Kosten. Ein wichtiges Element im Rahmen des eGovernment zeichnet sich dadurch aus, dass alle staatlichen Verwaltungsvorgänge digitalisiert und dadurch effizienter gestaltet werden. Schon heute können durch Data Science und durch die Auswertung von Milliarden von Daten neue naturwissenschaftliche Erkenntnisse beispielsweise im Bereich der Molekularbiologie oder der Pharmakologie erreicht werden. Eine wichtige Folge der Digitalisierung ist die Industrie 4.0; durch sie wird es möglich, die Produktion durch modernste Kommunikationstechnik erheblich zu verbessern. Ein besonderes Anwendungsbeispiel ist auch die Hybrid Cloud, bei der bestimmte Daten auf einem unternehmenseigenen Rechner - on premises - gehostet werden. Cloud Computing hat in den vergangenen Jahren erhebliche Zuwächse erzielt und rekordverdächtige Steigerungen erlebt. Heutzutage gilt Amazon als der größte Anbieter von Cloud- Computing-Diensten. Cloud Computing konnte erst realisiert werden, als es in den einzelnen Ländern schnelle Breitbandverbindungen gab, die durch Glasfasern realisiert wurden; nur durch diese schnellen Datenautobahnen ist Cloud Computing sinnvoll zu nutzen. Zu den bekanntesten Anbietern von Cloud-Diensten gehören neben Amazon mit AWS auch Microsoft. Am beliebtesten ist Cloud Computing in Form des Software as a Service. Bei diesem Dienst hat der Anwender die Möglichkeit, Applikationen aus der Cloud abzurufen. Das bedeutet, er kann Softwareanwendungen nicht nur selbst auf dem Rechner installieren, sondern sie in der Cloud nutzen und hat so immer von jedem Rechner aus Zugriff auf die gleiche Software. Zu solchen klassischen Cloud-Anwendungen zählen beispielsweise OneDrive, Drive und die Apple iCloud. Darüber hinaus ist ein bekanntes Unternehmen in diesem Bereich Salesforce, das eine CRM-Anwendung anbietet. Bei Anwendungsentwicklern ist der Plattformservice sehr beliebt, denn durch ihn können sie einzelne Anwendungen, die neu programmiert wurden, in der Cloud- Plattform nutzen. Um eine erweiterte Testphase durchzuführen, haben die Anwendungsentwickler die Möglichkeit, die Zahl der Instanzen, die in der Cloud angeboten werden, deutlich zu erhöhen und umfangreichere Tests durchzuführen. Cloud Computing hat in der Wirtschaft erhebliche Vorteile; denn es ist möglich, spürbare Kosteneinsparungen vorzunehmen; in der Regel wird die Nutzung von Cloud-Diensten nach Stunden gerechnet, was jedoch für die Unternehmen sehr vorteilhaft <?page no="96"?> sein kann. Durch die spontane und bedarfsorientierte Skalierung ist es möglich, Dienstleistungen auszuweiten. Kognitive Systeme können Aufgabenstellungen eigenständig lösen und mit anderen digitalen Systemen kooperieren; hierfür werden verschiedene Sensoren verwendet, die Informationen aus der Umwelt aufnehmen können, beispielsweise Bewegungssensoren, Mikrofone, Temperatursensoren oder Kameras, die Signale aus der Umwelt empfangen und auswerten können. Dadurch wird ein kognitives System geschaffen, dass Informationen, die von außerhalb kommen, dokumentieren und systematisch verarbeiten kann. Die Informationen, können mithilfe von Aktoren, das heißt Handlungseinheiten, dann in die Praxis umgesetzt werden. Hierzu gehören beispielsweise spezifische Motoren und automatische Türöffner. Digitale Systeme sind auf kognitive Systeme angewiesen, denn erst durch sie lässt sich eine Mensch-Maschine-Schnittstelle realisieren. Dies ist vor allem wichtig, um kognitive Systeme in anderen Bereichen mit den neuen neuronalen Netzen, dem maschinellen Lernen, dem Deep Learning oder den Big Data einzusetzen. Deep Learning 97 beruht auf maschinellem Lernen und ermöglicht es, große Datenmengen automatisiert zu verarbeiten. Es werden dabei künstliche neuronale Netze eingesetzt, die Frameworks wie Tensor- Flow, Keras oder Pytorch verwenden. Deep Learning kann im Gegensatz zum Machine Learning strukturierte und unstrukturierte Daten auswerten. Kognitive Systeme werden in Zukunft erheblich an Bedeutung gewinnen, denn aufgrund des autonomen Fahrens ist die Verarbeitung von Daten, die von Sensoren aufgenommen werden, von herausragender Bedeutung. Bei kognitiven Systemen kommt es darauf an, riesige Datenmengen in kürzester Zeit systematisch und zuverlässig zu verarbeiten. Dadurch können wesentliche Effizienzsteigerungen realisiert werden. Robotergestützte Prozessautomatisierung ist ein neuartiges Konzept in der Informatik, bei dem Robots dazu verwendet werden, bestimmte Aufgaben auszuführen. Hierfür benötigt man verschiedene Benutzerschnittstellen, um Mensch- Maschine-Interaktionen zu realisieren; insbesondere für einzelne Geschäftsprozesse können Roboter eingesetzt werden, die durch Selbstlernen und Automatisierung Prozesse selbstständig durchführen können. 97 https: / / datasolut.com/ was-ist-deep-learning/ <?page no="97"?> Prozessautomatisierung ist damit eine Form des intelligenten Geschäftsprozessmanagements. Durch die Automatisierung wird beispielsweise das automatisierte Lesen von E-Mails, die Beantwortung von Nachrichten und die Weiterverarbeitung durch verschiedene Funktionen implementiert. Die Programmierung solcher Prozesse setzt eine Modellierung voraus, die alle Geschäftsprozesse in einem Unternehmen abbildet und deren Ablauflogik differenziert. In der Informatik werden dazu verschiedene Verfahren eingesetzt, die die Produktivität steigern sollen. Hierzu gehört das paarweise Programmieren, bei dem ein Programmierer den Code schreibt, während der andere die Lösungsansätze anprüft (Pair Programming). Noch umfassender ist das Extreme Programming (XP), bei dem die Problemlösung im Vordergrund steht. Zielsetzung ist es, die Produktivität und Effizienz des Unternehmens zu erhöhen, die Geschäftsprozesse zu optimieren und eine Fokussierung auf wertschöpfende Tätigkeiten zu ermöglichen. Es geht vor allem darum, Geschäftsprozesse zu beschleunigen und zu vereinfachen. Durch künstliche Intelligenz können solche Prozesse noch weiter verbessert werden. Es kommt darauf an, die vorhandenen Dienstleistungen qualitativ erheblich zu verbessern und sie zu erweitern. Blockchain und Plattformökonomie Die Plattformökonomie ist noch von einem anderen Modell geprägt, das sich zunehmend verbreitet, und zwar der Blockchain. Mit den Kryptowährungen unter einer Blockchain versteht man ein internationales Register, in dem Transaktionen unveränderbar gespeichert werden. Die Blockchain hat viele Bereiche schon jetzt grundlegend gewandelt. Insofern gibt es eine gewisse Analogie zwischen der Blockchain und der Plattformökonomie; erst durch die Blockchain wurde eine umfassende Dezentralisierung des Finanzsystems als Idee etabliert. Durch diese Dezentralisierung werden etliche Institutionen, die bislang traditionalistisch an ihren Strukturen festhalten, obsolet werden. Hierzu gehören beispielsweise Banken und Versicherungen, aber auch Einrichtungen wie das Grundbuch. Schon heute ist es denkbar, eine weltweite Börse rund um die Uhr zu betreiben, die auf einer dezentralisierten Blockchain beruht. Ähnliches gilt für Banken, wo ein erheblicher Produktivitätszuwachs bereits durch Onlinebanken erzielt wurde. Eine Plattformökonomie ist von ihrem Wesen her dezentralisiert und global. Die Blockchain ist die Grundidee für ein solches System und ermöglicht es, Währungen zu etablieren, die dezentralisiert und von Notenbanken unabhängig sind. Durch diese Innovation ist es möglich, <?page no="98"?> dass weitere Produktivitätszuwächse erreicht werden; es ist völlig unverständlich, dass beispielsweise eine Versicherung oder eine Bank Zehntausende von Mitarbeitern beschäftigt und mehrere Tausende Filialen unterhält. Durch eine Onlinebank ist es schon heute denkbar, mit einigen wenigen IT-Spezialisten und einem Kundenservice eine Million Kunden zu betreuen. Unternehmen, die in Zukunft noch bestehen wollen, müssen sich umstellen. Es gilt, alle Prozesse auf den Prüfstand zu stellen und innovativer zu gestalten. Nicht wenige Unternehmen bestehen zu 80 Prozent aus Routinetätigkeiten, die zwischen zwei längeren Pausen ausgeübt werden. Unternehmen, die in Zukunft noch bestehen wollen, müssen einzigartige Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die die Kunden überzeugen. Hierzu ist es notwendig, alle Prozesse im Unternehmen neu zu digitalisieren und Wertschöpfungsprozesse zu reorganisieren. Die Produktivität muss drastisch gesteigert werden. Es ist wichtig, dass die neuen Möglichkeiten, die sich durch die Konnektivität und die Interaktivität ergeben, systematisch genutzt werden. In diesem Sinne ist sehr ratsam zu erkennen, dass die Plattformökonomie sich grundlegend von traditionellen Geschäftsmodellen unterscheidet. Um langfristigen Erfolg zu haben, ist wichtig, denn Customer- Lifetime-Value zu betrachten. Es geht vor allem darum, die Wertschöpfung zu steigern. Ein wichtiger Wert dafür ist beispielsweise die Retention Rate, das heißt die Kundenbindungsrate. Eine erfolgreiche Marketingstrategie sollte einzelne Kundensegmente identifizieren und durch ein systematisches Profiling eine stärkere Zielgruppenorientierung erreichen. Es geht darum, Kunden langfristig an das Unternehmen zu binden und deren Bedürfnisse und Erwartungen rechtzeitig zu erkennen. Eine Kennzahl in diesem Kontext, die immer mehr an Bedeutung erlangt, ist die Customer-Life-Span, die die Dauer einer Geschäftsbeziehung beschreibt. 98 Wichtige Kennzahlen: Retention Rate (Kundenbindungsrate) Customer Lifespan (Dauer der Geschäftsbeziehung) Churn Rate (Quote der Kunden, die verloren wurden) 98 https: / / www.pergenz.de/ wissen/ crowd_economy/ plattformoekonomie/ <?page no="99"?> Agiles Projektmanagement Das agile Projektmanagement hält in immer mehr Unternehmen Einzug ein, denn es zeichnet sich durch besonders viele Vorteile aus und bietet die Möglichkeit, das Projektmanagement in allen Phasen und Aspekten zu optimieren. Im Gegensatz dazu steht das klassische traditionelle Projektmanagement, das vor allem zahlreiche Planungsdetails, Planungsstrukturen und Ziele vorsieht. Das agile Projektmanagement hingegen legt großen Wert auf Dynamik und ein erhöhtes Maß an Flexibilität. 99 Das agile Projektmanagement geht auf ein 2001 publiziertes Manifest zurück, das bestimmte Grundprinzipien des agilen Projektmanagements festlegte. Hierzu gehört beispielsweise, dass Individuen und Interaktionen eine größere Bedeutung haben als Prozesse oder einzelne Tools. Darüber hinaus wird die Bedeutung einer umfassenden Dokumentation und der Kollaborationsprozesse mit den Kunden hervorgehoben. Was hingegen abgelehnt wird, ist eine umfassende Planung, Überwachung oder Steuerung einzelner Projektmanagementprozesse. Durch das agile Projektmanagement möchte man in allen Phasen eine höhere Effizienz und eine stärkere Innovation erreichen; diese Zielsetzung erfordert dementsprechend schnellere Produktionszyklen und die Präsentation neuer Ideen und Konzeptionen. Das agile Projektmanagement wird als ein Prozess verstanden, der die Innovation beschleunigt und die Möglichkeiten, neue Projekte voranzubringen, erheblich verbessert; ein wichtiges Prinzip des agilen Projektmanagements ist die Iteration, das heißt, einzelne vorläufige Ergebnisse werden wiederholt durchgeführt, optimiert und auf diese Weise Schritt für Schritt in einem Zyklus überprüft und verbessert. Ein wichtiger Aspekt bei diesem Konzept ist die Integration des Kunden in den Entwicklungsprozess und in die einzelnen Projektphasen. Eine ebenso wichtige Rolle spielt das Risikomanagement und die Qualitätssicherung. Beim agilen Projektmanagement gibt es wesentlich größere Spielräume bei der Qualität der Zeitplanung und den Kosten. Durch eine solch höhere Flexibilität wird es möglich, den Kundenanforderungen und -bedürfnissen besser gerecht zu werden. Durch diesen Ansatz können Projekte wesentlich schneller, effizienter und sicherer durchgeführt werden, da das agile Projektmanagement ein höheres Maß an Flexibilität und Planungssicherheit zulässt. Beim agilen Arbeiten spielen die Iterationszyklen eine große 99 https: / / www.projektmagazin.de/ glossarterm/ agiles-projektmanagement <?page no="100"?> Rolle. Man bezeichnet sie auch als Timebox. Am Ende steht ein den Kundenwünschen entsprechendes Produkt beispielsweise in der Softwareentwicklung, das als Inkrement bezeichnet wird. Vor allem geht es darum, eine genaue Spezifikation des Projekts zu erstellen und die Aufgabenstellung zu differenzieren, während traditionelle Methoden des Projektmanagements mehr Wert legen auf eine akribische Erfassung und Bewertung der Projektphasen und Projektschritte. Das agile Projektmanagement akzentuiert die effiziente Projektsteuerung, die ein komplexes System Umfeld berücksichtigt. Einzelne Ansätze in den Unternehmen bevorzugen ein hybrides Projektmanagement, bei dem beide Konzeptionen miteinander verschmelzen. Das heißt: Es wird sowohl das klassische Projektmanagement mit der Definition und der strengen Kontrolle einzelner Projektphasen als auch das agile Projektmanagement angewandt, das sich durch eine größere Flexibilität auszeichnet. Agile Methoden Design Thinking Lean Startup Agile Entwicklung User Story Maps (Definition der Projektanforderungen) Projektinitialisierung (User Story, Risk Story) Objectives and Key Results (OKR) Scaled Agile (agile Arbeitsformen in Teams) Unter Design Thinking versteht man, dass Projekte auf eine bestimmte Zielgruppe zugeschnitten sind und dass zielorientierte Lösungskonzeptionen im Mittelpunkt des gesamten Projektmanagements stehen. Um dies zu erreichen, muss die Zielgruppe genau festgelegt werden, indem marketingtechnisch eine Persona erstellt und auf diese Weise idealtypisch der Kunde skizziert wird. Die Lösung muss maßgeschneidert den Kundenwünschen und Kundenbedürfnissen entsprechen. Das Design Thinking hat den Vorteil, dass es eine umfassende Betrachtungsweise ermöglicht und lösungsorientiert vorgeht. Lean Startup bezeichnet eine konzeptionelle Denkweise, die großen Wert auf innovative Prozesse und moderne Geschäftsmodelle legt, die eine Disruption ermöglichen und durch iterative Methoden schnellere Lösungsansätze generieren. Beim Lean Startup kommt es darauf an, die Lösungswege von vornherein so zu gestalten, als ob man sie von Grund auf neu lösen müsste. Dieser Ansatz realisiert eine stärkere Fokussierung <?page no="101"?> auf die Wünsche des Kunden und eine schnellere Reagibilität und damit eine zügigere Lösung. Der wichtigste Grundsatz des Lean Startup ist es, dass eine Fokussierung auf den Kunden erfolgt. Die agile Entwicklung ist charakterisiert durch den iterativen Prozess, bei dem auf der Basis von bereits vorhandenen Produkten neue Lösungswege gesucht werden, die sich durch Innovation und Modernität auszeichnen. Gerade die Idee des Lean Startup ist dadurch charakterisiert, dass von Grund auf Innovationen gesucht werden, die sich durch ein besonderes Maß an Wettbewerbsfähigkeit auszeichnen. Bereits bei der Strukturierung des Projekts und bei der Vergabe der Projektrollen wird Wert daraufgelegt, dass eine iterative Produkt- und Serviceentwicklung möglich wird. Das agile Entwicklungsprojekt ist gekennzeichnet durch ein außerordentlich hohes Maß an Flexibilität, Arbeitssouveränität, Spontaneität und Selbstorganisation. Zuständigkeiten und Befugnisse werden flexibel vergeben und orientieren sich nicht an rigiden Organisationsstrukturen. Durch diese organisationale Transformation soll eine höhere Disruption erzielt werden. Agiles Projektmanagement setzt kontinuierliches und flexibles Lernen voraus, das sich an bestimmten iterativen Prinzipien orientiert und eine stetige Verbesserung der Ergebnisse anstrebt. In diesem Zusammenhang spricht man von der PACE-Methode, die Design Thinking, Lean Startup und Agile Scrum kombiniert. Zum Design Thinking gehört das sogenannte Rapid Prototyping, das eine schnellere Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen in den Vordergrund rückt. 100 Kennzeichen der PACE-Methode sind: eine explizite Kundenorientierung systematische Produktentwicklungsverfahren Nutzung von Entwicklungstools technologisches Management Die User Story Map stellt eine kognitive Landkarte für das jeweilige Projekt dar und beschreibt die einzelnen Projektphasen und Projektideen. Durch eine solche Map ist es möglich, die einzelnen Projektaspekte anschaulich in einer Karte darzustellen. Beispielsweise umfasst eine solche Map die einzelnen Phasen der Projektvorbereitung, der Pro- 100 https: / / www.projektmagazin.de/ artikel/ desing-thinking-lean-startup-agileentwicklung-kombinieren <?page no="102"?> jektinitialisierung, der Projektplanung und Steuerung sowie den Abschluss des Projekts und die Lessons Learned. Bei der Projektvorbereitung spielt beispielsweise eine Jetzt-Story oder Machen-Lassen-Story eine wichtige Rolle, während bei der Projektinitialisierung die User Story und die Risk Story in den Vordergrund rücken. Bei der Projektplanung kommt es auf das Story Package an. Diese Storys verstehen sich als Narrative, die das Projekt in einzelne Projektabschnitte und Projektaspekte gliedern. Bei der User Story kommt es darauf an, die einzelnen Ideen des Produkts oder der Dienstleistungen konkret zu formulieren und systematisch zu differenzieren. Durch solche Narrative wird es möglich, die Kontinuität des Projekts abzubilden und eine stärkere Strukturierung umzusetzen. User Stories können ähnlich wie eine längere Erzählung verkettet werden und sind gleichzeitig ein verbindender Sinnzusammenhang, der das Projekt begleitet. Objectives und Key Results (OKR) fassen die Projektinhalte zusammen, die sich auf einen kürzeren Projektzyklus (2 bis 6 Monate) beziehen. 101 Durch OKR soll es ermöglicht werden, in kürzeren Projektabschnitten die Ausrichtung auf langfristige Ziele zu gewährleisten. Daher werden für das Team einzelne Key Results, also Teilziele, formuliert, um so die Kontinuität des Projekts sicherzustellen. Die einzelnen Ergebnisse des Projektabschnitts werden dann evaluiert. Man spricht in diesem Kontext von einer Kadenz. Die Kadenz kann eine unterschiedliche Länge haben. In der Regel handelt es sich um 2 bis 6 Monate. Für einzelne Themen muss jedoch festgelegt werden, ob der Projektabschnitt in diesem Zeitraum erreicht werden kann. Beim OKR unterscheidet man folgende Phasen 102 : Unternehmens-OKR Team- oder Bereichs-OKR Review Retrospektive Ein weiteres wichtiges Kriterium für das agile Projektmanagement ist die Skalierung. Ein Geschäftsmodell gilt als skalierbar, wenn es seine Geschäftstätigkeit ohne größere Probleme und Einschränkungen weiter ausdehnen 101 https: / / www.projektmagazin.de/ glossarterm/ okr-objectives-key-results 102 ebd. <?page no="103"?> kann; dies kann sich sowohl auf den Vertrieb als auch auf das Kostenmanagement beziehen. Das klassische Projektmanagement sieht eine Skalierung nicht vor, während das agile Projektmanagement es in den Vordergrund rückt. Es bedeutet, dass alle Bereiche des Projektmanagements und alle Projektphasen skalierbar sind. Eine solche Skalierbarkeit setzt voraus, dass das Unternehmen über ein hohes Maß an Resilienz und disruptiven Fähigkeiten verfügt. Man spricht in diesem Kontext von einer agilen Transition, die ein agiles Mindset voraussetzt. 103 Nur durch eine solche Organisationsform ist es möglich, eine umfassende Disruption zu realisieren. Das bedeutet, dass alle Führungsebenen letztlich durchlässig, transparent und flexibel agieren und dass die hierarchische Denkweise abgeschafft wird. Ein agiles Mindset ist stets fluide und reagiert flexibel auf Änderungen der Systemumwelt. Eine agile Transition setzt also Unternehmen voraus, die bereit sind, sich den neuen Herausforderungen der Weltwirtschaft und der Digitalisierung zu stellen. Verkrustete Organisationsstrukturen sind ebenso eine große Hürde wie ein klassisches Führungsmodell oder zu viele Führungsebenen. Agiles Projektmanagement erfordert, dass mehrere Teams an einem Projekt arbeiten, neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln, indem sie flexibler und agiler reagieren. Ein höheres Maß an Schnelligkeit und Innovation wird angestrebt. Nur Organisationsstrukturen, die solche flexiblen Prozesse unterstützen, sind geeignet, um eine Skalierbarkeit von Projekten zu gewährleisten. Man spricht dann in diesem Zusammenhang von einem Skalierungs-Framework. Ein Skalierungs-Framework beruht auf verschiedenen agilen Prinzipien wie beispielsweise der organisationalen Offenheit, Flexibilität, Innovationsfähigkeit, Resilienz und dem Commitment der Mitarbeiter und Teams. Wesentliche Maximen der agilen Skalierung sind beispielsweise die Verringerung von Abhängigkeiten in der organisationalen Struktur. Das genaue Timing der Skalierung und die Verwendung von vielen Methoden sowie das genaue Befolgen des agilen Projektmanagements. Das agile Projektmanagement wird häufig in der IT-Branche angewandt, wo gerade eine komplexe Softwareentwicklung eine solche moderne, flexible und fluide Methode erfordert. Vor allem bei der Migration von Software oder größeren Projektfortschritten ist es unerläss- 103 https: / / www.projektmagazin.de/ glossarterm/ okr-objectives-key-results <?page no="104"?> lich, das agile Projektmanagement ganz gezielt einzusetzen, um so eine höhere Konnektivität und Vernetzung von Projekten zu erzielen. Dabei ist es möglich, einzelne Projektabschnitte outzusourcen, was ein höheres Maß an Koordination nach sich zieht. Auch bei der Wartung oder Weiterentwicklung von Softwareprojekten ist ein flexibles und dynamisches Projektmanagement erforderlich. Daher hat das agile Projektmanagement insbesondere in der IT-Branche großen Anklang gefunden und wird zunehmend in der Praxis von Unternehmen eingesetzt. Im IT-Projektmanagement sind umfassende Kompetenzen entscheidend sowie Soft Skills, die es ermöglichen, flexibel und dynamisch auf die einzelnen Herausforderungen in der Softwareentwicklung zu reagieren. Ein weiteres Problem beim Softwaremanagement ist der Stakeholder, da es unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse gibt, so dass IT-Projekte sich schon nach kurzer Zeit als relativ komplex erweisen und eine Vielzahl an Anforderungen jederzeit erfüllen müssen. Das klassische IT-Projektmanagement hat die einzelnen Projektabschnitte sehr detailliert definiert, während das agile Projektmanagement vor allem die Flexibilität und Resilienz in den Vordergrund aller Bemühungen stellt. Beispielsweise geht es in der Planungsphase um die exakte Zielformulierung, die Ausgestaltung des Vertrags, die Festlegung des Budgets und die genaue Definition des Terminplans und sowie die Umfeldanalyse. Eine weitere Betrachtung erfordert das Risikomanagement, das in allen Details ausgearbeitet werden muss. Auch das Beschaffungsmanagement flankiert diese Maßnahmen. Bei der Umsetzungsphase sind vor allem die Kommunikationsstrukturen sowie die Moderation von einzelnen Teams von herausragender Bedeutung. Dabei sollte das Stakeholder-Management in allen Projektphasen in den Vordergrund rücken und auch die Qualitätssicherung weite Beachtung finden. Darüber hinaus sind Dinge wie Regularien und die Beachtung der Compliance von herausragender Bedeutung für den Erfolg eines Softwareprojekts. Im IT-Projektmanagement haben sich verschiedene spezielle Managementmethoden herauskristallisiert: 104 Rapid Software Development (RAD) Extreme Programming and Dynamic Systems Development Method (DSDM) 104 https: / / www.projektmagazin.de/ glossarterm/ it-projektmanagement <?page no="105"?> Im klassischen IT-Projektmanagement, wie es bereits seit Jahrzehnten praktiziert wird, gilt das sogenannte Wasserfallmodell als vorbildlich. Es stammt ursprünglich aus der Bauwirtschaft und sequenziert alle einzelnen Projektschritte und bildet sie nacheinander ab. Diese Verfahrensweise orientiert sich an den klassischen Produktionsmethoden. Für die moderne Softwareentwicklung hat sich jedoch diese strukturierte und lineare Vorgehensweise als nachteilig erwiesen, da sie die Kreativität und die Disruption hemmt. Moderne Softwareentwicklung setzt voraus, dass es viele einzelne Module und dynamische Arbeitsweisen gibt, die miteinander vernetzt werden müssen. Um dies zu erreichen, ist das Wasserfallmodell eigentlich ungeeignet. Daher hat das agile Projektmanagement erhebliche Vorteile, da es mehr Flexibilität gestattet und größeren Wert auf Teammanagement legt. Durch die Zusammenarbeit, die Kreativität und die Innovationsfähigkeit ist es mit dem agilen Projektmanagement wesentlich leichter, komplexe Software in wesentlich kürzeren Zeiträumen zu entwickeln. Vor allem die Skalierbarkeit ist ein herausragender Vorteil des agilen Projektmanagements, das im klassischen Wasserfallmodell nicht möglich war. Postwachstumsökonomie und Arbeitssouveränität Die Kultur des New Work bedeutet eine umfassende Veränderung der Organisationsstruktur. Insofern ist es wichtig, dass die Nachhaltigkeit des organisationalen Wandels gewährleistet ist. Eine kooperative Arbeitsumgebung ist besonders wichtig, um die intrinsische Motivation der Mitarbeiter zu fördern. Dies beginnt bereits bei der Personalrekrutierung. Mit einer neuen Arbeitskultur entsteht ein neues Konzept für Personalbeschaffungsmaßnahmen. Es wird als “New Hiring” 105 bezeichnet und fokussiert sich auf die Bedürfnisse und Interessen von Mitarbeitern. Deshalb steht am Anfang des Rekrutierungsprozesses ein „Cultural fit“; durch diese Herangehensweise soll festgestellt werden, ob der potenzielle Mitarbeiter in die Firmenkultur passt oder nicht. 105 New Hiring - ein neues Recruiting-Zeitalter beginnt. https: / / www.personalwirtschaft.de/ news/ sponsored/ new-hiring-ein-neues-recruiting-zeitalter-beginnt-134377/ <?page no="106"?> Eine Befragung durch XING ergab, dass 37 Prozent der Mitarbeiter in deutschen Unternehmen offen für einen Arbeitgeberwechsel sind. 25 Prozent hatten dabei noch keine neue Arbeitsstelle. 106 Inzwischen wird auch dafür plädiert, Gamifikation bei der Personalrekrutierung einzusetzen. In diesem Kontext spricht man von „Recrutainment“. 107 Der Softwarespezialist Brian Robertson hat ein neues Konzept für Organisationsstrukturen im 21. Jahrhundert entwickelt; er betont, wie wichtig die Etablierung eines modernen Organisationssystems ist. In diesem Zusammenhang prägte er den Begriff Holokratie oder Soziokratie, was bedeutet, dass herkömmliche Führungsebenen und Führungsstrukturen vollständig abgeschafft werden. An die Stelle der klassischen hierarchischen Organisation, die aufgrund ihrer Schwerfälligkeit nur wenig zukunftsträchtig ist, tritt ein aufgabenorientiertes Rollenverständnis, das es ermöglicht, Aufgaben flexibel und dynamisch zu lösen. 108 Interesse, Souveränität, Eigenverantwortung, unternehmerisches Denken und Selbstkonkordanz stehen im Mittelpunkt. Holokratische Organisationen sind darauf angewiesen, dass die Mitarbeiter eigenständig handeln können und in der Lage sind, Aufgaben in Teams zu bearbeiten, und auf diese Weise hohe Sozialkompetenz und Teamfähigkeit erlangen (Empowerment). Charakteristika holokratischer Organisationen sind 109 : Selbstorganisation kybernetische Organisationsprinzipien Agiles Projektmanagement Crowd Intelligence Die Organisationsentwicklung erfolgt dezentral. Flankiert werden solche Maßnahmen durch moderne Formen der Arbeitszeitorganisation; der herkömmliche Achtstundentag, der zu Beginn des zwanzigsten 106 New Hiring. https: / / t3n.de/ news/ new-hiring-recruiting-1459911/ 107 https: / / www.hit-personal.de/ magazin/ gamifikation/ 108 Carsten Schermuly: Holacracy: Die holokratische Organisation. https: / / www.haufe.de/ personal/ hr-management/ new-work-moderne-formen-der-arbeitsgestaltung/ holacracy-die-holokratische-organisation_80_406704.html 109 https: / / karrierebibel.de/ holokratie/ <?page no="107"?> Jahrhunderts eingeführt wurde, und die Fünftagewoche haben ihre Bedeutung verloren. Immer mehr Unternehmen bevorzugen New Work als eine maßgebliche Komponente, um die Arbeitszeit zu flexibilisieren. Meetings in holokratischen Organisationen können drei verschiedene Formen annehmen 110 : Tacticals (Meetings zur Zieldefinition zu Wochenbeginn) Issue specific Meetings (Meetings zur Problemlösung) Governance Meetings (alle 1 bis 3 Monate für grundlegende Veränderungen im Team) Längst sind Arbeitszeitkonten gängig oder auch sogenannte Zeitbudgets, bei denen die Mitarbeiter eigenständig ihre Jahresarbeitszeit gestalten können. Hierzu gehören Kontomodelle und dynamische Organisationsformen, die es erlauben, weltweit global zu arbeiten und gleichzeitig mehr Flexibilität zu erreichen; durch Remote Work wird es möglich, auch von zuhause aus Aufgaben und Projekte zu bearbeiten und an unterschiedlichen Orten zu leben. Durch diese Flexibilisierung hat das alte und starre Arbeitszeitmodell des Industriezeitalters ausgedient. Das Management im Unternehmen legt nun Wert auf Agilität, auf Holokratie und eine partizipative Führung, mehr Flexibilität und Zeitsouveränität. Es gibt eine sogenannte „Holocracy Constitution“, deren Grundprinzipien folgende sind 111 : Kommunikation zwischen verschiedenen Organisationskreisen („double linking“) Abtrennung operativer Aufgaben, um deren Stellenwert hervorzuheben klare Rollenverteilung dynamische Unternehmenssteuerung und integrative und partizipative Entscheidungsfindung Svendsen hebt hervor, dass Menschen intrinsisch motiviert arbeiten können. Sie werden ihre Arbeit möglichst gut und perfekt erledigen. Großzügige Gestaltungsspielräume sollen ein innovatives Arbeitsleben 110 Carsten Schermuly: Holacracy: Die holokratische Organisation. https: / / www.haufe.de/ personal/ hr-management/ new-work-moderne-formen-der-arbeitsgestaltung/ holacracy-die-holokratische-organisation_80_406704.html 111 https: / / karrierebibel.de/ holokratie/ <?page no="108"?> ermöglichen. In diesem Zusammenhang spricht man auch von atmenden Lebensläufen 112 , die unkonventionelle und mosaikartige Erwerbsbiografien präferieren. Fluide Lebensläufe gelten als Gegenbegriff zur herkömmlichen und vorgeprägten Biografie, die sich an Standardkarrieren orientiert. Solche Normbiografien sind längst veraltet, und mosaikartige Lebensentwürfe ermöglichen es, flexibel zu arbeiten und unkonventionelle Erfahrungen zu sammeln. Das Konzept der fluiden Lebensläufe sieht vor, dass Menschen ihr eigenes Leben gestalten und verschiedene Berufe ausüben. Eine wichtige Komponente für diese Arbeitswelt, die herkömmliche Grenzen und Normen überschreitet, ist das bedingungslose Grundeinkommen, das immer mehr Zustimmung findet. Der Philosoph Richard Precht plädiert beispielsweise für ein bedingungsloses Grundeinkommen in Höhe von monatlich 1500 Euro. Durch die fortschreitende Digitalisierung und den Wegfall einer Vielzahl von Arbeitsplätzen wird die Diskussion um das bedingungslose Grundeinkommen zunehmen. 113 Durch die Digitalisierung steigt die Wahrscheinlichkeit, dass viele Bereiche von administrativen Tätigkeiten automatisiert werden. Dadurch wird eine Großzahl von Arbeitsplätzen wegfallen, was zu erheblichen sozialen Problemen und Spannungen führt. Daher wird die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommen langfristig auf der Agenda der Politik stehen. Eine Nonprofit-Organisation namens Give Directly 114 hat 2016 in Kenia bereits einen Feldversuch für ein bedingungsloses Grundeinkommen gestartet; 6.000 Beteiligte erhalten ein Grundeinkommen, das es ihnen ermöglicht, ihren Lebensunterhalt abzudecken. Einige sogenannte Postdigitale 115 gehen davon aus, dass in Zukunft die Menschen nur noch einen Teil ihres Lebens mit der Arbeit verbringen werden. Sie werden Tätigkeiten nachgehen, die ihren Bedürfnissen und Werten entsprechen. Deshalb spricht man von einer Postwachstums- 112 Benjamin Berend · Michaela Brohm-Badry: New Work: Souveränität im postdigitalen Zeitalter. Springer Fachmedien Wiesbaden 2020, S. 33 113 ebd., S. 35 114 https: / / www.givedirectly.org/ 115 MatthiasHorx: Das postdigitale Zeitalter. https: / / www.zukunftsinstitut.de/ artikel/ zukunftsreport/ das-postdigitale-zeitalter/ <?page no="109"?> ökonomie, die anstelle des klassischen Wachstumsbegriffs eine nachhaltige qualitative Verbesserung der Lebensverhältnisse anstrebt. Dies bedeutet, dass die Wirtschaft letztlich darauf ausgerichtet ist, ein hochwertiges Produkt oder eine entsprechende Dienstleistung hervorzubringen und eine Dekarbonisierung und Dematerialisierung. Dekarbonisierung zielt darauf ab, Kohlendioxid- und andere klimaschädliche Emissionen einzuschränken. 116 Diesen Trend implizieren viele Konzeptionen, die darauf ausgerichtet sind, eine Entschleunigung der Lebensentwürfe zu erreichen und eine Entkommerzialisierung anstreben sowie eine Suffizienzstrategie und die Stärkung der Regionalökonomie befürworten. Der Minimalismus zeigt auf, dass es nicht wichtig ist, immer mehr zu produzieren und mehr zu verdienen. In einer solchen Postwachstumsökonomie hat eine 20-Stunden-Woche einen hohen Stellenwert. Eine Postwachstumsökonomie ist durch folgende Merkmale charakterisiert 117 : Entschleunigung (schonende Ressourcenverwendung) qualitative Entwicklung steht im Vordergrund Gleichgewicht zwischen Fremd- und Selbstversorgung Regionalökonomie (Community Supported Agriculture) regionale Versorgungsstrukturen Degrowth und Suffizienz (Selbstgenügsamkeit) Viel zu viele Unternehmen setzen immer noch auf die klassische Fünftagewoche, die im Zeitalter der Digitalisierung längst wie ein Fremdkörper wirkt. Es ist besonders fragwürdig, dass unzählige mittelständische Unternehmen daran festhalten und das Konzept der Zeitsouveränität und der Selbstkonkordanz des New Work ausblenden. Unternehmen, die so beharrlich an den veralteten Arbeitszeitkonzeptionen festhalten, werden langfristig darunter leiden, dass sie kaum noch geeignete Fach- und Führungskräfte finden. Das Employer Branding wird durch solche Formen der Organisation erheblich beeinträchtigt. Daher ist es wichtig, dass die Unternehmen bereit sind, starre und autokratische Führungsstrukturen und Führungsebenen zunehmend infrage zu stellen; denn langfristig werden die Digitalisierung und die 116 Niko Paech: Grundzüge einer Postwachstumsökonomie: http: / / www.postwachstumsoekonomie.de/ material/ grundzuege/ 117 ebd. <?page no="110"?> Disruption vieler Geschäftsprozesse dazu führen, dass das Personal mehr Flexibilisierung, mehr Eigenverantwortung und ein agiles Projektmanagement fordert, das die tradierten Führungsebenen und Rollen durchbricht. Moderne Konzeptionen gehen davon aus, dass Menschen eine hohe Leistungsbereitschaft an den Tag legen, wenn die Ziele ihren Werten gerecht werden. Heutzutage möchte niemand mehr einen langweiligen Bürojob ausüben, sondern es geht darum, sich selbst zu verwirklichen, flexibel zu arbeiten und eine ausgeglichene Work-Life-Balance anzustreben. Manche Unternehmen haben die Zeichen der Zeit trotz der Pandemie noch nicht erkannt und halten geradezu ängstlich an den herkömmlichen Strukturen und Organisationssystemen fest. Es steht aber außer Frage, dass langfristig Innovationen nur dann erzielbar sind, wenn das Unternehmen bereit ist, sinnvolle Kompromisse einzugehen und die Werte und Bedürfnisse der Mitarbeiter berücksichtigt. Dieser Wandel mag anfangs relativ schwer gelingen, aber langfristig ist es unabdingbar, um mit dem technologischen Fortschritt mithalten zu können. Gerade digitale Nomaden, die ein besonders hohes Maß an Eigenständigkeit für sich reklamieren, zeigen auf, dass es möglich ist, in verschiedenen Ländern zu leben und dennoch hochwertige Dienstleistungen zu erbringen. Das klassische Festhalten an einem veralteten Modell, das bereits zu Fords Zeiten Stand der Technik war und das hierarchisch ausgerichtet ist, hat heutzutage keine Zukunft mehr. Gerade in der Pandemie hat sich unverkennbar gezeigt, dass manche Unternehmen durchaus willens sind, von den bisherigen Organisationsformen abzurücken und innovative Strukturen zu etablieren, die mehr Freiräume und mehr Gestaltungsfreiheit ermöglichen. Ein Unternehmen, das hartnäckig an pyramidenartigen und hierarchischen Strukturen festhält, wird langfristig scheitern; denn aufgrund der demografischen Entwicklung und des Fachkräftemangels wird es unabdingbar, mehr Zugeständnisse an die Arbeitnehmer zu machen und sich mit agilen Formen des Projektmanagements vertraut zu machen. Niemand will langfristig in einem Unternehmen arbeiten, das keine Aufstiegschancen bietet und auch keinerlei betriebliche Zusatzleistungen anbietet. Hierbei geht es nicht so sehr um den legendären Obstkorb oder um die Kaffeemaschine, sondern darum, attraktive Leistungen anzubieten wie beispielsweise Remote Work und zukunftsträchtige Arbeitszeitkonzeptionen. <?page no="111"?> Die jüngste Generation hat diesen Trend längst für sich beansprucht und ist nicht länger bereit, diese Strukturen zu akzeptieren, die noch aus dem zwanzigsten Jahrhundert stammen. Einteilung der Generationen 118 : Babyboomer (1950 bis 1964) Generation X (1965 bis 1979) Generation Y (1980 bis 1994) Generation Z (1995 bis 2009) Generation Alpha (2010 bis 2024) Kennzeichnend für diese Generation sind: eine hohe Internetaffinität (permanenter Onlinezugang) Unentschlossenheit (Entscheidungsdruck in einer krisenhaften Welt) Angst vor hohem Leistungsdruck und Ungewissheit (Pandemie, Wirtschaftskrisen) Unverbindlichkeit (Multioptionalität, Vielzahl der Lebensentwürfe, Sinnsuche) Familie als Ort der Geborgenheit Es wird sichtbar, dass ältere Führungskräfte auf mittlerer Ebene Angst haben, dass ihre Arbeitsplätze langfristig überflüssig sind. Dieses seltsame und bizarre leninistische Konzept, das der skurrilen Devise huldigt: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser” wirkt wie ein Atavismus in dieser Zeit. Diese Mentalität wird langfristig keinen Bestand haben, denn je höher die Qualifikationen der Mitarbeiter sind, desto geringer ist auch die Bereitschaft, sich solch hierarchischen Strukturen unterzuordnen. Bei etlichen Unternehmen ist dieser Trend anscheinend noch nicht angekommen, und diese verlieren zunehmend an Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt. Deren Positionierung wird immer schlechter, und sie werden langfristig mit höheren Personalausgaben und einer überdurchschnittlichen Personalfluktuation konfrontiert. Erfolgreiche Unternehmen werden sich bemühen, Mitarbeitern größtmögliche Freiheit und Flexibilität einzuräumen; es gibt sogar Unternehmen, die bereit sind, ihren Beschäftigten zu gestatten, beliebig viel Urlaub zu nehmen und 118 Generation Z Übersicht: https: / / simon-schnetzer.com/ generation-z/ <?page no="112"?> den gesamten Arbeitstag frei zu gestalten und von überall aus zu arbeiten. 119 In den USA wird diese Idee bereits von Netflix, Dropbox und Pinterest umgesetzt. In Deutschland praktiziert die Idee des unbegrenzten Urlaubs die Münchner PR- und Werbeagentur „Serviceplan“. An solchen Maßstäben orientieren sich moderne Arbeitskonzeptionen. Bedingungsloses Grundeinkommen Angesichts der fortschreitenden Automatisierung werden Arbeitsplätze in vielen Branchen wegfallen. Dadurch wird es immer schwieriger, eine neue Stelle auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Langfristig werden Fördermaßnahmen, die die bestehenden Arbeitsplätze erhalten sollen, nicht mehr zielführend sein. Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens findet immer mehr Anhänger. Viele Kritiker des Bedingungslosen Grundeinkommens sind der Auffassung, dass es für den Staat zu teuer wäre, 83 Millionen Menschen mit einem Grundeinkommen von beispielsweise 1.000 € im Monat zu versorgen. Insgesamt würde ein solches Projekt den Staatshaushalt mit einer Billion Euro im Jahr belasten. Dies entspricht ungefähr der dreifachen Summe des bisherigen Bundeshaushalts. Insofern sind etliche Experten der Ansicht, ein bedingungsloses Grundeinkommen sei nicht finanzierbar und würde den Staat erheblich überlasten und zu einer drastischen Staatsverschuldung führen. Dennoch muss man bei dieser Kritik berücksichtigen, dass bereits jetzt der Sozialstaat durch eine Vielzahl von Leistungen die Bürger finanziert. Diese Unterstützung reicht von den klassischen Sozialversicherungen wie der Krankenversicherung, der Rentenversicherung bis zur Arbeitslosen- und Pflegeversicherung sowie vielen zusätzlichen Leistungen wie beispielsweise dem Wohngeld und dem Arbeitslosengeld 2. Berücksichtigt werden sollten außerdem alle bisher vorhandenen Sozialleistungen, zu denen auch das Kindergeld und Bafög zählen. Hinzu kommen zahlreiche Freibeträge im Steuerrecht und Subventionen, die ebenfalls entfallen könnten, wenn es ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle gäbe. 119 Verena Töpper: So viel bezahlter Urlaub, wie man will wie geht das? https: / / www.spiegel.de/ karriere/ new-work-im-praxistest-diese-firmen-bieten-unbegrenzten-urlaub-an-a-42278ca3-cc87-4079-912a-8e54afaa061e <?page no="113"?> Ein weiterer Einwand, der von den Kritikern notorisch angeführt wird, ist die Prognose, dass es bei der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens zu höheren Preisen und einer rapiden steigenden Inflation käme. Nach Auffassung der Kritiker würden bei einem bedingungslosen Grundeinkommen sofort die Mieten oder auch die Preise für andere Güter angehoben, da die Unternehmen aufgrund der höheren Kaufkraft versuchten, diese Kaufkraft abzuschöpfen. Ein wichtiger Einwand gegen dieses Argument besteht darin, dass die Geldmenge sich durch das bedingungslose Grundeinkommen kaum erhöhen würde, denn wenn man alle Sozialleistungen, die bislang völlig unkoordiniert vom Staat gewährt werden, abschaffte und zusätzlich die Subventionen striche, dann würde sich die Geldmenge vermutlich kaum erhöhen. Ein anderer Kritikpunkt, der häufig bei der Nennung des bedingungslosen Grundeinkommens angeführt wird, ist, dass Menschen, die bereits über ein hohes Einkommen verfügen oder ein größeres Vermögen vorweisen können, durch das bedingungslose Grundeinkommen zusätzlich profitieren und dadurch die ärmeren Menschen noch schlechter behandelt würden. Eine solche Annahme verkennt, dass Steuern auf das zusätzliche Einkommen der Reichen erhoben würden. Da bei ihnen der Grenzsteuersatz steil anstiege, profitierten sie weniger von einem bedingungslosen Grundeinkommen. 120 Ein anderes Argument, das häufig vorgebracht wird, ist, dass Menschen, die nach einem bedingungslosen Grundeinkommen noch ihrer Arbeit nachgehen, eigentlich im Nachteil wären. Doch dieses Argument verkennt die Tatsache, dass viele Menschen auch ohne Gehalt arbeiten gingen, wenn die Arbeit für sie einen Sinn macht und ihnen Freude bereitet. Darüber hinaus ist es heutzutage bereits so, dass Menschen, die Arbeitslosengeld 2, also Hartz 4, beziehen kaum einen Anreiz haben, arbeiten zu gehen, da jeglicher Zusatzverdienst auf den Bezug der Sozialleistungen angerechnet wird. Insofern würde ein bedingungsloses Grundeinkommen eher die Bereitschaft fördern, sich eine Arbeit zu suchen, die Sinn macht und die auch dann ausgeführt würde, wenn es kein Gehalt gäbe. Zum ersten Mal wäre es dann möglich, sich eine Arbeit suchen, die wirklich den persönlichen Qualifikationen, Voraussetzungen und Bedürfnissen entspricht. 120 https: / / www.mein-grundeinkommen.de/ erkenntnisse/ was-ist-es? active=muellmann <?page no="114"?> Die fortschreitende Automatisierung in der modernen Gesellschaft wird dazu führen, dass immer mehr Arbeitsplätze entfallen und dass mehr Branchen darauf setzen, durch moderne Systeme Arbeitskräfte einzusparen. Insofern wird die Diskussion um das bedingungslose Grundeinkommen, das das Existenzminimum der Bevölkerung sichern soll, erheblich zunehmen. Kritiker ignorieren bereits heute, dass die Zahl der Arbeitsplätze, die wegfallen wird, immens ist, denn durch die fortschreitende Technologie und die Automatisierung werden auch Verwaltungsprozesse und einfache Vorgänge im Unternehmen entfallen. Es wird immer leichter möglich werden, diese Abläufe zu automatisieren und so Personal einzusparen. Schon heute ist es möglich, den Verwaltungsbereich nahezu vollständig zu automatisieren. Unternehmen verkennen diesen technologischen Fortschritt und haben ein Problem mit ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Tatsächlich ist es so, dass etliche Unternehmen noch nicht auf diese Technologie setzen und dadurch gegenüber ihren internationalen Wettbewerbern zurückfallen. Mit der Verbreitung von Remote Work, zunehmender Automatisierung und technologischer Disruption wird es für diese Unternehmen immer schwieriger, sich auf dem Weltmarkt zu behaupten. In einer Industrie 4.0, die geprägt ist durch fortschreitende Automatisierung und Digitalisierung, sind die bisherigen Beschäftigungsmodelle obsolet. In Zukunft wird es darauf ankommen, die Wertschöpfung zu optimieren und eine Sharing Economy zu praktizieren, die in einen Plattformkapitalismus mündet. Schon heute sind Unternehmen, die einen überbordenden Verwaltungsapparat haben nicht mehr wettbewerbsfähig. Arbeitnehmer legen immer mehr Wert auf Freiheit und selbstbestimmte Arbeit. Der Begriff Zeitsouveränität rückt in den Mittelpunkt des Wertekanons und beschreibt die Autonomie, die die Arbeitnehmer anstreben. Es ist heute wichtig, eine Balance zu finden zwischen dem Berufs- und dem Privatleben. Ein bedingungsloses Grundeinkommen wird dazu beitragen, dass es mehr Zeitsouveränität gibt und dass Menschen sich auf jene Werte fokussieren können, die ihnen wichtig sind. 121 In manchen Ländern wurde das bedingungslose Grundeinkommen bereits in abgeschwächter Form als negative Einkommensteuer etabliert. 121 https: / / www.deutschlandfunknova.de/ beitrag/ zukunft-der-arbeit-bedingungsloses-grundeinkommen-macht-uns-resilient <?page no="115"?> Beispiele sind die USA, die mit einem Earned Income Tax Credit eine solche negative Einkommensteuer umgesetzt haben. Auch in Großbritannien gibt es mit dem Working Families Tax Credit ein vergleichbares Modell. 122 Angesichts der kontinuierlichen Digitalisierung wird die Fragen nach den Alternativen des calvinistischen Arbeitsmodells immer vordringlicher. Unternehmen, die Remote Work für eine Modeerscheinung und ein bedingungsloses Grundeinkommen für überflüssig halten, werden früher oder später an der Realität scheitern. In vielen Unternehmen arbeiten Personen, deren einziger Sinn darin besteht, Aktenordner zu sortieren und an sinnentleerten und völlig unproduktiven Meetings teilzunehmen, deren Ergebnis sich auf einem Post-it-Zettel in einer halben Minute zusammenfassen ließe. Etliche Unternehmen bestehen zu einem Großteil aus Bullshit-Jobs und sind gleichsam die gemütliche Reservebank der Arbeitsagentur. Aufgrund der mangelnden Qualifizierung und Arbeitsmotivation dieser administrativen Arbeitskräfte, deren Employability fragwürdig ist, kommt es immer mehr zu einem drastischen Verlust der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit. Diese Unternehmen sind inzwischen zu bedauernswerten Sozialhilfeempfängern des Staats mutiert, die ohne Kurzarbeitergeld, Subventionen und üppige Hilfen zum Unternehmensprekariat eines Wohlfahrtsstaates herabsinken würden. Diese Verwahrlosung einer Volkswirtschaft, die in larmoyanter Manier längst vergangenen Zeit nachtrauert, lässt sich überall beobachten. Zuerst weisen die Straßen immer mehr Schlaglöcher auf, Bahngleise und Brücken werden morsch, fragwürdige Großprojekte verschlingen Unsummen, und das Bildungswesen verkommt. Da man in der eigenen kleinen Welt vor sich hinvegetiert und sich in einer hermetisch geschlossenen Informationsblase bewegt, erkennt man die drastischen Veränderungen der Weltwirtschaft nicht mehr. Stattdessen baut man überdimensionierte Museen, die den Glanz vergangener Zeiten beschwören und die allmählich zum Mausoleum des eigenen Niedergangs werden. 122 Jodie T. Allen: Negative Income Tax. In: David R. Henderson: Concise Encyclopedia of Economics. 2007 <?page no="117"?> Organisationale Entwicklung und New Work <?page no="119"?> Unternehmen sind zunehmend geprägt von technologischen Innovationen; hierzu gehören beispielsweise IoT, also das Internet of Things, und auch Mensch-Maschine-Systeme, bei denen der kommunikative Austausch ermöglicht wird. Ein wichtiges technologisches Gebiet ist die künstliche Intelligenz, die einen Quantensprung in der menschlichen Entwicklung darstellen wird. Durch künstliche Intelligenz wird es erstmals möglich sein, dass Maschinen kognitive Prozesse übernehmen und so eine höhere Effizienz und Automatisierung erzielen werden. Insbesondere in Verwaltungsprozessen wird sich dies bemerkbar machen; durch diese neue Technologie wird es möglich sein, Verwaltungsprozesse nahezu vollständig zu automatisieren, wodurch ein Großteil dieser Arbeitsplätze wegfallen wird. Infolge der Innovationsfähigkeit dieser Technologie werden sich weitere grundlegende gesellschaftliche Veränderungen ergeben. Es kommt immer mehr zu einem schnellen Wachstum der Informationen und einer Ausweitung des Wissens. All diese technologischen Entwicklungen bergen Risiken und erhebliche Chancen für die Menschen; je weiter sich diese Technologien verbreiten, desto mehr wird eine Umwälzung in der Gesellschaft stattfinden. So ist es durch moderne Systeme möglich, Entscheidungsstrukturen zu dezentralisieren, Innovationen zu beschleunigen und neue Tätigkeitsfelder für Berufe zu schaffen. Insbesondere im Bildungssystem werden sich weitere Möglichkeiten durch das virtuelle Lernen und durch neue Plattformen ergeben. Die technologischen Erfindungen werden erhebliche Auswirkungen auf die Art, wie wir in der Zukunft lernen, haben. Das Lernen wird immer mehr technologisiert werden, und auch virtuelles Lernen wird in den Vordergrund rücken. Es ist immer wichtiger, mit den technologischen Entwicklungen Schritt zu halten und sich neue Wissensinhalte anzueignen und Qualifikationen zu erwerben, die den technologischen Fortschritt gerecht werden. Die zunehmende Informationsfülle könnte dazu führen, dass sich einige Menschen und Arbeitgeber überfordert fühlen, denn durch das wachsende Wissen ist es erforderlich, Qualifikationen in immer kürzerer Zeit zu verbessern und zu erweitern. Dadurch wird es schwieriger, mit dem technologischen Entwicklungstempo mitzuhalten. In Zukunft wird die Weiterqualifizierung einen breiteren Raum einnehmen; die Schulung von Mitarbeitern wird immer vorrangiger, vor allem in einzelnen Branchen ist es entscheidend, dass Schulungsprogramme die neusten Qualifikationen umfassen, aber auch <?page no="120"?> Soft Skills wie beispielsweise soziale Kompetenz, Teamfähigkeit und Kommunikationsvermögen. Gesellschaften unterliegen einem stärkeren Strukturwandel, der alle Sektoren und Wirtschaftsbereiche erfasst. Diese Entwicklung setzte bereits früh ein und stellt eine enorme Herausforderung für die Innovationsfähigkeit und die Produktivität dar. Dieser Wandel setzt voraus, dass Volkswirtschaften in der Lage sind, die immer höhere Komplexität zu bewältigen. Der wirtschaftliche und gesellschaftliche Wandel führt dazu, dass Gesellschaften sich grundlegend verändern und dass dies eine enorme Herausforderung für den Arbeitsmarkt und für die einzelnen Unternehmen bedeutet. Insbesondere die Digitalisierung hat in etlichen Bereichen dazu geführt, dass immer mehr Geschäftsprozesse grundlegend verändert werden müssen, um der Digitalisierung gerecht zu werden. Es impliziert eine Ausweitung der technischen Infrastruktur, so dass die Rahmenbedingungen sich an die Herausforderungen der Weltwirtschaft anpassen. Hierzu sind differenzierte Lernkonzepte und eine umfassende Organisationsentwicklung vonnöten. Diesen neuen Entwicklungen gerecht zu werden, wird vor allem für Betroffene schwierig, sie werden sich sträuben, einen solchen organisationalen Wandel im Unternehmen hinzunehmen. Denn bislang möchten Menschen eher an dem Status quo festhalten und sich mit den gewohnten Routinen weiter befassen. Jedoch erfordert der grundlegende Wandel der Weltwirtschaft eine Veränderung aller unternehmerischen Strukturen und Führungsebenen und neue innovative Formen der Arbeitsorganisation, die diesen Umwälzungen Rechnung trägt. In der Zukunft wird die Automatisierung und Digitalisierung die Arbeit bestimmen, denn die Ressourcen werden neu verteilt, und es ist wichtig, dass eine neue Perspektive eingenommen wird, um die gesamtgesellschaftlichen Veränderungen des Arbeitsmarktes zu berücksichtigen. Es wird für immer mehr Mitarbeiter unerlässlich, sich auf diese Veränderungen vorzubereiten, die alle Unternehmen betreffen, was die Neugestaltung der Arbeit betrifft. Ein höheres Tempo und eine höhere Bereitschaft, sich den Rahmenbedingungen anzupassen. Das Verhältnis von Privatleben und Beruf wird neu zu definieren und zu kalibrieren sein; eine sinnvolle Work-Life-Balance erfordert eine Neubesinnung auf das Verhältnis von Arbeit und Freizeit und auf eine grundlegende Neudefinition des Begriffs. Die Frage lautet: Werden in Zukunft alle Beschäftigten noch einen Arbeitsplatz haben? Durch die fortschreitende Automatisierung, die erstmals auch kognitive Prozesse <?page no="121"?> mit einbezieht und damit einen Bereich betrifft, der bislang dem Menschen vorbehalten war, wird eine Umwälzung stattfinden, die sich vor einigen Jahren noch niemand vorstellen konnte. Viele glauben, dass der Prozess mehrere Jahrzehnte in Anspruch nehmen würde, aber dies ist falsch. Die Technologie ist bereits heute so weit fortgeschritten, dass diese Auswirkungen bereits in wenigen Jahren deutlich sichtbar werden. Es muss ein Dialog geführt werden, wie Arbeit in Zukunft organisiert wird. Es ist entscheidend, sich mit den zukünftigen Folgen der Automatisierung und der fortschreitenden Rationalisierung vertraut zu machen, um eine Perspektive für die Betroffenen zu entwickeln. Dieses Zukunftsszenario ist sehr wahrscheinlich, denn die Digitalisierung hat heute bereits große Teile der Arbeitswelt erfasst. Inzwischen gibt es Software, die selbst einfachste Verwaltungsgänge vollständig automatisieren kann: Dadurch wird Verwaltungsarbeit in Zukunft zu einem Tätigkeitsgebiet, das vor allem der Automatisierung unterliegt. Für viele Menschen bedeutet der Arbeitsplatz ein identitätsstiftender Ort, der ihre gesamte Persönlichkeit und ihre Vorstellungen von sich selbst prägt. Durch den Wegfall solcher Arbeitsmöglichkeiten wird es notwendig, ein neues Arbeitsverständnis zu entwickeln, das nicht einem klassischen Arbeitsbegriff entspricht, sondern das Leben als ein ganzheitliches Konzept versteht und auch die Entfaltungsmöglichkeiten des Einzelnen in den Mittelpunkt rückt. Bei der Arbeit wird es darauf ankommen, das ganze Leben als Sinnfindungsprozess zu verstehen, denn die Arbeitsformen und die Formen der Arbeitsorganisation werden in Zukunft nicht mehr den gleichen Stellenwert haben. Es ist wichtig, eine neue positive Einstellung zu entwickeln, die Arbeit umfassender definiert; auch ehrenamtliche Tätigkeiten oder bürgerschaftliches Engagement haben eigene Reize. In der krisenanfälligen Wirtschaft, die stets höhere Produktivitätszuwächse erzielen muss, wird der Arbeitsbegriff mit der zunehmenden Automatisierung einem grundlegenden Wandel unterliegen. Je schneller die Digitalisierung einsetzt, desto fragiler und verletzlicher werden Arbeitsverhältnisse. Die Flexibilität, neue Fähigkeiten als wichtig zu erachten und der Wandel und die zunehmende Globalisierung erfordern ein lebenslanges Lernen, das sich in neue Themengebiete vertieft. Es wird immer wichtiger angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels, sich mit dem demografischen Wandel in der Arbeitswelt näher zu befassen. Im Jahr 2035 werden am deutschen Arbeitsmarkt 57 ältere Menschen auf 100 Arbeitskräfte kommen, was eine enorme Belastung Organisationale Entwicklung und New Work 121 <?page no="122"?> der Sozialversicherungssysteme und des Arbeitsmarkts darstellt. 123 Deshalb ist es wichtig, sich mit diesen Gegebenheiten schon jetzt auseinanderzusetzen. Durch die zunehmende Verbreitung der Technologie werden immer mehr Prozesse automatisiert werden und neue Formen der Qualifikationen unabdingbar. Es entwickeln sich neue Lebensformen, die man durch den Begriff Multioptionalität charakterisieren könnte. Großraumbüros und hierarchische Strukturen werden abgebaut. Die Technisierung führt dazu, dass hochqualifizierte Beschäftigte eher einen Zugang zur Arbeitswelt haben und dadurch wesentlich höhere Anforderungen an das Arbeitsumfeld stehen. Die Unternehmen werden sich fragen müssen, wie das eine neue Positionierung auf dem Arbeitsmarkt aussehen muss, um sachgerecht Fachpersonal finden und rekrutieren zu können. Diese Aktion erfordert mehr Offenheit und mehr Flexibilität und die Überwindung starrer und eingefahrener Strukturen. Kreativität und mehr Offenheit werden zu grundlegenden Charakteristika moderner Unternehmen werden. Es ist wichtig, dass diese Qualitäten auch in der Praxis umgesetzt werden. Menschen werden die zunehmende Entfremdung, den sie am Arbeitsplatz begegnen, nicht länger hinnehmen. Es wird immer mehr gefordert, dass die Arbeit mit der persönlichen Selbstverwirklichung vereinbar ist. Kreativität und Ideenreichtum werden in Zukunft stärker honoriert werden. Es wird erwartet, dass Beschäftigte neue Wege gehen und bestehende Probleme zielgerichtet lösen können. Der Mensch ist ein autonomes Subjekt in der Organisation, der Respekt und Wertschätzung erwartet. Persönliche Einstellungen, Erfahrungen und biografische Erlebnisse sollen in die Arbeit mit einfließen. Der Beruf soll in Zukunft nicht nur eine Tätigkeit sein, sondern eine Berufung, die die eigene Lebenserfüllung ermöglicht und ein höheres Maß an Zufriedenheit gestattet; der Mensch muss bereit sein, in seiner Arbeit die Chance zu finden, sich zu entfalten. Durch größere Handlungsspielräume und mehr Möglichkeiten wird Arbeit zu einer Aufgabe, die die eigene Persönlichkeit fördert und eine bessere Entwicklung gestattet. Die Arbeitswelt muss angesichts der Digitalisierung wesentlich inhaltsreicher werden und auch die Basis für Kooperationen, Kreativität und Selbstentfaltung bilden. Der Trend geht in Richtung mehr Agilität und mehr Freiraum. Eine hohe Selbstverantwortung ist selbstverständlich für moderne Arbeit. 123 https: / / www.iab-forum.de/ wie-sich-der-demografische-wandel-auf-dendeutschen-arbeitsmarkt-auswirkt/ <?page no="123"?> Es wird ein kooperativer partizipativer Führungsstil erwartet, um die Arbeitsproduktivität zu erhöhen. Bei der Generation, die nach der Jahrtausendwende geboren wurde, wird ein hohes Bedürfnis nach Freiraum, Eigengestaltung und Flexibilisierung erkannt. Auch Bürogebäude müssen sich in ihrer Architektur wandeln und mehr Offenheit und Flexibilität zulassen. Das klassische Großraumbüro, das noch dem hierarchischen Organisationsmodell verpflichtet ist, hat längst ausgedient. Moderne Arbeitsformen zeichnen sich durch Eigenverantwortung und unternehmerisches Denken aus. Es geht darum, mobil und flexibel zu bleiben und ein höheres Maß an Zufriedenheit mit den Arbeitsstrukturen zu erzielen; in diesem Kontext spricht man auch von Management ohne Management. Es gilt, durch neue Organisationsformen, Pioniergeist, Interesse und Neugier Kreativität zu wecken und zu empfangen. Es ist wichtig, dass Unternehmen die Zeichen der Zeit erkennen und das Veränderungspotential nutzen, das sich durch diesen grundlegenden Wandel ergibt. Auch die Kompetenzen werden sich ändern müssen. Proaktivität wird zu einem Schlüsselbegriff werden, der für alle Formen der Qualifizierung maßgeblich wird. Durch neue Formen der Organisation gilt es, Menschen zu fördern. Dies setzt voraus, dass beispielsweise Konzeptionen der Mitarbeiterbeteiligung in der Organisationskultur ausführlich diskutiert werden. Eigenverantwortung, Flexibilität werden zum Leitprinzip modernen Arbeitens werden. Dabei geht es nicht nur um die Hard Skills beziehungsweise grundlegende Fachkenntnisse und Spezialisierungen, sondern auch um Soft Skills wie Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit und Resilienz. Die Weiterbildung muss ausgeweitet werden, um dem digitalen Wandel gerecht zu werden. Teamfähigkeit und interdisziplinäres Denken sind wichtig. Wissensmanagement, das die systematische Kategorisierung der Ressourcen im Unternehmen erlaubt, soll es ermöglichen, alle Potentiale im Unternehmen zu heben und gezielt für die Innovationsfähigkeit und den Wissensaustausch zu nutzen. Technologiegestütztes Lernen ist die Fähigkeit, sich in neue Wissensgebiete rasch einzuarbeiten und sich neue Themenfelder anzueignen, die für die weitere Entwicklung des Unternehmens von primärer Bedeutung sind. Gezieltes, systematisches Lernen von neuen Inhalten und Kompetenzen ist entscheidend; durch eine solche Entwicklung schafft es ein Unternehmen, die organisationale Struktur grundlegend zu verändern und im organisationalen Entwicklungsprozess einen großen Fortschritt zu machen. Die Führungskultur muss überarbeitet werden, Organisationale Entwicklung und New Work 123 <?page no="124"?> denn der Wandel der Arbeitswelt bedingt, dass die herkömmlichen Führungsmodelle nicht mehr als adäquat wahrgenommen werden. Moderne Führung setzt vor allem auf Teamwork und Partizipation. Um solche Führungskonzeptionen umzusetzen, bedarf es auch einer Kompetenz auf Seiten des Führungspersonals, um dieses Entwicklungspotential zu realisieren und um die Wertschätzung der Mitarbeiter in den Mittelpunkt zu stellen. Erst durch eine solche Unternehmenskultur wird es möglich, die Arbeitszufriedenheit deutlich zu steigern und eine neuartige moderne mitarbeiterbezogene Führungskultur zu etablieren. Hierfür ist die Unterstützung der Human-Resource-Abteilung von herausragender Bedeutung, die sich mit der Gestaltung von neuen Führungsmodellen frühzeitig auseinandersetzen muss, um eine neue Führungskultur zu etablieren. Die Organisationskultur sollte die Kooperation aktiv unterstützen und neue Elemente einer Organisationskultur einführen. Nicht immer wird dieses Ziel erfüllt werden, aber es lohnt sich, zumindest Resilienz aufzubauen. Insofern ist New Work eine wichtige Voraussetzung, um Digitalisierung, Automatisierung, fortschrittliche Arbeitsformen zu implementieren und den digitalen Wandel zu beschleunigen. Deshalb sind die fortschreitende Qualifizierung und das lebenslange Lernen eine entscheidende Komponente für den Erfolg eines organisationalen Wandels, der auf Wohlbefinden, Leistungsfähigkeit und Innovationsfähigkeit Wert legt. Die Büroorganisation und die architektonischen Rahmenbedingungen sowie das Ambiente sind gleichzeitig Ausdruck einer modernen, innovationsfähigen Kultur, die auch in der Unternehmensphilosophie ihren Niederschlag findet. Kreatives Teamwork und die Fähigkeit, neue Werte zu entwickeln, setzt Veränderungen der Architektur voraus, die die Werte des Unternehmens widerspiegelt. Beim Wissensmanagement wird festgestellt, welche Potenziale im Unternehmen bereits vorhanden sind und wie Herausforderungen durch interdisziplinäre Arbeit gelöst werden können. Es ist entscheidend, dass bestimmte Rahmenbedingungen geschaffen werden, wie beispielsweise eine neue Arbeitswelt und neue Formen der Büroorganisation, die der Kreativität nicht hinderlich sind. Technologische Fortschritte werden auch die internationale Zusammenarbeit und die Vernetzung der Arbeitsmärkte verändern. Denn jetzt öffnen sich die Arbeitsmärkte, und die Abgrenzung nach nationalstaatlichen Prinzipien wird immer obsoleter. Dies zeigt sich besonders am Beispiel der digitalen Nomaden, die in vielen verschiedenen Ländern arbeiten <?page no="125"?> und dadurch auch wesentlich umfassendere Möglichkeiten erhalten, die rechtlichen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu umgehen. Es ergeben sich neue Chancen für die internationale Zusammenarbeit. So können bereits jetzt Kooperationen Zeitzonen übergreifend realisiert werden, und neue Formen des Teamworks werden sich über Ländergrenzen hinweg etablieren. Die internationale Zusammenarbeit und die länderübergreifende werden gerade durch die modernen technologischen Entwicklungen immer selbstverständlicher werden. Das Bewusstsein für diese internationale Zusammenarbeit und die Aufhebung von Ländergrenzen sind rechtlich in den meisten Ländern noch nicht angekommen; denn schon heute ist es denkbar, in einem anderen Land zu arbeiten und anderswo zu leben. Jemand kann einen Softwareauftrag in den USA annehmen und möglicherweise in Lissabon leben oder als digitaler Nomade einige Wochen später in Ecuador sich niederlassen oder in Südafrika. Durch diese neue Mobilität sind die klassischen Rechtssysteme veraltet. Die Grenzen der Arbeitsmärkte müssen wesentlich anpassungsfähiger werden. Noch immer gibt es viele Unternehmen, die es als selbstverständlich ansehen, dass Arbeitnehmer vor Ort arbeiten. Durch das Freelancing, die Globalisierung und Remote Work sind heutzutage fast schon selbstverständlich. Auf diesen grundlegenden Wandel sind die meisten Unternehmen schlecht bereitet, denn dadurch ergeben sich natürlich auch neue steuerrechtliche und arbeitsrechtliche Fragestellungen, wenn beispielsweise jemand in Hongkong seine Niederlassung hat und in Indonesien arbeitet; auf solche Herausforderungen ist die klassische Arbeitswelt nicht vorbereitet, aber gerade im Bereich der Anwendungssoftwareentwicklung wird dies zunehmen, da immer mehr Informatiker in verschiedenen Ländern arbeiten und möglicherweise auch das gute Klima anderswo nützen. So ist es heute bereits denkbar als Softwareentwickler auf den kanarischen Inseln am Strand zu arbeiten, die Sonne zu genießen und gleichzeitig Aufträge aus den USA, Kanada oder Deutschland anzunehmen. Für viele Anwendungsentwickler ergeben sich daraus ganz neue Möglichkeiten. Dies gilt insbesondere für Berufe wie Programmierer wie Backend- und Frontend-Entwickler, JavaScript-, PHP-, ABAP- oder Full- Stack-Developer, Software-Tester für Apps und Cloud-Tools, Webdesigner, UX- und UI-Designer, Onlinemarketing-Manager und Spezialisten wie Social-Media- und SEO-Experten. 124 124 https: / / www.ratbacher.de/ blog/ digitale-nomaden-it-jobs/ Organisationale Entwicklung und New Work 125 <?page no="126"?> Immer mehr Arbeitnehmer sehen es nicht ein, fremdbestimmt zu arbeiten und in einem hierarchisch strukturierten Unternehmen sinnentleerte Routinetätigkeiten auszuführen. Es ist ein Phänomen, das bereits seit 1990 deutlich zugenommen hat. Besonders in der Generation, die nach der Jahrtausendwende geboren wurde, wird mehr Flexibilität erwartet, und hier gilt das Modell der Multifunktionalität, das heißt die Förderung des eigenen Lebens nach eigenen Wünschen und individuellen Wertvorstellungen. Das Arbeiten in der Zukunft ist bestimmt durch die Sharing-Ökonomie. Diese Plattformökonomie ist Teil eines Businesssystems, das durch die fortschreitende technologische Entwicklung geprägt wird. Immer mehr Menschen sind darauf angewiesen, durch kollaborative Tools stärker zusammenzuarbeiten und digitale Lösungen für moderne Probleme im Unternehmen zu finden. Hierdurch weitet sich das herkömmliche Wirtschaftssystem zu einem plattformbasierten Markt aus, der durch Kollaboration und Innovation geprägt wird. Zahlreiche Geschäftsmodelle haben sich durch die fortschreitende Digitalisierung aller Bereiche und Sektoren grundlegend verändert. Beispiele sind Google, aber auch Amazon, Facebook (Meta), Apple und Lieferdienste wie Lieferando oder Mobilitätsplattformen wie Uber, aber auch im CRM-Bereich ist beispielsweise Salesforce exemplarisch zu nennen oder Unternehmen, die sich mit Unternehmensfinanzierung befassen. Digitale Unternehmen haben eine größere Bedeutung als die herkömmlichen Industrieunternehmen, die im 20. Jahrhundert dominierten. Inzwischen werden in manchen Ländern die Wertschöpfungsprozesse von diesen digitalen Riesen geprägt. So ist es beispielsweise nicht verwunderlich, dass es Länder gibt, in denen das Bruttoinlandsprodukt zum überwiegenden Teil durch solche digitalen Unternehmen generiert wird. Diese Plattform orientierten Geschäftsmodelle finden eine immer stärkere Verbreitung und expandieren in die klassischen Industriesektoren, so dass auch herkömmliche Industrieunternehmen gezwungen sind, Digitalisierung in allen Bereichen voranzutreiben. Vor allem bei der Geschäftsprozessoptimierung spielt Digitalisierung eine herausragende Rolle. Man spricht in diesem Kontext von einer dritten Globalisierung, die das Weltwirtschaftssystem grundlegend verändert. Die exorbitanten Vergütungen, die in manchen Bereichen in entwickelten Ländern zustande kommen, rühren daher, dass vor allem hochwertige, qualitativ anspruchsvolle Tätigkeiten vergeben werden, die in diesen Ländern lokal sehr gut vergütet werden. Ein typisches Beispiel sind <?page no="127"?> die Tätigkeiten von spezialisierten Informatikern im Bereich des Cloud Computing, der künstlichen Intelligenz, der Data Science und des Machine Learning. Der Trend wird sich noch verstärken und dazu führen, dass sich der Arbeitsmarkt für das Crowdworking aufspaltet in jene Sektoren, die in Entwicklungsländern oder Schwellenländern ausgeführt werden und dort zu auskömmlichen Vergütungen führen, während in den entwickelten Ländern vor allem Arbeitsmodelle vorherrschen werden, die sich durch hohe Vergütungen im IT-Bereich auszeichnen. Dies ist vor allem deshalb möglich, weil diese hochqualifizierten Fachkräfte vor Ort benötigt werden. Plattformökonomie wird zu drastischen Veränderungen in der Arbeitsweise führen; es wird immer selbstverständlicher werden, dass Tätigkeiten remote ausgeführt werden und dass Unternehmen zunehmend verpflichtet sind, solche Arbeitsmodelle anzubieten. Denn schon heute zeichnet sich ab, dass hochqualifizierte Fachkräfte im Bereich der Informationstechnologie nicht länger bereit sind, vor Ort in verkrusteten Unternehmen tätig zu werden, die auf veraltete Technologien zurückgreifen. Das neue Anspruchsdenken der technologischen Elite erfordert höhere Gehaltszuschläge und andere Vergünstigungen, damit überhaupt eine gewisse Attraktivität des Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt erreicht wird. Deshalb wird es in Zukunft von herausragender Bedeutung sein, Arbeitsplätze zu schaffen, die diesem Trend gerecht werden: Remote Work ist nicht länger ein Luxus oder eine exotische Arbeitsform, die nur in einigen Startups praktiziert wird, sondern sie wird sich auch in den herkömmlichen Unternehmen flächendeckend verbreiten. Insofern sollten die Unternehmen bereit sein, sich für diese neue Arbeitsweise zu rüsten, denn anders ist es nicht möglich, den disruptiven Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt gerecht zu werden. Es gibt hier eine komplexe Wechselwirkung, die durch die Metatrends verursacht wird. Die klassische Arbeitsweise verliert immer mehr an Bedeutung, denn Menschen wollen immer stärker ihre eigenen Optionen wahrnehmen und Lebensentscheidungen im Rahmen ihres Wertesystems treffen. Dies bedeutet auch, dass die Individualisierung am Arbeitsmarkt eine große und herausfordernde Rolle spielt. Die Vorstellung, dass das Wertesystem im Arbeitsalltag verwirklicht wird, ist heute schon fast eine Selbstverständlichkeit - insbesondere bei der jüngeren Generation. Viele Unternehmen können diese Anforderungen nicht erfüllen und werden daher langfristig mit ihrem veralteten Arbeitsmodell scheitern. Auf diese neue Situation sollten sich die Organisationale Entwicklung und New Work 127 <?page no="128"?> Unternehmen und insbesondere Klein- und mittelständische Unternehmen flexibel einstellen, um auch in Zukunft noch auf dem Arbeitsmarkt attraktiv zu sein. Ein solch tiefgreifender Wandel bedingt, dass man Kollaboration, Gemeinsamkeit, Eigenverantwortung und Arbeitssouveränität stärker akzentuiert und die Lern- und Kooperationsbereitschaft in den Vordergrund rückt. Es gibt immer mehr Bereiche, die durch Data Analytics geprägt sind. Es ist immer wichtiger, Arbeitsprozesse auch im Controlling gezielt abzubilden und durch Kennzahlen zu untermauern. Ein weiterer wichtiger Trend ist die Konnektivität, das heißt: die umfassende Vernetzung aller Bereiche durch moderne Technologien. Deshalb ist es wichtig, dass wegen der zunehmenden Vernetzung auch die Unternehmensstrukturen und die Form der Arbeitsorganisation sich wandeln. In diesem Kontext spricht man von einer entstehenden Netzwerkgesellschaft, in der der unternehmerische Erfolg von digitalen Geschäftsmodellen abhängt. 125 Es gibt nicht nur technische Lösungen für die zunehmende Konnektivität, sondern es ist wichtig, wie Unternehmen eine schnellere, interne Vernetzung etablieren, die ein höheres Maß an Kollaboration und Eigenständigkeit ermöglicht; durch die zunehmende Komplexität der Arbeitsorganisation ist es von herausragender Bedeutung, herkömmliche Denkmuster zu überwinden und mehr auf Partizipation und Selbstentfaltung zu setzen, damit eine stärkere Innovation erzielt wird. Durch solche Effizienzgewinne wird es erst möglich, der Globalisierung gerecht zu werden. Konnektivität erfordert im Arbeitsalltag ein extensiveres Maß an Transparenz und Offenheit gegenüber der Arbeitsorganisation; klassische, verkrustete Strukturen sind nicht mehr gefragt, aber dafür Netzwerkkompetenzen, und es ist wichtig, dass solche Veränderungen systematisch und langfristig geplant und zielgerichtet umgesetzt werden können, damit klassische, hierarchische Arbeitsstrukturen überwunden werden. Viele Faktoren in der Weltwirtschaft sind disruptiv und führen dazu, dass traditionelle Muster der Arbeitsorganisation grundlegend revolutioniert werden. Dies setzt die grundlegende Bereitschaft voraus, sich zu verändern und neue Organisationsformen gutzuheißen und das VUCA-Konzept, das im agilen Projektmanagement eine herausragende Rolle spielt, zu implementieren. Dies erfordert, dass alle Bereiche der Organisation hinsichtlich der Lernprozesse sich ändern und dass Dinge 125 https: / / www.zukunftsinstitut.de/ dossier/ megatrend-konnektivitaet/ <?page no="129"?> wie Homeoffice, Social Networks, Konnektivität, Innovationsfähigkeit und die Transformation vorankommen. Ein effizientes Unternehmen muss auch die Wissensvermittlung und das systematische Wissensmanagement in den Vordergrund rücken, sodass Konformität und Anpassung nicht mehr den betrieblichen Alltag prägen, sondern es ist sehr viel wichtiger, dass Mitarbeiter die Bereitschaft zeigen, sich flexibel an die neuen Herausforderungen anpassen und sich intensiv mit den neuen Technologien befassen; das Paradigma, dass durch die Digitalisierung entstanden ist, erfordert lebenslanges Lernen und ein höheres Maß an Flexibilität und Kompetenz. Neue Lernformen in agilen Organisationen Darüber hinaus wird die Interdisziplinarität in etlichen Bereichen eine immer größere Rolle spielen; heutzutage müssen Menschen in der Lage sein, sich in neue Themengebiete zu vertiefen und sich grundlegende Qualifikationen rasch anzueignen. Dies führt zu einem Wandel des Bildungssystems, das mehr auf Remote Learning setzt und durch Massive Open Online Courses neue Formen des Lernens hervorbringt, die eben sich durch Netzwerkaktivitäten und neue Formen des Lernens auszeichnen. Der Begriff MOOC wurde im Rahmen des Kurses »Connectivism and Connective Knowledge« (CCK08), der im Herbst 2008 von George Siemens und Stephen Downes veranstaltet wurde, geprägt. Der Durchbruch kam 2011, als die Stanford University beschloss, mehrere Lehrveranstaltungen als für alle zugängliche Online-Kurse durchzuführen. Für den beliebten Kurs „Introduction to Artificial Intelligence” gab es sofort 160.000 Interessenten. 126 Der Terminus Agilität, der für das Projektmanagement von entscheidender Bedeutung ist, gilt als ein Schlüsselbegriff, der aufzeigt, dass Organisationen dem disruptiven Wandel standhalten können und bereit sind, sich auf neue Arbeitsformen und neue Formen der Arbeitsorganisation einzulassen. 126 https: / / www.weiterbildungsblog.de/ wp-content/ uploads/ 2015/ 05/ 728moocs_robes_final.pdf <?page no="130"?> Diese Umwälzung erfordert im organisationalen Kontext ein stärkeres Maß an Offenheit, Innovationsfähigkeit, Kreativität und an Authentizität. New Work ist verbunden mit einem neuen Paradigma der Shared Leadership. Die partizipativen Führungsmodelle sind von großer Bedeutung, um Lernformen zu etablieren, die mehr auf Selbstbestimmung und Autonomie setzen. Eine solche Fokussierung ist unerlässlich, um auch das Wertesystem der Mitarbeiter und deren individuelle Präferenzen zu berücksichtigen. Insofern erfordert eine solche moderne Lernorganisation auch die Bereitschaft, sich auf diesen Wandel einzulassen und disruptive Innovationen gutzuheißen. Es geht darum, Quantensprünge in der Organisationsform zu entwickeln. Es muss ein kontinuierlicher Lernprozess implementiert werden, der nicht nur einen linearen Fortschritt ermöglicht, sondern neue Transformationsstufen realisiert. Ein solches Lernsetting erfordert mehr Innovationsfähigkeit und Konnektivität, damit Quantensprünge in der Transformation erreicht werden. Durch die neuartige, flexible Organisation werden adaptive Lernräume geschaffen, die ein hohes Maß an Reflexion und Selbstverantwortung ermöglichen. In diesem Kontext ist es wichtig, dass künstliche Intelligenz und Konnektivität im Arbeitsalltag eine herausragende Rolle einnehmen. Herkömmliche Unternehmen dagegen setzen eher auf ein statisches und träges Wissensmanagement. Solche herkömmlichen Strukturen sind aber ein Innovationshemmnis, das die Entwicklung und die Transformation im 21. Jahrhundert in hohem Maße beeinträchtigt. Daher müssen moderne Unternehmen sich als eine Organisation begreifen, die eine Transformation realisiert. Im Arbeitskontext sollte das Modell auf der Meso-, Mikro- und Makroebene entsprechend umgesetzt werden. Hierbei ist es wichtig, dass beispielsweise auf der Mikroebene die Bedürfnisse, Werte und Verhaltensmuster der Arbeitnehmer berücksichtigt und integriert werden; auf der Mesoebene gilt es, die Zusammenarbeit und die Kollaboration verschiedener Führungskräfte und unterschiedlicher Teams zu organisieren. Auf der Makroebene ist es entscheidend, die Unternehmensphilosophie klar zu definieren, Prozesse zu analysieren und Strukturen zu definieren, die eine Transformation des gesamten Unternehmens hinsichtlich der technologischen Entwicklung ermöglichen. Neben der Mikro- Meso- und Makroebene gibt es noch die Systemumwelt, die geprägt ist durch die unterschiedlichen Kunden, deren Anforderungen <?page no="131"?> und den wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen in der jeweiligen Volkswirtschaft. Hier kommen auch Aspekte wie der technologische Wandel, das Konsumverhalten der Kunden, die Lebensqualität sowie die Innovationsbereitschaft einer Volkswirtschaft hinzu. Daraus ergibt sich ein komplexes Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren, die sich wechselseitig bedingen und die Organisationsstruktur des Unternehmens und deren Transformation prägen. Auf der Makroebene kommt es darauf an, neue Strukturen, Strategien und Prozesse zu definieren. Dabei geht es vor allem darum, eine Zielsetzung zu finden, die die Werte des Unternehmens widerspiegelt. Auf der Mesoebene sind die Aufgaben darin zu sehen, dass Führungskräfte eine stärkere Form der Zusammenarbeit herausbilden müssen und sich als neue Innovatoren verstehen. Die größte Aufgabe in diesem Bereich ist die Organisations- und Personalentwicklung. Es ist wichtig, ein Empowerment zu etablieren, das es dem Einzelnen ermöglicht, sich zu entfalten und neue Ideen umzusetzen. Auf der Mikroebene stehen die Mitarbeiter im Fokus. Die Entwicklung ist geprägt von einem hohen Maß an Komplexität und Dynamik und erfordert ein Zusammenspiel aller Faktoren auf der Mikro-, Meso- und Makroebene der Organisation, damit durch das Zusammenarbeiten neue Innovationen ermöglicht werden. Für die transformationale Entwicklung des Unternehmens ist es wichtig, dass ein engmaschiges Geflecht entsteht, das einen höheren Organisationsgrad ermöglicht. Wertschöpfungs- und Innovationsfähigkeit erfordern einen spezifischen organisationalen Rahmen, der Souveränität und Kooperation ermöglicht. Neben den entscheidenden Faktoren wie Strategie, Prozesse, Systeme und Strukturen sind auch weiche Faktoren wie beispielsweise spezifische Narrative und Wertvorstellungen entscheidend für den jeweiligen Erfolg der transformationalen Organisation. Unternehmen wie Organisationen müssen sich langfristig an die Systemumwelt anpassen, um sich weiterzuentwickeln und den rapiden Umweltveränderungen gerecht zu werden. Dabei entwickeln sich unterschiedliche Formen der Komplexität und der Veränderung. Dies setzt vor allem voraus, dass die Form der Arbeit ein höheres Maß an Flexibilität gestattet. Es ist vor allem wichtig, dass die Unternehmensziele klar herausgearbeitet werden, damit das Unternehmen über eine eindeutige Corporate Identity verfügt, die spezifische Unternehmensziele umfasst. Auf der Agenda muss stehen, dass die soziale Verantwortung und die Corporate Social Responsibility in den Mittelpunkt des Wertekanons <?page no="132"?> rücken und dass die Bedürfnisse und Anforderungen der Kunden berücksichtigt werden. Flache und dynamische Hierarchien, die Kooperation, Eigenständigkeit, Arbeitssouveränität gehören ebenso dazu wie partizipative Führungsmodelle und Strukturen, die die Selbstorganisation und Eigenverantwortung der Mitarbeiter akzentuieren. Das gilt vor allem für neue Technologien. Hierfür sind Leitbilder notwendig, die die Kooperation im Unternehmen gezielt unterstützen; in diesem Zusammenhang sollte der Sinn, der hinter den Unternehmenszielen steht, durch ein entsprechendes Narrativ und durch das Story Telling vermittelt werden. Für die Optimierung der Selbstorganisation können mehrere Methoden eingesetzt werden 127 : Die Pomodoro-Technik Sie wurde von Francesco Cirillo entwickelt und sieht Lernphasen von 25 Minuten vor, die durch eine fünfminütige Pause unterbrochen werden. Nach vier Zyklen wird eine längere von 15 bis 30 Minuten eingelegt. Die Produktivitätstechnik Getting Things Done (GTD) Dieser Ansatz wurde von David Allen 2001 entwickelt und wird auch von vielen Programmen wie Outlook und Evernote umgesetzt. To-Do- und Checklisten das Pareto-Optimum die Eisenhower-Methode die Alpenmethode Fluide Organisationen ermöglichen disruptive Innovationen und eine zunehmende Work-Life-Integration im Zusammenhang mit einer hohen Attraktivität. Die post- oder metamoderne Organisation verfügt über einen hohen Reifegrad hinsichtlich des organisationalen Lernens; in allen Bereichen liegt der Fokus hier auf Flexibilität, Kooperation und Konnektivität. Es geht darum, innerhalb des Modells neue Freiräume zu ermöglichen, die Innovation und Ideenreichtum fördern. Der transformationale Wandel setzt fluide Systeme voraus, die sich durch Offenheit und Authentizität auszeichnen. In der Organisationsentwicklung herrschte bislang der Trend vor, die 127 https: / / imchange.de/ selbstorganisation-im-beruf-bedeutung-tipps-und-methoden/ <?page no="133"?> Organisation mit der Metapher einer Maschine zu vergleichen; diese falsche Konzeptualisierung führte dazu, dass Organisationen in erster Linie als straffe, hierarchisch organisierte Einheiten verstanden werden, in den Führungsebenen, Anweisungen und klar definierte Befugnisse den Alltag prägen. Diese Hierarchie dominierte das Denken der Organisationssoziologen und Wissenschaftler. Daher wurden streng getrennte Führungsebenen und transparente Weisungsbefugnisse präferiert. Es zeigt sich jedoch, dass diese Maschinenmetapher als Form einer Organisation unzureichend ist und dem mechanistischen Denken Vorschub leistet. Es kommt darauf an, Innovation und Kreativität im Unternehmen zu fördern. Die Hierarchisierung der Funktionen erweist sich als hinderlich und beeinträchtigt eine klare Ausrichtung des Unternehmens auf Themen wie Kreativität, Innovationsfähigkeit und Fortschrittlichkeit. Die rigide Gliederung von Prozessen steht der Kreativität im Wege und verhindert eine größere Innovationsfähigkeit. Deshalb ist es wichtig, dass klassische Strukturen durchbrochen und mechanistische Arbeitsweisen aufgehoben werden. Es ist unerlässlich, dass jetzt im Zeitalter der Flexibilität und der Dynamik moderne, zukunftsfähige Organisationen entstehen, die diesen Herausforderungen gerecht werden und die unter dem Gesichtspunkt der VUCA-Kriterien organisiert sind. 128 Solche Unternehmen sind charakterisiert durch ein höheres Maß an Sicherheit, Komplexität, Volatilität und Ambiguität, sodass Veränderungen in diesen Organisationen zugelassen werden; dies erfordert aber auch die Fähigkeit, Resilienz zu entwickeln und damit die Fertigkeit, Stresssituationen besser bewältigen zu können. Das schnell sich ändernde Umfeld erfordert mehr Flexibilität, mehr Ideenreichtum und Innovationsfähigkeit. Das traditionelle Konzept der Führung hat sich angesichts dieses Wandels überholt und stößt auf Ablehnung. Heutzutage erwarten Arbeitnehmer mehr Freiraum, mehr Großzügigkeit und einen größeren Spielraum für die komplexen Anforderungen des täglichen Alltagslebens. Ebenso überholt ist die Metapher, dass eine Organisation ein Organismus sei, 129 diese bizarre biologistische Sichtweise betont zwar die Anpassungsfähigkeit und Flexibilität der Orga- 128 Benjamin Berend, Michaela Brohm-Badry: New Work: Souveränität im postdigitalen Zeitalter. Springer Fachmedien Wiesbaden 2020, S. 12, 20 129 Jan Foelsing, Anja Schmitz: New Work braucht New Learning. Eine Perspektivreise durch die Transformation unserer Organisations- und Lernwelten. Springer Gabler Wiesbaden 2021, S. 21 <?page no="134"?> nisation, verkennt aber, dass moderne Unternehmen keine Organismen sind. Es geht darum, sich weiterzuentwickeln durch Ideenreichtum, Fortschritt und kontinuierliche Verbesserung und sich besser mit den Bedingungen der Weltwirtschaft auseinanderzusetzen. Es wurde auch versucht, ein Modell unterschiedlicher Organisationen zu entwickeln, da sich an einem “Spirals Dynamics Modell” orientiert. 130 Eine Organisation, die gekennzeichnet ist durch Machtausübung, orientiert sich an einer instrumentellen Rationalität, die die Mittel-Zweck-Relation in den Vordergrund stellt; solche Organisationen, die gekennzeichnet sind durch Machtausübung, Gehorsam und eine straffe Organisation, sind charakteristisch beispielsweise für Straßen- Gangs. Hierbei geht es vor allem um den Machterhalt und um die Ausübung von Macht. Das Recht des Stärkeren steht im Vordergrund organisationaler Vorgänge. Vereine und Netzwerke innerhalb des Systems beruhen auf Vertrauen und klarer Abgrenzung. Eine andere Stufe der organisationalen Entwicklung 131 stellt die traditionelle konformistische Organisation dar, die die Mehrheit der Organisationen charakterisiert. Dabei geht es vor allem darum, Disziplin und Kontrolle im Arbeitsalltag durchzusetzen, und von den Mitgliedern dieser Organisation wird Konformismus und Unterordnung erwartet; solche Organisationen verfügen zwar über ein hohes Maß an Stabilität und Ordnung und sichern ihre Macht durch Bürokratie und strikte und engmaschige Kontrollen, sind aber wenig flexibel und können sich schlecht der Systemumwelt anpassen. Eine durchstrukturierte, formale Hierarchie ist für diese Unternehmen ebenso charakteristisch wie ein tayloristisches Arbeitsverständnis, das eine atomistische und bis in die Details gegliederte Arbeitsausführung und detaillierte Planung vorsieht, die sich über zahlreiche Kontrollinstanzen erstreckt. 132 Umfassende Regeln sollen die Konformität sichern; solche Unternehmen haben eine geringe Anpassungsfähigkeit und scheitern an einem disruptiven Wandel. In solchen Organisationen sind Entfaltungs- und Entwicklungsprozesse relativ eingeschränkt, da eine strenge Rollenkonformität erwartet wird und eine Unterordnung an geltende, for- 130 Jan Foelsing, Anja Schmitz: New Work braucht New Learning. Eine Perspektivreise durch die Transformation unserer Organisations- und Lernwelten. Springer Gabler Wiesbaden 2021., S. 19 131 ebd. 132 ebd., S. 24 <?page no="135"?> melle und informelle Normen, die diese rigide Organisation charakterisieren. Eine höhere Entwicklung leistungsorientierter Organisationen verlangt nach einer größeren Effizienz und Effektivität. Entscheidungsfindungen orientieren sich an den Notwendigkeiten der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Leistungsorientierung wird zur obersten Maxime aller Geschäftsprozesse erhoben, und die Effektivität muss Wachstum hervorbringen. Eine gewisse Kontrolle herrscht vor und auch sehr hierarchische Strukturen. Dennoch gibt es viele Möglichkeiten, diese Strukturen zu durchbrechen und sich stärker an den heutigen Rahmenbedingungen zu orientieren. Kommunikation wird großgeschrieben, und auch Innovation und Leistungsorientierung sind in den Wertvorstellungen der Akteure verankert. Bekannte Unternehmen, die als Konzerne Vorreiter für moderne Organisationsformen sind, sind charakteristisch für eine solche Organisationsstruktur, die sich an Stab-Linien-Konzeptionen orientiert und eine gewisse Durchlässigkeit und Transparenz aufweist. Im Vordergrund steht die , die den Grundsatz der Leistungsorientierung in den Vordergrund rückt. 133 Die nächsthöhere Stufe der organisationalen Entwicklungen sind postmoderne pluralistische Organisationen, die postmaterialistische Orientierungen in den Hintergrund rücken und auch das Leistungsstreben eher vernachlässigen. Wichtiger sind Werte wie Gerechtigkeit und Gleichheit sowie Humanität. Es werden neue Wertsysteme kreiert, die für das Unternehmen von herausragender Bedeutung sind. Solche Firmen zeichnen sich durch pluralistische Wertvorstellungen aus und betonen die Bedeutung der Corporate Responsibility. Neben der Gewinnorientierung werden auch andere Werte vertreten, die als postmaterialistisch gekennzeichnet werden können; im Unternehmen und im Umgang miteinander spielen Empowerment, Selbstverwirklichung und Selbstentfaltung eine entscheidende primäre Rolle. Zu solchen Unternehmen gehören beispielsweise kulturelle Organisationen und Gemeinden. 134 Eine noch höhere Entwicklungsstufe erreichen Unternehmen, die es verstehen, sich flexibel an die Systemumwelt anpassen; solche adapti- 133 Jan Foelsing, Anja Schmitz: New Work braucht New Learning. Eine Perspektivreise durch die Transformation unserer Organisations- und Lernwelten. Springer Gabler Wiesbaden 2021, S. 25 134 ebd., S. 27 <?page no="136"?> ven Systeme sind gekennzeichnet durch ein analytisches und dezentrales Konzept. Es geht nicht mehr um eine zentralistische, hierarchisch strukturierte Arbeitsorganisation, sondern um eine kontinuierliche Adaption an die sich schnell wandelnde Umwelt und um die Selbstbestimmung. Adaptive Organisationen 135 verstehen es, die Selbstverwirklichung des Menschen in den Vordergrund zu rücken und begreifen sich als globale Netzwerke, die dezentralisiert sind. Daher kommt es auf die Eigenverantwortung an: Ein wichtiger Schlüssel bezieht sich auf die Selbstführung, was bedeutet, dass Mitarbeiter nicht mehr auf Direktiven und Anweisungen angewiesen sind, sondern eigenständig Projekte durchführen und managen können. Dies setzt voraus, dass auch komplexe Aufgabenstellungen selbst gelöst werden können. Die Personalrekrutierung orientiert sich an Performance und Talent Management und stellt nur solche Mitarbeiter ein, die ein hohes Maß an Selbstorganisation erreicht haben. Der bereits erwähnte Begriff der Holokratie gilt als sinnstiftend, da es darauf ankommt, nicht mehr dirigistisch sich einer Organisation unterzuordnen und Vorgaben entgegenzunehmen, sondern eigenständig Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. In holokratisch strukturierten Unternehmen gibt es folgende Formen von Meetings 136 : operative Meetings strategische Meetings Steuerungsmeetings Selbstorganisation bedeutet, komplexe Aufgaben ohne Vorgaben lösen zu können. Solche Organisationen setzten einen professionellen Mitarbeiter voraus mit der Fähigkeit, auch komplexe Aufgaben jederzeit bewältigen zu können. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist dabei, dass die Organisation vollständig durchlässig ist. Statussymbole sind in solchen evolutionären Organisationen von sekundärer Bedeutung oder fehlen. Daher müssen auch die Werte, Normen und Wunschvorstellungen der Mitarbeiter berücksichtigt werden. Die Architektur solcher Räume ist 135 Jan Foelsing, Anja Schmitz: New Work braucht New Learning. Eine Perspektivreise durch die Transformation unserer Organisations- und Lernwelten. Springer Gabler Wiesbaden 2021, S. 29 136 https: / / karrierebibel.de/ holokratie/ <?page no="137"?> offen und modern, und sie ermöglicht die Bildung flexibler Teams und verzichtet auf hierarchische Strukturen und Abgrenzungen. Es gehört dazu, dass Geschäftsprozesse so organisiert werden, dass sie Entfaltung und organisationales Lernen langfristig ermöglichen. Evolutionäre Organisationen setzen auf offene, transparente Strukturen und adaptive Systeme, die es ermöglichen, grundlegende Veränderungen in der Weltwirtschaft zu antizipieren. Es kommt vor allem auf Produktivität an. Eine höhere Qualität des Service und ein stärkeres Teammanagement sind sehr wichtig. Arbeitnehmer, die in solchen Organisationen tätig sind, zeichnen sich durch ein hohes Maß an proaktivem Handeln und eine höhere Arbeitszufriedenheit aus. Commitment ist ein zentraler Begriff und beschreibt, wie hoch die intrinsische Motivation und das Engagement sind. New Work versteht sich als ein Megatrend, der die Gesellschaft nachhaltiger verwandelt als andere Aspekte. Digitalisierung erfordert ein höheres Maß an Agilität, das heißt einen flexiblen organisationalen Rahmen, der alternative Arbeitsformen und Konzeptionen erlaubt. Arbeit 4.0 bedeutet, dass Arbeit immer mehr flexibilisiert wird und neue Lösungsmöglichkeiten gestattet, und ein zentraler Begriff dabei ist das Empowerment-Konzept, das die eigene Souveränität der Mitarbeiter und deren Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung in den Vordergrund rückt. Darüber hinaus bedeutet New Work, Werte zu etablieren, die Flexibilisierung, Selbstentfaltung und Souveränität in den Vordergrund rücken. Dieser Ansatz erfordert eine neue Form des Lernens. Man spricht in diesem Zusammenhang von New Learning. Es ist gekennzeichnet durch mehr Selbstbestimmung, Autonomie und Effizienz. 137 Dabei werden folgende Stufen unterschieden: Lernen 1.0: „Instruct me“ (Lernen durch Unterweisung) Lernen 2.0: „Train me“ (Lernen durch individuelles Training) Lernen 3.0: „Let‘s connect“ (vernetztes Lernen) Lernen 4.0: „Let‘s cocreate“ (kreatives Lernen) 138 137 Jan Foelsing, Anja Schmitz: New Work braucht New Learning. Eine Perspektivreise durch die Transformation unserer Organisations- und Lernwelten. Springer Gabler Wiesbaden 2021, S. 69 138 https: / / www.business-wissen.de/ artikel/ new-learning-selbstbestimmteskollaboratives-lernen-fuer-new-work/ <?page no="138"?> Diese New-Learning-Prinzipien sind auch im New-Work-Konzept enthalten. Im organisationalen Bereich muss der Lernende im Vordergrund stehen. Die Selbstverwirklichung und Sinnerfüllung können moderne Lernräume umsetzen. Daher sind diese Konzepte auf eine durchlässige Architektur angewiesen. Diese Form des neuen Lernens erfordert dynamische Organisationsformen und auch die Möglichkeit, Fortschritte zu machen und selbstgesteuert zu lernen. Vor allem die Sinnfindung ist ein wichtiges Prinzip des New-Learning-Ansatzes. New Learning wird daher in immer mehr Organisationen und Unternehmen im Fokus der Bemühungen stehen und dazu beitragen, dass das Unternehmen sich flexibler an die Rahmenbedingungen der Weltwirtschaft anpassen kann. Dieser Ansatz gestattet so ein höheres Maß an Innovationsfähigkeit. Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit deutlich zu erhöhen. Solche Unternehmen legen großen Wert auf Nachhaltigkeit, Innovationsfähigkeit sowie Kunden- und Mitarbeiterorientierung. Solche fluiden Organisationen zeichnen sich durch Netzwerkorientierung und ein hohes Maß an Adaptivität aus. Sie betonen Arbeitsmobilität und Freiräume und streben ein Empowerment für die Mitarbeiter an. Kennzeichen fluider Organisationen sind 139 : Überwindung klassischer, hierarchischer Strukturen Coopetition projektbasierte Arbeitsweise resiliente Systeme Personal als „Human Cloud“ (Personal ohne Zeitzonen und Ländergrenzen) Crowdfunding, Crowdsourcing Crowd Intelligence Wertschöpfungsnetzwerk interdisziplinäre Zusammenarbeit Matrixorganisation und Creative Coaches Im Vordergrund steht die Bereitschaft, den disruptiven Wandel zu unterstützen und sich an einer Plattform orientierten Ökonomie zu orientieren. Das Team ist nicht hierarchisch strukturiert, sondern bevorzugt 139 https: / / www.zukunftsinstitut.de/ artikel/ fluide-organisationen-durchlaessig-statt-starr/ <?page no="139"?> eine Shared Leadership, die mehr Offenheit, Transparenz und Flexibilität erlaubt. Bei der Shared Leadership gibt es folgende Ansätze 140 : ein Führungsdual (funktionale Doppelspitze) Diese Form wird häufig in politischen Parteien angewandt. duale Führungsspitze (Co-Leadership) Distributed Leadership Collective Leadership Hinsichtlich der technologischen Ausrichtung wird großen Wert gelegt auf cloudbasierte Systeme, die sich durch ein besonders hohes Maß an Flexibilität auszeichnen und die Interoperabilität gestatten, das heißt die Fähigkeit, über verschiedene Softwaregrenzen und Datenbanken hinweg Anwendungen zu implementieren. Darüber hinaus ist es in solchen Unternehmen wichtig, sich der künstlichen Intelligenz zu bedienen, um eine zunehmende Prozessautomatisierung zu erzielen. Innovation und Fortschritt sind wichtige Zielwerte für solche Unternehmen, die Wert auf Nachhaltigkeit, Plattformorientierung und Innovationsfähigkeit legen. In diesem Kontext spricht man von einem Competing Value Model, weil die Wertesysteme der unterschiedlichen Unternehmen und ihre Entwicklungsstufen miteinander konkurrieren. Moderne Unternehmen, die die Stufe 4.0 erreicht haben und damit den höchsten Reifegrad vorweisen können, zeichnen sie sich durch ein explizites Maß an Wettbewerbsfähigkeit aus, die es ermöglicht, mit den unterschiedlichsten Systemwelten zu Rande zu kommen und die Kommunikation im Unternehmen erheblich zu verbessern. Diese Transformation erstreckt sich auf alle verfügbaren Ebenen. Das heißt, diese Form der Arbeitsorganisation und des Remote Work wird auf allen Ebenen des Unternehmens etabliert. Hierfür ist es vor allem wichtig, die Wertvorstellungen genauer zu definieren und herauszukristallisieren, was das eigentliche Warum des Unternehmens bildet. Es ist wichtig, dass Unternehmen sich an die zunehmend komplexer werdende Systemumwelt und das dynamische Umfeld anpassen. Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen ändern sich schnell. Hierfür ist es wichtig, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und neue Organisationsformen zu etablieren. Es ist entscheidend, dass man ein- 140 https: / / www.haufe.de/ personal/ hr-management/ leadership-geteilte-fuehrung-statt-one-man-show_80_501938.html <?page no="140"?> zelne Fokusfelder definiert, die für die Veränderung der organisationalen Strukturen von herausragender Bedeutung sind; in metamodernen Organisationsstrukturen spielt das innovative Lernen eine wichtige Rolle. In diesem Kontext spricht man von einer metamodernen Philosophie oder Weltsicht, die die bisherige Postmoderne überwindet. Die Metamoderne ist durch folgende Aspekte gekennzeichnet 141 : Welche Prozesse dienen der persönlichen Entwicklung? Wie können Menschen, die unterschiedliche Entwicklungsphasen erreicht haben, zusammenarbeiten? Wie kann existenzielle Tiefe erreicht werden? Wie kann die größere Komplexität bewältigt werden? Während früher in tayloristisch organisierten Unternehmen starre Direktiven vorherrschten, die einen klaren Fokus auf die Vorgabe bestimmter Inhalte hatten, ist es in metamodernen Organisationen prioritär, zentriert zu lernen und kollaborative Strukturen, die dezentralisiert sind und eigenverantwortlich gesteuert werden, zu fördern. Der zentrale Begriff der Selbstorganisation erlangt primäre Bedeutung, denn in der VUCA-Welt der Agilität ist es wichtig, dass Prozesse eigenverantwortlich wahrgenommen werden und den Anforderungen des Unternehmens entsprechen. Dies setzt eine innovative Form des Wissensmanagements voraus, das systematisch neue Lerninhalte generiert. Das Lernen muss in diesem Kontext immer eigenverantwortlich und selbst gesteuert sein, damit es flexibel ist und sich den Rahmenbedingungen angepasst. Eine solche Lernform orientiert sich an den dynamischen Veränderungen der Systemumwelt und gestattet ein hohes Maß an Adaptivität. Reflexionsfähigkeit ist ein entscheidendes Kriterium für die Selbstregulation, die es ermöglicht, selbstgesteuerte Lernprozesse zu durchlaufen. Darüber hinaus können KI-basierte Systeme zum Einsatz gelangen, die die Lernfortschritte begleiten und ein exploratives Lernsetting etablieren. Wichtig ist die Erhaltung der Employability, die vor allem durch ein lebenslanges Lernen sichergestellt werden muss; durch die sich immer schneller wandelnden Systemumwelten und Anforderungen im Rahmen der organisationalen Transformation ist es maßgeblich, dass das 141 https: / / www.integralesforum.org/ medien/ metamoderne/ 5092-was-ist-metamodernismus <?page no="141"?> Learning explorative Elemente umfasst. Interdisziplinarität wird zur Selbstverständlichkeit im komplexen Lernprozess. Exploratives Lernen ist charakterisiert durch die Selbststeuerung und die eigenständige und eigenverantwortliche Auswahl von wichtigen Lerninhalten. Lernprozesse sollen Problemlösungsstrategien voranbringen; dies erfordert, dass eben die Problemlösung aktiv erfolgt. Durch kollaboratives Lernen wird die Teamfähigkeit gestärkt, und durch Interaktionsprozesse ist es leichter, sich neue Lernziele zu erarbeiten und Wissen zu strukturieren. Der Begriff der Flexibilität bedeutet eine kritische Auseinandersetzung mit den vorgegebenen Lerninhalten und die Fähigkeit, sie neu zu gestalten. Erst durch gezielte Reflexionsprozesse wird es möglich, vertiefte Erkenntnisse zu gewinnen und lernen. Insbesondere im Kontext von agilen Projektmanagement-Methoden ist es wichtig, Ergebnisse zu hinterfragen, neue Lernformen zu etablieren und Erkenntnisse durch systematisches Reflektieren, zu verändern. Das moderne New Learning setzt voraus, dass digitales Lernen umfassend eingesetzt wird und neue Lernformen an Bedeutung gewinnen. New Learning folgt diesen Grundsätzen 142 : Microlearning (anhand von Microcontents) Working Out Loud Eigenverantwortung des Lernenden Agile Lernpfade Iteratives Lernen in Lernschleifen Lernen als Schlüsselkompetenz Lernen als Mindset (Growth Mindset) Hierzu gehören projektbasiertes Lernen und das Konzept der lernenden Organisation. Der Lernprozess muss dabei selbst thematisiert werden, um ihn systematisch zu verbessern. Das Microlearning gewinnt immer mehr an Popularität. Dabei geht es darum, komplexe Lerninhalte in kleine Einheiten aufzufächern, für die ein kurzer Lernprozess (Sekunden bis 15 Minuten) genügt und die sich für die Gamifikation eignen. Anwendungsbeispiele sind Mikrospiele, ein Quiz, Multiple-Choice-Fragen oder Vokabeltrainer. Ein ähnliches Konzept verfolgt das Working Out Loud (WOL). Bryce Williams definiert WOL als „Observable Work + Narrating Your Work“ 143 . 142 https: / / icombine.net/ de/ blog/ new-learning-neues-lernen 143 https: / / www.workingoutloud.com/ <?page no="142"?> Lernen offenbart sich als ein Prozess der Teilhabe und nicht als Wissenssammlung. Daher sind Netzwerke für das Lernen von herausragender Bedeutung. Das Working Out Loud beachtet folgende Prinzipien 144 : Relationships (Lernen durch Netzwerke) Generosity (großzügige Teilhabe am Wissen) Visible Work (Lernen als öffentlicher Prozess) Purposeful Discovery (zielgerichtetes, exploratives Lernen) Growth Mindset (Lernen als Aspekt der Selbstentfaltung) Learning Analytics Es ist wichtig, dass neue Methoden angewendet werden, um den Lernprozess zu fördern und zu verbessern; dies setzt voraus, dass die beteiligten Mitarbeiter mit den Möglichkeiten des digitalen Lernens vertraut sind und diese Verfahrensweise systematisch einsetzen können. Die Mitarbeiter müssen befähigt werden, Lernchancen zu erkennen und umzusetzen, und müssen wissen, welche Lernziele sie anstreben möchten. Eine solche Vorgehensweise nimmt eine Bestandsaufnahme vor und eruiert, welche Kompetenzen, Qualifikationen und Fähigkeiten bereits vorhanden sind. Der Prozess sollte systematisch initiiert werden und durch Reflexion verstärkt werden; es ist wichtig, entsprechende Lerninhalte aufzubereiten, neu zu reflektieren, auch kritisch wahrzunehmen. Es gilt, Gelerntes systematisch in der Praxis anzuwenden und kontinuierlich die Praxisrelevanz zu verbessern und den Lernfortschritt genau zu dokumentieren. Durch diese exakte Erfassung können Lernsysteme und Lernanwendungen gezielter eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang spricht man von Learning Analytics und kann auf diese Weise durch spezifische Kennzahlen den Fortschritt, die Lerngeschwindigkeit und das Lernziel wesentlich besser quantitativ analysieren. Bei den Learning Analytics wird zwischen deskriptiven und diagnostischen Analytics unterschieden. Die deskriptiven Learning Analytics erfassen den Lernfortschritt mithilfe von Feedbacks. Die diagnostische Learning Analytics gehen einen Schritt weiter und versuchen, den Lernprozess umfassend zu analysieren. Dabei kommen verschiedene 144 https: / / www.workingoutloud.com/ <?page no="143"?> Verfahren zum Einsatz, die in einem Dashboard visualisiert werden können 145 : Key Performance Indicators (KPI) für den Lernprozess Lernmusteranalysen (Pattern Analysis) Learning Management System Metrics Predictive Analytics Die Evaluation der Lerninhalte ist besonders wichtig, um herauszufinden, ob die Lerninhalte für die Lernziele geeignet sind und welche Verbesserungen erzielt werden könnten. Man spricht in diesem Kontext von einer Learning Experience Platform, die genau den Lernfortschritt dokumentiert und neue Lernsysteme ermöglicht. Learning bedeutet also, bedürfnisorientiert Lerninhalte auszuwählen, die eine besondere Learning Experience ermöglichen. Eine transparente Darstellung ist ebenso vonnöten wie explizite Lernstrategien, die soziales Lernen in Teams und durch Kollaboration ermöglichen. Der Lernprozess muss durch Reflexion unterstützt und begleitet werden, damit er schneller voranschreitet. Durch das Empowerment sollen die Mitarbeiter befähigt werden, ihre Lernfähigkeit noch deutlich zu erhöhen und ihr Selbstvertrauen zu steigern. Erst durch diese Rahmenbedingungen wird es möglich, Disruption zu ermöglichen; daher ist es unerlässlich, dass Unternehmen bereit sind, neue Lernmethoden zu etablieren und das Wissensmanagement systematisch zu stärken. Als besonders hilfreich gilt es, Learning Communities zu etablieren, die in Kooperation Lerninhalte für sich erschließen und dabei die einzelnen Mitarbeiter miteinbeziehen, auch wenn diese im häuslichen Arbeitszimmer sind. Erst durch ein solches Team wird es möglich, die gesamte Lernmotivation zu stärken und zu entfalten. Die organisationale Entwicklung sollte durch Coaches und Initiatoren begleitet werden. Netzwerke, können den Einzelnen unterstützen und ihnen bei den einzelnen Lernfortschritten helfen. Es geht darum, ein Feedback zu etablieren, das es dem Einzelnen gestattet, den eigenen Lernfortschritt zurückzuverfolgen und zu dokumentieren. Die Community stellt aber ein wichtiges unterstützendes Netzwerk dar, das den Fortschritt ermöglicht und durch Wertschätzung und Empowerment Lernprozesse systematisch fördert. 145 https: / / www.solaresearch.org/ about/ what-is-learning-analytics/ <?page no="144"?> Learning Design und Content Curation Netzwerke gestatten es, Lernangebote stärker zu differenzieren und an die individuellen Voraussetzungen anzupassen. Es ist möglich, mehrere Ressourcen zur Verfügung zu stellen und digitales Lernen systematisch zu implementieren. In diesem Zusammenhang ist häufig die Rede von Content Curation. Dieser Schlüsselbegriff stammt ursprünglich aus dem Onlinemarketing und wurde auf die Lernforschung übertragen. Dabei werden kuratierte Inhalte als Lernangebote wahrgenommen. Solche Formen sind sehr verbreitet. In Wissenseinheiten wird es ermöglicht, sich in ein neues Themengebiet einzuarbeiten und Schritt für Schritt vorzugehen. Die Lerninhalte sind an die Mitarbeiter angepasst und gestatten einen individualisierten Lernfortschritt. Content Curation als Teil der Lernförderung umfasst folgende Verfahrensweisen 146 : Collaborative Filtering (Lernauswahl durch kollaboratives Arbeiten) Semantische Analyse (Relevanz der Lerninhalte) Social Rating (Bedeutung der Lerninhalte für die persönliche und gesellschaftliche Entwicklung) Beim Lernprozess durch die systematische Aufbereitung des Contents wird der Lernprozess wesentlich vereinfacht und kann stärker durch Metriken und Kennzahlensysteme dokumentiert werden. Es ist wichtig, dass das Lernen eben durch digitale Tools erleichtert und unterstützt wird. Hierbei ist ein personalisiertes Lernen, das an den bereits vorhandenen Kenntnisstand des Einzelnen anknüpft, von herausragender Bedeutung. Beim Lernprozess kann beispielsweise auch das Pareto-Prinzip zur Anwendung gelangen, sodass durch 20 Prozent der Lernaufwendungen 80 Prozent des Lernerfolgs erzielt werden. Darüber hinaus ist es von hoher Bedeutung, dass der Lerninhalt personalisiert wird und sich an die Voraussetzungen des jeweiligen Mitarbeiters anpasst. Das Learning Design spielt in diesem Prozess eine primäre Rolle, denn erst durch ein Learning Design kann das Lernangebot so strukturiert werden, dass es eingängig und leicht zu begreifen ist. 146 https: / / asistdl.onlinelibrary.wiley.com/ doi/ 10.1002/ meet.14504901189 <?page no="145"?> Das Learning Design grenzt sich vom Lernen durch Instruktion ab. Beispiele für Prinzipien des Learning Design sind 147 : Design Thinking Human-centered Design Best practices in Curriculum Development Collaborative Problem Solving Research-validated practices (Lernen auf der Basis empirischer Forschungsergebnisse) Man muss alle Ebenen berücksichtigen und die Lernbereitschaft des Mitarbeiters mit einbeziehen; das Learning Design hilft, Lernen so zu organisieren, dass es dem Einzelnen leichtfällt und dass Lernfortschritte innerhalb kürzester Zeit erzielt werden können. Dies setzt vor allem Erfahrungen voraus. Lerninhalte sollten spielerisch aufbereitet sein, um den Lernfortschritt zu intensivieren. Durch die Gamifikation 148 wird das Durchhaltevermögen und die Ausdauer beim Lernprozess wesentlich erhöht und verbessert. Das Game based Learning stärkt Kommunikations- und Verhandlungskompetenzen. 149 70 Prozent des Lernprozesses werden durch Üben und konkrete praxisbezogene Anwendungen gestaltet; 20 Prozent finden in Kollaboration in digitalen Räumen statt und 10 Prozent stehen für die vorhandenen Kompetenzen und Qualifikationen. Es ist wichtig, Lernszenarien zu entwickeln, die eine Differenzierung der Lerninhalte gestatten. Es kommt darauf an, den Lernprozess in verschiedene Stufen zu gliedern. Einzelne Stufen bestehen darin, dass beispielsweise durch Experimentieren Hypothesen überprüft oder Simulationen angewendet werden können. Die zweite Stufe ist die Explorationsphase, bei der es vor allem darum geht, neue Wissensgebiete und Inhalte zu erkunden, indem einzelne Artikel oder Internet-Inhalte herangezogen werden. Die eigenständige Recherche nimmt eine vorrangige Rolle ein. 147 https: / / www.smartsparrow.com/ what-is-learning-design/ 148 https: / / t3n.de/ magazin/ mehr-spass-bei-der-arbeit-ein-es-249940/ 149 https: / / www.game-learn.com/ de/ ressourcen/ blog/ serious-games-oder-warum-videospiele-effizienter-als-traditionelle-unterrichtsmethoden-sind/ <?page no="146"?> Eine weitere Vertiefung des Lerninhaltes gestattet auch ein Quiz, und eingängige Lernmodelle sollen dazu dienen, den Lernprozess zu beschleunigen. In der Phase kommt es auf die Kreation an. Dies soll es ermöglichen, Neues in Projekten oder in Texten oder in User Generated Content (UGC) umzusetzen. Durch diese praktische Anwendung wird es möglich, neue Lerninhalte erheblich zu vertiefen und zu erweitern. Eine weitere Phase bildet die Imitationsphase, bei der Vorbilder herangezogen werden. Dieses Lernen durch Beobachtung, das bereits von Bandura 150 eingeführt wurde, soll mithilfe von Rollenspielen und anderen Verhaltensimitationen Lerninhalte im Verhalten verankern. In der Diskussionsphase sollen Lerninhalte kritisch hinterfragt und reflektiert werden. Hierbei spielen die soziale Interaktion eine herausragende Rolle. Dies kann in Diskussionen geschehen oder auch in bestimmten Lernsettings, die kollaboratives Lernen besonders unterstützen. Letztlich geht es darum, Informationen zu vermitteln. Das Homeoffice als neue Arbeitsform ist eingebettet in einen umfassenden Prozess der Transformation, der viele Bereiche und Branchen tangiert. Mit der Einführung von Remote Work etabliert sich ein neues innovatives Arbeitsmodell, das eine metamoderne Organisation voraussetzt, die fluide Grenzen aufweist und sich durch ein agiles Projektmanagement auszeichnet. Die Zeit starrer Hierarchien und Kommandostrukturen ist längst vorbei. Das Homeoffice ist nur das Symptom einer weitreichenden Entwicklung, die durch eine fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung geprägt wird. Teil dieser Umwälzung sind neuartige Lebens- und Lernformen, die Kreativität und Dynamik hervorheben. 150 Bandura, Albert: Lernen am Modell. Ansätze zu einer sozial-kognitiven Lerntheorie. Stuttgart 1976 <?page no="147"?> Fazit Immer noch zu viele Unternehmen halten an starren und rigiden Organisationsformen fest, die eine notwendige Innovation und eine bessere Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen und verhindern. Doch die Rahmenbedingungen in der Weltwirtschaft haben sich drastisch gewandelt. Sehr hohe Energiepreise, eine bedenkliche Segmentierung des Welthandels in fast hermetisch abgeschottete Blöcke und rapide steigende Zinsen erfordern ein Umdenken und eine stärkere Fokussierung auf moderne Technologien und eine höhere Flexibilität. Hinzu kommt der rasch voranschreitende demografische Wandel, der zu einem spürbaren und existenzbedrohenden Fachkräftemangel in allen Sektoren führen wird. Die Babyboomer-Generation der Sechzigerjahre, die den Höhepunkt der Bevölkerungsentwicklung in der Nachkriegszeit darstellte, tritt den Ruhestand an, und es entsteht allenthalben ein eklatanter Fachkräftemangel, der zu höheren Gehältern und einem ausgeprägten Anspruchsdenken führen wird. Hochqualifizierte Experten können sich schon heute aussuchen, bei welchem Unternehmen sie arbeiten möchten. Auch ausländische Unternehmen spüren diesen Druck und suchen weltweit händeringend nach Fachkräften. Mittlerweile bieten US-Unternehmen der IT-Branche in Deutschland Gehälter, die 30 bis 50 Prozent über dem deutschen Niveau liegen. Sie haben ein besseres Image, höherwertige Projekte und vorteilhaftere Arbeitsbedingungen. Die Angestellten können von zuhause aus virtuell fünf Tage in der Woche im Silicon Valley arbeiten. Niemand wird es mehr hinnehmen, dass Fachkräfte monatelang in Städten wie München, Frankfurt oder Stuttgart verzweifelt eine Wohnung suchen müssen, um dann für ein Mini-Apartment in der Münchener Innenstadt mehr als ein Drittel des Gehalts aufbringen zu müssen. Ebenso wenig wird es akzeptabel sein, dass hochqualifizierte Experten sich eine Stunde durch dichten Straßenverkehr quälen, damit ihr weniger qualifizierter Vorgesetzter sich im verlassenen Büro nicht einsam fühlt. Einheimische Mittelständler, die dann glauben, ihr verblasstes Image aus dem letzten Jahrhundert reiche aus, um genügend Personal anzulocken, irren gewaltig. Die Arbeitnehmer der jungen Generation werden es nicht hinnehmen, dass Obstkörbe, eine neue Kaffeemaschine und ein zusätzlicher Ur- <?page no="148"?> 148 Fazit laubstag als vermeintlich lukrative Incentives gefeiert werden. Starre Strukturen, ein hierarchiebetontes Betriebsklima und monotone Aufgaben werden viele abschrecken. Immer mehr Betriebe werden über fehlendes Fachpersonal jammern und die überzogenen Erwartungen der angeblich verwöhnten jungen Generation für die Misere verantwortlich machen. Doch in Wirklichkeit haben es etliche Unternehmen trotz aller Warnsignale versäumt, sich den neuen Rahmenbedingungen anzupassen. Durch die Pandemie, die demografische Entwicklung und die veränderten Strukturen des Welthandels haben sich die Konditionen geändert. Unternehmen, die im Dornröschenschlaf verharren und sich vom Staat wie selbstverständlich alimentieren lassen, werden früher oder später in einer bitteren Realität aufwachen. Die Anforderungen an die Wettbewerbsfähigkeit sind nämlich drastisch gestiegen. In der Arbeitswelt von morgen, die schon heute begonnen hat, wird es Mitarbeiter geben, die in Sydney, Mountain View, Bangalore, Toronto, Buenos Aires, Amsterdam und Paris für ihr mittelständisches Unternehmen in Villingen-Schwenningen arbeiten. Einige werden Freelancer, andere festangestellte Mitarbeiter sein. Bei einigen Videostreams werden die Mitarbeiter auf Kreta oder in Lissabon vor einer malerischen Kulisse oder vor der Meeresbrandung unter Palmen zu sehen sein. Unternehmen arbeiten zeitzonenübergreifend 24 Stunden am Tag. Die Mitarbeiter werden hochqualifiziert sein und über die neuesten Fachkenntnisse verfügen. Die Arbeitszeiten und die Zahl der Urlaubstage werden von den Mitarbeitern eigenständig festgelegt; Meetings finden generell nur virtuell statt, haben ein klares Ziel und dienen nicht der Selbstdarstellung von eigentlich überflüssigen Führungskräften. Sämtliche Bullshit-Jobs sind abgeschafft; es gibt also keine gelangweilten Sekretärinnen, die Akten sortieren, Kaffee kochen und Blumen gießen, keine Abteilungsleiter, die ihr mangelndes Selbstvertrauen durch Allüren und autokratisches Gehabe aufpolieren. Selbstverständlich bringt die Mitarbeiterin ihren Chihuahua mit, wenn sie einmal im Monat im Büro vorbeischaut. Auf dem Dach des Unternehmens befinden sich Solarzellen, und die Server werden mit klimaneutralem Strom betrieben. Sämtliche Prozesse sind vollständig digitalisiert; Sekretariate und Sachbearbeitung gibt es nur noch in rückständigen Unternehmen, die wegen ihrer geringen Produktivität vom Staat unterstützt werden müssen; niemand druckt mehr Briefe und Unterlagen aus. Sämtliche Prozesse werden in Millisekunden vollautomatisch ausgeführt. <?page no="149"?> Fazit 149 Die Niedriglohnzone Deutschland gehört der Vergangenheit an. Unternehmen, die technologisch wettbewerbsfähig sind, können sich auch in Zukunft noch hochqualifizierte Mitarbeiter leisten und werden alle innovativen Formen des Arbeitslebens (Remote Work, agiles Projektmanagement, Ortsunabhängigkeit, digitales Nomadentum, umfassende Digitalisierung, Shared Leadership, fluide Organisationsstrukturen, metamoderne Unternehmensorganisation) einführen. Andere hingegen werden an den althergebrachten Strukturen festhalten und letztlich scheitern. Solche Unternehmen werden dann vom Staat unter allerlei Vorwänden (Pandemie, Klimawandel, hohe Energiekosten, geopolitische Risiken, veränderter Welthandel) großzügig subventioniert (unbefristetes Kurzarbeitergeld, Subventionen, Steuererleichterungen, Stabilisierung einer Niedriglohnzone) und zum Unternehmensprekariat herabsinken. Mangelnde Produktivität, niedrige Wettbewerbsfähigkeit, Bürokratie und Rückständigkeit führen langfristig zum unvermeidlichen Niedergang, der ganze Branchen in den Abgrund reißt. Moderne Arbeitsformen sind keine Mode, sondern eine Notwendigkeit. Unternehmen, die sich nicht die Mühe machen, sich an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen und endlich ihre Organisationsstrukturen zu modernisieren, werden in der dynamischen Arbeitswelt des 21. Jahrhundert keine realistische Chance mehr haben. <?page no="151"?> Stichwortverzeichnis 2-Faktor-Authentifizierung 27 Abo-Modell 75 Access 61 Adaptive Organisation 136 Agile Entwicklung 100 Agile Scrum 101 agiles Projektmanagement 79, 99 alternierende Telearbeit 17 Ambiguität 62 Angestelltenjob 66 Arbeitskoje 68 Arbeitsorganisation 14, 37, 52 Arbeitssouveränität 43, 49, 101 Artificial Intelligence 39 Automatisierung 39, 40, 64, 114 Autonomie 114 Badge 61 Bedingungsloses Grundeinkommen 112 Betriebsgeheimnis 20 Betriebssicherheitsverordnung 17 Big Data 54 Blockchain 97 Bottle Neck 40 Bring your own device 48 Bullshit-Job 14, 115 Business Analytics 54 Churn Rate 98 Clean Desk Policy 67 Clickworker 50, 65, 81, 82, 84 Clickworking 65 Cloud Computing 54, 84, 92, 93 Cloudmanagement 11 Commitment 103, 137 Community Supported Agriculture 109 Competing Value Model 139 Compliance 104 Contentmanagement 78 Coopetition 38 Corporate Responsibility 135 CRM 95 Crowd Intelligence 77 Crowdworker 87 Crowdworking 87 Cultural fit 105 Customer-Life-Span 98 Customer-Lifetime-Value 98 Data Analytics 128 Data Science 54, 94 Datenschutz 19, 20 Datenschutzvereinbarung 22 <?page no="152"?> 152 Stichwortverzeichnis Datensicherheit 48 Deep Learning 96 Degrowth 109 Dekarbonisierung 109 Design Thinking 60, 101 Desk Sharing 67 Digital Economy 75 digitale Nomaden 45 digitale Transformation 66, 92 digitales Athen 39 Digitalisierung 41, 54, 63, 64, 66, 77, 126 Disruption 55, 80, 94, 103, 143 Dokumentationspflicht 17 Earned Income Tax Credit 115 E-Commerce 76 Economy on Demand 75 eGovernment 95 Eigenverantwortung 106, 136 Employability 140 Employer Branding 47, 109 Empowerment 106, 135, 137 Entwicklungsprojekt 101 Erstausstattung 29 Existenzminimum 114 experimentelles Projektmanagementdesign 101 Fachkräftemangel 46 Flexibilisierung 20, 60 Freelancer 88 Freelancing 50, 65, 125 Freiberufler 92 Führungsstil 57 Function as a Service 93 Gamifikation 61, 77, 145 Generation 111 Geschäftsmodell 103 Geschäftsprozess 97 Gig Economy 75 Governance Meeting 107 Granularität 84 Great Resignation 90 Großraumbüro 37, 66 Grundeinkommen 112 Hardware 26 Hardwareschlüssel 27 Hierarchie 37 Holokratie 106, 107 Home Automation 77 Homeoffice 12, 13, 18, 23 Homeoffice-Pflicht 51 hybrides Projektmanagement 100 Immobilienpreis 44 Industriezeitalter 37 Infrastructure as a Service 93 Innovation 43 Innovationsfähigkeit 115 Internetaffinität 111 Issue specific Meeting 107 IT-Ausstattung 22 IT-Bereich 24 <?page no="153"?> Stichwortverzeichnis 153 IT-Beruf 83 IT-Branche 44, 57 IT-Infrastruktur 16 Iterationszyklen 100 iterative Projektstrukturen 101 Job Crafting 43 Kadenz 102 Kaufkraft 113 kognitive Systeme 96 Kohärenzgefühl 42 Kollaborationsprozess 99 Kollaborationssoftware 33 Kollaborationstool 28 Konnektivität 104 Kundenbindungsrate 98 Kundensegment 98 Kündigungswelle 90 Künstliche Intelligenz 79 Laptop 19 Lean Government 94 Lean Startup 100 Learning Analytics 142 Learning Communities 143 Learning Design 144 Learning Design und Content Curation 144 Learning Experience 143 Lebenshaltungskosten 45 Lessons Learned 102 Lieferketten 54 Lounge-Areal 67 Machine Learning 85 Massive Open Online Course 129 Maximalstundenzahl 19 Megatrend 137 Meritokratie 135 metamoderne Organisation 132 Microjob 82, 85 Microtasking 88 Mindesthonorar 83 Mindset 103 Mitbestimmungsrechte 86 mobile Telearbeit 18 mobiles Arbeiten 17 Modul 105 Multifunktionalität 126 Multioptionalität 111, 122 Narrativ 102 Nearshoring 88 negative Einkommensteuer 115 Networking 32 New Busines 66 New Economy 76 New Hiring 105 New Learning 137 New Work 41, 46, 60, 137 Niedrighonorar 66 non-territorialer Arbeitsplatz 68 <?page no="154"?> 154 Stichwortverzeichnis Objectives und Key Results 100, 102 Offshoring 87 OKR 100, 102 Onboarding 57, 61 Open-Space-Büro 67 Ortsunabhängigkeit 43, 50, 58 Ownership 61 PACE-Methode 101 Pandemie 37, 54 partizipatives Führungsmodell 38 Planungsphase 104 Planungssicherheit 100 Platform as a Service 93 Plattform 81 Plattformkapitalismus 114 Plattformökonomie 73, 76, 83 Plattformstrategie 73 postdigital 108 Postwachstumsökonomie 105, 109 Präsenz 68 Prekarisierung 82 Produktentwicklung 78 Produktivität 18, 56 Produktivitätspotenzial 55 Projektabschnitt 101 projektbasierte Arbeit 65 Projektinitialisierung 100, 102 Projektmanagement 60, 99, 103 Projektmanagement-Software 28 Projektplanung 102 Projektsteuerung 100 Projektzyklus 102 Qualifikationsniveau 63 Qualitätssicherung 104 RAD 104 Rapid Prototyping 93, 101 Rapid Software Development 104 Reagibilität 101 Regionalökonomie 109 Remote Work 11, 17, 22, 24, 34, 44, 45, 55, 114 Resilienz 104 Retention Rate 98 Retrospektive 102 Review 102 Risikomanagement 104 Risk Story 100, 102 Robot 96 Robotik 38, 54 Rufbereitschaft 19 Scaled Agile 100 Schlüsselqualifikation 25 Segmentierung 54 Selbstgenügsamkeit 42, 109 Selbstorganisation 101 Selbststeuerung 52 Selbstverantwortung 43 Shared Desk 67 <?page no="155"?> Stichwortverzeichnis 155 Shared Leadership 11, 130 Sharing Economy 38, 61, 114 Sinnfindungsprozess 121 Skalierung 103 Skalierungs-Framework 103 Soft Skill 56, 104 Software 26 Software as a Service 93 solo-selbstständig 84 Soziokratie 106 Spirals Dynamics 134 Statussymbol 37 Story Package 102 Story Telling 132 Stundenhonorar 85 Suffizienz 109 Suffizienzstrategie 109 Systemumwelt 103 Tactical 107 Tang Ping 91 Taylorismus 37 tayloristisches Arbeitsverständnis 134 Teammanagement 24 technische Ausstattung 21 Telearbeit 17, 18 Testing-Plattform 82 Timebox 100 transformationale Entwicklung 131 Underachiever 33 Unfallschutz 17, 22 Unfallversicherung 23 User Generated Content 146 User Story 100, 102 User Story Map 100 Videokonferenz 28 Virtualisierung 38, 54 VPN (Virtual Private Network) 26 VUCA 62, 128, 133 Wasserfallmodell 105 Wertschöpfungsnetzwerk 78 Wettbewerbsfähigkeit 47 Wettbewerbsintensität 54 Workflow 63 Work-Life-Balance 15, 24, 47, 90, 110, 120 Work-Life-Blending 43, 46 Work-Life-Integration 132 Zeitsouveränität 42, 86, 114 <?page no="156"?> BUCHTIPP Anke Brinkmann, Gabriele Dreilich, Christian Stadler Virtuelle Teams führen? Frag doch einfach! Klare Antworten aus erster Hand 1. Auflage 2022, 148 Seiten €[D] 17,90 ISBN 978-3-8252-5780-4 eISBN 978-3-8385-5780-9 In diesem Buch werden Fragen rund um virtuelle Führung beantwortet und auch deren Grenzen aufgezeigt. Dabei stehen Tools und Methoden im Fokus, die konkret in der Praxis unterstützen können. Der Inhalt dieses Buches spannt den Bogen von der historischen Entwicklung virtueller Teams und dem Status quo in Unternehmen über allgemeine Anforderungen und Begrifflichkeiten zu den vielfältigen Herausforderungen und Stolpersteinen im Arbeitsalltag. Danach werden neben den Autor: innen weitere Interviewpartner zu besonderen Themen und Zukunftsausblicken eingebunden. Frag doch einfach! Die utb-Reihe geht zahlreichen spannenden Themen im Frage-Antwort-Stil auf den Grund. Ein Must-have für alle, die mehr wissen und verstehen wollen. UVK Verlag. Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="157"?> BUCHTIPP Simon Werther New Work oder New Normal? Frag doch einfach! Klare Antworten aus erster Hand 1. Auflage 2022, ca. 140 Seiten €[D] 17,90 ISBN 978-3-8252-5810-8 eISBN 978-3-8385-5810-3 Die neue Arbeitswelt verstehen! Die Welt verändert sich rasant. Das wirkt sich auch auf Arbeitsformen und -modelle aus. Simon Werther geht auf die Treiber der Entwicklung ein und stellt „New Work“ vor - leicht verständlich im Frage-Antwort-Stil. Auf Aspekte rund um die Organisation und das Management von Unternehmen sowie die Psychologie geht er ein. Auch die Gestaltung der Veränderungsprozesse lässt er nicht außer Acht. Wichtige sowie vertiefende Fragen sind hervorgehoben. Mit weiterführenden Literatur- und Videotipps. Das Buch richtet sich an Studierende der Betriebswirtschaftslehre und der Sozialwissenschaften. Darüber hinaus ist es für alle Praktiker interessant, die sich mit Strategie, Personal und Kultur in Unternehmen beschäftigen. UVK Verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="158"?> uistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprach senschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik schaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Stat \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ anagement \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschicht Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ acherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidakt DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus F \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourism \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ WL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanist Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft ologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissensc \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ nguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenscha Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ orische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechn Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenhematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwiss schaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ aft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenscha Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ orische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechn Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenhematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwiss schaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen aft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwe \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik emdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinav \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ WL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilolog Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ rt \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosoph ien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissensc BUCHTIPP Michael Mayer Die Business-Toolbox Trainingsbuch zur Persönlichkeits- und Teamentwicklung 1. Auflage 2021, 181 Seiten €[D] 24,90 ISBN 978-3-7398-3113-8 eISBN 978-3-7398-8113-3 Die Welt befindet sich in einem rasch fortschreitenden Veränderungsprozess, dem sich keiner - weder Unternehmen noch der einzelne Mensch - entziehen kann. Um diesen Veränderungsprozess positiv zu gestalten, bietet Michael Mayer in seinem Buch über 80 Tools, die das Individuum und die Gruppe dabei unterstützen, Ziele leichter zu erreichen. Da die Bedürfnisse und Ansprüche jedes Menschen, jedes Teams und jeder Organisation unterschiedlich sind, lässt sich die Toolbox individuell konfigurieren. So lassen sich immer die jeweils passenden Übungen finden. Die Toolbox zur Teamentwicklung hilft in den Bereichen Unternehmenskultur, (Online-)Meetings, lernende Organisation, Personalentwicklung, agile Arbeitsmethoden und Führung. Für die Persönlichkeitsentwicklung der Leser sind Tools zur Selbstreflexion, zur Entspannung und Energiegewinnung, zur Gedankenhygiene und zur Problemlösung enthalten. UVK Verlag. Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="159"?> ISBN 978-3-7398-3094-0 Das Buch informiert anschaulich über die Entwicklungen und Studien im Bereich neuer Arbeitsformen. Der Autor spannt dabei den Bogen von New Work und Arbeiten 4.0 sowie Home Office und Remote Work über die Zunahme der Digitalen Nomaden bis hin zur Gig Economy in der Weltwirtschaft. Konkrete Fallbeispiele und innovative Ansätze aus aller Welt geben einen Einblick in diese spannenden Themen. Das Buch richtet sich in erster Linie an Fachkräfte im Personalbereich und Führungskräfte in Unternehmen und anderen Organisationen. Dr. Dr. Gerald Pilz ist Dozent an deutschen Hochschulen und Autor zahlreicher Bücher über Finanz- und Börsenthemen.