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Barrierefreier Tourismus

Destinationen, Verkehrsträger, Hotels, Zertifizierungen

0313
2023
978-3-7398-8220-8
978-3-7398-3220-3
UVK Verlag 
Felix M. Kempf
Thomas Corinth
10.24053/9783739882208

Reisen ohne Hindernisse - für alle! Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Dieser Artikel des Grundgesetzes gilt auch im Tourismus. Felix M. Kempf und Thomas Corinth zeigen deswegen die Besonderheiten des barrierefreien Tourismus auf - mithilfe zahlreicher Expert:innen. Sie beleuchten die ökonomische Bedeutung und zeigen, worauf das Destinationsmanagement, die Verkehrsträger und die Hotels achten müssen. Das Handbuch richtet sich an Studierende der Tourismuswissenschaften und an Praktiker:innen im Tourismus.

<?page no="0"?> geht auf inklusive Arbeitsplätze ein ISBN 978-3-7398-3220-3 Reisen ohne Hindernisse - für alle! Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Dieser Artikel des Grundgesetzes gilt auch im Tourismus. Die Herausgeber Felix M. Kempf und Thomas Corinth zeigen gemeinsam mit siebzehn Expert: innen die Besonderheiten des barrierefreien Tourismus auf. Sie beleuchten die ökonomische Bedeutung und erklären, worauf das Destinationsmanagement, die Verkehrsträger und die Hotels achten müssen. Auch auf Zertifizierungen und Labels sowie barrierefreie Webauftritte gehen sie ein. Die Möglichkeit inklusiver Arbeitsplätze stellen sie zudem vor. Das Buch richtet sich an Studierende der Tourismus- und Sozialwissenschaften und an Praktiker: innen im Tourismus. Prof. Dr. Felix M. Kempf ist Studiengangsleiter Tourismusmanagement an der IST-Hochschule für Management in Düsseldorf. Er ist zudem Dekan des Fachbereichs Tourismus & Hospitality. Thomas Corinth ist Studiengangsleiter Hotelmanagement an der IST-Hochschule für Management in Düsseldorf. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Berufserfahrung in der internationalen Hotellerie. Kempf / Corinth (Hrsg.) Barrierefreier Tourismus Felix M. Kempf / Thomas Corinth (Hrsg.) Barrierefreier Tourismus Destinationen, Verkehrsträger, Hotels, Zertifizierungen <?page no="1"?> Barrierefreier Tourismus <?page no="2"?> Prof. Dr. Felix M. Kempf (rechts) ist Studiengangsleiter Tourismusma‐ nagement an der IST-Hochschule für Management in Düsseldorf. Er ist zudem Dekan des Fachbereichs Tourismus & Hospitality. Thomas Corinth (links) ist Studiengangsleiter Hotelmanagement an der IST-Hochschule für Management in Düsseldorf. Er verfügt über mehr als 25-Jahre Berufserfahrung in der internationalen Hotellerie. <?page no="3"?> Felix M. Kempf / Thomas Corinth (Hrsg.) Barrierefreier Tourismus Destinationen, Verkehrsträger, Hotels, Zertifizierungen unter Mitarbeit von Matthias Johannes Bauer, Josephine Bütefisch, Alexandra Carl, Nele Dugrillon, Sophia Hentschel, Valeria Sophia Hufnagel, Laura Jäger, Anika Klotz, Nico-Arthur Lange, Angela Lindfeld, Julia Niggemann, Maria Opitz, Sarah-Louise Philippi, Magdalena Reiß, Joel Sauber, Sven Schmalz, Sonja Wischmann UVK Verlag · München <?page no="4"?> DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783739882208 © UVK Verlag 2023 ‒ ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Ver‐ vielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: in‐ nen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISBN 978-3-7398-3220-3 (Print) ISBN 978-3-7398-8220-8 (ePDF) ISBN 978-3-7398-0617-4 (ePub) Umschlagabbildung: © FooTToo · iStockphoto Autorenfoto: © IST-Hochschule Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> 1 11 2 13 3 17 3.1 17 3.2 19 3.3 23 3.4 26 4 29 5 35 5.1 35 5.2 39 5.3 41 5.4 44 5.5 45 5.6 46 6 47 6.1 47 6.2 51 6.3 56 6.4 57 7 61 7.1 63 Inhalt Willkommen zum barrierefreien Reisen! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einordnung des Begriffs Behinderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teilhabe an der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurzer geschichtlicher Abriss zu Behinderungen in der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teilhabe heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exklusion, Integration und Inklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . Barrierefreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ökonomische Bedeutung des barrierefreien Tourismus . . . . . . . . Die rechtliche Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriffsdefinitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . Baurecht und Bauordnungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pauschalreiserecht und Personenbeförderungsrecht . . . . . Digitale Barrierefreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Reisenden mit Beeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Menschen mit Beeinträchtigung als Zielgruppe von barrierefreien Angeboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbau von Barrieren im Kopf des Reisenden . . . . . . . . . . . Reiseentscheidung und Urlaubsmotive . . . . . . . . . . . . . . . . . Informationssammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Destinationsmanagement mit barrierefreien Angeboten . . . . . . . Die Servicekette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . <?page no="6"?> 7.2 64 7.3 66 8 69 8.1 70 8.2 74 8.3 76 8.4 77 9 81 9.1 81 9.2 89 9.2.1 91 9.2.2 93 10 97 10.1 99 10.2 102 10.3 104 10.4 106 10.5 108 11 111 11.1 113 11.2 115 11.3 119 Der Einfluss der Nachfrage von barrierefreien Reisen . . . . Ein Analysequadrat für Destinationen . . . . . . . . . . . . . . . . . Zertifizierungen und Labels für barrierefreien Tourismus . . . . . . Das Zertifikat „Reisen für Alle“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Bayern barrierefrei“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Rolli Plus“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurzvergleich der Akzeptanz der Zertifizierungen . . . . . . . Elemente eines barrierefreien Flugverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der barrierefreie Flughafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elemente eines barrierefreien Flugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten für Barrierefreiheit im Flugzeug . . . . . . . . Analyse der unterschiedlichen Prozesse (bei Lufthansa) . . Barrierefreie Bahnfahrten: Die barrierefreien Angebote der Deutschen Bahn AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bahnreisen für Menschen mit Gehbehinderung . . . . . . . . . Bahnreisen für Menschen mit einer Hörbehinderung . . . . Bahnreisen für Menschen mit einer Sehbehinderung . . . . . Bahnreisen für Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurzfazit der barrierefreien Reisemöglichkeiten bei der Deutschen Bahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschiede und Gemeinsamkeiten von barrierefreien Hochsee- und Flusskreuzfahrtangeboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Barrierefreie Angebote der deutschen Hochseeanbieter AIDA Cruises und TUI Cruises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Analyse der Selbstauskunft der barrierefreien Angebote der Flusskreuzfahrtanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei den barrierefreien Angeboten von Hochsee- und Flusskreuzfahrten . . . . . . . . 6 Inhalt <?page no="7"?> 12 123 12.1 123 12.1.1 124 12.1.2 126 12.1.3 127 12.2 128 12.2.1 129 12.2.2 130 13 133 13.1 133 13.1.1 133 13.1.2 135 13.1.3 136 13.2 137 13.2.1 138 13.2.2 142 13.2.3 148 13.3 149 13.4 165 13.4.1 166 13.4.2 168 13.4.3 172 13.4.4 174 14 177 14.1 177 14.1.1 177 14.1.2 179 14.1.3 183 Analyse der Bedürfnisse von Kund: innen hinsichtlich barrierefreier Hotels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauliche und gestalterische Anforderungen an ein Hotel . Anforderungen an das Gebäude und die öffentlichen Bereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an das barrierefreie Hotelzimmer . . . . . . . Anforderungen an das barrierefreie Badezimmer . . . . . . . . Bedürfnisse hinsichtlich des Serviceangebotes des Hotels . Informieren, Planen und Buchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Service und Leistungen vor Ort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Barrierefreie digitale Kommunikation am Beispiel von Websites . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Bedarf für barrierefreie Websites im Tourismus . . . . . Barrierefreie Websites und ihre (gesellschaftliche) Relevanz Rechtliche Vorgaben für barrierefreie Websites . . . . . . . . . . Barrierefreiheit der Websites der Top-Ausflugsziele am deutschen Bodensee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Easy Check angepasst für die Region Bodensee . . . . . . Barrierefreiheit der Websites der Top-Ziele . . . . . . . . . . . . . Fazit: mehr Barrierefreiheit auf den Websites nötig . . . . . . Barrierefreiheit der Websites von Airlines aus der DACH-Region . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Barrierefreiheit der Landestourismuswebsites . . . . . . . . . . . Qualitative Untersuchung der Websites . . . . . . . . . . . . . . . . Quantitative Datenerhebung mittels Easy Check . . . . . . . . Einige vorbildliche Websites und einige Nachzügler . . . . . Handlungsempfehlungen zur Gestaltung barrierefreier Landeswebsites . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Barrierefreier Tourismus in Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Barrierefreier Tourismus in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . Das Verständnis von Behinderung in Frankreich . . . . . . . . Französische Labels des barrierefreien Tourismus . . . . . . . Barrierefreies Reisen mit Bahn und PKW . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt 7 <?page no="8"?> 14.2 185 14.2.1 185 14.2.2 188 14.3 191 14.3.1 192 14.3.2 193 14.3.3 195 15 197 15.1 198 15.1.1 200 15.1.2 201 15.1.3 204 15.1.4 206 15.1.5 210 15.2 214 15.2.1 215 15.2.2 217 15.2.3 220 15.2.4 222 15.3 226 15.3.1 229 15.3.2 234 16 239 241 Ein Verständnis von Behinderung und barrierefreiem Tourismus in Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Umgang mit Behinderung in Italien . . . . . . . . . . . . . . . Italienische Labels des barrierefreien Tourismus . . . . . . . . . Barrierefreier Tourismus in Luxemburg . . . . . . . . . . . . . . . . Das Label „Eurewelcome Luxembourg“ für barrierefreies Reisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Barrierefreie Mobilität in Luxemburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Angebote in Luxemburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inklusives Arbeiten im Tourismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inklusives Arbeiten im Hotelsektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inklusion als ein Zahnrad gegen Fachkräftemangel in der Hospitality . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kategorien von Inklusionsbarrieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der ressourcenorientierte Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hotelbetriebe mit Inklusionskonzepten - Beispiele aus der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurzstudie zur beruflichen Inklusion in Hotels . . . . . . . . . . Operative Umsetzungen von inklusivem Arbeiten in der Hotellerie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gegenüberstellung der Inklusionsmodelle von vier Berliner Hotels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chancen und Risiken von Inklusion in der Hotellerie . . . . Diskussion der Ergebnisse von Fallstudie und Experteninterviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiele von inklusiven Arbeitsplätzen . . . . . . . . . . . . . . . . Der politische Status quo der Inklusion in der deutschen Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gegenüberstellung der Inklusionsinhalte der Parteiprogramme zur Bundestagswahl 2021 . . . . . . . . . . . . Überlegungen zu zukünftigen politischen Impulsen beim Thema Inklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausblick in die Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Autor: innen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Inhalt <?page no="9"?> 245 265 269 275 277 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt 9 <?page no="10"?> „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Artikel 3, Satz 3 Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland <?page no="11"?> 1 Willkommen zum barrierefreien Reisen! Der Tourismus ist im Wandel begriffen. Die Coronapandemie und ihre Begleiterscheinungen machen ein erhöhtes Qualitätsniveau erforderlich. Nachhaltiges Denken prägt die Gesellschaft. Es entstehen angepasste Angebote in vielen Branchen; so auch im Tourismus. Zumeist wird ein Hauptaugenmerk auf die ökologische Nachhaltigkeit gelegt. Die soziale Nachhaltigkeit findet häufig im Gewand einer Diskussion um Overtourism Erwähnung, also um die veränderten Umfeldbedingungen der Bereisten. Gleichzeitig verändert sich die Gesellschaft - und damit Kund: innen - durch den demografischen Wandel. Das bedeutet, dass alle Menschen im Durchschnitt älter werden. Im breiten Spektrum des Begriffs verbirgt sich somit auch, dass insgesamt die Gebrechen der Bevölkerung zunehmen. Die Mitglieder der Gesellschaft werden daher in Zukunft noch mehr Ansprüche an ihr Umfeld stellen, um ihren Alltag zu meistern. Für den Tourismus bedeutet das, dass die Angebote entsprechend gestaltet werden müssen. Die Beratung für Reisen ins Ausland (Outgoing) wird dadurch komple‐ xer. Aber auch im Inland (Domestic und Incoming) müssen die Weichen gestellt werden, um den Ansprüchen der Kund: innen gerecht zu werden. Derzeit gibt es in Deutschland noch keine flächendenkende Verbreitung von barrierefreien touristischen Angeboten (Liem 2019, 7). Es ist zum einen eine politische Aufgabe, dass angemessene Bedingungen für eine Ferienge‐ staltung geschaffen werden (Wilken 2002, 27). Aber zum anderen muss auch die Privatwirtschaft ihren Teil dazu beitragen. Die Mitarbeiter: innen im Tourismus sind häufig schlecht vorbereitet, wenn sie sich um behinderte bzw. eingeschränkte Kund: innen oder auch Menschen mit besonderen Bedürfnissen kümmern müssen (Daniels, Rodgers und Wiggins 2005, 919). Verkaufspersonal ist noch nicht darin geschult, behinderte Menschen zu bedienen. Und das, obwohl sie die gleichen Bedürfnisse wie alle anderen haben (Felizardo, Troccoli und Scatulino-2018, 75). An der IST-Hochschule in Düsseldorf haben wir Studiengangsleiter (und Herausgeber dieses Buchs) des Fachbereichs Tourismus & Hospitality uns vor einigen Jahren den Forschungsschwerpunkt des barrierefreien Reisens gesetzt. Mittlerweile haben wir es um das Thema des inklusiven Arbeitens im Tourismus stringent ergänzt. In den Vorlesungen binden wir das Thema immer ein und sensibilisieren die nächste Generation dafür. Besonders <?page no="12"?> erfüllt uns mit Stolz, dass viele junge Menschen sich gerne dem Thema zuwenden. Viele Bachelor- und Hausarbeiten drehen sich um das Thema. Es war nun an der Zeit, die Ergebnisse strukturiert zusammenzufassen und nach außen zu tragen. Zunächst erfolgt eine Hinführung zum Thema (→ Kapitel 2-6). Diese beinhaltet Begriffseinordnungen und einige grund‐ sätzliche Gedanken (→ Kapitel 2-3). Die ökonomische und rechtliche Einordnung findet statt (→ Kapitel 4-5). Reisende mit Beeinträchtigung werden beleuchtet (→ Kapitel 6). Danach werden tourismusspezifische Themen behandelt: Destinationsmanagement (→-Kapitel-7) und Zertifizie‐ rungen (→ Kapitel 8). Dann wird entlang der touristischen Servicekette vorgegangen: Verkehrsträger mit Airlines, Bahn, Kreuzfahrt und Hotels (→ Kapitel 8-12). Es folgen Überlegungen zu barrierefreien Webauftritten (→ Kapitel 13). Danach werden die unterschiedlichen Herangehensweisen in unseren Nachbarländern Frankreich, Italien und Luxembourg betrachtet (→ Kapitel 14). Das Buch schließt mit dem Forschungsfeld des inklusiven Arbeitens im Tourismus (→-Kapitel-15). Unser besonderer Dank gilt allen Autor: innen, die mit ihren Kapiteln zum Gelingen dieses Buches beigetragen haben: Prof. Dr. Matthias Johannes Bauer, Josephine Bütefisch, Alexandra Carl, Nele Dugrillon, Sophia Hent‐ schel, Valeria Sophia Hufnagel, Laura Jäger, Anika Klotz, Nico-Arthur Lange, Prof. Dr. Angela Lindfeld, Julia Niggemann, Maria Opitz, Sarah-Louise Phi‐ lippi, Magadalena Reiß, Joel Sauber, Sven Schmalz und Sonja Wischmann. In diesem Buch fallen Begriffe wie Menschen mit Behinderung, Menschen mit Einschränkung etc. Alle diese Begriffe können tief differenziert werden. Das mag im Einzelfall notwendig sein. Dem Gesamtbild ist es aber hinder‐ lich. In diesem Buch wird versucht, das Thema an sich pragmatisch und zielorientiert aufzuarbeiten. Und die meisten Betroffenen, so die Erfahrung der Herausgeber, begrüßen diesen Weg. Düsseldorf und Mettmann, im März 2023 Prof. Dr. Felix M. Kempf und Thomas Corinth 12 1 Willkommen zum barrierefreien Reisen! <?page no="13"?> 2 Einordnung des Begriffs Behinderung Behinderung als Begriff markiert eine von Kriterien abhängige Differenzie‐ rung. Sie zeigt eine Relation an, die an verschiedene Kontexte gebunden ist (Dederich 2009, 15). Dabei ist sie als ein soziales Konstrukt kulturbezogen und kann mit der Zeit einer Veränderung unterliegen (Darcy und Buhalis 2011, 21). Nach der chinesischen Philosophie des Yin und Yang setzt jede Existenz auch die Existenz eines anderen voraus (Zhao 2020). Für den Tourismus würde das bedeuten: Reisende ohne Beeinträchtigung kann es nur geben, wenn es auch Reisende mit Beeinträchtigung gibt (Kempf, Lindfeld und Corinth-2021,-173). Allein das Wort ‚Behinderung‘ zeigt schon, wie schwer sich die deutsche Sprache damit tut. Es kann nämlich aktivisch und passivisch ausgelegt werden. Der Sprachgebrauch erlaubt zu sagen, dass jemand behindert ist und wird. Beide Ausprägungen werden immer wieder gemeinsam eingesetzt, um die wahrhafte Situation zu beschreiben. International ist der Begriff der Behinderung durch die WHO geprägt und auch dort einem Wandel unterworfen. Eine intensive globale Auseinander‐ setzung mit und um behinderte Menschen im politischen Rahmen findet seit den 1980er-Jahren statt. In einer ersten Annäherung wurde damals eine dreistufige Definition entwickelt, die International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps (ICIDH) (→-Tabelle-1). Impairment | Schädi‐ gung Funktionsstörung des Kör‐ pers bzw. Schädigung auf der organischen Ebene medizinisches Problem Disability | Behinde‐ rung, Einschränkung Aktivitäts- und Leistungss‐ törungen auf der individu‐ ellen und personalen Ebene aufgrund der Schädigung psychologisches Pro‐ blem Handicap | Benachteili‐ gung, Beeinträchtigung Störungen bzw. Konsequen‐ zen auf der sozialen Ebene aufgrund der Schädigung und der Behinderung soziales/ sozialpoliti‐ sches Problem Tabelle 1: ICIDH-Erstentwurf von Formen der Behinderung nach WHO in den 1980er-Jahren (WHO-1980,-14) <?page no="14"?> Die eigentliche Behinderung ist dort nur ein Teil des Ganzen. Zunächst liegt eine Schädigung vor. Das bedeutet eine Funktionsstörung des Körpers. Beispielsweise können die Beine nicht bewegt werden und infolgedessen benötigt eine Person eine Gehhilfe. Es können aber auch organische Schäden hinzugezählt werden. So könnte jemand beeinträchtigt sein, weil er eine Hirnschädigung aufgrund eines Unfalls hat. Insgesamt handelt es sich um ein medizinisches Problem, dass ggf. sogar geheilt werden kann. So können beispielsweise Krebspatient: innen in Deutschland für die Dauer ihrer Erkrankung (zur Schaffung eines Nachteilsausgleiches) einen Antrag auf Schwerbehinderung stellen. Aus der Schädigung ergibt sich dann die Behinderung. Sie beschreibt somit ein psychologisches Problem, denn es kommt zu Aktivitäts- und Leistungsstörungen auf der individuellen Ebene. Sollte also die körperliche Schädigung eine Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Beine sein, könnte die Behinderung als Schwierigkeiten beim Laufen beschrieben wer‐ den. Die Behinderung könnte personenbezogen durch Therapien behandelt oder umfeldbezogen z.-B. durch einen Aufzug gemindert werden. Die Benachteiligung entsteht dann in der Teilhabe an der Gesellschaft. Eine Person mit Laufeinschränkungen kann nicht im üblichen Tempo Dinge verrichten und daher ggf. nicht oder nur schwerlich an einer Veranstaltung teilnehmen, die in einem großen räumlichen Umfeld stattfindet. Sie hat ein soziales Problem. Wissen | Behinderung und Handicap Die beiden Begriffe werden im Deutschen und im Englischen unter‐ schiedlich eingesetzt. Das gilt vor allem, da in der deutschen Umgangs‐ sprache und der Wissenschaft der Begriff ‚Behinderung‘ seit einigen Jahrzehnten sehr unterschiedlich verwendet wird. Das liegt im Wesent‐ lichen daran, dass es ein medizinischer, psychologischer, pädagogischer, soziologischer oder bildungs- und sozialpolitischer Terminus sein kann, der in den verschiedenen Kontexten seine Anwendung findet (Dede‐ rich 2009, 15). Behinderung ist im Deutschen eher der gemeingebrauchte Universalbegriff für Impairment, Disability und Handicap. Außerdem ist die korrekte Übersetzung von „Behinderung“ ins Englische „Handicap“. Es sollte also immer hinterfragt werden, welche Begrifflichkeit genau gemeint ist. 14 2 Einordnung des Begriffs Behinderung <?page no="15"?> Die ICIDH ist in ihrer Struktur ein Krankheitsfolgemodell. In den folgenden Jahren wurde es überarbeitet und ab 2001 durch die International Classifi‐ cation of Functioning, Disability and Health (ICF), ein bio-psycho-soziales Modell der Komponenten von Gesundheit, ersetzt. In Deutschland bildet es die Grundlage des Neunten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB IX). Wesentliche Aspekte sind dort unter Berücksichtigung der historisch ge‐ wachsenen und anerkannten Besonderheiten aufgenommen (WHO 2005, 4). Das ICF ist in drei individuelle Dimensionen und zwei Kontextfaktoren unterteilt. Beide haben Einfluss darauf, wie ein Mensch sich entwickelt. Die drei Dimensionen zur Charakterisierung der individuellen Situation sind (WHO-2005, 17-ff.): • „Impairment“ sind die Funktionen und Strukturen des Körpers, die beeinträchtigt sein können (d. h., dass beispielsweise Organe oder Glied‐ maßen nicht vollständig vorhanden sind und/ oder ihre zugedachten Aufgaben vorübergehend oder dauerhaft nicht ausführen können). • „Activity“ meint Aktivitäten als Durchführung einer Aufgabe oder Handlung durch einen Menschen. Es zeigt das Maß der persönlichen Verwirklichung an. • „Participation“ bedeutet, dass ein Mensch in eine Lebenssituation ein‐ bezogen ist. Er hat damit teil am Leben in der Gesellschaft und ihren Angeboten. Die zwei Kontextfaktoren des Modells lauten (WHO 2005, 22-f.): • „Umweltfaktoren“ bilden die materielle, soziale und einstellungsbezo‐ gene Umwelt, in der die Menschen leben und ihr eigenes Leben gestal‐ ten. Sie liegen außerhalb des Einflussbereiches des Individuums und können den Menschen in seiner Leistungsfähigkeit positiv und negativ beeinflussen. • „Personenbezogene Faktoren“ zeigen den speziellen Hintergrund des Lebens und der Lebensführung eines Menschen. Sie umfassen die Faktoren, die nicht Teil des Gesundheitsproblems oder seines Zustandes sind. Beispielsweise sind das Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Alter, Lebensstil, Erziehung, Bildung und Ausbildung u.-v.-a.-m. Bildlich werden sie von der WHO folgendermaßen in Bezug gesetzt (→ Ab‐ bildung-1): 2 Einordnung des Begriffs Behinderung 15 <?page no="16"?> Abb. 1: Klassifikation nach WHO 2005, 25 Gesundheitsproblem (Gesundheitsstörung oder Krankheit) Körperfunktion und Strukturen Partizipation (Teilhabe) Aktivität Umweltfaktoren personenbezogene Faktoren Abbildung 1: Klassifikation nach WHO 2005,-25 Das ICF hat den Vorteil, dass es die Lebenswirklichkeit von Betroffenen bes‐ ser abbildet (WHO 2005, 4) als die ICIDH aus den 1980er-Jahren. Es rückt die unterschiedlichen Kontexte und Rahmenbedingungen stärker in den Fokus und das Individuum wird als Mitgestaltende: r der individuellen Situation begriffen. Das neue Modell ist nicht unwidersprochen, aber es scheint derzeit zumindest einen Minimalkonsens darzustellen (Dederich-2009,-16). Im touristischen Sinne wird häufig auf vier Gruppen reduziert: Hören, Sehen, Mobilität sowie geistige und psychologische Einschränkungen (Yau, McKercher und Packer 2004, 947). Andere einschränkende Faktoren, wie Allergien oder religiöse Essensregeln, rücken erst langsam ins Bewusstsein von touristischen Anbietern. Das ICF-Modell in seiner Komplexität scheint noch nicht beachtet zu werden. 16 2 Einordnung des Begriffs Behinderung <?page no="17"?> 3 Teilhabe an der Gesellschaft Die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an der Gesellschaft ist dauerhafter Natur. Daher ist es wichtig, eine geschichtliche Einordnung vorzunehmen und den Status quo vorzustellen. Begriffe wie Integration, Inklusion und Barrierefreiheit werden zusätzlich abgegrenzt, um eine Dis‐ kussionsbasis zu schaffen. 3.1 Kurzer geschichtlicher Abriss zu Behinderungen in der Gesellschaft Die Teilhabe von behinderten Menschen an der Gesellschaft ist keine Selbstverständlichkeit. Sie basiert auf dem Verständnis des gegenseitigen Miteinanders in einer jeweiligen Kultur. Daher ist sie auch weltweit bzw. regional verschieden. In der Forschung galt die Geschichte des Umgangs von Menschen mit Behinderung zu Beginn des neuen Jahrtausends als eine neue geschichtlich-wissenschaftliche Teildisziplin. Sie ist unter dem Schlagwort „Disability History“ zu finden (Bösl, Klein und Waldschmidt-2010,-9). Wissen | Der Ursprung des europäischen Verständnisses von Behinderung Kulturhistorisch liegen die Anfänge des europäischen Verständnisses von behinderten Menschen im antiken Griechenland und im Judentum. Beide eint, dass Behinderungen von Hören und Sprechen bedeutsam sind. Im antiken Griechenland dienten diese Sinne der möglichen Teil‐ nahme an der Diskussion, in der jüdischen Gemeinschaft der Teilnahme am gläubigen Hören und Beten. Der Umgang mit Behinderung ist jedoch unterschiedlich. Im antiken Griechenland war nicht die Tötung gebore‐ ner Kinder, sondern die Abtreibung das Mittel der Wahl. In Richtung einer Teilhabe an der Gesellschaft wurde nicht gedacht. Anders im Judentum, in dem Menschenopfer - und damit auch Kindstötungen - kategorisch ausgeschlossen werden. Dieser gedankliche Ansatz fließt auch in die christliche Religion ein (Brumlik 2013, 31-f.). <?page no="18"?> Es zeigt sich: Der Umgang mit Behinderung im europäischen Mittelalter wird als kontrovers beschrieben. Es gab auf der einen Seite eine bewusste Fürsorge, die auf der christlichen Nächstenliebe basierte. Sie galt wohl de‐ nen, die ihre Behinderung im Laufe des Lebens erworben haben. Demgegen‐ über stand eine Dämonenfurcht bei Neugeborenen, die zu Kindstötungen führte („Das Kind ist vom Teufel besessen“). Leitkriterium des Verhaltens schien also gewesen zu sein, ob die Behinderung von Geburt an bestand oder im Laufe des Lebens erworben wurde (Brumlik 2013, 32-f.). Eine weitere Ausprägung war die Degradierung von körperlich oder kognitiv Behinderten zu Objekten von Komik und Lachen. Es gab die sogenannten „natürlichen Narren“, „Hofzwerge“, Menschen mit Kropf, Kretinismus und blinde oder gehörlose Menschen. Sie wurden zu Hofe gebracht und sollten dort die Herrschenden zerstreuen, unterhalten und zum Lachen bringen. Eine kritische Betrachtung dieses Umgangs mit Behinde‐ rung ist wohl nur durch den Klerus erfolgt. Thomas von Aquin lehnte ein Lachen über menschliche Andersheiten als Ausdruck von Fleischlichkeit, Überlegenheit und Sünde ab. Seine moralische Kritik sollte aber erst im 18. Jahrhundert in der übrigen Gesellschaft wirksam werden. Im Zuge der Aufklärung galt das Lachen über Andersartigkeit nicht mehr als unterhalt‐ sam und kurzweilig, sondern wurde für abstoßend und höhnisch empfunden (Gottwald-2010,-236,-241). Ab dem ausgehenden Mittelalter gab es vereinzelt die ersten Einrichtun‐ gen für geistig behinderte Menschen (Mattner 2000, 24). Dabei wurde bis zum Ende des 18. Jahrhunderts nicht zwischen den Erkrankungen der Insass: innen unterschieden und Menschen mit geistiger oder physischer Behinderung kamen zusammen, teils sogar mit Strafgefangenen. Es waren Orte, die als Narren-, Toll- oder Arbeitshäuser verstanden wurden (Häßler und Häßler 2005, 43). Ab dem 19. Jahrhundert kann von einer Etablierung von Einrichtungen für Behinderte gesprochen werden (Mattner 2000, 24). Der aufkommende Humanismus, bei dem es um die Einschätzung der Fähigkeiten des Menschen ging, förderte in seiner Art auch ein Interesse an der Erforschung von behinderten Menschen (Häßler und Häßler 2005, 43). Im 19. Jahrhundert wurden die Volksschulen in Deutschland zur Alphabe‐ tisierung der Gesellschaft eingeführt. Das geschah auch für das Militär, denn die Gesundheit der Kinder, die durch Kinderarbeit zurückging, musste gesichert werden. Parallel dazu entstanden Einrichtungen für Kinder (und Erwachsene), die nicht in das Konzept passten. Sie waren hauptsächlich 18 3 Teilhabe an der Gesellschaft <?page no="19"?> christlich initiiert. Begriffe wie „Idiotenanstalten“ stammen aus dieser Zeit (Droste-1999,-18). Das prägendste Ereignis des 20. Jahrhunderts war wohl der Zweite Welt‐ krieg. Die Gräueltaten des NS-Regimes sind eng mit Begriff des Holocausts verbunden. Auf gleicher Ebene ist auch der Umgang des NS-Regimes mit behinderten Menschen zu sehen. Sie wurden als nicht lebenswert - und in Kriegszeiten als „nutzlose Esser“ - dargestellt. Durch die Aktion „T4“ (benannt nach der Koordinationsstelle, die in der Berliner Tiergartenstraße 4 ansässig war) wurden 1939-1945 ca. 200.000 Menschen unter dem beschö‐ nigenden Begriff der Euthanasie systematisch ermordet (Aly 2021, 9 ff.). Ein dunkler Fleck menschlicher Geschichte, mit dem eine Auseinandersetzung schwer emotional möglich erscheint. Er hat lange nachgewirkt. Ein Bänker erzählte dem Herausgeber die Geschichte, dass er in den Anfängen seiner Tätigkeit in den 1970er-Jahren eine Behindertenwerkstatt aus beruflichen Gründen besuchte. Ihm fiel auf, dass dort keine alten behinderten Menschen arbeiteten. Er fragte dazu den Geschäftsführer und der erklärte ihm, dass es eben aufgrund der Geschichte in Deutschland keine gäbe. Vielleicht ist das auch ein Grund, dass die gesamte Diskussion in Deutschland im Vergleich zu vielen anderen Ländern mit einer zeitlichen Verzögerung von etwa 20 Jahren erfolgt, denn die Betroffenenverbände etc. konnten sich aufgrund der Situation erst mit Verzögerung ausbilden. Stark vereinfacht kann die Geschichte des Umgangs mit Behinderten in der Gesellschaft auch über die Grenzen Deutschlands hinweg so dargestellt werden, dass sie versteckt wurden und keine Chance hatten, am normalen Leben teilzunehmen (Smith, Amorin und Umbelino 2013, 7 f.). Geholfen wurde Behinderten und ihren Familien von Gesundheitsorganisationen, die im jeweiligen Land vertreten waren, oder durch Freiwilligenorganisationen (Oliver, Sapey und Thomas-2012). 3.2 Teilhabe heute Eine Person erkrankt. Sie kann nicht mehr wie üblich am sozialen Leben teilnehmen. Sie geht zum Arzt, wird geheilt und kehrt in ihr normales, vorheriges Leben zurück. So einfach und wünschenswert kann ein Prozess um Gesundheit beschrieben werden. 3.2 Teilhabe heute 19 <?page no="20"?> Wissen | Der Unterschied zwischen dem medizinischen und dem sozialen Modell Für Behinderungen könnte das gleiche Vorgehen gelten. Sie ist ein persönliches Problem, das zu Einschränkungen führt. Eine medizinische Unterstützung kann helfen, um die Behinderung zu lindern oder gar zu heilen. Danach ist wieder eine Teilhabe am sozialen Leben möglich. Diese Betrachtungsweise wird medizinisches Modell genannt (Darcy und Buhalis 2011, 4 f.). Es ist gut geeignet, um die Situation bei kurz‐ fristigen, temporären Behinderungen zu beschreiben. Aber wenn das Problem länger anhält oder unheilbar ist, zeigen sich seine Limite auf. Ein Gegenkonstrukt bildet das soziale Modell. Dort ist der Grund, warum ein Mensch mit Behinderung nicht am sozialen Leben teilhaben kann, (s)eine Umwelt, die nicht für ihn geschaffen ist. Die Intervention setzt folglich nicht beim Menschen an, sondern bei der Umwelt. Sie muss so gestaltet werden, dass alle daran teilhaben können. Dieser Ansatz ist nicht medizinisch, sondern sozial, politisch, wirtschaftlich, ideologisch und die Einstellungen der Menschen betreffend (Darcy und Buhalis 2011, 4-f.). Beide Modelle sollten dabei nicht als sich gegenseitig ausschließend ver‐ standen werden. Sie bilden die Pole eines Kontinuums. Behinderung ist zum einen der pathogene Zustand (von gewisser Dauerhaftigkeit) und zum anderen der soziale Bewertungsprozess (Zepf-2000,-368). Waldschmidt (2005) möchte die beiden Modelle noch um ein drittes ergän‐ zen. Dabei soll die kulturwissenschaftlichen Perspektive eingenommen wer‐ den. Behinderung ist dann kein individuelles Schicksal mehr (medizinisches Modell) oder eine diskriminierte Randgruppenposition (soziales Modell). Vielmehr wird in Form einer Dekonstruktion das Gegenteil, die Normalität, hinterfragt. Es gibt dann nicht mehr, wie im sozialen Modell, zwei binäre, strikt getrennte Gruppen (behindert - nicht behindert). Es werden vielmehr die Ausgrenzungsprozesse hervorgehoben und das kulturelle Deuten von „eigen“ und „fremd“ erlangt Bedeutung. Sie nennt es das kulturelle Modell (Waldschmidt-2005,-24-27). So spannt sich ein Dreieck auf (→ Abbildung 2), das an jedem seiner Eckpunkte wohlbegründet ist. Jedes Modell ist für sich richtig, aber nur im Dreiklang kann ein Konsens erreicht werden, der die Situation von Menschen mit besonderen Bedürfnissen beschreibt. 20 3 Teilhabe an der Gesellschaft <?page no="21"?> Abb. 2: Drei Verständnisansätze zum Umgang mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen (Quelle: eigene Darstellung) kulturelles Modell → Verständnis von behindert/ nicht behindert aufheben → Ausgrenzung verhindert medizinisches Modell → Heilung der Person soziales Modell → Anpassung der Umwelt Teilhabe an der Gesellschaft Abbildung 2: Drei Verständnisansätze zum Umgang mit Menschen mit besonderen Be‐ dürfnissen (Quelle: eigene Darstellung) Es ist kein Modell zu priorisieren, denn alle drei bauen jeweils auf einer veränderlichen Basis auf. Der Begriff ‚Behinderung‘ ist daher nicht als statisch anzusehen, er ist vielmehr dynamisch und entwickelt sich ständig weiter (Höglinger 2010, 17). Auf die drei Modelle bezogen bedeutet das: Die Medizin macht Fortschritte. Heilungen, die heute noch undenkbar sind, können schon morgen möglich sein. Die Umwelt kann in Zukunft andere Herausforderungen an den Menschen und seine Sinne stellen. So wird das Überqueren einer Straße, auf der nur leise Elektroautos verkehren, die Aufmerksamkeit von Ohr, Auge und Nase anders fordern, als wenn dort nur Autos mit Verbrennungsmotoren fahren, die schon von Weitem gehört, gesehen und gerochen werden können. Letztlich wird die Frage einer Aufhebung der bewertenden Pole behindert/ nicht behindert niemals abschließend geschehen können. Denn auch in der Akzeptanz, dass es „normal ist, verschieden zu sein“ (von Weizäcker 1993), wohnt immer die Möglichkeit einer Abgrenzung inne. Heute gilt im Umgang mit Behinderung der Grundgedanke der In‐ klusion. In den Jahren 2018 und 2019 gab es in Deutschland Themen, die immer wieder in der Tagespresse auftauchten und die auch Eingang in die Politik gefunden haben: Es wurde um den Begriff ‚Behinderung‘ im Rahmen von Schwerbehin‐ dertenausweisen gerungen. Die Diskussion kam in Gang, weil sich ein be‐ hindertes Kind am Begriff selbst störte und einen „Schwer-in-Ordnung-Aus‐ 3.2 Teilhabe heute 21 <?page no="22"?> weis“ beantragte. Als politischer Ausläufer davon beantragten die Freien Demokraten (FDP) eine Umbenennung des Schwerbehindertenausweises in „Teilhabeausweis“ (Müller 2019). Ein anderes Thema ist die Inklusion an Schulen. Es wurde debattiert, wie ein gemeinsames Lernen funktionieren soll (z.-B. Schmoll 2018). Schlussendlich gab es eine ethische Debatte um die Möglichkeiten der Pränataldiagnostik, die durch einen risikolosen Test auf Trisomie 21 an‐ gestoßen wurde. Durch diese neue Form von Tests können mehr und mehr Behinderungen vor Geburt ohne Gefahr für das ungeborene Leben aufgedeckt werden (Massetti 2016). Was das bedeutet, hat Bundespräsident von Weizäcker bereits 1993 bei seiner Ansprache auf der Eröffnungsveran‐ staltung der Tagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte in einfache Worte gefasst und eine zugehörige, nicht beantwortbare Frage aufgeworfen. Wissen | Der ethische Konflikt der Pränataldiagnostik „[D]ie pränatale Diagnostik wird unser Leben nicht einfacher machen, sondern schwieriger. Denn sie wird uns nur Fakten mitteilen, nicht mehr. Wer sie hören will, begibt sich in eine Entscheidungssituation, die moralisch und ethisch höchste Anforderungen stellt. Besitzen wir immer schon die notwendige Reife, uns denen entgegenzustellen, die diese Wissenschaft dazu missbrauchen, um Normvorstellungen zu ent‐ wickeln, Normvorstellungen, nach denen bestimmte körperliche oder geistige Beeinträchtigungen schlechthin als menschlich unzumutbar bezeichnet werden? “ (von Weizäcker-1993) Die derzeitige Entwicklung der Gesellschaft in ihrer Beantwortung der Frage erscheint bedenklich. Das Verständnis von Normalität und die Definition der Grundsätze für die Bewertung eines gelungenen Lebens hat sich verschoben. Die Analyseverfahren haben keinerlei therapeuti‐ sche Funktion, sondern bedienen ein rein selektives Interesse (Lob-Hü‐ depohl 2021 in Rühle). Es scheint sich der Trend zu entwickeln, dass sich werdende Eltern, die sich trotz Trisomiediagnose für ihr Kind ent‐ scheiden, in ein gesellschaftliches Spannungsfeld begeben: Sie müssen erklären, warum sie sich „besseren Wissens“ für ein behindertes Kind - ihr Kind - entschieden haben. In Dänemark werden Eltern sogar zur Pränataldiagnostik aufgefordert. Bei einem positiven Befund auf 22 3 Teilhabe an der Gesellschaft <?page no="23"?> 1 Im Jahr 2017 waren in Deutschland ca. 3,3 % der behinderten Menschen von Geburt an behindert. (Insgesamt 7.766.573, davon 258.517 Behinderungen von Geburt an). Siehe: https: / / www.destatis.de/ DE/ Themen/ Gesellschaft-Umwelt/ Gesundheit/ Behinde rte-Menschen/ Tabellen/ geschlecht-behinderung.html Trisomie 21 herrscht dann die Tendenz vor, eine Abtreibung zu empfehlen (Massetti-2016). Das Beispiel zeigt deutlich das Bild einer Gesellschaft, in der alles planbar und richtig ablaufen muss. Der Umgang mit Behinderungen im Alltag erscheint also noch nicht einer inklusiven gesellschaftlichen Norm zu folgen. Dabei müssen Behinderte nach den Maßen menschlicher Normalität behandelt werden. Diese Forde‐ rung ist noch immer unerfüllt. Das liegt daran, dass Behinderte - sobald sie optisch als solche erkennbar werden - leicht zu Störfaktoren werden, weil das Zusammenleben mit ihnen Hilfen und Rücksichten erforderlich macht (Pöggeler 2002, 45). Es zeichnet sich derzeit eine unentschlossene, offene gesellschaftliche Situation ab. Das sollte aber nicht sofort negativ gedeutet sein. Denn wenn Rousseau recht hat, und der Mensch von Natur aus gut ist, dann darf es durchaus als Chance verstanden werden, dass immer noch eine positive Prägung erfolgen kann. Vergessen wird von der derzeitigen Gesellschaft, dass Behinderungen kein Schwarz-Weiß-Denken erfordern; sie sind Teil eines Kontinuums, auf dem sich menschliche Schicksale befinden. Dabei entstehen Behinde‐ rungen typischerweise erst im Laufe des Lebens 1 und nicht von Geburt an: Eingeschränkte Mobilität und verminderte Seh- und Hörfähigkeit sind altersbedingte Behinderungen, die durch den demografischen Wandel und somit eine alternde Gesellschaft vermehrt auftreten werden. Sie sind es, mit denen touristische Leistungsträger aller Facetten in den nächsten Jahren vermehrt konfrontiert werden. Diese gesellschaftsbiologische Veränderung sollte die touristischen Anbieter nicht unvorbereitet treffen - vielmehr sollten sie Lösungen dafür parat haben. 3.3 Exklusion, Integration und Inklusion Das gesellschaftliche Verhalten ist in zwei Pole ausgeprägt, wenn es um behinderte Menschen geht: zum einen gibt es einen offiziellen, akzeptierten und gewollten Weg der Förderung und Integration. Dem tritt zum anderen aber ein inoffizielles Verhalten gegenüber, das vielleicht sogar häufiger 3.3 Exklusion, Integration und Inklusion 23 <?page no="24"?> vorkommt. Es ist die Ausgrenzung und Diskriminierung (Zepf 2000, 368). Das liegt daran, dass in jeder Gesellschaft alle an der dominierenden Normalität gemessen werden. Abweichungen fallen auf und werden schon von klein auf gelernt oder unbewusst erkannt. Wahrscheinlich hat jede: r schon einmal ein Kind auf der Straße zu seinen (dann zumeist maßregeln‐ den) Eltern sagen hören: „Guck mal der Dicke da“. Das Kind hat erkannt, dass jemand von der Normalität abweicht. Diese ist dabei ein Begriff im beständigen Wandel. So waren in Hollywoodfilmen aus der Mitte des 20. Jahrhunderts kaum Menschen verschiedener Hautfarben zu sehen und behinderte Menschen überhaupt nicht. Das hat sich gewandelt und eine neue Normalität wird abgebildet. Im Jahr 2019 kam sogar der erste Film mit einem Trisomie-21-Darsteller in der Hauptrolle in die Kinos („The peanut butter falcon“). Nichtsdestotrotz kann Achingers (1979, 24) Gesellschaftskri‐ tik, dass die Anteilnahme zumeist auf finanzielle Hilfeleistungen, wie z. B. Rente, Sozialhilfe etc., limitiert ist, noch wiederholt werden. Eine soziale Fürsorgepflicht gerät zumeist in Vergessenheit. Drei Begriffe prägen die Gruppenfindung von Menschen: Exklusion, Integration und Inklusion. Eine Abbildung, die von der Aktion Mensch publiziert wird, erläutert die Abgrenzung mit einfachen Punktkreisdiagram‐ men (→ Abbildung 3). Sie erinnern an Tupfenmalerei, bei der für jeden Tupfen ein Mensch stehen soll: Abbildung 3: Infografik Exklusion - Integration - Inklusion (Quelle: Aktion Mensch, inklu‐ sion.de) Werden Menschen aufgrund einer Normabweichung als Teil einer Gesell‐ schaft ausgeschlossen, dann wird von Exklusion gesprochen. Bei der In‐ tegration wird davon ausgegangen, dass die Gesellschaft aus einer relativ 24 3 Teilhabe an der Gesellschaft <?page no="25"?> homogenen Mehrheitsgruppe besteht, die um eine Gruppe von Außensei‐ ter: innen ergänzt wird; wobei die Mehrheit dabei nicht zahlenmäßig sein muss, sondern auch gesellschaftliche Machtverhältnisse widerspiegeln kann (Kolbe 2019). Die Unterschiede der Menschen werden dabei bewusst wahrgenommen. Es herrscht gewissermaßen eine Koexistenz. Gleichzeitig gibt es das Verlangen, dass der Einzelne versucht, sich anzupassen, um vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu werden. Dieser Denkansatz wird bei der Inklusion durchbrochen und es erfolgt eine Abkehr von der Zweigruppentheorie. Jeder wird Mensch wird grundsätzlich als gleichbe‐ rechtigtes, unabhängiges Individuum angesehen, das mit eigenen Merk‐ malen ausgestattet ist. Die Basis der Gesellschaft ist ein Selbstverständnis der Vielfalt und Heterogenität. Dabei müssen die Rahmenbedingungen so ausgestaltet sein, dass allen die Teilhabe ermöglich wird (Schöb-2013). Ein weiter Inklusionsbegriff, der nicht nur Menschen mit Behinderung meint, ist dabei relevant für eine funktionierende, aufgeklärte Gesellschaft (Kolbe-2019). Es ist deutlich zu erkennen, dass im Begriffswandel von Integration zu Inklusion eine neue inhaltliche Aufladung stattgefunden hat und dass es sich nicht „bloß um einen aufmerksamkeitsheischenden Etikettenwechsel oder um die Anpassung an modische, politisch-korrekte Semantik“ handelt (Ebers 2012, 71). Exklusion und Inklusion bilden im Wortstamm ein Begriffs‐ paar und Integration erscheint nur als ein Zwischenschritt (Werner, Kempf und Corinth 2019, 79). Wissen | Verständnis Inklusion Inklusion ist kein gesellschaftliches Ziel, sondern es steht als wertneu‐ traler Begriff für die Teilhabe aller in einer modernen Gesellschaft (Wansing 2005, 39 f.). Sie beschreibt das Idealbild einer Gesellschaft, in der jede: r teilhaben kann (Zaynel 2017, 77). Die Verwandlung hin zur Inklusion ist einer Gesellschaft nicht vorzuschrei‐ ben. Das soziale Verhalten der nicht behinderten Bevölkerung kann nicht durch ein Gesetz eingefordert werden. Der Gesetzgeber kann aber dafür sorgen, dass ein barrierefreies Umfeld, also z. B. Gebäude oder Verkehrsmit‐ tel, entsteht. Im Resultat bewegen sich dann mehr behinderte Menschen im Alltag und vorurteilsbezogene dissoziale Barrieren können leichter minimiert werden (Wilken 2002, 23). Wird die Umwelt den Bedürfnissen 3.3 Exklusion, Integration und Inklusion 25 <?page no="26"?> aller angepasst, dann haben alle Menschen die gleichen Chancen an der Gesellschaft teilzuhaben und auch Beiträge beizusteuern (Werner, Kempf und Corinth 2019, 79 f.). Die Intervention setzt daher nicht beim Menschen an, sondern es wird eine Anpassung der Umwelt vorgeschlagen. Es ist also ein sozialer, politischer, wirtschaftlicher, ideologischer und ein die Einstellung der Menschen betreffender Vorschlag (Darcy und Buhalis 2011, 4 f.). In seiner Umsetzung entsteht eine neue Normalität in den Köpfen der Menschen. 3.4 Barrierefreiheit Im Zusammenhang mit Bedürfnisbefriedigung bei Menschen mit Einschrän‐ kungen wird zumeist von Barrieren gesprochen, die sie dafür zu überwinden haben. Im gleichen Gedankengang wird dann erklärt, dass die Barrieren zuerst identifiziert und nachfolgend abgebaut werden müssten. Es scheint der Konsens zu bestehen, dass, erst wenn Barrierefreiheit herrsche, eine inklusive Gesellschaft funktionsfähig sei. Der Begriff ‚Barrierefreiheit‘ weckt bei vielen Menschen zunächst Asso‐ ziationen in Richtung von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen. Im Behindertengleichstellungsgesetz findet sich in §-4 eine Definition: „Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.“ Es ist dabei gut zu erkennen, dass der Begriff Barrierefreiheit nicht nur auf einen eng gefassten Personenkreis der Mobilitätseingeschränkten limitiert werden darf. Auch Menschen mit allen anderen Arten von Behinderungen bzw. Bedürfnissen oder auch z. B. Familien mit Kinderwägen sind damit gemeint. Zusätzlich zeigt die Definition auf, dass nicht nur an bauliche Barrieren gedacht werden darf - auch wenn sie den meisten (nicht betroffenen) Betrachtern zuerst in den Sinn kommen. Barrierefreiheit bedeutet, so Dusel, Beauftragter der Bundesregierung (2009), einen umfassenden Zugang und 26 3 Teilhabe an der Gesellschaft <?page no="27"?> somit uneingeschränkte Nutzungschancen in Bezug auf alle zu gestaltenden Lebensbereiche. Als anschauliche Beispiele führt er Automaten, Handys oder Internetseiten an (→-Kapitel 13). Ein Zitat zum Thema Barrierefreiheit findet sich im Tourismus an unzähli‐ gen Stellen immer wieder, so z. B. den Websites der Landes- oder Städtemar‐ ketinggesellschaften. Es erschien wohl erstmalig in einem Bericht des BMWi (2003) zu den ökonomischen Impulsen eines barrierefreien Tourismus, für dessen Projekt Neumann und Reuber verantwortlichen zeichneten. Es wird dort flapsig behauptet: Wissen | Wem hilft Barrierefreiheit? „So ist bekannt, dass eine barrierefrei zugängliche Umwelt für etwa 10 % der Bevölkerung zwingend erforderlich, für etwa 30 bis 40 % notwendig und für 100-% komfortabel ist.“ (BMWi 2003, 3) In einer Veröffentlichung im Folgenjahr taucht dieser durchaus griffige Satz nochmals in einer Aufbereitung auf (Neumann und Reuber 2004, 13) und es wird erklärt, dass der Inhalt aus einer spanischen Veröffentlichung (bei Alonso Lopéz 2002, 31 f.) übernommen wurde. Auf Nachfrage der Herausgeber dieses Buches erklärte der Autor, Dr. Fernando Alonso Lopéz, dass die Prozentzahlen aus spanischen Statistiken zum Jahr 1999 stammen. Damals wurde erhoben, dass 8,8 % der Spanier: innen eine Behinderung haben. Sie, und weitere Personengruppen (aufsummiert zu 39,1 %), wurden im Alltag auf die ein oder andere Weise mit einer Barriere konfrontiert. Er bestätigt somit die in Deutschland kursierende Aussage, kritisiert aber ihre Genauigkeit. Als ein gutes operatives Beispiel für die Umsetzung von Barrierefreiheit soll das nachfolgende Aufzugsbedienelement dienen, das in den Niederlan‐ den in einem Parkhaus verwendet wird (→-Abbildung-4): 3.4 Barrierefreiheit 27 <?page no="28"?> Abbildung 4: Aufzugsbedien‐ element in Roermond in den Niederlanden (Quelle: eigene Aufnahme von Felix M. Kempf) Es sind in ihr unterschiedliche Elemente der Barrierefreiheit kombiniert. Die Brailleschrift dient den Blinden, die Farben und Logos sind für sehbehinderte und kognitiv eingeschränkte Menschen hilfreich. Zu beachten ist noch, dass die Logos unterstützend mit den Farben in ei‐ nem sinnvollen Zusammenhang abgestimmt sind (gelb = Käse usw.). Die Stockwerke werden durchgesagt, was hörbehinderten Menschen hilft. Zur Zeit der Erstellung des Bildes war die Bedienung nur für Personen mit Rollstuhl schwierig, da keine niedrigen, anfahrbaren Tas‐ ten installiert waren. Das könnte, muss aber konstatiert werden, daran liegen, dass rollstuhl‐ gerechte Parkplätze im Erdgeschoss eingerich‐ tet sind (was aber z. B. für kleinwüchsige Men‐ schen keine Hilfe darstellt). Das Beispiel ist dienlich, um die mit Barriere‐ freiheit einhergehende Komplexität zu verdeutli‐ chen. Es gibt eine Barrierefreiheit für bestimmte Gruppen und eine Barrierefreiheit für alle. Sie ist wesentlich umfassender umzusetzen. Es wäre zu überlegen, von ‚multipler Barrierefreiheit‘ zu sprechen, um darzustellen, dass es sich um eine umfassende Barrierefreiheit handelt. In Bezug auf die Entwicklung von Barrierefreiheit ist kritisch anzumer‐ ken, dass in allen Definitionen eine Fokussierung auf physische Barrieren besteht. Barrieren im Kopf der Menschen werden nicht berücksichtigt. In einer Analyse für barrierefreies Reisen wurde aber genau dieser Aspekt als bedeutsam herausgearbeitet. Die Bevölkerung und vor allem die Mitarbeiter von touristischen Leistungsträgern brauchen ein grundsätzliches Verständ‐ nis von einer inklusiven Gesellschaft und müssen Trainings erhalten, um den Situationen gerecht zu werden. 28 3 Teilhabe an der Gesellschaft <?page no="29"?> 4 Ökonomische Bedeutung des barrierefreien Tourismus Die ökonomische Bedeutung des barrierefreien Tourismus wird in den Veröffentlichungen zum Thema als bedeutsam, aber bislang unterschätzt dargestellt. Die Zahl der Behinderten wächst aufgrund der höheren Lebens‐ erwartung an. Das liegt auch daran, dass durch die höhere Lebenserwartung - dank eines verbesserten Gesundheitswesens bzw. besserer medizinischer Versorgung - andere, eigentlich die Zahl der Behinderungen minimierenden Faktoren überstrahlt werden (Yau, McKercher und Packer 2004, 947). Das Reiseverhalten von Menschen mit Einschränkungen wird für Leis‐ tungsträger positiv dargestellt. Dazu wird es beschrieben (Göttel und Koch 2017, 60) als: • häufiger im Inland, • auch in der Nebensaison (àSaisonverlängerung), • Multiplikatoreffekt, da Begleitperson(en), • häufig mehr Geld pro Reisetag, • höhere Zielgebietstreue bzw. Stammkundschaft, da erschwerte Reisebe‐ dingungen. Die Argumentation beginnt zumeist durch das Aufzeigen des prozentualen Anteils der Schwerbehinderten an der Bevölkerung (z. B. Wilken 2002, 17). In Deutschland lag er in der letzten Dekade (2007-2017) bei ca. 9-9,5 %, (Statista Dossier Schwerbehinderung 2019, F. 19). Im „World Report on Disability“ der WHO wird ein weltweiter Anstieg der Menschen mit Behinderungen von 10 % seit den 1970er-Jahren bis auf heute 15 % beschrieben. Begründet wird er durch die alternde Bevölkerung und den Anstieg von chronischen Erkrankungen wie z.-B. Diabetes oder Herzerkrankungen (Word Report on Disability 2011, 7 f.). Natürlich sind die Zahlen aus Deutschland und der Welt nicht direkt miteinander vergleichbar. Aber es zeigt sich, dass das Segment für den touristischen Blickwinkel nicht nur als nationales Phänomen zu betrachten ist, sondern, dass es auch für den Zielmarkt Deutschland als Thema des Incoming-Tourismus gedacht werden kann. Eine Berechnung des ökonomischen Werts des barrierefreien Tourismus in Deutschland stellen Neumann und Reuber (2004, 52 ff.) auf. Nach eigenen <?page no="30"?> Angaben war es die erste Berechnung, die aufzeigt, welche Umsätze durch schwerbehinderte Reisende im Deutschlandtourismus erzeugt werden. Das Betrachtungsjahr war 2001. Ausgeklammert sind dabei Tages-, Geschäfts- und Kongressreisen (→-Tabelle-2). - 2001 2006 2017 schwerbehinderte Personen 6,71 Millionen 6,84 Millionen 2 7,7 Millionen 5 Reiseintensität 54,3-% 60,9-% 1 60,9-% 6 Reisehäufigkeit 1,3 Reisen p.a. 1,4 1 1,4 6 Deutschlandanteil 41,2-% 42,9-% 1 42,9-% 6 Reisedauer 13,9 Tage 13,5 1 13,5 6 Tagesausgaben 65,23-Euro 70-Euro 3 80-Euro 7 MwSt. (durchschnittlich) 11,5-% 11,5-% 4 11,5-% 6 Nettoumsatz ca. 1,57 Milliarden Euro 2,09 Milliarden Euro 2,69 Milliarden Euro Tabelle 2: Nettoumsatz für Urlaub durch deutsche Schwerbehinderte 2001 in Deutschland (Zahlen 2001: Neumann und Reuber 2004, 53 / Zahlen 2006: 1 Neumann und Reuber 2008, 57-60, 2 gemittelte Zahl aus Statista Dossier 2019, F. 3, 3 angenommen aus den Zahlen 2001 und den Tagesausgaben 2014, Neumann 2014, 3, 4 übernommen / Zahlen 2017: 5 Statista Dossier 2019, F.-3, 6 übernommen, 7 Zahl 2014 aus Neumann 2014,-3) Die Tabelle wurde um die Jahre 2006 und 2017 ergänzt. Dazu gab es teilweise Material aus Quellen, teilweise mussten Annahmen gemacht werden. Die Zahlen zeigen, dass insgesamt mit steigenden Ausgaben im Deutschlandtourismus zu rechnen ist. Dafür gibt es zwei Treiber: Die Zahl der Schwerbehinderten steigt an und die Tagesausgaben gehen nach oben. Welche Auswirkungen die Coronakrise auf dieses Segment hat, war bei Drucklegung (2023) nicht seriös zu prognostizieren. Für das Jahr 2001 haben Neumann und Reuber (2004) zusätzlich entlang des obigen Schemas noch die Umsätze für Kurzurlaube berechnet. Durch sie lässt sich sehen, dass nochmals ca. 1 Milliarde Nettoumsätze, also in etwa 2/ 3, zusätzlich generiert werden. Insgesamt ist also von ca. 2,5 Milliarden auszugehen (→-Tabelle-3). 30 4 Ökonomische Bedeutung des barrierefreien Tourismus <?page no="31"?> 2001 schwerbehinderte Personen 6,71 Millionen Reiseintensität 32,3-% Reisehäufigkeit 2,18 Reisen p.a. Deutschlandanteil 86,4-% Reisedauer 3,39 Tage Tagesausgaben 67,41 Euro MwSt. (durchschnittlich) 11,5-% Nettoumsatz ca. 930 Millionen Euro Tabelle 3: Nettoumsatz für Kurzurlaub durch Schwerbehinderte 2001 (Quelle: Neumann und Reuber 2004,-53) Sollte das Verhältnis von Urlauben und Tagestourismus konstant sein, dann lassen sich die Nettoumsätze für Kurzurlaub 2006 auf ca. 1,39 Milliarden und für 2017 auf ca. 1,79 Milliarden berechnen. Die Gesamtumsätze sind in der nachfolgenden Tabelle nochmals zusammengestellt (→-Tabelle-4): Jahr 2001 2006 2017 Urlaub 1,57 2,09 2,69 Kurzurlaub (geschätzt) 0,93 1,39 1,79 Gesamt (ungefähr) 2,5 3,48 4,48 Tabelle 4: Nettoumsatz für Reisen gesamt 2001-2017 (Quelle: eigene Darstellung) Diese Zahlen, die teilweise nur extrapoliert wurden, finden ihre Bestätigung auch an anderer Stelle. Vonseiten des Bundeswirtschaftsministeriums wird geschätzt, dass bei Schaffung von passenden Angeboten ein Nettoumsatz von 4,8 Milliarden Euro erzielt werden kann (Liem 2019, 7). 4 Ökonomische Bedeutung des barrierefreien Tourismus 31 <?page no="32"?> Wissen | Umsätze durch barrierefreien Tourismus Vor der Coronapandemie war ein jährlicher Umsatz durch barrierefreien Tourismus in Deutschland von etwa 5 Milliarden Euro eine realistische Annahme. Im Rahmen von ökonomischen Betrachtungen ist auch die Reisedauer ein wichtiger Multiplikator. Je länger Reisende in der Destination verweilen, desto höher sollten ihre Ausgaben sein. Diesbezüglich wurde ein interessan‐ tes Phänomen unter den Bewohner: innen Krakóws in Polen beobachtet. In einer Befragung wurden Menschen zur Veränderung ihres Reiseverhaltens vor und nach dem Auftreten ihrer Behinderung befragt. Es wurde festge‐ stellt, dass sich das Verhältnis der Reisedauer bei In- und Auslandsreisen umkehrte. Vor der Behinderung betrugen die Reisedauern im Inland 1-2 Wochen und im Ausland nur eine Woche. Mit dem Eintreten der Behinde‐ rung kehrte sich das Reisedauerverhalten um. Inlandsreisen dauern dann nur noch bis vier Tage, wohingegen Auslandsreisen 1-2 Wochen dauern. Eine Erklärung könnte dabei bei der Reisehäufigkeit zu finden sein, die vor der Behinderung höher war (Furmanek 2014, 10 f.) (→ Tabelle 5). Aber natürlich kann auch in viele andere Richtungen für Begründungen überlegt werden. Es sollte jedoch auf jeden Fall vom Leistungsträger für die eigene Situation in der Angebotsgestaltung mitbedacht werden. Es wäre auch Aufgabe weiterer Forschung festzustellen, inwieweit dieses Ergebnis auf Deutschland übertragbar ist. - Inland Ausland vor Behinderung 8-14 Tage 5-7 Tage seit Behinderung bis 4 Tage 8-14 Tage Tabelle 5: Reisedauer vor und nach Auftreten der Behinderung nach Furmane-2014, 10-f. Ein weiterer Faktor ist, dass es bei der Betrachtung der ökonomischen Größe an zwei grundsätzliche Gruppen gedacht werden muss. Zum einen an Grup‐ penreisen von behinderten Menschen, z. B. eine Gruppe von zehn Blinden. Einer Studie zufolge kommen in Deutschland auf eine Gruppe von zehn Behinderten immer zusätzlich noch 13 Begleitpersonen (Wilken 2002, 23). Zum anderen ist es aber wohl häufiger so, dass in einer Reisegruppe immer 32 4 Ökonomische Bedeutung des barrierefreien Tourismus <?page no="33"?> Menschen mit besonderen Bedürfnissen sein können. So kann sich z. B. eine Geburtstagsgesellschaft entlang der Bedürfnisse eines älteren Teilnehmers ausrichten und nur eine Lokalität wählen, bei der die Toilettenanlagen ebenerdig sind. Aufgrund des demografischen Wandels werden solche Ent‐ scheidungen in den nächsten Jahren deutlich zu Gunsten von barrierefreien Angeboten ausfallen. Final deuten die Untersuchungen darauf hin, dass die Schaffung von barrierefreien Reiseangeboten das Image der jeweiligen Leistungsträger verbessert. In Folge davon kommt es zu einer erhöhten Nachfrage. Somit kann erwartet werden, dass für die Anbieter eine Angebotserstellung ren‐ tabel ist (Karacaoglu, Yolal und Gursoy-2015,-28). Eine rein ökonomische Betrachtung als Treiber für barrierefreien Touris‐ mus muss aber kritisch beleuchtet werden. Schwark (2016, 186 f.) stellt fest, dass sich eine auf ökonomische Abhängigkeit aufgebaute Argumentations‐ logik bei lukrativeren Alternativen nämlich ins Gegenteil verkehren kann, denn Behindertentourismus würde sich nicht mehr „lohnen“. Er schlägt vor, dass ökonomische Effekte die Debatte höchstens flankieren dürfen. Der Antrieb zu barrierefreiem Tourismus sollte eher in einer philosophischen und kulturwissenschaftlichen Position begründet liegen. 4 Ökonomische Bedeutung des barrierefreien Tourismus 33 <?page no="35"?> 5 Die rechtliche Situation Angela Lindfeld Die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an tou‐ ristischen Angeboten oder allgemein die Barrierefreiheit von touristischen Angeboten werden in der bundesdeutschen Gesetzgebung bislang nicht zusammenfassend in einem Spezialgesetz geregelt. Soweit ersichtlich, hat sich bislang im Tourismusrecht auch noch kein Teilrechtsgebiet heraus‐ kristallisiert, das sich schwerpunktmäßig mit Fragen des barrierefreien Tourismus beschäftigt. Die Rechtsgrundlagen des barrierefreien Tourismus können daher im Ausgangspunkt nur die Normen sein, die sich allgemein mit Barrierefreiheit befassen; deren Inhalte sind daraufhin zu untersuchen, welche Elemente der touristischen Servicekette sie beeinflussen. 5.1 Begriffsdefinitionen Die bekanntesten Rechtsgrundlagen sind sicherlich auf internationaler Ebene die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) sowie auf nationaler Ebene das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG). Kernstück des BGG einschließlich seiner drei Rechtsverordnungen (Kommunikationshilfenverordnung [KHV], Verordnung über barrierefreie Dokumente in der Bundesverwaltung [VBD] und die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung [BITV 2.0]) und zugleich eine grundlegende Voraussetzung für die selbstbestimmte gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ist die Barrierefreiheit. Wissen | Definition Barrierefreiheit nach §-4 BGG Barrierefrei sind gestaltete Lebensbereiche, wenn sie-… • für Menschen mit Behinderungen-… • in der allgemein üblichen Weise-… • ohne besondere Erschwernis-… • und grundsätzlich ohne fremde Hilfe-… • auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. <?page no="36"?> Der Bezug zu „gestalteten Lebensbereichen“ macht deutlich, dass nur die von Menschen gemachten Umgebungen gemeint sind, nicht z. B. die unberührte Natur. Die Definition selbst nennt zudem bereits wichtige Lebensbereiche, nämlich Verkehr, Bau, technische Gebrauchsgegenstände sowie Systeme zur Information und Kommunikation. Die seinerzeitige Gesetzesbegründung führt hierzu näher aus: „Mit dieser Definition soll deutlich werden, dass nicht nur die physischen Bar‐ rieren wie Treppen, zu schmale Gänge, Stolperstufen, ungesicherte Baugruben usw. gemeint sind, sondern auch die kommunikativen Schranken erfasst werden, denen beispielsweise hörbehinderte Menschen ausgesetzt sind, wenn Gehörlosen zur Verständigung mit Hörenden Gebärdensprachdolmetscher fehlen bzw. Hör‐ geräteträger keine entsprechenden Höranlagen vorfinden oder mit denen Blinde konfrontiert werden, wenn sie in Sitzungen Schwarzschriftdokumente nicht lesen können und keine Vorlesekräfte zur Verfügung haben. Dabei ist den besonderen Belangen seelisch- und geistigsowie lernbehinderter Menschen Rechnung zu tragen.“ (Bundestags-Drucksache 14/ 7420,-24) Der Tourismus bzw. das Reisen werden zwar nicht ausdrücklich als Lebens‐ bereiche genannt. Mit Verkehr, Bau und Information sind jedoch alle wesent‐ lichen Bereiche der touristischen Servicekette angesprochen: insbesondere An- und Abreise (Verkehr), Schlafen, Essen und Trinken sowie sämtliche Freizeitaktivitäten, wie Kultur, Sport, Shopping (Bau). Aufgrund der fort‐ schreitenden Digitalisierung müssen auch zunehmend die barrierefreie Information und Kommunikation in der gesamten Servicekette mitgedacht werden, nicht nur in den speziell genannten Bereichen Vorbereiten/ Buchen sowie Ankommen/ Orientieren. Die Tatsache, dass die Lebensbereiche in der allgemein üblichen Weise und grundsätzlich ohne fremde Hilfe erreichbar sein müssen, bringt zudem das allgemeine gesetzgeberische Ziel der Inklusion auf den Punkt: Die Be‐ dürfnisse von Menschen mit Behinderungen sollen gleichberechtigt neben allen anderen Belangen berücksichtigt werden. Es sollen keine „Sonderlö‐ sungen“ geschaffen, sondern alle Gestaltungen von Anfang an barrierefrei gedacht werden. Die Gesetzesbegründung sagt hierzu: „Die Definition [des Begriffs ‚barrierefrei‘, Anm. der Verf.] löst die Begriffe ‚behindertengerecht‘ und ‚behindertenfreundlich‘ ab, die in der Kombination von ‚behindert‘ und ‚gerecht‘ oder ‚freundlich‘ falsche Assoziationen der besonderen Zuwendung zu behinderten Menschen auslösen können. Vielmehr geht es im 36 5 Die rechtliche Situation <?page no="37"?> Sinne eines ‚universal design‘ um eine allgemeine Gestaltung des Lebensumfeldes für alle Menschen, die möglichst niemanden ausschließt und von allen gleicher‐ maßen genutzt werden kann. Dieser Gedanke, einer wenn immer möglichen Ver‐ meidung von Sonderlösungen zugunsten einer die Bedarfe behinderter Menschen selbstverständlich einbeziehenden gesellschaftlichen Gestaltung, entspricht einer modernen Auffassung von Architektur und Design.“ (Bundestags-Drucksache 14/ 7420,-24) Dennoch bleibt der Begriff der Barrierefreiheit im BGG eng verbunden mit dem Begriff der Behinderung. Wissen | Definition Menschen mit Behinderung Menschen mit Behinderung sind nach §-3 BGG Menschen die-…. • langfristige-… • körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen ha‐ ben,-… • welche sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbeding‐ ten Barrieren-… • an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Als langfristig gilt ein Zeitraum, der mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauert. Hervorzuheben ist die ausdrückliche Erwähnung der „einstellungsbeding‐ ten Barrieren“ in der UN-BRK und der neuen Definition des § 3 BGG. Die UN-BRK und das BGG machen durch den Begriff ‚Wechselwirkung‘ deutlich, dass Behinderungen erst durch Barrieren entstehen. Dabei stoßen Menschen mit Behinderungen nicht nur auf bauliche und technische Bar‐ rieren, sondern auch auf einstellungsbedingte Barrieren. Hierzu gehören insbesondere Vorurteile, Ängste und kommunikative Hürden sowie das fehlende Vertrauen in die Leistungsfähigkeit von Menschen mit Behinde‐ rungen. Ursprünglich enthielt die Definition zusätzlich den Hinweis, dass diese Beeinträchtigung von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen muss, mit anderen Worten: Menschen mit altersbedingten Einschränkungen 5.1 Begriffsdefinitionen 37 <?page no="38"?> zählten - dem Wortlaut nach - nicht dazu; deren Bedürfnisse mussten bei der Barrierefreiheit nicht zwingend berücksichtigt werden. Das dies wenig sinnvoll ist, weil barrierefreie Räume allen Menschen, insbesondere auch älteren Menschen, nutzen und der demografische Wan‐ del ein Umdenken erfordert, hat auch der Gesetzgeber erkannt. Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungs-rechts vom 19. Juli 2016 (BGBl. I S. 1757) wurde die Definition daher angepasst und die altersbedingten Einschränkungen nicht mehr ausgenommen. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu u.-a.: „Die demografische Entwicklung erfordert weitere Anstrengungen, um bei der Barrierefreiheit im Bereich Bau schrittweise weiter voranzukommen und die Ver‐ waltungsgebäude damit für Menschen mit Behinderungen und eine älter wer‐ dende Belegschaft nutzbar zu machen.“ (Bundestags-Drucksache-18/ 7824,-21) Diese Anpassungen in der Definition seien rein deklaratorisch, insbesondere sei mit der neuen Definition „eine Ausweitung oder Einengung des Personenkreises nicht verbunden. Auf‐ grund der Anknüpfung an die Formulierung in Artikel 1 Satz 2 der UN-BRK und des darin zum Ausdruck kommenden Verständnisses der Vielfalt von Behin‐ derung differenziert der Begriff in § 3 nicht danach, ob für das Vorliegen einer Behinderung eine Abweichung von dem für das Lebensalter typischen Zustand vorliegen muss.“ (Bundestags-Drucksache 18/ 7824,-34) Nach Ansicht der Verfasserin ist diese Aussage - mit Blick auf den Wegfall des Hinweises auf die altersbedingten Einschränkungen - widersprüchlich und die Annahme, auch Menschen mit altersbedingten Einschränkungen seien bereits zuvor zweifelsfrei von dem Gesetzeswortlaut erfasst gewesen, wenig überzeugend. Das gilt insbesondere deshalb, weil § 2 des Sozialgeset‐ zesbuches (SGB IX) diese Einschränkung weiterhin enthält. Für die weiteren Betrachtungen an dieser Stelle muss die Historie jedoch nicht weiter vertieft werden. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass das BGG unmittelbar nur für Träger der öffentlichen Gewalt auf Bundesebene gilt, also insbesondere nicht für die Privatwirtschaft. Allerdings hat der Gesetzgeber zahlreiche Vorschriften in anderen Geset‐ zen - in Anlehnung an das Verständnis von Barrierefreiheit im Sinne des § 4 BGG - erlassen, an die auch die Privatwirtschaft gebunden ist. Denn das politisch und gesellschaftlich geforderte Bild der inklusiven Gesellschaft, die 38 5 Die rechtliche Situation <?page no="39"?> allen Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe ermöglicht, ist spätestens mit Einfügung des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 in das Grundgesetz („Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“) durch Gesetz vom 27. Oktober 1994 Auftrag an den Gesetzgeber. Art. 3 Grundgesetz legt nicht nur dem Staat ein Diskriminierungsverbot auf, sondern ist kraft seiner „Aus‐ strahlungswirkung“ auf das Privatrecht auch bei der Schaffung, Auslegung und Anwendung von privatrechtlichen Normen zu berücksichtigen. In rechtlicher Hinsicht stellt sich daher die Frage, welche rechtlichen Vorgaben es für die einzelnen Leistungsträger innerhalb der touristischen Servicekette gibt, um diese Teilhabe sicherzustellen. 5.2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz In diesem Zusammenhang ist zunächst das Allgemeine Gleichbehandlungs‐ gesetz (AGG) zu nennen: Danach ist eine Benachteiligung aus Gründen einer Behinderung bei der Begründung, Durchführung und Beendigung eines zivilrechtlichen Schuldverhältnisses, also insbesondere eines Vertra‐ ges unzulässig, vgl. § 19 AGG. Der Begriff der „Behinderung“ in § 19 Abs. 1 AGG entspricht demjenigen in § 3 BGG. Der Gesetzgeber hat hier insbesondere Verträge des sogenannten Massengeschäftes im Blick, also Verträge, die unabhängig von der konkreten Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen, z. B. Bahn-, Bus- oder Flugverkehr, Hotelaufenthalte, Museums- oder Theaterbesuch, Mobilfunk, Internetzugang oder ein Zeitungsabonnement. Das AGG verbietet es folglich den Leistungsträgern, insbesondere Beför‐ derungsunternehmen, Hoteliers und Gastronomen sowie Betreibern von Freizeitangeboten, den Vertragsschluss mit einem Menschen mit Behinde‐ rung zu verweigern oder ihn anders zu behandeln als andere Kund: innen. Von diesem Grundsatz besteht nur dann eine Ausnahme, wenn es einen sachlichen Grund im Sinne des § 20 AGG gibt, z. B. wenn die unterschiedliche Behandlung der Vermeidung von Gefahren dient. Kein sachlicher Grund ist hingegen eine behindertenfeindliche Einstel‐ lung oder die Befürchtung, die Anwesenheit bzw. der Anblick von behin‐ derten Menschen könne andere Kund: innen stören. Im Lichte des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG kann und muss von Menschen ohne Einschränkungen im Zusammenleben mit Menschen mit Behinderungen eine erhöhte Toleranz‐ bereitschaft eingefordert werden. Das ist mittlerweile geklärt (Tonner in: 5.2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz 39 <?page no="40"?> Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 651i Rn. 90; Wendtland in: BeckOK zum BGB, Edition 2022, § 19 Rn. 41, 42; Hau und Posack in: BeckOK zum BGB, 63. Edition 2022, § 651i Rn. 41; Baumgärtner in: BeckOK zum BGB, 63. Edition 5/ 2022, Art. 250 § 3 EGBGB Rn. 17 und 19, so schon Brox NJW 1980, Seite 1939 ff.; aus der Rechtsprechung: AG München vom 01.12.2011 - AZ: 233 C 17592/ 11AG; AG Kleve NJW 2000 84 = RRa 1999, 190; AG Bad Homburg v. d. H. RRa 1999, 206; ähnlich zum Nachbarschaftsrecht OLG Köln NJW 1998, 763 und zum Kaufrecht LG Münster, NJW 2009, 3730 [autistisches Kind in der Nachbarschaft ist kein Mangel der gekauften Wohnung]; vgl. zur gegenteiligen Auffassung noch vor Einfügung des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG: LG Frankfurt a. M., NJW 1980, 1169; AG Flensburg, NJW 1993, 272). Dies bedeutet allerdings nicht, dass den Interessen der Kund: innen mit Behinderung unter allen Umständen und stets der Vorrang vor den Belan‐ gen der übrigen Reisenden gebührt. Eine schrankenlose Duldungspflicht widerspräche dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Die Toleranzschwelle wird ganz allgemein immer dann überschritten, wo es den Anwesenden nicht mehr zumutbar ist, eine Beeinträchtigung bzw. Störung, die von anderen Personen ausgeht, hinzunehmen. In allen zuvor zitierten Gerichtsentscheidungen klingt an, dass eine solche Abwägung auch bei der Beteiligung von Menschen mit Behinderungen erforderlich ist. Gehen von Menschen mit Behinderungen ganz erhebliche Beeinträchti‐ gungen aus, dann ist diese Situation rechtlich nicht anders zu bewerten, als wenn aus anderen Gründen erhebliche Störungen auftreten (z. B. Lärm in der Nacht durch Partys, bellende Hunde oder schreiende Babys). Allerdings wird bei der Abwägung, welche Beeinträchtigung noch zumutbar ist, das Gebot der Toleranz sicherlich stärker ins Gewicht fallen müssen, wenn es um Menschen mit Behinderung geht, als in anderen Situationen. Die Komplexität der denkbaren Lebenssituationen und der erforderlichen Abwägungen der Interessen führt daher möglicherweise zu (auch rechtli‐ cher) Unsicherheit aufseiten der Leistungsträger. Die Tendenz, lieber gar keine Angebote für Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu erstellen, könnte die Folge sein (Kempf, Lindfeld und Corinth-2021,-170-ff.). Andererseits erscheint diese Annahme nicht überzeugend. Denn die Ungewissheit, wie ein Gericht über die Frage entscheiden wird, ob die Reise tatsächlich durch dritte Personen „gestört“ wurde oder nicht, ist nichts Neues. Zahlreiche Urteile ranken sich um diese Frage (Baustellen, Partys usw.). Es ist daher nicht recht verständlich, warum mit dem rechtlichen 40 5 Die rechtliche Situation <?page no="41"?> Risiko anders umgegangen wird, wenn es um (vermeintliche) Beeinträchti‐ gungen geht, die von Menschen mit Behinderungen ausgehen. Dennoch ist der Vorbehalt vorhanden, ihre Anwesenheit „störe“ ihre Mitmenschen. Das AGG sagt hingegen nichts darüber aus, ob der Leistungsträger die Voraussetzungen für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen schaffen muss, also z. B. zu Umbaumaßnahmen verpflichtet ist, wenn wegen der baulichen Situation keine Teilhabe möglich ist (z. B. Treppen, die Rollstuhlfahrer: innen nicht überwinden können, oder Geländer, die kein Leitsystem für Blinde haben). Freiwillig kann dies natürlich erfolgen. Die Frage, ob und wann eine Pflicht besteht, die Teilhabechancen zu schaffen und den Nachteil auszugleichen, die mit einer Behinderung verbunden sind, beantwortet nicht das Zivilrecht, sondern das Öffentliche Recht. Insbeson‐ dere das Baurecht wurde hier in den letzten Jahren durch den Gesetzgeber entsprechend weiterentwickelt. 5.3 Baurecht und Bauordnungsrecht Für den Bereich des barrierefreien Bauens wurden zwischenzeitlich insbe‐ sondere die DIN-Normen 18040-1 (öffentlich zugängliche Gebäude), 18040-2 (Wohnungen) und 18040-3 (öffentlicher Verkehrs- und Freiraum) erarbeitet und veröffentlicht. Ziel dieser Normen ist die Barrierefreiheit baulicher Anlagen, damit diese von Menschen mit Behinderungen in der allgemein üb‐ lichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind. Die DIN-Normen berücksichtigen dar‐ über hinaus auch Nutzungserleichterungen für weitere Personengruppen, wie ältere Menschen. Sie gelten über das Bauordnungsrecht auch für private Bauunternehmen (Bundestags-Drucksache-18/ 7824,-21). Die DIN 18040-1 beschränkt sich auf öffentlich zugängliche Gebäude, speziell auf die Teile des Gebäudes und der zugehörigen Außenanlagen, die für die Nutzung durch die Öffentlichkeit vorgesehen sind. Dazu gehören: • Einrichtungen der Kultur und des Bildungswesens, • Sport- und Freizeitstätten, • Einrichtungen des Gesundheitswesens, • Büro-, Verwaltungs- und Gerichtsgebäude, • Verkaufs-, Gast- und Beherbergungsstätten, • Stellplätze, Garagen und Toilettenanlagen. 5.3 Baurecht und Bauordnungsrecht 41 <?page no="42"?> Faktisch müssen damit sämtliche Angebote in der touristischen Servicekette grundsätzlich diese Anforderungen erfüllen. In der Realität ergeben sich jedoch Einschränkungen dieses Grundsatzes insbesondere durch zwei As‐ pekte: Zum einen gelten die Bestimmungen i. d. R. nur für Neubauten oder bei grundlegenden Umbauten und Sanierungen. Bereits bestehende Gebäude müssen nicht angepasst werden. Zum anderen gibt es Ausnah‐ meregelungen; ein eingängiges Beispiel für eine mögliche Ausnahme von dem Erfordernis einer Rampe im Eingangsbereich wären z. B. historische Gebäude oder architektonisch schützenswerte Gebäude, die nicht ohne Verlust der historischen oder architektonischen Besonderheiten baulich angepasst werden könnten. Die von den einzelnen Bundesländern erlassenen baurechtlichen Vor‐ schriften regeln in den verschiedenen Bereichen weitere Anforderungen an die Barrierefreiheit. Die Regelungen sind komplex; der Umstand, dass es sich um 16 verschiedene landesrechtliche Vorgaben handelt, erhöht die Komplexität nochmals. Einen Überblick über aktuelle Entwicklungen ist z. B. zu finden unter https: / / www.bfb-barrierefrei-bauen.de/ . Praxisbeispiele In Schleswig-Holstein regelt z. B. die Verordnung über den Bau und Betrieb von Verkaufsstätten eine Mindestanzahl für barrierefreie KFZ-Stellplätze pro Verkaufsstätte, nämlich 3-%, aber mindestens zwei. Nach § 56 SBauVO NRW müssen mindestens 10 % der Gastbetten in einem Hotel in Beherbergungsräumen liegen, die einschließlich der zugehörigen Sanitärräume den Anforderungen an barrierefrei und eingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbare Wohnungen entsprechen. In Beherbergungsstätten mit mehr als 30 Gastbetten müssen sogar mindestens 20 % der Gastbetten in Beherbergungsräumen liegen, die einschließlich der zugehörigen Sanitärräume diesen Anforderungen genügen. Das bedeutet konkret: Hat ein Hotel 40 Doppelzimmer und 20 Einzelzimmer, also 100 Betten, dann müssen 20 Betten (egal ob in Doppel- oder Einzelzimmern) diesen Anforderungen genügen. Die Frage, wie genau sich die Anzahl berechnet, beantwortet das NRW-Bauministerium in seinen „Erläuterungen zur Verordnung über Bau und Betrieb von Sonderbauten“, die 2020 fortgeschrieben wurden. Anhand einer übersichtlichen Tabelle lässt sich nun genau ablesen, wie viele Gastbetten bzw. Zimmer barrierefrei bzw. rollstuhlgerecht sein müssen. 42 5 Die rechtliche Situation <?page no="43"?> Auch in Versammlungsräumen müssen für Benutzer: innen von Roll‐ stühlen mindestens 1 % der Besucherplätze, mindestens jedoch 2 Plätze auf ebenen Standflächen vorhanden sein. Den Plätzen für Benutzer: in‐ nen von Rollstühlen sind Besucherplätze für Begleitpersonen zuzuord‐ nen. Die Plätze für Benutzer: innen von Rollstühlen und die Wege zu ihnen sind durch Hinweisschilder gut sichtbar zu kennzeichnen, § 10 Abs. 7 SBauVO NRW. Nach § 13 SBauVO NRW müssen zudem barrie‐ refreien KFZ-Stellplätze vorhanden sein; die Anzahl muss mindestens der Hälfte der Zahl der erforderlichen Besucherplätze entsprechen. Für Benutzer: innen von Rollstühlen muss eine ausreichende Zahl geeigne‐ ter, stufenlos erreichbarer Toiletten, mindestens jedoch je 10 Plätze für Benutzer: innen von Rollstühlen eine Toilette, vorhanden sein (§ 12 Abs. 2 SBauVO NRW). Die Vorgaben des Bauordnungsrechtes entfalten auch mittelbar in anderen Bereiche Wirkung. Beispielsweise benötigen in einigen Bundesländern Gaststätten eine Gaststättenerlaubnis. Dazu zählen nicht nur Bars, Kneipen, Cafés, Restaurants und ähnliche Betriebe, sondern auch entsprechende Angebote in Hotels, wenn deren Restaurants oder Bars nicht nur für Hotelurlauber: innen, sondern auch für externe Kund: innen geöffnet sind. In NRW gilt beispielsweise noch das Bundesgaststättengesetz (GastG), das eine solche Erlaubnispflicht vorsieht. Die Erlaubnis ist nicht zu erteilen, wenn einer der Versagungsgründe des § 4 GastG vorliegt. Eine einmal erteilte Erlaubnis kann zudem später zurückgenommen werden, wenn einer der Versagungsgründe aus § 4 GastG eintritt, § 15 GastG. Nach § 4 GastG kann die Erlaubnis insbesondere versagt werden, wenn die Räume nicht barrierefrei genutzt werden können. Diese Voraussetzung gilt allerdings nur für Gaststätten, für die nach dem 1. November 2002 eine Baugenehmigung erteilt wurde oder die, weil eine Baugenehmigung nicht nötig war, nach dem 1. November 2002 errichtet wurden. Bei einem Umbau oder einer Erweiterung einer bestehenden Räumlich‐ keit gilt diese Regelung, egal ob eine Baugenehmigung beantragt werden muss oder nicht. Spätestens bei einem Umbau bzw. einer Erweiterung muss daher Barrierefreiheit hergestellt werden, sonst kann die Gaststättenerlaub‐ nis zurückgenommen werden. 5.3 Baurecht und Bauordnungsrecht 43 <?page no="44"?> Ausnahmsweise kann die Erlaubnis gewährt werden, wenn eine barrie‐ refreie Gestaltung der Räume nicht möglich ist oder nur mit unzumutbaren Aufwendungen erreicht werden kann (§ 4 Abs. 1 Satz 2 GastG). Diese Ausnahme wird restriktiv gehandhabt, allein die Tatsache, dass erhöhte Kosten mit der Herstellung der Barrierefreiheit verbunden sind, ist kein Grund. Die Kosten müssten „unzumutbar“ sein, was eine hohe Hürde darstellt. 5.4 Pauschalreiserecht und Personenbeförderungsrecht Im Jahr 2019 wurde das Pauschreiserecht in Bezug auf Barrierefreiheit ergänzt durch eine Änderung des Art 250 § 3 Nr. 1j EGBGB. Danach müssen in den Informationen, die der Reisende vor Vertragsschluss erhält, auch Angaben gemacht werden, ob die Pauschalreise „im Allgemeinen“ für Personen mit eingeschränkter Mobilität geeignet ist. Zudem ist auf Nachfrage des Reisenden darüber zu informieren, inwieweit sich die Reise im Hinblick auf seine speziellen Bedürfnisse eignet. Dahinter steht die allgemeine Bestrebung der EU, bei Rechtsakten, die die Personenbeförderung betreffen, den besonderen Bedürfnissen von Personen mit eingeschränkter Mobilität angemessen Rechnung zu tragen (Hau und Poseck in: BeckOK zum BGB, 62. Edition 5/ 2022, Art. 250 EGBGB Rn. 17 und 19). Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht nur körperbehinderte Men‐ schen, sondern auch Menschen mit Sinneseinschränkungen, etwa blinde oder sehbehinderte Menschen, in ihrer Mobilität beeinträchtigt sind (vgl. Bundestags-Drucksache-18/ 10822,-101 f.). Völlig ungeklärt und vom Gesetzgeber offen gelassen ist die Frage, anhand welcher Kriterien ein Reiseveranstalter beurteilen soll, ob die Reise „im Allgemeinen“ für Personen mit eingeschränkter Mobilität geeignet ist (Hau und Poseck aaO. Rn. 18). Das Problem besteht darin, pauschale Angaben machen zu müssen trotz der großen Bandbereite an Mobilitätsein‐ schränkungen. In der Praxis hat der Großteil der Reiseveranstalter folglich ihre Produkte als nicht barrierefrei markiert, wahrscheinlich auch, um nicht in die Haftung genommen zu werden. Denn wenn konkrete Angaben gemacht werden, werden diese Vertragsbestandteil; fehlen die zugesagten Einrichtungen bzw. Hilfsmittel bei der Reise dann, liegt ein Reisemangel vor. Allenfalls ist der Hinweis zu finden, dass die Reise nur „bedingt“ geeignet ist und man sich wegen der Details beim Reiseveranstalter melden solle. 44 5 Die rechtliche Situation <?page no="45"?> Das Erfordernis der vorvertraglichen Unterrichtung hat damit vor allem den Zweck, Reisende mit eingeschränkter Mobilität darin zu bestärken, sich hinsichtlich der Eignung der Reise im Hinblick auf ihre konkreten Bedürfnisse zu erkundigen und Reiseveranstalter zu sensibilisieren, sich vorab allgemeine Gedanken zur Eignung zu machen und sich auch auf die angemessene Beantwortung spezifischer Fragen vorzubereiten (Hau und Poseck aaO. Art. 250 EGBGB Rn. 19). Beförderungsleistungen innerhalb der EU können der allgemeinen Eig‐ nung einer Reise für Personen mit eingeschränkter Mobilität i. d. R. nicht entgegenstehen (vgl. auch Hau und Poseck aaO. Rn. 17 und 19). Denn die für den Flug, Bahn-, Bus- und Schiffverkehr bestehenden unionsrecht‐ lichen Vorschriften sehen im Grundsatz eine Beförderungspflicht vor und auch Reiseunternehmen (Reiseveranstalter und Reisevermittler) werden verpflichtet, entsprechende Buchungen zu akzeptieren: • für den Flugverkehr in Artikel 3 VO Nr. 1107/ 2006 sowie in Artikel 11 Fluggastrechte-Verordnung (VO Nr.-261/ 2004), • für den Eisenbahnverkehr in Artikel 19 VO Nr.-1371/ 2007, • für den See- und Binnenschiffsverkehr in Artikel 7 VO Nr. 1177/ 2010 sowie • für den Kraftomnibusverkehr in Artikel 9 VO Nr.-181/ 2011. In der touristischen Leistungskette ist daher insbesondere das Thema An- und Abfahrt sowie auch das mitzudenkende Thema der Beförderung von der Unterkunft zu den einzelnen Reiseaktivitäten (Kultur, Sport, Shopping usw.) gesetzlich geregelt. Das bedeutet gleichwohl nicht, dass in allen Bereichen die Beförderung problemlos möglich ist. 5.5 Digitale Barrierefreiheit Neben der baulichen Situation muss in der heutigen Zeit insbesondere auch die digitale Barrierefreiheit mitgedacht werden. Die Barrierefreie-In‐ formationstechnik-Verordnung in der Fassung von 2019 dient diesem Ziel, eine umfassend und grundsätzlich uneingeschränkt barrierefreie Gestaltung moderner Informations- und Kommunikationstechnik zu ermöglichen und zu gewährleisten. Diese Verordnung gilt, da Sie auf dem BGG beruht, unmittelbar aber nur für staatliche Einrichtungen. Die Einbeziehung der Privatwirtschaft 5.5 Digitale Barrierefreiheit 45 <?page no="46"?> erfolgt durch das am 16. Juli 2021 erlassene Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/ 882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (Barrie‐ refreiheitsstärkungsgesetz - BFSG). Mit diesem Gesetz werden nun auch private Unternehmen dazu verpflichtet, bestimmte digitale Produkte und Dienstleistungen barrierefrei anzubieten, insbesondere: • Computer, Notebooks, Tablets, Smartphone, Mobiltelefone, • Geldautomaten, • Serviceterminals, z.-B. Fahrausweisautomaten, • Fernsehgeräte mit Internetzugang, • E-Books, • Onlinehandel, • Telefondienste, Messenger-Dienste, Apps, • Personenbeförderungsdienste (für Stadt-, Vorort- und Regionalver‐ kehrsdienste nur interaktive Selbstbedienungsterminals). Die meisten Regelungen gelten aber erst ab Mitte 2025, Serviceterminals und Bankautomaten müssen sogar erst 2040 barrierefrei sein. Die Konkretisierung der Anforderungen an die Barrierefreiheit für Pro‐ dukte und Dienstleistungen wurden im Rahmen einer auf Grundlage des BFSG erlassenen Rechtsverordnung geregelt. Diese wurde am 22. Juni 2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Gleichwohl hat die Europäische Kommission gegen die Bundesrepublik im Juni 2022 ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, weil die Richt‐ linie nicht in nationales Recht umgesetzt bzw. die Mitteilungen darüber nicht hinreichend seien. Die Antwort der Bundesregierung steht noch aus (Pressemitteilung INF/ 22/ 4559 der Europäischen Kommission). 5.6 Ausblick Insgesamt geht es nur langsam voran. Zwar gelten zahlreiche Normen zum Thema barrierefrei für verschiedene Bereiche der touristischen Servicekette. Deren Umsetzung vollzieht sich jedoch nur schleppend; es gibt Übergangs‐ regeln, Ausnahmen und lange Umsetzungsfristen. Von flächendeckend bar‐ rierefreien Reisemöglichkeiten ist die Bundesrepublik noch weit entfernt. 46 5 Die rechtliche Situation <?page no="47"?> 6 Die Reisenden mit Beeinträchtigung In Diskussionen mit Leistungsträgern fällt immer die Unsicherheit im Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigung auf. Das hängt zum einen mit dem allgemeinen Unwissen zusammen, was weder zu verurteilen noch zu beanstanden ist. Der dahingehende gesellschaftliche Wandel (in Deutsch‐ land) ist gerade erst mit dem umfassenden Beginn der Inklusion an Schulen ca. ab dem Jahr 2010 angestoßen worden. Es muss wohl erst diese Generation die Schulen verlassen, bis sich eine breitere Akzeptanz des Themas von selbst entwickelt. Eine andere Auffälligkeit ist, dass die Leistungsträger sofort Gruppen von Rollstuhlfahrer: innen oder Blinden im Kopf haben und sich fragen, wie sie den Bedürfnissen dieser Menschen gerecht werden sollen. Selten ist den Leistungsträgern bewusst, dass in einer Gruppe von Reisenden einige wenige die Bedürfnisse anmelden. Nachfolgend sollen die Reisenden mit Beeinträchtigung näher umrandet werden und erklärt werden, welche Barrieren denn auch bei den Reisenden selbst vorherrschen können. 6.1 Menschen mit Beeinträchtigung als Zielgruppe von barrierefreien Angeboten Die erste Assoziation, die beim Begriff ‚Barrierefreier Tourismus‘ aufkom‐ men könnte, sind Reisen für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen. Und zumeist wird häufig direkt an Besucher: innen gedacht, die im Rollstuhl sitzen (ADAC 2003, 23). Auch in der wissenschaftlichen Diskussion um barrierefreien Tourismus erfolgte die Auseinandersetzung vornehmlich um den Aspekt der Mobilität bzw. einer eingeschränkten Mobilität (Suß‐ ner 2017, 101). Warum sie beim Thema zuerst in den Sinn kommen, lässt sich wahrscheinlich niemals zweifelsfrei klären. Zwei Begründungsversuche lauten: Zum einen liegt es an der Aufmerksamkeit, die ein Rollstuhl bzw. Rollstuhlfahrer: innen erregen - gewollt oder auch zumeist ungewollt. Zum anderen wird seit Jahrzehnten bei vielen internationalen Beschilderungen als Piktogramm eine Person im Rollstuhl verwendet, um auf Einrichtungen wie Toiletten hinzuweisen, die für behinderte Menschen geeignet sind (und auch dieses Buch ziert eine solche Abbildung auf dem Cover). Roll‐ <?page no="48"?> stuhlfahrer: innen können mögliche Reisende sein, die besondere Angebote benötigen, sie bilden aber nur einen Teil des Spektrums. International kann keine Einigkeit bestehen, wann eine Person als behin‐ dert zu verstehen ist, da Behinderung, wenn es sie überhaupt gibt, ein kulturell-gesellschaftliches Konstrukt ist (siehe → Kapitel 3). Es ist somit unmöglich, eine allgemeingültige Definition für den Tourismus zu geben. Das ist jedoch betriebswirtschaftlich nicht zielführend, denn es müssen passende Angebote geschaffen werden. Wissen | Definition Behinderung Es kann keine allgemeingültige Definition für Behinderung geben, da es sich um ein kulturell-gesellschaftliches Konstrukt handelt. Ein tou‐ ristischer Leistungsträger muss sich daher Kund: innen mit besonderen Bedürfnissen in Bezug auf sein Angebot entsprechend nähern. In Deutschland wird die Verteilung der Schwerbehinderten nach Art erfasst. Sie wird typischerweise von den verschiedensten Quellen als Anhaltspunkt verwendet (z.-B. ADAC-2003, 12-ff.). Sie ist in →-Abbildung 5 dargestellt. Abb. 5: Verteilung der Schwerbehinderungen in Deutschland nach Art 2017 (Quelle: Statista Dossier Schwerbehinderung 2019) 24,9% 21,4% 19,4% 11,7% 11% 4,5% 4,1% 2,3% 0,7% Beeinträchtigung der Funktion von inneren Organen bzw. Organsystemen Querschnittslähmung, zerebrale Störungen, geistigseelische Behinderungen, Suchtkrankheiten Sonstige und ungenügend bezeichnete Behinderungen Funktionseinschränkung von Gliedmaßen Funktionseinschänkung der Wirbelsäule und des Rumpfes, Deformierung des Brustkorbes Blindheit und Sehbehinderung Sprach- und Sprechstörungen, Taubheit, Schwerhörigkeit, Gleichgewichtsstörungen Verlust einer Brust oder beider Brüste, Entstellungen u.a. Verlust oder Teilverlust von Gliedmaßen Statista Dossier Schwerbehinderung (2019): Schwerbehinderung in Deutschland, statista, Artikel Nr. did-29309-1, verfügbar unter https: / / de.statista.com/ statistik/ studie/ id/ 29309/ dokument/ schwerbehinderung -indeutschland-statistadossier/ Abbildung 5: Verteilung der Schwerbehinderungen in Deutschland nach Art 2017 (Quelle: Statista Dossier Schwerbehinderung 2019) 48 6 Die Reisenden mit Beeinträchtigung <?page no="49"?> Es ist eine Unterteilung, die scheinbar aus einer medizinischen Perspektive erstellt ist. Für den Tourismus zeigt sie deutliche Zahlen in Bezug auf Seh-, Hör- und Sprachbehinderungen. Aber es gibt keine Kategorisierung, in der Mobilitätseinschränkungen gesondert ausgewiesen werden. Vielmehr scheinen sie in verschiedene Kategorien zu fallen. Sie könnten teilweise in den Kategorien Querschnittslähmung etc. 21,4 %, Funktionseinschrän‐ kung von Gliedmaßen 11,7 %, Wirbelsäule etc. 11 % und Teilverlust von Gliedmaßen 0,7 % zu finden sein. Eine Summierung dieser Elemente wäre sicherlich zu hoch. So ging der ADAC 2003 aufgrund der Zahlen von 2001 von 25 Millionen Menschen mit Mobilitätseinschränkung in Deutschland aus (ADAC 2003, 13). Die Zielgruppe muss als sehr heterogen beschrieben werden und sie umfasst Menschen mit klassischen Behinderungen, wie z. B. körperlich, geistig, sensorisch oder psychisch, aber auch Menschen, die altersbedingt oder sonstig dauerhaft oder temporär eingeschränkt sind, z. B. Senior: innen, Schwangere, Personen mit vorübergehenden Unfallschäden, Familien mit Kinderwagen, Menschen mit Allergien oder sonstigen Erkran‐ kungen (Göttel und Koch-2017,-58). Eine sehr einfache Unterteilung für touristische Zwecke nimmt Wilken (2002,-22) vor: 1. Behinderte im engeren Sinne (körperlich inkl. Sehen, Hören, geistig), 2. chronisch Kranke (z.-B. Herz-Kreislauf), 3. altersbehinderte Personen. Seine verknappte Liste scheint deutlich dienlicher für betriebswirtschaft‐ liche Überlegungen eines touristischen Leistungsträgers zu sein als die statistische Aufstellung Schwerbehinderter in Deutschland. Auch bei Darcy und Buhalis (2011, 5) findet sich eine ähnliche Auflistung, die nur ein wenig mehr aufgeschlüsselt ist: 1. Mobilität, 2. Sehen, 3. Hören, 4. intellektuell, kognitiv, Lernen, 5. geistige Erkrankung, 6. Befindlichkeiten (inkl. Atemwege, Essen), 7. Sonstige. Beiden Definitionen ist gemein, dass zunächst die Behinderten im engeren Sinne genannt sind. Auch Neumann und Reuber (2004, 13) beziehen sich 6.1 Menschen mit Beeinträchtigung als Zielgruppe von barrierefreien Angeboten 49 <?page no="50"?> hauptsächlich auf diese Gruppen. Sie sind es, auf die in Deutschland im Rahmen des Zertifikats „Reisen für Alle“ (→ Kapitel 8.1) eingegangen wird. Die Gruppen der Organgeschädigten, Atemwegserkrankten oder der Men‐ schen mit Essensunverträglichkeiten finden in der allgemeinen Diskussion um barrierefreien Tourismus häufig keinen Platz und bilden ein Gebiet für weitere Forschungen. Exkurs | Meilensteine barrierefreies Reisen • 1989: Baker-Report erscheint in Großbritannien als Auslöser der „Tourismus für Alle“-Bewegung • Sukzessive folgen weitere Kampagnenträger in Schweden, Deutsch‐ land, Italien, Spanien, Schweiz, den Niederlanden. • 1993-96: Aktionsprogramm der EU zugunsten behinderter Men‐ schen (HELIOS II) • 1996: Veröffentlichung des Handbuches für Tourismusfachleute „Making Europe Accessible for Tourists with Disabilities/ Reiseziel Europa für Behinderte“ • 1996: „European Concept for Accessibility (ECA)“ (überarbeitete Neuauflage 2003) • 1999: internationale Tagung im Rahmen des EU-Projektes: „Disabi‐ lity and the Freedom of Movement“ • 1999: Gründung der Nationalen Koordinationsstelle für Tourismus für Alle e.-V. (häufig kurz NatKo e.-V.) • ab 2000: unkoordinierte Entwicklung diverser Zertifizierungssys‐ tem in allen Bundesländern und national als „Reisen für Alle“ • 2002: „Deklaration von Madrid“ • 2003: „Europäisches Jahr der Menschen mit Behinderungen“ (EJMB) • 2008: „Barrierefreier Tourismus für Alle in Deutschland - Erfolgs‐ faktoren und Maßnahmen zur Qualitätssteigerung“ (Projekt geför‐ dert vom BMWi) • Ab 2012: jährlich „Tag des Barrierefreien Tourismus“ auf der ITB im Rahmen des Kongresses • 2019 Auflösung des NatKo e. V. aufgrund der Einstellung der Förde‐ rung durch den Bund Quelle: ADAC: Meilensteine des barrierefreien Tourismus in Europa (2003, 8) und eigene Zusammenstellung 50 6 Die Reisenden mit Beeinträchtigung <?page no="51"?> 6.2 Abbau von Barrieren im Kopf des Reisenden Erleidet ein Mensch im Laufe seines Lebens eine Einschränkung, dann muss er auch erst wieder zum Touristen werden. Dabei ist die grundsätzliche Annahme, dass nur die Barrieren der Umwelt reduziert werden müssen. Das ist aber mitnichten so. Um das Jahr 2000 wurde festgestellt, dass die Annahme wohl nicht ganz stimmt, denn es kam nicht zur gewünschten Nachfrage, obwohl Barrieren (nach dem Verständnis der Leistungsträger) abgebaut wurden. Es wurde in einigen Ländern (z. B. USA, UK) darüber dis‐ kutiert, die Regularien zu barrierefreien Angeboten wieder zurückzufahren. Bevor das geschah, wurde glücklicherweise erkannt, dass die physischen Barrieren nur ein Grund sind, warum die Teilnahme am Tourismus nicht erfolgt. Vielmehr muss ein Umfeld aufgebaut werden, das die Teilhabe aus eigener Kraft ermöglicht (Yau, McKercher und Packer 2004, 948). Nach einer Schädigung benötigt der nun behinderte Mensch also nicht nur eine angepasste Umwelt, auch in seinem Kopf muss ein Umdenken er‐ folgen. Das passiert nicht über Nacht, sondern es muss wieder eine Basis für das Reisen geschaffen werden. Um zu beschreiben, wie Geschädigte wieder zu Reisenden werden, haben Yau, McKercher und Packer (2004, 946-960) ein fünfstufiges Modell entwickelt. Ein Mensch muss die Abschnitte nach dem Auftreten seiner Behinderung sequenziell oder parallel durchlaufen, wenn er wieder auf Reisen geht (→-Abbildung-6). Abb. 6: Fünfstufenmodell eines Geschädigten zum Reisenden (Quelle: in Anlehnung an Yau, McKercher und Packer (2004)) Stufe 5 Stufe 4 Stufe 3 Stufe 2 Stufe 1 Experimentieren und Reflektieren - unterschiedliche Arten des Reisens Ausgleich und Kompromiss Reiseanalyse - Suche nach Information Wiederanschluss - Erkundung des zukünftigen Reisens (mit Behinderung) Persönliche Ebene - Akzeptanz und Reintegration Abbildung 6: Fünf-Stufen-Modell der Entwicklung Geschädigter zu Reisenden nach Yau, McKercher und Packer (2004) 6.2 Abbau von Barrieren im Kopf des Reisenden 51 <?page no="52"?> In ihrer Untersuchung führten sie Tiefeninterviews oder Diskussionen in Fokusgruppen mit Menschen die entweder mobilitätseinschränkt oder blind waren. Es wurde auf eine gute Durchmengung der Teilnehmenden geachtet. Dabei spielten nicht nur Alter und Geschlecht eine Rolle, sondern auch, die behinderungs- und reiseaffinitätsspezifischen Faktoren wurden beachtet: Fragen danach, wann im Laufe des Lebens die Behinderung auftrat und wieviel Reiseerfahrung die jeweiligen Proband: innen mitbrin‐ gen, wurden in der Zusammenstellung mitberücksichtigt (Yau, McKercher und Packer 2004, 949). Das Ergebnis ist ein Fünf-Stufen-Modell, das den Prozess des Umdenkens im Kopf beschreibt, der stattfinden muss, damit aus Geschädigten wieder Reisende werden: Stufe 1: Persönliche Ebene - Akzeptanz und Reintegration Auf der ersten Stufe müssen Betroffene mit sich selbst ins Reine kommen, bevor sie (wieder) ein Teil der Gesellschaft werden können und damit auch reisen können bzw. möchten. Vor allem für die Menschen, bei denen eine Behinderung zu einem späteren Zeitpunkt des Lebens auftritt, ist das ein wichtiger Schritt. Denn vielmals scheinen zuerst alle weiteren Planungen mit der neuen Lebenssituation dahin. Es kann festgestellt werden: Wer die jeweilige Behinderung nicht akzeptiert, reist auch nicht. Je nachdem, wie umfangreich eine Rehabilitation ist, kann auch die Zeitspanne der Akzeptanz andauern. Dazu gehört auch die Sorge des nahen, entscheidungs‐ beeinflussenden Umfelds. Von dort können Reisen auch „ausgeredet“ oder gar „verboten“ werden. Das Umfeld kann beispielsweise erwarten, dass die behinderte Person eher zu einem passiven Mitglied der Gesellschaft wird (Yau, McKercher und Packer 2004, 950-952). Dazu passen die Ergebnisse einer Forschung von Blichfeldt und Nicolaisen (2011). Auch sie stellen fest, dass das Gefühl von Loskommen aus dem Alltag, das Wegkommen von den täglichen Helfer: innen, die ins Haus kommen, und das gleichzeitige Gefühl, etwas zu tun, das einem niemand zutraut (86-88), von zentraler Bedeutung ist. Das scheint genau diese Stufe 1 der Akzeptanz und Reintegration widerzuspiegeln. 52 6 Die Reisenden mit Beeinträchtigung <?page no="53"?> Stufe 2: Wiederanschluss - Erkundung des zukünftigen Reisens (mit Behinderung) Ab Stufe 2 wird das Individuum wieder vollständig Teil der Gesellschaft. Dies gelingt, wenn verstanden wird, wie eigentlich eine Gesellschaft gegenüber Behinderten eingestellt ist. Die Studie, die mit chinesischen Proband: innen in Hongkong erstellt wurde, nennt dazu Überlegungen, die in Europa sicherlich vor einer direkten Übertragung reflektiert werden sollten. In den Aussagen ist deutlich zu erkennen, dass die Interviewten einer kollektivis‐ tischen Gesellschaft entstammen. So erklärten sie, dass die Gesellschaft denkt, dass sie zunächst nur die absoluten Basics des Lebens benötigen. Sie sind traurig, fühlen sich als Bürde für ihre Familie und sind nicht aktiv. Sie scheinen lernen zu müssen, die Rolle einer behinderten Person zu spielen. Nach dem (chinesisch-asiatischen kulturellen) Verständnis der Proband: in‐ nen sollen sich Behinderte zurückziehen und niemandem Probleme bereiten. In Hongkong scheinen einige Behinderte, vor allem wenn sie erst spät im Leben behindert werden, sich in ihre Rolle zu fügen. Sie sitzen da und warten, dass jemand sich um sie kümmert. Sie arbeiten auch nicht, auch wenn sie könnten. Sie werden ein Teil des Systems und spielen die Rolle der behinderten Person. Während offensichtliche Behinderungen häufig zu positiven Reaktionen, z. B. Hilfsbereitschaft, führen, kann es zu gegenteiligen Reaktionen bei Menschen mit geringen Graden der Behinderung kommen. Bei ihnen wird häufig erwartet, dass sie wie „Nichtbehinderte“ sind (was sie aber nicht können). Wenn ihnen dann doch eine „Extrawurst gebraten wird“, fühlen sich die Nichtbehinderten benachteiligt. Beispiel: Wenn eine gehbehinderte Person länger als üblich auf einer Toilette verweilt und ihre Gehunterstüt‐ zungen nicht dabeihat, dann wird sie „schief “ angeschaut, weil es anderen Wartenden zu lange gedauert hat. Die Überlegungen zeigen, wie schwer es fällt, wieder Teil einer Gesell‐ schaft zu werden. Bei ersten Reiseversuchen, die meist zaghaft angegangen werden, werden die Betroffenen mit den Stereotypen konfrontiert, wie eine behinderte Person sich zu verhalten hat. Daher wird zu Beginn mit Familie, Freund: innen oder speziellen Reiseanbietern mit Spezialisierung auf besondere Einschränkungen gereist. Oder, wenn möglich, wird die Behinderung versteckt/ verschleiert. Es werden bei Gruppenreisen z. B. Einzelzimmer gebucht, um anderen nicht zu direkt zur Last zu fallen (Yau, McKercher und Packer-2004, 952-954). 6.2 Abbau von Barrieren im Kopf des Reisenden 53 <?page no="54"?> Stufe 3: Reiseanalyse - Suche nach Informationen Die theoretischen Gedanken ums Verreisen müssen nun real werden. Es ist der Moment, bei dem Menschen mit Reiseunerfahrenheit entmutigt aufgeben, wenn die notwendigen Informationen nicht verfügbar sind. Diese Unsicherheiten nehmen aber mit zunehmender Reiseerfahrung ab. Es müssen potenzielle Probleme im Vorhinein identifiziert werden. Hierzu müssen viel mehr Dinge beachtet werden, als das bei Nichtbehinderten der Fall ist. Es muss dabei immer die ganze Reisekette betrachtet werden (ein schöner, barrierefreier Aussichtspunkt ist nutzlos ohne den Weg dorthin). Für die Leistungsträger bedeutet das: Je besser die Informationen bereitge‐ stellt werden (egal, ob vom Leistungsträger oder einem Reiseveranstalter), desto eher kann gebucht werden. Das erscheint zunächst aufwendig bzw. kostenintensiv, aber behinderte Reisende sind sehr loyale Kund: innen, wenn ihnen die benötigten Informationen bereitgestellt werden (Yau, McKercher und Packer 2004, 952-954). Auch in diesem Punkt liefern Blichfeldt und Nicolaisen (2011) ähnliche Ergebnisse: Bei den ersten Reisen ist es wichtig, dass die Betroffenen viele Infos vorab finden. Und dass diese eingehalten werden. Dabei sinkt der Informationsbedarf mit der Reiseerfahrenheit (88- 90). Stufe 4: Die tatsächliche Reise - Ausgleich und Kompromiss Menschen mit Einschränkungen müssen auf Reisen beständig Kompromisse eingehen. Beispiele: Wird die nicht ganz passende Unterkunft in Zentrums‐ nähe bevorzugt? Wie sind architektonische oder natürliche Hindernisse bei einer Sehenswürdigkeit zu beurteilen? Wie viel Extrazeit muss eingeplant werden, um noch rechtzeitig beim vereinbarten Treffpunkt zu sein? Muss auf eine Sehenswürdigkeit verzichtet werden, da sie keinen Zugang bietet? Häufig werden aber auch die Fähigkeiten der Behinderten unterschätzt. Sie können dann nicht an einem Programmpunkt teilnehmen, obwohl es möglich gewesen wäre. Es ist schwierig immer einen guten Ausgleich zu finden und der Kompromiss, an etwas nicht teilnehmen zu können, kann auch zu Nichtbefriedung führen. Es bringt nichts, irgendwo physisch anwesend zu sein und dann nichts tun zu können. Wenn an einem Teil einer Tour nicht teilgenommen werden kann, dann ist es nur ein kleiner Trost, wenn die anderen Tourmitglieder später Bilder zeigen (Yau, McKercher und Packer 2004, 954-956). 54 6 Die Reisenden mit Beeinträchtigung <?page no="55"?> Stufe 5: Experimentieren und Reflektieren - unterschiedliche Arten des Reisens Die ersten Reisen als behinderte Person bringen zumeist gemischte Erfah‐ rungen. Zunächst wird festgestellt, dass barrierefreies Reisen bedeutet, dass die Auswahl geringer und die Preise höher sind. Bei der Reise selbst sind typische Probleme die Mobilität oder auch ärztliche Hilfe. Rollstuhlfah‐ rer: innen berichten beispielsweise davon, dass ihre Rollstühle, die während des Fluges verstaut werden, nicht ausreichend pfleglich behandelt werden. Außerdem erzeugen andere Sinneswahrnehmungen einen anderen Blick auf das Leben. Das kennen und verstehen nicht behinderte Menschen nicht. Daher wird häufig verkannt, dass einfache Dinge wie beschreibende Worte, Gerüche, Berührungen, Geräusche/ Töne ebenso tolle Erfahrungen sein können (Yau, McKercher und Packer 2004, 956-957). Im Ergebnis halten Yau, McKercher und Packer (2004, 958) fest, dass eine positive oder negative Reiseentscheidung nicht nur von physischen Barrieren abhängig ist. Wieder zu reisen, das kann nach einer aufgetrete‐ nen Behinderung auch Metapher für die Wiedergewinnung des normalen Lebensalltags sein. Denn wer beginnt zu reisen, hat die eigene Behinderung akzeptiert und verbindet sich wieder proaktiv mit der Realität. Familie und die Tourismuswirtschaft helfen gemeinsam, diese Stufen zu durchleben. Die Bedeutung des Reisens wird auch von Blichfeldt und Nicolaisen (2011, 91) geteilt: „[T]aking a vacation is important [for any disabled people], not only because it offers a means of escape from their everyday life roles as ‚objects of care‘, but also because it is a means to the ends of them becoming (or being) self-reliant, independent, confident and ‚able‘ people.“ Wissen | Reisen muss (wieder) gelernt werden Die fünf Stufen helfen dabei, die Kundschaft aus der Sichtweise ihrer Reiseerfahrenheit zu beschreiben. Aus Sicht eines Leistungsträgers muss darauf geachtet werden, auf welcher Stufe sich Anfragende oder Reisende befinden. So kann ihnen die notwendige Empathie entgegen‐ gebracht werden. 6.2 Abbau von Barrieren im Kopf des Reisenden 55 <?page no="56"?> 6.3 Reiseentscheidung und Urlaubsmotive Reiseentscheidung und Urlaubsmotive sind ein sehr breites Feld. Sie ge‐ hören grundsätzlich zum Konsumentenverhalten, dass in der betriebswirt‐ schaftlichen Literatur eng mit den Namen Kröber-Riel und Gröppel-Klein (2019) verbunden ist. Im Tourismus finden häufig die Überlegungen von Opaschowski (2012), der sich dem Thema freizeitwissenschaftlich nähert, Eingang. Erfolgt eine thematische Einordung zum barrierefreien Tourismus, so muss festgestellt werden, dass sich behinderte Menschen in ihrem Verhal‐ ten als Kund: innen im Tourismus nicht von anderen unterscheiden. Ihre Grundbedürfnisse mögen zwar etwas umfangreicher sein, die Wünsche und Vorstellungen sind es jedoch meistens nicht (Figueiredo, Eusébio und Kastenholz-2012,-531; Zepf-2000,-393). Die Reiseintensität betrug in Deutschland, mit Ausnahme der Corona‐ jahre, immer 75 % oder mehr. Die von behinderten Menschen und/ oder deren Angehörigen lag in den beiden letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts deutlich unter jener der Normalbevölkerung. Das lag aber hauptsächlich am Alter. Denn die Reiseintensität von Behinderten unter 69 Jahren lag nur unwesentlich unter derjenigen der Normalbevölkerung (Wilken 2002, 24 f.). Da Menschen mit Beeinträchtigung kaum demotiviert sind zu reisen (Al‐ lan 2015, 116), darf davon ausgegangen werden, dass es sich trotz aller Barrieren um eine reisefreudige Zielgruppe handelt. Das wohl bedeutendste Urlaubsmotiv ist Erholung, auch weil der Begriff selbst durch unterschiedliche Arten von Urlaub besetzt werden kann. Das wird auch von Menschen mit Beeinträchtigung so genannt (Allan 2015, 115). Eine deutliche Abgrenzung zu Menschen ohne Beeinträchtigung muss bei anderen Urlaubsmotiven gemacht werden. Natürlich erscheint die nachfol‐ gende Aussage dazu reichlich stereotyp und muss im Einzelfall bewertet werden; grundsätzlich aber sollte von Menschen mit Beeinträchtigung die Urlaubsmotivation weniger mit Gedanken der (Selbst-)Optimierung und Leistung (Stichwort „Freizeitstress“) in Verbindung gebracht werden (Pöggeler-2002,-49-f.). Wissen | Urlaubsmotivation Erholung ist die wichtigste Urlaubsmotivation bei Menschen mit Beein‐ trächtigung. Sie sind sehr reisefreudig. 56 6 Die Reisenden mit Beeinträchtigung <?page no="57"?> Die Reisepartner: innen von behinderten Menschen sind zumeist Freunde oder Familie (Figueiredo, Eusébio und Kastenholz 2012, 533). Es könnte angenommen werden, dass Reisen mit Familienmitgliedern oder Freud: in‐ nen bevorzugt werden, weil diese dann „geübte“ Hilfe leisten können und sich nicht auf Tourguides oder ähnliche verlassen werden muss. Das ist mitnichten so. Die Wahl fällt grundsätzlich auf Familie oder Freund: innen als Mitreisende, weil mit diesen Personen eine gute Zeit verbracht werden soll (Yau, McKercher und Packer 2004, 952). Und es ist anzunehmen, dass Reisen im familiären Umfeld auch weiter zunehmen werden, wenn Inklusion noch tiefer in der Gesellschaft verankert ist. In einer Onlinestudie gaben über ¾ der befragten Teilnehmemden an, dass eine Individualreise mit Partner: in, Familie oder Freund: innen die bevorzugte Reiseform sei (Neumann et al. 2019, 7). Da davon auszugehen ist, dass nicht für alle Mitglieder einer Familie ein barrierefreies Reiseumfeld unbedingt notwendig ist, muss das Mindset bei Leistungsträgen vielmehr dahingehend ausgeprägt werden, dass in jeder Reisegruppe ein Mensch mit Behinderung mitreist, als dass es sich um Reisegruppen handelt, bei denen alle Teilnehmenden ein barrierefreies Angebot benötigen (Kempf, Lindfeld und Corinth 2021, 179 f. → Kapitel 8.1 ). Gründe für Nichtreisen wurden für Gehbehinderte in der Türkei er‐ forscht. Hauptgrund für das Nichtreisen war mit 88,5 % die eigene finanzielle Situation, was sich durch geringere Einkommen bzw. sogar eine hohe Arbeitslosigkeit unter den Proband: innen erklären lässt. An zweiter Stelle stehen die allgemeinen Mobilitätsbarrieren bei touristischen Leistungsträ‐ gern bzw. insgesamt in Destinationen (Karacaoglu, Yolal und Gursoy 2015, 28). Die Studie kann insofern mit Deutschland verglichen werden, als hier die Begründung für Nichtreisende ohne Beeinträchtigung aus dem Jahr 2010 kongruente Ergebnisse liefert. Gesamt waren es 57,4 % der Menschen, die bei der FUR-Reisanalyse finanzielle Gründe (49,9 %) oder Arbeitslosigkeit (7,5 %) für Nichtreisen anführten (FUR Reiseanalyse 2010, zit. in: Freyer 2015, 112). 6.4 Informationssammlung Vor der Buchung einer Reise oder vor Abreise werden von den Reisenden Informationen zusammengetragen. Die Informationsbedarfe sind so unter‐ schiedlich wie die Menschen selbst. Dabei ist Reisen ein Vertrauensgut, 6.4 Informationssammlung 57 <?page no="58"?> denn die Leistung kann erst bei Inanspruchnahme beurteilt werden. Wenn angenommen wird, dass Menschen mit Beeinträchtigungen einen geringere Reiseerfahrenheit haben, dann ist davon auszugehen, dass eine höhere Beratungsintensität vorliegt (Wilken 2002, 31). Aus älteren Untersuchungen lässt sich zudem feststellen, dass Behinder‐ tenorganisationen für Urlaube die Kernanlaufstelle sind. Sie sind verlässlich und verstehen die Bedürfnisse. Einige bieten eigene Urlaubspakete an, die ideal zugeschnitten sind (Blichfeldt und Nicolaisen 2011, 91). Aber natürlich ist das Internet heute die Hauptquelle für Informationsgewinnung. Bei Allen (2015, 113) wurde erhoben, dass 49 % der befragten Mobilitätseinge‐ schränkten das Internet zur Reisevorbereitung nutzen. Neumann et al. (2019, 7) haben eine Übersicht zusammengetragen, bei der sie die Orte der Informationssuche untergliedern (→-Abbildung-7): Abbildung 7: Reiseinformationssuche von Menschen mit besonderen Bedürfnissen (Quelle: Neumann et al. 2019, 7) 0,182 0,206 0,213 0,289 0,459 0,482 Soziale Netzwerke zum barrierefreien Reisen Hotelbewertungsportale im Internet Kataloge von Reiseveranstaltern Persönliche Erfahrung, Reiseziel bereits besucht Internet allgemein Internetseiten zu barrierefreiem Reisen AUSTAUSCH 18,2% 20,6% 21,3% 28,9% 45,9% 48,2% Soziale Netzwerke zum barrierefreien Reisen Hotelbewertungsportale im Interneht Kataloge von Reiseveranstaltern Persönliche Erfahrung, Reiseziel bereits gebucht Internet allgemein Internetreisen zu barrierefreiem Reisen Abbildung 7: Reiseinformationssuche von Menschen mit besonderen Bedürfnissen (Quelle: Neumann et al. 2019, 7) Dabei zeigt sich, dass das Internet die Basis der Informationsgewinnung für Menschen mit Beeinträchtigung darstellt. Wenn auch noch Hotelbewer‐ tungsportale und Social Media mit zum Internet gezählt werden, dann bleiben als Offlinequelle nur die Kataloge von Reiseveranstaltern. Um den Informationsbedarfen gerecht zu werden, erstellen die einzelnen Landesmarketingorganisationen eigene Führer bzw. richten Websites ein, in denen das barrierefreie Angebot beschrieben wird. Die Angebote sind nicht auf Websites versteckt, sondern zumeist mit einem Klick auffindbar (Liem 2019, 7). In der Tourismusstrategie des Landes NRW 2019 steht deutlich, dass Inklusion z. B. beim Contentaufbau oder im Rahmen der neuen Zielgruppenansprache mitzudenken ist. Ein zielgerichteter Ausbau inklusiver Angebote und parallel dazu der umfassende Aufbau transparenter Informationen sollen von den regionalen DMOs ungesetzt werden (NRW 58 6 Die Reisenden mit Beeinträchtigung <?page no="59"?> Tourismusstrategie 2019, 25). Darauf aufbauend wurden beispielsweise durch die Tourismus Niederrhein GmbH ein durch Bundesmittel gefördertes Projekt realisiert sowie barrierefreie Angebote geschaffen (Kempf, Lindfeld und Corinth 2021, 171-ff.). Daneben bleiben natürlich die kleinteiligen Probleme bestehen: Welche Informationen gibt es und wie richtig sind sie? (Peumans 2008, 255). Eine Lösung können Zertifizierungen sein, die in → Kapitel 8 genauer betrachtet werden. 6.4 Informationssammlung 59 <?page no="61"?> 7 Destinationsmanagement mit barrierefreien Angeboten Die Angebote des barrierefreien Tourismus müssen auf unterschiedlichen Ebenen gedacht werden: Die unterste Ebene bilden die Leistungsträger, wie z. B. Transportunternehmen und Unterkünfte. Sie liefern die Kernpro‐ dukte. Eine Ebene höher erfolgt dann die Zusammenfassung entlang der Servicekette durch die Destinationsmanagementorganisationen (DMO). Es gibt weltweit und in Deutschland schon viele gute Angebote und Ansätze. Sie sind zumeist unter dem Reiter „barrierefrei“ auf den Websites einge‐ bettet. Auf Länderebene ist der politische Ruf bereits umgesetzt und die 16 Landesorganisationen publizieren - ggf. in unregelmäßigen Abständen - Broschüren oder Onlineäquivalente. Beispielsweise ist der Ruf nach barrierefreien Angeboten bereits in der Tourismusstrategie NRW aus dem Jahr 2019 verschriftlicht: „Ein zielgerichteter Ausbau inklusiver Angebote und parallel dazu der umfassende Aufbau transparenter Informationen sollten die Ziele sein“ (NRW Tourismusstrategie 2019, 28). Trotzdem muss konstatiert werden, dass es noch lange keine flächendeckende Verbreitung von barrierefreien Angeboten gibt (Liem-2019, 7). Wissen | Barrierefreier Tourismus in deutschen Bundesländern Es werden auf Länderebene in Deutschland Angebote zum barriere‐ freien Tourismus publiziert. Es gibt aber keine flächendeckende Verbrei‐ tung von barrierefreien Angeboten. Derzeit erfolgt noch keine flächendenkend einheitliche Zertifizierung mit dem Signet „Reisen für Alle“ (→ Kapitel 8.1). Im Jahr 2019 gab es in Deutsch‐ land insgesamt 2.150 zertifizierte Leistungsträger. Jedoch unterscheidet sich die Anzahl pro Bundesland. Das liegt vor allem daran, dass eine unter‐ schiedliche Förderung, die häufig eine Übernahme der Zertifizierungskosten bedeutet, erfolgt (Liem-2019,-8). Es zeigt sich, dass die Motivation für das Thema barrierefreier Tourismus von den touristischen Landesmarketingorganisationen positiv beeinflusst werden kann. Sie haben die politischen Mittel und Gelder, um das Thema bei <?page no="62"?> 2 Bei dieser jährlichen Umfrage werden alle Menschen befragt. Behinderte Menschen könnten ebenso in die Stichprobe gezogen worden sein. den Leistungsträgern zu platzieren. Dabei kann ein barrierefreier Tourismus nur in einer barrierefreien Kommune funktionieren (Dreyer und Ratz 2015, 8). Das sollte ein Erfolgsgarant für alle politisch in die Zukunft denkenden Regionen sein. Die Schaffung von barrierefreien Angeboten bedeutet näm‐ lich gleichzeitig, dass die Kommune in diesen Bereichen lebenswert für die alternde Bevölkerung bleibt. So kann aus dem Wechselspiel zwischen Tourismus und Kommune ein in allen Dimensionen nachhaltiges Projekt erwachsen (Kempf, Lindfeld und Corinth 2021, 171). Sollte in einer Destination die Frage aufgeworfen werden, ob sie über‐ haupt für den barrierefreien Tourismus geeignet sei, kann das mit gutem Gewissen mit „ja“ beantwortet werden. Gayler (2002) führt die FUR Reise‐ analyse 2 von 1986 an, um eine Argumentation aufzubauen. Bei der dama‐ ligen Befragung wurde mitabgefragt, welche Zielgebiete für behinderte Menschen geeignet sind. In der Topkategorie „sehr geeignet“ waren die Antworten: • 70-% Schleswig-Holstein • 59-% Baden-Württemberg • 57-% Bayern • 48-% Dänemark • 44-% Österreich Natürlich ist an den Antworten noch die damalige Weltenteilung in Ost und West zu erkennen. Das soll aber nebensächlich bleiben. Interessanter ist die Interpretation, an die sich Gayler (2002) wagt. Sie nimmt zum einen an, dass Behinderung bei den Befragten mit Reiseunerfahrenheit gleichgesetzt wird. Daher wird wohl gedacht, dass Inlandstourismus zunächst besser ist. Außerdem vermutet sie, dass Inlandstourismus mit einer kürzeren (und damit praktikableren Anreise) gleichgesetzt wird. Es wird nicht daran gedacht, dass für behinderte Menschen in Bayern aber Italien näher (und ggf. einfacher) zu erreichen ist als die deutsche Nordseeküste. Interessan‐ terweise werden in der gleichen Umfrage noch Länder als ungeeignet eingestuft, die als besonders kinderfreundlich gelten. Es kann angenommen werden, dass Kinderfreundlichkeit nicht mit Behindertenfreundlichkeit gleichgesetzt wird, obwohl beide doch ähnliche Voraussetzungen bieten sollten. Letztlich zeigte sich noch, dass Vielreisende jegliche Destination 62 7 Destinationsmanagement mit barrierefreien Angeboten <?page no="63"?> als behindertenfreundlicher einstuften (Gayler 2002, 73). Nachfolgend soll daher überlegt werden, wie eine Destination aufgebaut sein sollte, um barrierefrei zu sein. 7.1 Die Servicekette Die einzelnen Aktivitäten eines Unternehmens können im Modell der Wertkette in wertschöpfend und unterstützend eingeteilt werden. Die wert‐ schöpfenden Aktivitäten sind dabei die, die von Kund: innen wahrgenom‐ men werden (Porter 2014, 61 ff.). Beispielsweise ist das Essen an Bord eines Flugzeugs eine wertschöpfende Aktivität, die Auswahl des Bordpersonals in der Personalabteilung ist unterstützend. Es müssen also die Elemente barrierefrei gestaltet werden, die die Kundschaft wahrnimmt. Tourist: innen nehmen typischerweise auf einer Reise nicht nur eine Leistung eines Unternehmens in Anspruch. Vielmehr setzt sich ein Reiseer‐ lebnis aus verschiedenen Leistungen von verschiedenen Leistungsträgern zusammen: Reisebüro, Reiseveranstalter, Transport, Beherbergung, Gastro‐ nomie, Unterhaltungsangebot etc. Sie zusammen bilden die Servicekette, also chronologische bzw. sachlogische Abläufe des touristischen Konsums. Sie können für Reisen konkret beschrieben werden und dienen dann der Analyse von Schwachstellen, die typischerweise im Übergang von einem Leistungsträger zum anderen auftreten (Linne-2016,-22). Die Elemente der Servicekette von behinderten und nichtbehinderten Menschen sind normalerweise identisch. Jedoch stellen behinderte Men‐ schen andere Anforderungen an die einzelnen Elemente (ADAC 2003, 21). Grafisch wird in der Literatur zum barrierefreien Tourismus gerne die Darstellung des ADAC (2003,-21) übernommen (→-Abbildung-8): Die Elemente sind also die Vorbereitung, die An- und Abreise, die Leis‐ tungsträger vor Ort - Übernachtung, Essen und Trinken, Freizeit und Sport, Service und Assistenz, Unterhaltung und Kultur, Ausflug und Shopping. Und nach der Rückkehr erfolgt zuhause Erinnerung und Bestätigung, so, wie es bereits der kolumbianische Literaturnobelpreisträger Márquez seiner Autobiografie vorangestellt hat: „Nicht was wir gelebt haben, ist das Leben, sondern das, was wir erinnern und wie wir es erinnern, um davon zu erzählen.“ (Márquez-2003,-7) 7.1 Die Servicekette 63 <?page no="64"?> Die touristische Servicekette setzt sich aus folgenden Elementen zusammen: • Vorbereiten, Informieren, Buchen • An- und Abreise • Ankommen und Orientieren • Wohnen und Schlafen • Essen und Trinken • Freizeit und Sport • Service und Assistenz • Unterhaltung und Kultur • Ausflug und Shopping • Erinnern und Bestätigung finden Abbildung 8: Die touristische Servicekette (Quelle: ADAC-2003,-21) Wissen | Die Servicekette als Analysetool Die Servicekette ist bei behinderten und nichtbehinderten Menschen identisch, nur haben behinderte Menschen größere Schwierigkeiten an den Schnittstellen. Diese gilt es zu identifizieren. Schwierig scheint es für die touristischen Leistungsträger zu sein, ent‐ sprechende Angebote zu schaffen, da diese ganz unterschiedlichen Behin‐ derungsarten gerecht werden müssen. Herz-Kreislauf-Kranke, Hörgeschä‐ digte, Gehbehinderte oder Rollstuhlfahrer: innen benötigen verschiedene Adaptionen, um einen Urlaub in fremder Umgebung gestalten und genießen zu können (Gayler-2002,-75). 7.2 Der Einfluss der Nachfrage von barrierefreien Reisen Der Tourismus ist nicht losgelöst von seiner Umwelt zu betrachten. Er kann in dieser als offenes, interagierendes und damit prägendes System mit Sub‐ systemen verstanden werden. Drei Ebenen sind miteinander verknüpft: Die Struktur des Systems Tourismus kann vereinfacht dargestellt werden, um die Zusammenhänge aufzuzeigen. Im System selbst befinden sich Reisende als Tourismussubjekte (Kaspar 1998, 15-f., 25) (→-Abbildung-9). 64 7 Destinationsmanagement mit barrierefreien Angeboten <?page no="65"?> Abbildung 9: Tourismus als interdependentes System nach Kaspar 1998, 16 Tourismusobjekt (Destination) mit Subsystemen Tourismusort Tourismusbetrieb Tourismusorganisation Tourismussubjekt (Tourist) politische Umwelt ökonomische Umwelt ökologische Umwelt soziale Umwelt technologische Umwelt PEST-Analyse a) b) c) d) das System Tourismus übergeordnetes System Abbildung 9: Tourismus als interdependentes System nach Kaspar 1998, 16 Die Darstellung der Verbindungen soll deutlich machen: Tourist: innen (als Tourismussubjekte) beeinflussen eine Destination in zwei Richtungen, zum einen die touristische Destination an sich und zum anderen die sonstige Umwelt vor Ort. Gleichzeitig werden die Tourist: innen aber auch von der Destination und deren Umwelt genauso beeinflusst. Die Auswirkungen im Falle von barrierefreiem Tourismus sollen anhand von Beispielen deutlich gemacht werden: Beeinflussungen durch Tourist: innen, die barrierefreie Angebote benötigen: a) Tourist: innen beeinflussen die touristische Destination (Tourismusob‐ jekt).→ Nur wenn barrierefreie Angebote vorhanden sind, können/ wollen sie in die Destination reisen. b) Tourist: innen beeinflussen das übergeordnete System der Destination, z. B. die soziale Umwelt → In einer kleinen, nicht repräsentativen Studie fand Peumans (2008,-255) heraus, dass sich barrierefrei Reisende im Vorfeld nicht für das Verständnis für Behinderte im Zielmarkt interessieren. Das bedeutet, dass sie ihr eigenes Verständnis mitbringen und ggf. sogar erwarten. Damit beeinflussen sie die soziale Umwelt im Zielland. 7.2 Der Einfluss der Nachfrage von barrierefreien Reisen 65 <?page no="66"?> Beeinflussungen der Tourist: innen, die barrierefreie Angebote benötigen: c) Touristische Destinationen (Tourismusobjekt) beeinflussen Tourist: innen → Eine Destination bietet als Neuheit barrierefreie Angebote. Sie kommt somit als Reiseziel ins Bewusstsein und eine Reise wird angeregt. d) Das übergeordnete System der Destination beeinflusst die Tourist: innen → Die medizinische Absicherung in einer Destination ist so weit, dass die notwendigen Hilfen im Notfall vorhanden sind. Die Tourist: innen können die Destination als Reiseziel in ihre Überlegungen mitaufnehmen. Es zeigt sich deutlich, dass wechselseitige Beziehungen durch den Touris‐ mus von Menschen mit besonderen Bedürfnissen entstehen (Darcy und Buhalis 2011, 3). Genauso wie die inklusive Gesellschaft ein ideologisches Ziel darstellt, das vornehmlich ein Prozess ist, ist die Entwicklung einer barrierefreien Destination keine einmalige Sache, sondern ein iterativer Prozess, der beständig begleitet werden muss. Wissen | Gegenseitige Beeinflussung Tourist: innen und Destinationen beeinflussen sich gegenseitig. Wer Menschen mit Behinderung als Tourist: innen empfangen will, muss Angebote schaffen. Wer in bestimmte Destinationen reisen will, muss seine Nachfrage artikulieren. 7.3 Ein Analysequadrat für Destinationen Barrierefreies Reisen wird möglich, wenn ein barrierefreies Umfeld geschaf‐ fen wird (Edusei 2015, 106). Das Rezept klingt verblüffend einfach - und ist es wohl auch. Trotzdem ist aufgrund der Verschiedenartigkeit von Behinderungen keine allgemeine Lösung vorhanden. Eine Herausforderung besteht darin, Angebote zu erstellen, die den verschiedenen Ausprägungen von Behinderung gerecht werden. Herz-Kreislauf-Kranke, Hörgeschädigte, Gehbehinderte oder gar Rollstuhlfahrer: innen benötigen verschiedene Vor‐ aussetzungen, um sich in der fremden Umgebung zurechtzufinden und den Urlaubsalltag selbstständig gestalten zu können (Gayler-2002,-75). Die folgenden vier einfachen Grundprinzipien stellen eine Möglichkeit dar, das eigene Produkt zu überprüfen: 66 7 Destinationsmanagement mit barrierefreien Angeboten <?page no="67"?> 1. Räder-Füße-Regel: Die Angebote sollten für Menschen im Rollstuhl oder Rollator durchgängig nutzbar sein. 2. Zwei-Sinne-Regel: Informationen sollten mindestens mit zwei Sinnen (Sehen, Hören, Fühlen etc.) erfassbar sein. 3. KISS-Regel: Die Informationen sollten nach der Regel „Keep it short and simple! “ angeboten werden. 4. Individueller-Service-Regel: Es sollten Servicekräfte, die die individuel‐ len Bedürfnisse der Kund: innen erkennen und berücksichtigen, einge‐ setzt werden (Balas und Rein-2016,-26). Final muss jede Destination für sich ein Konzept entwerfen. Um das zu erstellen, muss in zwei Hauptschienen gedacht werden: Leistungskette und Behinderung. Sie bilden ein Analysequadrat, das jede Destination im ersten Schritt erstellen sollte (→-Abbildung-10): Abb. 10: Beispiel für ein Analysequadrat einer Destination (eigne Darstellung, Quelle Icons: Reisen für alle) Info Anreise Orientieren Unterkunft Assistenz Essen Freizeit Unterhaltung Einkaufen Abreise Nachbereitung Behinderung Leistungskette Abbildung 10: Beispiel für ein Analysequadrat einer Destination (eigne Darstellung, Quelle: Reisen für Alle-2022) Auf der Abszisse wird dabei die Leistungskette dargestellt. Sie umfasst alle Elemente, die typischerweise für eine Reise notwendig sind (siehe auch Touristische Servicekette Die ServiceketteServicekette). Ein barrierefreies Angebot kann nur funktionieren, wenn ein „Tourismus für Alle“ entlang der gesamten Servicekette gedacht wird. Dazu gehören Unterkünfte, Freizeitatt‐ raktionen oder touristische Routen (NRW Tourismusstrategie 2019, 25). Auf der Ordinate wird die Behinderung erfasst. Es gilt dabei die Annahme, dass Angebote für eine starke Behinderung auch für eine geringere Behinderung 7.3 Ein Analysequadrat für Destinationen 67 <?page no="68"?> dienlich sind. Das bedeutet, dass Angebote für Behinderte im Rollstuhl auch für gehbehinderte Menschen sinnvoll buchbar sind. Im Beispielquadrat hat eine Destination bereits einige barrierefreie Angebote im Portfolio, aber keine Behinderung erhält durchgängig Möglichkeit einer vollständigen Leistungskette. Außerdem sind nicht alle Angebote für alle Behinderungen möglich. Natürlich gilt es zu überlegen, ob das überhaupt sein muss - und muss destinationsabhängig entschieden werden. Häufig wird zuerst an Mobilitätseinschränkungen gedacht. Das ist vor allem mit Blick auf die alternde Gesellschaft verständlich. Gleichzeitig werden Seh- und Hörbehin‐ derungen hintangestellt, da sie auf den ersten Blick nur einen geringen Teil der Bevölkerung betreffen. Nichtsdestotrotz könnte sich eine hügelige oder gebirgige Destination, in der nur schwer Mobilitätsbarrieren abgebaut werden können, genau auf diese Kund: innengruppe spezialisieren. Wissen-|-Ein Analysequadrat für eine Destination Eine Destination sollte ihre barrierefreien Angebote in einem Analyse‐ quadrat erfassen. So kann festgestellt werden, wo bereits eine vollstän‐ dige Servicekette abgebildet ist oder auch, auf welche Gruppen von Kund: innen im ersten Schritt eine Konzentration erfolgen sollte. 68 7 Destinationsmanagement mit barrierefreien Angeboten <?page no="69"?> 8 Zertifizierungen und Labels für barrierefreien Tourismus mit Maria Opitz Zertifikate dienen der allgemeinen Kennzeichnung und somit auch der Qualitätsbestimmung. Dabei wirken solche schriftlichen oder grafischen Elemente unterstützend, die Produkteigenschaften wie z. B. Qualität, Nach‐ haltigkeit oder Familienfreundlichkeit unterstreichen (Freyer 2011, 442 f.). Um eine Zertifizierung erfolgreich durchzuführen, sollten Normen festge‐ legt werden. Eine Norm wiederum legt die Anforderungen fest, die ein Pro‐ dukt, eine Dienstleistung oder ein Verfahren erfüllen muss (DIN Deutsches Institut für Normung e. V. 2020). Im Tourismus werden Zertifizierungen nicht unbedingt als offizielle Norm registriert. Die beim Deutschen Institut für Normung gemachten Überlegungen helfen jedoch, ein gutes Verständnis zu entwickeln. Zertifizierungen werden von externen geschulten Unterneh‐ men oder Organisationen, den Zertifizierungsstellen, vorgenommen. Sie prüfen das Unternehmen, das eine Zertifizierung anstrebt, auf Erfüllung und Einhaltung der festgelegten Normen und Kriterien des gewünschten Zertifikats. Im Tourismus werden unterschiedliche Qualitätszeichen eingesetzt, die die Erfüllung bestimmter Qualitätskriterien aufzeigen. Es handelt sich bei den Qualitätszeichen nicht nur um klassische Zertifizierungen, sondern auch um Klassifizierungen, Siegel/ Label oder Auszeichnungen (Freyer und Dreyer 2004, 73 f.). Bekannt im deutschen Markt sind z. B. TourCert oder ServiceQualität. Sie alle eint, dass sie für Kund: innen eine wahrnehmbare Zusatzleistung darstellen (Freyer 2011, 456-f.). Um barrierefreien Tourismus und die entsprechenden Informationsmög‐ lichkeiten entlang der touristischen Leistungskette zu fördern, wurden un‐ terschiedliche Zertifizierungsmöglichkeiten und Kennzeichnungssysteme ins Leben gerufen. In ihren Kriterienkatalogen wird festgelegt, welche Anforderungen für welche Behinderung erfüllt sein müssen. Dadurch wer‐ den Angebotstransparenz und bessere Informationsmöglichkeiten für die einzelnen Betroffenengruppen ermöglicht. In diesem Kapitel werden ausge‐ wählte Zertifizierungen und Kennzeichnungen vorgestellt und verglichen. <?page no="70"?> Begonnen wird mit dem nationalen Projekt „Reisen für Alle“. Danach werden zwei regionale Zertifizierungen vorgestellt. 8.1 Das Zertifikat „Reisen für Alle“ In Deutschland sind Begriffe wie z.-B. ‚seniorengerecht‘ oder ‚behinderten‐ freundlich‘ nicht definiert. Seit der Jahrtausendwende wurde deshalb für den Tourismus gemeinsam mit den Betroffenenverbänden das Themenfeld barrierefreies Reisen strukturiert. Das Projekt heißt „Reisen für Alle“ (www.r eisen-fuer-alle.de). Es wurde vom Deutschen Seminar für Tourismus (DSFT) und der Nationale Koordinationsstelle Tourismus (Natko e. V.) entwickelt und vom Bundesministerium für Wirtschaft gefördert. Es zertifiziert alle möglichen Leistungsträger der Servicekette (Liem 2019, 8). Da sich die Natko e. V. aufgrund fehlender Förderung 2019 auflösen musste, ist die Abstimmung mit den Betroffenenverbänden heute alleinige Aufgabe des DSFT. Wissen-|-„Reisen für Alle“ Das einzige nationale Projekt in Deutschland zur Zertifizierung von barrierefreien touristischen Angeboten ist „Reisen für Alle“. Auf der Website finden sich viele bereits zertifizierte Angebote. Kern des Projekts bildet eine Zertifizierung für touristische Leistungsträger. Die Betriebe können beim DSFT eine Zertifizierung anfragen. Sie erfolgt gegen Gebühr, die u. U. projektbezogen von den Landestourismusverbänden übernommen wird. Die Zertifizierung bietet ein umfassendes Bild der Mög‐ lichkeiten des barrierefreien Tourismus. Es erfolgt dabei die Unterteilung nach der Art der Behinderung in sieben Untergruppen. Eine solche Unter‐ teilung ist hilfreich, da die Umwelt für Blinde anders gestaltet sein sollte als etwa für Rollstuhlfahrer: innen, um Teilhabe zu ermöglichen. Das heißt: Ein Betrieb eignet sich nicht generell als Ort für barrierefreien Tourismus. Das kommt wohl nur in Ausnahmefällen vor. Vielmehr gibt es Betriebe, die sich z. B. für Gehörlose eignen oder für Menschen mit kognitiven Einschränkungen. „Reisen für Alle“ hat vier Gruppen identifiziert (siehe w ww.reisen-fuer-alle.de), die teilweise nochmals in eine leichte und schwere Form der Behinderung unterteilt werden: 70 8 Zertifizierungen und Labels für barrierefreien Tourismus <?page no="71"?> Gruppe 1 sind Menschen, die eine vorübergehende oder dauerhafte Gehbehinderung haben. Das sind beispielsweise ältere Menschen, Personen mit einem Kinderwagen oder Menschen im Rollstuhl. Im touristischen Sinne könnten sogar Menschen mit einem großen Koffer mit dazu gezählt werden. Sie benötigen Wege, die leicht zu begehen und zu befahren sind. Zumeist ist es diesen Menschen nicht möglich, größere Steigungen oder Stufen ohne fremde Hilfe zu bewältigen. Gruppe 2 sind Menschen mit einer Sehbehinderung. Sie können ihre Umgebung nur schwer erkennen und ihnen fällt die Orientierung nicht leicht. Gefahrenquellen sind für sie Ecken und Kanten. Daher sollte das tou‐ ristische Produkt für sie kontrastreich gestaltet sein. Informationen sollten in einer ausreichend großen Schrift, gut leserlich dargestellt sein. Tafeln oder Hinweisplaketten in Brailleschrift (Blindenschrift) können hilfreich sein. Dabei ist zu bedenken, dass das Lesen von Blindenschrift nur von Menschen beherrscht wird, die in jungen Jahren erblindet sind. Nur in diesem Alter lässt sich der Tastsinn ausreichend schulen. Ein Lernen der Brailleschrift ist für alte Menschen (fast) nicht mehr möglich. Gruppe 3 sind Menschen mit einer Höreinschränkung. Je nach Ausprä‐ gung kann es dabei auch zu Sprechbzw. Ausdruckschwierigkeiten kom‐ men. Diese Gruppe unterscheidet sich zunächst von den Menschen mit Mobilitäts- oder Seheinschränkungen darin, dass sie nicht auf den ersten Blick als solche zu erkennen ist. Zumeist sind sie im Reisen sogar sehr versiert, da es zu ihren Lieblingsbeschäftigungen zählt (vgl. Figueiredo, Eusébio und Kastenholz 2012, 539). Ihre Bedürfnisse werden immer dann auffällig, wenn sie in Kontakt mit dem Personal des Leistungsträgers oder anderen Urlauber: innen kommen. In ihrem Zimmern benötigen sie eine zusätzliche Ausstattung. Anstatt akustischer sollten visuell-taktile Warnsi‐ gnale installiert sein (Werner, Kempf und Corinth-2019,-92). Gruppe 4 sind Menschen mit kognitiven Einschränkungen. Damit ge‐ meint sind Menschen, die Lernschwächen, Aufmerksamkeitsbzw. Ent‐ wicklungsstörungen und/ oder sonstige neurologische Beeinträchtigungen haben. Typischerweise haben sie Schwierigkeiten in der Wahrnehmung, Verarbeitung von Informationen, Aufmerksamkeit, dem Gedächtnis oder sind orientierungslos. Die Kommunikation mit diesen Kund: innen kann schwierig sein. Informationsmaterial sollte in einfachen Sätzen verfasst und gut lesbar sein. Dieses Informationsmaterial hilft dann auch einer anderen Gruppe: ausländische Reisende, die der deutschen Sprache nur zu Teilen mächtig sind. 8.1 Das Zertifikat „Reisen für Alle“ 71 <?page no="72"?> „Reisen für Alle“ hat für die Gruppen sieben verschiedene Icons erstellt (→-Abbildung-11): Icon 1 Icon 2 Icon 3 Icon 4 Icon 5 Icon 6 Icon 7 Abbildung 11: Die sieben Icons von „Reisen für Alle“ (Quelle: Reisen für Alle-2022) Die einzelnen Icons haben folgende Bedeutung: • Icon 1: Menschen mit Gehbehinderung • Icon 2: Rollstuhlfahrer: innen • Icon 3: Menschen mit Sehbehinderung • Icon 4: blinde Menschen • Icon 5: Menschen mit Hörbehinderung • Icon 6: gehörlose Menschen • Icon 7: Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen Mit dieser Einteilung ist ein grundsätzliches Verständnis für barrierefreien Tourismus in Deutschland skizziert. Die Gruppe kann auch als die der Behinderten im engeren Sinne verstanden werden (Wilken 2002, 22). Es ist dabei ein umweltorientiertes System, das auf den Abbau von Barrieren hinzielt. Außerdem werden umfeldorientierte Schulungen für Mitarbeitende von touristischen Leistungsträgern angeboten. Wissen | Kategorien von Einschränkungen nach „Reisen für Alle“ Im deutschen Zertifizierungssystem des Tourismus „Reisen für Alle“ werden vier Kategorien unterschieden: Mobilitätseinschränkung, Seh‐ behinderung, Hörbehinderung und kognitive Einschränkung. Es kann teilweise eine tiefere Klassifizierung geben, z. B. höreingeschränkt und taub. Im System sind damit aber nicht alle Personen abgebildet, die in Deutsch‐ land als Schwerbehinderte registriert sind. Es fehlen z. B. Personen mit Beeinträchtigungen im Organsystem. Sie machen immerhin gut ein Viertel 72 8 Zertifizierungen und Labels für barrierefreien Tourismus <?page no="73"?> der Schwerbehinderten aus. Ein anschauliches Beispiel könnten Menschen sein, die sich einer Magenverkleinerung unterziehen (mussten), auch wenn sie nicht unbedingt einen Schwerbehindertenausweis erhalten. Sie bedür‐ fen zumeist einer besonderen Auswahl an Speisen, um ihren täglichen Kalorienbedarf sicherzustellen. Weiterhin könnten bei einem barrierefreien Tourismusangebot noch weitere (chronische) Erkrankungen berücksichtigt werden (Wilken 2002, 22), wie beispielsweise Atemwegserkrankungen. Es könnten auch noch Essensbzw. Zusatzstoffunverträglichkeiten bedacht werden (Darcy und Buhalis 2011, 5). Außerdem ist in diesem Rahmen noch an religiöse Regelungen zu denken. Beispielsweise könnten „Halal-Reisen“, die als zukünftig ertragreicher Nischenmarkt bezeichnet werden (Stein‐ ecke 2018, 128) und bei denen eine angepasste Umwelt notwendig ist, genannt werden. Letztlich könnten altersbehinderte Menschen noch hinzu‐ gerechnet werden (Wilken 2002, 22). Dabei ist die rechtliche Diskussion um § 2 Absatz 1 Satz 2 SGB IX zu bedenken, in dem immer noch steht, dass eine Behinderung - nach deutschen Rechtsverständnis - nur bei einer Abweichung vom alterstypischen Zustand besteht (Dieser Satz wird in → Kapitel 5 bereits in seiner Bedeutung rechtlich thematisiert und diskutiert). Auch aus dem Blickwinkel einer psychografischen Marktsegmentierung kann ein solcher Ansatz nach Schädigungen kritisch betrachtet werden. Es kann argumentiert werden, dass er nicht dienlich ist, um den barrierefreien Tourismus zu beschreiben. Menschen mit besonderen Bedürfnissen in eine Kund: innengruppe zu stecken, ist eine Vereinfachung, die so nicht passen kann. Sie unterscheiden sich genauso wie alle anderen Tourist: innen in ihrer Reisemotivation, Vorzügen etc. Diese Überlegungen sollten vorgelagert sein. Erst dann erscheint es sinnvoll, zwischen körperlich und geistig zu unterscheiden. Und körperlich dann nochmals in Mobilität, Sehen und Hören (Blichfeldt und Nicolaisen-2011, 80-f.) Insgesamt verleitet der Begriff des barrierefreien Tourismus dazu anzu‐ nehmen, dass es sich immer um eine Kund: innengruppe handelt. Dem ist mitnichten so. Vielmehr muss festgestellt werden, dass es in allen Kund: in‐ nengruppen, die ein touristischer Leistungsträger umwirbt, Menschen mit besonderen Bedürfnissen gibt, die auf barrierefreie Angebote angewiesen sind. So könnten beispielsweise zwei Teilnehmende einer zehnköpfigen Reisegruppe auf einen Rollstuhl angewiesen sein (Kempf, Lindfeld und Corinth 2021, 179 f.). Es kann schnell erkannt werden, dass die Gruppe der Menschen mit Beeinträchtigung in ihren Anforderungen sehr heterogen ist 8.1 Das Zertifikat „Reisen für Alle“ 73 <?page no="74"?> und es daher schwerlich möglich ist zu verallgemeinern (Darcy und Buha‐ lis 2011, 1; Hörlinger 2010, 13). Die einzige Ausnahme könnten Menschen mit kognitiven Einschränkungen bilden. Je nach Zuschnitt der Marktbe‐ arbeitung könnten sie als eigene Nische betrachtet werden (Lichem-Güt‐ tner 2010, 42). Es erscheint daher für die Planungen von touristischen Leistungsträgern irreführend, die ca. 25 Millionen Menschen mit einer Mobilitätseinschränkung als eine eigene Marktnische zu beschreiben, so wie es im Ratgeber des ADAC-2003-(14) ausgeführt wurde. Es bleibt festzustellen, dass „Reisen für Alle“ die einzige deutschlandweite Zertifizierung ist. Aufgrund der Auflösung des NatKo e.-V. bleibt abzuwar‐ ten, in welche Richtung sich das barrierefreie Signet in der Hand des DSFT fortentwickelt. 8.2 „Bayern barrierefrei“ „Bayern barrierefrei“ ist ein Programm, das 2013 ins Leben gerufen wurde. Das Ziel des Projektes ist die vollständige Barrierefreiheit Bayerns bis 2023. Das Programm bezieht sich nicht nur auf den Tourismussektor, sondern auf alle Lebensbereiche. Es ist keine Zertifizierung im klassischen Sinne, da sie mit einem zu hohen bürokratischen Aufwand verbunden wäre. Es ist vielmehr ein Zeichen der Achtung für die positive Arbeit bayerischer Unter‐ nehmen, Institutionen und Regionen, die sich für eine barrierefreie Zukunft einsetzen. Dieses Zeichen dient für die Öffentlichkeit als direkter Hinweis auf barrierefreie Angebote und fördert die Informationsmöglichkeit für die betroffenen Zielgruppen. Finanziell unterstützt wird „Bayern barrierefrei“ von der Bayerischen Staatsregierung (Bayern barrierefrei-2022). Wissen-|-„Bayern barrierefrei“ Für „Bayern barrierefrei“ gibt es keine eigenen festgelegten Qualitäts‐ kriterien. Die Auszeichnung orientiert sich an den „10 Geboten der Barrierefreiheit“ der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation. Aus diesen zehn Geboten wurden fünf als besonders wichtig herausgestellt und dienen als Bewertungsmaßstab für die Vergabe des Signets (Bayern barrierefrei 2022): 74 8 Zertifizierungen und Labels für barrierefreien Tourismus <?page no="75"?> • ergonomische Gestaltung (Griffe, Schalter etc. sollen für alle Men‐ schen gut erreichbar und bedienbar sein) • Fuß-und-Roll-Prinzip (problemlose Erreichbarkeit und Nutzung von Wegen zu Fuß und mit Rollator/ Rollstuhl/ Kinderwagen) • Zwei-Sinne-Prinzip (Informationen müssen auf mindestens zwei der Sinne Hören, Sehen und Tasten ausgerichtet sein) • Kontraste (kontrastreiche Gestaltung des öffentlichen Raums für die Sinne Hören, Sehen, Tasten) • leichte Sprache (leichte Texte, verständliche Bilder und Pikto‐ gramme für Menschen mit Lernbehinderungen) Das Signet der Auszeichnung „Bayern barrierefrei“ dient der deutlichen Darstellung, dass sich ein Unternehmen oder ein Anbieter für die Abschaf‐ fung von Barrieren in allen Lebensbereichen einsetzt. Mithilfe von vier farbigen Symbolen wird dargestellt, für wen die barrierefreien Angebote nützlich sind: • für Menschen mit einer Sinnesbehinderung oder einer kognitiven Ein‐ schränkung, für Menschen, die zusammen mit Menschen mit Behinde‐ rung etwas unternehmen, für Menschen mit Gepäck oder Einkaufsta‐ schen • für Menschen mit einer Körperbehinderung • für ältere Menschen • für Familien mit kleinen Kindern (Bayern barrierefrei-2022) Je nach Lebensbereich werden die Signets mit verschiedenen Zusätzen genutzt. Zur besseren Wahrnehmung sind die Zeichen farblich gestaltet. „Bayern barrierefrei - Gefördert durch den Freistaat Bayern“ findet vor allem im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs Anwendung, z. B. in bar‐ rierefreien Linienbussen. „Bayern barrierefrei - Wir sind dabei“ wird für nichtstaatliche Institutionen genutzt, z. B. bei Vereinen und sozialen Einrich‐ tungen. „Bayern barrierefrei - Hier investiert der Freistaat Bayern“ dient der Präsentation von staatlichen Maßnahmen, die sich aktuell mit dem Thema der Barrierefreiheit auseinandersetzen. Die Datenbank „Urlaub für Alle in Bayern“ basiert auf den nach „Reisen für Alle“ zertifizierten touristischen Dienstleistern und gibt einen Überblick über barrierefreie Angebote in den bayerischen Regionen. Dabei sind nicht 8.2 „Bayern barrierefrei“ 75 <?page no="76"?> Abbildung 12: Logo „Rolli Plus“ (Quelle: Tourismusver‐ band Schleswig-Holstein e. V.) nur Unterkünfte und Reiseziele hinterlegt, sondern auch Informationen zu Kultur und Unterhaltung, Mobilität sowie Informationsstellen. Die Daten‐ bank dient zu Informationszwecken. Um genau zu erfahren, ob die Angebote den eigenen Anforderungen entsprechen, sollten sich die betroffenen Per‐ sonen direkt bei der Unterkunft, der gastronomischen Einrichtung oder der Informationsstelle erkundigen (Bayern Tourismus-2022). 8.3 „Rolli Plus“ „Rolli Plus“ ist eine Zertifizierung für rollstuhlgerechte Ferienwohnungen und Ferienhäuser in Schleswig-Holstein. Die Zertifizierung wurde 2004 vom Tourismusverband Schleswig-Holstein e. V. eingeführt. Nur Betriebe, die bereits die Kriterien der DTV-Klassifizierung für Ferienwohnungen erfüllen, können zusätzlich „Rolli Plus“ zertifiziert werden (DTV 2022). Wissen-|-„Rolli Plus“ „Rolli Plus“ ist eine Zertifizierung des Tourismusverbands Schles‐ wig-Holstein e. V. Sie dient dazu, rollstuhlgerechte Ferienwohnungen kenntlich zu machen. Die erfolgreich zertifizierten Unterkünfte erhal‐ ten eine Urkunde sowie die Möglichkeit, sich das Signet auszudrucken. Auf Wunsch können auch Schilder bestellt werden, um die Außen‐ wahrnehmung des Unternehmens zu erhöhen. Zertifizierte Anbieter können sich auf der In‐ ternetseite www.rolliplus-sh.de anzeigen lassen und somit ihr Angebot für die Zielgruppe zu‐ gänglich machen (DTV 2022). Die → Abbil‐ dung 12 zeigt das Signet „Rolli Plus“, das die ausgezeichneten Betriebe einsetzen dürfen: Für eine erfolgreiche Zertifizierung müssen alle vorgegebenen Qualitäts‐ kriterien für rollstuhlgerechte Privatzimmer und Ferienwohnungen/ Ferien‐ häuser erfüllt sein. In der nachfolgenden Übersicht werden ausgewählte 76 8 Zertifizierungen und Labels für barrierefreien Tourismus <?page no="77"?> Kriterien für Privatzimmer sowie Ferienwohnungen und -häuser vorgestellt (→-Tabelle-6): Kriterium Ferienwohnung/ -haus Privatzimmer Art des Ob‐ jektes • Ferienwohnung liegt Parterre/ Ferienhaus ist ebenerdig • zwei barrierefreie Fluchtmög‐ lichkeiten im Erdgeschoss • Zimmer liegt Parterre - • zwei barrierefreie Flucht‐ möglichkeiten Ausstattung und Einrich‐ tung • alle Türen sind mindestens 90-cm breit • rutschfester Belag im Bad • alle Türen sind mindestens 90-cm breit • Frühstücksraum mit unter‐ fahrbaren Tischen und Be‐ wegungsfläche von mindes‐ tens Service • Ansprechpartner: innen sind mit den Anforderungen für Rollstuhlfahrer: innen ver‐ traut • Ansprechpartner: innen sind mit den Anforderun‐ gen für Rollstuhlfahrer: in‐ nen vertraut Tabelle 6: Darstellung ausgewählter Kriterien für „Rolli Plus“ (Quelle: in Anlehnung an Tourismusverband Schleswig-Holstein e.-V.-2008) Die Zertifizierung nach „Rolli Plus“ erfolgt analog zur DTV-Klassifizierung durch externe geschulte Prüfende und ist so lange gültig, wie auch die Sterne-Zertifizierung des DTV gilt. Bei erneuter Überprüfung der DTV-Zer‐ tifizierung kann „Rolli Plus“ ebenfalls verlängert werden, wenn die Kriterien für rollstuhlgerechte Anforderungen weiterhin erfüllt werden. Ziel der Zertifizierung „Rolli Plus“ ist die verstärkte Zielgruppenorientierung und die Transparenz des Angebotes (DTV 2022). 8.4 Kurzvergleich der Akzeptanz der Zertifizierungen Die ausgewählten Zertifizierungen zeigen, dass sich touristische Dienst‐ leister mit Barrierefreiheit und den entsprechenden Anforderungen der Betroffenengruppen aktiv auseinandersetzen. Die Zertifikate und Auszeich‐ 8.4 Kurzvergleich der Akzeptanz der Zertifizierungen 77 <?page no="78"?> nungen dienen einer außenwirksamen Darstellung des barrierefreien Enga‐ gements eines Unternehmens. In der Praxis ist ihre Nutzungsverteilung wie folgt (→-Abbildung-13): Beherbergung; 38% Gastronomie; 8% Kultur, Freizeit & Sport; 35% Touristinformation; 12% Sonstiges; 7% Reisen für Alle Gastronomie; 8% Gastronomie & Beherbergung; 9% Kultur, Freizeit &… Öffentlicher Lebensbereich; 32% Bildung & Erziehung; 15% Bauen & Wohnen; 3% Gesundheit; 9% Mobilität & Verkehr; 6% Sonstiges; 13% Bayern barrierefrei Lebensbereich; 32% Bildung & Erziehung; Beherbergung; 100% Rolli Plus Abbildung 13: Verteilung der Signets auf Leistungsträger (Quelle: eigene Darstellung) Die Grafik verdeutlicht, dass die Signets „Reisen für Alle“ und „Bayern barrierefrei“ für vielfältige Branchen genutzt werden. „Reisen für Alle“ bezieht sich dabei vollständig auf den Tourismus, „Bayern barrierefrei“ wird in touristischen und nichttouristischen Bereichen eingesetzt. „Rolli Plus“ bezieht sich auf einen touristischen Bereich, nämlich die Beherbergung. Die Signets „Reisen für Alle“ und „Rolli Plus“ finden zu 100 % Anwendung im 78 8 Zertifizierungen und Labels für barrierefreien Tourismus <?page no="79"?> Tourismus. „Bayern barrierefrei“ wird zu 28 % im Tourismus verwendet, wenn die dem Tourismus verbundenen Branchen zusammengezählt werden. Folgende Gemeinsamkeiten sind auffällig: • Der Aufbau der Signets beruht auf verschiedenen Piktogrammen, die schnell und eindeutig erkennen lassen, für welche Zielgruppe das Angebot nützlich ist. • Die meisten der beschriebenen Beispiele beruhen auf eigenen Kriterien‐ katalogen (außer „Bayern barrierefrei“), die speziell für die Anforderun‐ gen der einzelnen Behinderungen (z. B. für Menschen im Rollstuhl, blinde Menschen, hörgeschädigte Personen) festgelegt wurden. • Die Kriterien und Qualitätsanforderungen wurden zusammen mit Touris‐ musunternehmen und Betroffenenverbänden erarbeitet. Die Zusammen‐ arbeit der verschiedenen Verbände macht eine umfassende Zusammen‐ stellung der Anforderungen der einzelnen Betroffenengruppen möglich. • Alle stellen Zertifikate und Auszeichnungen als Qualitätszeichen dar. • Sie dienen der transparenten Angebotspräsentation sowie Information und erweitern das Kernprodukt der touristischen Leistung (Beherber‐ gung, Verpflegung, Transport etc.), um Zusatznutzen für die Zielgruppe der Menschen mit Beeinträchtigungen (Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen, Familien etc.) zu erzeugen. • Die Zertifizierungen und Auszeichnungen bescheinigen, dass sich die touristischen Dienstleister aktiv mit den Anforderungen auseinander‐ setzen und/ oder diese erfüllen. Dabei gibt es noch einige Faktoren, in denen sich die Zertifikate unterscheiden: • Die Nutzung ist entweder branchenübergreifend, gesamttouristisch oder gilt für einzelne Tourismusbereiche. • Die Verbreitung ist entweder bundesweit oder landesweit. • Die Art des Qualitätszeichens ist ein Zertifikat, Siegel oder eine Aus‐ zeichnung. • Die Überprüfungsprozesse folgen jeweils eigenen Regeln. Sie können intern oder extern erfolgen. • Die Zielgruppe des Zertifikats sind speziell Menschen mit einer Behinde‐ rungsart, das Zertifikat legt den Fokus auf mehrere Behinderungsarten oder hat einen Fokus auf Menschen mit Mobilitätsbehinderungen im weiteren Sinne. 8.4 Kurzvergleich der Akzeptanz der Zertifizierungen 79 <?page no="80"?> Es zeigt sich, dass die unterschiedlichen Zertifikate bzw. Labels in Deutsch‐ land auch unterschiedlichste Zielgruppen ansprechen. Ein Zusammenfüh‐ ren, wie es oft angedacht wird, ist gar nicht so einfach. Dabei sollte auch überlegt werden, ob dies überhaupt erfolgen sollte. Vielleicht würde ein „Master-Zertifikat“ mehr Schwierigkeiten denn Nutzen bergen. 80 8 Zertifizierungen und Labels für barrierefreien Tourismus <?page no="81"?> 3 Rechtlicher Hinweis: Eine Verordnung der EU muss unverzüglich umgesetzt werden und nicht erst durch nationale Legislative in innerstaatliche Gesetze umgesetzt werden. 4 In diesem Zusammenhang wird häufig die Abkürzung PRM für Persons with Reduced Mobility genutzt. 9 Elemente eines barrierefreien Flugverkehrs Das am meisten genutzte Verkehrsmittel der Tourismusbranche ist das Flugzeug (Lee Smith, Amorim und Umbelino 2013, 9). Es lohnt daher, Aspekte dieses Verkehrsträgers in Bezug auf barrierefreies Reisen näher zu betrachten. Die Grundzüge der Behandlung von Menschen mit Behinderung an Flughäfen und auf Flügen sind in Europa in der Verordnung 3 Nr. 1107/ 2006 festgeschrieben und traten in Deutschland Mitte 2008 in Kraft. Darin wird erklärt, dass behinderte Personen vor Diskriminierung zu bewahren sind und sichergestellt wird, dass sie die erforderlichen Hilfen erhalten. Grundsätzlich muss die Betrachtung in zwei Teile aufgespalten werden - den Flughafen und die Fluggesellschaft. Es sind zwei Elemente der Reisekette, die nahtlos ineinandergreifen müssen, um den Transport zu ermöglichen. 9.1 Der barrierefreie Flughafen mit Anika Klotz Die Grundzüge der Behandlung von Menschen mit Behinderung am Flug‐ hafen sind in der EU-Verordnung Nr. 1107/ 2006 erfasst. Dort ist festgehalten, dass sich jeder Flughafen am „Code of Good Conduct in Ground Hand‐ ling for Persons with Reduced Mobility“ 4 orientieren muss (Verordnung Nr. 1107/ 2006, [10]). In diesem werden detailliert Angaben vorgestellt, welche Abläufe für Personen mit Einschränkungen bzw. Behinderungen beim Ground Handling am Flughafen zu bedenken sind. In Grundzügen wird erläutert, wie diese Abläufe auszugestalten sind. Die Ansprechpartnerin für die Buchung ist die Airline. Sie kann die Services entweder selbst anbieten oder eine andere Gesellschaft, z. B. den Flughafenbetreiber, beauftragen (ECAC 2003, Absatz 1.5), was in den meisten Fällen so geschieht. Der Flughafenbetreiber selbst beauftragt dann <?page no="82"?> zumeist auch eine Servicegesellschaft, die das PRM-Handling übernimmt (siehe Beispiel unten). Gemäß der Wertkette von Porter ist ein solches Durchreichen der Kund: innen im Sinne eines Qualitätsmanagements zu kritisieren. Dort ist unmissverständlich klargestellt, dass es sich bei Akti‐ vitäten, die der Herstellung des Produkts dienen, um Primäraktivitäten handelt (Porter 2014, 67). Somit sollten sie nicht outgesourct werden, da so die Kontrolle verloren geht. Das bedeutet, dass ein Flughafenbetreiber die Betreuung von PRM niemals fremdvergeben sollte und eine Airline nur außerhalb ihres Heimatflughafens. Ein positives Beispiel sind der Frankfurter Flughafen und die Lufthansa, die ihr Verhalten offensichtlich entlang Porters Wertkette ausgestaltet haben. Gemeinsam haben die Fraport AG (51 %) und die Deutsche Lufthansa AG (49 %) im Jahr 2007 den Dienstleister FraCareServices GmbH gegründet, um dem eigenen Anspruch an PRM-Service zu genügen (FraCareServices-2022). Die zusätzlichen Kosten des Handlings werden durch die Gemeinschaft der Flugreisenden getragen (Verordnung Nr. 1107/ 2006, [8]) und diese Umlage darf nicht dazu dienen, andere Aktivitäten des Leistungsorgans zu finanzieren (Verordnung Nr. 1107/ 2006, [9]). Es ist verboten, der betroffenen Person die Kosten in Rechnung zu stellen (EACA-2003, Absatz 1.5). Wissen-|-Betreuung an Flughäfen Die Betreuung von Persons with Reduced Mobility muss in Flughäfen in der EU bereits umgesetzt sein. Aus betriebswirtschaftlicher Sichtweise sollte die Betreuung nicht ausgelagert werden (Outsourcing), da es sich um eine Leistung mit direktem Kund: innenkontakt bei der Herstellung des Produkts handelt. Die zusätzlichen Kosten dürfen jedoch nicht extra verlangt werden, sondern müssen durch die Gemeinschaft der Flugreisenden getragen werden, d. h., sie müssen von den Airlines in ihre Ticketpreise miteinkalkuliert sein. Zusätzlich kann ein Flughafen sich nach dem System „Reisen für Alle“ zer‐ tifizieren lassen. In Deutschland sind aktuell (2022) die Flughäfen Hannover, Paderborn und Dortmund zertifiziert. Der Flughafen Franz Josef Strauß in München war ebenfalls zertifiziert. Auch wenn die Zertifizierung nicht erneuert wurde, ist davon auszugehen, dass die meisten Einrichtungen, wie z. B. Toilettenanlagen immer noch barrierefrei sind (als Erinnerung: Eine 82 9 Elemente eines barrierefreien Flugverkehrs <?page no="83"?> Zertifizierung bezieht sich nicht immer auf alle Behinderungsarten, sondern ggf. nur auf eine Teilgruppe, z.-B. Rollstuhlfahrer: innen →-Kapitel 8.1). In der Türkei hat die für Flughäfen zuständige Behörde (Directorate General of Civil Aviation, auf Türkisch: Sivil Havacılık Genel Müdürlüğü) ein Zertifikat für „barrierefreie Flughäfen“ ins Leben gerufen. Das Service‐ angebot an einem Flughafen muss für eine Zertifizierung folgende Punkte beinhalten: • Mindestens ein Anlaufpunkt, an dem Hilfe für einen barrierefreien Ablauf angefragt werden kann. Je größer der Airport, desto mehr Anlaufpunkte sind vorgeschrieben. Diese haben dabei gut sichtbar zu sein. • Hinweisbeschilderung soll für unterschiedliche Arten von Behinderung hilfreich sein. Im Zweifel mehrere Hinweisschilder. • Es gibt einen barrierefreien Check-in-Schalter. • Alle Örtlichkeiten (Toiletten, Restaurants, Geschäfte, usw.) müssen entsprechend erreichbar und ausreichend groß sein. • Der Zugang zu den Flugzeugen muss barrierefrei sein. • Stockwerküberbrückungen, wie z. B. Treppen, Rolltreppen und Aufzüge, müssen barrierefrei gestaltet sein. • Die Bodenbeschaffenheit und Durchgänge müssen entsprechend gestal‐ tet sein. • Im Terminalwartebereich müssen mindestens 5 % der Sitzplätze für Menschen mit Behinderung gestaltet sein. • An der Passkontrolle sollte es eine eigene Kontrolle für Reisende mit Behinderung geben. Sie muss nicht ausschließlich für diese genutzt werden, aber bei Bedarf soll ihnen Vorrang gewährt werden. • Auf den Parkplätzen am Flughafen sollten bis zu 5 % für Personen mit Behinderung reserviert werden. • Die Parkplätze sollten entsprechend kenntlich markiert sein und in der Nähe von Aufzügen etc. und einem Rufpunkt für barrierefreie Reiseunterstützung liegen. (Yücel und Polat-2020,-4-5) Die Liste gilt offiziell für die Türkei, bietet aber gemeinsam mit der EU-Ver‐ ordnung Nr. 1107/ 2006 einen sehr guten Anhaltspunkt, an welche Aspekte bei einem barrierefreien Flughafen zu denken ist. In der Türkei wurde auch schon aktiv entlang der Vorgaben getestet. Alpar (2019) hat den Flughafen in 9.1 Der barrierefreie Flughafen 83 <?page no="84"?> Antalya (AYT) auf seine Barrierefreiheit untersucht. Yücel und Polat (2020) untersuchten den eher kleinen Flughafen Erzincan (ERC), der einer der ersten behindertengerechten Flughäfen der Türkei sein soll. In England bzw. dem UK wurde erkannt, dass an Flughäfen auch auf Men‐ schen mit unsichtbaren Einschränkungen geachtet werden muss. Menschen mit Einschränkungen, häufig vor allem Kinder, mit Agoraphobie (Platz‐ angst), Autismus oder Demenz können an den unterschiedlichsten Orten eines Flughafens, wie überdimensionierte Hallen oder enge Warteschlangen an den Sicherheitsbereichen, stark belastet werden. Durch gute Konzepte können solche Stressorte reduziert und so für alle Reisende der Flughafen zu einem angenehmen Teilort einer Reise werden (Cann-2015,-41-f.). Im eingefügten Fallbeispiel soll der Flughafen Düsseldorf (DUS), der bis zur Eröffnung des Berliner Flughafens BER drittgrößter Flughafen in Deutschland war, auf seine Barrierefreiheit geprüft werden. Dabei wird der Weg einer Person mit Bedarf an Barrierefreiheit gewählt. Fallbeispiel-|-Flughafen Düsseldorf Der Flughafen hat seine Qualitätsstandards auf seiner Website veröf‐ fentlicht. Derzeit hat die Düsseldorfer Flughafengesellschaft das Unter‐ nehmen Klüh Service Management mit der Ausführung der Services für Passengers with Reduced Mobility (PRM) beauftragt (DUS Bar‐ rierefrei 2022). Eine Outsourcingentscheidung, die, in Bezug auf die Überlegungen der Wertkette nach Porter (siehe oben), zumindest zu überdenken wäre. Die Anreise zum Düsseldorfer Flughafen erfolgt typischerweise per Bahn oder PKW. Die beiden Haltestellen der Bahn (Fernbahnhof, S-Bahn am Terminal) sind mit Rolltreppen und Aufzügen ausgestattet. Am Flughafen gibt es für PKW diverse Parkhäuser. Wer über einen Behin‐ dertenparkausweis verfügt, der kann auf den Sonderstellplätzen des Parkhauses 1 kostenfrei parken. Zur Orientierung kann vorab ein Lage‐ plan mit allen Einrichtungen, wie z.-B. Toiletten, im Internet abgerufen werden (→-Abbildung-14). Der PRM-Service muss bis spätestens 48 Stunden vor Abflug, aber idealerweise bei Buchung, bei der Airline oder dem verantwortlichen Reiseveranstalter angefragt werden. 36 Stunden vor Abflug beauftragt der Flughafenbetreiber die externe Serviceagentur. Zusätzlich gibt es noch Rufsäulen, über die der PRM-Service spontan angefragt werden 84 9 Elemente eines barrierefreien Flugverkehrs <?page no="85"?> kann. Es können dann jedoch Wartezeiten auftreten. Gepäck kann von einem Porterservice transportiert werden (DUS Barrierefrei 2022). Das ist ein hilfreicher Service, wenn z. B. von einem Ehepaar eine Person im Rollstuhl sitzt, denn die andere Person kann natürlich nur entweder den Rollstuhl oder den Gepäckwagen schieben. In Zusammenhang mit der Anreise wird auch die Preispolitik für die Leihe von Gepäckwagen diskutiert. Der Flughafen Düsseldorf ist von den Großflughäfen in Deutschland im Vergleich der teuerste. Im Jahr 2021 kostet das einmalige Ausleihen 2,50 Euro. Die beiden größten Flughäfen - Frankfurt und München - verlangen hingegen nur 1 Euro. Am Flughafen Berlin-Brandenburg ist die Ausleihe gänzlich kostenlos. Hohe Gebühren werden als sozial ungerecht empfunden, da Menschen mit Beeinträchtigung auf die Leihe eines Wagens angewiesen sind (Esch-2021,-C1). Wissen-|-Soziale Nachhaltigkeit Hohe Gebühren für reiseunterstützende Angebote wie Kofferwagen (be-)treffen eher die Schwächeren in der Gesellschaft. Im Sinne von sozialer Nachhaltigkeit ist das Preismanagement zu überdenken. Für Menschen mit Beeinträchtigungen werden am Flughafen Düsseldorf separate Check-in-Schalter in Absprache mit der Airline angeboten. Aber auch die Mitarbeitenden des PRM-Service helfen beim Check-in, z. B. bei der Gepäckaufgabe oder dem Dokumentenaustausch. Danach kann die Begleitung zu den Sicherheitskontrollen erfolgen. Die Sicherheitskontrollen sind unverzichtbarer Teil einer Flugreise. Sie sind laut des Luftsicherheitsgesetzes vorgeschrieben. Alle, die den Sicher‐ heitsbereich eines Flughafens betreten möchte, müssen sie durchlaufen. So müssen auch Reisende mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen ausnahmslos durch die Sicherheitskontrolle. Am Düsseldorfer Flughafen gibt es drei Sicherheitskontrollbereiche, je eine im Terminal A, B und C. Die Bereiche A und C sind ebenerdig, können also auch von Rollstuhlfahrer: innen oder Familien mit Kinderwagen problemlos erreicht werden. Lediglich die Kontrollstellen im Terminal B 9.1 Der barrierefreie Flughafen 85 <?page no="86"?> Abbildung 14: Lageplan der barrierefreien Einrichtungen am Flughafen Düsseldorf (Quelle: Flughafen Düsseldorf-GmbH) 86 9 Elemente eines barrierefreien Flugverkehrs <?page no="87"?> befinden sich in einer Zwischenebene, die jedoch mit Aufzügen oder Roll‐ treppen verbunden ist. In der Regel müssen am Düsseldorfer Flughafen alle Flugreisenden einen Körperscanner passieren. Die Reisenden stellen sich dazu für einige Sekun‐ den breitbeinig und mit in der Luft angewinkelten Armen in diesen Scanner. Sollte es hierbei Auffälligkeiten geben, dann erfolgt im Anschluss eine Sicht-/ Tastkontrolle per Handdetektor. Je nach Einschränkung können nicht alle einer solchen Kontrolle unterzogen werden. Beispielsweise werden Rollstuhlfahrer: innen nur einer Sicht-/ Tastkontrolle per Handdetektor un‐ terzogen. Sie ist insgesamt zeitaufwändiger und es sollte dementsprechend geplant werden. Nach den Sicherheitskontrollstellen gelangen die Reisenden in den Shopping- und Wartebereich. Dort sind alle Angebote ebenerdig ge‐ staltet, sodass auch Reisende mit eingeschränkter Mobilität davon nicht ausgeschlossen werden. Die Duty-Free-Shops sind so großzügig gestaltet, dass ein Kinderwagen oder Rollstuhl kein Problem darstellt. Letztlich ist aber die Anordnung der Geschäfte und die Bestuhlung der gastronomischen Betriebe den Betreibern überlassen. So kann es sein, dass einige Angebote auch etwas mobilitätseingeschränkt sind. Angemerkt sei, dass die Lufthansa an ihren Drehkreuzflughäfen Frankfurt und München eigene Lounges für Menschen mit Beeinträchtigungen betreibt. Für gehörlose Personen kann es schwierig sein, wenn z. B. kurzfristige Gate-Änderungen per Lautsprecher bekannt gegeben werden oder sie als Reisende nochmals ausgerufen werden, um sich bei der Airline zu melden. Der letzte Schritt ist der Weg ins Flugzeug. In Bezug auf das Thema Barrierefreiheit kann in zwei unterschiedliche Arten des Boardings unter‐ schieden werden - entweder steht das Flugzeug an einer Gateposition und die Passagier: innen steigen über eine Fluggastbrücke in den Flieger ein oder das Flugzeug befindet sich auf einer Außenposition und die Reisenden müssen mit einem Bus dorthin gebracht werden und steigen dann über eine Fluggasttreppe in den Flieger ein. Die erste Variante ist für Passagier: innen mit Beeinträchtigungen, sei es kognitiv oder körperlich, die einfachste. Die Reisenden gelangen direkt vom Terminalgebäude ins Flugzeug. Die Flug‐ gastbrücke hat auch keine Treppen, die eine Barriere darstellen könnten. Bei einer Außenposition muss zwischen Personen unterschieden werden, die selbstständig oder mit Hilfe die Fluggasttreppe benutzen können, und denjenigen, die mit einem Hubwagen an den Flieger gefahren werden, um so quasi ebenerdig einsteigen zu können. Die Hubwagen werden ebenfalls vom 9.1 Der barrierefreie Flughafen 87 <?page no="88"?> externen Dienstleister Klüh bereitgestellt und aus diesem Grund müssen Personen, die nicht über die Treppen einsteigen können, zwingend den PRM-Service in Anspruch nehmen (DUS Barrierefrei 2022). Beim Check-in werden die Reisenden vorab darauf hingewiesen, wenn es sich bei dem Gate um ein „Busgate“ handelt. In beiden Fällen können Reisende ihren eigenen Rollstuhl, Rollator oder auch Kinderwagen bis zur Kabinentüre mitnehmen. Dort werden die Mobilitätshilfsmittel vom Bodenabfertigungs‐ personal entgegengenommen und im Frachtraum transportiert. Bei Ankunft am Zielflughafen werden sie unmittelbar beim Verlassen des Flugzeuges wieder zur Verfügung gestellt. Im Flugzeug gibt es besondere Rollstühle, die durch die engen Kabi‐ nengänge passen. Können Reisende den Weg von der Flugzeugtüre bis zum Sitzplatz nicht selbst beschreiten, werden sie ggf. auf einen der Flug‐ zeugrollstühle umgesetzt und zu ihrem Platz gebracht. Dafür sind die Mitarbeitenden des PRM-Services und das Kabinenpersonal geschult. Jedoch müssen sich Flugreisende selbst von ihrem Rollstuhl auf den Sitzplatz im Flugzeug umsetzen können. Ist das nicht der Fall, muss eine Begleitperson dabei sein, die der reisenden Person hilft, denn das Servicepersonal darf und kann keine Passagier: innen heben oder tragen. Die Begleitperson ist auch im Falle einer Evakuierung von Nöten, nämlich wenn die reisende Person sich nicht selbst aus der Maschine helfen kann. Auch eine gehörlose Person sollte daher möglichst nicht alleine Reisen, denn bei einem Notfall an Bord könnte den Anweisungen des Personals nicht Folge geleistet werden. Ist der Flughafen Düsseldorf also in Sachen „Tourism for all“ (barriere‐ freies Reisen) gut aufgestellt? Diese Frage lässt sich in vielen Punkten sicherlich mit „Ja“ beantworten. Vorgaben, wie sie z. B. für die Türkei gelten, werden alle eingehalten. Für Passagier: innen mit Gehbehinderungen bzw. für Rollstuhlfahrer: innen oder Familien mit Kinderwagen ist der Flughafen durch seine baulichen Gegebenheiten gut aufgestellt. Aufzüge und Rolltreppen stehen überall zur Verfügung, die Terminalbereiche und Sicherheitskontrollen sind ebenerdig gestaltet, generell sind nur kurze Wege zurückzulegen und es gibt ausreichend viele behindertengerechte Toiletten. Für alle (Allein-)Reisenden mit Beeinträchtigungen steht zudem der PRM-Service zur Verfügung, der es fast allen möglich macht, eine Flugreise zu unternehmen - zumindest was die Wege im Flughafen betrifft. 88 9 Elemente eines barrierefreien Flugverkehrs <?page no="89"?> 9.2 Elemente eines barrierefreien Flugs mit Sven Schmalz Fluglinien waren ursprünglich zumeist Staatsunternehmen. Heute sind sie typischerweise privatisiert und erhalten keine staatliche Unterstützung, wenn sie PRM befördern. Viel mehr noch: Sie haben höhere Kosten, wenn sie aufgrund einer alternden Bevölkerung mehr PRM an Bord haben. Es wird z. B. zusätzliches Personal benötigt, um sich um die älteren Kund: innen zu kümmern oder mehr Kerosin, um Rollstühle etc. zu befördern. Da Airlines aber in einem Markt mit enormem Preisdruck agieren, ist es für sie nicht lukrativ, PRM zu befördern (Ancell 2016, 114-116). So entsteht ein Spannungsfeld im Umgang mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Für Airlines besteht grundsätzlich eine Beförderungspflicht von behin‐ derten bzw. mobilitätseingeschränkten Menschen. Rechtlich wird dabei ebenso wie beim Flughafen auf die Verordnung 1107/ 2006 referenziert. Ausnahmen könnten Sicherheitsbestimmungen sein oder die physischen Größen des Fluggerätes wie beispielsweise seiner Türen (Waclawczyk 2010, 10). Eines der bekanntesten Analyse Modelle ist die Branchenstrukturanalyse von Porter (1979), auch häufig nach dem englischen Namen 5-Forces benannt. Porter nutzte gerne die Airlineindustrie als Beispiel. Ancell (2016, 123) hat es für die PRM angepasst (→-Abbildung-15). Es zeigt auf, dass innerhalb des Wettbewerbs kein Interesse an der Beförderung von PRM besteht. Weder nach Preis noch in der Werbung werden diesbezügliche Produkte in den Vordergrund gerückt. Die Stärke von Lieferanten und Kund: innen ist hoch. Die Lieferanten, wie z. B. die Flughäfen, können die Kosten für PRM-Services der Airline direkt in Rechnung stellen. Die Kund: innen haben die staatliche Rechtsprechung auf ihrer Seite. Demgegenüber ist kaum mit Ersatzleistungen zu rechnen, vor allem im Langstreckenbereich. Aufgrund der zusätzlichen Kosten, die auf die Gruppe aller Passagier: innen umgelegt würden, ist auch die Gefahr von Wettbewerbern, die sich diesem Segment nähern, unwahrscheinlich (Ancell 2016, 119 ff.). Diese Überlegung steht im Widerspruch zu Shaw (2016, 73), der erwartet, dass vielmehr Marken entstehen könnten, die sich dem Kund: innensegment PRM aufgrund des demografischen Wandels ausdrücklich zuwenden. 9.2 Elemente eines barrierefreien Flugs 89 <?page no="90"?> Abbildung 15: Porters 5-Forces Modell des Wettbewerbs bei Airlines angepasst auf den PRM Markt (Quelle: Ancell 2016, 123) Suppliers‘ bargaining power - HIGH + Airports push volatility risk to airlines + Ground handlers tender and contract to airports + Airline suppliers can earn profits Threat of new entrants - LOW - New entrants will not chase a market which is so heavily regulated and in which users do not always cover the full cost of the service Intensity of competition - LOW - No competition based on price - No advertising superior products or services Threat from substitutes - LOW - Video conferencing - Short haul: bus, train, plane - Long haul: no real substitute unless sufficient time for cruise Customers‘ bargaining power - HIGH + Legislation gives customers power + Growing demand from elderly, obese and medical travellers under auspices of legislation Abbildung 15: Porters 5-Forces-Modell des Wettbewerbs bei Airlines angepasst auf den PRM-Markt (Quelle: Ancell-2016,-123) Wissen-|-PRM In einer betriebswirtschaftlichen Kalkulation sind PRM bei Airlines zu berücksichtigen. Agiert die Airline in einem Markt, der viele PRM beheimatet, schlägt sich das in den Preisen nieder. Damit sinkt die Wettbewerbsfähigkeit der Airline. Daher ist keine Marktbearbeitung des Marktsegments PRM zu erwarten. Eine gesonderte Untersuchung von Rollstuhlfahrer: innen im Flugzeug hat Davis (2020, 272) vorgenommen. Er stellt fest, dass eine Flugreise weiterhin schwierig ist. Auch für die Begleitpersonen ist es nicht immer einfach, Rollstuhlfahrer: innen zu unterstützen. Die Kabinencrew hat ebenso nur 90 9 Elemente eines barrierefreien Flugverkehrs <?page no="91"?> limitierte Möglichkeiten der physischen Hilfe, da sie durch Arbeitsanwei‐ sungen in ihren Handlungen eingeschränkt ist. 9.2.1 Besonderheiten für Barrierefreiheit im Flugzeug Häufig wird erwähnt, dass sich Barrieren gegenseitig bedingen - beispiels‐ weise ist der abgesenkte Bordstein für Rollstuhlfahrer: innen von Vorteil, Blinde irritiert er. An Bord eines Flugzeugs kommt es beim Thema Barriere‐ freiheit zusätzlich zu einem Konflikt mit den Sicherheitsregulierungen. So muss ein Flugzeug z. B. innerhalb von 90 Sekunden evakuiert werden können. Daher kann der vermeintlich großräumige Platz am Notausgang eben gerade nicht an Personen wie z. B. Rollstuhlfahrer: innen vergeben werden, für die der zusätzliche Raum einen Komfortgewinn bedeuten würde. Vielmehr werden dort junge, kräftige Flugreisende platziert, die im Notfall unterstützend tätig sein können. Airlineseitig ist in solchen Fällen viel Empathie und Feingefühl nötig, um die Situation für alle ver‐ ständlich zu erklären (ERA 2018, 2). Immer wieder gibt es Beispiele, die zeigen, dass solche Vorgaben zu Missverständnissen führen. Ryanair wurde von einer Taubstummenorganisation kritisiert, weil sie nur vier Personen einer Gruppe gleichzeitig auf einem Flug transportiert haben und neun taubstumme Personen zurückließen (TTG 2005, 4). Es ist aus der Distanz natürlich keine Aufklärung des Falles möglich. Vermutlich ging es um den zeitlichen Rahmen im Falle einer Evakuierung, der mit 13 beeinträchtigten Reisenden nicht mehr eingehalten werden könnte. Somit wären Ryanair keine Vorwürfe zu machen, denn Sicherheit hat in der Flugbranche die höchste Priorität. Auf der anderen Seite scheint es (zumindest im UK) eine gesetzliche Vorschrift zu geben, dass die Anzahl von PRM-Reisenden in größeren Flugzeugen nicht reglementiert werden darf (Ancell 2016, 113). Ob die Gruppe zusätzlich als solche angemeldet war und warum sie dann bei Buchung nicht bereits auf mögliche auftretende Probleme hingewiesen wurde, muss an dieser Stelle offenbleiben. Letztlich zeigt sich aber das Konfliktpotenzial, wenn zwei Ansprüche - die von PRM und die der allgemeinen Flugsicherheit - kollidieren. Wissen-|-Geräumige Plätze am Notausgang Die geräumigsten Plätze in einem Flugzeug am Notausgang dürfen auf‐ grund von Sicherheitsanforderungen nicht an PRM vergeben werden. 9.2 Elemente eines barrierefreien Flugs 91 <?page no="92"?> Sie werden an vornehmlich junge, kräftige Menschen vergeben, die im Notfall die Evakuierung der Maschine unterstützen können. Dieses vermeintliche Paradoxon führt bei Unwissenheit häufig zu Unverständ‐ nis bei den betroffenen PRM und muss sachlich und mit Empathie aufgeklärt werden. Flugreisende mit Einschränkungen möchten ggf. Gerätschaften mit an Bord nehmen. Sind sie elektrisch, ist zumeist besondere Vorsicht geboten. Sie werden im Fachjargon als Electronic Mobility Aids (EMA) bezeichnet. Alle, die ein solches Gerät benötigen oder mitführen möchten, können grund‐ sätzliche Informationen über die IATA einholen. Eine direkte Absprache mit der Airline ist ratsam (ERA-2018,-3). Manche Personen mit besonderen Bedürfnissen benötigen an Bord Hel‐ fende. Besonders in Notfallsituationen werden sie benötigt, aber es gibt auch viel wahrscheinlichere Fälle, in denen eine Person nicht alleine reisen darf - nämlich, wenn sie • (ggf.) auf Sauerstoff angewiesen ist, • ohne Hilfe kein Essen zu sich nehmen kann, • sich nicht vom Sitzplatz in einen Rollstuhl bewegen kann, • nicht mit der Crew kommunizieren bzw. die Anweisungen nicht verste‐ hen kann, • ohne Hilfe die Bordtoiletten nicht benutzen kann, • ohne Hilfe (benötigte) Medikamente nicht einnehmen kann. In all solchen Fällen muss die Fluglinie vorab informiert und die Situation klar besprochen werden (ERA 2018, 3). Virgin Atlantic hat ein tabletgestütztes System für Sehbehinderte und blinde Menschen entwickeln lassen, das in der gesamten Flotte eingesetzt werden kann. Es beinhaltet Audiobeschreibungen und ist mit großen Be‐ dienungskontrollen ausgestattet. Damit ist es für unterschiedliche Sehein‐ schränkungen nutzbar. So kann sich der Reisende entspannen, da er nicht wegen jeder Kleinigkeit das Kabinenpersonal rufen muss. Gleichzeitig bindet es auch airlineseitig weniger Ressourcen (Buying Business Travel 2018, 16). Die weltgrößten Flugzeugbauer nehmen sich des Umstandes an und reagieren auf die internationalen Entwicklungen (Airbus 2016; Boeing 2020a). So konnte Airbus mit mehr Bewegungsfreiheit, ruhigeren Kabinen, vermin‐ 92 9 Elemente eines barrierefreien Flugverkehrs <?page no="93"?> dertem Kabinendruck oder anderen Vorzügen verschiedene Fluggesellschaf‐ ten für eine barriereärmere Flugzeugvariante gewinnen (Castiglioni 2013; wheelchairtravel.org 2022). Auch Boeing hat Inklusion im Unternehmen in den nötigen Fokus gerückt, z. B. stellte das Unternehmen die ersten barrierefreien WCs auf dem Markt vor (Boeing-2019). Um mehr mobilitätseingeschränkte Passagier: innen zu Flugreisen zu bewegen, könnte die Erfindung des Innovationspreisträgers Diehl Aviation helfen. Das Unternehmen entwickelte eine kostengünstige Variante, die kleine Flugzeugtoiletten mit wenig Aufwand in ein geräumigeres WC ver‐ wandelt (DRV 2019, 39). Übergewichtige Menschen oder Eltern mit Kindern würden davon profitieren (fluege.de-2020; BDLI-2019). 9.2.2 Analyse der unterschiedlichen Prozesse (bei Lufthansa) Als führender deutscher Luftfahrtkonzern steht die Lufthansa für Fünf-Sterne-Service und Reisekomfort in Europa. Eine nachhaltige soziale Ausrichtung im Sinne eines Corporate-Social-Responsibility-(CSR-)Ansat‐ zes kann zudem bestätigt werden und ist in den Leitsätzen des Unterneh‐ mens verankert (Maienschein 2020). Die Innovationen des Kölner Unter‐ nehmens sind auf technischer Ebene erwiesen und darüber hinaus werden barrierefreie sowie soziale Ziele verfolgt (Boeing 2020b; Windhausen 2017). Im Nachfolgenden sind vier Kernelemente für barrierefreies Fliegen am Beispiel der Lufthansa näher betrachtet. Dazu wurde zu Beginn des Jahres 2021 anhand der Website des Unternehmens versucht, ein Bild der derzeitigen Situation für barrierefreies Reisen entstehen zu lassen: - Schritt 1: Service bei Informationsfindung und Buchung Menschen mit besonderen Bedürfnissen sind u. U. nicht in der Lage, eine Reise selbst zusammenzustellen oder zu buchen. Eine Assistenz mit Empa‐ thie und eine barrierearme Infrastruktur können jedoch eine zumindest teilweise Selbstständigkeit mit einem einhergehenden Reiseerlebnis bieten (derassistenzdienst.de-2021). Die unkomplizierte Suche nach Transportver‐ fügbarkeiten im Internet könnte der erste Schritt einer eigenständigen Planung sein. Die Deutsche Lufthansa stellt auf ihrer Internetseite keine gesonderten Reiseangebote für mobilitätseingeschränkte Menschen zur Verfügung. Auch unter www.lufthansaholidays.com werden weder Städtenoch Pauschal‐ 9.2 Elemente eines barrierefreien Flugs 93 <?page no="94"?> reisen für mobilitätseingeschränkte Menschen angeboten (Lufthansa Holi‐ days 2021). Ob solche Angebote von einer Airline erwartet werden sollten, mag diskutiert werden. Jedoch hat die Website keine Vorlesefunktion. Er‐ klärende Videos zur Buchung sind auf der Internetseite nicht verfügbar. Ein eigener YouTube-Kanal besteht, dort sind Videos mit Untertitel verfügbar. An vielen Stellen der Website sind gesonderte Hinweise für Menschen mit eingeschränkten Sinneswahrnehmungen und Flugreisende mit Rollstuhl an‐ gegeben. Unter den Menüpunkten „Reisen mit besonderen Anforderungen“ bzw. „Gesund Reisen“ werden mögliche Einschränkungen aufgegriffen und Informationen dazu bereitgestellt. Zum Beispiel können sich Kund: innen mit Allergien, Atemproblemen, Herzschrittmachern, Diabeteserkrankun‐ gen, Jetlag- und Klimaempfindsamkeiten, Medikamenten, Ohrenproblemen, Thrombosen oder Schlafapnoe bzw. CPAP-Geräten über Besonderheiten oder Dinge, die zu beachten sind, informieren. - Schritt 2: Service am Flughafen Assistenz von Lufthansa wird den Menschen bereitgestellt, die sie benöti‐ gen: typischerweise mobilitätseingeschränkten, sehbehinderten, hörbehin‐ derten oder geistig beeinträchtigten Passagier: innen. Die Begleitung der Kund: innen am An- und Abreiseflughafen ist gewährleistet, am Flughafen Frankfurt sogar durch das eigene Team (→ Kapitel 9.1). Das Servicepersonal bietet eine Begleitung zum Anschlussflug oder zum Ausgang des Flughafens an. Auch bei langen Wegen können Rollstühle am Heimatsowie Zielflug‐ hafen kostenfrei genutzt werden. Zusätzliche Dienstleistungen für ältere Kund: innen sind vorhanden und runden das Angebot ab. Eine Kostenpflicht besteht, falls keine bestätigte Behinderung nachgewiesen werden kann. - Schritt 3: Service an Bord Die Sicherheit aller Reisenden und der Komfort auf der Flugreise stehen bei der Deutschen Lufthansa an vorderster Stelle. Nachfolgend sollen Elemente betrachtet werden, die bei barrierefreien Angeboten häufig genannt werden. Dabei kann keine abschließende Aufzählung erfolgen, da die einzelnen Belange zu divers sind: a) Verpflegung und Nahrungsunverträglichkeiten Es besteht ein Angebot an veganen und vegetarischen Speisen, aber auch an solchen, die religiösen Vorgaben entsprechen. Kund: innen können bis 94 9 Elemente eines barrierefreien Flugverkehrs <?page no="95"?> 24 Stunden vor Abflug und bei eine Mindestflugdauer zwischen 75 und 185 Minuten Gerichte kostenfrei wählen. Ebenso können Diabetiker: innen bis 48 Stunden vor Abflug gesonderte Speisen bestellen. Da allergische Re‐ aktionen verschiedene Ursachen haben, findet auf den Flügen bei Lufthansa eine Filtertechnik Anwendung. Zudem wird darauf hingewiesen, dass sich trotz Kontrollen Spuren von Erdnüssen im Bordmenü befinden können. b) Medizinische Versorgung an Bord Das Flugpersonal ist für medizinische Notfälle an Bord geschult und verfügt über Notfallmedizin. Ein 24-Stunden-Kontaktservice zu Ärzt: innen während des Fluges wird laut der offiziellen Website sichergestellt. c) Luft und Sauerstoff In den Kabinen findet eine Luftumwälzung von 40-50 % mit der Außenluft statt. Flugreisende, die eine Sauerstoffversorgung benötigen, werden auf Einschränkungen vorbereitet. Eine vorherige ärztliche Prüfung der Flugrei‐ setauglichkeit kann mit dem Abschluss eines speziellen Anbietervertrags verschiedene Formen und Preisklassen annehmen. d) Begleithunde Die kostenlose Mitnahme von Begleithunden in der Kabine wird auf der offiziellen Lufthansa-Website angeboten. Es bestehen jedoch bestimmte Voraussetzungen und es besteht eine Unterscheidung in anerkannte Assis‐ tenzhunde bzw. psychotherapeutische Hunde. Die Anmeldung von psycho‐ therapeutischen Hunden muss spätestens 48 Stunden vor Abflug erfolgen. Anerkannte Assistenzhunde können telefonisch, per E-Mail, im Reisebüro oder über barrierearme Formulare online angemeldet werden. e) Medikamente Benötigte Medikamente müssen alle nötigen Informationen aufweisen, damit ein Transport im Handgepäck gewährleistet werden kann. Da der Service eine Kühlung nicht umfasst, weist die Fluggesellschaft auf ihrer Internetseite auf Kühlakkus oder die Benutzung von Trockeneis hin. f) Boarding Beim Boardingprozess werden Familien mit Kindern, allein reisende Kinder und Personen mit eingeschränkter Mobilität als erste Gruppe an Bord gelassen. Die allgemeinen Assistenzangebote schließen Hilfestellungen bei der Medikamenteneinnahme oder unterstützende Maßnahmen auf dem WC 9.2 Elemente eines barrierefreien Flugs 95 <?page no="96"?> aus. Zudem ist das Tragen oder Heben von Passagier: Innen dem Bordteam untersagt und erfordert einen zusätzlichen Bezahlservice. Hinweise zur barrierefreien Infrastruktur am Zielflughafen werden auf der Anbieterseite nicht gegeben. 96 9 Elemente eines barrierefreien Flugverkehrs <?page no="97"?> 10 Barrierefreie Bahnfahrten: Die barrierefreien Angebote der Deutschen Bahn AG mit Sophia Hentschel Die Deutsche Bahn AG ist ein weltweit führendes Mobilitäts- und Logistik‐ unternehmen. Jeden Tag sind über 24.000 Züge im Einsatz. 7,3 Millionen Kund: innen werden deutschlandweit in Bussen und Bahnen der Deutschen Bahn befördert. Darunter mehr als 6,9 Millionen Personen im Nahverkehr. Im Jahr hat die Deutsche Bahn AG also ungefähr 2,5 Milliarden Kund: innen (Deutsche Bahn 2022). Nach dem Gesetz der großen Zahl sollte entsprechend des Anteils an der Bevölkerung auch durch Menschen mit Behinderungen eine Nachfrage nach barrierefreien Angeboten bestehen. Die Deutsche Bahn AG möchte (und sollte) allen Ansprüchen bezüglich Barrierefreiheit gerecht werden. Jedes Jahr erscheint ein neuer Informati‐ onskatalog des Konzerns über neu erreichte und zukünftige Ziele sowie über den aktuellen Stand der barrierefreien Serviceangebote. Dabei werden speziell die einzelnen Einschränkungen berücksichtigt und näher erläutert. Die Deutsche Bahn AG unterscheidet in folgende Einschränkungsarten: • Bahnreisende mit eingeschränkter Beweglichkeit • Bahnreisende mit eingeschränkter Sehfähigkeit • Bahnreisende mit eingeschränkter Hörfähigkeit • Bahnreisende mit Lernschwierigkeiten Die Maßnahmen zur Förderung der Barrierefreiheit für die jeweilige Einschränkungsart werden detailliert im Informationskatalog aufgezeigt (Deutsche Bahn 2022). Es werden Informationen zu den Gegebenheiten im Bahnhof, am Bahnsteig und im Zug bereitgestellt. Zudem gibt es Anleitun‐ gen, wie spezielle Hilfeleistungen vor Ort gebucht werden können und wie Betroffene am Bahnhof Hilfe bekommen. Die Deutsche Bahn AG geht dabei auf jede einzelne Einschränkung ein und erläutert die jeweilige Vor‐ gehensweise. Zusätzlich werden die unterschiedlichen Preisermäßigungen genannt. Auf der Website der Deutschen Bahn AG finden sich weiterhin zusätzliche Informationen zu Serviceangeboten, wie z. B. zur App DB Barrierefrei. Die App ist besonders hilfreich für Menschen mit Gebehinderung oder Rollstuhl‐ <?page no="98"?> fahrer: innen, für Menschen mit Hörbehinderung sowie für Menschen mit Sehbehinderung. Reisende können sich in der App anzeigen lassen, welche Fahrstühle und Rolltreppen an einem ausgewählten Bahnhof funktionsfähig oder defekt sind. Das ist vor allem für Menschen mit Gehbehinderung und Rollstuhlfahrer: innen hilfreich, denn ohne diese Unterstützung sind die Bahnsteige meistens nicht zugänglich. Durchsagen oder Änderungen im Fahrplan können sich Nutzer: innen per SMS auf ihr Smartphone schicken lassen. Das ist für zwei Gruppen von Vorteil: Hörbehinderte können die SMS lesen und sehbehinderte Menschen sich die SMS per Sprachausgabe vorlesen lassen. In den Bahnhöfen und im Zug sind einige Bereiche mit Piktogrammen gekennzeichnet. Nachfolgend eine Übersicht von Piktogrammen der Deut‐ schen Bahn AG. Sie haben einen Bezug auf verschiedene Bereiche wie z.-B. Mobilität, Höreinschränkung etc. (→-Abbildung-16): Abbildung 16: Piktogramme Deutsche Bahn AG (Quelle: DB AG) Die Piktogramme erleichtern Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen das Reisen, denn eine bildhafte Darstellung von Informationen ist besonders für diese Gruppe von Kund: innen wichtig. Aber auch für Menschen mit anderen Einschränkungen, wie beispielsweise Rollstuhlfahrer: innen, sind die Piktogramme hilfreich. Sie können direkt erkennen, welche Bereiche für sie zugänglich sind und welche nicht. 98 10 Barrierefreie Bahnfahrten: Die barrierefreien Angebote der Deutschen Bahn AG <?page no="99"?> 5 Euroschlüssel sind spezielle Schlüssel für öffentliche Toilettenanlagen. Sie können von Menschen mit einem Schwerbehindertenausweis beantragt werden. Das System wurde vom Club Behinderter und Ihrer Freunde (CBF Darmstadt) bereits 1986 entwickelt und wird bis heute von diesem betreut (mehr Informationen unter: https: / / cbf-da.de/ de/ sh op/ euro-wc-schluessel/ ). Wissen-|-Barrierefreiheit bei der Deutschen Bahn Die Deutsche Bahn AG hat sich dem Thema Barrierefreiheit angenom‐ men. Sie gibt ausführliche Informationen über aktuelle Gegebenheiten. Zudem berücksichtigt sie die Einschränkungen entlang des für den Tourismus häufig gebräuchlichen Musters, also in einer Unterteilung nach Mobilitäts-, Hör-, Seh- oder kognitiven Einschränkungen. Nachfolgend wird die Barrierefreiheit der Angebote heruntergebrochen auf die einzelnen Anspruchsgruppen und auf die Anforderungen von „Reisen für alle“ (→-Kapitel 8.1) gespiegelt. 10.1 Bahnreisen für Menschen mit Gehbehinderung Um Personen mit eingeschränkter Mobilität ein reibungsloses Reisen mit der Bahn zu ermöglichen, nennt die Deutsche Bahn AG einige Unterstüt‐ zungsmaßnahmen. Eine komplette Barrierefreiheit an allen Bahnhöfen in Deutschland besteht allerdings noch nicht. Es werden bereits folgende Maßnahmen an einigen Bahnhöfen angeboten (Deutsche Bahn 2022): • Bereitstellung von günstigen und teilweise kostenlosen Parkplätzen • Anforderung eines Rollstuhls möglich (nur in großen Bahnhöfen) • Toiletten für Rollstuhlfahrer: innen (werden durch die Mitarbeitenden oder mit einem Euroschlüssel 5 geöffnet) • automatische Türen • die Anmeldung für die Ein-, Um-, und Ausstiegshilfen durch die Mobi‐ litätsservice-Zentrale (für Rollstuhlfahrer: innen besteht diese Möglich‐ keit an rund 1.500-Bahnhöfen) Reisen mit dem Koffer stellt Menschen mit Gehbehinderung oder Rollstuhl‐ fahrer: innen vor eine zusätzliche Herausforderung. Nicht nur können sie selbst den Koffern nicht bewegen; auch eine Begleitperson, die einen Roll‐ stuhl schiebt, kann nur schwerlich noch Gepäck transportieren (→ Kapi‐ 10.1 Bahnreisen für Menschen mit Gehbehinderung 99 <?page no="100"?> 6 Der Buchstabe G bedeutet, dass eine Person stark in ihrer Mobilität eingeschränkt ist („gehbehindert“). Es gibt noch die Steigerung aG, was für „außergewöhnlich gehbehin‐ dert“ steht und erst bei besonderer Schwere vergeben wird. Nur mit den Buchstaben aG wird in Deutschland ein Parkausweis für Behindertenparkplätze erteilt. 7 Der Buchstabe B bedeutet, dass eine schwerbehinderte Person durch eine Begleitperson im öffentlichen Transportwesen begleitet werden darf. tel 9.1). Die Deutsche Bahn AG bietet folgende Hilfeleistungen an (Deutsche Bahn-2022): • Versand des Gepäcks mit dem DB Gepäckservice • kostenlose Beförderung im Inland von Krankenfahrstühlen und anderen orthopädischen Hilfsmittel bis maximal 100 kg (Voraussetzung: Merk‐ zeichen G 6 im Schwerbehindertenausweis) • kostenloser Transport von einem Gepäckstück im Rahmen des Mobili‐ tätsservice Weiterhin werden in vielen Zügen Unterstützungen für Personen mit einer Gebehinderung oder im Rollstuhl angeboten (Deutsche Bahn-2022): • geeignete Sitzflächen zum Umsetzen und Stellflächen für den Rollstuhl • der erhöhte Bordpreis wird in Zügen mit Fahrkartenverkauf für Schwer‐ behinderte nicht berechnet • buchbarer Rollstuhlstellplatz (beinhaltet zusätzlich einen reservierten Sitzplatz; neben dem Sitzplatz kann/ muss ein weiterer Platz für die Begleitperson gebucht werden) • Universaltoiletten • neue Nahverkehrszüge mit Rollstuhlrampe • kostenlose Beförderung der orthopädischen Hilfsmittel • Einstieg durch Rollstuhlsymbol erkennbar • automatisches Öffnen und Schließen der Tür zum Fahrgastraum • eine Service-Ruf-Taste am höhenverstellbaren Tisch bei den Rollstuhl‐ fahrerplätzen in ICE-Zügen Menschen mit einem Schwerbehindertenausweis mit Beiblatt und Wert‐ marke dürfen kostenlos im Nahverkehr in der 2. Klasse mitfahren. Sollte in dem Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen für die 1. Klasse angege‐ ben sein, so gewährleistet die Deutsche Bahn AG die kostenlose Fahrt in der 1. Klasse. Zudem darf eine Begleitperson oder ein Hund kostenlos mitfahren, wenn im Ausweis ein B 7 vermerkt ist (Deutsche Bahn-2022). 100 10 Barrierefreie Bahnfahrten: Die barrierefreien Angebote der Deutschen Bahn AG <?page no="101"?> Auch das Kennzeichnungssystem „Reisen für Alle“ gibt Qualitätskriterien für das barrierefreie Reisen mit dem Rollstuhl vor. Die bahnbezogenen werden im Folgenden aufgelistet und mit den Informationen der Deutschen Bahn verglichen (→-Tabelle-7). „Reisen für Alle“ (DFST) Barrierefrei geprüft - Rollstuhlfah‐ rer: innen Deutsche Bahn AG Plattform bei einem Treppenplattform‐ lift mindestens 80-cm × 125-cm und bei einem Hublift mindestens 90-cm × 140-cm keine Informationen über die Größe Sitzgelegenheiten am Bahnsteig vorhanden mindestens einen Parkplatz für Men‐ schen mit Behinderung vorhanden, günstiger und teilweise kostenloser Parkplatz maximal Längsneigung einer Rampe von 6-% teilweise vorhanden Kabinengröße eines Aufzugs mindes‐ tens 110-cm × 140-cm die Aufzüge sind mindestens 110-cm × 140-cm Schalterhöhe maximal 80-cm Notruf-Info-Säule etwas tiefer ange‐ bracht, ansonsten keine Informationen zur Höhe von Schaltern Bewegungsfläche entlang des Bahn‐ steigs mit einer Breite von mindestens 250-cm keine Informationen Breite von Durchgängen und Türen mindestens 80-cm für Menschen mit Gehbehinderung und 90-cm für Roll‐ stuhlfahrer Durchgänge zum Rollstuhlstellplatz und Universaltoiletten betragen immer mindestens 80-cm Tabelle 7: Vergleich der Qualitätskriterien für Rollstuhlfahrer: innen mit den Angeboten der Deutschen Bahn (Quelle: DFST-2019 - Deutsche Bahn AG; Reisen für Alle-2018) 10.1 Bahnreisen für Menschen mit Gehbehinderung 101 <?page no="102"?> Es ist zu erkennen, dass die Deutsche Bahn AG bereits viele Kriterien erfüllt. Weiterhin zeigen sich Informationslücken in einigen Bereichen. Außerdem erklärt die Deutsche Bahn AG, dass nicht alle Bahnhöfe vollständig barrie‐ refrei für Menschen mit Gehbehinderung und Rollstuhlfahrer: innen sind. Zusätzlich kann es an den Bahnhöfen zu Problemen kommen, wenn ein Fahrstuhl oder eine Rolltreppe defekt ist. Zudem sind die alten Züge nicht barrierefrei und gestalten den Ein- und Ausstieg schwierig. Damit dies den Reisenden erleichtert wird, bietet die Deutsche Bahn AG Hilfeleistungen durch Mitarbeitende an. Dieser Hilfedienst muss allerdings bis spätestens 20 Uhr am Vortag angemeldet werden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass je neuer ein Zug ist, desto mehr Barrierefreiheit ist gegeben. Die Hälfte der heutigen Regionalzüge ist laut der Deutsche Bahn barrierefrei gestaltet. Dazu gehören eine im Fahrzeug installierte Ein- und Ausstiegshilfe, rollstuhlgerechte Toiletten und digitale Informationssysteme (Deutsche Bahn 2022). Es sind 61 % der Bahnsteige für diese Gruppe von Kund: innen weitreichend barrierefrei gestaltet (Deutsche Bahn-2022 - barrierefreie Bahnhöfe). 10.2 Bahnreisen für Menschen mit einer Hörbehinderung Menschen mit einer Hörbehinderung und gehörlose Menschen sind beson‐ ders auf bildlich dargestellte Informationen angewiesen. Die Deutsche Bahn AG stellt auch hier ihre Angebote vor. Sie lauten wie folgt (Deutsche Bahn-2022): • Kontaktaufnahme mit der Mobilitätsservice-Zentrale auch per Fax oder E-Mail • dynamische Anzeigesysteme für Informationen und Störungen • induktive Höranlage an vielen Informations- und Reisezentren der Deutschen Bahn • Meldung von Störungen per SMS • alle Mitteilungen von Informationen in schriftlicher Form Hervorzuheben sind die induktiven Höranlagen, da sie eine große Erleich‐ terung für hörgeschädigte Menschen bedeuten. Die Tonspuren werden in elektrische Signale verwandelt und sind mit heute üblichen Hörgeräten zu empfangen. Allerdings ist diese Funktion auch nicht an allen Bahnhöfen ge‐ 102 10 Barrierefreie Bahnfahrten: Die barrierefreien Angebote der Deutschen Bahn AG <?page no="103"?> geben. Die Deutsche Bahn AG stellt eine Liste der Bahnhöfe zur Verfügung, an denen induktive Höranlagen vorhanden sind. Zudem kooperiert die Deutsche Bahn AG mit dem Gehörlosenbund. Zusammen wurden mehrere Videos in Gebärdensprache aufgezeichnet. Darin werden Informationen zur Fahrkartenbuchung, zur BahnCard, zum digitalen Service rund um die Reiseplanung und die Fahrgastrechte erläutert. Im Folgenden werden erneut die relevantesten Qualitätskriterien des Kennzeichnungssystems „Reisen für Alle“ des DFST mit den Angeboten der Deutschen Bahn verglichen (→-Tabelle-8): „Reisen für Alle“ (DFST) Barrierefrei geprüft - Menschen mit Hörbehinderung Deutsche Bahn AG schriftliche Haltestelleninformationen an Bahnsteigen dynamische Anzeigesysteme vorhanden technische Möglichkeiten zur Informa‐ tionsübermittlung einige DB-Reisezentren und Informatio‐ nen mit induktiven Höranlagen optische Wiedergabe eines abgehen‐ den Notrufes im Aufzug keine Informationen Informationen in Gebärdensprache vereinzelt Videos mit Gebärdensprache abrufbar, Verschriftlichungen von Infor‐ mationen in den Bahnhöfen erhältlich Tabelle 8: Vergleich der Qualitätskriterien für Menschen mit Hörbehinderung mit den Ange‐ boten der Deutschen Bahn (Quelle: DFST 2019 - Deutsche Bahn AG; Reisen für Alle-2018) Beim Vergleich der Qualitätskriterien von „Reisen für Alle“ mit dem IST-Zu‐ stand bei der Deutschen Bahn AG lässt sich feststellen, dass Menschen mit einer Hörbehinderung und gehörlose Menschen berücksichtigt werden. Jedoch stellt sich die Frage: An wie vielen Bahnhöfen ist dies bereits umge‐ setzt und an wie vielen gibt es noch Handlungsbedarf ? In der allgemeinen Statistik der Deutschen Bahn AG wurde untersucht, wie viele Bahnhöfe voll‐ kommen barrierefrei ausgestattet sind. Dort wurde auch die Barrierefreiheit für Menschen mit Hörbehinderung und gehörlose Menschen berücksichtigt. 10.2 Bahnreisen für Menschen mit einer Hörbehinderung 103 <?page no="104"?> Beide Gruppen von Kund: innen können an 93 % aller Bahnhöfe barrierefrei reisen (Deutsche-Bahn 2022 - barrierefreie Bahnhöfe). Die Angebote, wie Meldungen von Störungen per SMS oder ein dyna‐ misches Anzeigesystem erleichtern Menschen mit Hörbehinderung das selbstständige Reisen. Sie sind in dem Fall nicht auf eine Begleitperson angewiesen. Ebenfalls sind Blink- oder Blitzsignale für Menschen mit Hör‐ behinderung wichtig. Ein Feueralarm oder ein eingehender Notruf müssen im Zug oder in einem Fahrstuhl mit einem dieser Signale deutlich erkennbar sein. Dazu gibt es keine Informationen auf der Website der Deutschen Bahn AG. Vermutlich bestehen noch Lücken. 10.3 Bahnreisen für Menschen mit einer Sehbehinderung Die Deutsche Bahn AG arbeitet bei der Erstellung ihrer Angebote für Menschen mit einer Sehbehinderung mit dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. zusammen, der auch bei der entsprechenden Konzeption von „Reisen für Alle“ eingebunden ist. Gemeinsam wurden folgende Hilfeleistungen für Menschen mit Sehbehinderung und blinde Menschen entwickelt (Deutsche Bahn-2022): • Treppenstufen, Bahnsteigzugänge und Ein- und Ausgänge sind mit Markierungen ausgestattet • im ganzen Bahnhof befindet sich ein Wegleitsystem, so lassen sich die Bahnhofsmission, die DB Informationen und das DB Reisezentrum leichter finden • die Informationen in Aushangvitrinen sind in großer Schrift abgebildet • Monitoranzeigen sind in geringer Höhe angebracht • die Bahnsteige sind mit Wagenstandanzeiger für ICE und IC ausgestat‐ tet, um auch zu erkennen, wo die Rollstuhlstellplätze im jeweiligen Zug zu finden sind • in neuen Zügen sind die Vorrangplätze durch Piktogramme gekenn‐ zeichnet • automatische Durchsagen und Türen • Hilfeleistungen beim Ein-, Um- und Ausstieg • bei den neuen und modernisierten Fernverkehrszügen u. a. taktile Beschriftungen im Einstiegsbereich, an den Sitzplätzen und in den Sanitärräumen 104 10 Barrierefreie Bahnfahrten: Die barrierefreien Angebote der Deutschen Bahn AG <?page no="105"?> Im Folgenden werden erneut die relevantesten Qualitätskriterien des Kenn‐ zeichnungssystems „Reisen für Alle“ mit den Angeboten der Deutschen Bahn verglichen (→-Tabelle-9). „Reisen für Alle“ (DFST) Barrierefrei geprüft - Menschen mit Sehbehinderung Deutsche Bahn AG Ansage der Halteposition im Aufzug bei mehr als zwei Etagen Ansage bei den neu eingebauten Aufzügen Informationswiedergabe in gut lesbarer Schrift bei Beschilderungen alle Informationen in Aushangvitrinen sind in großer Schrift guter visueller Kontrast bei der Beschil‐ derung zwischen Schrift/ Piktogramm und Hintergrund keine Informationen visuell kontrastreiche Bodenindikato‐ ren an Bahnsteigen (z.-B. Leitsystem). Wegeleitsystem im gesamten Bahnhof keine Karussell- oder Rotationstüren automatische Türen gut ausgeleuchtete Station keine Informationen Tabelle 9: Vergleich der Qualitätskriterien für Menschen mit Sehbehinderung mit den Angeboten der Deutschen Bahn (Quelle: DFST-2019 - Deutsche Bahn AG; Reisen für Alle-2018) Die Deutsche Bahn AG erfüllt vier von sechs Kriterien, bei zwei liegen keine konkreten Informationen vor. Somit erfüllt die Deutsche Bahn AG viele der vorgegebenen Qualitätskriterien. Es stellt sich jedoch erneut die Frage, an wie vielen Bahnhöfen diese Erleichterungen für Menschen mit einer Sehbehinderung vorhanden sind. Die Deutsche Bahn AG hat 2018 ein Bewertungssystem der „Weitreichenden Barrierefreiheit“ eingeführt. Dieses System erfasst elf notwendige Merkmale der Barrierefreiheit für sieben Kund: innengruppen. Bezogen auf Menschen mit einer Sehbehinderung stellt die Deutsche Bahn AG folgende Merkmale vor sowie die Anzahl der Bahnsteige in Prozent, an denen die Merkmale bereits umgesetzt wurden (→-Tabelle-10): 10.3 Bahnreisen für Menschen mit einer Sehbehinderung 105 <?page no="106"?> Lautsprecheranlage oder DSA mit Akustikmodul auf dem Bahnsteig 99-% taktile Wegeleitung vom Eingang zum Bahnsteig mit baulichen Leitele‐ menten, z.-B. Handläufe, bei Bedarf Bodenindikatoren 43-% taktiles Leitsystem auf dem Bahnsteig 54-% markierte Treppenstufen an allen Treppen zum Bahnsteig 73-% taktile Handlaufschilder an allen Treppen und Rampen zum Bahnsteig 9-% kontrastreiche Wegleitung, z.-B. blau-gelb oder blau-weiß 93-% Tabelle 10: Ausstattungsmerkmale weitreichende Barrierefreiheit (Quelle: Statistiken Bar‐ rierefreiheit DB-11.2018) Anhand der Zahlen wird deutlich, dass längst nicht alle Bahnhöfe für Menschen mit einer Sehbehinderung komplett barrierefrei zugänglich sind. Speziell hervorzuheben sind die taktilen Wegleitsysteme vom Eingang bis zum Bahnsteig. Sie sind in nicht einmal der Hälfte der 5.400 Bahnhöfe in Deutschland installiert. Auch taktile Leitsysteme auf dem Bahnsteig sowie an den Treppen und Rampen finden sich nur in 54 % bzw. 9 % der Bahnhöfe. Bei diesen Merkmalen ist noch erheblicher Handlungsbedarf, denn für Menschen mit Sehbehinderung und blinde Menschen stellen die Leitsysteme auf dem Boden eine starke Erleichterung dar. Die Deutsche Bahn AG gibt in einer weiteren Erhebung eine Zusammen‐ fassung aller Bahnsteige an, an denen für die jeweilige Kund: innengruppe alle erforderlichen Ausstattungsmerkmale vorhanden sind. Menschen mit einer Sehbehinderung können nur an 38 % und blinde Menschen an 40 % aller Bahnsteige vollkommen barrierefrei reisen (Deutsche Bahn 2022 - barrierefreie Bahnhöfe). Dabei wird in der Veröffentlichung der Deutschen Bahn die offensichtliche Unlogik nicht aufgelöst. Insgesamt scheint weiter‐ hin Handlungsbedarf zu bestehen. 10.4 Bahnreisen für Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung Die Deutsche Bahn AG hat die Schwierigkeiten von Menschen mit kogni‐ tiven Einschränkungen berücksichtigt. Sie stellt folgende Angebote vor (Deutsche Bahn-2022): 106 10 Barrierefreie Bahnfahrten: Die barrierefreien Angebote der Deutschen Bahn AG <?page no="107"?> • Hilfe bei den Bahnhofsmissionen, die zur Erleichterung mit einem einheitlichen Piktogramm gekennzeichnet sind • hilfreiche Schilder und Piktogramme im ganzen Bahnhof • wichtige Informationen werden in leicht verständlicher Sprache ange‐ sagt und in deutlich erkennbarer Schrift angezeigt • an manchen Bahnhöfen sind grafische Übersichtspläne vorhanden • barrierefreie Schalter im DB Reisezentrum sind vorhanden Im Folgenden werden erneut exemplarisch einige Kriterien des Kennzeich‐ nungssystems „Reisen für Alle“ dargestellt und mit den Angeboten der Deutschen Bahn verglichen (→-Tabelle-11). „Reisen für Alle“ (DFST) Barrierefrei geprüft - Menschen mit kogni‐ tiven Beeinträchtigungen Deutsche Bahn AG bildhafte Kennzeichnung der Haltestelle keine Informationen verschiedene Verkehrslinien unterschiedlich farblich oder symbolisch gekennzeichnet keine Informationen farblich oder bildhaft gekennzeichnete Be‐ dienelemente und Beschilderung im Aufzug keine Informationen Informationen in leichter Sprache oder in fotorealistischer Form alle Informationen in leichter Spra‐ che und deutlich erkennbarer Schrift Beschilderungen in Form von Piktogram‐ men oder fotorealistischer Form Bahnhöfe und Züge mit Piktogram‐ men ausgestattet Automaten mit Bedienelementen per Sprachausgabe oder mit bildhafter Menü‐ führung bei der Bedienung helfen die Mitar‐ beitenden, zur Sprachausgabe keine Informationen Tabelle 11: Vergleich der Qualitätskriterien für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigun‐ gen mit den Angeboten der Deutschen Bahn (Quelle: DFST2019 - Deutsche Bahn AG; Reisen für Alle2018) Der Vergleich zeigt, dass die Deutsche Bahn AG Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen in ihrem Konzept berücksichtigt und einige Kriterien 10.4 Bahnreisen für Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung 107 <?page no="108"?> erfüllt. Laut eigener Aussage der Deutschen Bahn sind 92 % der 5.400 Bahn‐ höfe barrierefrei für Menschen mit eingeschränkten kognitiven bzw. Kom‐ munikationsfähigkeiten (Deutsche Bahn 2022 - barrierefreie Bahnhöfe). Besonders hilfreich sind die Piktogramme. 10.5 Kurzfazit der barrierefreien Reisemöglichkeiten bei der Deutschen Bahn Die Deutsche Bahn AG hat Barrierefreiheit in ihre Unternehmensphiloso‐ phie miteinbezogen. Sie stellt einen Informationskatalog über 133 Seiten zur Verfügung. In diesem gibt die Deutsche Bahn AG Informationen zur Buchung von Hilfeleistungen, zu aktuellen Gegebenheiten an Bahnhof, Bahnsteig und im Zug sowie zu Zusatzleistungen wie z. B. Preisermäßigun‐ gen. Es werden mehrere Informationskanäle zur Kontaktaufnahme bereitge‐ stellt und erleichtern damit den Betroffenen die Kommunikation. Zudem wurde eine Servicezentrale speziell für Anliegen zur Barrierefreiheit ge‐ schaffen. Das unterstreicht die Bedeutsamkeit von Barrierefreiheit für die Deutsche Bahn AG. Außerdem ist die Mobilitätsservice-Zentrale als Quali‐ tätsmerkmal anzusehen, denn das Personal kümmert sich ausschließlich um Belange in Bezug auf Barrierefreiheit und ist damit speziell im Umgang mit eingeschränkten Menschen geübt. Handlungsbedarf ergibt sich nach Abschluss der Analyse vor allem für Menschen mit eingeschränkter Sehfähigkeit und blinde Menschen. Die weiteren drei Einschränkungsarten, die analysiert wurden, werden größtenteils mit barrierefreien Angeboten abgedeckt. Doch auch hier gibt es noch Verbesserungsmöglichkeiten. Die Züge müssten nach und nach modernisiert werden, um einen selbstständigen Ein- und Ausstieg von Menschen mit Gehbehinderung zu gewährleisten. Wissen-|-Barrierefreiheit bei der Deutschen Bahn Die Deutsche Bahn AG hat sich bereits intensiv dem Thema Barrie‐ refreiheit angenommen. Ein Schwerpunkt scheint dabei auf Mobilität‐ seinschränken zu liegen. Angebote für Menschen mit Hör- und Sehein‐ schränkungen sollten noch verbessert werden. 108 10 Barrierefreie Bahnfahrten: Die barrierefreien Angebote der Deutschen Bahn AG <?page no="109"?> Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Deutsche Bahn AG großes Interesse daran hat, Barrieren abzubauen. Sie stellt entscheidende und wichtige Hilfeleistungen zur Verfügung und entwickelt Verbesserungs‐ möglichkeiten. Dabei steht die Deutsche Bahn AG u. a. im direkten Kontakt mit eingeschränkten Menschen, um die Angebote bestmöglich für jede einzelne Einschränkungsart zu entwickeln. 10.5 Kurzfazit der barrierefreien Reisemöglichkeiten bei der Deutschen Bahn 109 <?page no="111"?> 11 Unterschiede und Gemeinsamkeiten von barrierefreien Hochsee- und Flusskreuzfahrtangeboten mit Alexandra Carl Ein Urlaub an Land geht für Menschen mit Behinderung mit viel Aufwand und Planungsstress einher. Insbesondere wenn mehrere Ziele besucht wer‐ den sollen, ist eine intensive Vorbereitung der Reise unabdingbar. Dabei müssen sich die Betroffenen vor der Reise mit einigen Fragen auseinander‐ setzen. Je nach Einschränkung gilt es, unterschiedliche Überlegungen in die Urlaubsplanung miteinzubeziehen. Zur Veranschaulichung seien einige Beispiele als Fragen formuliert: Sind die öffentlichen Verkehrsmittel vor Ort barrierefrei? Gibt es Restaurants und Geschäfte, die Rollstuhlfahrer: innen problemlos befahren kann? Haben die Restaurants auch Speisekarten in Blindenschrift? Gibt es in der jeweiligen Destination barrierefreie Unter‐ künfte, die den Ansprüchen der Reisenden mit Behinderung genügen? Wie lange im Voraus müssen diese gebucht werden? Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Bei einer Reise mit einem Kreuzfahrtschiff reduziert sich für Menschen mit Einschränkungen die Komplexität der Reiseplanung, denn es fungiert als „schwimmendes Hotel”. An Bord können sie von Ort zu Ort reisen und haben stets ein (barrierefreies) Hotelzimmer und Restaurant dabei. Sie wissen, ungeachtet der Art ihrer Behinderung, die Möglichkeit zu schätzen, gleich mehrere Destinationen vom Schiff aus erkunden zu können. Rollstuhlfah‐ rer: innen sowie auch Menschen mit Seh- oder Höreinschränkungen müssen sich nicht mehr sorgen, wie sie das nächste Hotel erreichen können oder ob die Zimmer auch ihren besonderen Ansprüchen entsprechen werden. Die Schiffe der Hochseekreuzfahrtreedereien gleichen heutzutage, ge‐ messen an der Anzahl der beförderten Personen, fast schon Kleinstädten. Häufig heißt es, dass man als Reisende: r gar nicht mehr bemerkt, dass man auf einem Schiff ist. Es könnte daher zunächst vermutet werden, dass auch für Menschen mit besonderen Bedürfnissen eine Teilnahme an Kreuzfahrten möglich ist. Dies scheinen zumindest mobilitätseingeschränkte Menschen so zu sehen: In der F.U.R. Reiseanalyse von 2007 wurden auch Fragen zu barrierefreiem Reisen gestellt. In der damaligen Gegenüberstellung der <?page no="112"?> gewählten Unterkünfte waren Kreuzfahrtschiffe neben gemieteten Ferien‐ wohnungen und -häusern sowie Pensionen und Privatzimmern die Unter‐ kunftsformen, die von mobilitätseingeschränkten Personen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung häufiger gewählt wurden (F.U.R. Reiseanalyse 2007, zit. in: Neumann et al. 2008, 65 f.). Neben Formen des Gesundheitsurlaubs (dazu zählen auch Wellnessurlaube und Kuren) waren Kreuzfahrten auf See die einzigen themenorientierten Urlaubsformen, die bei mobilitätsein‐ geschränkten Personen mehr nachgefragt wurden als beim Durchschnitt der Gesamtbevölkerung (F.U.R. Reiseanalyse 2007, zit. in: Neumann et al.-2008,-71). In den letzten Jahren gab es bei den Teilnehmenden von Flusskreuzfahrten eine Verschiebung hin zu einem (noch) älteren Publikum. Im Jahr 2017 waren 85 % der Kund: innen an Bord über 55 Jahre, davon 59 % über 65 Jahre. Diese Anzahl ist in den letzten fünf Jahren gestiegen, denn rückblickend waren 2012 nur 66 % der Kund: innen über 55 Jahre alt, davon 39 % über 65 Jahre (IG RiverCruise 2018). Das ist interessant, da Schwerbehinderung und Alter korrelieren, d. h., je älter ein Mensch ist, desto höher ist seine Wahrscheinlichkeit, behindert zu sein, und damit barrierefreie Reiseange‐ bote zu benötigen. In Deutschland liegt der Anteil der Über-55-Jährigen unter der Gesamtmenge der Schwerbehinderten bei über 75 % (Statista Dos‐ sier Schwerbehinderung 2019, 14). Es könnte daher angenommen werden, dass die Nachfrage nach barrierefreien Angeboten bei Flusskreuzfahrten durchaus gegeben ist. Jedoch neigen Reiseexpert: innen dazu, Menschen mit Behinderungen Flusskreuzfahrten nicht zu empfehlen (Myers 2015). Sie gehen dabei teilweise so weit, den Flusskreuzfahrtanbietern vorzuwerfen, in der Entwicklung von barrierefreien Angeboten gegenüber den Hoch‐ seekreuzfahrtanbietern zehn Jahre zurück zu sein (Thompson 2016, 28; Wiesenthal 2018, 19). Nachfolgend werden die barrierefreien Angebote von deutschen Hochsee- und Flusskreuzfahrtanbietern analysiert und ge‐ genübergestellt. Für die Untersuchung sind die größten Anbieter im deutschen Markt ausgewählt worden, da dort auch barrierefreie Angebote erwartet werden. Kriterien für Größe sind Umsatzzahlen und die Anzahl der Schiffe. Die Auswahl ist angelehnt an das Vorgehen von Smith, Amorin und Umbelino (2013, 4), die für ihre Inhaltsanalyse der Darstellung von barrierefreien Angeboten auf Airlinewebsites die untersuchten Fluglinien nach Kriterien wie „beste Airline“, „beste Airline nach Sicherheit“ und „beste Airline nach Kosten“ auswählten. 112 11 Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Hochsee- und Flusskreuzfahrtangeboten <?page no="113"?> Die wichtigsten Hochseekreuzfahrtanbieter nach Umsatz und Anzahl der Schiffe in Deutschland sind AIDA Cruises und TUI Cruises. Beide führen die Statistiken nach Umsatz und Anzahl der Schiffe im deutschen Markt an (fvw Veranstalter Dossier 2019, 10). Im Flusskreuzfahrtmarkt hatten im Jahr 2017 die Anbieter Phoenix Reisen (Phoenix Reisen 2019a), A-ROSA Flusskreuz‐ fahrten (Bundesanzeiger 2018) und Nicko Cruises (Bundesanzeiger 2019) die höchsten Umsätze. Die Anzahl der Schiffe wird von Phoenix Reisen und Nicko Cruises nicht mehr explizit ausgewiesen, aber es ist aufgrund der Darstellung auf der Website davon auszugehen, dass die Zahl über 20 liegt. A-ROSA hat laut eigener Website 13 Flusskreuzfahrtschiffe (Arosa 2020a). Hinzugenommen wird noch Amadeus Flusskreuzfahrten, von denen zwar keine Umsatzzahlen vorliegen, die aber laut Website über 15 Schiffe verfügen (Amadeus-2020a). Eine Untersuchung der Informationen auf der Website, so wie sie hier geschieht, hat nicht die Tiefe, die eine „Begehung vor Ort“ ermöglichen würde. Es ist daher nicht verwunderlich, dass auch Smith, Amorim und Umbolino (2013, 14-18) bei ihrer Untersuchung zu Airlines nur ganz grund‐ sätzlich nach den Kategorien Unterstützung an Bord; Sicherheitstraining für die Mitarbeitende; Unterstützung für Hören, Sehen, Mobilität bzw. bei kognitiven Einschränkungen oder Sprache; Sicherheitskarten in Blinden‐ schrift (Braille) und besondere Mahlzeiten (vegetarisch, koscher …) oder für Allergiker prüfen. Darüber hinaus wird untersucht, ob der Transport von unterstützendem Material (z. B. Rollstühlen) mit zusätzlichen Kosten verbunden ist, welche Bedingungen für Assistenztiere (z. B. Blindenhunde) gelten. Diese Inhalte sollen auch bei der Untersuchung der Kreuzfahrtanbie‐ ter beachtet werden. Wenn die Informationen der Websites nicht ausgereicht haben, wurden zur weiteren Klärung Anfragen an die Servicecenter gestellt. Der Untersuchungszeitraum war Januar bis März 2019. 11.1 Barrierefreie Angebote der deutschen Hochseeanbieter AIDA Cruises und TUI Cruises AIDA Cruises und TUI Cruises sind die beiden großen deutschen Anbieter im Hochseekreuzfahrtmarkt. Beide informieren über ihre Websites ausführ‐ lich zum Thema barrierefreies Reisen. Zusätzlich fordern sie die Buchenden dazu auf, einen Fragebogen vor Abreise auszufüllen. So können individuelle Bedürfnisse identifiziert und dann auch befriedigt werden. 11.1 Barrierefreie Angebote der deutschen Hochseeanbieter AIDA Cruises und TUI Cruises 113 <?page no="114"?> Bei der Anreise werden von beiden Anbietern barrierefreie Transfers bis zum Schiff angeboten (AIDA Cruises 2019c; TUI Cruises 2019e). Es wird darauf hingewiesen, dass zur eigenen Sicherheit eine Reise nur mit einer gesunden, verantwortlichen Begleitperson möglich ist, falls Reisende nicht selbstständig in der Lage sein sollte, in einem Notfall die Sammelstation zü‐ gig zu erreichen (AIDA Cruises 2019a). In den allgemeinen Geschäftsbedin‐ gungen der Kreuzfahrtveranstalter wird auch erklärt, dass die Kapitän: innen der Schiffe im Zweifel eine Einschiffung versagen können. Das kann zu einem Vollstorno zu Lasten des Reisenden führen und dann auch häufig zu rechtlichen Auseinandersetzungen (z.-B. Schmoll-2015). Wissen-|-Auf hoher See Bei Hochseekreuzfahrten wird generell Reisenden mit Einschränkung eine Begleitperson empfohlen. Unbeachtet dessen verfügen Kapitän: in‐ nen über das Hausrecht und dürfen allen Reisenden die Teilnahme an einer Kreuzfahrt verwehren, wenn man sie bei Einschiffung z. B. nicht für seetauglich befindet. An Bord bieten Hochseekreuzfahrtschiffe ausreichend Raum, um für Roll‐ stuhlfahrer: innen Bewegungszonen, z. B. vor Aufzügen, zu bieten. Alle Schiffe beider Reedereien verfügen über barrierefreie Zimmer. Sie sind mit entsprechenden Schränken, Lichtschaltern, Notrufschaltern, einer ebener‐ digen Duschfläche, Haltegriffen im WC usw. ausgestattet. Die Zugänge zu den Restaurants und Freizeitangeboten sind zumeist barrierefrei. Landgänge können für Menschen mit eingeschränkter Mobilität schwierig werden, vor allem dann, wenn das Schiff nicht im Hafen anlegt, sondern auf Reede liegt (AIDA Cruises-2019b; TUI Cruises-2019a). Ebenso sind die Schiffe auf Menschen mit Sehbeeinträchtigungen vorbe‐ reitet. In öffentlichen Bereichen, an Kabinentüren und Handläufen an Bord erfolgt die Beschilderung in Profil-/ Taktil- und Brailleschrift. Zudem werden für die Beschilderung Farben mit deutlichen Kontrasten zur verbesserten Lesbarkeit eingesetzt (TUI Cruises 2019c; AIDA Cruises 2019d). Glastüren sind mit Kontraststreifen versehen und Treppenstufen sowie Fußbodenbe‐ läge auf wesentlichen Wegen an Bord haben optischen und strukturellen Kontrast. Die Beschilderungen an Bord sind ebenfalls kontrastreich. Außer‐ dem ist mindestens ein Handlauf jeweils durchgängig und die Handläufe ge‐ hen über die Treppenstufen hinaus. Zertifizierte Blindenführhunde können 114 11 Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Hochsee- und Flusskreuzfahrtangeboten <?page no="115"?> bei der AIDA-Flotte unter bestimmten Bedingungen mit an Bord gebracht werden (AIDA Cruises 2019c). An Bord der Mein-Schiff-Flotte sind sie nicht erlaubt (TUI Cruises-2019c). Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit erhalten bei AIDA Cruises diverse Unterstützungen. Induktive Höranlagen können eingesetzt werden, um gesprochene Worte, z. B. der Rezeptionist: innen oder bei Veranstaltun‐ gen, zu verstärken. Es können sämtliche Informationssignale wie Alarmsi‐ gnale, Telefonklingeln, Türklopfen und Weckerklingeln je nach Situation in optische Blitzsignale oder in Vibrationsimpulse umgewandelt werden (AIDA Cruises 2019c.). Bei TUI Cruises scheint es derlei nicht zu geben (TUI Cruises-2019b). Die Ergebnisse sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst (→-Tabelle-12): Anbieter bzw. Reederei barrierefreie Kabinen Unterstüt‐ zung für Seh- oder Hörbe‐ hinderte Blindenhund erlaubt Website mit eigener Rubrik Barrierefrei TUI Cruises ja ja (Seh-) nein (Hör-) ja ja AIDA Cruises ja ja nein ja Tabelle 12: Übersicht zu den barrierefreien Angeboten der Hochseekreuzfahrtanbieter (Quelle: eigene Darstellung) Die deutschen Hochseekreuzfahrtanbieter scheinen sehr gut auf Menschen mit Beeinträchtigungen eingestellt. Nicht geprüft werden konnten die Einstellungen zu kognitiv eingeschränkten Personen. 11.2 Analyse der Selbstauskunft der barrierefreien Angebote der Flusskreuzfahrtanbieter Nachfolgend werden die Selbstauskünfte von Flusskreuzfahrtanbietern über barrierefreie Angebote dargestellt und abschließend tabellarisch zusammen‐ gefasst: 11.2 Analyse der Selbstauskunft der barrierefreien Angebote der Flusskreuzfahrtanbieter 115 <?page no="116"?> 8 Die Auskunftspartner: innen wurden aus Datenschutzgründen anonymisiert. Auf der Website von Phoenix Reisen gibt es keine eigene Rubrik zur Barrierefreiheit. Unter dem Begriff „Rollstuhlfahrer“ wird ausgeführt: „Unsere Flussschiffe sind für Gäste, die ausschließlich auf einen Rollstuhl ange‐ wiesen sind, baulich leider nicht geeignet. Bitte beachten Sie, dass bestimmte Routen für Gäste mit Mobilitätseinschränkungen nicht zu empfehlen sind. Die Anlegestellen sind nicht behindertengerecht ausgebaut.“ (Phoenix Reisen 2019b) Weitere Informationen, auch über Unterstützungen für Menschen mit Hör- oder Sehbehinderung, gibt es auf der Website nicht. Durch eine telefonische Anfrage beim Unternehmen (Experte A 8 2019) konnte in Erfahrung gebracht werden, dass keines der Flusskreuzfahrtschiffe barrierefrei ausgestattet ist. Es gibt weder barrierefreie Kabinen noch spezielle Vorkehrungen für Menschen mit Hör- oder Sehbehinderung. Es wurde auf Nachfrage in Bezug auf Hör- oder Sehbehinderte darauf hingewiesen, dass diese Reisenden das Unternehmen im Voraus über ihre Behinderung informieren sollten und die Mitglieder der Crew besonders auf diese Reisenden achten werden. Jedoch stellt Phoenix Reisen keine Hinweise in Brailleschrift für Blinde oder induktive Höranlagen für Menschen mit Hörgeräten zur Verfügung. Blindenführhunde sind an Bord auf keinem der Flusskreuzfahrtschiffe erlaubt. Nach der Untersuchung hat Phoenix ein neues Flusskreuzfahrtschiff, die MS Viola, in Dienst gestellt. Es ist ein ehemaliges Schiff des niederländischen Roten Kreuzes. Das kernsanierte Schiff ist für Menschen mit jeglichen Mobilitätseinschränkungen geeignet. Es soll sogar für Patient: innen an Bord geeignet sein, die nur liegend transportiert werden können (Fibelkorn 2019; von Pilar 2018, 21). Auf der Website von Phoenix wird erläutert, dass es 34 rollstuhlgerechte Kabinen gibt. Für Menschen mit Seh- oder Höreinschränkungen scheint das Schiff nicht über Angebote zu verfügen. Die Website von Nicko Cruises hat keine eigene Rubrik für Barrierefrei‐ heit. Allerdings ist folgender Hinweis zu finden: „Unsere Schiffe bieten Ihnen größtmöglichen Komfort, aber Sie werden natürlich Treppen sowie schmale Türen und Gänge vorfinden. Schon der Ein- oder Ausstieg über die meist schmalen Gangways ist nicht immer ebenerdig. Wenn Sie diese Hindernisse nicht selbst bewältigen können, ist eine Schiffsreise nicht zu empfehlen. Grundsätzlich ist keines unserer Nicko Cruises Schiffe barrierefrei.“ (Nicko Cruises Schiffreisen GmbH-2019) 116 11 Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Hochsee- und Flusskreuzfahrtangeboten <?page no="117"?> In einer Nachfrage an das Unternehmen per E-Mail wurde bestätigt, dass die Flusskreuzfahrtschiffe nicht barrierefrei gestaltet sind. Weder verfügen sie über barrierefreie Kabinen noch gibt es spezifische Unterstützungen für seh- oder hörbehinderte Personen. Laut E-Mail-Auskunft muss die Erlaubnis für Blindenführhunde an Bord im Einzelfall geprüft werden (Experte B-2019). Auf der Website der A-Rosa Schiffsreisen GmbH gibt es ebenfalls keinen eigenen Bereich zu Barrierefreiheit. Folgender Abschnitt über Bar‐ rierefreiheit wurde gefunden: „Die A-ROSA Schiffe verfügen über keine rollstuhlgängigen Kabinen und es befinden sich auch keine Personenaufzüge an Bord. Auf unseren Rhein-Schiffen (A-ROSA AQUA, A-ROSA BRAVA und A-ROSA VIVA) gibt es die Kabine Nr. 224, die für unsere Gäste mit eingeschränkter Mobilität geeignet ist. Bei Buchung des ‚A-ROSA Basic‘-Tarifs können wir leider die Zuteilung dieser Kabine nicht garantieren. Den unverbindlichen Kabinenwunsch vermerken wir jedoch gern in der Buchung, bitte wenden Sie sich hierfür an das A-ROSA Service-Center.“ (A-ROSA Flussschiff GmbH-2019) Die Website enthält keinerlei Informationen über spezielle Vorkehrungen für Kund: innen mit Seh- oder Hörbehinderungen. Durch telefonische Nach‐ frage (Experte C 2019) wurde bestätigt, dass es keine barrierefreien Kabinen an Bord der Schiffe gibt. Über spezielle Unterstützung für Personen mit Seh- oder Hörbehinderung konnten keine Angaben gemacht werden. Haustiere und somit auch Blindenführhunde seien an Bord der Schiffe nicht erlaubt (Experte C-2019). Bei der Amadeus Flusskreuzfahrten GmbH finden sich folgende Infor‐ mationen: Einige Suiten bieten sehr viel Platz, teilweise bis zu 26,4 m² (Amadeus Flusskreuzfahrten GmbH 2019). Es könnte deshalb aufgrund der Größe ange‐ nommen werden, dass diese Kabinen auch für Rollstuhlfahrer: innen geeignet seien. Zum Thema Barrierefreiheit ist bei der Beschreibung der Suiten und auf der gesamten Website jedoch nichts zu finden. Durch telefonischen Kontakt mit dem Reservierungs- und Servicecenter (Experte D 2019) wurde auch bei diesem Unternehmen festgestellt, dass es keine barrierefreien Kabinen an Bord der Amadeus-Flotte gibt. Es wurde bestätigt, dass die Suiten viel Platz bieten, es allerdings keine barrierefreien Badezimmer gibt und immer wieder kleinere Schwellen ein Hindernis für Rollstuhlfahrer: innen oder Menschen mit Sehbehinderung darstellen könnten. Der Transport über die verschiedenen Etagen kann mit einem an Bord vorhandenen Lift erfolgen, dennoch endet dieser vor dem Sonnendeck. Haustiere und auch Blindenführhunde dürfen 11.2 Analyse der Selbstauskunft der barrierefreien Angebote der Flusskreuzfahrtanbieter 117 <?page no="118"?> nicht mit an Bord genommen werden (Experte D 2019). Die Frage nach speziellen Vorkehrungen für Personen mit Hör- oder Sehbehinderung wurde verneint. Es wurde darauf hingewiesen, dass diese Kund: innen aufgrund der Sicherheitsvorschriften mit Begleitperson reisen müssen, denn im Notfall müssten Durchsagen gehört und die Kabinen selbstständig verlassen werden können (Experte D-2019). Insgesamt liefert die Untersuchung der Websites von Flusskreuzfahrtan‐ bietern ein eindeutiges Bild. Bis auf Phoenix Reisen, die mit der MS Viola nun ein neues Produkt auf den Markt gebracht haben, scheinen kaum barrierefreie Angebote vorhanden. Vielmehr noch verweisen alle Anbieter darauf, dass die angebotenen Reisen nicht barrierefrei sind. Das derzeitige Kund: innenpotenzial scheint für eine befriedigende Anzahl an Buchungen zu sorgen. Ansonsten hätte die Branche wohl schon längst das Thema Barrierefreiheit in strategische Überlegungen aufgenommen. Die Ergebnisse, die, mit Ausnahme der MS Viola von Phoenix, durchgehend negativ sind, sind in →-Tabelle 13 zusammengefasst: Anbieter bzw. Ree‐ derei barrierefreie Kabinen Unterstüt‐ zung für Seh- oder Hörbe‐ hinderte Blindenhund erlaubt Website mit eigener Rubrik Barriere‐ frei Phoenix ja (34 Kabinen auf MS Viola) nein nein nein Nicko Cruises nein nein auf Prüfung nein A-ROSA ja, auf drei Schif‐ fen je eine Kabine für Personen mit eingeschränkter Mobilität nein nein nein Amadeus nein nein nein nein Tabelle 13: Übersicht zu den barrierefreien Angeboten der Flusskreuzfahrtanbieter (Quelle: eigene Darstellung) 118 11 Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Hochsee- und Flusskreuzfahrtangeboten <?page no="119"?> Es lässt sich feststellen, dass die vier untersuchten Flusskreuzfahrtanbieter keine bis kaum Informationen über Barrierefreiheit geben und zumeist keine weiteren Maßnahmen angeboten werden. Auf drei Schiffen des Fluss‐ kreuzfahrtanbieters A-ROSA gibt es jeweils eine Kabine für Menschen mit eingeschränkter Mobilität. Keines der Schiffe bietet spezielle Unterstützung für Menschen mit Seh- oder Hörbehinderung. 11.3 Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei den barrierefreien Angeboten von Hochsee- und Flusskreuzfahrten Schon vor der Untersuchung zeichnete sich ab, dass eine Kluft zwischen einem umfassenden barrierefreien Angebot bei den Hochseekreuzfahrten und geringen Angeboten bei Flusskreuzfahrten besteht (siehe oben). Die genaue Betrachtung zeigte jedoch eine Kluft auf, die unerwartet groß war. Die übermäßige Diskrepanz hat ihre Ursachen auf beiden Seiten: den um‐ fassenden Angeboten aus der Hochseekreuzfahrtbranche und den fast gar nicht vorhandenen barrierefreien Angeboten bei Flusskreuzfahrtanbietern. Das Ergebnis ist überraschend, weil aufgrund des hohen Durchschnittsalters der Kund: innen bei Flusskreuzfahrten barrierefreie Reisen im Angebot erwartbar sein sollten. Die Websites der beiden Hochseekreuzfahrtanbieter TUI Cruises und AIDA Cruises bieten eigene Rubriken zum Thema Barrierefreiheit. Hier finden Menschen mit Behinderung detaillierte Angaben über die An- und Abreise, die barrierefreie Ausstattung an Bord und der Kabinen, Möglichkei‐ ten der Landausflüge und über das allgemeine Leben an Bord. Auf den Inter‐ netseiten der untersuchten Flusskreuzfahrtanbieter gibt es entweder keine Angaben zur Barrierefreiheit oder nur kleine Abschnitte, die meist in den allgemeinen Geschäftsbedingungen zu finden sind. Es wird entweder, wie bei Nicko Cruises, davon abgeraten, eine Flusskreuzfahrt zu unternehmen, wenn Hindernisse wie z. B. kleine Schwellen nicht selbstständig bewältigt werden können (Nicko Cruises Schiffreisen GmbH 2019), oder es wird darauf hingewiesen, dass in diesen Fällen eine Begleitperson mitgenommen werden muss. Auch bei den beiden Hochseekreuzfahrtunternehmen müssen Personen, die nicht ohne fremde Hilfe in einem Notfall die Sammelstationen erreichen können, mit einer verantwortlichen Begleitperson reisen (AIDA Cruises-2019a; TUI Cruises-2019c). 11.3 Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Hochsee- und Flusskreuzfahrtangeboten 119 <?page no="120"?> Die untersuchten deutschen Flusskreuzfahrtanbieter haben - mit Aus‐ nahme der MS Viola von Phoenix - keine Schiffe mit barrierefreien Kabinen. Es gibt nur auf drei Schiffen der A-ROSA-Flotte Kabinen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität. Sie sind jedoch nicht barrierefrei. Demgegenüber sind die barrierefreien Angebote der Hochseekreuzfahrtunternehmen viel umfassender. Auf jedem Schiff der AIDA-Flotte und auch auf denen der TUI-Flotte befinden sich barrierefreie Kabinen in unterschiedlichen Kate‐ gorien. Auch die Ausstattung an Bord der Hochseekreuzfahrtschiffe ist bezüglich Barrierefreiheit nicht mit derjenigen der Flusskreuzfahrtschiffe zu vergleichen. An Bord der AIDA- und TUI-Flotte ist es Rollstuhlfahrer: innen möglich, fast alle Bereiche mit dem Rollstuhl zu erreichen. Auf den Fluss‐ kreuzfahrtschiffen hingegen gibt es kaum Aufzüge oder die Möglichkeit, sich mit dem Rollstuhl an Bord problemlos zu bewegen. Dasselbe gilt für die Angebote für Personen mit Seh- oder Hörbehinde‐ rung. Alle genannten Flusskreuzfahrtschiffe bieten keinerlei spezielle Vor‐ kehrungen. Auf den analysierten Hochseekreuzfahrtschiffen hingegen wird darauf geachtet, dass sich diese Reisenden durch spezielle technische Unter‐ stützungen oder durch die allgemeine Art der Einrichtung selbstständig zu‐ rechtfinden können. Blindenführhunde sind nur an Bord der AIDA-Schiffe erlaubt. An Bord der TUI-Schiffe sowie auch auf den Flusskreuzfahrtschiffen sind sie nicht erlaubt. Landausflüge sind sowohl bei Flusskreuzfahrten als auch bei Hochsee‐ kreuzfahrten problematisch. Flusskreuzfahrtschiffe legen oft nebeneinander an, sodass mehrere Schiffe überquert werden müssen. Das macht das an und von Bord kommen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität ohne fremde Hilfe fast unmöglich (Williamson 2018). Auch bei den Hochseekreuzfahrten sind Landausflüge für Menschen mit Behinderung nur begrenzt möglich. Die Teilnahme an einem Ausflug kann ebenfalls für Menschen, die z. B. Stufen nicht selbstständig bewältigen können, nicht garantiert werden (TUI Cruises-2019d). Abschließend kann gesagt werden, dass Flusskreuzfahrten auf dem deut‐ schen Markt nicht auf Menschen mit Behinderungen vorbereitet sind und es fast keine barrierefreien Angebote gibt. An dieser Stelle ist jedoch darauf hinzuweisen, dass Flusskreuzfahrtschiffe aufgrund der natürlichen Gegebenheiten von Flüssen hinsichtlich ihrer technischen Parameter bzw. Dimensionen stärker beschränkt sind als Hochseekreuzfahrtschiffe. Wäh‐ rend es auf Hochseekreuzfahrtschiffen genügend Platz gibt, sind Flusskreuz‐ fahrtschiffe wegen ihrer geringeren Größe stark limitiert (Böttger 2016, 17). 120 11 Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Hochsee- und Flusskreuzfahrtangeboten <?page no="121"?> Dies erschwert es den Flusskreuzfahrtanbietern, Angebote mit Barrierefrei‐ heit bereitzustellen. Beispielsweise ist es bautechnisch oft nicht möglich, einen Aufzug bis zum Sonnendeck bereitzustellen, da Flusskreuzfahrtschiffe häufig niedrige Brücken unterfahren müssen (Williamson-2018). Wissen-|-Hochsee- und Flusskreuzfahrten Im Vergleich scheinen Hochseekreuzfahrtanbieter besser auf Kund: in‐ nen vorbereitet zu sein, die barrierefreie Reisen benötigen. Flusskreuz‐ fahrtanbieter sind in ihren Parametern deutlich mehr begrenzt und verfügen daher über weniger barrierefreie Angebote. Die Angebotssitu‐ ation steht aber im Widerspruch zur Kund: innengruppe, die bei Fluss‐ kreuzfahrtanbietern älter ist und die eher nach barrierefreien Angeboten verlangen wird. Es war nicht Gegenstand der Untersuchung, die Websites der Anbieter selbst auf Barrierefreiheit zu prüfen. Dies könnte Inhalt einer weiteren Forschung sein. Fazit: Barrierefreie Angebote bei Flusskreuzfahrtreedereien sind fast nicht vorhanden. Das überrascht, da die Kund: innengruppe tendenziell in einem Alter ist, in dem ein barrierefreies Umfeld als annehmlich empfunden wird. Demgegenüber bieten Hochseekreuzfahrtreedereien bereits Angebote, die als Orientierung oder gar Benchmark gelten könnten. 11.3 Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Hochsee- und Flusskreuzfahrtangeboten 121 <?page no="123"?> 12 Analyse der Bedürfnisse von Kund: innen hinsichtlich barrierefreier Hotels mit Julia Niggemann Eine Untersuchung vom Beginn des Jahrhunderts in Hongkong ergab, dass Kund: innen, die einen barrierefreien Anspruch an ein Hotel stellen, in der Hospitality von den Anbietern eher problematisch gesehen werden. Das soll daran liegen, dass das Management dort zu sehr kommerziell und profitgetrieben sei. Personen mit besonderen Bedürfnissen passen dort nicht so gut in die Prozesse (Yau, McKercher und Packer 2004, 952). Nachfolgend soll gezeigt werden, dass dies eine veraltete Sichtweise sein könnte sowie welche baulichen Anforderungen ein Hotel gestellt werden und wie die Serviceangebote angepasst werden müssen, um barrierefrei zu sein. 12.1 Bauliche und gestalterische Anforderungen an ein Hotel Der erste Gedanke zu baulichen Anforderungen an die Barrierefreiheit von Gebäuden mag bei den meisten Menschen zunächst in Richtung Mobilität gehen. Diese ist sicherlich ein wichtiger Punkt, aber es lohnt, zum Einstieg den Fokus zu weiten, denn Barrierefreiheit von Gebäuden ist mehr als nur ein Eingang ohne Stufen. Von einer barrierefreien Umgebung sollen nicht nur Menschen mit Mobilitätseinschränkungen profitieren, sondern alle Menschen, die ihrer bedürfen. Beispielsweise verschlechtern sich mit dem Alter die Sinne des Menschen. Ein gutes Beispiel sind die Augen. In der Regel benötigt eine Person ab 60 Jahren ca. doppelt so viel Helligkeit, um dasselbe erkennen zu können wie noch mit 20 Jahren (Grundmann 2016, 21). Und das Problem wird in ein bis zwei Generationen eklatant, denn die Kinder, die mit Smartphones aufwachsen, werden eine drastisch erhöhte Rate an Kurzsichtigen und allen damit einhergehenden Augenerkrankungen aufweisen (Spitzer 2018, 45 ff.). Trotzdem zeigt beispielsweise die Erhebung von Santos und Carvalho (2012, 1424) in brasilianischen Hotels in Rio, dass diese nicht nur schlecht mit Brailleschriftinstallationen auf blinde Reisende vorbereitet sind. Vielmehr sind farbliche Gestaltungsmöglichkeiten, die <?page no="124"?> Menschen mit Seheinschränkungen helfen könnten, überhaupt noch nicht ausgeschöpft. Barrierefreiheit in Bezug auf Seheinschränkungen würde folglich bedeuten, dass bei der Gestaltung der Räume auf genug Beleuchtung und Kontraste geachtet wird und z. B. markante und farbenfrohe Akzente verwendet werden, um bei der Orientierung zu helfen (Grundmann 2016, 21). Wissen-|-Barrierefreiheit in Hotels Barrierefreiheit in Hotels betrifft mehr als den Bereich der Mobilitätsein‐ schränkungen, der schon häufig mitgedacht wird. Seltener bedacht sind Seheinschränkungen, die vor allem im Alter auftreten. Ausreichend Hel‐ ligkeit und kontrastreiche Farbgestaltung wirkt bereits unterstützend. 12.1.1 Anforderungen an das Gebäude und die öffentlichen Bereiche Die ersten Barrieren entstehen beim Betreten eines Hotels. Unpraktische Türen können nicht nur für Rollstuhlfahrer: innen eine Barriere darstellen, sondern auch für Reisende mit zwei Koffern oder einem Kinderwagen. Deswegen sollten Eingangstüren zwar einladend gestaltet und ästhetisch stimmig, aber auch leicht benutzbar sein. Dabei erlauben die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland zwar Türen mit Schwellen von bis zu maximal 2 cm Höhenunterschied, aber es gibt heutzutage schwellenlose Al‐ ternativen, die nicht nur Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, sondern allen Menschen den Eintritt erleichtern (Grundmann 2016, 45). Als Ergebnis einer Untersuchung von Hotels in Istanbul erstellten Yildiz und Polatoglu (2013, 444) eine Liste von möglichen Schwächen, die in den öffentlichen Bereichen von Hotels identifiziert wurden: • ausreichende Ausgestaltung zur einfachen Orientierung • kein Platz, um die öffentlichen Bereiche des Hotels barrierefrei zu gestalten • barrierefreier Eingang ○ Türen im öffentlichen Bereich können von Menschen mit Ein‐ schränkungen geöffnet werden ○ automatische Türen fehlen, obwohl möglich ○ ausreichend Platz für Mobilität 124 12 Analyse der Bedürfnisse von Kund: innen hinsichtlich barrierefreier Hotels <?page no="125"?> • einfacher, berollbarer Belag • (mobile) Rampe, die ggf. im Außenbereich eingesetzt werden kann • Räumlichkeiten für Menschen mit Seheinschränkungen geeignet (Yildiz und Polatoglu-2013,-444) Die Auffälligkeiten lassen sich noch weiter ergänzen. Folgende grundle‐ genden baulichen Elemente im gesamten öffentlichen Bereich bedeuten jeweils einen Schritt hin zur Barrierefreiheit (Grundmann-2016, 45-ff.): • Parkplätze ○ überdachte Anreiseparkplätze: Sie ermöglichen auch bei Regen ein bequemes Aussteigen für Rollstuhlfahrer: innen, ältere Personen und Familien mit Kindern sowie ein einfaches Ausladen des Gepäcks ○ barrierefreie Parkplätze mit gut berollbaren Bodenbelägen, die gut beschriftet und mindestens 3,50 m breit sein sollten und so nah wie möglich am Haupteingang liegen ○ taktiles Leitsystem von den Parkplätzen über die Rezeption bis hin zu den wichtigsten Einrichtungen wie Sanitäranlagen, Restaurant, Seminarräume und Fahrstühle • Glastüren kontrastreich markieren • rutschfester Boden • Flur- und Wegbreite von mindestens 1,50-m • möglichst kurze Wege; wenn längere Wege nicht vermeidbar sind, soll‐ ten in Abständen von etwa 50 m bequeme Sitzgelegenheiten vorhanden sein • bei Rampen ein maximales Gefälle von 6-% beachten • Stolperfallen und Hindernisse bestmöglich vermeiden; falls dies nicht möglich, ist Hindernisse möglichst kontrastreich gestalten. • Aufzüge und deren Türen sollten eine Mindestbreite von 90 cm aufwei‐ sen und umlaufende Haltegriffe haben, die Betätigungsknöpfe befinden sich optimalerweise auf einer Höhe von 90 cm, sodass auch Rollstuhl‐ fahrer: innen diese gut erreichen können; die Stockwerke sollten zur Orientierung auch laut angesagt werden • Treppen und Stufen im Innen- und Außenbereich taktil und kontrast‐ reich mit einem durchgängigen Geländer gestalten • gut erkennbare, blendfreie, kontrastreiche, leicht lesbare und idealer‐ weise auch tastbare Wegweiser 12.1 Bauliche und gestalterische Anforderungen an ein Hotel 125 <?page no="126"?> • Informationen und Zimmernummern immer gut erkennbar; die An‐ bringung sollte auf einer Höhe erfolgen, die auch für Kinder, kleine Menschen und Rollstuhlfahrer: innen gut zu erkennen ist Die Aufzählung zeigt deutlich, dass viele einzelne Elemente gemeinsam eine Barrierefreiheit schaffen. Viele scheinen auf den ersten Blick unter der Überschrift Mobilität zu stehen, bei näherer Betrachtung zeigt sich aber, dass durchaus unterschiedliche Gruppen von Menschen mit Bedürfnissen profitieren. 12.1.2 Anforderungen an das barrierefreie Hotelzimmer Ein barrierefreies Hotelzimmer (Accessible Room) ist der Begriff für einen Zimmertyp, der auf beeinträchtigte Menschen, z. B. durch breitere Türen, abgestimmt ist (Fuchs 2021, 1067). In Diskussionen um ein barrierefreies Hotelzimmer werden häufig Befürchtungen formuliert, dass die Zimmer dann sehr schnell aussehen wie in einem Pflege- oder Altenheim. Damit geht auch die Angst einher, dass es für andere Kund: innen unbehaglich er‐ scheint und schwer anderweitig verkauft werden kann. Solche Besorgnisse können einfach entkräftet werden. Bei den Scandic Hotels beispielsweise dürfen sich die barrierefreien Zimmer aufgrund von internen Vorgaben gar nicht im Design von den anderen Zimmern unterscheiden (Neumann und Kagermeier-2017,-78). Zu den Ausstattungsmerkmalen eines barrierefreien Hotelzimmers gehö‐ ren (Grundmann-2016,-40-ff.): • warmes Licht ohne Blendung, einfache Bedienung mit Schaltern auf Greifhöhe direkt an der Tür und am Bett • natürlicher Geruch, der zum Verweilen und Wiederkommen einlädt, z. B. Zirbelholz, das Stress löst und für eine bessere Schlafqualität sorgt • harmonische und kontrastreiche Farbgestaltung • komfortables, unterfahrbares und sicheres Bett mit Nachttisch (Bett‐ höhe 50-55-cm); elektrisch höhenverstellbare Kopf- und Fußteile • gut zu reinigender und berollbarer Bodenbelag (ideal geeignet für Allergiker: innen sind z. B. Holzböden oder Laminat); lose Teppiche sollten bei Buchungen von Allergiker: innen und Personen mit Rollstuhl oder Rollator entfernt werden • leicht bedienbare Fenster und Türen; schwellenlose Türen 126 12 Analyse der Bedürfnisse von Kund: innen hinsichtlich barrierefreier Hotels <?page no="127"?> • unterfahrbare Tische mit komfortablen Sitzgelegenheiten mit Armleh‐ nen • für Menschen im Rollstuhl sollte alles auf gut erreichbarer Höhe ange‐ bracht sein (Kleiderhaken und -stangen, Kühlschrank, Schalter etc.) In den USA müssen noch Kommunikationseinrichtungen berücksichtigt werden, die u. a. der Sicherheit dienen können: allgemeine Alarme, visuelle Anzeigen für eingehende Telefonanrufe und Türklingel, Lautstärkeregler an den Telefonen (Eustace-2009,-114). Empfehlenswert ist es, wenn grundsätzlich ca. 10 % aller Zimmer bar‐ rierefrei gestaltet sind (Grundmann 2016, 86). Aber es sind auch die lan‐ desüblichen rechtlichen Regularien zu beachten. Zumeist gibt es Quoten für barrierefreie Zimmer. Diese unterscheiden sich in Deutschland nach Neubau und Bestand, aber auch nach Bundesland. Ähnlich verhält es sich z. B. in den USA, wo sich die Regularien auch je nach Bundesstaat ändern (Eustace-2009,-113). 12.1.3 Anforderungen an das barrierefreie Badezimmer Sich waschen und auf die Toilette gehen - das ist ein Grundbedürfnis des Menschen, welchem alle gerne so selbstständig wie möglich nachggehen möchten. Deswegen ist die Barrierefreiheit nirgendwo so wichtig wie im Badezimmer (Grundmann 2016, 99). Es kann gesagt werden, dass das Badezimmer ein Kernelement für barrierefreies Reisen von mobilitätseinge‐ schränkten Personen darstellt (Dagostino, zit. in: Crowell-2010,-38). Bei der Grundfläche eines Badezimmers von üblicherweise 3-4 m 2 kann in etwa 40- 50 % mehr Fläche - also 6-7 m 2 - geplant werden (Karlen 2011, 75). Für die genaue Ausgestaltung sollte folgendes bedacht werden (Grundmann 2016, 103-ff.): • genügend Bewegungsfläche mit einem Bewegungsradius von mindes‐ tens 1,50-m für Rollstuhlfahrer: innen • rutschfeste Bodenfliesen mit möglichst wenig Fugen, damit der Roll‐ stuhl nicht hängen bleibt • nichtreflektierende Wandfliesen und blendfreies Lichtkonzept • Badezimmertüren mit mindestens 90 cm Breite, die nach außen hin aufgehen und auch von außen zu entriegeln sind; idealerweise leicht zu öffnende Schiebetüren mit greifbarem Bügelgriff auf einer Höhe von ca. 90-cm 12.1 Bauliche und gestalterische Anforderungen an ein Hotel 127 <?page no="128"?> • bodenebene Dusche (mindestens 1,20 m × 1,30 m) mit Sitzgelegenheit und passenden Halterungen mit Ablageflächen • unterfahrbares Waschbecken (Höhe von 65 cm) mit genügend Abla‐ geflächen und Armauflagefläche, im Sitzen und Stehen einsehbarer Spiegel • WC mit beidseitigen Haltegriffen und mindestens 90 cm Platz neben dem WC; der Papierhalter und die Spültaste müssen vom WC gut erreichbar sein, die Toilettenbürste vom Rollstuhl aus Von den meisten der genannten Anforderungen profitieren nicht nur Men‐ schen mit Behinderungen, sondern alle Reisenden. Auch sie bevorzugen ein großzügiges Badezimmer mit genügend Ablageflächen, einem großen Spiegel. Eine Sitzmöglichkeit in der Dusche nutzen auch Frauen gerne zum Rasieren oder Familien zum Draufsetzen ihrer Kinder beim Duschen. Rutschfeste Fliesen und genug Halterungen geben auch älteren Menschen Sicherheit und vermeiden Stürze. Ein barrierefreies Badezimmer bedeutet somit mehr Komfort für alle. 12.2 Bedürfnisse hinsichtlich des Serviceangebotes des Hotels Neben den baulichen Anforderungen haben Menschen mit Behinderungen auch besondere Bedürfnisse in Bezug auf das Serviceangebot eines Hotels. Sie möchten genauso verreisen wie andere Menschen, d. h., sie möchten sowohl den gleichen Zugang zu Informationen und Möglichkeiten erhalten als auch vor allem gleichbehandelt werden. Auch der Umgang mit Menschen mit Behinderungen sollte von Respekt geprägt sein, von Freundlichkeit, vor allem jedoch von Natürlichkeit ohne Scheu oder Mitleid seitens der Mitarbeitenden (ADAC 2003, 22). Um allen Menschen den Zugang zu allen Informationen in Bezug auf ihren Aufenthalt zu ermöglichen, ist im gesamten Serviceangebot des Hotels eine interaktive Vorlesetechnik ein hilfreiches Mittel. Mit einer für die Kund: innen kostenfreien Smartphone-App werden gedruckte Informa‐ tionen für Menschen mit Seheinschränkungen mithilfe einer innovativen Technik vorgelesen. Durch SpeechCode können Hotels alle Informatio‐ nen, wie z. B. die Speisekarte, Zimmermappen, das Wochenprogramm und vieles mehr, selbst in eine Audiodatei umwandeln, die mithilfe eines 128 12 Analyse der Bedürfnisse von Kund: innen hinsichtlich barrierefreier Hotels <?page no="129"?> gedruckten Codes oder einem NFC-Tag von den Reisenden durch eine App auf ihrem Smartphone abgehört werden können. Das kommt nicht nur sehbehinderten Menschen zugute, sondern ist eine Erleichterung für ältere Mitbürger: innen. Es kann gesagt werden, dass rund 20 % der EU-Bürger: innen über 66 Jahre alt sind und dadurch ein reduziertes Sehvermögen haben, weitere 20 % sind funktionale Analphabet: innen, 10 % haben Sprachprobleme und 3 % eine registrierte Sehbehinderung. Die beispielhaft genannte App kostet in Lizenz natürlich eine Gebühr, kann aber aufgrund eines breiten Sprachangebots auch für internationale Reisende eingesetzt werden (Grundmann-2016,-51). 12.2.1 Informieren, Planen und Buchen Ein sehr wichtiger Punkt für Menschen mit Behinderung ist der erste Kontakt mit dem potenziellen Hotel und somit die Website des Hotels. Zunächst erscheint es, dass online alles einfacher macht. Trotzdem ist es zu‐ meist zunächst schwierig, auf Hotel-Websites oder bei Onlinereiseanbietern Informationen zu barrierefreien Hotelzimmern zu finden (Thompson 2005, zit. in: Davern, 20). Ziel eines Anbieters sollte es sein, alle barrierefreien Angebote mit zuverlässigen und nachvollziehbaren Informationen zur Ver‐ fügung zu stellen. Die Informationen sollten in einem eigenen Reiter unter Barrierefreiheit zusammengefasst werden, damit sie leicht und schnell zu finden sind. Auch die Website selbst muss barrierefrei sein, damit alle poten‐ ziellen Kund: innen sie nutzen können. Damit die potenziellen Kund: innen sich auch einen Überblick verschaffen können, was man in der Umgebung unternehmen kann, ist es hilfreich, neben dem eigenen Angebot auch barrierefreie Angebote in der Umgebung zu bewerben (Grundmann 2016, 60 ff.). Obwohl sich die ältere Generation und Menschen mit Handicap gerne über das Internet informieren, bevorzugen sie beim Buchen jedoch den direkten Kontakt mit dem Hotel via Telefon oder E-Mail (Neumann et al. 2019, 7). Hier ist es sehr wichtig, dass das Personal geschult ist und weiß, was das Hotel wem bieten kann und was eben auch nicht. Aussagen, die der Wahrheit entsprechen und Kompetenz und Sicherheit vermitteln, helfen Kund: innen bei ihrer Wahl. Zertifizierungen, wie z. B. nach „Reisen für Alle“, helfen ebenfalls dabei, Sicherheit zu vermitteln, da Kund: innen dadurch ganz genau wissen, was zu erwarten ist (Grundmann-2016, 62-f.). 12.2 Bedürfnisse hinsichtlich des Serviceangebotes des Hotels 129 <?page no="130"?> Wissen | Onlinebuchungen Kund: innen buchen barrierefreie Zimmer auch online. Für Kund: innen mit entsprechendem Bedarf sollte es auf der Website möglich sein, barrierefreie Zimmer zu erkennen, zu besichtigen und zu buchen. Auch über die Anreise sollten Reisende gut informiert werden. Wenn z. B. Barrieren auf dem örtlichen Bahnhof bekannt sind oder wenn die Bushaltestelle direkt am Hotel nicht befahren wird, wissen es Personen mit Mobilitätsbeschränkungen besonders zu schätzen, wenn sie vorab darüber informiert werden. Gerade bei Menschen mit einer Sehbehinderung eignet sich ein Abholservice, eine genaue Wegbeschreibung oder Begleitung am Telefon. Aber auch alle anderen Kund: innen wissen eine Pre-Arrival-E-Mail mit den wichtigsten Informationen zu Anreise und zum Aufenthalt zu schätzen. Wenn den Reisenden noch die Möglichkeit gegeben wird, die Mel‐ descheindaten vorab dem Hotel mitzuteilen, wird damit die Check-in-Zeit verkürzt, vereinfacht und Mitarbeitende und Kund: innen können sich auf die wirklich wichtigen Informationen konzentrieren. Das Angebot werden nicht nur Menschen mit Behinderung zu schätzen wissen, sondern auch Familien mit kleinen Kindern, die nach der langen Reise lieber direkt auf ihr Zimmer möchten, statt sich noch lange mit administrativen Details beschäftigen zu müssen. 12.2.2 Service und Leistungen vor Ort Barrierefreiheit bedeutet mehr als Haltegriffe und Rampen. Ein Training der Mitarbeitenden für das Verständnis der besonderen Bedürfnisse der Kund: innen gehört ebenso dazu (Ney 2009, 52). So kann die Servicekette, beginnend bei der Ankunft, entsprechende Dienstleistungen anbieten. Ur‐ lauber: innen sollen sich von Anfang an willkommen fühlen. Besonders einladend ist eine Rezeption, die für alle Bedürfnisse gestaltet ist. Für Rollstuhlfahrer: innen, ältere Menschen sowie Kinder ist eine zum Teil auf Sitzhöhe abgesenkte Rezeption sehr nützlich. Für Rollstuhlfahrer: innen sollte diese unterfahrbar sein, für ältere Menschen bietet sich eine Sitzge‐ legenheit mit Armlehnen an. Um eine Kommunikation auf Augenhöhe zu ermöglichen, sollte die Rezeptionist: innen ebenfalls sitzen. Falls keine abgesenkte Rezeption vorhanden ist, bietet es sich an, den Check-in in einem anderen Teil der Hotelhalle im Sitzen vorzunehmen. Ältere Menschen wer‐ 130 12 Analyse der Bedürfnisse von Kund: innen hinsichtlich barrierefreier Hotels <?page no="131"?> den eine Halterung für Gehstock oder auch Regenschirm an der Rezeption zu schätzen wissen (Grundmann 2016, 77). Hilfreich ist es, die wichtigsten Informationen, wie z. B. Essenszeiten, Internetcode etc. gut leserlich den Urlauber: innen mitzugeben. Auch für das Restaurant bietet sich ein barrierefreies Konzept an, was nicht nur den Hotelurlauber: innen zugutekommt, sondern auch den à la carte speisenden Kund: innen von außerhalb. Hier ist das Potenzial sehr groß, da es oftmals nur eine Person einer ganzen Gruppe ist, die ein barrierefreies Angebot benötigt, sich aber dann die gesamte Gruppe danach richtet. Auch wenn sich aufgrund von baulichen Gegebenheiten nicht immer alles umsetzen lässt, wissen die Urlauber: innen die machbaren Anpassungen schon als hilfreiche Erleichterung zu schätzen. Ein Blick in die USA zeigt eindeutige Regularien: 5 % der Plätze müssen dort barrierefrei sein. Das bedeutet: • freier Fußraum • keine Behinderungen für Knie und Füße • passende Höhe des Tisches • freier Weg zum Tisch (Eustace-2009,-112) Ein schwellenloser Zugang, sowie eine selbstöffnende Tür vermeiden die ersten Barrieren, auch eine barrierefreie Toilette sollte gegeben sein. Beim Einrichten des Gastraumes sollten unterfahrbare Tische gewählt werden, sodass Rollstuhlfahrer: innen an allen Tischen sitzen können. Für eine optimale Bewegungsfreiheit benötigen Rollstuhlfahrer: innen Gänge mit einer Mindest‐ breite von 1 m sowie Bewegungsflächen von 1,50 m × 1,50 m zum Wenden. Für blinde Menschen bietet sich ein Vorlesemodul an, ansonsten sollte die Speisekarte gut leserlich und kontrastreich konzipiert sein. Für Personen mit Hörbeeinträchtigungen sollte für eine gute Akustik im Raum gesorgt werden. Wenn Buffets angeboten werden, sollte darauf geachtet werden, dass diese eine Bedienhöhe von 85 cm bis 90 cm haben. Garderobenhaken sollten auf einer Höhe von ca. 1-m angebracht sein (Grundmann-2016,-126-f.). Eine weitere Überlegung bei der Gestaltung von Hotels sollte das Zwei-Sinne-Prinzip bilden. Das bedeutet, dass immer mindestens zwei der drei Sinne Hören, Fühlen oder Sehen angesprochen werden sollen, sodass z. B. alle, die nicht sehen und somit auch nicht lesen können, immer noch hören oder fühlen können (Grundmann-2016,-21). 12.2 Bedürfnisse hinsichtlich des Serviceangebotes des Hotels 131 <?page no="133"?> 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen Matthias Johannes Bauer In diesem Kapitel steht die barrierefreie digitale Kommunikation von tou‐ ristischen Anbietern und Destinationen im Fokus. Digitale Kommunikation meint die Kommunikation mithilfe von digitalen Geräten. Gemeint sind digitale Medien wie beispielsweise Websites, E-Mail und Social Media. Digitale Kommunikation teilt nicht alle Eigenschaften von analoger Kommunikation und umgekehrt (Bauer und Müßle 2020, 12). Die Frage nach der Barrierefreiheit stellt sich in all diesen Medien. Sie wird im Folgenden anhand dreier Beispiele von Websites dargestellt. Den Untersuchungen liegt ein sogenannter Easy Check zugrunde (siehe weiter unten). Dieses praxis‐ taugliche, pragmatische Instrument wurde für jedes der Fallbeispiele leicht angepasst und auf unterschiedliche Weise - beispielsweise in tabellarischer Form mit Punktewertung, als beschreibender Text oder in der Kombination aus beidem - durchgeführt. Je nach Situation und Ausgangslage kann eine Tiefenbohrung oder aber auch eine breite Übersicht erforderlich sein. 13.1 Barrierefreie digitale Kommunikation am Beispiel von Websites mit Laura Jäger 13.1.1 Der Bedarf für barrierefreie Websites im Tourismus Allen Bevölkerungsgruppen Zugang zum World Wide Web zu ermöglichen, das ist erklärtes Ziel des World Wide Web Consortium (W3C). Es ist eine internationale Gemeinschaft und wurde 1994 von Tim Berners-Lee gegründet. Er gilt als der Erfinder des World Wide Web und schrieb die erste Version eines HTML-Codes (W3C). Die international agierende Web Accessibility Initiative des W3C (W3C WAI oder kurz: WAI) stellt Hinter‐ grundinformationen zum Thema digitale Barrierefreiheit zur Verfügung und entwickelt Standards sowie Hilfestellungen zur Umsetzung (W3C WAI). <?page no="134"?> Die als Richtlinie zur gesetzlichen Implementierung von Barrierefreiheit geltenden WCAG bauen grundsätzlich auf vier Prinzipien auf: Perceivable, Operable, Understandable, Robust (wahrnehmbar, bedienbar, verständlich, robust). Unter diesen Prinzipien werden einzelne Erfolgskriterien (Guideli‐ nes) erläutert und priorisiert (W3C WAI). Die Web Accessibility Initiative des W3C hat mit den „Web Content Accessibility Guidelines (WCAG)“ weltweite Standards zur barrierefreien Gestaltung von Websites gesetzt (BIK für Alle). Die WAI definieren Barrierefreiheit im Web so: „Web accessibility means that websites, tools, and technologies are designed and developed so that people with disabilities can use them. More specifically, people can: perceive, understand, navigate, and interact with the Web, contribute to the Web.“ (W3C WAI) Wissen-|-Barrierefreies Web Eine barrierefreie Website bedeutet, dass die Website selbst, aber auch die eingebetteten Tools und die Technologie in sich so gebaut sind, dass Menschen mit Behinderung sie nutzen können. Das heißt, dass die Inhalte empfangen und verstanden werden können, dass navigiert, interagiert und beigetragen werden kann. Auch in Deutschland werden diese Guidelines als Standards herangezogen (Bundesfachstelle für Barrierefreiheit). Für Menschen mit visuellen, moto‐ rischen oder neurologischen Einschränkungen sind barrierefreie Websites unabdingbar für eine eigenständige Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (Gröber 2017, 331). Darüber hinaus bieten barrierefrei gestaltete Websites auch für alle weiteren Bevölkerungsgruppen große Vorteile hinsichtlich Übersichtlichkeit, Bedienbarkeit oder der Nutzung auf mobilen Endgeräten (BIK für Alle, o.-D.). Auch wenn die Umsetzung digitaler Barrierefreiheit für alle Nutzer: innen Vorteile bringt, so erfüllen derzeit nicht einmal die gesetzlich dazu verpflich‐ teten Websites der öffentlichen Verwaltung die geforderten Richtlinien (Flüter-Hoffmann und Rabung 2022). Mit 11,8 Milliarden Umsatz (Stand 2019 vor der Coronapandemie) ist der Tourismus in Deutschland dabei ein rele‐ vanter Wirtschaftsfaktor (Statista o. D. a), bei dem sich 74 % der Reisenden über das Internet über ihren Urlaub informieren (Statista). Daher könnte eine freiwillige Umsetzung von barrierefreien Nutzungsangeboten durch 134 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="135"?> die Leistungsträger erwartet werden, um die Zielgruppe bedarfsgerecht anzusprechen. Das wird in diesem Kapitel anhand von drei touristischen Beispielen untersucht. 13.1.2 Barrierefreie Websites und ihre (gesellschaftliche) Relevanz In Deutschland leben (Stand 2019) über 7,9 Millionen schwerbehinderte Menschen. Davon sind über 6 Millionen Menschen 55 Jahre alt oder älter (Statistisches Bundesamt [Destatis] 2020a). Durch ihre auf Optik ausge‐ richtete Gestaltung, können Websites insbesondere für seheingeschränkte Nutzer vermehrt Barrieren aufweisen (Gröber 2017, 331), beispielsweise durch zu geringe Kontrastverhältnisse oder unzureichende Bildalternativen. Textalternativen zu grafischen Informationen (oder kurz: Bildalterna‐ tiven) sind ein zentrales Element der Barrierefreiheit, insbesondere bei Sehbehinderungen. Wer ein Bild nicht sehen oder erkennen kann, ist auf diese Texte angewiesen. Denn sie beschreiben idealerweise möglichst konkret, was auf dem Bild zu sehen ist. Insbesondere, wenn die Information aus dem Bild im Fließtext nicht enthalten ist und diesen ergänzt, müssen die Bildbeschreibungen hier einspringen. Ein Beispiel (hier absichtlich ohne Foto zu Demonstrationszwecken): „Foto vom Brandenburger Tor in Berlin bei Nacht. Das hell angestrahlte Baudenkmal setzt sich deutlich ab vom dunklen Nachthimmel. Über dem Brandenburger Tor sind mehrere Feuerwerksexplosionen zu se‐ hen.“ Laut Statistischem Bundesamt leben in Deutschland im Jahr 2019 allein 349.036 sehbehinderte Menschen (Statistisches Bundesamt). Zudem wohnen 284.559 schwerhörige und taube Menschen in Deutschland (Destatis 2020b). Diese Gruppe von Nutzer: innen ist auf akkurate Untertitel in Videos an‐ gewiesen. Ebenfalls auf barrierefreie Websites angewiesen sind in ihrer Feinmotorik eingeschränkte Personengruppen, beispielsweise an Rheuma oder Multipler Sklerose leidende Menschen. Diese können u. U. keine Computermaus bedienen und sind auf eine per Tastatur bedienbare Website angewiesen (BIK für Alle). Eine weitere, auf den ersten Blick möglicherweise nicht bedachte Gruppe sind unter Aufmerksamkeitsdefiziten oder visuellen 13.1 Barrierefreie digitale Kommunikation am Beispiel von Websites 135 <?page no="136"?> Verarbeitungsstörungen leidende Nutzer: innen. Auf sie können blinkende oder schnell bewegliche Inhalte negative Einflüsse haben (W3C WAI). Von einer barrierefreien Websitegestaltung profitieren jedoch alle Nut‐ zer: innen: Videos mit Untertiteln ermöglichen es beispielweise, Inhalte auch dann erfassen zu können, wenn eine Wiedergabe mit Ton situativ bedingt nicht möglich ist (Mateen et al. 2020, 158, BIK für Alle). Die Möglichkeit, eine Website überschneidungsfrei vergrößern zu können, kann auch älteren Menschen mit nachlassender Sehkraft oder durch lange Bildschirmarbeit angestrengten Augen entgegenkommen (Mateen et al.-2020,-158). Nicht nur ist eine hohe Anzahl eingeschränkter Personen über 55 Jahre alt, sondern gerade diese Altersgruppe der Über-50-Jährigen macht gleich‐ zeitig einen Großteil der am häufigsten Reisenden aus (Statista 2022). Folg‐ lich benötigen selbstredend auch beeinträchtigte Personengruppen Zugang zu barrierefreien Informationsmöglichkeiten bei der Urlaubsplanung. 13.1.3 Rechtliche Vorgaben für barrierefreie Websites Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und im Speziellen die Barrie‐ refreie-Informationstechnik-Verordnung BITV 2.0 setzen in Deutschland aktuell die Standards für digitale Barrierefreiheit. Die BITV 2.0 nennt als anzuwendende Standards die „harmonisierten Normen im Europäischen Amtsblatt“ (aktuell EN 301 549 V3.2.1). Diesen liegen wiederum die Maßga‐ ben der WCAG zugrunde (BITV-2.0). Behörden der Bundesverwaltung sowie öffentliche Stellen der Länder sind bereits gesetzlich dazu verpflichtet, Menschen mit Behinderung eine uneingeschränkte Nutzung ihrer Websites zu ermöglichen (BGG, L-BGG § 10). Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz sind auch bestimmte privat‐ wirtschaftliche Unternehmen ab 2025 verpflichtet, Dienstleistungen und Produkte barrierefrei zu gestalten (Bundesfachstelle für Barrierefreiheit). Als Leitfaden werden auf der Website des BIK für Alle die „Web Content Accessibility Guidelines“ als weltweiter Standard genannt (BIK für Alle). Die Barrierefreiheit von Websites kann mit automatisierten Tools überprüft wer‐ den (hierzu W3C WAI). Dass diese jedoch nicht alle Barrieren einer Website finden, haben Mateen et al. (2020) in einer Studie festgestellt. Im Vergleich zur händischen Analyse, fanden die sieben untersuchten automatisierten Tools im Schnitt lediglich knapp ein Viertel der Barrieren. Besonders gut schnitt in diesem Test das Tool WAVE ab. Während die Tools Barrieren, die aus dem HTML-Code auszulesen sind, erkennen, mangelt es ihnen 136 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="137"?> vor allem an der Identifikation inhaltlicher Barrieren sowie hinreichenden alternativen Texten (Mateen et al. 2020, 159, 165). Hier und im Folgenden zentral ist der Easy Check der W3C WAI als ein Tool zum Selbsttest. 13.2 Barrierefreiheit der Websites der Top-Ausflugsziele am deutschen Bodensee mit Laura Jäger Fallbeispiel 1 dreht sich um die die Barrierefreiheit touristisch relevanter Websites durch eine exemplarische Untersuchung der Websites von zehn touristischen Top-Zielen am deutschen Bodensee. Zur Prüfung der Barrie‐ refreiheit wurde im Juli 2022 der Easy Check der W3C WAI angewandt, der es ermöglicht, auch ohne professionellen Prüfverfahren einen ersten Eindruck über mögliche Barrieren auf Websites zu geben. Als Untersuchungsgegenstände des Tests auf Barrierefreiheit wurden die offiziellen Websites touristischer Destinationen am deutschen Boden‐ see gewählt. Um innerhalb der Ausflugsziele eine (nicht repräsentative) Stichprobe besonders relevanter Attraktionen zu bestimmen, wurde sich an den als ‚Top-Ausflugsziele‘ beworbenen Destinationen der Internationale Bodensee Tourismus GmbH (IBT) orientiert, die im Rahmen der Bodensee Card Plus beworben werden. Folgende Top-Attraktionen werden beworben: Affenberg Salem, Burg Meersburg, Dornier Museum Friedrichshafen, Klos‐ ter und Schloss Salem, Pfahlbaumuseum Unteruhldingen, Ravensburger Spieleland, SEA LIFE Konstanz, Zeppelin Museum Friedrichshafen. Um eine Vergleichbarkeit auch im Hinblick auf die rechtlichen Rahmen‐ bedingungen zu gewährleisten, wurden in die vorliegende Untersuchung lediglich die deutschen Top-Attraktionen einbezogen. Unter den Top-Aus‐ flugszielen befinden sich nämlich außerdem die Pfänderbahn Bregenz (Ös‐ terreich) sowie die Säntis Schwebebahn (Schweiz), die damit nicht Teil der Untersuchung sind. Auch der Erlebnisbus wurde exkludiert, ist er doch lediglich als Verkehrsmittel zwischen den Attraktionen im Einsatz und nicht selbst eine solche. Ergänzt wurde diese Liste um das Auto & Traktor Museum Bodensee mit jährlich 100.000 Besuchenden sowie die Insel Mainau, die zwar nicht in den Vergünstigungen der Bodensee Card Plus enthalten ist, aber mit 1,2 Millionen Besuchenden pro Jahr ein äußerst beliebtes Ausflugsziel am Bodensee darstellt (Kleinstück-2021; Insel Mainau-o.-D.). 13.2 Barrierefreiheit der Websites der Top-Ausflugsziele am deutschen Bodensee 137 <?page no="138"?> 13.2.1 Der Easy Check angepasst für die Region Bodensee Der Easy Check der W3C WAI bietet eine vereinfachte Methode zur manu‐ ellen Kontrolle zentraler Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit eine Website den Anforderungen der Barrierefreiheit gerecht werden kann. Er ermöglicht damit auch denjenigen einen Barrierefreiheitscheck durch‐ zuführen, die keine technischen Vorkenntnisse auf diesem Themengebiet mitbringen und kein automatisiertes Testprogramm (Robust Accessibility Tool) nutzen (W3C WAI). Da der Easy Check in erster Linie einen schnellen und leicht umsetzbaren Überblick über die Barrierefreiheit einer Website bietet, erhebt er keinen Anspruch darauf, dass die diesen Check bestehenden Websites tatsächlich (vollumfänglich) barrierefrei sind (W3C WAI). Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Anforderungen an eine barrierefreie Website, die mit dem Easy Check geprüft wird. Sie entsprechen insbesondere den unter dem Titel „What to check for“ stehenden Hinweisen des Easy Check. Die rechte Spalte der Tabelle geht kurz auf die Auswahl der untersuchten Seiten innerhalb einer Website ein und erklärt das Vorgehen bei der Prüfung der einzelnen Kategorien im ersten Fallbeispiel (nämlich die Websites der Top-Ausflugsziele am deutschen Bodensee). Es wurden hierzu jeweils die von der W3C WAI vorgeschlagenen Tools bzw. Browser-Add-Ons verwendet (→-Tabelle-14). Aspekt Anforderungen gemäß Easy Check Was und wie wurde geprüft? Page Title Beschreibt kurz, aber eindeutig den Inhalt der Website. Wichtig ist dabei die Unterscheidbarkeit der einzelnen Seiten innerhalb einer Website sowie die eindeutige Diffe‐ renzierung zu anderen Websites. Alle Hauptreiter der Websites sowie deren Unterkapitel. Der Titel der Website wird von Screenreadern vorgelesen bzw. erscheint, wenn man mit dem Cursor über den jeweiligen Tab im Browser fährt. Image Al‐ ternatives Alle Bilder, Grafiken o.-Ä. auf ei‐ ner Website, deren Inhalt relevant für die Interaktion sind oder die zum inhaltlichen Verständnis der Website beitragen, enthalten Für einen ersten Überblick wurden die Startseite sowie drei Unterseiten der Website zunächst durch das Tool WAVE geprüft, um einen ersten Über‐ 138 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="139"?> Aspekt Anforderungen gemäß Easy Check Was und wie wurde geprüft? ein „alt“ im Mark-up, d h. einen aus‐ gewiesenen alternativen Text. Die‐ ser muss nicht zwangsläufig eine Bildbeschreibung liefern, sondern bei Bedarf eine Transferleistung erbringen. Bilder, die nicht dem inhaltlichen Verständnis, sondern rein optischen Zwecken dienen, sind mit „alt=“-““ gekennzeichnet. Der „alt text“ wird von Sreenreader vorgelesen, nicht der Bildtitel. blick über (nicht) vorhandene alternative Texte zu den Bil‐ dern zu erhalten. Im folgenden Schritt wurden die Bilder je‐ weils genauer im Kontext der Website begutachtet, um zu be‐ stimmen, bei welchen Bildern eine Angabe des Alternativtex‐ tes (nicht) korrekt ist. Die Do‐ kumentation ist in die des Ba‐ sic Structure Check integriert, weist dieser doch die alternati‐ ven Texte mit aus. Headings Die Überschriften weisen eine sinnvolle Reihenfolge/ Struktur auf. Alles, was beim Betrachten der Website als Überschrift erkennbar ist, ist auch im Mark-up als entspre‐ chende Überschrift ausgewiesen. Als im Mark-up gekennzeichnete Überschriften ensprechen auch tat‐ sächlich Überschriften der Website. In der Regel beginnen die Über‐ schriften mit dem Hierarchie-Level h1, das den Seitentitel beinhaltet. Der Ablauf der Hierarchien erfolgt entsprechend chronologisch und sollte keine Ebenen überspringen. Analyse der Startseite und vier weiterer Unterkapitel der Hauptreiter. Auf eine Analyse weiterer Unterwebsites wurde verzichtet, da bereits die Unter‐ suchung von fünf Seiten einen ausreichenden Eindruck von der Einheitlichkeit der Über‐ schriftengestaltung gab. Geprüft wurde mithilfe des W3C Markup Validation Ser‐ vice. 13.2 Barrierefreiheit der Websites der Top-Ausflugsziele am deutschen Bodensee 139 <?page no="140"?> Aspekt Anforderungen gemäß Easy Check Was und wie wurde geprüft? Contrast Ratio Mindestkontrast von 4,5: 1. Analyse der jeweiligen Start‐ seiten der Websites. Da die meisten Kontrastfehler sich auf das Corporate Design und die damit vom Unternehmen be‐ vorzugt verwendeten Farben bezogen, vermittelte die Prü‐ fung der Startseite bereits einen guten Eindruck. Prüfung mithilfe des WCAG Color conrtrast checker (Fire‐ fox-Add-on). Problem: Als mit zu geringem Kontrast ausge‐ wiesene Elemente waren zum Teil unauffindbar, deswegen Prüfung mit optischer Kon‐ trolle der möglicherweise kri‐ tischen Kontraste mithilfe der Anwendung Colour Contrast Analyser (CCA). Resize Text Vergrößerung des Textes, ohne dass sich Textpassagen und/ oder Bilder überschneiden oder abgeschnitten werden. Alle Buttons/ Formfelder sind weiterhin sichtbar und nutz‐ bar. Horizontales Scrollen, um Textpassagen bzw. Zeilen lesen zu können, ist nicht nötig. Untersuchung der Startseiten der Websites. Prüfung mithilfe der Erweite‐ rung Zoom Page WE und der Browsereinstellung „text zoom only“. Keyboard Access and Vi‐ sual Focus Alle relevanten Elemente, Links, medialen Inhalte oder Drop-down-Menüs können mittels Tastaturbedienung aufgerufen werden. Aus aufgerufenen/ abge‐ Navigation durch einige Sei‐ ten der einzelnen Websites ausschließlich mit Tastaturbe‐ dienung. Dabei wurde insbe‐ sondere die Zugänglichkeit der 140 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="141"?> Aspekt Anforderungen gemäß Easy Check Was und wie wurde geprüft? spielten Elementen muss es auch wieder gelingen hinauszukommen. Die Reihenfolge der Tabs ist lo‐ gisch und konsequent. Die Stelle auf der Website, an der sich Nut‐ zer: innen befinden, muss hervorge‐ hoben sein (Visual Focus). Dies gilt auch für verlinkte Bilder. Unterkapitel in Menüpunkten, das Ausfüllen von Kontaktfor‐ mularen und die Abspielso‐ wie Stoppmöglichkeit von me‐ dialen Inhalten geprüft. Forms, Labels, and Er‐ rors Steuerelemente sind per Tastatur zugänglich (siehe „Keyboard Ac‐ cess“). Korrekte Position der Be‐ schriftungen zu Formfeldern: links von „boxes“ und Drop-down-Me‐ nüs, rechts von „radiobuttons“ und „checkboxes“. Eindeutige, nicht rein farbliche Markierung von Pflichtfeldern. Eindeutige und hilf‐ reiche Fehlermeldungen im Falle falschen Ausfüllens. Vor den Form‐ feldern bzw. der Feldbeschriftung finden sich die Labels „for“ und „id“ mit entsprechender Bezeichnung des Formfeldes, wie „Nachname“. Händische Prüfung der jeweili‐ gen Kontaktformulare (o. Ä. im Falle des Nichtvorhandenseins derselben). Anzeigen des HTML-Codes der Formfelder mithilfe des Web Developer Tool im Fire‐ fox-Browser: „Display Form Details“ und der manuellen Funktion „Untersuchen“ im Web Browser. Moving, Flashing and Blin‐ king Con‐ tent Bewegliche oder blinkende Ele‐ mente, die automatisch beginnen und länger als 5-Sekunden anhal‐ ten, müssen eine Möglichkeit zum Anhalten der Bewegung bieten. Gleiches gilt für sich automatisch aktualisierende Informationen. Händische Prüfung der auf den Websites vorkommender be‐ weglicher Elemente hinsicht‐ lich ihrer Dauer und Optionen zum Stoppen der Bewegungen. 13.2 Barrierefreiheit der Websites der Top-Ausflugsziele am deutschen Bodensee 141 <?page no="142"?> Aspekt Anforderungen gemäß Easy Check Was und wie wurde geprüft? Multime‐ dia (Video, Audio) Alternati‐ ves Multimediale Inhalte sind mit der Tastatur bedienbar. Videos ha‐ ben Untertitel. Allerdings sind die zum Teil automatisch von YouTube bereitgestellten Untertitel nicht ausreichend, da es ihnen an Genauigkeit mangelt. Gegebenen‐ falls werden Transkripte in der Nähe des Mediums bereitgestellt. Audiodeskriptionen im Bestfall. Händische Überprüfung einzel‐ ner Videos der Websites auf vorhandene automatische bzw. akkurate Untertitel sowie das Vorhandensein von Transkrip‐ ten. Basic Structure Check Die Inhalte der Website samt Über‐ schriften bleiben verständlich und in logischer Reihenfolge, auch wenn nur Textalternativen ange‐ zeigt, Style Sheets (CSS) deaktiviert sind und die Seite linearisiert darge‐ stellt wird. Angebrachte alternative Bildtexte und klare Überschriften. Überprüft wurden die Start‐ seite sowie drei Unterseiten der jeweiligen Website mithilfe des Web Developer Tool im Firefox-Browser: „Disable All Styles“, „Display Alt Attribu‐ tes“, „Hide Images“, „Linearize Page“. Tabelle 14: Eigene Darstellung des durchgeführten Easy Check in Anlehnung an die W3C WAI (W3C WAI, o.-D.-f): Aspekte, Anforderungen und Beschreibung der Vorgehensweise bei der Überprüfung der Kriterien. Durchführung der Analyse im Juli 2022 13.2.2 Barrierefreiheit der Websites der Top-Ziele Page Title Bis auf drei Ausnahmen erfüllten alle untersuchten Websites die Anforde‐ rungen des Easy Check an den Seitentitel. Bei der Website von Kloster und Schloss Salem waren allerdings nur die Überschriften der Menüpunkte hinterlegt, der Zusatz ‚Kloster und Schloss Salem‘ zur Unterscheidbarkeit bezüglich anderer Websites fehlte. Zwei Unterpunkte des Hauptreiters „Ausstellungen“ (Zeppelin-Rundgang & Kunst-Rundgang) auf der Website des Zeppelin Museums wiesen den gleichen fehlenden Zusatz auf (vgl. hierzu die jeweiligen Websites). 142 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="143"?> Image Text Alternatives Die Analyse und Ergebnisse dieser Kategorie waren sehr komplex. Im Folgenden sollen die wichtigsten Fehler der untersuchten Websites bei der Verwendung von alternativen Texten aufgezeigt werden. Nahezu jedes Bild bzw. Symbol der Website von Kloster und Schloss Salem wies einen Alternativtext auf; viele davon waren äußerst detailliert. Jedoch sollten einige, reinen Dekorationszwecken dienende entsprechend einen Empty Alternative Text enthalten. Kaum mit alternativen Texten versehen waren die Bilder auf der Website des Ravensburger Spielelands: auch Dekorationszwecken dienende Bilder hatten keinen leeren Alternativ‐ text. Verlinkte und inhaltlich relevante Bilder/ Symbole ohne Alternativtext fanden sich auf der Startseite des Dornier Museum und auf einigen Seiten der Website des Affenberg Salems. Dies wurde auf der Website des Ravensburger Spielelands korrekt gehandhabt. Eine inkonsistente Verwendung alternati‐ ver Texte für inhaltlich irrelevante Bilder fand sich auf der Website des Auto & Traktor Museums, des Dornier Museums und des Zeppelin Museums. Manche Bilder im gleichen Kontext wiesen hier alternative Texte auf, andere nicht. Alternativtexte mit nur geringer Aussagekraft waren auf der Website des Auto & Traktor Museums vorhanden, beispielsweise bei einem Bild des Dachgeschosses mit dem Titel „Dachgeschoss im Auto & Traktor Museum“, das lediglich folgenden Alternativtext aufwies: „Automuseum in der Nähe vom Bodensee“. Verzichtbare, da keinen Beitrag zum Inhalt leistende Bild‐ alternativen fanden sich auch auf der Website der Pfahlbauten. Mehrere identische Alternativtexte mit geringer Aussagekraft waren auf der Website des Dornier Museums und auf der Website von Kloster und Schloss Salem vorhanden. Fehlenden Alternativtext bei der Sprachauswahl, symbolisiert mit den entsprechenden Flaggen, wies die Website der Burg Meersburg auf. Auch „sinnlose“ Alternativtexte fanden sich auf der Website der Burg Meersburg: Bilder der Slideshows hießen hier z. B. „First slide image“. Auf der Website der Insel Mainau hieß der Alternativtext bei einigen Bildern schlicht „Alternativer Text“. Einige unverständliche Alternativtexte zeigten sich auf der Website des SEA LIFE Konstanz: Für das Bild „Eintrittsticket inkl. Fotopaket“ hieß der alternative Text: „SL Accesso 360 × 276 Kombi Kamera“. Headings Eine konsequente Hinterlegung des Seitentitels als Ebene h1 fand sich auf der Website des Dornier Museums, des Klosters und Schlosses Salem, 13.2 Barrierefreiheit der Websites der Top-Ausflugsziele am deutschen Bodensee 143 <?page no="144"?> des Ravensburger Spielelands und des SEA LIFE Konstanz. Ein häufig vorkommender Fehler in der Festlegung der Überschriften im Mark-up war das Überspringen von Hierarchieleveln: Die Website des Dornier Mu‐ seums und des Zeppelin Museums war mit ein bis zwei übersprungenen Ebenen vertreten. Drei oder mehr Ebenen wurden auf der Website der Insel Mainau, der Pfahlbauten und des Affenbergs Salem übersprungen. Im Code als Überschriften festgelegte Passagen, die aber bei Betrachtung der Website nicht wirklich Überschriften darstellen, fanden sich auf den Websites Affenberg Salem und Auto & Traktor Museum. Leerzeichen, die im Mark-up als Überschrift ausgewiesen wurden, waren auf der Website der Burg Meersburg vorhanden. Wie Überschriften aussehende Elemente, die nicht als solche im Mark-up ausgewiesen waren, zeigten sich auf der Website des Affenbergs Salem, des Dornier Museums, der Insel Mainau, des Ravensburger Spielelands und des Zeppelin Museums. Falsche Ebenen der ausgewiesenen Überschriften nach Betrachtung des Erscheinungsbildes der Website waren auf der Website des Dornier Museums, des Ravensburger Spielelands und des Zeppelin Museums zu finden. Auf der Wesbite des SEA LIFE Konstanz befanden sich leere Überschriften im Mark-up, die tatsächlich dergleichen darstellten, aber nicht hinterlegt waren. Text in Slideshows, der als Überschrift ausgewiesen war, existierte auf den Startseiten der Websites der Pfahlbauten, des Affenbergs Salem, des Auto & Traktor Museums und auf der Website der Burg Meersburg. Contrast Ratio Die Startseite der Website des Dornier Museums war die einzige, die keinen Fehler hinsichtlich des Kontrastverhältnisses aufwies. Die Websites der Pfahlbauten und des Zeppelin Museums wiesen jeweils nur einen zu geringen Kontrast auf. Verhältnismäßig viele Fehler dieser Art (soll heißen: zehn und mehr) fanden sich auf der Website des Ravenburger Spielelands, der Insel Mainau und des Affenbergs Salem. Es wurde im Besonderen deutlich, dass sich die zu geringen Kontraste durch das Corporate Design der Websites zogen. Die übrigen Startseiten der Websites (Burg Meersburg, SEA LIFE Konstanz, Kloster und Schloss Salem, Auto & Traktor Museum) wiesen zwischen zwei und fünf Kontrastfehlern auf. Resize Text Die Website von Kloster und Schloss Salem war die einzige, bei der das Zoo‐ men auf 200 % überschneidungsfrei und ohne abgeschnittenen Text gelang. Auf hellen Hintergrund verschobene und dadurch schwer lesbare Elemente 144 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="145"?> wiesen die Website des Affenbergs Salem, der Pfahlbauten und des Zeppelin Museums auf. Ineinander verschobene Texte bzw. Elemente fanden sich auf sieben der untersuchten Websites. Besonders ungünstige Verschiebungen gab es auf der Website der Pfahlbauten und des Ravensburger Spielelands: Hier verdeckten einzelne Elemente andere Menüpunkte, die dadurch kaum mehr sichtbar und bedienbar waren. Auf drei Websites wurde durch die Vergrößerung Text abgeschnitten: Auto & Traktor Museum, Insel Mainau und SEA LIFE Konstanz. Die Kontaktformulare der Websites waren grundsätzlich weiterhin per Tastatur bedienbar (mit den im Folgenden ohne Vergrößerung beschriebe‐ nen Problemen). Allerdings waren mitunter einzelne Formfelder teilweise verdeckt (Auto & Traktor Museum), abgeschnitten (Insel Mainau, SEA LIFE Konstanz) oder verschoben (Ravensburger Spieleland, Zeppelin Museum). Keybord Access and Visual Focus Auf der Websites Auto & Traktor Museum, Burg Meersburg, Insel Mai‐ nau und Pfahlbauten war zum Zeitpunkt der Analyse ( Juli 2022) kein Videomaterial vorhanden, das hätte geprüft werden können. Bis auf eine Ausnahme (Ravensburger Spieleland) ließen sich alle eingebetteten Videos der untersuchten Websites per Tastaturbedienung starten und beenden. Hauptproblem bei der Tastaturbedienbarkeit war die nicht vorhandene oder kaum sichtbare Markierung, an welcher Stelle in den Drop-down-Me‐ nüs der jewiligen Hauptreiter sich die Nutzer: innen bei der Navigation gerade befinden. Das betraf die Websites Affenberg Salem, Burg Meersburg, Pfahlbauten, Zeppelin Museum. Bei einigen Museen fand sich eine Liste wichtiger Unterpunkte am Ende der Seite; auf der Website der Pfahlbauten und des Zeppelin Museums befanden sich dort noch einmal alle in den Menüpunkten vorkommenden Unterkapitel. Grundsätzlich folgte das Navi‐ gieren per Tabstopp durch die Websites einer logischen Reihenfolge; bei der Website des Ravensburger Spielelands allerdings setzte der Tab wieder am Beginn der Menüzeile nach dem Öffnen eines Drop-down-Menüs an und nicht im betreffenden Drop-down-Menü, sodass sich Nutzer: innen erst wieder durch alles durchklicken müssen. Die Drop-down-Menüs in der Kopfzeile der Insel Mainau ließen sich öffnen, aber nicht die der Hauptreiter (nur beim Darüberfahren mit der Maus, sogenanntes Mouseover). Keine bzw. kaum sichtbare Markierungen, wo sich Nutzer: innen im Kontaktformular gerade befinden, ließen sich auf sechs der neun Websites mit prüfbaren Formularen feststellen, nämlich Affenberg Salem, Auto & 13.2 Barrierefreiheit der Websites der Top-Ausflugsziele am deutschen Bodensee 145 <?page no="146"?> Traktor Museum, Insel Mainau, Kloster und Schloss Salem, Pfahlbauten, SEA LIFE Konstanz. Sichtbare Markierungen wies die Website des Dornier Museums, des Ravensburger Spielelands und des Zeppelin Museums auf. Ausschließlich per Tastatur die jeweiligen Formulare auszufüllen, gelang auf allen Websites außer auf der Website des Ravensburger Spielelands (es wurden die Drop-down-Menüs übersprungen) und des Zeppelin Museums (hier konnte keine Auswahl angekreuzt und das Formular damit nicht abgeschickt werden). Beim Auto & Traktor Museum und der Insel Mainau war das Feld zum Anhaken der Datenschutzerklärung nicht markiert, wenn man sich an betreffender Stelle im Formular befand. Forms, Labels and Errors Die Website der Burg Meersburg wies zum Zeitpunkt der Analyse kein überprüfbares Kontaktformular o. Ä. auf. Auf den Websites Affenberg Salem, Pfahlbauten und Zeppelin Museum wurden nicht oder fehlerhaft aus‐ gefüllte Formfelder in Formularen lediglich mit roten Umrahmungen (bzw. beim Zeppelin Museum mit orange ausgefüllten Formfeldern) markiert. Um Hinweise erweitert wie „Das Feld ist erforderlich“ (Formular Auto & Traktor Museum) waren die farblich markierten fehlerhaften Formfelder der Website des Auto & Traktor Museums, des Dornier Museums, der Insel Mainau und des SEA LIFE Konstanz. Ein zusätzlichen Hinweistext oberbzw. unterhalb des Formulars erschien auf der Website des Auto & Traktor Museums und des Ravensburger Spielelands. Die ausführlichsten Fehlerhinweise ließen sich auf der Website von Kloster und Schloss Salem finden: Fehlerhaft ausgefüllte Formfelder waren rot markiert und rot ausgefüllt. Unter den jeweiligen Feldern erschien ein Warndreieck mit einer formfeldspezifischen Handlungsaufforderung, z.-B. „Bitte füllen Sie Ihren Nachnamen aus“. Eine wie im Beispiel des Easy Check korrekte Codierung der Formfelder im Mark-up war auf der Website des Dornier Museums, des Klosters und Schlosses Salem, des Ravensburger Spielelands, des SEA LIFE Konstanz und des Zeppelin Museums vorhanden. Bei den Formularen des Affenbergs Salem und der Pfahlbauten fand sich als Label-Id „avia_1_1“, aber kein gesuchtes Schlagwort, wie „Nachname“. Auf der Website des Auto & Traktor Museums fehlt die Codierung als „label“. Eine abweichende, aber mit den gesuchten Schlagworten versehene Codierung wies das Formular der Insel Mainau auf. Auf nahezu allen Websites befand sich die Beschriftung zu den auszufül‐ lenden Formfeldern oberhalb derselben. Beim Zeppelin Museum allerdings 146 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="147"?> standen sie jeweils darunter. Im Formfeld selbst waren die Bezeichnungen auf der Website des Affenbersg Salem, der Insel Mainau und der Pfahlbauten. Die Formulare, die Checkboxen aufwiesen, platzierten diese korrekt links vor der Beschriftung. Moving, Flashing and Blinking Content Die Website der Insel Mainau war die einzige, die keine Slideshows bzw. be‐ wegten Bilder/ Videos, die automatisch ablaufen, auf ihrer Website enthielt. Die Slideshow auf der Startseite von Kloster und Schloss Salem konnte pausiert werden. Weitere bewegte Bilder oder Videos gab es hier nicht. Das in Dauerschleife laufende Video in dem Menüpunkt „Über uns“ auf der Website des Zeppelin Museums konnte gestoppt werden, allerdings nur per Maus, nicht mit der Tastatur. Auf der Website des Dornier Museums ließen sich einige Filme in Dauerschleife finden, die allesamt keine Möglichkeit zum Stoppen aufwiesen. Neben einer unstoppbaren Slideshow auf der Startseite des Ravensburger Spielelands befand sich in der Rubrik „Feriendorf - Videos und Fotos“ ein automatisch startendes und unstoppbares Video. Auf den Startseiten der Website des SEA LIFE Konstanz, des Auto & Traktor Museums, des Affenbergs Salem, der Burg Meersburg, der Pfahlbauten und des Zeppelin Museums fanden sich jeweils Slideshows oder Videos (SEA LIFE Konstanz), die keine Möglichkeit zum Stoppen aufwiesen. Multimedia (Video, Audio) Alternatives Auf den Websites Auto & Traktor Museum, Burg Meersburg, Insel Mainau und Pfahlbauten war zum Zeitpunkt der Analyse kein Videomaterial vor‐ handen, das hätte geprüft werden können. Eingebettete Videos, die lediglich automatisch erstellte und damit unzureichende, da ungenaue Untertitel auf‐ wiesen, fanden sich auf der Website des Affenbergs Salem, des Ravensburger Spielelands, des SEA LIFE Konstanz und des Zeppelin Museums. Videos mit voreingestellten, umfassenden Untertiteln waren auf der Website des SEA LIFE Konstanz vorhanden. Keinerlei Untertitel gab es für die Videos auf der Website des Dornier Museums. Ein eingebettetes Video mit Untertiteln wies die Website des Zeppelin Museums auf: „Beziehungsstatus: Offen. Kunst und Literatur am Bodensee“. Auf der Website von Kloster und Schloss Salem gab es den Reiter „Gebärdensprache“, unter dem auch ein Video über Kloster und Schloss Salem vorhanden war. Drei Videos auf der Startseite von Kloster und Schloss Salem leiteten Nutzer: innen auf die entsprechenden Videos auf YouTube weiter. Untertitel waren hier bereits voreingestellt und gaben auch audiodeskriptive Hinweise wie „Musik“. 13.2 Barrierefreiheit der Websites der Top-Ausflugsziele am deutschen Bodensee 147 <?page no="148"?> Basic Structure Check Bei der Durchführung des Basic Structure Check fiel insbesondere auf, wie hilfreich oder verwirrend alternative Texte zu den Bildern auf einer Website sein können. Abgesehen davon wiesen jedoch alle untersuchten Websites im Großen und Ganzen eine klare Struktur und adäquate Lesbarkeit auf. Die auf der Website des Affenbergs Salem im Rahmen der Headings kritisierten als Überschriften ausgewiesenen Bildunterschriften machen im Basic Structure Check Sinn. Auf einer Seite der Burg Meersburg erschien eine Überschrift doppelt, einmal ohne folgenden Inhalt, einmal korrekt mit Inhalt. Hier fällt an dieser Stelle vor allem auf, dass der Alternativtext des Grundrisses fehlt; der Kontext wird nicht klar. Beim Dornier Museum wirkt der Alternativtext „Architektur, Dornier Museum Friedrichshafen“ verwirrend, geht es doch auf betreffender Seite um die Öffnungszeiten und das Bild zeigt lediglich den Museumseingang. Dass Alternativtexte nicht für jedes Bild erforderlich sind, ließ sich auf der Website von Kloster und Schloss Salem feststellen: Der alternative Text „Kloster und Schloss Salem, Werbemotiv zur Gartenmesse Home & Garden“ beispielsweise bietet Nutzer: innen keinen Mehrwert, steht doch im Folgenden ein Text zur Gartenmesse. Übergroße Symbole (der Kopfzeile) zeigten sich bei den Pfahlbauten, ebenso doppelt vorkom‐ mende Passagen. Unübersichtlich wirkt ohne grafische Elemente die Seite der Attraktionen des Ravensburger Spielelands. Die oben im Text bereits erwähnten, wenig sinnvollen Alternativtexte auf der Startseite des SEA LIFE Konstanz tragen selbstredend wenig zum strukturierten Inhalt bei. Unübersichtlich, da direkt und ohne Abstand untereinanderstehend, sind die „aktuellen Veranstaltungen“ auf der Startseite des Zeppelin Museums. 13.2.3 Fazit: mehr Barrierefreiheit auf den Websites nötig Obwohl der Easy Check der W3C WAI nur einen ersten, groben Eindruck über die Barrierefreiheit einer Website vermittelt, fanden sich doch er‐ staunlich viele potenzielle Barrieren auf den untersuchten Websites: Keine bestand den Easy Check in allen untersuchten Kategorien. Die wenigsten Fehler wies insgesamt die Website von Kloster und Schloss Salem auf. Dies erscheint logisch, war sie doch die einzige der untersuchten Websites, die aufgrund ihrer Trägerschaft gesetzlich dazu verpflichtet ist, sich barrierefrei zu präsentieren. Auf ihr fanden sich auch noch einige zusätzliche Features: ein Video in Gebärden- und leichter Sprache sowie Hinweise bei PDF-Da‐ 148 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="149"?> teien, dass diese nicht barrierefrei sind, aber auf Anfrage bereitgestellt würden. Auch die gesetzlich geforderte „Erklärung zur Barrierefreiheit“ fand sich auf der Website. Auf der Website der Pfahlbauten fiel die Unterseite zum Thema Barrierefreiheit auf, auf der auch ein Museumsführer in Braille beworben wird. Zwar sind die touristischen Leistungsträger in Deutschland bislang nicht gesetzlich zur digitalen Barrierefreiheit verpflichtet, doch wenn bedacht wird, wie viele Nutzer: innen auf sie angewiesen sind und das Internet zur Urlaubsplanung heranziehen, besteht dringend Handlungsbedarf. Zudem schränkt eine barrierefreie Website das Nutzungserlebnis keinesfalls ein; im Gegenteil: Alle Gruppen an Nutzer: innen profitieren von digitaler Barriere‐ freiheit auf Websites. 13.3 Barrierefreiheit der Websites von Airlines aus der DACH-Region mit Valeria Sophia Hufnagel Barrierefreiheit im Web stellt eine sehr komplexe und aufwendige Thematik dar. Es gibt bei der Gestaltung einer Website einige allgemeingültige Grund‐ sätze zu beachten, wie Klarheit, Kompaktheit, Reaktionsfreudigkeit, Ästhetik, Effizienz, Konsistenz, Toleranz und Vertrautheit. Darüber hinaus sollte der Aspekt der Barrierefreiheit eine große Rolle spielen und bei der Gestaltung einer Website nicht außen vor gelassen werden. Dieser Aspekt betrifft nicht nur Menschen mit Behinderung, sondern nahezu alle können durch sie profitieren. Hierzu baut die Barrierefreiheit auf zwei grundlegenden Säulen auf: der Usability, also der Gebrauchstauglichkeit, und der Accessibility, übersetzt: Zugänglichkeit. Zudem sollten die unterschiedlichen Arten von Barrieren eine Rolle spielen und beachtet werden. Zu ihnen zählen geräteab‐ hängige Barrieren ebenso wie visuelle, motorische, akustische, sprachliche und kognitive. Die W3C hat mit dem WCAG eine gute Basis veröffentlicht, anhand derer die Barrierefreiheit von Websites gut erklärt werden können, unter Beachtung aller relevanten Aspekte. Sie teilen sich in vier verschiedene Prinzipien auf: Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Ro‐ bustheit. Durch die untergeordneten Richtlinien kann die Thematik Stück für Stück angewendet werden. Für einen kurzen Check der eigenen Website eignet sich der veröffentlichte Easy Check der W3C. 13.3 Barrierefreiheit der Websites von Airlines aus der DACH-Region 149 <?page no="150"?> Als erstes Fallbeispiel werden die Websites ausgewählter Airlines aus der DACH-Region (Lufthansa, Swiss International Airlines, Eurowings, Austrian Airlines, Condor, Helvetic Airlines und TUI fly) hinsichtlich Barrierefreiheit untersucht und analysiert. Dazu wird der Easy Check der W3C WAI eingesetzt, um die die Basiselemente der Anwendungen auf den Grad der Barrierefreiheit hin zu prüfen. Hierbei können drei mögliche Ab‐ stufungen der Ausführung erreicht werden, durch welche unterschiedlich viele Punkte erzielt werden können: „Erfüllt“ - zwei Punkte, „Teilweise erfüllt“ - ein Punkt und „Nicht erfüllt“ - null Punkte. Da der Katalog für das vorliegende Beispiel aus 20 Hypothesen besteht, können maximal 40 Punkte erreicht werden. Durch die Punktevergabe wird eine hohe Vergleichbarkeit der Ergebnisse erreicht, wodurch ein Überblick über den Status der Barrie‐ refreiheit der einzelnen Websites gegeben werden kann. Die Analyse wird nacheinander für jede einzelne Airline durchgeführt und die Ergebnisse in einer Tabelle festgehalten und summiert. In diesem ersten Beispiel erfolgt eine ausführliche Darstellung der Ana‐ lyse, um den Leser: innen einen Einblick zu bieten, wie ein Websitecheck auf Barrierefreiheit hin abläuft und wie die Punkte vergeben werden. - Lufthansa Hypothese Ausführung des Elements Erreichte Punktzahl 1.1 Inhalt der Website wird im Titel der Website angemessen betitelt „Jetzt online Tickets buchen und in die Welt fliegen | Lufthansa“ 0 1.2 Differenzierung des Titels von Unterwebsites „Angebote & Destinationen: Bu‐ chen Sie weltweite Flugziele | Luft‐ hansa“ „Flugunregelmäßigkeiten | Luft‐ hansa“ „Digitale Services | Lufthansa“ 2 2.1 Jede Abbildung hat einen Alternativtext Keine Alternativtexte in HTML-Code enthalten 0 150 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="151"?> Hypothese Ausführung des Elements Erreichte Punktzahl 3.1 Untergliederung der Web‐ site mit Überschrift(en) Jeder Abschnitt weist eine eigene Unterüberschrift auf 2 3.2 Überschriftenhierarchie ist sinnvoll und erkennbar Hierarchie gut erkennbar 2 4.1 Ausreichender Kontrast vorhanden 17 von 22 Elementen über Grenz‐ wert 1 5.1 Alle Textelemente werden vergrößert Alle Elemente und Grafiken werden vergrößert 2 5.2 Textelemente werden nicht abgeschnitten Keine abgeschnittenen Elemente 2 5.3 Horizontales Scrollen wird vermieden Horizontales Scrollen nicht nötig 2 5.4 Sichtbarkeit und Funktio‐ nalität der Buttons etc. bleibt erhalten Sichtbarkeit und Funktionalität bei allen Elementen gegeben 2 6.1 Alle Links, Buttons etc. sind mit der Tastatur ansteu‐ erbar Elemente nur teilwiese mit der Tas‐ tatur ansteuerbar 1 6.2 Sichtbarkeit des Fokusses bleibt erhalten Seite verliert Fokus teilweise, springt hin und her 1 7.2 Erkennbare Beschriftun‐ gen sind vorhanden Alle wichtigen Elemente sind be‐ schriftet 2 7.3 Klare Fehlermeldungen sind vorhanden Fehlermeldungen sind vorhanden, Angabe von klarem Lösungsweg vorhanden 2 13.3 Barrierefreiheit der Websites von Airlines aus der DACH-Region 151 <?page no="152"?> Hypothese Ausführung des Elements Erreichte Punktzahl 8.1 Keine automatisch beweg‐ ten Inhalte, welche länger als 5-Sekunden anhalten Keine beweglichen Elemente vor‐ handen 2 8.2 Möglichkeit der Pausie‐ rung der bewegten Elemente Keine beweglichen Elemente vor‐ handen 2 8.3 Keine blinkende Elemente, welche mehr als dreimal in der Sekunde aufleuchten Keine blinkenden Elemente vor‐ handen 2 9.1 Sinnvolle und brauchbare Reihenfolge vorhanden Reihenfolge folgt nachvollziehba‐ rer Logik, Struktur erkennbar 2 9.2 Klare Überschriften für In‐ formationsblöcke Überschriften vorhanden 2 - Summe 31 Tabelle 15: Analyse Lufthansa (Quelle: eigene Darstellung) - Swiss International Airlines Hypothese Ausführung des Elements Erreichte Punktzahl 1.1 Inhalt der Website wird im Titel der Website angemessen betitelt „Jetzt flexibler buchen und sicher fliegen | SWISS“ 0 1.2 Differenzierung des Titels von Unterwebsites „Angebote und Destinationen | SWISS“ 2 152 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="153"?> Hypothese Ausführung des Elements Erreichte Punktzahl „SWISS Travel Briefing - Ihr Leit‐ faden für eine angenehme Reise | SWISS“ „Check-in Informationen | SWISS“ 2.1 Jede Abbildung hat einen Alternativtext Alternativtexte teilweise in HTML-Code enthalten 1 3.1 Untergliederung der Web‐ site mit Überschrift(en) Jeder Abschnitt weist eine eigene Unterüberschrift auf 2 3.2 Überschriften Hierarchie ist sinnvoll und erkennbar Hierarchie gut erkennbar 2 4.1 Ausreichender Kontrast vorhanden 13 von 14 Elementen über dem Grenzwert 1 5.1 Alle Textelemente werden vergrößert Alle Elemente und Grafiken werden vergrößert 2 5.2 Textelemente werden nicht abgeschnitten Keine angeschnittenen Elemente 2 5.3 Horizontales Scrollen wird vermieden Horizontales Scrollen nicht nötig 2 5.4 Sichtbarkeit und Funktio‐ nalität der Buttons et. Bleibt erhalten Sichtbarkeit und Funktionalität bei allen Elementen gegeben 2 6.1 Alle Links, Buttons etc. sind mit der Tastatur ansteu‐ erbar Elemente nur teilweise nicht der Tastatur ansteuerbar 1 6.2 Sichtbarkeit des Fokus bleibt erhalten Seite verliert Fokus teilweise, springt hin und her 1 13.3 Barrierefreiheit der Websites von Airlines aus der DACH-Region 153 <?page no="154"?> Hypothese Ausführung des Elements Erreichte Punktzahl 7.2 Erkennbare Beschriftun‐ gen sind vorhanden Alle wichtigen Elemente sind be‐ schriftet 2 7.3 Klare Fehlermeldungen sind vorhanden Fehlermeldungen sind vorhanden, Angabe von klarem Lösungsweg vorhanden 2 8.1 Keine automatisch beweg‐ ten Inhalte, welche länger als 5 Sekunden anhalten Keine beweglichen Elemente vor‐ handen 2 8.2 Möglichkeit der Pausie‐ rung der bewegten Elemente Keine beweglichen Elemente vor‐ handen 2 8.3 Keine blinkenden Ele‐ mente, welche mehr als drei‐ mal in der Sekunde aufleuch‐ ten Keine blinkenden Elemente vor‐ handen 2 9.1 Sinnvolle und brauchbare Reihenfolge vorhanden Reihenfolge folgt nachvollzierbarer Logik, Struktur erkennbar 2 9.2 Klare Überschriften für In‐ formationsblöcke Überschriften vorhanden 2 - Summe 32 Tabelle 16: Analyse Swiss International Airlines (Quelle: eigene Darstellung) 154 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="155"?> Eurowings Hypothese Ausführung des Elements Erreichte Punktzahl 1.1 Inhalt der Website wird im Titel der Website angemessen betitelt „Eurowings - Jetzt Günstige Flüge ab 29,99 Euro* sichern: Buchen Sie online! “ 0 1.2 Differenzierung des Titels von Unterwebsites „Der Eurowings Reiseberater“ „Flüge buchen | Eurowings Disco‐ ver“ „CO2 Kompensation bei Euro‐ wings“ 2 2.1 Jede Abbildung hat einen Alternativtext Alternativtexte teilweise in HTML-Code enthalten 1 3.1 Untergliederung der Web‐ site mit Überschrift(en) Jeder Abschnitt weist eine eigene Unterüberschrift auf 2 3.2 Überschriftenhierarchie ist sinnvoll und erkennbar Hierarchie gut erkennbar 2 4.1 Ausreichender Kontrast vorhanden 23 von 29 Elementen über dem Grenzwert 1 5.1 Alle Textelemente werden vergrößert Alle Elemente und Grafiken werden vergrößert 2 5.2 Textelemente werden nicht abgeschnitten Keine abgeschnittenen Elemente 2 5.3 Horizontales Scrollen wird vermieden Horizontales Scrollen nicht nötig 2 5.4 Sichtbarkeit und Funktio‐ nalität der Buttons etc. bleibt erhalten Sichtbarkeit und Funktionalität bei allen Elementen gegeben 2 13.3 Barrierefreiheit der Websites von Airlines aus der DACH-Region 155 <?page no="156"?> Hypothese Ausführung des Elements Erreichte Punktzahl 6.1 Alle Links, Buttons etc. sind mit der Tastatur ansteu‐ erbar Elemente nur teilweise mit der Tas‐ tatur ansteuerbar 1 6.2 Sichtbarkeit des Fokusses bleibt erhalten Seite behält Fokus 2 7.2 Erkennbare Beschriftun‐ gen sind vorhanden Alle wichtigen Elemente sind be‐ schriftet 2 7.3 Klare Fehlermeldungen sind vorhanden Fehlermeldungen nur teilweise vorhanden, nur teilweise Angabe von klarem Lösungsweg 1 8.1 Keine automatisch beweg‐ ten Inhalte, welche länger als 5-Sekunden anhalten Bewegte Elemente (über 5-Sekun‐ den bewegt) vorhaben 0 8.2 Möglichkeit der Pausie‐ rung der bewegten Elemente Nur teilweise Möglichkeit zur Pau‐ sierung 1 8.3 Keine blinkenden Ele‐ mente, welche mehr als drei‐ mal in der Sekunde aufleuch‐ ten Keine blinkenden Elemente vor‐ handen 2 9.1 Sinnvolle und brauchbare Reihenfolge vorhanden Reihenfolge folgt nachvollziehba‐ rer Logik, Struktur erkennbar 2 9.2 Klare Überschriften für In‐ formationsblöcke Überschriften vorhanden 2 - Summe 29 Tabelle 17: Analyse Eurowings (Quelle: eigene Darstellung) 156 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="157"?> Austrian Airlines Hypothese Ausführung des Elements Erreichte Punktzahl 1.1 Inhalt der Website wird im Titel der Website angemessen betitelt „Jetzt buchen und die schönsten Reiseziele entdecken | Austrian Air‐ lines“ 0 1.2 Differenzierung des Titels von Unterwebsites „Angebote und Destinationen | Austrian Airlines“ „Reisen in Zeiten von Corona | Aus‐ trian Airlines“ „Travel Care | Austrian Airlines“ 2 2.1 Jede Abbildung hat einen Alternativtext Alternativtexte teilweise in HTML-Code enthalten 1 3.1 Untergliederung der Web‐ site mit Überschrift(en) Jeder Abschnitt weist eine eigene Unterüberschrift auf 2 3.2 Überschriftenhierarchie ist sinnvoll und erkennbar Hierarchie gut erkennbar 2 4.1 Ausreichender Kontrast vorhanden 13 von 14 Elementen über dem Grenzwert 1 5.1 Alle Textelemente werden vergrößert Alle Elemente und Grafiken werden vergrößert 2 5.2 Textelemente werden nicht abgeschnitten Teilweise abgeschnittene Elemente 1 5.3 Horizontales Scrollen wird vermieden Horizontales Scrollen teilweise nö‐ tig 1 5.4 Sichtbarkeit und Funktio‐ nalität der Buttons etc. bleibt erhalten Sichtbarkeit teilweise erhalten, Funktionalität bei allen Elementen gegeben 1 13.3 Barrierefreiheit der Websites von Airlines aus der DACH-Region 157 <?page no="158"?> Hypothese Ausführung des Elements Erreichte Punktzahl 6.1 Alle Links, Buttons etc. sind mit der Tastatur ansteu‐ erbar Elemente nur teilweise mit Tastatur ansteuerbar 1 6.2 Sichtbarkeit des Fokusses bleibt erhalten Seite verliert teilweise Fokus, springt hin und her 1 7.2 Erkennbare Beschriftun‐ gen sind vorhanden Alle wichtigen Elemente sind be‐ schriftet 2 7.3 Klare Fehlermeldungen sind vorhanden Fehlermeldungen sind vorhanden, Angabe von klarem Lösungsweg vorhanden 2 8.1 Keine automatisch beweg‐ ten Inhalte, welche länger als 5-Sekunden anhalten Keine beweglichen Elemente vor‐ handen 2 8.2 Möglichkeit der Pausie‐ rung der bewegten Elemente Keine beweglichen Elemente vor‐ handen 2 8.3 Keine blinkenden Ele‐ mente, welche mehr als drei‐ mal in der Sekunde aufleuch‐ ten Keine blinkenden Elemente vor‐ handen 2 9.1 Sinnvolle und brauchbare Reihenfolge vorhanden Reihenfolge folgt nachvollziehba‐ rer Logik, Struktur erkennbar 2 9.2 Klare Überschriften für In‐ formationsblöcke Überschriften vorhanden 2 - Summe 29 Tabelle 18: Analyse Austrian Airlines (Quelle: eigene Darstellung) 158 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="159"?> Condor Hypothese Ausführung des Elements Erreichte Punktzahl 1.1 Inhalt der Website wird im Titel der Website angemessen betitelt „Flug buchen & planen---Condor“ 1 1.2 Differenzierung des Titels von Unterwebsites „Priority Package---Condor“ „Gepäck---Condor“ „Günstige Flüge finden“ 2 2.1 Jede Abbildung hat einen Alternativtext Keine Alternativtexte in HTML-Code enthalten 0 3.1 Untergliederung der Web‐ site mit Überschrift(en) Jeder Abschnitt weist eine eigene Unterüberschrift auf 2 3.2 Überschriftenhierarchie ist sinnvoll und erkennbar Hierarchie gut erkennbar 2 4.1 Ausreichender Kontrast vorhanden 13 von 19 Elementen über dem Grenzwert 1 5.1 Alle Textelemente werden vergrößert Alle Elemente und Grafiken werden vergrößert 2 5.2 Textelemente werden nicht abgeschnitten Keine abgeschnittenen Elemente 2 5.3 Horizontales Scrollen wird vermieden Horizontales Scrollen nicht nötig 2 5.4 Sichtbarkeit und Funktio‐ nalität der Buttons etc. bleibt erhalten Sichtbarkeit und Funktionalität bei allen Elementen gegeben 2 13.3 Barrierefreiheit der Websites von Airlines aus der DACH-Region 159 <?page no="160"?> Hypothese Ausführung des Elements Erreichte Punktzahl 6.1 Alle Links, Buttons etc. sind mit der Tastatur ansteu‐ erbar Elemente nur teilweise mit der Tas‐ tatur ansteuerbar 1 6.2 Sichtbarkeit des Fokusses bleibt erhalten Seite verliert teilweise Fokus, springt hin und her 1 7.2 Erkennbare Beschriftun‐ gen sind vorhanden Alle wichtigen Elemente sind be‐ schriftet 2 7.3 Klare Fehlermeldungen sind vorhanden Fehlermeldungen sind vorhanden, Angabe von klarem Lösungsweg vorhanden 2 8.1 Keine automatisch beweg‐ ten Inhalte, welche länger als 5-Sekunden anhalten Bewegte Elemente (über 5-Sekun‐ den bewegt) vorhaben 0 8.2 Möglichkeit der Pausie‐ rung der bewegten Elemente Keine Möglichkeit der Pausierung 0 8.3 Keine blinkenden Ele‐ mente, welche mehr als drei‐ mal in der Sekunde aufleuch‐ ten Keine blinkenden Elemente vor‐ handen 2 9.1 Sinnvolle und brauchbare Reihenfolge vorhanden Reihenfolge folgt nachvollziehba‐ rer Logik, Struktur erkennbar 2 9.2 Klare Überschriften für In‐ formationsblöcke Überschriften vorhanden 2 - Summe 28 Tabelle 19: Analyse Condor (Quelle: eigene Darstellung) 160 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="161"?> Helvetic Airways Hypothese Ausführung des Elements Erreichte Punktzahl 1.1 Inhalt der Website wird im Titel der Website angemessen betitelt „Helvetic Airways“ 1 1.2 Differenzierung des Titels von Unterwebsites „Covid-19 | Helvetic Airways“ „Flüge nach Palma de Mallorca (PMI) | Helvetic Airways“ „Reiseinfos | Helvetic Airways“ 2 2.1 Jede Abbildung hat einen Alternativtext Alternativtexte teilweise in HTML-Code enthalten 1 3.1 Untergliederung der Web‐ site mit Überschrift(en) Abschnitte weisen nur teilweise Unterüberschriften auf 1 3.2 Überschriftenhierarchie ist sinnvoll und erkennbar Hierarchie teilweise gut erkennbar 1 4.1 Ausreichender Kontrast vorhanden 5 von 8 Elementen über dem Grenz‐ wert 1 5.1 Alle Textelemente werden vergrößert Alle Elemente und Grafiken werden vergrößert 2 5.2 Textelemente werden nicht abgeschnitten Teilweise abgeschnittene Elemente 1 5.3 Horizontales Scrollen wird vermieden Horizontales Scrollen nicht nötig 2 5.4 Sichtbarkeit und Funktio‐ nalität der Buttons etc. bleibt erhalten Sichtbarkeit und Funktionalität bei Elementen nur teilweise vorhanden 1 13.3 Barrierefreiheit der Websites von Airlines aus der DACH-Region 161 <?page no="162"?> Hypothese Ausführung des Elements Erreichte Punktzahl 6.1 Alle Links, Buttons etc. sind mit der Tastatur ansteu‐ erbar Elemente nur teilweise mit der Tas‐ tatur ansteuerbar 1 6.2 Sichtbarkeit des Fokusses bleibt erhalten Seite verliert Fokus teilweise, springt hin und her 1 7.2 Erkennbare Beschriftun‐ gen sind vorhanden Alle wichtigen Elemente sind be‐ schriftet 2 7.3 Klare Fehlermeldungen sind vorhanden Fehlermeldungen sind vorhanden, Angabe von klarem Lösungsweg vorhanden 2 8.1 Keine automatisch beweg‐ ten Inhalte, welche länger als 5-Sekunden anhalten Bewegte Elemente (über 5 Sekun‐ den bewegt) vorhaben 0 8.2 Möglichkeit der Pausie‐ rung der bewegten Elemente Keine Möglichkeit der Pausierung 0 8.3 Keine blinkenden Ele‐ mente, welche mehr als drei‐ mal in der Sekunde aufleuch‐ ten Keine blinkenden Elemente vor‐ handen 2 9.1 Sinnvolle und brauchbare Reihenfolge vorhanden Reihenfolge folgt nachvollziehba‐ rer Logik, Struktur erkennbar 2 9.2 Klare Überschriften für In‐ formationsblöcke Überschriften vorhanden 2 - Summe 25 Tabelle 20: Analyse Helvetic Airways (Quelle: eigene Darstellung) 162 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="163"?> TUI fly Hypothese Ausführung des Elements Erreichte Punktzahl 1.1 Inhalt der Website wird im Titel der Website angemessen betitelt „Flüge buchen weltweit | TUI“ 1 1.2 Differenzierung des Titels von Unterwebsites „TUI Partnerairlines“ „Günstige Flüge nach Mallorca bu‐ chen | TUI“ „Günstige Flüge nach Mallorca bu‐ chen | TUI“ 2 2.1 Jede Abbildung hat einen Alternativtext Alternativtexte teilweise in HTML-Code enthalten 1 3.1 Untergliederung der Web‐ site mit Überschrift(en) Jeder Abschnitt weist eine eigene Unterüberschrift auf 2 3.2 Überschriften Hierarchie ist sinnvoll und erkennbar Hierarchie gut erkennbar 2 4.1 Ausreichender Kontrast vorhanden 23 von 32 Elementen über dem Grenzwert 1 5.1 Alle Textelemente werden vergrößert Alle Elemente und Grafiken werden vergrößert 2 5.2 Textelemente werden nicht abgeschnitten Keine abgeschnittenen Elemente 2 5.3 Horizontales Scrollen wird vermieden Horizontales Scrollen nicht nötig 2 5.4 Sichtbarkeit und Funktio‐ nalität der Buttons etc. bleibt erhalten Sichtbarkeit und Funktionalität bei allen Elementen gegeben 2 13.3 Barrierefreiheit der Websites von Airlines aus der DACH-Region 163 <?page no="164"?> Hypothese Ausführung des Elements Erreichte Punktzahl 6.1 Alle Links, Buttons etc. sind mit der Tastatur ansteu‐ erbar Elemente nur teilweise mit Tastatur ansteuerbar 1 6.2 Sichtbarkeit des Fokusses bleibt erhalten Seite behält Fokus 2 7.2 Erkennbare Beschriftun‐ gen sind vorhanden Alle wichtigen Elemente sind be‐ schriftet 2 7.3 Klare Fehlermeldungen sind vorhanden Fehlermeldungen sind vorhanden, Angabe von klarem Lösungsweg vorhanden 2 8.1 Keine automatisch beweg‐ ten Inhalte, welche länger als 5-Sekunden anhalten Keine beweglichen Elemente vor‐ handen 2 8.2 Möglichkeit der Pausie‐ rung der bewegten Elemente Keine beweglichen Elemente vor‐ handen 2 8.3 Keine blinkenden Ele‐ mente, welche mehr als drei‐ mal in der Sekunde aufleuch‐ ten Keine blinkenden Elemente vor‐ handen 2 9.1 Sinnvolle und brauchbare Reihenfolge vorhanden Reihenfolge folgt nachvollziehba‐ rer Logik, Struktur erkennbar 2 9.2 Klare Überschriften für In‐ formationsblöcke Überschriften vorhanden 2 - Summe 34 Tabelle 21: Analyse TUI fly (Quelle: eigene Darstellung) 164 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="165"?> Zusammenfassend lässt sich sagen, dass einige der barrierefreien Aspekte bereits gut umgesetzt werden, andere dagegen müssen noch verbessert wer‐ den. Keine der Fluggesellschaften hat die volle Punktzahl erreicht. Die beste Umsetzung findets sich bei TUI fly mit 34 erreichten Punkten, dicht gefolgt von Swiss International Airlines mit 32 Punkten und Lufthansa mit 31 Punkten. Schlusslicht bildet Helvetic Airlines mit nur 25 erreichten Punkten. Besonders auffällig ist, dass im Bereich der Farbkontraste keiner der ana‐ lysierten Websites die volle Punktzahl erreichen konnte. Dagegen bereiten der Aufbau, die Struktur und die Abschnittsüberschriften ebenso wie die Textskalierbarkeit keinerlei Probleme, wenn es um die barrierefreie Gestal‐ tung geht. Zusätzlich konnte keine der Airlines mit einer konsequenten Bereitstellung von Alternativtexten für Grafiken und Abbildungen punkten. Entweder sie wurden gar nicht erst im HTML-Code hinterlegt oder nur teilweise. Besonders der Aspekt des nur teilweisen Hinterlegens wirft die Frage auf, warum dies nicht für alle Grafiken umgesetzt wurde oder werden konnte. Um ein noch detailliertes und aussagkräftigeres Ergebnis zu erzielen, müsste eine aufwendigere Analyse vorgenommen werden, die über den Umfang des Easy Check hinausgeht. 13.4 Barrierefreiheit der Landestourismuswebsites mit Nele Dugrillon Fallbeispiel 3 beschäftigt sich mit der Barrierefreiheit der Landes- und Tou‐ rismuswebsites der 16 deutschen Bundesländer (Untersuchungszeitraum Mai 2022). Auf Websites öffentlicher Stellen sind Aspekte der Barrierefrei‐ heit in besonderem Maße gefordert: Behörden der Bundesverwaltung sowie öffentliche Stellen der Länder sind bereits gesetzlich dazu verpflichtet, Menschen mit Behinderung eine uneingeschränkte Nutzung ihrer Websites zu ermöglichen (BGG, L-BGG §-10; Barrierekompass-2021). Ausgangspunkt der Untersuchung sind die Webauftritte der 16-deutschen Bundesländer sowie deren zugehörige Tourismuswebsites. Die Tourismus‐ websites wurden entweder aufgrund einer Verlinkung auf der Landeswebsite identifiziert oder durch eine eindeutige Kennzeichnung auf der Website er‐ mittelt. Demnach sind die Betreibenden der Tourismuswebsites entweder das Land, untergeordnete Ministerien oder angestellte Organisationen, die durch das jeweilige Bundesland gefördert und unterstützt werden. Die Analyse 13.4 Barrierefreiheit der Landestourismuswebsites 165 <?page no="166"?> basiert auf einer Untersuchung der verwandten Primär- und Sekundärlitera‐ tur, um im Voraus eine inhaltliche Grundlage zu schaffen und geeignete Prüfungsverfahren auszuwählen (Saunders et al.-2007; Leavy 2017). Für die qualitative Datenerhebung wurden die Landes- und Tourismus‐ websites der Bundesländer nacheinander in einem Webbrowser aufgerufen und systematisch auf Barrierefreiheit unterstützende Maßnahmen unter‐ sucht. Besondere Aufmerksamkeit wurde auf Kopf- und Fußzeile gelegt, da insbesondere dort Optionen für die Darstellung oder Veränderung der Website zu finden sind. Um sicherzustellen, dass die Einstellungsoptionen nicht nur auf der Startseite zu finden sind, wurden beliebige Unterseiten des jeweiligen Webauftritts aufgerufen und ebenfalls überprüft. Bei der Untersuchung wurde auf Optionen geachtet, die die Website unmittelbar optisch oder inhaltlich auf verschiedene Bedürfnisse anpassen, wie bei‐ spielsweise Sprach-, Kontrast- oder Schrifteinstellungen sowie Optionen für „Leichte Sprache“, „Gebärdensprache“ oder „Text vorlesen“. Es ist wichtig festzuhalten, dass es sich um eine an der Oberfläche verbleibende Analyse handelt, die darauf abzielt, einen ersten Eindruck der Barrierefreiheit der Webauftritte zu erhalten. 13.4.1 Qualitative Untersuchung der Websites In einer Studie aus dem Jahr 2015 (Magris und Ross) wurden die Websites der deutschen Bundesländer auf ihre Barrierefreiheit untersucht. Einige Ergebnisse können in dieser Arbeit bestätigt werden, während manche Schlussfolgerungen nicht unterstützt werden. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass es erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen We‐ bauftritten der Länder gibt, was mit den Ergebnissen von Magris und Ross (2015) übereinstimmt. Während die Landeswebsite von Bremen und von Hamburg ein separates Portal für Barrierefreiheit und damit auch die meisten Optionen zur Anpassung des Webauftritts bereitstellen, gibt es bei Thüringen nur eine Erklärung zur Barrierefreiheit im Footer und bei Berlin ausschließlich eine Einstellungsoption für verschiedene Sprachen. Die Option, eine andere Sprache einzustellen, ist bei 15 Bundesländern im Header zu finden, lediglich auf der bayrischen Landesseite ist diese Möglichkeit nicht verfügbar. Bis auf Baden-Württemberg und Berlin stellen alle Bundesländer eine Erklärung zur Barrierefreiheit auf ihrer Website zur Verfügung, in der sie auf barrierefreie oder noch nicht barrierefreie Inhalte und deren Richtlinien hinweisen. Die Erklärungen von Hamburg und 166 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="167"?> Bremen sind sehr ausführlich gestaltet. Bayern und Thüringen fassen sich kürzer, allerdings gibt es eine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme bezüglich Verbesserungsvorschläge zur Website. Weit verbreitet ist die Option „Leichte Sprache“, die bei 13 von 16-Bundes‐ ländern ausgewählt werden kann. Sie ist hauptsächlich im Header zu finden und führt, je nach Webauftritt, zu einer mehr oder weniger umfangreichen, alternativen Form der Website. Die Studie von Magris und Ross (2015) belegte ein Fehlen der „Leichte Sprache“-Option bei Thüringen und Sachsen, sowie einen aufwendigen, über mehrere Untersektionen führenden Weg zur „Leichten Sprache“ bei Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Saarland. Die vorliegende Analyse konnte ein Fehlen der Option bei Thüringen und Sachsen sowie zusätzlich noch bei Sachsen-Anhalt bestätigen. Der aufwendige Weg zur „Leichten Sprache“ bei den genannten Bundesländern ist nicht mehr notwendig, da die Option bei allen drei Webauftritten nun im Header zu finden ist. Weitere Optionen, die zum Großteil ebenfalls im Header zu finden sind, sind die Optionen „Text vorlesen“, „Schrift einstellen“, „Gebärdensprache“ sowie Kontrasteinstellungen. Die Optionen „Gebärdensprache“ sowie „Text vorlesen“ ist bei sechs Bundesländern zu finden. Die Schrift lässt sich aus‐ schließlich bei drei Landeswebsites verändern, während sich der Kontrast nur bei den Webauftritten von Sachsen und Sachsen-Anhalt einstellen lässt. Die allgemeine Optionenanzahl der Landeswebsites variiert von fünf in Hamburg bis zu null in Thüringen, wobei sich der Großteil, insgesamt 13 Bundesländer, zwischen zwei und vier angebotenen Optionen bewegt. Im Vergleich zu den Landesseiten sind die Tourismusseiten der Bundes‐ länder nur spärlich mit Maßnahmen für die Barrierefreiheit der Websites ausgestattet. Die Option „Leichte Sprache“ ist problemlos nur auf der hessischen Tourismusseite zu finden. Bremen bietet diese Option über das Barrierefreiheitsportal an, allerdings ist dieses über die Tourismusseite nur über einige Untersektionen aufrufbar. Das Saarland stellt als einziges Bundesland auch auf der Tourismusseite eine Erklärung zur Barrierefreiheit bereit, während ausschließlich Bremen Videos in Gebärdensprache anbietet. Kontrast- und Schrifteinstellungen sind nur auf zwei bzw. drei Webauftrit‐ ten zu finden. Lediglich die Sprachauswahl ist bei den Tourismusseiten vielfältiger und auch auf der Website des Bundeslandes Bayern vorhanden. Anwender: innen können je nach Webauftritt zwischen zwei (Brandenburg) und 13 (Bremen) Sprachen auswählen. An sich hat Bremen die größte Auswahl an Optionen, insgesamt fünf, allerdings ist der Zugang dazu nicht barrierefrei, da Nutzer: innen erst mehrfache Untersektionen aufrufen und 13.4 Barrierefreiheit der Landestourismuswebsites 167 <?page no="168"?> konkret danach suchen müssen. Die restlichen 15 Bundesländer bewegen sich zwischen einer und zwei angebotenen Optionen, wovon eine in jedem Fall die Spracheinstellung ist. 13.4.2 Quantitative Datenerhebung mittels Easy Check Der angewendete Test wurde, wie auch die WCAGs, vom W3C entwickelt und für die weltweite Anwendung veröffentlicht. Während der ausführliche Test 66 Prüfungsschritte beinhaltet, überprüft der hier angewandte sogenannte Easy Check 22 Hypothesen, die nach Bearbeitung einen guten ersten Eindruck von der Barrierefreiheit einer Website geben (W3C, o. D.; BIK, o. D.). Diese Hypothesen sind in zehn Kategorien unterteilt und können, angelehnt an den großen WCAG-Test, je nach Zustand der Website mit „erfüllt“, „teilweise erfüllt“ und „nicht erfüllt“ beantwortet werden (→-Abbildung-17). Dokumententitel Tastaturbedienbarkeit und Fokus Alternativtexte für Grafiken Formulare Überschriften Bewegte Inhalte Kontrast Videos mit Untertitelung Vergrößerbarkeit Lesereihenfolge Abbildung 17: Die zehn Kategorien des WCAG Easy Check (Quelle: BIK o.-D.) Die Prüfung erfolgt mithilfe verschiedener Webanwendungen und Werk‐ zeuge sowie einer ausführlichen Anleitung zur genauen Umsetzung. Bei der Untersuchung wurden nicht nur die jeweiligen Startseiten kontrolliert, sondern auch beliebige Unterseiten auf ihre Barrierefreiheit überprüft. Bei einzelnen Websites konnten verschiedene Hypothesen nicht überprüft werden, da beispielsweise keine Videos vorhanden waren. In solchen Fällen wurde die Annahme in dieser Arbeit mit „erfüllt“ beantwortet, da die Barriere zum jetzigen Zeitpunkt nicht existiert und die Barrierefreiheit folglich nicht einschränkt. Um die Ergebnisse im Anschluss numerisch verarbeiten zu können, wurden den Antwortmöglichkeiten bestimmte Werte zugeordnet. „Erfüllt“ trägt den Wert 2, „teilweise erfüllt“ den Wert 1 und „nicht erfüllt“ erhält 168 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="169"?> keine Punkte. Bei vollständigem Erfüllen aller Hypothesen können 44 Gesamtpunkte erreicht werden. Bei der Analyse der Bundesländerwebsites und deren Tourismusintern‐ etauftritten fällt auf, dass es trotz Auseinandersetzung mit dem Thema Barrierefreiheit noch einige Probleme zu beseitigen gibt. Insbesondere auf den Tourismusseiten gibt es zahlreiche Barrieren, die Anwender: innen Schwierigkeiten bereiten können. Vorweg lässt sich sagen, dass nach den Richtlinien keiner der Webauft‐ ritte vollständig barrierefrei ist. Bei der Auswertung zeigt sich, dass die Landesseiten insgesamt 75 % der Maßnahmen teilweise oder vollständig erfüllt haben, während es bei den Tourismusseiten 15 % weniger sind (60 %). Die Ergebnisse der Kategorien lassen sich sowohl bei den Landesals auch bei den Tourismusseiten grob in zwei Gruppen unterteilen: In Gruppe 1 fallen die Kategorien, bei denen mehr als 60 % der Hypothesen teilweise oder vollständig erfüllt wurden. Hierzu zählen bei den Länderwebauftritten die Kategorien Dokumententitel (83 %), Alternativtexte für Grafiken (75 %), Überschriften (73 %), Kontrast (81 %), Vergrößerbarkeit (87 %), Formulare (95 %), Bewegte Inhalte (78 %) sowie Lesereihenfolge (78 %). In Gruppe 2, die Kategorien mit einer Erfüllungsquote von unter 60 %, befinden sich Tastaturbedienbarkeit und Fokus (58 %) sowie Videos mit Untertitelung (48 %). In der folgenden Übersicht sind die einzelnen Ergebnisse der Lan‐ deswebsites (dunkelgrau) und der Tourismuswebsites (hellgrau) grafisch dargestellt (→-Abbildung-18). Abbildung 18: Übersicht der Gesamtleistung der Bundesländer (Quelle: eigene Darstellung, Stand: März 2021) 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Landesseite Tourismusseite Abbildung 18: Übersicht der Gesamtleistung der Bundesländer (Quelle: eigene Darstel‐ lung, Stand März 2021) 13.4 Barrierefreiheit der Landestourismuswebsites 169 <?page no="170"?> Wie die Übersicht zeigt, schneiden die Tourismuswebsites der Bundesländer großteilig nicht so gut ab wie die Landesauftritte. Lediglich bei den Über‐ schriften der Websites haben die Tourismuswebsites einen Vorsprung von 6 %. Zu den Kategorien, bei denen über 60 % teilweise oder vollständig erfüllt wurden, gehören Dokumententitel (83 %), Überschriften (79 %), Vergrößer‐ barkeit (73 %), Formulare (83 %) und Bewegte Inhalte (72 %). In Gruppe zwei fallen Alternativtexte für Grafiken (31 %), Kontrast (50 %), Tastaturbe‐ dienbarkeit (33 %), Videos mit Untertitelung (21 %) und Lesereihenfolge (53 %). Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Webauftritte der Bundes‐ länder insbesondere mit bedienbaren Formularen, ordentlich vergrößerten Texten und Symbolen sowie sinnvoll strukturierten und betitelten Websites punkten. Sowohl die Tastaturbedienbarkeit als auch die Untertitelung der Videos bedürfen einigen Verbesserungen, wobei es bei den Videos nicht an der Existenz der Untertitel liegt, sondern an deren Ausarbeitung. 15 von 16 Landeswebsites stellen Untertitel zu Verfügung, allerdings achten nur fünf davon darauf, Sprechende und wichtige Geräusche zu nennen. Bei den jeweiligen Tourismuswebsites finden sich nur auf neun Webauftritten Untertitel zu Videos, Sprechende und Geräusche werden nur bei zwei mitgenannt. Des Weiteren sind große Lücken bei der Tastaturbedienbarkeit und den Alternativtexten für Grafiken zu finden, die bei 14 Ländern gar nicht oder nur teilweise umgesetzt wurden (→-Abbildung-19). Abbildung 19: Gesamtpunktezahlen der Landes- und Tourismuswebsites (Quelle: eigene Darstellung) 05 10 15 20 25 30 35 40 45 Landesseite Tourismusseite Abbildung 19: Gesamtpunktezahlen der Landes- und Tourismuswebsites (Quelle: eigene Darstellung) 170 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="171"?> Bei individueller Betrachtung der Bundesländer und der zugehörigen Tou‐ rismuswebsites kann festgestellt werden, dass es deutliche Unterschiede gibt. Die Grafik zeigt die erreichten Punkte der Länder bei einer Gesamt‐ punktezahl von 44. Auf den ersten Blick fallen die zwei Ausreißer an der Spitze, Bremen und Thüringen, auf, die jeweils 41 bzw. 40 Punkte bezüglich ihrer Landesseite erreicht haben. Die fehlenden Punkte sind bei Bremen teilweise fehlenden Überschriften und Dokumententitel sowie einem teilweise fehlenden Fokus bei der Tastaturbedienbarkeit geschuldet. Bei dem Webauftritt von Thüringen fehlen bei den Untertiteln der Videos genaue Bezeichnungen für Sprechende und wichtige Geräusche. Auf diese beiden Bundesländer folgen Hamburg (38), Schleswig-Holstein (36) und Baden-Württemberg (35), die ebenfalls durch fehlende Überschriften, eine ungenaue Vergrößerung der Website oder eine sinnfreie Lesereihenfolge im Quellcode Punkte verlieren. Am unteren Ende befinden sich Sachsen-An‐ halt (27) und Berlin (26). Bei der Landeswebsite von Sachsen-Anhalt gibt es Probleme bei den Kategorien Dokumententitel, Kontrast, Vergrößerbarkeit und Formulare sowie bei nicht anhaltbaren, bewegten Inhalten, ungenauen Untertiteln und einer unklaren Reihenfolge des Inhalts im Quellcode. Die Hauptprobleme der Berliner Landeswebsite liegen in nicht ordentlich ge‐ kennzeichneten Überschriften in HTML-Code, chaotischer Vergrößerbar‐ keit, bedingter Tastaturbedienbarkeit sowie teilweise fehlenden und unge‐ nauen Untertiteln zu Videos und störenden Kontrasteinstellungen. Im Vergleich zu den Tourismuswebsites schneiden die Landeswebsites, mit Ausnahme von Hessen, in ihrer Barrierefreiheit besser ab. Bremen ist mit 38 Punkten an der Spitze, jedoch mangelt es an einer sinnvollen Gestaltung des Quellcodes und teilweise ungünstigem Kontrast sowie unvollständigen Alternativtexten und Überschriften im HTML-Code. Darauf folgen die Tourismuswebsites von Sachsen (33), Thüringen (33) und Hessen (32) mit Problemen bei Alternativtexten, Dokumententiteln, Kontrast, Tastaturbe‐ dienbarkeit sowie ungenauen oder nicht vorhandenen Untertiteln zu Video‐ material. Die Tourismuswebsites mit den meisten Barrieren gehören zu den Bundesländern Berlin (18), Rheinland-Pfalz (18) und Mecklenburg-Vor‐ pommern (15). Auf den Websites von Berlin und Rheinland-Pfalz konnten jeweils nur sieben Hypothesen mit „erfüllt“ beantwortet werden, auf der Seite von Mecklenburg-Vorpommern sind es sechs Annahmen. Die Seiten sind mit Überschriften gegliedert, die Formulare sind gut umgesetzt und die Dokumententitel sind akkurat eingesetzt. Große Probleme gibt es jedoch insbesondere bei Untertiteln, dem Kontrast sowie der Vergrößerbarkeit und 13.4 Barrierefreiheit der Landestourismuswebsites 171 <?page no="172"?> Tastaturbedienbarkeit. Diese Kategorien wurden größtenteils nicht erfüllt. Generell wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern, Stadtstaaten und Bundesländern sowie tourismusar‐ men oder tourismusreichen Bundesländern festgestellt. Bei manchen Bun‐ desländern konnte die Landesseite ähnlich barrierefrei eingestuft werden wie die Tourismusseite, allerdings konnte auch hier keine Regelmäßigkeit dieser Korrelation festgestellt werden. 13.4.3 Einige vorbildliche Websites und einige Nachzügler Die qualitative Analyse der Landes- und Tourismuswebsites brachte er‐ hebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern zum Vorschein. Wäh‐ rend Bremen und Hamburg mit eigenen Barrierefreiheitsportalen mehrere Optionen zum Verändern und Anpassen der Websites anbieten, stellen Berlin und Thüringen jeweils nur Sprachoptionen oder eine Erklärung zur Barrierefreiheit zur Verfügung. Diese Unterschiede erkannten auch Magris und Ross (2015), allerdings identifizierten sie auch gravierende Probleme bei fehlenden Optionen für „Leichte Sprache“. Das konnte nur in wenigen Fällen bestätigt werden, was eventuell auf die aktualisierten EU-Webseiten‐ richtlinien aus dem Jahr 2016 zurückzuführen ist. Die neuen Regularien erzeugten neue Aufmerksamkeit, bildeten die rechtliche Grundlage zum Thema Barrierefreiheit aufseiten der Länder und sorgten so eventuell für eine Neugestaltung der Websites. Generell wurde die Leichte-Sprache-Option, wie auch Spracheinstellun‐ gen und eine Erklärung zur Barrierefreiheit mehrheitlich von den Bundes‐ ländern auf ihren Landesseiten umgesetzt, während spezifischere Optionen, wie beispielsweise Kontrast- oder Schrifteinstellungen, selten zu finden sind. Die nichtbarrierefreien Elemente der Landeswebsites werden in den jeweiligen Erklärungen für Barrierefreiheit teilweise beschrieben und als „zeitnah barrierefrei“ deklariert. Genannte Gründe für Barrieren sind bei‐ spielsweise Dokumente, die von Dritten nicht barrierefrei zur Verfügung gestellt werden, technische Barrieren von Webdiensten, die auf der Website implementiert sind, sowie Vorgaben des Corporate Designs, die nicht die Regularien bezüglich des Kontrasts erfüllen. Des Weiteren zeigt sich erneut die Komplexität der WCAGs, da einige Bundesländer in den Erklärungen aussagen, dass sie noch mit der Prüfung und Umsetzung der Richtlinien beschäftigt sind. Insgesamt haben die Bundesländer die Regularien großtei‐ lig anerkannt und äußern, die WCAGs langfristig umzusetzen zu wollen, 172 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="173"?> um ihre Landesseiten barrierefrei zu gestalten. Trotzdem muss gesagt werden, dass auch viele Optionen, die recht unkompliziert umsetzbar wären, nicht angeboten werden und der Großteil der Landeswebsites zum jetzigen Zeitpunkt nur bedingt barrierefrei ist. Dasselbe Ergebnis förderte auch die qualitative Analyse der touristi‐ schen Landeswebsites zutage, welche ihren Fokus bisher hauptsächlich auf Spracheinstellungen gelegt haben. Barrierefreies Reisen wird zwar auf allen Webauftritten thematisiert, allerdings scheint es, als wäre die Relevanz der Barrierefreiheit der Websites noch nicht vollständig erkannt worden. Während die Internetauftritte für Personen aus verschiedenen Ländern be‐ reitstehen, wird auf Menschen mit Einschränkungen großteilig nicht weiter eingegangen. Es fehlen eventuell die rechtlichen Forderungen, dies umzu‐ setzen, und das Wissen über die Relevanz von digitaler Barrierefreiheit. Demnach bedarf es noch viel Arbeit, um die Internetauftritte barrierefrei zu gestalten. Um die Barrierefreiheit auch auf technischer Ebene tiefer bewerten zu können, wurden die Webauftritte mithilfe des WCAG-Tests quantitativ analysiert. Nach der Auswertung zeigte sich, dass die Landesseiten 75 % und die Tourismusseiten 60 % der Annahmen vollständig oder teilweise erfüllen. Dies stimmt mit den Ergebnissen der qualitativen Analyse überein, in der die Tourismusseiten ebenfalls als weniger barrierefrei eingestuft wurden. Doch auch die Landesseiten haben auf technischer Ebene Defizite, die sich insbesondere in der Untertitelung von Videos und der Tastaturbedienbarkeit zeigen. Des Weiteren wird offensichtlich, dass einige Maßnahmen im Ansatz umgesetzt werden, aber es an der konsequenten oder zielführenden Umset‐ zung scheitert. Das gilt sowohl für die Landesals auch die Tourismusseiten und liegt eventuell an nicht ausreichendem Wissen über die technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten. Beispiele hierfür sind die Alternativtexte für Grafiken oder die Überschriften, die teilweise nur sehr lückenhaft umgesetzt werden, oder auch die inhaltlich sinnfreie Lesereihenfolge im Quellcode bei manchen Websites. Die Untertitelung von Videos ist bei zahlreichen Seiten zu finden, allerdings selten in korrekter Ausführung mit Erwähnung von Sprechenden und wichtigen Geräuschen. Das ist der Tatsache geschuldet, dass alle Websites zum jetzigen Zeitpunkt die Untertitel mithilfe der Videoplattform YouTube bereitstellen und diese dort nicht akkurat umgesetzt werden. Beim Vergleich der Ergebnisse der quantitativen und der qualitativen Analyse fallen einige Übereinstimmungen und Widersprüche auf. Grund‐ 13.4 Barrierefreiheit der Landestourismuswebsites 173 <?page no="174"?> sätzlich zeigt sich, dass einige Bundesländer nur ein oder zwei Optionen zur Veränderung der Landeswebsites bereitstellen, aber in dem WCAG-Test um die 30 Punkte erreichen (Hessen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz). Daran sind die unterschiedlichen Schwerpunkte der bei‐ den Analysen zu erkennen. Demnach kann eine Website auf den ersten Blick nicht barrierefrei wirken, aber dennoch einige technische Voraussetzungen für Barrierefreiheit im Hintergrund bereithalten. Thüringen stellt sich im Vergleich der Ergebnisse als negativer Ausreißer dar. Die Landesseite des Bundeslandes stellt keinerlei Optionen zur Verän‐ derung der Website zur Verfügung, die Tourismusseite nur die Einstellung für Sprache. Im WCAG-Test erreicht das Bundesland jedoch 40 (Landesseite) und 33 (Tourismusseite) Punkte, was auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint. Das lässt sich jedoch erneut mit den Schwerpunkten der zwei Analysen erklären. Thüringen stellt kaum optische oder Inhaltliche Verän‐ derungsmöglichkeiten der Website bereit, allerdings erfüllen die Internet‐ auftritte einen Großteil der technischen Voraussetzungen. Bremen und Hamburg sind mit ihren Landes- und Tourismusauftritten nach den Ergebnissen beider Analysen im oberen Bereich einzuordnen. Die Seiten sind nicht vollständig barrierefrei, allerdings stellen die Resultate sowohl in technischer als auch optischer und inhaltlicher Hinsicht eine solide Basis dar. Das ist insbesondere den eingerichteten Barrierefreiheits‐ portalen geschuldet, die auf die besonderen Anforderungen der Menschen mit Einschränkungen zugeschnitten sind. Der Stadtstaat Berlin schneidet mit 26 (Landeswebsite) und 18 (Tourismuswebsite) Punkten sowie maximal zwei wählbaren Optionen auf der Website in beiden Testverfahren durch‐ schnittlich ab. Dieses Ergebnis ist auf zweierlei Ebenen zu verbessern: einerseits aufgrund der Gesetzeslage, andererseits angesichts der Vorbild‐ rolle als Deutschlands Hauptstadt. Da das Thema Barrierefreiheit im Web noch nicht die benötigte Aufmerksamkeit bekommt, wäre ein barrierefreier Internetauftritt des Bundeslandes Berlin als Vorbild ein positives Zeichen und ein eventueller Anreiz für mehr barrierefreie Websites. 13.4.4 Handlungsempfehlungen zur Gestaltung barrierefreier Landeswebsites Die Ergebnisse dieser Forschung zeigen deutlich, dass auf einem Großteil der Landes- und Tourismusseiten der Bundesländer Barrieren bestehen, die für zahlreiche Menschen mit Behinderungen Probleme darstellen und die 174 13 Barrierefreie digitale Kommunikation von touristischen Anbietern und Destinationen <?page no="175"?> Nutzung der Websites erheblich einschränken. Unabhängig davon, ob es sich um optische oder inhaltliche Optionen oder technische Gegebenheiten handelt, in vielerlei Hinsicht besteht Handlungsbedarf, um die Ausgrenzung und mangelhafte Kommunikation zu gewissen Bezugsgruppen aufzuheben. Ganz allgemein bedarf es größerer Aufklärung über die Relevanz von Barrierefreiheit im Internet sowie besserer Hilfestellung zur Umsetzung der WCAGs, da sie für Lai: innen teilweise schwer zu verstehen und zu realisieren sind. Diese Komplexität sorgt ebenfalls dafür, dass einige Inter‐ netauftritte nach dem „Ganz-oder-gar-nicht- Prinzip“ agieren, dabei gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Internetseiten durch simple Veränderungen ein Stück barrierefreier zu gestalten. Der separate Aufbau eines Barrieref‐ reiheitsportals bietet sich an, da so der ursprüngliche Stand der Website nicht verändert werden muss und man das Layout sowie die Inhalte frei nach den Richtlinien gestalten kann. Externe Inhalte, die in nichtbarrierefreier Form zur Verfügung gestellt werden, sollten deutlich gekennzeichnet und beispielsweise in barrierefreier Art und Weise beschrieben werden. Die Untertitel von YouTube sind aktuell nicht vollständig barrierefrei, daher sollten eigene Untertitel zu Videomaterial hinzugefügt werden, um es, bei‐ spielsweise für Gehörlose, zugänglich zu machen. Das sind einige Beispiele, die zwar mit Arbeit und Webdesign, aber nicht zwangsweise mit Fachwissen über digitale Barrierefreiheit zusammenhängen. Auf den Tourismusseiten der Bundesländer sind Anpassungen bezüglich Barrierefreiheit ebenfalls sehr wichtig, da bisher fast ausschließlich auf sie verzichtet wurde. Wie erwähnt sind mehrheitlich Informationen zu barrierefreiem Reisen zu finden, allerdings verfehlen diese Inhalte ihr Ziel, da sie für einen Teil der angesprochenen Zielgruppe nicht zugänglich sind. Daher sollten beispielsweise die oben genannten Maßnahmen ergriffen werden, um im Laufe der Zeit die Barrierefreiheit der Webauftritte zu verbessern. Die noch bestehenden Barrieren sorgen dafür, dass die Bundesländer ihren Auftrag, die Bevölkerung zu informieren, nicht vollständig einhalten können, da die Kommunikation mit diversen Zielgruppen nur fehlerhaft oder gar nicht stattfinden kann. Diese Barrieren müssen nicht nur aufgrund der Ausgrenzung behoben werden, sondern auch angesichts der sozialen Verantwortung und Vorbildfunktion der öffentlichen Stellen. Ist das umge‐ setzt, ist ein weiterer Schritt in Richtung barrierefreies Internet und der ursprünglichen Idee des Webs („Universality [and] access by everyone regardless of disability“ [W3C-1997,-1]) getan. 13.4 Barrierefreiheit der Landestourismuswebsites 175 <?page no="177"?> 14 Barrierefreier Tourismus in Europa Reisende, die auf barrierefreie Angebote angewiesen sind, wollen nicht nur im Inland urlauben. In diesem Kapitel wird daher ein Blick auf unsere europäischen Nachbarn gelegt: Italien, Frankreich und Luxemburg werden auf ihr Verständnis vom Thema Behinderung und barrierefreies Reisen näher betrachtet. Dabei ist zu erkennen, dass Grundzüge in Europa auf Ratifizierungen von UN-Vorgaben basieren. 14.1 Barrierefreier Tourismus in Frankreich mit Sarah-Louise Philippi 14.1.1 Das Verständnis von Behinderung in Frankreich Frankreich hat ca. 66 Millionen Einwohner: innen. Etwa 12 Millionen franzö‐ sische Bürger: innen sind von einer Behinderung betroffen. Etwa 8 Millionen davon sind in irgendeiner Weise pflegebedürftig. Auditive Einschränkungen wie Taubheit oder Hörschädigungen betreffen 5,4 Millionen, 1,5 Millio‐ nen haben eine Sehbehinderung. Die Zahlen von Menschen mit einer eingeschränkten Mobilität variieren zwischen 850.000 bis 2,3 Millionen, 500.000 Menschen sitzen im Rollstuhl (OCIRP 2020; SNCF 2019, 18). Die Hälfte derer, die angeben, eine schwere Mobilitätseinschränkung zu haben, sind 75 Jahre und älter (Centre d‘observation de la société-2018). Schätzun‐ gen zufolge wird die Zahl der französischen Staatsbürger: innen, die älter als 60 Jahre sind, bis zum Jahr 2030 auf 20 Millionen steigen (SNCF 2019, 18). Der demografische Wandel ist demnach auch in Frankreich ein omnipräsentes Thema und Barrierefreiheit ist wichtiger denn je. Die rechtliche Basis für Menschen mit Behinderung wird in Frankreich in Artikel 2 des Gesetzes der Gleichheit von Rechten und Chancen, der Teilhabe und sozialen Verantwortung von Menschen mit Behinderungen geschaffen. Dort wird der Begriff Behinderung definiert als: „jede Einschränkung der Aktivität oder der Teilnahme am Leben in der Gesell‐ schaft, die eine Person in ihrer Umwelt aufgrund einer wesentlichen, dauerhaften <?page no="178"?> oder endgültigen Beeinträchtigung einer oder mehrerer körperlicher Funktionen erleidet. Diese kann sensorisch, mental, kognitiv oder psychisch und von einem multiplen Handicap oder einer vorübergehenden Gesundheitsstörung hervorge‐ rufen werden“ (eigene Übersetzung, République Française-2005). In Frankreich gibt es ein Kategorisierungssystem, das die Schwere einer Behinderung anzeigt. Es ähnelt dem Grad der Behinderung in Deutschland. Auf Französisch wird vom „taux d’incapacité“ (häufig kurz TI) gesprochen. Der Begriff könnte wohl am besten mit „Invaliditätsrate“ übersetzt werden. Sie drückt in Prozent den Grad der Abhängigkeit von Hilfeleistungen einer behinderten Person im täglichen Leben aus. Die Invaliditätsrate wird nach einem offiziellen Leitfaden (Dekret 2007-1574 vom 6. November 2007) des Maison Départementale des Personnes Handicapées (kurz MDPH) einge‐ stuft und spiegelt das Ausmaß der Folgen von Behinderungen und die Auswirkungen auf das tägliche Leben wider (République Française 2007). Bei der Feststellung der Invaliditätsrate wird der Fokus insbesondere auf die Durchführung grundlegender Handlungen des täglichen Lebens gelegt, sie basiert somit nicht auf der medizinischen Sicht einer Behinderung, deren Sichtweise eher Einschränkungen betrachtet. Im Leitfaden werden sieben elementare Handlungen aufgeführt, die zur Beurteilung der Invaliditätsrate herangezogen werden: • logisches und vernünftiges Verhalten • Zurechtfinden in Zeit und Ort • Gewährleistung der eigenen Körperhygiene • eigenständiges An- und Ausziehen • selbständige Essenszubereitung und Nahrungsaufnahme • eigenständige Harn- und Kotausscheidung sowie die Entsorgung • Bewegungen ausführen (aufstehen, sitzen, liegen) und den Ort wechseln (zumindest im Haus) Auf der Basis dieser sieben Faktoren erfolgt die Differenzierung der Invali‐ ditätsrate in drei Grade: • I: weniger als 50-%: leichte bis mäßige Form • II: 50-79-%: erhebliche Form • III: 80-% oder mehr: schwere oder sehr schwere Form Ab Grad II wird von einer erheblichen Einschränkung im täglichen Ablauf und einem signifikanten Einfluss auf das soziale, schulische oder berufliche 178 14 Barrierefreier Tourismus in Europa <?page no="179"?> Leben sowie im häuslichen Umfeld gesprochen. Ab diesem Grad hat die Per‐ son Anspruch auf Unterstützungen bzw. helfende Dienstleistungen. Wird eine Invaliditätsrate von 80 % angesetzt, so entspricht das einer schweren Beeinträchtigung der Selbstbestimmung über die Ausführung wesentlicher Handlungen des täglichen Lebens (Maison Départementale des Personnes Handicapées-2022; Légifrance-2022). Wissen-|-Messung des Grad der Behinderung in Frankreich Der Grad der Behinderung wird in Frankreich durch sieben Kriterien gemessen. Die Beurteilung dient der Messung, inwieweit eine Person am öffentlichen Leben teilhaben kann. Anhand von drei Abstufungen wird dazu der Grad der Invalidität festgestellt. Für den Begriff Barrierefreiheit (franz. „accessibilité“) gilt eine Definition des französischen Innenministerrats: „Barrierefreiheit ermöglicht die autonome Teilhabe von Menschen mit Behin‐ derungen, indem die Diskrepanzen zwischen Fähigkeiten, Bedürfnissen und Wünschen und den verschiedenen physischen, organisatorischen und kulturellen Komponenten ihrer Umgebung verringert oder beseitigt werden. Dies erfordert die Implementierung zusätzlicher Elemente, die notwendig sind, damit eine Person, die sich dauerhaft oder vorübergehend nicht bewegen kann, freien und sicheren Zugang zum Wohnumfeld sowie zu allen Orten, Dienstleistungen, Produkten und Aktivitäten hat. Mit der Umsetzung dieses Ansatzes zur Barriere‐ freiheit wird zudem die Lebensqualität aller verbessert.“ (Ministère de la transition écologique-2022) Es zeigt sich an vielen Stellen ein ähnliches Bild wie in Deutschland. Haupt‐ unterschied ist, dass der Grad der Behinderung in Deutschland eine absolute Zahl ist, während er in Frankreich als eine Verhältniszahl angegeben wird. 14.1.2 Französische Labels des barrierefreien Tourismus - „Tourisme et Handicap“ Der Verband ATH - Association Tourisme et Handicaps (Tourisme & Han‐ dicaps - Tourismus und Behinderungen) wurde am 8. März 2001 gegründet. 14.1 Barrierefreier Tourismus in Frankreich 179 <?page no="180"?> Abbildung 20: Logo „Tourisme et Handicap“ (Quelle: Tourisme Handicap) Er setzt sich zusammen aus Fachleuten aus Tourismus- und Betroffenenver‐ bänden, Ausbildungsorganisationen und sonstigen Expert: innen. Die Arbeit der 1994 eingerichteten nationalen Koordinierungsstelle für Tourismus und Behinderungen wird in diesem Verband fortgesetzt. Sein Zweck besteht darin, in der Öffentlichkeit und insbesondere bei Tourismusfachleuten ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wichtig der Zugang zu Urlaubs- und Freizeitaktivitäten für Menschen mit Behinderungen ist und wie dieser barrierefrei gestaltet werden kann. Dazu werden Umfragen und Studien durchgeführt, Schulungen und Gutachten angeboten sowie Fachkonferen‐ zen organisiert. Der Verband setzt sich außerdem für die Implementierung und Verwaltung von Richtlinien ein, die den Zugang zu barrierefreien Tourismusangeboten fördern („Destination pour tous“). Die offizielle, natio‐ nale Marke „Tourisme et Handicap“ (→ Abbildung 20) wird ebenfalls vom Verband verwaltet. Informationen zum ATH sind unter der Website www.t ourisme-handicap.gouv.fr verfügbar, der auch die Inhalte für dieses Kapitel entnommen wurden. Das Markenlogo ist mit vier Piktogrammen ausgestattet, die jeweils die Hauptbeeinträchtigungen symbolisieren: • Mobilität • mental • visuell • auditiv Ähnlich wie in Deutschland durch das Projekt „Reisen für Alle“ (→ Kapitel 8.1) wurde auch in Frankreich von der ATH ein Kenn‐ zeichnungssystem für Tourismus‐ betriebe eingeführt. Um eine Zer‐ tifizierung zu erhalten, müssen Qualitätskriterien erfüllt werden, die, je nach Art der Behinderung der zu empfangenden Urlauber: in‐ nen und je nachdem, ob es sich um eine Unterkunft, ein Restaurant oder einen sonstigen Betrieb han‐ delt, in einem Kriterienkatalog fest‐ 180 14 Barrierefreier Tourismus in Europa <?page no="181"?> gelegt wurden. Beim Vergleich der Anforderungen ergeben sich keine auf‐ fälligen Unterschiede zwischen den deutschen und französischen Kriterien. Beispielsweise müssen in beiden Ländern die Türen eine Mindestbreite von 0,90 m aufweisen und die Fläche vor immobilen Gegenständen sollte 1,50 m ×-1,50-m betragen. Wissen-|-Kennzeichnungssystem in Frankreich In Frankreich gibt es für barrierefreie Reisen das Kennzeichnungssystem „Tourisme et Handicap“. Es ist ähnlich dem deutschen Signet „Reisen für Alle“ aufgebaut: Leistungsträger, die bestimmte Anforderungen erfüllen, können sich für verschiedene Arten von Behinderungen zer‐ tifizieren lassen. Die Erhebung wird durch geschulte Gutachter: innen durchgeführt. Die Kennzeichnung muss turnusmäßig rezertifiziert wer‐ den. Wie in Deutschland wird auch in Frankreich keine Selbsteinschätzung der Einrichtungen durchgeführt. Stattdessen wird die Eignung vor Ort von je‐ weils zwei speziell ausgebildeten Gutachter: innen überprüft und nur, wenn alle Kriterien erfüllt sind, das Zertifikat ausgehändigt. Es behält für fünf Jahre seine Gültigkeit, bevor es einer erneuten Prüfung und Rezertifizierung bedarf. Seit der Einführung des Kennzeichnungssystems im Jahr 2013 haben sich bereits mehr als 4.000 touristische Betriebe erfolgreich zertifizieren lassen, davon 96 % für kognitive, 91 % für auditive, 76 % für körperliche und 66 % für visuelle Behinderungen. Interessant ist die Verteilung über das Land hinweg: In der Region Ile de France, zu der auch die Landeshauptstadt Paris gehört, sind lediglich 65 Betriebe mit dem Logo ausgestattet. Im Südwesten des Landes, der Region Nouvelle Aquitaine, gibt es hingegen bereits 1.224-zertifizierte Betriebe. Das zugehörige Portal www.tourisme-handicap.gouv.fr ist mit Suchfiltern ausgestattet und liefert ausschließlich Ergebnisse aus den über 4.000 zer‐ tifizierten Angeboten. Es besteht die Möglichkeit, eigene Suchbegriffe einzugeben, nach touristischen Anbietern wie Unterkünften oder Freizeit‐ einrichtungen zu filtern und eine Eingrenzung nach Regionen sowie der Art der Behinderung vorzunehmen. Zudem können verschiedene Einstel‐ lungen vorgenommen werden, um die Darstellung der Suchergebnisse zu verändern: entweder Trefferanzeige ausschließlich mit Icons oder in 14.1 Barrierefreier Tourismus in Frankreich 181 <?page no="182"?> Kombination mit einer Karte, in Listenform oder als interaktive Karte, auf der die Ergebnisse dann eingezeichnet sind. - „Destination pour tous“ Neben der Zertifizierung „Tourisme et Handicap“ gibt es die staatliche Initiative: „Destination pour tous (DPT)“ (dt. „Reiseziel für alle“), die speziell auf Destinationen abzielt. Sie wurde 2013 von den Ministerien für Menschen mit Behinderung (DGCS - Direction Générale de la Cohésion Sociale) und Tourismus (DGE - Direction Générale des Entreprises) eingeführt, um den barrierefreien Tourismus zu fördern und zu verbessern sowie darüber hinaus ein einheitliches und zugängliches touristisches Angebot entlang der Reisekette zu schaffen. Das Angebot richtet sich sowohl an Menschen mit Behinderungen als auch an Menschen mit vorübergehenden Mobilitätseinschränkungen. Um als DPT auch nach außen hin sichtbar zu sein und die Destination entsprechend zu bewerben, gibt es die Möglichkeit, eine Zertifizierung zu erhalten. Die Bewerbung erfolgt bei den beiden genannten Ministerien. Im Anschluss finden eine Begehung und Begutachtung vor Ort sowie eine Präsentation der Anwärter vor der nationalen Kommission statt. Ein Punktesystem ermöglicht je nach Gegebenheiten eine Auszeichnung als DPT in der Abstufung Gold, Silber oder Bronze. Beispielsweise wurde die im Norden Frankreichs gelegene Stadt Amiens 2017 mit dem goldenen Siegel von DPT ausgezeichnet. Sie bietet neben zahlreichen zertifizierten barrierefreien Unterkünften auch ein Stadtbild, das weitestgehend ohne Barrieren auskommt. Dazu gehören die Beschaffenheit von Gehwegen, ein barrierefreier Bahnhof und öffentlicher Personennahverkehr sowie zugängliche Gastronomiebetriebe und Freizeiteinrichtungen. Um die Stadt und das Umland zu erkunden, stehen zudem spezielle Rollstuhlfahrräder, Tricycles und Tandems zur Verfügung, die vor Ort ausgeliehen werden können. - Association Handiplage Im Jahr 1997 wurde der Verband Association Handiplage ins Leben gerufen (www.handiplage.fr). Sein Ziel ist es, zuverlässige und objektive Informa‐ tionen zur Erreichbarkeit von Stränden für Menschen mit allen Arten von Behinderungen bereitzustellen. Die Strände werden in vier Kategorien ein‐ geteilt, je nach örtlichen Gegebenheiten. Für eine Zertifizierung muss seitens 182 14 Barrierefreier Tourismus in Europa <?page no="183"?> der Verantwortlichen ein Fragebogen ausgefüllt werden, der verschiedene Ausstattungsmerkmale des Standortes abfragt. Dieser Fragebogen wird anschließend vom Verband geprüft und ggf. fachliche Unterstützung bei Umbaumaßnahmen zur Reduktion von Barrieren geleistet. Daraufhin folgt eine Begehung vor Ort, gemeinsam mit einem Gutachter der Association Handiplage. Wenn alle Kriterien zufriedenstellend erfüllt werden, erhält die Gemeinde bzw. der Strand ein Zertifikat und wird zugleich in die Datenbank auf der Website www.handiplage.fr aufgenommen. Das Siegel behält seine Gültigkeit für fünf Jahre und bedarf danach einer Rezertifizierung. Der Verband Association Handiplage“ist offizieller Kooperationspartner des Verbandes Association Tourisme et Handicap und listet alle zertifizierten Strände, die nach den Kriterien der ATH bewertet wurden, ebenfalls auf seiner Website auf. Das bietet Menschen mit Mobilitätseinschränkungen mehrere Vorteile. Es werden sowohl die von offizieller, staatlicher Seite zertifizierten Strände aufgeführt als auch jene durch hohe Qualitätsstan‐ dards ausgezeichneten des Verbandes Association Handicap. Eine Suche ausschließlich nach dem Label „Tourisme et Handicap“, dem Siegel der ATH, ergibt 55-zertifizierte Strände. Weitere 90-wurden durch den Verband Association Handiplage zertifiziert. 14.1.3 Barrierefreies Reisen mit Bahn und PKW - Barrierefreie Angebote der SNCF In Frankreich betreibt die staatliche Bahngesellschaft SNCF 3.054-Bahnhöfe und davon sind 638 barrierefrei gestaltet. Weitere 740 sollen laut Angaben des Unternehmens bis zum Jahr 2024 folgen. Ursprünglich sah das Gesetz für Menschen mit Behinderungen aus dem Jahr 2005 vor, dass bis zum Jahr 2015 öffentliche Verkehrsmittel barrierefrei zugänglich sein müssen. Das Ziel wurde in Frankreich verfehlt und es kam zu einer Fristverlängerung von neun Jahren, um die Bahnhöfe für alle Menschen mit einer Behinderung nutzbar zu machen (SNCF-2019,-9-11). Während es in Deutschland eine klare Regelung bezüglich Vergünstigun‐ gen für Reisende, die im Besitz eines Schwerbehindertenausweises sind, gibt, scheint die Regelung für Tourist: innen in Frankreich etwas undurch‐ sichtiger zu sein. Begleitpersonen erhalten beispielsweise nicht automatisch einen Rabatt, sondern Preisermäßigungen von 50 % bis zur kostenlosen 14.1 Barrierefreier Tourismus in Frankreich 183 <?page no="184"?> Beförderung, je nach Grad der Behinderung. So muss bei Reisenden mit einer Gehbehinderung zunächst geklärt werden, inwiefern sie als Rollstuhlfah‐ rer: innen auf eine Begleitung angewiesen sind, während eine Begleitperson von einer Person mit Sehbehinderung immer kostenlos mitreisen darf. Die französische Bahngesellschaft SNCF bietet, ähnlich wie die Deutsche Bahn AG, einen kostenlosen Mobilitätsservice, Accès Plus, für Reisende an, die von einer körperlichen, visuellen, mentalen oder sensorischen Ein‐ schränkung betroffen sind. Der Service kann bis zu 48 Stunden vor Abreise angemeldet werden und Reisende müssen sich 30 Minuten vor Abreise am Treffpunkt einfinden. Eine Begleitung erfolgt bis zum Sitzplatz und auch der Transport eines Gepäckstücks von maximal 15 kg wird arrangiert. Am Zielbahnhof wird der Reisende dann wieder an seinem Sitzplatz in Empfang genommen und zum Ausgang des Bahnhofs gebracht oder der Umstieg in einen Anschlusszug organisiert (SNCF-2012). Die SNCF hat bislang keine eigene App entwickelt, in der die Informa‐ tionen für Menschen mit einem Handicap auf einen Blick ersichtlich sind, aber es gibt die Möglichkeit, visuelle Assistent: innen in der herkömmlichen App des Unternehmens zu aktivieren. Sie bieten insbesondere für Reisende mit einer Hörschädigung einen Mehrwert, da Borddurchsagen sowie die kommenden Bahnhöfe per Textnachricht auf das Smartphone übertragen werden (SNCF-2019b). - Besonderheiten für PKWs In Frankreich darf auf gekennzeichneten Behindertenparkplätzen kostenlos geparkt werden. Grundlegende Ausnahmen wie in Deutschland gibt es nicht. Dennoch haben die Städte und Gemeinden teilweise noch zusätzliche Regelungen, die vor Reiseantritt erfragt werden sollten: • kostenloses Parken auf gekennzeichneten Behindertenparkplätzen möglich • kein kostenloses Parken ohne Zeitbegrenzung an Parkuhren • kein (kostenloses) Parken im eingeschränkten Halteverbot (Europäische Union-2022) Die Abmessungen für einen Parkplatz für Menschen mit Behinderungen weichen nur minimal von den Vorgaben in Deutschland ab. Die Mindest‐ breite muss 3,30 m betragen und die Mindestlänge darf 5,0 m nicht unter‐ schreiten (Légifrance 2017). Seit 2006 ist gesetzlich geregelt, dass 2 % der 184 14 Barrierefreier Tourismus in Europa <?page no="185"?> öffentlichen Parkplätze als Sonderparkplätze deklariert werden müssen. Je nach Anzahl der verfügbaren Parkplätze allgemein variiert die Zahl somit sehr stark und ist in Großstädten deutlich höher als in kleineren Gemeinden (Ternois-2016). Um die Bevölkerung zu sensibilisieren und an das Gewissen von Auto‐ fahrer: innen zu appellieren, gibt es seit 2008 eine landesweite Initiative, die gemeinsam mit dem Lions Club in Frankreich gestartet wurde. Zusätzlich zu den öffentlichen Schildern mit Rollstuhlsymbol, die einen Parkplatz für Menschen mit Behinderungen symbolisieren, wird eine weitere Hinweista‐ fel angebracht. Auf diesen Hinweisschildern steht „si tu prends ma place prends aussi mon handicap“, was übersetzt bedeutet, „wenn du dich auf meinen Parkplatz stellst, dann nimm auch meine Behinderung“. Ein kurzer, aber vor allem einprägsamer sowie bedeutungsvoller Satz, der vor Augen führt, wie wichtig ein solcher Parkplatz für Menschen ist, die auf einen Rollstuhl angewiesen oder in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. 14.2 Ein Verständnis von Behinderung und barrierefreiem Tourismus in Italien mit Sonja Wischmann 14.2.1 Der Umgang mit Behinderung in Italien In Italien leben derzeit 60,48 Millionen Menschen, von denen laut dem Istituto Nazionale di Statistica (Istat) 13,2 Millionen Personen über 15 Jahren unter einer Behinderung leiden. Zu dem erweiterten Spektrum zählen neben Behinderungen und funktionellen Einschränkungen auch schwere chroni‐ sche Erkrankungen. Wird der Fokus enger auf Menschen gelegt, die unter einer schweren Beeinträchtigung leiden, liegt die Zahl bei 3,1 Millionen, was einer Quote von 5,2 % der Gesamtbevölkerung entspricht. Einem Bericht auf www.qutidianosanita.it zufolge leben sogar 4,36 Millionen schwerbe‐ hinderte Menschen in Italien (QS Edizioni 2018). Letztlich lässt sich die genaue Anzahl schwer ermitteln, da die Grenze zwischen einer schweren Behinderung und einer Behinderung oder chronischen Krankheit oftmals nur schwerlich zu ziehen ist und bpw. auch eine Person unter mehreren Einschränkungen gleichzeitig leiden kann. Ebenso wie in Deutschland sind überwiegend ältere Menschen betroffen. Laut der Istat sind 1,5 Millionen 14.2 Ein Verständnis von Behinderung und barrierefreiem Tourismus in Italien 185 <?page no="186"?> der Betroffenen über 65 Jahre alt, wobei in Italien der Anteil der Frauen mit 990.000 überwiegt (66 %). Der Anteil der behinderten Menschen nimmt von Norden nach Süden leicht zu. Venezien weist mit 3,2 % den niedrigsten und Umbrien mit 6,9-% den höchsten Wert auf. Der Umgang mit Menschen mit Behinderung wird in Italien bereits näher an den UN-Vorgaben gedacht als in Deutschland. Das zeigt sich schon beim Umgang mit jungen Behinderten. Ein Satz, wie ihn Spiewak (2012) für Deutschland formulierte, nämlich „Wer will, dass Behinderte Teil der Gesellschaft werden, kann sie nicht bereits in der Schule absondern“ ist in Italien längst Realität. Seit 1977 gibt es in Italien keine Sonder- und Förderschulen mehr. Jede Schule ist dazu verpflichtet, Schüler: innen mit körperlichen, geistigen oder sensorischen Behinderungen sowie spezi‐ fischen Lern- oder Entwicklungsstörungen gemeinsam mit Schüler: innen ohne Einschränkungen zu unterrichten. Es gilt das Prinzip des personali‐ sierten Lernens: Die Schule ist dafür verantwortlich, auf die Bedürfnisse aller Schüler: innen individuell einzugehen und die Lernmaßnahmen oder das Personal entsprechend anzupassen (Vivoscuola-2022). Doch Inklusion stellt nicht nur im Bereich der Bildung eine besondere Herausforderung dar, sondern für sämtliche öffentliche Einrichtungen, Be‐ triebe, städtische Systeme und Verkehrssysteme. Der Grund ist, dass es keine einheitliche Lösung gibt, die allen Menschen gerecht wird, da die Gruppe der Menschen mit einer oder mehreren Behinderungen nicht homogen ist und sich ihre individuellen Bedürfnisse sich stark unterscheiden. Wissen-|-Inklusion in Italien In Italien ist die Inklusion viel weiter fortgeschritten als in Deutschland. Bereits in den 1970er-Jahren wurden Förderschulen abgeschafft und es wurde nur noch inklusiv unterrichtet. So entstand eine Gesellschaft, in der Behinderung sichtbar ist und Umgang erfahren wird. Die Rechte werden für Behinderte durch das „La Legge quadro sulla disa‐ bilità“ (Legge 104/ 92), das sogenannte Rahmengesetz über Behinderung, formuliert. Das Gesetz definiert, im Gegensatz zum deutschen Behinder‐ tengleichstellungsgesetz (BGG), zwei Hauptkategorien von Menschen mit Behinderungen. Es wird in Behinderung/ Handicap und schwere Behinde‐ rung unterschieden: 186 14 Barrierefreier Tourismus in Europa <?page no="187"?> Legge 104 art 3 comma 1: „Eine behinderte Person ist eine Person mit einer stabilisierten oder fortschrei‐ tenden körperlichen, geistigen oder sensorischen Beeinträchtigung, die eine Ursache für Lern-, Beziehungs- oder Integrationsschwierigkeiten ist und als deren Folge eine soziale Benachteiligung oder Ausgrenzung bestimmt wird.“ (art 3 comma 1, Legge 5 febbraio 1992 n.-104, c.-c., eigene Übersetzung aus dem Italienischen) Legge 104 art 3 comma 3: „Wenn sich durch eine oder mehrere Beeinträchtigungen die persönliche Selbstständigkeit, unter Berücksichtigung des Alters, in dem Maße verringert hat, dass eine dauerhafte, kontinuierliche und umfangreiche Betreuung erfor‐ derlich ist, nimmt die Behinderung der betroffenen Person einen gesonderten Schweregrad an. Anhand des anerkannten Schweregrades werden die erforder‐ lichen Prioritäten und die Interventionen des öffentlichen Dienstes bestimmt.“ (art 3 comma 3, Legge 5 febbraio 1992 n.-104, c.-c., eigene Übersetzung aus dem Italienischen) Im Vergleich mit Deutschland ist zu erkennen, dass in der Bundesrepublik auf die Wechselwirkung einer Behinderung mit den äußeren und inneren Faktoren eingegangen wird, während in Italien nur die Behinderung an sich als Ursache für die Beeinträchtigung gesehen wird, nicht die Umweltfakto‐ ren. Des Weiteren beschreibt die italienische Definition zwei Stufen der Behinderung: In der ersten Stufe handelt es sich um Behinderungen, welche die betroffene Person daran hindern, in der Form am Gesellschaftsleben teilzunehmen, wie es einer gesunden Person möglich ist. In der zweiten Stufe ist die Behinderung so weit fortgeschritten, dass die Person nicht mehr in der Lage ist, Lebenssituationen ohne fremde Hilfe zu meistern. Wie stark eine Person durch ihre Behinderung beeinträchtigt ist, hängt also zum einen von den äußeren Bedingungen ab und zum anderen von der Art ihrer Behinderung und deren Ausprägung. Eine genaue Definition von Barrierefreiheit gibt es in Italien (wie in Deutschland) nicht. Jedoch weist das italienische Gesetz 13/ 1989 auf drei grundlegende Kriterien hin, die in Bezug auf bauliche Barrierefreiheit gewährleistet werden müssen (Garulli 2022): 14.2 Ein Verständnis von Behinderung und barrierefreiem Tourismus in Italien 187 <?page no="188"?> • Zugänglichkeit (Accessibilità) von Gebäuden für Menschen mit einge‐ schränkter motorischer oder sensorischer Leistungsfähigkeit • Sichtbarkeit (Visitabilità) von Hindernissen aber auch von Sicherheits‐ hinweisen und Warnschildern • Anpassungsfähigkeit (Adattabilità) und Veränderbarkeit von Räumen, um diese eingeschränkten Personen zugänglich zu machen Es bleibt zu konstatieren, dass Italien eine gesellschaftliche Öffnung für Behinderte vorangetrieben hat. Im Tourismus gibt es zwei Labels, die vornehmlich eingesetzt werden. Sie werden nachfolgend näher erläutert. 14.2.2 Italienische Labels des barrierefreien Tourismus - „I marchi OPEN“ In Italien wird der barrierefreie Tourismus durch die Marke OPEN gefördert. Die sogenannten „I marchi OPEN“ sind Qualitätsrichtlinien, die 2012 vom Provinzrat der autonomen Provinz Trient verabschiedet wurden. Entwickelt wurde die Marke OPEN an der Accademia della Montagna in Zusammenar‐ beit mit dem Projekt „Accessible Mountain“. Sie beinhaltet Richtlinien für einen barrierefreien Tourismus, die einen Standard für die Zugänglichkeit von Einrichtungen, Veranstaltungen, Destinationen und Gebieten garantie‐ ren. Die OPEN-Zertifizierung gliedert sich in vier Themenbereiche: 1. OPEN: Marke für die Zugänglichkeit öffentlicher und privater Gebäude, Sport- und Kulturgebäude, Wohn- und Geschäftsgebäude, Wege und Naturpfade sowie Skilifte 2. OPEN - Event: Zugänglichkeit von kleinen und großen Veranstaltungen und Sport- und Kulturveranstaltungen 3. OPEN - Area: Zugänglichkeit von Gebieten und Reisezielen 4. OPEN - City: Zugänglichkeit des Stadtsystems Das Zertifizierungsverfahren erfolgt durch eine Prüfung vor Ort über ge‐ schultes Personal mit abschließendem Protokoll. Beim Prüfprozess werden vier Phasen durchlaufen: Bei der ersten Phase handelt es sich um die Ana‐ lysephase, bei der das Gebäude, der Betrieb oder der Ort auf seinen aktuellen technischen Stand inspiziert wird. Die zweite Phase ist die Betriebsphase, bei der die aus Phase 1 gewonnenen Erkenntnisse auf ihre Durchführbarkeit geprüft werden. Anschließend folgt die Überprüfungsphase, in der die 188 14 Barrierefreier Tourismus in Europa <?page no="189"?> Durchführungsresultate analysiert werden. Bei einem positiven Ergebnis erfolgt die Markenfreigabe, die die letzte Phase darstellt. Die Bewertung erfolgt je nach Erfüllung der Richtlinien für einen bar‐ rierefreien Tourismus nach drei Stufen: Bronze, Silber und Gold. Um die OPEN-Zertifizierung dauerhaft zu erhalten, reicht es nicht aus, sich nur auf die architektonischen Barrieren zu konzentrieren, sondern als erforderliche Voraussetzungen gelten ebenso organisatorische, kulturelle und verhaltens‐ bezogene Aspekte, um Menschen mit Behinderungen ein barrierefreies Reisen zu ermöglichen (I marchi open-2022). Im Gegensatz zu z. B. Inklusion in Schulen scheint der barrierefreie Tourismus in Italien eher in den Kinderschuhen zu stecken. Noch lernen die Regionen und Leistungsträger, dass sie durch entsprechende Angebote ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen können. Da nur ein gut geschultes Personal zu einer positiven Entwicklung beitragen kann, bietet die Accademia della Montagna auch Schulungen und Seminare zum Thema barrierefreier Touris‐ mus an. Neben allgemeinen Weiterbildungen werden spezielle Schulungen für Bergführer: innen angeboten, um Touren für Menschen mit Sehbehinde‐ rungen anbieten zu können. Im Seminar „Entdecken der Natur mit den Sinnen blinder Menschen“ werden Probleme und Lösungen behandelt, die mit der Durchführung einer Bergwanderung mit sehbehinderten Menschen verbunden sind (Accademia della Montagna-2022). - „La Bandiera Lilla“ Eine weitere Qualitätskennzeichnung für die Förderung von barrierefreiem Tourismus in Italien ist „La Bandiera Lilla“, die 2012 in Ligurien gegründet wurde. Ziel des Projektes ist es, Tourismusmarketing mit sozialer Unter‐ stützung und Förderung zu verbinden und Gemeinden und Betriebe zu unterstützen und zu belohnen, die Tourist: innen mit Beeinträchtigungen eine besondere Aufmerksamkeit widmen. Um „Bandiera Lilla“ beitreten zu können, müssen die Gemeinden oder Betriebe eine Bewertung beantragen. Ist der Antrag gestellt, erfolgt zunächst eine Überprüfung der Mindestanforderungen. Anschließend beginnt der ei‐ gentliche Bewertungsprozess durch die Beantwortung eines vorgegebenen Onlinefragebogens und einer eingehenden Analyse vor Ort durch geschultes Personal. Es werden vier Auswertungsparameter unterschieden, die sich auf motorische, visuelle und auditive sowie auf Lebensmittelpathologien 14.2 Ein Verständnis von Behinderung und barrierefreiem Tourismus in Italien 189 <?page no="190"?> beziehen. Die Zertifizierung durch die „Bandiera Lilla“ garantiert die Zu‐ gänglichkeit von detaillierten Informationen in den drei Bereichen: • Kommunikation und Information über barrierefreie Websites, Kultur- und Freizeiteinrichtungen und sonstige Einrichtungen • Barrierefreiheit von Orten und Strukturen, wie Strände, Sportanlagen, Parks und Sehenswürdigkeiten, sowie spezielle Projekte zur Erleichte‐ rung der Orientierung und der Nutzung von Städten • barrierefreies Parken und Mobilität, wozu Behindertenparkplätze, die Erreichbarkeit des öffentlichen Verkehrs und gesonderte Transportleis‐ tungen zählen (Bandiera Lilla-2022) Im Fokus der „Bandiera Lilla“ steht der Abbau von Barrieren in Gemeinden und öffentlichen Betrieben. Das reicht von Bordsteinrampen über Treppen‐ lifte und Fahrstühle bis hin zu einem neu entwickelten Etikettierungsmodell, mit dem Informationen auf Verbrauchsprodukten für blinde und sehbehin‐ derte Menschen zugänglich gemacht werden (Bandiera Lilla-2022). Viele Gemeinden haben bereits die Auszeichnung der „Bandiera Lilla“. Sie muss jedoch, wie die meisten Zertifizierungen, durch regelmäßige Prüfun‐ gen aktualisiert werden. Solche Rezertifizierungen sind wichtig, denn häufig kommt es zu Veränderungen bei den Angeboten, z. B. durch Umbau- oder Wartungsarbeiten. Ein konkretes Beispiel wird in einem Artikel des „I Vostro Giornale (IVG)“, einer italienischen Tourismuszeitung, angesprochen: In der Gemeinde Spotorno, in der Nähe Genuas, wurde durch Sanierungsarbeiten des Regenwasserabflusses der einzige Verbindungsweg vom Parkplatz des alten Bahnhofes zur Innenstadt für gehbehinderte Menschen unpassierbar (IVG-2018). Ein positives Beispiel einer Gemeinde, die die „Bandiera Lilla“ erhalten hat, ist Santa Margherita Ligure, die mit ihrem Strand „Mare per Tutti“ (dt. „Meer für alle“) einen barrierefreien Strandbereich geschaffen hat, der für alle zugänglich ist. Um den Komfort für beeinträchtigte Personen zu erhöhen, wurden große und komfortable Umkleidekabinen und barriere‐ freie Duschen errichtet, Sandbereiche mit PVC-Plattformen bedeckt, um den Zugang zu allen Bereichen und zum Wasser zu erleichtern, Rollstühle für den Eintritt ins Wasser bereitgestellt und ein Begleitservice angeboten (Associazione Paratetraplegici-2022). 190 14 Barrierefreier Tourismus in Europa <?page no="191"?> 14.3 Barrierefreier Tourismus in Luxemburg mit Joel Sauber Luxemburg hat 634.730 Einwohner: innen (Statec 2021), von denen 92.738 über 65 Jahre oder älter sind. Das entspricht in etwa 15 % der Bevölkerung. Im Vergleich zu Deutschland oder Frankreich erscheint das niedrig, denn dort liegt der Schnitt der älteren Bevölkerung bereits bei über 20 %. Jedoch ist in den letzten Jahren der Anteil der älteren Bevölkerung stark gewachsen, sodass der demografische Wandel und mit ihm die Anforderungen an Barrierefreiheit auch in Luxemburg immer mehr ins Feld der Beobachtung rücken. Der Anteil von Menschen mit Behinderung wird nicht offiziell erhoben. Nach Informationen des gemeinnützigen Vereins Info-Handicap liegt der Anteil der Bevölkerung mit Behinderung bei etwa 15 % (Feith 2020). Das sind geschätzt rund 80.000 bis 90.000 Menschen. Olivier Grüneisen, Direktor von Info-Handicap, steht im regelmäßigen Austausch mit der Regierung, um in Zukunft genaue Statistiken über behinderte Menschen in Luxemburg zu erheben. Wissen-|-Demografischer Wandel in Luxemburg In Luxemburg steigt der Anteil der Bevölkerung mit einem Alter von über 65 Jahre durch den demografischen Wandel an, auch wenn derzeit noch nicht das Niveau von Frankreich oder Deutschland erreicht ist. Nichtsdestotrotz ist das Thema Barrierefreiheit auch im Tourismus als Bereich der Zukunft erkannt. Barrierefreies Reisen ist in die allgemeine Strategie von Tourismus Luxem‐ bourg eingegliedert. Die Direktion von Tourismus in Luxembourg arbeitet dazu regelmäßig mit anderen staatlichen Institutionen, privaten Betrieben und gemeinnützigen Vereinen zusammen. Sie gibt als übergeordnetes Ziel an, die Qualität der Angebote für alle Urlauber: innen verbessern zu wollen. Zudem sollen neue Zielgruppen erschlossen werden, die bislang nicht oder wenig am touristischen Geschehen teilnehmen. Luxemburg möchte sich als qualitativ hochwertige Destination für alle positionieren und ent‐ sprechende Angebote umsetzen. Es wurde erkannt, dass die Gruppe von 14.3 Barrierefreier Tourismus in Luxemburg 191 <?page no="192"?> Abbildung 21: Logo „EureWelcome Luxem‐ bourg“ (Quelle: Info-Handicap Luxembourg) Tourist: innen, die ein barrierefreies Angebot schätzen, in Zukunft wachsen wird (Ewen-2021). 14.3.1 Das Label „Eurewelcome Luxembourg“ für barrierefreies Reisen Das Label „EureWelcome Luxembourg“ (→ Abbildung 21) fördert die An‐ passung touristischer Dienstleistungen für Menschen mit Behinderung. Es wurde 1999 von der High Level Group Inclusion (HLGi) entwickelt, um die transnationale Mobilität von Menschen mit Behinderungen zu verbessern. „EureWelcome“ ist das einzige of‐ fizielle Label für Projekte zum Thema Barrierefreiheit in Luxem‐ burg. Es unterliegt der Direktion für Tourismus des Wirtschaftsmi‐ nisteriums. Die Aufgabenfelder der Entwicklung und Durchführung der technischen und praktischen Aspekte übernimmt Info-Handicap (ECA 2017, 26-f.). Das Label wird an Tourismuseinrichtungen, öffentliche Einrichtungen oder Veranstaltungen vergeben, die sich um die Thematik der Barrie‐ refreiheit, Gastfreundlichkeit und der Bedürfnisse aller Besucher: innen bemühen. Zur Erlangung des Zertifikats müssen Grundvoraussetzungen an architektonischer Barrierefreiheit und Freundlichkeit erfüllt werden (Eurowelcome.lu 2022). Info-Handicap veröffentlichte 2020 bereits die fünfte Ausgabe eines Informationsblatts, um detaillierte Informationen zur Zugänglichkeit zur Vefügung zu stellen. Es wird zum einen als Marketingtool benutzt, um Unternehmen zu ermutigen, sich für das Label „EureWelcome“ zu begeistern. Zum anderen enthält das Infoblatt detail‐ lierte Beschreibungen zu Hotels, Restaurants, Kultur- und Freizeitaktivi‐ täten, Transportmöglichkeiten für Nah- und Fernverkehr sowie weiteren Informationszentren, die Besucher: innen zu touristischen Angeboten und Orten beraten (Info-Handicap-2022). 192 14 Barrierefreier Tourismus in Europa <?page no="193"?> 14.3.2 Barrierefreie Mobilität in Luxemburg Menschen mit Behinderung bedürfen für ihre Mobilität spezieller Infra‐ struktur. Das reicht von barrierefreien Parkplätzen, Leitsystemen oder kur‐ zen Wegen bis hin zu barrierefreien Tourist-Informationen. Viele Städte und Ortschaften rund um die Hauptstadt Luxemburg sowie die Stadt selbst haben durch verstärkte Bemühungen der jeweiligen Gemeinden und der Regierung bereits eine Vielzahl an Anpassungen zur Barrierefreiheit vorgenommen. Fußgängerüberwege sind mit tastbaren Streifen und Feldern versehen, die seh- und gehbehinderte Menschen eine sichere Straßenquerung ermögli‐ chen. Zudem sind sie mit einer Zusatzbeleuchtung und einem sogenann‐ ten Blindenleitsystem verbunden. Die Streifen des Systems befinden sich auf beiden Seiten der Straßenübergänge und geben den sehbehinderten Menschen Informationen über den Standort und die Ausrichtung eines Fußgängerübergangs. Weiterhin informieren sie Personen über abgesenkte Bordsteinkanten. Der Bürgersteig ist an der überquerenden Stelle abgesenkt, damit u. a. für sehbehinderte Menschen, Rollstuhlfahrer: innen und Personen mit Kinderwagen das Überqueren vereinfacht wird. Die Straßenampeln sind oftmals mit Vibration und Tonsignalen ausgestattet und zudem als Orientierungspunkt gedacht (Ville de Luxembourg-2022). Die Informationsbroschüre „Mobilität für Alle“ der Stadt Luxemburg bie‐ tet eine geografische Darstellung des Zentrums mit allen zugänglichen bar‐ rierefreien Wegführungen, die explizit Straßenübergänge aufzählt, an denen Menschen mit speziellen Bedürfnissen eine Hilfestellung zur Überquerung angeboten wird (Ville de Luxembourg 2013, 5). Die Form der eben genannten Straßenüberquerung ist weit verbreitet in Luxemburg. Obwohl sie noch nicht allenorts anzutreffen sind, finden sich selbst in kleineren Gemeinden dennoch häufig zumindest einzelne Elemente der mobilitätsunterstützenden Fußgängerüberwege. Die Vorrichtungen und Maßnahmen haben sich über die letzten Jahre vervielfacht. - PKW Um mit dem Auto mobil zu sein, bedürfen Personen mit Beeinträchtigungen insbesondere geeigneter behindertengerechter Parkplätze. Menschen im Rollstuhl sind etwa auf einen Behindertenparkplatz angewiesen, da sie mehr Platz für das Ein- und Aussteigen oder Beladen eines Autos benötigen. Das Informationsblatt von Info-Handicap sowie das Label „EureWelcome“ hilft bei der Informationsbeschaffung zur örtlichen Infrastruktur und zu 14.3 Barrierefreier Tourismus in Luxemburg 193 <?page no="194"?> Unterkünften. Es kann auch nachgesehen werden, wo sich Behinderten‐ parkplätze befinden. Große Einkaufzentren und Parkhäuser sind landesweit mit behindertengerechten Parkplätzen ausgestattet. Um die Parkplätze in Anspruch nehmen zu können, muss die jeweilige Person über einen Behindertenausweis verfügen (Le gouvernement du Grand-Duché de Luxembourg 2022). Der Ausweis gilt für das ganze Land sowie in allen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die Stadt Luxemburg bietet im Zentrum etwa 300 Behindertenparkplätze. Die Nut‐ zung ist mit einem gültigen Behindertenparkausweis kostenfrei (Ville de Luxembourg-2022). - Bahn Am 1. März 2020 gab es im Großherzogtum Luxemburg eine weltweit einmalige Revolution des öffentlichen Personennahverkehrs: Er wurde kos‐ tenlos! Es wird kein Ticket mehr benötigt. „Der kostenlose Nahverkehr war der Hebel, um in Luxemburg eine echte Mobilitätsrevolution anzukurbeln“, konstatierte François Bausch (2020), der damalige Mobilitätsminister. Dieser Schritt bedeutet auch den Abbau einer Barriere, denn bereits der Kauf eines gültigen Tickets - und das hat wahrscheinlich jede: r schon einmal erlebt - kann in vielen Verkehrsverbünden der Welt wahrlich eine Herausforderung sein. - Bus - Praxisbeispiel Voyages Emile Weber Das Luxemburger Busunternehmen Voyages Emile Weber konzentriert sich in seinem Unternehmensleitbild auf die Entwicklung des barrierefreien Rei‐ sens. Geschäftsführer Roland Heinisch bezeichnet das barrierefreie Reisen als seine Herzensangelegenheit und sieht sein Unternehmen als Vorreiter für barrierefreies Reisen in Luxemburg. Um barrierefreie Angebote zu schaffen, zählt zu seiner Flotte inzwischen ein rollstuhlgerechter Reisebus, der für 44 Personen und darunter bis zu 12-Rollstuhlfahrer: innen ausgelegt ist. Die Besonderheit besteht in einem eingebauten Schwebelift, mit dem die Kund: innen direkt von der Tür zu ihrem Sitzplatz befördert werden können. Ein zusätzlicher Außenlift garantiert den Rollstuhlfahrer: innen den Zugang zum Fahrgastraum. Auch die Toilette an Bord ist für Personen mit Rollstuhl nutzbar (→ Abbil‐ dung-22). 194 14 Barrierefreier Tourismus in Europa <?page no="195"?> Abbildung 22: Rollstuhlgerechter Reisebus (Quelle: eigene Aufnahme von Emile Weber) Neben Bussen für mobilitätseingeschränkte Personen werden zudem pas‐ sende Reiseprogramme angeboten. Darüber hinaus gibt es Mobilitätsange‐ bote für Menschen mit chronischen Beeinträchtigungen in Form von speziell ausgestatteten Kleinbussen (Voyages Emile Weber-2022). 14.3.3 Sonstige Angebote in Luxemburg Im Informationsblatt von Info-Handicap, ertsellt in Zusammenarbeit mit der luxemburgischen Regierung, sind ebenfalls Freizeitbeschäftigungen und diverse Ausflugsmöglichkeiten aufgeführt, die mobilitätseingeschränkte 14.3 Barrierefreier Tourismus in Luxemburg 195 <?page no="196"?> Menschen in der Großregion unternehmen können. Drei Beispiele sollen hier genannt werden: • Das Luxemburg City Museum ist frei zugänglich für Rollstuhlfahrer: in‐ nen und verfügt über drei barrierefreie Toiletten. Sämtliche Stockwerke sind durch einen Fahrstuhl erreichbar und zusätzlich stehen Leihrolls‐ tühle zur Verfügung. Für Gruppen mit eingeschränkter Mobilität wird der Nebeneingang mit eingebauter Hebebühne empfohlen, um den Zu‐ gang zu erleichtern. Zudem haben Besucher: innen mit Sehbehinderung die Möglichkeit, spezielle Führungen zu buchen. • Das Théâtre des Capucins im Stadtzentrum bietet nach Renovierungs‐ arbeiten Sitzplätze für Rollstuhlfahrer: innen an. • Das Thermalbad wirbt in seiner Außendarstellung nicht mit konkreten Angeboten für Menschen mit Behinderung. Dennoch wird im FAQ-Be‐ reich erklärt, dass manche Bereiche des Thermalbads, der Sauna und des Fitnessstudios an barrierefreie Anforderungen angepasst sind. Für ge‐ nauere Informationen ist eine persönliche Kontaktaufnahme allerdings notwendig. Es ist zu erkennen, dass der Grundstein für barrierefreies Reisen in Luxem‐ burg gelegt wurde. Es gibt bereits viele Angebote und Mobilitätsbarrieren wurden abgebaut. 196 14 Barrierefreier Tourismus in Europa <?page no="197"?> 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus Es ist eine paradoxe Situation: In Deutschland herrscht Fachkräftemangel, der ursächlich auf den demografischen Wandel zurückzuführen ist. Er wird Entscheidungen in Politik und Wirtschaft für mehrere Dekaden beeinflus‐ sen und dabei die Gesellschaft nachhaltig verändern. Weil die Generation der Babyboomer: innen, also die geburtenstarken Jahrgänge der 1950er- und 1960er-Jahre, in Rente geht, wird die Misere allgegenwärtig. Ein inklusiver Arbeitsmarkt könnte ein Teilstückchen zur Lösung des Fachkräftemangels sein. Gerade im Tourismus, und dort vor allem in der Hotellerie und Gastronomie, gibt es viele Möglichkeiten, Menschen mit einer Behinderung einzusetzen. Und viele Erfahrungen aus der Praxis bestätigen, dass es möglich ist. Interessierte Leser: innen mögen sich nur die Website des niederländischen Franchises Brownies und Downies (www.browniesandd ownies.nl) ansehen. Ein Erfolg, nach dessen Konzept mittlerweile über 50 Outlets betrieben werden. In Deutschland unterstützt der medial promi‐ nente Koch Tim Mäzler ein Restaurant, in dem Menschen mit Trisomie 21 angestellt sind. Er verbindet damit die Hoffnung, dass ein Umdenken in der Gesellschaft stattfindet (tageskarte.io 2022). Zwei Beispiele, die die Präsenz des Themas zeigen. Die meisten Schwierigkeiten mit dem Thema hat scheinbar die Politik selbst. Es muss als Totalversagen verstanden werden, dass in der deutschen Übersetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen das Wort ‚Inklusion‘ nicht vorkommt! (im englischen Originaltext tut es das.) Es wird entweder umschrieben oder mit Integration übersetzt, so wie im Artikel 27 zu Arbeit und Beschäftigung, in dem von einem „integrativen Arbeitsmarkt“ gesprochen wird (UN-Behin‐ dertenrechtskonvention-2008, Artikel 27, 21). Vielmehr muss erkannt werden, dass es eben gerade nicht so ist, dass behinderten Kolleg: innen „dann immer einer hinterherräumen“ muss, wie ein Hotelier dem Herausgeber in einem Austausch zum Thema einmal spontan entgegenhielt. Vielmehr müssen sich Arbeitgeber: innen in ihren Personalüberlegungen von einer defizitorientierten Denkweise verabschie‐ den und hin zu einer Potenzialorientierung entwickeln. Menschen mit einer Beeinträchtigung sind treue, loyale Arbeitnehmer: innen. Außerdem sind sie gut für das Betriebsklima, denn durch ihre Arbeitskraft in einem Team <?page no="198"?> müssen (und werden) alle ihre soziale Kompetenz verbessern. Zusätzlich kann auch Groupthink verringert werden. Dieses Phänomen, das häufig in homogenen Gruppen auftritt, beschreibt Fehleinschätzungen aufgrund von identisch verzerrter Informationswahrnehmung und -verarbeitung (Bouncken und Pesch 2011, 249 f.). Weiterhin wird Kund: innen gezeigt, dass das einstellende Unternehmen sozial nachhaltig handelt. Inklusive Arbeitsplätze im Tourismus sind in dem Moment, in dem Sie diese Zeilen lesen, wahrscheinlich noch immer eine viel zu oft verkannte Chance. Bedenken Sie immer, was in Ihrem Grundgesetz in Artikel 12, Satz 1 steht: „Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.“ Darum: Geben Sie Menschen mit Beeinträchtigung eine Chance! In den beiden nachfolgenden Kapiteln werden Möglichkeiten des inklu‐ siven Arbeitens im Hotelsektor vorgestellt. Danach werden die aktuellen Überlegungen der Politik (Legislative) und damit mögliche zukünftige rechtliche Grundlagen dargelegt. 15.1 Inklusives Arbeiten im Hotelsektor mit Nico-Arthur Lange Die Arbeitsmarktsituation von Menschen mit Behinderung ist eine Heraus‐ forderung. Denn trotz der idealistischen Forderung nach einer inklusiven Gesellschaft, in der Menschen mit Behinderung autonom und barrierefrei leben und arbeiten können, ist der Prozess mit einer Vielzahl von Hürden belegt. Die marktwirtschaftliche Grundordnung ist geprägt von Konkur‐ renzdenken und Wettbewerb (Böttinger 2017, 32), ein Verhalten, das der aktuellen Diskussion um eine Gemeinwohlökonomie (siehe Felber 2018) gegenübersteht. Menschen mit Behinderung werden bereits die ersten Eintrittsbarrieren für den allgemeinen Arbeitsmarkt auferlegt. Insbesondere für schwerbehinderte Menschen ist der Einstieg in den allgemeinen Arbeits‐ markt besonders schwer, wie →-Tabelle 22 verdeutlicht: 198 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="199"?> Sachverhalt 1991 1995 2000 2005 2010 2015 2016 2017 2018 anzeigepflichtige Arbeitgeber 158.034 189.211 187.940 120.588 139.555 156.306 160.220 164.631 168.693 zu zählende Arbeitsplätze 22.332.541 21.214.089 20.536.366 19.223.575 20.513.512 22.600.644 23.134.517 23.767.089 24.425.285 Soll-Pflichtarbeitsplätze 1.339.952 1.272.845 1.232.182 931.039 990.386 1.089.978 1.115.615 1.146.111 1.178.857 besetzte Pflichtarbeits‐ plätze 974.857 844.351 756.218 809.312 931.059 1.057.978 1.078.433 1.101.131 1.128.771 unbesetzte Arbeitsplätze 475.285 515.688 550.300 256.541 251.735 265.735 274.466 285.754 294.938 Ist-Quote in % 4,4 4,0 3,7 4,2 4,5 4,7 4,7 4,6 4,6 Tabelle 22: Mit Menschen mit Behinderung besetzte/ unbesetzte Arbeitsplätze (Quelle: gbe-bund.de-2020) 15.1 Inklusives Arbeiten im Hotelsektor 199 <?page no="200"?> Im Zeitraum von 1991 bis 2000 hat die Anzahl an anzeigepflichtigen Arbeit‐ gebern das höchste Niveau erreicht. Die anzeigepflichtigen Arbeitgeber sind Unternehmen, die über mindestens 20 Arbeitsplätze verfügen und dazu verpflichtet sind, Schwerbehinderte und ihnen Gleichgestellte zu beschäf‐ tigen. Die zu zählenden Arbeitsplätze zeigt die Gesamtzahl an Arbeitsplät‐ zen der anzeigepflichtigen Arbeitgeber auf. Die Soll-Pflichtarbeitsplätze sind die Anzahl an Stellen, die mindestens mit schwerbehinderten oder ihnen gleichgestellten Arbeitnehmern besetzt werden müssen, um keine Ausgleichsabgabe zu zahlen (§ 154 SGB IX). Die Ist-Quote der besetzten Stellen beschreibt den Anteil der mit Schwerbehinderten und ihnen Gleich‐ gestellten besetzten Arbeitsplätze. Sie ist im gesamten Zeitraum unter der gesetzlich festgeschriebenen Quote von mindestens 5 %. Im Zeitraum 2005-2018 konnte die Ist-Quote erhöht werden, obwohl die Anzahl der Arbeitgeber abgenommen hat. Nichtsdestotrotz ist die Ist-Quote an besetz‐ ten Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte weitestgehend konstant geblieben. Im Zeitraum von 1991-2018 hat sie sich um 0,2 Prozentpunkte auf 4,6 % erhöht. Die Quote liegt dennoch unterhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Beschäftigungspflicht von 5 % ab einer Mitarbeiteranzahl von 20 (§ 154 Abs. 1 SGB IX). Die Unternehmen lassen sich unterscheiden in Unternehmen, welche die Beschäftigungspflicht erfüllt haben, Unternehmen, die sie teilweise erfüll‐ ten, und Unternehmen, die sie nicht erfüllten. Von 168.693 Unternehmen er‐ füllten 66.164 ihre Beschäftigungspflicht. 59.531-Unternehmen erfüllten sie teilweise und 42.998 Unternehmen beschäftigten keinen schwerbehinderten Arbeitnehmer: innen (rehadat-statistik.de 2020). Insgesamt beschäftigen so‐ mit ca. 75 % der beschäftigungspflichtigen Unternehmen schwerbehinderte Menschen. Demgegenüber stehen 25 % der Unternehmen, die keine Schwer‐ behinderten beschäftigen. 15.1.1 Inklusion als ein Zahnrad gegen Fachkräftemangel in der Hospitality Aufgrund des demografischen Wandels in der deutschen Gesellschaft und des damit verbundenen Phänomens des Fachkräftemangels wird die Suche nach alternativen Arbeitskräften ein wichtiger Faktor für das Überleben und zukünftige Fortbestehen von Unternehmen sein. Der Fachkräftemangel in der Tourismusbranche könnte aufgrund der Coronapandemie noch stärker ausfallen, da viele Arbeitnehmer: innen die Branche verlassen. 200 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="201"?> Es besteht ein hohes Angebot an Arbeitsplätzen. Im Jahr 2019 waren insgesamt 37.000 Stellen im Gastgewerbe unbesetzt (Anfrage zum Arbeits- und Fachkräftemangel im Hotel- und Gastgewerbe, 6, Drucksache 19/ 17354, dipbt.bundestag.de). Die Bundesagentur für Arbeit meldete für das Hotel- und Gaststättengewerbe im Herbst 2020 6.100 unbesetzte Ausbildungsstel‐ len (Pressekonferenz vom 29. Oktober 2020, 9, arbeitsagentur.de). Daraus ergibt sich einerseits ein hohes Rekrutierungspotenzial für die Hotellerie. Andererseits besteht besonders für die Zielgruppe der Menschen mit Behin‐ derung im Alter von 15-45 Jahren die Chance, eine Ausbildung anzufangen sowie einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in der Hotellerie nachzugehen. Wissen-|-Fachkräftemangel und Inklusion In der Hospitality herrscht ein Fachkräftemangel. Außerdem bleiben Ausbildungsstellen unbesetzt. Es ist anzunehmen, dass sich die Lage durch die Auswirkungen der Coronapandemie noch weiter verschärfen wird. Inklusion kann ggf. dazu beitragen, dem Fachkräftemangel entge‐ genzuwirken. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt würde die berufliche Inklusion durchaus zulassen. Es besteht ein Angebot an Arbeitsplätzen auf dem Arbeitsmarkt sowie ein entsprechend hohes Angebot an potenziellen Arbeitnehmer: innen und Auszubildenden. Dennoch bleiben offene Stellen unbesetzt und die Erwerbslosigkeit bei Menschen mit Behinderungen - besonders im jungen, erwerbsfähigen Alter - ist hoch. Es muss reflektiert werden, warum diese Gruppe von Arbeitnehmer: innen nicht aktiver angesprochen wird. Inklusi‐ onsbarrieren sollten identifiziert und abgebaut werden. 15.1.2 Kategorien von Inklusionsbarrieren Die Gründe für die aktuelle Situation von wenigen schwerbehinderten Arbeitnehmer: innen in der Hotelbranche könnten an unterschiedlichen Inklusionsbarrieren liegen. Sie sind abhängig von der jeweiligen Art der Behinderung. Nicht jeder Mensch hat mit einer Behinderung dieselben Barrieren zu überwinden. Das ist auch ein Grund für die Komplexität bei der praktischen Umsetzung von inklusiven Maßnahmen. Im Allgemeinen lassen sich Inklusionsbarrieren in drei Kategorien einordnen: soziale, recht‐ 15.1 Inklusives Arbeiten im Hotelsektor 201 <?page no="202"?> liche und infrastrukturelle Barrieren (Bruhn et al. 2018; Böttinger 2017; Böhm-2013) (→-Abbildung-23). Abb. 23: Kategorien von Inklusionsbarrieren (Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung Bruhn et al. 2018, Böttinger2017, Böhm 2013.) Kategorien von Inklusionsbarrieren soziale Barrieren rechtliche Barrieren infrastrukturelle Barrieren Abbildung 23: Kategorien von Inklusionsbarrieren (Quelle: eigene Darstellung, in Anleh‐ nung an Bruhn et al. 2018; Böttinger-2017; Böhm 2013) Unter sozialen Barrieren wird die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Menschen mit Behinderung verstanden. Sie sind geprägt von Vorurteilen im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit, wenngleich das Institut für Menschen‐ rechte einen Bewusstseinswandel hin zu mehr Inklusion beobachtet. Die bestehenden Vorurteile, die als Gründe für die hohe Arbeitslosigkeit bei Menschen mit Behinderung zu sehen sind, sind einfach zu benennen: • Menschen mit Behinderung sind auf Sondersysteme angewiesen, da sie dort die angemessene Betreuung erhalten und die jeweiligen Einschrän‐ kungen besser gehandhabt werden als in Betrieben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. • Menschen mit Einschränkungen sind unzuverlässig, da sie an einer Krankheit leiden und Krankheitsausfälle stärker auftreten können. • Schwerbehinderte Menschen genießen einen besonderen Kündigungs‐ schutz, der dazu führt, dass eine etwaige Beendigung des Arbeitsver‐ hältnisses nur mit hohem bürokratischem Aufwand möglich ist (Vie‐ weg-2018,-88-f.). • Es besteht Ableismus (vom Engl. „to be able“ = „fähig sein“), also eine Reduktion auf ihre geringere Leistungsfähigkeit. Menschen mit Behinderung erfahren insofern denselben Effekt, der Menschen mit Migrationshintergrund durch Rassismus widerfährt (Arnade-2015,-79). 202 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="203"?> Die rechtlichen Barrieren beziehen sich auf die Einrichtungen zur Förde‐ rung von Inklusion und deren Zuständigkeiten. Es gibt für Menschen mit Behinderung keine einheitlichen Ansprechpartner: innen. Es gibt eine Vielzahl von Behörden, die entsprechend der Sachlage zuständig sein können. Auf Anfragen der Betroffenen muss somit zunächst die Zustän‐ digkeit geprüft werden. Das führt dazu, dass die Prozesse bürokratisch und langwierig werden. Die Integrationsfachdienste sollten als einheitlicher Ansprechpartner für Menschen mit Behinderung zuständig sein. Die Integrationsfachdienste wurden allerdings zu einem System für Beauftra‐ gungen sowie Ausschreibungen von Leistungen zur beruflichen Teilhabe. Somit müssen Menschen mit Behinderung zunächst ihren zuständigen Rehabilitationsträger beauftragen, der jedoch durch die Ausschreibungs‐ praxis der Integrationsfachdienste wechseln kann. Für Menschen mit Behinderung kann demzufolge vom Erhalt von Informationen bis zur Inan‐ spruchnahme von Förderungen ein erheblicher bürokratischer Aufwand bestehen. Darüber hinaus wird kritisiert, dass besonders Mitarbeitende in den Jobcentern die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung nicht ausreichend verstehen (Vieweg-2018,-95). Die infrastrukturellen Barrieren beziehen sich auf die barrierefreie Ge‐ staltung von Arbeitsplätzen innerhalb der Betriebe. Ohne infrastrukturelle Anpassungen in Bezug auf die jeweilige Art der Behinderung ist ein vollstän‐ diges Entfalten des Leistungspotenzials nicht möglich. Im Vordergrund steht der ökonomische Nutzen der jeweiligen Arbeitnehmer: innen für das Unter‐ nehmen (Böttinger 2017, 32). Des Weiteren behauptet Böttinger (2017, 33), Inklusion werde nur akzeptiert, wenn sich Menschen mit Behinderung an die bestehenden betrieblichen Strukturen anpassen können und der Erfolg von Inklusion messbar sei. In einem Betrieb, der keine Mitarbeitenden mit Einschränkungen beschäftigt und der folglich keine Infrastruktur vorweist, die ein barrierefreies Arbeiten ermöglicht, ist eine berufliche Inklusion nicht möglich. So bleibt es ein ewiges Missverständnis: Nicht betroffene Mitarbeitende müssen sich an die bestehenden Strukturen anpassen, son‐ dern die vorhandenen Betriebsstrukturen müssen auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden angepasst werden (Arnade-2015,-79). 15.1 Inklusives Arbeiten im Hotelsektor 203 <?page no="204"?> Wissen-|-Barrieren der beruflichen Inklusion Es gibt drei Barrieren, die einer beruflichen Inklusion entgegenstehen: soziale, rechtliche und infrastrukturelle. Sie müssen abgebaut werden, um die Öffnung eines Betriebs zu ermöglichen. Vor Ort sind es die infra‐ strukturellen Maßnahmen. Es müssen vor allem die Betriebsstrukturen den Bedürfnissen der Mitarbeitenden angepasst werden. In Deutschland gibt es bereits einige Hotels, die Mitarbeitende mit allen Arten von Behinderungen beschäftigen. Einige sind als Inklusionsbetriebe geführt. Sie alle bestehen erfolgreich am Markt. Ein positives Beispiel kann die Kette der Embrace Hotels sein (www.embrace-hotels.de). 15.1.3 Der ressourcenorientierte Ansatz Die berufliche Inklusion von Menschen mit Behinderung kann durch den ressourcenorientierten Ansatz gefördert werden. Der Großteil der Menschen, die mit einer Einschränkung leben, wurden mit dieser nicht geboren, sondern entwickelten sie im Lebensverlauf (Böhm, Baumgärtner und Dwertmann 2013, 4). Im Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit steht, dass 88,8 % der entwickelten Einschränkungen auf eine Krank‐ heit zurückzuführen sind (Bundesagentur für Arbeit, Blickpunkt Arbeits‐ markt - Situation schwerbehinderter Menschen 2019, 5), d. h., durch eine Erkrankung sind für die Betroffenen Inklusionsbarrieren (→ Kapitel 15.1.2) entstanden. Sie müssen den Umgang mit der Krankheit und den damit verbundenen Einschränkungen lernen. Flexibilität und eine hohe Willens‐ kraft sind dazu notwendig, um wieder selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Da die meisten Menschen mit Einschränkungen vor ihrer Krankheit ein barrierefreies Leben führen konnten, verfügt ein Groß‐ teil über eine abgeschlossene Berufsausbildung oder ein abgeschlossenes Studium. Im Vergleich zu nichtbehinderten Arbeitslosen sind Menschen mit Einschränkungen verhältnismäßig besser qualifiziert (ebd.,-11). Trotz der höheren Qualifikation ist die Arbeitslosenquote bei Menschen mit Einschränkungen höher als bei nichtbehinderten. Dabei hat der Betrieb durch die berufliche Inklusion zum einen die Möglichkeit, qualifizierte Fachkräfte an sich zu binden. Zum anderen kann er durch das Erlernen der beruflichen Inklusion innerbetrieblich auf diesem Feld seine Kompeten‐ zen ausbauen (Montagstiftung Jugend und Gesellschaft 2017, 124), denn 204 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="205"?> berufliche Inklusion ist ein komplexer Prozess und eine pädagogische Herausforderung (Böttinger-2017, 31-f.). Um berufliche Inklusion mithilfe des ressourcenorientierten Ansatzes durchzuführen, bedarf es bei Führungskräften eines Perspektivwechsels. Der Schwerpunkt muss auf die Potenziale und Fähigkeiten der Beschäf‐ tigten gelegt werden und nicht defizitorientiert ausfallen. Menschen mit Behinderung verfügen über Einschränkungen einerseits, auf der anderen Seite jedoch auch über überdurchschnittliche Fähigkeiten (Becker und Otto-Albrecht 2019, 20). Um das zu veranschaulichen, sind an dieser Stelle beispielhaft zwei Arten von Einschränkungen und die jeweilige Perspektive und Einsatzmöglichkeiten im Hotelbetrieb genannt (→-Tabelle-23): Einschränkung Defizit Ressource Einsatzmöglichkeiten Autismus eingeschränkte So‐ zialkompetenz überdurch‐ schnittliche ana‐ lytische, mathe‐ matische sowie Konzentrations‐ fähigkeit • Revenue Manage‐ ment • Channel Manage‐ ment • Controlling Lernschwäche leistungsschwach, ungeeignet für kom‐ plexe Aufgaben Freude an routi‐ nierten, einfa‐ chen Tätigkeiten • Restaurant • Housekeeping Tabelle 23: Einschränkung, Defizit- und Ressourcenorientierung (Quelle: eigene Darstel‐ lung in Anlehnung an Becker und Otto-Albrecht2019, 20, 92) Auf die Hotellerie übertragen wären Autist: innen aufgrund ihrer ausgepräg‐ ten analytischen Kompetenz und überdurchschnittlichen Konzentrations‐ fähigkeit im Channel bzw. Revenue Management sowie im Controlling ressourcenorientiert einsetzbar. Auf der anderen Seite lassen sich Mitarbei‐ tende mit einer Lernschwäche im Restaurantbetrieb (Tische abräumen, eindecken, spülen) oder im Housekeeping (Reinigung der Hotelzimmer) einsetzen, in dem sie überwiegend Routinetätigkeiten nachgehen. Im Fokus steht der Beitrag aller Mitarbeitenden zum Gesamtergebnis (Becker und Otto-Albrecht 2019, 20). Folglich kann der Schwerpunkt auf die Potenziale statt auf Defizite von wirtschaftlichem Interesse für das Unternehmen sein. 15.1 Inklusives Arbeiten im Hotelsektor 205 <?page no="206"?> Wissen | Defizitversus ressourcenorientierte Denkweise bei Arbeitgebern Zur Schaffung von inklusiven Arbeitsplätzen muss sich der Arbeitgeber von einer defizitorientierten Denkweise lösen und hin zu einer ressour‐ cenorientierten Denkweise wechseln. Ressourcen zu entdecken und bei Bedarf weiterzuentwickeln, ist ein wichtiger Bestandteil von Inklusion (Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft-2017,-124). 15.1.4 Hotelbetriebe mit Inklusionskonzepten - Beispiele aus der Praxis Inklusionsbetriebe sind Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarktes und agieren rechtlich und wirtschaftlich selbstständig (§ 215 Abs. 1 SGB IX). Sie beschäftigen schwerbehinderte Menschen, die den Übergang von einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) hin zum allgemeinen Arbeits‐ markt anstreben, Schulabgänger: innen von Sonder- und Förderschulen sowie langzeitarbeitslose Schwerbehinderte. Die Inklusionsbetriebe haben im Wesentlichen zwei Funktionen (integrationsaemter.de): 1. Qualifizierungsfunktion: Beschäftigung und berufliche Qualifizierung innerhalb des allgemeinen Arbeitsmarktes 2. Vermittlungsfunktion: Schwerbehinderte werden bei der Suche nach einer Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unterstützt Gefördert werden die Inklusionsbetriebe aus der Ausgleichsabgabe sowie durch Eingliederungszuschüsse der Bundesagentur für Arbeit. Die Inklu‐ sionsbetriebe beschäftigen einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Menschen mit Behinderung. Um als Inklusionsunternehmen zu zählen, muss der Anteil der Menschen mit einer Behinderung mindestens 30 % be‐ tragen und darf 50 % nicht überschreiten (integrationsaemter.de). Es soll ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Mitarbeitenden mit Einschränkungen und nichtbehinderten Arbeitnehmer: innen gewährleistet werden. In Deutschland gibt es aktuell 965 Inklusionsunternehmen, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sind (bag-if.de, Stand 2019). Sie unterschei‐ den sich nach Branchen wie folgt (→-Abbildung-24): 206 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="207"?> Abbildung 24: Inklusionsunternehmen nach Branchen (Quelle: bag-if.de, Datenbasis: BIH, Stand: 2020) Kantine, (Schul-)Catering, Café, Restaurant; 18% Industriedienstleistungen; 13,40% Handwerkliche Dienstleistungen; 12,60% Handel; 12,40% GaLa-Bau, Landwirtschaft, Naturschutz; 11,40% Facilitymanagement, Reinigung; 11,20% Bürodienstleistung; 5,50% Hotel, Tagungshaus; 4,90% Umzug, Logistik, Recycling; 4,30% Wäscherei; 3,30% sonstige Branchen; 3,10% Abbildung 24: Inklusionsunternehmen nach Branchen (Quelle: bag-if.de, Datenbasis: BIH, Stand 2020) Der Großteil der Inklusionsunternehmen ist demnach in der Gastronomie (18 %) tätig. Die Hotellerie hat einen prozentualen Anteil von 4,9 %; es sind also ca. 50 Hotels mit Inklusionskonzepten in Deutschland am Markt (bag-if.de, Stand 2019). Insgesamt gibt es in Deutschland 43.771-Hotels (de‐ hoga-bundesverband.de, Stand 2021). Die Betriebe mit Inklusionskonzepten zählen damit zu einer Nische innerhalb des Hotelgewerbes. Im Folgenden werden zwei Hotelbetriebe mit Inklusionskonzepten vor‐ gestellt: das Best Western am Straßberger Tor und das Hotel Einsmehr. Außerdem wird ein Einblick in die Embrace Hotels gegeben, eine Hotel‐ organisation, die sich auf die berufliche Inklusion von Menschen mit Behinderung spezialisiert hat. 15.1 Inklusives Arbeiten im Hotelsektor 207 <?page no="208"?> Best Western Hotel am Straßberger Tor Das Best Western Hotel am Straßberger Tor ist ein Vier-Sterne-Business-Ho‐ tel in Plauen (bestwestern.de). Es verfügt über 68 Zimmer, davon sind 53 für Senior: innen und ein Zimmer für Rollstuhlfahrer: innen entsprechend eingerichtet. Des Weiteren verfügt das Hotel über ein Restaurant und eine Hotelbar, die barrierefrei erreichbar sind (Best Western barrierefrei 2018, 18). Außerdem bietet das Hotel seinen Kund: innen eine kostenfreie Sauna. Für den Businessbereich stehen sechs Tagungsräume sowie jeweils ein Besprechungsraum und ein Konferenzfoyer zur Verfügung (bestwestern.de). Der Träger des Hotels ist das berufliche Trainingszentrum Plauen. Es fokussiert sich auf die berufliche Eingliederung von Menschen mit einer psychischen Behinderung und bietet berufliche Erstausbildungen einerseits und Umschulungen andererseits an. Das Hotel beschäftigt 39 Mitarbeitende, davon haben 15 eine Behinderung. Sie werden in allen Bereichen des Hotels eingesetzt. Das Hotel verfügt weiterhin über eine Wäscherei, die auch von außerhalb des Hotels Aufträge annimmt, sowie ein Restaurant, das Caterin‐ gleistungen anbietet (Böhm, Baumgärtner und Dwertmann-2013,-122). Bereits während der Planung des Hotels wurde eine Kooperation mit den Best Western Hotels eingegangen. Besonders anzumerken ist, dass das Hotel sich selbst nicht als einen Inklusionsbetrieb präsentiert. Für die Umsetzung der beruflichen Inklusion setzt das Hotel auf Verhaltens- und Kommunika‐ tionstrainings, Ressourcenorientierung und flexible Arbeitszeitmodelle. Das Ziel des Hotels ist es, Menschen mit Behinderung auf dem allgemei‐ nen Arbeitsmarkt die Möglichkeit zu geben, sich beruflich zu beweisen und Bereiche mit Einschränkungen durch Trainings zu schulen. Bei der Platzierung der Mitarbeitenden innerhalb des Betriebs werden die Wün‐ sche und Bedürfnisse der Mitarbeitenden miteinbezogen. Anschließend werden ggf. infrastrukturelle Anpassungen vorgenommen, um die volle Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. Dazu werden Mitarbeitende auf den jeweiligen Positionen platziert und qualifiziert. Die saisonalen Belastungen und Schichtarbeit in der Hotellerie werden mit der räumlichen Nähe zum beruflichen Trainingszentrum Plauen kompensiert. Hier erhalten die Mit‐ arbeitenden psychosoziale Unterstützung und lernen, mit der Belastung umzugehen (Böhm, Baumgärtner und Dwertmann-2013,-122-ff.). 208 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="209"?> Hotel Einsmehr in Augsburg Das Hotel Einsmehr befindet sich in Augsburg. Gegründet wurde es im Jahr 2020, zur Zeit der Coronapandemie, und ist das erste Inklusionshotel in der Stadt. Das Hotel verfügt über 73 barrierefreie Zimmer, davon sind acht rollstuhlgerecht. Außerdem bietet das Haus seinen Urlauber: innen im Restaurant ein Frühstücksangebot und eine Hotelbar mit einer Lounge an. Das Hotel beschäftigt 24 Mitarbeitende, davon haben die Hälfte eine geistige Behinderung. Träger des Hotels ist der gleichnamige Verein Einsmehr e. V., der sich für Menschen mit Down-Syndrom engagiert (hotel-einsmehr.de). Das Hotel bietet neben Arbeitsplätzen für Menschen mit einer geisti‐ gen Beeinträchtigung auch ein ökologisch nachhaltiges Angebot. Neben Bio-Produkten im Frühstücksbereich sind die Zimmer ökologisch nachhaltig mit recycelten Materialien ausgestattet (Fuchs 2020). Darüber hinaus wer‐ den für die Reinigung der Zimmer ökologische Reinigungsmittel verwendet. Ein Teil des Stromverbrauchs wird über eine eigene Fotovoltaikanlage gewonnen (hotel-einsmehr.de). Das Hotel ist als eine gemeinnützige GmbH gegründet worden und qualifiziert Menschen mit einer geistigen Behinderung für den allgemeinen Arbeitsmarkt. Dabei werden die Beschäftigten im Rahmen eines Qualifizie‐ rungsprogramms für eine Tätigkeit im Hotel eingearbeitet. Neben der Qua‐ lifizierung vermittelt das Hotel Einsmehr bereits qualifizierte Mitarbeitende für Hotels, die über kein Inklusionskonzept verfügen (hotel-einsmehr.de). Das Hotel setzt bei der Inklusionsstrategie ebenfalls auf Ressourcenorien‐ tierung. Die Arbeitsabläufe innerhalb des Hotels wurden entsprechend der Fähigkeiten der Mitarbeitenden angepasst. So werden beispielsweise Mitar‐ beitende im Housekeeping, die durch körperliche Einschränkungen nicht in der Lage sind, die Betten zu beziehen, in anderen Bereichen eingesetzt, in denen sie ihr individuelles Potenzial einsetzen und Aufgaben übernehmen können, bei denen die körperliche Beeinträchtigung keine Barriere darstellt (hotel-einsmehr.de). Darüber hinaus kommt den Kooperationspartnern eine Schlüsselrolle zu. Denn die Gründung eines Hotels ist mit hohen Investiti‐ onskosten verbunden. Mithilfe der Aktion Mensch, des Freistaats Bayern, des Bezirks Schwaben, der Stadt Augsburg und der Stadtsparkasse wurde das Investitionsvorhaben realisiert. Die Qualifizierung der Mitarbeitenden wird in Zusammenarbeit von Kooperationshotels und Werkstätten für behinderte Menschen durchgeführt (einsmehr.org). 15.1 Inklusives Arbeiten im Hotelsektor 209 <?page no="210"?> Embrace Hotels Die Embrace Hotels sind ein Verbund von Inklusionshotels in Europa. Insgesamt hat der Verein ca. 40 Mitglieder. Der Sitz des Vereins befindet sich in Much. Er bietet seinen Mitgliedern eine einheitliche Plattform zur Selbstdarstellung. Des Weiteren schult er seine Mitglieder im Hinblick auf Inklusion und bietet die Möglichkeit des Informationsaustauschs. Außerdem werden Weiterbildungen angeboten, um einen professionellen Auftritt zu gewährleisten. Die Schulungen umfassen die Bereiche E-Commerce, Hilfe bei Neugründungen und Optimierung des Frühstücksangebots. Der Verein bietet eine kostenfreie Zertifizierung im Rahmen der Initiative „Reisen für Alle“ an (embrace-hotels.de). Dadurch wird das barrierefreie Angebot der jeweiligen Mitgliedsunternehmen geprüft. Kooperationspartnerinnen für Inklusionsthemen sind u. a. die Aktion Mensch und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter. Auf der Betriebsebene kooperiert der Verbund mit der Top International (topinterna‐ tional.com). Mithilfe der Top International bekommen alle Embrace Hotels ein gemeinsames Reservierungssystem und werden in den Vertriebskanal der Top International aufgenommen. Der Großteil der Embrace Hotels befindet sich in Deutschland. Jedoch gibt es auch Häuser in Tschechien und Österreich (→-Abbildung-25). Das Angebot des Hotelverbunds umfasst Hotels jeder Kategorie. Die Inklusion von Menschen mit Behinderung ist dabei der Leitgedanke des Vereins. Die Vielfalt der Mitarbeitenden drückt sich ebenfalls in der Vielfalt der Hotels mit unterschiedlichen Kategorien aus. Der Fokus der Embrace Hotels liegt dabei auf der Vertriebsfunktion. Die Hotels beschäftigen eigen‐ ständig Mitarbeitende mit Einschränkungen und operieren unabhängig vom Verein. Im Vordergrund steht das barrierefreie Angebot für Menschen mit Einschränkungen sowie älteren Kund: innen, die vom Angebot der Mitglieder profitieren. 15.1.5 Kurzstudie zur beruflichen Inklusion in Hotels Inklusion im Hotel wird schon gelebt, aber nur an wenigen Orten. In einer Kurzstudie wurden vier Verantwortliche aus Hotels, die inklusiv arbeiten, nämlich das Hotel Einsmehr in Augsburg, das Hofgut Himmelreich in Kirchzarten, das Hotel Elysee in Seligenstadt und das Alexianer Hotel am Wasserturm in Münster, im April 2021 befragt. Ziel war es, die grundsätz‐ 210 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="211"?> Abbildung 25: Embrace Hotels in Deutschland (Quelle: eigene Darstellung) lichen Überlegungen mit der Praxis abzugleichen und Herausforderungen und Lösungsvorschläge zu erhalten. 15.1 Inklusives Arbeiten im Hotelsektor 211 <?page no="212"?> Inklusionsbarrieren in der Praxis Insgesamt bewerten die Interviewpartner: innen die rechtliche Ausgestal‐ tung als inklusionsfördernd. Jedoch betonen sie den hohen bürokratischen Aufwand als eine Hürde für Betriebe, die keine Erfahrung mit Inklusion haben. Ein Hauptthema ist immer der Kündigungsschutz. Er konnte als Pro‐ blemfeld entkräftet werden. Eine Kündigung ist durchaus möglich, wenn z. B. Mitarbeitende das Betriebsklima schädigen. Es ist insgesamt empfeh‐ lenswert, immer - und nicht nur wenn Probleme auftreten - mit dem Integrationsamt in Kontakt zu bleiben. Inklusionsbarrieren sind auch baulicher Natur. Es ändert sich aber nicht viel im Ansatz, wie bei den Überlegungen zum Tourismus kund: innenseitig. Ist ein Gebäude barrierefrei, dann ist es das für Mitarbeitende und Kund: in‐ nen. Die Lage des Arbeitgebers ist ein wichtiges Kriterium für erfolgreiche Inklusion. Gerne wird vorgegeben, dass es Grundvoraussetzung für inklu‐ sive Mitarbeitende ist, dass sie alleine zur Arbeitsstelle kommen können. Das ist in einem städtischen ÖPNV-Netz mit guten Anbindungen natürlich einfacher als für ein Hotel auf dem Land. Das gesellschaftliche Bild der Situation ist eine Einstellungsbarriere. Es führt zu gesellschaftlichen Vorurteilen und schafft keinen Anreiz für Inklusion auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Es können also die allgemeinen Inklusionsbarrieren (→ Kapitel 15.1.2) bestätigt werden. Die Hotels haben aber ihre eigenen Lösungsansätze dafür gefunden. Inklusion zu betreiben, ist ein arbeitsintensiver Prozess, der mehr personelle Ressourcen in Anspruch nimmt und wodurch der Verwaltungs‐ aufwand erhöht wird. - Lösungsansätze und Einsatzbeispiele inklusiver Hotelbetriebe Die Betriebe nutzen den ressourcenorientierten Ansatz, um Mitarbeitende mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren. Die zukünftigen Fachkräfte werden über die Integrationsfachdienste (IFD), Agentur für Arbeit und Aktion Mensch, sowie regionalen Trägern akqui‐ riert. Der Großteil der Menschen mit Behinderung hat keine Ausbildung abgeschlossen und zum Teil ist es für sie der erste Arbeitsplatz. Die Einstel‐ lung der Mitarbeitenden orientiert sich an den persönlichen Fähigkeiten und Neigungen der Mitarbeitenden. Sie werden im Vorstellungsgespräch 212 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="213"?> gefragt, in welchen Bereichen sie arbeiten möchten. Anschließend werden die Stärken und Potenziale analysiert. Folgende Erfolgsfaktoren werden genannt: • tiefes Gliedern der einzelnen Prozesse. So können Teilprozesse von Personen mit Behinderung übernommen werden. Beispiel: Eine Person kann keine schweren Arbeiten verrichten, hat aber einen Führerschein. Sie ist die betriebsübergreifende Lieferfahrerin • Aus- und Weiterbildung der behinderten Mitarbeitenden, ggf. Entwick‐ lung eines eigenen Qualifizierungsprogramms • Formulierung von Arbeitsanweisungen in leichter Sprache, ggf. mit Bildern unterstützt • regelmäßiges Wiederholen und Üben von Arbeitsabläufen • Schulung von nichtbehinderten Mitarbeitenden ○ zum Thema Inklusion ○ Wissen über bestimmte Behinderungen ○ besondere Fähigkeiten, z.-B. Gebärdensprache Der Einsatz, im Betrieb inklusive Arbeitsplätze zu schaffen, lohnt sich. Das Betriebsklima bewerten alle Interviewpartner: innen als rücksichtsvoll, persönlich und auf einer emotionalen Ebene. Die betriebliche Inklusion führt zu einer Steigerung der Sozialkompetenz von nichtbehinderten Arbeit‐ nehmer: innen. Des Weiteren werden Mitarbeitende detailorientierter und aufmerksamer, sowohl in Bezug auf die schwerbehinderten Mitarbeitenden als auch für den Service am Gast. Folgende Aufgaben werden beispielhaft für inklusive Arbeitsplätze ge‐ nannt: • kognitive Einschränkungen → Housekeeping, Küche, Service, nicht: Rezeption • Sehbeeinträchtigung →-Rezeption (mit Vergrößerungssoftware) • Rollstuhlfahrer: innen →-Verwaltung Eine solche Liste sollte immer weiter fortgedacht werden. Im Einzelfall müssen die indivdiuellen Potenziale jeweils mit dem Ressourcenbedarf des Hotels abgeglichen werden. 15.1 Inklusives Arbeiten im Hotelsektor 213 <?page no="214"?> 15.2 Operative Umsetzungen von inklusivem Arbeiten in der Hotellerie mit Josephine Bütefisch Das Merkmal der Hotellerie, kombinierte Produktions-, Handels- und Dienstleistungstätigkeit durchzuführen und Beherbergungs-, Bewirtungssowie weitere Leistungen anzubieten (Henschel, Gruner und von Frey‐ berg 2013, 47), das alles lässt bereits auf ein breites Spektrum an Berufen schließen. Sie variieren je nach Größe und Qualitätsstandard des Hotels und sind daher immer individuell zu betrachten. Unabhängig von der Größe des Hotels ist eine Unterteilung in die Administrative und die Operative feststellbar (Weit 2021). Diese sind in ihren Aufgabenfeldern unterschiedlich ausgerichtet, dennoch kann der Hotelbetrieb nur erfolgreich agieren und wirtschaften, wenn sie wie Zahnräder ineinandergreifen. So lassen sich die Aufgaben in beide Gruppen aufgeteilt veranschaulichen. Die Administrative ist geprägt von Aufgaben zur strategischen Orga‐ nisation eines Hotels. Meist betrifft dies kaufmännische Berufe, die an Büroarbeit geknüpft sind. Hierzu zählen: • Hotelleitung (General Management) • Sales & Marketing • Controlling • Buchhaltung • Einkauf • Personalwesen In größeren Betrieben kann es u. a. eine Revenue-Management-Abteilung und eine Development-Abteilung geben (Carrer account 2022), die nachfol‐ gend jedoch nicht näher erläutert werden sollen. Die Operative lässt sich im Hotel in drei Kernbereiche untergliedern und ist vor allem durch körperliches Aktivsein gekennzeichnet. Dazu zählen • die Rezeption • das Housekeeping • der F&B-Bereich Ergänzend dazu gibt es noch weitere Bereiche, wie die technischen Berufe, Security und Logistik, die hier jedoch keine Berücksichtigung finden sollen. 214 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="215"?> Eine Arbeitsplatzgestaltung im Hotel muss anforderungsgerecht und individuell für alle Mitarbeitenden mit Behinderung erfolgen und kann nicht verallgemeinert werden. Wichtig bei der Einrichtung des Arbeitsplatzes ist, dass für Mitarbeitende mit Einschränkungen weder eine Übernoch eine Unterforderung entsteht (Bundesagentur für Arbeit-2017). Wie und auf welche Weise eine Beschäftigung für Menschen mit einer Behinderung in einem Hotel möglich ist, das soll nachfolgend von ver‐ schiedenen Seiten beleuchtet werden. Zunächst wird eine Kurzstudie über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Inklusionshotels dargestellt. Danach werden die Chancen und Risiken bei der Installation von inklusiven Arbeitsplätzen einander gegenübergestellt und die Ergebnisse diskutiert. Final werden Beispiele von inklusiven Arbeitsplätzen gegeben. 15.2.1 Gegenüberstellung der Inklusionsmodelle von vier Berliner Hotels In einer Kurzstudie wird das Vorgehen der vier Berliner Inklusionshotels näher betrachtet. Es sind das Hotel Grenzfall, Hotel Rossi und Hotel Christophorus, die alle drei zu Embrace e. V. (→ Kapitel 15.1.4) zählen und das Hotel VITA. Es sollen die Unterschiede und Gemeinsamkeiten herausgearbeitet werden, um aufzuzeigen, was in der Praxis umsetzbar ist - und was nicht. Im Sommer 2021 wurden dazu leitfragengestützte Interviews mit den zuständigen Mitarbeitenden der Hotels geführt. Gemeinsam haben alle Hotels, dass es einen sozialen Träger gibt. Sie sind mittelständische Betriebe und somit in ihrer Größenordnung überschaubar. Alle Hotels bieten ihren Kund: innen die Möglichkeit, Tagungsangebote in ihren Räumlichkeiten wahrzunehmen. Drei der vier Hotels verfügen über ein oder mehrere eigene Restaurants. Das Motto, dass der Mensch im Mittelpunkt steht, kann inhaltlich allen Hotels zugeordnet werden. Drei der Hotels beschäftigen 50 % Schwerbehinderte, im vierten ist eine konkrete Beschäftigungszahl nicht ermittelbar. Alle Mitarbeitenden mit Handicap der Hotels finden eine Beschäftigung nach ihren Möglichkeiten und Bedürfnissen und werden fachkundig betreut. Die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens lässt sich ebenfalls bei allen vier Hotels feststellen. Gravierende Unterschiede sind nicht offensichtlich. An dieser Stelle sei vor allem auf den Punkt verwiesen, dass es sich beim Hotel VITA Berlin um einen Zuverdienstbetrieb des zweiten Arbeitsmarktes handelt, in dem die Mitarbeitenden die Möglichkeit zur Genesung von ihrer seelischen 15.2 Operative Umsetzungen von inklusivem Arbeiten in der Hotellerie 215 <?page no="216"?> Erkrankung erhalten und auf die Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Die anderen drei Hotels sind Inklusionsbetriebe, die ihre Mitarbeitenden auf dem ersten Arbeitsmarkt beschäftigen und in denen Menschen mit unterschiedlichen Behinderungsarten eine Arbeit finden. Zusätzlich ist zu erwähnen, dass ausschließlich das Hotel Rossi mit Behin‐ dertenwerkstätten kooperiert und so Mitarbeitende auf dem ersten und besonderen Arbeitsmarkt beschäftigt. In der Summe lässt sich feststellen, dass die Inhalte und Ziele der Inklusionsmodelle einer Richtung folgen. Der Mensch (ob als Gast oder Mitarbeitender) mit und ohne Behinderung hat ein Recht auf eine gleichbe‐ rechtigte Umwelt, in der er leben und arbeiten kann und die Chance hat, sich in seinen Möglichkeiten frei zu entfalten. Einige Erfolgsfaktoren lassen sich ableiten. Wissen | Fünf Erfolgsfaktoren für inklusive Arbeitsplätze in der Hotellerie 1. Die Hotelgröße spielt eine Rolle bei der Umsetzbarkeit der Modelle. Eine überschaubare Größe ermöglicht eine bessere Handhabbarkeit bei der Personal- und Dienstplangestaltung. 2. Die Unterstützung durch Fachpersonal hilft den Mitarbeitenden, sich gut zurechtzufinden. 3. Die bedarfsgerechte Arbeitsplatzgestaltung und die Barrierefreiheit erleichtern den Arbeitsalltag. 4. Vor allem die Bewusstseinsbildung, in Bezug auf das Thema Behin‐ derung und Inklusion, ist bei den Beschäftigten ohne Behinderung sehr ausgeprägt und erleichtert den Arbeitsalltag durch ein sensiti‐ ves Verständnis für die Kolleg: innen mit Behinderung. 5. Die Unternehmenskultur wird gelebt und spielt eine bedeutende Rolle bei der erfolgreichen Umsetzung der Inklusionsmodelle. Ein besonderes Merkmal der Inklusionsmodelle, das bisher noch keine Erwähnung fand, ist die Wirkung der Inklusion auf die Urlauber: innen, was gleichzeitig ein zusätzlicher externer Erfolgsfaktor ist. Die Langsamkeit entschleunigt und lässt sie ein paar Gänge runterschalten, formuliert der psychologisch-pädagogische Betreuer eines Hotels (Burghardt, zit. in: Rüt‐ timann 2012). Über eines der Hotels wird schon fast pathetisch berichtet, 216 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="217"?> dass dort der Service vielleicht nicht perfekt sei, aber die aufrichtige Reue, die charmante Herzlichkeit, mit der jeder einzelne Fehler, der angemahnt wird, sofort korrigiert wird, legt sich wie ein kühlendes Pflaster auf manche Wunde, die ein schnöseliger Kellner geschlagen hatte (Binder-2018). 15.2.2 Chancen und Risiken von Inklusion in der Hotellerie Inklusion bedeutet für einen Hotelbetrieb verschiedene Herausforderungen zu meistern und ist keinesfalls eine Selbstverständlichkeit. Akzeptanz sowie Verständnis müssen mit der Bewusstseinsbildung einhergehen. Nichtsdestotrotz darf Inklusion als Basis für viele Chancen verstanden werden. In einer Zeit, in der Reisende Wert auf das Hotel als Objekt legen, bekommt das Storytelling eine immer größere Bedeutung (Grassmann in Gennies-2010). Der Alltag der Menschen ist im 21.-Jahrhundert von Digita‐ lisierung und Schnelllebigkeit geprägt. An dieser Stelle gilt es anzusetzen und z. B. langsamere Arbeitsabläufe der Mitarbeitenden mit Behinderung als Vorteil zu sehen, die Urlauber: innen einen Gang zurückschalten lassen, eine Entschleunigung des Alltags hervorrufen und ihnen die Möglichkeit der Erholung schenken (Binder-2018; Gennies-2010; Rüttimann-2012). Weiterhin kann Inklusion als Katalysator für den Abbau des Fachkräf‐ temangels und die Verringerung von Fluktuation der Mitarbeitenden ver‐ standen werden. Die Hotellerie ist gekennzeichnet durch Vielfalt und Internationalität, jedoch auch durch den Fachkräftemangel. Dies wird ver‐ ursacht durch eine hohe Arbeitsintensität, lange oder auch unregelmäßige Arbeitszeiten und eine zumeist niedrige Bezahlung. Eben an dieser Stelle greifen die Potenziale der Menschen mit Handicap, die dankbar sind, eine Tätigkeit ausüben zu können. Jedes Handicap birgt eigene Potenziale, die bei gezielter Analyse des Individuums deutliche Effekte bei den Kund: innen und Mitmenschen auslösen können. Inklusion kann zur Stärkung einer sozial- und gesellschaftspolitischen Umwelt dienen und ist betriebswirtschaftlich sinnvoll. Es sind die Charak‐ tere mit Behinderung, die eine Steigerung von Sozialkompetenzen bei den Mitarbeitenden ohne Behinderung hervorrufen. Es wird nicht nur die Teamarbeit gefördert, sondern es entstehen zusätzlich innovative und unkonventionelle Lösungen im Arbeitsalltag. Das aufgeschlossene und verständnisvolle Miteinander wirkt sich zudem positiv in der Außenwahr‐ nehmung eines Unternehmens aus (Schieb, interviewt von Zeilnhofer 2019). 15.2 Operative Umsetzungen von inklusivem Arbeiten in der Hotellerie 217 <?page no="218"?> Inklusive Arbeitsplätze anzubieten, bedeutet weiterhin, dass gesetzliche Vorgaben erfüllt werden. Diesbezüglich werden finanzielle Fördermittel und die fachkundige Begleitung vom Gesetzgeber gewährt. § 154 Abs. 1 SGB IX schreibt vor, dass öffentliche und private Arbeitgebende bei 20 Beschäftigten eine fünfprozentige „Schwerbehindertenquote“ oder entsprechende Quote an ihnen Gleichgestellten zu erfüllen haben. Andernfalls gilt es, Ausgleichs‐ abgaben zu zahlen. Finanzielle Fördermittel, die von der Bundesagentur für Arbeit und den Integrationsämtern zur Verfügung gestellt werden, ermöglichen Arbeitgebenden über eine Dauer von drei Jahren bis zu 70 % des Gehaltes der Schwerbehinderten erstattet zu bekommen. Zusätzlich werden Fördermittel zur barrierefreien Gestaltung des Hotels und der individuellen Arbeitsplätze bereitgestellt. Hinzu kommen die nichtmonetären Hilfen, wie Jobtrainings, Betreuungspersonal, wie Sozialarbeiter: innen, Sozialpäda‐ gog: innen etc., welche die Mitarbeitenden mit Handicap im Arbeitsalltag begleiten. Auch Arbeitsassistenzen werden monetär gefördert und den beeinträchtigten Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt (Essl-2021,-83-f.). Weiterhin ermöglicht Inklusion und Barrierefreiheit die Erschließung neuer Kund: innenpotenziale. Die Umgestaltung von Hotels für Mitarbei‐ tende mit Einschränkungen und Kund: innen ermöglicht es, neue Zielgrup‐ pen anzusprechen. Das betrifft nicht nur Reisende mit eingeschränkter Mobilität, sondern auch Reisende höheren Alters oder auch Familien mit Kindern (Grundmann, interviewt von Zeitlhofer 2022). 42 % der deutschen Bürger: innen sind auf der Suche nach einem barrierefreien Hotel für ihren Urlaub (Endres 2018). Barrierefreiheit bedeutet, dass eine Nutzbarkeit für alle Urlauber: innen möglich ist und bedeutet gleichermaßen Prävention und Nachhaltigkeit. Durch den demografischen Wandel und die stetig steigende Lebenserwartung ist damit zu rechnen (Statistisches Bundesamt 2021), dass perspektivisch mehr Menschen höheren Alters reisen und auf komforta‐ bles, barrierefreies Reisen und Wohnen zurückgreifen. Eine Statistik des Statistischen Bundesamtes zeigt, dass Ende 2019 allein unter den schwerbe‐ hinderten Bürger: innen mehr als die Hälfte der in Deutschland lebenden Schwerbehinderten (ca. 4,5 Millionen Bürger: innen) die Altersgrenze von 65 überschritten hatte (Statistisches Bundesamt 2019). Demgegenüber stehen auch Risiken, wenn Inklusion in der Hotellerie betrieben wird. Zunächst könnte sich für die Mitarbeitenden eine Überfor‐ derung durch Leistungsdruck auf dem ersten Arbeitsmarkt ergeben. „Zeit ist Geld“, ein Zitat Franklins von vor über 250 Jahren, prägt auch das 21. Jahr‐ hundert. Menschen mit Behinderungen, denen in Inklusionsbetrieben mehr 218 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="219"?> Zeit für die Ausübung ihrer Tätigkeit zur Verfügung gestellt wird, stehen auf dem ersten Arbeitsmarkt, in regulären Hotelbetrieben, unter einem anderen Leistungsdruck. Zunächst ist es Kund: innen egal, ob das Personal etwas weniger belastungsfähig ist. Es ist deshalb von hoher Relevanz, einen normalen Service zu bieten (Binroth, zit. in: Focus Online 2013). So kann es passieren, dass Mitarbeitende eben nicht auf Verständnis vonseiten der Kundschaft stoßen, dann eine Überforderung für die Mitarbeitenden entsteht und daraus resultierend eine Unzufriedenheit für die Kund: innen. Wissen-|-Inklusive Arbeitsplätze Die Schaffung von inklusiven Arbeitsplätzen bedeutet die Steigerung der sozialen Nachhaltigkeit. Gleichzeitig darf sie aber nicht den Fort‐ bestand des Betriebes und somit die ökonomische Nachhaltigkeit ge‐ fährden. Es muss eine ausgewogene Balance herrschen, um Inklusion nachhaltig erfolgreich zu gestalten. Weiterhin ist eine anforderungsgerechte Gestaltung des Arbeitsplatzes für Menschen mit Handicap zum einen gesetzlich vorgeschrieben, zum anderen aber sowieso unabdingbar, um die erforderte Arbeitsleistung zu erbringen (§ 164 Abs. 4, Nr. 4 und 5 SGB IX). Ist eben diese Ausstattung des Arbeitsplatzes nicht gegeben, kann es zu Diskrepanzen aufseiten der Mitarbeitenden zwischen der Ausübung der Arbeit und den Anforderungen an die Arbeit kommen (Rehadat-2019c). Es könnte auch ein Diskurs sein, ob die soziale Nachhaltigkeit (also inklusive Arbeitsplätze) gar die ökonomische Nachhaltigkeit gefährdet. Auf der einen Seite steigert ein Hotel durch die Beschäftigung von Mitarbeiten‐ den mit Behinderung seinen sozialen Wert und kommt seiner gesetzlichen Pflicht nach. Auf der anderen Seite entscheiden sich Kund: innen nicht ausschließlich aufgrund des sozialen Wertes für ein Hotel. Urlauber: innen haben allgemeine Erwartungen an einen Hotelbetrieb, wie die Beherber‐ gung, Verpflegung und die damit verbundenen Serviceleistungen. Die Be‐ schäftigung von Behinderten kann diese Erwartungen, wenn sie nicht erfüllt werden, nicht ersetzen und so final ggf. nachhaltig die Existenz des Hotels gefährden (Bünk, zit. in: sueddeutsche 2019). Zu beachten ist auch, dass der Arbeitnehmerschutz für Menschen mit Be‐ hinderung strikter formuliert ist. Dazu zählt laut § 168 SGB IX der gesteigerte Kündigungsschutz. Die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses kann 15.2 Operative Umsetzungen von inklusivem Arbeiten in der Hotellerie 219 <?page no="220"?> nur in Absprache und mit Zusage des Integrationsamtes stattfinden. Hinzu kommt die in § 207 SGB IX erläuterte Mehrarbeit, von der Menschen mit Schwerbehinderung oder ihnen Gleichgestellte befreit werden. Zudem steht den Mitarbeitenden mit Schwerbehinderung laut § 208 SGB IX. zusätzlicher Urlaub zu. Ein finales Risiko könnte, vor allem bei Menschen mit kognitiven Ein‐ schränkungen, eine mangelnde Bewusstseinsbildung sein. Grund dafür ist die bedingte Beeinflussbarkeit der Einstellung eines Menschen zu bestimm‐ ten Thematiken, Situationen, Objekten etc. Bewusstseinsbildung geht mit fachkundiger Wissensvermittlung und einem persönlichen Interesse einher (UN-Behindertenrechtskonvention 2008). Eine Aufgeschlossenheit und ein Verständnis für Behinderte und deren Beschäftigung im Betrieb muss von der Führungsebene gelebt werden, um dies auch an die Mitarbeitenden und Kund: innen zu transportieren. Das ist wichtig für eine ehrlich kreierte, langfristige und inklusive Unternehmenskultur. Wird eine Unternehmens‐ kultur nicht gelebt und dies entsprechend nach außen transportiert, entsteht ein Negativeffekt für die Corporate Identity des Hotels und somit auch für das Buchungsverhalten und die Bewertungen der Urlauber: innen (Schieb, interviewt von Zeilnhofer-2019). 15.2.3 Diskussion der Ergebnisse von Fallstudie und Experteninterviews Die Ergebnisse aus Fallstudie und Experteninterviews zu Chancen und Risiken von Inklusion in der Hotellerie weisen an mehreren Stellen Parallelen auf. Die Inklusionshotels sind geprägt vom sozialen Gedanken. Das bestätigt zum einen die aus der Fallstudie ermittelten Träger der vier Hotels und die Motivation der interviewten Hoteldirektionen zur Beschäftigung und Förderung von Behinderten mit dem Ziel der langfristigen Beschäftigung der Mitarbeitenden und der damit verbundenen Unterstützung des Hotels durch deren Arbeitskraft. Ökonomische und personelle Hilfen spielen dabei eine un‐ tergeordnete Rolle. Aus den Interviews kristallisiert sich im Segment Chancen die Arbeitseinstellung der Mitarbeitenden mit Handicap heraus. Gleichwohl sind sich die Befragten einig, dass nicht alle Mitarbeitenden eine Eignung für die Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt oder auch in der Hotellerie mitbringen. Dennoch bietet sich die Hotellerie durch Einsatzbereiche mit wiederkehrenden Aufgaben als geeignete Arbeitgeberin an. 220 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="221"?> Die Arbeitsleistung der Mitarbeitenden mit Beeinträchtigung unterschei‐ det sich prinzipiell nicht von der Arbeitsleistung Nichtbehinderter, dennoch hat sich dieser Punkt als größtes Risiko herausgebildet. Das Bewusstsein der Gesellschaft, der Führungskräfte und auch das der Mitarbeitenden ohne Behinderung für Menschen mit Handicap und deren Beschäftigung wird an mehreren Stellen der Interviews fokussiert und bildet die Grundlage für eine erfolgreiche Inklusion. Vorurteile entstehen durch fehlendes Interesse, mangelnde Bewusstseinsbildung sowie dem Prestigesowie Wirtschaftlich‐ keitsgedanken und führen dazu, dass Behinderte, unter denen sich auch viele Fachkräfte befinden, unterschätzt werden. Zusätzlich wird das Bestreben zur Beschäftigung behinderter Menschen durch die damit verbundenen gesetzli‐ chen Rahmenbedingungen, zum Schutz dieser, vermindert. Der persönliche Mehrwert in der Umsetzung von Inklusion wird vor allem von Personen erkannt, die sich der Thematik öffnen - das wird in den Interviews deutlich. Die mittelständische Größe der Hotels lässt eine familiäre Atmosphäre zu, die gleichermaßen von Urlauber: innen geschätzt wird und für hohe Wiederkehrraten und nennenswerte Bewertungen sorgt. Das individuelle und harmonische Miteinander zwischen Mitarbeitenden mit und ohne Behinderung bedingen eine einzigartige Arbeitseinstellung mit geringer Krankheitsrate und wesentlich geringerer Fluktuation als in der Hotellerie üblich. Diese Personalbeständigkeit hat wiederum zur Folge, dass vor allem Mitarbeitende mit kognitiven Einschränkungen im Laufe der Zeit über sich hinauswachsen und beachtlich weiterentwickeln. Die Bezeichnung eines Modells bzw. Inklusionsmodells ist in keinem der Interviews gefallen, eher fand die Bezeichnung Konzeption Verwendung. Deutlich wurde jedoch in den Interviews, wie bedeutend die Kenntnisse über die Stärken und Schwächen der einzelnen Mitarbeitenden für eine optimale Einsatz- und Kommunikationsgestaltung sind. Eine Einstimmung der Abteilungsleitungen und der Mitarbeitenden ohne Beeinträchtigung auf die Mitarbeitenden mit Handicap muss vorhanden sein, um ein, für die regulären Arbeitsabläufe und Ausführungen der Arbeiten, optimales Umfeld zu schaffen. Die durch die Interviewten erläuterten „Modelle“ sind in ihrem Erfolg auf das persönliche Engagement und die Offenheit des Füh‐ rungspersonals zurückzuführen. Der Erfolg der Inklusionsmodelle wird vor allem daran deutlich, dass ein Großteil der Kund: innen die Behinderungen gar nicht erst bemerkt bzw. nicht darauf reagiert, zudem die von ihnen erlebten Hotelsituationen als vollkommen „normal“ empfindet und es mit wiederholten Aufenthalten und/ oder positiven Bewertungen online dankt. 15.2 Operative Umsetzungen von inklusivem Arbeiten in der Hotellerie 221 <?page no="222"?> Keine oder wenig Übereinstimmung fand sich zur aus der Fallstudie erarbeiteten Chance der Inklusion als Marktlücke. Dazu kann nur indirekt ein Bezug hergestellt werden, und zwar durch das Wiederkehren der Kund: innen. Auch der Punkt der Erschließung neuer Zielgruppen fand nur im überschaubaren Umfang Erwähnung. Im Bereich der Risiken spielte der Punkt der gesetzlichen Vorgaben keine Rolle für die Interviewten, jedoch für diejenigen aus der Hotellerie, die nicht mit der Beschäftigung von Behinderten vertraut bzw. vorurteilsgeprägt sind. Dennoch sei an dieser Stelle erwähnt, dass diese Punkte eventuell bei einer umfassenderen Inter‐ viewsituation mit weiteren Hoteldirektionen thematisiert worden wären. Weitere Forschungen sollten darüber Aufschluss geben. 15.2.4 Beispiele von inklusiven Arbeitsplätzen Abschließend werden noch einige Beispiele von inklusiven Arbeitsplätzen gegeben. Eine solche Liste kann niemals und soll daher auch nicht vollstän‐ dig sein. Vielmehr sollen die Beispiele aufzeigen, auf welche Weisen bereits inklusiv in der Hotellerie gearbeitet wird. Grundsätzliche Aussagen lauten: Menschen mit Down-Syndrom gelten als geduldige und herzliche Menschen und weisen dadurch eine Eignung für den Einsatz im Service und dem Frühstücksbuffet auf (Burghardt, zit. in: Rüttimann-2012; Fischer, zit. in: Gennies-2010) Mitarbeitende mit Bewe‐ gungseinschränkungen oder Sehbehinderungen sind besonders geeignet für Tätigkeiten im Büro, der Rezeption oder der Reservierung (Süddeut‐ sche 2019). Bei Gehörlosigkeit oder Hörbeeinträchtigung, Epilepsien etc. bietet sich die Arbeit in der Zimmerreinigung bzw. dem Housekeeping an (Achenbach 2016; Gennies 2010). Eine hohe Motivation, Lernbereitschaft, Loyalität und Teamfähigkeit zeichnen „diese“ Mitarbeitenden mit Behinde‐ rung(en) u. a. aus (Mai 2021) - wichtige Faktoren, um der hohen Fluktuation der Branche entgegenzuwirken. - Die Administrative als inklusiver Arbeitsplatz Arbeitsplatzgestaltung mit körperlicher Behinderung Das Arbeiten im Büro (Morbus Bechterew - Wirbelsäulenversteifung und Beschwerden am Handgelenk) Um verschiedene Haltungen und die Problematik des Umgangs mit Gerät‐ schaften und des Hebens und Tragens schwerer Objekte zu vermeiden, 222 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="223"?> wurden die nachfolgenden Änderungen am Arbeitsplatz vorgenommen: Austausch eines regulären Schreibtisches gegen einen höhenverstellbaren, Einführung eines Telefons mit Freisprechfunktion, Aktenschrank mit be‐ sonderer Öffnungsfunktion, Bein- und Fußstütze, Arthrodesenstuhl (spezi‐ ell für Wirbelsäulenprobleme), Hilfsmittel für die Büroorganisation. Im Betrieb wurden des Weiteren elektronische Schließsysteme integriert sowie automatisierte Rollos, Fenster- und Türenöffner und ein Sonnenschutz (Rehadat-2021-f.). Das Arbeiten im Kontakt mit Kund: innen und im Büro (Paraspastik - durch starke motorische Einschränkungen, Gebundenheit an einen elektronischen Rollstuhl) Eine barrierefreie Gestaltung des Arbeitsplatzes sowie der sanitären An‐ lagen und der Durchgangsbereiche (Türen, Gänge) war notwendig zur Schaffung des Arbeitsplatzes. Zusätzlich wurde ein höhenverstellbarer Arbeitstisch angeschafft und ein sogenannter Evakuierungsstuhl. Zudem wurde zur Eingliederung eine Arbeitsassistenz eingestellt (Rehadat-2021d). Arbeitsplatzgestaltung mit Sinnesbeeinträchtigung Das Arbeiten in der Finanzabteilung (Sehbehinderung) Die Sehbeeinträchtigung wurde krankheitsbedingt hervorgerufen. Durch die Arbeit am PC und die Nutzung der Standardprogramme ohne Anpassung an die Behinderung kam es zu vermehrten fehlerhaften Erfüllungen der Arbeitsaufgaben. Zur Verhinderung dessen und zur anforderungsgerechten Gestaltung des Arbeitsplatzes wurden eine Vergrößerungssoftware instal‐ liert, eine der Sinnesbeeinträchtigung angepasste Tastatur angeschafft, ein festes und transportables Bildschirmlesegerät gekauft sowie ein neuer Monitor mit einem passenden Schwenkarm und eine neue Beleuchtung. Durch eine Einarbeitung und Erläuterung der Gerätschaften konnte die Arbeit problemlos wieder aufgenommen werden (Rehadat-2018b). Arbeitsplatzgestaltung mit psychischer Beeinträchtigung Das Arbeiten im Büro/ der Verwaltung (Probleme mit zwischenmenschlichen Beziehungen und Persönlichkeitsstörung) Die psychische Erkrankung, geprägt durch zwischenmenschliche Bezie‐ hungsprobleme und einem gestörten Bezug zur eigenen Persönlichkeit, führte zu Depressionen und häufigen Fehlzeiten bei der Arbeit. Als Maß‐ nahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsalltag erfolgte eine statio‐ näre Behandlung in einer psychiatrischen Klinik und anschließend eine 15.2 Operative Umsetzungen von inklusivem Arbeiten in der Hotellerie 223 <?page no="224"?> „ambulante arbeitstherapeutische Maßnahme“ zur Rehabilitation. Der Wie‐ dereinstieg in den Arbeitsalltag gelang (Rehadat-2019a). Arbeitsplatzgestaltung mit geistiger Behinderung Das Arbeiten im Personalwesen (Asperger-Syndrom - Autismus) Merkmale des Asperger-Syndroms sind Schwierigkeiten bei der Identifika‐ tion relevanter Informationen aus der Umwelt und das Verstehen und Leben sozialer Regeln. Deshalb wurde ein intensives Training während des Praktikums, der Berufsausbildung und generell im späteren Arbeitsalltag vorgenommen. Die Mitarbeitenden des Büros spielten mit dem Autisten regelmäßig Rollenspiele alltäglicher Situationen nach und halfen bei der Heranführung an neue Aufgabenbereiche. Finanzielle und personelle Hilfen des Integrationsamtes hätten in Anspruch genommen werden können (Rehadat-2018c). Die Arbeit als Bürohilfskraft (Down-Syndrom) Die Einschränkung, die mit dem Down-Syndrom einhergeht, ist eine Lern‐ schwäche und verringerte Auffassungsgabe. Eine gut durchstrukturierte Arbeit mit wenigen Änderungen der Arbeitsaufgaben ist wichtig bei dieser Art von Behinderung. Deshalb wurde mithilfe des Integrationsfachdienstes (IFD) eine Einarbeitung durchgeführt und eine Unterstützung während der tatsächlichen Tätigkeit vorgenommen (Rehadat-2021a). - Die Operative als inklusiver Arbeitsplatz Arbeitsplatzgestaltung mit körperlicher Behinderung Das Arbeiten am Empfang (Rheuma, Gelenkerkrankung) In diesem Fall ist die Barriere das Einnehmen einer fixierten Haltung des Körpers. Folglich war die Umgestaltung des Empfangscounters notwendig. Die Ausstattung erfolgte mit einem höhenverstellbaren Schreibtisch, der auch das Arbeiten im Stehen möglich macht, und einem ergonomischen Schreibtischstuhl mit Fußstütze (Rehadat-2021e). Das Arbeiten als Küchenhilfe (körperlich schwere Arbeiten verboten) Das Heben und Tragen von schweren Gegenständen war verboten und stellte eine Barriere der Küchenarbeit dar. Zur Vereinfachung und Ermögli‐ chung der Arbeitsabläufe wurde ein „Kippkochkessel mit Rührwerk“ ange‐ schafft und der Arbeitsplatz mit einem „Minilifter“ ausgestattet. Dadurch konnte die Küchenhilfe die Arbeit problemlos ausführen (Rehadat-2009). 224 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="225"?> Arbeitsplatzgestaltung mit Sinnesbeeinträchtigung Das Arbeiten im Housekeeping (Gehörschädigung) Eine Barriere stellte in diesem Fall die Informationsweitergabe und Kom‐ munikation dar. Durch sukzessives Implementieren von Kommunikation durch Grundgebärden, Lippenablesen, Gestik und schriftlich in Papierfor‐ mat sowie auf dem Smartphone und die Nutzung eines Funkrufsystems und besonderer Rauchmelder mit Blitzleuchten wurden die Barrieren reduziert. Es hätte auch die Möglichkeit bestanden, Gebärdendolmetscher zur Verein‐ fachung der Kommunikation einzustellen (Rehadat-2019c). Arbeiten als Küchenhilfe (Gehörlosigkeit und Lernschwierigkeiten) Durch fehlendes Hörvermögen und das Problem der Lernschwierigkeiten fand zunächst ein anderthalbjähriges Praktikum im Küchenbereich statt. Um Arbeitsprozesse und die Aufgaben zu verstehen, wurde ein spezielles Job‐ coaching und berufliches Training mit Gebärdendolmetscher durchgeführt. Die Qualifikation am Arbeitsplatz führte zur Festanstellung (Rehadat 2019b). Arbeitsplatzgestaltung mit psychischer Beeinträchtigung Das Arbeiten als Servicekraft (Stressbewältigungsprobleme) Durch die psychische Beeinträchtigung wurden Probleme im Umgang mit stressigen Situationen hervorgerufen. Zur anforderungsgerechten Gestal‐ tung des Arbeitsplatzes nahm der Arbeitgebende eine Prüfung von Leis‐ tungsstärke der Angestellten sowie Belastungskomponenten ihrer Arbeit vor. Der Einsatz der Servicekraft in einer systematisierten Servicestelle mit definierten Aufgaben und Abläufen und einer Reduktion der Arbeitszeit ermöglichten einen stressreduzierten Arbeitsalltag (Rehadat-2021b). - Arbeitsplatzgestaltung mit geistiger Behinderung Arbeiten im Hotel (Down-Syndrom) In diesem Beispiel handelt es sich um einen Inklusionsbetrieb. Die Mitar‐ beitenden mit Down-Syndrom wurden in den Bereichen Küche, Service, Rezeption und Hauswirtschaft eingesetzt, nachdem sie zwei Jahre in der Berufsschule vorbereitet und anschließend sorgfältig in den Bereichen eingearbeitet wurden. Es fielen wiederkehrende Tätigkeiten an und Arbeits‐ gerätschaften wurden personalisiert, um Arbeitsprozesse zu vereinfachen und Komplikationen vorzubeugen. Von den Urlauber: innen erhielt das Hotel durchweg positive Rückmeldungen die Aufenthalte wurden als familiär und herzlich beschrieben (Rehadat-2018a). 15.2 Operative Umsetzungen von inklusivem Arbeiten in der Hotellerie 225 <?page no="226"?> Arbeiten in der Kantine (Autismus) Zur Eingliederung in den Arbeitsalltag und zur erfolgreichen Ausführung der Aufgaben in der Kantine wurde ein Jobcoaching durch den Integrations‐ fachdienst durchgeführt (Rehadat-2021c). 15.3 Der politische Status quo der Inklusion in der deutschen Politik mit Magdalena Reiß Die Legislative hat zur Aufgabe, durch gesetzlichen Regelungen Menschen mit Behinderung zu ihren Rechten und zu gleichen Chancen zu verhelfen. Vereinfacht gesagt ist die Rolle der Politik im Bereich der Inklusion die Stärkung öffentlicher Institutionen und gesellschaftlicher Orte, die allen Menschen Teilhabe ermöglichen und frei von Vorurteilen, Barrieren und ausschließenden Systemen sind. Die politischen Akteure sollen sich also fragen, wie Strukturen und Institutionen beschaffen sein müssen, um die Kriterien zu erfüllen. Es muss analysiert und organisiert werden, wie eine konsequente inklusive Politik die sozialen, politischen und kulturellen Fähigkeiten der Menschen stärken und somit Zusammenleben in einer individualisierten, demokratischen Gesellschaft ermöglichen kann, die stets das Gemeinwohl im Blick hat (Heinrich Böll Stiftung 2014). Daher wurden zum Ende der 1990er-Jahre die - bis dahin noch einzelnen Gesetze und Regelungen, behinderte Menschen betreffend - in einem eigenen Sozialge‐ setzbuch (SGB) zusammengefasst (Biermann-2015,-24). So schnell sich der allgemeine Arbeitsmarkt im Strukturwandel ver‐ ändert, so stetig müssen auch die Zugangsmöglichkeiten für behinderte Menschen sach- und fachgerecht beurteilt und aktualisiert werden. Neben den zahlreichen zivilgesellschaftlichen Verbänden, Vereinen, Projekten und Institutionen, die sich mit der Teilhabe von Menschen mit Behinderung am allgemeinen Arbeitsmarkt befassen, kommt der Politik eine rahmengebende Aufgabe zu. Die unterschiedlichen Gremien haben dabei verschiedene Zu‐ ständigkeiten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales koordiniert federführend, als sogenannter Focal Point, die Inklusionspolitik und legt im‐ mer wieder verschiedene inklusionspolitischen Programme auf. Beispielhaft können die Projekte „Job 4000“ oder die Inklusionsinitiative „Ausbildung und Beschäftigung“ genannt werden. Die Projekte und Programme zielen 226 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="227"?> insgesamt darauf ab, Lernkooperationen von Betrieben mit Berufsbildungs‐ werken zu schaffen, Ausbildungs- und Qualifizierungsbausteine zu gestalten und neue Ausbildungsberufe zu entwickeln, die die Berufsbezeichnung Fachpraktiker: innen tragen (Biermann-2015,-26-f.). Neben allen aufgelegten Programen stellt die Öffentlichkeitsarbeit eine entscheidende Aufgabe dar, sowohl durch das Ministerium selbst initiiert als auch durch alle einzelnen Abgeordneten in den öffentlichen Raum getragen. Personen, die ein politisches Mandat innehaben, sollen die Interessen ihrer Wähler: innen in den entscheidungsfindenden Gremien vertreten. Die dort vertretene Vielfalt an Sichtweisen qua verschiedener Parteizugehörigkeiten soll zur Findung von langfristig gesellschaftsfördernden Lösungen führen. Diese Definition entspräche einem Idealzustand. Allerdings liegt es in der „Natur des Menschen“, also auch jeder politisch aktiven Person, subjektiven Einschätzungen nachzugeben und im eigenen Interesse, statt im gesamtge‐ sellschaftlichen Sinn zu handeln. Um möglichst viele Betrachtungswinkel und verlässliche Fakten bezüglich einer Thematik bei politischen Entschei‐ dungsfindungen miteinzubeziehen, stehen u. a. Fachkräfte aus dem Bereich der Wissenschaft beratend zur Seite. Weiterhin kommen Vertretende von Peergroups zu Wort. Besondere Relevanz haben außerdem statistische Da‐ ten aus seriösen Quellen, wie beispielsweise zum demografischen Wandel, zu technischen Entwicklungen und veränderten Erwartungen der Betroffe‐ nen (Biermann-2015,-28). Nun wird der Politik oft vorgeworfen, sehr lange Zeit keine Lösungen anzubieten. Zu den Hauptverantwortlichen zählen neben der Bundesregie‐ rung und der Bundesagentur für Arbeit auch die einzelnen Bundesländer, die Kommunen und die Europäische Union. Im September des Jahres 2021 sitzen 735 Abgeordnete im Deutschen Bundestag. Damit sich nicht jede einzelne der 735 Personen in jede einzelne Thematik von Arbeitsmarktpolitik über Finanzpolitik bis hin zur Verkehrspolitik einarbeiten muss, werden auf allen Ebenen Ausschüsse gebildet, in denen einzelne Vertreter: innen aus den Rei‐ hen der Parteien sich beraten, um die Entscheidungsfindung nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Bei Betrachtung der trotzdem noch großen Zahl an Menschen, die in politische Entscheidungen zumeist eingebunden werden, die vielen Daten, die nach ihrer Erhebung auch noch einer Auswertung bedürfen und die Anhörung der unterschiedlichen außerpolitischen Interes‐ senvertretungen, lässt sich erahnen, weshalb die Entwicklung durchdachter, nachhaltiger und allgemein sinnvoller Lösungsansätze häufig nicht von heute auf morgen passieren kann. 15.3 Der politische Status quo der Inklusion in der deutschen Politik 227 <?page no="228"?> Die Politik hat sich auf die Umsetzung und Ausgestaltung der in der UN-Behindertenkonvention festgesetzten Ziele verpflichtet. Der Bereich Arbeit und Beschäftigung nimmt in Artikel 27 einen gesonderten Abschnitt ein, in dem es heißt: „Die Vertragsstaaten anerkennen das gleiche Recht von Menschen mit Behin‐ derungen auf Arbeit […]. Die Vertragsstaaten sichern und fördern die Verwirk‐ lichung des Rechts auf Arbeit, einschließlich für Menschen, die während der Beschäftigung eine Behinderung erwerben, durch geeignete Schritte, einschließ‐ lich des Erlasses von Rechtsvorschriften.“ (UN-Behindertenkonvention, Artikel 27) Mit diesen besagten „Schritten“ soll die grundsätzliche Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Behinderung im Kontext von Arbeitsplatz und Beschäftigung unterbunden werden. Gerechte, sichere und gesunde Arbeitsbedingungen und ein angemessen gestalteter Arbeitsplatz sollen sichergestellt werden und die behinderten Arbeitnehmenden sind vor Belästigungen am Arbeitsplatz zu schützen. Behinderte Menschen sollen ihre Arbeitnehmenden- und Gewerkschaftsrechte gleichberechtigt ausüben können. Berufliche Ausbildung, Möglichkeiten der Weiterbildung und des beruflichen Aufstiegs sind zu gewähleisten. Auch Möglichkeiten für Selbst‐ ständigkeit und die Gründung eines eigenen Geschäfts sollen gefördert werden. Die Beschäftigung von behinderten Menschen im öffentlichen und privaten Sektor und der Erhalt des Arbeitsplatzes sowie ein möglicher beruflicher Wiedereinstieg sind mit passenden Strategien und Programmen voranzubringen (UN- Behindertenkonvention, Artikel 27). Im Grundsatz entsprechen diese Vorgaben dem Artikel 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und spezifizieren diese nur. Damit wird die Relevanz der Chancengerechtigkeit herausgehoben und als zentrale Aufgabe des Staats und seiner Politiker: innen manifestiert. Wissen-|-Politik Es ist die Aufgabe der Politik, den gesetzlichen Rahmen für inklusive Arbeitsplätze zu schaffen. Es soll Artikel 27 der Behindertenrechtskon‐ vention umgesetzt werden. Es soll im Weiteren betrachtet werden, welche Inklusionsinhalte die Parteien bei der Bundestagswahl 2021 in ihre Parteiprogramme eingeschrieben 228 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="229"?> haben. Danach soll geprüft werden, inwieweit das für die Hotellerie passend erscheint. 15.3.1 Gegenüberstellung der Inklusionsinhalte der Parteiprogramme zur Bundestagswahl 2021 Die Bundestagswahl im Jahr 2021 ist für viele behinderte Menschen eine ganz besondere Wahl. Über 80.000 Menschen in Deutschland, denen eine rechtliche Betreuung zugewiesen ist, dürfen erstmalig mitstimmen. Noch bis in das Jahr 2019 waren viele behinderte Menschen von Wahlen im Allgemeinen ausgeschlossen. Am 15. März 2019 stimmte der Deutsche Bundestag auf Antrag der Regierungsparteien CDU/ CSU und SPD für die Einführung eines inklusiven Wahlrechts. Zusätzlich wurde ein neuer Passus zu Unterstützungsmöglichkeiten bei der Stimmabgabe durch eine Hilfsperson in das Bundeswahlgesetz eingefügt. Wissen-|-Inklusives Wahlrecht Im Jahr 2019 wurde in Deutschland das inklusive Wahlrecht eingeführt: Menschen, die bei der Wahl Unterstützung benötigen, dürfen nun auch wählen gehen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Parteien des Deutschen Bundestages diese Neuerung in ihren Wahlprogrammen zur Bundestags‐ wahl möglicherweise schon stärker berücksichtigt haben. Die folgende Betrachtung der einzelnen Wahlprogramme im Hinblick auf Inklusion, orientiert an einer Analyse von Aktion Mensch, soll darüber Aufschluss geben. Beleuchtet werden die teilhabepolitischen Themenbereiche Arbeit und Bildung, Mobilität, Sozialleistungen sowie Inklusion, Diversität, Barrie‐ refreiheit und Gesundheit und Pflege. Die Reihenfolge der Parteien folgt dabei keiner wertenden Auflistung. Zunächst wird das Wahlprogramm der CDU/ CSU betrachtet. Bei Arbeit und Bildung zielt die CDU/ CSU auf die Gleichstellung bestimmter Gruppen ab, wozu sie Frauen, Ältere und Menschen mit Behinderung zählt. Behin‐ derte Menschen, die in Werkstätten arbeiten, sollen besser bezahlt werden. Die Digitalisierung der Arbeitswelt soll vorangebracht werden und Arbeits‐ zeiten und -orte flexibler gestaltet werden können, um Barrierefreiheit zu gewährleisten. Im Bereich Mobilität geht die CDU/ CSU auf die Barrierefrei‐ 15.3 Der politische Status quo der Inklusion in der deutschen Politik 229 <?page no="230"?> heit des Schienenverkehrs ein und möchte diese weiter ausbauen. Bezüglich der Sozialleistungen setzt die Partei auf bessere berufliche Rehabilitation. Die CDU/ CSU betont das Recht von Menschen mit Behinderung auf eine barrierefreie Gestaltung ihrer Umwelt für selbstverständliche Teilhabe. Dazu soll das Behindertengleichstellungsgesetz weiterentwickelt werden. Außerdem soll der barrierefreie Zugang zu Medien sichergestellt werden, was die Partei unter informatorischer Selbstbestimmung zusammenfasst. Dabei wird auch auf Menschen abgezielt, die in einer Einrichtung leben. Ei‐ nige Menschen sind aufgrund von chronischen Krankheiten behindert und darum auf einen guten Zugang zu kompetenten Ärzt: innen und optimale medikamentöse Versorgung angewiesen. Die CDU/ CSU möchte den allge‐ mein hohen bürokratischen Aufwand im Gesundheitssystem reduzieren und die digitale Gesundheitsakte unterstützen. Die SPD spricht sich in ihrem Wahlprogramm für gleiche Teilhabe und gleiche Lebenschancen für alle aus und betont die konsequente Ablehnung von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der sozialen Herkunft, der Migrationsbiografie, der Religion, der sexuellen Orientierung oder Behinderung. Die Partei unterstützt mobiles Arbeiten im Homeoffice. All‐ gemein sollen Menschen, die keine Anstellung auf dem ersten Arbeitsmarkt erhalten können, durch den sogenannten sozialen Arbeitsmarkt ihren Weg in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung finden. Die Partei hebt behinderte Menschen als gut oder sehr gut ausgebildete Fachkräfte hervor, besonders in Zeiten des allgemeinen Fachkräftemangels. Auch die SPD setzt auf mehr Digitalisierung und betont die Digitalisierung im schulischen Bereich für mehr inklusive, ganzheitliche Bildung. Schwerbehindertenver‐ tretungen sollen insbesondere in kleineren und mittleren Betrieben gestärkt werden, um für Menschen mit Behinderung bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen. Dabei soll es auch für Arbeitgebende eine zentrale Anlaufstelle geben, bei der sie sich beispielsweise über Barrierefreiheit und Lohnzuschüsse informieren können. Die Lohn- und Arbeitsbedingungen von behinderten Menschen sollen schnell verbessert werden. Beim Thema Mobilität setzte die SPD auf barrierefreie Mobilitätsstationen, unter dem Motto „Mobilität neu denken“. Bezüglich Gleichstellung möchte die SPD ein „Bundesprogramm Barrierefreiheit“ umsetzen. Dabei bezieht sie sich auf bessere barrierefreie Zugänge zu Wohnräumen und Freizeiteinrichtun‐ gen. Das gesellschaftliche Leben soll in allen Bereichen inklusiv gestaltet werden. Dieses Programm soll mit den entsprechenden Ressourcen ausge‐ stattet werden. Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Eltern, die von 230 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="231"?> Krankheit oder Behinderung betroffen sind, sollen einfacheren Zugang zu Unterstützungsleistungen haben. Im Bereich Gesundheit und Pflege setzt die SPD auf die Förderung von personalisierter Medizin, die auf die Bedarfe jedes einzelnen Menschen zugeschnitten ist. Grundsätzlich soll das Wohl der Patient: innen im Vordergrund stehen und nicht die Erwirtschaftung von Geldern. Bündnis 90/ Die Grünen planen im Bereich Bildung für Kinder mit und ohne Behinderung gute weiterführende Schulen. Außerdem soll es eine Grundsicherung für Studierende geben, die Menschen mit Behinderung be‐ sonders berücksichtigt. Diese Unterstützung soll möglichst unbürokratisch zugänglich sein. Berufliche Weiterbildung behinderter Menschen soll durch ein Weiterbildungsgeld oder Weiterbildungs-BAföG gewährleistet werden. Für mehr Inklusion, gleichberechtigte Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung soll eine neue Enquete-Kommission sorgen. Menschen mit Behinderung, die in Werkstätten arbeiten, sollen den Min‐ destlohn bezahlt bekommen. Im Bereich Mobilität möchten die Grünen, dass schwerbehinderte Menschen die öffentlichen Verkehrsmittel kostenfrei nutzen können und generell soll der Nahverkehr barrierefreier werden. Durch Geschwindigkeitsbegrenzungen sollen die Straßen für Kinder, ältere Menschen und behinderte Menschen sicherer gemacht werden. Ein „Bun‐ desinklusionsgesetz“ soll Kindern und Jugendlichen mit Behinderung den Zugang zu allen Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe ermöglichen. Die Partei möchte ein „Barrierefreiheitsgesetz“ einführen, das öffentliche und private Anbietende zu Barrierefreiheit verpflichtet. Für kleine Unternehmen soll das nicht gelten. Zum Thema Gesundheit und Pflege setzen sich die Grünen dafür ein, dass Krankenhäuser sich wieder mehr am Wohl der Pati‐ ent: innen orientieren - und dass weniger privatisiert wird. Bürokratische Hürden in diesem Bereich sollen abgebaut werden. Besonders in Bezug auf Behandlungsfehler sollen die Rechte von Menschen mit Behinderung gestärkt werden und Diskriminierung von Behinderten im Gesundheitssys‐ tem soll bekämpft werden. Die FDP geht in ihrem Wahlprogramm darauf ein, dass es nach wie vor wissenschaftliche Forschungseinrichtungen gibt, die nicht an Universitäten angebunden sind und lieber eine Ausgleichsabgabe zahlen, als ihre Stellen mit Menschen mit Behinderung zu besetzen. Das Konzept Schule soll besser auf die persönlichen Fähigkeiten der Schüler: innen zugeschnitten werden. Für Kinder mit Behinderung möchte die FDP sowohl „spezielle Klassen“ erhalten als auch Regelunterricht anbieten. Die Partei fordert flexiblere 15.3 Der politische Status quo der Inklusion in der deutschen Politik 231 <?page no="232"?> Arbeitszeiten und den Ersatz von Diversitätsquoten durch ein „Diversity Management“, wobei Gleichstellungs- und Behindertenbeauftragte darin eingegliedert werden sollen. Generell sieht die FDP vor, die persönliche Leistung in den Fokus zu rücken. Menschen mit Behinderung, die in Werk‐ stätten arbeiten, sollen bessere Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bekommen. Das soll durch bessere Beratung und Arbeitsvermittlung pas‐ sieren. Im öffentlichen Raum fordert die FDP umfassende Barrierefreiheit. Unabhängig von Wohnort und -form soll für Menschen mit Behinderung der Anspruch auf Leistungen erhalten bleiben, um selbstbestimmten Wohnraum zu gewährleisten. Der Gesundheitsbereich soll entbürokratisiert werden. Die Linke möchte, dass Bildung im Allgemeinen inklusiver wird. Dazu sollen Gebäude saniert und ausgebaut werden und für alle Kinder Gemein‐ schaftsschulen gestaltet werden. Förderschulen sollen dadurch wegfallen und jedes Kind könnte individuell unterstützt werden. Die Partei möchte ein Recht auf Homeoffice durchsetzen. Der allgemeine Arbeitsmarkt ist für Die Linke noch nicht barrierefrei und inklusiv genug gestaltet und soll diesbezüglich gefördert werden. Es soll schrittweise daran gearbeitet werden, dass Werkstätten für behinderte Menschen, die die Linke „Sonder‐ welten“ nennt, nicht mehr nötig sind. Dazu soll es konkrete Zeitpläne und umsetzbare Strategien geben. Zusätzlich muss es für öffentliche und private Arbeitgebende ein Anreizsystem zur Beschäftigung von behinderten Menschen geben. Gegenwärtig in Werkstätten arbeitenden behinderten Menschen soll der Mindestlohn gezahlt werden. Der öffentliche Nahverkehr soll flächendeckend barrierefrei und für alle Menschen kostenfrei werden. Für Menschen mit Behinderung soll es grundsätzlich mehr einkommens- und vermögensunabhängige Leistungen geben. Die Linke fordert eine Verpflichtung zur Barrierefreiheit aller öffentlichen und privaten Räum‐ lichkeiten. Außerdem sollen Menschen mit Behinderung ein Recht auf Assistenz in allen Lebensbereichen erhalten. Das Gesundheitssystem soll zukünftig in allen Bereichen barrierefrei gestaltet werden. Explizit erwähnt Die Linke in ihrem Wahlprogramm Frauen mit Behinderung und deren potenziellen Kinderwunsch und möchte, dass diese Frauen selbstbestimmt darüber entscheiden können, ob sie Kinder möchten - und dass ihnen dann auch eine barrierefreie Unterstützung bei der Elternschaft zukommt. Bei der AfD ist der Teil des Wahlprogramms, der sich mit der Inklusion von Menschen mit Behinderung befasst, vergleichsweise überschaubar gehalten. Sie fordert mehr Arbeitsplätze und faire Bezahlung für schwer‐ behinderte Menschen. Weiterhin sollen Menschen mit Behinderung eine 232 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="233"?> soziale Assistenz erhalten, um in Krankenhäusern besser versorgt zu sein. Die AfD möchte keine „ideologisch motivierte“ Inklusion. Für Kinder mit Behinderung sieht die AfD die Förder- und Sonderschulen als geeignete Schulform vor, da sie der Ansicht ist, dass Regelschulen Inklusion nicht leisten können. Das von den Vereinten Nationen beschlossene Recht auf Teilhabe an unserem Bildungssystem sei in Deutschland bereits erfüllt. Laut AfD soll leichte Sprache nur noch auf kognitiv beeinträchtigte Menschen beschränkt werden. Diese Darstellung der Wahlprogramme zeigt bereits an der jeweiligen Ausführlichkeit der Beschäftigung mit dem Thema „Inklusion behinderter Menschen“, inwieweit diese explizit in die Schwerpunkte der Parteien miteingebunden und deren Bedarfe mitgedacht werden. Abgesehen von der AfD sind sich alle Parteien zumindest darin einig, dass grundsätzlich beim Thema Barrierefreiheit Nachbesserungsbedarf besteht oder Maßnahmen neu aufzulegen sind. Dabei beziehen sich die besagten fünf Parteien haupt‐ sächlich auf die Bereiche Wohnen, öffentlicher Raum und Verkehrsmittel. In den weiteren Themengebieten haben die Parteien zum Teil unterschiedliche Grundorientierungen bezüglich der Bereiche, in denen Inklusion noch herausfordernd ist. Wissen-|-Wahlprogramme Die großen Parteien in Deutschland haben erkannt, welcher Bedarf in Bezug auf Barrierefreiheit und Inklusion besteht. Nachbesserungsbe‐ teuerungen finden sich in allen fünf Wahlprogrammen. Ähnliche Grundverständnisse von Inklusion behinderter Menschen und ein ähnliches Problembewusstsein bei allgemeinen inklusiven Themen lassen sich eher in dem sogenannten linken Spektrum der Parteienlandschaft fin‐ den, wozu die SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und Die Linke zählen. Je weiter eine Partei dem sogenannten rechten Rand nahekommt, desto weniger ist Inklusion ein Thema - und wird aus dem Wahlprogramm exkludiert, weil als weniger bis nicht relevant eingeschätzt. Das stellt genau genommen die Exklusion von Menschen mit Behinderung dar - nicht nur aus einem Wahlprogramm, sondern auch aus der Gesellschaft. Die Parteien sind sich - abgesehen von der AfD - in ihrem Grund‐ verständnis einig, dass alle Menschen dazugehören und teilhaben sollen. Gleichzeitig ist ihnen bewusst, dass behinderte Menschen mit vielen zusätz‐ 15.3 Der politische Status quo der Inklusion in der deutschen Politik 233 <?page no="234"?> lichen Barrieren im Alltag konfrontiert sind. Diese gilt es abzubauen oder durch passende Unterstützung zu überwinden. Bei einzelnen Parteien gibt es zwar Begrifflichkeiten für zukünftig geplante Inklusionsprogramme zu lesen, ein konkreter Plan zur Umsetzung findet sich anschließend aber nicht. Das erweckt ein wenig den Eindruck, als möge man sich mit dem Überqueren dieser Brücke erst beschäftigen, wenn man bei ihr angekommen ist - also gewählt und dann den Wählenden verpflichtet ist. Dass sie, auch ohne in Regierungsverantwortung zu sein, einen Auftrag ihrer Wählenden, und damit Gestaltungsverantwortung haben, sollte von den Politiker: innen dabei nicht vergessen werden. Stark zu kritisieren ist der Punkt, dass keine Partei angibt, proaktiv die Betroffenen selbst stärker mit in Entwicklungs- und Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Und dass, obwohl es ein Leichtes wäre, engere Verbindungen zu Verbänden und Vereinen Betroffener herzustellen. Schon allein deshalb, weil die Verbände und Vereine häufig selbst mit ihren Forderungen auf Politiker: innen und die Bundesregierung zugehen, gemäß dem immer wie‐ der vernehmbaren Motto „Nicht über uns ohne uns“. Ob sich also die über 80.000 Erstwählenden allein durch die Wahlprogramme davon überzeugen lassen, dass die jeweilige Partei genug für ihre individuellen Bedarfe tut, ist fraglich. Zumindest lässt sich abschließend feststellen, dass alle Parteien, außer der AfD, ihr Wahlprogramm zur Bundestagswahl auch in leichter Sprache zur Verfügung stellen. 15.3.2 Überlegungen zu zukünftigen politischen Impulsen beim Thema Inklusion Aus den Wahlprogrammen lässt sich erkennen, dass die Legislative einen klaren Auftrag sieht, die bereits festgeschriebenen Regelungen umzusetzen und einen Arbeitsmarkt zu gestalten, der die Rechte der Menschen mit Be‐ hinderung mit ihrer Leitungsfähigkeit berücksichtigt. Im Ergebnis soll jeder Mensch selbst verwirklichen und langfristig teilhaben können. Behinderte Menschen sind in die Überlegungen und Entscheidungen, die sie unmittelbar betreffen, in stärkerem Maße einzubeziehen. Sie sollten dafür aber nicht nur angehört werden, sondern auch bei der Ausgestaltung mitreden können. Unser Arbeitsmarkt ist aktuell noch immer sehr stark durch den Leis‐ tungsgedanken geprägt. Gleichzeitig schränken wir die Leistungsfähigkeit von behinderten Menschen in unserem Denken ein. Wir exkludieren sie 234 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="235"?> damit von einer Normalität, die genau genommen ein subjektives Konstrukt ist, das auf Sozialisierungsprozessen und Erfahrungen beruht. Insbesondere in der Arbeitswelt empfinden viele Menschen ökonomische und soziale As‐ pekte noch überwiegend als im Gegensatz zueinanderstehend. Erfolgreiches wirtschaftliches Handeln und die Wertschätzung und Berücksichtigung der Bedarfe der Mitarbeitenden scheinen sich gegenseitig negativ zu beeinflus‐ sen oder gar ganz auszuschließen. Dabei werden Arbeitsfelder und Orte problematisiert, anstatt deren Potenzial zu erforschen. Es zeigte sich, dass viel Unsicherheit und Halbwissen bei den Arbeitgebenden vorhanden sind, gerade bezüglich finanzieller, technischer und allgemeiner Unterstützungs‐ möglichkeiten. Der Lohn für geleistete Arbeit und die Vorsorge für das Lebensalter spielt auch für Menschen mit Behinderung eine große Rolle. Deshalb muss die Herstellung einer Chancen- und Verteilungsgerechtigkeit für Behinderte zukünftig stärker mitdiskutiert werden. Es muss eine Diskussion um Mindestlöhne, Tarife und arbeitsrechtliche Bedingungen geben. Die Menschen müssen sich und ihre Arbeit als von Politik und Gesellschaft wertgeschätzt empfinden. Dafür müssen eine Eva‐ luierung und eine anschließende Novellierung des Entgeltsystems für in Werkstätten arbeitende Menschen mit Behinderung stattfinden. Im fort‐ schreitenden Wandel hin zur Dienstleistungsgesellschaft lässt sich offen‐ sichtlich ein langsames, aber stetiges Umdenken erkennen. Der Mensch und seine individuellen Bedürfnisse und Möglichkeiten rücken stärker in den Fokus. Ein inklusiver Arbeitsplatz ist ein Arbeitsplatz, der für alle Mitarbeitenden Vorteile mit sich bringt. Er könnte eine echte Chance sein, um dem voranschreitenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Ökono‐ misch und gleichzeitig sozial schließt sich also nicht mehr aus. Damit könnte Inklusion unser gesamtes Wirtschaftssystem hinterfragen, es aber gleichzeitig nachhaltig bereichern. Es war auch zu erkennen, dass die Politik bereits umfangreiche Rah‐ menbedingungen geschaffen hat, damit Menschen mit Behinderung durch unsere Sozialsysteme finanziell abgesichert sind. Allerdings hat sich in den vergangenen Jahren so viel so schnell verändert, dass auch hier bereits neu angesetzt werden könnte und sollte. Politik für einen echten inklusiven Arbeitsmarkt muss über finanzielle Sicherheit hinausgehen. Sie muss sich noch stärker auf die Veränderung und Ausgestaltung von Bereichen der Arbeits- und Lebenswelt konzentrieren, die einen ausschließenden Charak‐ ter haben. Es bedarf stärkerer Bemühungen, dass Barrieren vollständig abgebaut werden, anstatt sich zu überlegen, wie diese umschifft werden 15.3 Der politische Status quo der Inklusion in der deutschen Politik 235 <?page no="236"?> können. Es ist aber auch klar: Derartige Veränderungen kommen nicht ausschließlich durch gesetzliche Regelungen und Gebote und Verbote der Politik. Ideen wie Anreizsysteme sind ein guter Anfang, lösen die Probleme aber oftmals im Kern nicht. Um ein Umdenken aller wirtschaftlich und gesellschaftlich Beteiligten zu erreichen, müssen auch alle offensiv daran arbeiten. Wirtschaft, Interessenvertretende, Politik und unsere Mehrheits‐ gesellschaft müssen dafür sensibilisiert und eingebunden werden. Das Problembewusstsein ist mittlerweile vorhanden, es mangelt noch an der Lösungsorientierung. Abschließend lassen sich zwei große Aufgabengebiete herausstellen: Das ist zum einen der Abbau von Barrieren und zum anderen der Aufbau von Kompetenzen. Berufsabschlüsse sind hierzulande oft noch maßgebend und exkludieren Menschen mit Behinderung ungerechtfertigt, wenn sie zwar über die notwendigen Fähigkeiten verfügen, aber komplexe Prüfungen aus unterschiedlichen Gründen ein Problem darstellen. Hier ist unser Ausbil‐ dungssystem neu zu bewerten und umzugestalten. Für sehr viele Menschen unserer Gesellschaft, ob behindert oder nicht, wären Teilqualifikationen und unterschiedlich kombinierbare Ausbildungsmodule ein voranbringen‐ der Weg. Auch Arbeitgebende wüssten somit wesentlich genauer, welche Fähigkeiten ein mitarbeitender Mensch mit Behinderung mitbringt, ob und wie er in das Unternehmen passt und wie eine Beschäftigung für beide Seiten mehr als zufriedenstellend funktionieren kann. Ein Team funktioniert nur, wenn es miteinander so agiert, dass die Schwächen der einen Person durch die Stärken einer anderen ausgeglichen werden. Wenn also alle sich nach den eigenen Fähigkeiten einbringen und gegenseitig Hilfestellung gegeben wird. Diesem Prinzip folgen auch die Inklusionsbetriebe. Das Inklusionshotel Einsmehr in Augsburg (→ Ka‐ pitel 15.1.5) ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie sozial gerechtes Wirtschaften funktionieren und wie damit ein wertvoller Beitrag zu unserer Gesellschaft geleistet werden kann. Auch das Konstrukt der Werkstätten für Menschen mit Behinderung hat aktuell noch seine Daseinsberechtigung. Sicherlich sind die Strukturen zu verändern und die Werkstätten sollten ihre Aufgabe der Förderung und Weiterbildung stärker wahrnehmen. Außerdem müssen sie sich mehr gegenüber Kooperationen mit vermittelnden und unterstützenden Institutionen und Betrieben öffnen. Möglicherweise lassen sich Kompromisse finden, die zum einen den beschützenden Raum, in dem ohne Leistungsdruck gearbeitet wird, nicht angreifen, aber in Teilen zur Effizienzsteigerung beitragen können, sodass 236 15 Inklusives Arbeiten im Tourismus <?page no="237"?> der Werkstattlohn erhöht werden kann. Dieser Kompromissvorschlag zeigt auf, dass die vorangegangenen Analysen und Erkenntnisse noch nicht dazu geführt haben, dass schlussfolgernd eine Form der Beschäftigung von Men‐ schen mit Behinderung als besonders gut oder besonders schlecht dargestellt wird. Als ausschlaggebend und zielführend stellt sich heraus, dass jeder behinderte Mensch genau den richtigen Platz in unserer vielfältigen Arbeits‐ welt für sich findet. Nicht für jeden Menschen mit Behinderung ist das ein inklusiver Arbeitsplatz. Nicht für jeden Menschen mit Behinderung ist das ein Inklusionsbetrieb und nicht für jeden Menschen mit Behinderung ist das eine Werkstatt. Aber es ist für jeden Menschen, ob behindert oder nicht, ein Platz in unserer Arbeitswelt, an dem dieser Mensch gerne arbeitet, sich wertgeschätzt fühlt und ganz selbstverständlich seinen möglichen Beitrag leisten kann. Das unterscheidet einen behinderten Menschen dann nicht mehr von einem Menschen ohne Behinderung und beschreibt Inklusion damit nicht mehr als Sonderweg, sondern als eine Normalität von vielen. 15.3 Der politische Status quo der Inklusion in der deutschen Politik 237 <?page no="239"?> 16 Ausblick in die Zukunft Barrierefreies Reisen und inklusives Arbeiten im Tourismus sind zwei Seiten einer Medaille. Beide zählen zur Säule der sozialen Nachhaltigkeit, für die sie die Nachfrage- und Angebotsseite repräsentieren. Häufig scheint die Mobilitätsbarriere noch im Fokus zu stehen. Das liegt zum einen an der Sichtbarkeit von Menschen, die sich nur eingeschränkt bewegen können. Zum anderen ist es eben das Piktogramm eines Rollstuhl‐ fahrers, das immer wieder darauf lenkt. In diesem Buch wurde deshalb auch auf die anderen Einschränkungen hingewiesen, die barrierefreier Angebote bedürfen. In Zukunft wird es unter den Reisenden eine vermehrte Zahl von Menschen geben, die eine verminderte Sehfähigkeit haben. Dies wird ein‐ treten, da heutige Kinder im Wachstum viel mehr Naharbeit (Nutzung von Bildschirmen und Handys) verrichten und sich verstärkt in Innenräumen aufhalten. Kurzsichtigkeit beträgt im natürlichen Umfeld 3-5 %, in Deutsch‐ land etwa 30 %. In China liegt sie bereits bei 80 % und in Südkorea bei 95 %. Damit einher gehen zusätzlich Augenerkrankungen (Spitzer 2018, 45 ff.). Die Nachfrage nach entsprechenden Angeboten wird also zwangsläufig steigen. Weiterhin wird die Sichtbarkeit der kognitiv eingeschränkten Personen zunehmen. Durch die Inklusion, die nun in Schulen in Deutschland entspre‐ chend vorangetrieben wird, entsteht bei den Kindern ein ganz anderes Verständnis für Menschen mit Einschränkungen. Das könnte dazu führen, dass ein vermehrter Tourismus ebenso üblich wird. Das inklusive Arbeiten im Tourismus wird zunehmen. In Zeiten des Fach‐ kräftemangels werden sich die Leistungsträger von ihrer defizitären Bewer‐ tung der Arbeitsleistung abwenden müssen und die Potenziale der Einzelnen zu nutzen verstehen lernen. Ein fortlaufendes Projekt der IST-Hochschule zur Vermittlung von kognitiv eingeschränkten potenziellen Arbeitskräften zieht immer weitere Kreise. Es begann mit dem 1. Düsseldorfer Hotelinklusi‐ ons-Workshop im Sommer 2022, der mit dem Verein für gemeinsames Leben und Lernen e. V. ins Leben gerufen wurde. Dort zeigte sich, dass auf Ar‐ beitgeberseite bereits sehr viel Interesse besteht, inklusive Arbeitsplätze zu schaffen. Mittlerweile arbeiteten die ersten Praktikant: innen in Hotels mit. Zusätzlich finden regelmäßige Besuche von Schüler: innen in Hotels statt. Die ersten Erfahrungen scheinen zu zeigen, dass die Annahmen der Fachlite‐ ratur bestätigt werden. Arbeitet eine Person mit Einschränkungen im Team, <?page no="240"?> führt dies zu einer verbesserten Arbeitsatmosphäre. Sämtliche Ängste, wie z. B. Neid auf mehr Urlaubstage etc., erweisen sich als unbegründet. Es schlummert in der Beschäftigung von Menschen mit Einschränkungen also ein Potenzial, das weit über die eigentliche Arbeitskraft hinausgeht. 240 16 Ausblick in die Zukunft <?page no="241"?> Die Autor: innen - Dr. Matthias Johannes Bauer ist Professor für Kom‐ munikationsmanagement an der IST-Hochschule in Düs‐ seldorf. Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist das Marketing im öffentlichen und gemeinnützigen Sektor. mjbauer@ist-hochschule.de - - Josephine Bütefisch hat an der IST-Hochschule für Management Hotelmanagement studiert. Sie arbeitet als National Convention Sales Manager bei den Scandic Hotels in Berlin. josi.jeserich@hotmail.de - - Alexandra Carl hat an der IST-Hochschule für Manage‐ ment Tourismusmanagement studiert. Sie arbeitet als Area Manager bei Amazon Fresh. aleexcarl@googlemail.com - - Thomas Corinth ist Studiengangsleiter Hotelmanage‐ ment an der IST-Hochschule in Düsseldorf. Gemeinsam mit Felix Kempf forscht er zu barrierefreiem Tourismus und inklusivem Arbeiten im Tourismus. tcorinth@ist-hochschule.de - - Nele Dugrillon studiert an der IST-Hochschule für Management den Masterstudiengang Kommunikations‐ management. Sie arbeitet im Eventmanagement und Marketing in der E-Commerce-Branche. nele.dugrillon@gmx.de - - Sophia Hentschel hat an der IST-Hochschule für Ma‐ nagement Tourismusmanagement studiert. hentschel.sophia@web.de - <?page no="242"?> Valeria Sophia Hufnagel hat einen Bachelor in Touris‐ mus-, Hotel- und Eventmanagement und studiert Kom‐ munikationsmanagement im Master an der IST-Hoch‐ schule für Management. valeriasophiahufnagel@gmail.com - - Laura Jäger studiert Kommunikationsmanagement im Master an der IST-Hochschule für Management. lauraisa-jaeger@web.de - - Dr. Felix M. Kempf ist Professor für Tourismusmanage‐ ment an der IST-Hochschule in Düsseldorf. Er ist Studi‐ engangsleiter Tourismusmanagement. Gemeinsam mit Thomas Corinth forscht er zu barrierefreiem Tourismus und inklusivem Arbeiten im Tourismus. fkempf@ist-hochschule.de - - Anika Klotz hat an der IST-Hochschule für Manage‐ ment Tourismusmanagement studiert. Sie arbeitet im Bereich Human Resources der Flughafen Düsseldorf GmbH. anika.klotz@outlook.com - - Nico-Arthur Lange hat an der IST-Hochschule für Ma‐ nagement Tourismusmanagement studiert. Er arbeitet als Assistant Front Office im Super 8 by Wyndham Hamburg-Mitte. nico-a.lange@live.de - - Dr. Angela Lindfeld ist Rechtsanwältin und Professorin an der IST Hochschule für Management. Sie ist dort Senatsvorsitzende. alindfeld@ist-hochschule.de - 242 Die Autor: innen <?page no="243"?> Julia Niggemann hat an der IST-Hochschule für Ma‐ nagement Hotelmanagement studiert. ju.niggemann@web.de - - Maria Opitz hat an der IST-Hochschule für Manage‐ ment Tourismusmanagement studiert. Sie ist außerdem Tourismuskauffrau und betreibt eine eigene mobile Rei‐ seagentur. maria.opitz93@gmx.de - - Sarah-Louise Philippi hat an der IST-Hochschule für Management Tourismusmanagement studiert. Sie arbei‐ tet als Produktmanagerin bei Dertour. s.philippi@gmx.de - - Magdalena Reiß hat an der IST-Hochschule für Ma‐ nagement Fitness- und Healthmanagement studiert. Sie ist Kreisgeschäftsführerin beim Sozialverband VdK Bay‐ ern e. V. magdalena_reiss@gmx.de - - Joel Sauber hat an der IST-Hochschule für Management Tourismusmanagement studiert. Er arbeitet als General‐ sekretär bei den Lëtzebuerger Privatwënzer. joel.sauber91@gmail.com - - Sven Schmalz hat an der IST-Hochschule für Manage‐ ment Tourismusmanagement studiert. sven.Schmalz@gmx.net - - Sonja Wischmann hat an der IST-Hochschule für Ma‐ nagement Tourismusmanagement studiert. Sie arbeitet als Office Manager bei der CS Business Center GmbH. sonjawischmann3@gmail.com Die Autor: innen 243 <?page no="244"?> Bilder der Beitragsautor: innen | Copyrights Bauer, Corinth, Kempf, Lindfeld: © IST-Hochschule Carl, Dugrillon, Hentschel, Hufnagel, Jäger, Klotz, Lange, Niggemann, Opitz, Philippi, Reiß, Sauber, Schmalz: © privat Wischmann: © CS Business Center GmbH Bütefisch: © Scandic Hotels Deutschland GmbH 244 Die Autor: innen <?page no="245"?> Literatur Aktualitätshinweis Alle im Buch verwendeten Links waren am 1. Januar 2023 aktiv. Accademia della Montagna (2022): Informationen zu Weiterbildungen, https: / / ww w.tsm.tn.it/ adm Achenbach, C. 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(2020): Alles unter dem Himmel: Vergangenheit und Zukunft der Weltord‐ nung, Berlin: Suhrkamp 264 Literatur <?page no="265"?> Sonstige Quellen - Websites allgemein www.bag-if.de www.bestwestern.de www.einsmehr.org www.embrace-hotels.de www.gbe-bund.de www.hotel-einsmehr.de www.integrationsaemter.de www.rehadat-statistik.de www.topinternational.com - Websites Kapitel 13.1 Affenberg Salem: https: / / www.affenberg-salem.de/ (letzter Zugriff: 31.07.2022) Auto & Traktor Museum: https: / / autoundtraktor.museum/ (letzter Zugriff: 31.07.2022) Burg Meersburg: http: / / www.burg-meersburg.de/ (letzter Zugriff: 31.07.2022) Dornier Museum: https: / / www.dorniermuseum.de/ (letzter Zugriff: 31.07.2022) Insel Mainau: https: / / www.mainau.de/ de/ (letzter Zugriff: 31.07.2022) Kloster und Schloss Salem: https: / / www.salem.de/ (letzter Zugriff: 31.07.2022) Pfahlbauten: https: / / www.pfahlbauten.de/ (letzter Zugriff: 31.07.2022) Ravensburger Spieleland: https: / / www.spieleland.de/ de/ start/ index.html (letzter Zugriff: 31.07.2022) SEA LIFE Konstanz: https: / / www.visitsealife.com/ konstanz/ (letzter Zugriff: 31.07.2022) Zeppelin Museum: https: / / www.zeppelin-museum.de/ (letzter Zugriff: 31.07.2022) - Websites Kapitel 13.2 Austrian Airlines: https: / / www.austrian.com/ de/ de/ homepage (letzter Zugriff: 02.09.2022) Condor: https: / / www.condor.com/ de (letzter Zugriff: 02.09.2022) Lufthansa: https: / / www.lufthansa.com/ de/ de/ homepage (letzter Zugriff: 02.09.2022) <?page no="266"?> Eurowings: https: / / www.eurowings.com/ de.html (letzter Zugriff: 02.09.2022) Helvetic Airways: https: / / www.helvetic.com/ (letzter Zugriff: 02.09.2022) Swiss International Airlines: https: / / www.swiss.com/ de/ de/ homepage (letzter Zu‐ griff: 02.09.2022) TUI fly: https: / / www.tui.com/ flug/ ? navid=cs_flug (letzter Zugriff: 02.09.2022) - Websites Kapitel 13.3 Bundesland Landesseite Tourismusseite Baden- Württem‐ berg https: / / www.baden-wuerttemb erg.de/ de/ startseite/ https: / / www.tourismus-bw.de/ Bayern https: / / www.bayern.de/ https: / / www.bayern.by/ Berlin https: / / www.berlin.de/ https: / / www.visitberlin.de/ de Branden‐ burg https: / / www.brandenburg.de/ d e/ portal/ bb1.c.473964.de https: / / www.reiseland-branden burg.de/ Bremen https: / / landesportal.bremen.de/ https: / / www.bremen-tourismus .de/ Hamburg https: / / www.hamburg.de/ https: / / www.hamburg-tourism. de/ Hessen https: / / www.hessen.de/ https: / / www.hessen-tourismus. de/ de/ home/ Mecklen‐ burg- Vorpom‐ mern https: / / www.mecklenburg-vorp ommern.de/ startseite/ https: / / www.auf-nach-mv.de/ Niedersachsen https: / / www.niedersachsen.de/ startseite/ https: / / www.reiseland-niedersa chsen.de/ Nordrhein- Westfalen https: / / www.land.nrw/ https: / / www.nrw-tourismus.de/ 266 Sonstige Quellen <?page no="267"?> Rheinland- Pfalz https: / / www.rlp.de/ de/ startseite/ https: / / www.rlp-tourismus.com / de/ Saarland https: / / www.saarland.de/ DE/ ho me/ home_node.html https: / / www.urlaub.saarland/ Sachsen https: / / www.sachsen.de/ https: / / www.sachsen-tourismu s.de/ Sachsen- Anhalt https: / / www.sachsen-anhalt.de/ startseite/ https: / / sachsen-anhalt-tourism us.de/ Schleswig- Holstein https: / / www.schleswig-holstein .de/ DE/ Home https: / / www.sh-tourismus.de/ Thüringen https: / / thueringen.de/ https: / / www.thueringen-entdec ken.de/ urlaub-hotel-reisen/ inde x.html - Expertengespräche Kapitel 11 Experte A (2019): Expertengespräch mit XXX vom Phoenix Reisen Flussfahrt Kundenservice. Telefonat am 08.03.2019 zum Thema Barrierefreiheit an Bord Experte B (2019): Expertenaustausch mit XXX von Nicko Cruises. E-Mail am 15.01.2019 zum Thema barrierefreies Reisen Experte C (2019): Expertengespräch mit XXX vom A-ROSA Kundenservice. Telefo‐ nat am 08.03.2019 zum Thema Barrierefreiheit an Bord Experte D (2019): Expertengespräch mit XXX vom Reservierungs- und Kunden‐ service von Amadeus Flusskreuzfahrten. Telefonat am 07.03.2019 zum Thema Barrierefreiheit an Bord Sonstige Quellen 267 <?page no="269"?> Register 5-Forces-89 Abholservice-130 Ableismus-202 Accès Plus-184 Accessible Room-126 Activity-15 AfD-232 AIDA Cruises-113 Airline-81 Aktion Mensch-209 Akzeptanz-52 Alarme-127 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)-39 Amadeus Flusskreuzfahrten-113 Amiens-182 Analysequadrat-67 Anpassungsfähigkeit (Adattabilità)-188 Anreise-130 Ansatz, ressourcenorientierter-204 Anzeige, visuelle-127 App DB Barrierefrei-97 Arbeitgeber, anzeigepflichtiger-200 A-ROSA Flusskreuzfahrten-113 Association Handiplage-182 Association Tourisme et Handicaps (ATH)-179 Audiodatei-128 Ausbildungsstelle-201 Ausgleichsabgaben-218 Außenlift-194 Babyboomer: innen-197 BAföG-231 Bahnhof-97, 99 Bahnsteig-97 barrierefreie Bahnfahrten-97 barrierefreie digitale Kommunikation-133 barrierefreie Hochsee- und Flusskreuzfahrten-111 barrierefreie Hotels-123 barrierefreier Flug-89 barrierefreier Flughafen-81 barrierefreier Tourismus-29, 32 barrierefreies Fliegen-81 barrierefreies Reisen-50, 64 barrierefreie Websites-133 Barrierefreiheit-26ff, 84 Barrierefreiheit, Definition-35 Barrierefreiheit, digitale-45 Barrierefreiheit, Flugzeug-91 Barrierefreiheit, multiple-28 Barrierefreiheitsgesetz-231 Barrieren-51 Barrieren, bauliche-26 Barrieren, einstellungsbedingte-37 Barrieren, soziale-202 Barrieren im Kopf-51 Bauordnungsrecht-41 Baurecht-41 Bayern barrierefrei-74 Bedürfnisbefriedigung-26 Beeinträchtigung-47 Beförderungsleistungen-45 Begleitperson-88, 114 Behindertengleichstellungsgesetz <?page no="270"?> (BGG)-35, 186 Behinderung-13f, 17, 39, 53 Behinderung, Definition-48 Beleuchtung-124 Beratungsintensität-58 Beschäftigungspflicht-200 Betriebsklima-197, 213 Bewegungszonen-114 Bewusstseinsbildung-221 Boarding-87 Bodenbeläge-125 Branchenstrukturanalyse-89 Buchung-57 Bundesgaststättengesetz (GastG)-43 Bundesinklusionsgesetz-231 Bündnis 90/ Die Grünen-231 CDU/ CSU-229 Channel Management-205 Check-in-Schalter-83, 85 Controlling-205 Definition-48f Defizitorientierung-197 Destinationen, Analyse-66 Destination pour tous (DPT)-180, 182 Destinationsmanagement-61 Destinationsmanagementorganisationen (DMO)-61 Deutsche Bahn AG-97 Deutsches Institut für Normung-69 Die Linke-232 DSFT-74 Duty-Free-Shop-87 Einschränkungen, kognitive-70f Einschränkungen, unsichtbare-84 Embrace Hotels-204, 215 Erholung-56 EureWelcome Luxembourg-192 Europa-177 europäisches Verständnis-17 Evakuierung-88 Exklusion-23ff Experimentieren-55 Fachkräfte-204 Fachkräftemangel-197, 200 FDP-231 Ferienwohnungen-76 Fluggastbrücke-87 Flughafen Düsseldorf (Beispiel)-84 Flughafen Düsseldorf (DUS)-84 Flugsicherheit-91 Flugverkehr-81 Flugzeug-81 Flusskreuzfahrt-112 Flusskreuzfahrtanbieter-112 Frankreich-177 Fürsorgepflicht-24 Gebärdensprache-213 Gefälle-125 Gehbehinderung-71 Gehörlose-70 Gemeinwohlökonomie-198 Gepäckservice-100 geschichtlicher Abriss-17 Gesellschaft, inklusive-26 Gleichbehandlungsgesetz-39 Griechenland, antikes-17 Groupthink-198 Gruppenreisen-32 Halal-Reisen-73 Handicap-14 270 Register <?page no="271"?> Hinweisbeschilderung-83 Holocaust-19 Homeoffice-230 Höranlage, induktive-102 Höreinschränkung-71 Hospitality-123 Hotel Best Western-207 Hotel Einsmehr-207 Housekeeping-209 Humanismus-18 Icons-72 Ile de France-181 Image-33 Impairment-15 Incoming-Tourismus-29 Individueller-Service-Regel-67 Informationsgewinnung-58 Informationssammlung-57 Inklusion-21, 23ff, 58, 93 Inklusionsbarrieren-201 Inklusionsbetrieb-206 Inklusionspolitik-226 inklusives Arbeiten-197 Integration-23f Integrationsamt-212 Integrationsfachdienst-203 International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF)-15 International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps (ICIDH)-13 Internet-58 Invaliditätsrate (taux d’incapacité, kurz IT))-178 Italien-185 Jobcenter-203 Judentum-17 Kennzeichnung-69 Kennzeichnungssystem-180 Kinderfreundlichkeit-62 KISS-Regel-67 Klerus-18 Koffer-99 Kommune, barrierefreie-62 Kompetenz, soziale-198 Konsumentenverhalten-56 Kontraste-124 Kreuzfahrtschiff-111 Kündigung-212 Kündigungsschutz-212 La Bandiera Lilla-189 Labels-69 Landausflüge-120 Lebenserwartung-29 Legislative-226 Leistungsgedanke-234 Leistungsträger-61 Lions Club-185 Luftsicherheitsgesetz-85 Luxemburg-191 Marktlücke-222 Marktsegmentierung-73 medizinisches Modell-20 Menschen mit besonderen Bedürfnissen-21 Menschenrechte-202, 228 Mindestlohn-231 Mittelalter-18 Mobilität-47 Mobilitätseinschränkungen-47, 123 Register 271 <?page no="272"?> Mobilitätsservice-Zentrale-102 Modell, kulturelles-20 Nachhaltigkeit, soziale-219 NatKo e.-V.-74 NFC-Tag-129 Nichtreisen-57 Nicko Cruises-113 Normalität-24 Nouvelle Aquitaine-181 OPEN-188 Orientierung-190 Paris-181 Parkplätze-83 Participation-15 Passengers with Reduced Mobility (PRM)-89 Pauschalreiserecht-44 Pauschreiserecht-44 Personenbeförderungsrecht-44 personenbezogene Faktoren-15 Phoenix Reisen-113 Potenziale-205 Potenzialorientierung-197 Pränataldiagnostik-22 Qualität-69 Qualitätszeichen-69 Räder-Füße-Regel-67 rechtliche Situation-35 Reflektieren-55 Rehabilitationsträger-203 Reintegration-52 Reiseanalyse-54 Reisebus-194 Reisedauer-32 Reiseentscheidung-56 Reiseerfahrenheit-58 Reiseerlebnis-63 Reisen für Alle-70 Reisen lernen-55 Reisepartner: in-57 Reiseveranstalter-44 Revenue Management-205 Rezertifizierung-190 Rolli Plus-76 Rollstuhlfahrer: innen-47 Rousseau, Jean-Jacques-23 Schwebelift-194 Schwellen-124 Schwerbehindertenausweis-21 Schwerbehindertenquote-218 Sehbehinderung-71 Servicekette-61, 63f Shoppingbereich-87 Sicherheitsbestimmungen-89 Sicherheitskontrollen-85 Sicherheitsregulierungen-91 Sichtbarkeit (Visitabilità)-188 SMS-98 SNCF-183 soziale Nachhaltigkeit-85 soziales Konstrukt-13 soziales Modell-20 Sozialgesetzbuch (SGB)-15, 226 SPD-230 Speisen, religiöse Vorgaben-94 Speisen, vegane-94 Speisen, vegetarische-94 Stammkundschaft-29 Stolperfallen-125 Strände-182 272 Register <?page no="273"?> Suchfilter-181 System Tourismus-64 Teilhabe-17, 19 Teilhabeausweis-22 Teufel-18 Toiletten-83 Tourismus Luxembourg-191 Tourismusobjekt-65 Tourismussubjekt-64f Tourismusverband Schleswig-Holstein-e.-V-76 Trisomie 21-22 TUI Cruises-113 Überforderung-219 Umbrien-186 Umweltfaktoren-15 UN-Behindertenkonvention-228 UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK)-35 Unterfahrbarkeit-126, 128 Urlaubsmotive-56 Venezien-186 Veranstaltung-192 Verbote-236 Verkehrsverbünde-194 Verordnung Nr.-1107/ 2006-81 Virgin Atlantic-92 Voyages Emile Weber-194 Wahlrecht, inklusives-229 Wandel, demografischer-191 Wartebereich-87 Web Accessibility Initiative des W3C (W3C WAI oder kurz: WAI)-133 Web Content Accessibility Guidelines (WCAG)-134 Website-129 Website, barrierefreie-134 Weiterbildung-189 Werkstätten-231 Wertkette-63 Wettbewerbsfähigkeit-189 Wiederanschluss-53 Wirkung-216 World Wide Web Consortium (W3C)-133 Zertifikate-69 Zertifizierung-77, 189 Zertifizierungen-69 Zertifizierungsverfahren-188 Zug-97 Zugänglichkeit (Accessibilità)-188 Zwei-Sinne-Regel-67 Register 273 <?page no="275"?> Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Klassifikation nach WHO 2005,-25 . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Abbildung 2: Drei Verständnisansätze zum Umgang mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen (Quelle: eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Abbildung 3: Infografik Exklusion - Integration - Inklusion (Quelle: Aktion Mensch, inklusion.de) . . . . . . . . . . . . 24 Abbildung 4: Aufzugsbedienelement in Roermond in den Niederlanden (Quelle: eigene Aufnahme von Felix M. Kempf) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Abbildung 5: Verteilung der Schwerbehinderungen in Deutschland nach Art 2017 (Quelle: Statista Dossier Schwerbehinderung 2019) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Abbildung 6: Fünf-Stufen-Modell der Entwicklung Geschädigter zu Reisenden nach Yau, McKercher und Packer (2004) . 51 Abbildung 7: Reiseinformationssuche von Menschen mit besonderen Bedürfnissen (Quelle: Neumann et al. 2019, 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Abbildung 8: Die touristische Servicekette (Quelle: ADAC 2003, 21) 64 Abbildung 9: Tourismus als interdependentes System nach Kaspar 1998, 16 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Abbildung 10: Beispiel für ein Analysequadrat einer Destination (eigne Darstellung, Quelle: Reisen für Alle-2022) . . . 67 Abbildung 11: Die sieben Icons von „Reisen für Alle“ (Quelle: Reisen für Alle-2022) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Abbildung 12: Logo „Rolli Plus“ (Quelle: Tourismusverband Schleswig-Holstein-e.-V.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Abbildung 13: Verteilung der Signets auf Leistungsträger (Quelle: eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 Abbildung 14: Lageplan der barrierefreien Einrichtungen am Flughafen Düsseldorf (Quelle: Flughafen Düsseldorf-GmbH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Abbildung 15: Porters 5-Forces-Modell des Wettbewerbs bei Airlines angepasst auf den PRM-Markt (Quelle: Ancell-2016,-123) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 <?page no="276"?> Abbildung 16: Piktogramme Deutsche Bahn AG (Quelle: DB AG) . . 98 Abbildung 17: Die zehn Kategorien des WCAG Easy Check (Quelle: BIK o.-D.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Abbildung 18: Übersicht der Gesamtleistung der Bundesländer (Quelle: eigene Darstellung, Stand März 2021) . . . . . 169 Abbildung 19: Gesamtpunktezahlen der Landes- und Tourismuswebsites (Quelle: eigene Darstellung) . . . . 170 Abbildung 20: Logo „Tourisme et Handicap“ (Quelle: Tourisme Handicap) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 Abbildung 21: Logo „EureWelcome Luxembourg“ (Quelle: Info-Handicap Luxembourg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Abbildung 22: Rollstuhlgerechter Reisebus (Quelle: eigene Aufnahme von Emile Weber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Abbildung 23: Kategorien von Inklusionsbarrieren (Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an Bruhn et al. 2018; Böttinger-2017; Böhm 2013) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Abbildung 24: Inklusionsunternehmen nach Branchen (Quelle: bag-if.de, Datenbasis: BIH, Stand 2020) . . . . . . . . . . . . 207 Abbildung 25: Embrace Hotels in Deutschland (Quelle: eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 276 Abbildungsverzeichnis <?page no="277"?> Tabellenverzeichnis Tabelle 1: ICIDH-Erstentwurf von Formen der Behinderung nach WHO in den 1980er-Jahren (WHO-1980,-14) . . . . . . . . . . 13 Tabelle 2: Nettoumsatz für Urlaub durch deutsche Schwerbehinderte 2001 in Deutschland . . . . . . . . . . . . . 30 Tabelle 3: Nettoumsatz für Kurzurlaub durch Schwerbehinderte 2001 (Quelle: Neumann und Reuber 2004,-53) . . . . . . . . . 31 Tabelle 4: Nettoumsatz für Reisen gesamt 2001-2017 (Quelle: eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Tabelle 5: Reisedauer vor und nach Auftreten der Behinderung nach Furmane-2014, 10-f. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Tabelle 6: Darstellung ausgewählter Kriterien für „Rolli Plus“ (Quelle: in Anlehnung an Tourismusverband Schleswig-Holstein e.-V.-2008) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Tabelle 7: Vergleich der Qualitätskriterien für Rollstuhlfahrer: innen mit den Angeboten der Deutschen Bahn (Quelle: DFST-2019 - Deutsche Bahn AG; Reisen für Alle-2018) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Tabelle 8: Vergleich der Qualitätskriterien für Menschen mit Hörbehinderung mit den Angeboten der Deutschen Bahn (Quelle: DFST 2019 - Deutsche Bahn AG; Reisen für Alle-2018) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Tabelle 9: Vergleich der Qualitätskriterien für Menschen mit Sehbehinderung mit den Angeboten der Deutschen Bahn (Quelle: DFST-2019 - Deutsche Bahn AG; Reisen für Alle-2018) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Tabelle 10: Ausstattungsmerkmale weitreichende Barrierefreiheit (Quelle: Statistiken Barrierefreiheit DB-11.2018) . . . . . . 106 Tabelle 11: Vergleich der Qualitätskriterien für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen mit den Angeboten der Deutschen Bahn (Quelle: DFST2019 - Deutsche Bahn AG; Reisen für Alle2018) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Tabelle 12: Übersicht zu den barrierefreien Angeboten der Hochseekreuzfahrtanbieter (Quelle: eigene Darstellung) 115 <?page no="278"?> Tabelle 13: Übersicht zu den barrierefreien Angeboten der Flusskreuzfahrtanbieter (Quelle: eigene Darstellung) . . 118 Tabelle 14: Eigene Darstellung des durchgeführten Easy Check in Anlehnung an die W3C WAI (W3C WAI, o.-D.-f): Aspekte, Anforderungen und Beschreibung der Vorgehensweise bei der Überprüfung der Kriterien. Durchführung der Analyse im Juli 2022 . . . . . . . . . . . . . . 138 Tabelle 15: Analyse Lufthansa (Quelle: eigene Darstellung) . . . . . . . 150 Tabelle 16: Analyse Swiss International Airlines (Quelle: eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Tabelle 17: Analyse Eurowings (Quelle: eigene Darstellung) . . . . . . 155 Tabelle 18: Analyse Austrian Airlines (Quelle: eigene Darstellung) 157 Tabelle 19: Analyse Condor (Quelle: eigene Darstellung) . . . . . . . . . 159 Tabelle 20: Analyse Helvetic Airways (Quelle: eigene Darstellung) 161 Tabelle 21: Analyse TUI fly (Quelle: eigene Darstellung) . . . . . . . . . 163 Tabelle 22: Mit Menschen mit Behinderung besetzte/ unbesetzte Arbeitsplätze (Quelle: gbe-bund.de-2020) . . . . . . . . . . . . . 199 Tabelle 23: Einschränkung, Defizit- und Ressourcenorientierung (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Becker und Otto-Albrecht2019, 20, 92) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 278 Tabellenverzeichnis <?page no="279"?> BUCHTIPP Hans-Peter Herrmann Tourismus neu denken Tourismusphilosophie 1. Auflage 2020, 154 Seiten €[D] 24,90 ISBN 978-3-7398-3053-7 eISBN 978-3-7398-8053-2 Tourismus als Phänomen philosophisch erfassen! Ziel der Philosophie ist es, die Welt durch logisches Denken zu erfassen, Erkenntnisse über das Sein und die Struktur der Welt zu generieren und nicht zuletzt auch den Sinn des Lebens zu ergründen. Folglich ist es nur konsequent, auch den Tourismus in all seinen gegenwärtigen Ausprägungen, etwa dem Massen- oder Overtourismus, aus dem philosophischen Blickwinkel zu betrachten. Weitere wesentliche Themen sind die Stellung des Menschen im touristischen Gefüge, Besonderheiten touristischer Leistungen, Fragen des Zeiterlebens sowie des Reiseglücks. Das Buch schließt mit Überlegungen, wie Tourismus neu gedacht werden kann und wie sich die Zukunft des Tourismus gestalten wird. Eine spannende Lektüre für Studierende und Wissenschaftler: innen aus den Bereichen der Tourismuswissenschaften, Philosophie, Humangeographie und den Sozialwissenschaften. Es ist darüber hinaus auch für alle, die gerne reisen, eine aufschlussreiche Lektüre. UVK Verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="280"?> BUCHTIPP Dirk Schmücker, Julian Reif Digitale Besuchermessung im Tourismus Ziele, Methoden, Bewertungen 1. Auflage 2022, 178 Seiten €[D] 24,90 ISBN 978-3-7398-3207-4 eISBN 978-3-7398-8207-9 Klarheit über die Besucher in der Destination: Wie viele, woher, wohin? Zu viele Besucher: innen an einem Ort - das ist in Urlaubsorten keine Seltenheit. Die Folge ist eine Übernutzung der Destination, die oft mit Umweltschäden und einer sinkenden Tourismusakzeptanz in der Bevölkerung einhergeht. Die Besucherlenkung und das Besuchermanagement können Abhilfe schaffen. Beides setzt eine exakte Besuchermessung voraus. Nur sie zeigt u.a., woher Besucher: innen kommen und welche Punkte in der Destination sie aufsuchen. Dirk Schmücker und Julian Reif gehen erstmals in einer deutschsprachigen Publikation auf das Thema ein. Sie zeigen u.a. vorhandene Datenquellen auf, kategorisieren und bewerten diese. Zudem stellen sie Methoden und Ziele vor. Richtet sich an die Tourismuspraxis, konkret an Entscheider und Destinationsmanager: innen sowie an die Tourismusforschung. UVK Verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="281"?> mehr Bücher zum Thema | bequem online bestellbar | Print- und eBooks www.narr.de/ service Wirtschaft Theologie Literaturwissenschaft Medien- & Kommunikationswissenschaft Tourismus Linguistik Politik & Soziologie Unsere Top-Themen für Sie Technik Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG \ Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="282"?> geht auf inklusive Arbeitsplätze ein ISBN 978-3-7398-3220-3 Reisen ohne Hindernisse - für alle! Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Dieser Artikel des Grundgesetzes gilt auch im Tourismus. Die Herausgeber Felix M. Kempf und Thomas Corinth zeigen gemeinsam mit siebzehn Expert: innen die Besonderheiten des barrierefreien Tourismus auf. Sie beleuchten die ökonomische Bedeutung und erklären, worauf das Destinationsmanagement, die Verkehrsträger und die Hotels achten müssen. Auch auf Zertifizierungen und Labels sowie barrierefreie Webauftritte gehen sie ein. Die Möglichkeit inklusiver Arbeitsplätze stellen sie zudem vor. Das Buch richtet sich an Studierende der Tourismus- und Sozialwissenschaften und an Praktiker: innen im Tourismus. Prof. Dr. Felix M. Kempf ist Studiengangsleiter Tourismusmanagement an der IST-Hochschule für Management in Düsseldorf. Er ist zudem Dekan des Fachbereichs Tourismus & Hospitality. Thomas Corinth ist Studiengangsleiter Hotelmanagement an der IST-Hochschule für Management in Düsseldorf. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Berufserfahrung in der internationalen Hotellerie. Kempf / Corinth (Hrsg.) Barrierefreier Tourismus Felix M. Kempf / Thomas Corinth (Hrsg.) Barrierefreier Tourismus Destinationen, Verkehrsträger, Hotels, Zertifizierungen