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Natur und Mountainbiken

Umweltwirkung, Angebotsplanung und Besuchermanagement

1218
2023
978-3-7398-8219-2
978-3-7398-3219-7
UVK Verlag 
Manuel Steinbauer
Monika Bachinger
Manuel Sand
Felix Wölfle
10.24053/9783739882192
CC BY-SA 4.0https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de

Eine Trendsportart naturverträglich entwickeln Mountainbiken ist Breitensport. Jahr für Jahr sind Millionen von Menschen auf Bergen und in Wäldern mit dem Rad unterwegs. Die Auswirkungen auf Natur und Landschaft sind nicht vollständig erforscht. Erst allmählich setzen sich Standards für Infrastrukturen und Angebotsplanung im Mountainbiken durch. Das Buch zeigt mithilfe von Fallbeispielen, wie naturverträgliches Mountainbiken gestaltet, Nutzungskonflikte vermieden und die Akzeptanz für Lenkungsmaßnahmen erhöht werden können. Dabei greift der Band auf Ergebnisse aktueller Studien aus Raumplanung, Ökologie, Qualitäts- und Besuchermanagement zurück. Das Buch richtet sich an Destinantionsmanager:innen, Naturschutzorganisationen, Mountainbikeanbieter:innen und touristische Dienstleister:innen sowie die Forstwirtschaft, Tourismusstudierende und -forscher:innen Der Band ist Teil der Reihe "Natur und Outdoorsport". Er befasst sich mit der naturverträglichen Ausgestaltung von Outdoorsportarten.

<?page no="0"?> ISBN 978-3-7398-3219-7 Natur und Outdoorsport Band 1 Manuel Steinbauer ist Professor für Sportökologie an der Universität Bayreuth. Monika Bachinger ist Professorin für Tourismus an der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg. Manuel Sand ist Professor für Outdoorsport und Adventuremanagement an der Hochschule für angewandtes Management. Felix Wölfle ist Professor für Tourismusmanagement an der IU Internationale Hochschule. Eine Trendsportart naturverträglich entwickeln Mountainbiken ist Breitensport. Jahr für Jahr sind Millionen von Menschen auf Bergen und in Wäldern mit dem Rad unterwegs. Die Auswirkungen auf Natur und Landschaft sind nicht vollständig erforscht. Erst allmählich setzen sich Standards für Infrastrukturen und Angebotsplanung im Mountainbiken durch. Das Buch zeigt mithilfe von Fallbeispielen, wie naturverträgliches Mountainbiken gestaltet, Nutzungskonflikte vermieden und die Akzeptanz für Lenkungsmaßnahmen erhöht werden können. Dabei greift der Band auf Ergebnisse aktueller Studien aus Raumplanung, Ökologie, Qualitäts- und Besuchermanagement zurück. Das Buch richtet sich an Destinationsmanager: innen, Naturschutzorganisationen, Mountainbikeanbieter und touristische Dienstleister sowie die Forstwirtschaft, Tourismusstudierende und -forscher: innen. Steinbauer / Bachinger / Sand / Wölfle (Hrsg.) Natur und Mountainbiken Manuel Steinbauer / Monika Bachinger / Manuel Sand / Felix Wölfle (Hrsg.) Natur und Mountainbiken Umweltwirkung, Angebotsplanung und Besuchermanagement <?page no="1"?> Natur und Mountainbiken <?page no="2"?> Natur und Outdoorsport Band-1 | Natur und Mountainbiken Manuel Steinbauer, Monika Bachinger, Manuel Sand, Felix Wölfle (Hrsg.) - Manuel Steinbauer ist Professor für Sportökologie an der Uni‐ versität Bayreuth. - - Monika Bachinger ist Professorin für Tourismus an der Hoch‐ schule für Forstwirtschaft Rottenburg. - - Manuel Sand ist Professor für Outdoorsport und Adventuremanagement an der Hochschule für angewandtes Management. - - Felix Wölfle ist Professor für Tourismusmanagement an der IU Internationale Hochschule. <?page no="3"?> Manuel Steinbauer / Monika Bachinger / Manuel Sand / Felix Wölfle (Hrsg.) Natur und Mountainbiken Umweltwirkung, Angebotsplanung und Besuchermanagement unter Mitarbeit von Volker Audorff, Julian Beigang, Karoline Donnerstag, Nikolas Einhaus, Thomas K. Gottschalk, Hanne Hermann, Simone Johansson, Anna Koch, Jana Krieger, Veronika Mitterwallner, Lilli Schmitt, Cornelius Schreck, Patrick Schuster, Lukas Spießl, Benjamin Trotter UVK Verlag · München <?page no="4"?> Umschlagabbildung: © AscentXmedia ∙ iStockphoto Autor: innenbilder: Steinbauer/ © privat, Bachinger/ ©Faiß, Sand/ © privat, Wölfle/ © IU Internationale Hochschule Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. Gefördert durch den Open Access-Monografienfonds der Universität Bayreuth. DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783739882192 © Manuel Steinbauer, Monika Bachinger, Manuel Sand, Felix Wölfle 2023 Das Werk ist eine Open Access-Publikation. Es wird unter der Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen | CC BY-SA 4.0 (https: / / creativecommons.org/ license s/ by-sa/ 4.0/ ) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, solange Sie die/ den ursprünglichen Autor/ innen und die Quelle ordentlich nennen, einen Link zur Creative Commons-Lizenz anfügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Werk enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der am Material vermerkten Legende nichts anderes ergibt. In diesen Fällen ist für die oben genannten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. UVK Verlag ‒ ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Internet: www.narr.de | eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISSN 2942-1454 ISBN 978-3-7398-3219-7 (Print) ISBN 978-3-7398-8219-2 (ePDF) ISBN 978-3-7398-0616-7 (ePub) www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> 9 15 37 79 99 113 125 147 Inhalt Felix Wölfle Mountainbiken - ein Breitensport in Natur und Landschaft . . . . . . . . . . . . . Hanne Hermann & Monika Bachinger Auswirkungen des Mountainbike-Sports auf Boden, Vegetation und Tierwelt. Stand des Wissens, mögliche Erfassungsmethoden sowie Rückschlüsse für das Trailmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lilli Schmitt, Benjamin Trotter & Manuel J. Steinbauer Die Bedeutung der Haftungsfrage im Konflikt zwischen Mountainbikenden und Grundeigentümer: innen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Julian Beigang & Monika Bachinger Untersuchung des räumlichen Verhaltens von Mountainbikern. Eine pilothafte Studie im Nationalpark Schwarzwald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anna Koch, Simone Johansson, Jana Krieger, Nikolas Einhaus, Monika Bachinger & Thomas K. Gottschalk Mountainbiken und Wildtiere. Erfassung von Nutzungsintensität, Fahrendenprofilen sowie Störwirkungen am Eselstrail, Stadt Rottenburg, Baden-Württemberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Schuster, Veronika Mitterwallner & Manuel J. Steinbauer Die Wegeigenschaften eines für das Mountainbiken genutzten Wegenetzes am Beispiel der Friesener Warte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lukas Spießl & Manuel Sand Aktuelle Herausforderungen in der Umsetzung von Mountainbike-Infrastrukturen. Erarbeitung einfacher Handlungsempfehlungen durch Experteninterviews mit führenden Natursport Verbänden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Veronika Mitterwallner, Karoline Donnerstag & Volker Audorff Räumliche Effekte durch Infrastruktur, Wetter und zeitliche Faktoren. Besucherlenkung im Raum Ochsenkopf (Fichtelgebirge) . . . . . . . . . . . . . . . . <?page no="6"?> 169 189 Cornelius Schreck & Monika Bachinger Qualitätsanforderungen an Mountainbike-Touren. Entwicklung eines Kriterienkatalogs für Mittelgebirgsregionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Inhalt <?page no="7"?> Vorwort Das Thema Outdoorsport und Natur bewegt viele Menschen und es wird oftmals hitzig und kontrovers diskutiert. Bislang gibt es immer wieder Kon‐ flikte, denn sowohl auf Seiten des Naturschutzes als auch auf Seiten der Outdoorsportvertreter: innen existieren vielzählige Argumente und Vorurteile. Jedoch liegt bis dato eine unzureichende Datenlage vor, speziell auch im europäischen Kontext, wodurch konkrete Auswirkungen auf die Belastung von Flora und Fauna durch Outdoorsportler: innen weder dokumentiert, noch widerlegt werden können. Dieses Buch möchte daher erste Erkenntnisse für eine sachliche und datenbasierte Diskussion liefern. Da bislang wenig groß angelegte Forschungsprojekte existieren, haben es sich die Autor: innen zum Ziel gesetzt, solide und valide Ergebnisse aus Abschlussarbeiten aufzuarbeiten und in diesem Band zusammenzustellen. In diesem Buch wird zunächst der Sachverhalt Mountainbiken und Natur aufgegriffen, weitere Bände zu anderen Aktivitäten in der Natur sind geplant. Das Mountainbiken polarisiert, nicht zu‐ letzt durch actionreiche Bilder in Zeitschriften und Internetforen. Diese zeigen meist nur eine kleine Zielgruppe der mittlerweile stark angewachsenen und sehr ausdifferenzierten Mountainbike-Community, welche viele unterschiedliche Subsegmente aufweist. Obgleich die Sportart mittlerweile stark verbreitet ist und die Absatzzahlen von Mountainbikes konstant ansteigen, gibt es bislang kaum geeignete Trails und Angebote. Dies führt zu Konflikten u. a. zwischen Waldbesitzer: innen, Förtster: innen, Kommunen, Naturschutzeinrichtungen und Outdoorsportler: innen. Wir hoffen, mit diesem Buch erste Argumente für eine sachliche und zielgerichtete Diskussion zu liefern, um im Interesse aller geeignete Bewegungsräume für alle Naturnutzer zu entwickeln. Ein großer Dank gilt den Studierenden, die nicht nur hervorragende Abschlussarbeiten geschrieben haben, sondern auch bereit waren, ihre Arbeiten als Kapitelbei‐ träge für dieses Buch aufzubereiten und zur Verfügung zu stellen. Unter der Betreuung von Prof. Dr. Monika Bachinger engagierten sich an der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg die Studierenden Hanne Hermann, Julian Beigang, Cornelius Schreck und Anna Koch, Simone Johansson, Jana Krieger und Nikolas Einhaus. An der Universität Bayreuth begleitete der Sportökologe Prof. Dr. Manuel Steinbauer die Arbeiten von Lilli Schmitt, Patrick Schuster und Karoline Donnerstag. Ein großer Dank gilt hier auch den Mitarbeitenden Veronika Mitterwallner und Volker Audorff, die ebenfalls großen Anteil am Entstehen der Beiträge hatten. Im Rahmen des Studiengangs Outdoorsport und Adventuremanagement an der Hochschule für angewandtes Management entstand der Beitrag von Lukas Spießl, der gemeinsam mit Prof. Dr. Manuel <?page no="8"?> Sand verfasst wurde. Wir bedanken uns außerdem bei all denjenigen, die mit ihrer Expertise und Unterstützung die Forschungsarbeiten der Studierenden bereichert haben, sei es durch Experteninterviews oder die Möglichkeit, Feld‐ forschung zu betreiben. Abschließend bedanken wir uns beim UVK Verlag und Herrn Berger für die gute Zusammenarbeit und die Bereitschaft, dieses Projekt gemeinsam mit uns anzugehen. Die Herausgeber: innen Monika Bachinger, Manuel Steinbauer, Felix Wölfle und Manuel Sand 8 Inhalt <?page no="9"?> Mountainbiken - ein Breitensport in Natur und Landschaft Felix Wölfle Keywords | Natursport, Mountainbike, Marktsegmente, Nutzer: innen‐ zahlen, Ausübungsformen, Naturschutz, Einführung Natursportarten haben in den letzten Jahren stetig zugenommen (Lamprecht et. al. 2020). Dies bringt viele positive Entwicklungen mit sich. Zum einen fördert Sport in Natur und Landschaft die körperliche Gesundheit: er setzt die Ruhefrequenz des Herzens und den Blutdruck herab, senkt die Adipositas‐ rate, stärkt die Herzkreislauffunktion und unterstützt die Aufrechterhaltung des Vitamin D-Spiegels. Aber auch für die mentale Gesundheit bringt der Natursport viele positive Effekte mit sich, so werden ihm u. a. Verbesserungen der generellen mentalen Gesundheit und der psychischen Stabilität zugespro‐ chen (Eigenschenk et. al. 2019; Pomfret, Sand & May 2023). Neben diesen gesundheitlichen Auswirkungen kommt hinzu, dass Natursport Spaß macht und intensive Naturerlebnisse und -erfahrungen generiert. Durch die Wahl, sportlichen Aktivitäten in naturnahen Räumen nachzugehen, tritt das enge Verhältnis zwischen Mensch und Natur augenscheinlich zu Tage. Der Erhalt der Naturräume steht dabei im Fokus der Natursportler, da es in ihrem ureigenen Interesse liegt, die Natur in ihrer Vielfalt zu erhalten, zu schonen und zu schützen. Daher ist beim Natursport der bewusste Umgang mit natürlichen Lebens- und Landschaftsräumen essenziell (Roth, o.-J.). Es existieren viele Natursportarten, die Ausübungsformen werden immer ausdifferenzierter. Früher dominierten Laufen, Wandern, Radfahren und Ski Alpin ebenso wie Ski Nordisch. Heutzutage existiert eine Vielzahl an weiteren Aktivitäten wie Nordic Walking, Trail Running, Inline Skating, Geocaching, Ski‐ touren, Bouldern und Klettern, Wassersportarten (SUP, Kanu, Rafting, Wingen) und deutlich mehr Ausprägungen des Radfahrens (Sobek et. al 2019). <?page no="10"?> Laut dem Deutschen Wanderverband (2019) gehört das Mountainbiken im deutschsprachigen Raum inzwischen zu den beliebtesten Natursportarten. Im Jahr 2022 nutzen ca. 16,6 Mio. Deutsche ein Mountainbike in ihrer Freizeit. 12,4 Mio. geben an, dies ab und an zu tun, 4,2 Mio. fahren häufig Mountainbike (IfD Allensbach 2022). Somit gibt es in Deutschland inzwischen mehr aktive Moun‐ tainbiker: innen als Fußballer: innen. Die rasante Zunahme motorunterstützter Fahrräder hat mittlerweile auch den Mountainbike-Bereich erreicht und die Bedeutung des Sports nochmal angehoben. Inzwischen geben sogar 20 % der deutschsprachigen Mountainbiker: innen an, in Bike-Urlauben bevorzugt ein E-Mountainbike zu nutzen (Mountainbike Tourismusforum 2022). Zusammen‐ fassend lässt sich konstatieren, dass das Mountainbiken als Breitensport in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Wie bei anderen Sportarten, z. B. dem Surfsport, geht mit steigenden Aktiv‐ enzahlen eine Ausdifferenzierung der Sportart einher und es gibt nicht DEN einen Mountainbiker. Je nach präferierter Fahrweise lassen sich folgende Seg‐ mente des Mountainbikens voneinander unterscheiden, in etwa in Extremheit der Ausübung aufsteigend und damit verbunden den Anforderungen an die Fahrtechnik: Tour, Marathon, Cross Country, Allmountain, Enduro, Freeride und Downhill. Das Segment AMEN (Allmountain + Enduro) umfasst dabei mit 59,5-% die meisten Aktiven (→ Abbildung-1). 22,8% 7,4% 59,5% 10,3% Tour MaXC (Marathon/ Cross Country) AMEN (Allmountain/ Enduro) FroDHo (Freeride/ Downhill) Aufteilung Mountainbikesegmente Abbildung 1: Aufteilung Mountainbike-Segmente. Quelle: Mountainbike Tourismus‐ forum (2018). Die Segmente unterscheiden sich neben den Ansprüchen an das Fahrkönnen auch bezüglich der Hauptmotivlagen der Ausübenden. Während in den Seg‐ menten Marathon und Cross Country vornehmlich Ausdauerfreunde unterwegs sind, empfinden in den Segmenten Allmountain und Enduro die Ausübenden das Mountainbiken als Abenteuer und Spiel und in den Segmenten Freeride 10 Felix Wölfle <?page no="11"?> und Downhill steht das Abfahrtserlebnis und die Action im Vordergrund (absolutGPS 2021). Im Vergleich zu vielen anderen Sportarten wird für das Mountainbiken wenig Infrastruktur benötigt. Unter der in Anspruch genommenen Infrastruktur sind Singletrails (Wege oder Pfade, die so schmal sind, dass man darauf nicht nebeneinander fahren kann) die beliebteste Variante. Diese werden von 74 % der Mountainbiker: innen als attraktiv bewertet, danach folgen Flowtrails (ge‐ schmeidig bzw. flüssig zu fahrende Bikerouten, 55 %) und Bikeparks (angelegte Sportgelände, die mit oder ohne Liftunterstützung Abfahrten unterschiedlicher Schwierigkeiten inkl. Sprünge bereithalten, 30 %). Innerhalb der Segmente existieren dabei entsprechend der Verschiedenheit der Aktiven auch unter‐ schiedliche Vorlieben bezüglich der Infrastruktur. So empfinden beispielsweise im Segment Tour mit 54,5 % Singletrails als sehr attraktiv, im Segment AMEN hingegen 84,7-% (Mountainbike Tourismus Forum 2022). Das Mountainbiken wird vornehmlich vereinsungebunden ausgeübt. Bei einer Umfrage der Deutschen Initiative Mountainbike (DIMB) (2010) gaben nur 27 % der Befragten an, in einem Radsportverein oder in der DIMB Mitglied zu sein. Durch die Streuung der Befragung durch DIMB-Mitglieder dürfte die tatsächliche Vereinsgebundenheit unter den 27-% liegen. Auch vor der Ausübung des Mountainbike-Sports macht die Digitalisierung nicht halt. Für die Tourenplanung werden inzwischen am häufigsten Apps genutzt. 65 % der Mountainbiker nutzen diese zum Planen der nächsten Tour (Mountainbike Tourismusforum 2022). Alle Natursportarten haben einen Naturraumanspruch. Dazu kommen die Raumansprüche anderer Landnutzer wie z. B. Land- und Forstwirte, Jäger, Kommunen, „nicht-sportlicher“ Erholungssuchender und der Fauna und Flora. Die Befahrung der beschriebenen, für das Mountainbiken besonders attraktiven, schmalen Wege (Single- und mehrheitlich auch Flowtrails) in naturnaher Um‐ gebung kann zu Reaktionen von Wildtieren führen, die sich in Fluchtreaktionen oder einer räumlichen oder zeitlichen Meidung der vielbefahrenen Strecken bemerkbar machen (Scholten et al. 2018). Auch wenn dieses Flucht- und Meidungsverhalten für das Individuum stressinduzierte Effekte (z. B. erhöhter Energiebedarf) auslöst, sind die Auswirkungen auf eine gesamte Populations‐ entwicklung in den meisten Fällen nicht nachzuvollziehen (de Boer et. al 2004). Eine Verallgemeinerung langfristiger Folgen wird dadurch erschwert, dass die Auswirkungen auf die Tierwelt artspezifisch sind und oftmals auch abhängig vom Kontakterlebnis einzelner, tierischer Individuen ist. Beeinträchtigungen der Fauna durch das Befahren von (schmalen) Wegen ist in unterschiedlichen Mountainbiken - ein Breitensport in Natur und Landschaft 11 <?page no="12"?> Studien belegt. So konstatieren Martin et al. (2018), dass eine erhöhte Boden‐ verdichtung und Bodenerosionen resultieren können. Da der Naturraum auch für Erholungs- und Sportzwecke begrenzt ist, können Konflikte unter den verschiedenen Nutzergruppen auftreten. Gerade dort, wo ein und derselbe Naturraum Anziehungskraft ausübt, treten diese Konflikte auf. Beispielsweise sind die schmalen Wege mit natürlichem Belag neben den Mountainbiker: innen ebenso für Wanderer: innen attraktiv. So müssen beispiels‐ weise „Qualitätswege Wanderbares Deutschland“ ebensolche Wegabschnitte aufweisen, um als Qualitätsweg zertifiziert werden zu können (Deutscher Wanderverband Service GmbH 2019). Die geringe Wegbreite führt dann in attraktiven Regionen unweigerlich zu Begegnungsverkehr. Die beschriebenen Entwicklungen - erhöhte Zahl an Mountainbiker: innen, Begegnungsverkehr mit anderen Erholungssuchenden und Kontakterlebnisse mit Fauna und Flora und den jeweils entsprechenden Auswirkungen - lassen vielerorts Lenkungskonzepte notwendig erscheinen. Diese sollten die Ansprüche an attraktive Wege/ Streckenführungen genauso berücksichtigen wie bspw. Ruhezonen für Wildtiere, Aussparung von erosionsgefährdeten Berei‐ chen, Minimierung von Begegnungsverkehr mit anderen Erholungssuchenden auf schmalen Wegabschnitten und Ansprüche anderer Nutzergruppen wie Land- und Forstwirtschaft und Jagd. Auch wenn dies oftmals durch orts- und re‐ gionstypische Rahmenbedingungen Einzelfallbetrachtungen sein werden, sind diese Planungs- und Lenkungskonzepte unerlässlich für eine natur- und sozi‐ alverträgliche Ausübung der Sportart. Die Einbindung der Mountainbike-Com‐ munity in die Entwicklung dieser Konzepte und dann die anschließende aktive Nutzung der Natur kann dabei stark positive Effekte erzielen: Die Förderung des Naturbewusstseins und umweltschonendes Verhalten (Knowles 2019). Literatur absolutGPS (2021). Mountainbike-Tourismus: Wachstumsmarkt mit großem Potenzial. 11. Marktforschungstag der Tourismus Marketinggesellschaft Sachsen. Abgerufen am 01.06. unter https: / / sachsen.tourismusnetzwerk.info/ download/ MaFoTag_Sachsen_2 021-Mountainbike-Tourismus_2.pdf De Boer, H. Y., Van Breukelen, L., Hootsmans, M. J., & Van Wieren, S. E. (2004). Flight distance in roe deer Capreolus capreolus and fallow deer Dama dama as related to hunting and other factors. Wildlife Biology, 10, 35-41. Deutsche Initiative Mountainbike e.-V. (DIMB) (2010). Aufbereitete Ergebnisse der Großen Bikerumfrage 2010 der Deutschen Initiative Mountainbike e.-V. Abgerufen 12 Felix Wölfle <?page no="13"?> am 01.06.2023 unter https: / / www.dimb.de/ wp-content/ uploads/ 2019/ 02/ auswertung_ umfrage_2010.pdf Deutscher Wanderverband Service GmbH (2019). Schritt für Schritt zum Qualitätsweg. Abgerufen am 01.06.2023 unter https: / / www.wanderbares-deutschland.de/ _Resourc es/ Persistent/ 9f4a987abb82d482fb6bd296c744f67c563b3744/ Flyer_lange_Qualit%C3% A4tswege.pdf..pdf Eigenschenk, B., Thomann, A., McClure, M., Davies, L., Gregory, M., Dettweiler, D. & Inglés, E. (2019)ö Benefits of Outdoor Sports for Society. A Systematic Literature Review and Reflections on Evidence, International Journal of Environmental Research and Public Health, 16/ 937. Knowles, N.L.B. (2019). Targeting sustainable outcomes with adventure tourism: A political ecology approach, Annals of Tourism Research, 79, 102809. Lamprecht, M., Bürgi, R., & Stamm, H. (2020). Sport Schweiz 2020: Sportaktivität und Sportinteresse der Schweizer Bevölkerung. Bundesamt für Sport BASPO, 64. Https: / / www.baspo.admin.ch/ content/ baspo-internet/ de/ dokumentation/ publikation en/ sport-schweiz-2020/ _jcr_content/ contentPar/ downloadlist/ downloadItems/ 296_ 1591280041472.download/ Bro_Sport_Schweiz_2020_d_WEB.pdf. IFD Allensbach (2022). Allensbacher Marktanalyse Werbeträgeranalyse - Auszug Sport & Freizeit. Abgerufen am 01.06.2023 unter https: / / www.ifd-allensbach.de/ fileadmin/ AWA/ AWA2022/ Codebuchausschnitte/ AWA2022_Sport_Freizeit.pdf Martin, R.H., Butler, D.R. & Klier, J. (2018). The influence of tire size on bicycle impacts to soil and vegetation, Journal of Outdoor Recreation and Tourism, 24, 52-58. Mountainbike Tourismusforum Deutschland (2018). Mountainbike-Monitor 2018. Eigen‐ verlag. Leipzig. Mountainbike Tourismusforum Deutschland (2022). Mountainbike-Monitor 22: Infra‐ struktur. Eigenverlag. Leipzig. Roth., R. (o.-J.): Natursport im Detail. Abgerufen am 01.06.2023 unter https: / / www.natu rsport.info/ natursport-kompakt/ natursport-allgemein/ Scholten, J., Moe, S.R. & Hegland, S.J. (2018). Red deer (Cervus elaphus) avoid mountain biking trails, European Journal of Wildlife Research 64, 1-9. Sobek, T., Bielig, N. & Graaf, N. (2019). Bewusstsein und Verantwortung für einen sorgsamen Umgang mit dem Natur-, Freizeit- und Erholungsraum in Deutschland. In: Sand, M. (Hrsg.) Outdoor, Mensch, Natur. Adventuremanagement in Theorie und Praxis. UVK. München. Mountainbiken - ein Breitensport in Natur und Landschaft 13 <?page no="15"?> Auswirkungen des Mountainbike-Sports auf Boden, Vegetation und Tierwelt Stand des Wissens, mögliche Erfassungsmethoden sowie Rückschlüsse für das Trailmanagement Hanne Hermann & Monika Bachinger Keywords | Ökologie, Forschungsstand, Erfassungsmethoden, Trailma‐ nagement, Wissensbedarfe, Methodenkritik Wir leben in einem gefährlichen Zeitalter. Der Mensch beherrscht die Natur, bevor er gelernt hat, sich selbst zu beherrschen. Albert Schweitzer (1875-1965) 1 Einleitung Mit einem Anteil an Sportausübenden von 22,1 Prozent der Bevölkerung ist Mountainbiken eine der häufigsten Outdoorsportarten in Deutschland (IfD Allensbach 2020). Die hohe Zahl der Mountainbiker: innen bedeutet eine weitere Gruppe an Menschen, die den Wald als Erholungsort und Sportstätte nutzt. Dadurch kommt es immer wieder zu Konflikten mit anderen Waldnutzenden (Winkelmann & Wilken 1998; Schemel et al. 2000). In der öffentlichen Diskus‐ sion entsteht zudem häufig der Eindruck, die Mountainbikenden seien „Natur‐ zerstörende“, indem sie besonders negativen Einfluss auf Vegetation nähmen, die Bodenerosion förderten und die Tierwelt beeinträchtigten (Schemel et al. 2000). Die Untersuchungen zu dieser Thematik im deutschprachigen Raum sind jedoch begrenzt (Salesa & Cerda 2020). Die meisten Publikationen zu den Auswirkungen von Mountainbiken befassen sich mit Managementmaßnahmen <?page no="16"?> (Drabosenig 2011) und mit Konflikten unter Waldnutzenden - vor allem zwi‐ schen Mountainbikenden und Wandernden (Koep et al. 2019; Volz und Mann 2006; Türk et al. 2004). Zudem existieren einige Studien zu Störeffekten von Mountainbikenden auf Wildtiere (Kopp et al. 2021; Coppes 2018). Untersuchungen zu den Beeinträchtigungen von Boden und Vegetation stammen vor allem aus den USA, Kanada und Australien (Marion & Olive 2006; Pickering et al. 2010; Barros et al. 2013) bzw. fanden in Wäldern der gemäßigten Breiten, im alpinen Grasland und an mediterranen Standorten statt (Ballantyne und Pickering 2015; Bodoque et al. 2017; Salesa et al. 2019). Sie können nur be‐ dingt als Grundlage für die Analyse der Auswirkungen des Mountainbike-Sports in Deutschland herangezogen werden. Denn die Anfälligkeit von Pflanzen gegenüber Befahrung durch Mountainbikes hängt stark vom Klima, Aufbau der Pflanzen und der vorliegenden Landschaft ab, sodass sich Forschungsergebnisse von einzelnen Standorten nur eingeschränkt auf andere Standorte übertragen lassen (Quinn & Chernoff 2010). Umso wichtiger sind standortspezifische Untersuchungen zur Auswirkung des Mountainbike-Sports im deutschsprachigen Raum. In den folgenden Ab‐ schnitten werden Auswirkungen des Mountainbikens auf Boden, Vegetation und Tierwelt betrachtet. Für alle drei Wirkbereiche werden der Stand des Wissens, mögliche Ansätze zur methodischen Erfassung und Handlungsmög‐ lichkeiten im Trailmanagement vorgestellt. Dabei greift der Beitrag sowohl auf Ergebnisse einer Literaturrecherche, als auch auf eigene Erhebungen und Methoden im Bereich der Bodenerosion und Vegetationsschäden durch Moun‐ tainbikes zurück (Hermann 2021). 2 Boden - 2.1 Stand des Wissens Der Boden kann sowohl durch den Bau als auch nach der Etablierung eines Mountainbike-Trails beeinträchtigt werden. Bisherige Untersuchungen zu Aus‐ wirkungen von Mountainbikes befassen sich vor allem mit dem Ausmaß der entstandenen Erosion und Verdichtung durch Befahrung, dem durch Oberflä‐ chenabfluss beeinflussten Sedimentabtransport und der Verbreiterung von Trails infolge des Ausweichens der Fahrenden vor nassen Bereichen (Quinn & Chernoff 2010). In Ergänzung dazu können zusätzliche Parameter (Bodenart, Skelettgehalt bis 80 cm Tiefe und Mächtigkeit der obersten Bodenzone) heran‐ gezogen werden, um das Risiko von Erosion im Vorfeld eines Trailbaus zu bewerten (Hermann 2021). 16 Hanne Hermann & Monika Bachinger <?page no="17"?> Der Einfluss von Mountainbikes auf die Bodenerosion wird als kumulativ und kurvilinear beschrieben: Nach schneller Erosion zu Beginn der Inbetriebnahme nimmt die Veränderungsrate ab. Dieses Phänomen könnte auf steigende Bo‐ denverdichtung zurückzuführen sein (Chiu & Kriwoken 2003). Auf Mountain‐ bike-Trails ist mit einer erhöhten Verdichtung in den obersten zehn Zentimetern des Bodens zu rechnen (Wöhrstein 1998). Nach Wilson und Seney (1994) werden durch die Mountainbike-Befahrung 30 Prozent des Bodens an den 66 mal 66 cm großen Teststellen freigelegt und je Aufnahmequadrat 58 Gramm Sediment abgetragen (Wilson & Seney 1994). Quer zum Hang verlaufende Trails neigen zu weniger Erosionsbildung und Wasserabfluss als solche, die in Falllinie verlaufen (Havlick et al. 2016). Des Wei‐ teren weisen Wege an Hügelflanken eine geringere Erosionsgefährdung auf als jene, die im Tal verlaufen, was auf periodische Wasseransammlungen oder -flu‐ tungen zurückzuführen sein könnte. In Falllinie verlaufende Trail-Abschnitte haben unabhängig von ihrer Neigung immer eine hohe Erosionsgefährdung. Heterogene Bodenzusammensetzungen mit Steinen und Kies sind weniger anfällig gegenüber Erosion als homogene feinkörnige Böden (Marion & Olive 2006). Ein weiterer Faktor, der die Erosion und Verdichtung an Mountainbike-Trails beeinflusst, ist - oft schattenbedingte - Feuchtigkeit. Solange die vorhandene Bodenfeuchte die Kohäsion der Bodenaggregate fördert, ist die Erosionsgefähr‐ dung reduziert. Bei zu hoher Feuchte kommt es hingegen zu Verdichtung, wodurch die Kanalisierung des Wassers gefördert wird (Pickering et al. 2010). Ein Bereich, dessen Einfluss häufig unterschätzt wird, ist das Verhalten der Sportausübenden. Abkürzungen - meist in Spitzkehren am Hang - und Aus‐ weichverhalten bei nassem Boden können zu erheblichen Beeinträchtigungen in der Natur führen. Havlick et al. (2016) weisen daher auf Forschungsbedarf hinsichtlich unterschiedlicher Fahrtechiken hin. Besondere Belastungen erfährt Boden zudem bei wettbewerblichem Mountainbiken (Hardiman & Burgin 2013). Sobald ein neuer schmaler Pfad oder eine Weg-Verbreiterung 50-mal genutzt wurde, benötigt der Waldboden 19 Monate, um den ursprünglichen Zustand wieder zu erreichen - insofern das überhaupt noch möglich ist (Goeft & Alder 2001). Je höher das Gelände liegt, desto länger dauert die Regeneration. Die Fahrtechnik der Sportler: innen hat ebenfalls großen Einfluss auf den Mountainbike-Trail. Vor allem bei Streckenabschnitten, die stark auf- oder abwärtsführen, kann es durch abruptes Anfahren oder Bremsen, Rutschen und durchdrehende Räder zu Schäden kommen (Goeft & Alder 2001; Havlick et al. 2016). Es gibt bisher keine Untersuchungen, die Unterschiede der Einflüsse Auswirkungen 17 <?page no="18"?> von muskulär betriebenen Mountainbikes im Vergleich mit E-Mountainbikes feststellen konnten (IMBA 2016). - 2.2 Mögliche Erfassungsmethoden Um eine Risikoabschätzung hinsichtlich der Erosion entlang von Mountain‐ bike-Trails vorzunehmen, können mindestens fünf Parameter untersucht werden. Diese Parameter sind die Geländeneigung, die Oberflächenabflussak‐ kumulation, der Skelettgehalt, die Verdichtbarkeit der obersten Bodenzone und die Bodenart. Die Erfassung dieser Parameter kann mithilfe eines Geoverarbei‐ tungsprogramms, wie z.-B. „ArcMap“ und durch Geländeaufnahmen an vorher festgelegten Aufnahmepunkten durchgeführt werden. Die Aufnahmepunkte sollten in einer gleichmäßigen Entfernung entlang des geplanten Streckenver‐ laufs gewählt und markiert werden (Markierung beispielswiese mit einem Bambusstab) (Hermann 2021). Die Geländeneigung kann mit Hilfe des Geoverarbeitungsprogramms be‐ rechnet werden. Dafür kann beispielsweise mittels des GIS-Werkzeugs „Slope“ aus dem digitalen Geländemodell des Untersuchungsgebiets die Neigung ab‐ geleitet und durch „Reclassify“ in fünf Gruppen eingeteilt werden. Die Eintei‐ lung kann auf Grundlage von Neigungswerten erfolgen, bei denen sich die Auswirkungen der Wassererosion verändern (Fiedler 2001): Ab zwei Prozent Geländeneigung kann mit Erosion gerechnet werden, ab vier Prozent Neigung ist die Erosion erheblich, ab acht und zehn Prozent erfolgt hoher Abtrag. Alle höheren Werte bilden die letzte Gruppe. Durch das GIS-Werkzeug „Aspect“ kann die Neigungsausrichtung ermittelt werden. Mittels „Reclassify“ können die Werte in die vier Himmelsrichtungen eingeteilt werden (Hermann 2021). Daraus kann der Oberflächenabfluss hergeleitet werden, so dass Bereiche besonders hoher Akkumulation - die Wasserleitlinien - entlang des Trails er‐ kennbar werden. Dazu kann beispielsweise das GIS-Werkzeug „Flow Direction“ genutzt und aus dem digitalen Höhenmodell ein Layer berechnet werden, der angibt, in welche Himmelsrichtung das Wasser fließt, wenn es der Neigung folgt. Dabei kann der Fließmodellalgorithmus D8 verwendet werden, der den Abfluss in Richtung der Nachbarzelle mit der steilsten Neigung leitet. Im Anschluss kann durch „Flow Accumulation“ der Oberflächenabfluss dargestellt werden (Hermann 2021). Zur annäherungsweisen Bestimmung der Mächtigkeit der obersten Boden‐ zone können an jedem Aufnahmepunkt Messungen mit einem Penetrologger durchgeführt werden. Mithilfe des Penetrologgers kann der Eindringwiderstand in den Boden bis zu einer Tiefe von 80 cm erfasst werden. Im Ergebnis liegen Graphen vor, die den Eindringwiderstand an jedem Aufnahmepunkt je nach 18 Hanne Hermann & Monika Bachinger <?page no="19"?> Penetrationstiefe zeigen. Auf Basis dieser Messungen können Gruppen von Aufnahmepunkten mit unterschiedlichen Verläufen von Dichtestufen gebildet werden (siehe Beispielfall in Hermann 2021). Die Erfassung von Dichte ist deshalb interessant, weil eine geringe Dichte für ein hohes Porenaufkommen spricht, wodurch eine hohe Verdichtungsgefahr durch Befahrung besteht (Ga‐ ertig et al. 2011). Zudem ist ein tiefer Wechsel der Dichtestufe negativ zu bewerten, da durch Verdichtung die Wasserinfiltrationskapazität des Bodens reduziert wird (AID-Infodienst 2015). Der Skelettgehalt kann wiederum annäherungsweise aus der Kombination folgender zwei Messwerte hergeleitet werden: Erstens die Eindringtiefe von in der Länge genormter Stäbe, beispielsweise Bambusstäbe, in den Boden. Die Stäbe können dabei manuell mithilfe einer kleinen Holzplatte in den Boden gedrückt und der überstehende Teil abgemessen werden. Zweitens wird die Anzahl der Messversuche mit dem Penetrologger heranzogen. Gemessen wird je Aufnahmepunkt bis zu einer vorab festgelegten Anzahl an Versuchen (z. B. vier Versuche). Sobald eine Messung erfolgreich 80 cm tief durchgeführt werden konnte, wird die Messung gespeichert, die Anzahl der benötigten Messversuche notiert und der nächste Aufnahmepunkt aufgesucht. Sind alle Messungen nicht erfolgreich, d. h. reichen nicht bis in 80 cm Tiefe, wird die letzte Messung gespeichert. Die Messungen werden dabei jeweils in gleicher Reihenfolge vor dem Aufnahmepunkt, hinter und anschließend links, dann rechts des Aufnahmepunktes vollzogen. Während der Messung ist auf eine vertikale, gleichmäßig langsame Führung des Penetrologgers zu achten. Die Vorgehensweise beruht auf der Vermutung, dass eine geringe Eindringtiefe der Stäbe auf einen hohen Skelettgehalt hindeutet, genauso wie eine steigende Anzahl an Messversuchen mit dem Penetrologger. Im Umkehrschluss könnte ein tiefes Eindringen der Stäbe und direkter Messerfolg mit dem Penetrologger für einen geringen Skelettgehalt sprechen (Hermann 2021). Die Bodenart kann an jedem der Aufnahmepunkte mittels der Fingerprobe in Ergänzung mit einem Feinbodenartendiagramm bestimmt werden. Bei zu trockenem Boden wird die Probe durch eine Sprühflasche mit Wasser be‐ feuchtet. Die bestimmten Bodenarten werden in die Erodierbarkeits-Klassen der Allgemeinen Bodenabtragsgleichung eingeteilt, die in der Bodenkundlichen Kartieranleitung (Ad-hoc-Arbeitsgruppe Boden 2005) dargestellt sind (Hermann 2021). - 2.3 Rückschlüsse für das Trailmanagement Bodenverdichtung lässt sich bei sportlicher Nutzung von Wegen kaum ver‐ meiden. Ein gewisses Maß an Verdichtung ist zudem Voraussetzung für die Auswirkungen 19 <?page no="20"?> Vermeidung von Bodenerosion durch Druck- und Scherkräfte. Diese können die Bildung von Schlaglöchern sowie Brems- und Spurrillen und somit Erosion begünstigen. Da bei trockenem Boden dieser Effekt deutlich verstärkt auftritt, kann an trockenen und damit erosionsgefährdeten Standorten die künstliche Bewässerung des Trails empfohlen werden. Auch beim Bau des Mountainbike-Trails können Vorkehrungen gegen Bo‐ denabtrag getroffen werden. So wäre denkbar, in Bereichen, an denen die Tragschicht nicht auf natürlich gewachsenem Boden liegt, eine Verdichtung mittels Walzzügen, Vibrationsplatten, Schnellschlag- oder Fallplattenstampfern vorzunehmen. Der Hintergrund dafür ist, dass die gute Bindigkeit von Tonen und Schluffen die Verdichtungs- und Verformungseigenschaften des Bodens verbessert (Steinmayr 2019). Zudem könnten vor dem Trailbau bestehende Wasserleitlinien in der Planung berücksichtigt werden. Der Streckenverlauf könnte so angelegt werden, dass keine neuen Leitlinien auf dem Trail entstehen, die durch Rinnen oder Auswa‐ schungen zu erhöhtem Pflegeaufwand führen. Durchgängig gewährleisteter Wasserabfluss - beispielsweise durch Anlage von Entwässerungsrinnen - und die Ausformung von Anliegerkurven für besseren Fahrfluss ohne Bremsen stellen weitere Maßnahmen zur Minderung von Erosion dar (Marion et al. 2007). Wegen der Abhängigkeit von Bodenfeuchte und Niederschlag ist das Erosi‐ onsausmaß häufig saisonabhängig. In manchen Gebieten eignen sich deshalb saisonale Schließungen als Maßnahme gegen zu starke Erosion (Goeft & Alder 2001). Erosion kann zudem durch Vermeidung von Trailverläufen in Falllinie verringert werden. Trails sollten deshalb möglichst parallel zum Hang verlaufen und starkes Gefälle umgehen (Hermann 2021). 3 Vegetation - 3.1 Stand des Wissens Hinsichtlich der Beeinträchtigungen der Vegetation durch Mountainbikes wurden bisher vor allem Effekte wie der Rückgang der Vegetation, Verände‐ rungen der Biodiversität sowie die Verbreitung von invasiven Arten untersucht. Der Rückgang der Vegetation verläuft analog der Bodenfreilegung. Sie ist kurz nach Inbetriebnahme eines Trails am stärksten (Hammitt et al. 2015). Innerhalb der ersten zwei Wochen nach der Inbetriebnahme eines neuen Mountainbike- oder Wanderweges nimmt die Fläche des freigelegten Bodens um bis zu 54 Prozent im Vergleich zum Ausgangszustand zu. Dabei spielt die Hangneigung eine Rolle: der größte Verlust an Vegetation konnte, bedingt durch Bremsmanöver, an steilen Hanglagen und in Kurven beobachten werden. Dies 20 Hanne Hermann & Monika Bachinger <?page no="21"?> sowohl bei Abfahrten als auch Anstiegen (Havlick et al. 2016). Generell kann in der Hauptspur des Weges mit einem Rückgang der Flora um 80 bis 100 Prozent gerechnet werden. Nach maximal zwölf Monaten sind die Zuwachsraten der Veränderung schon deutlich geringer (Thurston & Reader 2001). Im Vergleich zum Wandern verursacht Mountainbiken insbesondere zu Beginn der Belastung höhere Vegetationsschäden. Dies kann einerseits mit der kontinulierlichen Belastung über die Reifen des Rades im Vergleich zu den diskontinuierlichen, teils selektiv gewählten Schritten eines Fußgängers begründet werden (Havlick et al. 2016). Hinzu kommen fahrtechnisch bedingte Einwirkungen wie Bremens, Rutschen oder Gleiten des Rades (Martin et al. 2018). Interessant ist jedoch, dass sich die Vegetation an den Wegrändern von Mountainbike-Trails besser erholt als an reinen Wanderwegen (Thurston & Reader 2001). Im Vergleich schwieriger und weniger erforscht ist die Veränderung der Biodiversität von Pflanzen entlang von Wegen. Pickering und Barros (2015) und Pickering et al. (2011) zeigen experimentell, dass Pflanzen mit größeren Blättern, einer höheren Wachstumsrate und einer geringeren Blattdichte eine größere Widerstandsfähigkeit aufweisen. Die Autor: innen zeigen anhand von zwei Pflanzenarten (Asperula gunnii und Poa fawcettiae), dass bereits relativ geringe Belastungen (75 Befahrungen mit Mountainbikes) ausreichen, um die Artenzu‐ sammensetzung zu verändern. Auf den Azoren stellen Queiroz et al. (2014) einen nur geringen und teilweise sogar positiven Einfluss von Wanderwegen auf die Pflanzenzusammensetzung fest. So weisen Untersuchungsflächen nahe von Wanderwegen die höchste Biodiversität auf. Insgesamt halten sie fest, dass „factors like the type of land use in areas surrounding the trails may have a deeper effect on plant biodiversity than trail use by visitors“ (Queiroz et al. 2014, S.-1347). Nicht zuletzt besteht die Vermutung, dass Mountainbikes ein Faktor bei der Verbreitung invasiver Arten sind. So zeigen Bouchard et al. (2015), dass sowohl Wandernde, als auch Fahrradfahrende zur Verbreitung von Pflanzen‐ samen beitragen können. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen unterschiedliche Tendenzen. Auf komplette Wegesysteme bezogen, sind die Effekte jedoch gering. So zeigen Sestak und Hoffman (2021) in einer Studie zum Wandern in Virginia (USA), dass Wanderwege nicht wesentlich zur Verbreitung invasiver Arten beitragen. Einflüsse gibt es hauptsächlich am Beginn von Wegen oder in der Nähe von Parkplätzen (Sestak & Hoffman 2021). Zu ähnlichen Schlüssen gelangen Pickering et al. (2016) und Weiss et al. (2016). Beide Studien zeigen, dass Mountainbikes in der Lage sind, Pflanzensamen zu transportieren. Im Vergleich zum Wandernden transportieren Mountainbikes geringfügig weniger Auswirkungen 21 <?page no="22"?> und andere Arten an Samen (Pickering et al. 2016). Die meisten Samen verlieren Mountainbikes relativ schnell, d. h. in einer Distanz von 5-20 Metern. Abhängig von Wetterverhältnissen und Samenart können jedoch auch Transportwege von bis zu 500 Metern auftreten. Weiss et al. (2016) bezeichnen Mountainbikes daher als „effective seeds dispersers at landscape scales“ (S.-326). - 3.2 Mögliche Erfassungsmethoden Im Allgemeinen werden Vegetationsschäden durch Freizeitnutzung in expe‐ rimentellen Verfahren untersucht. Dazu werden Transekte in einer Fläche festgelegt und in unterschiedlich stark zu befahrende/ belastende Einheiten unterteilt (Pickering et al. 2011; Pickering & Barros 2015). Ähnlich gehen Martin et al. (2018) vor. In ihrer Studie wurden vier Linien angelegt, die jeweils 3 Meter lang und 50 Zentimeter breit waren. Die Linien wurden mit 25, 75, 200 und 400 Durchgängen unterschiedlich stark belastet. Die meisten der Studien orientieren sich damit am methodischen Vorgehen von Cole und Bayfield (1993). Auf Basis der festgelegten Linien oder Korridore können Vegetationsauf‐ nahmen dann mithilfe einer Variante des Line-Intercept-Verfahrens durchge‐ führt werden (Herrick et al. 2009), → Abbildung 2. Dafür werden jeweils links und rechts eines Aufnahmepunktes Zollstöcke orthogonal zum Trail auf den Boden gelegt. Alle Pflanzen, die die Zollstöcke beschatten, werden mit ihrem Start- und Endwert entlang der Zollstöcke notiert. Aufgenommen werden die Bedeckungstypen Moose, Gräser, krautige Pflanzen und Naturverjüngung bis 150 cm Höhe sowie Sträucher. Ebenfalls notiert werden Stellen ohne Streu und Bereiche, an denen die Zollstöcke Totholz, Baumstämme oder Baumstümpfe streifen. Abbildung 2: Aufbau des Line-Intercept-Verfahrens. Quelle: eigene Darstellung. 22 Hanne Hermann & Monika Bachinger <?page no="23"?> Im zweiten Schritt kann eine genaue Artbestimmungen erfolgen. Empfohlen werden kann dies insbesondere für die krautigen Pflanzen, die Naturverjün‐ gung und die Sträucher. Moose und Gräser können gröber erfasst werden und beispielsweise nach deren Unterkategorien als Laub- und Lebermoose sowie Sauer-, Süß- und Binsengräser erfasst werden. Davon kann jedoch auch abgewichen werden. Auf Basis der Daten kann an jedem Aufnahmepunkt der Überdeckungsgrad ermittelt und die Bestimmung des Hauptbedeckungstyps vorgenommen werden. Dabei werden auch Aufnahmepunkte erfasst, die keine Vegetation aufweisen. Wichtig anzumerken ist, dass eine einmalige Aufnahme von Vegetationsdaten nicht ausreicht. Um Aussagen über die Auswirkungen der Befahrung durch Mountainbikes auf Vegetation machen zu können, wird empfohlen, vor dem Trailbau entlang der projektierten Strecke und danach in regelmäßigen Abständen Folgeuntersuchungen durchzuführen (Hermann 2021). Ein weiteres Verfahren zur Vegetationsaufnahme wurde von Gams (2015) eingesetzt. Ein Jahr lang erfolgten jeden Monat Aufnahmen in abgesteckten Rechtecken entlang eines Trails in Slowenien. Die Rechtecke setzten sich aus sechs 1 Quadratmeter großen Quadraten in zwei Dreierreihen zusammen, in deren Mitte der Trail verlief. Messungen an der Vegetation erfolgten jeden Meter an jedem vom Weg abgewandten Eckpunkt eines Quadrates sowie am Wegrand. Gemessen wurden die Tiefe, Breite und Höhe der auftretenden Pflanzen. Für eine spätere Fotoanalyse erfolgten fotographische Aufnahmen. Zur Erfassung der Nutzungsintensität wurden zusätzlich Infrarot-Schranken zur Besucherzählung am Trail installiert (Gams 2015). - 3.3 Rückschlüsse für das Trailmanagement Auf einem genutzten Trail lässt sich der Verlust von Vegetation, bis hin zum gänzlichen Verschwinden von Vegetation, kaum vermeiden. Um das Ausmaß des Vegetationsrückgangs jedoch in Grenzen zu halten, kommt es - ähnlich wie im vorangegangenen Abschnitt zur Bodenverdichtung - darauf an, wie der Trail befahren wird. Die gravierendsten Schädigungen entstehen durch frühe Befahrungen. D.h. Mountainbike-Fahrende sollten darauf achten, die Wege möglichst schmal zu halten. Vor allem sollten sie das bestehende Wegenetz nutzen und nicht ungeplant zusätzliche Trailvarianten anlegen. Auswirkungen 23 <?page no="24"?> 4 Tiere - 4.1 Stand des Wissens Stress oder Störung durch den Menschen kann dazu führen, dass Tiere ihr Verhalten verändern, ihren Standort durch Flucht wechseln und gegebenenfalls langfristig meiden (Kopp et al. 2021; George et al. 2006). Außerdem kann es vorkommen, dass Lebensräume durch menschliche Aktivitäten verändert oder zerstört werden. Nicht auszuschließen bei der Begegnung zwischen Mensch und Tier sind Kollision und gegebenenfalls der Tod von Tieren (Liddle 1997). Ingold (2006) stellt dar, inwieweit Wildtiere auf bestimmte Arten von Freizeit‐ aktivitäten reagieren. So flüchten Tiere weiter, wenn sie Menschen außerhalb von bestehenden Wegen wahrnehmen (Wyttenbach et al. 2016; Taylor & Knight 2003), jemand sie direkt ansteuert, ein (auch angeleinter) Hund mitgeführt wird oder wenn sie laute Stimmen hören (Reilly et al. 2017). Die Empfindlichkeit der Wildtiere gegenüber Störung ist zudem abhängig von ihrem Geschlecht (männliche oder junge Tiere reagieren schwächer als Muttertiere), ihrer Akti‐ vität (ruhende Tiere reagieren schwächer als Aktive), ihrer Anpassungsfähigkeit (hier gibt es große artspezifische Unterschiede) und ihrer Entfernung zu einem Rückzugsort (je näher der Rückzugsort, desto schwächer die Reaktion) (Ingold 2006). Zudem wurden die Fluchtdistanzen von Wildtieren in Abhängigkeit von spezifischen Sportarten untersucht (Coppes 2018). So betrachten Gander und Ingold (1997) Auswirkungen von Wandernden, Joggenden und Mountainbik‐ enden auf Gämsen. Die Fluchtdistanzen dieser Tiere lagen zwischen 103 und 180 Metern. Unterschiede zwischen der Wirkung der drei Sportarten konnten kaum festgestellt werden. Ähnliches berichten Taylor und Knight (2003) im Vergleich von Wandern und Mountainbiken. Eine Ausnahme ergibt sich, wenn die Tageszeit mitberücksichtigt wird. In den späten Morgenstunden flohen die Gämsen bei Mountainbikenden und Joggenden über längere Distanzen als bei Wandernden (Gander & Ingold 1997). Eine Rolle spielt zudem, aus welcher Position Tiere die Menschen wahrnehmen. Nähern Freizeitausübende sich von oben, aus höhergelegenen Positionen, ist das Fluchtverhalten stärker (Taylor & Knight 2003). Diese Aussagen stehen jedoch der Arbeit von Papouchis et al. (2001) gegenüber: Sie kommen zu der Erkenntnis, dass Wildtiere Moun‐ tainbikende zwar früher wahrnehmen, aber deutlich kürzere Fluchtstrecken als bei der Begegnung mit Wandernden zurücklegen (Papouchis et al. 2001). Gewöhnung kann bei Wildtieren am ehesten in Bezug auf feste Installationen (z. B. Aussichtsplattformen) oder regelmäßige Aktivitäten an bestimmten Orten eintreten. Da Freizeitaktivitäten sich jedoch immer weiter ausdifferenzieren, die 24 Hanne Hermann & Monika Bachinger <?page no="25"?> Besucherzahlen in vielen Regionen steigen und Besucherinnen und Besucher verstärkt auch an Tagesrandzeiten (Dämmerung) unterwegs sind, sind Gewöh‐ nungseffekte seltener zu erwarten. So konnten Larson et al. (2020) Rotluchse unmittelbar nach der Wiedereröffnung eines Wander- und Radweges weniger häufig beobachten als davor. Dies war der Fall, obwohl der gleiche Weg vor der Schließung jahrelang genutzt worden war (Larson et al. 2020). Generelle Aussagen über die Störung von Wildtieren durch Freizeitnutzende können jedoch nicht gemacht werden: so verringerten sich zwar die Zählungen von Pumas in einem Erholungsgebiet in British Columbia (Canada), als es nach einem Corona-Lockdown wiedereröffnet wurde, die beobachtete Anzahl einer Hirschart stieg jedoch an. Störungen sind damit abhängig von der spezifischen Tierart und dem Nutzungsverhalten der Besucherinnen und Besucher (Procko et al. 2022). Im Extremfall kann der Gegeneffekt zur Gewöhnung eintreten: Werden Tiere in einem Gebiet von Freizeitnutzenden häufig direkt angesteuert, kann ihre Scheu steigen - sie werden sensitiviert (Ingold 2006; Naylor et al. 2009). Neben direkten Auswirkungen auf Wildtiere gibt es einige Untersuchungen zu langfristigen Folgen von menschlicher Aktivität. So kann starke Freizeit‐ nutzung von Natur zum Verlust von Lebensräumen führen. Das diskutieren beispielsweise Lowrey und Longshore 2017 in Bezug auf das Dickhornschaf in Nevada. Davis et al. (2010) zeigen am Beispiel des Goldwangen-Waldsängers, dass die Vogelart das Verhalten bzw. das Brutverhalten bei Anwesenheit von Mountainbikenden nicht wesentlich ändert. Dennoch verändert sich der Brut‐ erfolg. Die Autoren führen dies auf die stärkere Fragmentierung und damit abnehmende Qualität des Lebensraums durch MTB-Trails zurück. Ähnliches vermutet Lowney (2011) in Bezug auf das Vorkommen von Rothörnchen in Großbritannien. Sie kommen zum Schluss, dass Mountainbiken die Art im Vorkommen nicht beeinträchtigt, sondern vielmehr andere Veränderungen im Lebensraum des Tieres dazu beitragen, insbesondere der Rückgang von Lärchenbeständen. Die ganzjährige Beunruhigung gefährdet vor allem im Winter die Überle‐ bensfähigkeit von Tieren, da sie durch die Störung einen höheren Energiever‐ brauch haben und bei Frost wenig Nahrung finden (Coppes et al. 2019). Durch derartige Schwächung der Tiere und aufgrund gestörter Aufwuchsbedingungen für die Jungen kann der Fortpflanzungserfolg negativ beeinträchtigt werden (Ingold 2006). Diese Erkenntnis wird von mehreren Studien untermauert, die sich auf Verhaltensänderungen beim Elch beziehen (Naylor et al. 2009). So zeigen Ciuti et al. (2012), dass bei Elchen, die sich nahe von Straßen aufhalten, bereits ein Fahrzeug in zwei Stunden zu erhöhter Wachsamkeit und verringerter Nahrungsaufnahme führt. Elche meiden Freizeitsportler und -sportlerinnen Auswirkungen 25 <?page no="26"?> räumlich intensiv, d. h. zeigen Fluchtreaktionen bereits bei 500 bis 1000 Metern (Wisdom et al. 2018). Zudem wurde in unterschiedlichen Studien gezeigt, dass Wildtiere ihre Aktivitätsmuster an die Freizeitnutzung anpassen (Procko et al. 2022). So meiden beispielsweise Rotluchse Freizeitaktivitäten nicht nur räumlich, sondern werden auch stärker in der Nacht aktiv, also verschieben ihre Aktivitätszeiten (George & Crooks 2006). Ähnliches gilt für Kojoten in der San Fransisco Bay Area (Reilly et al. 2017). - 4.2 Mögliche Erfassungsmethoden Eine Meta-Analyse von Marion et al. (2020) zeigt, dass die am häufigsten einge‐ setzte Methode für die Untersuchung von Störwirkungen der Freizeitaktivitäten auf Wildtiere die direkte Beobachtung ist. Dabei zeichnet ein Beobachter im Feld an festgelegten Punkten die Position, das Verhalten und weitere relevante, tierbezogene Information auf. Auf diese Weise können beispielsweise Informa‐ tionen zu Fluchtdistanzen oder Sicherungsverhalten gewonnen werden. Die zweithäufigste Methode ist die Telemetrie, mithilfe derer die Bewegung von Wildtieren getrackt werden kann. Die zu beobachtenden Tiere erhalten dazu einen Transmitter (z. B. Funkhalsband). Diese Herangehensweise ermöglicht es beispielsweise, die Verteilung von Wildtieren auf einer Fläche auch unab‐ hängig von freizeitbedingter Störwirkung zu erfassen. Eine weitere Methode zur Erfassung von Wildtieren ist der Einsatz von Kamerafallen. Der Vorteil hierbei ist, dass unterschiedliche Arten und deren Verhalten untereinander oder die Reaktionen auf Menschen gleichzeitig beobachtet werden können. Diese Beobachtungen können über einen langen Zeitraum hinweg minimalinvasiv und ohne großen Aufwand auf großen Flächen erfolgen und viele Daten generieren. Aus diesem Grund wird angenommen, dass Kamerafallen eine zunehmende Bedeutung bekommen für die Untersuchung von räumlichen und zeitlichen Aktivitätmustern und deren Veränderungen durch Freizeitausübende. Somit werden nicht nur direkte Effekte, sondern auch indirekte Langzeitverän‐ derungen von Tierpopulationen und dem Ökosystem sichtbar. In geringerem Umfang werden für die Untersuchung von Wildtieren außerdem physiologische Daten zur Untersuchung auf Stresshormone (z. B. durch Dungproben) herange‐ zogen, Tiere gefangen oder Simulationen angewandt (Marion et al. 2020). In Bezug auf Mountainbiken führten Gander und Ingold (1997) Untersu‐ chungen zur Reaktion von männlichen Gämsen durch, indem sie 32-mal elf verschiedene Personen nahe eines frequentierten Aufenthaltsbereichs der Tiere passieren ließen. Gemessen wurde - wie bei der Erforschung von Wildtierreak‐ tionen auf Naturnutzung üblich - jeweils das Verhalten der ersten reagierenden 26 Hanne Hermann & Monika Bachinger <?page no="27"?> Gams unterteilt in vier Variablen: Die Alarmdistanz (Distanz zwischen Gams und Person), die Fluchtdistanz (Distanz bei startender Flucht), die Fluchtstrecke und die Position des Tieres nach der Flucht (Gander und Ingold 1997). Neben der sichtbaren Erstreaktion kann meist eine gesteigerte Herzschlagrate festgestellt werden (Ingold 2006). - 4.3 Rückschlüsse für das Trailmanagement Um die Störung der Wildtiere möglichst gering zu halten, sollten die Sportler: innen nicht bei Nacht und Dämmerung sowie nur auf bestehenden Wegen fahren. Ingold (2006) schlägt deshalb allgemeine und sportartenspezi‐ fische Verhaltensregeln als Schutzmaßnahmen für Wildtiere vor. Damit ein rücksichtsvolles Verhalten von den Naturnutzenden akzeptiert und umgesetzt wird, sollte ein gut gekennzeichnetes Wegenetz existieren, dessen Anbieter Wissen über Vorkommen und Lebensweise der Tiere benötigen und dieses leicht verständlich zur Verfügung stellen. Um das Tierwohl zu wahren, sollte zudem die Bereitschaft bestehen, Streckenabschnitte zu verlegen oder aufzuheben und Schutzzonen zu schaffen (Ingold 2006). Auch temporäre Sperrungen von Trailabschnitten könnten dazu beitragen, die Störwirkungen auf Tiere zu reduzieren. Denn, wie gezeigt, reagieren Tiere unmittelbar auf Veränderungen der freizeitbedingten Nutzungsintensität (Larson et al. 2020). 5 Forschungsbedarf und Methodendiskussion - 5.1 Forschungsbedarf Wie durch die Recherche deutlich wurde, fehlt es im deutschsprachigen Raum an aktueller Literatur über die Auswirkungen von Mountainbikes auf die Natur. Dies gilt insbesondere für die Effekte des Mountainbikens auf den Boden und die Vegetation, zu etwas geringerem Ausmaß für Effekte auf Wildtiere (Coppes 2018). Die meisten der hier berichteten Untersuchungen stammen aus den USA, Kanada und Australien (Salesa & Cerda 2020). Einzelne Studien beziehen sich auf europäische Untersuchungsräume, insbesondere auf der iberischen Halbinsel (Salesa et al. 2019; Bodoque et al. 2017). Studien zum alpinen Raum oder zu deutschen Mittelgebirgen sind spärlich (Ingold 2006) und beziehen sich häufig auf andere Aktivitäten als das Mountainbiken (Thiel et al. 2008) oder betrachten spezifische Fragestellungen wie z. B. die Ablagerung von Schwermetallen und Reifenabrieb auf Trails (Przemyslaw et al. 2018). Hier ergibt sich grundsätzlicher Forschungsbedarf. In Bezug auf das praktische Trailmanagement liegen verschiedene Hand‐ lungsleitfäden und Managementempfehlungen vor (Drabosenig 2011; Roth et Auswirkungen 27 <?page no="28"?> al. 2019; Leung 2019). Die in den vorauslaufenden Abschnitten dargestellten Maßnahmen reihen sich in diese Arbeiten ein. Sie zeigen insbesondere, dass das Trailmanagement auf die örtlichen Gegebenheiten, Artenvorkommen und Nutzungsmuster der Mountainbikenden abzustimmen ist. Voraussetzungen dafür sind die Erfassung potenzieller Störwirkungen vor dem Trail-Bau und das Monitoring auftretender Störwirkungen während des Betriebs. Wirksames Trailmanagement setzt dabei nicht nur auf bauliche Maßnahmen, sondern insbesondere auf die Mitwirkung der Nutzenden (Leung 2019). Angewandter Forschungsbedarf ergibt sich insofern hinsichtlich ortspezifischer und nutzer‐ spezifischer Managementanforderungen. - 5.2 Methodendiskussion Methodisch stehen sowohl für die Erfassung von freizeitbedingten Effekten auf den Boden als auch die Vegetation und die Tierwelt zahlreiche Ansätze zur Verfügung. Bei dem hier vorgeschlagenen Vorgehen zur Prognose von Vegetations‐ schäden ist zu berücksichtigen, dass die Aufnahmen auf einer Breite von vier Metern gemacht werden. Der Trail selbst wird später jedoch nur einen Be‐ reich von maximal einem Meter beeinflussen. Manche Aufnahmelinien werden zudem bereits bei der Erfassung von nur einer Pflanze oder wenigen Exemplaren überdeckt, sodass der Hauptbedeckungstyp in einigen Fällen nur von einem Individuum ausgemacht wird. Dies ist bei der Ergebnisinterpretation zu berück‐ sichtigen. Zudem können genaue Prognosen zur Vegetationszusammensetzung derzeit aufgrund fehlender Literatur kaum getroffen werden. Generell wäre es hilfreich, über mehr Information zu typischen Vegetationsveränderungen entlang von Mountainbike-Trails zu verfügen. Hier wären Längsschnittstudien sinnvoll, die die Artenzusammensetzung und die Bewuchsdichte entlang eines Trails über mehrere Jahre dokumentieren (Hermann 2021). Die vorgeschlagenen Methoden zur Abschätzung des Erosionsrisikos konnten in einem Beispielfall (Stadtwald Rottenburg am Neckar) zufriedenstel‐ lend eingesetzt werden (Hermann 2021). Durch die Bewertung der einzelnen Parameter konnten empfindliche Bereiche entlang des Trails bestimmt werden. Kritik an den eingesetzten Methoden kann aber auch geäußert werden. So war die Bewertung des Skelettanteils im Boden mittels der erfolgten Aufnahmen nur unzureichend möglich. Die Messungen der Eindringtiefe der Messstäbe und die Berücksichtigung der Häufigkeit der Penetrologger-Messversuche erbrachten keine genauen Aussagen über die Ursachen des Widerstandes im Boden. Außerdem konnte während der Aufnahmen selten richtig eingeschätzt werden, ob das Eindringen der Stäbe und des Penetrologgers durch Steine, Wurzeln, 28 Hanne Hermann & Monika Bachinger <?page no="29"?> verdichteten Boden oder mangelnde Kraft behindert wurde. Somit kann durch Vergleich der beiden Messwerte nur ein leichter Zusammenhang erkannt werden: Dort, wo viele Messversuche mit dem Penetrologger nötig waren, liegt häufig auch eine geringe Eindringtiefe der Meßstäbe vor. Bei dem Überei‐ nanderlegen der jeweiligen Extremwerte kann jedoch nur wenigen Aufnahme‐ punkten eine sehr hohe oder sehr niedrige Erosionsgefährdung zugesprochen werden. Bei den Penetrologger-Messungen zur Feststellung der Mächtigkeit der obersten Bodenschicht könnte eine höhere Genauigkeit des jeweiligen Eindringwiderstandes erzielt werden, wenn an jedem Aufnahmepunkt mehrere Messungen gespeichert werden. Dadurch wäre anschließend die Korrektur von Verzerrungen möglich. Das erzeugt jedoch erhöhten Arbeitsaufwand. Zur Prüfung der durchgeführten Klassifizierung der Penetrologger-Graphen könnte zudem eine statistische Auswertung in Kombination mit der Anlage von Kleinprofilen im Gelände erfolgen. Durch Letzteres können genauere Aussagen über den Einfluss der Verdichtung auf die Erosionsgefährdung getroffen werden (Hermann 2021). Dennoch können die vorgeschlagenen Parameter zur Erfassung von Ero‐ sionsrisiko und Vegetation als Grundlage für Vergleichsaufnahmen nach Inbetriebnahme des Trails eingesetzt werden. So können die Penetro‐ logger-Messungen wiederholt werden, um eine mögliche Veränderung der Eindringwiderstände - also eine erhöhte Dichte - vor allem in den obersten zehn Zentimetern des Bodens nachzuweisen. Erneute Vegetationsaufnahmen könnten den recherchierten Rückgang der Überdeckung bestätigen, könnten aber zusätzlich genauere Rückschlüsse über das Verhalten einzelner Pflanzen‐ arten bei Befahrung erlauben. Zusätzlich könnte das Erosionsgeschehen beob‐ achtet werden, besonders nachdem die Oberfläche durch den Bau des Trails verändert wurde (Hermann 2021). Die hier genannten Methoden zur Beobachtung der Beeinträchtigung von Wildtieren durch Mountainbiken wurden nicht selbst angewandt, sondern der Literatur entnommen. Der Vollständigkeithalber werden diese im Folgenden diskutiert. Bei der direkten Beobachtung von Wildtieren bedarf es zwar kaum teuren Equipments, jedoch entstehen durch den hohen Zeitaufwand enorme Kosten, welche wiederum häufig den Stichprobenumfang beschränken. Außerdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass die beobachtende Person selbst eine Störung für die Tiere darstellt. Dieses Problem liegt bei Telemetrie nicht vor. Allerdings kann bei dieser Methode ohne einen geplanten Untersuchungsaufbau (z. B. Vergleich des Aktivitätenmusters von Tieren entlang von Wanderwegen an viel besuchten Wochenenden und wenig besuchten Wochentagen) nur das Be‐ Auswirkungen 29 <?page no="30"?> wegungsverhalten der Tiere, aber nicht dessen Ursache beobachtet werden. Bei Anwendung der Kamerafallen-Methode ist der Arbeitsaufwand der Auswertung aller gesammelten Daten nicht zu unterschätzen. Vor allem die Klassifikation der Fotos beansprucht viel Zeit und kann erst langsam durch technische Fortschritte von Rechnern übernommen werden. Physiologische Daten, vor allem wenn sie aus Blutproben stammen, schwächen auf Dauer das Imunsystem der Tiere. Direkte Methoden wie das Fangen von Tieren sind stark invasiv (Marion et al. 2020). 6 Ausblick Das einleitende Zitat von Albert Schweizer (1963) kann hervorragend auf den Mountainbike-Sport übertragen werden. Denn das größte Problem bei der Nutzung von Natur zu sportlichen Zwecken ist und bleibt die ausübende Person. Dies bezieht sich einerseits auf die sorgfältig durchzuführende Planung des Trails unter Berücksichtigung des Trailverlaufs parallel zum Hang, einer gemä‐ ßigten Geländeneigung, der Bodenzusammensetzung und dem oberirdischen Wasserabfluss. Gleichzeitig ist jedoch auch an den Respekt und die Disziplin der Sportler und Sportlerinnen gegenüber der Natur zu appellieren: Erwünschtes Verhalten wäre ein gekonnter Umgang mit dem Mountainbike mit Schwerpunkt auf richtigem Bremsverhalten sowie das Fahren auf vorhandenen Wegen bei Tag und trockener Witterung. Damit ein Trail flüssig befahren werden kann, muss er allerdings auch dementsprechend ausgeformt sein: Anliegerkurven fördern bremsfreies Fahren. Als planerische Hilfe können die Indikatoren für integriertes nachhaltiges Wildtiermanagement im Bereich Freizeit- und Erholung von Reimoser et al. (2008) herangezogen werden. Acknowledgement | Diese Arbeit fußt auf der Abschlussarbeit von Hanne Hermann im B.Sc. Studiengang Forstwirtschaft an der Hochschule Rottenburg. Sie wurde betreut von Prof. Dr. Jürgen Schäffer und Hannah Wagner, Stadt Rottenburg. - Literatur Ad-hoc-Arbeitsgruppe Boden (2005). Bodenkundliche Kartieranleitung. Mit 103 Tabellen und 31 Listen. 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Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Be‐ deutung der Haftungsfrage im sozialen Konflikt zwischen Mountainbiker: innen und Grundeigentümer: innen für Bayern zu untersuchen. Zu diesem Zweck werden Interviews mit zehn Experten hinsichtlich der Konfliktursachen, der Beurteilung der rechtlichen Rahmenbedingungen und möglicher Lösungsansätze geführt. Die Experten gehören den Interessen‐ gruppen Mountainbiking, Grundeigentümer, Konfliktmediation, Gemeinden und Versicherungsanbieter an. Die erhobenen Daten werden mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass der Eingriff in den Grund als privates Eigentum und Arbeitsstätte, die rechtlichen Rahmenbedingungen, die rapide Entwicklung der Sportart Mountainbiking und das Verhalten der Mountainbiker: innen den Konflikt bestimmen. Die Haftungsfrage ist demnach nicht der Haupttreiber des Konflikts. Weitere rechtliche Bedenken betreffen die Beurteilung der Wegeeig‐ nung sowie den illegalen Streckenbau. Wenngleich die Wahrscheinlichkeit eines <?page no="38"?> Gerichtsverfahrens beziehungsweise einer gerichtlich festgestellten Haftbarkeit in den letzten 25 Jahren äußerst gering ist, sollten die Haftungsfragen in der Kon‐ fliktlösung berücksichtigt werden. Aufklärung und Kommunikation kommen dabei die größte Bedeutung zu. Darauf aufbauend sind die Lenkung mittels eines Ausbaus attraktiver Infrastruktur, der Haftungsübergang auf Vereine und Gemeinden, des finanziellen Ausgleichs oder eine landesweite Absicherung effektive Ansätze. Angesichts der sich zuspitzenden Situation vielerorts, sollte zeitnah eine gemeinsame und ganzheitliche Strategie zur Vermeidung und Lösung von Konflikten entwickelt werden. Spannungsfeld Mountainbiken Der Ausübung der Sportart Mountainbiking liegt die Wegefreiheit zugrunde, also das Recht, fremde Grundstücke zu Erholungszwecken zu betreten oder mit dem Rad zu befahren (Hinteregger & Reissner 2005, S. III; Reissner 2005, S. 63). Mountainbikende bewegen sich auch in Waldgebieten und auf Wiesen, die privaten Eigentümer: innen gehören. Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Eigentümer für Schadensfälle der Mountainbiker: innen haftungsrechtlich belangt werden. Vor dem Hintergrund der steigenden Ausübungszahlen (IfD Al‐ lensbach 2022) erfährt diese Problematik, auch medial, zunehmende Bedeutung. Die Häufigkeit von Rechtsstreitigkeiten mit Grundeigentümer: innen in Folge von Mountainbike-Unfällen wird einerseits als gering eingeschätzt (Steppan 2020), andererseits steht der haftungsbegründete Konflikt mit Grundeigen‐ tümer: innen in einer Erhebung von 195 Zeitungsartikeln für drei bayerische Erholungsgebiete an der Spitze der sozialen Raumnutzungskonflikte (Stevens 2021). Dadurch kann es zur Ablehnung der für das Mountainbiken nötigen Infrastruktur seitens der Eigentümer: innen und zu von diesen veranlassten behördlichen Sperrungen kommen (Steppan 2019; StMUV 2020). Die Zunahme der Spannungen zwischen Mountainbikenden und Grund‐ eigentümer: innen demonstriert den Handlungsbedarf in der Haftungsproble‐ matik, um den „zukunftsträchtigen Sport“ Mountainbiken eigentümerverträglich zu gestalten (DAV-Präsident Klenner in Head & Laar 2013, S. 6; Servicestelle StMUV, persönliche Kommunikation, 2. Dezember 2021). Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den ursächlichen Hintergründen der Konflikte, den rechtlichen Rahmenbedingungen, der Haftungsfrage und potenziellen Lö‐ sungsansätzen. Als Lösungsansätze werden ordnungspolitische Regelungen (Rechtsnormen wie Gesetze und Verordnungen), zivilrechtliche Vereinbarungen (Verträge), Informationsvermittlung und Kommunikation, marktwirtschaftliche Instrumente sowie die Schaffung mountainbikespezifischer Angebote (Infra‐ 38 Lilli Schmitt, Benjamin Trotter & Manuel J. Steinbauer <?page no="39"?> struktur und Dienstleistungen) diskutiert. Die vorliegende Untersuchung ist auf den Raum Bayern begrenzt, da sich die Gesetzeslage der Bundesländer unterschiedlich gestaltet. Vor der Leitfrage „Welche Bedeutung nimmt die Haftungsfrage im Konflikt zwischen Mountainbiker: innen und Grundeigen‐ tümer: innen ein? “ werden zehn Experten aus den Interessengruppen Mediation, Grundeigentümer, Mountainbiker: innen, Naturparks und Gemeinden sowie Versicherungen befragt. Die erhobenen Daten werden mittels qualitativer In‐ haltsanalyse ausgewertet. Bisher eingetretene Rechtsfälle werden reflektiert. Das Befahren von Wanderwegen oder Steigen, die auf Privatgrund verlaufen, stellt einen der zentralen Konfliktherde zwischen Mountainbiker: innen und anderen Nutzergruppen, Naturschutzvertreter: innen und Eigentümer: innen dar (Beckstein 2001, S. 11). Oft handelt es sich dabei um (Single-)Trails, die für viele Fahrer: innen bergab der sportliche Höhepunkt sind (Beckmann 2004, S. 259f.; Head & Laar 2013, S. 59f., 197; Roth et al. 2014, S. 10, 15; Koemle und Morawetz 2016, S. 59-62). Als Singletrails gelten schmale, meist unbefestigte Wege (Head & Laar 2013, S. 59f.; Roth et al. 2014, S. 10, 15). In ihren Anforderungen reichen sie von einfachen Wald- und Wiesenwegen ohne Hindernisse mit leichter Neigung, über Gefälle bis zu 70 % in verblockten und wurzeligem Gelände, hin zu starkem Gefälle mit kombinierten Hindernissen und Absätzen in stark verblocktem Gelände, meist ohne Auslauf (Head & Laar 2013, S. 59f.). Über die Hälfte befragter Mountainbiker: innen finden einen hohen Singletrail-Anteil als maßgeblich für eine gute Bike-Tour, häufiger wird nur der Landschaftsfaktor genannt (Holzhauser 2013, nach Roth et al. 2014). Ebenso erklären ca. 80 % der Befragten das Befahren von Singletrails als wichtig oder sehr wichtig, hingegen nur 3 % als unwichtig (DIMB e. V. 2010, S. 7). In einer MTB-Umfrage des DAV geben über 30 % der Mountainbiker: innen Trails als sehr wichtigen Aspekt beim Mountainbiken an (DAV e.-V. 2019a). Private Eigentümer: innen und Pächter: innen haben durch alle Formen des Freizeitverkehrs einen Mehraufwand in der Erhaltung und Bewirtschaftung ihres Grundes (Bundesplattform „Wald - Sport, Erholung, Gesundheit“ 2019, S. 8f., 17). Dazu kommt das potenzielle Haftungsrisiko, auch wenn keine außer‐ gewöhnlichen Sicherungspflichten verlangt werden. Für Laien erscheint die Gesetzeslage selbst innerhalb nationaler Grenzen überwiegend unübersichtlich und uneinheitlich, da zumindest Teile der Verantwortung bei den Bundeslän‐ dern (oder Kantonen in der Schweiz) liegen, gleichzeitig aber auch staatliche Vorgaben existieren (Lorch 1994, S. 72ff.; Wöhrstein 1998, S. 26ff.; Head und Laar 2013, S. 51-53). Dies führt sowohl auf Seiten der Sportler: innen als auch der Grundeigentümer: innen zu Rechtsunsicherheit. Haftungsfrage 39 <?page no="40"?> 1 Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 25. Februar 2021 (BGBl. I S.-306) geändert worden ist 2 Bundeswaldgesetz vom 2. Mai 1975 (BGBl. I S. 1037), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 9. Juni 2021 (BGBl. I S.-1730) geändert worden ist 3 Verfassung des Freistaates Bayern in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1998 (GVBl. S. 991, 992, BayRS 100-1-I), die zuletzt durch Gesetze vom 11. November 2013 (GVBl. S.-638, 639, 640, 641, 642) geändert worden ist 4 Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG) vom 23. Februar 2011 (GVBl. S. 82, BayRS 791-1-U), das zuletzt durch § 3 des Gesetzes vom 25. Mai 2021 (GVBl. S. 286) geändert worden ist In Deutschland unterliegen Wege außerhalb von Ortschaften, die nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind, den Bestimmungen der Bundesländer, wobei die Vorgaben durch das Bundesnaturschutzgesetz (BNatschG) sowie das Bundeswaldgesetz (BWaldG) den rechtlichen Rahmen bilden (Beckstein 2001, S. 4; StMUV 2020, S. 3). Diese gestatten übergreifend die Betretung der freien Landschaft und des Waldes sowie deren Befahrung mit Fahrrädern zum Zwecke der Erholung (vgl. § 59 Abs. 1 BNatschG; § 14 Abs. 1 S. 1 BWaldG). 1,2 Viele Wanderwege sind Privatwege, da die Möglichkeit für Gemeinden, diese in ihren Bestand aufzunehmen, in der Regel nicht wahrgenommen wird (DAV e.V. o. J. b, S. 7). Die weitere Regelung ist den Bundesländern überlassen, wie sie im Folgenden für Bayern konkretisiert wird (vgl. § 59 Abs. 2; § 14 Abs. 1 S. 2 BWaldG). 1 Rahmenbedingungen des Betretungsrechts in Bayern Im Bundesland Bayern ist das freie Betretungsrecht von Wald, Weiden und Ge‐ wässern zu Erholungs- und Naturgenusszwecken bei pfleglichem Umgang mit Natur und Landschaft in der Bayerischen Verfassung (BV) verankert (Art. 141 Abs. 3 S. 1, 2 BV). 3 Darauf aufbauend widmet das Bayerische Naturschutzgesetz (BayNatSchG) 4 den sechsten Gesetzesteil von Art. 26 bis einschließlich Art. 38 zur Regelung der Erholung in der freien Natur, um dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Erholung- und Naturgenuss nachzukommen. Unter Betreten fällt auch die sportliche Betätigung, wenngleich Radfahren nicht explizit auf‐ geführt wird, jedoch Fahrzeuge ohne Motorkraft (vgl. Art. 27 Abs. 1; Art. 28 BayNatSchG). Radfahrer: innen dürfen sich ausschließlich auf dafür geeigneten Wegen, einschließlich Privatwegen, bewegen und haben den Fußgängern Vor‐ rang zu gewähren (vgl. Art. 28 Abs. 1; Art. 30 Abs. 2 S. 1 BayNatSchG). Die Wegeeignung für das Radfahren ist in Vollzugshinweisen zur Erholung in der freien Natur näher geregelt (StMUV 2020). Es gelten weiterhin die Vorgaben des Straßen- und Wegerechts (vgl. Art. 30 Abs. 2 S. 2 BayNatSchG). Auch das 40 Lilli Schmitt, Benjamin Trotter & Manuel J. Steinbauer <?page no="41"?> 5 Bayerisches Waldgesetz (BayWaldG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Juli 2005 (GVBl. S. 313, BayRS 7902-1-L), das zuletzt durch Art. 9b Abs. 6 des Gesetzes vom 23. November 2020 (GVBl. S.-598) geändert worden ist Bayerische Waldgesetz (BayWaldG) erlaubt das freie und kostenlose Betreten des Waldes zu Erholungs- und Naturgenusszwecken, sowie das Radfahren auf geeigneten Wegen, auf eigene Gefahr und unter den Bestimmungen des BayNatSchG (vgl. Art. 13 BayWaldG). 5 Erst 2015 wurde in einem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs dem Fahrradfahren ein hoher Erholungswert zugesprochen und damit seine Rechtfertigung innerhalb des freien Betretungsrechts gestärkt (vgl. VGH Bayern, Urteil vom 03. Juli 2015, Az. 11 B 14.2809). In besonders zu schüt‐ zenden Gebieten wie Nationalparks und Landschaftsschutzgebieten gelten zusätzlich angepasste Beschränkungen (vgl. Art. 31 Abs. 1 BayNatSchG, §§ 22 ff. BNatSchG). Ebenso können Wege und Grundstücke durch die Behörden und Eigentümer vorübergehend gesperrt werden, beispielsweise wegen Erhal‐ tungsarbeiten, Artenschutz, Waldbrandgefahr oder aufgrund besonderer lokaler Gefahrenlagen (vgl. VGH Bayern, Urteil vom 03. Juli 2015, Az. 11 B 14.2809, Leitsatz; StMUV 2020, S. 8f.). Voraussetzung ist die behördliche Zulässigkeit bzw. vorhergehende Gestattung der Sperrung sowie die Benennung der gesetzlichen Grundlage auf offensichtlicher Beschilderung (vgl. Art. 27 Abs. 3, Art. 33, Art. 34 BayNatSchG; StMUV 2020). Explizit werden in Art. 26 Abs. 2 S. 2 BayNatSchG die Grundeigentümer: innen als zu berücksichtigende Personengruppe aufgeführt. Nach dem Grundsatz der Gemeinverträglichkeit dürfen sie nicht in der Ausübung ihrer Rechte eingeschränkt werden (vgl. Art. 26 Abs. 2 S. 3 BayNatSchG). Der Unterhalt der Wege und damit verbundene Verkehrssicherungspflichten liegen bei den Eigentümer: innen selbst (Beckstein 2001, S.-4). Das Radfahren, und damit das Mountainbiken in Bayern in der freien Natur, ist also gestattet, solange dafür geeignete Wege genutzt werden, Fußgängern Vor‐ rang gewährt wird sowie die Rechte der Grundeigentümer: innen berücksichtigt werden, das Straßen- und Wegerecht eingehalten wird und Erholungszwecke au‐ ßerhalb eines kommerziellen Rahmens verfolgt werden (vgl. VGH Bayern, Urteil vom 03. Juli 2015, Az. 11 B 14.2809, Leitsatz, Rn. 19, 30; StMUV 2020; Servicestelle StMUV, persönliche Kommunikation, 2. Dezember 2021). Grundsätzlich erfolgt dies auf eigene Gefahr und unter Inkaufnahme der „typischen, sich aus der Natur ergebenden Gefahren“ (§ 60 BNatSchG). Für diese typischen Gefahren sind Grund‐ eigentümer: innen nicht per se haftbar und stehen nicht in außergewöhnlicher Sorgfaltspflicht (StMUV 2020, S. 6; Servicestelle StMUV, persönliche Kommunika‐ tion, 2. Dezember 2021). Vielmehr haben Erholungssuchende mit diesen typischen Haftungsfrage 41 <?page no="42"?> 6 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S.-2947) geändert worden ist Gefahren zu rechnen (vgl. BGH, Urteil vom 2.10.2012, Az. VI ZR 311/ 11). Fehlende Verkehrssicherung für atypische Gefahren, solche die „vom Besitzer künstlich geschaffen oder geduldet werden“, ohne dass sie zu erwarten sind oder vor denen ausreichend vorgewarnt werden, können zur Haftung der Eigentümer: in führen (StMUV 2020, S.-6; siehe Abschnitt Verkehrssicherungspflichten). Für eine rechtliche Bewertung der Haftungsfrage ist es wichtig, ob sich ein: e Mountainbiker: in rechtmäßig auf einem Wegabschnitt bewegt hat. Fraglich ist, ob fehlende Verkehrssicherung durch eine: n Grundeigentümer: in im Falle einer unrechtmäßigen Befahrung, beispielsweise eines ungeeigneten Weges, dennoch eine Rechtsgutverletzung darstellen würde. Zumindest bei einem als ungeeignet gekennzeichneten Weg wird erwartet, dass der Eigentümer: in keine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten zu Lasten gelegt werden kann, da die Fahrer: in sich wissentlich unrechtmäßig verhalten hat (Rist 2019, S. 5). Die „Geeignetheit von Wegen“ wird durch die am 16.12.2020 veröffentlichten Vollzugshinweise zur Erholung in der freien Natur erläutert (StMUV 2020). Demnach erfordert die Bestimmung als Weg keinen spezifischen Ausbau, Befestigung, Beschaffenheit oder Einwilligung der Eigentümer (vgl. AG Aichach, Urteil vom 17. April 2018, Az. 101 C 153/ 17; OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 14. Oktober 2004, Az. 3 a B 255/ 03; § 1004 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). 6 Dies führt zwangsläufig zur Einzelfallbetrachtung, in der nicht die persönliche Fahrtechnik als maßgeblich angesehen wird (StMUV 2020, S. 4). Zusammenfassend müssen Wege der Natur-, Gemein- und Eigentümerverträglichkeit gerecht werden, um als geeignet zu gelten und offiziell befahren werden zu dürfen (AG „Mountain‐ bike und Wegeeignung“ 2019, S. 2; StMUV 2020, S. 6). Die Konkretisierungen im Rahmen der Vollzugshinweise (StMUV 2020) ergeben sich größtenteils aus ver‐ gangenen Gerichtsentscheidungen. Für die Bewertung werden insbesondere die Beschaffenheit, der bauliche Zustand, die Erosionsgefährdung (v. a. im alpinen Bereich), die Spur- und Trittfestigkeit, die Übersichtlichkeit und das Vorkommen von Kurven, die Breite, die Überholmöglichkeit, die Absturzgefahr (v. a. im alpinen Bereich) und die Steigung (v.-a. im alpinen Bereich) herangezogen (AG „Mountainbike und Wegeeignung“ 2019, S. 2; StMUV 2020, S. 4). Singletrails gelten als eher ungeeignet, da sie meist schmal und steil sind und ein Überholen ohne Ausweichen nicht ermöglichen, wie es vermehrt im alpinen Raum der Fall ist (StMUV 2020, S.-4). Schmale, treppenartige Wege gelten als ungeeignet, dennoch ist die Breite per se nicht ausschlaggebend (vgl. VGH Bayern, Urteil vom 03. Juli 2015, Az. 11 B 14.2809, Rn. 25). Eine Mindestanforderung an die 42 Lilli Schmitt, Benjamin Trotter & Manuel J. Steinbauer <?page no="43"?> 7 Waldgesetz für Baden-Württemberg (Landeswaldgesetz - LWaldG) in der Fassung vom 31. August 1995 (GBl. S.-685) BWGültV 790, das zuletzt durch Art. 1 G zur Umsetzung der Neuorganisation der Forstverwaltung BW vom 21.5.2019 (GBl. S. 161) geändert worden ist Wegbreite, wie es in Baden-Württemberg der Fall ist, wurde 2015 abgelehnt (vgl. VGH Bayern, Urteil vom 03. Juli 2015, Az. 11 B 14.2809). Lehrpfade, unbefestigte Rückegassen und Steige werden ebenso für ungeeigneten befunden (Beckstein 2001, S. 4). Zusätzlich kann hohe Frequentierung durch andere Nutzergruppen wie Wanderer auf beliebten Routen zu Ungeeignetheit führen (vgl. VGH Bayern, Urteil vom 03. Juli 2015, Az. 11 B 14.2809, Rn. 26; AG „Mountainbike und Wegeeignung“ 2019, S.-2; StMUV 2020, S.-4). In den angrenzenden Regionen Baden-Württemberg, Österreich und der Schweiz gelten andere Vorgaben. Im benachbarten Bundesland Baden-Würt‐ temberg beträgt die angeforderte Wegbreite in der Eignungsfrage mindestens zwei Meter, ausgenommen behördlicher Ausnahmen (vgl. § 37, Abs. 3 Landes‐ waldgesetz). 7 In Österreich gilt das Fahrrad als Fahrzeug und unterliegt damit den Regelungen der Straßenverkehrsordnung sowie regionalen Vorgaben je nach Bundesland (Lorch 1994, S. 79ff.; Wöhrstein 1998, S. 30; Reissner 2005, S. 140f., 157; Head & Laar 2013, S. 52). Für die Befahrung von Forst- und Waldwegen bedarf es der Zustimmung des Eigentümers oder Halters (§ 33 Abs. 3 Forstgesetz; Amt der Tiroler Landesregierung 2019, S. 1). Die Regionen sind aber um eine Angebotsschaffung bemüht: Als Beispiel gilt das MTB-Mo‐ dell in Tirol, das seit über 20 Jahren Wegehalter mittels einer Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherung sowie Entschädigungen für Bewirtschaftungs‐ erschwernisse entlastet und so die Eigenverantwortlichkeit und Akzeptanz des Mountainbike-Sports fördert (Amt der Tiroler Landesregierung 2019, S. 1ff.). Auch in der Schweiz regeln Kantone und Gemeinden den Fahrradverkehr abseits des Durchgangsverkehrs eigenständig (Art. 3 Abs. 2, 3 Strassenverkehrsgesetz; Head & Laar 2013, S. 52). Bei der Beurteilung der Wegeeignung in der Schweiz werden das Fahrkönnen und die Ausrüstung der Mountainbikenden explizit mit einbezogen. 2 Haftung und Rechtsfolgen Deliktische Haftung Das Betretungsrecht unterliegt der allgemeinen deliktischen Haftung nach § 823 BGB, der Schadensersatzpflicht. Diese tritt ein, wenn keine vertraglichen Vereinbarungen vorliegen, aber ein Schaden aufgrund einer Rechtsgutverlet‐ zung erfolgt, z. B. die Verletzung von Körper, Leben und Gesundheit oder des Eigentums (Fuchs et al. 2017, S. 1, 3, 11 f., 20 ff.; Röthel 2020, S. 1066). Für Haftungsfrage 43 <?page no="44"?> Grundeigentümer: innen sind die Verkehrssicherungspflichten ausschlaggebend für den Tatbestand: Dritte sollen im gesetzlichen Rahmen vor Gefahren und potenziellen Schäden geschützt werden, das heißt eine Rechtsgutverletzung entsteht durch fehlende Vorsichtsmaßnahmen und die vorsätzliche oder fahr‐ lässige Verantwortlichkeit des Schuldners dafür (vgl. § 276, S. 1, 2 BGB; Fuchs et al. 2017, S. 106ff.). Die Haftung tritt unabhängig vom Grad - vorsätzlich, leicht, mittel oder grob fahrlässig - der Verletzung der Verkehrssicherungspflichten ein (Gebhard 2016, S.-14). Dem Geschädigten steht Schadensersatz im Umfang des entstandenen Scha‐ dens zu, wobei verschiedene Bemessungsgrundlagen wie Vermögensschäden, Nichtvermögensschäden oder Dauerschäden aus gesundheitlicher Beeinträchti‐ gung zugrunde liegen und jeweils der Einzelfall bewertet wird (Fuchs et al. 2017, S. 8, 101 ff.). Diese Ansprüche können mit laufenden Ausgleichs- oder Unterhalts‐ zahlungen besonders bei schweren Unfällen leicht sechsstellige Euro-Beträge erreichen (Gebhard 2016, S.-15). Bei der Bemessung spielt der Verschuldensgrad von Vorsatz oder Fahrlässigkeit eine Rolle (Gebhard 2016, S.-14). Verkehrssicherungspflicht Problematisch ist bei deliktischen Verkehrssicherungspflichten das Unterlassen bestimmter Sicherheitsvorkehrungen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2008, Az. VI ZR 126/ 07). Diese Verkehrssicherungspflichten wurden vom BGH als „[…] diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünf‐ tigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren“ beschrieben, wobei nicht grundsätzlich für alle potenziellen Schäden Vorsorge getroffen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2007, Az. VI ZR 223/ 05, Rn. 11 1.; Beckstein 2001, S. 5). Zudem müssen die Pflichten in ihrem Umfang zumutbar und der Situation angemessen sein (vgl. BGH, Urteil vom 02. Oktober 2012, Az. VI ZR 311/ 11, Rn. 9, 25). Die jeweiligen Pflichten werden im Einzelfall durch die Rechtsprechung präzisiert, da es nicht möglich ist, diese Pflichten für alle Eventualitäten, Umstände und Bereiche vorher gesetzlich zu definieren (Beckstein 2001, S. 11; Rist 2019, S. 3; StMUV 2020, S.-6). Für Grundeigentümer sind die Verkehrssicherungspflichten auf atypische (Wald-)Gefahren beschränkt, da (Wald-)Besucher: innen mit typischen Gefahren zu rechnen haben und dies laut Gesetz auf eigene Gefahr erfolgt (vgl. BGH, Urt. v. 2.10.2012, Az. VI ZR 311/ 11, Rn. 18, 19; § 60 BNatSchG; Beckstein 2001, S. 5; StMUV 2020, S. 6). Das freie Betretungsrecht erfordert keine zusätzliche Sorgfalt seitens der Eigentümer: innen (Beckstein 2001, S. 6; StMUV 2020, S. 6). Typische Gefahren sind solche, „[…] die sich aus der Natur oder der ordnungsgemäßen 44 Lilli Schmitt, Benjamin Trotter & Manuel J. Steinbauer <?page no="45"?> Bewirtschaftung des Waldes unter Beachtung der jeweiligen Zweckbestimmung ergeben“ (vgl. BGH, Urteil vom 02.10.2012, Az. VI ZR 311/ 11, Rn. 25). Atypische Gefahren werden als „[…] solche, die (vom Besitzer) künstlich geschaffen oder geduldet werden und die der Besucher nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und mit welchen er nicht rechnen muss“ beschrieben (StMUV 2020, S. 6). Typische Gefahren sind beispielsweise Auswaschungen, Felssturz, Wurzeln, hervorstehende Äste oder Sturm, während Gatter, Zäune und Tore als atypische Gefahr gelten, da sie eine neu errichtete Gefahrenquelle sind (Beckstein 2001, S. 5; Gebhard 2016, S. 18f.; StMUV 2020; DAV e. V. o. J. b, S. 14f.). Für solche Hin‐ dernisse haben Eigentümer: innen ausreichend und angemessen vorzuwarnen (Beckstein 2001, S. 5, 14 f.). So gilt beispielsweise eine Hangabsicherung aus Holzstämmen als typische Gefahr, da diese zur ordnungsgemäßen Bewirtschaf‐ tung als Wegeabsicherung dient (vgl. OLG Köln, Urteil vom 23.04.2019, Az. 1 U 12/ 19). Hingegen ist ein nicht markierter, gespannter Draht zum Viehtrieb, der nicht abgenommen wurde, keine gewöhnlich zu erwartende Gefahr (OLG Köln, Urteil vom 23.01.1998, Az. 19 U 109/ 97). Der Gesetzgeber erkennt an, dass an Privateigentümer: innen nicht die gleichen Anforderungen wie an ein Körperschaftsorgan, beispielsweise den Staatsforsten, gestellt werden können und schlägt zur Absicherung eine Haftpflichtversicherung vor (Beckstein 2001, S.-12, 14; StMUV 2020, S.-6; DAV e.-V. o.-J. b, S.-15). Eine Einbindung solcher Privatwege in ein ausgeschildertes Radwegenetz zieht ebenfalls keine erhöhten Verkehrssicherungspflichten nach sich, jedoch kann eine steigende Frequentierung aufgrund der öffentlichen Ausweisung eine höhere Eintrittswahrscheinlichkeit eines Haftungsfalls bedingen (Beckstein 2001, S.-7f., 13; Rist 2019, S.-6). Neben der zivilrechtlichen Ahndung kann es bei Schadensfällen auch eine strafrechtliche Verfolgung geben, die weder an Dritte übertragen noch versi‐ chert werden kann (Gebhard 2016, S. 63, 72). Dieses strafrechtliche Risiko ist in der hier behandelten Haftungsfrage jedoch von untergeordneter Rolle. 3 Fälle und Gerichtsverfahren Für eine Bewertung der Belastung durch die rechtlichen Rahmenbedingungen für Grundeigentümer wurden vorhandene Gerichtsverfahren analysiert [Stand August 2021]. Betrachtet wurden die Häufigkeit gerichtlicher Auseinandersetzungen zur Klärung der Haftungsfrage, die entscheidenden Umstände und eintretende Folgen. Hierfür wurden die juristischen Portale von Bund und Ländern sowie zur Überprü‐ fung der Vollständigkeit zwei juristische Online-Suchdienste und Hinweise aus Haftungsfrage 45 <?page no="46"?> 8 gesetze-bayern.de (BY); juris.bundesgerichtshof.de (Bund); lrbw.juris.de (BW); gesetze.b erlin.de (BE); gerichtsentscheidungen.brandenburg.de (BB); openjur.de/ hb/ (HB); landes‐ recht-hamburg.de (HH); lareda.hessenrecht.hessen.de/ (HE); landesrecht-mv.de (MV); r echtsprechung.niedersachsen.de/ (NI); justiz.nrw (NW); landesrecht.rlp.de (RP); olg-saar‐ land.de/ entscheidungen/ (SL); justiz.sachsen.de/ esamosplus(SN); landesrecht.sachsen-anha lt.de (ST); gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de (SH); landesrecht.thueringen.de (TH); Onlin eUrteile.de (Juristischer Pressedienst Gritschneder); dejure.org (Rechtsinformationssystem dejure); Gebhard, 2016, S.-102ff., 2017; Hinweise auf Entscheidungen aus Zeitungsartikeln und anderen Dokumenten, zu denen kein Urteil ausfindig gemacht werden konnte weiteren Dokumenten genutzt (→ Tabelle 1). 8 Zum Vergleich wurde die Recherche auch für Wanderer in den Online-Suchdiensten durchgeführt (→-Tabelle 2). • Bayerische Staatskanzlei, Filterung nach Art. 141 Abs. 3 Bayerische Verfassung (0/ 15); Filterung nach § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (0/ 505); Filterung nach Art. 27 ff. Bayerisches Naturschutzgesetz (0/ 8); Schlagwortsuche Mountainbike (0/ 15) • Bundesgerichtshof, Schlagwortsuche Mountainbike (3/ 3) *gleichen Fall betreffend Stacheldraht-Urteil I | Haftung der Gemeinde/ Jagdpächter • Mountainbike-Unfall aufgrund einer Stacheldrahtabsperrung, die quer über einen für Kraftfahrzeuge gesperrten Feldweg verläuft • kein Mitverschulden des Radfahrers, da mit einem solchen Hindernis nicht zu rechnen ist • keine ausreichende Kennzeichnung und Erkennbarkeit • Verletzung der Versicherungspflichten (VSP) • Landesgericht (LG) Lübeck: Abweisung der Klage in erster Instanz • Oberlandesgericht (OLG) Schleswig: Mitverschulden des Radfahrers zu 75-% in zweiter Instanz Bundesgerichtshof (BGH), Urt. von (v.) 23. April 2020, AZ. III ZR 250/ 17, III ZR 251/ 17 OLG Schleswig, Urt. v. 10.08.2017, 7 U 28/ 16 • Justiz in Baden-Württemberg, Schlagwortsuche Mountainbike (0/ 13) • Berliner Vorschriften- und Rechtsprechungsdatenbank, Schlagwortsuche Moun‐ tainbike (0/ 1) • Landesrecht Brandenburg, Schlagwortsuche Mountainbike (0/ 2) • Gerichte in Bremen, Schlagwortsuche Mountainbike (0/ 0) • Landesrecht Hamburg, Schlagwortsuche Mountainbike (0/ 1) • Bürgerservice Hessenrecht, Schlagwortsuche Mountainbike (1/ 9) Nylonschnur-Urteil | keine Haftung des Landwirts • Mountainbike-Unfall aufgrund blauer Nylonschnüre zum Viehtrieb • Abhängen der Schnüre durch den Landwirt nach dem Viehtrieb, nur eine einzelne Schnur zum Unfall Zeitpunkt wieder eingehängt • Vermutung der Tat durch Dritte • keine Verletzung der VSP • LG Kassel: Abweisung der Klage in erster Instanz OLG Frankfurt, Urt. v. 08.04.2003, Az. 14 U 86/ 02 LG Kassel, Urt. v. 04.04.2002, 9 O 1155/ 01 46 Lilli Schmitt, Benjamin Trotter & Manuel J. Steinbauer <?page no="47"?> • Landesrecht Mecklenburg-Vorpommern, Schlagwortsuche Mountainbike (0/ 0) • Niedersächsisches Landesjustizportal, Schlagwortsuche Mountainbike (0/ 4) • Justiz Nordrhein-Westfalen, Schlagwortsuche Mountainbike (3/ 27) Hangsicherungs-Urteil | keine Haftung der Waldeigentümerin • Mountainbike-Unfall beim Bergabfahren aufgrund einer Hangsicherung aus Holz‐ stämmen • Hangsicherung als waldtypische Gefahr, keine besonderen VSP • ausreichende Erkennbarkeit des Hindernisses • keine Verletzung der VSP • LG Aachen: Abweisung der Klage in erster Instanz OLG Köln, Beschluss vom 23.04.2019, Az. 1 U 12/ 19 LG Aachen, Urt. v. 15.01.2019, Az. 12 O 124/ 18 Treppen-Urteil | keine Haftung des Grundeigentümers • Mountainbike-Unfall aufgrund einer schlecht einsehbaren Treppe am Wegesende auf eine asphaltierte Straße • Treppe keine atypische Gefahr, keine besonderen VSP • LG Wuppertal: Abweisung der Klage in erster Instanz OLG Düsseldorf, Urt. v. 09.01.2008, Az. I-19 U 28/ 07 LG Wuppertal, Urt. v. 19.07.2007, Az. 16 O 7/ 07 Weidedraht-Urteil | Haftung der Landwirte als Gesamtschuldner • Mountainbike-Unfall aufgrund eines quer über einen Weg gespannten Weide‐ drahts • unrechtmäßiges Hängenlassen des Weidedrahts als dieser zum Viehtrieb nicht nötig war • keine ausreichende Erkennbarkeit oder Kennzeichnung • Verletzung der VSP • LG Köln: Abweisung der Klage in erster Instanz OLG Köln, Urt. v. 23.01.1998, Az. 19 U 109/ 97 LG Köln, Urt. v. 07.03.1997, Az. 21 O 565/ 95 • Landesrecht online Rheinland-Pfalz, Schlagwortsuche Mountainbike (0/ 6) • Saarländisches Oberlandesgericht, Schlagwortsuche Mountainbike (0/ 0) • Justiz Sachsen, Schlagwortsuche Mountainbike (0/ 0) • Landesrecht Sachsen-Anhalt, Schlagwortsuche Mountainbike (0/ 3) • Landesvorschriften und Rechtsprechung Schleswig-Holstein (1/ 1): Stachel‐ draht-Urteil I • Landesrecht Thüringen, Schlagwortsuche Mountainbike (0/ 0) • OnlineUrteile.de - Juristischer Pressedienst Gritschneder, Schlagwortsuche Mountainbike (3/ 19): Nylonschnur-Urteil, Stacheldraht-Urteil I, Hangsiche‐ rungs-Urteil • OnlineUrteile.de - Juristischer Pressedienst Gritschneder, Schlagwortsuche VSP (2/ 100): Stacheldraht-Urteil I, Hangsicherungs-Urteil • Dejure.org Rechtsinformationssysteme, Schlagwortsuche Mountainbike (2/ 30): Stacheldraht-Urteil I, Hangsicherungs-Urteil • Hinweise aus Zeitungsartikeln Haftungsfrage 47 <?page no="48"?> Stacheldraht-Urteil II | Haftung des Landwirts zu einem Drittel und Einigung in der Berufung • Mountainbike-Unfall aufgrund eines Stacheldrahtzauns • Warnschild in nicht geeigneter Entfernung und mit unzureichender Sichtbarkeit • bekannte Gefahrenquelle • Bremsbereitschaft und Anpassung der Geschwindigkeit • LG München: Mitverschulden des Radfahrers zu zwei Dritteln in erster Instanz; Az. Unbekannt • OLG München: Einigung auf weiteres Schmerzensgeld in zweiter Instanz; Az. Unbekannt (Meixner 2012) Weidegerten-Unfall | Haftung des Bauers • Mountainbike-Unfall aufgrund einer Weidegerte • LG München II, 05.04.2001. Az. Unbekannt (Beckstein 2001, S.-17) Tabelle 1: Darstellung der die Haftungsproblematik für Mountainbiker: innen und Grund‐ eigentümer: innen betreffenden Suchergebnisse (relevante Ergebnisse / Anzahl Gesamt‐ ergebnis Suchanfrage) nach verschiedenen juristischen Portalen mit Suchbeschreibung, Fallzusammenfassung, Urteil (Urt.) und Aktenzeichen (Az.). • OnlineUrteile.de - Juristischer Pressedienst Gritschneder, Schlagwortsuche Ver‐ kehrssicherungspflichten (VSP) (3/ 100) Drahtgeflecht-Urteil | keine Haftung des Waldeigentümers • Verletzung einer Pilzsammlerin an einem Drahtgeflecht im Untergestrüpp • waldtypische Gefahr vergleichbar zu Pflanzenschlingen oder Ähnliches • keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht (VSP) Landesgericht (LG) München, Urt. von (v.) 24.02.2021, Az. 18 O 11896/ 20 Eisweg-Urteil | keine Haftung der Gemeinde • Sturz einer Wanderin aufgrund eines vereisten Waldwegs • waldtypische Gefahr • keine Verletzung der VSP LG Coburg, Urt. v. 23.05.2019, Az. 24 O 15/ 19 48 Lilli Schmitt, Benjamin Trotter & Manuel J. Steinbauer <?page no="49"?> Holzpolter-Urteil | 50-% Mitverschulden der Forstbetriebe • Verletzung eines Spaziergängers aufgrund ins Rollen kommender Stämme auf einem Holzpolter nach dessen Betreten • keine ausreichende Sicherung des Holzpolters, fehlendes Warnschild • teilweise Verletzung der VSP LG Bonn, Urt. v. 18.07.2014, Az. 4 O 102/ 13 • Dejure.org Rechtsinformationssysteme, Schlagwortsuche Wanderer (4/ 40) Baum-Urteil | keine Haftung des Waldeigentümers • Verletzung einer Wanderin aufgrund eines umstürzenden Baums • waldtypische Gefahr, keine Verletzung der VSP LG Osnabrück, Urt. v. 14.03.2013, Az. 10 O 2356/ 12 Ast-Urteil | keine Haftung des Waldeigentümers • Verletzung einer Radfahrerin aufgrund eines herunterfallenden Astes • waldtypische Gefahr, keine Verletzung der VSP OLG Celle, Urt. v. 12.07.2012, Az. 8 U 61/ 12 Holzgeländer-Urteil | Haftung der Gemeinde und zweier Mitarbeiter • tödlicher Absturz eines Wanderers aufgrund eines morschen Holzgeländers an einem Abgrund • Verletzung der VSP durch Gemeinde und zwei Gemeindemitarbeiter wegen Kenntnis des Zustands OLG Saarland, Urt. v. 30.11.2017, Az. U 19/ 17 LG Saarbrücken, Urt. v. 12.01.2017, Az. 4 O 375/ 15 Gummimatten-Urteil | keine Haftung des Landes Sachsen-Anhalt • Wanderunfall aufgrund rutschiger Gummimatten • mangelnde Sichtbarkeit unter der Schneedecke • Verletzung der VSP • LG Magdeburg: Haftung des Landes, Schmerzensgeld- und Schadenersatzan‐ sprüche für Wanderer • OLG Naumburg: keine Verletzung der VSP OLG Naumburg, Urt. v. 03.07.2019, Az. 5 U 20/ 19 LG Magdeburg, Urt. v. 07.02.2019, Az. 10 O 503/ 18 (119) Tabelle 2: Darstellung der die Haftungsproblematik für Wanderer: innen und Grundei‐ gentümer: innen betreffenden Suchergebnisse (relevante Ergebnisse / Anzahl Gesamter‐ gebnis Suchanfrage) nach verschiedenen juristischen Portalen mit Fallbeschreibung, Urteil (Urt.) und Aktenzeichen (Az.). Haftungsfrage 49 <?page no="50"?> Deutschlandweit wurden über einen Zeitraum von 1997 bis 2020 sieben Fälle identifiziert, die im Konflikt zwischen Mountainbiker: innen und Grundeigen‐ tümer: innen vor Gericht behandelt wurden. Nur bei Stacheldraht-Urteil II mit Teilschuld des Landwirts und dem Weidegerten-Unfall (weitere Umstände unbekannt) handelt es sich um Haftungseintritte im bayerischen Raum. Darauf folgen deutschlandweit das Stacheldraht-Urteil I von Schleswig-Holstein und das Weidedraht-Urteil von Nordrhein-Westfalen, in denen die Schadensersatz‐ ansprüche in erster Instanz abgewehrt wurden und erst in höherer Instanz ein Verschulden seitens der Eigentümer festgestellt wurde. Besonders das Hangsicherungs- und Treppen-Urteil, verdeutlichen, dass Mountainbiker: innen mit waldtypischen Gefahren zu rechnen haben und daraus keine Schadenser‐ satzansprüche entstehen. Wanderunfälle scheinen ähnlich selten gerichtlich verhandelt zu werden und ebenfalls vorwiegend aufgrund typischer Waldgefahren zu passieren. Vor dem Hintergrund der Ausübungszahlen ist ein Unfall mit anschließendem Gerichtsverfahren als Ausnahme zu werten. Auch der Beitrag des Bayerischen Staatsministeriums zur AG „Mountainbike und Wegeeignung“ kommt zu dem Ergebnis, dass die Rechtsprechung keine außergewöhnlichen Verkehrssiche‐ rungspflichten fordert, sondern durch die Inkaufnahme waldtypischer Gefahren geprägt ist und einzelne Haftungs-bejahende Urteile besonders im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen (Rist 2019, S.-3; Steppan 2020). Die Gesamtunfallquote gemessen am DAV-Versicherungsschutz für Moun‐ tainbiker: innen beträgt lediglich 4 % für die Saison 2018/ 2019, davon circa ein Drittel der Unfälle in kommerziell betriebenen Bikeparks. Insgesamt ereignen sich nur 23 % aller beim DAV registrierten Unfälle (Wandern, Bergsteigen, Klettern, Mountainbiken und Skitourengehen) in Deutschland, dies könnte wiederum ein Grund für die allgemein niedrige Verfahrensquote an deutschen Gerichten sein (Randelzhofer 2020, S. 25). In der Unfallstatistik nach Einsätzen der Bergwacht Bayern im Jahr 2020 sind circa 22,5 % der Einsätze Moun‐ tainbike-Unfällen geschuldet, ein Zuwachs von 40 % im Vergleich zu 2019 (Bergwacht Bayern 2021, S. 56). Eine einhergehende Auswirkung in Form zunehmender Klagen konnte anhand der Gerichtsurteile aber nicht festgestellt werden. Auch die Unfallquote der Wanderer: innen mit 54 % endet kaum in gerichtlichen Auseinandersetzungen. 4 Lösungsansätze Seitdem rechtliche, soziale und ökologische Konflikte im Outdoorsport be‐ stehen, gibt es eine Vielzahl verschiedener Lösungsansätze, die sich gegenseitig 50 Lilli Schmitt, Benjamin Trotter & Manuel J. Steinbauer <?page no="51"?> in vielen Aspekten ergänzen können (Lorch 1994, S.-8ff.). Höhere Anpassungs‐ fähigkeit und Wirksamkeit werden als Vorteile einer kombinierten Anwendung gesehen (Lorch 1994, S. 10). Eine wesentliche Rolle spielen dabei die Kommuni‐ kation und die Schaffung von Infrastruktur (z. B. Carothers et al. 2001; Beckstein 2001, S. 11; DAV e.V. o. J. b, S. 3, 17). Als mögliche Lösungsansätze werden genannt: • Ordnungspolitische Regelungen (Rechtsnormen) Den Sport rechtlich strenger reglementieren, wie u. a. an runden Tischen gefordert wird (DAV e.V. 2019b, S. 6, 9, 2019c, S. 5). Fraglich sind hierbei die Verhältnismäßigkeit (vgl. Art. 141 (3) BV) sowie die bewusst abstrakt gehaltene deliktische Haftung (Beckstein 2001, S.-11; Rist 2019, S.-3). • Zivilrechtliche Vereinbarungen (Verträge) Die Haftung über entsprechende Vertragsvereinbarungen an Dritte wie lokale Vereine, Tourismusverbände oder Gemeinden übertragen und ggf. auch einen Übergang der Verkehrssicherungspflichten regeln (Lorch 1994, S. 8, 83; Reissner 2005, S. 143, 2006, S. 73f.; Roth et al. 2014, S. 44). Das MTB-Modell Tirol arbeitet mit standardisierten Gestattungsverträgen (Amt der Tiroler Landesregierung 2019). • Informationsvermittlung und Kommunikation Hier ist sowohl die Aufklärung aller Beteiligten über ihre Rechte und Pflichten (z. B. Informationskampagnen) als auch die Kommunikation zwischen allen Parteien essenziell (z. B. Runde Tische), um Konflikte zu lösen und vorzubeugen (Beckstein 2001; Roth 2006, S. 10; Speidel & Suter 2006, S.-64f.). • Marktwirtschaftliche Instrumente Nutzungsgebühren seitens der Mountainbiker: innen oder Ausgleichszah‐ lungen für Grundeigentümer: innen (vgl. MTB-Modell Tirol) sind mögliche Regulationsmaßnahmen (Lorch 1994, S. 9; Amt der Tiroler Landesregierung 2019, S. 1). Bisher werden Gebühren nur für kommerzielle Angebote wie Bikeparks oder auf Spendenbasis zur Trailpflege sowie indirekt über Park‐ platzgebühren oder Tourismusabgaben (Kurtaxe) erhoben (z. B. Bikepark Samerberg GmbH, o. J.; Gemeinde Kreuth, o. J.). Prinzipiell können in Bayern aber alle Teile der freien Natur von jedermann unentgeltlich betreten werden (Art. 27 (1) BayNatschG; erläutert in StMUV 2020, S.-12). • Schaffung mountainbikespezifischer Infrastruktur Mittels attraktiver Streckenangebote statt Ge- und Verboten („Honey-Pot-Strategy“) können Mountainbiker: innen vor allem in touris‐ Haftungsfrage 51 <?page no="52"?> tisch geprägten Regionen und in besonders zu schützenden Gebieten gelenkt werden (Wöhrstein 1998, S. 194ff.; Roth et al. 2014, S. 10, 15). Auch der DAV zielt auf eine positive Lenkung der Mountainbiker: innen im Einverständnis aller Beteiligten ab (DAV e.V. o.-J. a). • Integrative (Modell-)Projekte Durch Kombination der zuvor genannten Punkte können Angebote (Infra‐ struktur & Dienstleistungen) geschaffen werden, die durch ihre Attrakti‐ vität eine hohe Akzeptanz und Lenkungsfunktion erfüllen. 5 Methoden Zur Untersuchung des Konflikts zwischen Mountainbiker: innen und Grundei‐ gentümer: innen unter dem Aspekt der Haftungsfrage wurden im Zeitraum August bis November 2021 zehn Experten aus verschiedenen Interessengruppen mittels qualitativer Experteninterviews befragt (Schmitt 2021). Die Experten‐ auswahl (→ Tabelle 3) erfolgte nach umfassender Einarbeitung in die Thematik und wurde in der Kontaktvermittlung durch den DAV unterstützt. Aufbauend auf drei Leitfragen wurde ein Interviewleitfaden entwickelt, um während des Interviews Struktur und Hilfestellung zu bieten (Bogner et al. 2014, S. 27f.; Kuckartz & Rädiker 2020, S.-28f., →-Tabelle-4): Frage 1: Welche Ursachen liegen Konflikten primär zu Grunde? Frage 2: Wie werden rechtliche Rahmenbedingungen wahrgenommen und beurteilt? ○ Welchen Stellenwert nimmt die Haftungsproblematik in den Konfliktursa‐ chen ein und wie relevant ist sie für den Konflikt? ○ Inwieweit ist Mountainbiken im Rahmen des freien Betretungsrechts be‐ rechtigt? ○ Welche Aspekte spielen aus Sicht der Interessengruppen für die Definition der Wegeeignung eine Rolle? Frage 3: Welche Lösungsansätze existieren und wie ist deren Potenzial zur Lösung möglicher Konflikte? ○ Ist eine bayernweite Versicherungsoption ein sinnvoller und realisierbarer Lösungsansatz? 52 Lilli Schmitt, Benjamin Trotter & Manuel J. Steinbauer <?page no="53"?> Kürzel Expertenrolle Rolle im Konflikt M1 Beschäftigter im DAV-Projekt „Bergsport Mountainbike - nachhaltig in die Zukunft“ Mediation M2 DAV-Naturschutzbeauftragter einer bayerischen Sektion mit Einblick in das regionale Forstwirt‐ schaftsgeschehen Mediation MTB1 Beschäftigter der Deutschen Initiative Mountainbike e.V. Mountainbike MTB2 Bikepark-Betreiber aus Bayern mit Erfahrung in Destinationsberatung und eigener Mountainbike-Schule Mountainbike E1 Vertretung des Bayerischen Waldbesitzerverbands e.V. Grundeigentümer E2 Grundeigentümer aus Bayern, engagiert in Fachverbänden Grundeigentümer G1 Bürgermeister einer betroffenen bayerischen Gemeinde Gemeinde G2 Forstbeauftragter einer betroffenen bayerischen Ge‐ meinde Gemeinde G3 Beschäftigter des Naturparks Nagelfluhkette mit Einblick in die Besucherlenkung Naturpark V1 Referent bei der Versicherungskammer Bayern, Be‐ reich kommunale Haftpflichtversicherung Versicherung Tabelle 3: Übersicht der ausgewählten Experten (N = 10). Der Interviewleitfaden (→ Tabelle 4) erlaubt eine ganzheitliche Betrachtung des Konflikts, die nicht alleinig auf die Haftungsproblematik begrenzt ist. In vielen Interviews zeigten sich ohnehin Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen naturschutzfachlicher, sozialer und juristischer Konfliktkomponente. Sechs der zehn Interviews wurden per Videoanruf durchgeführt. Weitere drei Interviews wurden per Telefon geführt und eines persönlich in der Ge‐ schäftsstelle des Experten. Die Vielseitigkeit der Experten gab unterschiedliche Einblicke, wenngleich sich bisher nicht alle gleichermaßen mit der Thematik befasst hatten. Trotzdem wurde keine Unterscheidung in deren Qualität und damit auch keine Gewichtung in der Auswertung vorgenommen (vgl. Gläser & Laudel 2009, S.-150ff.). Haftungsfrage 53 <?page no="54"?> Themenblock 1 Interessensgruppe, Standpunkt Einstiegsfragen Themenblock 2 Konfliktursache Hauptfragen Themenblock 3 Haftung Themenblock 4 Lösungsansätze Themenblock 5 Lösung durch Versicherungsabsiche‐ rung Tabelle 4: Themenblöcke des Interviewleitfadens. Um die erhobenen Daten auswerten und analysieren zu können, wurden alle Interviews mittels der Transkriptionssoftware „f4“ wörtlich, manuell und nach Transkriptionsregeln verschriftlicht sowie automatisch mit Zeitmarken ver‐ sehen (Kuckartz & Rädiker 2020, S. 1ff.; Schmitt 2021). Die Interviews dauerten zwischen 40 Minuten und 90 Minuten. Insgesamt wurden 10 Stunden und 15 Mi‐ nuten Interviewmaterial auf 182 Seiten transkribiert. Die weitere Auswertung erfolgte mit der gängigen Analysesoftware „MaxQDA“ unter dem Leitmotiv der Forschungsfragen (Kuckartz & Rädiker 2020, S. 9ff.). Das transkribierte Interviewmaterial wurde nach den Standards der qualitativen Datenanalyse in mehreren Durchgängen systematisch kategorisiert, zusammengefasst und inhaltlich strukturiert (u. a. Kuckartz & Rädiker 2020; Mayring 2015). Eine Ausführliche Darstellung findet sich in Schmitt (2021). 6 Ergebnisse - 6.1 Konfliktursachen Die Konfliktwahrnehmung wird von fünf der Experten, Eigentümer einge‐ schlossen, stärker auf der Eigentümer: innenseite gesehen, von drei als ausge‐ glichen und von einem Experten stärker bei den Mountainbiker: innen relativ zu den betroffenen Waldbesitzer: innen (→ Abbildung 3). Zu den am häufigsten angesprochenen Ursachen gehören die Kategorien Grund als privates Eigentum und Arbeitsstätte, die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Sportartentwicklung Mountainbiking sowie das Verhalten der Mountainbiker: innen, während das Verhalten der Eigentümer: innen und fehlende Ansprechpartner: innen weniger problematisch zu sein scheinen. Gleichzeitig greifen diese Ursachen in vielen Aspekten ineinander. 54 Lilli Schmitt, Benjamin Trotter & Manuel J. Steinbauer <?page no="55"?> Grund als privates Eigentum & Arbeitsstätte rechlichte Rahmenbedingungen Sportartentwicklung Mountainbike Verhalten der Mountainbiker: innen Verhalten der Eigentümer: innen fehlende Ansprechperson / Anonymität 0 2 4 6 8 10 Konfliktursachen nach Häufigkeit Abbildung 3: Häufigkeit der angesprochenen Konfliktursachen aus der Gesamtmenge der Interviews (N = 10). - Grund als privates Eigentum und Arbeitsstätte Grundeigentümer: innen fühlen sich durch die Mountainbiker: innen in ihrem Eigentum und ihrer Arbeit beeinträchtigt, da sie zur Duldung verpflichtet sind. Hierdurch entsteht ihnen einerseits Mehraufwand durch die Instandset‐ zung verursachter Schäden wie beschädigte Zäune oder verstärkte Erosion, andererseits durch erhöhte Sicherheitsvorkehrungen wie dem Anbringen von Schildern, Schranken und Sicherstellen der Einhaltung von Sperren bei Holzar‐ beiten im Arbeitsalltag. Ein Eigentümer schilderte hier ausführlich den Aufwand der Wegeinstandsetzung und die geforderte Vorsicht bei der Lenkung von Maschinen und Wirtschaftsverkehr, da Radfahrer, auch aufgrund ihres Tempos, häufig gefährliche Situationen provozieren. Dem steht gegenüber, dass viele Vorkehrungen und auch die Wegeinstandhaltung für den Fußgängerverkehr ebenso erforderlich sind und genannte Beeinträchtigungen ausschließlich auf‐ grund von Mountainbiker: innen nicht nachvollziehbar sind. - Rechtliche Rahmenbedingungen Die fallbezogene Auslegung der Wegeeignung ist eine weitere Hauptursache, da zwischen den Parteien unterschiedliches Verständnis aufeinandertrifft. Ein Eigentümer sagte hierzu „Ein Mountainbiker, für den wird es immer geeigneter, je steiler und steiniger es wird […], und für uns [Waldbesitzer] im Gegenteil“. Auch die zuständigen Behörden werden für die Schaffung klarer Regelungen in der Verantwortung gesehen, da rechtliche Unwissenheit und Missverständnisse auf Haftungsfrage 55 <?page no="56"?> beiden Seiten auftreten. In diesem Zuge wurde die unsachliche, mediale Auf‐ bereitung einzelner Präzedenzfälle kritisiert, die zu Verängstigung der Eigen‐ tümer: innen führt. Die Haftungsfrage beschäftigt die Grundeigentümer: innen, wird jedoch kaum als primärer Grund aufgeführt. - Sportartentwicklung Mountainbiking Die zunehmende Popularität und Weiterentwicklung der Sportart und die damit steigende Nutzungsfrequenz und -intensität strapaziert den Rahmen des freien Betretungsrechts, überlastet stellenweise die Wegeinfrastruktur (v. a. an Wo‐ chenenden), während spezifische Angebote fehlen. Über den starken Zuwachs sind sich die Experten einig, wenngleich dies nicht zwingend in Zusammenhang mit den Konfliktursachen gesehen wird. Gegenüber dem Wandern und der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung gilt Mountainbiken als vergleichsweise junges Phänomen und dadurch als weniger etabliert und akzeptiert, wie von vier der Experten beschrieben wird. - Verhalten der Mountainbiker: innen Der Gruppe der Mountainbiker: innen wird in diesem Konflikt ein fehlendes Bewusstsein für die Fortbewegung auf fremdem Eigentum, fehlende Rücksicht für dieses (z. B. in Form von ungeschlossenen Weidetoren) sowie die Missach‐ tung von Sperren und fehlende Gesetzeskonformität (z. B. Querfeldeinfahren) angelastet. Gleichzeitig sehen sich die Mountainbiker: innen im Recht, sich frei in der Natur bewegen zu dürfen, was sich in Extremformen in Querfeldeinfahren und illegalem Streckenbau äußert. Weniger relevant sind die wahrgenommene Geschwindigkeit, das Verharmlosen der Haftungsproblematik und aggressives Verhalten bei Aufeinandertreffen. - Verhalten der Eigentümer: innen Das Verhalten der Eigentümer: innen scheint insgesamt weniger ursächlich für den Konflikt. Die Mountainbiker: innen sind laut einiger Experten ein Feindbild für Grundeigentümer: innen, die zum Teil grundsätzlich keinen Fahrradverkehr auf ihrem Grund akzeptieren möchten. Wegeeinschränkungen durch (inoffi‐ zielle) Verbotsschilder, Sperrungen oder Rückbau von Wegen sind ebenfalls problematisch. - Fehlende Ansprechpartner und Anonymität Ebenfalls wird die Anonymität der Mountainbiker: innen aufgrund ihrer ge‐ ringen Organisation in Vereinen und Interessensverbänden angesprochen und 56 Lilli Schmitt, Benjamin Trotter & Manuel J. Steinbauer <?page no="57"?> das damit einhergehende Fehlen von Ansprechpartnern, um in Kontakt zu treten und aufkommende Problematiken besprechen zu können. - 6.2 Rechtliche Rahmenbedingungen Vor allem die Vertreter der Eigentümer: innen und Gemeinden beurteilen die rechtlichen Rahmenbedingungen als unzureichend. Sie fordern weniger Einzelfallabhängigkeit und damit einhergehend gesetzliche, statt gerichtliche Präzisierung, insbesondere was Schilder, Weiden und Wegeeignung betrifft. Auf der anderen Seite wird die Gesetzeslage als ausreichend gesehen, da faktisch kein erhöhtes Haftungsrisiko bestehe. - Haftung Hinsichtlich der Haftung bestehen vor allem Bedenken bei illegal angelegten Strecken und Bauten (z. B. Sprünge), da es sich bei Kenntnis durch die Ei‐ gentümer: innen um die fehlende Beseitigung einer atypischen Gefahr handle. Eine kontinuierliche Überwachung des Geländes ist für die Bewirtschaftenden räumlich und zeitlich parallel zu ihrer Existenzerhaltung nicht möglich. Die Unterscheidung in typische und atypische Gefahren in Zusammenhang mit den Verkehrssicherungspflichten und dem Freizeitverkehr im Allgemeinen ist bekannt. Das damit verbundene Haftungsrisiko wird als gering eingeschätzt, auch vor dem Hintergrund, dass Gerichtsfälle als Ausnahme gesehen werden. Einigkeit besteht, dass grobe Fahrlässigkeit und eigens geschaffene Gefahren‐ quellen immer ein Problemfall sein werden und hier zu Recht eine gewisse Eigenverantwortung besteht. Andererseits soll es nicht in der Verantwortlichkeit der Eigentümer: innen liegen, für den allgemeinen Erholungsrahmen zu sorgen. Laut einer der Gemeinden blockiert dies die Schaffung von lenkenden Angeboten. - Freies Betretungsrecht Die Verankerung des „Befahrens“ der Natur im freien Betretungsrecht wird als positiv oder neutral gesehen, sollte aber an das sich verändernde Freizeit‐ verhalten angepasst werden. Kritik gibt es vor allem an der Definition der Wegeeignung und an Nachtfahrten. - Wegeeignung Die Ansicht, eine situativ natur-, sozial- und eigentümerverträgliche sowie eigenverantwortliche Beurteilung der Wegeeignung durch die Mountain‐ biker: innen selbst als (Rechts-)Standard anzuwenden, steht der Forderung nach einem allgemeingültigen, situationsunabhängigen, sachlichen Kriterienkatalog gegenüber. Situative Faktoren können beispielsweise die aktuelle Frequentie‐ Haftungsfrage 57 <?page no="58"?> rung oder eine momentan erhöhte Erosionsgefahr aufgrund von starker Nässe sein. Je nach Auslegung und der Bewertung von objektiven Kriterien kann es aber auch hier zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, weshalb es wichtig ist, die Bandbreite der Interessensgruppen zu integrieren. Insgesamt fallen folgende Kriterien zur Wegebewertung: Erosionsrisiko, Wegbreite, Untergrund‐ beschaffenheit, Steilheit, Übersichtlichkeit, Schutz sensibler Flächen, Ausbau‐ grad, Ausweich-/ Überholmöglichkeit, Frequentierung, Instandhaltungskosten, öffentliche Widmung und Hindernisse. - 6.3 Lösungsansätze - Information, Kommunikation und Aufklärung Alle Experten sehen dies als Grundlage jeglicher Konfliktlösung und -prä‐ vention, um ein sachliches Miteinander zu ermöglichen und die Akzeptanz von Sperrungen beispielsweise durch ausreichend Hintergrundinformation zu erhöhen. Runde Tische und überregionale Ansprechpartner: innen (wie im Kletterkonzept Frankenjura) werden als Möglichkeiten zur persönlichen Inter‐ aktion gesehen. Weiter sollen Interessenszusammenschlüsse wie Sportvereine und Eigentümervereinigungen, die Fachpresse, Gemeinden, Tourismus- und Regionalverbände sowie der Fahrradhandel und die Fahrradindustrie dazu beitragen. Thematisch werden die Punkte Lösungsmöglichkeiten, Rechtslage, Naturschutz, Landwirtschaftsverständnis und Jugenderziehung als wichtig er‐ achtet. Die Mountainbike-Experten fordern außerdem eine Imageverbesserung des Sports. Grenzen sehen die Experten in der Skalierbarkeit, der Effektivität und Wirkung der Aufklärung und ob daraus tatsächlich Verhaltensänderungen resultieren. - Mountainbikespezifische Infrastruktur Bedarfsgerechte und attraktive Infrastruktur, die gleichzeitig die Interessen der Eigentümer: innen und der Land- und Forstwirtschaft wahrt, wird als nötig und sinnvoll eingestuft. Bedenken bestehen hinsichtlich des Aufwands der Abstimmung, der Finanzierung und Raumengpässen aufgrund bereits beste‐ hender Wanderinfrastruktur. Andererseits kann diese Infrastruktur auch für beide Erholungsgruppen genutzt werden. In Kombination mit vertraglicher Absicherung der Haftung sieht die Mediation hier eine praktikable Lösung. - Vertragliche Vereinbarungen und kommunale Haftpflichtversicherung Die Haftungsentlastung mittels vertraglicher Vereinbarungen mit Gemeinden, Tourismusverbänden oder Vereinen wird für die Praxis befürwortet, insbe‐ 58 Lilli Schmitt, Benjamin Trotter & Manuel J. Steinbauer <?page no="59"?> sondere wenn Instandhaltung und Verkehrssicherungspflichten auf den Ver‐ tragspartner übergehen. Der Aufwand und die Langwierigkeit aller einzelner Vertragsabschlüsse können hinderlich sein. Daran anknüpfend werden für Gemeinden zusätzlicher, insbesondere personeller Aufwand für die Vertrags‐ umsetzung und Unterhalt des Wegenetzes befürchtet. Weitere einschlägige Punkte sind die Einstellung gegenüber der Sportart seitens Gemeinde und Eigentümer: innen, die bestehende Duldung durch das freie Betretungsrecht und die Auswahl der einzubeziehenden Eigentümer: innen. Eine vollständige Entlastung erscheint unwahrscheinlich, da Stellungnahmen seitens Grundei‐ gentümer: innen nicht ausgeschlossen sind und die Absicherung von (grob) fahrlässigem Handeln fragwürdig bleibt. Laut Versicherer kann die Haftpflichtversicherung für Kommunen um den Mountainbike-Verkehr erweitert werden. Die Gemeinde schließt hier die Ge‐ stattungsverträge und übernimmt Verkehrssicherungspflichten und Haftung. Die Kostenbelastung ist von zu vernachlässigender Größe. - Ausgleichszahlungen Ausgleichszahlungen zur Entschädigung und Wertschätzung werden befür‐ wortet, mitunter als notwendig erachtet, während der Maßstab und der admi‐ nistrative Aufwand hinterfragt werden. Finanzierungsmöglichkeiten sind die Landes- oder Bundesebene, Trail-Abgaben für Mountainbiker: innen und beste‐ hende Förderleistungen, die Eigentümer: innen an Gemeinwohlleistungen (wie die Erholung) binden und entschädigen. Fraglich wäre, inwieweit Förderungen bereits als Gegenleistung für die Gewährung des freien Betretungsrechts be‐ trachtet werden können und ob die Verteilung „erholungsspezifisch“, z. B. über Heatmaps oder aktive Wegpflege, erfolgen müsste. Eine der Gemeinden sieht Ausgleichszahlungen mit Blick auf die Haftungsfrage als wenig zielführend an und laut DAV ist dies bei Bestandswegen bisher keine aktive Forderung. - Nutzungsgebühren Die Erhebung von Nutzungsgebühren für Mountainbiker: innen gilt als schwierig umsetzbar, da kaum flächendeckende Kontrollmöglichkeiten be‐ stehen, und wird als Maßnahme ausschließlich die Mountainbiker: innen be‐ treffend kritisch bewertet. Eine praktikable Alternative wäre an entsprechenden Orten Parkplatzgebühren zu erheben oder eine Spendenoption für regelmäßig gepflegte Infrastruktur einzurichten. Haftungsfrage 59 <?page no="60"?> Ordnungspolitische Regelungen Insbesondere Grundeigentümer: innen und Gemeinden fordern mehr Eindeu‐ tigkeit in Vorgaben und Regelungen, auch was die Vorsichtsmaßnahmen wie Beschilderung oder Gestaltung von Zäunen und Absperrungen betrifft. Einzelne Forderungen sind die gänzliche Haftungsfreistellung, die Begrenzung des freien Betretungsrechts, weniger Einzelfallabhängigkeit und Kontroll-Ranger. Die Mountainbiker: innen plädieren hingegen für eine Gleichstellung von Fahrrad- und Fußgängerverkehr als Öffnung für die Sportart und die Hervorhebung des Fahrens auf eigene Gefahr. Verbote werden von beiden Seiten als vermeintlich schnelle Lösung mit wenig Potenzial zur Um- und Durchsetzung eingestuft. - Verhaltensänderungen Als Verhaltensänderung für die Grundeigentümer: innen wird vor allem eine sachliche und neutrale Reflektion der Thematik gefordert und seitens der Mountainbiker: innen eine Akzeptanz und Toleranz als etablierte Natursportart. Ein Mediations-Experte betont, dass Konflikte relativ gesehen die Ausnahme bilden und damit keine Verhaltensänderungen bedingen. Von den Mountain‐ biker: innen wird das Einhalten von Regeln und angemessenes Verhalten auf fremden Grund erwartet. Konkret wird an die Einhaltung von Sperrungen, die Rücksicht auf andere Nutzergruppen und Weidevieh, den sorgsamen Umgang mit der Natur, keine Abkürzungen, die Akzeptanz von Personal auf der Fläche und die Anerkennung land- und forstwirtschaftlicher Arbeit sowie keinen unerlaubten Streckenbau appelliert. - Weitere Vorschläge zu Lösungsansätzen Weitere Vorschläge zu Lösungsansätzen sind u. a. Instandhaltung durch Moun‐ tainbike-Vereine, Ranger, vollständige Eigenhaftung der Mountainbiker: innen, Nummernschilder, Kommunikation von Best-Practice-Beispielen und eine ak‐ tive politische Entscheidung für den Mountainbike-Sport. - 6.4 Lösungsansatz einer landesweiten Versicherungsoption Eine flächendeckende Versicherungsoption würde laut neun der zehn Experten deutlich zur Konfliktentspannung beitragen, wenngleich der psychologische Ef‐ fekt überwiegen könnte, da die meisten Eigentümer: innen bereits eine Betriebs‐ haftpflichtversicherung haben. Vorteile werden in der Einheitlichkeit der Rege‐ lung, der Entlastung auf kommunaler Ebene, der Eindeutigkeit von Regelung und Umfang einer Versicherung, dem Entfallen einzelverhandelter Gestattungs‐ verträge sowie in der Übernahme der Verantwortung des Landes hinsichtlich des freien Betretungsrechts und steigenden Ausübungszahlen gesehen (Erfül‐ 60 Lilli Schmitt, Benjamin Trotter & Manuel J. Steinbauer <?page no="61"?> lung „verfassungsrechtlicher Verpflichtung“). Die finanzielle Belastung der Ver‐ sicherungsprämie und Schadenseinstufung wäre über das Land abgegolten und nicht mehr Sache der Grundeigentümer: innen. Bedenken bestehen hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit eines flächendeckenden Lösungsansatzes, da die Haf‐ tungsproblematik vor allem Hotspot Regionen betrifft, der Absicherung von atypischen Gefahren und des verbleibenden Restrisikos bei Eigentümer: innen, der Übertragung der Verkehrssicherungspflichten von Eigentümer: innen an die Gemeinden und der Umsetzbarkeit dieser Übertragung. Außerdem wird die Bereitschaft des Freistaats Bayern und der Versicherungsanbieter sowie die Dauer der Umsetzung in Frage gestellt. 7 Diskussion - 7.1 Konfliktursachen Der Konflikt wird weniger rein durch die Haftungsfrage bestimmt, hingegen kommen eine Vielzahl angesprochener Ursachen auf dem Grundeigentum zum Tragen. Damit ist eine isolierte Betrachtungsweise hinfällig. Die Auswir‐ kungen der Sportartentwicklung, des Verhaltens der Mountainbiker: innen und der rechtlichen Rahmenbedingungen werden auf diesem Eigentum sichtbar. Fehlende Ausweichmöglichkeiten für Eigentümer: innen führen zu mehr Kon‐ fliktempfindlichkeit und einer asymmetrischen Konfliktverteilung auf Eigen‐ tümer: innenseite, wie seitens der Experten eingeschätzt wird (Volz & Mann 2006, S. 45f.). Zugrunde liegen divergierende Wertevorstellungen und die Verfol‐ gung unterschiedlicher Ziele der beiden Parteien, wonach es sich überwiegend um einen sozialen Wertekonflikt ohne zwischenmenschliche Konfrontation handelt (Vaske et al. 1995, S.-206ff.; Manning 2011, S.-210f.). Obwohl keine erhöhten Verkehrssicherungspflichten notwendig sind, emp‐ finden die Grundeigentümer: innen verstärkte Sicherheitsrisiken, etwa während der Bewirtschaftung und Instandhaltung. Hier kann seitens der Mountain‐ biker: innen durch Beachtung der Sperrungen und Vermeiden von Schäden vor‐ gebeugt werden. Laut Umfrage der DIMB (2010, S. 15, 17) kommt es aber nur bei 20-% von Mountainbikeunfällen überhaupt zu Verletzungen und nur circa 10-% passieren mit Fremdbeteiligung. Diese Diskrepanz zwischen Theorie, Praxis und subjektiven Empfinden zeigt sich auch bei naturschutzfachlichen Bedenken, insbesondere bei Bodenerosion. Einerseits gibt es deutlich negative Erfahrungen der Bewirtschaftenden, andererseits gibt es keine einheitlichen wissenschaftli‐ chen Erkenntnisse zu Mountainbike-bedingter Bodenerosion (vgl. Kuwaczka et al. 2023) und ebenso starke Schäden durch die Viehwirtschaft, wie ein Experte anmerkte. Entweder sind lokale Unterschiede so signifikant oder der aktuelle Haftungsfrage 61 <?page no="62"?> Forschungsstand und die rechtlichen Gegebenheiten werden den tatsächlichen Umständen nicht gerecht. Dies betrifft nicht zwingend die Gesamtheit beider Parteien - verglichen mit der großen Zahl an Mountainbiker: innen und der Befahrung einer Vielzahl an Flächen verläuft die Sportausübung relativ gesehen in der Hauptsache unproblematisch. Die Experteninterviews zeigen eine solche Konzentration des Konflikts in besonders frequentierten und attraktiven Ge‐ bieten (Hotspots). Eine weitere Forschungsarbeit bestätigt diese lokalen Un‐ terschiede in der Konfliktausprägung zwischen Mountainbiker: innen und ver‐ schiedenen Stakeholdern (Stevens 2021). Folglich ist keine Generalisierung der Problematik möglich. Das Hotspot-Phänomen betrifft jedoch nicht ausschließ‐ lich den Mountainbike-Sport, sondern ist besonders in und um dicht besiedelte Stadtgebiete ein übergeordnetes Raumproblem auf nationaler Ebene (Sobek et al. 2019, S. 40f.). Situationen mit Konfliktpotenzial nehmen in den letzten Jahren aufgrund von steigenden Ausübungszahlen in Naturbewegungsformen zu und der Druck auf Erholungsflächen durch diesen starken Outdoortrend steigt (z. B. dpa 2021; Hohmann 2021; Servicestelle StMUV, persönliche Kommunikation, 2. Dezember 2021). Das Fehlen ausreichender und attraktiver Angebote für Moun‐ tainbiker: innen zeichnet sich vor diesem Hintergrund deutlich ab. Verglichen zum etablierten, klassischen Wandern wird dem Mountainbiken als jüngere (aber in Deutschland auch schon etwa 40 Jahre andauernde) Entwicklung vermehrt kritisch gegenübergestanden. Die Haftung als Konfliktursache ist folglich vielmehr die „Spitze eines Eisberges“, während gebietsweise hohe Frequentierungen und deren Folgen die natürliche und die soziale Umwelt stark belasten. Meinungsverschieden‐ heit hinsichtlich der Geeignetheit von Wegen, wo sich Mountainbiker: innen bewegen wollen und von Grundeigentümerseite aus bewegen sollen, verhärtet zusätzlich die Fronten. Wenngleich die beiden Parteien sich deswegen nicht als Gegner sehen sollten. Die Interessen liegen nicht unüberbrückbar auseinander: der Schutz des Grundeigentums unter ökologischen und wirtschaftlichen Ge‐ sichtspunkten gegenüber dem Naturerlebnis als eines der Hauptmotive beim Mountainbiken. Dies sollte nicht in einem Anbieter-Nutzerverhältnis gesehen, sondern das gemeinsame Erhalten und Genießen der Naturräume in den Vordergrund gestellt werden. - 7.2 Rechtliche Rahmenbedingungen und Haftung Die Auffassungen zur Wegeeignung unterscheiden sich, wenngleich Kriterien in der Regel mehrfach genannt werden. Eine durch die Mountainbiker: innen vorgeschlagene eigenständige Bewertung der Wege erscheint nur möglich, wenn Grundeigentümer: innen nicht mehr in der Verantwortung der Verkehrs‐ 62 Lilli Schmitt, Benjamin Trotter & Manuel J. Steinbauer <?page no="63"?> sicherung stehen oder Mountainbiker: innen in vollständiger Eigenverantwort‐ lichkeit fahren. Das andere Extrem, das Befahren auf ausgebaute Forststraßen zu beschränken, ist vor dem Hintergrund der Ausübungszahlen (IfD Allensbach 2022) und Präferenzen der Mountainbiker: innen (Sobek et al. 2018) in der Praxis unrealistisch. In einer Befragung von Mountainbiker: innen bilden Forststraßen 53 % der Wegenutzung, neben Singletrails mit 47 % (DAV e.V. 2019a, S. 10). Dies lässt wiederholt auf eine zum Großteil unproblematische Sportausübung im Gesamtkontext schließen. Auf das Erosionsrisiko wird am häufigsten eingegangen, welches in Zusam‐ menhang mit den Merkmalen Untergrundbeschaffenheit und Steilheit steht. Daran wird deutlich, dass der ursprüngliche Haftungskonflikt nicht scharf von anderen Bedenken trennbar ist. Inwiefern bei Befahrung von nicht geeigneten Wegen ohne entsprechende Kennzeichnung ein Eigentümer für die Verletzung von Verkehrssicherungs‐ pflichten belangt werden kann, bleibt gerichtlich zu klären (Rist 2019, S. 5). In den bisherigen Verfahren trat die Unterscheidung in geeignete und ungeeignete Wege jedoch kaum in den Vordergrund und ist damit in Zusammenhang mit der Haftungsproblematik kein entscheidender Faktor. Eine Präzisierung der Gesetzeslage, wie von einigen Experten gefordert, erscheint unwahrscheinlich, da zuständigen Behörden den rechtlichen Rahmen für hinreichend eindeutig befinden (AG „Mountainbike und Wegeeignung“ 2019, S. 3). Eine Präzisierung der Haftung nach § 823 BGB entspräche nicht den Grundsätzen der abstrakten deliktischen Haftung im deutschen Rechtssystem (Rist 2019). Weiter schaffen die wenigen Gerichtsurteile sowie die Vollzugshinweise (StMUV 2020) ange‐ messene Klarheit, wie auch der DAV bestätigt, der sich im Rahmen seines Mountainbike-Projekts umfassend mit Rechtsfragen beschäftigt (DAV e.V. o. J. b). Die Interviews zeigen zudem, dass selbst die Experten mit Informations‐ defiziten und Unklarheiten zu kämpfen haben. Die geforderte Präzisierung könnte demnach leichter durch eine eindeutige, landes- oder bundesweite Kom‐ munikation der aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen seitens offizieller Institutionen umgesetzt werden. In diesem Zuge könnte auch über die tatsäch‐ lichen Haftungsverhältnisse, vor allem aus der angewandten Rechtsprechung heraus, aufgeklärt werden. Bezüglich folgender Punkte scheint es vermehrt zu Missverständnissen zu kommen: • Mountainbike-Verkehr erfordert keine zusätzliche Verkehrssicherung, damit besteht rein rechtlich kein erhöhtes Haftungsrisiko im Vergleich zu Fußgängerverkehr • Umfang des Haftungsrisikos und Seltenheit des Haftungseintritts • Abgrenzung zwischen typischen und atypischen Gefahren Haftungsfrage 63 <?page no="64"?> • Gestaltung von Sicherungsvorkehrungen wie Schildern und Absperrungen • Bisherige Verschuldensfälle, ursächliche Umstände und Verfahrensausgang • Betonung der Eigenverantwortlichkeit bei Aktivitäten in der Natur Als sehr problematisch zeigt sich die Unklarheit bezüglich illegalem Streckenbau in Verbindung mit baulichen Anlagen für Sprünge oder Ähnliches. Dies ist dem zuständigen Ministerium bereits bewusst (Servicestelle StMUV, persönliche Kom‐ munikation, 2. Dezember 2021). Einigkeit besteht, dass die Haftung für Bauten und Freizeitverhalten von (unbekannten) Dritten nicht dem angemessenen Maß an Verantwortung für einen Grundbesitzer entspricht. Eine Stellungnahme seitens der Justiz wäre wünschenswert, bzw. eine Regelung, die Grundeigentümer: innen für diesen Fall freistellt. Hier sollte die Eigenverantwortlichkeit der Erholungssu‐ chenden im Vordergrund stehen. Neue Wege entstehen jedoch auch aufgrund anderer Nutzungsgruppen, sodass Mountainbiker: innen nicht für jegliche Weg‐ bildung in der Natur verantwortlich gesehen werden sollten. Ungeachtet der Berechtigung der Haftungsbedenken und der rechtlichen Sachlage ist die Haftungsproblematik relevant: Ein Haftungsrisiko besteht, wenngleich gering, und die Eigentümer fühlen sich offensichtlich durch dieses belastet. Wie bereits angeführt, können Schadensersatzzahlungen in einzelnen Fällen schnell sechsstellige Euro-Beträge erreichen (Gebhard 2016, S. 15). Trotz Betriebshaftpflichtversicherung kann dies existenzielle Bedenken auslösen. Die Seltenheit rechtlicher Auseinandersetzungen, bestätigt durch die Einschätzung der Experten, signalisiert erneut den Ausnahmezustand eines tatsächlichen Haf‐ tungseintritts. Wenn überhaupt, kam es nur zu einer Teilschuld des Eigentümers, auch in den angesprochen Hotspot Regionen wie dem bayerischen Alpenvor‐ land. Eine abschließende Klärung der Haftungsproblematik durch Aufklärung und/ oder signalwirkende Haftungsentlastung in Form von Haftungsübertrag oder Eigenversicherung der Mountainbiker: innen ist notwendig, um dieses Hemmnis zwischen den Parteien zu beseitigen. - 7.3 Evaluation der Lösungsansätze Für eine möglichst effiziente und flexible Herangehensweise bietet sich die Kombi‐ nation mehrerer Ansätze an, wie sich auch in den Meinungen der Experten wider‐ spiegelt (Lorch 1994, S.-10; Servicestelle StMUV, persönliche Kommunikation, 2. Dezember 2021). Information, Kommunikation und Aufklärung ist dabei die wesentliche Basis, sowohl als eigenständiger Ansatz als auch Teil anderer Ansätze, beispielsweise muss attraktive mountainbikespezifische Infrastruktur auch kom‐ muniziert werden. Zwischen Grundeigentümer: innen und Mountainbiker: innen ist eine räumliche Trennung nicht realistisch, was eine Kommunikation zwischen beiden Parteien erfordert. Der Diskussionsbedarf an bisherigen runden Tischen 64 Lilli Schmitt, Benjamin Trotter & Manuel J. Steinbauer <?page no="65"?> zeigt deren Notwendigkeit. Die Sportkletterszene im Frankenjura verdeutlicht das Potenzial: Hier hat sich die Lage deutlich entspannt und die Szene selbst beteiligt sich aktiv an Sperr- und Instandhaltungsmaßnahmen (IG Klettern Fran‐ kenjura, Fichtelgebirge und Bayerischer Wald e.-V. 2021). Ein Mediationsexperte plädiert für die Bildung von übergeordneten Ansprechpartner: innen analog zu den Kletterkonzepten. Dies würde dem geringen Organisationsgrad und damit dem Fehlen konkreter Ansprechpersonen für betroffene Eigentümer: innen oder Gemeinden als Konfliktursache entgegenwirken (Lorch 1994, S. 75; Speidel & Suter 2006, S. 64; DIMB e.V. 2010, S. 11; DAV e.V. 2019c, S. 6). Sprachrohre wie die Fahrrad-Industrie mit Herstellern, Handel und Fachpresse, die von den Experten vermehrt in der Verantwortung gesehen werden, können ebenfalls die lückenhafte Vereinsstruktur kompensieren und die breite Masse an Aktiven erreichen, beispielsweise über den Dachverband Union Cycliste Internationale (UCI) mit seinen nationalen Verbänden, andere Verbände und Interessensgruppen wie DAV und DIMB oder an den Fahrradkauf gekoppelt (Speidel & Suter 2006, S. 65; Sobek et al. 2019, S. 42ff.). Insbesondere stehen auch die Tourismus-Regionen und -organisationen in der Verantwortung, da diese stark von einer Zunahme im Mountainbike-Tourismus profitieren. Gleiches gilt auch für die Fachpresse sowie für akzeptierte Kommunikationswege seitens der Grundeigentümer: innen. Kon‐ krete Anforderungen und Unterstützung für derartige Informationskampagnen durch die zuständigen Ministerien wären wünschenswert. Von einem erhöhten gegenseitigen Verständnis und spezifischen Wissen zu Rechts- und naturschutz‐ fachlichen Aspekten ist eine steigende Akzeptanz einerseits zwischen den Kon‐ fliktparteien füreinander und andererseits der ausschlaggebenden Hintergründe, zum Beispiel für naturschutzbedingte Sperren oder konkrete Haftungsbedenken, zu erwarten. In Anbetracht der Zunahme des Konflikts und dem weiter steigenden Druck auf Erholungsflächen wird ein rein kommunikativer Ansatz nicht mehr ausreichen. Eine Lenkung der Sportart Mountainbike, vor allem in Hotspot-Gebieten, ist nicht nur im Sinne der Eigentümer: innen, sondern punk‐ tuell auch unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten absolut notwendig. Dominant ist vor allem die Diskussion um verursachte Erosionsschäden sowie einhergehend die Erosion als Kriterium der Wegeeignung. Diese Erosions‐ schäden können jedoch durch Lenkungsmaßnahmen deutlich eingeschränkt werden und gleichzeitig geeignete Wege kenntlich gemacht werden (Hödl & Pröbstl-Haider 2016, S. 130f.). Die lenkende Ausweisung mountainbikespezi‐ fischer Infrastruktur trägt auch zur Reduzierung von Nutzungskonflikten mit Grundeigentümer: innen bei, da sie klare Verhältnisse schafft und eine vorhergehende Abstimmung stattfinden kann. Nach dieser Prämisse arbeitet Haftungsfrage 65 <?page no="66"?> auch das DAV MTB-Projekt: Die gemeinsame Erarbeitung eines Wegenetzes mit Mountainbike-Trails steht im Vordergrund. Diese Infrastruktur muss aus‐ reichend attraktiv gestaltet werden, um eine Honey-Pot-Lenkung zu erreichen (Roth 2006, S. 9f.). Eine Ausschilderung von Forststraßen, die aufgrund ihres Ausbaugrades einstimmig als geeignet gelten, wird deshalb nicht ausreichen. Mountainbike-Wege können Einschränkungen im Bewirtschaftungsbetrieb re‐ duzieren, da offensichtlich ist, wo sich die Fahrenden vermehrt bewegen. Zudem ändert sich die rechtliche Situation, wenn Vereine, Tourismusverbände und/ oder Gemeinden die Ausweisung in die Hand nehmen (→ Vertragliche Vereinbarung). Eine Regulierung über strengere ordnungspolitische Rahmenbedin‐ gungen, insbesondere der Ausweitung von gesetzlichen Verboten für Moun‐ tainbiker: innen für bestimmte Gebiete, Wege oder Ähnliches wird von einigen Experten begrüßt und überdies für unausweichlich befunden, jedoch verspricht diese „Negativ-Lenkung“ wenig Lösungspotenzial und geringe Akzeptanz sei‐ tens der Mountainbiker: innen. Vielmehr wird eine Verschärfung des Konflikts durch Beschränkungen erwartet (Wöhrstein 1998, S. 195). Dies spiegelt sich im Verhalten der Eigentümer: innen in Form von (oft nicht behördlich autori‐ sierten) Wegeeinschränkungen und Verboten wider und wird besonders von der Mediations- und Mountainbike-Seite problematisch gesehen. Ebenso stellt sich die Frage der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen, wenn keine besonderen Gefahrenstellen oder stärker zu schützenden Naturgegebenheiten vorliegen (Lorch 1994, S. 8; Wöhrstein 1998, S. 195). Sportliche Aktivität rechtlich zu regu‐ lieren entspräche nicht dem Grundgedanken des freien Betretungsrechts, das die Experten als gerechtfertigt sehen. Hinter der Kontrolle solcher Beschränkungen steht zudem hoher personeller Aufwand, um sie wirksam durchzusetzen. Ranger mit Vollzugsgewalt, wie vereinzelt vorgeschlagen, wären eine Möglichkeit. Alternativ könnten diese personellen Ressourcen für die Wegpflege und Ver‐ kehrssicherung sinnvoller eingesetzt werden. Eine Haftungsentlastung, wie durch einen strengeren Rechtsrahmen erhofft, kann auch auf vertraglicher Basis erreicht werden, was die Experten ausge‐ nommen vorsätzlichen und grob fahrlässigen Handelns begrüßen. Mit der Ausweisung von Infrastruktur geht eine vertragliche Vereinbarung zum Haf‐ tungs- und Verkehrssicherungsübergang Hand in Hand und wird in der Praxis bereits umgesetzt. Andernfalls können Haftungsbzw. Unfallrisiken durch die ansteigende Frequentierung nach der Ausweisung steigen, wenngleich faktisch keine erhöhten Verkehrssicherungspflichten gefordert sind (Rist 2019, S. 5-7). Vielfach hinterfragt wird der Aufwand der Vertragsschließungen, da je nach Größe der Parzellierung und Wegeverlauf sehr viele Eigentümer: innen betroffen 66 Lilli Schmitt, Benjamin Trotter & Manuel J. Steinbauer <?page no="67"?> sein können. Vertragspartner ist entweder die Gemeinde oder ein Verein, wie in Freiburg und Treuchtlingen ( Jauch 2021; Spießl 2021; Mountainbike Freiburg e.V. o. J.). Ein proaktives Vorgehen der Mountainbike-Szene mit ihren Organi‐ sationen, Interessensvertretungen und anderen Akteuren (z. B. Testimonials) ist dringend gefragt, um eine Verantwortungsübernahme aus der Szene heraus voranzutreiben. Entschließt sich die Gemeinde Mountainbike-Trails auszuweisen und in ihre Verantwortung zu nehmen, bietet sich die Kombination mit der erwei‐ terten kommunalen Haftpflichtversicherung an. Wünschenswert sind eine Vereinfachung des administrativen Aufwands in Form von gesammelten Vertragsabschlüssen oder einer vereinheitlichte Vertragsabwicklung und eine übergeordnete Steuerung, Unterstützung und Empfehlung für dieses Verfahren seitens Landes- oder sogar Bundesregierung für die Gemeinden. Nach Schweizer Vorbild hätte jedes Bundesland eine Fachstelle für Langsamverkehr (Fußgänger und Fahrradfahrer in Alltag und Freizeit), um insbesondere die Gemeinden mit Fachwissen, aber auch finanziell zu unterstützen. In stark frequentierten Gebieten bedarf es für die Wegepflege und Verkehrssicherung der Ausschrei‐ bung von geeigneten Stellen, um den personellen Aufwand zu decken. Denkbar wäre auch ein verantwortlicher Posten auf Landkreis- oder Bezirksebene. Verbleibt die Wegpflege und/ oder die Verkehrssicherungspflicht bei den Grundeigentümer: innen, ist über ein Kompensationsschema als Ausgleich für Kosten und Risiko zu beraten. Die Bundesplattform WaSEG (2019, S. 8ff.) empfiehlt in diesem Sinne die staatliche Finanzierung von Erholungsangeboten für die Allgemeinheit im Wald, um entstehenden Mehraufwand durch das freie Betretungsrecht oder die Schaffung spezifischer Angebote auszugleichen. Es wird ein zweistufiges System mit lokal differenzierten pauschalen Ausgleichs‐ zahlungen und zusätzlichem Ausgleich von Mehrangeboten, die auf freiwilliger Basis entstehen, vorgeschlagen (Bundesplattform „Wald-Sport, Erholung, Ge‐ sundheit“ 2019, S. 13). Die Integration dieser Förderungen in das bestehende System, wie von den Experten angeregt, ist Sache der zuständigen Behörden. Die alternative Finanzierung über Nutzungsgebühren findet unter den Experten kaum Zuspruch. Zum gleichen Ergebnis kommt die Bundesplattform WaSEG (2019, S. 8, 11), die das Erholungsgebiet Wald als Gemeinwohlleistung ansieht. Durchaus können Spenden, hier gelten erneut Freiburg und Treucht‐ lingen als Beispiel, oder projektbezogenen Beteiligungen eine unterstützende Rolle in der Finanzierung zukommen (HeumödernTrails e. V. 2021; Mountain‐ bike Freiburg e.V., o. J.). Zweidrittel der Mountainbike-Szene wären bereit, Angebote oder deren tragende Vereine finanziell zu unterstützen (DIMB e.V., 2010, S. 26). Die Refinanzierung von frei zugänglichen Angeboten ist auch Haftungsfrage 67 <?page no="68"?> rechtlich eingeschränkt, da sie prinzipiell kostenfrei zugänglich sein müssen (Art. 27 (1) BayNatschG; spezifiziert in StMUV 2020, S.-12). Die Verhaltensänderungen seitens der Mountainbiker: innen nehmen in der Besprechung der Lösungsansätze keinen so großen Stellenwert ein wie ihr Verhalten in den Konfliktursachen. Dies verstärkt die Annahme, dass negativ auffälliges Verhalten der Mountainbiker: innen relativ stärker wahrgenommen wird als positives oder neutrales Verhalten. Folglich verliefe wieder ein Großteil der Sportausübung unproblematisch. Die Verhaltensänderungen lassen sich unter Sozial-, Gemein-, und Naturverträglichkeit zusammenfassen und entspre‐ chen dem Bewertungsmaßstab der Wegeeignung aus den Vollzugshinweisen. Auf diese drei Aspekte sollte somit der Fokus in der Informationsvermittlung und Aufklärung innerhalb der Mountainbike-Szene gelegt werden. Eine landesweite Versicherungsoption verspricht die Klärung einiger wich‐ tiger Punkte im Konflikt. So erfolgt eine eindeutige Definition des Versiche‐ rungsumfangs, der Pflichten der Eigentümer: innen, der verbleibenden Risiken für Eigentümer: innen, der Rahmenbedingungen für Schadensfälle sowie der Verkehrssicherungspflichten seitens der Eigentümer: innen, Gemeinden oder des Landes einheitlich für Bayern. Gleichzeitig erfolgt mit der landesweiten Versicherung eine Art Ausgleich für die Grundeigentümer: innen verglichen zur privaten Betriebshaftpflichtversicherung, da die Versicherungsprämie nun vom Land übernommen wird. Zusätzlich werden die Gemeinden im administrativen Aufwand entlastet. Vor allem die positive Signalwirkung eines solchen Vorhabens für Grundeigentümer: innen und Mountainbiker: innen ist nicht zu unterschätzen, gerade da sich die Eigentümer: innen in vieler Hinsicht mit den Problemen allein gelassen fühlen. Die Frage ist, welchen Stellenwert der Konflikt politisch einge‐ räumt bekommt und ob die Landesregierung solch einen proaktiven Lösungsweg einschlagen wird. Von Expertenseite wird auf Graubünden, den Vinschgau und Tirol als Beispiele für Regionen mit einer politischen Entscheidung pro verträglichen Mountainbike-Sport hingewiesen. Seitens des Staatsministeriums für Justiz wird die Verantwortung beim Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration gesehen (Rist 2019, S. 4). Darüber hinaus wird das relative Ausmaß der Problematik der Verkehrssicherung, wie zuvor schon diskutiert, sowie die rechtliche Grundlage für die Schaffung einer solchen landesweiten Haftungsüber‐ nahme in Frage gestellt (Rist 2019, S. 5). Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz verweist betreffend Versicherungslösungen auf die Zuständigkeit des Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr (Ser‐ vicestelle StMUV, persönliche Kommunikation, 2. Dezember 2021). Die Klärung der Zuständigkeiten kann einen solchen proaktiven Lösungsweg seitens der öffentlichen Hand weiter verzögern. 68 Lilli Schmitt, Benjamin Trotter & Manuel J. Steinbauer <?page no="69"?> Abschließend lassen sich drei Stufen zur Konfliktlösung bilden, um das respektvolle Miteinander der beiden Konfliktparteien Grundeigentümer: innen und Mountainbiker: innen zu fördern: 1. Information, Kommunikation und Aufklärung und Ausgleichszah‐ lungen Dies entspräche dem Versuch, den Problemen der Eigentümer: innen über Ausgleichszahlungen gerecht zu werden. Wenig Potenzial hat diese An‐ satzkombination hinsichtlich der Haftungsproblematik. Zumindest wäre es aber ein Schritt auf die Eigentümerseite zu und die verbleibende Pro‐ blematik bliebe in gemeinsamer Kommunikation zu klären. In besonders problematischen Gebieten ist es sicher nicht mehr ausreichend, Grundei‐ gentümer: innen über Kompensation weiter zur Duldung zu verpflichten. 2. Information, Kommunikation und Aufklärung, mountainbikespe‐ zifische Infrastruktur und vertragliche Vereinbarungen Die Ausweisung von Infrastruktur zur Lenkung der Mountainbiker: innen über ein attraktives Angebot ist ohne vertragliche Vereinbarungen für dieses Wegenetz kaum tragbar, da keine Entscheidung über die betroffenen Grundeigentümer: innen hinweg getroffen werden sollte, um den Konflikt nicht weiter zu verschärfen. Gemeinden, Tourismusverbänden und Moun‐ tainbike-Initiativen kommt hier die initiierende Rolle zu, wie es in einigen Gebieten bereits praktiziert wird. In dem Zuge muss sich zwingend mit dem Umfang der vertraglichen Vereinbarung auseinandergesetzt werden. Dies wiederum bringt alle Parteien an einen Tisch und trägt zur Schaffung einer gemeinsamen Sachgrundlage bei. Es existieren hier bereits viele positive Beispiele von Trail-Gemeinschaften und Zusammenarbeit zwischen Forst, Gemeinde und Mountainbike-Community. 3. Information, Kommunikation und Aufklärung, mountainbikespe‐ zifische Infrastruktur und landesweite Versicherungsoption Erstrebenswert wäre die Absicherung der Infrastruktur nicht über die ein‐ zelnen Gemeinden oder lokalen Vereine, sondern landesweit. Das Wegenetz kann dann über Gemeinde- und Bezirksgrenzen hinweg am effektivsten ausgebaut werden, um die notwendige Attraktivität zu erreichen. Neben den Grundeigentümer: innen könnten auch die Gemeinden bei ihrer administra‐ tiven Arbeit entlastet werden. Dies schließt die vorhergehenden zwei Punkte von Ausgleichszahlungen und Initiativen seitens der Mountainbike-Szene keinesfalls aus. Je umfassender die Problematik angegangen wird, desto ganzheitlicher und langfristiger ist eine Konfliktlösung zu erwarten. Haftungsfrage 69 <?page no="70"?> 8 Fazit und Handlungsempfehlungen Deutlich wird, dass sich die Grundeigentümer: innen durch den verstärkten Moun‐ tainbike-Verkehr in ihrem Eigentum angegriffen und in der Bewirtschaftung des Grunds eingeschränkt fühlen. Die hauptsächlich zivilrechtlichen Haftungs‐ bedenken sind dabei ein Faktor unter mehreren, die thematisiert werden, aber nicht alleiniger Treiber des Konflikts. Die Anforderungen an die Verkehrssiche‐ rungspflichten für atypische Gefahren ändern sich nicht aufgrund von Mountain‐ bike-Verkehr und stellen bereits eine Minderung des Haftungsrisikos dar. Da die Folgen eines Haftungseintritts jedoch hohen monetären Schadensausgleich nach sich ziehen können und faktisch rechtlich möglich sind, sollten die Bedenken durch alle Interessengruppen ernst genommen werden. Nur so kann eine ge‐ meinsame Verhandlungsbasis geschaffen werden, auch wenn die Anzahl der tatsächlichen Verfahren sehr gering ist und die meisten Grundeigentümer: innen durch eine Betriebshaftpflichtversicherung abgesichert sein sollten. Über den Zeitraum der letzten 25 Jahre konnten deutschlandweit sieben Fälle ausfindig gemacht werden, davon vier mit Haftungsbeteiligung des Eigentümers/ Pächters, oftmals erst in höherer Instanz. Zwei der vier Fälle ereigneten sich im bayerischen Raum, einmal mit einer Haftungsbeteiligung eines Drittels. Vor dem Hintergrund von mittlerweile gut 16 Millionen Mountainbiker: innen deutschlandweit (IfD Allensbach, 2022) und 781 Unfällen mit Bergwachteinsätzen in Bayern für die Saison 2020 (Bergwacht Bayern 2021) liegt die Wahrscheinlichkeit eines Haftungsverfahren im unteren Promillebereich. Folglich verläuft der Großteil der Sportausübung Mountainbike unproblematisch, zudem sich der bisherige soziale Konflikt mit Wander: innen zunehmend entspannt (Beckmann 2004, S. 261). Auch naturschutzfachliche Bedenken, sei es auf Seiten der Eigentümer oder anderer Parteien, sind für die Masse des Mountainbikens zurückzustellen, da der Sport auf bestehender Wegeinfrastruktur als naturverträglich eingestuft wird (Bayerische Staatsregierung 2000, S. 1; Beckmann 2004, S. 261f.; StMUV 2021, S. 4f.; Kuwaczka et al. 2023). Eine besondere Rolle kommt dem illegalen Strecken- und Schanzenbau zu, da dieser rechtlich fragwürdig bleibt und ohne vorherige Abstimmung mit den Eigentümer: innen in jedem Fall zu unterlassen ist. Hinsichtlich der Lösung des Konflikts zwischen Grundeigentümer: innen und Mountainbiker: innen stellen eine objektive Informationsvermittlung der Rechte und Pflichten beider Seiten und die sachliche Kommunikation zwischen den Parteien die unabdingbare Grundlage. Erstrebenswert ist der Ausbau attraktiver Infrastruktur für Mountainbiker: innen im Sinne einer Honey-Pot-Strategy, um damit eine Lenkung der Sportart zu erzeugen. Grundeigentümer: innen können in diesem Zuge durch lokale Vereine oder die Gemeinden in der Wegpflege und 70 Lilli Schmitt, Benjamin Trotter & Manuel J. Steinbauer <?page no="71"?> der Haftungsverantwortung entlastet werden oder der eventuell entstehende Mehraufwand kompensiert werden. Je nach Interesse der zuständigen Behörden an der Förderung des Mountainbikens als eine der beliebtesten Sportarten in Deutschland gibt es die Möglichkeit, diese Haftungsverantwortung auf Landesebene zu heben. In Anbetracht der Zuwachszahlen, der Erholungs- und Gesundheitsförderung des Sports und der angespannten Lage mit Grundeigen‐ tümer: innen ist eine landesweite Lösung zu empfehlen, auch wenn die Proble‐ matik derzeit nicht flächendeckend bestehen mag. Für die einzelnen Akteure im Konflikt lassen sich insbesondere folgende Handlungsempfehlungen für die Zukunft aussprechen: - Grundeigentümer: innen • Informieren über die konkrete rechtliche Sachlage, an einer Beratung oder einem Runden Tisch teilnehmen. Mögliche Quellen: Leitfaden Haftung & Recht des DAV, Vollzugshinweise vom 16.12.2020, behördliche Stellung‐ nahmen/ Veröffentlichungen, einschlägige Gesetzestexte wie BayNatSchG, BayWaldG, BNatschG, BWaldG • Gespräche mit Sportvereinen, Gemeinde und/ oder Tourismusverband su‐ chen, falls es zu Problemen kommt • Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung • Erfüllen der Verkehrssicherungspflichten für atypische Gefahren; aus‐ nahmslose Kennzeichnung von Zäunen, Sperrungen und Ähnliches, die quer zum Weg verlaufen sowie von Forstarbeiten - Mountainbiker: innen • Informieren über die konkrete rechtliche Sachlage • Mountainbiken in eigentümer-, gemein- und naturverträglicher Weise: respektvoller Umgang mit Eigentümer: innen, anderen Nutzergruppen und der Natur • Achtung und Bewusstmachen von fremdem Eigentum; keine Schäden unge‐ meldet hinterlassen; keine Querfeldeinfahrten; rechtmäßige Sperren beachten • Initiative ergreifen und sich für die Wegpflege und/ oder eine lokale Ver‐ einsbildung einsetzen - Gemeinden & Tourismusverbände • Angebot einer Kommunikationsgelegenheit für Mountainbiker: innen und Grundeigentümer, zum Beispiel Organisation Runder Tische • Informieren der ansässigen Grundeigentümer: innen und Mountain‐ biker: innen über die rechtliche Lage Haftungsfrage 71 <?page no="72"?> • Abschluss der erweiterten kommunalen Haftpflichtversicherung und Absi‐ cherung entsprechender Infrastruktur • Gemeinsamer Ausbau von attraktiver, lenkender Infrastruktur - Freistaat Bayern, Ministerien und zuständige Behörden • Unterstützung der Gemeinden und sonstiger Akteure (z. B. Naturparke) in Aufklärungsarbeit und Unterhalt der Infrastruktur • Empfehlung der erweiterten kommunalen Haftpflichtversicherung für Ge‐ meinden oder Übernahme durch das Land • Förderung des Infrastrukturausbaus über Gemeinden, Landkreise und Na‐ turparke oder Kompensationssystem für Grundeigentümer • Orientierung an erfolgreichen Bike-Destinationen für mögliche Maß‐ nahmen Abschließend ist zu sagen, dass das Ziel dieses Buchkapitels zur Haftungsprob‐ lematik in der umfassenden Darstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen und der Aufarbeitung der Hintergründe für diesen Konflikt als eine zusammen‐ fassende Informationsquelle besteht. Auch wenn die Haftungsfrage stark vom Einzelfall abhängig ist, können die Ergebnisse zur Identifikation geeigneter Lösungsstrategien auf Landes- und lokaler Ebene genutzt werden. So können die Rahmenbedingungen für beide Konfliktparteien annehmbar gestaltet und die Grundeigentümer: innen entlastet werden, um dem Mountainbike-Sport den zunehmend eingeforderten Raum konfliktfrei bzw. konfliktreduziert zugänglich zu machen. Dies bietet einen Mehrwert für die Gesellschaft im Hinblick auf Erholungs- und Freizeitgestaltung sowie bezogen auf die Verträglichkeit unter‐ schiedlicher sozialer Gruppen. Auf dieser qualitativen Studie aufbauend können die Ergebnisse der Experteninterviews als Grundlage für eine Befragung der breiten Masse an Grundeigentümer: innen, Tourismusverbänden, Gemeinden und/ oder Mountainbiker: innen zur quantitativen Evaluation der Expertenmei‐ nungen und der gezogenen Rückschlüsse dienen. Ebenso gilt es verschiedene Realisations- und Finanzierungsmöglichkeiten für identifizierte Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen zu prüfen. - Literatur AG „Mountainbike und Wegeeignung“. (2019). 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Haftungsfrage 77 <?page no="79"?> Untersuchung des räumlichen Verhaltens von Mountainbikern Eine pilothafte Studie im Nationalpark Schwarzwald Julian Beigang & Monika Bachinger Keywords | GPS-Tracking, Wegenutzung, Konflikte, Wanderer, Beweg‐ gründe, GIS-Analyse, Befragung, Methodenkritik 1 Einführung Schutzgebiete in dicht besiedelten Räumen stellen Hotspots für die Freizeit und Naherholungsnutzung dar. Sie stehen vor der Herausforderung, unterschied‐ liche Freizeit- und Erholungsaktivitäten untereinander und mit den Zielen des Naturschutzes koordinieren zu müssen (Rüede & Krüger 2021, Gehrlein et al. 2016, BMWi 2017). Vor allem auf hoch frequentierten Flächen kommt es dabei immer wieder zu sozialen oder naturschutzfachlichen Konflikten (Rein & Schuler 2019, Türk et al. 2004). Auch der MTB-Sport spielt dabei eine Rolle. In den letzten 20 Jahren hat sich Moutainbiken immer weiter diversifiziert und ist zu einer Breitensportart geworden (Hunziker et al. 2011, BTE 2016, Türk et al. 2004). Dennoch bleiben in vielen Regionen die Wegenetze für MTB hinter der Nachfrage zurück. Vor diesem Hintergrund werden auch in Schutzgebieten unerlaubt angelegte Pfade festgestellt oder gesperrte Wege werden durch Mountainbiker genutzt (Barros & Pickerring 2017, Campelo & Nogueira Mendes 2016, Newsome et al. 2016). Auch die parallele Nutzung von Wegen durch Wandernde und Mountainbiker kann zu Konflikten führen (Koep et al. 2019). Die zentrale Fragestellung des vorliegenden Beitrags ist, inwieweit derartige Risiken für Konflikte über die räumliche Erfassung des Mountainbikens abge‐ bildet werden können. Dazu wird als Beispielregion der Nationalpark Schwarz‐ wald betrachtet. Mithilfe von GPS-Tracking und GIS-Analysen wird untersucht, <?page no="80"?> welche räumliche Verteilung und räumliches Nutzungsmuster MTB-Fahrende aufweisen und an welchen Hotspots sich die MTB-Nutzung konzentriert. In Bezug auf das Risiko für naturschutzfachliche und soziale Konflikte interes‐ siert darüber hinaus, ob MTB-Fahrende die ausgewiesenen Wege verlassen oder gesperrte Wege nutzen. Gleichzeitig werden mit Hilfe eines Fragebogens Informationen zur Art ihrer Routenplanung und zu ihren Besuchsmotiven erhoben, um Anhaltspunkte für die Hintergründe von abweichendem Verhalten zu erhalten. 2 Konzeptionelle Grundlagen - 2.1 MTB als wegegebundene Sportart Mountainbiken hängt genauso wie das Wandern von einem bedarfsgerechten Wegenetz ab (Türk et al. 2004). Dabei unterscheiden sich die Präferenzen von Mountainbikern je nach Disziplin: Während es beispielsweise bei Enduro- oder All-Mountain-Bikern um Abenteuer, Ausdauer, Fahrtechnik und Geschwindig‐ keit geht, ist das Hauptmotiv eines Tourenbikers die Erholung. Dazu gehören der Naturgenuss und in vielen Fällen das Fahren in Gemeinschaft. Beide Gruppen unterscheiden sich auch in ihren Ansprüchen an Wegeinfrastrukturen. Während die erste Gruppe auf der Suche nach physisch anspruchsvollen Touren ist, bevorzugt die zweite Gruppe in der Regel einfache Trails, mit Pausenplätzen und die Anbindung der Strecke an Gastronomie oder kulturelle Angebote (Zajc & Berzelak 2016, Grapentin et al. 2018). Viele MTB-Fahrende teilen jedoch den Wunsch nach einem möglichst hohen Anteil an Singletrails (Koemle & Morawetz 2016, Pröbstl et al. 2017). So bewerteten in einer Umfrage der DIMB 49-% der Befragten Singletrails als sehr wichtig (DIMB 2010). Ein hoher Anteil an Trails unter 2 Metern Breite gilt zudem als Qualitätskriterium für gute Routenführung (Roth et al. 2019). Singletrails können dabei als schmale, naturnahe Pfade verstanden werden. „Single“ steht im Englischen für „einzeln“, d. h. zweispurige Wege und Forststraßen zählen nicht zur Klasse der Singletrails (Schymik et al. 2008). In vielen Fällen sind Singletrails ursprünglich für Fußgängerinnen und Wandernde entstanden bzw. werden von Wandernden gern genutzt (Pröbstl et al. 2010). Vertreterinnen und Vertreter beider Aktivitätsgruppen nutzen daher häufig das gleiche Wegenetz. Daher kann es zu Konflikten zwischen den beiden Gruppen kommen (Schraml et al. 2014). Gründe dafür werden in der unterschiedlichen Geschwindigkeit, aber auch in der unterschiedlichen Geräuschkulisse der beiden Sportarten gesehen (Koep et al. 2019). Zudem wird ins Feld geführt, dass beide unterschiedliche Motive für den Naturbesuch 80 Julian Beigang & Monika Bachinger <?page no="81"?> aufweisen. Allerdings wird immer häufiger auch festgestellt, dass Konflikte zwischen Wandernden und Radfahrenden Einzelfälle sind, die Mehrheit gut miteinander auskommt (Koep et al. 2019). Interessant ist jedoch, dass der Konflikt zwischen Wandern und MTB nicht nur während der Ausübung des Sports entstehen kann. Koep et al. (2019) zeigen auf, dass es MTB-Fahrende auch als Konflikt wahrnehmen, wenn sie vom Wegenetz ausgeschlossen werden. Die Wahrnehmung, benachteiligt bzw. ausgeschlossen zu sein, kann zu einem sogenannten „disengagemend tipping point“ führen. An diesem Punkt sinkt die Bereitschaft der Radfahrenden, sich an Regeln zu halten (Koep et al. 2019). Es stellt sich die Frage, inwieweit die in Baden-Württemberg geltende 2-Meter-Regel (LWaldG §37 Abs. 3 Satz 3) eine entsprechende Ungleichbehandlung darstellt. In der Regel kann jedoch als wahrscheinlich gelten, dass es häufiger zu illegalen Wegen oder illegalen Wegenutzungen kommt, wenn kein MTB-Angebot vorhanden ist (Schraml et al. 2014). Illegale Wege oder inoffiziell entstandene Pfade stellen aus naturschutzfach‐ licher Sicht eine negative Auswirkung der Erholungsnutzung auf die Natur dar (Stamberger et al. 2018). Auf der einen Seite tragen sie zur Zerschneidung von Lebensräumen bei. Dies gilt gerade für Kleinlebewesen, was zur Verinselung von Beständen führen kann (Mader 1984). Andererseits können illegale Trails Boden verdichten, Erosion begünstigen und Pflanzenschäden mitverursachen (Thurston & Reader 2001). Dabei entstehen die gravierendsten Schäden zu Beginn der Nutzung (Hammit et al. 2015). Wie hoch das konkrete Ausmaß der Schäden bzw. die Störung von Habitaten, sensiblen Oberflächen oder der Vegetation ausfällt, hängt von der Beschaffenheit des Gebiets (z. B. Arten, Bodenbeschaffenheit) und von der Nutzungsintensität ab (Rein & Schuler 2019). Aufgrund des hohen Schutzstatus würden illegale Wege oder die Nutzung gesperrter Wege aber gerade in einem Nationalpark Störungen der geschützten Ökosysteme darstellen (Barros & Pickerring 2017). - 2.2 Räumliche Erfassung von MTB-Nutzung Vor dem Hintergrund, dass Schutzgebiete einerseits wichtige Erholungsräume darstellen, andererseits aber auch Naturschutzziele verfolgen, stellt das Moni‐ toring der Besucherinnen und Besucher eine wichtige Aufgabe dar. Die aus diesem Monitoring gewonnenen Daten stellen die Basis dafür bereit, Nutzungs‐ konflikte vermeiden und ein angepasstes Besuchermanagement entwickeln zu können (Rüede & Reif 2022, Rüede & Krüger 2021). Neben qualitativen Daten, beispielsweise über das Feedback von Besucherinnen und Besuchern an Ranger, sind quantitative, standardisierte und auch räumliche Daten notwendig (Rein Räumliches Verhalten 81 <?page no="82"?> & Schuler 2019). Türk et al. (2004) sowie Rüede und Krüger (2021) betonen die Bedeutung von räumlichen und zeitlichen Informationen für die Analyse von landschaftlichen Eingriffen durch Sportaktivitäten (Türk et al. 2004, Rüede & Krüger 2021). Für die Aufnahme dieser Daten hat sich der Einsatz von GPS-Tracking und GIS als geeignet erwiesen (Campelo & Nogueira Mendes 2016, Meijles et al. 2014, Stamberger et al. 2018, Korpilo et al. 2017). Mithilfe eines GIS (Geo‐ graphisches Informationssystem) können räumlich erhobene Daten von Erho‐ lungssuchenden (z. B. ein GPS-Track) mit Landschaftsdaten wie Wegenetzen, Habitatkarten oder Schutzgebietsinformation verschnitten werden. Konkret bedeutet das, dass verschiedene „Layer“ oder Ebenen an Informationen überein‐ andergelegt und dadurch Überschneidungen identifiziert werden können (Rein & Schuler, 2019). Auf diese Weise wird ersichtlich, welche Teilbereiche eines (Schutz-)Gebiets ungeplant oder unerlaubt von Erholungssuchenden genutzt werden, wie hoch die Nutzungsintensität ausfällt und gegebenenfalls auch durch welche Gruppe an Erholungssuchenden die Nutzung stattfindet (Campelo & Nogueira Mendes 2016). GPS-Tracking wiederum stellt eine Methode dar, um die räumliche und zeitliche Verteilung von Besuchenden auf einer Fläche zu erheben (Korpilo et al. 2017). Neben georeferenzierten Daten werden bei dieser Methode in Intervallen auch Uhrzeiten aufgezeichnet. Dies kann sowohl mithilfe von GPS-Loggern erfolgen (Meijles et al. 2014, Stamberger et al. 2018), als auch über die GPS-Funk‐ tion von Smartphones (Korpilo et al. 2017). Eine weitere Möglichkeit besteht darin, aufgezeichnete Sekundärdaten aus Online-Portalen zur Analyse von Erholungsverhalten heranzuziehen (Campelo & Nogueira Mendes 2016 , Jurado Rota et al. 2019). Jede Herangehensweise weist dabei Vor- und Nachteile auf. Als Nachteil von GPS-Loggern werden deren Kosten genannt und der Umstand, dass sie, da sie für die Untersuchung mitgenommen werden, Einfluss auf das Verhalten der Personen nehmen könnten. Beim Einsatz von Smartphones können Probleme des Datenschutzes entstehen, wenn das Gerät beispielsweise bis zur Haustür aufzeichnet (Korpilo et al. 2017). Alle GPS-Geräte zeichnen zudem in der Regel mit einer gewissen Abweichung auf. Diese Abweichungen sind je Umgebung und Gerät unterschiedlich und können zwischen drei Metern (Stamberger et al. 2018), neun Metern oder mehr betragen (Korpilo et al. 2017). Häufig wird GPS-Tracking zudem mit Befragungen und Besucherzählungen kombiniert (Pröbstl et al. 2010). So können räumliche Nutzungsmuster und Hotspots erkannt werden, sowie Risiken für naturschutzfachliche und soziale Konflikte identifiziert werden. Die Daten aus der Befragung können zusätzliche 82 Julian Beigang & Monika Bachinger <?page no="83"?> Informationen über die Motivationen für das Verhalten der Personen geben, sowie eine Typologisierung der Nutzer ermöglichen (Campelo & Nogueira Mendes 2016, Meijles et al. 2014, Stamberger et al. 2018). 3 Untersuchungsgebiet Das Untersuchungsgebiet befindet sich innerhalb des Gebiets des Nationalparks Schwarzwald (NLP) in Baden-Württemberg. Für die Durchführung der Erhe‐ bung wurde das Teilgebiet rund um das Nationalparkzentrum am Ruhestein ausgewählt. Hier kreuzen sich sechs ausgewiesene MTB-Touren. Die Relevanz dieses Gebiets für MTB-Fahrende ist deshalb hoch. Es konnte davon ausge‐ gangen werden, eine hohe Anzahl an Fahrenden anzutreffen. Im Nationalpark gilt ein allgemeines Wegegebot. Besucherinnen und Besu‐ cher dürfen die ausgewiesenen Wege nicht verlassen. Zudem können einzelne Wegabschnitte saisonal gesperrt werden, um Ruhezonen für Wildtiere zu schaffen. Der Nationalpark ist zudem in mehrere Zonen gegliedert. Die Kern‐ zone unterliegt dem strengsten Schutz. Hier sind keine menschlichen Eingriffe vorgesehen. Daneben gibt es die Entwicklungszone mit begrenzten Eingriffen zur Waldentwicklung, sowie die Management- und die Pufferzone in denen Pflegemaßnahmen stattfinden (NLP SW 2022). Im Rahmen der Aufstellung des Nationalparkplans wurde in 2018 ein We‐ gekonzept für den Nationalpark erarbeitet. Demnach wurden rund 197 km Rad- und MTB-Wege ausgewiesen. Allerdings sind Radwege grundsätzlich auch Wanderwege. Ein eigenes, spezifisches MTB-Angebot besteht im Nationalpark derzeit nicht. Bestehende MTB-Wege verlaufen größtenteils auf breiten, ge‐ schotterten Forststraßen. MTB-Fahrende äußerten daher den Wunsch, attrakti‐ vere Strecken zu erhalten. Ein eigenes MTB-Wegenetz wird von der Verwaltung derzeit jedoch nicht angestrebt, alle ausgewiesenen Fahrwege sind gleichzeitig auch Wanderwege (NLP SW 2018). 4 Methodische Herangehensweise - 4.1 Beschreibung der Stichprobe Die Erhebung fand bei trockenem, sonnigem Wetter am 31.05.2020 von 9 Uhr bis 15 Uhr sowie am 01.06.2020 von 9 Uhr bis 14.30 Uhr statt. Insgesamt konnten 66 Fragebögen und 46 GPS-Tracks gesammelt werden. Die Stichprobe wurde zufällig an den zwei genannten Tagen gezogen. Der erste der beiden Tage war ein Sonntag, der zweite ein Wochentag (Montag). MTB-Fahrende wurden rund um den Ruhestein angesprochen und um eine Räumliches Verhalten 83 <?page no="84"?> Teilnahme gebeten. Dazu bewegte sich der Interviewer auf einem Mountainbike durch das Gebiet. Der Vorteil hierbei war, Fahrende besser während einer Pause erreichen zu können. Jeder Fragebogen wurde mit einer Nummer versehen, die später dem GPS-Track zugeordnet werden konnte. Die GPS-Geräte besaßen ebenfalls Nummern. Beide Nummern wurden notiert. - 4.2 GPS-Tracking und GIS-Analyse Die GPS-Tracks wurden mithilfe von 41 GPS-Loggern des Typs Renkforce GT-730 aufgezeichnet. Die Teilnehmenden nahmen diese Logger eingeschaltet und gemeinsam mit einem Fragebogen mit auf ihre Tour. Einige Tage zuvor waren die Geräte getestet und unter freiem Himmel aktiviert worden. Die Geräte zeichneten alle 5 Sekunden den Standort des Teilnehmenden inklusive Geschwindigkeit, Höhenangabe, Uhrzeit und Datum auf. Die Genauigkeit der Datenaufnahme bewegte sich in einem Rahmen von 5 bis 10 Metern. Nach der Tour konnten die Teilnehmenden die Logger und den Fragebogen kostenfrei zurücksenden. Alternativ konnten die Teilnehmenden Aufzeichnungen mit einem eigenen Gerät wie einem Smartphone durchführen. In diesem Fall wurden die Tracks per E-Mail übermittelt. Für die Auswertung der erhobenen Daten wurde die Software „QGIS“ eingesetzt. Um die GPS-Tracks zu visualisieren, wurden Karten erstellt. Als Hintergrund‐ karte wurden dafür OSM-Daten verwendet. Je nach Analyseziel wurden die Linien der Tracks in Farbe, Stärke und Beschaffenheit variiert. Um die Frage nach dem Verlassen von ausgewiesenen Wegen oder das Befahren von illegalen Wegen zu beantworten, wurden die Tracks mit unterschiedlichen wegebezo‐ genen oder schutzgebietsbezogenen Geodaten verschnitten. Um festzustellen, ob sich die Tracks im Gebiet an bestimmten Stellen konzentrieren oder Hotspots bilden, wurde eine Heatmap der Tracks erstellt. Dazu wurde in GIS das Tool „kernel density estimation“ eingesetzt (Węglarczyk 2018). - 4.3 Fragebogenkonzeption Der Fragebogen war in fünf Abschnitte gegliedert. Im ersten Abschnitt wurden Informationen dazu erhoben, aus welcher Motivation die Teilnehmenden MTB fahren. Zur Auswahl standen z. B. aus Action und Spaß, zur Entspannung/ Stress‐ abbau und Gesundheit, oder Natur und Landschaft genießen. Insgesamt wurden sieben Items genutzt, plus ein Feld für Sonstiges. Die Wichtigkeit der Motive wurde auf einer 5-teiligen Skala bewertet, wobei der Wert 1 die geringste Wichtigkeit, der Wert 5 die höchste Wichtigkeit darstellte. Der nächste Themen‐ bereich befasste sich mit der Art und dem Grad der Tourenplanung, sowie mit der Orientierung vor Ort. Beispielsweise wurde danach gefragt, ob Online-Tou‐ 84 Julian Beigang & Monika Bachinger <?page no="85"?> renplattformen genutzt wurden. Auch Probleme bei der Orientierung wurden erfasst. Zur Beantwortung der Fragen wurde ebenfalls auf eine 5-teilige Skala zurückgegriffen (1 = trifft nicht zu und 5 = trifft voll und ganz zu). In einem weiteren Abschnitt wurde die Zufriedenheit der Fahrenden mit der Tour erfragt. Zudem war von Interesse, ob die Teilnehmenden die Motive für das MTB-Fahren erfüllt sahen. Im letzten Block wurden allgemeine soziodemographische Daten erhoben, und nach dem genutzten Fahrradtyp gefragt. Wo immer möglich, wurde auf eingeführte Befragungsinstrumente zurückgegriffen. So wurden die abgefragten Motive zum Biken angelehnt an DIMB (2010) und Roth et al. (2019) entwickelt. Große Teile des Fragebogens wurden mithilfe einer 5-teiligen Li‐ kert-Skala operationalisiert (1 = keine Zustimmung und 5 = volle Zustimmung). Die Auswertung der Fragebögen wurde mithilfe von Excel vorgenommen. 5 Ergebnisse - 5.1 Ergebnisse der Befragung Die Mehrheit der Befragten war zwischen 41 und 64 Jahren alt (73 %). Rund zwei Drittel der Befragten waren Männer. Die Mehrheit war mit einem klassischen MTB unterwegs (66 %). 33 % nutzten ein MTB mit elektronischer Unterstützung. Hinsichtlich der Motive für das Mountainbiken war den Teilnehmenden die „Landschaft und Natur genießen“ sehr wichtig (MW = 4,66, SD = 0,79). Für rund 76 % der Antwortgebenden war dies das wichtigste Motiv. Darauf folgte das Motiv „Entspannung, Stressabbau und Gesundheit“ mit einem Mittelwert von 4,43 (SD = 0,94). Für rund 68 % war diese Nennung das wichtigste Motiv. Darauf folgen das „Abenteuer und Freiheit“ (MW = 3,75, SD = 1,09), „Action und Spaß“ (MW = 3,56, SD = 1,12) sowie „Körperlich auspowern“ (MW = 3,94, SD = 1,32) und das „Erlebnis in der Gruppe/ mit Freunden“ (MW = 3,45, SD = 1,20). Den Schluss macht die „fahrtechnische Herausforderungen im Gelände“ (MW = 3,07, SD = 1,10). Diese Ergebnisse sind in →-Abbildung-4 dargestellt. Räumliches Verhalten 85 <?page no="86"?> 0% 20% 40% 60% 80% 100% Sonstiges Fahrtechnische Herausforderung im Gelände Erlebnis mit Gruppe/ Freunden Körperlich auspowern: Training/ Leistung Action und Spaß Abenteuer und Freiheit Entspannung, Stressabbau und Gesundheit Landschaft und Natur genießen Besuchsmotive der MTB-Fahrenden Eher unwichtig (Wert 1-2) Eher wichtig (Wert 3-4) Sehr wichtig (Wert 5) Fehlend Abbildung 4: Motive der MTB-Fahrenden für den Besuch des Nationalparks. Quelle: Julian Beigang, 2020. Auf die Frage, wie die Tour geplant wurde, war die häufigste Antwort „Sons‐ tiges“ (38 %). Bei näherer Betrachtung der Antworten wurde deutlich, dass Viele die Antwort „Komoot“ gegeben hatten. D.h. sie hatten ihre Tour über die Online-Plattform geplant. Nimmt man diesen Anteil zu den Antworten auf das Item Online-Touren-Portal hinzu (19,70 %), dann ergibt sich eine Anzahl von 21 Personen (rund 32 %) der Befragten, die diesen Informationsweg zur Routen‐ planung nutzten. Weitere, wesentliche Informationswege waren „klassisch mit gedruckter Karte“ (ca. 18 %) oder die Empfehlung anderer Personen (ca. 6 %). Ein großer Anteil der Befragten plante gar nicht, sondern fuhr spontan los (28,8 %). Hinsichtlich der Orientierung vor Ort gaben die meisten Personen an, sich aufgrund ihrer Ortskenntnis orientieren zu können (MW = 3,79, SD = 1,32). Auf rund 29 % der Befragten traf diese Antwort voll, auf weitere 23 % eher zu. Viele orientierten sich aber auch an Schildern (MW = 3,70, SD = 1,22). Ungefähr gleich häufig wurde einer beschilderten Tour oder einem GPS-Track gefolgt (MW = 3,2/ 3,1 SD = 1,31/ 1,68). Gedruckte Karten waren ein in etwa ebenso häufig genutztes Hilfsmittel (MW = 2,69, SD = 1,43). Das Routing mit dem Smartphone wurde am wenigsten häufig praktiziert (MW = 2,44, SD = 1,46). Orientierungsprobleme tauchten kaum auf. In seltenen Fällen verursachte die Beschilderung Probleme. Rund 27 % gaben an, dass sie aufgrund einer unzurei‐ chenden Beschilderung mehr oder weniger Orientierungsprobleme während der Tour hatten. 86 Julian Beigang & Monika Bachinger <?page no="87"?> 0% 20% 40% 60% 80% 100% Sonstiges Smartphone App gedruckte Karte ausgeschilderte Tour GPS Track(z.B. Garmin) Schilder Ich kenne mich hier aus Orientierung während der Fahrt trifft eher nicht zu (Wert 1-2) trifft eher zu (Wert 3-4) trifft voll zu (Wert 5) fehlend Abbildung 5: Orientierung der MTB-Fahrenden während ihres Besuchs. Quelle: Julian Beigang, 2020. Insgesamt war die Mehrheit der Fahrenden mit ihrer Tour zufrieden (MW=4,2, SD = 0,95). 35 Personen äußerten, dass die Tour vollständig den Wünschen entsprach (53 %). Heruntergebrochen auf die einzelnen Motive lassen sich nuanciertere Ergebnisse erkennen. Am stärksten konnten demnach das Motiv „Landschaft und Natur genießen“ erfüllt werden (MW = 4,55, SD = 0,91). Fast ebenso stark fand das Motiv „Entspannung, Stressabbau, Gesundheit“ Erfüllung (MW = 4,3, SD = 1,02). Das trainingsbezogene Motiv (körperlich auspowern) erhielt eine geringere Zufriedenheit von 4,05 (SD = 1,06), während die anderen Motive noch weniger zufriedenstellend erfüllt werden konnten, z. B. Erlebnis mit Gruppe/ Freunden (MW = 3,68, SD = 1,44). Am wenigsten konnte die fahrtechnische Herausforderung im Gelände befriedigt werden (MW = 3,15, SD = 1,19). Räumliches Verhalten 87 <?page no="88"?> 5.2 Ergebnisse des GPS-Tracking und der GIS Analysen Verschneidung mit dem Wegesystem des Nationalparks Nutzung interner Wegabschnitte im NLP Nutzung interner Wege Tracks gesamt Öffentliche Wege Nationalparkzentrum Geografisch Infrastruktur Historisch Natur Attraktion Parkplatz Gewässer Bahnhof Orte Autor: Julian Beigang Datum: 31.07.2020 CRS: DHDN/ 3-degree Gaus-Kruger Zone 3 Geodaten: Nationalpark Schwarzwald, OSM Hintergrundkarte: TK 25 POI_gaus Abbildung 6: Orange markiert sind aufgezeichnete Tracks, die auf internen (nicht-öf‐ fentlichen) Wegen des NLP verlaufen; der größte der Teil der Tracks verläuft jedoch auf öffentlichen Wegen. Quelle: Julian Beigang, 2020. 88 Julian Beigang & Monika Bachinger <?page no="89"?> Um zu erkennen, ob Fahrende interne oder gesperrte Wege im Nationalpark nutzen, wurde das Wegenetz des Parks mit den aufgezeichneten Tracks über‐ lagert. Interne Wege sind Wege, die für Pflegemaßnahmen von der National‐ parkverwaltung genutzt werden, nicht aber dem Publikumsverkehr offenstehen. Gesperrte Wege sind Wege, die früher angelegt und genutzt, nach Gründung des Parks jedoch aus der Nutzung genommen wurden. Im Ergebnis zeigt sich, dass keine/ r der Fahrenden gesperrte Wegeabschnitte benutzt hatte. Interne Wege wurden hingegen in einigen Fällen genutzt (→ Abbildung 6). Allerdings sind dies seltene Ausnahmen und keineswegs eine Regel. Verschneidung der Tracks mit Wegen zur Radnutzung Tracks auf laut Wegekonzept zur Radnutzung vorgesehenen Wegen Tracks auf Wegen zur Radnutzung Ungenutzte Wege zur Radnutzung GPS Tracks Gesamt Nationalparkzentrum Geografisch Infrastruktur Historisch Natur Attraktion Parkplatz Gewässer Bahnhof Aussicht Orte Untersuchungsgebiet POI Autor: Julian Beigang Datum: 28.07.2020 CRS: DHDN/ 3-degree Gaus-Kruger Zone 3 Geodaten: Nationalpark Schwarzwald, OSM Maßstab: 1: 70.000 Abbildung 7: Nutzung von Wegen mit ausgewiesener Radwegenutzung im NLP-Wege‐ konzept. Quelle: Julian Beigang, 2020. Von Interesse war weiterhin die Information, ob die Fahrenden das Radwege‐ angebot des Nationalparks und der umliegenden Kommunen, sowie des Natur‐ parks nutzen. Die Analyse zeigt, dass die durch das NLP-Wegekonzept zur Rad‐ nutzung vorgesehenen Wege von den Fahrenden größtenteils genutzt wurden. Lediglich ein paar wenige Radwege blieben ungenutzt (→ Abbildung 7). Der Anteil der Tracks im Untersuchungsgebiet auf den Wegen zur Radnutzung Räumliches Verhalten 89 <?page no="90"?> beträgt 80 % (N = 46). Die Wege zur Radnutzung haben an allen Wegen des Wegekonzepts einen Anteil von 53-%. Verschneidung der Tracks mit der Kernzone Da die Kernzone den höchsten Schutzstatus innerhalb des Nationalparks auf‐ weist, und das Wegegebot hier besonders zu sichern ist, wurden die aufgezeich‐ neten Tracks in diesem Gebiet auf Wegeabweichungen untersucht. Die Analyse zeigt, dass sich einige wenige Fragmente von Tracks innerhalb der Kernzone nicht mit dem freigegebenen Wegenetz decken (→-Abbildung-8). Track Segmente abseits Wegenetz Wegenetz Wegekonzept Nationalparkzentrum Geografisch Infrastruktur Historisch Natur Attraktion Parkplatz Gewässer Orte Untersuchungsgebiet POI Abweichungen vom Wegenetz der Kernzone und Heatmap Autor: Julian Beigang Datum: 31.07.2020 CRS: DHDN/ 3-degree Gaus-Kruger Zone 3 Geodaten: Nationalpark Schwarzwald, OSM Hintergrundkarte: TK 50 Maßstab: 1: 50.000 Abbildung 8: Abweichungen vom Wegenetz in der Kernzone. Quelle: Julian Beigang, 2020. Die Abweichungen konzentrierten sich auf das Gebiet nahe des Ruhesteins in Richtung Osten/ Obertal entlang des Weges durch den Kressenhart. Hier sind größere Abschnitte von Tracks erkennbar, die neben dem Wegenetz verlaufen. Insgesamt betrifft das 16 Tracks. Der Toleranzbereich bei der GIS-Analyse betrug dabei 12 Meter. Ähnlich verhält sich die Situation nördlich des Vogelkopf und am Ruhesteinloch (→ Abbildung 8). An beiden Punkten konnten einige Tracks aufgezeichnet werden, die eine Abkürzung vom offiziellen Wegenetz 90 Julian Beigang & Monika Bachinger <?page no="91"?> zeigten. Der Anteil der Tracks abseits des Wegenetzes in der Kernzone beträgt ca. 12 % und bezieht sich auf eine Länge von ca. 60 km. Aufgrund der relativ geringen Puffer- oder Toleranzwerte in GIS und der Meßungenauigkeit von GSP-Loggern in Mittelgebirgen ist jedoch davon auszugehen, dass der kleinere Anteil an den Strecken tatsächliche Abweichungen vom Wegenetz darstellen. Untersuchung von Online geplanten und spontanen Routen Track Segmente abseits Wegenetz Tracks gesamt Bewegungen abseits des Wegenetz in der Kernzone: Bereich Ruhestein Autor: Julian Beigang Datum: 31.07.2020 CRS: DHDN/ 3-degree Gaus-Kruger Zone 3 Geodaten: Nationalpark Schwarzwald, OSM Maßstab: 1: 4.500 Abbildung 9: Abkürzung des offiziellen Weges am Ruhesteinloch. Quelle: Julian Beigang, 2020. Die gesonderte Analyse der Tracks, die über Online-Touren-Portale geplant wurden, zeigt, dass diese Form der Routenplanung kaum Einfluss darauf hatte, ob Wegeabweichungen auftraten. Nur 6,75 % der Abweichungen vom Wegenetz in der Kernzone wurden durch diese Tracks verursacht. Genauso wenig Einfluss nimmt der Umstand, ob eine Tour spontan und ohne Planung angetreten wurde. Diese Tracks zeichneten für 9,64 % der Wegeabweichungen in der Kernzone verantwortlich, was einen kleinen Anteil darstellt. Dies legt den Schluss nahe, dass andere Planungsweisen der Tour, z. B. die Planung anhand von gedruckten Karten oder über die Empfehlung von Anderen Einfluss auf Wegeabweichungen gehabt haben könnte. Räumliches Verhalten 91 <?page no="92"?> Heatmap Nicht zuletzt sollte der Frage nachgegangen werden, welche Nutzungsmuster die Tracks der Fahrenden erkennen lassen. Insbesondere ging es darum, Kon‐ zentrationen der Nutzung und Überschneidungen der Tracks mit Wegeschwer‐ punkten von Wandernden zu erkennen. Der Heatmap-Analyse ist zu entnehmen, dass es einige linienhafte Nutzungs‐ schwerpunkte gibt (→ Abbildung 10). Dazu zählt insbesondere die Nord-Süd Achse zwischen Hornisgrinde und Zuflucht. Eine etwas geringere, aber eben‐ falls sichtbare Konzentration zeigt sich auf der Achse vom Ruhestein in Richtung Südosten (Obertal). Zudem lassen sich punktuelle Hotspots erkennen. Dichte der Tracks (Als Punkte im 5 Meter Abstand) - Wegekonzept Kategorien Wege zur Radnutzung Wege zur Wandernutzung Dichte der GPS-Tracks POI NLP Gebietszonierung Nationalparkzentrum Geografisch Infrastruktur Historisch Natur Attraktion Parkplatz Gewässer Bahnhof Aussicht Orte 0-3 4-300 301-1000 1001-2000 2001-4000 Kernzone Entwicklungszone Pufferzone Untersuchungsgebiet Autor: Julian Beigang Datum: 31.07.2020 CRS: DHDN/ 3-degree Gaus-Kruger Zone 3 Geodaten: Nationalpark Schwarzwald, OSM Hintergrundkarte: TK 25 Maßstab: 1: 70.000 Abbildung 10: Nutzungsschwerpunkte und Überlagerung mit Wandernutzung. Quelle: Beigang, 2020. Diese befinden sich am Nationalparkzentrum, der Darmstädter Hütte, dem Schliffkopf, der Zuflucht sowie einem Punkt östlich des Ruhesteins. In den Bereichen, in denen die Wege für die Wandernutzung vorgesehen sind, ist die Dichte der Tracks gering. Die Dichteangaben entstanden dabei dadurch, dass die Tracks für die Heatmap-Berechnung in Punkte mit gleichmäßigem Abstand von 5 Metern umgewandelt wurden. Auf dieser Basis kann die Dichte der Punkte in 50-Meter-Quadranten errechnet werden. Daraus kann geschlossen werden, 92 Julian Beigang & Monika Bachinger <?page no="93"?> dass in den grau hinterlegten Bereichen der Heatmap nur eine maximale Punktdichte von 0-3 pro 50-Meter-Quadrant gemessen wurde, während in Hotspot Bereichen Dichten bis zu 4000 Punkte vorkommen. 6 Diskussion - 6.1 Methodische Bewertung Die vorliegende Studie hatte pilothaften Charakter. Sie sollte erkunden, inwie‐ weit die räumliche Erfassung von Mountainbiken dazu geeignet ist, Risiken für Nutzungskonflikte mit anderen Erholungssuchenden (insbesondere Wan‐ dernden) und den Zielen des Naturschutzes abzubilden. Dazu wurde GPS-Tra‐ cking und GIS in Verbindung mit einem Fragebogen eingesetzt. Die Ergebnisse zeigen, dass selbst mit einer relativ kleinen Stichprobe von 46 Tracks aufschluss‐ reiche Erkenntnisse zur Akzeptanz des Radwegenetzes des Nationalparks, zu Nutzungsschwerpunkten bzw. Nutzungsüberlagerungen mit anderen Erho‐ lungssuchenden und zu Wegeabweichungen gewonnen werden konnten. Dies entspricht den Erfahrungen von Campelo & Nogueira Mendes (2016), Meijles et al. (2014), Stamberger et al. (2018) und Korpilo et al. (2017), die GPS-Tracking und GIS als geeignet für die räumliche Analyse von Erholungsaktivitäten befanden. Bedenken, dass GPS-Geräte nicht zurückgesandt werden, konnten nicht bestätigt werden (Korpilo et al. 2017). Die Frage, ob die Mitnahme von GPS-Log‐ gern das Fahrverhalten der Mountainbiker beeinflusst hat, kann nicht sicher verneint werden. Allerdings wurden Wegeabweichungen aufgezeichnet. Wenn nicht willentliche Wegeabweichungen so zumindest Wegeabweichungen, die aus Unkenntnis oder mangelnder Orientierung entstanden sind. Diese Informa‐ tionen stellen hilfreiche Hinweise für das Besuchermanagement dar. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Messgenauigkeit der GPS-Logger (Stam‐ berger et al. 2018). Die eingesetzten Geräte wiesen eine Messungenauigkeit von fünf bis zehn Metern auf. Der Toleranzbzw. Pufferbereich der GIS-Analyse betrug 12 Meter. Beides könnte dazu geführt haben, dass die Anzahl von Wegeabweichungen überschätzt wurde. Die Ergebnisse weisen zudem darauf hin, dass eventuell ein zu geringer Wert für die Wegebreite in der GIS-Ana‐ lyse gewählt wurde und dies in Kombination mit der GPS-Ungenauigkeit zu einer zu hohen Anzahl an Abweichungen führte. Allerdings wurden die betreffenden Fälle händisch geprüft. In umfangreicheren Untersuchungen mit größeren Stichproben könnte diese Verifizierung allerdings sehr arbeitsreich und zeitintensiv ausfallen. Ähnliche Herausforderungen ergeben sich bei der Verschneidung von erhobenen Tracks mit spezifischen Wegetypen wie z. B. Radwegen. Die aufgezeichneten Daten sind nicht immer deckungsgleich mit Räumliches Verhalten 93 <?page no="94"?> dem vorhandenen, digitalen Wegebestand und müssen daher ebenfalls händisch korrigiert werden. Qualitativ hochwertige Ergebnisse sind daher mit einem großen Zeitaufwand verbunden. Alternativ wäre der Einsatz von Software hilfreich, die diese Korrekturen automatisiert durchführt. Nicht zuletzt handelt es sich bei vielen der GPS-Tracks um Fragmente von Routen, d. h. die Personen hatten schon einen Teil ihrer Route zurückgelegt, bevor sie angesprochen und mit einem Logger ausgestattet werden konnten. Es wurden also nicht immer gesamte Touren erfasst. Zweitens wurden die Logger im Teilgebiet Ruhestein an die Teilnehmenden verteilt. Dort wurden daher besonders viele Tracks gestartet. Dies hat dazu beigetragen, dass in der Auswertung der Ruhestein und die Darmstädter Hütte als bedeutende Hotspots angezeigt werden. - 6.2 Inhaltliche Diskussion Die Ergebnisse beinhalten eine Fülle an Hinweisen für mögliche Maßnahmen im Bereich des Besuchermanagements. Grundsätzlich zeigen insbesondere die Ergebnisse zur Akzeptanz des Radwegenetzes (→ Abbildung 7), dass die Len‐ kung von MTB-Fahrenden im Nationalpark gut funktioniert. Die Testpersonen bewegten sich zu einem hohen Anteil auf dem Wegenetz des Nationalparks. Wanderwege wurden kaum genutzt. Die Heatmap-Analyse zeigt zudem, dass sich MTB-Fahrende in Gebieten des Parks konzentrierten, die im Nutzungskon‐ zept als Besucherschwerpunkte vorgesehen sind (NLP SW 2018). Jedoch zeigt die Analyse auch, dass ein Teil der Radwege wenig genutzt wird. Eine denkbare Empfehlung wäre, diese Wege stärker zu bewerben oder ihre Attraktivität durch bessere Beschilderung oder neue Infrastruktur wie z. B. Pausenplätze zu steigern. Jedoch spricht gegen diese Maßnahmen, dass die Wege in Gebieten liegen, die laut NLP zur „großflächigen Beruhigung“ geeignet sind (SW 2018). D.h. die geringe Nutzung entspricht eigentlich den Zielen der NLP-Verwaltung. Gesperrte Wege wurden laut den Ergebnissen gar nicht und interne Wege kaum genutzt. Interne Wege wurden in sieben Fällen genutzt. Aber selbst wenn es sich nur um einzelne Personen handelt, könnte die Störung über einen längeren Zeitraum hinweg erheblich sein. Insbesondere dann, wenn es sich um naturschutzfachlich sensible Bereiche handelt. Ähnliches gilt für die ver‐ zeichneten Wegeabweichungen in der Kernzone (Kressenhart, Vogelkopf und Ruhesteinloch, → Abbildung 10). Da ein hoher Prozentsatz der Teilnehmenden angab, sich aufgrund ihrer Ortskenntnis zu orientieren (ca. 52 %) könnten diese Abweichungen aus Gewohnheit gemacht worden sein. Es stellt sich die Frage, mit welchen Managementansätzen diese Fahrenden erreicht werden könnten, 94 Julian Beigang & Monika Bachinger <?page no="95"?> da sie weder im Vorfeld Informationen einholen, noch vor Ort stark auf Schilder achten. Ein Zusammenhang zwischen der Planung der Tour über Online-Portale und Wegeabweichungen konnte hingegen kaum festgestellt werden. Zwar könnten im Einzelfall mangelnde oder falsche Routeninformation in den Portalen dazu geführt haben, dass Fahrende von den zulässigen Wegen abwichen, von einem generellen Zusammenhang kann aber nicht ausgegangen werden. Dies wäre eher mit Blick auf die Zufriedenheit mit dem Angebot an Wegen denkbar. D.h. wenn ein Großteil der Fahrenden unzufrieden mit dem Wegeangebot wäre, könnte vermutet werden, dass sie abweichen. Die Analyse der Zufriedenheit zeigt allerdings, dass die Tour bei 53 % der Befragten vollständig den Erwartungen entsprach. Wird allerdings die Zufrie‐ denheit mit der Erfüllung einzelner Motive für den Sport betrachtet, dann wird deutlich, dass die fahrtechnische Herausforderung im Gelände am wenigsten zufriedenstellend war. Auch der Aspekt des Abenteuers und der Freiheit bleibt untererfüllt. Hier ist eventuell Handlungsbedarf gegeben, um Fahrenden mit diesen Motivgruppen attraktive Angebote zu machen. Allerdings verweist der Nationalpark in diesem Zusammenhang auf die umliegenden Gemeinden, die gerade im Bereich von Enduro oder All-Mountain-Bike zahlreiche Angebote vorhalten (NLP SW 2018). 7 Fazit Großschutzgebiete wie Nationalparks sind nicht nur bedeutende Naturschutz‐ projekte, sondern stellen wichtige Erholungsräume für Menschen dar. Die Erho‐ lungsnutzung dieser Räume nimmt in den vergangenen Jahren stetig zu und die Erholungsaktivitäten differenzieren sich aus. Dies kann zu Nutzungskonflikten innerhalb der Erholungssuchenden, aber auch mit Zielen des Naturschutzes führen. Die vorliegende Studie hat untersucht, inwieweit GPS-Tracking und GIS-Analyse, in Verbindung mit dem Einsatz eines Fragebogens, das Risiko für Nutzungskonflikte abbilden können. Der Fokus der Untersuchung lag auf der Nutzergruppe der Mountainbiker. Es konnten 46 Tracks von Mountain‐ bike-Touren und 66 Fragebögen gesammelt werden. Selbst auf Basis dieser kleinen Stichprobe konnten hilfreiche Erkenntnisse über Wegeabweichungen der Fahrenden, über Nutzungsschwerpunkte und Nutzungsüberlagerungen mit anderen Gruppen, insbesondere mit Wandernden gewonnen werden. Tech‐ nisch zeigt die Studie auf, dass insbesondere aufgrund von Messfehlern beim GPS-Tracking die Verschneidung von aufgezeichneten Tracks mit bestehenden Wegedaten (z. B. Radwegenetz) sehr aufwändig ist, da manuelle Korrekturen Räumliches Verhalten 95 <?page no="96"?> notwendig werden. Ähnliches gilt für die Erfassung von Wegeabweichungen. Auch hier müssen Prüfungen stattfinden, um Messfehler von reellen Wegeab‐ weichungen zu unterscheiden. Acknowledgement | Diese Arbeit fußt auf der Abschlussarbeit von Julian Beigang im B.Sc.-Studiengang Nachhaltiges Regionalmanagement der Hoch‐ schule Rottenburg. Die Abschlussarbeit wurde unterstützt von Ulrike Märkel (Hochschule Rottenburg) und Dr. Dominik Rüede (Nationalpark Schwarzwald). - Literatur Barros, A. & Pickering, C. M. (2017). How Networks of Informal Trails Cause Landscape Level Damage to Vegetation, Environmental Management, 60, 57-68, DOI 10.1007/ s00267-017-0865-9. Beigang, J. (2020). Untersuchung des räumlichen Verhaltens von Mountainbikern. Mo‐ dellhafter Einsatz von GPS-Tracking und GIS als Instrumente des Besuchermanage‐ ments am Beispiel des Nationalpark Schwarzwald, Bachelorarbeit an der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg, Rottenburg (einsehbar im lokalen Bibliotheksbestand) BTE Tourismus- und Regionalberatung (2016). 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Gottschalk Keywords | MTB-Trail, Kamerafallen, Wildtiermonitoring, Besuchermo‐ nitoring, Besucherbefragung, Störungsökologie 1 Einleitung Mountainbiken ist eine der beliebtesten Outdoorsportarten in Deutschland (IfD Allensbach 2021, Hunziker et al. 2011). Vielerorts entstehen neue Infrastruk‐ turen, um der zunehmenden Beliebtheit sowie den dadurch höheren Anforde‐ rungen gerecht zu werden (Roth et al. 2014). Die steigende Nachfrage und das damit einhergehende höhere Angebot bringen neben den positiven Effekten aber auch Konfliktpotenziale mit sich. Eine der negativen Auswirkungen, die häufig aufgeführt wird, ist die Beeinträchtigung von Wildtieren (Larson et al. 2016, Wyttenbach et al. 2016, Ingold 2006). So kann Mountainbiken bei zahl‐ reichen Tierarten Fluchtreaktionen auslösen, die energiezehrend und stressför‐ dernd sind (Ciuti et al. 2012, Thiel et al. 2011, Knight et al. 2003). Papouchis et al. (2001) gehen von 6 % der Fälle aus, in denen beim Aufeinandertreffen von Wildtieren und Biker: innen eine Fluchtreaktion erfolgt. Zudem sind Tiere bei anhaltenden Störungen zunehmend nachtaktiv, um Menschen zu meiden (Reilly et al. 2017). Auch eine erhöhte Wachsamkeit der Tiere und veränderte räumliche Aktivitätsmuster sind mögliche Effekte vom Mountainbiken (George et al. 2006). Folgen dieser Störungen sind ein verändertes Reproduktionsverhalten, die Schwächung des Immunsystems und insgesamt die Beeinträchtigung der Überlebensfähigkeit von Wildtieren (Graf et al. 2018, Ingold 2006). <?page no="100"?> Besonders problematisch sind vor diesem Hintergrund illegale Trails. Denn abseits von offiziellen, meist stärker frequentierten Wegen ist das Störungspo‐ tenzial auf Wildtiere besonders hoch (Graf et al. 2018). So konnte gezeigt werden, dass Tiere bei Menschen abseits von gewohnten Wegen weiter flüchten als bei Begegnungen auf gängigen Wegesystemen (Wyttenbach et al. 2016). Bei regelmäßig stark frequentierten Wegen wiederum sind Gewöhnungseffekte von Wildtieren möglich (Larson et al. 2020). Dadurch sinkt das Störungspotenzial, sofern die Störung immer an denselben Stellen auftritt (Georgii 2001). Auswirkungen von MTB-Trails auf Wildtiere sind allerdings schwer ermit‐ telbar. Wildtiere lassen sich nur schlecht ohne Hilfsmittel beobachten (Finkbeiner et al. 2021, Graf et al. 2018). Auswirkungen des MTB-Sports können meist erst nach längeren Beobachtungszeiträumen oder mit großer Zeitverzögerung festgestellt werden (Georgii 2001). Im deutschsprachigen Raum gibt es zudem nur wenige Studien, die sich mit den Auswirkungen von Mountainbiking und speziell von MTB-Trails auf Wildtiere beschäftigen (Grapentin et al. 2018). Daher war es Ziel der hier vorgestellten Studie, mit Hilfe von Wildtierkameras mögliche Störungen an einem neu angelegten MTB-Trail zu untersuchen. Da Kamerafallen die Beobachtung von Tieren über lange Zeiträume hinweg ermöglichen, ohne sie zu stören, sind sie besonders nützlich, um das Verhalten und auch Veränderungen in den täglichen Aktivitätsmustern im Laufe der Zeit zu beobachten (Schlindwein et al. 2023, Krauss et al. 2018, Rovero et al. 2013). Im Rahmen der hier vorgestellten Studie werden folgende Fragen beleuchtet: In welchem Zeitraum wird der Trail von welchen Moutainbikenden genutzt? Inwieweit stören Radfahrende die Wildtiere entlang des Trails? 2 Methoden Um herauszubekommen, inwiefern Radfahrende entlang eines Trails Wildtiere beeinträchtigen, wurde der Mountainbike-Trail „Eselstrail“ untersucht. Der Trail wurde im Jahr 2022 im Rammert, einem kleinen Mittelgebirgswald bei Rottenburg am Neckar (Baden-Württemberg) errichtet. Entlang des Trails wurden Wildtierkameras angebracht, sowie die Anzahl der MTB Fahrenden durch zwei automatische Zählgeräte erfasst. Der Eselstrail liegt in einem Naherholungsgebiet, rund 3 km von der Stadt Rottenburg entfernt. Rottenburg liegt südwestlich der Landeshauptstadt Stutt‐ gart und weist ca. 44.000 Einwohnende auf (StaLa BW, 2023). Das Naherho‐ lungsgebiet wird von zahlreichen Menschen aufgesucht. Es wird zudem als Lehrrevier von der Hochschule für Forstwirtschaft genutzt, die hier zahlreiche jagdliche und forstwirtschaftliche Übungen durchführt. Die im Bereich des 100 Koch, Johansson, Krieger, Einhaus, Bachinger & Gottschalk <?page no="101"?> Trails dominierenden Baumarten sind Waldkiefern und Rotbuchen sowie zu etwas geringeren Anteilen Fichten aller Altersklassen. Vereinzelt sind auch junge Weißtannen vorzufinden. Der Waldbestand zeichnet sich durch eine überwiegend lichte Struktur aus. Auf einer Länge von 1,6 km und einer Höhendifferenz von 120 m können Mountainbikende auf dem Trail drei Abschnitte mit unterschiedlichen Schwie‐ rigkeitsgraden befahren (→ Abbildung 11). Der erste Trailabschnitt ist leicht zu befahren. Er stellt die Einstiegspassage des Trails am oberen Ende eines Berg‐ hangs dar. Der zweite Trailabschnitt ist der schwierigste und längste Abschnitt. Er folgt der Höhenlinie des Hangs und weist teilweise starkes Gefälle auf. Der untere Trailabschnitt (Talabschnitt) weist eine mittlere Schwierigkeitsstufe auf. Abbildung 11: Trailverlauf mit Schwierigkeitsstufen und Standorte der Wildtierkameras entlang des Trails (Eselstrail, Rottenburg) Zur Ermittlung der Nutzungsintensität durch Mountainbikende wurden zwei automatische Zählgeräte eingesetzt. Ein Passiv-Infrarot-Gerät befand sich auf dem oberen, ersten Trailabschnitt. Am Beginn des dritten Trailabschnitts wurde eine Induktionsschleife eingesetzt. Die Zählgeräte konnten Radfahrende in einem 15-minütigen Intervall erfassen. Die Zeitpunkte von vorbeifahrenden Radfahrenden wurden somit in einer gröberen Zeitskala als die Fotos der Wildtierkameras erfasst. Das Auslesen der Daten aus den Meßgeräten erfolgte mit den Apps Eco Link und Eco Link Evo. Mountainbiken und Wildtiere 101 <?page no="102"?> Während vier Tagen im Mai 2023 wurden Mountainbikende vor Ort befragt. Die Umfrage wurde zudem für ca. sechs Wochen per QR-Code beim Ein- und Ausstieg des Trails aufgehängt, sowie ein Teilnahmelink auf der Website des Trails (www.eselstrail.de) geteilt. Mit der Umfrage wurden demografische Merk‐ male, die Motivation, die Fahrerfahrung, das Fahrerlebnis und das Bewusstsein der Mountainbikenden zur Störung von Wildtieren erhoben. Die Inhalte wurden standardisiert mit Hilfe von geschlossenen Fragen ermittelt. Das Meßinstrument bestand großenteils aus 5-teiligen Skalen, die es erlaubten, die Zustimmung, die Wichtigkeit und die Zufriedenheit der Antwortgebenden zu erfassen. Insgesamt wies der Fragebogen 20 Fragen auf. Vier Fragen bezogen sich auf die Nut‐ zungsintensität des Trails (Häufigkeit des Besuchs, Häufigkeit der Abfahrten am Befragungstag). Fünf Fragen wurden zum Aktivitätsgrad der Fahrenden gestellt ( Jahre der Ausübung des Sports, Fahrerfahrung, Bedeutung des Sports für Freizeitgestaltung). Eine weitere Frage bezog sich auf die Motivation zum Mountainbiken. Zwei Fragen adressierten die Zufriedenheit der Fahrenden mit dem Trail. Ebenso wurden demographische Informationen abgefragt. Die Einschätzung der Befragten zu Störungen von Wildtieren wurde mithilfe von vier Fragen erfasst. Zunächst wurden die Teilnehmenden gebeten, die Wildtierarten im Rammert zu benennen. Dann sollten sie einschätzen, welche Tiere besonders durch MTB-Sport gestört werden. Die dritte Frage zielte auf die Wahrnehmung von Wildtieren während des Fahrens. Der Frageteil schloss mit einer Frage, die die Teilnehmenden um eine Beurteilung zu ihrer Störwirkung bat. Zur Erfassung der Aktivität von Wildtieren wurden zwölf Wildtierkameras unterschiedlicher Hersteller entlang des Trails installiert (→-Abbildung 11). Die Kameras waren dabei mehrheitlich entlang der Fahrtrichtung der Mountainbik‐ enden am Trail ausgerichtet, um mögliche Fluchtbewegungen von Tieren, die durch MTB-Aktivität auf dem Trail verursacht wurden, erfassen zu können. Die Kameras befanden sich neben dem Trail im Wald, in einem Abstand von durchschnittlich 50 m vom Trail entfernt. Dabei betrug der Abstand zwischen den einzelnen Kameras zwischen 80 und 120 m. Der Erfassungszeitraum erstreckte sich vom 23. Juni 2022 bis zum 15. Mai 2023. Die Wildtierkameras konnten sowohl tagsüber als auch nachts Bilder von Tieren am Trail aufnehmen. Je nach Kamera wurden jeweils drei oder fünf Bilder im Abstand weniger Sekunden hintereinander aufgenommen, wenn eine Bewegung vor der Kamera registriert wurde. Bei der Auswertung wurde darauf geachtet, dass mehrfach fotografierte Tiere nur einmal ausgewertet wurden. Die Bilder wurden nach dem Verhalten der Tiere in fünf Kategorien eingeteilt 1) „ungestört“, 2) „in Bewegung“, 3) „horcht 102 Koch, Johansson, Krieger, Einhaus, Bachinger & Gottschalk <?page no="103"?> auf“, 4) „flüchtet“ und 5) „nicht beurteilbar“. Die Sichtung und Klassifikation der Bilder wurden dabei von mehreren Personen vorgenommen. Im Vorfeld der Klassifizierung war ein Kriterienkatalog festgelegt worden, mithilfe dessen die Verhaltensweise eines Tieres anhand von qualitativen Merkmalen einer Kategorie zugeordnet werden konnte. So wurde das Verhalten „flüchtet“ definiert als Tier, das sich über den Verlauf der Bilder hinweg sehr schnell bewegt (beispielsweise nur verschwommen zu sehen ist) oder das zunächst ruhig erscheint und dann ruckartig wegläuft. Die Kategorie „in Bewegung“ hingegen wurde definiert als Tier, das sich entspannt und langsam an der Kamera vorbeibewegt, d. h. kein Rennen zeigt. Für alle fünf Kategorien gab es qualitative Definitionen. Wenn Bilder schlecht einzuordnen waren, wurden sie entweder in die Kategorie „nicht beurteilbar“ eingestuft oder untereinander besprochen. Um den Zusammenhang zwischen vorbeifahrenden Radfahrenden und re‐ agierenden Wildtieren herzustellen, wurden die Zeiträume vorbeifahrender Radfahrender mit den Zeitpunkten der Wildtierkamerabilder abgeglichen. Eine Reaktion von Tieren auf vorbeifahrende Radfahrende wurde dann als gegeben verstanden, wenn das Tier aufhorchte oder flüchtete. Mit Hilfe der Pearson-Kor‐ relation wurden mögliche Zusammenhänge zwischen dem Verhalten der Wild‐ tiere und Radfahrenden überprüft. Dafür wurden die Variable „Verhalten der Wildtiere“ (klassifiziert in die fünf genannten Reaktionsarten) und die Variable „Radfahrende Ja/ Nein“ über die erfasste Zeit hinweg, jeweils in 15-Minuten-In‐ tervallen miteinader in Beziehung gesetzt. Untersucht wurde die Nullhypothese „Die Wildtiere reagieren nicht auf vorbeifahrende Radfahrende“ mit der Alter‐ nativhypothese „Die Wildtiere reagieren auf vorbeifahrende Radfahrende“. 3 Ergebnisse - 3.1 Nutzungsintensität des Trails Zwischen Mai 2022 und Juli 2023 konnten 2.534 Fahrräder mittels der Indukti‐ onsschleife am Beginn des dritten Trailabschnitts gezählt werden. Der tägliche Durchschnitt lag bei 6 (σ = 9) Fahrenden. Der besucherstärkste Monat war der Juni 2023 (566 Fahrende), gefolgt von Oktober 2022 (343). Der 15. und 16. Oktober 2022, das Eröffnungswochenende des Trails, waren mit 52 bzw. 53 gezählten Fahrrädern die am stärksten besuchten Tage im Jahresverlauf (→ Tabelle 1). Mountainbiken und Wildtiere 103 <?page no="104"?> Datum Wochentag Feiertag Anzahl Fahrräder 16.10.2022 Sonntag - 53 15.10.2022 Samstag - 52 25.06.2023 Sonntag - 51 10.04.2023 Montag Ostermontag 45 08.07.2023 Samstag - 45 18.06.2023 Sonntag - 39 09.10.2022 Sonntag - 37 16.06.2023 Freitag - 36 30.04.2023 Sonntag - 35 04.06.2023 Sonntag - 35 11.06.2023 Sonntag - 33 01.11.2022 Dienstag Allerheiligen 32 21.05.2023 Sonntag - 31 29.05.2023 Montag - 31 15.06.2023 Donnerstag - 31 Tabelle 5: Tage mit mehr als 30 Fahrrädern im Zeitraum 17.05.22-10.07.23 erfasst mit Hilfe einer Induktionsschleife. Die Auswertung nach Wochentagen zeigt, dass 44 % der Nutzungen am Wochen‐ ende stattfanden, insbesondere an Sonntagen. Am geringsten besucht wurde der Trail mit 10 % der Nutzer an Dienstagen. Die Analyse der Mountainbikenden im Tagesverlauf zeigt, dass nachmittags zwischen 13 und 19 Uhr das Besuchs‐ aufkommen besonders hoch ausfiel (→ Abbildung 12). 0 50 100 150 200 250 300 350 Zählungen insgesamt Uhrzeit Abbildung 12: Erfasste Fahrräder mittels Induktionsschleife nach Uhrzeit im Tagesverlauf 104 Koch, Johansson, Krieger, Einhaus, Bachinger & Gottschalk <?page no="105"?> Werden die Daten des Zählgeräts am ersten Trailabschnitt hinzugenommen, so fällt auf, dass der leichtere, erste Abschnitt des Trails häufiger befahren wurde, als der mittelschwere, dritte Abschnitt. Dies war an 53 % der ausgewerteten Tage der Fall. - 3.2 Nutzendenprofile Mit einem Anteil von 93 % waren Männer am Trail am stärksten vertreten. Die Altersverteilung ist heterogen. Mit rund 27 % war die Altersgruppe zwischen 31-40 am stärksten vertreten, gefolgt von einer gleichmäßigen Verteilung der anderen Altersgruppen. Nur die Altersgruppe über 60 Jahre war unterrepräsen‐ tiert. Die befragten Mountainbikenden wohnten hauptsächlich in der Nähe des Trails. Knapp 40-% gaben an, maximal 5-km vom Trail entfernt zu wohnen. Die Mehrheit der Befragten hatten über 10 Jahre (53 %) Erfahrung im Sport. Auf die Frage, ob sie sich als erfahrene Mountainbikende einschätzen, stimmten 64 % zu. Die wichtigsten Motive für das Mountainbiken waren die sportliche Bewegung, Spaß haben und in der Natur sein. Untergeordnete Motive waren mit den Kindern draußen zu sein, oder mit anderen Menschen zusammen sein zu können. Auch dem Motiv des „Adrenalinkicks“ wurde von den Fahrenden untergeordnete Bedeutung zugeordnet. Insgesamt ist eine hohe Nutzerzufriedenheit des Trails festzustellen. Beson‐ ders zufrieden sind die Befragten mit der Naturnähe, Länge und der Beschilde‐ rung des Trails. Zudem gaben 84 % der Befragten an, dass ihre Erwartungen an den Eselstrail erfüllt wurden. Die Mehrheit (77 %) empfindet den Schwierig‐ keitsgrad des Trails als mittelschwer. Die Ergebnisse zur Nutzungsintensität des Trails zeigen, dass die Mehrheit der Mountainbikenden sich circa 1-3 h auf dem Trail aufhält. Nur die Wenigsten sind unter 1 h oder mehr als 3 h vor Ort. 45 % der Befragten gaben an, den Eselstrail nur einmal zu befahren. Auf die Frage, wie oft die Mountainbikenden den Eselstrail besuchen, gaben rund 20 % der Befragten an, den Trail zum ersten Mal zu besuchen. Die Mehrheit kommt ca. einmal im Monat oder unregelmäßig zum Trail. In Bezug auf potenzielle Störungen von Wildtieren glaubt die Mehrheit der Befragten, dass Mountainbikende keinen oder nur einen geringen Einfluss auf Wildtiere haben. 19,6 % sehen keinen Einfluss, 24,8 % einen geringen Einfluss über verschiedene Tierarten hinweg. Wenige (4,3 %) nehmen eine starke oder sehr starke Auswirkung auf Wildtiere unterschiedlicher Arten an. Auffällig ist, dass insbesondere beim Reh eine höhere Störanfälligkeit gegenüber dem Mountainbiken vermutet wird: 16 % vermuten eine starke oder sehr starke Störwirkung. Mountainbiken und Wildtiere 105 <?page no="106"?> 3.3 Störung von Wildtieren Im Beobachtungszeitraum wurden insgesamt 2039 Individuen unterschiedlicher Tierarten erfasst. Am häufigsten vertreten war das Reh mit 760 Individuen, gefolgt von Wildschwein, Fuchs und Dachs. Auch einige Vogelarten, wie etwa die Amsel mit 79 erfassten Individuen, sowie Singdrosseln, Ringeltauben und zwei Grauspechte wurden am Trail festgestellt (→-Abbildung 13a). 760 377 312 182 141 79 76 36 30 17 15 14 0 20 40 60 80 100 120 140 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 Anzahl Wildtiere Uhrzeit Anzahl 269 101 1081 481 110 Flüchtet Horcht auf In Bewegung Ungestört Nicht beurteilbar Anzahl a b c Abbildung 13: a) Anzahl erfasster Wildtiere nach Art am Eselstrail bei Rottenburg im Zeitraum von 23. Juni 2022 bis zum 15. Mai 2023 (n = 2039) b) Aktivität der Wildtiere am Eselstrail nach Tageszeit (n = 1843) und c) Wildtierverhalten nach Verhaltenskategorien (n = 2042) 106 Koch, Johansson, Krieger, Einhaus, Bachinger & Gottschalk <?page no="107"?> Bei der Betrachtung der zeitlichen Aktivität der Wildtiere wurde festgestellt, dass die Tiere eher nachts und in den Dämmerungszeiten aktiv waren. Vor allem die Morgenstunden zwischen 5 und 8 Uhr, sowie die Uhrzeiten von 22 bis 1 Uhr waren besonders frequentiert (→-Abbildung 13b). Anhand von 2.042 Aufnahmen konnte das Verhalten der Tiere analysiert werden (→ Abbildung 13c und → Abbildung 14). Während 481 der Tiere ungestört erschienen, waren 1081 Tiere in Bewegung, zeigten aber kein Re‐ aktionsverhalten auf eine Störung. Bei 110 Tieren war das Verhalten nicht beurteilbar. 101 Tiere horchten auf und 269 Tiere befanden sich auf der Flucht. Abbildung 14: a) Reh am Eselstrail bei Rottenburg und b) einer von 312 am Eselstrail fotografierten Rotfüchse Mountainbiken und Wildtiere 107 <?page no="108"?> Durch den Vergleich der Zeiträume der am Trail fahrenden Radfahrenden und der Uhrzeit der erfassten Wildtiere, konnten 40 Individuen identifiziert werden, die sich zeitgleich mit Mountainbikenden in der Nähe des Trails aufhielten. Ein Reh horchte auf und drei Eichhörnchen und zwei Rehe befanden sich auf der Flucht. Durch die Berücksichtigung der Richtung, in welche die Wildkameras ausgerichtet waren, konnte festgestellt werden, dass sich nur zwei der fünf flüchtenden Tiere vom Trail wegbewegten. Dabei handelte es sich um ein Reh und ein Eichhörnchen. Zwei weitere Tiere flüchteten entlang des Trails und eines zum Trail hin. Ein statistischer Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Tiere und Nutzenden des MTB-Trails konnte jedoch nicht festgestellt werden (Korrelationskoeffizient r = 0,002, p-Wert = 0,935). 4 Diskussion Insgesamt konnten durch die Untersuchung die Ergebnisse vorangegangener Studien zu den Auswirkungen von Mountainbiketrails auf Wildtiere bestätigt werden. Allerdings lag die Prozentzahl der auf Radfahrende reagierenden Tiere deutlich unter den in der Literatur beschriebenen 6 % der Wildtiere, bei welchen eine Fluchtreaktion im Zusammenhang mit Radfahrenden festgestellt wurde (Papouchis et al. 2001). In vorangegangenen Studien wurde vor allem das Verhalten von Wildtieren in Schutzgebieten untersucht (Procko et al. 2022, Coppes et al. 2019, Thiel et al. 2011). Das in Rottenburg untersuchte Gebiet ist ein städtisches Naherholungsgebiet und das Lehrrevier der Forsthochschule Rottenburg. Es könnte sein, dass Wildtiere in diesem Gebiet an Störungen stärker gewöhnt sind und dadurch Mountainbikende eine geringere Wirkung auf die Wildtiere haben. Auffällig ist, dass nur zwei der fünf flüchtenden Tiere vom Trail weg flohen, während die anderen zu diesem hin oder an ihm entlang flüchteten. Aufgrund der Nähe des Eselstrails zu anderen Wegen, können diese Fluchtreaktionen nicht auf MTB-Fahrende allein zurückgeführt werden. Die Tiere reagierten mögli‐ cherweise auf Fußgänger oder auf vorbeifahrende PKW abseits des MTB-Trails. Werden die Uhrzeiten betrachtet, zu denen Wildtiere erfasst wurden, ist festzustellen, dass die Tiere häufig nachts und in der Dämmerung aktiv waren. Somit können Daten vom BUND Baden-Württemberg (2021) zur tageszeitlichen Aktivität von Wildtieren bestätigt werden. Die im Rammert festgestellte Nacht- und Dämmerungsaktivität könnte ebenso ein Anpassungsverhalten an mensch‐ liche Störung darstellen, wie dies bereits weltweit beobachtet wird (Gaynor et al. 2018). Durch die zeitliche „Trennung“ von Wildtieren und Radfahrenden kam es insgesamt nur zu wenigen Begegnungen. Dies erklärt die geringe Anzahl von 108 Koch, Johansson, Krieger, Einhaus, Bachinger & Gottschalk <?page no="109"?> 40 Wildtieren, die sich zeitgleich mit Radfahrenden am Trail befanden (Georgii 2001). Die Bilder zeigen, dass die Wildtiere den Bereich um den Trail stärker zu anderen Tageszeiten nutzen. Ein zunehmendes Meidungsverhalten von Tieren nach der Eröffnung des Trails im Oktober 2022 konnte jedoch nicht festgestellt werden. Die Zahl der am Trail erfassten Wildtiere veränderte sich nach diesem Zeitpunkt nicht bedeutsam. Da der Eselstrail schon vor der Eröffnung genutzt wurde und die Wildkameras erst im Juni 2022 installiert wurden, wäre vielmehr der Zeitpunkt vor dem Bau des Trails interessant. Den Daten zur Nutzungsintensität zufolge wird der Trail an Wochenenden und an Nachmittagen von MTB-Fahrenden besonders stark nachgefragt. Den‐ noch ist die Belastung mit maximal 50 Fahrenden pro Tag und rund 2500 Fahrenden im Jahr gering. Andere Studien legen weit höhere Besuchszahlen an (Derks et al. 2020, Lupp et al. 2016). Allerdings muss festgehalten werden, dass der Trail erst im Oktober 2022 eröffnet wurde und der Erhebungszeitraum der Studie im Juli 2023 endete. Die Monate August und September, bei denen hohe Besucherzahlen erwartet werden könnten, sind somit nicht erfasst. In dieser Auswertung wurde nicht spezifisch nachvollzogen, welche Stör‐ wirkung auf welchem der drei Trailabschnitte erfolgte. Dies könnte jedoch interessant sein, um Unterschiede zwischen Schwierigkeitsgrad von Trails und potenziellen Störwirkungen erkennen zu können. Auf dem Eselstrail wurde der erste, leichte Abschnitt häufiger befahren als der mittelschwere, letzte Ab‐ schnitt. Würden die Daten der jeweiligen Wildtierkameras separat ausgewertet, könnten mögliche Unterschiede in der Störungswirkung je Trailabschnitt er‐ fasst werden. Interessant wäre zudem, Nutzendenprofile der Mountainbikenden mit den Störwirkungen auf die Tiere abzugleichen. Auf diese Weise könnten Unter‐ schiede in der Störwirkung z. B. in Abhängigkeit der Besuchsmotive oder der Fahrerfahrung herausgefunden werden. Die Fahrenden im Rammert waren überwiegend lokale Seltenbesuchende, die keine ausgeprägten sportlichen Mo‐ tive aufwiesen (Adrenalinkick war untergeordnetes Motiv). Da zudem nur wenige Störungen bei Wildtieren aufgezeichnet wurden, konnten weitere Zu‐ sammenhänge nicht untersucht werden. Methodisch muss angemerkt werden, dass die Wildtierkameras auf rund 50 cm Höhe angebracht waren. Tiere, die sich vor allem über dieser Höhe aufhalten, wurden von den Kameras nicht erfasst. Es kann somit nicht ausge‐ schlossen werden, dass z. B. zur Brutzeit empfindliche Greifvogelarten, wie der Rotmilan im Gebiet vorkommen, aber mit den Kameras nicht erfasst wurden und somit eine mögliche Störung duch MTB-Fahrende nicht erkannt werden Mountainbiken und Wildtiere 109 <?page no="110"?> konnte. Zudem kann eine gewisse Subjektivität bei der Beurteilung der Bilder aus den Wildtierkameras nicht ausgeschlossen werden. 5 Fazit In Hinblick auf die untersuchungsleitenden Fragen dieses Kapitels kann fest‐ gehalten werden, dass an Sonn- und Feiertagen, sowie am Nachmittag der Eselstrail am stärksten befahren wird. Der Trail wird zudem überwiegend von männlichen Mountainbikern genutzt. Über die Hälfte der Bikenden ist schon lange im MTB-Sport aktiv und schätzt sich als erfahrene Fahrende ein. Spaß zu haben und sich sportlich zu betätigen sind die beiden wichtigsten Motive. Der Einfluss auf Wildtiere wird von den Befragten als eher gering eingeschätzt. Die beobachteten Auswirkungen der Mountainbikenden auf Wildtiere sind insgesamt als gering zu beurteilen. Mit Hilfe der Wildtierkameras konnten keine Zusammenhänge zwischen reagierenden Wildtieren und vorbeifahrenden Fahrrädern festgestellt werden. Sehr wahrscheinlich haben die Wildtiere ihre Aktivität im Untersuchungsgebiet schon seit vielen Jahren auf die Nacht- und Dämmerungszeit verlegt, um so den Menschen aus dem Weg zu gehen. Weiter‐ führende Studien könnten unterschiedlich stark befahrene Trailabschnitte und deren Störwirkungen untersuchen. Zudem könnten unterschiedliche Fahrstile oder Motivgruppen sowie deren Störwirkungen unterschieden werden. Danksagung | Die Autorinnen und Autoren des Beitrags danken der DAV Ortsgruppe, Herrn Gerhard Lude, der Forstverwaltung Rottenburg, Herrn Peter Weissinger, Frau Emma Oesterle und insbesondere Herrn Michael Mesick für ihre Unterstützung in der Umsetzung der vorliegenden Studie. - Literatur BUND Baden-Württemberg (2021). Positionspapier. Mountainbiking und Waldnatur‐ schutz. Bund für Umwelt und Naturschutz. Stuttgart, online unter https: / / www.bu nd-bawue.de/ service/ publikationen/ detail/ publication/ mountainbike-und-waldnatur schutz/ , eingesehen am 02.10.2023. Ciuti, S, Northrup, J. M., Muhly, T. B., Simi, S., Musiani, M., Pitt, J. A. & Boyce, M. S. (2012). Effects of humans on behaviour of wildlife exceed those of natural predators in a landscape of fear. PloS one 7 (11), e50611. DOI: 10.1371/ journal.pone.0050611. Coppes, J., Ehrlacher, J., Müller, G., Roth, K., Schroth, K. E., Förschler, M., Braunisch, V. & Suchant, R. (2019). 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Novi Sad: MMV 8 (Monitoring and management of visitors in recreational and protected areas), online verfügbar unter https: / / mmv.boku.ac.at/ refbase/ files/ wytten bach-2016.pdf. 112 Koch, Johansson, Krieger, Einhaus, Bachinger & Gottschalk <?page no="113"?> Die Wegeigenschaften eines für das Mountainbiken genutzten Wegenetzes am Beispiel der Friesener Warte Patrick Schuster, Veronika Mitterwallner & Manuel J. Steinbauer Keywords | Infrastruktur, Mountainbike, Natursport, Raumnutzung, Trailentwicklung, Wegeigenschaften Zusammenfassung Das Mountainbiken ist eine der beliebtesten Outdoorsportarten und findet meist auf bestehenden Wanderwegnetzen in natürlichen Systemen wie Wäldern statt. Dabei entsprechen nur bestimmte Wegeigenschaften den Präferenzen der Mountainbiker: innen, wodurch neue Wege innerhalb des Wegenetzes ge‐ schaffen werden und Konflikte mit anderen Nutzungsformen entstehen (Taylor & Sand 2021). In dieser Studie wurde der Wegeanteil von ausgewiesenen und nicht ausgewiesenen Wegen im bei Mountainbikern beliebten Gebiet „Friesener Warte“ im Naturpark Fränkische Schweiz - Frankenjura quantifiziert. Es wurde untersucht, inwiefern sich die Wegeigenschaften der beiden Wegearten unter‐ scheiden. Nicht ausgewiesene Wege nehmen 39 % des Wegenetzes ein und unterscheiden sich von ausgewiesenen Wegen durch eine höhere Schwierigkeit (Mittlere maximale Schwierigkeit 0,65 vs. 0,33 bewertet auf Singletrail-Skala von S0 bis S5), schmalere (Mittelwert 1,0 vs. 1,2 Meter Breite) aber kaum steilere Wege (12,3 % vs. 10,5 % Durchschnittsgefälle). Sie führen kaum über Schotter und Asphalt (3 % vs. 64 %), sondern mehrheitlich auf Wald- und Wiesenwegen und besitzen im Untersuchungsgebiet häufiger Features wie Sprungschanzen. Die Unterschiede legen nahe, dass das untersuchte Gebiet aus Sicht der Mountainbiker: innen nicht mit ausreichend geeigneten Wegen ausgestattet ist und verdeutlichen nach welchen präferierten Wegeigenschaften Mountainbiker: innen bestehende Wegenetze erweitern. <?page no="114"?> 1 Einleitung Das Mountainbiken hat sich in den letzten Jahren durch zunehmende Beliebtheit zum Breitensport entwickelt, was einen erhöhten Bedarf an geeigneten Wegen in Naturräumen zur Folge hat. Das aktuelle Wegenetz und dessen Eigenschaften werden dem Bedarf oft nicht gerecht. Die Möglichkeit, dass das Mountainbiken individuell in der freien Landschaft ausführbar ist, ist entscheidend für die Attraktivität der Outdoorsportart. In Bayern gilt das freie Betretungsrecht (BayNatSchG §27 Abs. 1), wonach alle Teile der Natur, insbesondere des Waldes, für jedermann unentgeltlich im Rahmen der Erhohlung betretbar sind. Dieses wurde um Vollzugshinweise ergänzt, in welchen es heißt, dass „Jedermann […] auf Privatwegen in der freien Natur […] , soweit sich die Wege dafür eigenen, […] mit Fahrzeugen ohne Motorkraft […] fahren“ darf (Freistaat Bayern 2011). Für die dabei aufgeworfene Frage der Wegeeignung für das Mountainbiken sind jedoch keine einheitlichen und leicht anwendbaren Regelungen verfügbar. Nicht geeignete Wege reduzieren demnach potentiell den Gesamtanteil an Mountainbike-Wegen während gleichzeitig der Ausbau mountainbikespezifi‐ scher Infrastruktur dem Bedarf nicht nachkommt. Als Folge schaffen Mountain‐ biker: innen zur Ausübung ihrer Sportart neue Wege (Ballantyne et al. 2014; Ballantyne & Pickering 2015; Köck & Brenner 2015; Koemle & Morawetz 2016 Newsome & Davies, 2009). Die Entstehung und Ausdehnung solcher Wegenetze sind bisher kaum untersucht. In Australien wurde gezeigt, dass ein Wegenetz aus offiziellen und inoffiziellen Wegen zu einem Verlust ungestörter Waldflächen von 5,7 % beiträgt, wobei inoffizielle Wege für 65 % davon verantwortlich sind (Ballantyne et al. 2014). Neben den Auswirkungen inoffizieller Wegenetze auf die Umwelt geben die Merkmale und die Ausprägung eines solchen Wegenetzes aber auch Auskunft über den reellen Bedarf von Mountainbiker: innen. So kann die Wegeplanung und das Wegemanagement besser an den Bedarf von Mountainbiker: innen angepasst werden und das Konfliktpotential mit sozialer und natürlicher Umwelt verringert werden. In dieser Studie wird am Beispiel einer beliebten Mountainbike-Region (Frie‐ sener Warte, Naturpark Fränkische Schweiz - Frankenjura) das von Mountain‐ biker: innen genutzte Wegenetz beispielhaft quantifiziert. Neben einer Erhebung des Anteils weder auf örtlichen Karten noch im Gelände ausgewiesener Wege wird untersucht, inwiefern sich diese Wege von ausgewiesenen Wegen in ihren Wegeigenschaften (Breite, Gefälle, Untergrund, Schwierigkeit) unterscheiden. 114 Patrick Schuster, Veronika Mitterwallner & Manuel J. Steinbauer <?page no="115"?> 2 Methoden - 2.1 Untersuchungsgebiet Friesener Warte Das Untersuchungsgebiet „Friesener Warte“, südöstlich vom oberfränkischen Bamberg im Naturpark Fränkische Schweiz - Frankenjura gelegen, ist Teil des Landschaftsschutzgebietes (→ Abbildung 15a und 15b). Es gelten daher besondere Regelungen für den Schutz der Natur, die Pflege der Landschaft und die Erholung in der freien Natur (Freistaat Bayern 2011). Das Gebiet ist aufgrund der Nähe zu Bamberg, des abwechslungsreichen Geländes eines Mittelgebirges (Höhenrelief von 560 Metern) und der touristischen Infrastruktur attraktiv für Mountainbiker: innen und andere Erholungssuchende. Durch seine artenreichen Magerrasen und Kalkschuttfluren ist das Gebiet außerdem von Bedeutung für Natur- und Artenschutz. Damit ist es beispielhaft für viele naturnahe Räume in Deutschland, welche aufgrund ihrer landschaftlichen Schönheit unter Nutzungs‐ druck durch Outdoorsport stehen. - 2.2 Datenaufnahme und -analyse Das gesamte Wegenetz im Untersuchungsgebiet, unter anderem bestehend aus Wanderwegen, Forstwegen und asphaltierten Wegen, wurde umfassend kartiert und in ausgewiesene und nicht ausgewiesene Wege eingeteilt (vgl. Grapentin et al. 2018; Havlick et al. 2016; Pickering et al. 2014). Da auch Wanderwege, aber teils auch Forstwege und Zufahrten, die seit Jahrzehnten bestehen, nicht im Grundbuch erfasst sein müssen, wurden als ausgewiesene Wege diejenigen klassifiziert, welche in Wanderkarten (Katrographisches Büro Appelt, o.-J.; Lan‐ desamt für Vermessung und Geoinformation 2013, 2017, 2018) oder auf offiziellen Webseiten (z.-B. Tourismusverbänden) ausgewiesen sind. Für diese Wege ist eine kontinuierliche Beschilderung und Instandhaltung charakteristisch. Im Gegensatz dazu wurden alle Wege, welche weder auf Wanderkarten noch auf staatlich unterstützten Internetseiten zu finden sind und nicht im Gelände beschildert sind, als nicht ausgewiesene Wege klassifiziert. Ebenso, wenn diese lediglich von Privatpersonen auf Outdoorplattformen wie zum Beispiel „komoot“ oder „outdooractive“ veröffentlicht wurden. Die Klassifikation trifft mithin keine Aussage über den rechtlichen Status der Wege, sondern spiegelt den für die Verwaltung und öffentliche Tourismusverbände kommunizierten Zustand wider. In der Kartierung nicht erfasst wurden öffentliche Straßen, es sei denn auf ihnen verlaufen öffentliche Wander- oder Radwege. Ebenfalls nicht erfasst sind ausdrücklich durch Beschilderung gesperrte Privatwege und Sackgassen. Auch werden keine Wege erfasst, die z. B. aufgrund überwuchernder Vegetation seit Jahren nicht mehr befahren wurden bzw. dafür nicht geeignet sind. Wegeigenschaften und -netze 115 <?page no="116"?> a b c d Abbildung 15: Lage des Untersuchungsgebiets in a) Bayern und im b) Großraum Bamberg, sowie c) das gesamte Wegenetz an der Friesener Warte und d) das Wegenetz von Singletrails nach Lotze et al. (2014) eingeteilt in ausgewiesene und nicht ausgewiesene Wege. Im Zeitraum von November 2020 bis Mai 2021, wurden die Wege im Untersu‐ chungsgebiet zu Fuß abgegangen. Dabei wurden die Wege nach dem Untergrund (→ Abbildung 16), der maximalen Schwierigkeit (Singletrail-Skala von S0 bis S5 nach Schymik et al. 2008), der geschätzten mittleren Breite, der maximalen Steigung und dem Vorhandensein von „Features“ bewertet und die aufgenom‐ menen GPS-Tracks entsprechend gekennzeichnet (→-Abbildung-15). 116 Patrick Schuster, Veronika Mitterwallner & Manuel J. Steinbauer <?page no="117"?> 3 Ergebnisse Nicht ausgewiesene Wege nehmen einen großen Teil des Gesamtwegenetzes an der Friesener Warte ein (36 km bzw. 39 % des gesamten Wegenetzes; → Abbildung 15c). Bemerkenswert ist, dass sieben dieser Wege (Gesamtlänge von 1.971 Metern) auch nicht in der von Outdoorplattformen als Datengrundlage verwendeten Datenbank von openstreetmap kartiert sind. a b c d e Abbildung 16: Beispielhafte Darstellung der Untergrundklassen a) asphaltierter Weg, b) geschotterter Weg, c) Wald- und Wiesenweg, d) Waldweg mit Wurzeln und e) steiniger Weg. Nicht ausgewiesene Wege unterscheiden sich von ausgewiesenen Wegen in ihren Wegemerkmalen. Im Vergleich zu ausgewiesenen Wegen (24 %) liegt der Anteil schwieriger Wege (S1-S3 laut Singletrail-Skala nach Schymik et al. 2008) mit 52 % wesentlich höher. Dem Großteil ausgewiesener Wege (77 %) kann Wegeigenschaften und -netze 117 <?page no="118"?> lediglich die Singletrail-Stufe S0 zugeordnet werden (→ Abbildung 17c). Auch der Anteil der Singletrails nach Lotze et al. (2014) ist bei nicht ausgewiesenen größer als bei ausgewiesenen Wegen (→-Abbildung-17c). Ebenso unterscheiden sich ausgewiesene und nicht ausgewiesene Wege in ihrer Untergrundbeschaffenheit. Während ausgewiesene Wege zu einem Großteil auf Asphalt (21 %) und Schotter (43 %) verlaufen und nur 36 % der Wege über Wald-/ Wiesenweg mit oder ohne Wurzeln oder Geröll und Gestein verlaufen, ist auf nicht ausgewiesenen Wegen das Gegenteil der Fall. Der Hauptteil der Wege verläuft auf Wald- und Wiesenwegen mit Wurzeln (58 %, 38 % ohne Wurzeln), 2,5 % über Schotter und keiner der Wege über Asphalt (→-Abbildung-17d). Breite [cm] Anzahl an Wegen [Häufigkeit] 0 100 200 300 400 500 0 5 10 15 20 25 Steigung [%] Anzahl an Wegen [Häufigkeit] 0 10 20 30 40 50 0 5 10 15 20 25 ausgewiesen nicht-ausgewiesen Anteil Singletrail-Skala [%] 0 20 40 60 80 100 ausgewiesen nicht-ausgewiesen Anteil Untergrund [%] 0 20 40 60 80 100 a) ausgewiesene Wege nicht-ausgewiesene Wege ausgewiesene Wege nicht-ausgewiesene Wege b) c) d) S0 S0 S1 S1 S0 S2 S3 Singletrail-Skala Steine Schotter Wald oder Wiese Wald mit Wurzeln Untergrund Asphalt Abbildung 17: Häufigkeitsverteilungen ausgewiesener und nicht ausgewiesener Wege hinsichtlich ihrer a) Breite, b) Steigung, c) Schwierigkeit und d) Untergrund. Ausgewiesene Wege sind durchschnittlich 1 Meter breiter als nicht ausgewie‐ sene Wege mit einer mittleren Breite von 122 cm. Obwohl es im Untersuchungs‐ gebiet einzelne ausgewiesene Wege mit einer geringen Breite von unter 1 Meter gibt, liegt der Großteil im Bereich von 2 bis 4 Meter Breite, wohingegen die nicht ausgewiesenen Wege nur vereinzelt breiter als 2 Meter sind (→ Abbildung 17a). Das maximale Gefälle der Wege erreicht bei nicht ausgewiesenen einen deutlich höheren Wert mit 47 %, während ausgewiesene Wege maximal ein 25-prozentiges Gefälle aufweisen. Durchschnittlich liegt das Gefälle bei nicht ausgewiesenen Wegen jedoch mit 12,3 % nur knapp über dem Durchschnittsge‐ 118 Patrick Schuster, Veronika Mitterwallner & Manuel J. Steinbauer <?page no="119"?> fälle ausgewiesener Wege (10,5 %) (→ Abbildung 17b). Technische Bauten in Form von Sprüngen, Schanzen oder Steilkurven (→ Abbildung 18) finden sich im Untersuchungsgebiet auf zwei ausgewiesenen und fünf nicht ausgewiesenen Wegen. Abbildung 18: Ohne Absprache mit dem Grundeigentümer entstandene Sprungschanze im Untersuchungsgebiet im Südwesten, nahe Friesen (02.10.2020). 4 Diskussion Der hohe Anteil an nicht ausgewiesenen Wegen, sowie der deutliche Unter‐ schied in den Wegeigenschaften im Vergleich zu ausgewiesenen Wegen zeigt, dass das ausgewiesene Wegenetz der Friesener Warte nicht dem Bedarf und den Bedürfnissen von Mountainbiker: innen entspricht. Nicht ausgewiesene Wege dürften mehrheitlich durch die Nutzung der Mountainbiker: innen neu entstanden oder verstetigt worden sein. Die Region ist mit 57 km ausgewie‐ senem Wegenetz zwar natursporttouristisch gut erschlossen, jedoch entspre‐ chen diese Wege eher selten den Präferenzen der Mountainbiker: innen. Da der Bedarf nicht gedeckt wird, entstehen zusätzliche Bauten und neue Wege. Wegeigenschaften und -netze 119 <?page no="120"?> Mountainbiker: innen bevorzugen Singletrails mit einem hohen Wert auf der Singletrail-Skala (Cessford 1995; DIMB 2021; Taylor 2014; Wöhrstein 1998). Singletrails sind Wege, die so schmal sind, dass nicht mehr nebeneinander gegangen oder gefahren werden kann und ungefähr eine Breite von 30 bis 60 cm aufweisen (Lotze et al. 2014). Nach dieser Definition liegt jedoch nur ein geringer Anteil ausgewiesener Wege auf Singletrails, weshalb Mountainbiker: innen auf nicht ausgewiesene Wege ausweichen müssen, um geeignete Bedingungen für ihren Sport vorzufinden. Auch das geringere Gefälle ausgewiesener Wege und der überwiegend asphaltierte oder geschotterte Untergrund widerspricht den Präferenzen von Mountainbiker: innen (IMBA 2015; Cessford 1995). Ein gutes Beispiel für die Diskrepanz der Wegeigenschaften und der Vorlieben der Mountainbiker: innen ist die einzige ausgeschriebene Mountainbike-Tour im Untersuchungsgebiet, die Altenbergtour. Neben einem maximalen Gefälle von 19 % ist die schwierigste Untergrundbeschaffenheit des Abschnitts im Untersuchungsgebiet Schotter, die Schwierigkeit auf der Singletrail-Skala ist eine S0 und die mittlere Breite beträgt 300 cm. Auch technische Bebauungen fehlen auf dem Weg. Die eigenständige Schaffung neuer Wege und das Anlegen technischer Features wie Sprünge, Schanzen oder Steilkurven durch Mountainbiker: innen wurde im Untersuchungsgebiet mehrfach beobachtet (→ Abbildung 18). Auch in vielen anderen Naherholungsgebieten ist die nicht mit Grundbesitzern abgesprochene Anlage von Trails und technischen Elementen zu beobachten. Als regionale Beispiele können hier die Isar-Trails (Grapentin et al. 2018), die Trails im Nürnberger Reichswald oder auch bei Zirndorf im Landkreis Fürth (Goeckel 2020) genannt werden, das Phänomen und die damit einher‐ gehenden Probleme werden aber international beobachtet (Pickering et al. 2010). Oftmals widersprechen diese Bebauungen rechtlichen Vorgaben, haben potentiell Folgen für die Umwelt und sind sicherheits- und haftungstechnisch problematisch (Pickering et al. 2010; Gebhard 2017). Liegt eine gemeinsame Nutzung der Wege mit anderen Erholungssuchenden vor, fördern nicht ausge‐ wiesene Bebauung das Konfliktpotential zwischen den Nutzungsformen. Ein rücksichtsvolles Verhalten gegenüber der sozialen und natürlichen Umwelt durch die Mountainbiker: innen gilt dabei als entscheidende Maßnahme zur Reduzierung von Nutzungskonflikten (Kapelari et al. 2015; Schweizer Wander‐ wege 2015; Koep et al. 2019; DIMB 2021). Auch die allgemeine Trennung von Wegen für Mountainbiker: innen und anderen Erholungssuchenden, sowie eine klare Beschilderung und Kennzeichnung von kritischen Stellen werden als wirkungsvolle Maßnahmen genannt (Koep et al. 2019). 120 Patrick Schuster, Veronika Mitterwallner & Manuel J. Steinbauer <?page no="121"?> Grundbesitzer werden durch ein mögliches Haftungsrisiko (Schmitt & Stein‐ bauer 2023) dazu veranlasst, die Trails für Mountainbiker: innen zu sperren und Bebauungen zu entfernen (→ Kapitel 3). Dieser Mehraufwand und die unsichere Haftungsfrage für Grundbesitzer, aber auch die Einschränkungen für Mountainbiker: innen, sind ein Grund für ein erhöhtes Konfliktpotential um das zur Erholung genutzte Wegenetz. Ein dem Bedarf entsprechendes Angebot zu schaffen, gilt als wirkungsvolle Maßnahmen zur Lösung dieser Konflikte (DAV 2015, Brust 2016). Nachdem der Großteil der Outdoorsportler: innen ihre Touren mit Hilfe von digitalen Tools plant (Fillisch et al. 2019) und das Mountainbiken als Individualsport einen geringen Organisationsgrad besitzt (10-15 % der Sportler sind in Vereinen organisiert; Wöhrstein 1998; Kornexl 2009), kann die Einbindung von Tourenportalen für die Umsetzung solcher Maßnahmen nicht nur während der Tourenplanung eine lenkende Funktion einnehmen, sondern haben auch das Potential, gezielt über Gefahrenstellen, lokale Sperrungen oder allgemeinen Verhaltensempfehlungen zu informieren. - Literatur Ballantyne, M., Pickering, C. & Gudes, O. (2014). How formal and informal mountain biking trails result in the reduction, degradation and fragmentation of endangered urban forest remnants. In M. Reimann, K. Sepp, E. Pärna & R. Tuula (Hrsg.), The 7th international conference on monitoring and management of visitors in recreational and protected areas. Tallinn. Ballantyne, M. & Pickering, C. M. (2015). 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Natursport in Deutschland. - eine Studie zu Einstellung, Verhalten und Kommunikation von Natursporttreibenden (Deutscher Wanderverband, Hrsg.), Kassel. Freistaat Bayern. (2011). Bayerisches Naturschutzgesetz. BayNatSchG. Wegeigenschaften und -netze 121 <?page no="122"?> Goeckel, K. (2020). Mountainbiker in Franken: Illegale Schanzen sollen weg, BR24 unter ww w.br.de/ nachrichten/ bayern/ mountainbiker-in-franken-illegale-schanzen-sollen-weg ,S4AK7Vz Grapentin, S., Bielig, N., Heidemüller, A. & Sobek, T. (2018). Wie Boden, Flora und Fauna auf Mountainbiker reagieren - ein Überblick zum Stand der Forschung (Mountainbike Tourismusforum Deutschland, Hrsg.). Havlick, D. G., Billmeyer, E., Huber, T., Vogt, B. & Rodman, K. (2016). Informal trail creation: hiking, trail running, and mountain bicycling in shortgrass prairie. Journal of Sustainable Tourism, 24, 1041-1058. doi: 10.1080/ 09669582.2015.1101127. IMBA (Hrsg.). (2015). European Mountain Bike Survey. Kapelari, P., Larcher, M., Melcher, M., Moser, H. & Pichler, J. (Österreichischer Alpen‐ verein, Hrsg.). (Februar 2015). Diskussionspapier: Mountainbiking im Alpenverein. Herausforderungen unnd Chancen (1. Aufl.). Kartographisches Büro Appelt. (o.-J.). Regnitztal—Bamberg Südost [Freizeitkarte]. Köck, G. & Brenner, H. (2015). Appropriate behaviour in the forests of Wienerwald Biosphere Reserve. eco.mont, 7, 78-82. doi: 10.1553/ eco.mont-7-2s78. Koemle, D. B. & Morawetz, U. B. (2016). Improving mountain bike trails in Austria: An as‐ sessment of trail preferences and benefits from trail features using choice experiments. Journal of Outdoor Recreation and Tourism, 15, 55-65. doi: 10.1016/ j.jort.2016.04.003. Koep, M., Palm, T., Bethmann, S. & Schraml, U. (2019). Walderholung mit und ohne Bike II. Eine empirische Bestandsaufnahme zu Begegnungskonflikten im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb (Forstliche Versuchs-und Forschungsanstalt Baden-Würt‐ temberg (FVA), Hrsg.), Freiburg. 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In einer Umfrage aus dem Jahr 2018 gaben 3,77 Mio. Menschen an, dass sie häufig Mountainbike fahren. 11,2 Mio. Menschen gehen diesem Sport gelegentlich nach (Absolut GPS 2018). Somit hat das Mountainbiken den Fußball mit 11 Mio. Ausübenden überholt. Weitere interessante Kennzahlen liefert der Zweirad-Industrie-Verband, kurz „ZIV“. Der durch die Coronapandemie befeuerte Fahrrad-Boom spiegelt sich auch in den Verkaufszahlen wider. Der gesamte Absatz von Fahrrädern stieg im Jahr 2021 um 16,9 Prozent (Zweirad Industrie Verband, 2021, S.-1); der Absatz an E-Bikes stieg sogar um über 40 % zum Vorjahr. Ca. 30 % aller verkauften E-Bikes sind E-Mountainbikes. Diese sind der am stärksten wachsende Anteil innerhalb der Kategorie Elektro-Fahrräder (Zweirad Industrie Verband, 2021, S. 1). Werden nun die Zahlen des ZIV mit den Ergebnissen einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach verbunden, lässt sich ein eindeutiges Bild zeichnen. Knapp 2 Mio. Menschen haben die Absicht, sich in den nächsten 1-2 Jahren ein Mountainbike zuzulegen. E-Bikes beabsichtigen sich 4,1 Mio. Menschen anzuschaffen. Laut den Zahlen des ZVI sind knapp ein Drittel dieser E-Bikes bereits E-Mountainbikes. Das wären ca. 1,4 Mio. Zu den bestehenden 15,6 Mio. Mountainbiker: innen würden somit noch mal 3,4 Mio. zukünftige Biker: innen hinzukommen. <?page no="126"?> Gleichzeit fehlt es an Infrastruktur, viele Strecken werden illegal in unmittel‐ barer Nähe zu den Wohnorten der Menschen gebaut. Oftmals wird diskutiert, dass es Konflikte mit anderen Naturnutzern auf bestehenden Wegen gibt. Mit Blick auf die Zukunft und dem stetigen Anstieg der Mountainbiker: innen ist dies eine besorgniserregende Situation. Es fehlt an Infrastruktur in Wohnortnähe, welche das Ausüben der Sportart im Rahmen der Naherholung ermöglicht. Hier setzt dieser Beitrag an. Nachfolgend werden die Grundlagen für das Verstehen des Wege- und Waldrechtes in Deutschland anhand einschlägiger Handlungsfelder geschaffen. Erste Lösungsansätze werden in diesem Beitrag anhand der Befragung von Expert: innen aus relevanten Organisationen erar‐ beitet und diskutiert. Der Natursport wird nicht schrumpfen, sondern eher wachsen, weswegen es lösungsorientierte Stratgien zur Wegenutzung benötigt, um den Ansprüchen der verschiedenen Nutzergruppen gerecht zu werden. Im Folgenden werden zunächst theoretische Grundlagen in den vier re‐ levanten Handlungsfeldern Waldnutzung, Waldgesetzte, Konflikte und Infra‐ struktur gelegt. Anschließend wird die methodische Vorgehensweise dargelegt, ehe dann die Einschätzung von Fachvebränden zu den Handlungsfeldern ermit‐ telt werden. Abschlißend werden die Ergebnisse diskutiert und in den Stand der Forschung integriert. 2 Beschreibung der aktuellen Handlungsfelder im Bereich Natursport-Infrastruktur - 2.1 Handlungsfeld Waldnutzung Insgesamt gibt es in Deutschland ca. 11,4 Mio. Hektar Wald. Wälder bedecken somit in Deutschland ungefähr ein Drittel der Landesfläche (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2021b), wobei das Vorkommen von Bundes‐ land zu Bundesland unterschiedlich ist. Auf Bundesebene ist die Verwaltung der Wälder im Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgehängt. Das Mi‐ nisterium entwickelt bundesweite Prozesse wie die Waldstrategie 2050, welche die deutschen Wälder auf den Klimawandel vorbereiten soll (vgl. Bundesminis‐ terium für Ernährung und Landwirtschaft 2021b). Ein Großteil der Waldflächen befindet sich in Privatbesitz. Dieser macht fast die Hälfte der gesamten Fläche aus. Mit 29 % der Wälder sind die Bundesländer der zweitgrößte Anteilhaber (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2021b). Danach folgen die Körperschafts- und Staatswälder des Bundes und der Länder. Dieser besitzt mit 4 % der Waldfläche nur einen geringen Teil der Gesamtwaldfläche deutschlands. Ungefähr die Hälfte der privaten Waldgrundstücke sind kleiner als 20 Hektar. 126 Lukas Spießl & Manuel Sand <?page no="127"?> Durch diese Zersplitterung in viele einzelne Grundstücke kann das Beteili‐ gungsverfahren zur Schaffung einer Natursportinfrastruktur sehr langwierig werden. So bedarf es der Zustimmung von Grundstücksbesitzer: innen, bevor eine bestimmte Fläche beplant werden darf. Weiteren Einfluss auf den Planungs‐ prozess haben primär folgende Faktoren: • Grundsätzlich ist das Betreten von Privateigentum in Deutschland ohne die Erlaubnis von Grundstückseigentümer: innen nicht erlaubt. Nach § 14 BWald G darf jedoch jeder den Wald zu Zwecken der Erholung betreten (BWaldG, 2021, § 14). Diese Aussage lässt sich jedoch nicht pauschal auf alle Bundesländer übertragen. So existieren teilweise große Unterschiede zwischen den einzelnen Landesgesetzen. • Nach § 8 BWaldG müssen bei der Planung von Maßnahmen durch Träger öffentlicher Belange die zuständigen Forstbehörden und Betreiber der Wälder eingebunden werden (BWaldG, 2021, § 8). Dieser Schritt ist wichtig; aufgrund der hohen Zersplitterung nimmt dieser Beteiligungsprozess bei der Planung jedoch enorm Zeit in Anspruch. In der Waldstrategie 2050 wurden für den Bereich Erholung, Sport und Gesund‐ heit in den Wäldern bestimmte Meilensteine festgesetzt. Diese Meilensteine sind für das Ergebnis dieser Arbeit relevant. Sie zeigen die Ziele des für den Wald zuständigen Ministeriums klar auf. Diese Meilensteine sind zum Beispiel die Harmonisierung des Betretungsrechts (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2021c, S. 37), die Priorisierung der Erholungsfunktion des Waldes (vgl. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2021c S. 37), sowie ein bundesweiten Konzept für „[…] Sport, Erholung und Gesundheit im Wald […]“ (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, 2021c, S. 37). Nach der Beleuchtung einiger grundlegender Zahlen sowie der Waldstrategie 2050 wird die Verwaltung der Staatswälder auf Länderebene dargestellt. Mit ca. 30 % Besitz an der gesamten Waldfläche stellen sie den größten Verwalter von Waldflächen dar (es ist mehr Wald in Privatbesitz; dieser wird jedoch nicht einheitlich verwaltet wie die Staatswälder, sondern privat). Dies geschieht am Beispiel der Bayerischen Staatsforsten, kurz BaySf. Seit der Gründung im Jahr 2005 sind die Bayerischen Staatsforsten ein Unternehmen in der Form einer Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. Bayrische Staatsforsten). Der Auftrag liegt darin, die Staatswälder in Bayern gemäß dem BayWaldG und dem StFoG zu bewirtschaften. Als wirtschaftliches Unter‐ nehmen wollen diese nicht auf Zuschüsse angewiesen sein und verfahren nach dem Prinzip des „nachhaltigen Wirtschaftens“. Der Wald solle seinen eigenen Gewinn erzielen (vgl. Bayrische Staatsforsten). Die Kernziele der Herausforderungen 127 <?page no="128"?> Staatsforste lassen sich somit folgendermaßen formulieren: Den Menschen soll die Versorgung mit dem Rohstoff Holz ermöglicht werden - bei maximaler Erhaltung der Natur und der Förderung der Biodiversität, d. h. auch wenn die Bewirtschaftung der Wälder nach unternehmerischen Grundsätzen erfolgt, muss die Erholungsfunktion der Wälder erhalten bleiben. Diese Funktionen sind auch im BayWaldG verankert. So hat der Wald nach § 5, Absatz 2 eine Schutz-, Nutz- und Erholungsfunktion. Kritisch ist im Zusammenhang mit dem Betretungsrecht die unternehmerische Ausrichtung der Staatsforste. Zu Zwecken der Erholung ist jedem der Zutritt in den Wald unentgeltlich erlaubt (vgl. BayWaldG, 22.2005, Art. 13). Dadurch und durch den Schutzzweck der Natur wird jedoch kein Gewinn erwirtschaftet. Somit könnte ein erhöhter Fokus auf der wirtschaftlichen Verwendung des Waldes liegen. Dieser kritische Gedanke bestätigt sich auch in Art. 18 Abs. 2 des BAyWaldG. So zielt die Bewirtschaftung zwar auf die Steigerung des Gesamtnutzens aller Funktionen ab, je nach Situationen können aber bestimmte Funktionen Vorrang erhalten. Dieser mögliche Fokus auf nur eine der drei beschriebenen Waldfunktionen könnte in der Umsetzung von Natursportinfrastruktur zu einem möglichen Intressenskonflikt führen. - 2.2 Handlungsfeld Waldgesetze Grundsätzlich ist über den § 14 des BWaldG das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung erlaubt. Für Radfahrer: innen gilt nach § 14 folgende Regelungen: „Radfahren, das Fahren mit Krankenfahrstühlen und das Reiten im Walde ist nur auf Straßen und Wegen gestattet“. Auch hier exististieren je nach Bundesland große Unterschiede. So können die Bundesländer Einzelheiten des Betretungsrechtes einschränken oder erweitern. Gründe für die Einschränkung oder Erweiterung sind „[…] des Forstschutzes, der Wald- und Waldbewirtschaf‐ tung, zum Schutz der Waldbesucher oder zur Vermeidung erheblicher Schäden oder zur Wahrung […] Interessen der Waldbesitzer“ (BNatschG, 2009, § 14). Dieser Unterschied wird nachfolgend anhand der Bundesländer Bayern und Baden-Würtemberg genauer erläutert. In Bayern ist der Naturgenuss in der Verfassung verankert. So heißt es in Art 141 der Bayerischen Verfassung „Der Genuss der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur, speziell das Betreten von Wald und Bergweide, […] jedermann gestattet“ (Verfassung des Freistaates Bayern, 1998/ 15.12.1998, Art. 141). Das Betreten der Natur zu Erholungszwecken wird im BayWaldG §13 Absatz 1 genauer erklärt. In Absatz 3 werden genauere Regelungen zum Thema Radfahren getroffen (BayWaldG, 22.2005, § 13). Diese Regelungen entsprechen weitestgehend denen des Bundes. Sie wurden jedoch durch den 128 Lukas Spießl & Manuel Sand <?page no="129"?> Passus „[…] geeigneten Wegen zulässig […]“ (BayWaldG, 22.2005, § 13) ergänzt. Das Mountainbiken ist dementsprechend auf dafür geeigneten Wegen erlaubt. Die Formulierung „geeignet“ wurde jedoch bis Ende November 2020 nicht genauer definiert. Dadurch war in sämtlichen Diskussionen durch die subjek‐ tive Art der Eignung sehr viel Spielraum für Interpretation. So richtete sich die Eignung nach Einschätzung der Mountainbiker: innen nach dem eigenen Können und weniger nach objektiven Kriterien. Ende 2020 wurde durch das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die „Bekanntmachung über den Vollzug des bayerischen Naturschutzgesetzes; Teil 6 Erholung in der freien Natur“ veröffentlicht. Im Rahmen dieses Vollzugshinweises wurden den ausführenden Behörden, in diesem Fall der UNB, die Möglichkeiten gegeben, manche Wege als ungeeignet zu erklären (vgl. Curd Biedermann 2020; vgl. Gitta Beimfohr & Stefan Loibl 2020). Auf Basis von 1.3.3.2 der Verwaltungsvorschrift sind Wege dann ungeeignet, wenn (vgl. Vollzug des BayNatschG Teil 6 Erholung in der freien Natur 2020): • Durch das regelmäßige Befahren die Gefahr besteht, dass sich die Boden‐ oberfläche lockert und dies zu Bodenerosion und Bodenabtrag führt. Dies ist vorrangig in den Gebirgslagen streng zu bewerten. • Ein Befahren nicht zu einer Gefährdung oder unzumutbaren Behinderung von Fußgängern führt. • Ein gefahrloses Überholen auch bei angepasster Fahrweise nicht möglich ist oder eine Partei für den Überhohlvorgang den Weg verlassen muss aufgrund der Steigung, Beschaffenheit oder Wegebreite. Auch hier sollen in den Alpen besonders strenge Maßstäbe angelegt werden. Da die Vorgaben jedoch nicht konkretisiert wurden, haben die unteren Na‐ turschutzbehörden als ausführendes Organ wieder einen erheblich Ermessens‐ spielraum (vgl. Biedermann 2020). Weiter können jetzt auch Grundstückseigen‐ tümer: innen Wege bei den Landratsämtern melden und diese als Folge dessen sperren (vgl. Beimfohr & Loibl 2020). Das Befahren der gesperrten Strecken ist laut der neuen Vorschrift eine Ordnungswidrigkeit. Dies kann ein Bußgeld oder den Entzug des Sportgeräts nach sich ziehen. Als Reaktion auf diese Ver‐ waltungsvorschrift verfassten DAV, DIMB, Bayerischer Radsportverband, ADFC sowie das Kuratorium für Sport und Natur eine gemeinsame Stellungnahme. Das Ministerium reagierte darauf auch. Man wolle bis 2023 mit der neuen Vorschrift Erfahrung sammeln und dann die Situation neu evaluieren (vgl. DIMB Fachberatung 2021). Diese Maßnahmen haben die Möglichkeiten, vorrangig in den Voralpen, die bereits eine beliebte Destination bei Naturnutzern sind, einen erhöhten Nutzerkonflikt auszulösen. Nach den neuen Maßgaben sind somit Herausforderungen 129 <?page no="130"?> viele Wege in den Alpen als ungeeignet zu verstehen. Ob sie dann auch gesperrt werden, bleibt abzuwarten. Noch strikter ist die Regel in Baden-Württemberg. Nach § 37 Abs. 3 Satz 3 LWaldG BW ist das Radfahren auf Wegen unter einer Breite von 2 Metern grund‐ sätzlich verboten. Im Naturschutzgesetz des Landes ist unter §51 Abs. 3 das Radfahren auf allen Wegen erlaubt. Diese Regel stößt bei Mountainbiker: innen in ganz Deutschland auf Unverständnis und die DIMB hat eine Petition gegen diese Regel eingereicht. Weiter haben bereits mehrere politische Fraktionen versucht, die Zweimeterregel abzuschaffen (vgl. DIMB Fachberatung) - bisher ohne Erfolg. Es zeigt sich somit noch Entwicklungspotenzial der rechtlichen Grundlagen des Mountainbikens in Deutschland. Eine Vereinfachung, bzw. eine Konkretisierung des Rechtes wird auch von den Fachverbänden Deutsche Initiative Mountainbike sowie dem Deutschen Wanderverband gefordert. - 2.3 Handlunsgfeld „Konflikte“ Die gesteigerte Nachfrage nach Fahrrädern durch die Coronakrise wurde bereits erläutert. Einen ähnlichen Boom konnte auch die Wanderbranche verzeichnen. Laut einer Branchenbefragung des Deutschen Wanderverbandes gaben 92 % der Touristiker: innen an, die Frequentierung der Wanderwege in Deutschland sei hoch (44 %) bis sehr hoch (48 %) (Fillisch et al. 2020, S. 8). Im Vergleich zum Jahr 2019 gaben 62 % der Regionen an, die Nachfrage sei signifikant gestiegen, in 30 % der Regionen konnte ein Anstieg verzeichnet werden (Fillisch et al. 2020, S. 9). Die gestiegenen Nutzer: innenzahlen im Wandern und Mountainbiken führen somit zu einer deutlich erhöhten Frequenz. So kann sich eine zu hohe Besucherdichte negativ auf das Erholungserlebnis im Wald ausüben. Diesen Effekt wird „crowding“ genannt (Koep & Palm 2019, S. 13). Die Schwere des Effektes ist jedoch von individuellen Toleranzgrenzen abhängig. Weiter fühlen sich Nutzer: innengruppen toleranter gegenüber Gleichgesinnten als Menschen, die einer anderen Sportart nachgehen. (Koep & Palm 2019, S. 16). Weiter lassen sich Konflikte in zwei Kategorien unterteilen: Erholungs- und Nutzungskonflikte. Nach Schreyer und Hotz (2014) ist ein Erholungskonflikt das „Empfinden, dass ich als Erholungssuchender durch die Störung meine Ziele nicht erreichen kann“ (Schreyer & Hotz 2013, S. 4). So sind diese Konflikte meist subjektiver und asymmetrischer Art. Das heißt, sie werden von Nutzer: in zu Nutzer: in sowie je nach Nutzergruppe in ihrer Schwere unterschiedlich bewertet. Der wohl am meisten dargestellte und auch medial kommunizierte Erholungskonflikt findet zwischen Wander: innen und Mountainbiker: innen statt. Laut einer Befragung von Koep und Palm (2019, S. 16) für die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg empfanden 89,4 % der 130 Lukas Spießl & Manuel Sand <?page no="131"?> Natursportler: innen am Tag der Befragung, ungestört ihre Aktivität durch‐ führen zu können. Die 7 %, die eine Störung angegeben haben, relativierten ihre Aussage auf eine Nachfrage nach dem Störfaktor hin. So haben 93 % der Personen, die eine Störung erlebt haben, angegeben, sehr zufrieden mit ihrem Waldbesuch gewesen zu sein. Das spezifische Konfliktempfinden zwischen Wander: innen und Mountainbiker: innen wurde von Schraml und Hotz (2013) im Auftrag der Uni Freiburg im Schwarzwald untersucht. Der Schwarzwald liegt in Baden-Württemberg, durch die Zweimeterregel ist dort das Befahren vieler Wege für Mountainbiker: innen per Gesetz verboten. Die Befragung über das Störempfinden von Wander: innen gegenüber Mountainbiker: innen wurde dadurch auf ca. 20-45 % verbotener Wege durchgeführt (Schraml & Hotz 2013, S. 13) - umso relevanter ist das Ergebnis einzuschätzen. 68 % der Wander: innen gaben am Tag der Befragung an, kaum von Mountainbiker: innen gestört worden zu sein. Nur 7 % der Befragten fühlten sich ziemlich bis sehr gestört. Zudem wurde die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Biker: innen und Wander: innen untersucht (Schraml & Hotz 2013, S. 14). 40 % der Biker: innen sowie ca. 35 % der Wander: innen sagen, das Verhältnis habe sich eher verbessert. Somit entspricht die gelebte Realität nicht „Jagdszenen zwischen Wandern und Mountainbikern“ (Koep & Palm 2019, S. 18), wie es oft in den Medien dargestellt wird. Diese überzogene Darstellung der Realität, basierend auf Einzelerlebnissen, führt zu einer Intensivierung der öffentlichen Debatte. Neben den Erholungssuchenden haben noch weitere Nutzergruppen einen berechtigten Anspruch auf die deutschen Wälder. Die größten Gruppen sind hier die Grundstückseigentümer: innen und Jäger: innen. Die größte Sorge der Grundstückeigentümer: innen ist meistens die Haftungsfrage. Speziell auf be‐ reits bestehenden Wegen müssen sie der Verkehrssicherung nachkommen (Gebhard 2018). Diese ist jedoch zu ihren Gunsten im Bundesnaturschutzgesetz geregelt. So erfolgt das Betreten der Landschaft auf eigene Gefahr, weiter besteht keine Haftung für „typische sich aus der Natur ergebenden Gefahren“ (BNatschG, 2009, § 60) (sog. waldtypische Gefahren). Dieser Passus greift jedoch nicht bei künstlichen Einbauten in den Wald wie Anliegerkurven, Sprüngen oder anderen Hindernissen. Gefahren, die von solchen Hindernissen ausgehen, sind nicht als waldtypische Gefahren zu verstehen (Gebhard 2018). Grundstückseigentümer: innen müssten um ihrer Pflicht nachzukommen, diese entfernen (Kirsten Zesewitz 2021). Dadurch sind speziell illegal angelegte Wege der größte Konflikttreiber. Im Landkreis Bamberg wurde im Rahmen einer Kooperation der Bayerischen Staatsforsten sowie eines lokalen Moun‐ tainbike-Vereins eine Lösung ausgearbeitet. Der Forst legte Trassen fest, in denen der Verein Trails nach bestimmten Regeln bauen durfte. Der Verein Herausforderungen 131 <?page no="132"?> übernimmt auch die Verkehrssicherungspflicht (Kirsten Zesewitz 2021). Diese Übernahme von Verantwortung für die eigene Infrastruktur seitens der Moun‐ tainbiker: innen kann in Deutschland ein wichtiger Schritt zur Schaffung von mehr Infrastruktur sein. Die zweite große Nutzergruppe in den Wäldern sind die Jäger: innen. Sie hegen und pflegen den Wildbestand und erfüllen somit auch wichtige Naturschutzaufgaben. Besonders in Gebieten, die eine hohe Frequenz durch Natursportler: innen aufweisen, kann es zu einer Störung der Jäger: innen in ihrer Aktivität kommen. Durch die indirekte oder oftmals auch direkte Störung der Wildtiere können sie sich in andere Gebiete zurückziehen, was die Jagd in bestimmten Gebieten erschwert (Deutsche Sporthochschule Köln 2019c). Auch Jäger: innen müssen gewisse Pflichten erfüllen: Trotz der Zahlung von Pacht müssen bestimmte Abschusszahlen erfüllt werden, da sonst Strafe droht; ansonsten sind sie auch für das Vermeiden von Verbiss-Schäden an Bäumen verantwortlich. (Deutsche Sporthochschule Köln 2019c). In einem Interview mit einem Jäger wurde jedoch auch klargestellt, dass eine Störung von Jägern nicht pauschal auf Mountainbiker: innen zurückzuführen ist, sondern unabhängig der Sportart sei (Bloch 2020). Laut Bloch wäre auch eine Ergänzung der bestehenden Infrastruktur eine akzeptable Lösung, er wünscht sich jedoch, dass die Infrastruktur nicht „unendlich aufgeblasen“ wird (Bloch 2020) - 2.4 Handlungsfeld Infrastruktur Eine genaue Aufstellung der gesamten Wegeinfrastruktur in Deutschland zu tätigen, ist kaum möglich. Jedoch lassen sich einige Zahlen der einschlägigen Verbände und öffentlichen Stellen sammeln. Zusammen mit den eben darge‐ stellten Anforderungsprofilen und den Zahlen der Sportausübenden lassen sich erste Aussagen treffen. Grundsätzlich sind in Deutschland bereits viele Wege vorhanden. Der Deutsche Wanderverband ist durch seine Mitgliedsvereine und entsprechend ehrenamtliche Mitglieder: innen derzeit für ca. 200.000 Kilo‐ meter Wanderwege in Deutschland zuständig. Als weiterer großer Träger für Wanderwege, speziell im Alpen- und Voralpenraum, ist der DAV zu nennen. Laut eigenen Angaben betreut der DAV ca. 30.000 km Wanderwege in den Bergen (Deutscher Alpenverein e. V. 2021b). Wird das unmittelbare Grenzgebiet eingerechnet, sind es zusammen mit dem ÖAV 50.000 km Wanderwege. Laut einer Umfrage des DWV werden jedoch die schmalen Wege (Singletrails) immer weniger (Deutscher Wanderverband 2020). Auch der Unterhalt wird zumeist ehrenamtlich organisiert. Hier müssen laut DWV Kommunen, Bund und Länder mehr Verantwortung übernehmen. Anschließend lohnt es sich, einen Blick auf den Status der MTB-Infrastruktur in Deutschland zu werfen. Es gibt 25 Bikeparks und 23 Trailparks/ Flowtrails. Dies vermittelt schnell den Eindruck, 132 Lukas Spießl & Manuel Sand <?page no="133"?> die Infrastruktur reiche aus. Hier lohnt es sich, einen erneuten Blick auf die Bike-Umfrage 2010 der DIMB sowie das eben erarbeitete Anforderungsprofil zu werfen. So ist das persönliche „Heimrevier“ von 85 % der Biker im Umkreis von 15 Kilometer zum Wohnort (DIMB Fachberatung 2010, S. 12). 75 % der Deutschen leben mittlerweile jedoch in urbanen Lebensräumen (Bundesminis‐ terium für Wirtschaft und Energie 2017, S. 15). Dies führt zu einem sehr hohen Nutzer: innendruck durch erhöhte Frequenzen in Nähe zu den Ballungsgebieten. Dies kann wegen der hohen Frequenz und der fehlenden Infrastruktur dann zu Nutzer: innenkonflikten aufgrund des sogenannten „Crowdings“ führen. Wie gut sich dies mit bestehenden Nutzern verträgt, hängt oftmals eng mit der Frequenz an Menschen zusammen. Kommunen, Bund und Länder müssen MTB-Strecken als Teil der Naherholungs-Infrastruktur sehen. Speziell in dicht besiedelten Regionen Deutschlands führt sonst die durch die Coronapandemie gestiegene Frequenz zu vermeidbaren Nutzer: innenkonflikten. Nachfolgend werden führende Expert: innen zu den aktuellen Entwicklungen der vier Handlungsfelder befragt. Die Ergebnisse stehen im Anschluss zur Diskussion und bieten die Möglichkeit erste Handlungsempfehlungen für die Förderung des Mountainbikens in Deutschland auszusprechen. 3 Forschungsfrage und methodisches Vorgehen Die Datenerhebung zur Beantwortung der Forschungsfrage erfolgte mittels qualitativer Experteninterviews. Hierfür wurden ausgewählte Vertreter: innen bedeutender Mountainbike- und Wanderverbände befragt. Das Vorgehen der qualitativen Inhaltsanalyse stützt sich auf Mayring (2010). Für die Befragung wurden Leitfragen entwickelt, die durch einen offenen Fragenteil ergänzt wurden. Die Teilnahme an den Interviews basierte auf Freiwilligkeit. Die Interviews wurde im November und Dezember 2021 mit folgenden Expert: innen als Video-Chat via Microsoft Teams durchgeführt: • Sonja Schreiter Mitarbeiterin in der Fachberatung der deutschen Initiative Mountainbike e. V. (DIMB), Lobbyverband und Interessensvertretung der Mountainbiker in Deutsch-land • Benjamin Trotter Mitarbeiter Ressort Naturschutz und Kartografie des Deutschen Alpen‐ verein (DAV); Betreuer DAV Mountainbike-Projekte Herausforderungen 133 <?page no="134"?> • Erik Neumeyer Mitarbeiter im Deutschen Gebirgs- und Wanderverein (DWV); zuständig für Wegeinfrastruktur und Zertifizierungen. Der DWV stellt somit das Pendant zur DIMB dar. • Matthias Scheinkönig Mitglied und aktiver Wegewart im Oberpfälzer Waldverein (OWV); zu‐ ständig für die Digitalisierung und Social Media Die Gespräche wurden aufgenommen und anschließend sinngemäß transkri‐ biert. Anschließend erfolgte eine Strukturierung der Interviewinhalte auf Basis der „deduktiven Kategorienanwendung“ (Mayring 2010, S. 92). Auf Basis des theoretischen Teils dieser Arbeit, sowie anhand der Verdichtung der Intervie‐ winhalte wurden Ordnungskriterien festgelegt, die es erlauben, das Material „[…] aufgrund bestimmter Kriterien einzuschätzen“. Dieses Vorgehen ist in drei Schritte unterteilbar und verläuft nach einem festen Schema (Mayring 2010, S.-92): 1. Definition der Kategorien und Unterkategorien: Genaue Definition, welche Textabschnitte zugeordnet werden dürfen. 2. Ankerbeispiele: Beispiel anhand von konkreten Textabschnitten, die als Referenz für die Kategorie gelten sollen. 3. Kodierregeln: Wo Kategorien nicht eindeutig zutreffen, werden Regeln zu Abgrenzung entworfen. Nachfolgend werden die Kategorien und Unterkategorien genauer definiert: • Kategorie Wald Beschreibung aller Aspekte rund um das Thema Organisation und Verwal‐ tung von Waldflächen. Hierbei kann es um Kritik und negative Aspekte als auch positive Aspekte gehen. Weiter beinhaltet diese Kategorie auch sämtliches zukünftiges Entwicklungspotenzial. • Kategorie Recht Umfasst sämtliche Aspekte und Stimmung zum Thema Recht. Sie wird noch weiter untergliedert in die Unterkategorie Betretungsrecht. Hierbei geht es um die aktuelle Situation sowie Wünsche für die Zukunft. Eine weitere Unterkategorie ist der Bereich Haftung, dieser bezieht sich hauptsächlich auf Grundstückseigentümer. • Kategorie Konflikt Unterteilt in drei weitere Kategorien. Erholungskonflikte mit anderen Er‐ holungssuchenden. Nutzungskonflikte mit Nutzern wie z. B. Jäger: innen, 134 Lukas Spießl & Manuel Sand <?page no="135"?> Förster: innen, Naturschutz. Konflikttreiber, die die Spannung zwischen den Gruppen erhöhen, z. B. Nutzerfrequenzen, Verhalten von Naturnutzern sowie Wegespezifikationen wie Breite oder Relief. • Kategorie Infrastruktur Auch unterteilt in zwei Unterkategorien. Diese umfasst die IST-Situation der Wegeinfrastruktur - sei es Erhalt, Finanzierung, Anzahl oder Qualität. Die zukünftige Situation beschreibt die Wunschvorstellung in Bezug auf Wander- und Mountainbike-Infrastruktur. Die zukünftige Situation ist ähnlich der IST-Situation, nur mit deutlichem Bezug auf die Zukunft. • Kategorie Umverteilung Die Möglichkeit einer Umverteilung von Nutzer: innen auf bestehender Infrastruktur soll im Rahmen dieser Arbeit beantwortet werden. Alle Bausteine, die für die Beantwortung relevant sind, fallen unter diese Kategorie. Kategorie Unterkategorie Ankerbeispiel Wald keine „Aber die Erholungsfunktion des Waldes fällt auch auf Bundesebene immer hinten hinunter. Hier hat die DIMB dank ihrer Arbeit erreicht, dass in der Strategie 2050 überhaupt die Erholungsfunktion mit ein paar Zeilen enthalten ist“ (Schreiter, DIMB) Recht Betretungsrecht „Ja, das Betretungsgebot muss dafür aber auch einfach und verständlich sein, sodass es alle Nutzer verstehen können. Verbote, die sich nämlich nicht logisch erschließen, werden natürlich auch nicht beachtet und befolgt“ (Schreiter, DIMB) - Haftung „Den wenigsten geht es um ein Aussperren der Mountainbiker aus dem Wald. Das Abkürzen und illegale Bauen von Strecken ist jedoch ein No-Go und stößt auf Unverständnis“ (Trotter, DAV) Konflikte Erholungskonflikte „Gefühlt ist es so, dass es in Ballungsgebieten und in Randbereichen der Ballungsgebiete noch stärker zugenommen hat, weil einfach mehr Menschen da sind. Unter den Menschen, die gesagt haben, es gäbe mehr Konflikte, ist es tatsächlich so, dass die Mountainbiker sehr oft genannt worden sind“ (Neumeyer DWV) Herausforderungen 135 <?page no="136"?> Kategorie Unterkategorie Ankerbeispiel - Nutzungskonf‐ likte „Hier muss man sich die Frage stellen, wenn soziale Konflikte den Neubau von Trails erforderlich ma‐ chen, lässt sich dies mit den naturschutzfachlichen Problem realisieren“ (Trotter, DAV)“ - Konflikttreiber „Dadurch kann eine Hilfs-Sherif Mentalität ent‐ stehen, da eine Nutzergruppe mehr Anspruch in der Benutzung bestimmter Wege sieht als die an‐ dere. Würde es hier keine (Verbots-)Schilder geben und wäre das Betretungsgebot in Deutschland einfach einheitlich und einfach, wären viele der Konflikte bereits gelöst“ (Schreiter, DIMB) Infra‐ struktur IST-Situation „Shared Trails ist glaub ich ein Ansatz, der total spannend ist und der in 75-% der Fälle wunderbar funktioniert. Bei den anderen 25-% muss man sich einfach genau anschauen was passiert und dann Lösungen finden“ (Neumeyer, DWV) - Lösungsansätze „Wenn man neue Angebote schafft, muss man eher alte offene Wegetrassen benutzen oder Wege, die nicht mehr gepflegt werden, wieder in die aktive Infrastruktur aufnehmen“ (Schreiter, DIMB) Umvertei‐ lung keine „Das Hauptproblem in der Umverteilung von Be‐ standwegen ist, dass es unmöglich ist, bestimmte Nutzergruppen auszusperren. Um dies zu errei‐ chen, müsste man spezielle Trails als Sportanlage ausweisen, was über das Ziel hinaus geht. Im Bereich Neubau ist dies schon etwas einfacher möglich“ (Trotter, DAV) Tabelle 6: Übersicht über die Kategorien der qualitativen Inhaltsanalyse. Quelle: eigene Darstellung. 4 Ergebnisse Im Folgenden werden die Ergebnisse der ausgewerteten Interviews anhand der ermittelten Kategorien und Handlungsfelder dargestellt. 136 Lukas Spießl & Manuel Sand <?page no="137"?> Handlungsfeld Waldnutzung DIMB (Schreiter) DAV (Trotter) DWV (Neumeyer) „Der Wald muss ja drei übergeordnete Funktionen erfüllen. […]. Hier wird aber zu viel Wert auf die Bewirtschaftung gelegt […]. Aber die Erholungs‐ funktion des Waldes fällt auch auf Bundesebene immer hinten runter“ „Auch in der Waldstra‐ tegie wird dem Natursport immer etwas Raum ge‐ geben. Die Frage ist immer, wie die reelle Umsetzung dann in den einzelnen Ländern, Landkreisen und auch Kommunen passiert“ „Da sind wir wieder beim Thema Recht und Ei‐ gentum von anderen. Der Landwirt ist im Zweifels‐ fall der Eigentümer des Weges oder der Stiftswald oder die Kommune oder der Staat und da wird es nicht so einfach sein, zu sagen „Du, pass mal auf, wir machen hier noch neue Wege dazu.“ Wie in dieser Arbeit bereits angemerkt, haben die Eigentümer: innen der Wälder rechtlich die Möglichkeit, die Nutzfunktion des Waldes stärker zu priorisieren als die Erholungsfunktion. Dies kritisiert die DIMB als Interessenvertretung einer Erholungssportart. Laut dieser Aussage liegt tatsächlich ein starker Fokus auf den wirtschaftlichen Aspekten zulasten der Erholung. Die Aussagen des DAV sowie DWV zielen auf die dezentrale Organisation der Wälder ab. So bekommt laut DAV der Natursport auch auf Bundesebene immer Raum - wobei sich die Frage stellt, wer die Beschlüsse dann durchführt. Dies gestaltet sich sehr problematisch aufgrund des Föderalismus sowie der starken Zersplitterung der Grundstücksbesitzer: innen und ist laut DWV auch ein Grund, warum die Realisierung von neuen Wegen sehr problematisch ist. - Handlungsfeld Waldgesetze DIMB (Schreiter) DWV (Trotter) „Ja, das Betretungsgebot muss dafür aber auch einfach und verständlich sein, sodass es alle Nutzer verstehen können. Verbote, die sich nämlich nicht logisch erschließen, werden natürlich auch nicht beachtet und befolgt.“ „Ich will mich nicht damit aufreiben, 16 Landesbetretungsrechte zu harmoni‐ sieren. Das ist ein Thema der WaSEG, wofür wir uns ja auch wieder engagieren. Das wird Jahre oder Jahrzehnte dauern.“ Das Betretungsrecht ist in Deutschland aufgrund des Föderalismus von Land zu Land sehr unterschiedlich. So wurden Einschränkungen wie die 2-Meter Regel in Baden-Württemberg sowie die neue Verwaltungsvorschrift in Bayern bereits Herausforderungen 137 <?page no="138"?> dargestellt. Die DIMB fordert ein einheitliches und verständliches Betretungs‐ recht. Hier engagieren sie sich zusammen mit dem DWV. Die Harmonisierung wurde wie bereits erwähnt auch als Meilenstein in der Waldstrategie bis 2030 festgesetzt. - Handlungsfeld Konflikte DIMB (Schreiter) DWV (Neumeyer) DAV (Trotter) „Dadurch kann eine Hilfs-Sheriff Mentalität entstehen, da eine Nutzer‐ gruppe mehr Anspruch in der Benutzung bestimmter Wege sieht als die andere. Würde es hier keine (Ver‐ bots-)Schilder geben und wäre das Betretungsgebot in Deutschland einfach einheitlich und einfach, wären viele der Konflikte bereits gelöst“ „Gefühlt sind dann auch mehr Konflikte aufge‐ treten. Das ist aber nix Neues; das ist eine Funk‐ tion, die sich aus ver‐ schiedenen Faktoren zu‐ sammensetzt und der Hauptfaktor ist Frequenz pro Fläche.“ „Durch die Anzahl an Men‐ schen an den Hotspots in den Voralpen macht es auch für Biker wenig Spaß, dauernd absteigen zu müssen, hier kann es zu Konflikten kommen.“ Wie bereits dargestellt, ist der oft berichtete Erholungskonflikt zwischen Wander: innen und Mountainbiker: innen kaum präsent. Hier sind sich, ebenso wie eine Vielzahl der Studien zu diesem Thema, auch die Vertreter: innen der Verbände einig. Durch die Multisportivität der Nutzer: innen besteht ein grundsätzliches Verständnis füreinander. Hier appelliert Neumeyer vom DWV an eine Besinnung auf die Gemeinsamkeiten. Jedoch braucht es oft mehrere Jahre, bis einzelne Gruppen anerkannt werden. Dies hat zum Beispiel Trotter auch im Bereich E-MTB beobachten können. Es richtet sich somit meist gegen die neuesten Nutzer: innen. Eine viel größere Rolle spielen hier auch aus Sicht der Expert: innen die folgenden Konflikttreiber. Die wohl am meisten genannten Konflikttreiber sind Verbote für eine Nutzer: innengruppe. Diese sollten jedoch im Idealfall Konflikte verhindern. So hängen Verbote größtenteils direkt mit dem Betretungsrecht zusammen. Um dies zu verhindern, fordert die DIMB eine einheitliche Rechtslage. Ein weiterer Konflikttreiber ist die Frequenz auf bestimmten Wegen. Diese ist durch Corona vorrangig in den Jahren 2020 und 2021 signifikant gestiegen (vgl. Jan Fillisch et al., 2020, S. 7-9). So ist auch die Frequenz mit dem einhergehenden Effekt des „Crowding“ laut DWV ein tatsächlicher Problemfaktor. So muss laut DIMB speziell in stark frequentierten Bereichen ein Zusatzangebot geschaffen werden, um zu entlasten. Laut DAV 138 Lukas Spießl & Manuel Sand <?page no="139"?> macht dann das Befahren stark frequentierter Wege kaum Sinn, da es Konflikte hervorruft. Hier sind definitiv die Biker: innen in der Pflicht. In einer weiteren Textpassage mahnt Trotter jedoch, dass mehr mit Besucher: innenzahlen gear‐ beitet werden muss. Nur so könne die reale Situation auf den Wegen erhoben werden und auch darstellen sowie Alternativen erarbeiten. - Handlungsfeld Infrastruktur DIMB (Schreiter) DWV (Neumeyer) DAV (Trotter) „Aber es gibt Projekte, wo es bereits gut funktioniert. Dort werden Wanderwege umgeplant in MTB-Trails. Ein konkretes Beispiel ist Baiersbronn im Schwarz‐ wald. Da sind nahezu alle MTB-Trails bereits vorhan‐ dene Wege gewesen.“ „Ich glaube, da wird wenig passieren und wir müssen mit dem beste‐ henden Setting an Wegen klarkommen. […] Dann muss man sich aber auch zusammensetzen und mal die Stellen festlegen, wo es keine Probleme gibt. Weil die gibt es ja auch und das sind 75-% der Wege.“ „Nimmt man die Vor‐ alpen gibt es meist in der direkten Umgebung des Gipfels keine Möglich‐ keiten für eine gleichwer‐ tige Alternative zu Moun‐ tainbike-Trails. Wenn das Angebot durch Alternativ‐ routen dann schlechter wird, lässt es sich so nur schwer lenken. Jedoch lenken Verbote noch we‐ niger“ Auf Basis des Betretungsrechts, der Analyse der Konfliktlage, kann vermutet‐ werden, dass einem gemeinsamen Benutzen von Infrastruktur in den meisten Fällen nichts im Wege steht. Diese erste Einschätzung bestätigen auch die befragten Experten. So sieht die DIMB, dass es auf allen Wegen funktioniert. Die Frequenz an Hotspots sollte jedoch beobachtet werden, um allen ein befriedigendes Naturerlebnis zu ermöglichen. Der DWV glaubt auch, dass es funktionieren kann und auch muss. So denkt Neumeyer, werden es über die Zeit nicht mehr Wege werden. Anstatt immer nach den Problemen zu suchen, fordert er auch, Gebiete festzulegen, wo ein gemeinsames Nutzen funktioniert. Dies sind nämlich laut Neumeyer 75 % der Wege. Trotter gibt bereits konkrete Beispiele, warum bisher eine alternative Infrastruktur oft nicht realisiert werden konnte. So gibt es in den Alpen gar nicht mehr die Möglichkeit, Alternativen für Biker: innen zu schaffen. Diese Alternativen müssten laut ihm dann entsprechend attraktiv sein, um die Lenkungsfunktion zu erfüllen. Die befragten Expert: innen bieten teils unterschiedliche Lösungsansätze. Der Fokus liegt mehr auf bestehenden Infrastrukturen. So berichtet Sonja Schreiter von einem Projekt in Baiersbronn, wo bestehende Wege zu Trails umgeplant werden. Anstatt infolgedessen Verbote für Wander: innen auszusprechen, wurden diese Herausforderungen 139 <?page no="140"?> auf andere Wege gelenkt. Ähnlich sieht es auch Trotter. So gibt es auch jetzt bereits Wege, die mehr von Bikern als von Wandern frequentiert werden. Diese könnten wie in Baiersbronn zu MTB-Strecken umgewidmet werden. Der DWV wünscht sich, dass die Mehrzahl der Wege für alle nutzbar bleibt - ganz nach dem Shared-Trails Prinzip. Trotzdem soll es auch mehr spezielle Infrastruktur in Bereichen geben, wo es nötig und auch möglich ist. So würde sich eine gute Balance herstellen lassen. 5 Diskussion der Ergebnisse Als Resultat der Erkenntnisse aus den Interviews sowie der aufbereiteten Handlungsfelder dieser Arbeit werden folgende Handlungsempfehlungen zur Verbesserung einer gemeinsamen Trailnutzung diskutiert. - Handlungsempfehlung Waldnutzung Im Vergleich zu den Regelungen in Deutschland kommt im Rahmen des Scottish Outdoor Access Code’s den Grundstückseigentümern eine ebenso so große Verantwortung zu. So müssen sie ihre Tätigkeiten so durchführen, dass sie den Betretungsrechten nicht im Weg stehen (Scottish Natural Heritage 2005, 1). Diese beidseitige Verantwortung gib es in Deutschland nicht. Dies gilt für staatlichen Grundbesitz als auch für Privatbesitz. Hier liegt jedoch auch wieder die Herausforderung in Deutschland. So ist, je nach Bundesland, über die Hälfte der Wälder in Privatbesitz, der zweitgrößte Grundstückseigentümer sind meist die Länder. Soll neue Infrastruktur entwickelt werden, können laut Trotter die Gespräche mit Landkreisen und Behörden mehrere Jahre dauern. Für Sport‐ arten, die im Ehrenamt organisiert sind, ist dies ein sehr langer Zeithorizont. Im Vergleich zu Tirol in Österreich werden die Regeln zum Thema Mountainbike laut Trotter durch das Land vorgegeben, dadurch gibt es einheitliche Regeln zur Umsetzung und gleichbleibende Wegequalität. Zusätzlich wurde dort auch ein Handbuch für den Bau von Mountainbike-Strecken entwickelt. Laut Trotter kann ohne solche Grundlagen kein Infrastruktur-Produkt entwickelt werden. Ein weiteres Vorbild ist Schottland, hier hat sich die Forestry Commission (als zuständige Behörde für Forstwirtschaft) maßgeblich für eine nationale Mountainbike-Strategie eingesetzt, auch werden viele Trails durch sie betrieben. Somit können sie den Ausgleich zwischen den Waldfunktionen gewährleisten. Deshalb braucht es zumindest auf Länderebene einheitliche Leitfäden zur Entwicklung von Mountainbike-Strecken. Dadurch haben Landratsämter, die Naturschutzbehörden und Grundstückseigentümern klare Vorgaben. Für die 140 Lukas Spießl & Manuel Sand <?page no="141"?> Entwicklung dieses offiziellen Bearbeitungsleitfadens für Behörden sollten die Fachverbände beratend zur Seite stehen. - Handlungsempfehlung Waldrecht Wie zu Beginn dieser Arbeit dargestellt, ist grundsätzlich jedem der Zugang zu den freien Landschaften erlaubt. Radfahren ist auf allen Wegen gestattet. Weiter besitzen jedoch die Länder eine weitere Gesetzgebungsbefugnis, wodurch es große Unterschiede gibt. Diese Unterschiede führen dazu, dass viele Nutzer über ihre Rechte und Pflichten nicht informiert sind. Laut Trotter wird das Recht dann gerne egozentrisch ausgelegt, wodurch sich manche Gruppen einen größeren Anspruch auf Weg zugestehen. Dies führt in vielen Fällen zu Konflikten, besonders, wenn Verbote ins Spiel kommen. Positiv ist zu sehen, dass die Harmonisierung dieses Rechtes im Rahmen der Waldstrategie bis 2030 als Meilenstein festgesetzt wurde. Die Natursportverbände sollten sich jedoch gemeinschaftlich bemühen, dies so liberal wie möglich zu gestalten. Diskussionen wie um die 2 Meter-Regel oder die Verwaltungsvorschrift in Bayern würden somit der Vergangenheit angehören. Als Vorbild ist hier der Scottish Land Reform Act 2003 sowie der Scottish Outdoor Access Code zu nennen. - Handlungsempfehlung Konflikte Teilt man sich einen begrenzten Raum, hilft es, sich über die Motive der anderen Nutzer im Klaren zu sein. Nur so kann Toleranz und Verständnis füreinander aufgebracht werden. Hierbei hilft die viel beschriebene Multisportivität der Nutzer: innen. Dies ermöglicht zumindest in den meisten Fällen einen wichtigen Perspektivwechsel. Weiter müssen die Nutzer: innen an stark frequentierten Stellen für zwei Dinge sensibilisiert werden: Zum einen über die dementspre‐ chende Frequenz, zum anderen über das gleiche Recht, die Infrastruktur zu benutzen. Ein weiterer entscheidender Schritt ist eine Änderung der Eigendar‐ stellung speziell in den Fachmedien. Hier ist im Bereich Mountainbike noch viel Nachholbedarf. Zumeist wird das Bild von stilisierten Lifestyle-Sportler: innen vermittelt. Dies spiegelt jedoch nicht die gelebte Realität im Breitensport wider. Dieses Bild hat neben dem Einfluss auf bestehende andere Naturnutzer auch einen erheblichen Einfluss auf die Neueinsteiger. Werden den Zahlen des ZVI sowie dem Institut für Demoskopie Allensbach Glauben geschenkt, dann werden diese in den nächsten Jahren mehr werden. Diesen müssen unabhängig von der Sportart die grundlegenden Verhaltensregeln im Wald nähergebracht werden. Dies sollte laut Trotter bereits beim Kauf der Sportgeräte/ Sportausrüs‐ tung passieren und so mögliche Konflikte vermeiden. Herausforderungen 141 <?page no="142"?> Handlungsempfehlung Infrastruktur Aufgrund der Vielfalt, die im Natursport herrscht, braucht es flächendeckende Raum- und Flächenkonzepte. Diese sollen den Naturraum evidenzbasiert (an‐ hand von Besucherzahlen) ordnen. Durch die Arbeit mit Daten und Fakten können die Ansprüche der einzelnen Gruppen transparent in Flächenkonzepte verwoben und gezielt Infrastrukturen für gewisse Nutzer: innen entwickelt werden. Auch für solche Flächenkonzepte werden Leitfäden für die Ausfüh‐ renden noch von großer Wichtigkeit sein. Speziell interkommunale Zusammen‐ arbeit ist hier entscheidend. Touristen und Einheimische interessieren sich kaum für Gemeinde- und Landkreisgrenzen. Solche Konzepte werden vor allem um die Ballungsräume und in touristischen Hotspots noch bedeutungsvoll sein. Sie müssen in Abstimmung mit den Grundstückseigentümer: innen, dem Naturschutz, den öffentlichen Stellen und den Nutzer: innen Möglichkeiten zur Sportausübung in einem gewissen Gebiet erarbeiten. Dieser Prozess ist zum einen sehr wichtig, um eine Lenkung des Tourismus zu ermöglichen. Zum anderen lässt sich so eine qualitativ hochwertige Naherholungsmöglichkeit für Einheimische schaffen. Die Förderung solcher Konzepte unter Einbezug sämtlicher Stakeholder durch die öffentliche Hand wird als primäre Handlungs‐ empfehlung dieser Arbeit gefordert. So kann die erfolgreiche Nutzung der bestehenden Infrastruktur noch weiter ausgebaut werden. 6 Fazit Somit lässt sich als Fazit der erarbeiteten Handlungsempfehlungen die Forde‐ rungen nach Flächenkonzepten formulieren. Diese müssen den Naturraum durch eine evidenzbasierte Analyse der lokalen Gegebenheiten bewerten und für Nutzergruppen ergänzen. Die Basis hierfür bildet die bereits hervorragende bestehende Wegeinfrastruktur in Deutschland. Die durchgeführte Forschung hat gezeigt, dass das gemeinsame Benutzen von Wegen in den meisten Fällen funktioniert, es in Hotspots und Ballungsräumen aber ein Flächenkon‐ zept benötigt, um sinnige und nutzer: innengerechte Alternativangebote zu schaffen. Dessen Attraktivität ist unabdingbar, um die gewünschte Lenkung herbeizuführen. Um solche Konzepte zu ermöglichen, braucht es somit ein einheitliches und einfaches Betretungsrecht, das Naturnutzer: innen sowie Grundstückseigentümer: innen gleichermaßen in die Verantwortung nimmt, eine übergeordnete Strategie zumindest auf Länderebene, eine Mitarbeit der Landesforstbehörden als größte jeweilige Grundstückseigentümer: innen sowie die Einbeziehung der bereits bestehenden Nutzer: innen. Auch muss primär den Mountainbiker: innen eine stärkere Verantwortungsübernahme durch die 142 Lukas Spießl & Manuel Sand <?page no="143"?> Mitgliedschaft in Vereinen deutlich gemacht werden. Der fehlende Organisati‐ onszwang in dieser Sportart macht sicherlich für viele auch teilweise den Reiz der Sportart aus, dies hilft jedoch nicht den engagierten Fachverbänden in ihrer Lobbyarbeit. Diese leisten wichtige Arbeit zur Verbesserung der Rahmen‐ bedingungen für den Natursport. Durch direkten Beitritt oder den Beitritt zu ihren Mitgliedsvereinen unterstützt jeder Einzelne die Weiterentwicklung des Natursports. Der Prozess zur Erstellung von Raumkonzepten wird trotz großer Dringlichkeit seine Zeit benötigen. Bis dahin müssen sich alle Nutzer: innen bewusst werden, dass grundsätzlich jeder ein Recht auf Naturgenuss hat, da auch die Motive meist ähnlich sind. Weiter spielt bei bestehenden Nutzer: innen sowie auch Neueinsteiger: innen die Außendarstellung des Mountainbikens eine zu große Rolle. Die umsatzstarke Sportartikelbranche und die Fachmedien zeichnen oft ein verklärendes und unrealistisches Bild. Dies hilft weder bei der Kommunikation mit öffentlichen Stellen noch bei der Sensibilisierung und Aufklärung von Neueinsteiger: innen. Mountainbiken ist Breitensport und dies kann, muss und darf auch so dargestellt werden. - Literatur Absolut GPS. (2018). Mountainbiken vom Trend zum Breitensport. https: / / blockline.abs olut-gps.com/ 2018/ 03/ 27/ mtb-breitensport/ Bayrische Staatsforsten. (2016). Portrait. Internet. https: / / www.baysf.de/ fileadmin/ user_ upload/ 07-publikationen/ 2017/ Portrait_Bayerische_Staatsforsten.pdf Beimfohr, G. & Loibl, S. (2020). Trails in Bayern: Sperrungen drohen [Update]: Update beim Bayer. 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Zahlen- Daten- Fakten zum deutschen Fahrrad und E-Bike Markt 2020 - Fahrradindustrie mit Rückenwind - Großes Wachstum bei Absatz und Umsatz [Press release]. Berlin. https: / / www.ziv-zweirad.de/ fileadmin/ redakteur e/ Downloads/ Marktdaten/ PM_2021_10.03._Fahrrad-_und_E-Bike_Markt_2020.pdf Herausforderungen 145 <?page no="147"?> Räumliche Effekte durch Infrastruktur, Wetter und zeitliche Faktoren Besucherlenkung im Raum Ochsenkopf (Fichtelgebirge) Veronika Mitterwallner, Karoline Donnerstag & Volker Audorff Keywords | Besucherlenkung, Infrastruktur, Konfliktursachen, Moun‐ tainbike, Raumnutzung, Seilbahn, Trailentwicklung, Wegenutzung Zusammenfassung Naturparke tragen insbesondere durch den Tourismus bedeutend zur regio‐ nalen Wertschöpfung bei. Aus diesem Grund gilt es, die Angebote in Natur‐ parken attraktiv und zielgruppengerecht zu gestalten sowie die Entstehung von Konfliktbzw. Gefährdungspotenzialen zu minimieren. Um vor diesem Hintergrund die Bedürfnisse und das Verhalten der in der Natur aktiven Men‐ schen besser zu verstehen, wurde in dieser Arbeit das räumliche und zeitliche Nutzerverhalten von Fahrradfahrer: innen (insbesondere Mountainbiker: innen) und Fußgänger: innen im Naturpark Fichtelgebirge untersucht. Hierbei wurde die Nutzung der Ochsenkopf-Seilbahn Süd und die Frequentierung der benach‐ barten Wege und Trails anhand von Seilbahn-Durchgängen und Kamerafallen, sowie in Abhängigkeit von Wochentagen, Ferienzeiten und Wetterbedingungen analysiert. Vor allem an den Wochenenden und während der bayerischen Ferienzeiten kam es zu erhöhten Nutzerfrequenzen - sowohl bei der Ochsen‐ kopf-Seilbahn Süd, als auch auf den Wegen und Trails. Gute Wetterverhältnisse mit höheren Temperaturen, viel Sonnenschein und wenig Regen wirkten sich begünstigend auf die Nutzerfrequenz in der Region aus. Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere die Fahrradfahrer: innen die Ochsenkopf-Seilbahn Süd und die MTB-Downhill-Strecke räumlich konzentriert nutzten, auch wenn dieser Effekt bei schönem Wetter geringer ausgeprägt war. Aus den Resultaten zur räumlichen und zeitlichen Nutzung der Region Ochsenkopf Süd lässt sich <?page no="148"?> ableiten, dass vor allem Fahrradfahrer: innen durch die vermehrte Nutzung der Seilbahn eine enorme wirtschaftliche Bedeutung für die Region haben. Gleichzeitig gibt es bisher ein geringes Konflikt- und Gefährdungspotenzial durch den Konzentrationseffekt der Seilbahn und der MTB-Downhill-Strecke. Zukünftig sollte aber die Besucherlenkung verbessert werden, um negativen Effekten der zunehmenden Frequentierung vorzubeugen. 1 Einleitung Erholung in Nationalen Naturlandschaften mit ihren vielfältigen Natur- und Kulturlandschaften erfreut sich großer Beliebtheit. Unter diesen befinden sich neben Nationalparken und Biosphärenreservaten auch Naturparke wie der Naturpark Fichtelgebirge im Nordosten Bayerns (Bundesamt für Naturschutz 2020b; Köster & Wildefeld 2020). Neben dem Erholungsnutzen besteht das Ziel der Naturparke darin, diese Naturlandschaften zu schützen, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Hieraus ergeben sich die Aufgabengebiete des Na‐ turschutzes und der Landschaftspflege, der Erholung und des nachhaltigen Tourismus, der Bildung für nachhaltige Entwicklung sowie der nachhaltigen Regionalentwicklung. Darüber hinaus besteht das übergeordnete Ziel, Natur‐ parke zu nachhaltigen Modellregionen zu entwickeln, die eine Stärkung des ländlichen Raums, einen Erhalt der biologischen Vielfalt sowie den Klimaschutz berücksichtigen (Verband Deutscher Naturparke e.-V. 2018). Mit jährlich über 100 Millionen Besuchern in den nationalen Naturland‐ schaften tragen diese Schutzgebiete insbesondere durch den Tourismus einen erheblichen Anteil zur regionalen Wertschöpfung bei (Bundesamt für Natur‐ schutz 2020a). Besonders auf der Suche nach (Nah-)Erholung und Urlaubs‐ möglichkeiten spielen sie eine bedeutende Rolle. Nicht zuletzt durch die Covid-19-Pandemie verstärkt, ist ein stetig wachsendes Interesse an Erholung, Urlaub und sportlichen Aktivitäten wie Mountainbiken und Wandern im ei‐ genen Land zu beobachten (Groß & Sand, 2022). Sowohl in der Freizeit als auch im Urlaub ist im Laufe der letzten 25 Jahre ein Anstieg an Mountainbike-Inter‐ essent: innen und -Sportler: innen zu verzeichnen (IfD Allensbach 2022). Innerhalb des Mountainbike-Sports existieren verschiedene Disziplinen (Tour, Marathon & Cross Country, All Mountain & Enduro, Freeride & Down‐ hill), die jeweils ein ganz eigenes Anforderungsprofil und unterschiedliche Bedürfnisse der Sportler: innen mit sich bringen (Sobek et al. 2018). Diese Anforderungen werden im Naturpark Fichtelgebirge unter anderem mit dem Bikepark Ochsenkopf erfüllt, der seinen Gästen eine 2,3 Kilometer lange Down‐ hill-Strecke inklusive eines Bike-Funparks, eine Seilbahn zur Überwindung der 148 Veronika Mitterwallner, Karoline Donnerstag & Volker Audorff <?page no="149"?> knapp 250 Höhenmeter zum Gipfel, sowie örtliche Serviceleistungen (Fahrrad‐ verleih, geführte Touren und Technikkurse) bietet. Diese Angebote sind in ein umfangreiches Wegenetz von Wanderwegen, Trails und Forstwegen in der Region eingebettet. Neben der Bedeutung für den regionalen Tourismus und somit für die regionale Wertschöpfung gelten Bikeparks als geeignete Lenk‐ ungsmaßnahme, um Konflikte (beispielsweise zwischen Fahrradfahrer: innen und Fußgänger: innen sowie im Bereich des Naturschutzes) zu minimieren, da der Großteil der Bikepark-Nutzer: innen kaum weitere Wege in der Region zur Ausübung des Mountainbike-Sports in Anspruch nimmt (Sobek et al. 2018). Die Region stellt aber nicht nur für die Nutzergruppe der Mountainbike- und Pedelec-Fahrer: innen gute Bedingungen bereit. Auch Wander: innen oder Fußgänger: innen nutzen die Seilbahn zur Überwindung von Höhenmetern und die Wege rund um den Ochsenkopf. Da auf Waldwegen in Bayern das allgemeine öffentliche Betretungsrecht gilt, teilen sich Fahrradfahrer: innen die Wege unter anderem mit Fußgänger: innen und Wander: innen (Bayerisches Naturschutzgesetz - BayNatSchG, 2011). Insbesondere auf schmalen Wegen kommt es hierbei zu Konfliktpotenzialen, weshalb sich vor allem Wander: innen häufig für getrennte Wege aussprechen. Jedoch ist im Sinne des öffentlichen Betretungsrechts eine gemeinsame Nutzung der Wege von allen Interessens‐ gruppen unter gegenseitiger Rücksichtnahme anzustreben (vgl. Vollzug des Bayerischen Naturschutzgesetzes; Teil 6 „Erholung in der freien Natur“, Bayeri‐ sches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz 2020). Es gilt somit die Wegekonzepte so attraktiv zu gestalten, dass diese von den Nutzer: innen freiwillig in Anspruch genommen und auf diese Weise Konflikte zwischen den Interessensgruppen vermieden werden (Naturpark Südschwarzwald e.-V. 2019; Sobek et al. 2018). Auch der Deutsche Alpenverein fordert gegenseitige Rücksichtnahme und Toleranz der jeweiligen Interessensgruppen, um eine gemeinsame und vor allem konfliktfreie Nutzung des Naturraumes zu ermöglichen. Während Sperrungen und Verbote zu vermeiden sind, rücken speziell angelegte Wege und Trails für (Pedelec-)Fahrradfahrer: innen und speziell für (E-)Mountainbiker: innen in den Fokus, sofern diese zur sinnvollen Besucherlenkungen dienen, um Konfliktsi‐ tuationen zu reduzieren oder gar zu vermeiden (Deutscher Alpenverein 2015). Gebiete wie der Ochsenkopf Süd werden von Wander: innen und Moun‐ tainbiker: innen stark nachgefragt. Damit diese für alle Wege-Nutzer: innen und insbesondere (Pedelec-)Fahrradfahrer: innen langfristig erfolgreich und effizient gemanagt werden können, muss die Nutzung, das Verhalten und die Akzeptanz der Ochsenkopf-Seilbahn Süd sowie des umliegenden Wegenetzes durch Fahrradfahrer: innen (konventionelle und elektrisch unterstützte) und Räumliche Effekte 149 <?page no="150"?> Fußgänger: innen bekannt sein. Des Weiteren ist derzeit noch nicht untersucht, zu welchen Zeiten und unter welchen Bedingungen sowohl die Seilbahn als auch die Wege am Ochsenkopf Süd durch Fahrradfahrer: innen (und Fuß‐ gänger: innen) besonders in Anspruch genommen werden und somit wann und wo vermehrt Konfliktpotenziale (innerhalb der Nutzergruppe der Fahr‐ radfahrer: innen oder zwischen unterschiedlichen Nutzergruppen) entstehen können, die es zu minimieren gilt. 2 Methoden - 2.1 Untersuchungsgebiet und Datenerhebung Das Untersuchungsgebiet liegt auf der Südseite des Ochsenkopfs (Gipfel: 1.024 m über NN; 50,03° Nord, 11,81° Ost) im Naturpark Fichtelgebirge. Dieses ist natursporttouristisch mit einem umfassenden Rad- und Wanderwegenetz, sowie einem Sessellift für den Sommer- und Wintertourismus gut erschlossen (Rieß 2021; Tourismus & Marketing GmbH Ochsenkopf 2021). Direkt neben der Talstation der Seilbahn Süd in Fleckl liegt mit dem Bullhead House (Fahrradver‐ leih, geführte Touren und Technikkurse) und weiterer Gastronomie wichtige touristische Infrastruktur. Um die Raumnutzung von Fahrradfahrer: innen (überwiegend Mountain‐ biker: innen) und Fußgänger: innen im Gebiet Ochsenkopf Süd zu quantifizieren und in Abhängigkeit von Wochentagen, Ferienzeiten und Wetter zu analysieren, wurden in dieser Studie verschiedene Datenquellen genutzt. Die Quantifizierung der Besucherfrequentierung der Wege (Fahrrad‐ fahrer: innen, Wander: innen) erfolgte mittels fünf Kamerafallen, welche an Wegen mit unterschiedlichem Charakter und zunehmender Entfernung von der Seilbahn im Untersuchungsgebiet angebracht wurden (→ Abbildung 19). Die Kamera-Standorte liegen entlang von vertikal verlaufenden Wegen zwischen der Talstation der Seilbahn Süd, sowie deren Bergstation am Gipfel des Och‐ senkopfs, alle auf annähernd derselben Höhe (835 bis 850 m über NN). Neben der offiziellen MTB-Downhill-Strecke direkt unterhalb der Seilbahn wurden die Daten an vier weiteren Wegen, welche von Wander: innen und Mountain‐ biker: innen genutzt werden, erhoben. Dabei unterscheiden sich die Wege in ihrer Beschaffenheit und Kennzeichnung voneinander. Während Kamera K1 direkt auf der für Fußgänger: innen gesperrten MTB-Downhill-Strecke platziert wurde, liegt Kamera K2 an einem breiten, geschotterten Forstweg am Rande der Skipiste „Südabfahrt“, Kamera K3 an einem für Fahrradfahrer: innen gesperrten Wandersteig, Kamera K4 an einem inoffiziell entstandenen Weg entlang einer forstlichen Rückegasse und Kamera K5 auf einem für Mountainbiker: innen 150 Veronika Mitterwallner, Karoline Donnerstag & Volker Audorff <?page no="151"?> und Wander: innen ausgeschilderten Steig zwischen zwei Steinbruch-Seen. Die Auslösung der Kamerafallen (RECONYX Hyperfire 2) erfolgte mittels Infrarot-Bewegungssensor, wobei die Kameras so angebracht waren, dass sie aus Datenschutz-Gründen nur auf die untere Körperhälfte der Besucher: innen gerichtet waren. Zur Erfassung der schnellen Fahrradfahrer: innen waren die Kameras hochsensibel eingestellt, hatten eine Auslösezeit von 0,2 Sekunden und 1 Sekunde Verzögerungszeit nach einer Auslösung. Trotzdem kam es bei sehr hohen Geschwindigkeiten dazu, dass wenige Objekte, auch Fahrrad‐ fahrer: innen, nicht erfasst wurden. Die Daten zur Wege-Frequentierung wurden im Zeitraum vom 01.07.2020 bis 01.11.2020 erfasst und in einem ersten Schritt mit Hilfe der automatischen Objekterkennungs-Software MegaDetector von Microsoft (Beery et al. 2019) in die Kategorien Person, Tier, Fahrzeug und leeres Bild automatisiert klassifiziert. Aus der Klasse Fahrzeug wurden Fahr‐ radfahrer: innen manuell nachklassifiziert. Diese Objekterkennung fasst alle Fahrradfahrer: innen zusammen, differenziert also nicht zwischen Mountain‐ biker: innen und anderen Typen von Fahrradfahrer: innen. Aus topografischen Gründen (Steigung und Beschaffenheit der untersuchten Wege) sind im Unter‐ suchungsgebiet allerdings fast ausschließlich Mountainbiker: innen unterwegs, sowohl ohne (konventionelle) als auch mit elektrischer Unterstützung (E-Moun‐ tainbiker: innen und Pedelec-Nutzer: innen). Die Nutzungszahlen der Ochsenkopf-Seilbahn Süd wurden anhand der Durch‐ gangszahlen pro Tag und Ticketart (Einzelfahrt-, Mehrfahrten-, Zeit- und Saison‐ karten) für jeweils 124 Beobachtungstage in der Sommersaison (jeweils zwischen dem 01.07. und 01.11.) der Jahre 2014 bis 2020 (Datenlücke 2017) erfasst. Bei 90-% der Einzelfahrten handelt es sich um Fußgänger: innen, während Mehrfahrten-, Zeit und Saisonkarten ausschließlich von Fahrradfahrer: innen genutzt werden. So lassen sich die Nutzungszahlen der Seilbahn pro Aktivität berechnen. Die Ferientage des Bundeslands Bayern für die Jahre 2014 bis 2020 wurden dem Archiv der Ferienregelungen der Kultusminister-Konferenz (KMK, o. J.) entnommen. Im jeweiligen jährlichen Untersuchungszeitraum vom 01.07. bis zum 01.11. befinden sich Sommer- und teilweise Herbst-Ferientage von Bayern (zwischen 43 und 48 Ferientage pro Saison, MW = 45,8, SD = 1,7 Ferientage). Die täglichen Wetterwerte (Variablen: Durchschnittstemperatur, Tempe‐ raturdifferenz zwischen Tagesmaximum und Tagesminimum, Niederschlags‐ menge) wurden von der Wetterstation Fichtelberg/ Hüttstadl des Deutschen Wetterdienstes (4,5 km Distanz zu den Kamera-Standorten) für die Unter‐ suchungszeiträume (jeweils 01.07.-01.11 für alle Jahre von 2014 bis 2020) bezogen (Deutscher Wetterdienst, o. J.). Die tägliche Temperaturdifferenz (Ta‐ gesmaximum minus Tagesminimum) dient als Proxy-Indikator für sonniges Räumliche Effekte 151 <?page no="152"?> K1 K2 K3 K4 K5 Abbildung 19: Erhebungsstandorte im Gebiet am südlichen Ochsenkopf zwischen der Talstation der Seilbahn und des Gipfels. Daten zur Wege-Frequentierung wurden mittels Kamerafallen an fünf Standorten entlang der MTB-Downhill-Strecke (K1), der Südabfahrt (K2), eines Wandersteigs (K3), einer Rückegasse (K4) und eines gemeinsam von Mountainbiker: innen und Wander: innen genutzten Steigs (K5) erhoben. Karten‐ grundlage: OpenStreetMap (Lizenz CC-BY-SA 2.0). und/ oder windstilles (große Temperaturdifferenz) bzw. bedecktes und/ oder windiges (niedrige Temperaturdifferenz) Wetter. Messwerte für die tägliche Sonnenscheindauer sind an nahe gelegenen Wetterstationen nicht verfügbar. Für alle Analysen wurde die Statistik-Software R verwendet, wobei das R-Paket rdwd für den Zugriff auf die Wettervariablen des Deutschen Wetterdienstes angewendet wurde (Boessenkool 2022; R Core Team 2022) - 2.2 Datenanalyse Die Daten wurden zuerst mit Hilfe von Mittelwerten, Standardabweichungen und Histogrammen deskriptiv analysiert und visualisiert. Durchgangszahlen der Seilbahn und die Wegefrequentierung wurden mit dem t-Test auf Unter‐ schiede während und außerhalb der Ferienzeiten, sowie unter der Woche und am Wochenende getestet. Außerdem wurden die Zusammenhänge der Seil‐ 152 Veronika Mitterwallner, Karoline Donnerstag & Volker Audorff <?page no="153"?> bahn-Durchgangszahlen mit der Wegefrequentierung, sowie mit den Wetter‐ variablen tägliche Durchschnittstemperatur, Temperaturdifferenz und Nieder‐ schlagsmenge mit Hilfe der Pearson Produkt-Moment-Korrelation analysiert. Analog wurde der Zusammenhang zwischen Wege-Frequentierung und den Wettervariablen ausgewertet. 3 Ergebnisse - 3.1 Nutzung der Seilbahn und Einfluss von Wochentagen, Ferienzeiten und Wetter Die Ochsenkopf-Seilbahn Süd wurde in den Jahren 2014 bis 2020 während des Untersuchungszeitraums zum Großteil (72 % der Durchgänge) von Fahr‐ radfahrer: innen (fast ausschließlich Mountainbiker: innen) genutzt (→ Abbil‐ dung 20) mit einem Tagesdurchschnitt von 100 Durchgängen (MW = 99,5; SD = 37,5), während im Durchschnitt 38 (MW = 38,0; SD = 4,8) Fußgänger: innen pro Tag die Seilbahn nutzten. Über die Jahre verzeichnete die Seilbahn relativ konstante tägliche Nutzerzahlen mit einem Einbruch in der Saison 2016, der sich hauptsächlich auf einen Rückgang der Fahrradfahrer: innen zurückführen ließ (→ Abbildung 20). In der Saison 2020 nahm die Anzahl der täglichen Nutzungen der Seilbahn durch Fahrradfahrer: innen (MW = 158,9; SD = 146,7) im Untersu‐ chungszeitraum um 88 % gegenüber dem Durchschnitt der Vorjahre (2014 bis 2019; MW = 88,9; SD = 26,4) zu. Auch die Nutzerzahlen der Fußgänger: innen nahmen zu, wenn auch weniger deutlich (Steigerung um 28 %, von MW = 36,3; SD = 2,8 in den Jahren 2014 bis 2019 auf MW = 46,3; SD = 34,0 im Jahr 2020). 13.659 4.606 10.847 4.353 5.507 4.487 12.271 5.297 12.860 4.289 19.703 5.746 0 10.000 20.000 2014 2015 2016 2018 2019 2020 Saison Durchgänge (Jahres−Summe) Fahrradfahrer Fußgänger Abbildung 20: Gesamtsumme der jährlichen Seilbahn-Durchgänge durch Fahrrad‐ fahrer: innen und Fußgänger: innen pro Saison im Zeitraum von 2014 bis 2020, ausschließ‐ lich 2017 (jeweils 124 Beobachtungstage zwischen dem 01.07. und 01.11. des Jahres). Räumliche Effekte 153 <?page no="154"?> Die Ferienzeiten in Bayern hatten einen signifikant positiven Einfluss auf die Nutzung der Ochsenkopf-Seilbahn Süd durch Fahrradfahrer: innen (t-Test: p < 0,001). Während der Ferienzeiten von Bayern lag die durchschnittliche Nutzung pro Tag mit 128,8 (SD = 118,8) Durchgängen um 58 % höher als in den Nicht-Fe‐ rienzeiten (MW = 81,7; SD = 110,5). Außerdem nutzen Fahrradfahrer: innen die Seilbahn im Untersuchungszeitraum häufiger am Wochenende (t-Test: p < 0,001) als unter der Woche, mit 203,7 (SD = 145,9) tagesdurchschnittlichen Durchgängen am Wochenende im Vergleich zu 56,4 (SD = 62,7) unter der Woche (→-Abbildung-21). Werktag Wochenende 2014 2015 2016 2018 2019 2020 2014 2015 2016 2018 2019 2020 0 200 400 600 Saison Tägliche Durchgänge Fahrradfahrer Ferien Keine Ferien Abbildung 21: Tägliche Seilbahn-Durchgänge durch Fahrradfahrer: innen pro Werk- (links) und Wochenendtag (rechts) während (gelb) und außerhalb der Ferienzeiten (orange) (jeweils 124 Beobachtungstage zwischen dem 01.07. und 01.11. des Jahres). Allgemein hatte gutes Wetter einen positiven Einfluss auf die Nutzung der Och‐ senkopf-Seilbahn Süd. Der für Sonnenschein und Windstille stehende Proxy-In‐ dikator Temperaturdifferenz korrelierte dabei am stärksten positiv mit den Durchgangszahlen der Fahrradfahrer: innen (Pearson-Korrelation: r = 0,25; p < 0,001; Steigung = 7,0 Personen pro °C). Auch die Tagesdurchschnittstemperatur korrelierte schwach positiv mit den Fahrradfahrer: innen (r = 0,13; p < 0,001; Steigung = 2,9 Personen pro °C), wohingegen die Niederschlagsmenge eine schwach negative Korrelation mit den Durchgangszahlen aufwies (r = 0,16; p < 0,001; Steigung = -3,3 Personen pro Millimeter). Die Seilbahnnutzung durch Fußgänger: innen wurde insgesamt weniger stark vom Wetter beeinflusst als die Nutzung durch Fahrradfahrer: innen (→ Abbildung 22, flachere Steigung der Korrelationslinien für Fußgänger: innen). 154 Veronika Mitterwallner, Karoline Donnerstag & Volker Audorff <?page no="155"?> Abbildung 22: Tägliche Seilbahn-Durchgänge durch Fahrradfahrer: innen (orange) und Fußgänger: innen (blau) in Abhängigkeit von a) täglicher Temperaturdifferenz (Tages‐ maximumminus Tagesminimum-Temperatur), b) täglicher Niederschlagsmenge und c) täglicher Durchschnittstemperatur (alle Jahre, jeweils 124 Beobachtungstage zwischen dem 01.07. und 01.11. des Jahres, Pearson-Korrelation). Räumliche Effekte 155 <?page no="156"?> 3.2 Wegefrequentierung und Einfluss von Wochentagen, Ferienzeiten und Wetter K1 K2 K3 K4 K5 K2 Abbildung-23: Tagessummen der Wegefrequentierung durch Fußgänger: innen (blau) und Fahrradfahrer: innen (orange) im Untersuchungszeitraum (01.07. bis 01.11.2020) an den verschiedenen Erhebungsstandorten. K1 ist der Standort an der MTB-Downhill-Strecke, K2 an der Südabfahrt, K3 am Wandersteig, K4 an der Rückegasse und K5 auf dem gemeinsam von Wander: innen und Mountainbiker: innen genutzten Steig. Kartengrundlage: OpenStreetMap (Lizenz CC-BY-SA 2.0). 156 Veronika Mitterwallner, Karoline Donnerstag & Volker Audorff <?page no="157"?> Die Wege am Ochsenkopf Süd unterschieden sich im Jahr 2020 (nur dann liegen Kamera-Daten vor) untereinander stark in der Zusammensetzung und der Frequenz der Besucher: innen. Insgesamt war der Anteil der Fußgänger: innen auf den Wegen (ausgenommen MTB-Downhill-Strecke, K1) überall vorherr‐ schend und Fahrradfahrer: innen machten nur einen geringen Anteil von 4 bis 18 % aus (→ Abbildung 23). Vor allem der reine Wandersteig (K3) und der weit von der Seilbahn und der Downhill-Strecke entfernt liegende Steig an den Stein‐ bruchseen (K5) wiesen kaum (4 %) Frequentierung von Fahrradfahrer: innen auf. Selbst auf der MTB-Downhill-Strecke (K1) wiesen Fußgänger: innen mit 36 % immer noch einen hohen Anteil auf. Ebenso wurde auch der für Fahr‐ radfahrer: innen gesperrte Fürstenbrunnensteig (K3) von Fahrradfahrer: innen frequentiert, obwohl der Anteil mit 4-% gering war (→-Abbildung-23). Abbildung 24: Tägliche Wegefrequentierung durch Fahrradfahrer: innen an den ein‐ zelnen Erhebungsstandorten pro Werktag (links) bzw. Wochenendtag (rechts), während (gelb) und außerhalb der Ferienzeiten (orange), im Untersuchungszeitraum 01.07. bis 01.11.2020. K1 ist der Standort an der MTB-Downhill-Strecke, K2 an der Südabfahrt, K3 am Wandersteig, K4 an der Rückegasse und K5 auf dem gemeinsam von Wander: innen und Mountainbiker: innen genutzten Steig. Die Wege in der Region Ochsenkopf Süd wurden in Abhängigkeit von Wo‐ chentag und Ferienzeiten unterschiedlich stark von Fahrradfahrer: innen fre‐ quentiert. Am Wochenende (MW = 13,8; SD = 39,7) befuhren signifikant mehr Fahrradfahrer: innen die Wege als unter der Woche (MW = 5,4; SD = 14,1) und in den Ferien (MW = 10,6; SD = 23,3) signifikant mehr als außerhalb der Ferien (MW = 5,3; SD = 25,3) (t-Test: jeweils p < 0.05, → Abbildung 24). Die Frequentierung unterschied sich im Untersuchungszeitraum stark zwischen den Wegen, wobei die durchschnittliche tägliche Frequenz der Fahrradfahrer: innen Räumliche Effekte 157 <?page no="158"?> an der MTB-Downhill-Strecke (K1) mit 26,2 (SD = 49,4) am größten war, gefolgt von der Südabfahrt (K2) mit durchschnittlich 7,3 (SD = 10,3) und dem gemeinsam von Wander: innen und Mountainbiker: innen genutzten Steig (K5) mit durchschnittlich 3,0 (SD = 4,3) Fahrradfahrer: innen pro Tag. Dabei variierten die Tageswerte stark (→-Abbildung-24). Abbildung 25: Tägliche Wege-Frequentierung durch Fahrradfahrer: innen (orange) und Fußgänger: innen (blau) in Abhängigkeit von a) täglicher Temperaturdifferenz (Tages‐ maximumminus Tagesminimum-Temperatur), b) täglicher Niederschlagsmenge und c) täglicher Durchschnittstemperatur. 124 Beobachtungstage zwischen dem 01.07. und 01.11.2020, Pearson-Korrelation. 158 Veronika Mitterwallner, Karoline Donnerstag & Volker Audorff <?page no="159"?> Die Frequenz der Fahrradfahrer: innen auf den Wegen wurde nur wenig von den Wettervariablen beeinflusst. Hohe tägliche Durchschnittstemperaturen und hohe tägliche Temperaturdifferenzen, also gutes Wetter, hatten einen leicht positiven Einfluss auf die Wegefrequentierung an allen Erhebungsstand‐ orten (→ Abbildung 25), außer an der MTB-Downhill-Strecke (→ Tabelle 7). Die tägliche Niederschlagsmenge hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Frequentierung der Wege durch Fahrradfahrer: innen (→ Abbildung 25, → Tabelle-7). Auffällig war jedoch, dass - im Gegensatz zur Seilbahnnutzung - die Frequen‐ tierung der Wege durch Fußgänger: innen etwas stärker vom Wetter beeinflusst war als die Frequentierung durch Fahrradfahrer: innen (→ Abbildung 25, steilere Steigung der Korrelationslinien für Fußgänger: innen). - Durchschnittstemperatur Temperaturdifferenz Niederschlagsmenge - Pearson’s R p-Wert Pearson’s R p-Wert Pearson’s R p-Wert K1 0,154 0,143 0,076 0,472 -0,012 0,911 K2 0,337 0,001** 0,365 <0,001*** -0,130 0,218 K3 0,469 <0,001*** 0,347 <0,001*** -0,183 0,080 K4 0,226 0,030* 0,147 0,162 0,002 0,983 K5 0,039 <0,001*** 0,277 <0,01** -0,195 0,063 Tabelle 7: Zusammenhang der täglichen Frequentierung der Wege durch Fahrrad‐ fahrer: innen an den einzelnen Erhebungsstandorten mit den täglichen Wettervari‐ ablen Durchschnittstemperatur, Temperaturdifferenz (Tagesmaximumminus Tagesmi‐ nimum-Temperatur) und Niederschlagsmenge, im Untersuchungszeitraum 01.07. bis 01.11.2020 (Pearson-Korrelation, signifikante Werte sind fett formatiert). K1 ist der Standort an der MTB-Downhill-Strecke, K2 an der Südabfahrt, K3 am Wandersteig, K4 an der Rückegasse und K5 auf dem gemeinsam von Wander: innen und Mountainbiker: innen genutzten Steig. Signifikanz mit * für p < 0,05, ** für p < 0,01 und *** für p < 0,001 gekennzeichnet. - 3.3 Zusammenhänge zwischen Seilbahnnutzung und Wegefrequentierung Es gab einen signifikant positiven Zusammenhang der Nutzungszahlen der Och‐ senkopf-Seilbahn Süd mit der Wege-Frequentierung durch Fahrradfahrer: innen auf der MTB-Downhill-Strecke K1 (Pearson-Korrelation: r = 0,46; p < 0,001), auf Räumliche Effekte 159 <?page no="160"?> dem gemeinsam von Wander: innen und Mountainbiker: innen genutzten Steig K5 (r = 0,44; p < 0,001), sowie auf der Südabfahrt K2 (r = 0,37; p < 0,001) (→ Abbil‐ dung 26). Deutlich am stärksten ausgeprägt war dieser Zusammenhang mit dem Seilbahn-Transport von Fahrradfahrer: innen auf der MTB-Downhill-Strecke (→-Abbildung-26). Abbildung 26: Zusammenhänge der täglichen Seilbahn-Durchgänge von Fahrrad‐ fahrer: innen mit der Wegefrequentierung durch Fahrradfahrer: innen an den Erhebungss‐ tandorten K1 bis K5 im Untersuchungszeitraum 01.07. bis 01.11.2020. K1 ist der Standort an der MTB-Downhill-Strecke, K2 an der Südabfahrt, K3 am Wandersteig, K4 an der Rückegasse und K5 der gemeinsam von Wander: innen und Mountainbiker: innen genutzten Steig. 4 Diskussion Im Allgemeinen machten Fahrradfahrer: innen auf den Wegen des Ochsenkopf Süd (abgesehen von der MTB-Downhill-Strecke) nur einen geringen Anteil der Besucher: innen aus, wohingegen die Seilbahn überwiegend von Fahrrad‐ fahrer: innen genutzt wurde. Die Wege wurden ganz überwiegend von Fuß‐ gänger: innen und Fahrradfahrer: innen gemeinsam genutzt, hauptsächlich je‐ doch von Fußgänger: innen. Diese Tatsache spricht gegen ein aktuelles, objektiv feststellbares Konfliktpotenzial bei der gemeinsamen Wegenutzung durch beide Erholungsaktivitäten - vermutlich vor allem deshalb, weil die Frequentierung noch weit unter der Kapazität (objektiv messbare „carrying capacity“ und subjektives Empfinden von „crowding“) der Wege liegt. Dieses im Vergleich zu anderen Regionen geringe Konfliktpotenzial am Ochsenkopf wurde auch in 160 Veronika Mitterwallner, Karoline Donnerstag & Volker Audorff <?page no="161"?> einer Masterarbeit aufgezeigt (Hofmann 2019), für detaillierte Nachweise der Kapazität der Wege und der Konfliktwahrnehmung der Nutzer: innen sind aber noch weitere Studien nötig. Darüber hinaus sind Fahrradfahrer: innen zum Großteil Multi-Sportler. So sind z. B. 57 % der Mountainbiker: innen auch Wander: innen (Mountainbike Tourismusforum Deutschland 2022) und deshalb tendenziell verständnisvoll gegenüber anderen Freizeitaktivitäten. Trotz allem besteht bei gemeinsamer Nutzung von Wegen durch Fußgänger: innen und Fahrradfahrer: innen immer auch ein Gefahrenpotenzial. Diesem kann durch das empfohlene, aber auch gesetzlich geforderte rücksichtsvolle Verhalten (Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz 2020; Bayerisches Naturschutzgesetz - BayNatSchG 2011; Deutscher Alpenverein 2015), durch die Schaffung attrak‐ tiver, zielgruppenspezifischer Angebote (Naturpark Südschwarzwald e. V., 2019; Sobek et al. 2018) und gegebenenfalls sogar durch exklusive Bereitstellung sol‐ cher Angebote mit Sperrung für andere Aktivitäten (z. B. für Fußgänger: innen gesperrte MTB-Downhill-Strecke; rechtliche Grundlage zu Sperrungen siehe Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz 2020) be‐ gegnet werden. Es konnte gezeigt werden, dass es am Ochsenkopf Süd unter bestimmten Bedingungen zu einem erhöhten Nutzeraufkommen kommen kann. Vor allem an Wochenenden, in Ferienzeiten und bei schönem Wetter wurden Seilbahn und Wege von Fahrradfahrer: innen deutlich häufiger genutzt. Durch die geo‐ graphische Lage der Region (große Distanz zu Ballungsräumen) und durch die Besucherstruktur ist es zu erklären, dass vor allem Tagesgäste und Kurzur‐ lauber: innen zu arbeitsfreien Zeiten die erhöhten Nutzungszahlen am Wochen‐ ende und an Ferientagen auslösen. Aber auch der Anteil der Kurzreisenden unter der Woche verzeichnete einen starken Anstieg in den letzten Jahren (Hofmann & Böhler 2020), der auch durch die Ankunfts- und Übernachtungszahlen in der Ochsenkopf-Region belegt ist (Tourismuszentrale Fichtelgebirge, pers. Kommu‐ nikation). Das Phänomen steigender Zahlen von Wander: innen und Fahrrad‐ fahrer: innen ist begründet durch den langfristigen Trend zu Outdooraktivitäten, wurde verstärkt durch die Covid-19-Pandemie (Schweizer et al. 2021) und wird weiterhin durch die Digitalisierung (ständige Verfügbarkeit von Informationen) und im Falle der Fahrradfahrer: innen auch durch die Motorunterstützung bei Pedelecs intensiviert. - 4.1 Wetter-Abhängigkeit von Fahrradfahren stärker als beim Wandern Wie zu erwarten, begünstigte schönes Wetter die Seilbahn-Nutzung. Dabei re‐ agierten die Fahrradfahrer: innen deutlich sensibler auf die täglichen Wetter-Va‐ Räumliche Effekte 161 <?page no="162"?> riablen, wie die etwa doppelt so großen Steigungen der Seilbahn-Durchgänge entlang der Gradienten der Temperaturdifferenz (Tagesmaximumminus Ta‐ gesminimum-Temperatur, als Proxy-Indikator für Sonnenschein und Wind‐ stille), der Niederschlagsmenge und der Durchschnittstemperatur (→ Abbil‐ dung 22) zeigen. Die Frequentierung der Wege K2 bis K5, also alle untersuchten Wege außer der MTB-Downhill-Strecke, zeigte größtenteils ebenfalls eine Abhängigkeit der Fahrradfahrer: innen von der täglichen Durchschnittstempe‐ ratur und von der täglichen Temperaturdifferenz, jedoch keinen signifikanten Zusammenhang mit der Niederschlagsmenge (→ Tabelle 7, für einzelne Wege). Auf die Gesamtheit der Wege bezogen (→ Abbildung 25) zeigte sich aber, dass die Frequentierung der Wege durch Fußgänger: innen geringfügig stärker vom Wetter beeinflusst wurde als die Frequentierung durch Fahrradfahrer: innen. Dieses Ergebnis ist damit konträr zur Wetterabhängigkeit der Seilbahnnutzung, wo die Fahrradfahrer: innen stärker reagierten. Bemerkenswert ist jedoch, dass die Frequentierung der MTB-Down‐ hill-Strecke weitgehend unabhängig von den drei untersuchten Wettervari‐ ablen war. Werden diese Erkenntnis mit der Wetterabhängigkeit der Seil‐ bahn-Nutzung durch Fahrradfahrer: innen kombiniert, so bedeutet dies, dass die Mountainbiker: innen bei gutem Wetter verstärkt andere Wege als die MTB-Downhill-Strecke nutzten und somit stärker ins weitere Umfeld der Seilbahn (außerhalb der untersuchten Wege) ausstrahlten. Dagegen waren die Seilbahn-nutzenden Mountainbiker: innen, die dem schlechten Wetter trotzten, stärker auf die MTB-Downhill-Strecke konzentriert. - 4.2 Konzentration oder Streuung der Aktivitäten durch Seilbahn und MTB-Downhill-Strecke? Die stark positive Korrelation der Nutzungszahlen der Ochsenkopf-Seilbahn Süd durch Fahrradfahrer: innen mit der Frequentierung der MTB-Down‐ hill-Strecke (→ Abbildung 26) verdeutlicht, dass diese beiden Infrastruktur-Ele‐ mente stark aneinander gebunden sind. Dies erklärt auch den Konzent‐ rations-Effekt vieler Mountainbiker: innen auf das engere Umfeld der Ochsenkopf-Seilbahn Süd und der direkt darunterliegenden MTB-Down‐ hill-Strecke. Es ist also zu vermuten, dass diese Infrastruktur prinzipiell zur Konfliktvermeidung beiträgt, solange deren Tragfähigkeit („carrying capacity“) noch nicht erreicht ist und die Einheimischen und Gäste dort noch keine Überfüllung wahrnehmen („crowding“). Bei schönem Wetter war diese räumliche Konzentration jedoch deutlich weniger ausgeprägt, wie oben gezeigt. Dieser Streuung der Fahrradfahrer: innen weg von der Seilbahn in die Region hinaus sollte deshalb mit einem Besu‐ 162 Veronika Mitterwallner, Karoline Donnerstag & Volker Audorff <?page no="163"?> cherlenkungs-Konzept Rechnung getragen werden, um besonders in Zeiten hoher Nutzungsfrequenzen (schönes Wetter, Wochenenden und Ferientage) Konflikte zu vermeiden und die Attraktivität des outdoorsportlichen Angebots sicher zu stellen. Naheliegend ist außerdem, dass dieser Infrastruktur-basierte Konzentrations-Effekt bei vermehrter Nutzung von Pedelecs zum Teil verloren geht, da durch die Motorunterstützung die Abhängigkeit vom Seilbahntransport zur Überwindung größerer Höhenunterschiede bergauf nicht mehr gegeben ist und auch weitere Strecken gefahren werden (Mitterwallner et al. 2021). Somit wird der Streuungs-Effekt in die Region durch Pedelecs verstärkt, was das Erfordernis der Besucherlenkung noch vergrößert. - 4.3 Konsequenzen für die Besucherlenkung Auch wenn sich Spitzenzeiten der Seilbahn- und Wegenutzung bei gutem Wetter, an Wochenenden und in Ferienzeiten nicht vermeiden lassen, so lässt sich feststellen, dass die Lenkung der Outdoorsportler: innen am Ochsenkopf Süd bisher funktioniert. Bei zukünftiger Erhöhung der Seilbahn-Transportka‐ pazität (im Oktober 2022 beauftragt, Bau der Seilbahn Nord im Jahr 2023, der Seilbahn Süd im Jahr 2024) wird es zu vermehrter Frequenz auf den Wegen und damit zu erhöhtem Konfliktpotenzial kommen. Rechtzeitige Eingriffe zur Besucherlenkung sind notwendig, bevorzugt durch ein zielgruppengerechtes, attraktives Angebot (Mountainbike Tourismusforum Deutschland 2022) und durch zugehörige Informationen zur Wegweisung, Lenkung und zu einem respektvollen, für die natürliche und die soziale Umwelt verträglichen Verhalten der Outdoorsportler: innen. Trotz des zunehmenden Nutzungsdrucks auf die Region Ochsenkopf Süd durch Erholungssuchende war ein allgemeiner Konzentrationseffekt der Fahr‐ radfahrer: innen auf die Infrastruktur-Elemente Seilbahn und MTB-Down‐ hill-Strecke zu beobachten. Bei schönem Wetter fand jedoch auch ein Aus‐ strahlungsbzw. Streuungs-Effekt statt, dann nutzten Fahrradfahrer: innen vermehrt auch andere, für Wander: innen markierte Wege. Ob dieser Effekt dann schon durch ein Erreichen der Tragfähigkeitsgrenzen der Seilbahn und insbesondere der MTB-Downhill-Strecke oder zumindest durch ein subjektives Empfinden einer Überfüllung („crowding“) ausgelöst wird, müssen weitere Untersuchungen zeigen. Durch die Covid-19-Pandemie ist das Bedürfnis nach Freizeitaktivitäten im Freien gestiegen (Schweizer et al. 2021; Venter et al. 2020). Dies zeigte sich in der in dieser Studie gezeigten zunehmenden Nutzung der touristischen Infrastruktur am Ochsenkopf Süd, wofür vor allem eine Zunahme der Fahrrad‐ fahrer: innen, insbesondere der Mountainbiker: innen verantwortlich war (IfD Räumliche Effekte 163 <?page no="164"?> Allensbach 2022; zusammengetragen in Kuwaczka et al. 2023). Die Transforma‐ tion von wintertouristischen Angeboten hin zur zusätzlichen Nutzung derselben Infrastruktur und derselben Räume auch im Sommer durch Fahrradfahrer: innen ist ein im Zuge der Klimakrise zunehmend an wirtschaftlicher Bedeutung gewinnender Prozess. Die Nutzung des großen wirtschaftlichen Potenzials von über 16 Millionen aktiven Mountainbiker: innen in Deutschland (IfD Allensbach 2022) ist in der Region Ochsenkopf Süd gelungen, auch wenn das große Poten‐ zial dort noch nicht vollends ausgeschöpft ist (Mountainbike Tourismusforum Deutschland 2022). - 4.4 Bedeutung für die touristische Entwicklung Neben dem wirtschaftlich positiven Effekt dieser Entwicklung für die Region, wird aber mit zunehmender Frequentierung der Wege auch ein Anstieg des Kon‐ fliktpotenzials zwischen den häufigsten Nutzergruppen Fahrradfahrer: innen und Fußgänger: innen befürchtet. Häufig treten Konflikte zwischen Fahrrad‐ fahrer: innen und Fußgänger: innen durch das rücksichtslose Verhalten einzelner Erholungssuchender auf, bei Nichteinhaltung von Regeln, sowie bei unklaren Regeln zur Nutzung von stark frequentierten Wegen und Wegen mit mehreren einschränkenden Wegeigenschaften, z. B. schmale, steile oder unübersichtliche Wege mit Stein- oder Wurzel-Hindernissen (bisher unveröffentlichte, laufende Untersuchung des Lehrstuhls Sportökologie der Universität Bayreuth). Allerdings konnte mit der vorliegenden Studie gezeigt werden, dass ein Großteil der Fahrradfahrer: innen die für ihren Sport attraktiven und spezifisch für das Fahrradfahren angelegte MTB-Downhill-Strecke unter der Seilbahn nutzten und somit eine direkte touristische Wertschöpfung erzielt wird. Au‐ ßerdem wurden von Fahrradfahrer: innen andere Wege in der Region mit unterschiedlichen Wege-Charakteristika genutzt - breite Forstwege, aber auch (teilweise für Wander: innen und/ oder Mountainbiker: innen ausgeschilderte) Pfade und Steige. Solche „Singletrails“ mit natürlichen Hindernissen, sowie die MTB-Downhill-Strecke mit zusätzlichen, künstlich eingebauten Hindernissen stellen bei Fahrradfahrer: innen verschiedener Disziplinen beliebte Wegtypen dar (IMBA Europe 2015; Kornexl 2009; Lund-Durlacher & Antonschmidt 2015; Mountainbike Tourismusforum Deutschland 2022). Als Grund für die Entste‐ hung und Nutzung von illegalen oder sogar für Fahrradfahrer: innen verbotenen Wegen gilt die Abwesenheit oder die zu geringe Anzahl von attraktiven legalen Trails, die Abwechslung in die Fahrradtouren bringen (Barros et al. 2013; IMBA Europe 2015; Pickering & Norman 2017). Die Infrastruktur aus Seilbahn und speziell für das Fahrradfahren angelegter Wege am Ochsenkopf Süd führt so zu einem Konzentrationseffekt der Raumnutzung durch Fahrradfahrer: innen. 164 Veronika Mitterwallner, Karoline Donnerstag & Volker Audorff <?page no="165"?> Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die bisherige Besucherlenkung am Ochsenkopf Süd zwar prinzipiell funktioniert, sich Ballungszeiträume am Wochenende, in den Ferien und bei schönem Wetter jedoch nicht vermeiden lassen. Eine Erhöhung der Seilbahn-Transportkapazität (Neubau der Ochsen‐ kopf-Seilbahnen in den Jahren 2023 (Nord) und 2024 (Süd)) wird zusätzlich zum generellen Anstieg der Besucher: innen (durch Outdoortrend, Pedelecs, Digitalisierung, etc.) zur vermehrten Frequentierung und zu einem daraus resultierenden erhöhten Konfliktpotenzial führen. Hier ist die Erstellung eines umfassenden Lenkungs-Konzeptes dringend notwendig, um rechtzeitig vor der Zunahme der Nutzungsfrequenz bis an oder gar über die Tragfähigkeit („carrying capacity“ bzw. „crowding“) Eingriffe und Maßnahmen zur Lenkung umzusetzen, welche bevorzugt durch ein attraktives Angebot und zugehörige Informationen schnelle und effektive Wirkung zeigen können Danksagung | Wir danken dem Forstbetrieb Fichtelberg der Bayerischen Staatsforsten als Grundeigentümer für die Erlaubnis zur Durchführung der Untersuchung, dem Zweckverband zur Förderung des Tourismus und des Wintersports im Fichtelgebirge für die Bereitstellung der Nutzungszahlen der Ochsenkopf-Seilbahn Süd, sowie den Rangern des Naturparks Fichtelgebirge für das regelmäßige Auslesen der Kamerafallen. - Literatur Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz. (2020). Vollzug des Bayerischen Naturschutzgesetzes; Teil 6 „Erholung in der freien Natur“ (7912.5-U). 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Das Ziel ist, nicht nur wirtschaftlich von Einnahmen aus dem Tourismus zu profitieren, sondern auch Einheimischen ein attraktives Naherholungsangebot zu machen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Lenkung von Mountainbikenden: Gibt es adäquate Angebote, so hofft man, geht die illegale Nutzung von Wanderwegen oder der Bau illegaler Strecken zurück (Roth et al. 2014). Nicht immer entsprechen die geschaffenen Angebote jedoch den Erwar‐ tungen der Mountainbikenden. In der Tat befindet sich die Entwicklung von Qualitätskriterien für MTB-Touren im Vergleich zum Wandern noch in den Kinderschuhen. Während für das Wandern Qualitätskriterien weitverbreitet sind und auf Basis von Kundenanforderungen entwickelt und aktuell gehalten werden (DWV 2022), sind beim Mountainbiken erst vor Kurzem erste Anstren‐ gungen dazu unternommen worden (DIMB 2022, MTF 2022). Die vorliegende Arbeit zielt vor diesem Hintergrund darauf ab, Qualitäts‐ standards für Mountainbike-Touren zu entwickeln, die geeignet sind, zur Zu‐ friedenheit von MTB-Fahrenden beizutragen. Die Qualitätskriterien beziehen sich auf Mittelgebirgslagen und werden anhand eines Beispielfalls im Nord‐ schwarzwald getestet. Dabei wird davon ausgegangen, dass Qualitätsstandards in Mittelgebirgen aufgrund der unterschiedlichen Topographie von denjenigen <?page no="170"?> abweichen könnten, die im Hochgebirge oder alpinen Raum sinnvoll wären. Der Aufsatz beschränkt sich daher auf Gegebenheiten in Mittelgebirgen. In den nachfolgenden Abschnitten wird zunächst der Begriff der Qualität bzw. der Kundenzufriedenheit erläutert und auf unterschiedliche Bedürfnisse in verschiedenen MTB-Zielgruppen hingewiesen. Sodann wird auf Basis einer Li‐ teraturrecherche und von Experteninterviews ein Katalog mit Qualitätskriterien für MTB-Touren entwickelt und anhand des Enzmarathons im Schwarzwald getestet und diskutiert. 2 Qualität im Mountainbiken - 2.1 Subjektive Qualitätswahrnehmung Aufgrund der hohen Komplexität des Qualitätsbegriffs gibt es keine allgemein‐ gültige Definition. Der Definitionsspielraum reicht vom produktbezogenen Qua‐ litätsverständnis bis hin zu wert- und kundenorientierten Qualitätsbegriffen. Während bei der produktorientierten Sicht Qualität dann hergestellt ist, wenn ein Produkt eine Summe von definierten Eigenschaften erfüllt, geht es beim wertbe‐ zogenen Qualitätsverständnis um ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis. Die kundenorientierte Qualität hingegen rückt die Qualitätswahrnehmung der Kunden in den Mittelpunkt. D.h. hier ist außer den objektiv beschreibbaren Produkteigenschaften insbesondere die bewertende Wahrnehmung dieser Eigen‐ schaften durch Kunden ausschlaggebend. Im Mittelpunkt steht das subjektive Qualitätsurteil des Kunden (Bruhn 2019, Schmitt & Pfeifer 2010). Für freizeitorientierte Erlebnisse, wie dem Mountainbiken, ist insbesondere der kundenbezogene Qualitätsbegriff von Relevanz (Bruhn & Hadwich 2004, Pikkemaat & Weiermair 2004). Dies ist deshalb der Fall, weil Erlebnisse von den Erholungssuchenden nicht passiv erworben, sondern aktiv mitgestaltet werden (Neuhofer & Rainoldi 2016). Erholungssuchende sind sozusagen Ko-Kreatoren ihrer eigenen Erlebnisse (Vargo et al. 2020). Sie schaffen sich unter Nutzung der touristischen Infrastrukturen ihre Erlebnisse selbst. Zentrale Aufgabe der Tourismusplaner ist daher, „die Entwicklung einer Umgebung anzuleiten, die die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Touristen ihre eigenen unvergesslichen touristischen Erlebnisse haben können“ (Tung & Ritchie 2011, S.-1369). Hohe Qualität zu liefern bedeutet insofern, Mountainbike-Infrastrukturen wie z. B. MTB-Beschilderung so herzustellen, dass sie geeignet sind, den Erwartungen der Kunden zu entsprechen. Die Tourgestaltung richtet sich dabei häufig nach Durchschnittserwartungen. Die Durchschnitterwartungen der an‐ gepeilten Zielgruppe bilden den Standard, der die kundenorientierte Qualität definiert (DIMB 2022, MTF 2022). Dennoch sind Kunden immer individuell und 170 Cornelius Schreck & Monika Bachinger <?page no="171"?> bringen ihre (ganz) eigenen Erwartungen mit, die von diesen Durchschnittser‐ wartungen abweichen können (Homburg & Stock-Homburg 2006, Kaiser 2004). Die Herstellung von Qualität im Mountainbiken ist daher nicht trivial: „Quality is difficult to define but easy to recognize“ (IMBA & BLM 2017, Introduction). Qualität zu schaffen wird allerdings dann erleichtert, wenn die Zielgruppe und die Erwartungen der Zielgruppe möglichst genau erfasst werden (Garvin 1984). - 2.2 Zusammengesetzte Qualität Ein touristisches Erlebnis setzt sich aus einer Kombination mehrerer Einzelleis‐ tungen zusammen (Bruhn & Hadwich 2004). Eine geführte Mountainbike-Ta‐ gestour besteht beispielsweise aus der Anreise mit dem Zug, dem Ausleihen eines Fahrrades, der Tourenführung, der Einkehr im Restaurant und der Abreise. Jede Teilleistung hat dabei Einfluss auf die qualitative Wahrnehmung des Gesamterlebnisses. Erfüllen alle Teilleistungen die Erwartungen des Kunden, so fällt die Qualitätsbewertung positiv aus. Fallen einige Teilleistungen nicht zufriedenstellend aus, so hat dies Rückwirkung auf die Wahrnehmung des gesamten Erlebnisses (Stauss & Seidel 2006). Analog dieser Feststellung gilt für das Mountainbiken, dass Singletrails zwar für Mountainbikende das Kernmerkmal von MTB-Touren darstellen. Dabei wird unter einem Singletrail ein schmaler Pfad verstanden, der nur das einspurige Befahren erlaubt (Schymik et al. 2008). Doch es braucht mehr für ein qualitatives Bike-Erlebnis als nur Singletrails. Dazu zählt eine mountainbikespezifische Infrastruktur, insbesondere Beschilderung und Information. Des Weiteren muss die Servicequalität, z. B. im Bereich der Einkehrmöglichkeiten, Fahrrad-Abstell‐ möglichkeiten oder auch E-Bike-Ladestationen stimmen (Destination BC Corp. 2015). Laut BLM und IMBA ist zudem ein allgemeines Maß an Nachhaltigkeit beim Betrieb von MTB-Touren notwendig. Das bezieht sich beispielsweise auf Aspekte wie die Anbindung von MTB-Touren an das ÖPNV-Netz (IMBA & BLM 2017). Alle diese Aspekte zusammen tragen zur Qualität von MTB-Touren bei. Einige Teilleistungen wirken dabei intensiver auf die Entstehung von Zufrie‐ denheit und damit verbunden auf ein positives Qualitätsurteil als andere. Zu unterscheiden sind sogenannte Basisfaktoren von Leistungs- und Begeisterungs‐ faktoren (Matzler et al. 2009). Besonders hohe Bedeutung dafür, dass Kunden nicht unzufrieden sind, haben die Basisfaktoren. Dies sind Eigenschaften, die die Erholungssuchenden erwarten. Fehlen sie, so stellt sich Unzufriedenheit ein. Beiträge zur Zufriedenheit leisten insbesondere die Leistungsfaktoren. Im Bereich des Mountainbikens könnte dies beispielsweise der Singletrailanteil sein. Je höher er ausfällt, desto zufriedener ist ein Großteil der Mountainbikenden. Begeiste‐ Qualitätsanforderungen 171 <?page no="172"?> rungsfaktoren wiederum werden von den Erholungssuchenden nicht erwartet. Treten sie auf, dann tragen sie zu einer Übererfüllung der Erwartungen bei. Wichtig ist, dass diese drei Faktorengruppen dynamisch sind, d. h., was heute noch begeistert, kann morgen schon erwartet werden. Qualitätsmanagement bedeutet daher, veränderliche Kundenerwartungen im Auge zu behalten (Hinterhuber et al. 2004, Kano et al. 1984). - 2.3 Unterschiedliche Erwartungen MTB-Touren sind sehr vielseitig und beziehen sich auf verschiedene MTB-Sparten. Im Mittelpunkt dieses Beitrags stehen die All-Mountain, Enduro und Touren-Sparte (Giger 2014, MTF 2018). Diese drei Sparten weisen im Untersuchungsgebiet besondere Relevanz auf, da sie aufgrund der lokal vor‐ herrschenden Voraussetzungen, insbesondere der Topographie im Nördlichen Schwarzwald, am stärksten verbreitet sind (TNSW 2017). Das Erholungsmotiv beim Tourenfahren ist im Wesentlichen das Natur- und Landschaftserlebnis. Aspekte wie die körperliche Bewegung, Gesundheitsför‐ derung oder gemeinschaftliche Ausfahrten mit anderen Mountainbikenden sind ebenso wichtig. Tourenbiker sind in der Regel auf Tages- oder Mehrtagestouren unterwegs und erkunden dabei die Region (Giger 2014). Das Hauptmotiv ist die Erholung. Dementsprechend werden die Touren für diese Zielgruppe angelegt. Sie beinhalten eine lückenlose und intuitive Beschilderung, einfache Strecken‐ führung, Pausenplätze und Einkehrmöglichkeiten, sowie weitere Elemente im Bereich von Wellness, Kultur oder Gastronomie. Die Erholungsmotive der Enduroals auch All-Mountain-Biker (AMEN-Ziel‐ gruppe) sind das Abenteuer, Spiel, Spaß, Ausdauer, Naturerlebnis, Fahrtechnik, Geschwindigkeit und Adrenalin. Sie wünschen sich beschilderte Touren mit hohem Trailanteil oder Trailparks (d. h. ein speziell angelegtes Wegenetz mit hoher Singletrail-Dichte) und attraktive Landschaftserlebnisse (Giger 2014). Für All-Mountain-Bikende ist daneben wichtig, dass die Natur und Landschaft als auch die Routenführung möglichst spektakulär und vielfältig sind. Demgegen‐ über ist das Kernmotiv der „Enduristen“ das Abfahrtserlebnis. Der Aufstieg ist Mittel zum Zweck, deshalb integrieren Enduro-Fahrende Bergbahnen oder Shuttles (Giger 2014). Die Hauptmotive der drei betrachteten MTB-Sparten sind der → Abbildung 27 zu entnehmen. Wettkampforientierte Sparten wie Cross-Country (CC), Downhill (DH) oder Freeride (FR) spielen für die Entwick‐ lung der Qualitätskriterien in diesem Kapitel keine Rolle. Sie werden daher nicht näher ausgeführt. Information zu diesen Sparten ist zu finden in Giger (2014) oder MTF (2018). 172 Cornelius Schreck & Monika Bachinger <?page no="173"?> Naturerlebnis/ Abenteuer Ausdauer/ Leistung Spaß/ Adrenalin Wettkampf Tour AM Enduro CC DH FR Abbildung 27: Die drei betrachteten MTB-Sparten All-Mountain, Enduro und Tour, Quelle: eigene Darstellung 3 Methodisches Vorgehen - 3.1 Experteninterviews und Literaturanalyse Um Informationen zu Qualitätsanforderungen an Mountainbike-Touren zu erhalten, wurde eine Analyse bestehender Handbücher, Leitfäden und Erfah‐ rungsberichte im Bereich der Planung und des Managements von Mountain‐ bike-Touren durchgeführt. Im Einzelnen handelt es sich um Quellen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Kanada und den USA, insbesondere der International Mountain Bicycling Association (IMBA & BLM 2017), der Destination British Columbia (Destination BC Corp. 2015) und um das Moun‐ tainbike Handbuch des Schwarzwalds (Roth et al. 2014). Darüber hinaus wurden neun Kurzinterviews mit Expertinnen und Experten geführt. Unter ihnen waren Planerinnen und Entwickler von MTB-Angeboten, Bikeguides und Tourenprüfer, aber auch Vertreterinnen aus Verbänden und von touristischen Anbietern, → Tabelle 8. Die Kurzinterviews wurden während eines persönli‐ chen Treffens auf dem Mountainbike-Tourismus Kongress 2019 (veranstaltet durch das Mountainbike Tourismusforum Deutschland) sowie per E-Mailkon‐ takt geführt. Die Interviews waren sehr offen gehalten und entwickelten sich Qualitätsanforderungen 173 <?page no="174"?> aus einer zweiteiligen Frage: Gibt es ein Erlebnis beim Mountainbiken, das Ihnen in besonders positiver Erinnerung geblieben ist? Was machte dieses Erlebnis einzigartig? Beide Informationsquellen (bestehender Quellen und Ex‐ perteninterviews) wurden nach den Maßstäben der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Dabei kam insbesondere das Prinzip der zusammenfassenden Inhaltsanalyse zur Anwendung. Dabei geht es darum, Aussagen schrittweise zu paraphrasieren und zu generalisieren. Ziel ist die Ableitung übergreifender Kategorien (Mayering 2010). Die aus dem Datenmaterial der Sekundärquellen und der Interviews gewonnenen Kategorien bildeten die Grundlage für die Kategorien des Kriterienkatalogs. Die jeder Kategorie zugeordneten Aussagen wurden herangezogen, um die einzelnen Qualitätskriterien innerhalb einer Kategorie ableiten und inhaltlich beschreiben zu können. Genauso wurden die Grenz- und Richtwerte den einzelnen Qualitätskriterien zugeordnet. In einigen wenigen Fällen wurde die eigene Erfahrung der Autoren für die Formulierung von Richtwerten herangezogen. Dabei spielten auch gute Beispiele aus der Re‐ gion des Schwarzwalds (z. B. Schaeffler MTB-Arena Sasbachwalden, Bikemaster Trail in Nagold) eine Rolle. Der finale Stand des Kriterienkatalogs wurde von drei Experten auf Relevanz geprüft und Wahl- und Kernkriterien festgelegt. Experte Tätigkeitsbereich Herkunft 1 Konzeption und Umsetzung von MTB-Angeboten Deutschland 2 Fahrtechnikschule Deutschland 3 Fahrtechnikschule Deutschland 4 MTB-Bike-Guide Deutschland 5 Konzeption und Umsetzung von MTB-Angeboten Deutschland 6 Vertreter: in eines Verbands international 7 Vertreter: in eines Verbands international 8 Vertreter: in eines Verbands Deutschland 9 Konzeption und Umsetzung von MTB-Angeboten Deutschland Tabelle 8: Befragte Expertinnen und Experten. Quelle: eigene Darstellung. 174 Cornelius Schreck & Monika Bachinger <?page no="175"?> 3.2 Bewertung eines Beispielfalls (Nordschwarzwald) In einem zweiten Schritt wurde mithilfe von Block und Schreibzeug, einer Kamera und einem GPS-Gerät eine Beispieltour im Nordschwarzwald hinsicht‐ lich der aus der Literatur und den Interviews abgeleiteten Qualitätskategorien analysiert. Ziel war es, die Anwendbarkeit der Kriterien zu testen. Die Tour wurde mit einem besonderen Augenmerk auf die streckenbezogenen Kriterien geprüft. Vermerke zu Auffälligkeiten und Besonderheiten wurden in chronolo‐ gischer Reihenfolge erfasst. Sie wurden sowohl handschriftlich notiert als auch auf dem GPS-Gerät mit passenden Wegepunkten erfasst. Nach Beendigung der Befahrung wurde die Tour anhand der GPS-Daten auf das Tourenportal von Outdooractive importiert. Zunächst konnten dort durch Überarbeitungstools Ungenauigkeiten, die evtl. bei der Aufzeichnung durch GPX-Signalfehler ent‐ standen sind, korrigiert werden. Im nächsten Schritt wurden alle wichtigen Wegepunkte und Beobachtungen georeferenziert eingefügt. Diese Daten waren der Ausgangspunkt für die Bewertung der Tour nach den Kriterien, sowie die Beurteilung der Anwendbarkeit der Kriterien. 4 Ergebnisse - 4.1 Ergebnisse aus Experteninterviews und der Literaturanalyse Auf Basis der Auswertung von einschlägiger Literatur und der Gespräche mit den Experten konnten Qualitätskriterien für MTB-Touren formuliert werden. Es konnten 13 Qualitätskategorien für MTB-Touren abgeleitet werden. Um die Ka‐ tegorien möglichst genau messbar zu machen, wurden für jede Kategorie meh‐ rere Kriterien definiert und diese mit Grenzbzw. Richtwerten versehen. Der vollständige Kriterienkatalog ist dem Anhang (online verfügbar) zu entnehmen. Kernkriterien sind darin rot markiert, Wahlkriterien sind blau dargestellt. Letztere sind in der Lage, den Erlebniswert der Tour zu steigern, sie entsprechen den Leistungs- und Begeisterungsfaktoren der Kundenzufriedenheit. Erstere entsprechen den Basisfaktoren der Kundenzufriedenheit und müssen erfüllt sein. Die 13 Kategorien für MTB-Touren wurden in acht streckenbezogene und fünf raumbezogene Qualitätskategorien eingeteilt. Während die streckenbezo‐ genen Kategorien Aspekte des unmittelbaren Fahrerlebnisses betreffen, wie die Streckenführung, die Wegebeschaffenheit oder die Interaktivität des An‐ gebots, betrachten raumbezogene Kategorien übergeordnete Aspekte wie die Vermarktung des Angebots, die Anreise oder die Nachhaltigkeit. Die acht streckenbezogenen Kategorien können wie folgt beschrieben werden. Dabei werden zunächst jeweils die Kernkriterien ausgeführt, die erfüllt sein müssen Qualitätsanforderungen 175 <?page no="176"?> (Muss-Formulierung). Danach folgen Wahlkriterien, die umgesetzt werden können (Kann- oder Soll-Formulierung): • Streckenführung Eine gute Streckenführung zeichnet sich durch Einbindung von vielfältigen, natürlichen Strukturen aus. So müssen regionaltypische Landschaftsele‐ mente (z. B. Flüsse, Streuobstwiesen) oder attraktive Sehenswürdigkeiten Bestandteil der Tour sein (Destination BC Corp. 2015, Roth et al. 2014). Dringend zu meiden sind Bundesstraßen oder andere stark befahrene Straßen (Roth et al. 2014, Experte 1) sowie zertifizierte Wanderwege (Ex‐ perte 1). Die Anbindung an den ÖPNV stellt ebenfalls ein Kernkriterium dar (Roth et al. 2014). Möglichkeiten zur Abkürzung bzw. Verlängerung der Tour können empfohlen werden. So können verschiedene Leistungsniveaus angesprochen werden (Roth et al 2014). Der Startbzw. Endpunkt einer Mountainbike-Tour sollte insbesondere für All-Mountain und Touren-Fah‐ rende im Tal liegen (Experte 1). • Wegebeschaffenheit Der Asphalt- und Teeranteil ist so gering wie möglich zu halten (Roth et al. 2014). Singletrails stellen die wichtigste „Zutat“ einer Mountainbike-Tour dar (Destination BC Corp. 2015). Ein Grenzwert von min. 20 % muss eingehalten werden (Destination BC Corp. 2015, Roth et al. 2014, Scherzer 2015, Experte 1, Experte 3). Roth et al. (2014) und Scherzer (2015) be‐ schreiben einen guten Untergrundmix aus naturbelassenem Waldboden, Schotter, Wiese und künstlich hergestelltem Untergrund (z. B. Holz) als wünschenswert. Experte 4, Experte 3 und Experte 2 empfehlen eine Zusam‐ mensetzung der Wegebeschaffenheit aus 35 % naturbelassenem Waldboden, 25 % Schotter, 15 % Wiese und 5-10 % aus künstlich hergestelltem Unter‐ grundmix. • Abfahrt Gute Abfahrten weisen hohen Fahrfluss und Rhythmus auf. Eine gelun‐ gene Abfahrt muss typische Trailmerkmale beinhalten wie Steine, Felsen, Wurzeln oder Baumstämme. Auch künstlich errichtete Erdmodellierungen in Form von Wellen, Sprüngen und Anliegerkurven, oder Hindernisse wie Holzbrücken machen Abfahrten attraktiv, ebenso ein abwechselndes Gefälle (Cazin 2011, IMBA & BLM 2017, Symmonds et al. 2000, Experte 5). Lange, monotone Abschnitte müssen vermieden werden (Roth et al. 2014, Symmonds et al. 2000). Maximal 300 m dürfen ohne die genannten Trailmerkmale auskommen (Experte 2, Experte 3). Die Breite eines Sing‐ letrails als Abfahrt sollte zwischen 20 und 100 cm betragen, dieser Wert 176 Cornelius Schreck & Monika Bachinger <?page no="177"?> ist jedoch von den Gegebenheiten vor Ort (Gefälle, Hangneigung, Boden‐ beschaffenheit und gesetzliche Rahmenbedingungen, Experte 1) und der bisherigen Frequentierung durch Wegenutzende abhängig. Zudem ist zu beachten, dass die Kurvenradien nicht weniger als 1,80 m betragen dürfen, da dies das flüssige Befahren für alle Leistungsstufen ermöglicht (Cazin 2011). Das durchschnittliche Gefälle ist auf maximal 12 % zu begrenzen, im Idealfall 8-10 % (Experte 1), punktuell darf eine Abfahrt bis zu 25 % geneigt sein (Cazin 2011). Diese Werte hängen jedoch von der jeweiligen Schwierigkeitseinstufung ab. Hindernisse, die potenzielle Gefahrenstellen darstellen, müssen mit Hinweisschildern gekennzeichnet werden (Scherzer 2015). Besonders schwierige Hürden (Sprünge, steile Senken) müssen mit Umfahrungen ausgestattet werden, einfache Abfahrten sollten mit heraus‐ fordernderen Alternativen erweitert werden (IMBA & BLM 2017, Roth et al. 2014, Experte 3). Singletrails sind zudem mit Rettungspunkten zu versehen (Experte 3). • Schwierigkeitsklassifizierung (Singletrails) Ein wichtiges Kernkriterium ist, dass die Touren gut beschrieben sind, damit sich die Besuchenden im Vorfeld über die Schwierigkeit informieren können (IMBA & BLM 2017). Singletrails können in Anlehnung an die Deutsche Initiative Mountainbike (DIMB) in vier Schwierigkeitslevels ein‐ gestuft werden (DIMB 2023). Das ist grün (geeignet für Einsteiger mit wenig Erfahrung), blau (= leicht), rot (= mittel) und schwarz (= schwer) (vgl. Roth et al. 2014). Daneben gibt es weitere Schwierigkeits-Skalen wie die Singletrail-Skala (Schymik et al. 2008). Für die Mehrheit der Fahrenden sollten Wegeabschnitte einfacher und mittlerer Schwierigkeit in die Tour integriert werden. Eine ideale Zusammensetzung könnte 35 % blau, 50 % rot und 15-% schwarz umfassen (Cazin 2011, Experte 8). • Uphills Zu lange, monotone Aufstiege sind zu meiden. Diese können durch Se‐ henswürdigkeiten oder Sitzgelegenheiten aufgewertet werden (Roth et al. 2014). Ein wahrnehmbarer Anteil, mindestens 20 % der gesamten bergauf führenden Strecke muss als Uphill-Trail ausgewiesen werden (Roth et al. 2014). Die maximale Steigung von Uphills für Mountainbikes beträgt 10 %, für E-Mountainbikes 15 % (Cazin 2011, Experte 1). Uphill-Trails dürfen nur in eine Richtung befahren werden, um Gefahr durch Gegenverkehr zu verhindern (Experte 3). Qualitätsanforderungen 177 <?page no="178"?> • Erlebniswert Auf einer Streckenlänge von 10 km muss als Kernkriterium mindestens ein Aussichtspunkt vorhanden sein (Roth et al. 2014, Experte 6). Zudem muss mindestens eine Sehenswürdigkeit pro 15 km Wegstrecke eingebunden werden (Roth et al. 2014, Experte 1). Das können natürliche Sehenswürdig‐ keiten, wie Seen oder Flüsse sein (Roth et al. 2014, Experte 1, Experte 6, Experte 9) sowie kulturelle Sehenswürdigkeiten, wie Kneippbecken, Ruinen, Schlösser, Bergwerke. Auch Einkehrmöglichkeiten dürfen auf einer Mountainbike-Tour nicht fehlen (Experte 1, Experte 7, Experte 9). Die Sehenswürdigkeiten sollten mit Hinweisen und Informationen versehen sein (Roth et al. 2014). • Interaktionen Eine Mountainbike-Tour sollte als Kernkriterium zu Lernprozessen anregen, das Selbstwertgefühl stärken, das persönliche Grenzbewusstsein fördern, sowie geistig und körperlich herausfordernd sein. Die Formulierung von Richtwerten in diesem Bereich ist jedoch schwierig, da sie sehr subjektiv wahrgenommen werden (IMBA & BLM 2017). Um Mountainbikern die Möglichkeit zum Austausch mit Gleichgesinnten zu geben, können Infra‐ struktureinrichtungen wie bspw. „Biker-Bars“, -Kioske oder -Cafés einge‐ richtet werden (Experte 6, Experte 7). • Beschilderung Die Beschilderung muss gut lesbar, verständlich und lückenlos sein (Roth et al. 2014, Scherzer 2015, Experte 6). Dies betrifft sowohl die MTB-Tour selbst als auch den Weg zum Tourstart (Destination BC Corp. 2015). Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Einheitlichkeit der Beschilderung (Kapelari et al. 2015, Roth et al. 2014). Bestehende Empfehlungen oder Standards sollten berücksichtigt werden (MTF 2022). Rettungsleitstellen müssen in die Beschilderungsplanung einbezogen werden (Experte 2). In die Beschilderung können entfernte Attraktionen aufgenommen werden, um die großräumige Orientierung zu fördern und Erlebnismöglichkeiten zu schaffen (Experte 3). Die raumbezogenen Qualitätskriterien umfassen weitere fünf Kategorien. Deren Kriterien und Grenzbzw. Richtwerte können wie folgt ausgeführt werden: • Infrastruktur vor Ort Ein wesentliches Kernkriterium ist ein passendes, für MTB-Fahrende ge‐ eignetes Übernachtungsangebot. Fahrradfreundliche Unterkünfte müssen 178 Cornelius Schreck & Monika Bachinger <?page no="179"?> sichere Fahrrad-Stellplätze, eine Bike-Werkstatt, einen Bike-Waschplatz, Wasch- und Trockenmöglichkeiten für Bekleidung sowie E-Bike-Lademög‐ lichkeiten aufweisen (Destination BC Corp. 2015, Roth et al. 2014, Ex‐ perte 7). Zweitens muss es Reparaturmöglichkeiten für Fahrräder geben (Destination BC Corp. 2015). Zudem sind Einkehrmöglichkeiten in gut erreichbarer Nähe erforderlich (Destination BC Corp. 2015, Experte 1, Experte 6, Experte 9). Sinnvoll ist als Wahlkriterium zudem die Integration eines MTB- oder E-MTB-Verleihs, um unerfahrene touristische Zielgruppen anzusprechen (Destination BC Corp. 2015). Dazu passt ein Angebot von Fahrtechnik-Kursen und geführten Touren (Destination BC Corp. 2015, Experte 7). • Informationen zur Tour Absolut notwendig sind als Kernkriterium detaillierte Informationen zur Mountainbike-Tour. Diese Information muss einfach und übersichtlich im Internet auffindbar sein, damit Besuchende ihre Touren von zu Hause planen können. Zu einer guten Touren-Information gehören Routenverlauf, Höhenprofil und Steigungsverhältnisse, Wegebeschaffenheit, Sehenswür‐ digkeiten, fahrradfreundliche Unterkünfte und Verhaltensregeln (Destina‐ tion BC Corp. 2015, Kapelari et al. 2015, Roth et al. 2014). Die Informationen müssen exakt und ehrlich kommuniziert werden (Destination BC Corp. 2015, Kapelari et al. 2015). Die Möglichkeit, die Tour als GPX-Datei von der Homepage herunterzuladen, ist vor allem bei unzureichender Beschilderung vor Ort wichtig (Roth et al. 2014, Experte 4). Am Start jeder Tour ist eine Übersichtstafel anzubringen (Kapelari et al. 2015, Scherzer 2015, Whistler Cycling Commitee 2003). Information über aktuelle Bedingungen, z. B. Witterung stellt ein Wahlkriterium dar. • Vermarktung Auch die Vermarktung der MTB-Tour beinhaltet ein Kernkriterium. So sind einfache, familientaugliche Angebote zumindest über touristische Standardmedien (Homepage, Social Media, Printprodukte) zu bewerben. Fahrtechnisch anspruchsvolle Touren sollten zusätzlich in mountainbike‐ spezifischen Medien (z. B. Mountainbike-Portale und -Zeitschriften) plat‐ ziert werden (Destination BC Corp. 2015). • Anreise Die Anreise zur Tour muss umweltfreundlich mit ÖPNV möglich sein (Roth et al. 2014, Experte 4). Denkbar ist der Transport mit Linienbussen und Fahrradanhängern (Destination BC Corp 2015). Ist der ÖPNV vor Ort Qualitätsanforderungen 179 <?page no="180"?> nicht vorhanden, können Transport und Shuttle-Angebote z. B. von lokalen Fahrradläden angeboten werden (Destination BC Corp. 2015, Experte 7). • Ökologische, soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit Mountainbike-Touren sind so anzulegen, dass sie möglichst geringe Aus‐ wirkungen auf die Natur, wie z. B. Boden oder Vegetation haben (IMBA & BLM 2017, Whistler Cycling Commitee 2003). Wichtig ist, dass neu angelegte Singletrails professionell gebaut werden (Cazin 2011). So sind beim Bau Vorkehrungen gegen Erosion zu treffen. Dies kann durch Boden‐ verdichtung, aber auch dadurch erfolgen, dass die natürlichen Wasserleiter berücksichtigt werden. Zudem sind besonders sensible Gebiete, die z. B. Lebensräume von seltenen Tierarten sind, zu meiden (Roth et al. 2014). Durch umweltpädagogische Maßnahmen können Mountainbiker für Natur- und Ressourcenschutz sensibilisiert werden (Kapelari et al. 2015, Experte 1). Darüber hinaus ist Mountainbikenden ein bleibendes, hochwertiges Er‐ lebnis zu schaffen. Anhand von Kundenbefragungen können Rückschlüsse über Erwartungen gewonnen werden (IMBA & BLM 2017). Zur Erhöhung der Akzeptanz in der Bevölkerung sind regionale Stakeholder in Planung, Management und Betreuung einzubeziehen. Geltende planungs-, bau- und naturschutzrechtliche Rahmenbedingungen sind selbstverständlich einzu‐ halten (IMBA & BLM 2017). Um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen, müssen Pflege- und Wartungsmaßnahmen möglichst geringgehalten werden (IMBA & BLM 2017). - 4.2 Ergebnisse aus der Bewertung eines Beispielfalls Der entwickelte Kriterienkatalog wurde im Jahr 2019 anhand eines Beispielfalls auf Anwendbarkeit getestet. Ausgewählt wurde der „Enzmarathon - mit dem Mountainbike durch das Enztal“ (siehe für weiterführende Information STG 2023). Die Tour liegt in der „Mountainbike-Arena Murg-Enztal“ im Nordschwarz‐ wald. Sie ist mit 48,87 km und 1000 hm als schwierige Tour charakterisiert. Die Befahrungsdauer liegt bei rund 5: 45 h. Die Tour wurde anhand der acht streckenbezogenen Kriterien des Katalogs auf ihre Qualität beurteilt. Berichtet werden Besonderheiten. Die Kriterien in der Qualitätskategorie Streckenführung werden weitest‐ gehend erfüllt. Kritisch anzusehen sind erstens die Querung einer Kreisstraße während einer Trail-Abfahrt. Zudem verläuft die Tour für ca. 600 m auf einem zertifizierten Wanderweg. Insgesamt müssen zudem vier Ortschaften durchfahren werden. Der Anteil an Ortsbefahrungen beträgt damit rund 10 % der Gesamttour. Dies läge gerade noch innerhalb des Grenzwertes. Optionale 180 Cornelius Schreck & Monika Bachinger <?page no="181"?> Möglichkeiten zur Abkürzung oder Verlängerung der Tour werden nicht ange‐ boten. Ebenso ist die Tour nicht an das ÖPNV-Netz angebunden. Hinsichtlich der Qualitätskategorie Wegbeschaffenheit setzt sich der Un‐ tergrundmix des Enzmarathons zusammen aus 37,9 km (knapp 77 %) Schotter, 6,4 km (13 %) Asphalt und 4,9 km (10 %) naturbelassenem Waldboden. Naturbe‐ lassener Waldboden umfasst die beiden Wegearten (breitere) Naturwege (4,3 km) und Singletrails (0,6 km). Im Vergleich zu den Richtbzw. Grenzwerten des Kriterienkatalogs ist der Schotteranteil um ein Vielfaches zu hoch, der Anteil an naturbelassenem Waldboden und der Trails dagegen deutlich zu gering. Aufgrund des geringen Singletrail-Anteils können zur Kategorie „Abfahrt“ kaum qualitative Aussagen gemacht werden. Lediglich ein Segment der Ab‐ fahrten in der Länge von 1,0 km verläuft auf einem naturbelassenen Weg. Dieser ist jedoch als „Shared-Trail“ ausgewiesen, d. h. er wird von Wanderern als auch Mountainbikern gemeinsam genutzt. Bis auf kleine Wurzeln und Steine sind keine weiteren Singletrail-Merkmale enthalten. Fahrtechnisch anspruchsvolle Abschnitte und Herausforderungen für Geübte gibt es nicht. Die Tour ist in ihrem Schwierigkeitsniveau als schwer gekennzeichnet. Die vorhandenen Abschnitte mit Singletrail-Charakter sind jedoch alle einfach zu befahren, in der gängigen Farbskala würden sie unter die Kategorie „blau/ leicht“, in wenigen Teilen unter „rot/ mittel“ fallen (DIMB 2023). Die Einordnung als schwere Tour könnte daher eher unter konditionellen Aspekten, denn fahrtechnischen Anforderungen getroffen worden sein. Die Uphills umfassen rund 1000 hm. Hier fallen zwei Anstiege besonders auf: Über knapp 300 hm führt die Tour unmittelbar nach dem Start auf eine Hoch‐ fläche, später gilt es einen weiteren Anstieg mit 370 hm zu bewältigen. Beide Uphills wirken aufgrund der gleichbleibenden Wegebeschaffenheit (breiter Schotterweg) sehr monoton. Uphill-Trails wurden keine integriert. Bezüglich der Qualitätskategorie Erlebniswert sind auf der Tour sehr schöne Weitblicke zu genießen. Des Weiteren verläuft die Tour über den Kaltenbronn, Deutschlands größtes Hochmoor. Die Wegeführung ist so gewählt, dass die Anliegen des Naturschutzes berücksichtigt sind. Einkehrmöglichkeiten sind vorhanden. Speziell auf Mountainbiker ausgerichtete Einrichtungen sind jedoch nicht zu finden. Der Enzmarathon führt in großen Teilen durch sehr ruhige, abgeschiedene Wälder und kleine Ortschaften. Mountainbikende haben die Möglichkeit, in Interaktion mit der Natur zu treten und sich Distanz zum Alltag zu verschaffen. Aufgrund der Einfachheit der Tour bleiben Grenzerfahrungen und Herausfor‐ derungen im Bereich der Fahrtechnik allerdings aus. Qualitätsanforderungen 181 <?page no="182"?> Die Beschilderung ist größtenteils vollständig und verständlich. Es fehlen zwei Schilder bzw. sind beschädigt. An einigen Wegepunkten sind Markie‐ rungen zugewachsen und dadurch sehr schwer zu sehen. Rettungspunkte oder sonstige Notfalleinrichtungen sind nicht vorhanden. 5 Diskussion Qualität bei Freizeitaktivitäten wie dem Mountainbiken entsteht subjektiv (Bruhn 2019, Schmitt & Pfeifer 2010). Dies liegt am Umstand, dass Erholungssu‐ chende einerseits Gegebenheiten vor Ort, z.-B. Wegequalitäten unterschiedlich wahrnehmen und bewerten (Homburg & Stock-Homburg 2006). Andererseits gestalten Mountain-Bikende ihre Erlebnisse als Ko-Kreatoren mit. Jede und jeder Fahrende produziert somit ihre oder seine erlebte Qualität (Vargo et al. 2020). Wie sich die Fahrenden einbringen und das MTB-Angebot wahrnehmen, kann nicht vollständig gesteuert werden. Dennoch macht es Sinn, Qualitätsstan‐ dards für MTB-Touren zu definieren. Denn klar kommunizierte und verlässlich umgesetzte Standards prägen die Erwartungen. D.h. Enttäuschungen aufgrund eines starken Abweichens von Erwartungen und tatsächlicher Leistung treten somit weniger häufig auf (Homburg & Stock-Homburg 2006). Vor diesem Hintergrund wurden die vorliegenden Qualitätskategorien und -kriterien für MTB-Touren formuliert. Die Kriterien wurden so gefasst, dass sie die Erwartungen innerhalb einer definierten Zielgruppe abbilden. Diese sind erstens die Gruppe der Touren-Fahrenden und zweitens die Gruppe der All-Mountain und Enduro-Biker. Für alle zwei Zielgruppen spielt das Natur- und Landschaftserlebnis eine große Rolle (Giger 2014). In den Kriterienka‐ talog wurden streckenbezogene und raumbezogene Qualitätskategorien aufge‐ nommen, die diese Anforderung abbilden können. Bei den streckenbezogenen Qualitätskategorien wird in der Kategorie „Streckenführung“ die Einbindung von vielfältigen, natürlichen Strukturen (z. B. strukturreiche Wälder) gefordert. Die Kategorie „Erlebniswert“ profitiert von Landschaftsgenuss, der über Aus‐ sichten oder die Einbindung von natürlichen Sehenswürdigkeiten (z.-B. Flüsse, Seen) ausgedrückt wird. Der Kriterienkatalog ist somit in der Lage, Naturerleben als Leistungsmerkmal abzubilden. Zu diskutieren wäre allenfalls die Festlegung der einzelnen Grenz- und Richtwerte: So fordert der Kriterienkatalog die Einbindung eines Ausblickspunktes je 10 km - eine Anforderung, die bei Touren durch den Wald verletzt werden könnte, obwohl sie ansonsten attraktiv sind. Von der Motivlage her unterscheiden sich die Zielgruppen. Während Touren-Fahrende vor allem Erholung suchen, geht es All-Mountain-Bikern und Enduristen um Abenteuer, Ausdauer, Fahrtechnik, Geschwindigkeit und 182 Cornelius Schreck & Monika Bachinger <?page no="183"?> Adrenalin. Der Kriterienkatalog berücksichtigt diese Unterschiede, indem stre‐ ckenbezogene Kriterien so formuliert wurden, dass sie diesen Zielgruppen gerecht werden. Vorgaben für Kurvenradien und Gefälle sind beispielsweise so gewählt, dass sie von allen Leistungsklassen bewältigt werden können. Anforde‐ rungsreiche Tourenabschnitte für All-Mountain- und Enduro-Fahrende werden über den Einbau von Hindernissen und/ oder die Umfahrung von einfachen Tou‐ renabschnitten ermöglicht. Erholungsrelevante Merkmale wie Pausenplätze, die Einbindung von kulturellen Sehenswürdigkeiten und Gastronomie wurden mit Blick auf die Touren-Fahrenden unter die Kernkriterien aufgenommen. Die Abbildung der Bedürfnisse beider Zielgruppen in einem gemeinsamen Kriterienkatalog war damit (gerade noch) möglich. Wären sie diverser, müssten zwei Kataloge oder Varianten des Katalogs angelegt werden, ähnlich wie das im Wandern beispielsweise bei den kurzen Qualitätswanderwegen des DWV der Fall ist (DWV 2022). Ähnliches gilt für die raumbezogenen Qualitätskategorien. Regionen weisen sehr unterschiedliche Voraussetzungen für MTB-Touren hinsichtlich des vorhandenen Wegenetzes, der Topographie oder der Anbindung an übergeord‐ nete Infrastrukturen wie dem ÖPNV auf. Um diesen Unterschieden gerecht zu werden, wurden im Kriterienkatalog Kern- und Wahlkriterien formuliert. Kern‐ kriterien sind Anforderungen, die MTB-Fahrende der Zielgruppe voraussetzen. Dazu zählen beispielsweise ein Trail-Anteil von mindestens 20 %, die lückenlose, gut lesbare Beschilderung oder das Vorhandensein von Online-Informationen zur Tour. Wenn diese Merkmale nicht erfüllt werden können, ist fraglich, ob die Ausweisung der MTB-Tour sinnvoll ist. Wahlkriterien hingegen können je nach örtlicher Gegebenheit umgesetzt werden. Diskutiert werden könnte, ob alle Kernkriterien des Katalogs tatsächlich Basisanforderungen sind. Dies trifft beispielsweise auf die ÖPNV-Anbindung, die Integration von Einkehrmög‐ lichkeiten und E-Ladestationen zu. Es ist möglich, dass diese bei Anwendung des Katalogs außerhalb des Schwarzwalds, in Regionen mit einem geringeren Erschließungsgrad, besser als Wahlkriterien gefasst wären. Eine kleine Gruppe an Kriterien ist zudem nur schwer messbar. Dies trifft ins‐ besondere auf das Kriterium „Interaktionen“ zu. Hier geht es um die Anregung von Lernprozessen, Stärkung des Selbstwertgefühls oder um die Förderung des Grenzbewusstseins. Diese Wirkungen von MTB-Touren entsprechen den Motiven der Zielgruppe, insbesondere von All-Mountain und von Enduro-Bi‐ kern. Sie sind somit wichtige, kundenseitige Prädiktoren für die Entstehung von Zufriedenheit (Kaiser 2004). Gemessen werden können sie allerdings nur direkt beim Kunden über Befragungen. D.h. ob Interaktion beim Kunden auftritt, ist nicht im Vorfeld zu sagen, sondern kann nur im Nachhinein erfasst werden. Dies Qualitätsanforderungen 183 <?page no="184"?> macht zudem deutlich, dass MTB-Touren analog der Kundenanforderungen nicht einmalig erstellt, sondern dauerhaft gemonitored und ggf. angepasst werden müssen. Dies ist auch deshalb der Fall, weil Kundenanforderungen dynamisch sind, d. h. sich über die Zeit verändern. Besonders Begeisterungs‐ faktoren gehören über die Zeit zum „Normalen“. An ihre Stelle müssten neue Leistungsmerkmale treten. Methodisch ist festzuhalten, dass nur ein Teil der gelisteten Kriterien aus der Literatur zusammengetragen werden konnte. Eine wichtige Quelle waren die Interviews mit MTB-Experten und -Expertinnen. Ihr Erfahrungswissen war zentral für die Entwicklung des Katalogs. Dies macht deutlich, wie stark die Konzeption und Realisierung guter MTB-Touren von in der Praxis bewährtem Wissen abhängt. Gezielte Forschung im Bereich Mountainbiken kann dieses Wissen ergänzen. Insbesondere nötig sind wiederkehrende Befragungen zu den Präferenzen von Mountainbikern, gerade in Hinblick auf die Wegeinfra‐ struktur, aber auch Beschilderung, Einbindung von Gastronomie etc. In der Tat betrachten die meisten vorhandenen Publikationen zum Mountainbiken die Wegeinfrastruktur, insbesondere Trail-Abfahrten (IMBA & BLM 2017, De‐ stination BC Corp 2015, Whistler Cycling Commitee 2003). Publikationen zu gesamten MTB-Touren sind nicht vorhanden. Die Erstellung des vorliegenden Kriterienkatalogs war deshalb anforderungsreich, aber auch lohnend, denn - wie gesehen - ist die Wegebeschaffenheit nur eine von vielen Qualitätskatego‐ rien einer MTB-Tour, die ein zufriedenstellendes MTB-Erlebnis ausmachen. Die Anwendung der Qualitätskategorien und der zugehörigen Kriterien auf den Beispielfall war zufriedenstellend möglich. Die Erfassung der einzelnen, streckenbezogenen Qualitätskriterien war gut machbar. Allerdings konnten im Rahmen des vorliegenden Beitrags die Qualitätskategorien und -kriterien testweise nur auf einen Beispielfall angewandt werden. Es ist davon auszugehen, dass sich die Anwendbarkeit der Kriterien bei anderen topographischen und regionalen Rahmenbedingungen anders darstellen. Eine Überprüfung in vom Schwarzwald strukturell unterschiedlichen Regionen wäre daher sinnvoll. 6 Fazit In der vorliegenden Arbeit wurden Qualitätskategorien und Kriterien für MTB-Touren in Mittelgebirgen formuliert. Die Kriterien nehmen Bezug auf die Zielgruppen der Touren-Fahrenden und der All-Mountain- und Enduro-Moun‐ tainbiker. Der Katalog betrachtet neben streckenbezogenen Kriterien auch raumbezogene Kriterien und bildet somit die gesamte Dienstleistungskette einer MTB-Tour ab. Um regionale Unterschiede zu berücksichtigen, werden Kern- 184 Cornelius Schreck & Monika Bachinger <?page no="185"?> und Wahlkriterien unterschieden. Der Katalog umfasst 13 Qualitätskategorien, die insgesamt 101 Kriterien beinhalten. Für quantitative Kriterien wurden Grenzwerte (Minimalanforderungen oder Maximalwerte) bzw. Richtwerte fest‐ gelegt. Der Kriterienkatalog konnte auf einen Beispielfall angewendet werden. Diskussions- und Forschungsbedarf ergibt sich insbesondere hinsichtlich der Subjektivität der Qualitätswahrnehmung und der Frage, welche Qualitätskrite‐ rien einer MTB-Tour die Zufriedenheit der Fahrenden besonders beeinflussen. Weiterer Forschungsbedarf ergibt sich hinsichtlich der Anwendbarkeit des Kriterienkatalogs. Der Katalog konnte nur in einer Region getestet werden. Es besteht die Frage, ob die Kriterien in unterschiedlichen Regionen, mit un‐ terschiedlichem Erschließungsgrad oder Topographien ebenfalls ein sinnvolles Orientierungsraster für qualitativ hochwertige MTB-Touren geben können. Acknowledgement | Die diesem Beitrag zugrundeliegende Abschlussarbeit von Cornelius Schreck im Studiengang Nachhaltiges Regionalmanagement an der Hochschule Rottenburg wurde unterstützt von Norman Bielig, Desire Lines und von René Skiba, Tourismus GmbH Nördlicher Schwarzwald. - Literatur Bruhn, M. (2019). Qualitätsmanagement für Dienstleistungen. 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E-Mountainbikes-125, 151, 177 Entwässerungsrinnen-20 Erlebniswert-178, 181 Erosion-16 f., 20, 129 Erosion, Erfassungsmethoden-18 Erosionsrisiko-28 f. Eselstrail-100, 105 Flow Accumulation-18 Flow Direction-18 Fluchtreaktionen-99 Förster-135 Forstwirte-11 Forstwirtschaft-12, 58 Friesener Warte-115 Gemeinden-71 Geoverarbeitungsprogramme-18 Gerichtsverfahren-45 GIS-Analyse-84 GPS-Logger-82, 84 GPS-Tracking-82, 84 Haftpflichtversicherung, kommunale-58, 67 Haftung-37 ff., 62 Haftung, deliktische-43 Heatmap-92 Heatmap-Analyse-94 Hochschule für Forstwirtschaft-100 Honey-Pot-Lenkung-66 Honey-Pot-Strategy-51, 70 Hotspot-Phänome-62 Hotspots-84, 92, 142 illegale Wege-81 Informationen zur Tour-179 Informationsvermittlung-51 Infrastruktur-11, 38, 51, 58, 132, 135, 139, 142 Infrastruktur vor Ort-178 inoffizielle Pfade-81 Interaktion-178, 181 Interessensgruppen-58 invasive Arten-21 Jäger-11, 131 f., 134 Kommunikation-51, 69 <?page no="190"?> Konflikte 37 f., 50, 56, 79, 130, 134, 138, 141 Konfliktlösung-58 Konfliktursachen-61 f. Konfliktwahrnehmung-54 Kontakterlebnisse-12 landesweite Versicherungsoption-68 Landschaftsschutzgebiete-41 Lenkung-52 Line-Intercept-Verfahren-22 Marktsegmente-10 marktwirtschaftliche Instrumente-51 Ministerien-72 Modellprojekte-52 Motive-85 Mountainbiken-10 Mountainbiken, Segmente-10 mountainbikespezifische Infrastruktur-51, 58, 65, 69 Nachhaltigkeit-171, 175, 180 Nationalparks-41, 79, 81, 83, 89 f., 95 Naturparks-147 Naturraum-11 f. Natursportarten-9 Nutzungsgebühren-59, 67 Ochsenkopf-147 Online-Touren-Portale-91 ÖPNV-171, 176, 179, 181, 183 ordnungspolitische Rahmenbedingungen-66 ordnungspolitische Regelungen-51, 60 Orientierung-86 Penetrologger-18 f. Qualität-170 f., 182 f. Qualitätswahrnehmung-170 raumbezogene Qualitätskategorien-183 Raumnutzungskonflikte-38 Recht-134 rechtliche Rahmenbedingungen-57, 62 Rechtsnormen-51 Reclassify-18 Rottenburg-100 Schadensersatz-44 Schutzgebiete-148 Schwierigkeitsklassifizierung-177 Schwierigkeitsniveau-181 Seilbahn-147, 149 ff., 153 f., 157, 159 Singletrail-171, 181 Singletrails-80, 118, 120, 164, 176 f. Skelettgehalt-19 Slope-18 Sorgfaltspflicht-37 spontane Routen-91 Spurrillen-20 Störwirkungen bei Tieren, Erfassungsmethoden-26 streckenbezogene Qualitätskategorien-182 Streckenführung-176, 180 Tiere-24, 99 Tourismusverbände-71 touristische Entwicklung-164 Tourplanung-86 Trailbau-16, 20 Trailmanagement-19, 23, 27 Trails-100 Trails, illegale-100 Umverteilung-135 Unfälle-38, 61 Uphills-177, 181 Vegetation-20 f. Vegetationsschäden-28 Vegetationsschäden, Erfassungsmethoden-22 Verdichtung-16 f. Verhaltensänderungen-60 Verkehrssicherungspflicht-44, 61 Vermarktung-179 Verträge-51, 66, 69 190 Register <?page no="191"?> Wald-134 Waldgesetze-128, 137 Waldnutzende-16 Waldnutzung-126, 137, 140 Waldrecht-141 Waldstrategie 2050-127 waldtypische Gefahren-131 Wanderbares Deutschland-12 Wandern-9, 21, 24, 79 ff., 92, 130, 140 Wasser-18 Wasserleitlinien-18 Wegbeschaffenheit-176, 181 Wegebindung-80 Wegeeignung-57 Wegefreiheit-38 Wildtiere-24 f., 83, 99, 102 Wildtierkamera-100 ff. zivilrechtliche Vereinbarungen-51 Register 191 <?page no="192"?> ISBN 978-3-7398-3219-7 Natur und Outdoorsport Band 1 Manuel Steinbauer ist Professor für Sportökologie an der Universität Bayreuth. Monika Bachinger ist Professorin für Tourismus an der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg. Manuel Sand ist Professor für Outdoorsport und Adventuremanagement an der Hochschule für angewandtes Management. Felix Wölfle ist Professor für Tourismusmanagement an der IU Internationale Hochschule. Eine Trendsportart naturverträglich entwickeln Mountainbiken ist Breitensport. Jahr für Jahr sind Millionen von Menschen auf Bergen und in Wäldern mit dem Rad unterwegs. Die Auswirkungen auf Natur und Landschaft sind nicht vollständig erforscht. Erst allmählich setzen sich Standards für Infrastrukturen und Angebotsplanung im Mountainbiken durch. Das Buch zeigt mithilfe von Fallbeispielen, wie naturverträgliches Mountainbiken gestaltet, Nutzungskonflikte vermieden und die Akzeptanz für Lenkungsmaßnahmen erhöht werden können. Dabei greift der Band auf Ergebnisse aktueller Studien aus Raumplanung, Ökologie, Qualitäts- und Besuchermanagement zurück. Das Buch richtet sich an Destinationsmanager: innen, Naturschutzorganisationen, Mountainbikeanbieter und touristische Dienstleister sowie die Forstwirtschaft, Tourismusstudierende und -forscher: innen. Steinbauer / Bachinger / Sand / Wölfle (Hrsg.) Natur und Mountainbiken Manuel Steinbauer / Monika Bachinger / Manuel Sand / Felix Wölfle (Hrsg.) Natur und Mountainbiken Umweltwirkung, Angebotsplanung und Besuchermanagement