Die Antiphonen des Wochenpsalters
1128
2022
978-3-7720-5772-4
978-3-7720-8772-1
A. Francke Verlag
Ursula Stoffler
10.24053/9783772057724
Diese Studie ist ein Beitrag zur Erforschung des Stundengebetes aus theologischer sowie musikwissenschaftlicher Perspektive. Sie greift die Frage auf, inwieweit die im Wochenpsalter gesungenen Antiphonen des Offiziums einen Blick vor deren früheste Verschriftlichung im 9.-11. Jahrhundert gewähren. Lassen sich anhand ihrer Texte und Melodien Rückschlüsse auf die Genese der Psalmodie vor ihrer schriftlichen Fixierung formulieren? In welchen liturgischen Kontexten waren diese sogenannten Ferialantiphonen ursprünglich verankert? Die vorliegende Publikation nähert sich dieser spannenden Fragestellung von verschiedenen Seiten: in Verbindung mit der Struktur des Offiziums, der Herkunft der Texte, im Zusammenhang mit den musikalischen Mustern der Antiphonen sowie den dazugehörenden Psalmtonformeln.
<?page no="0"?> URSULA STOFFLER Die Antiphonen des Wochenpsalters <?page no="1"?> Die Antiphonen des Wochenpsalters <?page no="2"?> PIETAS LITURGICA · STUDIA 25 Interdisziplinäre Beiträge zur Liturgiewissenschaft begründet von Hansjakob Becker herausgegeben von Ansgar Franz und Alexander Zerfaß Die Reihe »Pietas Liturgica« erscheint in Zusammenarbeit mit »KULTUR - LITURGIE - SPIRITUALITÄT e. V.« Interdisziplinäre Vereinigung zur wissenschaftlichen Erforschung und Erschließung des christlichen Gottesdienstes <?page no="3"?> URSULA STOFFLER Die Antiphonen des Wochenpsalters <?page no="4"?> Umschlagabbildung: St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 390 aus Anton von Euw, Die St. Galler Buchkunst vom 8. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts, Band I: Textband, St. Gallen 2008 (Monasterium Sancti Galli, Bd. 3), S. 499 - 502, Nr. 143; CC-BY Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783772057724 © 2022 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. 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Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Satz: typoscript GmbH, Walddorfhäslach CPI books GmbH, Leck ISSN 1862-2704 ISBN 978-3-7720-8772-1 (Print) ISBN 978-3-7720-5772-4 (ePDF) ISBN 978-3-7720-0216-8 (ePub) www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> Inhalt Vorwort und Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1 Zur Standortbestimmung des Forschungsprojekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2 Zur Entwicklungsgeschichte von responsorialem und antiphonalem Gesang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.1 Responsoriale Psalmodie - ein Blick in die jüdische und frühchristliche Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.1.1 Zur jüdischen Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.1.2 Responsorialer Gesang in der frühen Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.2 Antiphonale Psalmodie im frühen Christentum bis zum Mittelalter 25 2.2.1 Jüdisch hellenistischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2.2.2 Psalmodie mit Antiphonen in der Gemeindeliturgie der frühen Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2.2.3 Psalmodie mit Antiphonen in der monastischen Praxis . . . . . 27 2.2.3.1 Psalmodie mit Antiphonen in Verbindung mit Solopsalmodie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2.2.3.2 Psalmodie mit Antiphonen als Wechselchorgesang . . 32 3 Ferialantiphonen - Forschungsgegenstand und Methoden . . . . . . . . . . . . . 39 3.1 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3.2 Die Texte der Ferialantiphonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3.3 Die Melodien der Ferialantiphonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3.4 Differentiae im Kontext der Ferialantiphonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Teil A: Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 1 Zur Entwicklungsgeschichte des Offiziums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 1.1 Frühchristliche Zeugnisse aus dem kathedralen Bereich . . . . . . . . . . . 47 1.2 Frühchristliche Zeugnisse aus dem monastischen Bereich . . . . . . . . . 50 1.3 Zur Beeinflussung von monastischem und kathedralem Stundengebet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 2 Die römische (kathedrale) und die monastische Psalmenordnung . . . . . . 60 2.1 Zur Entstehung der römischen (kathedralen) Psalmenverteilung . . . 60 <?page no="6"?> 2.2 Zur Entstehung der monastischen Psalmenverteilung . . . . . . . . . . . . . 61 2.3 Zum Forschungsstand hinsichtlich der Ordnung der Psalmenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2.3.1 Zu den Vigilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 2.3.1.1 Zum Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 2.3.1.2 Zur Ordnung der Psalmenverteilung des cursus Romanus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2.3.1.3 Zur Ordnung der Psalmenverteilung des cursus monasticus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2.3.2 Zu den Laudes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 2.3.2.1 Zum Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 2.3.2.2 Zur Ordnung der Psalmenverteilung des cursus Romanus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2.3.2.3 Zur Ordnung der Psalmenverteilung des cursus monasticus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 2.3.3 Zur Vesper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 2.3.3.1 Zum Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 2.3.3.2 Zur Ordnung der Psalmenverteilung des cursus Romanus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 2.3.3.3 Zur Ordnung der Psalmenverteilung des cursus monasticus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 2.3.4 Zu den sogenannten kleinen Horen und der Komplet . . . . . . . 78 2.3.4.1 Zu Terz, Sext und Non . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 2.3.4.2 Zur Prim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 2.3.5 Zur Komplet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 2.4 Zur Verwendung von Psalmen im Offizium der westlichen und der byzantinischen Tradition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 2.5 Tabellarische Darstellung der römischen und monastischen Psalmenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 3 Die untersuchten Antiphonarien und Breviere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 3.1 Cursus monasticus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 3.2 Cursus Romanus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 4 Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung . 115 4.1 Antiphonen zu den Psalmen der Vigilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 4.1.1 Antiphonen zu Psalmen der Vigilien des Sonntags . . . . . . . . . . 115 4.1.1.1 Repertoire des cursus Romanus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 4.1.1.2 Repertoire des cursus monasticus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 4.1.2 Antiphonen zu Psalmen der Vigilien von Feria II bis Samstag 136 4.1.2.1 Antiphonen zu Psalmen der Vigilien von Feria II . . . . 138 4.1.2.2 Antiphonen zu Psalmen der Vigilien von Feria III . . . 140 4.1.2.3 Antiphonen zu Psalmen der Vigilien von Feria IV . . . 141 6 Inhalt <?page no="7"?> 4.1.2.4 Antiphonen zu Psalmen der Vigilien von Feria V . . . . 144 4.1.2.5 Antiphonen zu Psalmen der Vigilien von Feria VI . . . 147 4.1.2.6 Antiphonen zu Psalmen der Vigilien des Samstags . . 150 4.1.2.7 Liturgiewissenschaftliche Auffälligkeiten . . . . . . . . . . . . 152 4.1.2.8 Musikwissenschaftliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . 161 4.2 Antiphonen zu Psalmen der Laudes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 4.2.1 Antiphonen zu den variablen Psalmen der Laudes . . . . . . . . . . 164 4.2.1.1 Repertoire des cursus Romanus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 4.2.1.2 Repertoire des cursus monasticus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 4.2.1.3 Zusammenfassende Deutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 4.2.2 Antiphonen zu den täglich gesungenen Psalmen . . . . . . . . . . . . 170 4.2.2.1 Antiphonen zu Psalm 50 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 4.2.2.2 Antiphonen zu den Psalmen 62/ 66 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 4.2.2.3 Antiphonen zu den Psalmen 148 - 150 . . . . . . . . . . . . . . . 177 4.2.3 Zusammenfassende Deutung zu den Antiphonen der Laudes 180 4.2.3.1 Zu Antiphonen zu den täglich wechselnden Psalmen 180 4.2.3.2 Zu Antiphonen zu täglich gesungenen Psalmen . . . . . 181 4.3 Antiphonen zu Psalmen der Vesper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 4.3.1 Antiphonen zu Psalmen der Vesper des Sonntags . . . . . . . . . . . 182 4.3.1.1 Repertoire . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 4.3.1.2 Zu den Texten der Antiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 4.3.1.3 Musikwissenschaftliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . 185 4.3.2 Antiphonen zu Psalmen der Vesper von Feria II . . . . . . . . . . . . . 186 4.3.2.1 Repertoire . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 4.3.2.2 Zu den Texten der Antiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 4.3.2.3 Musikwissenschaftliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . 188 4.3.3 Antiphonen zu Psalmen der Vesper von Feria III . . . . . . . . . . . . 188 4.3.3.1 Repertoire . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 4.3.3.2 Zu den Texten der Antiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 4.3.3.3 Musikwissenschaftliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . 190 4.3.4 Antiphonen zu Psalmen der Vesper von Feria IV . . . . . . . . . . . . 190 4.3.4.1 Repertoire . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 4.3.4.2 Zu den Texten der Antiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 4.3.4.3 Musikwissenschaftliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . 191 4.3.5 Antiphonen zu Psalmen der Vesper von Feria V . . . . . . . . . . . . 191 4.3.5.1 Repertoire . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 4.3.5.2 Zu den Texten der Antiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 4.3.5.3 Musikwissenschaftliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . 192 Inhalt 7 <?page no="8"?> 4.3.6 Antiphonen zu Psalmen der Vesper von Feria VI . . . . . . . . . . . . 193 4.3.6.1 Repertoire . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 4.3.6.2 Zu den Texten der Antiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 4.3.6.3 Musikwissenschaftliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . 194 4.3.7 Antiphonen zu Psalmen der Vesper des Samstags . . . . . . . . . . . 195 4.3.7.1 Repertoire . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 4.3.7.2 Zu den Texten der Antiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 4.3.7.3 Musikwissenschaftliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . 197 4.3.8 Zusammenfassende Deutung zu den Antiphonen der Vesper. 198 4.3.8.1 Zu den Texten der Antiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 4.3.8.2 Musikwissenschaftliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . 200 4.4 Antiphonen zu Psalmen der kleinen Horen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 4.4.1 Antiphonen zu Psalmen von Terz, Sext und Non . . . . . . . . . . . 200 4.4.1.1 Repertoire des cursus Romanus sowie des cursus monasticus zu Ps 118 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 4.4.1.2 Repertoire des cursus monasticus zu den Psalmen 119 - 127 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 4.4.2 Antiphonen zur Prim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 4.4.2.1 Repertoire des cursus Romanus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 4.4.2.2 Repertoire des cursus monasticus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 4.4.3 Zusammenfassende Deutung zu den Antiphonen der kleinen Horen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 4.4.3.1 Zu Antiphonen der Terz, Sext und Non . . . . . . . . . . . . . 212 4.4.3.2 Zu Antiphonen der Prim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 4.5 Zusammenfassung und Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 4.5.1 Antiphonen zu den Psalmen der Vigilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 4.5.1.1 Antiphonen zu Psalmen der Sonntagsvigilien . . . . . . . . 214 4.5.1.2 Antiphonen zu Psalmen der Vigilien von Feria II bis Samstag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 4.5.2 Antiphonen zu Psalmen der Laudes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 4.5.2.1 Antiphonen zu den täglich wechselnden Psalmen . . . 216 4.5.2.2 Antiphonen zu den täglich gesungenen Psalmen . . . . 218 4.5.3 Antiphonen zu Psalmen der Vesper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 4.5.4 Antiphonen zu den Psalmen der kleinen Horen . . . . . . . . . . . . . 219 4.5.4.1 Antiphonen zu Psalm 118 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 4.5.4.2 Antiphonen zu den Psalmen 119 - 127 nach monastischer Psalmenordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 4.5.4.3 Antiphonen der Prim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 4.5.5 Den Modus betreffende Besonderheiten in Bezug auf die Psalmenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 8 Inhalt <?page no="9"?> 4.5.6 Mögliche historische Entwicklungsschritte des Ferialpsalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Teil B: Die Texte der Ferialantiphonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 1 Zu den bei Ferialantiphonen verwendeten lateinischen Psalmenübersetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 2 Zur grammatikalischen Struktur von Ferialantiphonen . . . . . . . . . . . . . . . . 228 3 Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 3.1 Zur Begründung der Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 3.1.1 Zur Sortierung nach Psalmversen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 3.1.2 Zur thematischen Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 3.1.3 Antiphonen, die im Psalm selbst als Responsum (R) angelegt sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 3.2 Antiphonen in Beziehung zur Position innerhalb des Psalms . . . . . . 232 3.2.1 Antiphonen aus Psalmvers 1a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 3.2.1.1 Tabellarische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 3.2.1.2 Zur thematischen Verbindung von Antiphon und Psalm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 3.2.2 Antiphonen aus Psalmvers 1b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 3.2.2.1 Tabellarische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 3.2.2.2 Zur thematischen Verbindung von Antiphon und Psalm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 3.2.3 Antiphonen aus Psalmvers 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 3.2.3.1 Tabellarische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 3.2.3.2 Zur thematischen Verbindung von Antiphon und Psalm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 3.2.4 Antiphonen aus Psalmvers 2a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 3.2.4.1 Tabellarische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 3.2.4.2 Zur thematischen Verbindung von Antiphon und Psalm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 3.2.5 Antiphonen aus Psalmvers 2b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 3.2.5.1 Tabellarische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 3.2.5.2 Zur thematischen Verbindung von Antiphon und Psalm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 3.2.6 Antiphonen aus Psalmvers 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 3.2.6.1 Tabellarische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 3.2.6.2 Zur thematischen Verbindung von Antiphon und Psalm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 Inhalt 9 <?page no="10"?> 3.2.7 Antiphonen aus der Mitte des Psalms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 3.2.7.1 Tabellarische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 3.2.7.2 Zur thematischen Verbindung von Antiphon und Psalm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 3.2.8 Antiphonen aus dem Schlussvers des Psalms . . . . . . . . . . . . . . . 259 3.2.8.1 Tabellarische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 3.2.8.2 Zur thematischen Verbindung von Antiphon und Psalm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 3.2.9 Zusammenfassende Deutung zu Ferialantiphonen in Beziehung zur Position innerhalb des Psalms . . . . . . . . . . . . . . . 262 3.3 Ferialantiphonen, die dem Text des Psalms eine Form der Anrede Gottes anfügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 3.4 Zur Frage der Abhängigkeit von Ferialantiphonen und Psalmenordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 3.4.1 Antiphonen von Vers 1 des Psalms im Zusammenhang mit den Psalmenpaaren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 3.4.1.1 Antiphonen als Bindeglied zwischen zwei Psalmen . . 275 3.4.1.2 Antiphonen als Bindeglied zwischen zwei Psalmen und als Fremdkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 3.4.1.3 Antiphonen als Fremdkörper zu Psalmen . . . . . . . . . . . . 282 3.4.2 Antiphonen von Vers 2 des Psalms im Zusammenhang mit den Psalmenpaaren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 3.4.2.1 Antiphonen als Bindeglied zwischen zwei Psalmen . . 285 3.4.2.2 Eine Antiphon als Fremdkörper zum Psalm . . . . . . . . . 286 3.4.3 Antiphonen von der Mitte des Psalms im Zusammenhang mit den Psalmenpaaren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 3.4.3.1 Antiphonen als Bindeglied zwischen zwei Psalmen . . 287 3.4.3.2 Antiphonen als Bindeglied zwischen zwei Psalmen und als Fremdkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 3.4.3.3 Eine Antiphon als Fremdkörper zum Psalm . . . . . . . . . 293 3.4.4 Antiphonen vom Schluss des Psalms im Zusammenhang mit den Psalmenpaaren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 3.4.5 Zusammenfassende Deutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 4 Ferialantiphonen, deren Text zum Inhalt des Psalms komponiert wurde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 4.1 Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 4.2 Die Antiphonen in Beziehung zu ihrem Psalm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 4.2.1 Zur Herkunft der Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 4.2.2 Zu den Handschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 10 Inhalt <?page no="11"?> 5 Zusammenfassung und Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 5.1 Zu Antiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 5.2 Zu Antiphonen, deren Text zum Inhalt des Textes komponiert wurde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 Teil C: Melodien von Ferialantiphonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 1 Zur Diskussion um die Provenienz des gregorianischen Gesangs . . . . . . 317 1.1 Theorien zur Entwicklung des gregorianischen Chorals in Auswahl und Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 1.2 Zur Einführung des Oktoechos zu Zeit der karolingischen Liturgiereform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 1.3 Die Theorie von Dom Jean Claire und seinen Anhängern . . . . . . . . . 334 2 Melodie-Typoi der Ferialantiphonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 2.1 Zum Hintergrund gregorianischer Formenlehren - eine Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 2.2 Hinführung zur Typologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 2.3 Antiphonen des Typos A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 2.3.1 Antiphonen des Typos A - 6 (= A 6 ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 2.3.2 Antiphonen des Typos A - 1 (= A 1 ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 2.3.3 Antiphonen der Typoi A - 4a und A - 4b (= A 4a und A 4b ) . . . . 369 2.3.4 Auswertung der Typoi A - 6, A - 1, A - 4a und A - 4b . . . . . . . . 371 2.3.5 Zum Wort-Ton Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 2.4 Antiphonen des Typos B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 2.4.1 Typos B mit Tenor auf c und Tradierung im 8., 5. oder 2. Modus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 2.4.1.1 Typos B mit Tenor auf c (Bc -) und Tradierung im 8. Modus (Bc - 8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 2.4.1.2 Typos B mit Tenor auf c (Bc -) und Tradierung im 5. Modus (Bc - 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 2.4.1.3 Typos B mit Tenor auf c (Bc -) und Tradierung im 2. Modus (Bc - 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 2.4.1.4 Typos B mit Tenor auf c (Bc -) und Tradierung im 4. Modus (Bc - 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 2.4.1.5 Typos B mit Tenor auf c (Bc -) und Tradierung im 6. Modus (Bc - 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 2.4.2 Antiphonen des Typos B mit Tenor auf a (Ba -) und Tradierung im 1. (Ba - 1) oder 4. Modus (Ba - 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 2.4.2.1 Typos B mit Tenor auf a (Ba -) und Tradierung im 1. Modus (Ba - 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 Inhalt 11 <?page no="12"?> 2.4.2.2 Typos B mit Tenor auf a (Ba -) und Tradierung im 4. Modus (Ba - 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 2.4.3 Typos B mit Tenor auf e (Be -) und Tradierung im 4. Modus (Be - 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 2.4.4 Typos B mit Tenor auf g (Bg -) und Tradierung im 4. Modus (Bg - 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 2.4.5 Auswertung der Antiphonen des Typos B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 2.4.5.1 Auswertung der Antiphonen des Typos B mit Tenor c 413 2.4.5.2 Auswertung der Antiphonen der Typoi B mit Tenor a, e oder g . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 2.4.5.3 Zum Wort-Ton Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 2.5 Antiphonen des Typos C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 2.5.1 Auswertung der Antiphonen des Typos C . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 2.5.2 Zum Wort-Ton Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 2.6 Antiphonen des Typos D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 2.6.1 Antiphonen des Typos D - 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 2.6.2 Antiphonen des Typos D - 4 und 4a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 2.6.3 Auswertung der Antiphonen des Typos D . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428 2.6.4 Zum Wort-Ton Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428 2.7 Antiphonen des Typos E . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 2.7.1 Typos E - 2 (= E 2 ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 2.7.2 Typos E - 3 (= E 3 ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 2.7.3 Typos E - 4 (= E 4 ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 2.7.4 Typos E - 6 (= E 6 ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 2.7.5 Typos E - 8 (= E 8 ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 2.7.6 Auswertung der Antiphonen des Typos E . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 2.8 Antiphonen des Typos F . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 2.8.1 Antiphonen des Typos F - 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 2.8.2 Auswertung der Antiphonen des Typos F . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 2.9 Antiphonen des Typos G . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 2.9.1 Antiphonen des Typos G - 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 2.9.2 Auswertung der Antiphonen des Typos G . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 2.10 Zusammenfassung und Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 Teil D: Differentiae im Kontext von Ferialantiponen . . . . . . . . . . . . . . . . 441 1 Zur Entstehung und Funktion von Tonaren im Mittelalter . . . . . . . . . . . . 441 1.1 Zu den Anfängen der Chorpsalmodie im Zusammenhang mit differentiae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 1.2 Zur Entwicklungsgeschichte erster Tonare im Mittelalter . . . . . . . . . . 443 1.3 Zur Funktion von Tonaren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 12 Inhalt <?page no="13"?> 2 Zu den differentiae der Ferialantiphonen in Verbindung mit dem Modus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 2.1 Ferialantiphonen mit differentiae des 1. Psalmtons . . . . . . . . . . . . . . . . 452 2.1.1 Zur Verwendung des 1. Modus bei Antiphonen . . . . . . . . . . . . . 452 2.1.2 Zur Häufigkeit in der Verwendung von differentiae zum 1. Modus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 2.1.3 Auffälligkeiten im Hinblick auf gemeinsame Tradition und Sondergut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 2.2 Antiphonen mit differentiae des 2. Psalmtons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 2.2.1 Zur Verwendung des 2. Modus bei Antiphonen . . . . . . . . . . . . . 455 2.2.2 Zur Häufigkeit in der Verwendung von differentiae zum 2. Modus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 2.2.3 Auffälligkeiten im Hinblick auf gemeinsame Tradition und Sondergut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 2.3 Antiphonen mit differentiae des 3. Psalmtons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 2.3.1 Zur Verwendung des 3. Modus bei Antiphonen . . . . . . . . . . . . . 459 2.3.2 Zur Häufigkeit in der Verwendung von differentiae zum 3. Modus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 2.3.3 Auffälligkeiten im Hinblick auf gemeinsame Tradition und Sondergut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 2.4 Antiphonen mit differentiae des 4. Psalmtons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 2.4.1 Zur Verwendung des 4. Modus bei Antiphonen . . . . . . . . . . . . . 461 2.4.2 Zur Häufigkeit in der Verwendung von differentiae zum 4. Modus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 2.4.3 Auffälligkeiten im Hinblick auf gemeinsame Tradition und Sondergut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462 2.5 Antiphonen mit differentiae des Deuterus zur Terz . . . . . . . . . . . . . . . . 464 2.6 Antiphonen mit differentiae des 5. Psalmtons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 2.6.1 Zur Verwendung des 5. Modus bei Antiphonen . . . . . . . . . . . . . 464 2.6.2 Zur Häufigkeit in der Verwendung von differentiae zum 5. Modus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 2.6.3 Auffälligkeiten im Hinblick auf gemeinsame Tradition und Sondergut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 2.7 Antiphonen mit differentiae des 6. Psalmtons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 2.7.1 Zur Verwendung des 6. Modus bei Antiphonen . . . . . . . . . . . . . 465 2.7.2 Zur Häufigkeit in der Verwendung von differentiae zum 6. Modus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 2.7.3 Auffälligkeiten im Hinblick auf gemeinsame Tradition und Sondergut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 2.8 Antiphonen mit differentiae des 7. Psalmtons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 2.8.1 Zur Verwendung des 7. Modus bei Antiphonen . . . . . . . . . . . . . 467 2.8.2 Zur Häufigkeit in der Verwendung von differentiae zum 7. Modus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 Inhalt 13 <?page no="14"?> 2.8.3 Auffälligkeiten im Hinblick auf gemeinsame Tradition und Sondergut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 2.9 Antiphonen mit differentiae des 8. Psalmtons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 2.9.1 Zur Verwendung des 8. Modus bei Antiphonen . . . . . . . . . . . . . 470 2.9.2 Zur Häufigkeit in der Verwendung von differentiae zum 8. Modus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 2.9.3 Auffälligkeiten im Hinblick auf gemeinsame Tradition und Sondergut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 2.10 Zusammenfassung und Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 Ergebnis der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 Ferialantiphonen in Verbindung mit der Struktur des Offiziums . . . . . . . 477 Zur genetischen Vielschichtigkeit der Textüberlieferungen von Ferialantiphonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 Zu den Melodie-Typoi der Ferialantiphonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 Zu den differentiae der Ferialantiphonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 Planvolles Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 Facit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 Abkürzungen der untersuchten Handschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 1 Handschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 Handschriften der hier edierten Ferialoffizien des cursus monasticus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 Handschriften der zu Rate gezogenen, hier nicht edierten Ferialoffizien des cursus monasticus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 Handschriften der hier edierten Ferialoffizien des cursus Romanus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 Handschriften der zu Rate gezogenen Ferialoffizien, die hier nicht ediert sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496 2 Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 3 Lexika und Hilfsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502 4 Monographien und unselbständige Beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503 14 Inhalt <?page no="15"?> Vorwort und Dank Die vorliegende Arbeit wurde als Dissertation an der Fakultät für Katholische Theologie der Universität Regensburg eingereicht. Für die Drucklegung wurde sie geringfügig verändert. Der Beginn des vorliegenden Beitrags zu Erforschung von Ferialantiphonen reicht bis ins Jahr 1990. Damals machte mir Prof. Hansjakob Becker dieses Thema schmackhaft und überzeugte mich davon, dass das Forschungspotential, das in diesen kleinen Antiphonen steckt, die seit Jahrhunderten Tag für Tag in Klöstern gesungen werden, lange nicht erschöpft sei. Da ich neben Theologie auch Musikwissenschaften studierte und Interesse an Gregorianik hatte, gelang es ihm, mich für seine Idee zu begeistern. Ihm verdanke ich nicht nur das Thema dieser Studie, sondern auch maßgebliche erste methodische Weichenstellungen. Beruflich bedingt ruhte die Arbeit viele Jahre. Erst im Jahr 2017 reifte letztlich der Entschluss, die zahlreichen vorhandenen Forschungen nicht zu vernichten, sondern bereits erforschte Grundlagen zu einem Ergebnis zu bringen. Es war ein Segen für diese Arbeit, dass Prof. Harald Buchinger sich dazu bereit erklärte, diesen abschließenden Prozess zu begleiten. Sein Rat war immer von höchster fachlicher Kompetenz und Präzision, stets in jeder Hinsicht unterstützend und zielführend. Auch Prof. David Hiley danke ich sehr herzlich für viele konstruktive Anregungen, was den musikwissenschaftlichen Teil derArbeit betrifft. Sein fachlicher Rat war insbesondere bei der Erstellung der Typologie eine sehr große Hilfe. Frau Dr. Isabel Kraft danke ich herzlich für hilfreiche Tipps in Verbindung mit der Gestaltung der Notensetzung und Prof. Andreas Haug bin ich dankbar dafür, dass er mir Zugang zum Bruno Stäblein Archiv der Universität Würzburg gewährt hat. Er hat überhaupt einen wichtigen Grundstein für mein Interesse an Gregorianik gelegt, als ich bei ihm als junge Studentin in Tübingen einige Seminare besuchen durfte. Darüber hinaus danke ich Frau Theresia Füchtenschnieder (StD), dass sie die Mühe des Korrekturlesens dieser zahlreichen Seiten auf sich genommen hat. Des Weiteren möchte ich einen ganz herzlichen Dank an den den Verein „ Kultur- Liturgie-Spiritualität “ richten, der sich sehr großzügig an den Druckkosten für diese Arbeit beteiligt. Namentlich möchte ich hier Prof. Ansgar Franz sowie Prof. Alexander Zerfaß, die Herausegber dieser Reihe, benennen. Ganz besonders danke ich meinen lieben Eltern, die mich unterstützt haben, dieses Projekt zu Ende zu bringen und sich jetzt, nachdem diese arbeitsintensive Zeit vorbei ist, mit mir über den Abschluss freuen. Ihnen sowie Lillebror und Valerius, die immer für mich da sind, widme ich diese Arbeit. <?page no="17"?> Einleitung 1 Zur Standortbestimmung des Forschungsprojekts Seit Jahrzehnten beschäftigen sowohl die theologische als auch die musikwissenschaftliche Forschung im Zusammenhang mit Ferialantiphonen immer wieder Fragen, inwieweit diese einen Blick vor deren früheste, mit Neumen bzw. Noten versehene Antiphonarien im 9. - 11. Jahrhundert gewähren und ob sich anhand ihrer Texte sowie deren Melodien Rückschlüsse auf die Genese von Psalmodie vor ihrer schriftlichen Fixierung formulieren lassen. 1 Viele Forscher, wie schon François Auguste Gevaert, 2 Robert Taft, 3 Walter Lipphardt, 4 Godehard Joppich 5 oder auch jüngst Alexander Zerfaß 6 teilen die Ansicht, dass sich hier möglicherweise älteste christliche Psalmengesänge mit deren Antiphonen erhalten haben, während sich Wissenschaftler wie Edward Nowacki 7 von dieser These distanzieren. Eines seiner Hauptargumente ist, dass Ferialantiphonen unbedingt in Verbindung mit der Struktur des Offiziums zu betrachten sein müssten und daher nicht zwingend älter als diese seien. Man könne deshalb deren Genese nicht vor der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts ansetzen. 8 Alexander Zerfaß hingegen sieht die Entstehung vieler Ferialantiphonen in Verbindung mit dem Vollzug des kurrenten Psalters, dessen Wiege im frühen Wüstenmönchtum Ägyptens zu suchen ist und der auch in den uns frühest 1 Die ersten lateinischen Sammlungen von Antiphonen sind um das Jahr 700 verfasst, haben jedoch noch keine Melodien: Verona, Kapitelsbibliothek, MS 89 und das Antiphonale von Bangor Mailand, Bibliothek Ambrosiana, MS. C.5. Vgl. W ARREN , Antiphonary. Die älteste neumierte Handschrift ist der in St. Gallen verfasste Codex Hartker (St. Gallen, Stiftsbibliothek 390/ 391) aus dem 10. Jahrhundert. Er ist z. B. auf www.gregorianik.uni-regensburg.de ediert. 2 François Auguste Gevaert setzte den Ursprung dieser Antiphonen zwischen 440 und 540 an; vgl. G EVAERT , Mélopée 162. 3 Vgl. z. B. T AFT , Psalmody 7 - 32. 4 Walther Lipphardt wollte die Entstehung des Ferialoffiziums zur Zeit des Papstes Damaskus (366 - 384) festlegen. Vgl. L IPPHARDT , Gregor der Große 250; ders., Antiphonen 53 - 63. 5 Vgl. J OPPICH , Gedanken; ders., Choral. 6 Vgl. Z ERFA ß, Clamorem. 7 Vgl. z. B. N OWACKI , Antiphon; ders., Psalmody; ders., Chant; ders., Office bes. 249 f; ders., Studies. Auch in seinem zuletzt erschienenen Aufsatz bleibt er seinem Ansatz treu: vgl. N OWACKI , Antiphons bes. 83 ff. 8 N OWACKI , Office 249 ff. <?page no="18"?> zugänglichen Psalmenordnungen zumindest für Vigilien und Vesper prägendes Element darstellt. 9 Seine Thesen werden in vorliegender Studie erhärtet. In der Vergangenheit wurde für das hohe Alter von Ferialantiphonen hauptsächlich ein Argument ins Feld geführt: dass man in der Geschichte eher für Feier- und Festtage neue Antiphonen schuf und an Werktagen beim Altbewährten blieb. Kritiker stellten dem unter anderem entgegen, dass älteste uns bekannte Antiphonen wie Aperite mihi portas iustitiae et ingressus in eas confitebor domino. Haec porta domini; iusti intrabunt per eam. (Ps 117,19 - 20), 10 bereits in den Gregor dem Großen zugeschriebenen Dialogen erwähnt, gerade nicht den Kriterien von Ferialantiphonen entsprechen, deren Texte in der Regel kurz und dem Psalm selbst entnommen sind, 11 wie beispielsweise Adjutor in tribulationibus (Ps 45,2 [1b]; Nr. 97). 12 Die Urheberschaft sowie das Alter der Dialoge selbst werden ihrerseits jedoch in der Forschung kontrovers diskutiert und damit scheint dieses Argument zumindest entkräftet. 13 Eine Schwierigkeit bei der Erforschung frühchristlicher Offiziumsgesänge ist deren erst im 10. Jahrhundert einsetzende Verschriftlichung, die zunächst adiastematisch und erst ab dem 11. Jahrhundert diastematisch dokumentiert wurde. Da 9 Vgl. Z ERFA ß, Clamorem. 10 G REGOR DER G RO ß E , Dialoge 4,36 (SC 265, 118 D E V OGÜÉ ). Übers.: Öffnet mir die Tore der Gerechtigkeit, an ihren Eingängen werde ich mich zum Herrn bekennen. Diese Tür zum Herrn - die Gerechten werden durch sie eintreten. Anmerkung: Diese sowie alle anderen Übersetzungen, die nicht anderweitig belegt sind, stammen von der Verfasserin dieser Arbeit. 11 Vgl. z. B. N OWACKI , Psalmody 312: “ It does show that many of the longer proper antiphons are of ninth-century origin or later - mainly because their feasts were only introduced at that time - but it does not rule out that the short ferial antiphons may be equally recent. In other words, brevity in antiphons - a quality making them apt for collective performance - may be a relatively late adaption. ” Vgl. ders., Office 243 - 275. 12 Bei in dieser Arbeit edierten Ferialantiphonen wird in Klammern zuerst der Psalmvers nach der Vulgata (Psalterium Gallicanum) angegeben, dann in der zweiten Klammer der (Halb-) Vers im realen Verlauf des Psalms und schließlich die Nummer in der vorliegenden Edition. 13 Aufgrund von Untersuchungen des Vokabulars, der Orthographie, des Schreibstils, historischer Anachronismen u. a. der Dialoge kommt Francis Clark zum Ergebnis, dass die Dialoge nicht von Gregor selbst verfasst wurden, sondern erst um 670/ 680 in Rom entstanden sind. Vgl. C LARK , Dialogues; ders., Legacy. Seine Forschungsergebnisse werden jedoch z. T. in Frage gestellt. Katharina Greschat konstatiert beispielsweise einen ähnlich „ drastischen “ Schreibstil wie in den Dialogen auch in Gregors Moralia in Job. Vgl. G RESCHAT , Rezension; Stephan Ch. Kessler bleibt auch nach der Lektüre von Clarks revidierter Studie dabei, dass derAutor der Dialogi mit dem Gregor der bibeltheologischen Schriften und Briefe identisch sei. Vgl. K ESSLER , Rezension. Kritisch sind auch weitere: S TEWART , Rezension; H EID , Rezension; vgl. auch D AL S ANTO , Shadow. Einen Einblick in die Diskussion um den Ursprung der Dialogi bietet ebenfalls R ONZANI , in: Tradizione und in: Ricerca. Zu den Forschungen Clarks passend vgl. die Untersuchungen von Michaela Zelzer, nach der die Regula Benedicti erst explizit um 660, in der Regula Donati, erwähnt wird. Vgl. Z ELZER , Benedikt und dies., Regula. 18 Einleitung <?page no="19"?> die mit Neumen und ab dem 12./ 13. Jahrhundert schließlich mit (Quadrat-) Noten versehenen Handschriften jedoch der einzige Zugang dafür sind, rückwirkend einen Blick in die Welt des Gesangs vor der Kodifizierung werfen zu können, müssen diese Manuskripte herangezogen werden, um davon ausgehend genetische Schlüsse hinsichtlich des antiphonalen Gesangs ziehen zu können. Sämtliche Antiphonarien, sowohl die des monastischen als auch diejenigen des römischen Typs, 14 sind also in einer Zeit entstanden, als die durch die Admonitio generalis Karls d. Großen vom 23.3.789 15 als verbindlich deklarierte Übernahme der römischen Liturgie längst realisiert, die Feier der Gottesdienste neu geordnet, liturgische Bücher für den Gebrauch in der fränkischen Kirche überarbeitet waren. 16 In Klöstern hatte sich in karolingischer Zeit die Regula Benedicti als Prototyp einer Regel coenobitischen Lebens durchgesetzt. 17 Die Übertragung der Aufgabe der Bildung an die Klöster hatte bereits ein einheitliches Kulturbild zur Folge. 18 14 In dieser Arbeit ist mit römischem Offizium, insofern es nicht eigens vermerkt ist, immer die alte römische Psalmenverteilung gemeint, die bis zur Reform Pius X. gültig war. Zu ihrer Struktur vgl. z. B. B ECKER , Reform 48; T AFT , Liturgy 136 f. oder in dieser Arbeit 70 f. Desweiteren werden hier der Einfachheit halber in Bezug auf Handschriften, deren Offiziumsstruktur der Reform Benedikts geschuldet ist, die Begriffe „ benediktinisches Offizium “ und „ monastisches Offizium “ in Abgrenzung von der Psalmenordnung des römischen Typs synonym gebraucht. 15 Vgl. folgende Passage aus der Admonitio Karls des Großen: Omni clero. Ut cantum Romanum pleniter ciscant, et ordinabilitae memoriae genitor noster Pippinus rex decertavit, ut fieret, quando Gallicanum tulit ob unanimitatem apostolicae sedis et sanctae die ecclesiae pacificam concordiam. Übers.: Dem gesamten Klerus. Dass sie den römischen Gesang vollständig lernen mögen, und dass er ordentlich während des Stundengebets bei Nacht und bei Tag vorgetragen werde gemäß dem, wie unser Vater seligen Angedenkens König Pippin anordnete, dass es geschehe, als er den gallikanischen (Gesang) abschaffte um der Einmütigkeit mit dem apostolischen Stuhl und der friedlichen Eintracht der heiligen Kirche Gottes willen. (K ARL DER G RO ß E , Admonitio [MGH 16, 230 f. M ORDEK / Z ECHIEL -E CKES / G LATTHAAR ]). Vgl. auch A NGEN- ENDT , Bündnis 44. 16 Zu Vertretern, die von einem starken Durchsetzungswillen einer von Pippin III. und dessen Sohn Karl dem Großen als karolingischer Reform bekannten Vereinheitlichung u. a. der Liturgie ausgehen, vgl. z. B. K LAUSER , Austauschbeziehungen 169; K LÖCKNER , Handbuch 40 - 64; V OGEL , Échanges; sich von dieser Position kritisch abgrenzend vgl. z. B. Y ITZHAQ , Romanization. 17 Die zur Mitte des 6. Jh. zu Ende gestellte Regula Benedicti ist anonym überliefert und die Autorenschaft des Benedikt von Nursia umstritten. Über sein Leben erfahren wir erst im zweiten Buch der Gregor dem Großen zugeschriebenen Dialoge. Zur kontroversen Auseinandersetzung bezüglich der Urheberschaft der Dialoge vgl. oben Anm. 13. In dieser Arbeit wird der Autor der Regula Benedicti im Fluss der Tradition weiterhin Benedikt genannt. Literatur zur Regula Benedicti: H OLZHERR , Benediktsregel; K ARDONG , Benedict ’ s; P UZICHA / G ARTNER , Quellen; P UZICHA , Kommentar; S TEIDLE , Regel; DE V OGÜÉ , Règle. Zur Frage, wann wo wie „ benediktinisiert “ wurde vgl. z. B. P ARKES , Hartker ’ s. 18 Von der gelungenen Ausbreitung des römischen Gesangs berichtet z. B. Walafried Strabo: Cantilenae vero perfectionem scientiam, quam pene jam tota Francia diligit, Stephanus papa Zur Standortbestimmung des Forschungsprojekts 19 <?page no="20"?> Wie die Rezeption des römischen Gesanges im Frankenreich konkret ausgesehen hat, bleibt weitgehend ungewiss. 19 Musikalische Formeln bei Ferialantiphonen Auch Ferialantiphonen mit ihrem vielfach modell-, formelhaften Erscheinungsbild bergen unterschiedlichste Traditionen, die sich im Nachhinein häufig nicht mehr auseinander dividieren lassen. Doch zeigt die vorliegende Studie, dass beispielsweise bezüglich der modalen Provenienz Charakteristika sichtbar werden, die einen vagen Einblick geben, wie mit musikalischen Formeln umgegangen wurde. Aufgrund der Analyse modaler Traditionen in den verschiedenen Handschriften lassen sich möglicherweise Spuren lokaler Prägungen erkennen. Diese werden in den musikwissenschaftlichen Teilen dieser Arbeit näher betrachtet. Zwischen der altrömischen und der fränkisch-gregorianischen Tradition ist in der Regel eine starke melodische Verwandtschaft bei Abweichungen im Einzelnen festzustellen. Die Annahme der neueren Forschung, dass Melodien nicht durch schriftliche Vorlage, sondern durch mündliche Überbringung mittels Mustern, Formeln und hervorstechenden Merkmalen nach Gedächtnisrekonstruktionen erfolgte, wird daher in dieser Arbeit zumindest teilweise gestützt. 20 Ob in vorliegender Studie formulierte Thesen, inwieweit in Antiphonarien lokale Stilmerkmalen zum Ausdruck kommen, auch in Zusammenhängen außerhalb des Ferialoffiziums bestätigt werden, ermitteln vielleicht weitere Forschungen. cum ad Pippinum patrem Caroli magni (in primis in Franciam) pro justitia sancti Petri a Langobardis expetenda, venisset, per suos clericos, petente eodem Pippino, invexit, indeque usus ejuslonge lateque convaluit. (S TRABO , Rebus 25 [PL 114, 957]). Übers.: Die perfektere Kenntnis dieses Gesangs aber, den schon fast das gesamte Frankenreich liebt, hat Papst Stephan, als er zu Pippin, dem Vater Karls des Großen kam (zuerst ins Fankenreich), um Gerechtigkeit für den Heiligen Petrus von den Langobarden zu erbitten, durch seine Kleriker auf Bitten desselben Pippin eingeführt, und von da an ist dessen Gebrauch weit und breit erstarkt. 19 Vgl. D I C ENSO , Revisiting. 20 D OBSZAY / S ZENDREI , Antiphonen Bd. 1, 23 f. Vgl. K LÖCKNER , Untersuchungen 74: Da keine Neumen aus dieser Zeit überliefert sind, sei davon auszugehen, dass nicht schriftliche Fixierung die Melodien ins Frankenreich brachte, sondern mündliche Überlieferung. Vgl. ders., Handbuch 40 - 62; T REITLER , Homer 341. Zur vertiefenden Diskussion um die Provenienz gregorianischen Gesangs vgl. in vorliegender Arbeit Teil C, 1. 20 Einleitung <?page no="21"?> 2 Zur Entwicklungsgeschichte von responsorialem und antiphonalem Gesang Um sich ein Bild machen zu können, wie Ferialantiphonen verklanglicht wurden, kommt man nicht umhin, sich mit unterschiedlichen frühchristlichen Gesangsweisen der Psalmodie auseinanderzusetzen. Bis etwa ins 9. Jahrhundert gibt es wenig konkret verwertbare Hinweise, wie man sich das Singen von Psalmen vorzustellen hat, und auch der Begriff Antiphon veränderte sich im Laufe der Geschichte. Aus diesem Grund werden im Folgenden, soweit anhand der Quellenbefunde möglich, die Begriffe responsorial und antiphonal überblicksartig in ihrer historischen Entwicklung dargestellt. Der psalmus in directum wird hier des Themas wegen außer Acht gelassen. Bei der Auswahl der Zeugnisse wird in erster Linie darauf eingegangen, inwiefern historische Aussagen im Hinblick auf vorliegende Untersuchung relevant sind. 2.1 Responsoriale Psalmodie - ein Blick in die jüdische und frühchristliche Geschichte Die responsoriale Singweise eines Psalmes - eine Gruppe von Sängern antwortet einem Solisten mit einem feststehenden Refrain - ist die einfachste Form, viele Menschen aktiv teilhaben zu lassen, ohne dass der Psalm allen auswendig bewusst sein müsste. 1 Diese Art des Psalmengesanges war, wenn auch in der Regel wenig konkret dokumentiert, sowohl in der jüdischen Tradition als auch in der frühen Kirche üblich. 2.1.1 Zur jüdischen Überlieferung Über die Verwendung im Einzelnen sowohl in der Tempelals auch in der Synagogenliturgie weiß man wenig Bescheid, und leider fehlen hier Belege zur Gestaltung des Psalmengesangs: die Bibel übermittelt so gut wie nichts, rabbinische Quellen liefern keinen Nachweis eines umfangreichen liturgischen Ge- 1 Zu frühen Entwicklung responsorialen Gesangs vgl. grundlegend H ILEY , Plainchant; ders., Responsorium; C UTTER / M AIANI / M ORONEY / C ALDWELL , Responsory; Z ERFA ß, Responsorium; C ULLIN , Psalmodie. Er vertritt die These, responsorialer Gesang mit Einwürfen in Form von Kehrversen habe sich aus dem psalmum in directum entwickelt. <?page no="22"?> brauchs des Psalters bzw. von Psalmen, und auch die Funde von Qumran geben nur wenige Hinweise über deren liturgische Nutzung. 2 Besondere Unterstützung fanden die Psalmen zunächst offenbar in der Tempelliturgie: Überliefert sind Angaben zur Verwendung von Psalmen beim Tamidopfer. 3 Informationen über den Wochenablauf bestimmter Psalmen im Tempel sind allerdings keine aktuellen Regieangaben, sondern aus rabbinischen Quellen in Erinnerung an die Psalmenverwendung der Standmannschaften (ma ’ amadot) der Tempelzeit überliefert und lassen damit letztlich offen, ob es sich um eine reale oder eine fiktive Idealsituation handelt. 4 2 Zur kontroversen Diskussion bezüglich der Psalmenverwendung in Qumran und in der rabbinischen Zeit vgl. B UCHINGER , Psalm (liturgisch) 461 f; D AHMEN , Psalmen- und Psalter- Rezeption; F ABRY , Psalter; L OHFINK , Psalmengebet; M C K INNON , Question; M AIER , Kult; S TEMBERGER , Psalmen; S CHULLER , Scholarship. Zum synagogalen Psalmengesang vgl. M C K INNON , Question: Er greift die Diskussion auf, inwiefern in der Synagoge gerichtliche Angelegenheiten gelöst, die synagogale Praxis nach 70. n. Chr. Riten des Tempels übernahm und inwiefern auch gebetet wurde. Dabei kommt er zum Ergebnis: „ That psalmody flourished in the ancient synagogue is a notio created by Christian liturgical and musical historicans. (180 f.); … the evidence against psalmody in the synagogue at the time of Jesus appears overwhelming. … Daily synagogue psalmody as generally understood was not instituted until several centuries into the Christian area. “ (190). Vgl. auch M AIER , Verwendung 55 f. 3 Laut Tamid 7,4 wurden die Psalmen 24, 48, 82, 94, 81, 93 und 92 in dieser Reihenfolge an Wochentagen von Sonntag bis Sabbat als Lieder der Leviten beim Tamidopfer rezitiert. (Mischnah 754 f. C ORRENS ). Eine Zuordnung (zum Sabbattag) findet man teilweise auch in den Überschriften des hebräischen Textes (Ps 92 [LXX = Ps 91]) und der Septuaginta (vgl. Pss 23, 47, 93, 92 und 91). Ps 30 (29) ist im hebräischen und griechischen Text der Tempelweihe (Chanukka) zugedacht; Ps 28 (LXX) hat den Zusatz „ im Ausgang des Zeltes “ . Die liturgische Bedeutung dieser Bestimmungen ist allerdings nach B UCHINGER , Psalm 460 f. umstritten. Sukkah 4,5 weist das Rezitieren von Psalm 118,25 zur Umschreitung des Altars zu Sukkot an (Mischnah 241 C ORRENS ). Laut Sukkah 5,4 (Mischnah 243 C ORRENS ) und Middot 2,5 (Mischnah 759 C ORRENS ) standen die Leviten beim Lied (vgl. auch Tamid 7,3 [Mischnah 754 C ORRENS ]) auf den 15 Stufen (entsprechend der 15 Gradualpsalmen [Ps 120/ 34]) zwischen den Israeliten und dem Chor der Frauen. Gemäß Tos. Sotah 13,9 (Tosefta 233 f. L IEBERMAN ) rezitierten Leviten als „ Wecker “ (am Morgen) Psalm 44,24. Bikkurim 3,4 (Mischnah 134 C ORRENS ) und Tos. Bikkurim 2,10 (Tosefta 292 L IEBERMAN ) nennen Psalm 30,1 als Gesang der Leviten zur Prozession mit den Erstlingen. Tos. Ta ’ anit 1,12 (Tosefta 327 L IEBERMAN ) weist auf die Verwendung von Ps 106,48 und 72,19 als Segensspruch und Antwort hin. Nach Tos. Yoma 1,9 (Tosefta 223 f. L IEBERMAN ) soll man in der Nacht vor dem Versöhnungstag Psalm 127,1 rezitieren. Tos. Ta ’ anit 3,9 (Tosefta 340 L IEBERMAN ) schreibt den Leviten Psalm 94,23 bei der Zertörung des Tempels zu. Vgl. auch B UCHINGER , Psalm 460 f; M AIER , Verwendung 65 f; R OUWHORST , Gottesdienst 523 ff; S TEMBERGER , Psalmen 200; T HOMA , Psalmenfrömmigkeit 99. Er notiert eine Baraita (bRHSh 31a), die auf Rabbi Akiba zurückgeführt wird, mit einem Schema über die Reihenfolge von Psalmen während einer Woche samt mitgelieferten Begründungen. Nach Franz wurden am Tempel an den Stufen vom Vorhof der Frauen zum Vorhof der Männer Psalmen in responsorialem Stil vorgetragen, wobei die Gemeinde einen Refrain wie Halleluja oder Denn deine Huld währt ewig einwarf. Konkrete Belege dafür liefert er leider nicht. Vgl. F RANZ , Musik II (Vokalmusik), C (Jüdisch) 268. 4 Vgl. B UCHINGER , Psalm bes. 460; M AIER , Verwendung 99. 22 Einleitung <?page no="23"?> Die Gruppe der Standmannschaften stellte sich aus nach Jerusalem von verschiedenen Regionen des Landes für ein halbes Jahr abgerufenen Laien zusammen. Sie dienten beim Tempelkult dem Kultpersonal und respondierten auf die Gesänge, laut Ta ’ anit 4,4 f. jedoch nicht an Tagen, an denen das Hallel gesungen wurde. 5 Nach der Zerstörung des Tempels beeinflussten sie den Synagogengottesdienst. 6 Es wird vermutet, dass z. B. auch bei Prozessionen oder bei der Verkündigung (chorische) Responsorien erklangen. 7 Zeugnisse responsorialer Psalmodie aus dem AT Auch aus dem Buch der Psalmen geht hervor, dass eine responsoriale Form des Gesangs bekannt war. Am deutlichsten nachzuvollziehen ist dies in Ps 135 mit seinem gleichbleibenden Kehrvers Denn in Ewigkeit währt sein Erbarmen, der in der zweiten Hälfte eines jeden Verses wiederholt wird. Eben dieser Text ist uns als Ferialantiphon überliefert, wenngleich man natürlich nicht behaupten kann, dass sich bei diesem Beispiel auch in der Melodie eine bis in alttestamentliche Zeit verweisende Antiphon erhalten hat. Das Makkabäerbuch (1 Mak 4,24) weist ebenfalls auf diesen Vers aus Ps 135, allerdings auch an dieser Stelle ohne konkrete praktische Angaben: Nach dem Sieg über Georgias (165 v. Chr.), auf dem Rückmarsch (vom Land der Philister), priesen und lobten sie den Himmel mit den Worten Denn er ist gütig, denn seine Huld währt ewig. 8 2.1.2 Responsorialer Gesang in der frühen Kirche Zur Frage nach Kontinuität der Psalmodie von Juden- und Christentum Das Verhältnis von rabbinischem Judentum zu frühem Christentum sieht die neuere Forschung als zwei parallele religiöse Bewegungen an, die sich auf dem gemeinsamen Boden des biblischen Judentums und des Judentums zur Zeit des zweiten Tempels entwickelt haben. 9 Eine etwaige Übernahme von Psalmodie aus dem Jüdischen in das frühe Christentum ist nicht nachzuweisen. 5 Vgl. B UCHINGER , Psalm 460 f. 6 Vgl. T HOMA , Psalmenfrömmigkeit 98 f. 7 Vgl. F RANZ , ebd. 267 und S EIDEL , Musik 86/ 104. 8 Vgl. T HOMA , Psalmenfrömmigkeit 93: „ Es ist gut möglich, daß den Kriegern irgend eine melodiös-rhythmische Form von Ps 136 bekannt war. Indem sie mit dem stets gleichbleibenden Refrain einem ‚ Vorsänger ‘ der Psalmverse respondierten, wurden sie aus ihrer Übermüdung in dankbare Schwingung gebracht. “ (Der Autor bezieht sich auf die Zählung des hebräischen Psalters.) 9 Vgl. R OUWHORST , Gottesdienst 508; M AIER , Verwendung 55 f; S EIDEL / D YER / F INSCHER , Psalm 1961 - 1963. Zur Entwicklungsgeschichte von responsorialem und antiphonalem Gesang 23 <?page no="24"?> Spärliche Zeugnisse aus der frühen Kirche Wenn wir auch kaum konkrete Hinweise haben, wissen wir dennoch mit Sicherheit, dass responsorialer Gesang in der frühen Kirche des 2. und 3. Jahrhunderts praktiziert wurde. 10 Das früheste und aus dem 2. Jahrhundert auch einzige Zeugniss hinsichtlich des Psalmengebets unter Einbeziehung des respondierenden Volkes stammt von Tertullian: Diejenigen, die beim Beten besonders gewissenhaft sind, pflegen bei ihren Gebeten ein Halleluja anzufügen und Psalmen von der Art, daß die Versammelten mit ihren Schlussversen antworten können. Und es ist natürlich eine sehr gute Einrichtung, ein Gebet, das mit allem gesättigt ist, was dazu dient, Gott den Vorzug und die Ehre zu geben, als herrliches Opfer darzubringen (vgl. Ps 140,2 LXX). 11 Möglicherweise berichtet Tertullian hier von einem Brauch, den Schlussvers des Psalms als Responsum zu nehmen, wie es auch einige der in vorliegender Arbeit edierten Ferialantiphonen aufweisen. Ab dem 4. Jahrhundert, nach der konstantinischen Wende, findet man mehr Zeugen für die Psalmodie; James McKinnon spricht diesbezüglich vor dem Hintergrund der damals im Mönchtum bzw. den Basilika-Klöstern aufblühenden Psalmodie, die auch die Gemeindeliturgie erfasste, von „ psalmodic movement “ . 12 Einige Zeugnisse responsorialer Gemeindepsalmodie aus dem 4. Jahrhundert Ein markantes Ereignis weiß Athanasius zu erzählen: In der Kirche eingeschlossen, von feindlichen Gegnern bedrängt, ließ er den Diakon die Verse und das Volk den Kehrvers von Ps 135 singen: Denn in Ewigkeit währt sein Erbarmen. 13 Dieses Beispiel sei im Zusammenhang mit dieser Arbeit erwähnt, da dieser Psalmvers auch als Ferialantiphon überliefert ist. Ob Athanasius hier auch an eine uns übermittelte Melodie dachte, muss leider ein Geheimnis der Geschichte bleiben. Ein anderes von der Thematik dieser Arbeit her zu nennendes Zeugnis findet man in Augustinus ’ Enarrationes in psalmos. 14 Dort weist er darauf hin, dass einem legenti, also Vorleser, mit Responsa geantwortet wurde. Außerdem benennt er die 10 Vgl. hier besonders die Studie von T AFT , Psalmody 17 ff; vgl. auch M C K INNON , Musik 911. 11 Diligentiores in orando subiungere in orationibus Alleluia solent et hoc genus psalmos, quorum clausulis respondeant qui simul sunt. Et est optimum utique institutum omni quod praeponendo et honorando Deo competit saturatam orationem velut opimam hostiam admovere. (T ERTULLIAN , Oratione 27 [FC 76, 273 S CHLEYER ; PL 1, 1301]). 12 Vgl. M C K INNON , Monasticism. 13 A THANASIUS , De fuga 24: ὅτι εἰς τὸν αἰῶνα τὸ ἔλεος αὐτοῦ (SC 56 bis, 162 S ZYMUSIAK ; PG 25, 676 A). 14 Z. B. A UGUSTINUS , Enarrationes (CCSL 38 - 40; CSEL 93 - 95). 24 Einleitung <?page no="25"?> Option, beim Psalmodieren einen Vers aus der Mitte des Psalms als Responsum an den Anfang zu stellen: Das, was wir als dem ersten Leser (Sänger) Antwortende singen, stellen wir, obwohl es in der Mitte des Psalms steht, dennoch von dort an den Anfang des Gesprächs (des Psalms): ‚ Meinem Feind …‘ 15 Dieser Brauch ist ebenfalls bei einem Teil der Ferialantiphonen zu finden. Weitere Belege an Responsa frühchristlicher Praxis hat James McKinnon anhand von Augustinus ’ Predigten zusammengestellt. Wenige davon sind auch in den hier edierten Handschriften als Ferialantiphonen belegt, was nicht heißt, dass ebenso die Melodien dieselben gewesen sein müssten, und belegt, wie vielfältig die Traditionen von Psalmenrefrains waren. 16 Umso erstaunlicher ist, welch einheitliches Bild sich dann im Zuge der karolingischen Reform darstellt. Spätestens im ausgehenden römischen Reich war responsoriale Praxis offensichtlich ein wichtiges Element der Gemeindeliturgie, um das Volk an Zeremonien zu beteiligen. Taft weist in diesem Kontext auf eine Erzählung von den Äbten Sophrontius und Johannes aus dem 6. Jahrhundert hin, die betonen, dass Refrains für Gemeindegottesdienste typisch seien, nicht jedoch für Gottesdienste im monastischen Bereich. 17 2.2 Antiphonale Psalmodie im frühen Christentum bis zum Mittelalter Heutzutage wird im liturgischen Gebrauch mit Antiphon ein Refrain bezeichnet, der normalerweise vor und nach, gelegentlich auch zwischen Psalmbzw. Canticumsversen gesungen oder gesprochen wird. Gleichzeitig bedeutet antiphonaler Gesang wechselchöriges Singen zweier Gruppen. Der Begriff ist im Laufe der Geschichte einem Wandel unterworfen und nicht immer eindeutig, was die Sachlage nicht gerade einfach macht. 18 15 Primo quod legenti respondentes cantavimus, quamquam de medio psalmo sit, hinc tamen sermonis ducamus exordinum: 'inimici mei … '. (A UGUSTINUS , Psalmum 40,1 [CCSL 38, 447; PL 36, 453]). Der Halbvers Inimici mei dixerunt mala mihi ist Ps 40,6a. 16 Vgl. M C K INNON , Psalmody. Er stellt zahlreche Nachweise an Psalmrefrains zusammen und differenziert solche, die sicher in Augustinus ’ Liturgie erklangen von anderen, die möglicherweise von Augustinus gesungen wurden. Einen guten Überblick an Belegen responsorialer Praxis der frühen Kirche bietet auch Harald Buchinger. Vgl. B UCHINGER , Psalm. 17 T AFT , Psalmody 14 f. Zur Erzählung der Äbte Sophrontius und Johannes vgl. L ONGO , Testo 233 - 67. 18 Diese Thematik wird von einigen Autoren gebündelt: F RANZ , Kirche 17; H ANDSCHIN , Apologetik 99 f; L EEB , Psalmodie 18 - 20; M E ß NER , Studien 56 - 63; Z ERFA ß, Mysterium 30. Zur Entwicklungsgeschichte von responsorialem und antiphonalem Gesang 25 <?page no="26"?> Folgend zunächst ein kurzer Überblick über die Bedeutung des Begriffs Antiphon seit neutestamentlicher Zeit: zunächst aus hellenistisch-jüdischer Perspektive, dann entsprechend christlicher Quellen. Bei letzteren wird der Begriff antiphonaler Gesang von verschiedener Seite her beleuchtet: Als erstes werden die wenigen markanten frühchristlichen Zeugnisse benannt, die bezüglich der Gemeindeliturgie von antiphona sprechen und die verdeutlichen, wie wenig eindeutig dort der Begriff verwendet wird; als zweites wird der Forschungsstand zu Antiphon, bezogen auf den monastischen Kontext, beleuchtet. Dort wiederum wird der Wandel in der Bedeutung von antiphonalem Gesang in Verbindung mit Solopsalmodie im Vergleich mit jenem in der Funktion von Wechselchorgesang dargelegt, sodass sich ein hypothetisches Bild ergibt, in welch unterschielichen Zusammenhängen auch Ferialantiphonen erklungen sein könnten. 2.2.1 Jüdisch hellenistischer Hintergrund Aus neutestamentlicher Zeit finden wir den Begriff Antiphon in hellenistischjüdischem Umfeld bei Philo von Alexandrien in seiner Schrift De vita contemplativa. 19 In mit der griechischen Musiktheorie vergleichenden Studien fand Peter Jeffery heraus, dass dort der Begriff ἀντιφώνοι bedeute, in Paralleloktaven zu singen. Dies beziehe sich beispielsweise auf den Mischgesang von Männern und Jungen bzw. Frauen, die natürlicherweise eine Oktav höher singen. 20 In Anlehnung daran schließt er auf ein ähnliches Verständnis bei Philo sowie bei diesem nahe stehenden christlichen Schreibern wie Tertullian, Eusebius, Clemens von Alexandrien oder in der Traditio apostolica. 21 2.2.2 Psalmodie mit Antiphonen in der Gemeindeliturgie der frühen Kirche Ob Egeria 22 in ihrem Pilgerbericht aus dem 4. Jahrhundert den von Jeffery herausgearbeiteten Aspekt in der Verwendung des Begriffs Antiphona (noch) mitbedenkt, ist fraglich. 19 Z. B. P HILO , Life C OLSON . 20 Vgl. J EFFERY , Philo ’ s bes. 161 - 177. Im Zusammenhang mit der griechischen Musiktheorie verweist Jeffery auf zahlreiche Sekundärliteratur: A YLEN , Theater; B ARKER , Writings; ders., Heterophonia; B IERL , Chor; C ALAME , Choruses; G ENTILI / P RETAGOSTINI , Musica; I NGALLS , Performance; M ATHIESEN , Apollo ’ s; ders., Harmonia; ders., Rhythm; P ARKER , Songs; P EARSON , Aristoxenos; P ICKARD -C AMBRIDGE , Festivals; W EST , Music. 21 In der für diesen Kontext entscheidenen Stelle schildert Philo, dass in der Nachtfeier der Therapeuten zunächst Männer und Frauen, getrennt in zwei Chören, antraten und Gott mit Hymnen und Tänzen priesen. Nach dem Vorbild der Israeliten vereinten sie sich dann zu einem einzigen Chor. (P HILO , Vita 88 [P HILO , Life 166 f. C OLSON ]). Übers.: (Der Chor der Therapeuten beider Geschlechter) mischt die hohen Frauenstimmen und den Klang der tiefen Männerstimmen zu antiphonischen Melodien ( μέλεσιν ἀντήχοις καὶ ἀντιφώνοις ) und erzeugt so einen harmonischen und wahrhaftig musikalischen Zusammenklang. 22 Vgl. zu Egeria und den von ihr verwendeten Begriffen zwei grundlegende Konkordanzen: L EEB , Gesänge; J EFFERY , Rome. 26 Einleitung <?page no="27"?> Aus ihrem Bericht geht hervor, dass man Hymnen, Psalmen und in ähnlicher Weise auch Antiphonen rezitiert habe. Sie verwendet sowohl responduntur 23 als auch dicuntur 24 . In Verbindung mit responduntur lässt dies vermuten, dass sie mit antiphonalem Gesang einen von uns heute als responsorial bezeichneten Gesang meint, der letztlich jedoch nicht von den von ihr benannten Responsa getrennt werden kann. Dicuntur ist hypothetisch im Sinn von singen verwendet. Aufgrund der mangelnden Schärfe in der sprachlichen Abgrenzung von psalmi, ymni und antiphonae kann letztlich nur spekuliert werden, was sie konkret in ihrem Pilgerbericht meint und ob sie damit nur auf unterschiedliche Weisen der Psalmodie oder sogar schon auf Troparien hinweist. 25 Caesarius von Arles ( † 542) benennt einen weiteren Aspekt praktizierten antiphonalen Gesangs hin, wenn er schreibt, dass man z. B. Antiphonen singt, damit es in der Kirche keinen Leerlauf gibt und nicht zu reden anfängt. 26 Hier sind mit Antiphonen, wie wohl in der frühen Kirche üblich, Responsa gemeint. 2.2.3 Psalmodie mit Antiphonen in der monastischen Praxis 2.2.3.1 Psalmodie mit Antiphonen in Verbindung mit Solopsalmodie Neueren Forschungen entsprechend war die Solopsalmodie, in der Regel von den Ältesten gesungen, während die anderen schweigend zuhörten und bisweilen Refrains einschoben, die gängige Art und Weise Psalmen zu singen bis mindestens in der Zeit des Übergangs von der Antike in frühe Mittelalter. 27 23 Et ex ea hore usque in luce dicuntur ymni et psalmi responduntur, similiter et antiphonae. Übers. ebd.: Von dieser Stunde an bis zum Morgengrauen werden Hymnen vorgetragen und Psalmen rezitiert, ebenso auch Antiphonen. (E GERIA , Itinerarium 24,1 [FC 20, 208 f. R ÖWEKAMP ]). Ob Egeria im Zusammenhang mit antiphonae eigenständige Gesänge meint und ob diese unabhängig von der Psalmodie zu betrachten sind, wie Reinhard Messner konstatiert, geht aus dem Bericht nicht hervor. (M ESSNER , Studien 65). Vgl. auch T AFT , Liturgy 54. 24 … dicuntur psalmi et antiphonae, donec commonetur episcopus. Übers.: … man rezitiert Psalmen und Antiphonen, bis der Bischof gerufen wird. (E GERIA , Itinerarium 24,3 [FC 20, 210 f. R ÖWEKAMP ]). Zur Bedeutung von dicere und cantare sowie von anderen die Musik betreffenden Terminologien vgl. K ASCH , Vokabular und ebenso K OHLHAAS , Musik hier bes. 66 ff., die hier z. T. Ulrich Mehler widerspricht, der die Vieldeutigkeit dieser beiden Verben herausgearbeitet hat. Vgl. M EHLER , Terminologie 44 - 55. 25 Harald Buchinger weist darauf hin, dass ein georgisches Hymnar (ältestes Iadgari) bereits Troparien überliefere, während jedoch das Lect. Hieros. Arm., welches sich auf die Jahre zwischen 417 und 439 beziehe, keine Troparien kenne. (B UCHINGER , Psalm 465). Robert Taft stellte aufgrund des Pilgerberichtes von Egeria eine nicht zu beweisende Hypothese auf, dass in Jerusalem um 400 der Begriff Antiphon heutzutage mit tropus oder refrain wiedergegeben würde: (einzelne) Verse, die zwischen die von einem Solisten vorgetragenen Verse eingeworfen wurden. (T AFT , Liturgy 53 f.). 26 Adjecit etiam atque compulit, ut laicorum popularitas psalmos et hymnos pararet, altaque et modulata voce instar clericorum alii Graece, alii Latine prosas antiphonasque cantaret, ut non haberent spatium in ecclesia fabulis occupari. (Vitae Caesarii 1,19 [MGH.SRM 3, 463 f. Krusch]). 27 Vgl. z. B. D YER , Psalmody 57 f; G INDELE , Ausdruck. Zur Entwicklungsgeschichte von responsorialem und antiphonalem Gesang 27 <?page no="28"?> Zu den frühesten Zeugnissen, wie man im westlichen monastischen Bereich Psalmen gesungen habe, zählen die Überlieferungen des Johannes Cassian (ca. 360 - 435), die ihrerseits freilich nicht interesselos entstanden sind, sondern um bestimmte Praktiken in Gallien einzuführen. In seinen Institutiones nennt er dabei keinen signifikanten Unterschied zwischen Gallien, Ägypten, Palästina oder Mesopotamien 28 mit Ausnahme der Doxologie: In Gallien wurde die Doxologie am Ende des Psalms von allen Mönchen gesungen, während im Osten der Psalm mit der Antiphon schloss. 29 Was die sprachliche Abgrenzung betrifft, finden wir bei Cassian Antiphonae von Psalmen mit Responsum unterschieden. 30 Beide Begriffe beziehen sich auf eine Form der mit einem Vers gesungenen Solopsalmodie. 31 Worin der Unterschied besteht, ist nicht auszumachen. Auch andere Regeln bestätigen die Form der Solopsalmodie für Unterägypten. So beispielsweise Rufinus (345 - 411), 32 ein Zeitgenosse Cassians, oder die später verfasste Regel der vier Väter (465 - 470). 33 28 Zu Psalmen in Vesper und Nocturn äußert sich Cassian: Igitur per universam ut diximus Aegyptum et Thebaidem duodenarius psalmorum numerus tam in vespertinis quam in nocturnis sollemnitatibus custoditur. (C ASSIAN , Inst. 2,4 [SC 109, 64 G UY ]). 29 Illud etiam quo in hac provincia vidimus, ut uno cantante in clausula psalmi omnes adstantes concinant cum clamore 'gloria patri et filio et spiritui sancto', nusquam per omnem Orientem audivimus, sed cum omnium silentio ab eo, qui cantat, finito psalmo orationem succedere, hac vero glorificatione trinitatis tantummodo solere antiphona terminari. (C ASSIAN , Inst. 2,8 [SC 109, 72 G UY ]). Übers.: Im Osten haben wir nirgendwo den Brauch erlebt, den wir hier in dieser Gegend vorfinden: während einer singt, erheben alle sich zum Ende des Psalms und fallen laut mit „ Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist “ ein. Dort wird unter dem Schweigen aller vom Vorsänger an den Schluß des Psalmes ein Gebet angefügt. Nur die Antiphon pflegen sie mit dem Lobpreis auf die Dreieinigkeit zu beenden. (A NDRESEN / F RANK , Mönchtum 136). Vgl. dazu vertiefend D YER , Psalmody 51 und DE V OGÜÉ , Sources. 30 … hos ipsos antiphonarum protelatos (C ASSIAN , Inst. 2,2 [SC 109, 58 G UY ]) oder antiphona terminari (C ASSIAN , Inst. 2,8 [SC 109, 72 G UY ]) oder psalmos … sub alleluja responsione (C ASSIAN , Inst. 2,5 [SC 109, 68 G UY ]). 31 Vgl. dazu folgende Passage aus den Buch über das gemeinsame Leben im Kloster von Cassian: Cotidianos orationum ritus volentibus celebrare unus im medium psalmos domino cantaturus exurgit. Cumque sedentibus cunctis, ut est moris nunc usque in Aegypti partibus, et in psallentis verba omni cordis intentione … (C ASSIAN , Inst. 2,5 [SC 109, 68 G UY ]). Übers.: Als sie nun das Soll des Tagesgebetes erfüllen wollten, trat einer in die Mitte, um dem Herrn die Psalmen zu singen. Indessen saßen alle anderen - so ist es bis heute Brauch in Ägypten - und achteten mit aller Aufmerksamkeit des Herzens auf die Worte des Psalmensängers. (A NDRESEN / F RANK , Mönchtum 134). 32 Moris est autem inibi sedentibus cunctis ab uno dici psalmum ceteris vel audientibus vel respondentibus. Übers.: Es ist dort aber Brauch, dass während alle sitzen, von einem der Psalm vorgetragen wird und die anderen entweder zuhören oder antworten. (R UFINUS , Historia 29,4.6 [PTS 34, 372 S CHULZ -F LÜGEL ]). 33 Astantibus ergo ad orationem, nullus praesumat sine praecepto eius qui praeest psalmi laudem emittere. Ordo iste teneatur ut nullus priorem in monasterio ad standam vel psallendi ordinem praesumat praecedere. (Regula Quattuor Patrum II.6 [SC 297, 186 DE V OGÜÉ ]). Übers.: Wenn die Brüder nun zum Gebet versammelt sind, nehme sich keiner heraus, ohne Anweisung des Vorstehers ein Psalmenlob zu singen. (P UZICHA , Mönchsregeln 47). 28 Einleitung <?page no="29"?> In der Auffassung, wie Solopsalmodie konkret gestaltet wurde, divergieren die Ansichten teilweise. Während Nowacki davon ausgeht, dass einer den Psalm anstimmte und die übrigen mit Responsa dessen Gesang durchbrachen, 34 sieht Dyer den Schwerpunkt der Solopsalmodie darin, dass man dem Sänger schweigend zuhörte und sich in das eigene, private Gebet vertiefte. 35 Tafts sich von anderen Forschern unterscheidende Position rekonstruiert einen Solopsalmisten an der Spitze von zwei Chören, die in Refrains antworten. 36 Im Zusammenhang mit der Regula Benedicti bezeichnet er dann antiphonal als Steigerung zum Responsorialen, was impliziere, dass Verse und Refrains auf zwei Chöre und zwei Solisten verteilt würden. 37 Diese Praxis kann man sich allerdings in der Realität wegen ihrer Kompliziertheit kaum vorstellen. Auch in der Regula Benedicti und der Regula Magistri, 38 bedeutendste Vertreter monastischer Ordnungen des frühen Mittelalters, steht der Begriff Antiphona in Verbindung mit Solopsalmodie. Aber sie geben ebenfalls im Einzelnen keine genauen Auskünfte über den Ablauf der Psalmodie. Ein Rätsel bleibt, warum zwei Begriffe antiphona und responsorium benutzt werden, wenn beide Begriffe Soloverse, die mit Refrains unterbrochen werden, bezeichnen? Nach Leeb macht nur Sinn diese beiden Begriffe zu differenzieren, wenn auf der einen Seite einer alles tut und auf der anderen Seite mehrere aktiv am Psalmengesang beteiligt sind. 39 34 Vgl. N OWACKI , Psalmody 298 f. 35 D YER , Psalms bes. 55, 60 und 77. 36 T AFT , Psalmody 21 f. 37 T AFT , Liturgy 139. 38 Literatur zur Regula Magistri: F RANK , Regula; G ENESTOU T , Magisterregel; ders., Règle; G UEVIN , Synopsis; J ASPERT , Regula; DE V OGÜÉ , Maître. 39 Z. B.: Nam frater, qui correptus in oratorio fuerit, etsi non oratorio jubeatur exire, tamen psalmum et responsorium, aut lectionem, aut versum tandiu non imponat, usque in ipso oratorio pro culpa satisfecerit, ad genua incurvatus, et in voce humili peterit pro se orare. (RM 73,17 [SC 106, 310 D E V OGÜÉ ]). Übers.: Der Bruder, der im Oratorium zurecht gewiesen, nicht jedoch aus dem Oratorium hinausgewiesen wurde, darf so lange keinen Psalm, kein Responsorium, auch keine Lesung und keinen Vers vortragen, bis er dort im Oratorium sich bis zu den Knien verbeugt, so für seine Schuld Genugtuung geleistet und demütig um ein Gebet für sich gefleht hat. (277 f. F RANK ). Oder: Ille frater, qui excommunicatus, a mensa non ab oratorio fuerit, tamdiu antifanam et versum aut lectionum non imponat. (RM 13,66 [SC 106, 46 D E V OGÜÉ ]). Übers.: Jener Bruder, der nur vom Tisch, nicht aber vom Oratorium ausgeschlossen ist, darf keine Antiphon, keinen Vers und auch keine Lesung vortragen. (157 F RANK ). Dass hier nur einer den Psalm sang, geht auch aus der folgenden Stelle hervor: … oportet psallentem inmobili corpore, inclinato capite stare. (RM 47,6 [SC 106, 212 D E V OGÜÉ ]). Übers.: … dann muss der Beter mit unbeweglichen Körper, mit geneigtem Haupt dastehen. (233 F RANK ). Die Regula Benedicti unterscheidet zwischen verschiedenen Solofunktionen: einerseits Psalmen und Antiphonen anzustimmen und andererseits Lesungen vorzutragen. Sie vermerkt außerdem wie die RM, dass die, welche von dem gemeinsamen Tisch ausgeschlossen sind, keine Psalmen oder Antiphonen imponere dürfen, noch Lesungen rezitieren: Psalmum aut antiphonam non imponat, neque lectionem recitet. (RB 24,4 [206 H OLZHERR ]). Zur Entwicklungsgeschichte von responsorialem und antiphonalem Gesang 29 <?page no="30"?> Der Regelkommentar von 1980 greift Albert De Vogüé auf und nennt Antiphonen bei Benedikt reine Refrains. 40 Die genaue Form und Entwicklung dieser Art des antiphonalen Psalmengesanges kann jedoch aus den überlieferten Quellen nicht ersehen werden. 41 James McKinnon verbindet mit dem Begriff Antiphon bei Benedikt ein kurzes in irgendeiner Form mit den Psalmen zu singendes Musikstück, das wahrscheinlich in anderen Quellen des 4. und 5. Jahrhunderts in ähnlicher Weise gesungen worden sei. 42 Die Funktion des Solisten wird sowohl in der Regula Magistri als auch in der Regula Benedicti mit imponere beschrieben, was in der Forschung mit leiten, anführen, anstimmen wiedergegeben wird. In der Regula Magistri umfasst dies allerdings die Psalmodie, die Prostration und das stille Gebet im Gegensatz zur Regula Benedicti, wo das Wort imponere in Verbindung mit Psalmengesang in einer Aufzählung nur ein Mal mit lectio erwähnt wird. 43 Der imponator hat dabei die Aufgabe, darauf zu achten, dass der Psalm nach der Regel abläuft. Eines allerdings ist eindeutig: alle Schriften weisen auf den immensen Stellenwert des Psalmengesangs und dessen besondere Funktion, die Betenden im Glauben zu erziehen, hin. 44 Warum sonst war z. B. das Psallieren in Klöstern der damaligen Zeit den erfahrenen, reiferen Mönchen vorbehalten, denn sie hatten ja bereits eine gewisse Lebensweisheit und die Kunst des Psalmensingens verinnerlicht. 45 Zur Frage nach der Häufigkeit der Wiederholung der Antiphon Wie oft ein Refrain wiederholt wurde, ist letztlich nicht geklärt. 46 Auf dessen normalerweise regen Gebrauch kann man schließen, da sowohl die Magisterregel als auch die Regula Benedicti kleinen Gemeinschaften erlauben die Antiphonen 40 F RY / H ORNER / B AKER , RB 1980 401 - 03. 41 Vgl. L EEB , Psalmodie 20. 42 Vgl. dazu M C K INNON , Musik 926. 43 N OWACKY , Psalmody 292 f. Nowacki verbindet sich hier mit D E V OGÜÉ , Sens und H EIMING , Offizium 92 - 98. Benedikt nennt den Begriff imponere psalmum in einer Reihe mit imponere lectio: … ut psalmum aut lectionem vel aliud … in oratorio imponere. (RB 44,6 [278 H OLZHERR ]). Die RM und die RB sind an dieser Stelle nicht eindeutig, was antiphonale Psalmodie heißt. Klar ist nur, dass sie das Gegenstück zu psalmi directanei, oder in directum sind: Sine antiphona, in directum. (RB 12,1 [170 H OLZHERR ]) und Si maior congregatio fuerit, cum antiphonas, si vero minor, in directum psallantur. (RB 17,6 [180 H OLZHERR ]). 44 Vgl. z. B. J EFFERY , Reading bes. 74 ff. 45 Vgl. hier z. B. Ergo secundum ordines quos constituerit [abbas] vel quos habuerint ipsi fratres sic accedant ad pacem, ad communionem, ad psalmum imponendum, in choro standum. Übers.: In der Rangordnung, die der Abt bestimmt oder die den Brüdern zusteht, treten sie vor zum Friedenskuss, zur Kommunion, zum Vortrag eines Psalms oder um sich im Chor aufzustellen. (RB 63,4 [367 H OLZHERR ]). 46 Vgl. D YER , Psalms bes. 541 und 546; ders., Psalmody bes. 63 f; N OWACKY , Psalmody bes. 294; ders., Performance; ebenso H UGLO , Recherches bes. 354 - 357. 30 Einleitung <?page no="31"?> wegzulassen, um damit das Offizium zu erleichtern. 47 Letztlich auszumachen ist dies jedoch nicht. Ob eine häufige Wiederholung von Antiphonen beispielsweise auch bei Aurelian von Arles (523 - 551) festgestellt werden kann, ist fraglich. Er spricht von vier bis sechs Solisten, von denen jeder zwei Psalmen singe und als drittes ein Allelujarefrain erklänge. 48 Eine vielfache Repetition von Antiphonen in der Funktion als Kehrvers ist auch noch in Dokumenten aus dem 8./ 9. Jahrhundert vermerkt, als antiphonaler Gesang in Verbindung mit Wechselchorgesang in Klöstern bereits gängige Praxis war (s. u.). So berichtet Amalar (* um 775; † um 850) von einem Chor, der nach jedem Psalmvers Antiphonen wiederholt. Diese Praxis sei nützlich, um die kurze Nacht der Feriae zu verlängern. 49 Ebenso will es auch St. Odo (880 - 942), zweiter Abt von Cluny. Ihm zufolge helfen die nach jedem Psalmvers wiederholten Antiphonen den Mönchen, die langen Winternächte zu überstehen. 50 Dyer folgend waren offensichlich Reste dieser Praxis bis ins ausgehende Mittelalter präsent. Schließlich sei die Antiphon auf dreimaliges Erklingen reduziert worden: vor dem Gloria Patri, vor dem sicut erat und nach dem sicut erat. 51 Rubriken im altrömischen Antiphonar von St. Peter verwiesen auf diese Praxis. 52 47 Si maior congregatio fuerit, cum antiphonas, si vero minor, in directum psallantur. Übers.: Wenn die Gemeinschaft größer ist, singt man die Psalmen mit Antiphonen, ist sie kleiner, singt man sie in einem Zug. (RB 17,6 [180 H OLZHERR ]). Vgl. … psalmos vero directaneos dicens, ut supra diximus, urgentem laboris operam. (RM 55,7 [SC 106, 260 D E V OGÜÉ ]). Übers.: … Er aber betet deshalb die Psalmen durchgehend, weil die Arbeit drängt, wie wir eben gesagt haben. (254 F RANK ). Vgl. hier auch das hypothetische Modell von Michel Huglo, der davon ausgeht dass sowohl im Occident als auch im Orient im Rahmen von responsorialer Psalmodie der Refrain nach jedem Psalmvers erklang, während er bei Antiphonaler Psalmodie nur am Anfang und Ende des Psalms gesungen worden sei: H UGLO , Recherches bes. 354 und 357. Dies ist allerdings in dieser plakativen Form aus den Quellen nicht abzuleiten. 48 Quatuor fratres binos et alleluiaticum tertium dicant. (H OLSTE / B ROCKIE , Regula 1: 152). 49 Amalar schreibt zu den sechs Antiphonen der Ferial Matutin: … ex senis antiphonis quas vicissim chori per singulos versus repetunt. (A MALAR , Liber 3,4 [StT 140, 24 H ANSSENS ; PL 105, 1250 C]). Nach Edward Novacki ist dies die einzige Quelle für derartig oft wiederholte Antiphonen. N OWACKY , Psalmody 294. 50 Verum quia eiusdem officii antiphonae, uti omnibus patet, breves sunt, et eius temporis longiores noctes; volentes officium ad lucem usque protendere, unamquamque antiphonam per singulos psalmorum versus repetendo canebant. (Vita S. Odonis, Liber primus [PL 133, 48 A/ B]). Vgl. dazu kritisch N OVACKY , Psalmody 294. Er mahnt an, dass es aufgrund der wenigen Autoren, die sich hierzu äußern, ohne Begründung sei, von diesen auf eine Allgemeinheit zu schließen. 51 D YER , Singing 541 und ders., Psalmody. 52 Vgl. auch N O WACKI , Performance. Zur Entwicklungsgeschichte von responsorialem und antiphonalem Gesang 31 <?page no="32"?> 2.2.3.2 Psalmodie mit Antiphonen als Wechselchorgesang Zum Wandel im Bewusstsein hinsichtlich antiphonalen Gesangs Die Verbindung von Wechselchorgesang mit antiphonalem Gesang in dem uns geläufigen Sinne, dass zwei einander gleichberechtigt gegenüberstehende Chorhälften bzw. Chöre versweise abwechselnd einen Psalm singen, ist wohl eine erst zwischen dem 5. und 9. Jahrhundert im Monastischen entstandene Praxis. In den Klöstern kannte man die Psalmen auswendig. Es war für jeden möglich, den gesamten Psalm aktiv zu singen, und man brauchte sich nicht auf die Wiederholung des Kehrverses zu beschränken. 53 Von der Art und Weise des Psalmenvortrags, die den Psalm in die Form einer Lesung kleidete, der man zuhörte und über deren Inhalte man nachdenken konnte (meditari), verabschiedete man sich mehr und mehr. 54 Psalmen wurden von bevorzugten Texten privater Meditation und gemeinschaftlichen Gebets zentraler Punkt in der monastischen Welt. Die wenigen Zeugnisse, die einen möglichen Übergang von antiphonalem Gesang als Solopsalmodie gegenüber dem im Wechselchor gesungenen thematisieren, sind verschiedentlich diskutiert worden. Dabei sind sich die Forscher durchaus nicht einig. 53 Vgl. klassisch J UNGMANN , Wortgottesdienst 79. 54 Wie die Reguala Magistri so spricht auch Benedikt von psalmos meditari. Der Regula Magistri ensprechend sollen Psalmen während der Vigilien von denen gelernt werden (meditari), die sie nicht kennen. Die Mönche sollen während dieser drei Stunden die Psalmen lesen und aufeinander hören. Vgl. RM 50,12 - 14 (SC 106, 224 D E V OGÜÉ ); 50,26 (SC 106, 228 D E V OGÜÉ ); 50,64 (SC 106, 234 D E V OGÜÉ ); 57,8.12 (SC 106, 268 D E V OGÜÉ ). Vgl. hierzu auch F RANK , Magisterregel 237 ff. und 257 f. Das gleiche Wort taucht auch bei Benedikt auf: Als Hauptwort (meditatio) in RB 8,3 (157 H OLZHERR ) und als Verb (meditare) in RB 48,23 (257 H OLZHERR ). Es ist anzunehmen, dass hier das gleiche gemeint ist. Nach Nowacki bedeutet dies, Psalmen laut zu rezitieren. (N OWACKY , Psalmody 290). Der Akzent liegt aber wohl doch darauf, sich die Psalmen rezitierend oder auch zuhörend zu Eigen zu machen. Antiphonen haben dabei ebenfalls verinnerlichenden Charakter: sie erlauben dem Mönch eine Passage - wie ein Thema des Psalms - zu wiederholen und damit in Fleisch und Blut übergehen zu lassen. 32 Einleitung <?page no="33"?> Spärliche frühchristliche Zeugnisse zu antiphonalem Gesang Wie Augustinus, 55 Basilius 56 oder Paulinus 57 verweist auch Isidor von Sevilla 58 im Zusammenhang mit Antiphonen auf eine Gesangsart, die aus dem Osten bzw. aus Griechenland komme und - mit Ausnahme von Basilius, der dies nicht erwähnt - von Ambrosius eingeführt worden sei. 59 55 Augustinus benennt in Verbindung mit Antiphon die Art des Psalmengesanges … ut canerentur secundum morem orientalium partium, … (A UGUSTINUS , Confessiones 9,7.15 [446 f. B ERNHART ]), also auf die im Osten übliche Art des Psalmengesanges. Er berichtet außerdem, diese Art zu psalmodieren sei von da an beibehalten worden, da fast alle Gemeinden auf der Erde es nachahmen: … et ex illo in hodieruum retentum multis iam ac paene omnibus gregibus tuis et per cetera orbis imitantibus. (Ebd.) 56 In einem Brief aus dem Jahre 375 an den Klerus von Neocäsarea nennt Basilius zwei Praktiken: die responsoriale (Sologesang und Refrains der Gemeinde) sowie die Psalmodie ohne Refrain (zwei Chorhälften wechseln sich Vers für Vers ab). Er nennt hier eindeutig die Praxis des wechselchörigen Singens, was insofern bedeutsam ist, als es wenige Zeugnisse der Patristik gibt, die sich so konkret über Musikpraxis äußern. In seinem Brief beruft er sich auf Asia Minor, Ägypten, den nahen Osten und Mesopotamien. Den Begriff Antiphon vermeidet er allerdings und sagt: ἀντιψάλλουσιν ἀλλήλοις . (B ASILIUS , ep. 207 ad Neocaesarienses 3 [PG 32, 764 A]). Folgend die betreffende Stelle übersetzt im Kontext: Bei Nacht steht bei uns das Volk auf und begibt sich ins Gebetshaus; in Zerknirschung, Trauer und unter anhaltenden Tränen legt es vor Gott das Bekenntnis ab, steht schließlich vom Gebete auf und geht zum Psalmengesang über. Und nun teilen sie sich in zwei Chöre und psallieren abwechselnd miteinander, wobei sie sich sowohl in die Betrachtung der Schriftworte vertiefen wie auch auf die Aufmerksamkeit und innere Sammlung bedacht sind. Dann überlassen sie es wieder einem, den Gesang anzustimmen, und die andern fallen ein. Wenn sie dann so in buntem Wechsel der Psalmodie, mit Gebeten dazwischen, die Nacht zugebracht haben, stimmen sie beim Anbruche des Tages alle zusammen wie aus einem Munde und aus einem Herzen dem Herrn den Psalm des Bekenntnisses. (B ASILIUS , Ausgewählte Briefe Nr. 207,3 [BKV 2 46, 231 S TEGMANN ]). 57 Paulinus weiß dies in seiner Vita Ambrosii zu ergänzen: Hoc in tempore primum antiphonae, hymni, ac vigiliae in ecclesia Mediolanensi celebrari coeperunt. Cujus celebritatis devotio usque in hodierum diem non solum in eadem ecclesia, verum per omnes pene Occidentis provincias manet. (P AULINUS , Vita Ambrosii 13 [PL 14, 33.34]). Übers.: Von der Zeit an wurde in der Mailänder Kirche zuerst mit der Feier von Antiphonen, Hymnen und Vigilien begonnen. Diese feierliche Form der Frömmigkeit wurde bis zum heutigen Tag nicht nur in der besagten Kirche, sondern in fast allen Provinzen des Abendlandes festgehalten. 58 Antiphonas Graeci primi composuerunt duobus choris alternatim concinentibus, quasi duo Seraphim duoque testamenta invicem sibi conclamantia, apud Latinos autem primus idem beatissimus Ambrosius antiphonas constituit Graecorum exemplum imitatus. Exhinc in cunctis occiduis regionibus earum usus increbuit. (I SIDOR VON S EVILLA , De ecclesiasticis officiis I, 7,1 [PL 83, 743 C/ 744A]). In seinen Etymologien spricht Isidor in ähnlicher Weise über die von den Griechen übernommene Art und Weise Psalmen zu singen: Antiphona ex Graeco interpretatur vox reciproca, duobus scilicet choris alternatim psallentibus ordine commutato, sive de uno ad unum, quod genus psallendi Graeci invenisse traduntur. Responsorios Itali tradiderunt, quod inde responsorios cantus vocant, quod alio desinente, id alter respondeat. Inter responsorios autem et antiphonas hoc differt, quod in responsoriis unus versum dicit, in antiphonis autem versibus alternant chori. (I SIDOR VON S EVILLA , Etymologiarum libri VI, 19,7 f. [PL 82, 252 C]). 59 Vgl. die Studie von Edward Nowacki, der erforscht hat, dass diese Art der Psalmodie im Osten mit ὑπήχειν , ὑποψάλλειν = singen, respondieren bezeichnet wird, während die Responsa selber „ Antwort “ ( ὑπακοή , ὑπήχησις ), Sagen ( ῥῆσις ) und Endungen ( ἀκροτελεύτιον ) genannt werden, in: N OWACKY , Psalmody 295. In seiner Argumentation bezieht er sich auf Chrysostomus: In psalmum 41,1 (PG 55, 155 f.); 117,1 (PG 55, 328 f.); 144,1 (PG 55, 463 f.); Homilia Zur Entwicklungsgeschichte von responsorialem und antiphonalem Gesang 33 <?page no="34"?> Was das an dieser Stelle Neue bezeichnen könnte, wurde vielfach diskutiert. Bereits Helmut Hucke - und nach ihm andere - stellten in Erwägung, dass hier Antiphonen als Novum im Westen nichtbiblische Texte enthielten. 60 Die Quellenlage für eine derartige Behauptung ist jedoch spärlich, denn unsere Kenntnis der Responsa aus den ersten drei Jahrhunderten ist im Wesentlichen auf Quoniam in aeternum und Alleluja begrenzt. 61 Auch die Meinungen, inwiefern sich das, was oben genannte frühchristliche Autoren als neu bekunden, auf die Praxis oder auf die Theorie des Psalmodierens bezieht, gehen auseinander: Im Gegensatz zu Philippe Bernard, der diese Zeugnisse nicht auf die Praxis hin, sondern als theoretische Aussagen interpretiert, da konkrete Hinweise in mittelalterlichen Handschriften nicht bestätigt würden, 62 oder Edward Nowacky, der in Erwägung zieht, dass das, was Zeitgenossen wie Paulinus bei Ambrosius als neu betrachteten nicht das Prinzip, dass man zwischen dem Psalmisten und der Versammlung, die mit einem Refrain antwortete, alternierte, sondern die Komplexität der Responsa, die jetzt gelehrt wurden, meinte, 63 oder ebenfalls kritisch Ansgar Franz, der als Möglichkeit sieht, das aus dem Osten kommende Neue beziehe sich auf Texte und nicht auf Musik, 64 interpretiert Michel Huglo diese Aussagen Praxis bezogen. Sich auf Barbara Haggh 65 stützend, weist er nach, dass beispielsweise Aurelian von Réôme die Etymologien Isidors gekannt habe und dessen Begrifflichkeiten als im Zusammenhang mit der Praxis gegeben vorausgesetzt haben müsse. 66 habita in magnum hebdomadam 2 (PG 55, 520 f.); In Matthaeum, Hom. 11,7 (PG 57, 200); In Corinthios, Hom. 36,5 - 6 (PG 61, 313 - 15); E USEBIUS , Historia Ecclesiastica 2,17 (PG 20, 183 f; SC 31, 77), S OZOMENOS , Historia Ecclesiastica 5,19 (PG 67, 1276) und 8,7 (PG 67, 1536). Vgl. dazu ergänzend auch die Forschungen von M C K INNON , Music. 60 H UCKE , Entwicklung 155 f; ders., Responsorium; vgl. M E ß NER , Studien 65. 61 Vgl. dazu z. B. N O WACKI , Psalmody 304. 62 B ERNARD , Psalmodie 315. 63 N OWACKI , Psalmody 296. 64 Ansgar Franz konstatiert: Es sei „ nicht von vorneherein selbstverständlich, dass die betreffenden Texte über eine bestimmte Gesangsform sprechen. “ Die Neuerungen könnten auch „ eine ganz neue Gattung von Texten “ meinen. Vgl. F RANZ , Kirche 18. Zu den Forschungen von Ansgar Franz sei die Frage gestattet, ob dem Volk damals neue, vielleicht poetische Texte in Zusammenhang mit (Psalmen-) Gesang wohl genügt hätten, um eine Art Erbauung und Erhebung zu vernehmen, sich im Übermaß seiner Niedergeschlagenheit nicht zu erschöpfen und im heiligen Eifer wie aus einer Kehle, einer Seele zusammen zu singen wie Augustinus sich äußert? Vgl. folgende Zeilen aus seinen Confessiones: … Non longe coeperat Mediolanensis Ecclesia genus hoc consolationis et exhortationis celebrare magno studio fratrum concinentium vocibus et cordibus … ne populus ne maeroris taedio contabesceret, institutum est … hoc consolationis et exhortationis celebrare magno studio … (A UGUSTINUS , Confessiones 9,7.15 [446 f. B ERNHART ]). 65 H AGGH , Aurelians 362 ff. 66 H UGLO , Recherches bes. 358 - 361; ders., Arts. Aurelian von Réôme greift in seiner Musica disciplina 20,5 die oben zitierte Stelle Isidors auf und setzt ihn als bekannt voraus: Antiphona dicitur vox reciproca, eo quod a choris alternatim cantetur: quia scilicet chorus, qui eam cepit, ab altero choro iterum eam cantandam suscipiat, imitans in hoc Seraphim, de quibus scriptum est: 34 Einleitung <?page no="35"?> Huglo schließt daraus, dass antiphonaler Gesang in doppelchöriger Weise zur Zeit des Ambrosius als vom Orient kommend sich im Occident verbreitet habe. 67 Diese Art des antiphonalen Psalmengesanges wird in der alten Kirche immer wieder in Verbindung mit der Verfolgung durch die Arianer gebracht. 68 Nowacki weist darauf hin, dass wir, nachdem die Arianer ihre Gesänge bewusst antiphonale Hymnen nannten, nicht sicher sein können, was das Wort antiphonal wirklich bedeute. 69 Et clamabant alter ad alterum: Sanctus, sanctus, sanctus Dominus Deus Saboath. Reperta autem sunt primum a Graecis, a quibus et nomina sumpserunt. Apud Latinos autem auctor earum beatissimus exstitit Ambrosius Mediolanensis Antistes, a quo hunc morem suscepit omnis Occidentalis Ecclesia. Responsoria autem ab Italis primum reperta sunt: dicta autem responsoria, eoquod uno cantante (moris enim fuit apud priscos a singulis responsoria cani) reliqui omnes cantanti respondere. (lege responderent). (A URELIAN , Musica [SEMSP 1, 60]). 67 H UGLO , Recherches 362 f. 68 Sozomenos beschreibt die Praxis, dass sich die arianische Glaubensgemeinschaft in Gruppen teilte ( εἰς συστήματα μεριζόμενοι ) und apologetische Refrains ertönen lies als nach der Weise der Antiphonen ( κατὰ τὸν τῶν ἀντιφώνων τρόπον ἔψαλλον ). (S OZOMENOS , Historia ecclesiastica 8,1 [PG 67, 1536 B; FC 73, 980 f.]). Es bleibt jedoch unklar, ob sich κατὰ τὸν τῶν ἀντιφώνων τρόπον , wie Sozomenos formuliert, auf den apologetischen Kontext oder auf den melodischen Stil bezieht. Refrains werden bei ihm als ἀκροτελέυτια (Endungen) bezeichnet, nicht ἀντίφωνα . Vgl. auch Sokrates (erste Hälfte des 5. Jahrhunderts): Sie sangen ᾠδάς (Hymnen) ἀντιφόνους . Dabei zitiert er einen kurzen Refrain der neuen Komposition mit polemischem Inhalt: Ποῦ εἰσιν οἱ λέγοντες τὰ τρία μίαν δύναμιν (S OCRATES , Historia ecclesiastica 6,8 [SC 505, 296 P ÉRICHON / M ARAVAL ; PG 67, 688 D/ 689 C]). Übers.: Wo sind sie, die von Dreien als einer Kraft sprechen. Vgl. eine Anekdote über Johannes Chrysostomus, der laut Sozomenos zum gleichen Mittel griff wie die Arianer, die nachts in Säulenhallen ὠδαί , ὔμνοι und ἀντίφωνοι gesungen hätten und am Morgen, wiederum ἀντίφωνοι singend zur Stadt hinaus gelaufen seien. (S OZOMENOS , Historia ecclesiastica 8,8 [PG 67, 1536 B]). Vgl. Theodoret von Cyros ( † 460) und später Nicetas Chroniates (1155/ 7 - 1217), der einen Text von Theodor von Mopsvestia ( † 428) aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts zitiert, formulieren ähnlich: eine neue Art des Psalmodierens werde mit Antiphonen bezeichnet. Theodoret von Cyros bezeichnet Flavianus und Diodorus als „ Erfinder “ der Antiphonie: οὗτοι πρῶτοι διχῆ διελόντες τοὺς τῶν ψαλλόντων χοροὺς ἐκ διαδοχῆς ἄδειν τὴν Δαυϊδικὴν ἐδίδαζαν μελωδίαν . (T HEODORET , Historia ecclesiastica 2,24 [PG 82, 1059 C]). Übersetzung des gesamten Abschnitts: … die sich zum Irrwahn des Arius bekannten, erfreuten sich des größten Einflusses und gelangten zu den kirchlichen Stellen … Die beiden verehrungswürdigen Männer Flavianus und Diodorus waren zwar noch mit keinem klerikalen Amte betraut, sondern gehörten zu den Laien, aber sie suchten Tag und Nacht in allen den Eifer für die Frömmigkeit zu wecken. Diese haben auch zuerst die Chöre der Psalmensänger in zwei Abteilungen aufgestellt und sie die Davidischen Gesänge abwechslungsweise singen gelehrt; und nachdem diese Sitte in Antiochien zuerst ihren Anfang genommen, verbreitete sie sich überallhin und drang bis an die Grenzen des Erdkreises. (T HEODORET , Kirchengeschichte 2,24 [BKV 2 , 51, 147 f. S EIDER ]). 69 N OWACKI , Psalmody 302. Zur Entwicklungsgeschichte von responsorialem und antiphonalem Gesang 35 <?page no="36"?> Zum möglichen Zeitpunkt des Wechsels von Solopsalmodie zu Wechselchorgesang Auch hier positionieren sich die Forscher unterschiedlich: Im Gegensatz zu Forschern wie Philippe Bernard 70 oder Joseph Dyer 71 , die aufgrund ungenügender Beweislage den Beginn wechselchöriger Antiphonie in Bezug auf das Offizium in den Anfang der Karolingerzeit verlegen, nehmen Michel Huglo 72 , Peter Jeffery 73 und Andreas Pfisterer 74 an, dass der Ferialpsalter wohl schon seit dem 7. Jahrhundert wechselchörig mit einer Antiphon am Anfang und Ende des Psalms gesungen worden sei. Vorausgesetzt man nehme an, dass die Auswahl der Texte der Ferialantiphonen im 4./ 5. Jahrhundert erfolgt sei, müsse der Verlauf des Psalmensingens damals Andreas Pfisterers Forschungen entsprechend jedoch anders gewesen sein. Es mache keinen Sinn, eine Antiphon wie Et omnis mansuetudinis eius auf den Beginn und das Ende des Psalms zu beschränken. Er verweist auf das byzantinische Kathedraloffizium mit seinen kurzen Refrains und vermutet solche auch im Syrischen. 75 70 Vgl. B ERNARD , Chant; ders., Psalmodie (2004); ders., Psalmodie (2005). 71 D YER , Singing; ders., Psalmody 63: Er weist darauf hin, dass kein Dokument vor dem 8. Jh die Psalmodie des Offiziums konkret bespreche. Chorale Psalmodie werde nur außerhalb des Offiziums erwähnt, zum Beispiel berichte die Regula Magistri im Zusammenhang mit der beim Eintritt ins Kloster üblichen Tonsur oder beim Füßewaschen der Pilger von gemeinschaftlichem Gesang. Vgl. RM: … stat ipse frater medio oratorio curvatis in genibus, tondente eum abbate, psallentibus in circuitu cunctis. (RM 90,81 [SC 106, 392 D E V OGÜÉ ]). Der Begriff Antifana in der Magister- und Benediktsregel stehe dafür, dass einer den Psalm singe und sich die Gemeinschaft durch Refrains und Antiphonen beteilige. Vgl. D YER , Psalmody 59 f. 72 H UGLO , Recherches; ders., Manuscrits. 73 J EFFERY , Reading; besonders auf den Seiten 77 ff. legt er dar, dass die Solopsalmodie zur Zeit Benedikts aufgrund des verstärkten Psalmenstudiums im Gegensatz zum Murmeln der Psalmen in chorale Psalmodie geändert worden sei. 74 P FISTERER , Überlegungen. Er weist auf ein im bisherigen Diskurs unbeachtetes Zeugnis von Beda Venerabilis in Historia abbatum hin, in welchem dieser von den letzten Lebensjahren des Gründerabtes seines Klosters Benedict Biscop (gestorben 689/ 690) berichtet, der sein Kloster nach dem Vorbild der Petersbasilika zu organisieren suchte und 678 den römischen Erzkantor Johannes nach England bat, um seinen Mönchen römischen Gesang zu lehren. Dieser spräche von … duobus in choris resonantibus … im Sinne von wechselchöriger Psalmodie. Es sei anzunehmen, dass hier von einer römischen Gesangspraxis gesprochen werde, die der Praxis der römischen Basilikaklöster der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts, also vor der karolingischen Reform in der Mitte des 8. Jahrhunderts, entspreche. (Vgl. P LUMMER , V. Bedae historia abbatum § 12, Bd. 1, 376; vgl. P FISTERER , Überlegungen 436.) Pfisterer untermauert seine These mit einer weiteren Quelle, einer Passage aus einem Kirchweihgedicht Aldhelms von Malmesbury ( † 709), wo es heißt: Dulcibus antifonae pulsent concentibus aures Classibus et geminis psalmorum concrepet oda. Übers. Mit lieblichem Zusammenklang mögen die Antiphonen an die Ohren klopfen, und in doppelten Abteilungen erschalle der Gesang der Psalmen. (Aldhelmi Opera, Carmen ecclesiasticum 3 [MGH.AA 15, 46 - 47 E HWALD .) Eine solche Art der Psalmodie sei ebenfalls in der 511 verfassten Vita Severini, einem Heiligen aus Österreich, der 482 starb, belegt. Vgl. P FISTERER , ebd. 434. 75 Ebd. 431 - 434. 36 Einleitung <?page no="37"?> Zur Forschungslinie von Philippe Bernard: Aufgrund seines Studiums gallischer, spätantiker Quellen einschließlich monastischer Regeln bis ins 7. Jh. ist er der Ansicht, dass dort mit chorus nicht auf musikalische, sondern auf hierarchische, gegebenenfalls klerikale Ränge oder Gruppen verwiesen wird. 76 Sämtliche karolingische Quellen benutzten das Wort Chorus im Sinne von chorus clericorum als Symbol für chorus prophetarum und nicht in der Bedeutung von Wechselchorgesang. 77 Die ersten Zeugen, die alternierende Psalmodie im Sinne einer musikalischen Größe mit zwei Chören benennen, seien der Ordo Romanus XV (um 750) 78 , die Institutio de diversitate officiorum (800 - 811) 79 von Angilbert, dem Auricolarius Karls des Großen, für seine Abtei in Saint-Riquier in Auftrag gegeben, sowie die Statuta Marbacensia (816). 80 Desweiteren verweist Philippe Bernard auf die architektonische Bedeutung des Wortes chorus, die in gallischem Sprachgebrauch im Sinne von Apsis, Altarraum zu verstehen sei. 81 Ein anderer Begriff, alternis vocibus, eingeführt am Ende des 8. Jahrhunderts durch Pseudo-Germanus, bezeichne dort eine Art der Psalmodie. 82 Aber auch dieser Begriff werde auf dem Konzil von Toledo 688 nicht auf die Musik bezogen verwendet, sondern um die Eintracht der Brüder hervorzuheben. 83 76 B ERNARD , Psalmodie (2004) hier 294 - 312. Er bezieht sich auch auf Forschungen von Elisabeth Kasch, die herausstellte dass sich in monastischen Regeln aus Gallien Chorus nicht auf eine singende Gruppe, sondern auf die Verbindung von drei Psalmen bezieht. Vgl. dazu auch K ASCH , Vokabular 153. Vgl. B ERNARD , Psalmodie (2005) hier 45 - 47. Er untermauert seine These mit Belegen zahlreicher monastischer Regeln, Hagiographien sowie aus den Dialogen Gregors des Großen. Vgl. auch B ERNHARD , Lexicon col. 479 - 484. 77 Ebd. 321. 78 Ordo Romanus XV § 123: Et sic incurvati contra altare ad orientem adorant, dicentes Kyriaeleison prolexe unusquisque chorus per novem vicibus. Si autem singulos fuerit sacerdos, novem tantum vicibus inclinatus adorando dicit Kyriaeleison. (A NDRIEU , Ordines Bd. 3, 121). 79 A NGILBERT , Institutio de diversitate officiorum IX: Ordo itaquie psalentium talis esse debet ut, cum primum promovendi sunt, cantent antiphonarum exurge Domine, adjuva nos et, facta oratione secundum consuetudinem, continuo egrediantur et mox omnes antiphonam exclamemus omnes ad Dominum cantare incipiant; quam subsequenter aliae tres, id sunt Iniquitates nostrae, Domine, multiplicatae sunt et exaudi nos, Domine, et Domine, non est alius deus preter te, donec ingrediantur portas, meridianam scilicet septentrionalem, et tunc fratres psalmos eorum alternis versibus cantare incipiant … et tunc omnes incipiant Te deum laudamus, te Dominum confitemur, quem versibus alternis psallendo compleant. (CCMon 1, 298 f. F RANK / H ALLINGER / W EGENER ). 80 Statuta Murbacensia, § 3: … quinquagesimus (psalmus) sine confusione alicuius prereptionis choris alternantibus dicatur. (CCMon 1, 443 H ALLINGER / S EMMLER ). Vgl. B ERNARD , Psalmodie (2004) 316 ff. 81 B ERNARD , Psalmodie (2005) 37 f. 82 P SEUDO -G ERMANUS VON P ARIS , Epistula I § 6, in: R ATCLIFF , Expositio 5. 83 Vgl. ebd. 57 f. Zur Entwicklungsgeschichte von responsorialem und antiphonalem Gesang 37 <?page no="38"?> Huglo widerspricht hier und meint, alternatim sei in der Musik des Mittelalters durchaus eine Form der musikalischen Ausführung. 84 Der Begriff Antiphona erscheine erst in einem entwickelteren System der Psalmodie und stelle keine Erweiterung der Solopsalmodie im Sinne eines als Antiphon bezeichneten Refrains dar, wie von Bernard behauptet. 85 Musikalisch betrachtet seien letztere „ unipolaire “ , das bedeute, Initium und Finalis seien einerseits auf einer Stufe, aber auch das Herz der Rezitation. Im System der Antiphonie seien die Melodien dann „ bipolaire “ , das heiße, Rezitationston und Finalis hätten unterschiedliche Stufen. Dort habe die Antiphon nicht mehr den Charakter eines Refrains, sondern den eines Rahmens. 86 Als Prototyp der „ Psalmodie Responsoriale “ nimmt er Clamavi et exaudivit me (Ps 119,1 [1b]; Nr. 251) und als jener der „ Psalmodie Antiphonée “ In mandatis eius cupit nimis (Ps 111,1 [1b]; Nr. 199). Beide Antiphonen erklingen im Ferialoffizium und sind in dieser Arbeit ediert. Huglos Beobachtungen erscheinen an dieser Stelle nicht schlüssig. Zum einen ist die Antiphon Clamavi in zahlreichen Handschriften bei einem Tenor auf mi dennoch im 1. Modus tradiert (monastische cursus: C 5 , K, P 6 , Wn 1 ; römische cursus: F, Mc, P 2 ) und damit dort in Huglos Verständnis „ bipolaire “ , und zum anderen macht es keinen Sinn, den zweiten Halbvers (Hv 1b) eines Psalms dem Psalm als Antiphon vorzuschalten, um ihn lediglich am Ende zu wiederholen. Ähnlich müsste man dann bei den Antiphonen Quia mirabilia fecit dominus (Ps 97,1 [1b]; Nr. 175) oder Et omnis mansuetudinis ejus (Ps 131,1 [1b]; Nr 276) verfahren. Dies ist in der Realität nicht nachzuvollziehen, zumal letztgenannte Antiphon in sich, losgelöst vom Kontext, keinen Sinn ergibt. Den Beginn der Wechselchörigkeit im Zusammenhang mit Antiphonen sieht Huglo unter anderem im oben benannten Zeugnis des Isidor von Sevilla (um 560 - 636) grundgelegt: Bei ihm heiße in responsoribus, ein Solist singt die Verse, während antiphona bedeute, dass die Chöre Vers für Vers alternierten. 87 Bei Amalar scheint sich schließlich antiphonaler Gesang im Sinne von wechselchörig infolge der karolingischen Reform durchgesetzt zu haben, was offensichtlich als angenehm und die Caritas der Gemeinschaft stärkend empfunden wurde. 88 84 Ebd. 56 - 69 und H UGLO , Recherches. 85 H UGLO , ebd. 356. 86 Vgl. ebd. 354 ff. Die Ausdrücke unipolaire und bipolaire stammen von Daniel Saulnier. Vgl. S AULNIER , Modes 22, 32, 37 usw. 87 Vgl. I SIDOR VON S EVILLA , Etymologiarum libri VI, 19,7 f. (PL 82, 252 C), siehe oben Anm. 78. Vgl. dazu vertiefend L EEB , Psalmodie 104. 88 Vgl. Liber officialis (um 823): Antiphona dicitur vox reciproca. Antiphona inchoatur ab uno unius cori, et ad eius symphoniam psalmus cantatur per duos coros; ipsa enim, id est antiphona, coniunguntur simul duo cori. … Videtur nobis virtus dilectionis esse quae coniungit opera duorum fratrum simul Psalmi ad opera referuntur, antiphona ad illam dilectionem, qua unusquisque fratri suo porrigit suum opus. … Duobus choris alternatur antiphona, quoniam non 38 Einleitung <?page no="39"?> 3 Ferialantiphonen - Forschungsgegenstand und Methoden Als umfangreichste Studien, Ferialantiphonen betreffend, können die von Raymond Le Roux 1 und Jean Claire aus Solesmes 2 genannt werden. Während Le Roux in einer umfangreichen Studie Responsa des Ferialoffiziums mit Textvariationen nach Traditionen klassifizierte, ordnete Claire den Antiphonen hypothetische Urmodi mit deren ebenso thesenhaft beschriebenen historischen Entwicklungen zu. Unsterstützt und ergänzt wird seine These von namhaften Forschern der Gregorianik, von denen vielleicht besonders Alberto Turco hervorgehoben werden darf. 3 Claires Forschungen implizieren in erster Linie Vermutungen hinsichtlich der Entwicklung der melodischen Struktur bzw. zu deren melodischem Verlauf. Mit der Begründung, dass das Traditionsgut in frühen Handschriften des römischen Typs älter sei als dasjenige des monastischen Typs, beschränkte er seine Untersuchungen auf erstgenannten Cursus. Diese Hypothese wird in neuerer Forschung allerdings in Frage gestellt. 4 Die vorliegende Untersuchung widmet sich erneut den charakteristischen Ferialantiphonen und erforscht sie von vier Seiten: im Kontext des Offiziums, von ihrer sprachlichen Ausrichtung her, in Verbindung mit der melodischen Struktur und in Beziehung zu den ihnen zugewiesenen differentiae. Als Material dienen dreizehn Offiziumshandschriften des monastischen Cursus und neunundzwanzig des cursus Romanus, die synoptisch ediert wurden. Primäres Auswahlkriterium der Manuskripte war dabei das möglichst frühe, auf Ursprünge der Verschriftlichung hinweisende Alter der Antiphonarien. Aus Gründen der Vergleichbarkeit wurden ausschließlich Dokumente der fränkisch-gregorianischen und altrömischen, lateinischen Liturgie betrachtet. 5 potest minus esse caritas quam inter duos. Hanc vicissitudinem caritatis significant cantores, qui alternatim ex utraque parte antiphonas levant. Hos duos coros designaverunt pennae animalium invicem porrectae, quae vidit Iezechiel in figura adventus Christi et novi testamenti. Coniunctio duarum pennarum antiphona est, quae vicem tenet caritatis. (A MALAR , Liber officialis [StT 139, 433 H ANSSENS ]). Der die Gemeinschaft stärktende Aspekt kommt auch in folgendem Zitat aus dem Memoriale qualiter II zum Ausdruck: Quando in choro ad psallendum statis, consona et concordi voce psallite, et illi incipiant versus qui prae ceteris utilius possunt, ut ad primam syllabam vel secundam ceteri convenire possint. (CCMon 1, 253 H ALLINGER ). 1 L E R OUX , Étude. 2 C LAIRE , Répertoires. 3 Vgl. T URCO , Répertoires; ders., Modi; ders., Canto; ders., Question. 4 Vgl. z. B. D OBSZAY , Remarks 186. 5 Zu den untersuchten Handschriften vgl. Teil A, 3. Zur Unterscheidung der Begriffe gregorianisch und altrömisch vgl. z. B. N OWACKI , Studies. Vgl. auch in dieser Arbeit Teil C, 1. <?page no="40"?> Folgend die Vorstellung und Begründung der Methode. Der Forschungsstand zu den jeweiligen Bereichen wird jeweils in Verbindung mit den entsprechenden Kapiteln behandelt. 3.1 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums Die Form des Stundengebets ist grundsätzlich in zwei Typen zu untergliedern: den säkularen und den monastischen. Beide uns bekannte Psalmenordnungen des Offiziums, die römische und die monastische, sind Varianten einer hybriden Form kathedraler und monastischer Liturgie: Der Begriff kathedral bezieht sich auf vor allem morgens und abends gefeierte Tagzeitenliturgien der Stadtgemeinden, die sich nach der konstantinischen Wende formierten. Dort wurden zur Tagzeit passende Psalmen ausgewählt. 6 Das Mönchtum hingegen fokusierte das immerwährende Gebet, von der Psalmodie her erkennbar am kurrenten Psalterium. In den uns überlieferten Psalmenordnungen ist ein Auswahlprinzip nur noch partiell, in erster Linie in den Laudes, erkennbar, während der kurrente Psalter in den Vigilien und in der Vesper zum Tragen kommt: über die Woche verteilt, erklingen in den Vigilien die Psalmen 1 - 108 und in den Vespern die Psalmen 109 - 150 mit Ausnahme der Psalmen, die in den Laudes oder den kleinen Horen gesungen werden. Beide Offiziumstypen teilen somit, über die Woche verteilt, den Gebetszeiten den gesamten Psalter zu. Damit lassen sowohl der ordo Romanus, als auch der ordo monasticus von ihrer Anlage her das monastische Prinzip des ständigen Gebets aufleuchten, was ein Hinweis darauf ist, dass auch das dem weltlichen Klerus verordnete Stundengebet seine uns in mittelalterlichen Formularen vorliegende Struktur erst bekam, als das mönchische Ideal das kathedrale überlagert hatte. 7 Bezogen auf die Struktur des Ferialoffiziums in Verbindung mit den überlieferten Ferialantiphonen ergeben sich zwei Richtungen in der Untersuchung: zum einen stellt sich die Frage, inwiefern sich das Traditionsgut an Ferialantiphonen des monastischen von dem des römischen Cursus unterscheidet. Zum anderen wird analysiert, ob das vor allem in den Laudes zu erkennende Auswahlprinzip 6 Die begriffliche Unterscheidung von kathedral und monastisch stammt von Anton Baumstark. Vgl. z. B. B AUMSTARK Werden bes. 64 - 70. Der von Baumstark herkommende Begriff „ kathedral “ ist eher als Grundtyp und nicht rein historisch zu betrachten. Er wird in dieser Arbeit der Prägnanz wegen und weil er sich inzwischen eingebürgert hat, verwendet. Zur Unterscheidung von kathedralem und monastischem Grundtyp vgl. auch z. B. B RADSHAW , Prayer; ders., Name 341 - 353; T AFT , Liturgy; ders., Cathedral 173 - 219; F RØYSHOV , Distinction 198 - 216; M ESSNER , Einführung; W INKLER , Kathedralvesper. 7 Bei der Hybridisierung beider Offiziumstypen spielt hypothetisch das Stadtmönchtum der römischen Basilika-Klöster, die sich nach der konstantinischen Wende etablierten, eine entscheidende Rolle. Vgl. D YER , Psalmody bes. 41 ff. 40 Einleitung <?page no="41"?> einerseits und die insbesondere in den Vigilien und den Vespern zu beobachtende Ordnung des kurrenten Psalters andererseits auch in deren Antiphonen zum Ausdruck kommt. Die meisten Ferialantiphonen sind in beiden Cursus tradiert. Sie spiegeln das Resultat des karolingischen Vereinheitlichungsprozesses. Aufgrund von Unterschieden in der Psalmenverteilung findet man jedoch gelegentlich eine Antiphon im römischen Offizium an anderer Stelle als im monastischen: z. B. steht Quoniam in te (Ps 56,1 [1b]; Nr. 119) nach römischer Ordnung in den Vigilien von Feria IV, während sie monastischem Cursus entsprechend in den Laudes von Feria III gesungen wird. Vorliegende Studie betrachtet derartige Unterschiede systematisch und befasst sich damit, ob anhand von bestimmten Merkmalen, etwa der Wahl des Psalmverses als Antiphon, Rückschlüsse auf ihre Genese möglich sind. Verschiedene Entwicklungsschichten, die sich beispielsweise aufgrund von Unregelmäßigkeiten erkennen lassen, etwa in der Wahl des Psalmverses als Antiphon, werden benannt und im Bewusstsein, dass sie letztlich nicht historisch einzufangen sind, so weit möglich gedeutet. Der Überschaubarkeit halber ist Ausgangspunkt der Betrachtung der cursus Romanus, von dem ausgehend Abweichungen des cursus monasticus thematisiert werden, ohne diese Abhängigkeit historisch chronologisch zu verstehen. Die Vorgehensweise orientiert sich am Tagesverlauf, beginnend mit den Vigilien. Der Forschungsstand zur Psalmenordnung der einzelnen Horen wird in Teil A, 2., wo es um die römische (kathedrale) und die monastische Psalmenverteilung geht, beleuchtet. 3.2 Die Texte der Ferialantiphonen In einem weiteren Kapitel werden die Texte der Ferialantiphonen unter die Lupe genommen. Typischerweise stammen sie aus dem Psalm selbst und umfassen drei bis sieben Wörter. Vor allem für die Sonntagsvigilien, aber auch zu Cantica oder für Psalm 118, der täglich in den sogenannten kleinen Horen (Terz, Sext, Non) in Erscheinung tritt, tradieren die mittelalterlichen Handschriften häufig umfangreichere Antiphonen, die zumindest teilweise höchstwahrscheinlich in einen anderen Entstehungskontext als die üblichen Ferialantiphonen weisen. Sie stellen in vielen Fällen Einzeltraditionen dar. Ihr Text ist nicht aus dem Psalm selbst, sondern passend zum Inhalt dessen verfasst. Sie wurden in der vorliegenden Untersuchung getrennt von jenen betrachtet, deren Wortlaut psalmeigen ist. Diejenigen Antiphonen, deren Wortlaut dem jeweiligen Psalm entnommen ist, werden in der vorliegenden Arbeit auf die sprachliche Provenienz hin untersucht. Dabei wird ihr Text mit dem Psalterium Gallicanum (Vulgata), Psalterium Ferialantiphonen - Forschungsgegenstand und Methoden 41 <?page no="42"?> Hebraicum und dem Psalterium Romanum verglichen. In jenen Fällen, in denen die Sprachvariante keiner Tradition zugeordnet werden kann, werden sie einer nicht näher zu definierenden Vetus Latina Tradition zugeschrieben. Es ist einerseits zu beobachten, dass sich zwar in Bezug auf eine Antiphon in der Regel eine bestimmte Übersetzung des lateinischen Psalters durchgesetzt hat, es jedoch kein System gibt, wann die eine oder andere Übersetzung als Ferialantiphon ins Offizium Einzug fand. Mit ihren Sprachvariationen und -traditionen sind diese folglich genetisch unabhängig von der Struktur des Offiziums zu betrachten. 8 Wie viele Forscher, von denen vielleicht als früher Vertreter Walther Lipphardt hervorgehoben werden darf, festgestellt haben, sind auffallend viele Texte von Ferialantiphonen dem ersten oder zweiten Halbvers (Vers 1a oder 1b) des Psalms entnommen. Sie sind damit aus formalen Gesichtspunkten zu Antiphonen geworden. 9 Sinnvollerweise lassen sie sich genetisch im Zusammenhang mit dem kurrenten Psalter betrachten. 10 Die Entstehung von Antiphonen, die Satzfragmente sind, wie Et omnis mansuetudinis eius (Ps 131,1 [1b]; Nr. 276), lässt sich beispielsweise nur in Verbindung mit einem gebetsmühlenartigen Verinnerlichen von Psalmen verstehen. Texte anderer Ferialantiphonen sind der Mitte oder dem Schlussvers des Psalms entlehnt. Dort gehen die Recherchen dahin, ob man bei diesen weitere Auswahlkriterien und damit im Gegensatz zu rein formalen Gesichtspunkten auch inhaltliche Aspekte erkennen kann, die jene Antiphonen letztlich in ihre schriftliche Form münden ließen. Um besser differenzieren zu können, werden die Texte in einem ersten Schritt nach ihrer Position im Psalm sortiert. Als nächstes werden sie entprechend des Inhalts (Aussage, die weder ein Gebet noch eine Aufforderung im Blick hat [A], Bekenntnis [Bk], Bitte/ Ausruf [! ], Frage [? ], Klage [K] oder Lobpreis/ Dank [L]) klassifiziert und in Beziehung zur Position im Psalm betrachtet. Auf diese Weise werden unterschiedliche Verwendungsbereiche, soweit überhaupt noch möglich, offensichtlich. Neben der reinen Textanalyse stellt sich diese Arbeit auch die Frage nach den hypothetischen Realisierungskontexten der Antiphonen. Dass die Genese der Textwahl der Ferialantiphonen in mehreren Gesangssituationen zu vermuten ist, scheint offensichtlich. Doch wie sah ihre Verklanglichung konkret aus? Wurden Ferialantiphonen, deren Text aus der Mitte des Psalms gewählt wurde, anders 8 Einen guten Überblick zu den verschiedenen altlateinischen Psalterversionen und deren Genese bietet Joseph D YER , in: Psalters. Forschungen im Vetus Latina Institut in Beuron ergaben, dass sich die Traditionen vieler Ferialantiphonen in einer Vetus Latina Tradition verlieren und eine textbezogene Suche ad fontes wahrscheinlich nicht möglich ist. 9 Vgl. L IPPHARDT , Antiphonen 53 - 63. 10 Vgl. dazu Z ERFA ß, Clamorem. 42 Einleitung <?page no="43"?> realisiert als Ferialantiphonen, deren Wortlaut aus dem ersten oder zweiten Halbvers des Psalms stammt? Bei Letztgenannten liegt im Hinblick auf ihre Entstehungssituation die Vermutung nahe, dass ein Vorsänger den Psalm begann und die Gemeinde bzw. die monastische Gemeinschaft den (Halb)-vers wiederholte, um ihn gegebenenfalls an bestimmter Stelle zu repetieren. Es ist also eine Form der Solopsalmodie anzunehmen, die man heute als responsorial bezeichnen würde. Bei Antiphonen, deren Text aus der Mitte des Psalms genommen wurde, sind sowohl Solopsalmodie wie ebenso Wechselchorgesang als primäre Kontexte möglich. Im ersten Fall verliefe die Psalmodie ähnlich wie oben, mit der Ausnahme, dass ein bewusst gewählter Psalm-(halb-)vers exponiert wird. In Verbindung mit Wechselchorgesang würde dieser als Rahmen zum Psalm festgelegt. Auch im Hinblick auf die Länge von Ferialantiphonen lassen sich verschiedene Entstehungszusammenhänge vermuten. So ist anzunehmen, dass Antiphonen, die, von ihrer Länge her betrachtet, übliche Ferialantiphonen bei weitem übertreffen, historisch praktisch anders zu verorten sind als solche, deren Text einen Halbvers des Beginns des Psalms repräsentiert: Während sich beispielsweise Bonorum meorum non indiges in te speravi conserva me domine (Ps 15,2 [2b+1b+1a]; Nr. 31) aufgrund ihrer Komplexität eher als Rahmenvers zu einem Psalm eignet, ist etwa Quoniam in saeculum misericordia eius (Ps 135,1 [1b]; Nr. 282) schon im Psalm selbst als Responsum angelegt und weist damit auf ihren Ursprung in responsorialem Kontext. 3.3 Die Melodien der Ferialantiphonen Neben der historischen Verortung des Ferialpsalters mit seinen typischen, kurzen Antiphonen und der Begutachtung ihrer Texte wird auch auf ihre melodische Struktur eingegangen. Die meisten Ferialantiphonen sind syllabisch oder neumatisch notiert. Ihre schlichten Auf- und Abwärtsbewegungen erscheinen im Gegensatz zu Antiphonen, die einen größeren Umfang haben, stereotyp. Aufgrund der vielfachen Parallelität in der melodischen Struktur werden die Melodien von Ferialantiphonen unter der Fragestellung eines gemeinsamen Bauplans betrachtet und sämtliche Antiphonen mit demselben Melodieverlauf systematisiert. In einem ersten Schritt wird für alle Antiphonen ein Melodie-Modell erstellt. Dafür werden zunächst handschriftenvergleichend alle Antiphonen einzeln synoptisch zusammengestellt. Dann werden zu jeder Antiphon aus sämtlichen untersuchten Handschriften alle Noten bzw. Neumen über einer Silbe verglichen. Ferialantiphonen - Forschungsgegenstand und Methoden 43 <?page no="44"?> Es wird diejenige Note über einer Silbe in ein Modell übernommen, die in den meisten Manuskripten überliefert ist. Auf diese Weise entsteht gewissermaßen ein die Manuskripte verbindender Prototyp einer Antiphon. Da die Melodien derAntiphonen in der Regel überall syllabisch sind, ist meistens nur eine Note pro Silbe eines Wortes zu beachten. Es stellt also im Normalfall keine Schwierigkeit dar, eine gemeinsame Note im Hinblick auf das Modell zu eruieren. Stehen mehrere Noten über einer Silbe, werden alle Noten in den Blick genommen. In wenigen Ausnahmen werden über einer Silbe zwei Noten gleich häufig verwendet. Dort wird zugunsten der Note entschieden, die hypothetisch am meisten betont ist. Die Melodie eines einzelnen Manuskripts mit eventuellen handschriftentypischen Wendungen geht im Modell unter, da der Fokus auf dem den Antiphonen gemeinsamen Grundgerüst liegt. Es ist möglich, dass das Modll nirgends zu einhundert Prozent dem Verlauf der dortigen Melodie entspricht, da die Mehrzahl der anderen Codices etwa an einer bestimmten Stelle anders tradiert. Dennoch: eine Antiphon wird nur dann für die Typologie herangezogen, wenn deren Grundstruktur dem Modell entspricht. Auffälligkeiten in einzelnen Antiphonarien werden nur dann benannt, wenn deren Antiphonen etwa charakteristische Abweichungen von der Norm darstellen. In einem weiteren Schritt werden alle Antiphonen desselben Modells zusammengefasst und synoptisch angeordnet. Klassifiziert wird der Melodieverlauf in Abhängigkeit von Initium, Ambitus und Finalis. Die vom Verlauf der Melodie und von der Finalis her übereinstimmenden Antiphonen-Modelle werden einem identischen Typos zugewiesen. Das einem Typos zugeordnete Modell einer Antiphon wird nur dann weiter diskutiert, wenn größere Abweichungen von der Norm, etwa im Zusammenhang mit der Melodieführung, festzustellen sind, um etwa Besonderheiten in bestimmten Manuskripten aufzeigen zu können. Mit dieser Methode können sieben Grundtypoi ermittelt werden: A, B, C, D, E, F, G. Varianten eines Typos ergeben sich aufgrund der Beobachtung, dass viele Antiphonen zwar ein selbes Grundgerüst bieten, jedoch aufgrund ihrer Finalis einem unterschiedlichen Modus zugeordnet werden. Der in der jeweiligen Handschrift notierte Modus 11 zu einer Antiphon wird deshalb zusätzlich in arabischen Zahlen kenntlich gemacht. So wird beispielsweise eine Antiphon des Typos A, die im 6. Modus verfasst wurde, mit A - 6 bzw. in der Edition aus darstellerischen 11 In dieser Arbeit wird im Zusammenhang mit den Antiphonen in Bezug auf Tonalität die Begrifflichkeit Modus verwendet, die z. B. auch bei www.cantusuwaterloo.ca so verwendet wird, auch wenn die Melodien häufig nicht den Kriterien eines Modus entsprechen. 44 Einleitung <?page no="45"?> Gründen mit A 6 wiedergegeben und A - 1 bzw. A 1 im Falle eines 1. Modus. Auf diese Weise ist die Typologie durchlässig und schützt davor anzunehmen, es könne sich bei dieser Art der Kategorisierung um Grundmuster handeln, die melodisch fixiert als Vorlage gedient haben könnten. Eine nächste Differenzierung erfolgt über kleingeschriebene Buchstaben, z. B. Ba, Bb … , oder A - 1a, A - 2a. Hier ist eine kleine melodische Variierung in Zusammenschau mit dem jeweils übergeordneten Modell zu betrachten: z. B. bei Ba im Vergleich zu Typos B und bei A - 1a im Zusammenhang mit einer Antiphon des Typos A im 1. Modus. Um dieses Procedere zu veranschaulichen, ist zu sämtlichen hier typisierten Antiphonen im digitalen Anhang zu dieser Arbeit eine Synopse veröffentlicht. Es ist dort bezogen auf den Typos sortiert. Wenn typisierte Antiphonen in den unterschiedlichen Vorlagen verschiedenen Modi zugewiesen werden, sind sie in mehreren Untergruppen eines Typos zu finden. Beispielsweise ist eine Antiphon, die dem Typos A zugeteilt wurde und in einigen Codices im 1., in anderen wiederum im 6. Modus erscheint, in Verbindung mit den dazugehörenden Manuskripten bei Antiphonen des Typos A - 1 und A - 6 zu finden. Somit kann die genaue Vorgehensweise von der Antiphon über das Modell zum Typos für jede einzelne Antiphon nachvollzogen werden. Vgl. ergänzend auch z. B. die Edition im Antiphonale Synopticum (www.gregorianik.uni-regensburg.de) sowie die Veröffentlichung vieler Handschriften bei www.cantus.ca. Die Typos-Melodien der Ferialantiphonen werden mit den dazugehörenden Texten unterlegt. Auf diese Weise lässt sich modellbezogen das Verhältnis von Wort und Ton beleuchten. Ferialantiphonen, die keinem Typos zugeteilt werden können, sind im digitalen Anhang gelistet. Centologische Studien waren hier nicht zielführend. In den untersuchten Antiphonarien ließen sich an diesem Punkt nur Abhängigkeiten ermitteln, die nicht über Erkenntnisse von Parallelen unter Codices gehen, deren Verbindung bereits bekannt ist, wie z. B. die Tradition von Aberystwyth in Wales, hier repräsentiert im Manuskript Llyfryell Genedlaethol Cymru (National Library of Wales), 20541 E (Siglum in vorliegender Arbeit GB) und jene aus Sarisbury in Barnwell, deren Offizium im Antiphonar mit der Nummer Mm.ii.9 (Siglum in vorliegender Arbeit Sa) dokumentiert ist. Diese Gruppe an Antiphonen wird hier nur im Zusammenhang mit Besonderheiten thematisiert, etwa was die Verwendung der Modi in einzelnen Antiphonarien betrifft. Es geht in dieser Untersuchung weder darum, Antiphonen historisch einzuzuordnen noch um eine Alternative zu bereits existierenden Typologien (vgl. Teil C, 2.1 in dieser Arbeit). Der Schwerpunkt dieser Untersuchung aus musikwissenschaftlicher Sicht ist, anhand von Ferialantiphonen systematisch formelhafte musikalische Einheiten darzustellen, die sich bei diesen Antiphonen etabliert haben und damit einen Einblick zu geben, wie möglicherweise Musikformeln transportiert wurden. Ferialantiphonen - Forschungsgegenstand und Methoden 45 <?page no="46"?> 3.4 Differentiae im Kontext der Ferialantiphonen In vorliegender Arbeit werden handschriftenübergreifend alle in den untersuchten Quellen zu Ferialantiphonen tradierten differentiae, die Formeln also, nach der der Psalm zu singen ist, systematisiert und in Beziehung zu den jeweiligen Antiphonen betrachtet. 12 Damit man die Psalmtöne, wie sie in den verschiedenen Handschriften tradiert sind, miteinander vergleichen kann, werden sie neu katalogisiert: Alle identischen differentiae bekommen in Abhängigkeit zu ihrem Modus dieselbe Nummer. (Beispiel: Alle differentiae mit Nummer 8,1 gehören zum achten Psalmton und werden dort der Variante 1 zugeordnet.) Die bisherigen Editionen beziffern die Differenzen der Manuskripte ausschließlich auf einzelne Codices bezogen. Allein in der Synopse ist jedoch ein Vergleich bezüglich der Formeln der Psalmtöne möglich. Nur so lässt sich einerseits lokales Kolorit erkennen und andererseits Traditionen, die sich in der Breite durchgesetzt haben. Auf diese Weise wird der Blick darauf gelenkt, wie Eigenständigkeit bzw. Unabhängigkeit von Psalmtonformeln in Verbindung mit Antiphonen in den untersuchten Manuskripten motiviert sein könnten. Alle differentiae aus den edierten Ferialoffizien sind im digitalen Anhang zu dieser Arbeit bezogen auf den Modus zusammengestellt. Dort ist zusätzlich vermerkt, welche Differenz in einem Antiphonar zu einer bestimmten Antiphon des Ferialoffiziums erklingt. Im digitalen Anhang können folgende Dateien abgerufen werden: Eine ausführliche Erläuterung zum Anhang; eine Edition aller Ferialantiphonen aus den untersuchten Handschriften; eine Synopse aller Melodien von Ferialantiphonen, die typisiert wurden; eine Zusammenstellung aller in den Handschriften bei Ferialantiphonen verwendeten Differenzen mit Zuordung zu den Antiphonen. Dieser Anhang ist abrufbar unter https: / / meta.narr.de/ 9783772087721/ Digitaler_Anhang.zip. 12 Für die Untersuchung der Differenzen in dieser Arbeit inspirierend war u. a. B ERGER , Untersuchungen. In dieser Dissertation, die sich vorwiegend auf Quellen des ausgehenden Mittelalters erstreckt, wird ein umfangreicher Corpus an differentiae der Offiziums sowie der Messpsalmodie nach der Ordnung der acht Kirchentöne je tabellenmäßig zusammengestellt und systematisch auf ihre Zuordnung zu den Melodieanfängen der Antiphonen untersucht; vgl. auch D YER , Singing bes. 547 ff; vgl. ebenso N O WACKI , Antiphon; H UGLO , Tonaires. 46 Einleitung <?page no="47"?> Teil A: Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums 1 Zur Entwicklungsgeschichte des Offiziums Quellen der ersten christlichen Jahrhunderte lassen nur bruchstückhaft ein konkretes Bild hinsichtlich des Psalmengesangs zu. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, gibt es vor dem 4. Jahrhundert keine Belege für liturgische Psalmodie. 1 Die Forschung der vergangenen Jahrzehnte betonte für den frühchristlichen Gottesdienst die Dominanz der neuen Texte, vor allem der Hymnen, vor den alttestamentlichen Psalmen. Der davidische Psalter bekam in christlichem Kontext offensichtlich erst in Abgrenzung von häretischen Hymnen eine besondere Stellung. 2 Zwar werden im Neuen Testament Psalmen besonders häufig genannt, allerdings als prophetisches Zeugnis in messianischem Licht. 3 Sprachlich sind ψαλμός und ὕμνος seit Eph. 5,19, Kol 3,16 oder 1 Kor 14,26 nicht eindeutig. 4 1.1 Frühchristliche Zeugnisse aus dem kathedralen Bereich Bei den wenigen Befunden vor Konstantin, die das tägliche Gebet betreffen, ist entweder von Psalmen noch nicht die Rede oder es werden zwar Psalmen zitiert, jedoch noch nicht als liturgischer Brauch. Täglich zu beten war zwar in den ersten Jahrhunderten selbstverständliche Praxis. Seit dem 3. Jahrhundert wurden Terz, Sext, Non und Komplet sowie das Gebet in der Nacht empfohlen, es gibt allerdings weder ein allgemeines Curriculum oder einen fixen Inhalt, geschweige denn einheitliche Begründungen dafür. 5 1 Einen ansprechenden und übersichtlichen Abriss hierzu über markante geschichtliche Gegebenheiten der Spätantike und im frühen Mittelalter bietet z. B. H ILEY , Chant 90 - 100. Vgl. auch F RANZ , Musik II (Vokalmusik); M C K INNON , Musik 911; N OWACKI , Antiphon 638; zur Aufwertung des Psalters im 4. Jahrhundert vgl. S IEBEN , Psalter 482. 2 Vgl. H ANNICK , Church 366; M C K INNON , Book bes. 43 u. 47 f; S CHEFFCZYK , Vox 599 f. 3 Klassisch vgl. F ISCHER , Psalmen bes. 21; D YER , Psalms bes. 65; M C K INNON , Book 45. 4 Vgl. B UCHINGER , Psalm (liturgisch) 464; vgl. H ANNICK , Church 366 und M C K INNON , Book bes. 43 f. 5 Da der Informationsgehalt dieser ersten christlichen Zeugnisse im Hinblick auf das Thema vorliegender Arbeit nicht zielführend ist, möge an dieser Stelle der Verweis auf eine Auswahl an Literatur mit zahlreichen Belegen dafür genügen: B RADSHAW , Prayer; D ERS ./ J OHNSON / P HILLIPS , Tradition. B UCHINGER , Gebet; ders., Preghiera; ders., Tagzeitenliturgie; E LBERTI , Liturgia; G ERHARDS , Dominum; ders., Stundengebet I; G UIVER , Company, H ÄU ß LING , Tagzeitenliturgie; H AMANN , Gebet; ders., Gebete; J AY , Origen; K LÖCKENER / R ENNINGS , Stundengebet; M ESSNER , <?page no="48"?> Das öffentliche Stundengebet blühte in der christlichen Kirche erst nach der konstantinischen Wende (nach 313) wirklich auf, als die Verfolgungsgefahr nicht mehr gegeben war. 6 Das erste Zeugnis, das von Psalmen in der Tagzeitenliturgie spricht, stammt von Eusebius von Caesarea (260/ 64 - 339 oder 340). 7 Das öffentliche Offizium, aufgrund der Nähe zu einer Bischofskirche und einer Gemeinde kathedral genannt, 8 war ursprünglich an Tag-, Sonntag und Festzeiten orientiert, ihr Charakter zeigte sich, vom Gebrauch der Psalmen her betrachtet, in der Auswahlpsalmodie. 9 Aufgrund der in die Psalmodie eingebundenen responsorialen Praxis wurde ihr unter anderem gemeinschaftsstärkende Funktion zugesprochen. 10 Wahrscheinlich formten sich schon früh aufgrund der Thematik bestimmte Morgen- und Abendpsalmen: am Morgen Ps 62, 50, 89 sowie 148 - 150 und für den Abend die Pss 103 sowie 140. 11 Auffallend ist der schon bald nach der Wende formulierte Pflichtcharakter, die kathedralen Eckpfeiler des Stundengebetes als Gemeindegebet zu gestalten. 12 Einführung; M ARTIMORT , Prière; P INELL , Liturgia; T AFT , Liturgy; V ON S EVERUS , Gebet; W INKLER , Kathedralvesper 57. 6 Vgl. M C K INNON , Book bes. 44 - 48. 7 Vgl. E USEBIUS , Kommentar zu Ps 64(65),10 f. (PG 23, 640 B); ähnlich H ILARIUS , In Psalm 64(65), Tract. 21 (CSEL 22, 244 Z INGERLE ); M C K INNON , Question 183. Vgl. auch ders., Book bes. 43 ff; vgl. ebenso ders., Desert Monasticism. 8 Zur Entstehung des Begriffs „ kathedral “ vgl. die Einleitung zu vorliegender Arbeit. 9 Zur Entwicklungsgeschichte des frühchristlichen kathedralen Offiziums, vgl. B AUMSTARK , Werden bes. 64 - 70; klassisch auch J UNGMANN , Morgenhore; T AFT , Psalmody bes. 16 f; vgl. ebenso ders., Liturgy 32 - 56. 10 Beispielsweise schreibt Basilius der Große in seinen Homiliae in Psalmos: … οἱονεὶ σύνδεσμόν τινα πρὸς τὴν ἕνωσιν τὴν συνῳδίαν ἐπινοήσασα καὶ εἰς ἑνὸς χοροῦ συμφωνίαν λαὸν συναρμόζουσα (Homilia in Psalmos 1,2 [PG 29, 212 D]). Übers.: So schenkt dann auch die Psalmodie die Liebe, das Höchste der Güter, indem sie den gemeinschaftlichen Gesang wie ein Band der Einheit entstehen lässt und das Volk zum Klang eines einzigen Chores zusammenfügt. Im Unterschied etwa zu Athanasius betont Basilius im Zusammenhang mit dem Psalmengesang auch das Vergnügen ( τέρψις ) in aller Besonnenheit und lenkt damit den Blick gleichsam auf den therapeutischen Charakter des Psalmengesangs. (B ASILIUS , Homilia in Psalmos 1,1 [PG 29, 208 A - 212 C]). Die Frieden und Einheit stiftende Dimension des Psalmengesangs hebt auch Ambrosius mehrfach hervor, z. B. wenn er sagt: psalmus dissidentes copulat, discordes sociat, offensos reconciliat. (A MBROSIUS , Explanatio Psalmorum I.9 [CSEL 64,7 Z ELZER ]). Übers.: Der Psalm verbindet Auseinandersitzende, vereint im Herzen Uneinige, versöhnt Gegner. 11 Vgl. B ECKER , Struktur 2 f; vgl. R IGHETTI , Manuale II 600, 610 - 11; 613 und 623; vgl. W INKLER , Kathedralvesper 58. Im Zusammenhang mit ursprünglichen Vesperpsalmen erwähnt Gabriele Winkler den Ps 103 allerdings nicht, obwohl er, wahrscheinlich bereits von Eusebius, in Kombination mit Ps 140 im Zusammenhang mit dem als bekannt vorausgesetzten Morgen- und Abendlob zitiert wird. (E USEBIUS , In Ps 64,10f. [PG 23, 640 B]); vgl. hier B UCHINGER , Psalm, 467 und ders., Tagzeitenliturgie 72 f. Vgl. ebenso M C K INNON , Book hier 48; vgl. ders., Desert Monasticism. 12 Vgl. z. B. (Pseudo-) Const. Apost. 8,34: Εἰ μὴ δυνατὸν ἐν Ἐκκλησίᾳ προϊέναι διὰ τοὺς ἀπίστους , κατ’ οἶκον συνάξεις , ὦ ἐπίσκοπε , ἵνα μὴ εἰσέρχηται εὐσεβὴς εἰς Ἐκκλησιαν ἀσεβῶν οὐχ ὁ τόπος γὰρ τὸν ἄνθρωπον ἁγιάζει , ἀλλ’ ὁ ἄνθρωπος τὸν τόπον … Εἰ μήτε ἐν οἴκῳ , μήτε ἐν ἐκκλησίᾳ συναθποισθῆναι δυνατὸν , ἕκαστος παρ’ ἑαυτῷ ψαλλέτω , ἀναγινωσκέτω , προσευχέσθω , ἢ τρεῖς 48 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="49"?> Ein prominentes Zeugnis über täglich gefeierte der Wallfahrtsgemeinde in Jerusalem zugängliche Gottesdienste überliefert Egeria in ihrem Bericht anlässlich der von ihr besuchten Feierlichkeiten in Jerusalem (393/ 94). Ihr Dokument zeigt allerdings eine besondere Wallfahrtssituation, eine Extremsituation, nicht die für eine normale Gemeinde typische. Erkennbar ist dies beispielsweise an täglich und damit besonders häufig gebeteten Vigilien. 13 In ihren detaillierten Aufschrieben berichtet sie, dass dort vor dem Hahnenschrei alle Tore der Anastasis geöffnet werden, damit Priester, Mönche, Nonnen und Laien eintreten können, um beim Frühgottesdienst teilzunehmen. Von dieser Stunde an bis zum Tagesgrauen würden Hymnen und Psalmen respondiert sowie nach den einzelnen Hymnen Gebete gesprochen. 14 Die Terz werde nicht gebetet, jedoch Sext und Non. 15 Zur zehnten Stunde werde die Vesper gehalten. Hier weist Egeria darauf hin, dass diese Hore nach Jerusalemer Brauch licinicon bezeichnet werde. Bei Kerὅπου γάρ εἰσι , δύο ῆ τρείς συνηγμένοι ἐν τῷ ὀνόματί μου , ἐκεῖ εἰμι ἐν μέσῳ αὐτῶν . (SC 336, 244 M ETZGER ; PG 1, 1135 ff.). Übers.: Wenn es der Ungläubigen wegen unmöglich ist, zur Kirche zu kommen, dann sollst du, o Bischof, in irgend einem Hause Versammlung veranstalten, damit kein Frommer die Kirche Gottloser betrete; denn nicht der Ort heiligt den Menschen, sondern der Mensch den Ort. … Wenn weder in einem Hause noch in der Kirche Zusammenkunft gehalten werden kann, so singe, lese, bete jeder für sich oder zwei oder drei miteinander. (BKV 1 19, 300 f. B OXLER ). (Eine aktuelle deutsche Übersetzung wäre an dieser Stelle ein Desiderat. Zur Verfasserfrage der [Pseudo-] Apostolischen Konstitutionen; vgl. L ANDAU , Rolle 1 ff.). Den Brauch, Morgen- und Abendlob gemeinschaftlich zu begehen, kennt auch Augustinus, wenn er von seiner Mutter erzählt: … bis die, mane et vespere, ad ecclesiam tuam sine ulla intermissione venientis … ut te audiret in tuis sermonibus et tu illam in suis orationibus? Übers.: … zweimal des Tages, am Morgen und am Abend, kam sie zu deiner Kirche, ohne jemals zu fehlen … damit sie dich hörte in deinen Predigten und du sie in ihren Gebeten? (A UGUSTINUS , Confessiones V,9 [220 f. B ERNHART ]).Vgl. P ASCHER , Stundengebet 28. 13 Vgl. ebd. 14 Nam singulis diebus ante pullorum cantum aperiuntur omnia hostia Anastasis et descendent omnes monacontes et parthenae, ut hic dicunt, et non solum hii, sed et laici preter, viri aut mulieres, qui tamen volunt maturius vigilare. Et ex ea hora usque in lucem dicuntur ymni et psalmi responduntur, similiter et antiphonae: et cata singulos ymnos fit oratio. Übers.: Jeden Tag werden vor dem Hahnenschrei die Tore der Anastasis geöffnet, und alle Mönche und Jungfrauen, wie man hier sagt, steigen hinab, aber nicht nur sie, sondern außerdem Laien, Männer und Frauen, die frühmorgens an den Vigilien teilnehmen wollen. Von dieser Stunde an bis zum Morgengrauen werden Hymnen vorgetragen und Psalmen rezitiert, ebenso auch Antiphonen. Auf die einzelnen Hymnen folgt ein Gebet. (E GERIA , Itinerarium 24,1 [FC 20, 208 f. R ÖWEKAMP ]). 15 Item hora sexta denuo descendent omnes … et dicuntur psalmi et antiphonae, donec commonetur episcopus; similiter descendet et non sedet, sed statim intrat intra cancellos intra Anastasim, … , ubi et mature, et inde similiter primum facit orationem sic benedicet fideles … Ita ergo et hora nona fecit sicuti et ad sexta. Übers.: Auch zur sechsten Stunde steigen alle noch einmal auf ähnliche Weise zur Anastasis hinab, man rezitiert Psalmen und Antiphonen bis der Bischof gerufen wird … , und wie schon in der Frühe spricht er zunächst ein Gebet, segnet dann die Gläubigen, … So geschieht es auch zur neunten Stunde genau wie schon zur sechsten. (E GERIA , Itinerarium 24,3 [FC 20, 210 f. R ÖWEKAMP ]). Zur Entwicklungsgeschichte des Offiziums 49 <?page no="50"?> zenlicht würden Vesperpsalmen (psalmi lucernares), Antiphonen (antiphonae) und Hymnen (hymni) gesprochen (dicuntur). 16 1.2 Frühchristliche Zeugnisse aus dem monastischen Bereich Der seit der frühen Kirche als ein die Christenheit begleitender Horizont erscheinende Anspruch, ohne Unterlass (vgl. 1 Thess. 5,17) im Gebet mit Gott verbunden zu sein, setzte sich vornehmlich mit dem Mönchtum durch, das dafür den nötigen Rahmen bot. 17 Für das monastische Leben bildete sich, nachdem die Zeit der Christenverfolgung vorbei war, eine Art Enthusiasmus. In diesem Umfeld entwickelte sich auch die Begeisterung für das Psalmensingen, mit dem man die Möglichkeit spirituell aufzusteigen verband. 18 16 Hora autem decima, quod appellant hic licinicon, nam nos dicimus lucernare similiter et omnis multitudo colliget ad Anastasim, incendunturomnes candelae et cerei et fit lumen infinitum … Dicuntur etiam psalmi lucernares, sed et antiphoniae diutius. Ecce et commonetur episcopus et descendet et sedet susum, nec non etiam et presbyteri sedent locis suis, dicuntur ymni vel antiphonae. Übers.: Zur zehnten Stunde aber, die man hier „ Lychnikon “ - wir sagen „ Lucernar “ , versammelt sich die ganze Menge wieder in der Anastasis, es werden alle Leuchter und Kerzen angezündet, und es erstrahlt unendliches Licht. … Man recitiert sowohl die Lucernarpsalmen als auch, lange Zeit hindurch, Antiphonen. Und siehe, der Bischof wird gerufen, steigt herab und setzt sich auf einen erhöhten Platz. Dann setzen sich auch die Priester auf ihre Plätze, und es werden Hymnen und Antiphonen rezitiert. (E GERIA , Itinerarium 24,4 [FC 20, 212 f. R ÖWEKAMP ]). 17 Vgl. B UCHINGER , Tagzeitenliturgie 72. Vgl. auch P HILIPS , Prayer 31 - 58. Zum schon im Neuen Testament aufscheinenden Ideal des ständigen Gebets z. B. auch Lk 18,1: allezeit beten. 18 Der Enthusiamus für musikalische Psalmodie im 4. Jahrhundert wurde zunächst von James W. McKinnon herausgestellt: M C K INNON , Book hier bes. 50; vgl. auch J EFFERY , Reading hier 46 f. Vgl. z. B. Augustinus, der dem Psalmengesang zuschreibt, einen zu seinem eigenen Inneren und damit zu Gott finden lassen zu können: Psalmus sacer suaviter cantatus delectat auditum: sed delectat auditum etiam cantica histrionum. Hoc licite, illud illicite. Delectant olfactum flores et aromata, et haec Dei creatura: delectant olfactum etiam thura in aris daemoniorum. Hoc licite, illud illicite. … Videtis ergo charissimi, esse in istis corporis sensibus licitas et illicitas delectationes. Justitia sic delectet, ut vincat etiam licitas delctationes: et ei delectationi qua licite delectaris, praepone justitiam … Ergo prae omnibus voluptatibus, hoc est delectationibus enim licitis, amanda est justitia. Si enim habes sensus interiores, omnes illi interiores sensus delectantur delectatione justitiae. Si habes oculos interiores, vide justitiae lumen: Quoniam apud te est fons vitae, et in lumine tuo videbimus lumen (Ps 35,10). De illo lumine dicit psalmus: Illumina oculos meos ne unquam obdormiam in morte (Ps 12,4). (A UGUSTINUS , Sermo 159,2 - 4 [PL 38, 868 - 9]). Übers.: Ein heiliger Psalm süß gesungen erfreut das Gehör: aber auch die Lieder der Spieler erfreuen das Gehör. Das eine rechtmäßig, jenes unrechtmäßig. Es erfreuen wohlriechende Blumen und Aromen, und diese Schöpfungen Gottes; es erfreuen auch wohlriechende Weihrauche an dämonischen Altaren. Das eine rechtmäßig, jenes unrechtmäßig. … Ihr seht also Liebste, in jenen körperlichen Sinnen gibt es rechtmäßige und unrechtmäßige Freuden. Die Gerechtigkeit möge so erfreuen, dass auch die rechten Freuden siegen mögen: und dem Vergnügen, durch das du rechtmäßig erfreut wirst, ziehe die Gerechtigkeit vor … Also ist die Gerechtigkeit vor allen Vergnügungen, das heißt von allen erlaubten Genüssen zu lieben. Wenn du nämlich innere Sinne hast, werden all jene inneren Sinne durch den Genuss der Gerechtigkeit erfreut. Wenn du innere Ohren hast, schau das Licht der Gerechtigkeit: Denn bei dir ist die 50 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="51"?> Während für das von der Gemeinde vollzogene Offizium das Tagzeitenelement bei der Wahl der Psalmen von Bedeutung war, wurde im Monastischen die psalmodia currens mit dem Anliegen der Meditation des Psalters als Ausdruck der Orientierung am Ideal des immerwährenden Gebetes entscheidend. 19 Diese Form des Psalmensingens ist wahrscheinlich im Umfeld des ägyptischen Wüstenmönchtums im späten 3. Jahrhundert entstanden und breitete sich von dort aus. 20 Folgend ein kleiner Überblick über markante, das Offizium betreffende Inhalte aus einigen frühen Regeln coenobitischen Lebens: Das erste Zeugnis einer Regel für ein Koinobium von Wüstenmönchen überliefert Pachomius (um 292/ 298 - 346). Dort weist er darauf hin, dass Psalmen vorzutragen in der sonntäglichen Synaxis, der wöchentlichen gemeinschaftlichen Zusammenkunft ansonsten als Eremiten lebender Mönche, Hausoberen und Klosterältesten vorbehalten sei und die übrigen Mönche darauf respondieren. Außerdem spezifiziert er die Versammlung am Sonntag mit einem Verbot, der Synaxis und dem Psalmisten fern zu bleiben. Genauere Informationen zum Psalmengesang erhält man dort nicht. Man erfährt jedoch, dass die nächtlichen Gebete bzw. Gesänge am Sonntag bis zum Morgen dauerten. 21 Eine weitere herausragende Informationsquelle des frühen ägyptischen Mönchtums finden wir in der Historia Lausiaca des Palladius (363 - 430). Er berichtet von wöchentlichen Zusammenkünften am Samstag und Sonntag, bei denen ebenfalls Psalmen gesungen wurden. 22 Quelle des Lebens und in deinem Licht schauen wir das Licht (Ps 35,10). Von jenem Licht sagt der Psalm: Erleuchte meine Augen, damit ich nicht dem Tod geweiht bin. (Ps 12,4). 19 Zum Thema Verinnerlichung (meditatio) durch Wiederholung (ruminatio). Vgl. B ACHT , ‚ Meditatio ‘ . 20 Vgl. M C K INNON , Book bes. 49. 21 15. Am Sonntag oder zur Zeit des Opfers soll niemand von den Hebdomadaren fehlen; (jeder) soll auf dem Schemel sizten und dem, der den Psalm hersagt, respondieren; er soll natürlich aus dem einen Haus sein, das den Dienst der großen Woche verrichtet. Denn es gibt auch eine kleine Woche, die in den einzelnen Häusern verrichtet wird. … 16. Am Sonntag und in der Collecta, in welcher das Opfer darzubringen ist, soll niemand, abgesehen von den Hausoberen und Klosterältesten, die irgend einen Rang innehaben, die Vollmacht haben, die Psalmen vorzutragen. 17. Wenn aber einer zur Zeit, da irgendeiner aus den Ältesten psalliert, d. h. das Psalterium vorliest, abwesend gewesen ist, soll er … den Verweis erhalten … 19. Wenn am Morgen die Gebete beendet sind, sollen sie in den einzelnen Häusern nicht sofort in ihre Zellen zurückkehren … (P ACHOMIUS , Klosterregeln, Praecepta 15 - 17 und 19 [85 f. B ACHT ]). Zu Psalmen im frühchristlichen monastischen Gebet vgl. D YER , Psalmody; ders., Psalms. 22 Τὴν δὲ ἐκκλησίαν σαββάτῳ καταλαμβάνουσι μόνῳ καὶ κυριακῇ . Ὀκτὼ δὲ ἀφηγούμενοι πρεσβύτεροι ταύτης τῆς ἐκκλησίας εἰσίν , ἐν ᾗ μέχρις οὗ ζῇ ὁ πρῶτος πρεσβύτερος ἄλλος οὐδεὶς προσφέρει , οὐχ ὁμιλεῖ , οὐ δικάζει , ἀλλ’ ἡσύχως αὐτῷ προσκαθέζονται μόνον . Übers.: Die Kirche suchen sie nur am Sabbat und am Sonntag auf. Es gibt acht Presbyter, die Leiter dieser Kirche sind; solange der erste Prexbyter lebt, bringt kein anderer in der Kirche das Opfer dar, kein Zur Entwicklungsgeschichte des Offiziums 51 <?page no="52"?> Die tägliche, private Psalmodie habe er in Höhlen bei Eremiten gelernt. Wie sie sich konretisierte, verschweigen die Quellen. Man erfährt nur etwas hinsichtlich des Wohlklangs: Und man kann sogar, wenn man sich dort aufhält, um die neunte Stunde hören, wie aus jeder Einsiedelei Psalmengesänge erklingen, so daß man ins Paradies erhoben zu sein meint. 23 Einen Hinweis auf die Anzahl der zu singenden Psalmen bekommen wir von der uns als Engelregel des Pachomius bekannten Passage seiner Regel, als er auf diesen zurückweist, den ein Engel besucht und ihm Folgendes aufgetragen habe: Er bestimmte, daß sie im Lauf des Tages zwölf Gebete verrichten sollten, zwölf zu den abendlichen Gebetsstunden, zwölf zu den nächtlichen Gebetsstunden und drei zur neunten Stunde; wenn die Gemeinschaft zu essen anfing, sollte vor jedem Gebet ein Psalm gesungen werden. 24 Ob die Zahl Zwölf, wie schon Armand Veilleux annahm, symbolisch zu verstehen ist und die Kontinuität des Gebets bei Tag und Nacht meint, kann man vermuten. 25 Was die Gebetsstruktur einer Woche betrifft, berichtet die Historia Monachorum in Aegypto (395) in ähnlicher Weise: Einzeln wohnen sie in den Zellen, das Schweigen ist gewaltig und die Ruhe groß. Nur am Sabbat und am Herrentag kommen sie zum Gottesdienst zusammen; und dort begegnen sie einander wie aus dem Himmel Zurückgekehrte. 26 Die im Westen weit verbreitete Engelsregel des Pachomius beeinflusste auch Johannes Cassians (365 - ca. 435) De institutis coenobitorum, eine weitere prominente das klösterliche Leben betreffende Regel aus dem Beginn des 5. Jahrhunderts. 27 anderer predigt oder spricht Recht, sondern alle sitzen nur schweigend dabei. (P ALLADIUS , Historia Lausiaca 7,5 [FC 4, 114 f. H ÜBNER ]). 23 Καὶ δὴ καὶ περὶ ὥραν ἐννάτην ἔστι στάντα ἀκοῦσαι πῶς ἀφ’ ἑκάστης μονῆς ψαλμῳδίαι ἐξέρχονται , ὡς προσδοκῆσαι μετάρσιον εἶναι ἐν τῷ παραδείσῳ . (P ALLADIUS , Historia Lausiaca 7,5 [FC 4, 114 f. H ÜBNER ]). 24 Ἐτύπωσε δὲ διὰ πάσης τῆς ἡμέρας ποιεῖν αὐτοὺς εὐχὰς δώδεκα , καὶ ἐν τῷ λυχνικῷ δώδεκα , καὶ ἐν ταῖς παννυχίσι δώδεκα , καὶ ἐννάτην ὥραν τρεῖς · ὅτε δὲ μέλλει τὸ πλῆθος ἐσθίειν ἑκάστῃ εὐχῇ ψαλμὸν προᾴδεσθαι τυπώσας . (P ALLADIUS , Historia Lausiaca 32,6 [FC 4, 210 ff. H ÜBNER ]). 25 Vgl. V EILLEUX , Liturgie 324 - 329; vgl. auch, H OLZHERR , Benediktsregel, 164: „ Ursprünglich bezog sich die ‚ Engelregel ‘ nicht auf zwölf Psalmen, sondern auf ein zu jeder Stunde des Tages und der Nacht zu verrichtendes Gebet (RB 1980). “ 26 Historia Monachorum XXII, 2,3 (131 S CHULZ -F LÜGEL ). Aufgrund vergleichender Studien mit griechischen, lateinischen, koptischen, syrischen, armenischen und slavischen Quellen sowie von deutschen Übersetzungen kommt Eva Schulz-Flügel zu einer anderen Zählung als die der griechischen Urfassung von F ESTUGIÈRE , Historia, der dort diesem Text Kapitel 20,7 zuweist. Genaue Angaben zu ihren Quellen, vgl. S CHULZ -F LÜGEL , ebd. 156 f. 27 Zu Cassian und der Psalmodie in den Klöstern Galliens, vgl. D YER , Psalmody 47 ff. 52 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="53"?> Im Gegensatz zu gottesdienstlichen Versammlungen nur am Wochenende, wie es oben genannte Autoren kennen, präsentiert Cassian ein ihm aus Gallien bekanntes täglich gemeinschaftlich gefeiertes Offizium mit Psalmen als Norm coenobitischen Lebens. Seine Deskriptiones sind allerdings nicht interesselos, sondern im Blick auf die Praxis seiner gallischen Adressaten, denen er gezielt ein Ideal eines Offiziums vorschreiben wollte, was den Quellenwert seiner Institutiones im Hinblick auf historische Glaubwürdigkeit reduziert. 28 Im Vergleich mit seinen Vorgängern wird Cassian, was die Beschreibung des Offiziums betrifft, genauer: In Kapitel 2,4 seiner Institutio weist er darauf hin, dass sowohl in den Vigilien als auch in der Vesper zwölf Psalmen gesungen werden sollten. Wie wir sagten, hält man sich in ganz Ägypten und in der Thebais an die Zwölfzahl der Psalmen, und zwar in den abendlichen wie nächtlichen Gottesdiensten. Dabei folgen auf die Psalmen zwei Lesungen, eine aus dem Alten und eine aus dem Neuen Testament. Diese Art ist von alters her festgesetzt; sie hält sich durch so viele Jahrhunderte fast in allen Klöstern jener Provinzen bis in unsere Zeit. Von dieser Ordnung sagt man, sie sei von den Alten nicht aus menschlicher Findung aufgestellt worden, sondern den Vältern vom Himmel durch einen Engel gebracht worden. 29 Grund für diese Art des gemeinschaftlichen Stundengebets in Verbindung mit Psalmengesang ist wohl, wie Adalbert de Vogüé im Vergleich von koptischen Quellen glaubhaft darstellt, eine Übersetzung der Regel des Pachomius durch Hieronymus, der dort, als er im Zusammenhang mit der Synaxis über sechs Gebete spricht, psalmosque einfügte und so aus der täglichen Zusammenkunft mit Schriftlesungen und Gebeten ein Offizium von Psalmen machte. Es sei anzunehmen, dass sich Cassian auf die Übersetzung der Pachomianischen Regel durch Hieronymus stütze, da er selbst nie in Unterägypten gewesen sei und daher die Klöster des Pachomius nie persönlich kennen gelernt habe. 30 Inwieweit die Daten, die in frühen monastischen Regeln notiert sind, repräsentativ für die Gesamtsituation des mönchischen Offiziums der ersten christlichen Jahrhunderte im römischen Reich waren, kann aufgrund der Quellenlage nicht erfasst werden. Seine Vorschriften betreffen das coenobitische Leben, das seit dem 3. Jh., von Oberägypten ausgehend, eine in der frühen Christenheit bedeutende Rolle spielte. 28 Vgl. M E ß NER , Einführung 235 f. 29 C ASSIAN , Inst. 2,4 (A NDRESEN / F RANK , Mönchtum 132); Igitur per universam, ut diximus, Aegyptum et Thebaidem duodenarius psalmorum numerus tam in vespertinis, quam in nocturnis solemnitatibus custoditur … Qui modos antiquos constitutus, idcirco per tot saecula penes cuncta illarum provinciarum monastieria intermeratus nunc usque perdurat, quia non humana adinventione statutus a senioribus affirmatur, sed coelitus angeli magisterio patribus fuisse delatus. (Inst. 2,4 [SC 109, 64 G UY ]). 30 DE V OGÜÉ , Sources 243ff, 268 - 291, 309 ff. Vgl. D YER , Psalmody 50. Zur Entwicklungsgeschichte des Offiziums 53 <?page no="54"?> Nach Joseph Dyer betreffen sie die Situation in Unterägypten, sind aber weit weg von allgemeiner Praxis, wo in Mönchshäusern im Eifer oft täglich weitaus mehr Psalmen gesungen worden seien. 31 Letzteres wird von Cassian selbst bestätigt: Einige nämlich sind der Meinung, man müsse zwanzig oder dreißig Psalmen in jeder Nacht singen. Diese müsse man mit Antiphonengesängen und durch Hinzufügen weiterer Melodien verlängern. Andere wollen über diese Zahl hinausgehen; wieder andere verlangen achzehn Psalmen. So haben wir in den einzelnen Gegenden eine verschiedene Ordnung kennengelernt. Wir sahen fast so viele Arten und Regeln angenommen, wie wir Klöster und Zellen besucht haben. Dazu gibt es unter ihnen Mönche, die der Meinung sind, man müsse in den Gebetszeiten am Tage - Terz, Sext und Non nämlich - die Zahl der Psalmen und Gebete nach der Stundenzahl, in der sie Gott diesen Dienst leisten, festlegen. Andere haben die Zahl von sechs Psalmen für jede Tagesgebetszeit festgelegt. Deshalb halte ich es für notwendig, ausführlich die älteste Bestimmung der Väter darzulegen, die bis heute in ganz Ägypten von den Dienern Gottes beobachtet wird, damit das neue Kloster, noch ungelehrt in Christus, gleich von seiner Kindheit an durch die ältesten Einrichtungen der allerersten Väter gebildet werde. 32 Oder auch an anderer Stelle: Im Wetteifer stellten sie nach ihrer eigenen Seelenkraft außerordentlich hohe Zahlen von Psalmen auf. Die einen wollten fünfzig Psalmen, die anderen sechzig. Wieder andere waren 31 Zur Diskussion um die Anfänge monastischer Regeln und die Verwendung von Psalmen dort, vgl. D YER , Psalmody 48 ff; vgl. auch ders., Psalms 60; vgl. ebenso DE V OGÜÉ , Sources 241 - 311. Vgl. J EFFERY , Reading 47. Er weist auch darauf hin, dass Praktiken hinsichtlich der Psalmodie wenig uniform waren und manche mehr als 150 Psalmen täglich rezitierten. Vgl. ebd. 60. Vgl. Pseudo-Athanasius, der als Anweisung gibt, man solle so viele Psalmen vortragen, wie man stehend zu Gehör bringen könne: Tot psalmos recita, quot poteris stando recitare: atque per psalmos singulos oratio et genuflexio persolvatur … post ternos psalmos dicas, Alleluja … Matutina hora, hinc dicite psalmum: ‚ Deus, deus meus, ad de de luce vigilio. Sitivit in te anima mea. ‘ Sub diluculum vero: ‚ Benedicite, omnia opera Domini, Domino. ‘ … (A THANASIUS , De virginitate 20 [PG 28, 276]). Übers.: Rezitiere so viele Psalmen, die du stehend rezitieren kannst: und nach jedem einzelnen Psalm entrichte ein Gebet und eine Kniebeuge … nach drei Psalmen singe, Alleluja … In der Matutin singt diesen Psalm: ‚ Gott, mein Gott, seit dem Morgengrauen suche ich dich. Es dürstet nach dir meine Seele. ‘ Beim Zwielicht aber: ‚ Preiset den Herrn, alle Werke des Herrn. ‘ 32 C ASSIAN , Inst. 2,2 (A NDRESEN / F RANK , Mönchtum 134); Quidam enim vicenos seu tricenos psalmos et hos ipsos antiphonarum protelatos melodiis et adiunctione quarundam modulationum debere dici singulis noctibus censuerunt, alii etiam hunc modum excedere temptaverunt, nonnulli decem et octo. Atque in hunc modum diversis in locis diversum canonem cognovimus institutum totque propemodum typos ac regulas vidimus usurpatas, quot etiam monasteria cellasque conspeximus. Sunt quibus in ipsis quoque diurnis orationum officiis, id est tertia, sexta nonaque id visum est, ut secundum horarum modum, in quibus haec Deo redduntur obsequia, psalmorum etiam et orationum putarent numerum coaequandum: nonnullis placuit senarium numerum singulis diei cunuentibus deputari. Quapropter necessarium reor antiquissimum patrum proferre in medium constitutionem, quae nunc usque per totam Aegyptum a die famulis custoditur, qui novelli monasterii in Christo rudis infantia antiquissimorum potius patrum vetustissimis institutionibus inbuatur. (Inst. 2,2 [SC 109, 58 - 60 G UY ]). 54 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="55"?> mit dieser Zahl nicht zufrieden und wollten über sie hinausgehen. So entstand unter ihnen ein frommer Streit um die heilige Ordnung. 33 Bei Cassian erfährt man auch Weiteres über die Struktur des Offiziums und den Vollzug der Psalmodie: In der Vigil sieht Cassian drei Offizien vor, wobei jede drei Psalmen hat, die von einem Solisten vorgetragen werden. Dazu werden nach jeder Einheit Refrains eingeworfen. Zwischen den „ Psalmblöcken “ werden drei Antiphonen gesungen, sie sind also keine „ Anhängsel “ an einen Psalm: Daher haben die Alten sie (die Nachtwachen) auch dreifach aufgeteilt. Durch derlei Abwechslung sollte die Mühe geteilt und innere Freude sollte über die körperliche Ermüdung hinweghelfen. Zuerst singen sie stehend drei Antiphonen, dann setzen sie sich auf den Boden oder ganz niedere Stühle und antworten auf die drei Psalmen, die einer vorsingt. Jeder Psalm wird dabei einzeln von je einem Bruder der Reihe nach vorgetragen. Danach fügen sie drei Lesungen an, während sie in der gleichen ruhigen Haltung sitzen bleiben. 34 Die Matutin, hier in der Sprache Cassians mit den Laudes gleichzusetzen, ist am Ende der Vigilien abzuhalten. Dort benennt er sogar konkrete Psalmen: Die Psalmen 148 - 150, während der Prim die Psalmen 50, 62 und 89 zugewiesen werden: Denn die Lobgesänge, die in dieser Gegend für den Morgengottesdienst ausgewählt wurden, singen sie bis heute am Ende der Nachtwachen, die sie nach dem Hahnenschrei im Morgengrauen beenden. Es sind das der 148. Psalm „ Lobet den Herrn vom Himmel her “ und die darauffolgenden Psalmen. Den 50., 62. und 89. Psalm aber haben sie für die neue Gebetszeit [Prim] bestimmt. In Italien wird bis heute nach dem Morgengottesdienst der 50. Psalm in allen Kirchen gesungen. Ich bin sicher, daß das nur aus dem genannten Brauch stammt. 35 33 C ASSIAN , Inst. 2,5 (A NDRESEN / F RANK , Mönchtum 134); … diversoque modo enormem psalmorum numerum instituere pro animi sui virtute certarent, et alii quinquagenos, alii sexagenos psalmos, nonnulli vero ne hoc quidem numero cententi excedi eum debere censerent essetque inter eos pro religionis regula piae contentionis sancta diversitas, … (Inst. 2,5 [SC 109, 68 G UY ]). 34 C ASSIAN , Inst. 3,8 (A NDRESEN / F RANK , Mönchtum 156); Ideoque eas tripertinis distingunt officiis, ut labor hac diversitate divisus delectatione quadam defectionem corporis relevet. Nam cum stantes antiphona tria concinuerint, humi post hac vel sedelibus humillimis insidentes tres psalmos uno modulante respondent, qui tamen singuli a singulis fratribus vicissim succedentibus sibi praebentur, atque his sub eadem quiete residendi ternas adiciunt lectiones. (Inst. 3,8 [SC 109, 112 G UY ]). 35 C ASSIAN , Inst. 3,6 (A NDRESEN / F RANK , Mönchtum 154); Etenim hymnos, quos in hac regione ad matutinam excepere sollemnitatem, in fine nocturnarum vigiliarum, quas post gallorum cantum ante auroram finire solent, similiter hodieque decantant, id est centesimum quadragesimum octavum psalmum, cuius initium est Laudate dominum de caelis et reliquos qui sequuntur. Quinquagesimum vero psalmum et sexagensimum secundum et octogensimum nunum huic novellae sollemnitati fuisse deputatos. Denique per Italiam hodieque consummatis matutinis hymnis quinquagensimus psalmus in universis ecclesiis canitur, quod non aliunde quam exinde tractum esse non dubito. (Inst. 3,6 [SC 109, 108 G UY ]). Dazu P ASCHER , Stundengebet 36: „ Es scheint aber, daß mindestens Ansatzpunkte zur Feier einer Prim schon länger entwickelt worden waren. “ Vgl. auch T AFT , Liturgy 79. 98 f. 193. 195 f. 203. Zur Entwicklungsgeschichte des Offiziums 55 <?page no="56"?> Bezüglich der Prim weist er darauf hin, sie sei nicht durch eine alte Überlieferung eingeführt, sondern zu seiner Zeit hinzugekommen, was aber nichts an der alten Psalmenordnung geändert habe: Dabei müssen wir beachten, dass unsere Väter, die diese morgendliche Gebetszeit [Prim] eingeführt haben, an der alten Psalmenordnung nichts geändert haben. Vielmehr beenden sie den Gottesdienst in der herkömmlichen Weise, wie sie für die nächtlichen Gebetszeiten festgelegt ist. 36 Des Weiteren schreibt er im dritten Buch seiner Institutiones, dass Terz, Sext und Non nach drei Psalmen und Orationen geschlossen würden. 37 Ausführlichere Informationen hinsichtlich des Offiziums vor den Regulae Magistri und Benedicti sind nicht bekannt. 1.3 Zur Beeinflussung von monastischem und kathedralem Stundengebet In den Städten des ausgehenden römischen Imperiums, ausgehend von Syrien und Kappadokien, gab es urbane Mönche, die ebenfalls monastische Prinzipien verfolgten. Hierzu zählt unter anderem die Verwendung des kurrenten Psalters als Ausdruck immerwährenden Gebetes. Dass sich letztlich der kathedrale und der monastische Offiziumstyp anglichen, ist wohl der Psalmodiebewegung dieser Mönche zu verdanken, die das kathedrale Offizium gemeinsam mit Laien in hierarchischer Abhängigkeit prägten und monastisch inspirierte Ideale in dieses integrierten. 38 36 Inst. 3,6 (A NDRESEN / F RANK , Mönchtum 153 f.); Illud quoque nosse debemus nihil a nostris senioribus, qui hanc eandem matutinam sollemnitatem addi debere censuerunt, de antiqua psalmorum consuetudine inmutatum, sed eodem ordine missam quo prius in nocturnis conventibus perpetuo celebratam. (Inst. 3,6 [SC 109, 108 G UY ]). 37 Die Informationen stellen sich aus der Zusammenschau mehrerer Textpassagen des dritten Buches der Institutiones von Cassian zusammen: Nunc de sollemnitatibus tertiae, sextae nonaeque secundum regulam monasteriorum Paläestinae vel Mesopotamiae nobis est disserendum, … (Inst. 3,1 [SC 109, 92 G UY ]); Übers.: Jetzt muss ich von den Gebetszeiten der Terz, Sext und Non, wie sie in den Klöstern Mesopotamiens und Palästinas gebräuchlich sind, sprechen. (A NDRESEN / F RANK , Mönchtum 146). Itaque in Palaestinae vel Mesopotamiae monasteriis ac totius Orientis supra dictarum hofarum sollemnitates trinis psalmis cotidie finiuntur, … (Inst. 3,3 [SC 109, 94 G UY ]); Übers.: In den Klöstern Palästinas, Mesopotamiens und des ganzen Ostens werden die genannten Gebetszeiten nach drei Psalmen abgeschlossen. (A NDRESEN / F RANK , Mönchtum 147). … , ac tribus psalmis et orationibus celebratis secundum modum, qui antiquitus in observatione tertiae vel sextae trinae confessionis exemplo statutus est, … (Inst. 3,4 [SC 109, 104 G UY ]); Übers.: Nach den drei Psalmen und Gebeten, wie sie seit alters her für Terz und Sext als Beispiel des dreifachen Lobes festgesetzt sind, … (A NDRESEN / F RANK , Mönchtum 152). Anm.: Auch wenn hier nichts von Non steht, ist diese Hore wohl sinngemäß zu ergänzen. 38 Zur Bedeutung des urbanen Mönchtums für die Geschichte der Tagzeitenliturgie vgl. B RADSHAW , Alternatives und T AFT , Liturgy 75 - 91. Zu den Umständen der Annährung des monastischen und kathedralen Offiziums vgl. M C K INNON , Desert Monasticism bes. 512. 56 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="57"?> Nach Jeffery entstand diese Bewegung wahrscheinlich kurz nach dem Tod von Athanasius und kam hypothetisch unter Papst Caelestin I. (422 - 32) durch Augustinus und Ambrosius nach Rom. 39 Ein wichtiger Motor dieser Entwicklung war, dass im Zuge allegorischer Schriftdeutung Psalmen als Spiegel der Seele betrachtet und sie damit als Projektionsfläche für die eigene spirituelle Entwicklung herangezogen wurden. So schreibt Athanasius in einem Brief an Marcellinus, man sänge Psalmen, als wenn sie von einem selbst erzählten. In Verbindung von Vater und Sohn fühlte man sich auch mit dem Retter verbunden. 40 Liturgisch sichtbar wurde der Enthusiasmus für die Psalmodie beispielsweise in damals nicht nur bei Mönchen, sondern auch bei Laien populären Vigilien oder ebenfalls daran, dass bereits am Ende des 4. Jahrhunderts im kathedralen Offizium 39 Zu Entstehung und den Idealen der monastischen Psalmodiebewegung vgl. J EFFERY , Reading 48 ff. und 63 ff. 40 Vgl. z. B. Epistula ad Marcellinum de interpretatione Psalmorum 12: Καί μοι δοκεῖ τῷ ψάλλοντι γίνεσθαι τούτους ὥσπερ εἴσοπτρον , εἰς τὸ κατανοεῖν καὶ αὐτὸν ἐν αὐτοῖς καὶ τὰ τῆς ἐαυτοῦ ψυχῆς κινήματα , καὶ οὕτως αἰσθόμενον ἀπαγγέλλειν αὐτούς . Καὶ γὰρ καὶ ὁ ἀκούων τοῦ ἀναγινώσκοντος ὡς περὶ αὐτοῦ λεγομένην τὴν ᾠδὴν καταδέχεται· καὶ ἢ ἐλεγχόμενος ὑπὸ τοῦ συνειδότος κατανυγεὶς μετανοήσει , ἢ περὶ τῆς εἰς Θεὸν ἐλπίδος ἀκούων καὶ τῆς εἰς τοὺς πιστεύοντας γινομένης ἀντιλήψεως , ὡς εἰς αὐτὸν γενομένης τοιαύτης χάριτος ἀγαλλιᾶται , καὶ εὐχαριστεῖν ἄρχεται τῴ Θεῷ . Ὅτε γοῦν τὸν τρίτον ψάλλει τις εἰς τὰς ἰδίας θλίψεις συνορῶν , ὡς αὐτοῦ εἶναι νομίζει τὰ ἐν τῷ ψαλμῷ ῥήματα· καὶ τότε τὸν ια ' καὶ τὸν ιϲ ' ὡς εἰς τὴν ἰδίαν πεποίθησιν καὶ προσευχήν ἐστιν ἀπαγγέλλων· καὶ τὸν μὲν ν ' ψαλμὸν ὡς αὐτός ἐστι τὰ ἴδια τῆς μετανοίας ἑαυτοῦ λέγων ῥήματα , τὸν δὲ νγ ', καὶ τὸν ν ε ', καὶ τὸν ν ϲ , καὶ τὸν ρμα ', ὅτε ψάλλει τις , οὐχ ὡς ἄλλου διωκομένου , ἀλλ ' ὡς ὢν ὁ πάσχων συνδιατίθεται , καὶ ᾄδει τῷ Κυρίῳ ὡς ἰδίους τοὺς λόγους τούτους . Καὶ ὅλως οὕτως ἕκαστος ψαλμὸς παρὰ τοῦ Πνεύματος εἴρηταί τε καὶ συντέτακται , ὡς ἐν αὐτοῖς , καθὰ πρότερον εἴρηται , τὰ κινήματα τῆς ψυχῆς ἡμῶν κατανοεῖσθαι , καὶ πάντας αὐτοὺς ὡς περὶ ἡμῶν εἰρῆσθαι , καὶ εἶναι ἡμῶν αὐτοὺς ὡς ἰδίους λόγους , εἰς ἀνάμνησιν τῶν έν ἡμῖν κινημάτων καὶ διόρθωσιν τῆς ἡμων πολιτείας . Ἃ γὰρ οἱ ψάλλοντες εἰρήκασι , ταῦτα καὶ ἡμῶν δύνανται τύποι καὶ χαρακτῆρες εἶναι . (PG 27, 23 f. C/ D); Übers.: Und ich glaube, daß diese dem Psalmensänger zu einem Spiegel dienen, daß auch er in denselben die Bewegungen seiner Seele erkennt und in dieser Wahrnehmung dieselben ausspricht. Denn auch wer sie vorlesen hört, nimmt den Gesang so auf, als würde er über ihn selbst vorgetragen, und er wird entweder von seinem Gewissen überführt von Reueschmerz ergriffen werden, oder er wird, wenn er von der Hoffnung auf Gott vernimmt und von der großen Gnade, welche die Gläubigen erlangen, von Freude erfüllt und beginnt Gott zu danken. Wenn jemand zum Beispiel den 3. Psalm singt und dabei auf seine eigenen Bedrängnisse sieht, so nimmt er die Worte in demselben für seine Worte und drückt im 10, und 16. gleichsam sein eigenes Vertrauen und Gebet aus und spricht im 50. gleichsam selbst die Worte seiner Reue aus. Und wenn er den 53., 55., 56., 141. singt, so kommt er in eine Gemüthsstimmung, als ob nicht ein Anderer verfolgt würde, sondern als ob er selbst der Leidende wäre, und singt zu Gott, als ob diese Worte seine eigenen wären. Und überhaupt ist in dieser Weise jeder Psalm vom Geiste ausgesprochen und geordnet, daß in ihnen, wie vorhin gesagt, die Bewegungen unserer Seele erkannt werden, und daß sie alle wie über uns gesprochen und gleichsam unsere eigenen Worte sind, um die Bewegungen in unserm Innern auszudrücken und unser Leben zu bessern. Denn was die Psalmensänger gesprochen haben, kann auch uns Vorbild und Muster sein. (BKV 1 29, 345 f. F ISCH ); Eine aktuellere deutsche Übersetzung wäre ein Desiderat. Eine englische Übersetzung bietet G REGG , in: Life 109 - 111. Eine demgegenüber leicht veränderte Variante bietet J EFFERY , Reading 55. Vgl. auch F OSSAS , L ’ epistola. Zur Entwicklungsgeschichte des Offiziums 57 <?page no="58"?> monastischem Prinzip entsprechend über die Woche hinweg der gesamte Psalter gesungen wurde. 41 Im Zuge der Verschmelzung beider Ordnungen traten mehrere Gebete am Morgen und am Abend auf. Ein frühes, markantes Beispiel für die Mischung beider Ordnungen, die eine Doppelung des Morgengebetes aufweist, sind die Apostolischen Konstitutionen aus dem 4. Jahrhundert. Sie benennen ein Gebet in der Frühe, bei der das Morgenlob nach monastischem Prinzip unmittelbar an die Vigilien anschließt, und ein Gebet zum Hahnenschrei, als Morgenlob zu Beginn des Tages. 42 Auch Cassian benennt die Konkurrenz des Gebetes in der Frühe mit dem Gebet zum Hahnenschrei. Er berichtet von der Einführung eines Frühlobes, das aus der Überlieferung nicht belegt werden könne, aber die heilige Siebenzahl abrunde nach dem Psalmenwort: Siebenmal am Tage sag ich dir Lob ob der Satzungen deiner Gerechtigkeit (Ps 118,164). 43 Basilius von Caesarea (330 - 379) unterscheidet in ähnlicher Weise Gebetszeiten in der Vorfrühe von jenen in der Frühe. Er differenziert auch unterschiedliche Horen am Ende des Tages, die er zur Vollendung des Tages und zu Beginn der Nacht nennt. 44 Möglicherwese zeigt sich hier schon das Phänomen, dass aufgrund der unter monastischem Einfluss vorverlegten Vesper in der Folge zum Tagesschluss eine weitere Hore benötigt wurde, die dann die Regulae Magistri und Benedicti erstmalig in einer Ordnung als Komplet bezeichneten. 45 41 Vgl. J EFFERY , Reading bes. 45 - 48. Zu Spuren der Entwicklung des Psalmengesangs ausgehend vom ägyptischen Mönchtum vgl. M C K INNON , Desert Monasticism bes. 512; vgl. auch D YER , Psalmody bes. 41 f. 42 (Pseudo-) Const. Apost. 8,34.1: Εὐχὰς ἐπιτελεῖτε ὄρθρου , καὶ τρίτῃ , καὶ ἕκτη , καὶ ἐννάτῃ καὶ ἀλεκτοροφωνία . (SC 336, 244 M ETZGER ; PG 1, 1135 - 36 C). Übers.: Beten sollt ihr morgens und um die dritte, um die sechste und neunte Stunde, und Abends und beim Hahnenruf. (BKV 1 19, 300 B OXLER ). 43 Septies in die laudem dixi tibi, super iudicia iustitiae tuae. (Inst. 3,4 [SC 109, 104 G UY ]). In diesem Zusammenhang verweist Cassian darauf, dass man die Prim zu seiner Zeit in Bethlehem eingefügt habe: Sciendum tamen hanc matutinam, quae nunc observatur in occiduis vel maxime regionibus, canonicam functionem nostro tempore in nostroque monasterium primitus institutam, ubi Dominus noster Iesus Christus natus ex virgine … (Inst. 3,4 [SC 109, 102 G UY ]). Übers.: Dabei gilt es zu beachten, daß der Morgengottesdienst, der jetzt selbst in den meisten Gegenden des Abendlandes gehalten wird, erst in unserer Zeit zu kanonischer Geltung gekommen ist. Er wurde zuerst in unserem Kloster [in Bethlehem] eingeführt, dort wo unser Herr Jesus Christus von der Jungfrau geboren wurde … , (A NDRESEN / F RANK , Mönchtum 151). Vgl. P ASCHER , Stundengebet 32 - 36. 44 Basilius legt folgende Gebetszeiten nahe: In der Frühe, zur Terz, Sext und Non, zur Vollendung des Tages, Zu Beginn der Nacht, um Mitternacht und zur Vorfrühe (B ASILIUS , Regula fusius tractata 37,3 - 5 [PG 31, 1032 - 1016; BKV 1 48, 131 f.]). 45 Vgl. L UMMA , Komplet 20 f. 58 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="59"?> Das Stundengebet der Mönche wurde nicht nur für die in Klöstern Lebenden, sondern auch für den weltlichen Klerus bindend und für die christliche Gemeinde richtungweisend. Für die Gesamtheit der Christen stellte das tägliche gesamte monastische Gebetspensum jedoch eine Überforderung dar. Sie beteiligten sich vor allem zum gemeindlichen Morgen- und Abendgebet, waren aber immer weniger eigentlicher Träger der liturgia horarum. Je mehr diese zur Sache der Mönche und des Klerus wurde, umso mehr betonte man aber die Wichtigkeit des gemeindlichen Gebetes zumindest zu den ursprünglich kathedralen Horen, dem Morgen- und Abendgebet. Aus dem Anliegen heraus, das Volk am Stundengebet zu beteiligen, wurde auf der Synode von Agde (506) unter dem Vorsitz von Caesarius von Arles beschlossen, dass Laudes und Vesper in den Kathedralen mit der Gemeinde zu feiern seien. 46 Für Morgen- und Abendland bedeutsam wurde auch die Gesetzesanweisung Kaiser Justinian I. (527 - 565), der für sein gesamtes Herrschaftsgebiet dem Klerus vorschrieb, in allen Kirchen täglich die Laudes und Vesper sowie die Vigilien zu beten. 47 46 Vgl. L IMMER , Konzilien 158: Das Konzil zu Agde, Canon 30: Der Gottesdienst ist überall in gleicher Weise zu halten. Allerorts ist danach zu streben, dass nach den Antiphonen von den Bischöfen oder Priestern Gebete vorgetragen (gesungen) werden, dass täglich die Morgen- und Abendhymnen gesungen und am Schluss der Matutin und der Vesper nach den Hymnen Abschnitte aus den Psalmen gebetet warden. Nach dem Abendgebet muss der Bischof (wenn er zugegen ist) das Volk segnen, bevor es entlassen wird. Hier verweist Limmer auf Canon 30 = D.5C.13 de cons. Vgl. hierzu auch B ERG , Caesarius von Arles 347 f. 47 Justinian begründete sein Gesetz damit, dass es für Kleriker unwürdig sei, wenn sie als angestellte Geistliche ihre Pflicht nicht erfüllten, während viele Laien zu den Andachten in die Kirche strömten. Vgl. H ALLER , Codex Kap. 3.41 § 25, 28. Zur Entwicklungsgeschichte des Offiziums 59 <?page no="60"?> 2 Die römische (kathedrale) und die monastische Psalmenordnung 2.1 Zur Entstehung der römischen (kathedralen) Psalmenverteilung Die Anfänge der „ klassisch “ römischen Psalmenverteilung sind wohl in klosterähnlichen Gemeinschaften in Rom zur Zeit des Papstes Damasus (366 - 384) zu suchen. 1 Von dort, dem Stundengebet der Basilikaklöster der Stadt Rom, hat sie wahrscheinlich ihre stark monastische Prägung. 2 Dies gibt davon Ausdruck, welch starken Einfluss das Mönchtum, auch das Stadtmönchtum, auf das gesamte, ebenfalls die Gemeinde betreffende liturgische Leben der damaligen westlich christlichen Welt hatte. Eine Ordnung des cursus Romanus aus dieser Zeit ist nicht existent. Sie wurde hypothetisch aus mittelalterlichen Quellen im Vergleich mit dem Ordo officii der Benediktsregel rekonstruiert und kam erst später als diese ans Licht. 3 Uns verfügbare Quellen des römischen Offiziums sind entstanden, als die kathedrale Form des Offiziums, die zu Tagzeiten thematisch passende Psalmen auswählte, bereits mit der monastischen, vom kurrenten Psalter bestimmten Überlieferung verschmolzen war. Beide Offiziumstypen haben deswegen eine hybride Struktur: 4 Kurrentem Psalter entprechend werden auch im Psalterium Romanum alle 150 Psalmen in einem Wochenpsalter, auf die Tage verteilt, gesungen. Markantes Element dabei ist die Teilung des psalterium currens in einen Komplex für die Vigilien und einen für die Vespern mit Psalm 108 als letztem Psalm im Block der Vigilien und Psalm 109 als erstem Psalm der Einheit der Vesperpsalmen ist. Die Thematik der Tageszeit hingegen leuchtet, was die Psalmenverteilung betrifft, nur in den Laudes auf. 1 Von einigen Forschern wird diese Psalmenverteilung auch Gregor dem Großen selbst zugesprochen, Vgl. dazu R IGHETTI , Manuale II 632 - 634. 2 Vgl. G IBERT , Distribution 327; H OUNDER , Psalmen 164 ff; P ASCHER , Psalmen; R IGHETTI , Manuale II 624 - 626. 3 Vgl. T AFT , Liturgy 132; A NDRIEU , Ordines III 20 - 21 und 65 - 66; F ERRARI , Monasteries 392 ff. Zu den Bezügen zur RB 13,3. 10 vgl. A NDRIEU , Ordines II 205, dort zum Ordo XVIII, 4 und ebd. 222 hinsichtlich des Ordo XIX, 29. 4 W INKLER , Kathedralvesper 57f: „… Damit kam es beim Morgenoffizium und bei der Vesper zu einer Überlagerung ursprünglich verschiedener Gebräuche: beim Morgenoffizium: 1. dem ursprünglichen Mesonyktikon mit seiner monastischen Psalmodia currens 2. dem eigentlichen Morgenoffizium der Gemeinde, dessen Kernstück Ps 62, das Gloria, die Pss 148 - 150 und das Fürbittgebet bilden. Bei der Vesper: 1. die monastische Psalmodia currens 2. die Kathedralvesper, die sich in das Anzünden der Lichter, Ps 140 (mit Inzensierung) und das Fürbittgebet gegliedert. “ <?page no="61"?> Die älteste uns bekannte römische Psalmenordnung blieb bis zur Reform Pius X. im Jahre 1911 in Kraft, und auch alle in vorliegender Arbeit untersuchten Ferialoffizien römischer Ordnung geben ihren Duktus wieder. Formulare, die vor die uns überlieferte römische Psalmenordnung weisen, sind entweder nicht erhalten oder haben nie existiert. 2.2 Zur Entstehung der monastischen Psalmenverteilung Detailliertere Informationen zur Psalmodie im Stundengebet der Mönche bzw. Nonnen stammen erst aus dem 6./ 7. Jahrhundert. In der seit dem Frühmittelalter Benedikt von Nursia zugeschriebenen anonymen Mönchsregel ist erstmalig eine Festlegung der Psalmen für das ganze Wochenoffizium überliefert. 5 Die wahrscheinlich etwas früher als die Regula Benedicti niedergeschriebene Regula Magistri, ebenfalls im 5./ 6. Jahrhundert redigiert, die wohl Vorbild und Grundlage der Benediktsregel war, gibt so gut wie keine genauen Angaben, welche Psalmen in den verschiedenen Horen gesungen werden sollten. Lediglich eine ungefähre Struktur der einzelnen Horen kann aus den Kapiteln 33 - 46 der Regel des Magisters ermittelt werden. 6 Die Regula Benedicti durchbricht also, was die Struktur des Offiziums betrifft, die Regula Magistri grundlegend und ist wohl als Weiterverarbeitung eines römischen Vorbilds zu betrachten. 7 Vergleicht man die benediktinische, im Westen bedeutendste Repräsentantin der monastischen Psalmenordnung, mit der römischen Offiziumsstruktur, werden einerseits Abhängigkeiten und Unterschiede deutlich, andererseits wird aber auch transparent, dass die Offiziumsstruktur Benedikts die römische bereits voraussetzt. 8 Dies wird folgend in Zusammenhang mit einem Einblick in die Forschungsgeschichte zu den einzelnen Horen des Offiziums veranschaulicht. 5 Benedikt weist jedoch darauf hin, dass er auf dieser Festlegung nicht bestehe, wenn im Laufe der Woche der gesamte Psalter gesungen werde. (S TEIDLE , Benediktusregel, Kap. XVIII 104 f.). Vgl. D UNN , Benedict 567 - 594: Er datiert die Magisterregel nicht wie weithin angenommen auf den Beginn des 6. Jahrhunderts, sondern vermutet sie genetisch später als die Regula Benedicti. Sie basiere auf der Regel des Columban und scheine erst im ausgehenden 6. Jahrhundert und nicht Anfang des 6. Jh. geschrieben. 6 Zur Abhängigkeit der Benediktsregel von der Magisterregel vgl. F RANK , Magisterregel 25 ff. Als konkrete, in Offizium zu singenden Psalmen benennt die Regula Magistri nur Psalm 50 sowie Lobgesänge (Ps 148 - 150) und Cantica im Kontext der Laudes vgl. ebd., 225. Eine ansprechende Darstellung der Struktur der einzelnen Horen nach der Regula Magistri bietet T AFT , Liturgy 122 - 130. 7 Vgl. B ECKER , Reform 48 ff; D YER , Psalmody 42; T AFT , Liturgy 130 - 140. 8 Bereits Camille Callewaert bestätigte Forschungen Suitbert Bäumers, der schon annahm, dass die römische Psalmenverteilung in der uns bekannten Form weitgehend bereits zur Zeit Benedikts existierte. Vgl. auch B ÄUMER , Geschichte 203 - 220; C ALLEWAERT , Laudibus matutinis 60; G ENESTOU T , Magisterregel 327 - 348; ders. Règle 51 - 112; H EIMING , Offizium 132; P UZICHA , Kommentar 182 - 184; D E V OGÜÉ , Règle I 101 - 103; ders., Règle V 433 - 442. Die römische (kathedrale) und die monastische Psalmenordnung 61 <?page no="62"?> 2.3 Zum Forschungsstand hinsichtlich der Ordnung der Psalmenverteilung Mehrere Forscher haben sich mit den möglichen Ursprüngen der römischen Psalmenverteilung befasst. Alle - angefangen mit Camille Callewaert und Olaf Klesser über Joseph Pascher, Hansjakob Becker und jüngst Alexander Zerfaß - versuchen einen Blick in Offiziumsstrukturen vor die frühest verfügbaren Quellen zu werfen, wobei im Fokus ihrer Forschung die Frage nach einer ursprünglichen Verteilung des Wochenpsalters steht. 9 Alle setzen da an, als im römischen Offizium der kathedrale Charakter bereits mit dem Prinzip des kurrenten Psalters verschmolzen war und dieses das Offizium vor allem in den Vigilien und in der Vesper maßgeblich prägte, sodass man in Zusammenhang mit dem römischen Offizium nicht mehr von Kathedraloffizium im ursprünglichen Sinn sprechen kann. Zu den Forschungsansätzen im Allgemeinen Die Idee eines anfangs gänzlich kurrenten Ferialpsalters wurde besonders konsequent von Olav Klesser verfolgt. Er vermutete eine für die Zeit außerhalb der Festzeiten anfänglich reine psalmodia currens ohne fixe Zuordnung der Psalmen zu bestimmten Horen. Die Teilung in zwei Einheiten, den Matutin- (Psalmen 1 - 108) und den Vesperblock (Psalmen 109 - 150) sei sekundär. Für seine Begründung zieht er die am Ende von den Vigilien außerhalb des Ferialoffiziums häufig anzutreffenden Psalmen 95 - 98 heran, die wegen ihres Jubelcharakters hier verwendet worden seien, um die sekundär entstandene Zäsur nach Psalm 108 zu kompensieren. 10 Eine hypothetische Rekonstruktion einer „ urrömischen “ Psalmenverteilung, die der römischen vorausgegangen sein könnte, findet man auch bei Hansjakob Becker. 11 Er beruft sich in erster Linie auf die Forschungen von Joseph Pascher. 12 Den Begriff „ urrömisch “ nennt er ohne den Anspruch die erste Ordnung, die es in Rom gegeben hat, dokumentieren zu wollen. Diese fiktive Psalmenordung umfasst die kurrenten Psalmen 1 - 108 für die Vigilien von Sonntag bis Samstag, wobei die Verteilung der Psalmen auf die Feriae hier offen bleibt, und für die Vespern von Sonntag bis Samstag die fortlaufenden Psalmen von 109 - 150 mit je sechs Psalmen pro Tag. Für die Laudes sieht diese angenommene Ordnung täglich die Psalmen 50, 62, 66, 148, 149 und 150 vor. Die Laudespsalmen treten also an zwei Stellen auf: Einerseits als Bestandteil des kurrenten Psalters und andererseits das Tagzeitenelement in den Laudes reprä- 9 Vgl. dazu auch die Ausführungen von Z ERFA ß, Clamorem 13. 10 K LESSER , Officium bes. 880 - 882. 11 B ECKER , Reform 47. 12 P ASCHER , Stundengebet; vgl. ders., Psalter; ders., Frühgeschichte. 62 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="63"?> sentierend. Psalmen der kleinen Horen sowie der Komplet und ebenfalls der Venite-Psalm fehlen nach diesem Konzept. Ob sich Hansjakob Becker, die Psalmen der Vigilien betreffend, einer möglichen Verteilung auf die einzelnen Feriae entzieht oder annimmt, dass es eine solche nicht gegeben hat, bleibt offen. Alexander Zerfaß hält eine reine psalmodia currens ohne jede fixe Zuordnung konkreter Psalmen oder Psalmengruppen als Ausgangspunkt der Entwicklung des Ferialpsalters für möglich. Seinen Überlegungen nach deutet die Tatsache, dass sich der kurrente Psalter nur in den Vigilien und den Vespern des Wochenpsalters erhalten hat, darauf hin, dass sich das ägyptische Semieremitentum, wie von Cassian beschrieben, sowie auch das römisch-monastische Stundengebet ursprünglich auf diese beiden Gebetszeiten beschränkt haben könnte. 13 In den folgenden Kapiteln wird der Forschungsstand zu den einzelnen Horen differenziert dargestellt. Es wird bei jenem zu den Vigilien begonnen, dann jener der Laudes, der Vesper und abschließend jener der sogenannten kleinen Horen (Prim, Terz, Sext, Non) und Komplet aufgezeigt. Nach einer Einführung in den Forschungsstand wird in Zusammenhang mit der jeweiligen Hore auch jeweils auf Unterschiede in der Psalmenordnung der römischen bzw. monastischen Ordnung eingegangen. 2.3.1 Zu den Vigilien 2.3.1.1 Zum Forschungsstand Über die ursprüngliche Verteilung der Psalmen in den Vigilien wurde in der Vergangenheit vehement diskutiert. Bereits Camille Callewart (1866 - 1943) formulierte die Hypothese, dass die Vigilien des römischen Wochenpsalteriums ursprünglich die Psalmen 1 - 108 umfasst hätten, abzüglich derer, die in den Laudes (Psalmen 5, 42, 50, 62, 64, 66, 89, 91, 92 und 99) und in der Komplet (Psalmen 4 und 90) gewesen seien. Er kommt so auf 24 (2x12) Psalmen in den Sonntagssowie die kanonische Anzahl von 12 Psalmen in den übrigen Vigilien, die schon Cassian in seinen Institutiones aus ägyptischer Praxis kennt. 14 Die Vigilien des Sonntags hätten folglich ursprünglich mit Ausschluss der Psalmen 4 und 5 die Psalmen 1 - 26 umfasst. Nachdem dann Psalm 94, der Callewaert zufolge dem Komplex des kurrenten Psalters möglicherweise unter Gregor dem Großen aufgrund der Vorlage der Regula Benedicti entnommen 13 Z ERFA ß, Clamorem 18. Zu Cassian vgl. das 2. und 3. Buch seiner Institutiones (SC 109, 58 - 117 G UY ); vgl. auch die Ausführungen dazu oben. 14 C ALLEWAERT , Matutino 145: … Habebat itaque dominica 24 psalmos (1 - 26), ferialis vero nocturni 12 psalmos (27 - 38; 39 - 42; 53 - 67; 68 - 79; 80 - 95; 96 - 108); vgl. auch ders., Liturgiae Institutiones II 233. Robert, F. Taft hat dieses Ergebnis in Tabellenform festgehalten: T AFT Liturgy 136. Vgl. den Bericht Cassians über die durch einen Engel proklamierte und damit göttlich sanktionierte Zwölferregel: Inst. 2,5 (SC 109, 68 G UY ); vgl. Anm. 202. Die römische (kathedrale) und die monastische Psalmenordnung 63 <?page no="64"?> worden war, als psalmus in directum der Psalmodie der Vigilien vorgeschaltet worden sei und den Freitagsvigilien somit fehlte, habe man die davor liegenden Psalmen um eine Position nach vorne gerückt und damit die Lücke geschlossen. 15 Die in der Folge übrig gebliebenen 23 Psalmen für die Sonntagsvigilien, die nicht mehr in ein Duodezimalsystem passten, habe man daraufhin beschnitten, die Psalmen 21 - 25 in die Prim verlegt, Psalm 26 den Vigilien von Feria II zugeteilt und so mit 18 Psalmen wieder eine mit dem Zwölfersystem kompatible Zahl gehabt. 16 Psalm 53, römischer Ordnung gemäß der Prim täglich vorangeschaltet, gehört seinen Forschungen entsprechend noch zum ursprünglich kurrenten Psalter. Diese Untersuchungen Callewaerts wurden durch eine Studie von Raymond Le Roux über Responsorien der Wochenordnung erhärtet. Er zeigt, dass die Psalmen 21 - 25 ursprünglich in den Sonntagsvigilien beheimatet waren, indem er nachwies, dass eine frühe Schicht an Responsorien für die Sonntagsvigilien aus eben diesen Psalmen stammen. 17 Der These Callewaerts, dass Psalm 26 erst mit dem Vorschalten des Ps 94 als Einleitungspsalm zur Feria II gerückt sei, hielt Joseph Pascher entgegen, dass die durch diese Vorschaltung entstandene Lücke durch die Dopplung von Psalm 99, der ursprünglich in den Laudes gestanden habe, wettgemacht worden sei. Die Verdopplung von Psalm 99 in den Vigilien sei sekundär. 18 Er geht in seinen späteren Forschungen von 25 Psalmen in den Sonntagsvigilien und je 12 Psalmen in den Vigilien der übrigen Tage aus. 19 Die Vigilien der Feria II hätten immer mit Psalm 26 begonnen. Erst nachdem die Psalmen 21 - 25 von den Sonntagsvigilien in die Prim und die Psalmen 4 - 5 in die Komplet (Ps 4) bzw. Laudes (Ps 5) verlegt worden seien, habe die Psalmenreihe der Sonntagsvigilien die Psalmen 1 - 3 und 6 - 20 umfasst. 20 Damit distanziert er sich vordergründig in den Sonntagsvigilien von einem ansonsten sowohl für die Vigilien als auch für die Vesper mit den jeweils sechs Psalmen angenommenen Duodezimalsystem. Alexander Zerfaß bemerkt an dieser Stelle, die Annahme von 25 Psalmen in den Sonntagsvigilien führe in ein Dezimalsystem hinein, von dem nicht erläutert werde, wie es sich in der Vigil der Wochentage fortgesetzt haben sollte. Dem 15 C ALLEWAERT , Matutino 135 - 144. 16 C ALLEWAERT , ebd. 145 - 148, hier bes. 146; vgl. diese These unterstützend auch L E R OUX , Étude 47. 17 L E R OUX , ebd. bes. 47 f. sowie die seinen Forschungen angefügten Tabellen; vgl. dazu auch Z ERFA ß, Responsorium. 18 P ASCHER , Frühgeschichte bes. 56. 19 Vgl. P ASCHER , ebd. 57. In seinem Beitrag Sinneinheiten hier 192, war er noch von 24 Psalmen in den Sonntagsvigilien ausgegangen und damit dem Duodezimalsystem augenscheinlich verbundener. 20 Ein Eintrag im Antiphonar von Ivrea (H ESBERT , CAO I, 3) scheine anzuzeigen, dass im Falle einer Entnahme eines Psalms aus dem kurrenten Psalter ein Nachbarpsalm verdoppelt worden sei. Vgl. P ASCHER , Frühgeschichte 56. Hier macht Pascher jedoch einen Fehler: er ordnet Psalm 4 der Zahl 1234677 zu, wohingegen dieser im CAO mit der Nummer 1234577 angegeben ist und Psalm 5 mit 1234677. Somit sagt das Antiphonar von Ivrea, dass Psalm 5 dem kurrenten Psalter entnommen wurde, nicht Psalm 4. 64 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="65"?> Duodezimalsystem im Rahmen dieser Einteilung treu bleiben könne man, ginge man von neun Nokturnen pro Woche mit jeweils zwölf Psalmen aus. Dies würde dann aber bedeuten, dass auf die Sonntagsvigil ursprünglich 36 Psalmen entfallen wären, wofür es in den Quellen keinerlei Hinweise gäbe. 21 Er hält es jedoch auch nicht für feststehend, dass die römische Vigilpsalmodie von Anfang an in Zwölferschritte gegliedert war. Mit Blick auf Baumstarks Gesetz der Erhaltung des Alten in liturgisch hochwertiger Zeit verweist er auf in mittelalterlichen Quellen überlieferte Neunerserien der drei Tage vor Ostern und Dreierserien der Oster- und Pfingstoktav, die eine Deutung im Rahmen der Arithmetik des Duodezimalsystems zulassen. 22 Die in dieser Arbeit untersuchten Handschriften geben auf eine ursprüngliche Verteilung der Psalmen in den Vigilien freilich keine Antwort. Es zeigt sich dort jedoch, dass die Idee des kurrenten Psalters teilweise ernster genommen wurde, als es die Vorschrift verordnete. So schreiben die Manuskripte P 3 und P 4 für die Sonntagsvigilien zusätzlich auch die Psalmen 4 und 5 vor, die nach römischer Ordnung nur in der Komplet bzw. in den Laudes erklingen. Eine andere Abweichung von der Norm bietet Mt, die die Psalmen 1 - 25 in den Sonntagsvigilien zu Klang bringt und dort nicht wie von der Ordung gefordert mit Psalm 20 endet. Zeigen diese Antiphonarien an diesen Stellen Relikte eines ursprünglich konsequent durchgeführten kurrenten Psalters? 2.3.1.2 Zur Ordnung der Psalmenverteilung des cursus Romanus Zur Verteilung der Psalmen auf die einzelnen Nokturnen Von Montag bis Samstag folgen werktags zwölf Psalmen, auf zwei Nokturnen verteilt, wobei jede Nokturn sechs Psalmen zugeteilt bekommt. In den Vigilien des Sonntags werden drei Nokturnen achzehn Psalmen zugeordnet: Vigilien des Sonntags: 1. Nokturn: Psalmen 1 - 3 und 6 - 14 2. Nokturn: Psalmen 15 - 17 3. Nokturn: Psalmen 18 - 20 Vigilien der Feria II: 1. Nokturn: Psalmen 26 - 31 2. Nokturn: Psalmen 32 - 37 21 Vgl. Z ERFA ß, Clamorem 15 f. Er verweist auf B ILLETT , Divine Office 37 f. sowie umfassend zur Frühgeschichte des römischen Ferialpsalteriums, in: ebd., 37 - 52. 22 Vgl. Z ERFA ß, Clamorem 18 f. Er verweist an dieser Stelle auf F ISCHER , Tagzeitenliturgie. Die römische (kathedrale) und die monastische Psalmenordnung 65 <?page no="66"?> Vigilien der Feria III: 1. Nokturn: Psalmen 38 - 44 ohne Ps 42, der in den Laudes von Feria III erklingt 2. Nokturn: Psalmen 45 - 51 ohne Ps 50, der als Einleitungspsalm allen Laudes vorangestellt ist, ggf. abgesehen von denen des Sonntags Vigilien der Feria IV: 1. Nokturn: Psalmen 52 - 58 ohne Ps 53, der täglicher Einleitungspsalmin der Prim ist 2. Nokturn: Psalmen 59 - 67 ohne Pss 62 und 66, die täglich in den Laudes gesungen werden und Ps 64, der in Feria IV seinen Platz hat Vigilien der Feria V: 1. Nokturn: Psalmen 68 - 73 2. Nokturn: Psalmen 74 - 79 Vigilien der Feria VI: 1. Nokturn: Psalmen 80 - 85 2. Nokturn: Psalmen 86 - 96 ohne folgende Psalmen: Ps 89, erklingt in den Laudes von Feria V und Ps 91 in den Laudes des Samstags, Ps 92 ist Alternative zu Ps 50 in den Sonntagslaudes, Ps 94 wird täglich in directum als Einleitungspsalm aller Vigilien gesungen und Ps 90 gehört zu der Komplet Vigilien des Samstags: 1. Nokturn: Psalmen 97 - 102 2. Nokturn: Psalmen 103 - 108 Zur Verbindung von Psalmen und Antiphon An den Werktagen werden jeweils zwei aufeinander folgende Psalmen als Psalmenpaar miteinander verbunden. Jedem dieser Paare gehört eine Antiphon. 23 Beispiel: In den Vigilien der Feria II stehen nach römischer Psalmenordnung die Psalmen 26 - 37, wobei zu den Psalmen 26/ 27, 28/ 29 bis 36/ 37 eine Antiphon gesungen wird. In der Regel ist diese aus dem ersten Psalm des jeweiligen Psalmenpaares entnommen, sie kann jedoch auch aus dem 2. Psalm des jeweiligen Paares sein, was schon Walter Lipphardt nachgewiesen hat. 24 Auf die sub unica antiphona Praxis verweisend, vertrat Jean Claire die Ansicht, dass ursprünglich im Rahmen der Vigilien von Montag bis Samstag immer der erste Psalm des Psalmenpaares mit Antiphon und der zweite in directum gesungen 23 Walter Zimmerli prägte hier den Begriff „ Zwillingspsalmen “ . Vgl. Z IMMERLI , Zwillingspsalmen. 24 L IPPHARDT , Antiphonen 58 f. 66 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="67"?> worden sei. Ausnahmen deutet er, indem er diesen Antiphonen hypothetisch spätere Entstehungskontexte zuweist. 25 Hinweise für diese Praxis findet man jedoch weder in der Magisterregel noch in der Regula Benedicti als frühesten Vertretern detaillierter Beschreibung der Offiziumspsalmodie. 26 Außerdem können diese Unregelmäßigkeiten ebenso darauf hinweisen, dass die Verbindung einer Antiphon mit einem Psalm älter ist als die römische Psalmenordnung und gemeinsam mit dem dazugehörigen Psalm dem „ neuen “ Platz in den Vigilien zugeordnet wurde. (Vgl. dazu beispielsweise die Diskussion um Eructavit cor (Ps 44,2 [1a]; Nr. 96) z. B. in Teil A, 4.1.2.) In den Vigilien des Sonntags ist die Verteilung der Antiphonen auf die Nokturnen differenzierter: die drei Antiphonen der 1. Nokturn dienen jeweils vier Psalmen und die der 2. sowie der 3. Nokturn jeweils einem Psalm. Im Zusammenhang mit den Antiphonen zu den einzelnen Psalmen der Vigilien wird die dahinter stehende Problematik vertieft. 2.3.1.3 Zur Ordnung der Psalmenverteilung des cursus monasticus Zur Verteilung der Psalmen auf die einzelnen Nokturnen Der Block der von Benedikt für die Vigilien vorgesehenen Psalmen umfasst nicht wie in der römischen Psalmenordnung die Psalmen 1 - 108, sondern die Psalmen 20 - 108. Benedikt benötigt in den Vigilien also insgesamt 16 Psalmen weniger als die römische Psalmenverteilung. Die Psalmen 1 - 19 findet man fast ausschließlich in den Laudes, der Prim und der Komplet. Eine Ausnahme ist Psalm 3, der wohl vor allem aufgrund von Vers 6, der einen guten Übergang vom nächtlichen Schlaf zum nächtlichen Gebet darstellt: Ich lege mich nieder und schlafe ein, ich wache wieder auf, denn der Herr beschützt mich, den Vigilien täglich neben Psalm 94 als zusätzlicher Einleitungspsalm vorangestellt ist. Die Sonntagsvigilien sehen für das Nachtgebet nur noch 12 statt 18 Psalmen vor und werden damit, was die Zahl der Psalmen angeht, den übrigen Feriae gleichgestellt. Dafür bekommen die Vigilien des Sonntags zusätzlich drei Cantica und heben sich auf diese Weise von den Vigilien der übrigen Feriae ab. 25 C LAIRE , Répertoires 154 f. 26 Während die Regula Magistri keinerlei Hinweise auf den Vollzug des Psalmengesangs in den Vigilien gibt, weist Benedikt lediglich darauf hin, dass in den Vigilien in einer Nokturn sechs Psalmen mit Antiphonen gesungen werden. Zu den Angaben in der Regula Magistri: Omni sabbato debent in monasterio exerceri vigiliae a sera dum secundo fuerit gallus auditus, et iam fiant matutini. Sed propter quod vigiliae dicuntur, a somno se fratres abstineant et psallant et legentes audiant lectiones. (RM 49,1 - 2 [SC 106, 220 ff. D E V OGÜÉ ]). Übers.: An jedem Samstag müssen im Kloster die Vigilien vom Abend an, bis man den Schrei des Hahnes zum zweiten Mal hört, gehalten werden und danach soll man sofort die Matutin beten. (RM 49 [258 f. F RANK ]). Zu den Angaben in der Regula Benedicti: … sex psalmi cum antiphonas. (RB 9,4 [162 H OLZHERR ]). Auf einen psalmus in directum verweist Benedikt hier nicht, jedoch an anderer Stelle: Si major congregatio fuerit, cum antiphonas, si vero minor, in directum psallantur. (RB 17,6 [180 H OLZHERR ]). Vgl. dazu auch D OBSZAY , Remarks 190 f. Die römische (kathedrale) und die monastische Psalmenordnung 67 <?page no="68"?> Damit trotz geringererAnzahl an Psalmen für jede Vigil dennoch 12 Psalmen (= 6 Psalmenpaare) stehen können, werden von Benedikt einige Psalmenteilungen vorgenommen. Die geteilten Psalmen können dabei sowohl zusammen als auch einzeln, mit einem anderen Psalm kombiniert, als Psalmenpaar auftreten. Interessant ist, dass nach benediktinischer Regel Psalm 53 im kurrenten Psalter, hier an Feria III gesungen, seinen Platz behauptet und nicht in der Prim wie nach römischem Cursus. Geht man davon aus, dass genetisch der kurrente Psalter als Ganzer betrachtet werden muss, könnte dies darauf hinweisen, dass an dieser Stelle die Regula Benedicti die ursprünglichere Variante hat. Dasselbe lässt sich für Psalm 92 vermuten, der nach römischer Psalmenverteilung in den Sonntagslaudes erklingt, nach benediktinischer Ordnung aber ausschließlich in den Vigilien des Freitags zur Geltung kommt. Für Psalm 99 ist die Sachlage komplizierter, da er nach römischer Vorlage sowohl in den Vigilien des Samstags als auch in den Laudes des Sonntags gesungen wird. Bei Benedikt taucht er innerhalb des Ferialoffiziums nur in den Vigilien des Freitags auf. Dass Psalm 99 nicht aus dem Verlauf des Psalters der Vigilien gestrichen wurde, als er seinen Ort in den Laudes bekam, deutet Joseph Pascher dahingehend, dass man infolge des Ausfalls von Psalm 94, der als directaneus den Vigilien vorgeschaltet wurde, die nächste Lücke in der kurrenten Psalmodie mit Psalm 99 geschlossen habe. 27 Alexander Zerfaß interveniert an dieser Stelle plausibel, indem er darauf hinweist, dass es keinen Sinn mache, die Vermeidung einer Doppelung durch die Einführung einer anderen Doppelverwendung zu kompensieren. Er hält es für wahrscheinlicher, dass die Ersetzung des Psalm 117 in den Sonntagslaudes durch Psalm 99 anders als die von Psalm 50 durch Psalm 92 erst vollzogen worden sei, nachdem der Ferialpsalter für die Vigilien bereits seine endgültige Form erhalten hatte. 28 Damit habe es keinen Impuls gegeben, Psalm 99 aus den Vigilien zu entfernen. Zur Verbindung von Psalmen und Antiphon Der benediktinischen Ordnung gemäß haben in sämtlichen Vigilien aller Feriae jeweils zwei Psalmen eine Antiphon. Aufgrund von Teilungen der Psalmen 36, 67, 68, 77, 88 und 103 bis 106 sowie Verschiebungen, die teilweise aus den Teilungen entstehen, andererseits auch durch die Extraktion von Psalmen aus dem kurrenten Psalter in andere Horen hervorgerufen wurden - Psalm 3 als zusätzlichem, täglichem Einleitungspsalm der Vigilien, Psalmen 1, 2, 6 - 19 in der Prim und den Psalmen 35, 56, 63, 75 und 87 als weitere variable Laudespsalmen - entstehen teilweise neue Antiphonen, die später, an entsprechender Stelle benannt und ausgewertet werden. 27 Vgl. P ASCHER , Frühgeschichte 57. 28 Z ERFA ß, Clamorem 15. 68 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="69"?> 2.3.2 Zu den Laudes 2.3.2.1 Zum Forschungsstand Die Laudes bzw. laudes matutinae haben - soweit es in christlichen Quellen zurück verfolgt werden kann - ihren Namen von den im Morgenlob gesungenen Psalmen 148 - 150, den letzten drei Psalmen des Schluss-Hallels bzw. kleinen Hallels, die das Lob Gottes in besonderer Weise betonen. Ihr Ursprung ist in den frühchristlichen Gemeindeversammlungen am Morgen zu sehen, in denen derAuferstehung Christi gedacht wurde. 29 Im Gegensatz zu den sich am curricularen Verlauf des Psalters orientierenden Psalmen, die in den Vigilien und der Vesper gesungen werden, wobei, über die Woche verteilt, der Block der Vigilien mit Psalm 108 endet und derjenige der Vesper mit Psalm 109 beginnt, sind die Laudes sowohl der römischen als auch der benediktinischen Psalmenverteilung geprägt von eigens für diese Hore ausgewählten Psalmen. Es ist hier die kathedrale Auswahlpsalmodie erkennbar. Sie wurde im urbanen Mönchtum beibehalten. 30 Wie eine Laudes kathedralen Typs vor der Entstehung der römischen Psalmenordnung konkret ausgesehen hat, muss weitgehend ungewiss bleiben. Hier lassen uns die Quellen im Stich. 31 Neben den Psalmen 148 - 150 bilden Ps 50 und 62/ 66 festen Kern der Laudespsalmen. Den Forschungen Joseph Paschers und in der Folge Hansjakob Beckers gemäß haben diese sechs Psalmen bereits in der frühen Kirche die täglich gesungenen Laudes geprägt und weisen in dieser Zusammensetzung wohl in eine Zeit vor der Entstehung des altrömischen Offiziums. 32 Joseph Pascher ging davon aus, dass die ursprüngliche Reihe der Laudes aus den immer gleich bleibenden sechs Psalmen 50, 62, 66, 148, 149 und 150 bestanden hätten. Erst mit der Zeit habe man die Anzahl auf fünf reduziert. Aufgrund des Zusammenfassens der Psalmen 62 und 66 sowie 148 - 150 zu einer Position sei dennoch Raum für den variablen Morgenpsalm sowie das alttestamentliche Canticum gewesen. 33 29 Die Bezeichnung in der Liturgia horarum, dem offiziellen lateinischen, liturgischen Buch der römisch-katholischen Kirche seit 1970, ist laudes matutinae, also Morgenlob. Eine umfassende Zusammenstellung spätantiker Belege für die Verwendung von Laudespsalmen bietet Harald B UCHINGER , in: ders.: Psalm 468 f; vgl. dazu auch L UMMA , Liturgie 136; vgl. auch W ELTER , Laudes. 30 Vgl. C ASSIAN , Inst. 3,4 - 6 (SC 109, 102 - 108 G UY ), wo er berichtet, dass die Laudes (dort matutina genannt) aus dem kathedralen Bereich in das monastische Leben importiert wurden. 31 Vgl. T AFT , Liturgy bes. 143 f. 32 Vgl. B ECKER , Reform 21; er verweist hier auf zahlreiche, inzwischen klassische Literatur: B AUMSTARK , Laus; C ALLEWAERT , Laudibus; ders., Vesperae; ders., Horis; ders., Completorio; ders., Matutina; ders., Offices; G OLTZEN , Gottesdienst; H ANSSENS , Nature; H EIMING , Offizium; J UNG- MANN , Morgenhore; ders., Beiträge; P ASCHER , Stundengebet 226 ff; ders., Lectio; ders., Psalter; ders., Psalterium; S ALMON , Prière. 33 Vgl. P ASCHER , Psalter 255 f. Die römische (kathedrale) und die monastische Psalmenordnung 69 <?page no="70"?> Laut Hansjakob Becker sind möglicherweise in diesem Zug auch das Benedictus (Laudes) und das Magnificat (Vesper) eingeführt worden. 34 So habe man dann in den Laudes und in der Vesper jeweils sechs Psalmen erhalten und auf diese Weise in Verbundenheit mit ägyptischen Wüstenvätern an der heiligen Zahl zwölf festhalten können. 35 Wann täglich wechselnde Psalmen den Weg in die Laudes fanden, muss ebenfalls hypothetisch bleiben. Analog zu den Forschungen Hansjakob Beckers bezüglich der benediktinischen Vesper, der im Responsorium bzw. Versikel der Sonntagsvesper Rudimente der klassischen, kathedralen Abendpsalmen 103 und 140 sieht, stellt Alexander Zerfaß die These auf, dass auch der Versikel der römischen Werktagslaudes Repleti sumus mane (Ps 89,14) einen Hinweis darauf geben könnte, dass Psalm 89 fixer Psalm der römischen Kathedrallaudes gewesen sein könne. 36 2.3.2.2 Zur Ordnung der Psalmenverteilung des cursus Romanus An erster Stelle dieser Hore steht nach römischer Psalmenverteilung Psalm 50, der Bußgesang König Davids nach dem Ehebruch mit Batseba, der im Hinblick auf die christliche Gottesdienstgemeinde generell im Sinn der Buße und Reinigung interpretiert wird, damit sie frei von inneren Belastungen den Tag beginne (vgl. z.B. Miserere mei deus secundum magnam misericordiam tuam, [Vers 1] oder Amplius lava me ab iniquitate mea et a peccato meo munda me [Vers 2]. Andererseits 34 Vgl. B ECKER , Reform 21 f. 35 Vgl. hier z. B. Cassian, der die Zwölferregel als von göttlicher Dimension her bestätigt schildert: … et in psallentis verba omni cordis intentione defixis undecim psalmos orationum interiectione distinctos contiguis versibus parili pronuntiatione cantasset, duodecimum sub alleluja responsione consummans, ab universorum oculis repente subtractus, quaestinoni pariter et caerimoniis finem posuit (C ASSIAN , Inst. 2,5 [SC 109, 68 G UY ]). Übers.: Indessen … achteten [alle] mit aller Aufmerksamkeit des Herzens auf die Worte des Psalmensängers. Als dieser elf Psalmen, die durch eingeschobene Gebete voneinander getrennt waren, Vers für Vers in gleichmäßiger Art gesungen und den zwölften Psalm mit dem Alleluja geschlossen hatte, entzog er sich plötzlich allen Blicken. Damit beendete er die Diskussion um den Gottesdienst in einem. (A NDRESEN / F RANK , Mönchtum 134). Nach Robert Taft und Alexander Zerfaß sind auch in der Regula Magistri die evangelia, allgemein als evangelische Cantica interpretiert, bei der Psalmodie einzurechnen. Sie sind möglicherweise die ältesten Belege für neutestamentliche Cantica, wenn das Evangelium dort als Benedictus und Magnificat zu verstehen ist. (Vgl. RM 36,1 f. [SC 106, 192 DE V OGÜÉ ] und RM 41,1 - 3 [SC 106, 198 DE V OGÜÉ ]). Vgl. T AFT , Liturgy 126 f; Z ERFA ß, Clamorem 7. Robert Taft grenzt sich an dieser Stelle von Paul Jasmer ab, der die fixen Psalmen 50, 148 - 50 sowie zwei Cantica und Dan 3 als zu den sechs Antiphonen zugefügte Gesänge betrachtet. Vgl. T AFT , Liturgy 127 und J ASMER , Comparison 347. 36 Vgl. B ECKER , Struktur; zum Hintergund seiner Argumentation vgl. W INKLER , Kathedralvesper; Z ERFA ß, Clamorem 17 f. In seiner Argumentation verweist er auf seine Präsenz in den römischen und benediktinischen Donnerstagslaudes und auch auf Cassian, der die Präsenz von Ps 89 neben den Psalmen 50 und 62 als Bestandteil der morgendlichen novella sellemnitas bethlehemischer Mönche benennt. (C ASSIAN , Inst. 3,6 [SC 109, 108 G UY ]). Des Weiteren nimmt er an dieser Stelle Bezug auf T AFT , Liturgy 79. 94. 193. 195 f. 203 sowie auf V ERHEIJEN , Règle 148 f. Ferner begegne der Psalm in der heutigen byzantinisch-sabaitischen Prim, die auf die Praxis palästinischer Mönche zurückgehe (T AFT , Liturgy 207), sowie die Verse 14 - 17 als Eröffnungsgesang des armenischen Morgenoffiziums (ebd. 222). 70 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="71"?> beinhaltet er auch die Morgenthematik (v. a. erkennbar in Domine labia mea aperies et os meum adnuntiabit laudem tuam [Vers 17]). 37 Er impliziert jedoch auch die Verbindung zum Paschamysterium und damit den Gedanken österlicher Gnade, der man sich mit Sonnenaufgang als symbolischer Verbindung zur Auferstehung bewusst werden möge. 38 Unterstützt wird dieser Aspekt des Psalms 50 am Beginn der Laudes durch eine fehlerhafte Übersetzung im Lateinischen von exsultabunt ossa humiliata (Vers 10). 39 An Sonntagen außerhalb der Septuagesimalzeit wird er von dem hier jüngeren, wegen der Festtagsthematik an dieser Stelle stehenden Königspsalm 92 ersetzt. 40 Am ersten Tag der Woche, am Tag des Gedächtnisses an die Auferstehung Jesu Christi, wird eben gefeiert, man lässt die Alltagssorgen hinter sich und grübelt nicht über Sünden nach. Den zweiten Platz nehmen täglich wechselnde, aufgrund ihrer Thematik ausgewählte Psalmen ein. Sie sprechen von der morgendlichen Frühe oder von der Sehnsucht nach Gott und seinem Heiligtum: Am Sonntag ist es Psalm 99 bzw. 117. Psalm 117, ein alter Osterpsalm, ist am Sonntag als Gedenktag des Osterfestes ursprünglicher als Ps 99, der, dem Stand der Forschung entsprechend, vermutlich wegen seines Lob- und Dankcharakters später für die Laudes ausgewählt wurde. 41 37 Vgl. z. B. B RADSHAW , Emergence: H UONDER , Psalmen 165; Z ERFA ß, Clamorem 3. 38 Vgl. z. B. Cyprian (um 200 - 258): Sed nobis, fratres dilectissimi, praeter horas antiquitus observatas orandi nunc et spatia et sacramenta creverunt. Nam et mane orandum est, ut resurrectio Domini matutina oratione celebretur. Quod olim Spiritus sanctus designabat in psalmis dicens: Rex meus et Deus meus, quoniam ad te orabo, Domine, mane … (C YPRIAN , Dominica oratione 35 [PL 4, 541 f; CChr.SL 3A, 112 f. M ORESCHINI ]). Übers.: Für uns jedoch, geliebteste Brüder, sind außer den von alters her beobachteten Stunden jetzt nicht nur die Gebetszeiten zahlreicher geworden, sondern auch die geheimnisvollen Beziehungen des Betens haben sich vermehrt. Denn auch in der Frühe muß man beten, um die Auferstehung des Herrn in der Morgenandacht zu feiern … (BKV 1 34, 195 B AER ). Vgl. z. B. Pseudo-Athanasius (295 - 373): Ψάλατε τῷ κυρίῳ τῷ ἐπιβεβηκότι ἐπὶ τὸν οὐρανὸν τοῦ οὐρανοῦ . Ἐπειδὴ τὸ πάθος ὲκήρυξεν ὲν τοῖς ὀπίσω τοῦ Χριστοῦ καὶ τὴν μέχρις ᾄδου κατάβασιν , τούτου χάριν καὶ εἰς οὐρανοὺς αὐτοῦ κηρύττει ἀναφοίτησιν . Τὸ δὲ , καθ΄ ἀνατολάς , παραβολικόν ἐστιν . ᾭσπερ γὰρ ὁ ἥλιος ἀπὸ δυναμῶν ἐπ΄ ἀνατολὰς ἄνεισι , τὸν αὐτὸν τρόπον καὶ ὁ Κύριος οἱονεὶ ἀπὸ τῶν τοῦ ᾅδου μυχῶν ἐπέβη τοῦ οὐρανοῦ τὸν οὐρανόν . Ἰδοὺ δώσει τῇ φωνῇ αὐτοῦ φωνὴν δυνάμεως . Φωνὴν δυνάμεώς φησι τὴν ἐγείρουσαν πάντας τοὺς νεκρούς καθὸ ἐν κελεύσματι αὐτοῦ ἀναστήσονται . ([P SEUDO -] A THANASIUS , Expositiones, hier in Ps 67,34 [PG 27, 303 D]). Übers.: Singet dem Herrn, der über den Himmel des Himmels hinauffährt. „ Weil er im Vorhergehenden das Leiden Christi und sein Hinabsteigen bis in die Unterwelt verkündet hat, deßhalb verkündet er auch seine Auffahrt in den Himmel. Die Worte „ gegen Aufgang “ aber stehen gleichnißweise. Wie nämlich die Sonne vom Untergang zum Aufgang emporsteigt, in gleicher Weise erhob sich auch der Herr gleichsam aus den Winkeln der Unterwelt in den Himmel des Himmels. „ Sieh, er wird seiner Stimme die Stimme der Kraft geben. “ Stimme der Kraft nennt er die, welche alle Todten erweckt, indem sie auf seinen Befehl auferstehen werden. (BKV 1 29, 591 F ISCH ). 39 Vgl. Z ERFA ß, Clamorem 3; H ÄU ß LING , Gottesdienst 183, Anm. 26. 40 Vgl. B ECKER , Reform 22; P ASCHER , Stundengebet 227 ff. 41 Psalm 117 fand bereits in der frühesten Kirche Einzug und wurde im Horizont der Antizipation der Parusie des Messias gedeutet. Vgl. Mt 21,42; Mk 12,10; Lk 20,17; Apg 4,11; Die römische (kathedrale) und die monastische Psalmenordnung 71 <?page no="72"?> Von Feriae II bis Samstag wechseln an zweiter Stelle die Psalmen 5, 42, 64, 89, 142 und 91. Folgend die Verse oben genannter Psalmen, die Auswahlkriterium gewesen sein dürften: 42 • Psalm 5,4 f.: mane exaudies vocem meam, mane adstabo tibi et videbo - Herr, am Morgen hörst du mein Rufen, am Morgen rüst ich das Opfer zu, nach dir halte ich Ausschau. • Ps 42,3 f.: Emitte lucem tuam et veritatem tuam: ipsa me deduxerunt, et adduxerunt in montem sanctum tuum, et in tabernacula tua. Et introibo ad altare dei, ad deum qui laetificat juventutem meam. - Sende dein Licht und deine Wahrheit; sie sollen mich leiten; sie sollen mich bringen zu deinem heiligen Berg und zu deinen Wohnungen. So will ich kommen zu Gottes Altar, zum Gott meiner Freude und meines Jubels. • Psalm 64,9: et timebunt qui habitant terminos a signis tuis; exitus matutini et vespere delectabis. - Alle, die an den Enden der Erde wohnen, erschauern vor deinen Zeichen; das Kommen des Morgens und des Abends erfüllst du mit Jubel. • Psalm 89,14: Repleti sumus mane misericordia tua; et exsultavimus, et delectati sumus omnibus diebus nostris. - Sättige uns am Morgen mit deiner Huld! Dann wollen wir jubeln und uns freuen all unsre Tage. • Psalm 142,8: Auditam fac mihi mane misericordiam tuam, quia in te speravi. Notam fac mihi viam in qua ambulem, quia ad te levavi animam meam. - Lass mich am Morgen deine Huld erfahren, denn auf dich vertraute ich! Lass mich den Weg erkennen, den ich gehen soll, denn zu dir erhob ich meine Seele! • Psalm 91,1ff: Psalmus cantici, in die sabbati. Bonum est confiteri domino, et psallere nomini tuo, altissime: ad annuntiandum mane misericordiam tuam, et veritatem tuam per noctem. - Ein Psalm. Ein Lied. Für den Tag des Sabbats. Gut ist es, dem Herrn zu danken, deinem Namen, du Höchster, zu singen und zu spielen, am Morgen deine Huld zu verkünden und in den Nächten deine Treue. 1 Petr. 2,7 oder Barnabasbrief 6,4: Λέγει δὲ πάλιν ὁ προφήτης „Λίθον ὃν ἀπεδοκίμασιν οἱ οἰκοδομοῦντες , οὗτος ἐγενήθη εἰς κεφαλὴν γωνίας“ . Καὶ πάλιν λέγει „Αὕτη ἐστὶν ἡ ἡμέρα ἡ μεγάλη καὶ θαυμαστή , ἣν ἐποίησεν ὁ κύριος“ . Übers.: Es sagt aber wiederum der Prophet „ Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden “ (Ps 117,22). Und wiederum sagt er: „ Das ist der große und wunderbare Tag, den der Herr gemacht hat “ (Ps 117,24). (FC 72, 88 f. P ROSTMEIER ); oder in explizit christologischer Deutung in Eph 2,20 und 1 Petr. 2,7. Vgl. H EIMING , Offizium hier 150, Anm. 59: „ Rom hat früh schon an Sonntagen außerhalb der Zeit von Septuagesima bis Palmsonntag zuerst statt Ps 50 den Ps 92 und dann statt Ps 117 den Ps 99 genommen. Vielleicht darf man die zeitliche Folge daraus schließen, dass Ps 92 nicht mehr zu den Vigilpsalmen gehört, wohl aber Ps 99. Möglicherweise ist aber Ps 92 nachträglich anstelle von Ps 94 wieder eingesetzt worden, als dieser auch in Rom Invitatorium wurde. Über ein ‚ es ist möglich ‘ kommen wir aber hier einstweilen nicht hinaus. “ 42 Es wird der Übersetzung der Vulgata die der Einheitsübersetzung gegenübergestellt. Vgl. hier auch P ASCHER , Psalter 256. 72 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="73"?> Mit Ausnahme von Ps 42 findet man in jedem dieser Psalmen das Wort mane bzw. matutina, welches auch Grund für ihre Wahl in die morgendliche Hore gewesen sein dürfte. Psalm 42 steht hier wohl wegen seines Verses: Sende aus dein Licht und deine Wahrheit (Ps 42,3) und Psalm 91 wurde sicher wegen der Regieanweisung, es sei ein Psalm für den Sabbat, auch auf diesen Tag verlegt. Psalm 142, in den Laudes des Freitags gesungen, und Psalm 91, für die Samstagslaudes vorgesehen, ist vom Blickwinkel der kanonischen Reihenfolge her vertauscht. Die Umstellung ist inhaltlich begründet: Der die Leidensthematik enthaltende Psalm 142 wechselt vom Samstag zur Feria VI, und umgekehrt wird der Sabbatpsalm Psalm 91, der schon in seiner Überschrift als Lied für den Sabbattag bezeichnet wird, sinnvollerweise den Laudes des Samstags zugeteilt. 43 Während Joseph Pascher und Hansjakob Becker offen lassen, ob die vom Verlauf des Psalters her betrachtete Änderung des Platzes dieser Psalmen in den Laudes von Feria VI bzw. Samstag eine sekundäre Entwicklung darstellt, legen sich andere Forscher fest: Im Gegensatz zu Odilo Heiming und Adalbert de Vogüé, die es für plausibel halten, dass Benedikt die Umstellung mit Rücksicht auf die biblische Reihenfolge vornahm, geht Alexander Zerfaß davon aus, dass Benedikt diese Folge gerade wegen der Unstimmigkeit zwischen der Überschrift bzw. Thematik der Psalmen und der Zuweisung zu Freitag bzw. Samstag bereits vorfand. 44 Die Psalmen 62/ 66, ebenfalls aufgrund ihrer Thematik in den Laudes, findet man den wechselnden Psalmen anschließend. Psalm 62 kann aufgrund seines ersten Verses Deus, deus meus, ad te de luce vigilo als klassischer Kathedralpsalm für die morgendliche Liturgie betrachtet werden und Psalm 66 thematisiert mit inluminet vultum suum super nos et misereatur nostri (Vers 2) ebenso den Gedanken des von Gott bzw. Christus kommenden Lichts. Beide Psalmen werden durch eine Antiphon zusammengefasst und mit einer Doxologie beschlossen. Ihnen folgt ein für den jeweiligen Tag ausgesuchtes atl. Canticum, von denen sich in den Ferialoffizien folgende durchgesetzt haben: Feria II: Jes 12,1 - 6 (Canicum Jesajae) Feria III: Jes 38,10 - 20 (Canticum Ezechiae) Feria IV: 1 Reg 2,1 - 10 (Canticum Annae) Feria V: Exodus 15,1 - 21 (Canticum Mose 1) 43 B ECKER , Reform 22, Anm. 14: „ Ob die … vorhandene Umstellung von Ps 142 und Ps 91 eine sekundäre Entwicklung (Einfluß des Tagesgedankens: Ps 142 Leidenspsalm; Ps 91 Sabbatpsalm) ist, kann hier nicht erörtert werden. … Selbst wenn dem so wäre, so zeigt doch die Vertauschung beider Psalmen, dass man schon sehr früh … das Bedürfnis verspürte, das Prinzip der lectio continua des Psalteriums zu durchbrechen, um dem Tagesgedanken, besonders dem Sonntag und Freitag, in der Psalmenauswahl Rechnung zu tragen (2. Laudespsalm: 117, 5, 42, 64, 89, 142, 91). “ Vgl. ebenso P ASCHER , Psalter 256. 44 Vgl. Z ERFA ß, Clamorem 4 f. H EIMING , Offizium 151 f; DE V OGÜÉ , Règle V 487 - 491. Vgl. in dieser Arbeit Teil A, 2.3.2.3. Die römische (kathedrale) und die monastische Psalmenordnung 73 <?page no="74"?> Feria VI: Hab 3,2 - 19 (Canticum Habacuc) Sabbato: Dtn 32,1 - 43 (Canticum Mose 2) Dominica: Dan 3,52 - 57 (Canticum Daniel) Im Rahmen dieser Arbeit werden die atl. Cantica nicht eingehend analysiert, vielmehr konzentriert sich vorliegende Studie auf zu den alttestamentlichen Psalmen gesungene Ferialantiphonen. Den Schluss der Psalmenordnung der Laudes bilden die Psalmen Pss 148 - 150, die der Hore ihren Namen gebenden Preispsalmen, welche den morgendlichen Lobcharakter noch einmal unterstreichen. 45 Sie werden wie auch die Psalmen 62/ 66 durch eine Antiphon zusammengefasst, während zu allen anderen Psalmen sowie zu den Cantica eine eigene Antiphon gesungen wird. 46 2.3.2.3 Zur Ordnung der Psalmenverteilung des cursus monasticus Ein wesentlicher Unterschied zur altrömischen Psalmenverteilung ist, dass hier die Psalmen 62/ 66 getrennt werden: Psalm 62 bleibt nur dem Sonntag erhalten. Psalm 66 wird von Benedikt als psalmus in directum an den Anfang der Laudes gestellt. Nun kann Benedikt bei fünf Psalmen bzw. Cantica mit Antiphon bleiben und hat dennoch Raum für weitere Psalmen. So stellt er den täglich wechselnden Morgenpsalmen der altrömischen Ordnung, die er beibehält, fünf weitere an die Seite: Psalm 35, 56, 63, 87 und 75. Zu den täglich wechselnden Psalmen in der Psalmenordnung Benedikts Die Psalmen 91 und 142 findet man bei Benedikt in ihrer biblischen Reihenfolge den Laudes des Freitags und Samstags zugeordnet. 47 Die Psalmen 92 und 99, die nach altrömischer Verteilung in Alternative zu den Psalmen 50 und 117 stehen, sind nach benediktinischer Ordnung in den Vigilien der Feria VI zu finden. Wie die aus dem römischen Curriculum bekannten täglich wechselnden Psalmen bringen auch die zusätzlich zu diesen auf Feria II bis Samstag verteilten neuen Psalmen, mit Ausnahme von Psalm 63, ebenfalls die Licht-Morgenthematik zur 45 Nach Hansjakob Becker findet man diese drei Psalmen mit Ausnahme des ägyptischen Ritus in den Laudes sämtlicher Riten: in den äthiopischen, ambrosianischen, armenischen, byzantinischen, chaldäischen, maronitischen, mozarabischen, römischen und syrischen Laudes. Außerdem finde man sie in fast allen Mönchsregeln und viele Kirchenväter bezeugten ihre Verwendung im Morgengottesdienst. Vgl. B ECKER , Reform 23, Anm. 15. Er bezieht sich dort auf H ANSSENS , Nature bes. 13, 58 - 95 und 119. 46 Vgl. die an historischer und weiterführender Literatur umfassende Darstellung von B UCHINGER , Psalm 467 ff; vgl. auch H ARL , Voix; S CHNEIDER , Cantica. 47 Vgl. Anm. 211. 74 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="75"?> Sprache und finden deshalb hier ihren Platz. 48 Feria II wird Psalm 35, Feria III den Psalm 56, Feria IV den Psalm 63, Feria V den Psalm 87 und Feria VI der Psalm 75 zugeteilt. • Psalm 35,10: … quoniam apud te est fons vitae, et in lumine tuo videbimus lumen. - Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, in deinem Licht schauen wir das Licht. • Psalm 56,9: Exsurge, gloria mea; exsurge, psalterium et cithara: exsurgam diluculo. - Wach auf, meine Herrlichkeit! Wacht auf, Harfe und Leier! Ich will das Morgenrot wecken. • 87,14: Et ego ad te, Domine, clamavi, et mane oratio mea praeveniet te. - Ich aber, Herr, ich schreie zu dir um Hilfe, am Morgen komme zu dir mein Bittgebet. • 75,1.5: 1 In finem, in laudibus. Psalmus Asaph, canticum ad Assyrios. 5 Illuminans tu mirabiliter a montibus aeternis - 1 Zu letzt, zum Lob. Ein Psalm Asafs. Ein Lied an die Assyrer. 5 Von Licht umstrahlt erscheinst du, herrlich von den Bergen des Raubes her. Im Vergleich mit der römischen Ordnung wird die Position der variablen Morgenpsalmen in der Benediktsregel teilweise verändert. In der folgenden Tabelle sind die mit der römischen Ordnung gemeinsamen Psalmen fett gedruckt: Dominica Feria II Feria III Feria IV Feria V Feria VI Sabbato 62 5 42 63 87 75 142 117 35 56 64 89 91 In der Reihe der täglich wechselnden Psalmen kommt Psalm 99 als Alternative zu Psalm 117 am Sonntag nicht mehr vor. Benedikt konzentriert sich hier auf den alten Osterpsalm 117. Diesen hält Zerfaß Psalm 99 gegenüber für an dieser Stelle ursprünglicher und stellt die These auf, dass man vielleicht gerade aufgrund des ausgesprochen paschal österlichen Charakters von Psalm 117 diesen in den Laudes an gewöhnlichen Sonntagen des Jahres durch Psalm 99 ersetzt und in die Prim des selben Tags aussortiert habe, wo auch die Psalmen 21 - 25 als weitere sekundär sich dort befindende Psalmen gesungen werden. 49 2.3.3 Zur Vesper 2.3.3.1 Zum Forschungsstand Sowohl in der römischen als auch in der monastischen Psalmenordnung ist der von der Auswahl charakteristischer Psalmen gekennzeichnete Ansatz der Gemeinde- 48 Zum von der Morgen-, bzw. Lichtthematik her wenig geeigneten Psalm 63, vgl. N OWACK , Strukturelemente 271. 49 Z ERFA ß, Clamorem 6. Die römische (kathedrale) und die monastische Psalmenordnung 75 <?page no="76"?> liturgie, die seit dem 4. Jahrhundert patristisch vielfach bezeugt ist, nur noch rudimentär erkennbar. 50 Der seit ältesten Zeugnissen, aufgrund des Verses aufsteige mein Gebet wie ein Abendopfer (Ps 140,2) für das Abendgebet bezeugte Psalm 140 hat sowohl in der Vesper der römischen als auch der monastischen Ordnung keine exponierte Stellung mehr, sondern beendet currente psalterio nach römischer Ordnung die an Feria VI zu singende Psalmenreihe 137 - 141 und leitet nach benediktinischer Vorschrift die an Feria VI zu singende Psalmenfolge der Psalmen 141, 143 I+II und 144 I ein. Der Aspekt der abendlichen Zusammenkunft wird eher in der aus dem monastischen Bereich kommenden Bezeichnung vespertina synaxis (lat. Vesperae = Abend und synaxis = Zusammenkunft) deutlich, die besonders durch deren Übernahme in der Regula Benedicti in der Geschichte Bedeutung gewann. 51 2.3.3.2 Zur Ordnung der Psalmenverteilung des cursus Romanus Von einigen Psalmen abgesehen, umfasst die Psalmenreihe der Vesper des römischen Offiziums zusammen mit den Psalmen der Vigilien den gesamten Psalter. Man findet hier die monastische psalmodia currens, die lectio continua, von Psalm 109 - 147 mit Ausnahme von folgenden Psalmen: Psalm 117 hat seinen Platz in der Prim des Sonntags, Psalm 118 begleitet in Teile zerlegt die kleinen Horen (Terz, Sext, Non) über die Woche, Psalm 133 wird in der Komplet gesungen und Psalm 142 erklingt in den Laudes. (Vgl. die Ausführungen zu den einzelnen Psalmen an entsprechender Stelle.) Die Forschungen von Joseph Pascher legen nahe, dass der Beginn der Psalmenreihe in der Sonntagsvesper mit Psalm 109 eher aufgrund der Befolgung eines numerischen Prinzips und nicht aufgrund seiner klassischen, christologischen Deutung als Gelenkstelle zwischen dem kurrenten Psalter der Vigilien und jenem der Vesper ausgewählt worden sei. Er nahm an, dass der Vesper entsprechend den Laudes ursprünglich sechs Psalmen zugeordnet worden seien und man daher für die Psalmen der Vesper über die Woche verteilt 42 Psalmen benötigt habe, die, von den insgesamt 150 Psalmen abgezogen, besagte Schaltstelle erzeugt hätten. Mit der Einführung von Komplet und den kleinen Horen seien die entsprechenden 50 Überreste einer Kathedralvesper sieht Hansjakob Becker noch in den aus den klassischen Abendpsalmen 103 und 140 stammenden Versen, im sonntäglichen Responsorium bzw. im Versikel der Vesper. Er benennt die Versikel Dirigartur (CAO 8018) und Vespertina oratio (CAO 8240), die im CAO auch in allen hier untersuchten Handschriften übereinstimmend, allerdings an unterschiedlichen Feriae in der Vesper bezeugt sind. Das mit Psalm 140 verbundene abendliche Weihrauchopfer sei durch die Integration des Magnificat in die Vesper verdrängt worden. Vgl. B ECKER , Struktur bes. 178 f; vgl. auch B UCHINGER , Psalmodie bes. 221 f; M C K INNON , Book bes. 48; T AFT , Psalmody bes. 16 f; zum liturgievergleichenden Hintergrund der Argumentation vgl. W INKLER , Kathedralvesper. 51 Vgl. RB 17,7 (180 f. H OLZHERR ). Der Begriff synaxis für eine Zusammenkunft in monastischem Kontext ist bereits bei Cassian belegt, dort allerdings ohne den expliziten Zusatz des Wortes vespertina. Vgl. C ASSIAN , Inst. 2,10.1 (SC 109, 74 G UY ). 76 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="77"?> Psalmen aus der Vesperreihe herausgezogen worden, so dass nach Zuteilung von Psalm 142 und den Psalmen 148 - 150 zu den Laudes eine Fünferreihe entstanden sei. 52 2.3.3.3 Zur Ordnung der Psalmenverteilung des cursus monasticus Nach Benedikt ist die Vesper der liturgische Abschluss des Tages. Bei ihm gehört die Vesper nicht zum Beginn des Nachtoffiziums, wie man es von der Ethymologie des Namens her meinen würde und wie es Cassian etwa 80 Jahre vor Benedikt nahelegt. 53 In seiner Regula schreibt er: Die Feier der Vesper aber soll so angesetzt werden, dass man bei Tisch kein Lampenlicht braucht, sondern noch bei Tageslicht mit allem fertig wird. Die Stunde des Abendimbisses oder des Mahles werde aber auch in den andern Zeiten so angesetzt, dass alles bei Licht geschieht. 54 Diese Passage setzt als selbstverständlich voraus, dass die Vesper vor dem Abendessen gefeiert wird, und lässt vermuten, dass man sich zumindest in Rom zu dieser Hore schon vor Benedikt bei Tageslicht versammelt hat. 55 Bei Benedikt findet man in der Vesper analog zur römischen Psalmenverteilung die Psalmen 109 - 147 mit Ausnahme einiger, die anderen Horen zugeordnet wurden (siehe unten). 52 Pascher untermauert seinen Ansatz insbesondere mit Belegen aus der Vesperpsalmodie der Kartage, des Ostersonntags, aber auch von Weihnachten in ausgewählten Manuskripten. Vgl. P ASCHER , Psalter bes. 258 - 260, sowie ders., Psalmodia bes. 318 f. und ders., Psalterium 12 - 14. Vgl. in der Folge B ECKER , Reform 28, bes. Anm. 28. Dort untersützt er Paschers Gedankengang mit einem Hinweis auf das von R. J. Hesbert edierte Corpus Antiphonalium Officii, in dem die Codices Compiegnensis, Eporediensis, Modoetiensis und Veroniensis für die Laudes der Kartage die Psalmen 115, 119, 139, 140, 141 und 143 verwenden. (H ESBERT , CAO, Corpus I und II). Die Vespern von Gründonnerstag bis Karsamstag sind jedoch, wie von Ingrid Fischer eindrucksvoll bereits an ältesten römisch-fränkischen Quellen dargestellt, sekundär ausgebildet. Damit scheint die von Pascher postulierte Argumentation an dieser Stelle durchaus relativ. Vgl. F ISCHER , Tagzeitenliturgie bes. 33, 58, 67, 94. Die zahlreichen von ihr zu Rate gezogenen Ordines sind ebd. im Literaturverzeichnis gelistet. 53 Vgl. RB 17,7 - 8 (180 f. H OLZHERR ). Bei Cassian ist die Vesper wie die nocturnae sollemnitates aufgebaut. Hier folgt auf 12 Psalmen eine Lesung sowohl aus dem Alten als auch aus dem Neuen Testament. Vgl. C ASSIAN , Inst. 2,3 - 4 (SC 109, 60 ff. G UY ). 54 RB 41,8 (264 f. H OLZHERR ). Zur historischen Bedeutung dieser Passage vgl. klassisch B ÄUMER , Geschichte 175; E ISENHOFER , Handbuch 539. 55 Vgl. dazu P ASCHER , Stundengebet 164f: „ Man muß zum mindesten damit rechnen, daß die Vesper auch schon vor Benedikt in Rom bei Tageslicht gehalten wurde. Ja, die Frage scheint berechtigt, ob die Vesper im Abendland, wenigstens in Italien und Afrika, nicht von jeher eine Hore zum Tagesschluß oder zur 12. Stunde war. … Es scheint daher durch nichts gerechtfertigt zu sein, wenn man behauptet, bis Benedikt sei die Vesper eine Hore der Nacht gewesen. “ Er stellt die Hypothese auf, dass sich etwa Cassiodor, der in seinem Psalmenkommentar von einem Psalmengesang spricht, mit dem man die „ postrema diei “ beschließe, ebenso auf die gleiche Hore beziehen könne, die Benedikt als vespertina sinaxis bezeichnet. (C ASSIODOR , Expositio, praefatio; PL 70, 10 C). Die römische (kathedrale) und die monastische Psalmenordnung 77 <?page no="78"?> Im Gegensatz zum römischen Brevier, das für die Vesper täglich 5 Psalmen vorsieht, werden nach der Regula Benedicti nur noch 4 Psalmen gesungen. 56 Die Psalmen 119 - 127 werden hier in Terz, Sext und Non ausgegliedert. 57 Weil nach der Psalmenverteilung Benedikts die Anzahl der im Curriculum von den Psalmen 109 - 147 noch übrig bleibenden insgesamt nicht ausgereicht hätte, der Vesper täglich 4 Psalmen zuzuordnen, teilt er die Psalmen 138, 143 und 144, sodass daraus zwei eigenständige Psalmeneinheiten werden, und kommt damit auf die für die einzelnen Horen gewünschte Psalmenanzahl. 2.3.4 Zu den sogenannten kleinen Horen und der Komplet 2.3.4.1 Zu Terz, Sext und Non Zum Forschungsstand Obwohl die Gebetszeiten zur dritten, sechsten und neunten Stunde schon in frühen Schriften, wie etwa bei Tertullian, Cyprian, Clemens von Alexandrien oder in den Apostolischen Überlieferungen bezeugt sind, ist die Form dieser Horen wohl unter dem Einfluss des Mönchtums entstanden. 58 Die von ihrer Struktur her parallel aufgebauten Horen Terz, Sext und Non werden aus diesem Grund gemeinsam betrachtet. Zur Ordnung der Psalmenverteilung des cursus Romanus Hier wird vor allem Psalm 118 gesungen. Der sehr lange Gesetzespsalm, der jede Tageshore gesprengt hätte, wird sinnvollerweise auf die sogenannten „ kleinen “ Gebetszeiten verteilt. Für diese Aufteilung ist also nicht die spezifische Bedeutung des Psalms entscheidend, sondern ein pragmatischer Gesichtspunkt. In Doppelstrophen zusammengefasst, werden seine Teile den verschiedenen Horen zugeordnet, wo sie über die ganze Woche hinweg ihren festen Ort behalten: Terz: Psalm 118, Teil 6 - 10 Sext: Psalm 118, Teil 11 - 16 Non: Psalm 118, Teil 17 - 22 In jeder Hore wird eine Antiphon mit einem Text aus bzw. zu Psalm 118 gesungen. Zur Ordnung der Psalmenverteilung des cursus monasticus Auch nach der Regula Benedicti wird Psalm 118 in die schon im Psalm selbst angegebenen Teile zerlegt. Dort wird er allerdings nur am Sonntag sowie an Feria II in den sogenannten „ kleinen Horen “ gesungen. Die Zuweisung der 56 Vgl. z. B. DE V OGÜÉ , Origine. 57 Vgl. B ECKER , Reform 28. 58 Vgl. B UCHINGER , Psalm 470, der auf die Quellen zahlreicher Autoren verweist, die auf diese Horen Bezug nehmen. Die prominentesten Beispiele dafür: T ERTULLIAN , Oratione 25,3 (FC 76, 268 ff. S CHLEYER ; PL 1, 1191 f.); C YPRIAN , Dominica 34 (CChr.SL 3A, 112 f. M ORESCHINI ); C LEMENS VON A LEXANDRIEN , Stromata 7,40.3 (SC 428, 142 - 144 L E B OULLUEC ; PG 9, 455.456); Apostolische Überliegerungen 41 (FC 76, 299 ff. S CHLEYER ). 78 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="79"?> einzelnen Teile des Psalms zu den Horen ist teilweise anders als nach der römischen Psalmenverteilung. Von Feria III bis Samstag werden die Psalmen 119 - 127, die nach römischer Psalmenordnung in der Vesper von Feria II (Psalmen 119 und 120), Feria III (Psalmen 121 - 125) und Feria IV (Psalmen 126 - 127) standen, benediktinischer Ordnung gemäß auf Terz, Sext und Non verteilt. Dem Gedanken verbunden, dass ihr Sitz im Leben als Bestandteil des kurrenten Psalters der ältere ist, ist deren Ort in den kleinen Horen sekundär. In jeder Hore erklingt am Sonntag sowie an Feria II eine Antiphon mit einem Text aus bzw. zu Psalm 118 und von Feria III - Samstag ist ihr Wortlaut entweder aus bzw. zu den Psalmen 119 - 121, 122 - 124, oder 125 - 127 gewählt. Dominica Feria II Feria III - Sabbato Terz Ps 118, Teile 5 - 7 Ps 118, Teile 14 - 16 Pss 119 - 121 Sext Ps 118, Teile 8 - 10 Ps 118, Teile 17 - 19 Pss 122 - 124 Non Ps 118, Teile 11 - 13 Ps 118, Teile 20 - 22 Pss 125 - 127 2.3.4.2 Zur Prim Zum Forschungsstand Die Sonderstellung der Prim weist darauf hin, dass diese sekundär ist. 59 Der nach römischem Konzept täglich als Einleitungspsalm gesungene Psalm 53 wird, den Forschungen von Camille Callewaert und Raymond Le Roux entsprechend, von seiner ursprünglichen Verankerung im Offizium her dem kurrenten Psalter der Vigilien zugerechnet. 60 Die an zweiter Stelle gesungenen Psalmen 21 - 25 waren den Forschungen Joseph Paschers gemäß als Teil des psalterium currens in den Vigilien beheimatet, bevor sie in der Prim verankert wurden. 61 Alexander Zerfaß gliedert die Phasen der Entflechtung des kurrenten Palters in mehreren Etappen: Ausgehend von der Hypothese, dass in Basilikaklöstern in einer sehr frühen Entwicklung eine reine psalmodia currens ohne eine feste Zuordnung bestimmter Psalmen Ausgangpunkt der Entwicklung späterer Psal- 59 Seit dem 4. Jahrhundert ist die Prim in Palästina in Form einer aus drei Psalmen (Ps 51, 63 und 90) sowie einer Oration bestehenden Gebetszeit nachzuweisen. (Vgl. C ASSIAN , Inst. 3,4 und 6 (SC 109, 102 - 106 und 108 f. G UY ). Vgl. P ASCHER , Stundengebet 237: „ Was die Prim und die Komplet von den drei Tageshoren unterscheidet, ist nicht nur ihr verhältnismäßig spätes Entstehen. Ihre Aufgabe im Ganzen der Tagesheiligung ist vielmehr eine andere. Während nämlich Terz, Sext und Non den bestimmten Abschnitt eines Tages durch Gebet heiligen wollen, um das Gebot zu erfüllen, nach dem man alle Zeit beten soll, sind Prim und Komplet auf den ganzen Tag oder den Tag und die Nacht ausgerichtet. Dadurch unterscheiden sie sich nach ihrer Aufgabe insbesondere von den Laudes und der Vesper, die auch Morgen- und Abendgebet sind, aber eine Heiligung des Morgens und des Abends beabsichtigen. “ 60 C ALLEWAERT , Officio 145 - 148. Zu der sich daraus ergebenden Psalmenverteilung vgl. die Tabelle einer hypothetischen Rekonstruktion des römischen Offiziums des 5./ 6. Jahrhunderts bei T AFT , Liturgy 136. L E R OUX , Étude; vgl. ebenso Z ERFA ß, Responsorium. 61 Vgl. P ASCHER , Sinneinheiten 191. Die römische (kathedrale) und die monastische Psalmenordnung 79 <?page no="80"?> menordnungen gewesen sei, geht er von der Annahme aus, dass in einem weiteren Entwicklungsschritt der Wochenspsalter und die Zäsur zwischen den Psalmen 108 und 109 vollzogen worden sein könnte. In einem letzten Schritt sei dann die Umgestaltung der Laudes, der Vesper, einschließlich der zugefügten Cantica sowie die Auslagerung der Psalmen 21 - 25 zu vermuten. 62 Nachdem Joseph Pascher die Umstellung der Laudes und der Vesperpsalmodie ins 5. Jahrhundert datiert, 63 wäre dann auch die Auslagerung der Psalmen 21 - 25 in die Prim in dieser Zeit einzuordnen. 64 Die Reihenfolge der Psalmen 21 - 25 wurde bei der Zuordnung zu den Feriae nicht eingehalten. Sie ordnet Feria II den Psalm 23, Feria III den Psalm 24, Feria IV den Psalm 25, Feria V den Psalm 22 und Feria VI den Psalm 21 zu. Dass der Verlauf des Psalters an dieser Stelle nicht eingehalten wurde, liegt nach Joseph Pascher daran, dass man am Donnerstag wegen des Gedächtnisses des Herrenmahles Psalm 22, Der Herr ist mein Hirte … betete und am Freitag den Leidenspsalm, Psalm 21, Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen … , der auch in den Passionsberichten der Evangelien eine große Rolle spielt. 65 Wann dieser Tausch vollzogen wurde, kann letztlich nicht geklärt werden. Greifbar ist er in Quellen nach 1568, also nach dem Tridentinum. In sämtlichen hier untersuchten Handschriften sowie in weiteren vortridentinischen Antiphonarien kann weder ein positiver noch ein negativer Befund festgestellt werden. 66 Zur Ordnung der Psalmenverteilung des cursus Romanus Während in Terz, Sext und Non ausschließlich Verse aus Psalm 118 gesungen werden, sind den Teilen 1 - 4 des Psalms 118 in der Prim bis auf den Samstag zwei Psalmen vorangestellt. Psalm 53 steht hier an allen Tagen der Woche gleichsam als Ruf eines Bedrängten, der im Blick auf den Tag von Gott Hilfe ersucht, an erster Stelle. An zweiter Stelle, abgesehen vom Samstag, finden täglich wechselnde Psalmen Verwendung: Am Sonntag Psalm 117, der schon im Neuen Testament quasi als Auferstehungspsalm (vgl. Laudes) 67 auf Christus bezogen wird bzw. Ps 92, der hier zur Geltung kommt, wenn zur Zeit der Septuagesima in den Sonntagslaudes an erster Stelle Psalm 50 vorgeschrieben wird, und an den Feriae II - VI die Psalmen 21 - 23 (siehe oben). 62 Z ERFA ß, Clamorem 19 f. 63 P ASCHER , Psalter hier 262. 64 Z ERFA ß, Clamorem 19 f; C ALLEWAERT , Matutino 145 - 148. 65 Vgl. P ASCHER , Stundengebet 238 - 239. 66 Im Rahmen dieser Arbeit wurden Manuskripte römischer Psalmenverteilung auf folgenden Internetseiten zu Rate gezogen: http: / / cantus.uwaterloo.ca; http: / / pemdatabase.eu/ ; http: / / cantus.sk/ ; http: / / hun-chant.eu/ ; http: / / cantusbohemiae.cz/ ; http: / / cantus.edu.pl/ ; http: / / musicahispanica.eu/ ; http: / / musmed.eu/ . (Letzter Aufruf am 02.01.2021). 67 Vgl. z. B. Mt 21,42, Apg 4,11 oder 1. Petr 2,7. 80 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="81"?> Zur Ordnung der Psalmenverteilung des cursus monasticus Während die ersten vier Teile von Psalm 118 die Prim des Sonntags psalmodisch begleiten, erklingen nach Benedikt die Psalmen 1 und 2 sowie 6 - 19, die nach römischer Psalmenverteilung in den Vigilien des Sonntags ihren Platz hatten, nun über die Woche verteilt in der Prim. Die Psalmen 21 - 25, 53 und 92, die nach der altrömischen Verteilung in der Prim standen, werden den Vigilien des Sonntags, den Feriae II und VI zugeteilt. Da einerseits in jeder Hore drei Psalmen vorgesehen sind, andererseits Psalm 3 als „ antiphonloser “ Psalm allen Vigilien der Woche vorgeschaltet wird, Psalm 4 als Bestandteil in der Komplet und Psalm 5, inzwischen in den Laudes von Feria II gesungen, nicht mehr zum kurrenten Psalter gehören, müssen einige Psalmen geteilt werden, um auf die entsprechende Zahl zu kommen: Dominica Psalm 118,1 - 4 Feria II Psalmen 1, 2 und 6 Feria III Psalmen 7, 8, 9 I Feria IV Psalmen 9 II, 10, 11 Feria V Psalmen 12, 13, 14 Feria VI Psalmen 15, 16, 17 I Sabbato Psalmen 17 II, 18, 19 2.3.5 Zur Komplet Zum Forschungsstand Die Komplet ist von ihren Ursprüngen her im monastischen Bereich anzusiedeln. Nachdem die Vesper in den späten Nachmittag vorverlegt worden war, musste die entstandene Lücke zwischen Abendgebet und den Vigilien aufgefüllt werden. 68 Die Komplet beschließt den vergangenen Tag und macht, wie auch ihr Name sagt, die Gebetsstunden des Tages voll. Von den Texten her betrachtet, hat sie jedoch schon die Nacht und den kommenden Morgen im Blick. 68 Vgl. L UMMA , Komplet 22; J UNGMANN , Gottesdienst 173 f. Die Forschung beruft sich hier im Wesentlichen auf die beiden Regulae RM und RB, die die Vesper noch vor Sonnenuntergang stattfinden lassen und die Komplet vor der Nachtruhe erwähnen. Vgl. RM 34,2 - 5: … ut uetustatis mos est et patrum instituta sancxerunt, id est matutinus, prima, tertia, sexta, nona, vesperam et conpletorios, ut conpleatur prophetica oratio, dicens Domino: Septies in die laudem dixi tibi. … Nam prima sic dici debet, pungentibus iam radiis solis, et vespera adhuc declinantibus radiis eius, … (SC 106, 188 DE V OGÜÉ ). Übers.: … wie es dem alten Bauch entspricht und wie es die Anordnungen der Väter geheiligt haben, d. h. Matutin, Prim, Terz, Sext, Non, Vesper und Komplet. … Denn die Prim muß dann gebetet werden, wenn die Strahlen der Sonne schon einfallen, und die Vesper, wenn ihre Strahlen noch dabei sind, sich zu neigen. (221 f. F RANK ). Vgl. RB 41,8: Ipsa tamen vespera sic agatur, ut lumen lucernae non indigeant reficientes, sed luce adhuc diei omnia consummentur. Übers.: Die Feier der Vesper aber soll so angesetzt werden, dass man bei Tisch kein Lampenlicht braucht, sondern noch bei Tageslicht mit allem fertig wird. (264 H OLZHERR ). Die römische (kathedrale) und die monastische Psalmenordnung 81 <?page no="82"?> Vgl. zu den Psalmen: • Ps 4,5.9: Irascimini et nolite peccare loquimini in cordibus vestris super cubilia vestra et tacete semper - Ereifert ihr euch, so sündigt nicht! Bedenkt es auf eurem Lager und werdet stille! und V 9f: in pace simul requiescam et dormiam, quia tu domine specialiter securum habitare fecisti me - In Frieden leg´ ich mich nieder und schlafe ein; denn du allein, Herr, lässt mich sorglos ruhen. • Ps 91,1.5: Qui habitat in abscondito excelsi in umbraculo domini commorabitur - Wer im Schutz des Höchsten wohnt und ruht im Schatten des Allmächtigen, V 5: scutum et protectio veritas eius non timebis a timore nocturnoa sagitta volante per diem a peste in tenebris ambulante a morsu insanientis meridie. - Du brauchst dich vor dem Schrecken der Nacht nicht zu fürchten noch vor dem Pfeil, der am Tag dahinfliegt. • Ps 133,1 - 3: Ecce benedicite domino omnes servi domini qui statis in domo domini, in noctibus levate manus vestras ad sanctum et benedicite domino, benedicat tibi dominus ex Sion factor caeli et terrae. - Wohlan, nun preiset den Herrn, all ihr Knechte des Herrn, die ihr steht im Hause des Herrn! Es segne dich der Herr vom Zion her, der Herr, der Himmel und Erde gemacht hat. Erstmalig begegnet die Komplet in der Regel des Hl. Basilius. 69 Die eigens für diese Hore ausgewählten Psalmen 4, 90 und 133, mit denen die Komplet eröffnet wird, sind in dieser Funktion zum ersten Mal bei Benedikt benannt. 70 In der Magisterregel sind sie ebenfalls zu vermuten. Dort wird formuliert, dass man zur Komplet drei Psalmen (Kapitel 37) mit Antiphonen (Kapitel 42) beten soll. 71 69 B ASILIUS , Regulae fus. tract. qu. 37,5: Καὶ πάλιν , τῆς νυκτὸς ἀρχομένης , ἡ αἴτησις τοῦ ἀπρόσκοπον ἡμῖν καὶ φαντασιῶν ἐλευθέραν ὑπάρξαι τὴν ἀνάπαυσιν · λεγομένου καὶ ἐν ταύτῃ τῇ ὥρᾳ ἀναγκαίως τοῦ ἐνενηκοστοῦ ψαλμοῦ . (PG 31, 1015 Β ); Übers.: Wenn die Nacht hereinbricht, sollen wir nocheinmal beten, damit wir eine schuldlose und von Traumbildern freie Ruhe finden. Auch in dieser Zeit muss man den Psalm 90 beten. (Mönchsregeln 189 F RANK ). 70 Zum Hintergrund und zur Deutung der Psalmen 4, 90 und 133 an dieser Stelle vgl. insbesondere L UMMA , Komplet 83 - 94. Als klassische Literatur hierzu vgl. auch B AUMSTARK , Abendgebet hier 11 f; B ÄUMER , Geschichte 617; H UGGER , Jahwe 336; M UNK , Welt Bd. 1 bes. 258 - 298; R AES , Complies; S IEBEN , Psalter. 71 Vgl. RM 37,1 - 2: Psalmi conpletorii tres dici debent, … (SC 106, 194 DE V OGÜÉ ). Übers.: Zur Komplet müssen drei Psalmen gebetet werden, … (224 F RANK ) und RM 42,1 - 2: Psalmi conpletorii omni tempore cum antifanis psalantur, tertius vero psalmus cum aleluja inponatur, … (SC 106, 200 DE V OGÜÉ ). Übers.: Die Psalmen der Komplet sollen zu jeder Zeit mit Antiphonen gebetet werden; der dritte Psalm aber soll mit Alleluja begonnen werden, … (227 F RANK ). Zur Übersetzung von Karl Suso Frank: An Stelle von „ gebetet werden “ wäre wohl „ gesungen werden “ angemessener. Vgl. dazu K OHLHAAS , Musik oder M EHLER , Terminologie. Vgl. L UMMA , Komplet 79. Zur Erwähnung der Komplet in der Regula Benedicti die Liturgie betreffend vgl. RB 17,9: Completorios autem trium psalmorum dictione terminentur … Übers.: Zur Komplet beschränkt man sich darauf, drei Psalmen zu beten. (180 f. H OLZHERR ). RB 18,19: Ad completorios vero cottidie idem psalmi repetantur, id es quartum, nonagesimum et centesimum tricesimum tertium … Übers.: Zur Komplet werden täglich die selben Psalmen wiederholt, nämlich Psalm 4, Psalm 90 und Psalm 133. (183 f. H OLZHERR ). 82 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="83"?> Mit ihrem an die Komplet anschließenden Vers Pone domine custodiam ori meo et ostium circumstandiae labiis meis (stell eine Wache vor meinen Mund und eine Wehr vor das Tor meiner Lippen) aus Ps 140,3 greift die Regula Magistri noch einmal auf die Vesper zurück und ermahnt damit zur Nachtruhe, bis am Morgen dann mit Domine labia mea aperies (Herr öffne meine Lippen) aus Ps 50,3 die Ordensgemeinschaft wieder sprechen darf. 72 Zweiteres hat sich bis heute erhalten, ersteres nicht. 73 Die Psalmodie der Komplet ist stark von der gesamtkirchlichen Tradition geprägt, zu erkennen an den jeweils mit einer Doxologie beschlossenen drei Psalmen, aber auch an der Wahl der Psalmen, von denen Psalm 90 hervorgehoben werden kann, der in christlichem Kontext seit Basilius in allen Riten bezeugt ist. 74 Entgegen dem vor allem in den Vigilien und der Vesper sichtbaren monastischen Prinzip des kurrenten Psalters zeigt gerade diese im Monastischen entstandene Hore eine Auswahlpsalmodie, die klassisch kathedrales Element der Tagzeitenliturgie ist, und weitet in der trinitarischen Formel der Doxologie, die Vater, Sohn und Heiligen Geist anbetet, den Blick auf die weltumspannende Kirche. Antiphonen zu den drei Psalmen der Komplet sind in der Regula Magistri vorgeschrieben, 75 in der Regel Benedikts hingegen ausdrücklich nicht vorgesehen. 76 Daher wundert es nicht, dass weder in den hier untersuchten Handschriften des monastischen Cursus noch in denen der römischen Ordnung, die auf der monastischen Vorlage fußt, Antiphonen für die Psalmen der Komplet zu finden sind. 77 72 RM 30,12 - 15: … factis conpletoriis in ultimo dicant hunc versum: Pone, Domine, custodiam ori meo et ostium circumstantiae labiis meis. … Ideo enim post conpletorios tacere debemus, ut merito in nocturnis primo dicamus Domino: Domine, labia mea aperies et os meum adnuntiabit laudem tuam, … (SC 106, 164 DE V OGÜÉ ). Übers.: Wenn … sie die Komplet gebetet haben, sollen sie am Schluss diesen Vers sprechen: „ Setze, Herr, eine Wache vor meinen Mund und ein verriegeltes Tor an meine Lippen. “ … Nach der Komplet müssen wir nämlich deshalb schweigen, damit wir mit Recht bei den Nokturnen sagen können: „ Herr, öffne meine Lippen und mein Mund wird dein Lob verkünden. “ (211 F RANK ). 73 Vgl. dazu L UMMA , Komplet 23. 74 B ECKER , Poesie 866 f; B ÄUMER , Geschichte 617; H EIMING , Offizium 146 - 156; P ASCHER , Frühgeschichte 55 - 58. DE V OGÜÉ , Règle V 530,18 und 528,6; R AES , Complies 133 - 145. H OFMANN , Kollationslesung 14 - 15.55; M UNK , Gebete I, 268.294 - 295. 75 Vgl. RM 42 (227 F RANK ): „ Die Psalmen der Komplet sollen zu jeder Zeit mit Antiphonen gebetet werden. “ 76 Vgl. RB 17,9 (180 H OLZHERR ). Dort heißt es explizit psalmi directanei sine antiphona dicendi sunt. 77 Zur historischen Einordnung und Entwicklung der Komplet vgl. L UMMA , Komplet 13 ff. und 20 ff. Hier mit zahlreichen Hinweisen auf einschlägige Literatur. Vgl. auch B ECKER , Poesie 865 ff; VAN D IJK , Sources 48; H EIMIG , Offizium 136; H ILPISCH , Psalmenvortrag 108 f; DE V OGÜÉ , Règle V, 529 - 533. Die römische (kathedrale) und die monastische Psalmenordnung 83 <?page no="84"?> Der heutzutage in keiner Komplet fehlende neutestamentliche Gesang, das Nunc dimittis, wird weder in der Magisternoch in der Regula Benedicti erwähnt. 78 Erstmalig ist er im 9. Jahrhundert bei Amalar, im Liber officialis und Liber de ordnine antiphonarii, nachzuweisen. 79 Aus dem Grund der im Zusammenhang mit dem Offizium späten Datierung werden die zum Lobgesang des Simeon in den untersuchten Quellen tradierten Gesänge hier nicht behandelt. 2.4 Zur Verwendung von Psalmen im Offizium der westlichen und der byzantinischen Tradition Die Beziehung von monastischer und kathedraler Tradition gestaltete sich in der westlichen Welt anders als in der byzantinischen Liturgie. Dort findet man mehr Elemente des kathedralen Cursus als in der westlichen Liturgie, das monastische Offizium hatte dort nicht den immensen Einfluss auf das kathedrale wie im Westen. 80 Auf die Thematik der Tagzeiten wird im westlich geprägten Offizium in erster Linie in den Laudes eingegangen, für die im Hinblick auf die Hore des Tages spezifische Psalmen ausgewählt wurden. Die das spezifisch Monastische prägende psalmodia currens wird dort vor allem in den Vigilien und der Vesper sichtbar. Auf gegenseitige Einwirkungen des kathedralen und monastischen Offiziums in der westlichen Welt wird ausführlich im Zusammenhang mit der Psalmenverteilung der einzelnen Horen eingegangen. Etwaige Beeinflussungen kathedraler Elemente byzantninischer und westlicher Liturgie werden nur punktuell, vor allem in Zusammenhang mit den Psalmen der Laudes, angesprochen. 81 2.5 Tabellarische Darstellung der römischen und monastischen Psalmenverteilung Die Tafeln der römischen und monastischen Psalmenordnung auf den folgenden Seiten entsprechen den Psalmenverteilungen in den untersuchten Manuskripten. 82 78 Vgl. L UMMA , Komplet 133 f. 79 A MALAR , Liber officialis IV, VIII, 2 - 3 (StT 139, 440, 30 - 35 H ANSSENS ); Liber de ordine antiphonarii I, VII, 1 - 3 (StT 140, 35 - 36 H ANSSENS ). Zur Datierung des Liber de ordine antiphonarii frühestens auf 831 vgl. S TECK , Liturgiker 159 f. 80 M C K INNON , Book bes. 54; vgl. auch T AFT , Liturgy 273 - 283. 81 Genauere Angaben, vgl. Teil A, 4.2. 82 Vgl. B ECKER , Ferialpsalterium 47. Die beiden Tabellen sind ebd. entnommen. Vgl. ebenso B UCHINGER , Tagzeitenliturgie 74. 84 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="85"?> Die römische Psalmenverteilung (Quelle: Breviarium Romanum 1570) Dominica Fer. II Fer. III Fer. IV Fer. V Fer. VI Sabbato Matutin Einleitungspsalm täglich Ps 94 1 N1 26 38 52 68 80 97 2 27 39 54 69 81 98 3 28 40 55 70 82 99 6 29 41 56 71 83 100 fortlaufend 30 43 57 72 84 101 bis 31 44 58 73 85 102 15 N2 32 45 59 74 86 103 16 33 46 60 75 87 104 17 34 47 61 76 88 105 18 N3 35 48 63 77 93 106 19 36 49 65 78 95 107 20 37 51 67 79 96 108 Laudes: 92 (50) 50 id. id. id. id. id. 99 (117) 5 42 64 89 142 91 62/ 66 id. id. id. id. id. id. C id. id. id. id. id. id. 148 - 150 id. id. id. id. id. id. Prim: 53 id. id. id. id. id. id. 117 (92) 23 24 25 22 21 + 118 I id. id. id. id. id. id. (Doppelstr.) 118 II id. id. id. id. id. id. Terz: 118 III id. id. id. id. id. id. 118 IV id. id. id. id. id. id. 118 V id. id. id. id. id. id. Sext: 118 VI id. id. id. id. id. id. 118 VII id. id. id. id. id. id. 118 VIII id. id. id. id. id. id. Non: 118 IX id. id. id. id. id. id. 118 X id. id. id. id. id. id. 118 XI id. id. id. id. id. id. Die römische (kathedrale) und die monastische Psalmenordnung 85 <?page no="86"?> Dominica Fer. II Fer. III Fer. IV Fer. V Fer. VI Sabbato Vesper: 109 114 121 126 131 137 143 110 115 122 127 132 138 144 111 116 123 128 134 139 145 112 119 124 129 135 140 146 113 120 125 130 136 141 147 Komplet: 4, 90,133 id. id. id. id. id. id. Die Psalmenordnung der Regula Benedicti Matutin: Einleitungspsalmen täglich Ps 3 und Ps 94 20, 21 N1 32, 33 45, 46 59, 60 73, 74 85, 86 101, 102 22, 23 34, 36 I 47, 48 61, 65 76, 77 I 88 I, 88 II 103 I, 103 II 24, 25 36 II, 37 49, 51 67 I, 67 II 77 II, 78 92, 93 104 I, 104 II 26, 27 N2 38, 39 52, 53 68 I, 68 II 79, 80 95, 96 105 I, 105 II 28, 29 40, 41 54, 55 69, 70 81, 82 97, 98 106 I, 106 II 30, 31 43, 44 57, 58 71, 72 83, 84 99, 100 107, 108 3 Cant. N3 Laudes: 66 id. id. id. id. id. id. 50 id. id. id. id. id. id. 117 5 42 63 87 75 142 62 35 56 64 89 91 C (1) C C C C C C C (2) 148 - 150 id. id. id. id. id. id. Prim: 118, 1 - 4 (Strophen) 1, 2, 6 7, 8, 9 I 9 II, 10, 11 12, 13, 14 15, 16, 17 I 17 II, 18, 19 Terz: 118, 5 - 7 118, 14 - 16 und 119, 120, 121 id. id. id. Sext: 118, 8 - 19 118, 17 - 19 und 122, 123, 124 id. id. id. Non: 118, 1 - 13 118, 20 - 22 und 125, 126, 127 id. id. id. 86 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="87"?> Dominica Fer. II Fer. III Fer. IV Fer. V Fer. VI Sabbato Vesper: 109 113 129 134 138 I 141 144 II 110 114 130 135 138 II 143 I 145 111 115/ 116 131 136 139 143 II 146 112 128 132 137 140 144 I 147 Komplet: 4, 90,133 id. id. id. id. id. id. Die römische (kathedrale) und die monastische Psalmenordnung 87 <?page no="88"?> 3 Die untersuchten Antiphonarien und Breviere Für diese Arbeit wurden älteste verfügbare Antiphonarien und Breviere mit Neumen bzw. (Quadrat-) Noten zu Rate gezogen. Die meisten sind aus dem 11. - 13. Jahrhundert. In früh verfassten Antiphonarien sind häufig handschriftenspezifische Merkmale anzutreffen, während regionale Besonderheiten in Manuskripten tendenziell mit jüngerem Alter abnehmen. Besonders deutlich ist dies an der Vielfalt an zu einem bestimmten Modus gesungenen lokalspezifischen Differenzen zu sehen, die in frühen Antiphonarien meist zahlreich zu finden sind, während man sie in späteren Werken reduzierte. 1 Neben 13 Handschriften des cursus monasticus und 27 des cursus Romanus mit fränkisch-gregorianischer Prägung wurden auch die Ferialoffizien der beiden altrömischen Codices Città del Vaticano (Roma), Biblioteca Apostolica Vaticana, San Pietro B.79 und Città del Vaticano (Roma), London, BM Add. 29988 ediert. Zur Begründung der Auswahl der hier edierten Manuskripte: Es sollte ein möglichst breites Spektrum an mittelalterlichen Ferialoffizien untersucht werden, um Gemeinsamkeiten unter den Antiphonarien sowie regionale Besonderheiten ermitteln zu können. Denn ungeachtet der vereinheitlichten Traditionen, die sich in Ferialoffizien findet, repräsentieren die Dokumente des monastischen sowie römischen Cursus bisweilen regionale Akzente in der Überlieferung. Zu erkennen sind diese etwa in charakteristischen Varianten der Texttradition, in einer bestimmten Art der Neumierung bzw. Notation, aber auch teilweise in tonale Prägungen. Folgend werden die Ferialoffizien der untersuchten Codices den verschiedenen Überlieferungssträngen zugeordnet. In der Regel können Schriften einer Herkunftsregion in ihren Spezifika, etwa was die Art der Neumierung bzw. Notation oder tonale Charakteristika betrifft, gebündelt werden. Einzelne Manuskripte zeigen eher Verwandtschaften zu anderer Gegenden: • Das in wahrscheinlich in Bamberg entstandene Antiphonar B (Bamberg [St. Paul in Kärnten, 26-2-6]) weist aufgrund inhaltlicher und die Schrift betreffender Kriterien eher nach Nordfrankreich und nicht zu anderen süddeutschen Manuskripten. 1 Vgl. dazu die in Teil D, 1. zusammengestellte Literatur zur Entstehung und Funktion von Tonaren im Mittelalter sowie die aus den edierten Handschriften zusammengestellten differentiae im digitalen Anhang zu dieser Arbeit. <?page no="89"?> • Das Ferialoffizium von Worcester, Cathedral Library, F. 160 (olim 1247) teilt die spezifischen Übereinstimmungen mit den ebenfalls aus Großbritannien stammenden Antiphonarien Gb (Aberystwyth, Llyfryell Genedlaethol Cymru [Nat. Libr. of Wales], 20541 E) und Sa (Antiphonale Sarisburiense [Mm.ii.9]) nicht. Besonders was die Auswahl der Differenzen betrifft, zeigt es sich in vielen Fällen den nordfranzösischen Geschwisterhandschriften verbunden. Diese Codices werden hier den ihnen verwandten Traditionen zugeordnet. Im Zusammenhang mit den einzelnen Traditionen wird zunächst das in der vorliegenden Arbeit verwendete Siglum und anschließend deren Bibliotheksstandort sowie die dort verwendete Katalogisierung benannt. Weitere Informationen zu den Antiphonarien sind unten aufgeführt. Aquitanische Tradition P 2 Paris, Bib. nat. de France, Dép. des Manuscrits, lat. 1090 S London, British Museum, Additional 30850 (Codex Silensis) T 1 Toledo, Catedral - Archivo y Biblioteca Capitulares, 44.1 T 2 Toledo, Catedral - Archivo y Biblioteca Capitulares, 44.2 Beneventanische Tradition B 1 Benevento, Archivio Capitolare, V 21 B 2 Benevento, Archivio Capitolare, V 19 Mc Montecassino, Monumento Nazionale di Montecassino - Biblioteca, 542 Britische Tradition Gb Aberystwyth, Llyfryell Genedlaethol Cymru (Nat. Libr. of Wales), 20541 E Sa Salisbury, Cathedral Library, Antiphonale Sarisburiense (Mm.ii.9) Ostfränkische Tradition E 2 Kloster Einsiedeln, Stiftsbibliothek, 611 H Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, 390 und 391 (Codex Hartker) K 1 Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift, Bibliothek, 1013 K 2 Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift, Bibliothek, 1017 Wn 1 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Handschriftensammlung, 1799 Wn 2 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Musiksammlung, 1890 Si Ljubljana, Nad š kofijski arhiv (Erzbischöfliches Archiv), 18 (olim 17) Z Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Handschriftenabteilung, Aug. LX Nordfranzösische und Metzer Tradition Ar Arras, Bibliothèque municipale, 893 (olim 465) B St. Paul im Lavanttal in Kärnten, 26-2-6 (Codex Bambergensis) Cb Cambrai, Bibliothèque municipale, 38 (olim 40) Die untersuchten Antiphonarien und Breviere 89 <?page no="90"?> K Grenoble, Ms. 867 Rés. (CGM 91), Antiphonale cartusiense Mt Benediktinerabtei von Solesems (Mikrofilm des Antiphonars), Metz, 461 P 1 Paris, Bib. nat.de France, Dép. des Manuscrits, nouv. acq. lat. 1535 P 3 Paris, Bib. nat. de France, Dép. des Manuscrits, lat. 15181 P 4 Paris, Bib. nat. de France, Dép. des Manuscrits, lat. 15182 P 5 Paris, Charleville, 86 P 6 Paris, Bib. nat. de France, Département des Manuscrits, lat. 12044 P 7 Paris, Bib. nat. de France, Département des Manuscrits, lat. 12601 Tr Troyes, Médiathèque du Grand, 571 (Codex Trecensis) Tu Tours, Bibliothèque municipale, 149 W Worcester, Cathedral Library, F. 160 (olim 1247) Nordbzw. zentralitalienische Tradition E 1 Ivrea, Biblioteca Capitolare, 106 (Codex Eporediense) F Firenze, Arcivescovado-Biblioteca, s. c. G 1 Gorizia, Biblioteca del Seminario Teologico Centrale, Aquileia I GO A G 2 Gorizia, Biblioteca del Seminario Teologico Centrale, Aquileia I GO B Mo Monza, Basilica di S. Giovanni Battista, Biblioteca Capitolare e Tesoro, 15/ 79 Pi Piacenza, Basilica di S. Antonino, Biblioteca e Archivio Capitolare, 65 V Verona, Biblioteca capitolare, XCVIII (olim 92) Römische Tradition der Stadt Rom sowie eines Klosters C 5 Roma, Biblioteca Vallicelliana, C.5 R 1 Città del Vaticano (Roma), Biblioteca Apostolica Vaticana, San Pietro, B.79 R 2 London, b. M. add. 29988 Tradition aus den Niederlanden Es ist ungewöhnlich, den Niederlanden im Zusammenhang mit Gregorianik eine eigene Tradition zuzuschreiben. Das Ferialoffizium der im 12./ 13. Jahrhundert in der Marien Kirche in Utrecht entstandenen Handschrift, die heute in der Universitätsbibiliothek in Utrecht mit Nummer 406 aufbewahrt wird, zeigt jedoch besonders im Hinblick auf Differenzen häufig eigenständige Wendungen, die mit anderen Traditionen nicht übereinstimmen. Daher gilt diesem Manuskript hier eine eigene Sparte. U Utrecht, Universiteitsbibliotheek, 406 (olim 3 J 7) 90 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="91"?> 3.1 Cursus monasticus Die hier edierten Ferialoffizien - nach Siglen alphabetisch sortiert 2 Zu jeder Handschrift, deren Ferialoffizium in dieser Arbeit ediert wurde, ist im Anschluss an die Bezeichnung vermerkt, welches Siglum sie in der vorliegenden Arbeit hat, wann sie datiert wird, woher sie stammt, welche Besonderheiten sie birgt, an welcher Stelle sich das Ferialoffizium befindet, wo Texte und gegebenenfalls Noten veröffentlicht sind und wo die Bezugsquelle im Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit war. Zahlreiche weitere Manuskripte, die entweder nicht neumiert bzw. mit (Quadrat-) noten versehen sind oder deren Handschrift zum Zeitpunkt der Edition nicht als Original oder Kopie zur Verfügung stand, wurden ebenfalls zu Rate gezogen. Sie sind unten alphabetisch gelistet. Arras, Bibliothèque municipale, 893 (olim 465) Siglum in vorliegender Arbeit: Ar Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: F-AS 893 Datierung: Das Brevier ist um 1300 geschrieben. Herkunft: Kloster St.-Vaast d ’ Arras (Arras, Frankreich) Besonderheiten: Die Handschrift umfasst 554 Folios (inklusive der sechs weißen Blätter am Anfang und der sieben am Ende des Manuskripts, aber ohne die sechzehn nicht beschrifteten eingeschobenen Blätter) und hat eine Größe von 191 x 133 mm. Römische Quadratnotation auf einem vier Linien System; F und C Schlüssel. Ferialoffizium: 84v - 98v Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123593; Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg Benevento, Archivio Capitolare, V 21 Siglum in vorliegender Arbeit: B 1 Siglum: Benevento, I-BV V. 21 Datierung: 12. - 13. Jahrhundert Herkunft: Benevent, Italien 2 Die Daten aus http: / / cantusdatabase.org und http: / / gregorianik. uni-regensburg.de wurden zuletzt am 04.01.2022 aktualisiert. Die untersuchten Antiphonarien und Breviere 91 <?page no="92"?> Besonderheiten: Benevento V21 hat 304 nummerierte Folios im Format 350 x 235 mm. Die Herkunft ist umstritten. Das vom CAO zugewiesene San Lupo scheidet höchstwahrscheinlich aus, da im Vergleich mit anderen Manuskripten der örtlichen Kapitelsbibliothek große formale Unterschiede zu erkennen sind. Die Neumation ist beneventanisch. Das Antiphonar enthält viele nur für die Region nachgewiesene, typische Antiphonen. Ferialoffizium: 44r - 54v Edition: PalMus I/ 22; CAO, Bd. 2; Antiphonale Synopticum: http: / / gregorianik.uni-regensburg.de Veröffentlichung: Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg Roma, Biblioteca Vallicelliana, C.5 Siglum in vorliegender Arbeit: C 5 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: I-Rv C.5 Datierung: spätes 11. oder frühes 12. Jahrhundert Herkunft: Rom, Italien Besonderheiten: Bis 1219 wurde das Manuskript von Benediktinern von San Sisto (jetzt San Sisto an der Via Appia) benutzt, dann von Sant ’ Eutizio di Norcia übernommen. Das 19 x 32 cm große Antiphonar umfasst 310 Folios und hat italienische Neumen auf einem vier Linien System. Die F-Linie ist rot, der verwendete Schlüssel ist ein C-Schlüssel. Ferialoffizium: 61v - 67v Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123635; Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg Kloster Einsiedeln, Stiftsbibliothek, 611 Siglum in vorliegender Arbeit: E 2 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: CH-E 611 Datierung: um 1300 Herkunft: Kloster Einsiedeln, Schweiz Besonderheiten: Das Antiphonar ist auf vier Linien notiert, hat 281 nummerierte Folios und C-Schlüssel als Notenschlüssel. Ferialoffizium: 41v - 47r, (Responsorien); 146w - 151v (Antiphonen) 92 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="93"?> Edition: http: / / www.e-codices.unifr.ch/ en/ list/ one/ sbe/ 0611 Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123606 Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, 390 und 391 (Codex Hartker) Siglum in vorliegender Arbeit: H Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: CH-SGs 390; CH-SGs 391 Datierung: um 980 Herkunft: St. Gallen, Schweiz Besonderheiten: Der Codex Hartker ist sekundär in zwei Manuskripten überliefert, aber nur St. Gallen 390 hat ein Ferialoffizium. Die Handschrift ist Hartker zugeschrieben, der zu dieser Zeit in St. Gallen Mönch war. Nach dem Antiphonar von Compiègne ist der Codex Hartker das älteste vollständig erhaltene Antiphonar. Er ist zugleich die früheste neumierte Handschrift. Die differentiae sind in Buchstaben notiert, die von Ephrem Omlin diastematisch übersetzt wurden. Seine Transkriptionen werden in dieser Arbeit übernommen. 3 Ferialoffizium: Folios 83 - 101 Edition: PalMus II/ 1; CAO, Bd. 2; Antiphonale Synopticum: http: / / gregorianik.uni-regensburg.de; Manuskripte: http: / / www.e-codices.unifr.ch/ en/ list/ one/ csg/ 0390 (CH-SGs 390) und http: / / www.e-codices.unifr.ch/ en/ list/ one/ csg/ 0391 (CH-SGs 391). Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123718 (CH-SGs 391); http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123717 (CH-SGs 390) Grenoble Ms. 867 Rés. (CGM 91), Antiphonale cartusiense Siglum in vorliegender Arbeit: K Datierung: 13. Jahrhundert, zwischen 1222 und 1276 Herkunft: La Grande Chartreuse, Frankreich Ferialoffizium: 36v - 49r Edition: B ECKER / F RANZ / Z ERFA ß, Bruno 207 - 407. Paris, Bibliothèque nationale de France, Département des Manuscrits, lat. 12044 Siglum in vorliegender Arbeit: P 6 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: F-Pn lat. 12044 Datierung: frühes 12. Jahrhundert 3 O MLIN , Tonarbuchstaben. Die untersuchten Antiphonarien und Breviere 93 <?page no="94"?> Herkunft: Kloster St. Maur-des-Fosses; Frankreich Besonderheiten: Die Notation ist französischer Provenienz auf vier schwarzen Linien mit F und C Schlüsseln. Die Handschrift umfasst 241 Folios. Anfang und Ende des Manuskripts fehlen. Ferialoffizium: 29r - 38v Edition: https: / / gallica.bnf.fr/ ark: / 12148/ btv1b6000531z Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123628 Paris, Bibliothèque nationale de France, Département des Manuscrits, lat. 12601 Siglum in vorliegender Arbeit: P 7 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: F-Pn lat. 12601 Datierung: zwischen 1064 und 1095 Herkunft: Kloster von St. Taurin l ’ Echelle. Möglicherweise wurde es für St. Taurin in einer Priorie von Cluny im Südosten der Diözese Amiens (vielleicht Lihons-en-Sangterre) geschrieben. Besonderheiten: Das 335 x 237 mm große Brevier hat Nicht-diastematische Neumen und umfasst 271 Folios. Es beinhaltet nur Feste und Feriae des Sommers. Ferialoffizium: Folios 11r - 16r Edition: https: / / gallica.bnf.fr/ ark: / 12148/ btv1b84229789/ f23. image Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123630 London, British Museum, Additional 30850 (Codex Silensis) Siglum in vorliegender Arbeit: S Datierung: im 11. Jahrhundert Herkunft: Burgos, Silos, Spanien Besonderheiten: Die Handschrift ist für das Benediktinerkloster St. Domingo in Silos geschrieben und befindet er sich heute im British Museum in London. Das 330 x 245 mm große Antiphonar hat 243 Folios und enthält visigothische Minuskeln. Die adiastematisch notierten Neumen sind aufgrund fehlender Notenlinien bzw. C oder F-Linie tonal nicht ausreichend zu erfassen. Deshalb wurde hier auf eine Edition der differentiae verzichtet. Der melodische Verlauf der einzelnen Antiphonen wurde dennoch in Beziehung zu den entsprechenden anderer Manuskripte gesetzt und daher einem bestimmten Melodiemodell zugeordnet. Ferialoffizium: 41r - 51v Edition: CAO, Bd. 2 94 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="95"?> Veröffentlichung: Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg Worcester, Cathedral Library, F. 160 (olim 1247) Siglum in vorliegender Arbeit: W Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: GB-WO F.160 Datierung: 1230 mit Ergänzungen aus dem 14. Jahrhundert Herkunft: Worcester, Großbritannien Besonderheiten: Kompendium liturgischen Materials, beinhaltet ein Antiphonar der Kathedrale Worcester, England. Quadratische Notation auf vier roten Linien. 354 Folios. Eine Lacuna. Ferialoffizium: 30r - 41 Edition: PalMus I/ 12; Antiphonale Synopticum: http: / / gregorianik.uni-regensburg.de Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123647; http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123646 (Faksimile) Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Handschriftensammlung, 1799 Siglum in vorliegender Arbeit: Wn 1 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: A-Wn 1799 Datierung: 12. Jahrhundert Herkunft: Stift Rein, Steiermark Besonderheiten: Zisterziensisches Antiphonale; Fünf-Linien Notation. 250 Folios. 29 cm x 40.5 cm Ferialoffizium: 30r - 39v Edition: https: / / digital.onb.ac.at/ RepViewer/ viewer.faces? doc=DTL_2980646&order=1&view=SINGLE Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123667 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Musiksammlung, 1890 Siglum in vorliegender Arbeit: Wn 2 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: A-Wn 1890 Datierung: um 1100 Herkunft: Süddeutschland/ Österreich Ferialoffizium: 65v - 70r; nur Feria II bis Sabbato Edition: https: / / digital.onb.ac.at/ RepViewer/ viewer.faces? doc=DTL_2976033&order=1&view=SINGLE Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123713 Die untersuchten Antiphonarien und Breviere 95 <?page no="96"?> Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Handschriftenabteilung, Aug. LX Siglum in vorliegender Arbeit: Z Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: D-KA Aug. LX Datierung: spätes 12. Jahrhundert Herkunft: Zwiefalten, Deutschland Besonderheiten: Das Antiphonar wurde von Zwiefalten im 16. Jahrhundert auf die Insel Reichenau gebracht. Im 13./ 14. Jahrhundert wurde seine Notation fast komplett neu geschrieben. Innerhalb des Codex wechseln sieben verschiedene Notationsweisen. Durchgängig sind: vier Linien mit roter F-Linie und gelber C-Linie. Das Werk umfasst 276 Folios. Ferialoffizium: 37r - 45v; 267v - 271v Edition: Antiphonale Synopticum: http: / / gregorianik.uni-regensburg.de; https: / / digital. blb-karlsruhe.de/ blbhs/ content/ pageview/ 1253169 Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123612 Zu Rate gezogene Handschriften, alphabetisch geordnet Florenz, Biblioteca Medicea-Laurenziana, Conv. sopp. 560 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: I-Fl Conv. sopp. 560 Datierung: spätes zwölftes Jahrhundert Herkunft: Vallombrosa, Italien Besonderheiten: Antiphonar des Klosters Vallombrosa, Italien. Eine Punkt-Linie (dry-point Linie) mit Schlüssel. 228 Folios. Vier Lacunae. Fehlt das Ende des Manuskripts? Ferialoffizium: 43v - 77v Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123608 Linz, Oberösterreichische Landesbibliothek, 290 (olim 183; Gamma p.19) Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: A-LIs 290 Datierung: 12. - 14. Jahrhundert: 1100s Herkunft: Kremsmünster, Österreich Besonderheiten: Kompendium mit liturgischem Material, beinhaltet ein Brevier des Klosters Kremsmünster (12. Jahrhundert); Nicht-diastematische Neumen. Ferialoffizium: 156r - 172v Edition: https: / / digi.landesbibliothek.at/ viewer/ image/ 290/ 1/ Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123617 96 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="97"?> Lucca, Biblioteca Capitolare Feliniana e Biblioteca Arcivescovile, 601 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: I-Lc 601 Datierung: frühes 12. Jahrhundert Herkunft: Pozzeveri, Italien (Camaldolese) Besonderheiten: Antiphonar mit zentral-italienischen Neumen auf kolorierten F- und C-Linien. 560 Pergament Seiten, 36.5 x 25.5 cm Ferialoffizium: 87 - 108; Dom. 2 p. Epiph. (79 - 106) entspricht Dom. p. a. in den übrigen Handschriften. Schreibfehler? Edition: PalMus I/ 9 Veröffentlichung der Texte: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123680 Paris, Bibliothèque nationale de France, Département des Manuscrits, lat. 1085 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: F-Pn lat. 1085 Datierung: 10. Jahrhundert, nach 960 Herkunft: St. Martial, Frankreich Besonderheiten: Gekürztes Antiphonar aus der Kirche des Heiligen Savior (Sancti Salvatoris Mundi) des Klosters St. Martial von Limoges. 112 Folios: 225 x 95 mm. Es hat nondiastematische, aquitanische Neumen. Die Antiphonen des Ferialoffiziums sind weder ganz ausgeschrieben noch sind differentiae dazu überliefert. Ferialoffizium: 26r - 32r Edition: https: / / gallica.bnf.fr/ ark: / 12148/ btv1b8432277r/ f1. planchecontact Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123663 Paris, Bibliothèque nationale de France, Département des Manuscrits, nouv. acq. lat. 1411 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: F-Pnm NAL 1411 Datierung: zweite Hälfte des zwölften Jahrhunderts (nach 1174) Herkunft: Mailand, Abtei St. Maria von Morimondo, Italien Besonderheiten: Zisterziensisches Antiphonale. Linien Notation; 305 x 210 mm; gebunden im 16. Jahrhundert Ferialoffizium: 42r - 56r Edition: https: / / gallica.bnf.fr/ ark: / 12148/ btv1b10033588d/ f4. image Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123677 Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, 388 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: CH-SGs 388 Datierung: unbekannt, ca. 12. Jahrhundert Die untersuchten Antiphonarien und Breviere 97 <?page no="98"?> Herkunft: Stift St. Gallen? , Schweiz Besonderheiten: Sankt Galler Neumennotation. Soweit vorhanden, sind die Antiphonen des Ferialoffiziums sind identisch mit denen aus Codex Hartker. Deshalb werden sie in dieser Arbeit nicht weiter berücksichtigt. Ferialoffizium: Feria II: 90 - 98; Feria III: 90 - 99; Feria IV: 91 - 100; Feria V: 91 - 101; Feria VI: 93 - 102; Sabbato per annum: 93 - 104; kein Ferialofficium für Dominica per annum Edition: http: / / www.e-codices.unifr.ch/ en/ thumbs3x4/ csg/ 0388 Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123750 Valenciennes, Bibliothèque municipale, 114 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: F-VAL 114 Datierung: 12. Jahrhundert Herkunft: Saint-Amand, Frankreich Besonderheiten: Antiphonar des Klosters St. Amand. Linien-Notation mit F und C Schlüsseln; 191 Folios. Ferialoffizium: 30r - 37r Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123642 3.2 Cursus Romanus Die hier edierten Ferialoffizien - nach Siglen alphabetisch sortiert Stift St. Paul im Lavanttal in Kärnten, 26-2-6 Siglum in vorliegender Arbeit: B Datierung: um 12. Jahrhundert Herkunft: Bamberg? , Deutschland Besonderheiten: Die Notation ist auf vier Linien: F und C Schlüssel; deutsche Notation. Im 18. Jh. war die Handschrift Bestandteil der Musikbibliothek von Abt Martin Gerbert in St. Blasien. Mit der gesamten Bibliothek wurde sie unter Napoleon nach Kärnten gebracht, wo sie heute noch im St. Paulus Kloster aufbewahrt wird. Die Schreiber, die Heinrich II. mit diesem Buch beauftragte, kamen nach Dom Jean Claire nicht aus Bamberg: „ On aurait pu penser à Aix-la-Chapelle, mais, comme on le verra, détrangers et bien significatives ressemblances rapprochent le chant de Bamberg de celui de Châlonssur-Marne. “ 4 4 C LAIRE , Répertoires hier 17. 98 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="99"?> Ferialoffizium: 60v - 75v und 220v - 222v Veröffentlichung: Mikrofilm: privat Benevento, Archivio Capitolare, V 19 Siglum in vorliegender Arbeit: B 2 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: I-BV 19 Datierung: 12. Jahrhundert, um 1100 Herkunft: Benevento, Italien Besonderheiten: Ein kombiniertes Brevier und Missale für den nicht monastischen Gebrauch. Diastematische, beneventanische Neumen, die sich um eine Linie orientieren. Gelegentliche Quilismas. Mehrere Lacunae. 279 und 300 Folios. Obwohl das Manuskript Gesänge der Messe und des Offiziums enthält, werden nur die Gesänge des Offiziums im Index genannt. Ferialoffizium: 172r - 189r Edition: Antiphonale Synopticum: http: / / gregorianik.uni-regensburg.de Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123595; Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg Cambrai, Bibliothèque municipale, 38 (olim 40) Siglum in vorliegender Arbeit: Cb Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: F-CA 38 Datierung: 13. Jahrhundert, 1230 - 1250 (mit späteren Zusätzen) Herkunft: Cambrai, Frankreich Besonderheiten: Antiphonar 342 x 230 mm. Quadratische römische Gesangs Notation auf vier Linien, mit F und C Schlüssel. 433 Folios. Zwei Lacunae. Man findet hier einige Antiphonen, die im CAO nicht auftreten. Ferialoffizium: 57r - 67r Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123601; Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg Ivrea, Biblioteca Capitulare, 106 (Codex Eporediense) Siglum in vorliegender Arbeit: E 1 Datierung: 11. Jahrhundert Herkunft: Ivrea, Italien Die untersuchten Antiphonarien und Breviere 99 <?page no="100"?> Besonderheiten: Es handelt sich hier um eine neumierte Handschrift, die in der Kapitelsbibliothek in Ivrea aufbewahrt wird. Ferialoffizium: 38r - 52r Edition: CAO, Bd. 1/ 4 Veröffentlichung: Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg Florenz, Arcivescovado-Biblioteca, s. c. Siglum in vorliegender Arbeit: F Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: I-Far Datierung: um 1100 Herkunft: Florenz, Italien Besonderheiten: Antiphonar der Kathedrale von Florenz. Linien Notation. 290 Folios. Drei Lacunae. Ferialoffizium: 48r - 57v, darin eingeschoben Antiphonen Ad Benedictus: 50r - 51r; Ad Magnificat: 51v - 52r; Ad Benedicite: 234v - 235r; Dominica in aestate: 239r - 240r Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123607; Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg Aberystwyth, Llyfryell Genedlaethol Cymru (National Library of Wales), 20541 E Siglum in vorliegender Arbeit: Gb Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: GB-AB 20541 E Datierung: Mitte des 14. Jahrhunderts (ca. 1320 - 1390) Herkunft: Wales, Großbritannien Besonderheiten: Antiphonar (Sarum Use) präpariert für eine nichtmonastische Kirche in Wales, möglicherweise in der Diözese St. David. Quadrat Noten auf Linien. Mehrere Lacunae. 324 Folios. Ferialoffizium: 40r - 57r Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123592; Kopien des Ferialoffiziums von cantus.uwaterloo.ca. zur Verfügung gestellt Gorizia, Biblioteca del Seminario Teologico Centrale, Aquileia I GO A Siglum in vorliegender Arbeit: G 1 Datierung: 13. Jahrhundert Herkunft: Aquileia, Italien 100 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="101"?> Besonderheiten: Quadratnotation auf vier Linien, wird in der Basilica in Aquileia (Italien) aufbewahrt. GO A ist älter als GO B. Der Bestand des Ferialoffiziums wie überhaupt des Proprium de Tempore ist jedoch derselbe. 5 Ferialoffizium: 72v - 84v Veröffentlichung: http: / / hun-chant.eu/ source/ 1333; Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg Gorizia, Biblioteca del Seminario Teologico Centrale, Aquileia I GO B Siglum in vorliegender Arbeit: G 2 Datierung: 13./ 14. Jahrhundert Herkunft: Aquileia, Italien Besonderheiten: Quadratnotation auf vier Linien, wird in der Basilica in Aquileia (Italien) aufbewahrt. GO A ist älter als GO B. Der Bestand des Ferialoffiziums wie überhaupt des Proprium de Tempore ist jedoch derselbe. 6 Ferialoffizium: 65v - 75r Veröffentlichung: http: / / hun-chant.eu/ source/ 1334; Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift, Bibliothek, 1013 Siglum in vorliegender Arbeit: K 1 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: A-KN 1013 Datierung: 12. Jahrhundert Herkunft: Klosterneuburg, Österreich, wahrscheinlich aus dem Chorfrauenstift Besonderheiten: Vier Linien System; D-, F-, A- und C-Schlüssel. Die F- und C-Linien sind rot bzw. gelb eingefärbt. Ferialoffizium: 61v - 65r Edition: https: / / manuscripta.at/ diglit/ AT5000-1013/ 1/ thumbs Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123614 Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift, Bibliothek, 1017 Siglum in vorliegender Arbeit: K 2 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: A-KN 1017 5 Vgl. C AMILOT -O SWALD , Musikhandschriften 21 ff. 6 Vgl. C AMILOT -O SWALD , Musikhandschriften 21 ff. Die untersuchten Antiphonarien und Breviere 101 <?page no="102"?> Datierung: 13. oder 14. Jahrhundert Herkunft: Klosterneuburg, Österreich, wahrscheinlich aus dem Chorfrauenstift Besonderheiten: Fünf Linien System; D-, F-, A- und C-Schlüssel. Die F- und C-Linien sind rot bzw. gelb eingefärbt. Ferialoffizium: 68v - 80v Veröffentlichung: Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg; http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123615 Montecassino, Monumento Nazionale di Montecassino, Archivio dell ’ Abbazia, 542 Siglum in vorliegender Arbeit: Mc Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: I-Far: I-MC 542 Datierung: 12. Jahrhundert Herkunft: Monte Cassino, Italien Besonderheiten: Antiphonar von Monte Cassino. Beneventanische Notation, eine Linie. Nicht komplett, enthält nur den Winterteil mit Lücken am Anfang und zwischen Advent und Weihnachten. Die Handschrift hat 194 Folios. Ferialoffizium: 44 - 69 Edition: PalMus I/ 23 Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123625; Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg Monza, Basilica di S. Giovanni Battista, Biblioteca Capitolare e Tesoro, 15/ 79 Siglum in vorliegender Arbeit: Mo Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: I-MZ 15/ 79 Datierung: 12. Jahrhundert Herkunft: Pavia, Italien Besonderheiten: Antiphonar von St. Mayeul (Pavia, Italien). Eine Linie als Orientierung der Tonhöhe. 273 Folios. Fast vollständig (endet bei Communio Apostolorum). Ferialoffizium: 39v - 50r Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123626; Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg 102 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="103"?> Benediktinerabtei von Solesems (Mikrofilm des Antiphonars), Metz, 461 Siglum in vorliegender Arbeit: Mt Datierung: 14./ 15. Jh. 7 Jean Claire datiert die dort enthaltenen Ferialantiphonen in die Zeit des Hl. Chrodegang ( † 766). Herkunft: Metz Besonderheiten: Die Handschrift wird der Metzer Kathedrale zugeordnet. Das Antiphonar ist mit Noten auf vier Notenzeilen versehen. Im 2. Weltkrieg wurde das Original wohl zerstört. Als Mikrofilm ist es in der Benediktinerabtei Solesmes verfügbar. Ferialoffizium: 13v - 66v Veröffentlichung: privat Paris, Bibliothèque nationale de France, Département des Manuscrits, nouv. acq. lat. 1535 Siglum in vorliegender Arbeit: P 1 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: F-Pn n. a.lat. 1535 Datierung: Frühes 13. Jahrhundert, um 1200 Herkunft: Sens, Frankreich Besonderheiten: Antiphonar der Kathedrale von Sens. 129 Folios. Acht Lacunae; am Schluss inkomplett. Ferialoffizium: 29v - 35r Edition: https: / / gallica.bnf.fr/ ark: / 12148/ btv1b84262784/ f7. image Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123633 Paris, Bibliothèque nationale de France, Département des Manuscrits, lat. 1090 Siglum in vorliegender Arbeit: P 2 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: F-Pn lat. 1090 Datierung: Spätes 12. Jahrhundert; datiert zwischen 1190 und 1200 Herkunft: Marseille, Frankreich Besonderheiten: Antiphonar der Kathedrale von Marseille. Aquitanische Notation. 281 Folios. Fast komplett. Ferialoffizium: 28v - 37r Edition: https: / / gallica.bnf.fr/ ark: / 12148/ btv1b60007359 Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123627 7 Vgl. C LAIRE , Répertoires 16. Er nimmt hier Bezug auf L EROQUAIS , Bréviaires Bd. 2, 231, Nr. 349. Die untersuchten Antiphonarien und Breviere 103 <?page no="104"?> Paris, Bibliothèque nationale de France, Département des Manuscrits, lat. 15181 und lat. 15182 Sigla in vorliegender Arbeit: P 3 (15181) und P 4 (15182) Sigla bei cantus.uwaterloo.ca: F-Pn lat. 15181 bzw. F-Pn lat. 15182 Datierung: ca. 1300 Herkunft: Paris, Frankreich Besonderheiten: Ein mit Noten versehenes Brevier in zwei Bänden (15181 und 15182) aus der Kathedrale Notre Dame (Paris, France). 552 und 521 Folios. Ferialoffizium: lat. 15181: 11r - 96v; 184r - 197v; Ferialoffizium lat. 15182: 1r - 88v. 96r - 113v: Feriae in aestate u. a. Edition: 15181: https: / / gallica.bnf.fr/ ark: / 12148/ btv1b8447768b/ f1.planchecontact Veröffentlichung: 15181: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123631; 15182: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123632 Paris, Charleville 86 Siglum in vorliegender Arbeit: P 5 Datierung: Erste Hälfte des 13. Jahrhunderts Herkunft: Paris, Frankreich Besonderheiten: Das Brevier ist vor der liturgischen und musikalischen Reform Humberts de Romanis (1244) 8 geschrieben. Es hat 339 Folios. Ferialoffizium: 39r - 63v Veröffentlichung: Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg Piacenza, Basilica di S. Antonino, Biblioteca e Archivio Capitolare, 65 Siglum in vorliegender Arbeit: Pi Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: I-PCsa 65 Datierung: 12. Jahrhundert Herkunft: Piacenza, Italien Besonderheiten: Antiphonale, Liber Officium der Kathedrale von Piacenza, Italien. 480 x 340 mm. Zentral-italienische Notation auf einer Linie, einer rot kolorierten F-Linie. 450 Folios. Ferialoffizium: 96r - 303r 8 Vgl. L EROQUAIS , Breviaries Bd. 1, 279, Nr. 161. 104 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="105"?> Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123634; Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg Città del Vaticano (Roma), Biblioteca Apostolica Vaticana, San Pietro B.79 Siglum in vorliegender Arbeit: R 1 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: I-Rvat SP B.79 Datierung: 12. Jahrhundert Herkunft: Rom, Italien Besonderheiten: Der Codex wurde erstmalig im 17. Jh. von J. M. Thomasius ediert. Er selbst weist in seinem Vorwort jedoch darauf hin, dass das Manuskripti älter ist: notis musicis non iis quae hodie sunt in usu. 9 Das Antiphonar von St. Peter, enthält altrömisches, liturgisches Repertoire. Die Notation ist zentral-italienisch, mit einer F-Linie in rot und der C-Linie in gelb. F- und C-Schlüssel. 350 x 250 mm. Ferialoffizium: 43r - 55v Edition: B AROFFIO / K IM , Biblioteca; https: / / digi.vatlib.it/ view/ MSS_Arch.Cap.S.Pietro.B.79/ 0001 Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123661 London, BM Add. 29988 Siglum in vorliegender Arbeit: R 2 Datierung: 12. Jahrhundert Herkunft: Rom, Italien Besonderheiten: Die bislang unedierte Handschrift ist schwer zu datieren und zu lokalisieren. Jean Claire ordnet sie der Region um Rom bzw. Rom selbst zu. Kennzeichnend ist, dass sie keine Rubriken enthält. Auch das Sanctorale ist weniger entwickelt als das von San Pietro B.79. Daher nimmt Claire an, es sei etwas älter als das von Thomasius edierte Manuskript des Codex B 79. 10 Die Texte der Ferialantiphonen sind in beiden Handschriften fast ausnahmslos identisch. Ferialoffizium: 39v - 47r Veröffentlichung: Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg 9 T HOMASIUS , Opera 47. 10 C LAIRE , Répertoires 14 f. Die untersuchten Antiphonarien und Breviere 105 <?page no="106"?> Salisbury, Cathedral Library, Antiphonale Sarisburiense (Mm.ii.9) Siglum in vorliegender Arbeit: Sa Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: GB-Cu Mm.ii.9 Datierung: 13. Jahrhundert Herkunft: Barnwell, Großbritannien, möglicherweise in St. Giles Abbey, eine Augustinerabtei Besonderheiten: 34 x 24 cm. Quadratnotation auf vier Linien. 567 Seiten. Der Beginn des Manuskripts fehlt. Das Antiphonale Sarisburiense gehörte lange der Universitätsbibliothek in Cambridge. Heute liegt die Handschrift in der Kapitelsbibliothek von Salisbury. Ferialoffizium: 101 - 127 Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123603; Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg Ljubljana, Nad š kofijski arhiv (Erzbischöfliches Archiv), 18 (olim 17) Siglum in vorliegender Arbeit: Si Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: SI-Lna 18 (olim 17) Datierung: 1491 ( Johannes von Werd von Augsburg (Hg.) Herkunft: Kranj (Deutsch: Krainburg), Slovenien Besonderheiten: Obwohl dieses Antiphonar im Vergleich zu den übrigen hier edierten Ferialoffizien jung ist, wurde es wegen Besonderheiten aufgenommen. Hier findet man teilweise Modi für bestimmte Ferialantiphonen, die in sämtlichen anderen untersuchten Offizien differieren. Z. B. schreibt Si Miserere mei domine (CAO 3773) als einzige Handschrift im 8. Modus, während alle anderen den 6. Modus wählen. Das Manuskript wurde wahrscheinlich von der Gemeindekirche von Kranj in Auftrag gegeben, das damals zu Habsburg gehörte (heute Slowenien). Die Notation ist gotisch. Die roten Noten sind in einem vier Linien System geschrieben. Die Handschrift hat 248 Folios (Folio 8 und 9 fehlen). Die Größe beträgt insgesamt 57.2 x 39.9 cm, der beschriebene Raum hat 45.2 x 28 cm. Auf jeder Seite sind zwölf Linien. Ferialoffizium: 55v - 76v Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123618; Kopien des Ferialoffiziums von cantus.uwaterloo.ca zur Verfügung gestellt 106 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="107"?> Troyes, Médiathèque du Grand, 571 (Codex Trecensis) Siglum in vorliegender Arbeit: Tr Datierung: um 1100 Herkunft: Troyes, Frankreich Besonderheiten: Ein mit Noten versehenes Brevier der Abtei Augustin Saint-Loup in Troyes. Die Handschrift weist Liniennotation auf. Sie hat 257 Folios. Ferialoffizium: 54r - 66r Veröffentlichung: Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg Tours, Bibliothèque municipale, 149 Siglum in vorliegender Arbeit: Tu Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: F-TOm 149 Datierung: um 1200+ Herkunft: Tours, Frankreich Besonderheiten: Der erste eines zweibändigen Breviers des Kollegs St. Martin (Tours, Frankreich). Die Notation ist auf Linien. Das Brevier hat 592 Folios. Ferialoffizium: 123v, Lacuna; 125r - 158r Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123640; Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg Toledo, Catedral-Archivo y Biblioteca Capítulares, 44.1 Siglum in vorliegender Arbeit: T 1 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: E-Tc 44.1 Datierung: 11. Jahrhundert, wahrscheinlich zwischen 1020 und 1023 Herkunft: Tavèrnoles, Aquitanien Besonderheiten: Das Antiphonar ist wahrscheinlich in Sant Sadurní de Tavèrnoles für Abt Ponç am königlichen Hof von Sancho dem Großen geschrieben. Es hat Elemente des kathedralen und des monastischen Cursus, semi-diastematische Aquitanianische Neumen, 176 Folios. (Die Foliation überspringt 139 bis 150, aber es gibt keine Lücke). Anfang und Ende des Manuskripts fehlen. Die Handschrift wird in der Kathedrale von Toledo aufbewahrt. Raymond Le Roux schreibt über den codex Tol. 44.1: „ Il n ’ est pas certain que nous ayons affaire à un anti- Die untersuchten Antiphonarien und Breviere 107 <?page no="108"?> phonale monastique … “ 11 Er ordnet diese Quelle dem cursus monasticus zu. Die Struktur des Ferialoffiziums offenbart jedoch eindeutig die Zugehörigkeit zum cursus Romanus. Deswegen wird er hier auch in die Reihe dieses Kursus eingeordnet. Während die Struktur des Ferialoffiziums römisch ist, weisen die Antiphonen dennoch auf monastische Traditionen hin. Dies wird an Antiphonen deutlich, deren Psalmen erst nach der Neuverteilung durch Benedikt eigene Antiphonen brauchten. Jene Antiphonen sind häufig in sämtlichen Quellen monastischer Ordnung zu finden und zusätzlich, als einzige Quelle der römischen Psalmenverteilung, im Codex Toledo 44.1. Ferialoffizium: 28r - 41r Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123638; Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg Toledo, Catedral-Archivo y Biblioteca Capítulares, 44.2 Siglum in vorliegender Arbeit: T 2 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: E-Tc 44.2 Datierung: 11./ 12. Jahrhundert, möglicherweise 1095 Herkunft: Letztlich ungeklärt; Kathedrale von Toledo, Spanien? Besonderheiten: 393 x 264 mm. Diastematische aquitanische Notation, die sich um eine Punkt-Linie (dry-point line) orientiert. Das Antiphonar hat 220 Blätter (plus fünf leere Blätter am Anfang, und drei nummerierte Folien). Es sind vier Lücken zu vermerken. Ferialoffizium: 33r - 36v (Feria III bis Sabbato per annum). Das Ferialoffizium für den Sonntag sowie zur Feria II fehlt. Die ansonsten für die Vesper des Sonntags üblichen Antiphonen findet man hier zum Sonntag im Advent. Sie wurden hier in die Edition zum Vergleich aufgenommen und mit DAV (Dominica Adventus) gekennzeichnet. Edition: Antiphonale Synopticum: http: / / gregorianik.uni-regensburg.de Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123639; Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg 11 L E R OUX , Origines 97. 108 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="109"?> Utrecht, Universiteitsbibliotheek, 406 (olim 3 J 7) Siglum in vorliegender Arbeit: U Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: NL-Uu 406 Datierung: 12. Jahrhundert, einige Zusätze aus dem 13., 14. und 15. Jahrhundert Herkunft: Utrecht, Niederlande Besonderheiten: Antiphonar von St. Mary ’ s Church (Utrecht, Niederlande) mit Linien Notation. Es hat 256 Folios. Ferialoffizium: 43v - 50v Edition: https: / / objects.library.uu.nl/ reader/ index.php? obj=1874-327915&lan=en#page/ / 12/ 91/ 91/ 129191904552668432945136115237987565303.jpg/ mode/ 1up Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123641 Verona. Biblioteca capitolare, XCVIII (olim 92) Siglum in vorliegender Arbeit: V Datierung: 11. Jahrhundert Herkunft: Gegend von Verona, Italien Besonderheiten: Das Manuskript hat norditalienische Neumen (einige Nonantolanische Neumen) und befindet sich heute in der Kapitelsbibliothek von Verona. Es hat 267 Folios. Ferialoffizium: 58v - 65r Edition: CAO, Bd. 1/ 6 Veröffentlichung: Mikrofilm: Bruno Stäblein Archiv für Musikwissenschaft der Universität Würzburg Zu Rate gezogene Handschriften, alphabetisch geordnet Aachen, Domarchiv, G 20 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: D-AAm G 20 Datierung: 13. Jahrhundert Herkunft: Aachen, Deutschland Ferialoffizium: Dominica per annum: 49r - 53r, 153r - 155v; Feria II: 53r - 54r, 158r - 162r, 184r - 188v; Feria III: 54r - 55r, 161v - 165v, 188v - 189v; Feria IV: 55r - 65r, 165v - 169r, 189v - 190r; Feria V: 65r - 57r, 169v - 173v, 190r - 191r; Feria VI: 57r - 58r, 173v - 178r, 191r - 192r; Sab. per annum: 58r - 58v, 178r - 183r, 192v - 193v Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123714 Die untersuchten Antiphonarien und Breviere 109 <?page no="110"?> Assisi, Biblioteca comunale, 693 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: I-Ac 693 Datierung: Erste Hälfte 13. Jahrhundert Herkunft: Italien Besonderheit: Franziskanisches Brevier aus Zentral-Italien. Die Blätter sind nahezu 260 x 185 mm. Das Manuskript hat kleine Quadratnotation auf zentral-italienischer Linien Notation und insgesamt 249 Folios. Unterschiedliche Handschriften zeichnen das Brevier aus. Ferialoffizium: Dominica per annum: 35r - 39r; Feria II - Sabbato p. a.: 39v - 46r Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123670 Assisi, Biblioteca comunale, 694 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: I-Ac 694 Datierung: Mitte des 13. Jahrhunderts Herkunft: Italien Besonderheiten: Franziskanisches Brevier aus Zentral-Italien. Die Blätter sind nahezu 270 x 190 mm. Kleine Quadratnotation und zentral-italienische Linien Notation; 392 Folios und drei Deckblätter, verschiedene Handschriften. Ferialoffizium: Dominica per annum bis Sabbato per annum: 55r - 74v Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123669 Assisi, Cattedrale San Rufino, Archivio e Biblioteca, 5 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: I-Ad 5 Datierung: 13. Jahrhundert, nach 1235 Herkunft: Italien Besonderheiten: Franziskanisches Antiphonar aus Zentral-Italien. 410 x 300 mm. Zentral-italienische Linien Notation. 550 Seiten. Ferialoffizium: Dominica per annum bis Sabbato per annum: 94 - 123 Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123675 Chicago, Newberry Library, 24 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: US-Cn 24 Datierung: 13. Jahrhundert, möglicherweise erste Hälfte Herkunft: Italien Besonderheiten: Franziskanisches Brevier aus Zentral-Italien. 197 x 140 mm. Zentral-italienische Linien Notation. 266 Folios und zwei lose Blätter. 110 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="111"?> Ferialoffizium: 68r - 79r Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123671 Fribourg, Bibliothèque des Cordeliers, 2 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: CH-Fco 2 Datierung: Spätes 13. bzw. frühes 14. Jahrhundert Herkunft: unbekannt Besonderheiten: Franziskanisches Antiphonale; 245 Folios. 45.5 x 31.5 (bis zu 33) cm. Ferialoffizium: 46v - 59r Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123672 Gallicanus, B III 11 Datierung: 11. Jahrhundert Herkunft: Liège, Frankreich Besonderheiten Der Codex befindet sich in der Kapitelsbibliothek von Durham. Seine Neumierung weist auf den Norden Frankreichs, weswegen er auch den Namen Gallicanense trägt. Das Ferialoffizium dieser Handschrift enthält nur die Antiphonen der Laudes. Edition der Texte: CAO, Bd. 1/ 2 Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift, Bibliothek, 1010 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: A-KN 1010 Datierung: 12. Jahrhundert Herkunft: Klosterneuburg, Österreich Besonderheiten: Das Antiphonar weist ein vier-Linien-System auf und hat D-, F-, A- und C-Schlüssel. Die Fand C-Linien sind rot bzw. gelb. Es umfasst 126 Folios, 23.8 x 16.7 cm. Das Ferialoffizium ist fast identisch mit A-KN 1013 und A-KN 1017. Ferialoffizium: 50r - 59v Edition: https: / / manuscripta.at/ diglit/ AT5000-1010/ 1/ thumbs Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123653 London (Sammlung Dawson, Los Angeles, Californien) Datierung: 14. Jahrhundert Herkunft: St. Pierre in Langres 12 , Frankreich Besonderheiten: Dieses Brevier hat eine lange Reise hinter sich: Von London wurde es nach Durham gebracht und gelangte dann wieder nach London zurück und landete schließlich in Los Angeles. Das Brevier enthält das 12 M ARCEL , Livres 7 - 13. Die untersuchten Antiphonarien und Breviere 111 <?page no="112"?> Ferialoffizium am Anfang der Handschrift. Die Antiphonen der Laudes finden sich in einem Corpus des Breviers, deren Melodien sich allerdings von denen des übrigen Ferialoffiziums unterscheiden. Genetisch hat das Brevier zwei Teile: Psalterium (Langres 5 [34]) 13 und Brevier (Paris B. N. lat n. a. 402). 14 Edition der Ferialantiphonen: C LAIRE , Répertoires. London, B. M. Egerton, 857 Datierung: 11./ 12. Jahrhundert Herkunft: Noyon? , Frankreich Besonderheiten: Es handelt sich hier um ein Bifolium eines Breviers bzw. eines Antiphonars, welches an ein Graduale von Noyon 15 angehängt wurde. Weil die Schrift jener des Graduale entspricht, wird dieser Anhang wie das Graduale selbst in das 11./ 12. Jahrhundert datiert. Der Text des Ferialoffiziums endet vor den Laudes des Freitag. Leider weist das Manuskript auch keine Vesper auf. Die überlieferte Handschrift enthält diastematische Notation. Edition der Ferialantiphonen: C LAIRE , Répertoires. Lyon, Bibliothèque municipale, 537 Datierung: 12. Jahrhundert Herkunft: Lyon, Frankreich Besonderheiten: Das aus dem 12. Jahrhundert stammende Antiphonar ist an ein Sakramentale des 11. Jahrhunderts angefügt. 16 Die Handschrift ist neumiert. Edition der Ferialantiphonen: C LAIRE , Répertoires. Lyon, Historisches Museum von Tissus, R 70 Datierung: Anfang des 14. Jahrhunderts Herkunft: Lyon, Frankreich Besonderheiten: Die Handschrift birgt einen notierten Psalter mit den entsprechenden Antiphonen. Die Neumation entspricht der von Lyon (Bibliothèque municipale von Lyon) 537. Die Antiphonen der Laudes findet man hier 13 L EROQUAIS , Psautiers 212, Nr. 179. 14 Ders., Bréviaires hier Bd. 3, 385, Nr. 656. 15 Le Graduel Romain 64. 16 L EROQUAIS , Sacramentaires Bd. 1, 125, Nr. 51. 112 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="113"?> nicht im Ferialpsalter, sondern als Appendix am Ende des Manuskripts. Edition der Ferialantiphonen: C LAIRE , Répertoires. München, Franziskanerkloster St. Anna, Bibliothek, 120 Cmm 1 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: D-Ma 12o Cmm 1 Datierung: 13. Jahrhundert, nach 1235 Herkunft: Italien Besonderheiten: Franziskanisches Brevier; 170 x 110 mm. Zentral-italienisches Fünf Linien System, 361 Folios. Ferialoffizium: Dominica per annum: 51r - 55r, 322r - 322v; Feria II: 55r - 57r, 323r; Feria III: 57r - 58r, 323r; Feria IV: 58r - 60r, 323v; Feria V: 59r - 60v, 323v; Feria VI: 59v - 61v, 323v; Sabbato per annum: 61v - 62v, 323v - 324r Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123673 Napoli, Biblioteca nazionale Vittorio Emanuele III, vi. E. 20 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: I-Nn vi. E.20 Datierung: zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts Herkunft: Italien Besonderheiten: Franziskanisches Brevier aus Zentral-Italien. 200 x 155 mm. Zentral-italienische Linien Notation. 429 Folios. Ferialoffizium: 51r - 67v Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123674 Oxford, Bodleian Library, MS. Canon. Liturg. 202 (olim 19314) Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: GB-Ob Can. Lit. 202 Datierung: 13. Jahrhundert Herkunft: Deutschland Besonderheiten: Wahrscheinlich in Süddeutschland entstanden; kam im 14. Jahrhundert in den Besitz der Collegiate Kirche von St. Peter in Sondrio (Lombardei); Nondiastematische Neumen; 152 Folios (2 blank am Anfang und am Ende); 20 Linien pro Folio. 255 x 195 mm; Es hat einige kolorierte Initiale, Großbuchstaben sind oft rot/ gelb gehalten. Ferialoffizium: 031v - 036v Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123687 Die untersuchten Antiphonarien und Breviere 113 <?page no="114"?> Oxford, Bodleian Library, MS. Laud Misc. 284 Siglum bei cantus.uwaterloo.ca: GB-Ob Laud Misc. 284 Datierung: 12. Jahrhundert Herkunft: Würzburg, Deutschland Ferialoffizium: 20r - 22v Veröffentlichung: http: / / cantus.uwaterloo.ca/ source/ 123707 Paris, B. N. lat. 802 Datierung: 13. Jahrhundert Herkunft: St. Nicaise Kirche von Châlons 17 Besonderheiten: Das Brevier ist die älteste einer Gruppe von drei weiteren Handschriften: Das Missale-Brevier der Kathedrale St. Etienne, am Ende des 13. oder im 14. Jahrhundert entstanden (Paris, Arsenal 595); Ein bislang nicht identifiziertes Brevier der Kirche von Chalôns des 14. Jahrhunderts (Paris B. N. 1269); Ein sehr lückenreicher Psalter des 14. - 15. Jahrhunderts (Paris B. N. Lat. 1069). Edition der Ferialantiphonen: C LAIRE , Répertoires. Rom, Bibl. Vat. Pal. lat. 27 Datierung: 12. Jahrhundert Herkunft: wahrscheinlich aus Bamberg, Deutschland 18 Besonderheiten: Der Psalter ist neumiert. Edition der Ferialantiphonen: C LAIRE , Répertoires. Sankt-Gallen 437 (Stiftsbibliothek St. Gallen) Datierung: 13. Jahrhundert Herkunft: Augustiner Abtei zu Marbach am Rhein Besonderheiten: neumiertes Antiphonar Edition der Ferialantiphonen: C LAIRE , Répertoires. 17 L EROQUAIS , Bréviaires Bd. 2, 451, Nr. 471. 18 S ALMON , Manuscrits 15, Nr. 25. 114 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="115"?> 4 Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung In diesem Kapitel werden Ferialantiphonen in Verbindung mit den Psalmen der einzelnen Horen des Offiziums, der Vigilien, der Laudes, der Vesper und der sogenannten kleinen Horen (Terz, Sext, Non, Komplet) betrachtet. Bezogen auf die einzelnen Horen wird zunächst der Bestand der Antiphonen zusammengetragen und ausgewertet. Anschließend werden spezifische Auffälligkeiten in der modalen Verwendung bestimmter Antiphonen herausgearbeitet. 4.1 Antiphonen zu den Psalmen der Vigilien Grundsätzlich spiegeln die Antiphonen zum Ferialpsalter handschriftenübergreifend ein Bild, das darauf hinweist, wie sehr die Psalmenordnungen mit den Antiphonen verwoben sind. Dies wird schon beim Einleitungspsalm zu den Vigilien deutlich. Da Psalm 94 dort über die Woche hinweg als directaneus dient, verzeichnen die Quellen hier keine Ferialantiphon. Sollte dieser Psalm je eine Antiphon gehabt haben, als er noch in das psalterium currens eingegliedert war, so ist diese im Laufe der Geschichte untergegangen. 4.1.1 Antiphonen zu Psalmen der Vigilien des Sonntags Folgend werden die Antiphonen zu Psalmen der Vigilien des Sonntags, wie sie in den unteruchten Manuskripten überliefert sind, präsentiert und anschließend analysiert. Da im Gegensatz zur monastischen Überlieferung das Repertoire des cursus Romanus eigene Traditionen birgt, wird dieses hier in besonderer Weise beleuchtet. Der Klarheit in der Darstellung wegen werden im Text jeweils nur die Abkürzungen zu den Handschriften benannt. Informationen zu den Kürzeln können entweder dem Kapitel über die untersuchten Antiphonarien und Breviere (Teil A, Kap. 3.), dem Abkürzungsverzeichnis oder den Erläuterungen zum digitalen Anhang dieser Arbeit entnommen werden. 4.1.1.1 Repertoire des cursus Romanus Im römischen Offizium, mit Ausnahme der Psalmen 4 und 5 die Psalmen 1 - 20 umfassend, sind die Antiphonen der Sonntagsvigilien des cursus Romanus eine Besonderheit: Es fallen viele Antiphonen auf, die zum einen häufig nicht in das Schema der üblichen Ferialantiphonen passen, d. h. sie sind oft länger als sechs bis sieben Wörter, haben aus musikologischer Sicht teilweise einen eher neumatischen, nicht syllabischen Stil wie die meisten Ferialantiphonen und lassen sich zumeist keinem einfachen melodischen Typos zuordnen. Außerdem sind sie in <?page no="116"?> vielen Fällen als Einzeltraditionen in die Geschichte eingegangen und repräsentieren damit im Gegensatz zu den typischen, von einer breiten Tradition dargebotenen Antiphonen hypothetisch lokale Überlieferungen. Aus diesem Grund werden die Antiphonen der Sonntagsvigilien nach dem cursus Romanus hier getrennt von den Antiphonen der Vigilien der übrigen Tage betrachtet. Nicht alle untersuchten Manuskripte des cursus Romanus haben ein Nachtoffizium für den Sonntag. Soweit vorhanden, wird nun das überschaubare Repertoire an Antiphonen zu den Sonntagsvigilien per annum tabellarisch aufgezeigt. Auf diese Weise lassen sich auch Übereinstimmungen leicht darstellen. Antiphonen zu den Vigilien des Sonntags sind nur von folgenden der untersuchten Handschriften tradiert: B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Tr, Tu, T 1 , T 2 und U. Die Sonntagsvigilien aus diesen Codices sind nach deren Kürzeln chronologisch geordnet. Folioangaben zu den Antiphonen befinden sich in der Edition im digitalen Anhang zu dieser Arbeit. Deckungsgleiche Offizien werden nur einmal dargelegt und an entsprechender Stelle rückverwiesen. a. Die Sonntagsvigilien von B 2 , K 1 und K 2 sind, was die Auswahl und die Anordnung der Antiphonen betrifft, fast deckungsgleich. Lediglich Respice et exaudi me erscheint in B 2 in der Variation von Nr. 25 und in K 2 sowie K 2 in der von Nr. 26: PsV; Nr. der Edition Antiphon 1. Nokturn Ps 2,11; Nr. 6 Servite domino Ps 7,2; Nr. 10 Domine deus meus Ps 12,4; Nr. 25/ 26 Respice et exaudi me 2. Nokturn Ps 15,2; Nr. 30 Bonorum meorum zu Ps 16; Nr. 42 Propter verba Ps 17,2; Nr. 43 Diligam te domine 3. Nokturn Ps 18,4; Nr. 54 Non sunt loquelae Ps 19,2; Nr. 61 Exaudiat te dominus Ps 20,2; Nr. 66 Domine in virtute b. Cb und P 5 haben dieselbe Psalmenverteilung für die Sonntagsvigilien. PsV; Nr. der Edition Antiphon 1. Nokturn zu Ps 1; Nr. 5 Pro fidei Ps 7,12; Nr. 12 Juste deus judex zu Ps 11; Nr. 22 Surge et in aeternum 116 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="117"?> PsV; Nr. der Edition Antiphon 2. Nokturn zu Ps 15; Nr. 33 Naturae genitor zu Ps 16; Nr. 41 Pectora nostra tibi Ps 17,28; Nr. 48 Tu populum humilem 3. Nokturn Ps 18,6; Nr. 55 Sponsus ut e thalamo zu Ps 19; Nr. 64 Auxilium nobis zu Ps 20 Nr. 68 Rex in aeternum (Cb) Rex sine fine (P 5 ) c. F PsV; Nr. der Edition Antiphon Antiphonen zur 1. Nokturn sind nicht angegeben 2. Nokturn Ps 15,2; Nr. 30 Bonorum meorum zu Ps 16; Nr. 42 Propter verba Ps 17,2; Nr. 43 Diligam te domine 3. Nokturn Ps 18,15; Nr. 56 Domine adjutor Ps 19,2; Nr. 61 Exaudiat te dominus Ps 20,2; Nr. 66 Domine in virtute In aestate zu Ps 1; Nr. 3 Beati qui in lege zu Ps 7; Nr. 15 Qui salvos facit zu Ps 11; Nr. 20 In aeternum tu zu Ps 15; Nr. 34 Tribue nobis domine Ps 16,6; Nr. 37 Inclina aurem tuam zu Ps 17; Nr. 51 Virtus nostra zu Ps 18; Nr. 59 Legis tuae Ps 19,10; Nr. 63 Exaudi nos zu Ps 20; Nr. 70 Praeveni nos d. G 1 und G 2 sind parallel aufgebaut. Am Beginn jeder Nokturn steht nur eine Antiphon, PsV; Nr. der Edition Antiphon 1. Nokturn Ps 2,11; Nr. 7 Servite domino 2. Nokturn Ps 15,2; Nr. 30 Bonorum meorum 3. Nokturn Ps 18,2; Nr. 53 Opera manuum e. Gb und Sa zeigen auch in den Sonntagsvigilien Abhängigkeiten: PsV; Nr. der Edition Antiphon 1. Nokturn Ps 2,11; Nr. 6 Servite domino Ps 7,2; Nr. 10 Domine deus meus Ps 12,4; Nr. 25 Respice et exaudi me Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 117 <?page no="118"?> PsV; Nr. der Edition Antiphon 2. Nokturn Ps 15,2; Nr. 30 Bonorum meorum Ps 16,6; Nr. 38 Inclina … . mihi Ps 17,3; Nr. 44 Dominus firmamentum 3. Nokturn zu Ps 18; Nr. 60 Praeceptum domini Ps 19,7; Nr. 62 Impleat dominus Ps 20,2; Nr. 66 Domine in virtute f. K 1 und K 2 (siehe B 2 ) g. Mc Alle Antiphonen sind nacheinander am Beginn der Vigilien dargestellt ohne in Nokturnen aufzuteilen. PsV; Nr. der Edition Antiphon Ps 1,1; Nr. 1 Beatus vir Ps 2,11; Nr. 6 Servite domino Ps 7,2; Nr. 10 Domine deus meus Ps 12,4; Nr. 27 Illumina oculos Ps 15,1; Nr. 29 Conserva me Ps 15,2; Nr. 30 Bonorum meorum zu Ps 16; Nr. 42 Propter verba Ps 17,2; Nr. 43 Diligam te domine Ps 17,47; Nr. 49 Vivit dominus Ps 18,4; Nr. 54 Non sunt loquelae Ps 19,2; Nr. 61 Exaudiat te dominus Ps 20,2; Nr. 66 Domine in virtute h. Mo PsV; Nr. der Edition Antiphon 1. Nokturn Ps 2,11; Nr. 7 Servite domino Ps 7,12; Nr. 12 Deus judex justus Ps 11,8; Nr. 19 Tu domine servabis 2. Nokturn Ps 15,2; Nr. 30 Bonorum meorum Ps 16,6; Nr. 38 Inclina … mihi Ps 17,3; Nr. 44 Dominus firmamentum 3. Nokturn Ps 18,14; Nr. 54 Non sunt loquelae Ps 19,2; Nr. 61 Exaudiat te dominus Ps 20,2; Nr. 66 Domine in virtute 118 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="119"?> i. Mt Obwohl alle Psalmen der ersten Nokturn ausgeschrieben sind, werden dort keine Antiphonen benannt. PsV; Nr. der Edition Antiphon 2. Nokturn Ps 15,2; Nr. 30 Bonorum meorum zu Ps 16,6; Nr. 42 Propter verba Ps 17,3; Nr. 46 Liberator meus 3. Nokturn Ps 18,4; Nr. 54 Non sunt loquelae Ps 19,2; Nr. 61 Exaudiat te dominus Ps 20,2; Nr. 66 Domine in virtute Es folgen die ausgeschriebenen Psalmen 21 - 25! , die durch die Antiphon Dominus regit me (Ps 22,1.2; Nr. 71) zusammengefasst werden. j. P 3 und P 4 sind parallel aufgebaut. Sie bieten jeweils drei Alternativen an Antiphonen. PsV; Nr. der Edition Aufbau der Nokturnen 1. Nokturn Initien der ersten drei Antiphonen Psalmen 1 - 6 (ohne Ausnahme! ) zu Ps 1; Nr. 4 Ecce in nubibus zu Ps 1; Nr. 5 Pro fidei meritis Ps 2,11; Nr. 6 Servite domino Initien der folgenden drei Antiphonen Psalmen 7 - 10 zu Ps 7; Nr. 14 Consurge consurge Ps 7,1 (1b); Nr. 11 In te speravi Ps 7,12; Nr. 12 Juste deus judex Initien der folgenden drei Antiphonen Psalmen 11 - 14 zu Ps 11; Nr. 23 Tu bethleem terra zu Ps 11; Nr. 22 Surge et in aeternum Ps 11,8; Nr. 19 Tu domine servabis 2. Nokturn Initien der folgenden drei Antiphonen Psalm 15 zu Ps 15; Nr. 32 Ecce dominus noster zu Ps 15; Nr. 33 Naturae genitor Ps 15,1; Nr. 29 Conserva me domine Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 119 <?page no="120"?> PsV; Nr. der Edition Aufbau der Nokturnen Initien der folgenden drei Antiphonen Psalm 16 zu Ps 16; Nr. 40 Laetamini cum jerusalem zu Ps 16; Nr. 41 Pectora nostra Ps 16,1; Nr. 35 Exaudi domine Initien der folgenden drei Antiphonen Psalm 17 zu Ps 17; Nr. 50 Levabit dominus Ps 17,28; Nr. 48 Tu populum Ps 17,18; Nr. 46 Eripe me deus 3. Nokturn Initien der folgenden drei Antiphonen Psalm 18 zu Ps 18; Nr. 58 Erumpant montes Ps 18,6; Nr. 55 Sponsus ut Ps, 18,4; Nr. 54 Non sunt loquelae Initien der folgenden drei Antiphonen Psalm 19 zu Ps 19; Nr. 65 Ponam in sion zu Ps 19; Nr. 64 Auxilium nobis Ps 19,2; Nr. 61 Exaudiat te Initien der folgenden drei Antiphonen Psalm 20 zu Ps 20; Nr. 69 Hoc est testimonium zu Ps 20; Nr. 68 Rex sine fine Ps 20,2; Nr. 66 Domine in virtute k. P 5 (siehe Cb) l. Pi PsV; Nr. der Edition Antiphon 1. Nokturn Ps 2,11; Nr. 7 Servite domino Ps 7,2; Nr. 10 Domine deus meus Ps 11,2; Nr. 19 Quam diminutae 120 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="121"?> PsV; Nr. der Edition Antiphon 2. Nokturn Ps 15,2; Nr. 30 Bonorum meorum zu Ps 16,6; Nr. 42 Propter verba Ps 17,2; Nr. 43 Diligam te Ps 15,1; Nr. 29 Conserva me Ps 16,6; Nr. 38 Inclina domine Ps 17,3; Nr. 44 Dominus firmamentum 3. Nokturn Ps 18,15; Nr. 56 Domine adjutor Ps 19,2; Nr. 61 Exaudiat te Ps 20,14; Nr. 67 Cantabimus m. R 1 PsV; Nr. der Edition Antiphon 1. Nokturn Ps 2,11; Nr. 7 Servite domino Ps 7,12; Nr. 12 Deus judex justus Ps 11,8; Nr. 19 Tu domine 2. Nokturn Ps 15,1; Nr. 29 Conserva me Ps 16,6; Nr. 38 Inclina … mihi Ps 17,2; Nr. 43 Diligam te In der 3. Nokturn hat R 1 Allelujas als Antiphon ohne Angaben von Psalmen. n. R 2 PsV; Nr. der Edition Antiphon 1. Nokturn Ps 2,11; Nr. 7 Servite domino Ps 7,12; Nr. 12 Deus judex justus Ps 11,8; Nr. 19 Tu domine 2. Nokturn Ps 15,1; Nr. 29 Conserva me Ps 16,6; Nr. 38 Inclina … mihi Ps 17,2; Nr. 43 Diligam te In aestatis diebus Ps 15,2; Nr. 30 Bonorum meorum Ps 16,6; Nr. 36 Ego clamavi Ps 17,27; Nr. 47 Quoniam tu 3. Nokturn Ps 18,4; Nr. 54 Non sunt loquelae Ps 19,2; Nr. 61 Exaudiat te Ps 20,2; Nr. 66 Domine in virtute o. Sa (siehe Gb) Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 121 <?page no="122"?> p. Si hat für jede Nokturn nur eine einzige Antiphon. PsV; Nr. der Edition Antiphon 1. Nokturn Ps 2,11; Nr. 7 Servite domino 2. Nokturn Ps 15,2; Nr. 30 Bonorum meorum 3. Nokturn Ps 18,2; Nr. 53 Opera manuum q. Tr schreibt für die Antiphonen der Sonntagsvigilien keine Noten. PsV; Nr. der Edition Antiphon 1. Nokturn zu Ps 1; Nr. 5 Pro fidei meritis 2. Nokturn zu Ps 15; Nr. 33 Naturae genitor 3. Nokturn Ps 18,6; Nr. 55 Sponsus ut r. Tu In der 1. und 3. Nokturn werden Alleluja-Antiphonen gesungen. Diese werden hier nicht differenziert. PsV; Nr. der Edition Antiphon 2. Nokturn Ps 15,7; Nr. 31 Benedicam dominum Ps 16,6; Nr. 38 Inclina … mihi Ps 17,3; Nr. 44 Dominus firmamentum s. T 1 PsV; Nr. der Edition Antiphon 1. Nokturn Ps 1,6; Nr. 2 Novit dominus Ps 2,11; Nr. 6 Servite domino Ps 7,2; Nr. 10 Domine deus meus Ps 9,20; Nr. 17 Exsurge domine Ps 12,6; Nr. 28 Cantabo domino 2. und 3. Nokturn Ps 15,1; Nr. 29 Conserva me Ps 15,2; Nr. 30 Bonorum meorum Ps 15,7; Nr. 31 Benedicam dominum Ps 16,6; Nr. 36 Ego clamavi Ps 16,6; Nr. 38 Inclina … mihi Ps 17,2; Nr. 43 Diligam te Ps 17,3; Nr. 44 Dominus firmamentum Ps 17,47; Nr. 49 Vivit dominus Ps 18,4; Nr. 54 Non sunt loquelae Ps 18,5; Nr. 57 Meditacio cordis Ps 19,2; Nr. 61 Exaudiat te Ps 20,2; Nr. 66 Domine in virtute Ps 20,2; Nr. 67 Cantabimus 122 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="123"?> t. T 2 T 2 hat Antiphonen zu den Sonntagsvigilien nur für die Dominica in aestate, separat des Ferialoffiziums notiert. Es wird nicht sichtbar in Nokturnen differenziert. PsV; Nr. der Edition Antiphon Ps 1,6; Nr. 2 Novit dominus Ps 2,11; Nr. 6 Servite domino Ps 7,2; Nr. 10 Domine deus meus Ps 9,20; Nr. 17 Exsurge domine Ps 15,1; Nr. 29 Conserva me Ps 15,2; Nr. 30 Bonorum meorum zu Ps 16,6; Nr. 42 Propter verba Ps 16,6; Nr. 36 Ego clamavi Ps 17,2; Nr. 43 Diligam te Ps 17,47; Nr. 49 Vivit dominus Ps 17,3; Nr. 44 Dominus firmamentum Ps 18,2; Nr. 52 Caeli enarrant Ps 18,4; Nr. 54 Non sunt loquelae Ps 18,5; Nr. 57 Meditacio cordis Ps 19,2; Nr. 61 Exaudiat te Ps 20,2; Nr. 66 Domine in virtute Ps 20,14; Nr. 67 Cantabimus u. U Als einzige Handschrift schreibt U vor das Initium Venite ex*, Einleitung des Psalm 94, der in directum gesungen wird, ein „ A “ und kennzeichnet es vielleicht fälschlicherweise als Antiphon. In die Edition wurde dieses Fragment nicht aufgenommen. PsV; Nr. der Edition Antiphon 1. Nokturn zu Ps 94 Venite ex* 2. Nokturn Ps 15,7; Nr. 31 Benedicam dominum 3. Nokturn zu Ps 18; Nr. 60 Praeceptum domini Auswertung aus liturgiewissenschaftlicher Sicht Im Folgenden wird, nach den Nokturnen sortiert, der Bestand der Antiphonen in Verbindung mit den einzelnen Manuskripten dokumentiert. Im Anschluss an jede Nokturn wird der Bestand der Antiphonen hinsichtlich der Herkunft aus bestimmten Psalmen und der sie präsentierenden Quellen ausgewertet. Abschließend werden die Ergebnisse noch einmal in einer Deutung zusammengefasst. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 123 <?page no="124"?> Antiphonen zur ersten Nokturn der Sonntagsvigilien PsV; Nr. d. Edition Antiphon Handschriften Zu Pss 1 - 3 u.6: Ps 1,1; Nr. 1 Beatus vir qui non Mc Ps 1,6; Nr. 2 Novit dominus T 1 , T 2 zu Ps 1; Nr. 3 Beati qui in lege F zu Ps 1; Nr. 4 Ecce in nubibus P 3 , P 4 zu Ps 1; Nr. 5 Pro fidei B 2 , Cb, P 3 , P 4 , P 5 , Tr Ps 2,11; Nr. 6 Servite domino B 2 , Gb, Mc, P 3 , P 4 , Sa, Tr, T 2 Ps 2,11; Nr. 7 Servite domino G 1 , G 2 , K 1 , K 2 , Mo, Pi, R 1 , R 2 , Si Zu Pss 7 - 10: Ps 7,2; Nr. 10 Domine deus B 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Pi, Sa, T 1 , T 2 Ps 7,2; Nr. 11 In te speravi P 3 , P 4 Ps 7,12; Nr. 12 Juste deus judex B 2 , Cb, P 3 , P 4 , P 5 Ps 7,12; Nr. 13 Deus judex justus Mo, R 1 , R 2 zu Ps 7; Nr. 14 Consurge consurge P 3 , P 4 zu Ps 7; Nr. 15 Qui salvos facis F Ps 9,20; Nr. 17 Exsurge domine non preavaleat T 1 , T 2 Zu Pss 11 - 14: Ps 11,2; Nr. 19 Quam diminutae Pi Ps 11,8; Nr. 20 Tu domine servabis Mo, P 3 , P 4 , R 1 , R 2 zu Ps 11; Nr. 21 In aeternum tu nos serva F zu Ps 11; Nr. 23 Tu bethleem terra P 3 , P 4 Ps 12,4; Nr. 25 Respice et exaudi B 2 , Gb, Sa Ps 12,4; Nr. 26 Respice et exaudi K 1 , K 2 Ps 12,4; Nr. 27 Illumina oculos Mc Ps 12,6; Nr. 28 Cantabo domino T 1 , T 2 Die erste Nokturn der Sonntagsvigilien ist die längste der drei Nokturnen. Es werden immer vier Psalmen durch eine Antiphon zusammengefasst. Entsprechend vielfältig ist die Tradition, die hier für jedes einzelne Segment sieben bzw. acht Antiphonen bietet. Die meisten dieser Antiphonen sind nur in wenigen Ferialoffizien bezeugt, und dort ist bei K 1 und K 2 , P 3 und P 4 , T 1 und T 2 oder auch Gb und Sa ein verwandschaftliches Verhältnis offensichtlich, sodass man bei den nur in diesen Handschriften tradierten Antiphonen auf eine lokale Gewohnheit schließen kann. Im Gegensatz zu den meisten Ferialantiphonen repräsentiert fast die Hälfte nicht den Wortlaut des Psalms, sondern ist zu dessen Inhalt komponiert. Die Wahl der Antiphon aus einem bestimmten Psalm des Segments scheint zielgerichtet. Sie exponiert zumeist einen Text des ersten und im dritten Abschnitt auch des zweiten Psalms der jeweiligen Einheit. Auffälligkeit im ersten Segment: Hier stammen alle Antiphonen mit Ausnahme von Servite domino aus dem ersten Psalm. Nur die Antiphon Servite domino mit ihren zwei Varianten aus Ps 2,11 schaffte den Einzug in die erste Nokturn der 124 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="125"?> Sonntagsvigilien. Ist sie unabhängig von der römischen Psalmenordnung entstanden? Zumindest weist sie auf eine Realisierungspraxis, welche den Antiphonentext nicht schematisch aus dem Beginn des Psalms wählte, sondern diesen eher bewusst aus der Mitte des Psalms entnahm. Auffälligkeit im zweiten Segment: In dieser Gruppe ist der Inhalt der Antiphonen abgesehen von Exsurge domine (Ps 9,20) zu bzw. aus Psalm 7 gewählt. Dies bedeutet, auch hier sind fast alle Antiphonen aus dem Beginn des Segments gewählt. Sie zeigen damit die genetische Verbindung zwischen Antiphon und der Struktur des Offiziums. Die einzige nicht aus bzw. zu Psalm 7 komponierte Antiphon Exsurge domine (Ps 9,20) ist für die Sonntagsvigilien ausschließlich von den beiden Codices aus Toledo T 1 und T 2 tradiert und stellt, wie man vermuten kann, eine lokale Tradition dar. Auffälligkeit im dritten Segment: In der ersten Nokturn (Psalmen 11, 12, 13 und 14) sind jene Antiphonen, deren Text aus dem Psalter genommen wurde, entweder aus den Psalmen 11 oder 12, nie aus den Psalmen 13 oder 14. In dieser dritten Gruppe der ersten Nokturn wurden folglich wiederum die Texte der Antiphonen tendenziell aus deren ersten Psalmen enlehnt. Antiphonen zur zweiten Nokturn der Sonntagsvigilien PsV; Nr. der Edition Antiphon Handschriften zu Psalm 15: Ps 15,1; Nr. 29 Conserva me Mc, P 3 , P 4 , Pi, R 1 , R 2 , T 1 , T 2 Ps 15,2; Nr. 30 Bonorum meorum B 2 , F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, Pi, R 2 , Sa, Si, T 1 , T 2 Ps 15,7; Nr. 31 Benedicam dominum Tu, T 1 , U zu Ps 15; Nr. 32 Ecce dominus noster P 3 , P 4 zu Ps 15; Nr. 33 Naturae genitor B 2 , Cb, P 3 , P 4 , P 5 , Tr zu Ps 15; Nr. 34 Tribue nobis domine F zu Psalm 16: Ps 16,1; Nr. 35 Exaudi domine deprecationem P 3 , P 4 Ps 16,6; Nr. 36 Ego clamavi R 2 , T 1 , T 2 Ps 16,6; Nr. 37 Inclina aurem F Ps 16,6; Nr. 38 Inclina … mihi Gb, K 1 , K 2 , Mo, Mt, Pi, R 1 , R 2 , Sa, Tu, T 1 zu Ps 16; Nr. 39 Eripe me deus P 3 , P 4 zu Ps 16; Nr. 40 Laetamini cum jerusalem P 3 , P 4 zu Ps 16; Nr. 41 Pectora nostra B 2 , Cb, P 3 , P 4 , P 5 zu Ps 16; Nr. 42 Propter verba B 2 , F, Mc, Pi, T 2 zu Psalm 17: Ps 17,2; Nr. 43 Diligam te B 2 , F, Mc, Pi, R 1 , R 2 , T 1 , T 2 Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 125 <?page no="126"?> PsV; Nr. der Edition Antiphon Handschriften Ps 17,3; Nr. 44 Dominus firmamentum Gb, Mo, Pi, Sa, Tu, T 1 , T 2 Ps 17,3; Nr. 45 Liberator meus Mt Ps 17,18; Nr. 46 Eripe me deus P 3 , P 4 Ps 17,27; Nr. 47 Quoniam tu R 2 Ps 17,28; Nr. 48 Tu populum B 2 , Cb, P 3 , P 4 , P 5 Ps 17,47; Nr. 49 Vivit dominus K 1 , K 2 , Mc, T 1 , T 2 zu Ps 17; Nr. 50 Levabit dominus P 3 , P 4 zu Ps 17; Nr. 51 Virtus nostra F Auffälligkeiten: In der zweiten Nokturn wird zu jedem Psalm eine Antiphon gesungen. Es zeigt sich, dass wenige Antiphonen stärker als die meisten hier verorteten Einzug in die Handschriften fanden. Zu Ps 15 sind es Conserva me (Ps 15,1) und Bonorum meorum (Ps 15,2), zu Ps 16 Inclina … mihi (Ps 16,6) und zu Ps 17 sind es Diligam te (Ps 17,2) und Dominus firmamentum (Ps 17,3). Grundsätzlich kann man auch hier die Tradition einer bestimmten Antiphon nicht lokal eingrenzen. In einigen Fällen lassen sich jedoch im Hinblick auf die Sonntagsvigilien Tendenzen formulieren: Zu Ps 15: Während Bonorum meorum (Ps 15,2) in den meisten Traditionen Einzug fand, außer in den französischen Manuskripten, tritt dort Conserva me (Ps 15,1), Ecce dominus noster (zu Ps 15) oder Naturae genitor (zu Ps 15) in Erscheinung, die teilweise aber auch in Italien (B 2 : Naturae genitor; Mc, Pi, R 1 und R 2 : Conserva me), Spanien (T 1 und T 2 : Conserva me; T 1 : Benedicam te) und den heutigen Niederlanden (U: Benedicam te) bekannt sind. Tribue nobis domine (zu Ps 15) ist eine Tradition von F, Ecce dominus noster (zu Ps 15) nur in P 3 und P 4 vermerkt. Neben regionalen Verbindungen werden auch spezielle Verknüpfungen sichtbar, wie die der beneventanischen Handschrift B 2 mit den vier französischen Manuskripten Cb, P 3 , P 4 , P 5 (Naturae genitor). Zu Ps 16: Auch hier zeigen sich in erster Linie regionale Bräuche, die Sonntagsvigilien zu singen: Exaudi domine deprecationem (Ps 16,1), Eripe me deus (zu Ps 16) sowie Laetamini cum jerusalem (zu Ps 16) ist von den untersuchten Ferialoffizien nur P 3 und P 4 bekannt. Ego clamavi (Ps 16,6) teilen sich R 2 und die beiden spanischen Codices T 1 / T 2 . Pectora nostra (zu Ps 16) haben wiederum Cb, P 3 , P 4 , P 5 , nach Frankreich weisend, und der beneventanische Codex B 2 gemeinsam. Propter verba (zu Ps 16) ist bei den italienischen Antiphonarien B 2 , F, Mc, Pi, R 1 , R 2 sowieden beiden spanischen Handschriften T 1 / T 2 zu finden. 126 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="127"?> Zu Ps 17: Diligam te (Ps 17,2) kennen B 2 , F, Mc, Pi, R 1 , R 2 , die genetisch in Italien zu verorten sind, und der spanische Codex T 2 . Tu populum (Ps 17,28) schreiben B 2 und die französischen Manuskripte Cb, P 3 , P 4 sowie P 5 fest. Die beiden folgenden Antiphonen sind im europäischen Ambiente der Ferialoffizien von der Bezeugung her nicht einzugrenzen: Dominus firmamentum (Ps 17,3) haben Gb, Mo, Pi, R 2 , Tu, T 1 sowie T 2 und Vivit dominus (Ps 17,47) haben K 1 , K 2 , Mc T 1 und T 2 . Antiphonen zur dritten Nokturn PsV; Nr. der Edition Antiphon Handschriften zu Psalm 18: Ps 18,2; Nr. 52 Caeli enarrant T 2 Ps 18,2; Nr. 53 Opera manuum G 1 , G 2 , Si Ps 18,4; Nr. 54 Non sunt loquelae B 2 , K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 3 , P 4 , R 2 , T 1 , T 2 Ps 18,6; Nr. 55 Sponsus ut e thalamo B 2 , Cb, P 3 , P 4 , P 5 , Tr Ps 18,15; Nr. 56 Domine adjutor F, Pi Ps 18,15; Nr. 57 Meditacio cordis T 1 , T 2 zu Ps 18; Nr. 58 Erumpant montes P 3 , P 4 zu Ps 18; Nr. 59 Legis tuae F zu Ps 18; Nr. 60 Praeceptum domini Gb, Sa, U zu Psalm 19: Ps 19,2; Nr. 61 Exaudiat te B 2 , F, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 3 , P 4 , Pi, R 2 , T 1 , T 2 Ps 19,7; Nr. 62 Impleat dominus Gb, Sa Ps 19,10; Nr. 63 Exaudi nos F zu Ps 19; Nr. 64 Auxilium nobis B 2 , Cb, P 3 , P 4 , P 5 zu Ps 19; Nr. 65 Ponam in sion P 3 , P 4 zu Psalm 20: Ps 20,2; Nr. 66 Domine in virtute B 2 , F, Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 3 , P 4 , R 2 , Sa, T 1 , T 2 Ps 20,14; Nr. 67 Cantabimus Pi, T 1 , T 2 zu Ps 20; Nr. 68 Rex sine fine B 2 , Cb, P 3 , P 4 , P 5 zu Ps 20; Nr. 69 Hoc est testimonium P 3 , P 4 Auffälligkeiten: In der dritten Nokturn, in der ebenfalls zu jedem der drei Psalmen eine Antiphon erklingt, sind die Beobachtungen ähnlich wie zur zweiten Nokturn. Zu Psalm 18 ist Non sunt loquelae (Ps 18,4) am breitesten bezeugt, zu Psalm 19 ist es Exaudiat te (Ps 19,2) und zu Psalm 20 Domine in virtute (Ps 20,2). Die übrigen Antiphonen zeigen regionale oder auch punktuelle Bindungen: Zu Ps 18: Sponsus ut e thalamo (Ps 18,6) findet man in den Sonntagsvigilien von B 2 sowie Cb, P 3 , P 4 , P 5 und Tr. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 127 <?page no="128"?> Domine adjutor (Ps 18,15) ist nur in zwei italienischen Antiphonarien anzutreffen: F und Pi. Meditacio cordis (Ps 18,15) notieren die beiden spanischen Codices T 1 sowie T 2 . Opera manuum (Ps 18,2) vertreten die beiden Manuskripte aus Aquilia G 1 und G 2 sowie die Si aus Kranj. Damit weist sie in den Raum zwischen Norditalien und dem heutigen Slowenien. Erumpant montes (zu Ps 18) kennen ausschließlich P 3 und P 4 . Praeceptum domini (zu Ps 18) vermerken die englischen Antiphonarien Gb und Sa sowie U aus Utrecht. Zu Ps 19: Auxilium nobis (zu Ps 19) teilt B 2 wie auch Sponsus ut e thalamo mit Cb, P 3 , P 4 , und P 5 , was die Abhängigkeit zwischen der Handschrift aus Benevent und jenen aus Frankreich festigt. Impleat dominus (Ps 19,7) weist mit ihrem Vorkommen in Gb und Sa nach Großbritannien. Ponam in sion (zu Ps 19) stellt eine Tradition dar, die P 3 und P 4 kennen und Exaudi nos (Ps 19,10) ist im Ferialoffizium von F beheimatet. Zu Ps 20: Cantabimus (Ps 20,14) findet man in Pi, T 1 und T 2 . Rex sine fine (zu Ps 20) tritt wiederum in B 2 sowie in Cb, P 3 , P 4 , und P 5 auf, die genetisch nach Frankreich weisen. Hoc est testimonium (zu Ps 20) notieren P 3 und P 4 . Zusammenfassende Deutung Zu Abhängigkeiten unter den Handschriften: Die gemeinsamen Traditionen von P 3 / P 4 sowie von T 1 / T 2 sind augenscheinlich. Auch Aufbau des Offiziums der Sonntagsvigilien sowie Auswahl der Antiphonen bei Cb und P 5 , G 1 und G 2 , K 1 und K 2 sowie bei Gb und Sa sind deckungsgleich. Sie dokumentieren auch an dieser Stelle regionale Verbundenheit. Eine weitere Parallele bieten das altrömische Antiphonar R 2 und die beiden Codices aus Toledo T 1 und T 2 . Die von R 2 angeführten Doppeltraditionen zu Ps 15 (Conserva me [Ps 15,1; Nr. 29] und Bonorum meorum [Ps 15,2; Nr. 30]) sowie zu Ps 16 (Ego clamavi [Ps 16,6; Nr. 36] und Inclina … mihi [Ps 16,6; Nr. 38]) kennten allein T 1 und T 2 (letztere mit Ausnahme von Inclina … mihi) in dieser Kombination und man fragt sich, ob dies bewusst in Abhängigkeit geschah? ZurAuswahl an Antiphonen in regional verbundenen Handschriften: Viele Antiphonen der Sonntagvigilien haben eine regionale Färbung. Dies ist einerseits an den zahlreichen Einzeltraditionen bzw. an Antiphonen, die ausschließlich in miteinander regional verbundenen Ferialoffizien vorkommen, zu erkennen. Es wird aber auch an der Wahl bestimmter Antiphonen deutlich: So fand zu Psalm 15 die Antiphon Bonorum meorum (Ps 15,2; Nr. 30) in französischen Handschriften keinen Einzug, hingegen sind dort zu diesem Psalm die Antiphonen Ecce dominus (zu Ps 15; Nr. 32) und Naturae genitor (zu Ps 15; Nr. 33) vertreten. B 2 aus Benevent teilt sich gelegentlich Antiphonen mit den französischen Manuskripten Cb, P 3 , P 4 , P 5 . So bei Pectora nostra (zu Ps 16; Nr. 41), Tu populum 128 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="129"?> (Ps 17,28; Nr. 48), Sponsus ut e thalamo (Ps 18,6; Nr. 55), Auxilium nobis (zu Ps 19; Nr. 64) und Rex sine fine (zu Ps 20; Nr. 68). Hier kann man die enge Verbundenheit einer beneventanischen mit einer französischen Tradition erkennen. B 2 greift aber auch auf eine Tradition zurück, die sie mit Antiphonarien italienischer und spanischer Herkunft teilt: Propter verba (zu Ps 16; Nr. 42) hat sie gemeinsam mit F, Mc, Pi, R 1 , R 2 sowie den beiden spanischen Codices T 1 und T 2 ; Die Antiphon Diligam te (Ps 17,2; Nr. 43) verbindet B 2 mit, F, Mc, Pi, R 1 , R 2 und T 2 . Es scheint, wie wenn B 2 hier zwei Traditionen verbinden würde. Weitere Beispiele, die lokale Prägung zeigen, etwa von Gb und Sa nach Großbritannien weisend oder von F, Mc, Pi, R 1 und R 2 nach Italien können in den Tabellen und den direkt daran anschließenden Auswertungen oben nachgeschaut werden. Zur Quantität an Antiphonen in den Sonntagsvigilien der untersuchten Handschriften: In den verschiedenen Manuskripten des cursus Romanus sind jeweils unterschiedlich viele Antiphonen für die Vigilien des Sonntags tradiert. Die Spanne reicht von drei in U, die für jede Nokturn eine einzige Antiphon überliefert bis neunundzwanzig in P 3 / P 4 , die öfter mehrere Alternativen bieten. (s. o.). Vor allem die zuletzt Genannten präsentieren einen umfangreichen Traditionsschatz. Gelegentlich bieten auch B 2 , F, Mc, P 3 , P 4 , Pi, R 2 , T 1 und T 2 Alternativen an Antiphonen zu einzelnen Psalmen an. Dies spricht für die Vielfalt der Traditionen, die dort zusammenfließt. Zur Typisierung: Von den 70 aus den Manuskripten zu den Sonntagsvigilien zusammengetragenen Antiphonen dieses Abschnitts sind nur 7 typisierbar, d. h. bei nur 10 % dieser Antiphonen ist die melodische Struktur mit mindestens einer weiteren Antiphon parallel aufgebaut. Der Melodie der meisten Antiphonen der Sonntagsvigilien scheinen eher centonische Elemente zugrunde zu liegen, die jedoch nicht rückzuverfolgen waren. Dies zeigt ebenso die Ausnahmestellung der Sonntagsvigilien, denn in den Vigilien von Feria II bis Samstag sind etwa drei Viertel aller Antiphonen typisierbar und zeigen dort archaische, einfache Strukturen. PsV; Nr. der Edition Antiphon Handschriften Typos Ps 12,4; Nr. 27 Illumina oculos Mc Bc 8a Ps 12,6; Nr. 28 Cantabo domino T 1 , T 2 Bc 8b Ps 15,1; Nr. 29 Conserva me Mc, P 3 , P 4 , Pi, R 1 , R 2 , T 1 , T 2 D 2 / D 8 Ps 17,2; Nr. 43 Diligam te B 2 , F, Mc, Pi, R 1 , R 2 , T 1 , T 2 A 6 Ps 18,2; Nr. 53 Opera manuum G 1 , G 2 , Si F 8 Ps 18,15; Nr. 56 Domine adjutor F, Pi A 6 Ps 19,2; Nr. 61 Exaudiat te B 2 , F, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 3 , P 4 , Pi, R 2 , T 1 , T 2 D 8 Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 129 <?page no="130"?> Zur historischen Verortung: Im Hinblick auf die Funktion von Ferialantiphonen: Innerhalb des Komplexes der Ferialantiphonen stellen die der Sonntagsvigilien eine Besonderheit dar: viele sind nur in einem oder in genetisch miteinander verbundenen Ferialoffizien der untersuchten Manuskripten dokumentiert. Sie sind in der Regel länger als übliche Ferialantiphonen und im Gegensatz zu den meisten schon allein aufgrund dessen eher weniger als Kehrvers im Rahmen von responsorialem Gesang vorzustellen. Die genetische Verortung dieser Antiphonen scheint eher in der Funktion eines Rahmenverses in Verbindung mit Wechselchorgesang sinnvoll. Dieser war spätestens seit dem 9. Jahrhundert in Klöstern gängige Praxis. (Vgl. die Ausführungen zu antiphonalem Gesang in der Einleitung zu dieser Arbeit.) Aus dem Blickwinkel dieser Funktionalität betrachtet, dürften die Antiphonen zu den Vigilien des Sonntags den typischen, kurzen Ferialantiphonen gegenüber, die von ihrer Genese her als Kehrvers vorzustellen sind und damit bis in die Anfänge von Solopsalmodie in christlichem Kontext weisen könnten, jünger sein. Für das jüngere Alter spricht ebenfalls die klassischen Ferialantiphonen gegenüber weniger archaische melodische Struktur. (Vgl. oben zur Typisierung). Beweisen kann man dies allerdings nicht. Im Hinblick auf die Struktur des Offiziums scheint es so, als würde in einzelnen Handschriften ein Blick vor die Entstehung der römischen Psalmenordnung gewährt, ohne dies jedoch historisch eingrenzen zu können: Die Psalmen 4 und 5 erscheinen in P 3 und P 4 doppelt: einmal in den Sonntagsvigilien, wo die Psalmen 1 - 6 ohne Ausnahme notiert sind und ein zweites Mal an den für sie dem cursus Romanus vorgesehenen Positionen, in den Laudes von Feria II bzw. der Komplet. In den Vigilien des Sonntags zeigen die Antiphonarien eine engere Verbindung zum kurrenten Psalter wie von der Psalmenordnung gewünscht und man fragt sich, ob hier eine der römischen Psalmenverteilung gegenüber ältere Ordnung durchscheint. Mt schreibt für die Vigilien des Sonntags alle Psalmen aus. Die Psalmen 21 - 25! werden dort mit der Antiphon Dominus regit me (Ps 22.1.2; Nr. 71) zusammengefasst. Die Sonntagsvigilien enden hier folglich nicht mit Psalm 20 wie vom cursus Romanus vorgeschrieben. Weist Mt an dieser Stelle auf eine wie von Pascher vermutete Psalmenverteilung in den Sonntagsvigilien von ursprünglich 25 Psalmen hin? 1 Zur Wahl einer Antiphon in Verbindung mit der Struktur der Vigilien: Die Struktur der Sonntagsvigilien im cursus Romanus ist in der Regel mit der Wahl der Antiphon eng verbunden, was man daran sehen kann, dass es eine Tendenz gibt, den Text der Antiphon aus dem ersten Psalm der Einheit zu wählen. Dass es Ausnahmen gibt, etwa dass eine Antiphon aus dem zweiten Psalm der Psalmen- 1 P ASCHER , Frühgeschichte bes. 56 f. 130 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="131"?> gruppe auch rückwirkend als Antiphon für den ersten Psalm der Einheit fungieren kann, könnte einerseits zeigten, dass es im Rahmen von engen Vorschriften gewisse Freiheiten bei der Wahl einer Antiphon gab, andererseits könnte die Verbindung von Antiphon und Psalm dort genetisch älter sein als die Ordnung, die diesen in den Manuskripten den Platz weist. Musikwissenschaftliche Besonderheiten Planvolles Vorgehen in einzelnen Handschriften Was die Modi betrifft, findet man in den italienischen Quellen F und B 2 sowie in den französischen Manuskripten Cb und P 4 eine Besonderheit. Dort wechseln die Psalmtöne zwischen Psalm 1 und 20, die für den Sonntag bzw. den Sonntag in aestate vorgesehen sind, vom ersten bis zum achten Modus strikt aufsteigend. „ Mod. “ bezieht sich auf den Modus und „ Diff. “ auf die Differenz. Antiphonen der Sonntagsvigilien aus F: PsV; Nr. der Edition Antiphon Mod. Diff. zu Ps 1; Nr. 3 Beati qui in lege 1 7 5 zu Ps 7; Nr. 15 Qui salvos facis 2 1 2 zu Ps 11; Nr. 20 In aeternum tu nos serva 3 12 zu Ps 15; Nr. 34 Tribue nobis domine 4 1 2 Ps 16,6; Nr. 37 Inclina aurem 5 1 zu Ps 17; Nr. 51 Virtus nostra 6T 4 zu Ps 18; Nr. 59 Legis tuae 7 1 Ps 19,10; Nr. 63 Exaudi nos 8 8 Alle diese Antiphonen stellen Einzeltraditionen von F dar. Antiphonen der Sonntagsvigilien aus B 2 : PsV; Nr. der Edition Antiphon Mod. Diff. zu Ps 1; Nr. 5 Pro fidei 1 19 1 Ps 7,12; Nr. 12 Juste deus judex 2 2 1 zu Ps 11; Nr. 22 Surge et in aeternum 3 16 1 zu Ps 15; Nr. 33 Naturae genitor 4 17 zu Ps 16; Nr. 41 Pectora nostra 5 1 Ps 17,28; Nr. 48 Tu populum 6 2 2 Ps 18,6; Nr. 55 Sponsus ut e thalamo 7 1 1 zu Ps 19; Nr. 64 Auxilium nobis 8 9 1 zu Ps 20; Nr. 68 Rex sine fine 4 17 Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 131 <?page no="132"?> Antiphonen der Sonntagsvigilien aus Cb: PsV; Nr. der Edition Antiphon Mod. Diff. zu Ps 1; Nr. 5 Pro fidei 1 19 Ps 7,12; Nr. 12 Juste deus judex 2 1 zu Ps 11; Nr. 22 Surge et in aeternum 3 3 zu Ps 15; Nr. 33 Naturae genitor 4 1 1 zu Ps 16; Nr. 41 Pectora nostra 5 1 Ps 17,28; Nr. 48 Tu populum 6 1 Ps 18,6; Nr. 55 Sponsus ut e thalamo 7 1 1 zu Ps 19; Nr. 64 Auxilium nobis 8 8 zu Ps 20; Nr. 68 Rex in aeternum 4 1 1 Antiphonen der Sonntagsvigilien aus P 5 : PsV; Nr. der Edition Antiphon Mod. Diff. zu Ps 1; Nr. 5 Pro fidei 1 19 Ps 7,12; Nr. 12 Juste deus judex 2 1 zu Ps 11; Nr. 22 Surge et in aeternum 3 1 zu Ps 15; Nr. 33 Naturae genitor 4 1 1 zu Ps 16; Nr. 41 Pectora nostra 5 1 Ps 17,28; Nr. 48 Tu populum 6 1 Ps 18,6; Nr. 5 Sponsus ut e thalamo 7 1 1 zu Ps 19; Nr. 64 Auxilium nobis 8 8 zu Ps 20; Nr. 68 Rex sine fine 4 1 1 Während F Einzeltraditionen bietet, sind in B 2 , Cb und P 5 sowohl Auswahl der Texte als auch die Modi identisch. Häufig sind sogar die Differenzen übereinstimmend, was die Abhängigkeit unterstreicht. Außerdem fügen sie nach dem erreichten 8. Modus noch eine weitere Antiphon, Rex sine fine, bzw. Rex in aeternum (zu Ps 20; Nr. 68) im 4. Modus an. Sie hängen voneinander ab. In der Wahl der differentia zeigt sich B 2 teilweise unabhängig von den beiden französischen Handschriften Cb und P 5 , die ihrerseits jedoch auch in der Wahl der Psalmtöne übereinstimmen. Auch K 1 und K 2 lassen ein Konzept in der Wahl der Modi in den Sonntagsvigilien erkennen: PsV; Nr. der Edition Antiphon Mod. K 1 Mod. K 2 Ps 2,11; Nr. 7 Servite domino 7 5 Ps 7,2; Nr. 10 Domine deus 8 8 Ps 12,4; Nr. 26 Respice et exaudi 8 8 Ps 15,2; Nr. 30 Bonorum meorum 3 3 Ps 16,6; Nr. 38 Inclina … mihi 7 7 132 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="133"?> PsV; Nr. der Edition Antiphon Mod. K 1 Mod. K 2 Ps 17,47; Nr. 49 Vivit dominus 7 7 Ps 18,4; Nr. 54 Non sunt loquelae 7 7 Ps 19,2; Nr. 61 Exaudiat te 8 8 Ps 20,2; Nr. 66 Domine in virtute 8 8 Die drei Nokturnen sind nach einem Prinzip aufgebaut, das vor allem K 1 perfektioniert. Dort beginnen die erste und dritte Nokturn mit einer Antiphon im 7. Modus, um dann zwei Antiphonen im 8. Modus zu schreiben. Die zweite Nokturn beginnt im 3. Modus, um dann zwei Mal den 7. Modus erklingen zu lassen. Es scheint, dass man hier teilweise den Modus einer Antiphon anpasste, um in der Struktur bleiben zu können: So finden wir Domine, deus, die in den meisten Manuskripten im 1. Modus (bzw. in T 2 im 2. Modus) verfasst wurde, in K 1 , K 2 und Pi im 8. Modus stehen. In der K 1 gegenüber jüngeren Handschrift K 2 wurde die erste Antiphon der Sonntagsvigilien Servite domino vom 7. Modus in den 5. Modus umgeschrieben. Möglicherweise hatte da der modal parallel aufgebaute Duktus der Sonntagsvigilien an Bedeutung verloren. In K 1 und K 2 fällt der dominante Gebrauch an modi authentici auf, zu denen der 1., 3., 5. und 7. Modus zählen. Besonders die häufige Wahl des 7. Modus ist dort augenscheinlich. Damit verbunden ist eine bestimmte, von musikalischer Spannung geprägte Klangqualität, die hier im Vergleich mit den Sonntagsvigilien anderer Antiphonarien vielleicht bevorzugt wurde. R 1 und R 2 bieten für die Sonntagsvigilien ebenfalls ein musikalisches Konzept: Antiphonen der Sonntagsvigilien aus R 1 : PsV; Nr. der Edition Antiphon Mod. Ps 2,11; Nr. 7 Servite domino 8 Ps 7,12; Nr. 12 Deus judex justus 8 Ps 11,8; Nr. 19 Tu domine servabis 8 Ps 15,1; Nr. 29 Conserva me 8 Ps 16,6; Nr. 38 Inclina … mihi 7 Ps 17,2; Nr. 43 Diligam te 6 Antiphonen der Sonntagsvigilien aus R 2 : PsV; Nr. der Edition Antiphon Mod. Ps 2,11; Nr. 7 Servite domino 8 Ps 7,12; Nr. 12 Deus judex justus 8 Ps 11,8; Nr. 19 Tu domine servabis 8 Ps 15,1; Nr. 29 Conserva me 8 Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 133 <?page no="134"?> PsV; Nr. der Edition Antiphon Mod. Ps 16,6; Nr. 38 Inclina … mihi 7 Ps 17,2; Nr. 43 Diligam te 6 In aestate: Ps 15,2; Nr. 30 Bonorum meorum 3 Ps 16,6; Nr. 36 Ego clamavi 7 Ps 17,27; Nr. 47 Quoniam tu 7 Ps 18,4; Nr. 54 Non sunt loquelae 7 Ps 19,2; Nr. 61 Exaudiat te 8 Ps 20,2; Nr. 66 Domine in virtute 8 Hier ist die erste Nokturn der Sonntagsvigilien, von den Tonarten her betrachtet, fast ausschließlich dem 8. Modus gewidmet. Erst in der 2. Nokturn - R 2 betreffend auch in der 3. Nokturn - der Vigilien werden aus musikalischer Sicht mit dem 6. und 7. Modus Akzente gesetzt: In der zweiten Nokturn fallen die Antiphonen vom 8. bis zum 6. Modus schrittweise ab. Die für die Sonntage im Sommer, wo die Nächte länger sind, vorgesehenen weiteren drei Antiphonen stehen im 3. bzw. 7. Modus und damit in modi authentici. Möglicherweise wollte man da die Strahlkraft des Sommers auch tonal umsetzen. Die 3. Nokturn, nur in R 2 vorhanden, greift den 7. Modus der letzten Antiphon des Sonntags in aestate auf, um abschließend wieder den 8. Modus zu erreichen. Damit schließt sie, musikalisch gesehen, den Kreis zum Beginn der Feier. Gesetzmäßigkeiten und Übereinstimmungen lassen sich in weiteren untersuchten Antiphonarien höchsten ansatzweise feststellen. Zum Sonntag per annum ist in T 2 kein eigenes Ferialoffizium überliefert, jedoch für die Dominica in aestate: Antiphonen der Sonntagsvigilien aus T 2 : PsV; Nr. der Edition Antiphon Mod. Ps 1,6; Nr. 2 Novit dominus 4 Ps 2,11; Nr. 6 Servite domino 3 Ps 7,2; Nr. 10 Domine deus 2 Ps 9,20; Nr. 17 Exsurge domine 1 Ps 12,6; Nr. 28 Cantabo domino 8 Ps 15,1; Nr. 29 Conserva me 2 Ps 15,2; Nr. 30 Bonorum meorum 3 zu Ps 16; Nr. 42 Propter verba 1 Ps 16,6; Nr. 36 Ego clamavi ? Ps 17,2; Nr. 43 Diligam te 6 Ps 17,47; Nr. 49 Vivit dominus 7 Ps 17,3; Nr. 44 Dominus firmamentum 8 Ps 18,2; Nr. 52 Caeli enarrant 1 134 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="135"?> PsV; Nr. der Edition Antiphon Mod. Ps 18,4; Nr. 54 Non sunt loquelae 7 Ps 18,15; Nr. 57 Meditacio cordis 3 Ps 19,2; Nr. 61 Exaudiat te 8 Ps 20,2; Nr. 66 Domine in virtute 8 Nr. 20,14; Nr. 67 Cantabimus 8 Eines fällt an dieser Stelle in musikalischer Hinsicht besonders auf: Novit dominus ist eindeutig authentisch und damit ein 3. Modus, wird aber aufgrund des Psalmtons, der im 4. Ton notiert ist, auch zu diesem Modus gezählt. Diese Widersprüchlichkeit zeigt, dass hier verschiedene Entstehungsschichten aufeinander treffen. Warum dies so gewählt wurde, lässt sich vielleicht anhand der Struktur des Ferialoffiziums erklären: Die ersten vier Antiphonen der Sonntagsvigilien (im Sommer) fallen, im 4. Modus beginnend, schrittweise ab. Dies könnte freilich Zufall sein, zumal eine Logik in der Abfolge der Modi im weiteren Verlauf der Sonntagsvigilien nicht zu ermitteln ist, dennoch könnte dies eine Erklärung dafür sein, dass T 2 Novit dominus im 4. Modus überliefert, obwohl der Melodieduktus den 3. Modus nahe legen würde. Zur Deutung der vorgestellten Konzepte Hinter all diesen Ordnungen für die Sonntagsvigilien steht ein Konzept. Man übernahm die Antiphonen nicht einfach, sondern vermittelte jeweils eine musikalische Aussage. Möglicherweise war die hinter diesen Formularen stehende musikalische Vorstellung auch unterschiedlich: Es ist zu vermuten, dass man in F, B 2 , Cb und P 5 mit den vom 1. - 8. Modus aufsteigenden Antiphonen das gesamte Spektrum an Modi in geregelter Form zum Ausdruck bringen wollte. Ebenso könnte dies in Ansätzen auch in T 2 gewesen sein. Bei K 1 , K 2 sowie R 1 und R 2 ist es hingegend naheliegend, dass man bewusst etwa den 8. oder 7. Modus in bestimmter Reihenfolge einsetzte, um einer bestimmten Klangfarbe und der mitgedachten musikalischen Aussage Raum zu geben. 2 Anders sieht es in den Ferialoffizien der Feriae II bis Samstag aus. 4.1.1.2 Repertoire des cursus monasticus Das Repertoire an Antiphonen für die Sonntagsvigilien des cursus monasticus, die dort zu den Psalmen 20 - 31 erklingen, findet man in der Regel auch in Quellen des römischen Cursus, nur eben - mit Ausnahme von Psalm 20 - dort an anderer, für sie festgelegten Stelle: entweder über die Woche verteilt in der Prim oder in den Vigilien von Montag bis Samstag. Sie werden in vorliegender Arbeit zusammen mit den Antiphonen der Feriae II bis Samstag des cursus Romanus behandelt. Die Psalmen 1, 2 und 6 - 19, die nach römischer Psalmenordnung in den Sonntagsvigilien gesungen werden, stehen hingegen dem cursus monasticus 2 Zur Aussage von gregorianischen Modi vgl. z. B. S AULNIER , Modes. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 135 <?page no="136"?> gemäß in der Prim. Psalm 3, nach römischer Ordnung ebenso in den Vigilien des Sonntags, kommt nach benediktinischer Regel antiphonlos als erster Einleitungspsalm zu Klang. Die Antiphonen zu diesen Psalmen werden im Rahmen dieser Arbeit an entsprechender Stelle thematisiert. 4.1.2 Antiphonen zu Psalmen der Vigilien von Feria II bis Samstag Von einigen Psalmen abgesehen, die aufgrund ihrer thematischen Schwerpunkte in den Laudes, aber auch in Prim oder Komplet ihren Platz haben, werden nun die Antiphonen zu den Psalmen 26 - 108 behandelt. Es sind Antiphonen zu den Psalmen, die nach römischer Psalmenordnung in den Vigilien der Feriae II - Samstag Einzug fanden. Da ein Konzept der römischen Psalmenverteilung Grundlage der benediktinischen Reform war und Abhängigkeiten von Repräsentanten der monastischen gegenüber der römischen Ordnung in frühest verfügbaren Codices transparent sind, werden die Antiphonen zu den Psalmen 26 - 108 auf der Grundlage der römischen Psalmenverteilung besprochen. 3 Antiphonen der benediktinischen Ordnung werden in dieser Arbeit nur dann eigens thematisiert, wenn gegenüber dem cursus Romanus aufgrund von Psalmenverschiebungen und -teilungen neue Antiphonen in den Quellen erscheinen. Psalmenteilungen wurden nach monastischem Cursus vorgenommen, um trotz der Verlegung der Psalmen 35, 56, 63, 75 und 87 in die Laudes und des Beginns der Psalmenreihe in Feria II mit Psalm 32, an Stelle von Psalm 26 nach römischer Verteilung, dennoch in jeder Vigil auf die Zahl 12 an Psalmen zu kommen. Von einer Teilung betroffen sind die Antiphonen zu den Psalmen 36, 67, 68, 77, 88 und 103 - 106. Näher beleuchtet werden im Zusammenhang mit der benediktinischen Ordnung auch optionale Änderungen in Bezug auf die Wahl von Antiphonen, die durch die Rückverlagerung von Psalm 53 von der Prim in den Cursus der Vigilien entstanden sind. Antiphonen in Verbindung mit Psalmenpaaren Antiphonen der Vigilien werden immer auch in Verbindung mit dem Psalmenpaar betrachtet, zu dem sie gesungen werden. Denn in den Vigilien werden Psalmen immer paarweise durch eine Antiphon verbunden. Deren Text ist meist dem ersten oder zweiten Psalm entnommen. Primär den cursus Romanus im Blick, findet man häufig zu den Psalmenpaaren aus allen untersuchten Handschriften nur eine Antiphon, was darauf hinweist, dass zur Zeit der Verschriftlichung die Verwendung von Antiphonen in Verbindung mit der Struktur des Offiziums an dieser Stelle vereinheitlicht war. 3 Zu Abhängigkeiten in erster Linie der monastischen von der römischen Psalmenverteilung, hypothetisch auch teilweise umgekehrt, vgl. grundlegend P ASCHER , Stundengebet; ders., Psalter; ders., Frühgeschichte 55 - 58. In dieser Arbeit wird das Verhältnis von Ferialantiphonen römischen und monastischen Traditionsguts an konkreten Beispielen an entsprechender Stelle beleuchtet. 136 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="137"?> Gelegentlich ist der Text einer Antiphon jedoch aus dem zweiten Palm des Paares. Jean Claire vermutet an diese Stelle, dass diese sekundären Charakter hätten. 4 Wäre eine Genese von Ferialantiphonen, deren Texte aus dem zweiten Psalm des Psalmenpaares stammen, im Vergleich mit denen, deren Text aus dem ersten Psalm des Psalmenpaares rekrutiert wurde, jedoch sekundär, so wäre zu erwarten, dass sie dann etwa aufgrund ihres Inhalts als Antiphon exponiert worden wären. Es macht keinen Sinn, im Hinblick auf den Gesamtvollzug eines Psalmenpaares einen Psalmvers aus dem zweiten Psalm als Antiphon zu wählen, der zum Inhalt des ersten Psalms in keiner Weise passt, wie bei Eructavit cor verbum bonum (Ps 44,2 [1a]; Nr. 96). Dort ist Psalm 43 der erste Psalm, zu dem diese Antiphon gesungen wird, ein Klagepsalm, der in Kriegsnot um die Huld Gottes fleht. Der Inhalt von Psalm 44 bietet hierzu ein Kontrastprogramm: Ein Lied zur Hochzeit des Königs, das mit dem Vers Mein Herz fließt über von froher Kunde beginnt. Wollte man keinen Vers, der eine Klage beinhaltet, als Antiphon? Doch auch wenn man sich davon distanzierte, wie es alle Ferialantiphonen zeigen, so hätte man doch in Vers 5 von Psalm 43 fündig werden können, der sich zu Gott als König bekennt, der Jakob den Sieg verleiht, und diesen Vers exponieren können. Daher ist davon auszugehen, dass Eructavit cor bereits mit Psalm 44 eng verbunden war, als diese Antiphon den Weg in die uns vorliegende Offiziumsstruktur mit Psalmenpaaren in den Vigilien fand. Geht man davon aus, dass in der Psalmenstruktur der Vigilien der uns bekannten Formen des Offiziums möglicherweise andere Spielarten kurrenter Psalmodie zusammenfließen, liegt es nahe, dass man bei der Umsetzung der Struktur des römischen sowie des benediktinischen Offiziums vorhandenes Material in diese Formen integrierte und nicht, nachdem die Struktur vorhanden war, Antiphonen generierte. Die Antiphonen zu den Psalmen der Vigilien werden nun auf der Grundlage des cursus Romanus entlang der einzelnen Feriae in Verbindung mit den Psalmenpaaren besprochen. In den Tabellen ist links das Psalmenpaar angegeben, zu dem die Antiphon dem cursus Romanus entsprechend gesungen wird. Divergiert das Psalmenpaar im cursus monasticus, wird dies darunter in Klammern mit einem (m) vermerkt. In der Mitte der Tabellen ist der Psalmvers in Kombination mit der Nummer der vorliegenden Edition notiert und rechts das Initium der betreffenden Antiphon. Direkt im Anschluss an die Tabellen wird der Bestand zu den einzelnen Feriae beleuchtet, dabei wird zunächst auf den Bestand des cursus Romanus eingegangen und anschließend das Repertoire des cursus monasticus davon abgrenzend betrachtet. Erst im Anschluss an die Darstellung des Bestands aller Antiphonen der Vigilien von Feria II bis Samstag wird dieser gedeutet. 4 C LAIRE , Répertoires hier 154 f. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 137 <?page no="138"?> 4.1.2.1 Antiphonen zu Psalmen der Vigilien von Feria II Repertoire des cursus Romanus Für Feria II sind im Rahmen der römischen Psalmenverteilung ausschließlich Antiphonen aus dem ersten Psalm des jeweiligen Psalmenpaares überliefert: Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 26/ 27 Ps 26,1 (1a); Nr. 76 Illuminatio mea Ps 26,1 (1b); Nr. 77 Dominus defensor Pss 28/ 29 Ps 28,1+2 (1a+2c); Nr. 78 Afferte domino Ps 28,2 (2b); Nr. 79 Adorate dominum Ps 28,10 (10b); Nr. 80 Sedebit dominus Pss 30/ 31 Ps 30,2 (1b); Nr. 81 In tua justitia Pss 32/ 33 Ps 32,1 (1b); Nr. 82 Rectos decet Ps 32,3 (3b); Nr. 83 Bene psallite domino Pss 34/ 35 (Pss 34, 36 I [m]) Ps 34,1 (1b); Nr. 85 Expugna impugnantes Ps 34,9 (9); Nr. 86 Anima mea Pss 36/ 37 (Pss 36 II, 37 [m]) Ps 36,5 (5a); Nr. 89 Revela domino Zu Antiphonen, die zahlreich bezeugt sind: Jeweils eine Antiphon zu einem Psalmenpaar hat sich in der Breite durchgesetzt. 5 Zu Psalm 26 ist es Dominus defensor, zu Psalm 28 ist es Adorate dominum, zu Psalm 30 In tua justitia, zu Psalm 32 Rectos decet, zu Psalm 34 Expugna impugnantes und zu Psalm 46 Revela domino. Zur Zeit der Verschriftlichung waren diese Antiphonen in Verbindung mit der Struktur des römischen Offiziums etabliert. Mit Ausnahme von Revela domino ist der Text eben genannter Antiphonen aus dem Anfang des Psalms gewählt. Dies weist darauf hin, dass sie, ohne auf den Inhalt der Worte zu achten, aus formalen Gründen, hypothetisch in Verbindung mit einer Form des kurrenten Psalters frühchristlicher Mönche bzw. Nonnen zu Antiphonen wurden. Dass sich mit Revela domino auch eine Antiphon aus der Mitte des Psalms durchsetzen konnte, zeigt die Verwobenheit unterschiedlicher Traditionen im Vorfeld der Verschriftlichung. 5 Einzelne Manuskripte werden an dieser Stelle der Übersicht halber nur dann benannt, wenn dadurch etwas verdeutlicht werden kann. Ansonsten vgl. die Edition im digitalen Anhang zu dieser Arbeit. 138 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="139"?> Zu Antiphonen, die in wenigen Handschriften tradiert sind Einige Antiphonarien weichen partiell vom Duktus der breiten Tradition ab und schenken der Nachwelt eigene Überlieferungen bzw. Antiphonen zu bestimmten Psalmen parallel zur gängigen Tradition. Letzteres ist bei Illuminatio mea der Fall. Sie wird von Ar, C 5 H, P 6 , Tr und T 1 notiert. Mit Ausnahme von P 6 und Tr haben alle zusätzlich Dominus defensor als Alternative. Sie bieten damit vier an Stelle von drei Antiphonen in der zweiten Nokturn. Mit Afferte domino schenkt K 2 eine zweite Alternative zu Adorate dominum - leider ohne Noten. Ebenfalls zu Psalm 28, allerdings als einzige Antiphon zu diesem Psalm, notiert Mc die Antiphon Sedebit dominus, die H auch, aber nur als eine weitere Antiphon neben Adorate dominum in ihren Codex setzt. U setzt sich gleich zweimal von der breiten Tradition ab. Zu Psalm 32 bietet sie Bene psallite domino und zu Psalm 34 Anima mea. Die beiden Antiphonen treten in den hier untersuchten Handschriften in keinem weiteren Ferialoffizium auf. Abweichungen im Zusammenhang mit der benediktinischen Reform Die in nach der Regula Benedicti in den Sonntagsvigilien stehenden Psalmen 26 - 31 stimmen, was die Psalmenpaare betrifft, mit der römischen Ordnung überein. Psalm 36 wird dort jedoch geteilt, da Psalm 35 in die Laudes abwandert und die monastische Ordnung so auf die geforderte Anzahl von Psalmen in den Vigilien kommt. Ein Teil von Psalm 36 wird mit Psalm 34 gekoppelt und einer mit Psalm 37. Divergenzen zur römischen Tradition Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 32/ 33 Ps 33,3 (2); Nr. 84 In domino laudabitur Pss 36/ 37 (Pss 36 II, 37 [m]) Ps 36,3 (3a); Nr. 88 Spera in domino Ps 37,2 (1b); Nr. 90 Ne in ira Die vorgestellten drei Antiphonen dokumentieren spezifisch monastische Tradition: Zu den Psalmen 32/ 33: Obwohl der römische Cursus aus Ps 32 die Antiphon Rectos decet bzw. die Handschrift U Bene placite domino liefert, notieren H und T 1 zusätzlich auch eine Antiphon zu Psalm 33: In domino laudabitur. Ar und P 6 kennen diese Antiphon ebenso, sie nutzen sie allerdings am Sonntag in den Laudes zu den Psalmen 148 - 150 als Alternative zu einer Allelujaantiphon. Der primäre Ort der Antiphon In domino laudabitur dürfte der zu Psalm 33 sein, aus dem sein Text wörtlich genommen wurde. Zu Psalm 36 konnte sich die mit dem römischen Repertoire Revela domino gemeinsame Antiphon nicht gänzlich durchsetzen. Die monastische Tradition Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 139 <?page no="140"?> teilt sich hier. B 2 , C 5 , E 2 , H, S, Wn 1 , Wn 2 und Z wählen die römische Version. Ar, K, P 6 , P 7 und W hingegen bilden mit Spera in domino einen neuen Traditionsstrang. T 1 , die eine Mischform zwischen römischer und monastischer Ordnung bietet, schließt sich hier gleichermaßen an. Auch zu Psalm 37 kennt die monastische Tradition eine eigene Antiphon. Obwohl dieser Psalm in Verbindung mit Psalm 36 II der zweite eines Paares ist und das Psalmenpaar mit Antiphonen aus Psalm 36, Spera in domino bzw. Revela domino, schon mit einer Antiphon versorgt gewesen wäre, fließt mit Ne in ira, die von allen Handschriften des cursus monasticus sowie von T 1 als eine vierte Antiphon der ersten Nokturn von Feria II festgehalten wird, in die genetisch nicht mehr auseinander zu dividierenden Traditionsschichten der Vigilien von Feria II des cursus monasticus ein. 4.1.2.2 Antiphonen zu Psalmen der Vigilien von Feria III Repertoire des cursus Romanus Ab Feria III ist die Tradition, was die Zuordnung der Antiphonen zu den Psalmen der Psalmenpaare betrifft, uneinheitlich. Antiphonen können aus dem ersten, aus dem zweiten oder aus beiden Psalmen des Psalmenpaares stammen. Psalmenpaare, bei denen nur der erste Psalm eine Antiphon hat Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 40/ 41 Ps 40,5 (4a); Nr. 93 Ego dixi Ps 40,5 (4b); Nr. 94 Sana domine Pss 45/ 46 Ps 45,2 (1b); Nr. 97 Adjutor in tribulationibus Pss 49 u. 51 Ps 49,1 (1a); Nr. 100 Deus deorum Zu den Psalmen 40/ 41, Psalmen 45/ 46 und 49/ 51 ist die Antiphon jeweils aus dem ersten Psalm gewählt. Mit Ausnahme von Ego dixi, die K 1 und K 2 an Stelle von Sana domine bieten, gibt es an dieser Stelle keine Alternativen. Die Handschriften bieten eine geschlossene Tradition. Psalmenpaare, bei denen nur der zweite Psalm eine Antiphon hat Hier ist nur eine Antiphon zu den Vigilien von Feria III zu vermerken: Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 43/ 44 Ps 44,2 (1a); Nr. 96 Eructavit cor Dass diese Antiphon als einzige des Psalmenpaars der Psalmen 43/ 44 an dieser Stelle verewigt wurde, zeigt ihren Stellenwert schon vor der Verschriftlichung. 140 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="141"?> Psalmenpaare, bei denen beide Psalmen eine Antiphon haben Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 38/ 39 Ps 38,1 (1b); Nr. 91 Ut non delinquam Ps 39,5 (5a); Nr. 92 Beatus vir cujus Pss 47/ 48 Ps 47,2 (1a); Nr. 98 Magnus dominus Ps 48,1 (1b); Nr. 99 Auribus percipite Beim Psalmenpaar der Psalmen 38/ 39 bricht allein U aus der ansonsten geschlossenen Tradition aus und schreibt an Stelle von Ut non delinquam die Antiphon Beatus vir cujus. Die Verbundenheit mit der eigenen Tradition vor der Verschriftlichung scheint stärker, als sich dem Mainstream anzupassen. Auffallend dabei ist, dass Beatus vir cujus einen Vers aus der Mitte des Psalms des zweiten Psalmenpaares ist und damit auf einen anderen Entstehungskontext als den des kurrenten Psalters hinweist. Gab man hier einer lokalen Tradition vor einer archaischen, die sich in der Breite durchgesetzt hatte, den Vorrang? Bei den Antiphonen zu den Psalmen 98/ 99 ist wiederum die aus dem zweiten Psalm des Paares genommene Antiphon Auribus percipite im cursus Romanus die favorisierte. Magnus dominus wird dort nur von Mc, R 1 , R 2 und U festgehalten. Abweichungen im Zusammenhang mit der benediktinischen Reform Gemeinsame monastische und römische Tradition Sowohl bei den Psalmenpaaren der Psalmen 38/ 39, 30/ 41 sowie 43/ 44, die nach Benedikt in der Feria II gesungen werden, als auch bei den Psalmen 45/ 46, 47/ 48 und 49/ 51 gibt es im Hinblick auf das Repertoire an Antiphonen keinen Unterschied zur römischen Tradition. Die Antiphonen Auribus percipite und Magnus dominus differieren allein von der Vielzahl der Handschriften, die sie übernommen haben. Während fast alle Handschriften des cursus Romanus die Antiphon Auribus percipite favorisieren, verhält sich die monastische Überlieferung ausgewogener: Ar, B 1 , E 2 , H, K, P 6 , P 7 , S, Wn 2 und Z schreiben Magnus dominus; C 5 , H, S, W, Wn 1 haben - teilweise zusätzlich - Auribus percipite. 4.1.2.3 Antiphonen zu Psalmen der Vigilien von Feria IV Repertoire des cursus Romanus Psalmenpaar, bei dem nur der erste Psalm eine Antiphon hat Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 59/ 60 Ps 59,13 (10a); Nr. 122 Da nobis domine Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 141 <?page no="142"?> Für das Gebet zur Nachtwache der Feria IV sind zu allen Psalmen, außer zu Psalm 60, Antiphonen überliefert. Da nobis domine ist die einzige Antiphon, die in den Manuskripten zum Psalmenpaar Psalmen 59/ 60 angeführt ist. Sie ist in allen untersuchten Codices bezeugt und gibt somit an dieser Stelle kund, wie eng Offizium und Antiphon zur Zeit der Verschriftlichung verbunden waren. Psalmenpaare, bei denen beide Psalmen eine Antiphon haben Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 52 u. 54 (Pss 52/ 53 [m]) Ps 52,7 (Svb); Nr. 113 Avertet dominus cap. Ps 54,3 (2a); Nr. 116 Intende in me Pss 55/ 56 (Pss 54/ 55 [m]) Ps 55,9 (8a); Nr. 117 Deus vita mea Ps 56,2 (1a); Nr. 118 Miserere mei deus Ps 56,1 (1b); Nr. 119 Quoniam in te Pss 57/ 58 Ps 57,2 (1b); Nr. 120 Juste judicate Ps 58,18 (Svb); Nr. 121 Susceptor meus Pss 61 u. 63 (Pss 61/ 65 [m]) Ps 61,2 (1a); Nr. 123 Nonne deo Ps 63,2 (1b); Nr. 133 A timore inimici Pss 65 u.67 (Pss 61/ 65 [m]) Ps 65,8 (8a); Nr. 135 Benedicite gentes (Pss 67 I/ 67 II [m]) Ps 67,27 (26); Nr. 141 In ecclesiis Zu Pss 52/ 54: Die zum ersten Psalm dieses Paares bezeugte Antiphon Avertet dominus cap. ist mit Ausnahme von B 2 in allen römischen Antiphonarien zu finden. Allein B 2 schreibt Intende in me anstelle von Avertet dominus cap. Sie zeigt damit eine enge Verknüpfung mit der monastischen Tradition. (s. u.) Das Psalmenpaar der Psalmen 55/ 56 bietet gleich drei Antiphonen. Dort kennen Quoniam in te alle Handschriften, abgesehen von den italienischen Manuskripten B 2 , F, Mc und Pi. Diese bieten mit Deus vita mea (B 2 und Mc) sowie Miserere mei deus (F und Pi) andere Traditionsstränge. Wie häufig zu beobachten, ist mit Quoniam in te die zu diesem Psalmenpaar am häufigsten tradierte Antiphon aus dem Beginn des Psalms genommen und weist damit auf die dominante Verbindung zur kurrenten Psalmodie. Nur die beiden Handschriften aus Norditalien bieten in Deus vita mea eine Antiphon, die einen inhaltlichen Aspekt des Psalms betont, nämlich das Vertrauen zum Leben spendenden Gott. 142 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="143"?> Beim Psalmenpaar der Psalmen 57/ 58 schert allein U aus der gemeinsamen Überlieferung aus und bildet mit Susceptor meus neben Juste judicate eine separate Tradition. Dass Susceptor meus dem zweiten Psalm entnommen ist, wohingegen die breite Überlieferung die Antiphon aus dem Anfang des ersten Psalms wählt, hat offensichtlich für U keine Bedeutung. Vielleicht weist U hier auf eine Spielart der kurrenten Psalmodie hin, den Psalm aus dem Bereich des Psalmenanfangs, jedoch nicht aus dem ersten Vers des Psalms zu rekrutieren. Das folgende Psalmenpaar der Psalmen 61/ 63 hat für den zweiten Psalm des Psalmenpaares mit A timore inimici eine stark bezeugte Antiphon mit Ausnahme von den beiden römischen Codices R 1 und R 2 sowie von drei weiteren italienischen Antiphonarien: F, Mc und Pi. Diese haben an dieser Stelle Nonne deo, den direkten Beginn von Psalm 61, als Antiphon. Bei den Antiphonen des letzten in den Vigilien von Feria IV gesungenen Psalmenpaars, den Psalmen 65/ 67, spalten sich wiederum einige italienische Codices gemeinsam mit R 1 und R 2 von den übrigen Handschriften ab: B 2 , F, Pi, R 1 , R 2 , und T 2 schreiben Benedicite gentes an Stelle von In ecclesiis, die von allen anderen an dieser Stelle bezeugt ist. Lediglich T 1 bietet beide Varianten. Abweichungen im Zusammenhang mit der benediktinischen Reform Gemeinsame monastische und römische Tradition Zu Pss 52/ 53: Psalm 52 erklingt monastischer Tradition gemäß nicht in den Vigilien von Feria IV, sondern im Verbund mit Psalm 53 in den Vigilien von Feria III. Psalm 53 erscheint hier also als Teil des kurrenten Psalters und ist nicht wie im cursus Romanus sekundär in die Prim ausgelagert. 6 Die Tradition entspricht dennoch der römischen: Avertet dominus cap. wird von allen hier untersuchten Handschriften allein zu diesem Psalmenpaar angegeben. Zu Psalm 53 ist nirgends im cursus monasticus eine Antiphon verzeichnet. Die Antiphon Deus exaudi (Ps 53,4 [4]; Nr. 114), die von B 2 , Gb, P 3 , P 4 , P 5 sowie Sa in der Prim von Feria II erklingt, bzw. Domine exaudi (zu Ps 53,4 [4a]; Nr. 115), die in den Manuskripten B, G 1 , G 2 und Si des cursus Romanus in eben dieser Hore gesungen wird, wird entweder nicht übernommen oder ist den Recipienten frühest verfügbarer monastischer Antiphonarien nicht bekannt. Die Psalmen 54/ 55 bilden hier das nächste Psalmenpaar, bei dem Intende in me (Ps 54,3 [2a]; Nr. 116) der Tradition als Antiphon konkurrenzlos eingeschrieben wurde. 6 Vgl. C ALLEWAERT , Matutino hier besonders 146. Vgl. diese These unterstützend auch L E R OUX , Étude hier 47; vgl. dazu auch Z ERFA ß, Responsorium. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 143 <?page no="144"?> Die Psalmen 57/ 58 werden in der monastischen Welt wie in der römischen Tradition von fast in allen Vigilien mit Juste judicate verbunden. Auch beim Psalmenpaar der Psalmen 59/ 60, die benediktinischer Tradition entsprechend das letzte Psalmenpaar der Vigilien von Feria III verbinden, hat sich der römischen Tradition gegenüber nichts geändert. Da nobis domine ist die einzig überlieferte Antiphon zu diesem Psalmenpaar. Da Psalm 63 in die Laudes desselben Tages verlegt wurde, bilden nun nach monastischem Cursus nicht mehr die Psalmen 61/ 63, sondern die Psalmen 61/ 65 ein Paar. Aus Psalm 61 ist der Text der Antiphon Nonne deo, die beide Traditionen teilen. Sie wird hier von B 1 und H tradiert. Die aus Psalm 65 gewählte Antiphon ist gemäß der römischen Tradition Benedicite gentes. Sie wurde in alle Handschriften monastischen Ursprungs mit Ausnahme von B 1 und H aufgenommen. 4.1.2.4 Antiphonen zu Psalmen der Vigilien von Feria V Repertoire des cursus Romanus Psalmenpaare, bei denen nur der erste Psalm eine Antiphon hat Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 70/ 71 (Pss 69/ 70 [m]) Ps 70,3 (3a); Nr. 144 Esto mihi Pss 78/ 79 (Pss 77 II/ 78 [m]) Ps 78,9 (9b); Nr. 159 Propitius esto Ps 78,9 (9cd); Nr. 160 Propter nomen Für die Psalmen 70/ 71 ist nach römischer Tradition nur eine Antiphon aus dem ersten Psalm des Psalmenpaares tradiert: Esto mihi. Sie wird von allen Ferialoffizien geteilt. Das letzte Psalmenpaar des cursus Romanus zu Feria V besteht aus Pss 78/ 79. Hierzu stammen die in den untersuchten Handschriften einzigen Antiphonen aus dem ersten Psalm des Paares Propitius esto und Propter nomen. Alle Codices wählen an dieser Stelle Propitius esto, mit Ausnahme von T 2 , die Propter nomen hat. Psalmenpaare, bei denen beide Psalmen eine Antiphon haben Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 68/ 69 (Pss 68 I u. II [m]) Ps 68,33 (32b); Nr. 142 Quaerite dominum (Pss 69/ 70 [m]) Ps 69,2 (1); Nr. 143 Domine deus 144 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="145"?> Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 72/ 73 Ps 72,1 (1a); Nr. 145 Quam bonus (Pss 71/ 72 [m]) Ps 72,1 (1); Nr. 146 Quam bonus (Pss 73/ 74 [m]) Ps 72,28 (28a); Nr. 148 Adhaerere deo Ps 72,28; Nr. 149 Ponere in deo Ps 73,2 (2b); Nr. 150 Liberasti virgam Pss 74/ 75 Ps 74,2 (1b); Nr. 151 Et invocabimus (Pss 73/ 74 [m]) Ps 75,2 (1b); Nr. 152 In israel Pss 76/ 77 Ps 76,2 (1b); Nr. 153 Vox mea (Pss 76/ 77 I [m]) Ps 76,6 (5); Nr. 154 Cogitavi dies antiquos Ps 76,15 (14); Nr. 155 Tu es deus Ps 77,1 (1a); Nr. 156 Attendite popule Ps 77,1 (1b); Nr. 157 Inclinate aurem Ps 77,72 (Svb); Nr. 158 In intellectibus Dem Psalmenpaar der Psalmen 68/ 69 wurde von fast überall Domine deus als Antiphon an die Seite gestellt. Lediglich Mc, T 1 und T 2 tradieren Quaerite dominum. Doch während die beiden spanischen Codices T 1 und T 2 beide Antiphonen als Alternative bieten, konzentriert sich Mc auf die eine Variante und distanziert sich an dieser Stelle von der breiten Tradition, die Antiphon aus dem Beginn des Psalms zu wählen. Zum Psalmenpaar der Psalmen 72/ 73: Gleich fünf Antiphonen des cursus Romanus sind für dieses Psalmenpaar zu vermerken. Vier zu Psalm 72: Zwei verschiedene Antiphonen aus Psalm 72,1: Quam bonus (V 1a; Nr. 145) und Quam bonus (V 1; Nr. 146) sowie zwei weitere: Adhaerere deo und Ponere in deo. Nur eine Antiphon aus Psalm 73 ist den römischen Ferialoffizien bekannt: Liberasti virgam. Diese eine Antiphon ist jedoch in fast alle Handschriften integriert. Nur B 2 , Mc, P 1 und U haben sie nicht. Letztgenannte Manuskripte tradieren eine der Antiphonen zu Psalm 72. P 1 wählt eine längere Variante von Quam bonus (Ps 72,1). Die kürzere Version Quam bonus (Ps 72,1a) haben, vom römischen Cursus her betrachtet, nur T 1 und T 2 , die sich hier der monastischen Welt anschließen. B 2 und Mc tradieren Ponere in deo spem und verbinden sich an dieser Stelle mit dem Brauch, die Antiphon aus der Mitte des Psalms zu wählen. 7 7 Die Option, eine Antiphon aus der Mitte des Psalms zu wählen, scheint für B 1 , B 2 und Mc norditalienischer Provenienz eher zufällig, vergleicht man andere Antiphonen, die ebenso Eigengut der Handschriften um Benevent und Monte Cassino darstellen. (Vgl. Deus vita mea Ps 55,9 [8a]; Nr. 117 - tradiert von B 2 und Mc; Ponere in deo Ps 72,28 [28b]; Nr. 149 - überliefert von B 1 , B 2 und Mc; Magna opera domini Ps 110,2 [2a]; Nr. 196 - im Ferialoffizium von B 1 , B 2 , Mc; Ad te levavi Ps 122,1 [1]; Nr. 256 - aufgenommen in C 5 B 2 und Mc.) Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 145 <?page no="146"?> U bringt mit Adhaerere deo eine eigene Note ins Spiel und zeigt damit ebenfalls eine Antiphon, deren Text nicht dem Beginn ihres Psalms entlehnt ist. Bei den Antiphonen zum Psalmenpaar der Psalmen 74/ 75 teilt sich die Welt des cursus Romanus: B, E 1 , F, K 1 , K 2 , Pi, R 1 , R 2 , Si, Tr, Tu und U dokumentieren Et invocabimus; B 2 , Cb, E 1 , G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Sa, T 1 , T 2 und V schreiben hingegen In israel vor. Wie die jeweilige Wahl motiviert ist, geht aus dieser Zusammenstellung nicht hervor. Zu den Psalmen 76/ 77 schenken die Handschriften der Nachwelt jeweils drei Antiphonen: Vox mea, Cogitavi dies antiquos und Tu es deus sind Texte aus Psalm 76, während der Wortlaut von Attendite popule, Inclinate aurem und In intellectibus Psalm 77 entnommen ist. Vox mea ist eine rein altrömische Tradition und Cogitavi dies antiquos eine Einzeltradition aus Mo. Hingegen ist Tu es deus überall mit Ausnahme von Mo, R 1 , R 2 und U bezeugt. Tu wählt Attendite popule aus Psalm 77 und konzentriert sich hier auf eine eigene Tradition. Die beiden anderen Antiphonen aus Psalm 77 haben ebenfalls eine regionale Note. Inclinate aurem ist von römischer Tradition her nur in T 1 , T 2 sowie U tradiert, und In intellectibus ist ausschließlich im Ferialoffizium von T 1 schriftlich fixiert. Abweichungen im Zusammenhang mit der benediktinischen Reform In Manuskripten, deren Cursus der benediktinischen Reform geschuldet ist, gibt es nur eine Antiphon zu den Vigilien von Feria VI, die der cursus Romanus nicht hat: Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 72/ 73 (Pss 71/ 72 [m]) Ps 72,24 (24a); Nr. 147 Tenuisti domine Nur die süddeutschen Handschriften H, E 2 und Z sowie die beiden österreichischen Manuskripte Wn 1 und Wn 2 haben sie in ihrem Repertoire und zeigen damit ihre regionale Note. Gemeinsame monastische und römische Tradition Obwohl teilweise die Psalmenpaare der monastischen im Vergleich zur römischen Psalmenordnung andere wurden, teilten beide Traditionen fast alle Antiphonen: Monastischer Tradition gemäß wurde Psalm 68 geteilt und fungiert als Doppelpsalm in den Vigilien von Feria IV. Als einzig überlieferte Antiphon aus Psalm 68 ist Quaerite dominum (Ps 68,33 [32b]; Nr. 142) vermerkt. Sie wird von allen Manuskripten des cursus Romanus sowie des cursus monasticus notiert. Eine ausschließlich monastische Tradition an Ferialantiphonen zu Ps 68 ist in den untersuchten Antiphonarien nicht vermerkt, die Traditionen sind zum Zeitpunkt der Verschriftlichung ineinander verwoben. 146 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="147"?> Infolge der Teilung von Psalm 68 wurden dem cursus monasticus gemäß die Psalmen 69/ 70 sowie die Psalmen 71/ 72 zu einem Psalmenpaar. Trotz im Vergleich mit der römischen Psalmenordnung unterschiedlicher Verteilung der Psalmen, sind auch hier römische und monastische Tradition nicht auseinander zu dividieren. Bei den Psalmen 69/ 70 nehmen die meisten die Antiphon Domine deus, deren Text aus dem ersten Psalm ist, nur H, P 7 und W halten Esto mihi fest, wobei H ebenfalls Domine deus in den Fundus aufnimmt. In Verbindung mit dem Psalmenpaar der Psalmen 71/ 72 lässt sich interessantes feststellen. Im Rahmen der römischen Ordnung ist keine Antiphon tradiert, deren Text aus Psalm 71 ist, jedoch einige mit Textpassagen aus Psalm 72. Diese Antiphonen werden in der monastischen Tradition ebenfalls verwendet: Quam bonus (Nr. 145) von Ar, C 5 , K, P 6 , P 7 und S; Quam bonus (Nr. 146) von W, Wn 2 und Z Ponere in deo (Nr. 149) von B 1 . Das Repertoire wird sogar noch mit Tenuisti domine (Nr. 147) ergänzt. Die Wahl der Antiphon rekrutierte sich demnach unabhängig davon, ob ihr Vers aus dem ersten oder zweiten Psalm des Psalmenpaares stammt. Die Psalmen 73/ 74 stehen nach monastischer Ordnung am Beginn der Psalmenordnung von Feria V. Auch an dieser Stelle schließt man sich, obwohl die Anordnung der Psalmenpaare von der der römischen Psalmenverteilung divergiert, dennoch in der Wahl den bekannten Antiphonen an: alle hier untersuchten monastischen Handschriften tradieren Liberasti virgam, zusätzlich hat H Et invocabimus. Da Psalm 75 nach der Ordnung Benedikts in den Laudes von Feria VI steht, wird diese Lücke im psalterium currens durch die Teilung von Psalm 77 wettgemacht. In der Konsequenz haben alle Manuskripte des cursus monasticus für das Psalmenpaar 76/ 77 I die Antiphon Tu es deus und für das Psalmenpaar 77 II/ 78 drei Antiphonen: aus Psalm 77 Inclinate aurem, mit Ausnahme von T 1 , T 2 und U eine rein monastische Überlieferung, und aus Psalm 78 entweder Propitius esto oder Propter nomen, wobei sich Ar, C 5 , P 6 und P 7 für letztere entscheiden, während B 1 , E 2 , H, K, W, Wn 1 , Wn 2 und Z Propitius esto tradieren. 4.1.2.5 Antiphonen zu Psalmen der Vigilien von Feria VI Repertoire des cursus Romanus Psalmenpaare, bei denen nur der erste Psalm eine Antiphon hat Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 80/ 81 (Pss 71/ 72 [m]) Ps 80,1 (1a); Nr. 161 Exsultate deo Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 147 <?page no="148"?> Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 82/ 83 (Pss 81/ 82 [m]) Ps 82,19 (Svb); Nr. 162 Tu solus Pss 84/ 85 (Pss 83/ 84 [m]) Ps 84,2 (1a); Nr. 163 Benedixisti domine Pss 95/ 96 Ps 95,1 (1a); Nr. 175 Cantate domino cant. Ps 95,2 (2a); Nr. 176 Cantate domino et Für die Psalmenpaare der ersten Nokturn (Pss 80/ 81, 82/ 83 und 84/ 85) gibt es in den untersuchten Manuskripten nur Antiphonen aus dem ersten Psalm. Sie sind offensichtlich schematisch im Hinblick auf den kurrenten Psalter römischer Psalmenverteilung ausgewählt. Ebenso stellt es sich für das letzte Psalmenpaar der zweiten Nokturn (Pss 95/ 96) dar: Fast alle Manuskripte haben hier Cantate domino et, nur die beiden Antiphonarien aus Klosterneuburg K 1 und K 2 schreiben eine Vertonung des ersten Psalmverses als Antiphon: Cantate domino canticum novum. Psalmenpaare, bei denen beide Psalmen eine Antiphon haben Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 86/ 87 (Pss 85/ 86 [m]) Ps 86,1 (1a); Nr. 165 Fundamenta ejus Ps 87,3 (2a); Nr. 167 Intret oratio Pss 88 u. 93 (Pss 88 I/ 88 II [m]) (Pss 92/ 93 [m]) Ps 88,53 (Sv); Nr. 168 Benedictus dominus Ps 93,2 (2a); Nr. 174 Exaltare qui In der zweiten Nokturn sind für zwei Psalmenpaare jeweils zwei Antiphonen tradiert: Zu den Psalmen 86/ 87 Fundamenta ejus sowie Intret oratio und zu den Psalmen 88/ 93 Benedictus dominus neben Exaltare qui. Auch bei diesen Psalmenpaaren sind Gewichtungen in den Traditionen zu verzeichnen: Zu Antiphonen der Psalmen 86/ 87: Fast alle Handschriften mit Ausnahme von B 2 , Mc, T 1 und U, die Intret oratio haben, schreiben Fundamenta ejus vor. Zu den Psalmen 88/ 93 integrieren alle Benedictus dominus, abgesehen von F, Pi und T 1 , die sich mit der monastischen Tradition Exaltare qui teilen. Abweichungen im Zusammenhang mit der benediktinischen Reform Gemeinsame monastische und römische Tradition Aufgrund von Psalmenteilungen und -verschiebungen ergeben sich auch in Bezug auf die Psalmen der römischen Psalmenverteilung der Vigilien von Feria VI in monastischem Kontext neue Psalmenkonjunktionen, für die dennoch teilweise 148 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="149"?> dieselben Antiphonen wie in der römischen Tradition tradiert sind: So geht Psalm 80 an dieser Stelle mit Psalm 79 eine Liga ein. Die Antiphon dazu ist entsprechend des römischen Cursus Exsultate deo. Bei den Psalmenpaaren der Psalmen 81/ 82 sowie 83/ 84 verhält es sich ähnlich. Tu solus wird als Antiphon für die Psalmen 81/ 82 und Benedixisti domine in Allianz mit den Psalmen 83/ 84 beibehalten, auch wenn sie nun jeweils dem Text des zweiten und nicht wie im cursus Romanus dem des ersten des Verbundpsalms entstammen. Der im kurrenten Psalter folgende Psalm 87 ist jetzt nicht mehr in den Vigilien, sondern sekundär in den Laudes von Feria V. Um auf die erforderliche Anzahl von zwölf Psalmen zu kommen, wird in den Vigilien von Feria VI Psalm 88 geteilt. Beide seiner Hälften gelten quasi als ein Psalm des Paares, das eine Antiphon benötigt. Diese ist übereinstimmend die aus dem Kontext des cursus Romanus bekannte Antiphon Benedictus dominus. Eine weitere, im Zusammenhang mit der monastischen Ordnung entstandene Antiphon, ist nicht bekannt. Das Psalmenpaar der Psalmen 95/ 96 ist, was das Paar betrifft, der römischen Psalmenverteilung gegenüber unverändert. Ebenso wird auch die Antiphon Cantate domino et in der monastischen Welt erhalten. Divergenzen zur römischen Tradition Eine infolge der benediktinischen Reform dokumentierte Antiphon zu den Vigilien von Feria VI, die der cursus Romanus nicht hat: Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 85/ 86 (m) Ps 85,1 (1a); Nr. 164 Inclina domine Bei den Psalmen 85/ 86, die nach benediktinischer Ordnung die erste Nokturn von Feria VI einleiten, erhält der jetzt an erster Stelle stehende Psalm 85 mit Inclina domine eine neue Antiphon und verdrängt Fundamenta ejus, die, von monastischer Seite her betrachtet, nur Codex Hartker bekannt ist. Auch hinsichtlich des im Vergleich mit der römischen Ordnung neuen Psalmenpaares Pss 92/ 93 gibt es Auffälligkeiten: Psalm 92 steht nach römischer Psalmenverteilung in den Laudes des Sonntags und hat dort auch eine Antiphon: Indutus est (zu Ps 92; Nr. 171), Regnavit dominus (zu Ps 92; Nr. 172) und Jesus Christus heri (zu Ps 92; Nr. 173) sind die in den vorliegenden Manuskripten überlieferten Antiphonen zu Psalm 92 aus römischer Vorlage. Keine dieser Antiphonen wurde in die Vigilien des monastischen Cursus von Feria VI übernommen. Man entschied sich einheitlich für Exaltare qui (Ps 93,2 [2a]; Nr. 174) und damit für den Text, der aus dem Psalm selbst ist. Die lediglich in Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 149 <?page no="150"?> Anlehnung an die Thematik von Psalm 92 und damit hypothetisch jüngeren Antiphonen bleiben im cursus monasticus unberücksichtigt. 4.1.2.6 Antiphonen zu Psalmen der Vigilien des Samstags Repertoire des cursus Romanus Psalmenpaare, bei denen nur der erste Psalm eine Antiphon hat Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 97/ 98 Ps 97,1 (1b); Nr. 177 Quia mirabilia Pss 101/ 102 Ps 101,2 (1b); Nr. 182 Clamor meus Pss 103/ 104 (Pss 103 I u. II [m]) Ps 103,1 (1a); Nr. 183 Benedic anima Ps 103,24 (24a); Nr. 184 Quam magnificata Pss 105/ 106 (Pss 105 I u. II [m]) (Pss 106 I u. II [m]) Ps 105,4 (4b); Nr. 186 Visita nos Zu drei Psalmenpaaren der Samstagsvigilien konnte aus den untersuchten Manuskripten des cursus Romanus jeweils nur eine Antiphon ermittelt werden. Im Zusammenhang mit den Psalmen 97/ 98 ist dies Quia mirabilia, beim Psalmenpaar der Psalmen 101/ 102 ist es Clamor meus und für die Psalmen 105/ 106 Visita nos. Diese Antiphonen dokumentieren einen im Zusammenhang mit der römischen Psalmenordnung abgeschlossenen Vereinheitlichungsprozess. Zu den gemeinsam gesungenen Psalmen 103/ 104 sind zwei Psalmen aus Psalm 103 überliefert, Benedic anima und Quam magnificata. Hier bietet die gregorianische Tradition mit Benedic anima eine fast geschlossene Überlieferung, während E 1 mit Quam magnificata mit den römischen Handschriften R 1 und R 2 gleichzieht. Psalmenpaare, bei denen beide Psalmen eine Antiphon haben Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 99/ 100 Ps 99,2 (1a); Nr. 178 Jubilate deo Ps 100,2 (1b); Nr. 181 Psallam et intellegam Pss 107/ 108 Ps 107,2 (1a); Nr. 189 Paratum cor Ps 107,1 (1b); Nr. 190 Cantabo et psalmum Ps 108,30 (29a); Nr. 191 Confitebor domino In Verbindung mit den Psalmen 99/ 100 sind in den Vigilien des Samstags Jubilate deo und Psallam et intellegam zu vermerken, wobei zuletzt genannte Antiphon eine 150 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="151"?> Einzeltradition aus F darstellt, während laut aller anderen Manuskripte Jubilate deo zu den Psalmen 99/ 100 gesungen wird. Zum Psalmenpaar der Psalmen 107/ 108 konnten insgesamt drei Antiphonen ermittelt werden: Quellen des römischen Cursus betreffend gibt es zwei aus Psalm 103 - Paratum cor, eine Tradition der altrömischen Handschriften R 1 und R 2 sowie Cantabo domino, eine Überlieferung, die von Tu angegeben ist. Aus Psalm 108 hingegen wurde die Antiphon Confitebor domino kreiert, die die gesamte gregorianische Welt, inklusive Tu, aber ohne R 1 und R 2 , der Nachwelt hinterlässt. Mit Ausnahme des letzten Psalmenpaares in dieser Vigil ist also für alle Doppelpsalmen eine Antiphon aus dem ersten des Paares tradiert, die entweder als einzige oder als die stärker bezeugte in die Geschichte eingegangen ist. Abweichungen im Zusammenhang mit der benediktinischen Reform Divergenzen zur römischen Tradition Infolge der benediktinischen Reform dokumentierte Antiphonen zu den Vigilien von Feria II, die der cursus Romanus nicht hat: Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 104 I/ 104 II (m) Ps 104,3 (3b); Nr. 185 Laetetur cor Pss 106 I/ 106 II (m) Ps 106,6 (6b); Nr. 187 De necessitatibus zu Ps 106; Nr. 188 Redempti a domino In den Vigilien des Samstags werden die Psalmen 103 bis 106 geteilt, um auf die erforderliche Anzahl von sechs Psalmenpaaren kommen zu können. Teil 1 und Teil 2 des jeweiligen Psalms zusamen gelten als ein Paar. Da die römische Überlieferung weder Antiphonen zu Psalm 104 noch zu Psalm 106 hatte - dass T 1 die Antiphon De necessitatibus in ihrem Codex hat, ist an dieser Stelle zu vernachlässigen, da T 1 eine Mischform zwischen monastischem und römischem Reperoire bietet - und diese Psalmen nun eine Antiphon benötigten, wurden passende Antiphonen integriert: Zu Psalm 104 Laetetur cor und aus Psalm 106 De necessitatibus, die von allen Handschriften des monastischen Cursus außer von C 5 notiert ist. C 5 hingegen hat als einzige der untersuchten Codices Redempti a domino. Keine dieser Antiphonen ist aus dem direkten Anfang des Psalms gewählt und man fragt sich, ob es sich hier gegenüber von Antiphonen aus dem direkten Beginn des Psalms um tendenziell später entstandene Gesänge handelt, als der Brauch, in engem Verbund mit dem kurrenten Psalter, die Antiphon schematisch aus dem Beginn des Psalms zu wählen, nicht mehr primär relevant war. In Verbindung damit mag man umgekehrt die Hypothese formulieren, dass zumindest einige Antiphonen mit einem Text vom Beginn des Psalms älter sind als die benediktinische Psalmenordnung. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 151 <?page no="152"?> 4.1.2.7 Liturgiewissenschaftliche Auffälligkeiten Zur Wahl des Psalmverses als Antiphon Im Rahmen der Sonntagsvigilien ist etwa ein Fünftel der Antiphonentexte aus dem Beginn des Psalms gewählt und jene der Vigilien von Feria II bis Samstag stammen etwa hälftig aus dem Anfang des Psalms: Von aus den untersuchten Handschriften 68 rekrutierten Antiphonen der Sonntagsvigilien sind 12 aus dem Wortlaut des jeweiligen Psalmenanfangs gewählt, während im Rahmen der Vigilien von Feria II bis Samstag 46 von 83 Antiphonen den Beginn ihres Psalms zum Ausdruck bringen. Schon dies zeigt die Verschiedenartigkeit der Traditionen zwischen den Vigilien des Sonntags einerseits und denen der Feriae II bis Samstag andererseits. Betrachtet man Antiphonen, deren Text den Anfang des Psalms repräsentieren, genetisch eng mit einer Form des kurrenten Psalters verbunden und damit möglicherweise bis in frühchristliches Mönchtum verweisend, sieht man diese schematisch einen Psalmvers als Antiphon wählende Art des Psalmengesangs an den Werktagen stärker verkörpert als am Sonntag. Ein Grund dafür mag sein, dass man während der Woche eher bei Altbewährtem blieb und Sonntagsvigilien potentiell mit Neuschöpfungen aufwertete. Folgend die signifikant hohe Anzahl an Antiphonen aus dem ersten Vers des dazugehörenden Psalms: Vigilien der Feriae Antiphonen insges. Antiphonen aus V 1a, 1b oder 1 Anteile in % CR (Pss 26 - 108 mit Ausnahmen) 72 39 ca. 28 % CM (Pss 32 - 108 mit Ausnahmen) 58 26 ca. 16 % Vergleicht man die Antiphonen zu den Feriae II bis Samstag der römischen und der monastischen Psalmenordnung, stellt man fest, dass vor allem im cursus Romanus der erste Psalm des jeweiligen Psalmenpaares als Textgeber für eine Antiphon favorisiert wird. In den Vigilien des cursus Romanus (CR) sind 39 von 72 Antiphonen dem ersten Psalmvers entlehnt, was ca. 28 % entspricht, hingegen im cursus monasticus (CM) sind es nur ca. 16 % aller in den Vigilien der Feriae gesungenen Antiphonen. Es stellt sich die Frage, ob im cursus Romanus die Verbindung zu einer hypothetisch ursprünglichen Art, Psalmen in Verbindung mit dem kurrenten Psalter zu singen, präsenter ist als in Handschriften des cursus monasticus. Die Dominanz an Antiphonen aus dem ersten Psalmvers wird noch bewusster, wenn man Antiphonen zu Psalmen eines Psalmenpaares vergleicht, zu denen eine Antiphon aus Halbvers 1a, 1b oder Vers 1 des Psalms ist, und eine andere Antiphon aus einem weiteren Vers des Psalms. 152 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="153"?> Psalmenpaare mit Antiphonen, deren Text vom Beginn des Psalms stammt Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Pss 26/ 27 Ps 26,1(1a); Nr. 76 Illuminatio mea Ps 26,1 (1b); Nr. 77 Dominus defensor Pss 30/ 31 Ps 30,2 (1b); Nr. 81 In tua justitia Pss 43/ 44 Ps 44,2 (1a); Nr. 96 Eructavit cor Pss 45/ 46 Ps 45,2 (1b); Nr. 97 Adjutor in tribulationibus Pss 49 u. 51 Ps 49,1 (1a); Nr. 100 Deus deorum Pss 74/ 75 Ps 74,2 (1b); Nr. 151 Et invocabimus (Pss 73/ 74 [m]) Ps 75,2 (1b); Nr. 152 In israel Diese Antiphonen dokumentieren sowohl für die Traditionen des cursus Romanus als auch für jene des cursus monasticus die eindeutige Favorisierung eines Halbverses aus dem Beginn des Psalms und zeigen hier in besonderer Weise die enge Verbundenheit mit einer Form, den kurrenten Psalter zu Klang zu bringen. Die Verknüpfung mit einerArt, Psalmen in kurrenter Weise erklingen zu lassen, die jedoch vor die uns bekannte Psalmenordung und deren Realisierungsform weisen muss, zeigt Eructavit cor (Ps 44,2 [1a]; Nr. 96), die als einzige zum Psalmenpaar der Psalmen 43/ 44 tradiert ist. Dass ihre Genese jedoch im Zusammenhang mit dem psalterium currens steht und nicht inhaltlichen Kriterien geschuldet ist, wird jenseits der Wahl des Psalmverses daran sichtbar, dass ihre Botschaft zum Text von Psalm 43, der ein Klagelied in Kriegsnot ist, zumindest vordergründig nicht passt. Es scheint, als sei diese Antiphon unabhängig von der römischen Ordnung als Antiphon etabliert und in sekundären Prozessen hier integriert worden. Zur Favorisierung von Antiphonen, deren Text vom Beginn des Psalms stammt Auch wenn mehrere Antiphonen, deren Text aus unterschielichen Psalmversen entlehnt wurde, zu einem Psalmenpaar tradiert sind, ist öfter diejenige stärker bezeugt, deren Text aus dem ersten Psalm des Psalmenpaares genommen wurde: Es sind folgend alle Antiphonen der Vigilien zu den Psalmenpaaren zusammengestellt, bei denen es aus beiden Psalmen eine Antiphon gibt und jeweils eine aus dem ersten Vers des Psalms besteht. In der Spalte links ist notiert, welches Psalmenpaar hier betroffen ist, in der zweiten Spalte ist der Psalmvers sowie die Nummer der vorliegenden Edition festgehalten, in der folgenden Spalte das Initium der Antiphon, und rechts sind die Handschriften Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 153 <?page no="154"?> erwähnt, die die betreffende Antiphon tradieren. Der Übersicht halber wurde „ alle “ geschrieben, wenn die Antiphon in sämtlichen untersuchten Manuskripten eines Cursus zu finden ist. Es steht „ alle außer “ , wenn eine Antiphon vereinzelt nicht vorkommt. Psalmenpaare und deren Antiphonen wurden orange hinterlegt, wenn die Antiphon zu einem Psalm aus dem ersten Vers stärker bezeugt ist als die aus einem weiteren Psalmvers genommene. Ist es umgekehrt, so wurden die Spalten grau markiert. Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Handschriften Pss 38/ 39 Ps 38,1 (1b); Nr. 91 Ut non delinquam CM: CR: alle außer Wn 2 alle außer T 2 , U Ps 39,5 (5a); Nr. 92 Beatus vir cujus CR: U Pss 52 u. 54 (Pss 52/ 53 [m]) Ps 52,7 (Svb); Nr. 113 Avertet dominus cap. CM: CR: alle alle außer B 2 Ps 54,3 (2a); Nr. 116 Intende in me CM: CR: alle B 2 , T 1 Pss 55/ 56 (Pss 54/ 55 [m]) Ps 55,9 (8a); Nr. 117 Deus vita mea CR: B 2 , Mc Ps 56,2 (1a); Nr. 118 Miserere mei deus CR: F, Pi, T 1 CM: L Fer III Ps 56,1 (1b); Nr. 119 Quoniam in te CM: CR: alle außer Wn 1 alle außer B 2 , F, McPi, T 1 Pss 57/ 58 Ps 57,2 (1b); Nr. 120 Juste judicate CM: CR: alle alle außer U Ps 58,18 (Svb); Nr. 121 Susceptor meus CR: U Pss 68/ 69 (Pss 68 I, 68 II [m]) Ps 68,33 (32b); Nr. 142 Quaerite dominum CM: CR: alle Mc, T 1 , T 2 (Pss 69/ 70 [m]) Ps 69,2 (1); Nr. 143 Domine deus CM: CR: alle außer S, Wn 1 alle außer Mc Pss 72/ 73 Ps 72,1 (1a); Nr. 145 Quam bonus CM: CR: Ar, C 5 , K, P 6 , P 7 , S T 1 , T 2 (Pss 71/ 72 [m]) Ps 72,1 (1); Nr. 146 Quam bonus CM: CR: W, Wn 1 , Wn 2 , Z P 1 (Pss 73/ 74 [m]) Ps 72,28 (28a); Nr. 148 Adhaerere deo CR: U 154 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="155"?> Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Handschriften Ps 72,28 (Svb); Nr. 149 Ponere in deo CM: CR: B 1 B 2 , Mc Ps 73,2 (2b); Nr. 150 Liberasti virgam CM: CR: alle alle außer B 2 , Mc, P 1 , U Pss 76/ 77 Ps 76,2 (1b); Nr. 153 Vox mea CR: R 1 , R 2 (Pss 76/ 77 I [m]) Ps 76,6 (5); Nr. 154 Cogitavi dies antiquos CR: Mo, R 1 , R 2 Ps 76,15 (14); Nr. 155 Tu es deus CM: CR: alle alle außer R 1 , R 2 Mo, Tu, U Ps 77,1 (1a); Nr. 156 Attendite popule CR: U Ps 77,1 (1b); Nr. 157 Inclinate aurem CM: CR: alle T 1 , T 2 , U Ps 77,72 (Svb); Nr. 158 In intellectibus CR: T 1 Pss 86/ 87 (Pss 85/ 86 [m]) Ps 86,1 (1a); Nr. 165 Fundamenta ejus CM: CR: H alle außer B 2 , Mc, T 1 , U CM: L Fer V Ps 87,3 (2a); Nr. 167 Intret oratio CM: CR: alle außer H, Wn 1 B 2 , Mc, T 1 , U Pss 107/ 108 Ps 107,2 (1a); Nr. 189 Paratum cor CM: CR: H R 1 ,R 2 Ps 107,1 (1b); Nr. 190 Cantabo et psalmum CR: Tu Ps 108,30 (29a); Nr. 191 Confitebor domino CM: CR: alle alle außer R 1 ,R 2 Zu Antiphonen der orange eingefärbten Psalmenpaare: Zu Pss 38/ 39: Ut non delinquam ist in beinahe allen untersuchten Manuskripten zu finden, während Beatus vir cujus eine Einzeltradition aus U darstellt. Zu Pss 52/ 54: Avertet dominus cap. ist von allen Handschriften des römischen Cursus in die Vigilien von Feria IV integriert, während Intende in me dort nur in B 2 und T 1 erklingt. Diese Antiphon ist der benediktinischen Reform geschuldet, da man infolge von Psalmenverschiebungen zu den Psalmen 54/ 55 eine Antiphon Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 155 <?page no="156"?> benötigte. In diesem Fall ist es anzunehmen, dass sich B 2 und T 1 hier dem cursus monasticus anschlossen und deren Antiphon in ihr Konzept aufnahmen. Zur Begründung dafür: B 2 und B 1 teilen als im selben Ort und zu ähnlicher Zeit verfasste Handschriften auch in anderen Fällen dasselbe Repertoire und zeigen ihre Verbundenheit, z. B. mit Ponere in deo. Diese Antiphon ist aus monastischer Sicht allein in B 1 zu finden und aus der Perspektive des cursus Romanus neben B 2 nur in Mc notiert. Man findet sie also nur in Ferialoffizien benachbarter Orte. Auch Intret oratio ist in B 1 und B 2 überliefert. Neben B 2 wurde sie, betrachtet man die Quellen der römischen Psalmenverteilung, lediglich von Mc, T 1 und U in die Vigilien von Feria VI aufgenommen. Das heißt: neben lokalem Brauchtum kennen diese nur zwei andere Manuskripte, wobei das Vorkommen in T 1 im Sinne einer Demonstration regionalen Brauchtums zu vernachlässigen ist, denn sie hat ein Ferialoffizium, das so reich an Antiphonen ist, dass man den Eindruck bekommt, der bzw. die Schreiber dieses Codex wollten ihrer Nachwelt das gesamte ihnen bekannte Repertoire an Ferialantiphonen bieten. Zu Pss 55/ 56: Quoniam in te wird mit Ausnahme von einigen Handschriften aus dem heutigen Italien sowie von T 1 in allen Antiphonarien des cursus Romanus festgehalten. Auch die Manuskripte des monastischen Cursus belegen diese Antiphon, mit Ausnahme von Wn 1 . Dort erklingt sie allerdings in den Laudes von Feria III. Deus vita mea und Miserere mei deus werden von den Codices italienischer Herkunft sowie von T 1 für die Vigilien von Feria IV vorgeschrieben. Zu Pss 57/ 58: Auch bei den Antiphonen Juste judicate und Susceptor meus, die in den Vigilien von Feria IV gesungen werden, stellt Juste judicate eine Antiphon dar, die alle Manuskripte der römischen Ordnung bieten, mit Ausnahme von U, die mit Susceptor meus eine eigene Tradition bietet. Zu Pss 68/ 69: Während man in den Ferialoffizien des cursus Romanus fast auschließlich Domine deus findet und Quaerite dominum dort nur von Mc, T 1 , und T 2 ins Ferialoffizium integriert wurde, sind in der Überlieferung des cursus monasticus sowohl Quaerite dominum als auch Domine deus bezeugt. Dies wundert nicht, da dort beide Antiphonen aufgrund der Teilung der Psalmen zu unterschiedlichen Psalmenpaaren gehören. Zu Pss 86/ 87: Zu Fundamenta ejus und Intret oratio: Intret oratio ist nur in B 2 , Mc, T 1 und U zu finden, während sich in allen anderen Manuskripten Fundamenta ejus durchgesetzt hat. 156 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="157"?> Zu Antiphonen der grau eingefärbten Psalmenpaare: Zu Pss 72/ 73; Mit den Antiphonen Quam bonus (Ps 72,1 [1a]; Nr. 145) und Quam bonus (Ps 72,1 [1]; Nr. 146) sind der Geschichte zwei Antiphonen geschenkt, deren Text aus dem Anfang des Psalms stammt. Sie stehen die hauptsächlich in Quellen des cursus monasticus. Adhaerere deo und Ponere in deo sind zwei weitere Antiphonen zu diesem Psalm, deren Text aus der Mitte bzw. dem Schlussvers ihres Psalms genommen wurde; in beiden Traditionen sind sie schwach bezeugt. In den meisten Handschriften beider Überlieferungsstränge fand Liberasti virgam Einzug: ebenfalls eine Antiphon mit einem Text vom Beginn des Psalms. Zu Pss 76/ 77: Von den zahlreichen zu diesem Psalmenpaar tradierten Antiphonen fand Tu es deus, also eine Antiphon, deren Text aus der Mitte von Psalm 75 entlehnt ist, in den meisten Antiphonarien einen Platz. Ein Beispiel für die Vielfalt der Traditionen, die in Ferialoffizien vereint ist. Es fällt auf, dass die beiden altrömischen Antiphonarien R 1 und R 2 mit Vox mea der Tradition folgen, den Beginn des Psalms als Antiphon zu wählen. Sie sind an dieser Stelle der Form des kurrenten Psalters stärker verbunden als diejenigen der fränkisch-gregorianischen Traditionen. Diese dagegen scheint Tu es deus, inhaltlichen Kriterien folgend, als Antiphon etabliert zu haben, denn sie bringt das Thema des Psalms, der von Gottes Weg mit seinem Volk erzählt, auf den Punkt. Zu Pss 107/ 108: Auch hier zeigen R 1 und R 2 entgegen dem Mainstream, der Confitebor domino hat, den Brauch, die Antiphon aus dem Anfang des Psalms zu wählen. Sie schreiben Paratum cor fest. Tu schließt sich mit Cantabo et psalmum dem Prinzip an, eine Antiphon aus dem Beginn zu wählen. (Siehe die Tabelle oben). Zur Wahl des Psalmverses in der altrömischen und gregorianischen Tradition Nicht nur die beiden eben genannten Beispiele zeigten in der Wahl der Antiphon aus dem Beginn des Psalms die starke Verbindung zum kurrenten Psalter. Sämtliche Einzeltraditionen der beiden altrömischen Handschriften R 1 und R 2 für die Vigilien und die Vesper nehmen den Text der Antiphonen aus dem Beginn des Psalms. In den beiden Horen also, in denen das Prinzip des kurrenten Psalters von der Psalmenordnung her zu erkennen ist, wählen R 1 und R 2 Antiphonen, die zu dieser Art Psalmen zu singen besonders gut passen: Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 157 <?page no="158"?> Hore PsV; Nr. der Edition Antiphon Handschrift Vigilien Ps 76,2 (1b); Nr. 153 Vox mea R 1 , R 2 Ps 107,2 (1a); Nr. 189 Paratum cor R 1 , R 2 Vesper Ps 109,1 (1b); Nr. 193 Sede a dextris meis R 1 , R 2 Ps 111,1 (1a); Nr. 200 Qui timet R 1 , R 2 Ps 121,1 (1a); Nr. 252 Laetatus sum R 1 , R 2 Ps 124,2, (2b); Nr. 261 Et dominus R 1 , R 2 Ps 130,1 (1a); Nr. 274 Domine non est R 1 , R 2 Ps 141,1 (1b); Nr. 289 Voce mea R 1 , R 2 Ps 142,2 (2a); Nr. 293 Ne intres R 1 , R 2 Ein Psalmenpaar ohne Antiphonen vom Beginn des Psalms Es wäre zu schön, wenn alle Traditionen einheitlich und transparent wären. Doch auch bei Ferialantiphonen ist dies nicht so. Die folgenden Antiphonen zu den Psalmen 65/ 67 machen dies deutlich und weisen unter dem Aspekt der Wahl des Psalmverses mit beiden Antiphonen, deren Text aus der Mitte ihres Psalms stammt, auf die Vielschichtigkeit der Traditionen hin, die in den Ferialoffizien zusammenfließt: Psalmenpaar PsV; Nr. der Edition Antiphon Handschrift Pss 65 u. 67 (Pss 61/ 65 [m]) (Pss 67 I/ 67 II [m]) Ps 65,8 (8a); Nr. 135 Ps 67,27 (26); Nr. 141 Benedicite gentes In ecclesiis CM: alle außer B 1 und H, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B 2 , F, Pi, R 1 , R 2 , T 1 , T 2 , V Pss 65 u. 67 (Pss 61/ 65 [m]) Ps 65,8 (8a); Nr. 135 Benedicite gentes CM: alle CR: alle außer B 2 , F, Pi, R 1 , R 2 , T 1 , T 2 , V Während Benedicite gentes von Handschriften des italienischen und spanischen Sprachraums gewählt wird (B 2 , F, Pi, R 1 , R 2 , T 1 , T 2 , V), haben alle übrigen Manuskripte des französischen, deutschen, österreichischen und englischsprachigen Raums In ecclesiis, die von zwei weiteren italienischen Codices, Mc und Mo, geteilt wird. Bei diesen Antiphonen kann man folglich regionale Schwerpunkte ablesen. Zu Einzeltraditionen Neben Antiphonen, die in den meisten Quellen Einzug fanden, gibt es immer wieder Einzeltraditionen, die vermuten lassen, dass man regionales Gut nicht einfach über Bord werfen wollte und zu dessen Gunsten lieber gut bezeugte Antiphonen fallen ließ. Aber auch die Genese potentiell lokaler Bräuche scheint unterschiedlich motiviert. So sind alle Antiphonentexte aus U hypothetisch aus inhaltlichen Gesichtspunkten als Antiphon gewählt, während die Texte beider 158 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="159"?> Einteltraditionen aus Tu aus dem Beginn des dazugehörenden Psalms entlehnt und damit einer Form des schematisch vollzogenenen kurrenten Psalters augenscheinlich nahe sind. Traditionen von Tu: PsV; Nr. der Edition Antiphon Ps 107,1 (1b); Nr. 190 Cantabo et psalmum Ps 77,1 (1a); Nr. 156 Attendite popule Traditionen von U: PsV; Nr. der Edition Antiphon Ps 32,3 (3b); Nr. 83 Bene psallite domino Ps 34,9 (9); Nr. 86 Anima mea Ps 39,5 (5a); Nr. 92 Beatus vir cujus Ps 58,18 (Svb); Nr. 121 Susceptor meus Ps 72,28 (28a); Nr. 148 Adhaerere deo Weitere Einzeltraditionen sind nur aus den Handschriften R 1 und R 2 bekannt, die oben thematisiert wurden. Zu Abweichungen im Zusammenhang mit der benediktinischen Reform Grundsätzlich sind fast alle Antiphonen, die in den Vigilien des cursus Romanus auftreten, auch in denen des cursus monasticus heimisch. Auch zu den in der Folge der von Benedikt vorgenommenen Psalmenteilungen neu entstandenen Psalmenpaaren sind vielfach Antiphonen zu finden, die die monastische mit der römischen Psalmenordnung teilt. Einige Antiphonen sind jedoch nur in den Vigilien des cursus monasticus verzeichnet. Hier fragt man sich, ob sie im Hinblick auf durch Psalmenteilungen neu entstandene Psalmenpaare entstanden, für die es in der Welt der römischen Psalmenordnung in der Spätantike keine Antiphonen gab, oder ob sie in den Offizien des cursus Romanus untergegangen sind, bevor sie hätten schriftlich fixiert werden können. In den untersuchten Handschriften sind folgende Antiphonen betroffen, die nur der cursus monasticus hat: 8 8 Einige dieser Antiphonen sind auch in T 1 überliefert, einem Codex, der eine Mischform zwischen römischem und monastischem Traditionsgut darstellt und öfters spezifisch monastische Überlieferungen in von der Struktur her römischem Kleid übermittelt. Aus diesem Grund können diese Antiphonen als typisch monastische Tradierung betrachtet werden. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 159 <?page no="160"?> Antiphonen aus dem cursus monasticus aufgrund von Psalmenteilungen Psalmenpaare des CM PsV; Nr. der Edition Antiphon Handschrift (CM) Pss 35/ 36 I Ps 36,3 (3a); Nr. 88 Spera in domino Ar, K, P 6 , P 7 , S, W + T 1 Pss 36 II/ 37 Ps 37,2 (1b); Nr. 90 Ne in ira alle + T 1 Pss 104 I/ 104 II Ps 104,3 (3b); Nr. 185 Laetetur cor alle Pss 106 I/ 106 II Ps 106,6 (6b); Nr. 187 De necessitatibus alle außer C 5 + T 1 Pss 106 I/ 106 II zu Ps 106; Nr. 188 Redempti a domino C 5 Zu Ps 36: In den Vigilien von Feria II wird Psalm 36 dem cursus monasticus entsprechend geteilt, sodass Teil 1 dieses Psalms zunächst zusammen mit Psalm 35 und dann Teil 2 mit Psalm 37 ein Psalmenpaar bildet. Aus Palm 36 rekrutieren die Manuskripte französischer Provenienz Ar, K, P 6 , P 7 und S gemeinsam mit W einen spezifisch monastischen Traditionsstrang, indem sie Spera in domino in ihr Konzept integrieren. Es lassen sich folglich regionale Schwerpunkte in der Verwendung der Antiphon konstatieren. Eine weitere Antiphon aus Psalm 36 teilen einige Quellen des cursus monasticus mit denen des cursus Romanus: Revela in domino. Sie wird von den italienischen Handschriften B 1 und C 5 , den deutschen H, E 2 und Z sowie den österreichischen Wn 1 und Wn 2 festgehalten. Zu Ps 37: Bezüglich des Psalmenpaars der Psalmen 36 II/ 37 wird zusätzlich eine Antiphon mit einem Text aus Psalm 37 herangezogen: Ne in ira. Diese Alternative zu den Antiphonen, deren Text aus Psalm 36 stammt, geht aus allen untersuchten Manuskripten monastischer Provenienz als bekannt hervor. Zu Pss 104 und 106: In den Vigilien des Samstags werden infolge der Teilungen der Psalmen 103 - 106 mehrere neue Antiphonen benötigt, da nun für jeden dieser Psalmen Antiphonen erklingen müssen. In den römischen Psalmenverteilungen ist im Rahmen der Vigilien weder zu Psalm 104 noch zu Psalm 106 eine Antiphon vermerkt. Diese werden nun in Laetetur cor, De necessitatibus und Redempti a domino in Verbindung mit dem cursus monasticus rekrutiert. Eine Antiphon des cursus monasticus, die variablen Einsatz zeigt An der folgenden, im Kontext des Ferialpsalters benediktinischer Ordnung gesungenen Antiphon In domino laudabitur, mag noch gezeigt werden, dass vorhandene Antiphonen auch innerhalb des Ferialoffiziums versetzt werden und damit in einen anderen Verwendungskontext gebracht werden konnten. Dies zeigt punktuell eine gewisse Variabilität im Einsatz von Antiphonen, ist aber weit weg von der gängigen Praxis: 160 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="161"?> Ort im Offizium PsV; Nr. der Edition Antiphon Handschrift Fer II; Pss 32/ 33 Ps 33,3 (2); Nr. 84 In domino laudabitur CM: H + T 1 Dominica; Laudes zu Pss 148 - 50; Nr. 84 In domino laudabitur CM: Ar + P 6 In domino laudabitur ist laut H entsprechend der Herkunft ihres Textes aus Psalm 33 in den Vigilien von Feria II zu singen. In Ar md P 6 erklingt diese Antiphon zu den Psalmen 148 - 150 in den Sonntagslaudes. Sie passt dort, vom Inhalt her betrachtet, ist jedoch ursprünglich wohl ensprechend der Notation von H in den Vigilien von Feria II zu suchen. Mögliche historische Konsequenzen Bei diesen potentiell infolge der benediktinischen Reform entstandenen Antiphonen fällt auf, dass keiner ihrer Texte aus dem direkten Anfang des dazugehörenden Psalms ist. Sie scheinen aufgrund des Inhalts und nicht wie Antiphonen, deren Text aus dem direkten Anfang des Psalms entlehnt ist, wegen einer bestimmten Vollzugsform im Rahmen kurrenter Psalmodie Antiphonen geworden zu sein. Daher fragt man sich auch an dieser Stelle, ob Antiphonen, die nach der Reform Benedikts entstanden sind, eher inhaltlichen Gesichtspunkten geschuldet sind, während Antiphonen, die den Anfang ihres Psalms repräsentieren, tendenziell vor die benediktinische Reform weisen. Da diese Antiphonen uns jedoch nur aus spätmittelalterlichen Handschriften bezeugt sind, muss dies eine Hypothese bleiben. 4.1.2.8 Musikwissenschaftliche Besonderheiten Was die modale Verwendung von Antiphonen in den Manuskripten insgesamt betrifft, kann festgestellt werden, dass der mit der karolingischen Reform initiierte Angleichungsprozess zur Zeit der Verfassung so weit fortgeschritten war, dass handschriftenübergreifend bei einer Vielzahl von Antiphonen der gleiche Modus gewählt wurde. Punktuell lässt die Abfolge sowie die Verwendung bestimmter Modi in einzelnen Manuskripten ein Konzept vermuten. Dies kann man in R 1 , R 2 und in B erkennen, weshalb folgend näher darauf eingegangen wird. Weitere differenzierte Beobachtungen zur modalen Verwendung in Verbindung mit Ferialantiphonen der Vigilien werden in den Kapiteln zu den Typoi sowie zu den differentiae (Teile C und D in dieser Arbeit) betrachtet. Zu den Modi der Antiphonen in den Vigilien von R 1 und R 2 Eine Ausnahme, was die Verwendung spezifischer Modi betrifft, scheint es in den beiden römischen Handschriften R 1 und R 2 zu geben. Dort gibt es Besonderheiten hinsichtlich der modalen Zuordnung, bezogen auf die einzelnen Tage: In den Vigilien der Feriae IV und V stehen bei R 2 alle Antiphonen im 8. Modus, ebenfalls in R 1 , mit Ausnahme der letzten Antiphon der Feria IV. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 161 <?page no="162"?> In den Vigilien der Feria VI schreiben beide Manuskripte fast ausschließlich den 6. Modus - abgesehen von der mittleren 4. Antiphon, die im 3. Modus erklingt. Am Samstag schließlich notieren beide mit Ausnahme der letzten Antiphon, die im 8. Modus gesungen wird, bei allen Antiphonen den 4. Modus. Modi authentici (1., 3., 5. und 7. Modus) kommen in den Ferialoffizien der Vigilien von R 1 und R 2 nur marginal zum Einsatz: Der 5. Modus fehlt in den Vigilien der Feriae von R 1 und R 2 sowie in den gesamten Handschriften komplett. Er scheint für das Singen im alten Rom untypisch gewesen zu sein. Wann er sich dort etablierte, ist ungewiss. Entweder hatte er sich im 12. Jahrhundert dort noch keinen Platz erobert, oder die Schreiber von R 1 und R 2 waren so frei, ihn nicht zu integrieren. Der 1. sowie der 3. Modus kommt in den Vigilien der beiden altrömischen Manuskripte ebenfalls nur ein Mal zum Einsatz, nämlich am Montag (1. Modus) bzw. am Freitag (3. Modus). Dort findet man sie allerdings jeweils in beiden altrömischen Manuskripten. Der 7. Modus wird ausschließlich in den Sonntagsvigilien herangezogen. Nicht nur die sogenannten authentischen Modi finden in R 1 und R 2 keine bzw. kaum Beachtung. Auch der 2. Modus ist im Ferialoffizium von R 1 gänzlich fremd, während er in R 2 - allerdings auch nur ein Mal in den Sonntagsvigilien - Verwendung findet. Folgende Tabelle dokumentiert die modale Verteilung der Vigilantiphonen in den Handschriften von R 1 und R 2 . Weitere Angaben können der digitalen Edition entnommen werden. Tag R 1 R 2 Modi mit Differenzen der Antiphonen in der Reihenfolge von links nach rechts Fer. II R 1 R 2 6 1 6 25 4 22 4 21 8 1 8 8 4 24 1 1 4 24 1 1 6 1 6 3 Fer. III R 1 R 2 1 1 1 8 4 22 8 16 6 2 6 2 8 8 8 15 4 23 8 8 8 15 8 8 8 8 Fer. IV R 1 R 2 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 15 8 8 8 8 8 1 8 1 8 8 8 8 6 2 8 8 Fer. V R 1 R 2 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 Fer. VI R 1 R 2 6 2 8 6 6 2 6 2 6 2 6 2 3 4 3 17 6 2 3 17 6 2 2 9 Sab. R 1 R 2 4 22 4 22 4 22 4 22 4 22 4 22 4 22 4 22 4 22 4 22 8 8 8 8 Dom. R 1 R 2 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 8 2 8 7 13 7 12 7 6,1 6 2 6 3 7 6,1 8 12 162 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="163"?> Hinter der Wahl dieser Modi scheint sich ein Konzept zu verbergen. Dass beispielsweise der 7. Modus mit seiner besonderen Spannungs- und Strahlkraft nur am Sonntag in Erscheinung tritt, dürfte kein Zufall sein. Auch die häufige Verwendung des 6. Modus an Feria VI in R 1 ist zumindest auffallend. Ebenfalls sticht die fast ausschließliche Verwendung des 8. Modus an Feria IV und V sowie in der ersten Hälfte der Sonntagsvigilien ins Auge, der an den übrigen Feriae so gut wie keine Rolle spielt. Haben die Redaktoren dieser Ordnungen Modi mit Klangqualitäten verbunden, die sie dann den Feriae zuordneten, und ganz bewusst eine Auswahl getroffen? Zu den Modi der Antiphonen in den Vigilien von B Eine weitere Auffälligkeit in der Verwendung bestimmter Modi im Kontext der Antiphonen zu den Vigilien zeigt B. Die modale Struktur der Ferialantiphonen sieht folgendermaßen aus: Feria Abfolge der Modi der Antiphonen in den Vigilien von B Fer. II 1 8 8t 8 8 6 Fer. III 8 2 6 2 8 8 Fer. IV 8 8 2 2 2 8 Fer. V 2 6 8 8 4 8 Fer. VI 8 6 6 1 6 2 Sab. 4 4 8 8 2 4 Antiphonen zu den Vigilien der Dominica fehlen Was das Fehlen bzw. den sehr spärlichen Einsatz bestimmter Modi betrifft, aber auch bezüglich häufig verwendeter Psalmtöne, gibt es zwischen den beiden altrömischen Handschriften R 1 / R 2 und B Parallelen: Der 3. und auch der 5. Modus fehlt in der Psalmodie der Vigilien von B komplett. Was die Abwesenheit des 5. Modus betrifft, gibt es zwischen B, R 1 und R 2 keinen Unterschied. Das Fehlen des 3. Modus erscheint in den Vigilien der Feriae des Ferialoffiziums in B noch konsequenter als in den beiden altrömischen Handschriften. Man fragt nach Abhängikeiten, die rückwirkend leider nicht zu verifizieren sind. Der erste Modus wird in den Vigilien von B nur zweimal verwendet: Zu Beginn der Psalmodie innerhalb der Vigilien von Feria II mit Dominus defensor (Ps 26,1; Nr. 77) und von Feria VI mit Fundamenta ejus (Ps 86,1; Nr. 165). In beiden Fällen schließt sich B den mehrheitlich zu diesen Antiphonen bezeugten Modi an. Ansonsten kennt B ähnlich wie R 1 und R 2 den ersten Modus in den Vigilien im Kontext der Psalmodie nicht. Den 4. Modus verwendet B ähnlich wie in R 1 und R 2 dreimal in den Vigilien des Samstags bei Quia mirabilia (Ps 97,1; Nr. 177), Jubilate deo (Ps 99,2; Nr. 178) und Clamor meus (Ps 101,2; Nr. 182), jedoch ansonsten während der Woche nur einmal Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 163 <?page no="164"?> in Feria V bei Tu es deus (Ps 76,15; Nr. 155). Wollte man bewusst den 4. Modus bevorzugt in den Vigilien des Samstags verwenden? Ansonsten konzentrieren sich die Modi innerhalb der Vigilien des Ferialloffiziums von B auf den 2., 6. und 8. Modus. Was den Gebrauch des 8. Modus betrifft, kann man wiederum Parallelen zu den altrömischen Manuskripten R 1 und R 2 ablesen. Ein signifikanter Unterschied beim Einsatz von Modi ist in Bezug auf den 2. Modus zu erkennen. Hier divergieren R 1 und R 2 von B stark. In B leuchtet eine gewisse Vorliebe österreichisch-süddeutscher Handschriften im Gebrauch des 2. Modus auf, die in R 1 und R 2 gänzlich fehlt. Bei aller vermuteten Abhängigkeit beim Einsatz der Modi zwischen R 1 / R 2 und B zeigt sich an dieser Stelle eine wahrscheinlich regionale Note. 4.2 Antiphonen zu Psalmen der Laudes Anders als in den Vigilien oder in der Vesper, die im Groben den kurrenten Psalter unter sich aufteilen, ist in den Laudes der Charakter der Tagzeit in der Auswahl der Psalmen greifbar. Dies kann man sowohl bei täglich wechselnden als auch bei täglich gleichbleibenden Psalmen feststellen. Folgend werden zunächst die Antiphonen zu den variablen Psalmen der Laudes vorgestellt und anschließend jene der sich Tag für Tag wiederholenden. In der Auswertung wird primär darauf geachtet, inwiefern der Tagesgedanke auch in den Antiphonen präsent ist. Die Analyse erfolgt direkt im Anschluss an die jeweilige Kategorie, um den direkten Bezug zwischen Repertoire und Deutung besser herstellen zu können. Am Ende des Kapitels steht hier deshalb nur ein kurzes Résumé. 4.2.1 Antiphonen zu den variablen Psalmen der Laudes 4.2.1.1 Repertoire des cursus Romanus PsV; Nr. der Edition Antiphon Feria II Ps 5,2 (1b); Nr. 8 Intellege clamorem Ps 5,3 (2b); Nr. 9 Rex meus, et deus meus Feria III Ps 41,12 (Svb) und Ps 42,5 (Svb); Nr. 95 Salutare vultus Feria IV Ps 64,2 (1a); Nr. 134 Te decet hymnus Feria V Ps 89,1 (1a); Nr. 169 Domine refugium 164 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="165"?> PsV; Nr. der Edition Antiphon Feria VI Ps 142,1 (1b); Nr. 292 In veritate Ps 142,2 (2a); Nr. 293 Ne intres Sabbato Ps 91,2 (1a); Nr. 170 Bonum est Dominica zu Ps 99; Nr. 179 Sciamus omnes zu Ps 99; Nr. 180 Gloria et honor Zu Psalm 5 hat sich in alle verfügbaren Handschriften die Antiphon Intellege clamorem eingeschrieben. T 1 ergänzt zusätzlich die Antiphon Rex meus et deus meus. Für Psalm 42 kennen die Manuskripte Salutare vultus, eine Antiphon, deren Text im Psalter selbst wiederholt wird und damit Psalm 41 und 42 verbindet. Die Antiphon aus Psalm 64 ist Te decet hymnus. Eine weitere kennen die untersuchten Antiphonarien nicht. Der Anfang von Psalm 89, Domine refugium, ist zugleich dessen einzige zu den Laudes von Feria V überlieferte Antiphon. An Feria VI teilen sich die Traditionen: Während R 1 und R 2 zu Psalm 142 Ne intres vorschreiben, wollen alle anderen Manuskripte In veritate. Für den in den Samstagslaudes zu singenden Psalm 91 ist die Überlieferung mit Bonum est wieder einheitlich. Aus den Sonntagslaudes des Ferialoffiziums sind uns zum Gesang von Psalm 99 zwei nicht biblische Antiphonen bekannt. Sie werden neben den ansonsten hier üblichen Alleluja-Antiphonen von wenigen Handschriften vorgeschrieben: Sciamus omnes von B 2 , F, Gb, Mc und Sa; Gloria et honor von G 1 , K 1 , und Si. Da sie keine typischen Ferialantiphonen sind, d. h. weder einen biblischen Text haben noch von ihrer Länge her einen potentiellen Kehrvers darstellen und auch, von der musikalischen Seite her betrachtet, keinem Typos zugeteilt werden können, werden sie hier nur der Vollständigkeit halber aufgeführt und nicht weiter vertieft. 4.2.1.2 Repertoire des cursus monasticus Für die Psalmen, die in den Vigilien des altrömischen Offiziums keine Antiphon hatten, werden neue Antiphonen rekrutiert. Die Antiphonen zu den nach römischer Psalmenordnung in den Laudes stehenden variablen Psalmen findet man in den Codices monastischer Ordnung Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 165 <?page no="166"?> wieder. Sie wurden oben benannt. Hier werden nur Antiphonen zu den erst infolge der benediktinischen Reform in den Laudes zu singenden Psalmen aufgeführt. 9 PsV; Nr. der Edition Antiphon Handschrift Feria II Ps 35,6 (5a); Nr. 87 Domine in caelo CM: alle außer Wn 1 CR: keine Feria III Ps 56,1 (1b); Nr. 119 Quoniam in te CM: alle außer Wn 1 CR: alle außer B 2 , F, Mc, Pi Feria IV Ps 64,2 (1a); Nr. 134 Te decet hymnus CM: alle außer Wn 1 CR: alle außer Tr, U Feria V Ps 87,2 (1); Nr. 166 Domine deus salutis CM: H CR: keine Ps 87,3 (2a); Nr. 167 Intret oratio CM: alle außer H, Wn 1 CR: B 2 , Mc, U Feria VI Ps 75,2 (1b); Nr. 152 In Israel CM: alle außer Wn 1 CR: B 2 , Cb, G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mo, Mt, P 1 ,P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Sa, T 2 4.2.1.3 Zusammenfassende Deutung Zum gemeinsamen Repertoire in cursus Romanus und cursus monasticus Betrachtet man den Inhalt der zu wechselnden Psalmen der Laudes tradierten Antiphonen, die sowohl in Handschriften der römischen als auch der monastischen Psalmenordnung vorhanden sind, stellt man fest, dass keine die Morgenbzw. Lichtthematik zum Ausdruck bringt. Das bedeutet, keine dieser Antiphonen ist aufgrund ihrer Thematik als Antiphon für einen in den Laudes zu singenden Psalm gewählt. Vielmehr stammen alle, mit Ausnahme von Salutare vultus, aus dem Anfang des Psalms und scheinen aufgrund einer vorhandenen Realisierungsweise exponiert worden zu sein, die eben den Anfang des Psalms als Antiphon wählte. Bei der zu Psalm 5 von T 1 neben Intellege clamorem ergänzten Antiphon Rex meus et deus meus (Ps 5,3 [2b]; Nr. 9) wird umso deutlicher, dass es anscheinend völlig unwichtig war, die Morgenthematik in der Antiphon zur Sprache zu bringen, denn im ihr folgenden Psalmvers wäre diese mit Quoniam ad te orabo domine mane exaudies vocem meam (Ps 5,4 [3]) greifbar gewesen. Somit wird transparent, dass 9 Zum Vorkommen der folgend genannten Antiphonen in den einzelnen Manuskripten des cursus Romanus sowie des cursus monasticus vgl. vorliegende Edition von Ferialantiphonen im digitalen Anhang dieser Arbeit. 166 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="167"?> auch diese Antiphon des römischen Cursus ebenfalls nicht dazu bestimmt war, den Charakter der Hore zu exponieren. Während T 1 den Text der Antiphon kurz vor der in Vers 4 zur Sprache kommenden Morgenthematik beendet, ist diese mit Rex meus et deus meus ad te orabo domine mane im mailänder Offizium vorgesehen. 10 Die sich hier zwischen der römischen und der mailänder Tradition abzeichnenden verschiedenen Prinzipien in der Genese von Antiphonen werden unten im Anschluss an die Bestandsaufnahme der täglich wechselnden Antiphonen der Laudes aus Manuskripten des cursus Romanus an weiteren Beispielen vertieft. Auch Salutare vultus repräsentiert, wie es scheint, eine Traditionsschicht, welche die Antiphon aus formalen Gesichtspunkten wählte, nur eben nicht aus dem Anfang, sondern aus dem Schluss des Psalms. Diese Praxis klingt sogar in den Psalmen 41/ 42 selbst an, wo Salutare vultus als Antiphon angelegt ist. Inwieweit eine tatsächliche Verbindung bis in alttestamentliche Zeit hergestellt werden kann, muss freilich hypothetisch bleiben, denn es gibt dafür keinerlei Belege. Eben dargestellte Bestandsaufnahme der Antiphonen zu den täglich wechselnden Psalmen der Laudes ist umso erstaunlicher, als man erwarten würde, dass die Antiphon ebenfalls zentrale Aspekte des Textes hervorheben würde. 11 Es macht den Eindruck, dass diese Antiphonen als Einheit mit ihrem Psalm in die Laudes des cursus Romanus kamen und damit in eine Zeit vor die Entstehung sowohl der römischen als auch der benediktinischen Psalmenordnung weisen. Diese These wird auch von Forschern wie Alexander Zerfaß vertreten, der in der Tradition von Joseph Pascher die täglich wechselnden Psalmen der Laudes ursprünglich im kurrenten Psalterium und erst sekundär als täglich wechselnde Morgenpsalmen betrachtet. 12 Eine beim Vollzug des kurrenten Psalters fast mechanische Vorgehensweise in der Wahl einer Antiphon würde in der Tat zum Konzept der Psalmenmeditatio passen, wo man wie ein Uhrwerk den Psalter wiederkäute und dabei den Akzent weniger auf die Inhalte der einzelnen Psalmen, als auf das Gesamterlebnis der Verinnerlichung des Psalters lenkte. Einen anderen Überlieferungsstrang bietet der mailänder Ferialpsalter. In seinen Antiphonen zu den täglich wechselnden, die Lichtthematik zum Ausdruck bringenden Psalmen tritt diese auch in den dazugehörenden Antiphonen auf. Hier die Antiphonen zu den variablen Psalmen der Laudes im mailänder Ferialpsalter: 13 10 Vgl. z. B. Breviarium Ambrosianum S. Carolo hier aus Bd. 1, Psalterium hebdomadae I, Feria II, ad matutinam 12; vgl. Antiphonarium Ambrosianum (PalMus 6) 176. 11 Vgl. B UCHINGER , Hermeneutik bes. 216 - 222. Vgl. ähnliche Beobachtungen im Mailänder Repertoire, in: B AILEY / M ERKLEY , Antiphons; dies., Tradition; B AILEY , Antiphon. 12 Z ERFA ß, Intellege 12; vgl. P ASCHER , Psalter (1957); ders., Psalter (1963) hier 154. 13 Vgl. B AILEY , Antiphon 277. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 167 <?page no="168"?> Feria II Psalm 5 Rex meus et deus meus, ad te orabo, domine, mane (V 3.4 [2b+3a]) 14 Feria II Psalm 83 Cor meum et caro mea exsultaverunt in deum vivum (V 3 [2b]) 15 Feria III Psalm 87 Mane oratio mea praeveniat te domine (V 14 [13b]) 16 Feria IV Psalm 66 Illumina domine vultum tuum super nos (V 2 [1b]) 17 Feria V Psalm 62 Deus deus meus ad te de luce vigilo (V 2 [1a]) 18 Feria VI Psalm 107 Exsurgam diluculo confitebor domino (V 3 [2]) 19 Sabbato Psalm 88 In caelis praeparabitur veritas tua domine (V 3 [2b]) 20 14 Vgl. z. B. Breviarium Ambrosianum S. Carolo hier aus Band 1, Psalterium hebdomadae I, Feria II, ad laudes 12; Antiphonarium Ambrosianum (PalMus 6, 176 [f. 152]). Die Noten der ambrosianischen Antiphonen der Laudes sind PalMus 6 entnommen. 15 Vgl. z. B. Breviarium Ambrosianum S. Carolo, Psalterium hebdomadae II, Feria II, ad laudes 73; Antiphonarium Ambrosianum (PalMus 6, 199 [f. 171]). 16 Vgl. z. B. Breviarium Ambrosianum S. Carolo, Psalterium hebdomadae I, Feria III, ad laudes 25; Antiphonarium Ambrosianum (PalMus 6, 179 [f. 154]). 17 Vgl. z. B. Breviarium Ambrosianum S. Carolo, Psalterium hebdomadae I, Feria IV, ad laudes 37; Antiphonarium Ambrosianum (PalMus 6, 182 [f. 156]). 18 Vgl. z. B. Breviarium Ambrosianum S. Carolo, Psalterium hebdomadae I, Feria V, ad laudes 46; Antiphonarium Ambrosianum (PalMus 6, 185 [f. 159]). 19 Vgl. z. B. Breviarium Ambrosianum S. Carolo, Psalterium hebdomadae I, Feria VI, ad laudes 55; Antiphonarium Ambrosianum (PalMus 6 187 [f. 161]). 20 Vgl. z. B. Breviarium Ambrosianum S. Carolo, Psalterium hebdomadae I, Sabbato, ad laudes 62; Antiphonarium Ambrosianum (PalMus 6, 191 [f. 165]; hier ist nur das Initium ohne Noten angegeben). 168 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="169"?> Alle Texte, mit Ausnahme von Deus deus meus ad te de luce vigilo (Ps 62,2 [1a]) und Illumina domine vultum tuum super nos (Ps 66,2 [1b]) sowie deren Melodien, sind weder in der römischen noch in der benediktinischen Tradition beheimatet. Letztgenannte Antiphonen teilen ihren Text auch mit dem römischen Ritus. Gerade bei diesen Antiphonen, deren die Lichtthematik beinhaltender Vers vom Anfang des Psalms ist, könnten sich die Überlieferungen jedoch zufällig kreuzen: eine im römischen Ferialpsalter verbreitete Art der Psalmodie, kurrentem Psalter verbunden die Antiphon aus dem Anfang des Psalms zu wählen, und eine im Ferialpsalter der Laudes in der mailändischen Tradition präferierte Art und Weise, die Antiphon nach inhaltlichen Gesichtspunkten zu rekrutieren. 21 Für diese These spricht ebenfalls die in den verschiedenen Riten unterschiedliche Vertonung. Hier zum Vergleich die Modelle beider Antiphonen aus der römischen Tradition: vgl. Typos F, siehe Teil C, 2.8 vgl. Typos Be, siehe Teil C, 2.4.3 Zum Repertoire, das der cursus monasticus ergänzt Mit Ausnahme von Domine in caelo 22 findet man alle oben genannten Antiphonen auch im cursus Romanus, nur singt man sie dort eben gemeinsam mit den zu ihnen gehörenden Psalmen in den Vigilien. Da abgesehen von Domine in caelo alle Antiphonen aus dem Beginn des Psalms stammen und damit genetisch dem kurrenten Psalter der Vigilien verbunden sind, zeigt sich hier die Abhängigkeit der benediktinischen Regel vom cursus Romanus, nicht umgekehrt. Domine in caelo, die einzige Antiphon, die an dieser Stelle allein die monastische Tradition verzeichnet, erklingt an Feria II nach Intellege clamore (Ps 5,2 [1b]; Nr. 8). Dabei fällt Folgendes auf: Ar, C 5 , E 2 , P 6 , Wn 2 und Z verwenden bei beiden Antiphonen sowohl dieselbe Tonart als auch die gleiche differentia. Die übrigen hier untersuchten Handschriften des Ordo Benedicti wählen in diesem Falle ebenfalls die gleiche Tonalität, verwenden aber bei Domine in caelo und Intellege clamorem unterschiediche Differenzen. Lediglich B 1 schreibt Intellege clamoren im 2. und Domine in caelo im 5. Modus. Daher ist zu vermuten, dass man mit der 21 Z ERFA ß, Intellege 13. 22 Von den nach römischer Ordnung konstruierten Ferialoffizien hat nur Toledo 44.1 (T 1 ) diese Antiphon. Da dieser Codex auch monastisches Traditionsgut übermittelt, jedoch in „ römischem Kleid “ , wird dies hier nicht weiter berücksichtigt. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 169 <?page no="170"?> „ neuen “ Antiphon Domine in caelo zu den Laudes von Feria II in Tonalität und Melodieduktus Rücksicht auf den vorhergegangenen Psalm nahm, während man bei Psalmen, zu denen es bereits eine Antiphon gab, diese in der Regel übernommen hat. Eine tonale Angleichung der Antiphonen zu den übrigen variablen Psalmen der Laudes ist ansonsten nur in drei Einzelfällen zu beobachten: • Feria IV: Bei A timore (Ps 63,2; Nr. 133) und Te decet hymnus (Ps 64,1; Nr. 134) wählen E 2 und Z für beide Antiphonen den 2. Modus (E 2 hat bei Te decet 2T) und dieselbe differentia. • Bei den Antiphonen zu variablen Psalmen der Laudes von Feria VI ist Folgendes festzustellen: Ar, P 6 und W schreiben sowohl für In Israel magnum (Ps 75,2; Nr. 152) als auch für Bonum est (Ps 91,2; Nr. 170) den 8. Modus kombiniert mit differentia 1 vor und schaffen hier zwischen beiden Psalmen einen tonalen Anschluss. Diese Form derAnpassung in Modus und melodischem Duktus in Ferialoffizien des cursus monasticus spricht ebenfalls für die Annahme, dass Antiphonen zu täglich wechselnden Psalmen der Laudes, die in Quellen beider Psalmenordnungen zu finden sind, vor die Entstehung der monastischen Psalmenordnung weisen. 4.2.2 Antiphonen zu den täglich gesungenen Psalmen 4.2.2.1 Antiphonen zu Psalm 50 Zu den Texten der Antiphonen Neben den typischen Morgenpsalmen 62/ 66 prägt der Bußpsalm Ps 50 maßgebend den Charakter dieser Hore mit. Zu ihm ließen sich aus den untersuchten Manuskripten insgesamt zwölf verschiedene Antiphonen rekrutieren. Die jeweilige Bezeugung kann der digitalen Edition zu dieser Arbeit entnommen werden. Die folgende Tabelle zeigt die einzelnen Antiphonen in Verbindung mit der Verwendung an den Wochentagen. Links ist zuerst der Tag benannt, an dem eine Antiphon in den meisten Handschriften steht. In Klammern sind jene Tage angegeben, an denen die betreffende Antiphon ebenso gesungen wird. PsV; Nr. der Edition Antiphon Feria II Ps 50,3 (1a); Nr. 101 Miserere mei Feria III Ps 50,3 (1b); Nr. 102 Dele domine Feria III (Fer. II) Ps 50,3 (1b+1a); Nr. 103 Secundum magnam Feria IV (Fer. III) Ps 50,4 (2a); Nr. 104 Amplius lava Feria V (Fer. III und IV) Ps 50,6.3 (4a+1a); Nr. 105 Tibi soli peccavi Feria V Ps 50,11 (8a); Nr. 106 Averte faciem tuam Feria V Ps 50,12 (9a); Nr. 107 Cor mundum crea 170 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="171"?> PsV; Nr. der Edition Antiphon Feria VI Ps 50,12 (9b); Nr. 108 Spiritum rectum Feria VI (Fer. IV und V) Ps 50,14 (11a); Nr. 109 Redde mihi Feria VI (Fer. V und DL) Ps 50,14 (11b); Nr. 110 Spiritu principali Feria VI (Sabbato) Ps 50,19 (16a); Nr. 111 Sacrificium deo Sabbato Ps 50,20 (17a); Nr. 112 Benigne fac In der Frühe rufen diese Antiphonen das Erbarmen Gottes an und verstärken durch die exponierte Stellung den Aufruf nach Besinnung und Umkehr. Keine der tradierten Überlieferungen schreibt hier eine Antiphon zu Domine labia mea aperies et os meum anuntiabit laudem tuam (V 17), der explizit eine Morgenthematik beinhaltet. Der Bußcharakter überlagert in den Antiphonen wie auch im Psalm selbst die Thematik des Morgens eindeutig. Für die meisten Tage hat sich hier eine bestimmte Antiphon durchgesetzt, an die sich die meisten Handschriften halten: Feria II Miserere mei (Ps 50,3 [1a]; Nr. 101), für Feria III Secundum magnam (Ps 50,3 [1b+1a]; Nr. 103), für Feria IV Amplius lava me (Ps 50,4 [2a]; Nr. 104), für Feria V Tibi soli peccavi (Ps 50,6.3 [4a+1a]; Nr. 105), für Feria VI Spiritu principali (Ps 50,14 [11b]; Nr. 110) und für Samstag Benigne fac (Ps 50,20 [17a]; Nr. 112). Für die Laudes des Sonntags ist speziell zu Psalm 50 keine Antiphon verzeichnet. Dies erklärt sich dadurch, dass am Sonntag Psalm 50 nach römischer Ordnung durch Psalm 92 ersetzt wird und man im cursus monasticus für die sonntägliche Laudes als Antiphonen in erster Linie Hallelujas und Antiphonen zu biblischen Cantica findet. Unter inhaltlichen Gesichtspunkten wurden zu Psalm 50 fast ausschließlich Psalmverse als Antiphonen gewählt, die imperativisch das Erbarmen Gottes herbeirufen. Einzige Ausnahme davon ist die am Samstag in einigen Manuskripten (CM: E 2 , S, W, Wn 2 , Z; CR: B 2 , Cb, G 1 , G 2 , Mo, P 3 , P 4 , P 5 , Si, Tr, T 1 , U) gesungene Antiphon Sacrificium deo spiritus contribulatus (Ps 50,19 [16a]; Nr. 111). Aber auch hier wird der Beter zur Selbstanalyse ermahnt, um mit geläutertem Geist in den Tag zu gehen. Über die Woche verteilt, schreiten die Verse von Feria II bis Samstag dem Psalm entlang aufwärts, was bedeutet, dass hier ein Auswahlsystem zugrunde liegt. Von diesem Aspekt her betrachtet, ist zu vermuten, dass die Genese der zu Psalm 50 tradierten Antiphonen in Abhängigkeit zu ihrer Position innerhalb der römischen Psalmenordnung steht. Musikwissenschaftliche Besonderheiten Die starke Verbindung von Antiphonen zu Psalm 50 zur Psalmenordnung wird in K 1 , K 2 sowie in Si musikalisch vertieft: Dort scheint nicht nur die Texte der Antiphonen zu Psalm 50 betreffend eine bewusste Wahl getroffen worden zu sein. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 171 <?page no="172"?> Die tonale Folge derAntiphonen zu Psalm 50 für die Laudes von Feriae II bis VI mag eine absichtliche Komposition darstellen. Zur tonalen Folge in K 1 , K 2 und in Si In K 1 und K 2 beginnt man an Feria II im 1. Modus und endet ebenso in den Laudes des Freitags, sodass sich der Kreis schließt. Die Feriae dazwischen, schreiben für sämtliche Antiphonen zu Psalm 50 den 8. Modus vor. PsV; Nr in der Edition Antiphon Mod. Feria II Ps 50,3 (1b+1a); Nr. 103 Secundum magnam 1 Feria III Ps 50,4 (2a); Nr. 104 Amplius lava 8 Feria IV Ps 50,6.3 (4a+1a); Nr. 105 Tibi soli peccavi 8 Feria V Ps 50,11 (8a); Nr. 106 Averte faciem tuam 8 Feria VI Ps 50,14 (11b); Nr. 110 Spiritu principali 1 Auch in Si lässt sich eventuell ein bewusst gestaltetes Schema erkennen, wenn man die Folge der Antiphonen, die während der Woche zu Psalm 50 gesungen werden, betrachtet. Diese Handschrift beginnt hier am Montag im 8. Modus, springt am Dienstag in den 2. Modus, wechselt dann am Mittwoch zum 7. Modus - also gewissermaßen einen Modus „ tiefer “ als zu Beginn der Woche - und setzt dann zum 1. Modus über. Damit wiederholt sie ein ähnliches „ Sprungverhältnis “ wie zu Beginn der Woche. PsV; Nr in der Edition Antiphon Mod. Feria II Ps 50,3 (1a); Nr. 101 Miserere mei 8 Feria III Ps 50,3 (1b); Nr. 102 Dele domine 2 Feria IV Ps 50,4 (2a); Nr. 104 Amplius lava 7 Feria V Ps 50,6.3 (4a+1a); Nr. 105 Tibi soli peccavi 1 Feria VI Ps 50,19 (16a); Nr. 111 Sacrificium deo 1 Interessanterweise schließt sich Si bei Sacrificium deo den übrigen Manuskripten an, die diese Antiphon ebenfalls im 1. Modus verzeichnen, und bestärkt damit in der Tonalität die Antiphon des Donnerstags Tibi soli peccavi. Dort wählt sie hingegen den 1. Modus, obwohl alle anderen den 8. Modus setzen. Macht dies der Schreiber von Si, um in einer bestimmten tonalen Folge zu bleiben? In weiteren Antiphonarien lässt sich, was die Reihenfolge der Modi in Bezug auf die Antiphonen zu Psalm 50 betrifft, kein modales Prinzip erkennen. Dass sich K 1 , K 2 und Si hier das Recht herausnehmen konnten, ein musikalisches Konzept zu präsentieren und sich von der gemeinsamen Tradition zu distanzieren, zeigt ein gewisses Maß an Freiheit in der tonalen Gestaltung von Antiphon und Psalm. Auffallend ist, dass diese Spielart ausschließlich von den beiden Handschriften aus Klosterneuburg (K 1 , K 2 ) sowie dem Antiphonar aus Krainburg (Si) genutzt wurde. 172 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="173"?> Zur Zeit der Genese von Si, im 15. Jahrhundert, gehörten beide Orte zu habsburgischem Terrain, was ihre Verbindung nahe legt. 4.2.2.2 Antiphonen zu den Psalmen 62/ 66 Zu den Texten der Antiphonen Für beide Psalmen finden wir lediglich in der römischen Ordnung Antiphonen. Die monastischen Antiphonarien fassen die Psalmen 50, 117 und 62, die am Sonntag gesungen werden, mit einer Alleluja-Antiphon zusammen, und Psalm 66 wird den Laudes täglich als psalmus in directum an den Anfang der Psalmodie geschaltet, sodass dort für diese beiden Psalmen keine eigene Antiphon benötigt wird. In der folgenden Tabelle ist links der Tag benannt, an welchem eine Antiphon erklingt. Nach rechts folgen die Angabe des Psalmverses sowie die Nummer der Antiphon in der vorliegenden Edition. Anschließend wird die Antiphon selbst benannt. In den beiden rechten Spalten sind Modus und die diesen angebenden Handschriften, bezogen auf die Antiphon, notiert. Zur Verdeutlichung bestimmter Prinzipien in der tonalen Abfolge dieser Antiphonen über die Woche verteilt, werden bei den einzelnen Antiphonen immer diejenigen Manuskripte zuerst genannt, die den jeweils am meisten tradierten Modus verzeichnen. Im Anschluss an die Tabelle folgt zunächst die Deutung der Texte der Antiphonen in Verbindung mit dem Psalmvers und anschließend ein Hinweis auf musikologische Besonderheiten. Antiphonen aus Ps 62 sind hellgrau unterlegt, jene aus Ps 66 dunkelgrau. Antiphonen zu den Psalmen 62/ 66 in Handschriften des cursus Romanus PsV; Nr. der Edition Antiphon Mod. Handschriften Antiphonen aus Psalm 62 Fer. II Ps 62,2 (1a); Nr. 124 Deus deus meus 8 B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Si, Tr, Tu, U 7 Cb Fer. II Ps 62,2 (1a); Nr. 124 Sitivit in te 8 R 1 , R 2 Fer. III 1 U Fer. III Ps 62,2 (1b); Nr. 126 Ad te de luce 7 B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Tu, T 2 1 K 1 , K 2 , Mo 6 Si 8 Tr Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 173 <?page no="174"?> PsV; Nr. der Edition Antiphon Mod. Handschriften Fer. III Ps 62,5 (4b); Nr. 128 In nomine tuo 8 R 1 , R 2 Fer. IV Ps 62,4.5 (3b+4a); Nr. 127 Labia mea 8 B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Fer. IV Ps 62,8 (7a); Nr. 132 Factus es 8 R 1 , R 2 Fer. V Ps 62,7 (6b); Nr. 130 In matutinis 4 B, Cb, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mt, P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 Sa, Si, Tu, T 2 , U 1 F, Si 7 B 2 , U Fer. V Ps 62,7 (7); Nr. 131 In matutinis … quia 4 Tr Fer. V zu Ps 62; Nr. 137 Misereatur et benedicat 2 P 1 Antiphonen aus Psalm 66 Fer. VI Ps 66,2 (1b); Nr. 139 Illumina domine 4 B, B 2 , Cb, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Tr, Tu, T 2 1 F, Si 5 U Fer. VI Ps 66,2 (1a); Nr. 136 Deus misereatur 8 R 1 , R 2 Dom. 8 G 1 , G 2 Sab. Ps 66,8 (Svb); Nr. 140 Metuant dominum 8 B, Cb, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 2 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , 1 F 4 Mt, P 1 6 R 1 , U 7 B 2 174 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="175"?> PsV; Nr. der Edition Antiphon Mod. Handschriften Dom. Ps 62,5.3 (4b+2); Nr. 129 Benedicam te 5 B 2 , Gb, Mc, Sa 7 F Dom. Ps 66,2 (1); Nr. 138 Deus misereatur 8 K 1 , Si Zur Verdeutlichung der Unterschiede und Gemeinsamkeiten der altrömischen sowie der fränkisch-gregorianischen Traditionen folgend die Antiphonen zu Pss 62/ 66, die sich in der Überlieferung am stärksten etabliert haben: Psalmvers Antiphon Fränkisch-gregorianische Tradition Feria II Ps 62,2 (1a) Deus deus meus Feria III Ps 62,2 (1b) Ad te de luce Feria IV Ps 62,4.5 3b+4a) Labia mea Feria V Ps 62,7 (6b) In matutinis Feria VI Ps 66,2 (1b) Illumina domine Sabbato Ps 66,8 (Svb) Metuant dominum Altrömische Tradition Feria II Ps 62,2 (1b) Sitivit in te Feria III Ps 62,5 (4b) In nomine tuo Feria IV Ps 62,8 (7a) Factus es Feria V Ps 62,7 (6b) In matutinis Feria VI Ps 66,2 (1a) Deus misereatur Sabbato Ps 66,8 (Svb) Metuant dominum Ein auffälliges Procedere Der Auswahl der Psalmverse als Antiphon scheint sowohl nach fränkisch-gregorianischer als auch altrömischer Tradition ein, wenn auch teilweise durch unterschiedliche Antiphonen repräsentiertes Procedere zugrunde zu liegen. Von Feria II bis Feria V wählte man einen Psalmvers aus Psalm 62 als Antiphon, wobei man sich, wie auch schon bei Antiphonen zu Psalm 50 zu beobachten war, von Tag zu Tag im Psalmenverlauf aufwärts orientierte. An Feria VI wechselte man zu einer Antiphon aus Psalm 66 und nahm an Feria VI einen Halbvers aus dem Anfang des Psalms, während man am Samstag den Schlussvers aus Psalm 66 als Antiphon wählte. Die fränkisch-gregorianische Tradition spricht hier, insgesamt betrachtet, ein einheitliches Bild. An den meisten Feriae hat sich eine bestimmte Antiphon weitgehend durchgesetzt. Nur gelegentlich zeigen Manuskripte eigene Traditio- Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 175 <?page no="176"?> nen, wie bei Deus misereatur in den Sonntagslaudes von K 1 und Si, mit In matutinis … quia (Nr. 131) in den Laudes von Feria V in Tr, die hier die bekannte Antiphon In matutinis (Nr. 130) erweitert oder in Misereatur et benedicat, die P 1 an Feria V bietet. Zur inhaltlichen Dimension Die Antiphonen der fränkisch-gregorianischen Tradition beinhalten zumeist auch Licht- oder Lobcharakter: Benedicam te; Deus deus meus; Ad te de luce; Labia mea; In matutinis. Da die zum Morgenlob passenden Verse jedoch schon am Anfang beider Psalmen zur Sprache kommen, ist nicht auszumachen, ob ihr Inhalt oder die Tatsache, dass sie den Beginn des Psalms darstellen, Kriterium der Wahl waren. R 1 und R 2 zeigen an Feriae II mit Sitivit in te, an Feria III mit In nomine tuo, an Feria IV mit Factus es und Feria VI mit Deus misereatur ein eigenes Profil, dem sich an Feria II die Handschriften U und V anschließen. Die Morgenthematik ist dort nicht greifbar. Vielmehr fokussieren diese Antiphonen die Sehnsucht nach Gott bzw. seinem Erbarmen und das Bekenntnis zu ihm. Deus misereatur wird ebenfalls von G 1 und G 2 tradiert, dort allerdings in den Sonntagslaudes. An Feria V demonstrieren die beiden altrömischen Manuskripte mit In matutinis und am Samstag mit Metuant dominum zusammen mit der breiten gregorianischen Tradition eine Einheit. Mit In matutinis benennen auch R 1 und R 2 die Morgenthematik. Wer hier welche Tradition aufgreift, ist nicht vermittelbar. Musikwissenschaftliche Besonderheiten Auch unter musikologischen Gesichtspunkten wird deutlich, dass die Verschriftlichung erst vollzogen wurde, nachdem die Psalmenordnung mit den Antiphonen zu den Psalmen 62/ 66 verschmolzen war. Bei den nach römischer Psalmenordnung für Feria II bis V tradierten Antiphonen fränkisch-gregorianischer Tradition aus den Psalmen 62/ 66 kann man in vielen Manuskripten eine bestimmte tonale Folge und möglicherweise ein tonales Konzept erkennen. Die meisten Antiphonarien notieren folgende Modi, bezogen auf die einzelnen Tage der Woche: Feriae Modus Feria II 8 Feria III 7 Feria IV 8 Feria V 4 Feria VI 4 Sabbato 8 176 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="177"?> Die Antiphonen zu Psalm 62 der ersten drei Werktage wirken wie ein Verbund (8. Modus/ 7. Modus/ 8. Modus). Ebenso könnten vielleicht die Antiphonen zum Donnerstag, als Tag des Gedächtnisses an das letzte Abendmahl und Freitag, als Tag der Erinnerung an das Sterben am Kreuz Jesu Christi, als eine tonale Einheit betrachtet werden, indem sie den 4. Modus präferieren. Noch etwas fällt auf: an Feria II und am Samstag, den Tagen vor und nach dem Sonntag, erklingt in den Quellen bevorzugt der 8. Modus. Wollte man dadurch den am Sonntag zumeist in Form eines Allelujas gesungenen Antiphonen zu den Psalmen 62/ 66 einen besonderen Rahmen geben? Tr variiert die Folge in der tonalen Anordnung: Sie schreibt die Antiphonen zu den Psalmen 62/ 66 der Feriae II - IV im 8. Modus, für Feria V und VI im 4. Modus und am Samstag wieder den 8. Modus. Auch hier könnte man absichtsvolles Planen vermuten. 4.2.2.3 Antiphonen zu den Psalmen 148 - 150 Zu den Texten der Antiphonen Die folgende Tabelle enthält alle aus den untersuchten Ferialoffizien gefilterten Antiphonen aus bzw. zu den Psalmen 148 - 150 der Laudes. In der linken Spalte ist angegeben, an welchen Tagen der Woche eine Antiphon in der fränkisch-gregorianischen Tradition gesungen wird (greg.), in der Spalte daneben sind die Tage angegeben, an denen eine Antiphon der altrömischen Überlieferung entsprechend erklingt (R 1 , R 2 ). In der Mitte ist der Psalmvers der Antiphon notiert und rechts außen das Initium. Antiphonen zu den Psalmen der Laudes, Pss 148 - 150: greg. R 1 , R 2 PsV; Nr. der Edition Antiphon Fer. II Fer. II Ps 148,1 (1a); Nr. 309 Laudate dominum de caelis Fer. II+III - Ps 148,1 (1b); Nr. 310 In excelsis Fer. III Fer. III Ps 148,2.1 (2a+1a); Nr. 311 Omnes angeli Fer. III Fer. IV Ps 148,3 (3a); Nr. 312 Sol et luna - Fer. V Ps 148,3 (3b); Nr. 313 Omnes stellae Fer. III+IV Fer. VI Ps 148,4 (4a); Nr. 314 Caeli caelorum - Sab. Ps 148,11 (11); Nr. 315 Reges terrae Fer. IV+V - Ps 149,1 (1a); Nr. 316 Cantate domino cant. Fer. V+VI - Ps 150,1 (1a); Nr. 317 In sanctis Fer. VI - Ps 150,3.4 (3.4); Nr. 318 In psalterio et citera Fer. VI - Ps 150,4 (4); Nr. 319 In tympano et choro Sab. - Ps 150,5 (5a); Nr. 320 In cymbalis Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 177 <?page no="178"?> greg. R 1 , R 2 PsV; Nr. der Edition Antiphon - Dom. zu Pss 148 - 50; Nr. 321 Benedicta gloria Dom. - zu Pss 148 - 150; Nr. 322 Omnis creatura Dom. - zu Pss 148 - 150; Nr. 323 Sanctus sanctus Dom. - zu Pss 148 - 150; Nr. 324 Spiritus omnis Die Vorgehensweise in der Auswahl eines Psalmverses als Antiphon ist in der fränkisch-gregorianischen sowie in der altrömischen Tradition gleich: von Feria II bis zum Samstag werden entlang des Verlaufs der Psalmen 148 - 150 Halbverse bzw. Verse als Antiphon festgeschrieben. Im Einzelnen verwenden beide Traditionen aber teilweise unterschiedliche Antiphonen. Dies macht wahrscheinlich, dass das Prinzip, sich in der Wahl eines Verses als Antiphon entlang des Psalms zu orientieren, älter ist als die konkrete Wahl des Textes als Antiphon. Für die Sonntagslaudes sind die Texte der Antiphonen nicht dem Psalm selbst entnommen, dort wurde für die Psalmen 148 - 150, insofern kein Halleluja erklingt, ein freier Text mit Lobcharakter als Antiphon ausgesucht, was ebenfalls auf eine spätere Traditionsschicht hinweist. Musikwissenschaftliche Besonderheiten Folgend obige Liste an Antiphonen zu den Psalmen 148 - 150 in Verbindung mit den tradierten Modi: In der linken Spalte sind die Angaben zu Psalmvers und Nummer der Antiphon in der Edition, in der Mitte ist das Initium der Antiphon notiert und rechts daneben deren tradierter Modus. Rechts ist gelistet, in welchen Manuskripten eine Antiphon in Verbindung mit dem Modus steht. CM bezeichnet die Handschriften des (cursus monasticus) und CR jene des (cursus Romanus). PsV; Nr. der Edition Antiphon Mod. Handschrift CM CR Ps 148,1; Nr. 309 Laudate dominum de caelis 1 CM: Ar CR: B, B 2 , Cb, G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, Tu, U Ps 148,1; Nr. 310 In excelsis 6 CM: E 2 , H, K, P 6 ,W, Wn 2 , Z CR: B, Cb, K 1 , K 2 , P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Sa, U 4 CM: Ar CR: Tr, Tu, T 2 1 CM: C 5 178 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="179"?> PsV; Nr. der Edition Antiphon Mod. Handschrift CM CR Ps 148,2.1; Nr. 311 Omnes angeli 5 CM: Ar, K, P 6 CR: B, F, G 1 , G 2 , K 1 , K 2 , Mo 6 CM: E 2 , Wn 2 , Z 7 CR: Pi 8 CM: C 5 Ps 148,3 (3a); Nr. 312 Sol et luna 1 CM: B 1 , H CR: B 2 , Mc, R 1 , R 2 Ps 148,3 (3b); Nr. 313 Omnes stellae 8 CR: R 1 , R 2 Ps 148,4 (4a); Nr. 314 Caeli caelorum 2 CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 ,W, Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Sa, Si, Tr, Tu, U 8 CR: R 1 , R 2 Ps 148,11 (11); Nr. 315 Reges terrae 1 CR: R 1 , R 2 Ps 149,1; Nr. 316 Cantate domino cant. 6 CM: B 1 , E 2 , H, W, Wn 2 , Z CR: B 2 , Cb, G 1 , G 2 , Mc, P 3 , P 4 , P 5 , Tr, Tu, U 2 CR: Si Ps 150,1; Nr. 317 In sanctis 6 CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 2 , Z CR: B, B 2 , F, Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Sa, Tu, T 2 , U Ps 150,3.4; Nr. 318 In psalterio 1 CM: W Ps 150,4; Nr. 319 In tympano 1 CM: Ar, C 5 , H, K, P 6 CR: B, Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mo, Mt, P 1 , P 2 , Pi, Sa, Tr, T 2 Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 179 <?page no="180"?> PsV; Nr. der Edition Antiphon Mod. Handschrift CM CR Ps 150,5; Nr. 320 In cymbalis 4 CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 2 , Z CR: B, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Tr, Tu, T 2 , U 1 CM: C 5 3 CR: B 2 6 CR: Si zu Pss 148 - 150; Nr. 321 Benedicta gloria 7 CR: R 1 , R 2 zu Pss 148 - 150; Nr. 322 Omnis creatura 8 CR: F 4 CR: Gb, Sa zu Pss 148 - 150; Nr. 323 Sanctus sanctus 5 CR: G 1 , G 2 , K 1 , Si zu Pss 148 - 150; Nr. 324 Spiritus omnis 8 CR: B 2 , Gb, Mc, Sa Abgesehen von Omnes angeli, die in vier verschiedenen Modi anzutreffen ist, präsentieren sich die Antiphonen zu den Psalmen 148 - 150, von tonaler Seite her betrachtet, recht einheitlich. Ein die Modalität betreffendes Schema über die Woche hinweg kann man bei den zu den Psalmen 148 - 150 tradierten Antiphonen in keiner Handschrift erkennen. Das bedeutet, in sämtlichen Codices sind die Struktur des Ferialoffiziums und die Tonalität der Antiphonen unabhängig. Was die Verwendung bestimmter Modi betrifft, fällt allerdings auf, dass man den 7. Modus ausschließlich in Pi bei Omnes angeli sowie bei Benedicta gloria in R 1 und R 2 und den 3. Modus nur bei In cymbalis in B 2 findet. Eine Begründung dafür liefern die Manuskripte leider nicht. 4.2.3 Zusammenfassende Deutung zu den Antiphonen der Laudes 4.2.3.1 Zu Antiphonen zu den täglich wechselnden Psalmen Die Antiphonen zu den Psalmen der Laudes weisen auf unterschiedliche Entstehungskontexte hin: Der Inhalt der Antiphonen zu den täglich wechselnden Psalmen hat entgegen der mailänder Tradition zumeist nicht den Morgen bzw. das Licht im Blick. Vielmehr ist in den meisten Fällen deren Text schematisch aus dem Beginn des Psalms gewählt. Hypothetisch waren diese Antiphonen schon mit dem Psalm verbunden, als dieser aus dem kurrenten Psalter in die Laudes verlegt wurde. 180 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="181"?> Bestärkt wird diese These durch folgende Beobachtung: Nach benediktinischer Ordnung wurde Psalm 35 aus den Vigilien von Feria II in die Laudes desselben Tages verlegt. In den Vigilien des römischen Cursus ist Psalm 35 gemeinsam mit Psalm 34 ein Psalmenpaar, für das nur eine Antiphon benötigt wird. Diese wird in allen Antiphonarien römischer Ordnung aus Psalm 34 rekrutiert, zumeist repräsentiert durch Expugna impugnantes (Ps 34,1 [1b]; Nr. 85). Die neue, monastische Ordnung, benötigte nun eine eigene Antiphon für Psalm 35 und schuf Domine in caelo (Ps 35,6 [5a]; Nr. 87). Der Text dieser Antiphon ist nicht aus formalen Gründen dem Anfang ihres Psalms entnommen. Vielmehr stellt sie bewusst die alles umfassende Güte Gottes in den Vordergrund. Damit entspringt sie einer anderen Traditionsschicht als jene Antiphonen, die stereotyp aus dem Beginn des Psalms gewählt sind. Dass Domine in caelo sekundär ist, unterstreicht folgende Beobachtung: Die meisten Handschriften gleichen sie Intellege clamorem (Ps 5,2 [1b]; Nr. 8) in Modus und Differenz an. Eine derartige Angleichung ist bei Antiphonen, die hypothetisch aus dem cursus Romanus übernommen wurden, nicht zu beobachten. 4.2.3.2 Zu Antiphonen zu täglich gesungenen Psalmen Hier lassen sich mehrere Konzepte erkennen. Zu den Texten Bei Antiphonen zu Psalm 50 steigt deren Verszahl aus dem Psalm über die Woche hinweg stetig an. In Bezug auf Antiphonen zu den Psalmen 62/ 66 ist ähnliches festzustellen: von Feria II - V werden die Antiphonen aus Ps 62 rekrutiert, wobei auch hier die Verszahl von Tag zu Tag dem Psalm entlang fortschreitet. Ab Feria VI kommen dann Antiphonen aus Ps 66 zum Zug. Vergleichbar kommen die Antiphonen zu den Psalmen 148 - 150 zum Einsatz: Man beginnt an Feria II mit einer Antiphon aus Psalm 148 und lässt am Samstag eine Antiphon aus Psalm 150 erklingen. Für den Sonntag schließlich ist die Antiphon frei, in Anlehnung an den Text der Psalmen 148 - 150 komponiert. Diese Antiphonen sind folglich mit der Struktur der Psalmenordnungen eng verknüpft. Zu den Melodien K 1 , K 2 und Si bieten über die Woche für die Antiphonen zu Psalm 50 eine konzeptionell wirkende Tonfolge. Dort lässt sich tonales Planen vermuten. Auch bei oben zusammengestellten Antiphonen zu den Psalmen 62/ 66 kann man bewusstes Vorgehen in der tonalen Abfolge der Antiphon über die Woche annehmen. Daran kann man ebenfalls erkennen, wie eng die Wahl der Antiphonen samt ihrer Melodien mit der Ordnung der Psalmenverteilung verbunden ist. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 181 <?page no="182"?> Für die Antiphonen zu den Psalmen 148 - 150 ist ein solches geplantes Procedere in keinem Manuskript zu erkennen. Einzelne Traditionsstränge lassen sich hier nicht ermitteln. 4.3 Antiphonen zu Psalmen der Vesper Es werden nun alle Antiphonen zur Vesper des Ferialpsalters, die aus den untersuchten Quellen eruiert werden konnten, betrachtet. Beginnend mit den Antiphonen für die Vesper des Sonntags und endend mit den Antiphonen für die Vesper des Samstags, wird tageweise zunächst der Bestand aus den untersuchten Quellen ermittelt und anschließend ausgewertet. Die Vorgehensweise orientiert sich an der Struktur des cursus Romanus, bezogen auf die einzelnen Tage. Da der Bestand an Antiphonen des cursus monasticus und jener des cursus Romanus nahezu identisch ist, werden Antiphonen des monastischen Bereichs insbesondere in Zusammenhang mit Abweichungen von der römischen Psalmenordnung beleuchtet. Um transparent zu machen, ob eine Antiphon auch in monastischem Umfeld gesungen wurde, wird in den folgenden Zusammenstellungen dennoch zwischen dem Vorkommen einer Antiphon im cursus Romanus (CR) - hier wird zusätzlich zwischen fränkisch-gregorianischen und altrömischen Handschriften differenziert - und in Manuskripten des cursus monasticus (CM) unterschieden. Die wenigen Antiphonen, die ausschließlich in Ferialoffizien monastischer Herkunft erwähnt sind, werden in Zusammenhang mit dem entsprechenden Psalm erwähnt, um gegebenenfalls auf charakteristische Merkmale aufmerksam zu machen. Auch auf musikalische Modi wird hier nur eingegangen, wenn es aussagekräftig scheint, d. h. wenn sich etwa Präferenzen in der Verwendung einer Antiphon in bestimmten Manuskripten zeigen. Auf eine genaue Verteilung in den Antiphonarien bzw. Brevieren wird der Übersicht wegen verzichtet. Diese kann der Edition entnommen werden. Einzelne Traditionen werden in der Auswertung nur im Zusammenhang mit Besonderheiten hervorgehoben. 4.3.1 Antiphonen zu Psalmen der Vesper des Sonntags Während die Sonntagsvesper der römischen Ordnung die Psalmen 109 - 113 beinhaltet, erklingen dort nach benediktinischem Modell nur die Psalmen 109 - 112. Zu all diesen Psalmen sind auch Ferialantiphonen überliefert. 4.3.1.1 Repertoire Die folgende Übersicht bezieht sich zwar auf die römische Psalmenverteilung, kennzeichnet aber auch das Vorkommen der Antiphonen im cursus monasticus (CM), deren Repertoire mit dem des cursus Romanus (CR) nahezu deckungsgleich ist. Der Überschaubarkeit wegen sind nicht alle Handschriften, in denen eine 182 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="183"?> Antiphon zu finden ist, angegeben. Es wird jedoch bei der römischen Tradition zwischen der fränkisch-gregorianischen (greg.) und der altrömischen (röm.) Überlieferung differenziert, um die Unterschiedlichkeit der Traditionsstränge hervorzuheben. PsV; Nr. in der Edition Antiphon CR greg. röm. CM Ps 109,1 (1); Nr. 192 Dixit dominus x x Ps 109,1 (1b); Nr. 193 Sede a dextris meis x Ps 109,1 (1b+1a); Nr. 194 Sede a dextris x x Ps 110,1 (1a); Nr. 195 Confitebor tibi x x x Ps 110,2 (2a); Nr. 196 Magna opera domini x x Ps 110,1.2 (1b+2a); Nr. 197 In consilio x Ps 110,8 (7a); Nr. 198 Fidelia omnia x x Ps 111,1 (1); Nr. 199 Beatus vir qui x x Ps 111,1 (1a); Nr. 200 Qui timet x Ps 111,1 (1b); Nr. 201 In mandatis x x Ps 112,2 (2a); Nr. 202 Sit nomen x x x Ps 112,3 (3); Nr. 203 A solis ortu x Ps 112,4 (4a); Nr. 204 Excelsus super x x Ps 113,1 (1b); Nr. 205 23 Domus jacob x x Ps 113,2 (2a); Nr. 206 Facta est judaea x x Ps 113,2 (2b); Nr. 207 Israel potestas x x Ps 113,9 (9b); Nr. 208 Nomini tuo domine x Ps 113,18 (Sva); Nr. 209 Nos qui vivimus x x x 4.3.1.2 Zu den Texten der Antiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung Aufgrund des umfangreichen Materials wird in dieser Hore der Übersicht halber zwischen Antiphonen, deren Verse aus dem Beginn bzw. Schluss des Psalms stammen, und jenen, die einen Vers aus der Mitte des Psalms spiegeln, unterschieden. Antiphonen, deren Text aus dem Anfang und dem Ende des Psalms genommen wurde, werden deshalb zusammen betrachtet, da beiden Arten der Psalmversextraktion hypothetisch eine, wenn auch in der Konkretion unterschiedliche Art des Psalmengesang in Verbindung mit dem kurrenten Psalter zugrunde liegt. Im einen Fall nahm man den Vers schematisch aus dem Beginn des Psalms, um ihn an 23 Psalm 113 wird monastischer Tradition gemäß in der Vesper von Feria II gesungen. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 183 <?page no="184"?> gegebener Stelle zu wiederholen, im anderen Fall bekräftigte man den Schluss des Psalms, jeweils ohne auf den Inhalt zu achten. Einzelne Handschriften werden im Zusammenhang mit der Bezeugung von Antiphonen nur punktuell benannt, um bestimmte Inhalte zu verdeutlichen. Auf eine generelle Listung aller Manuskripte, die die einzelnen Antiphonen bezeugen, wird in der Darstellung der Vesperantiphonen der Übersicht halber verzichtet. Zu Antiphonen, deren Text aus dem Anfang oder Schluss des Psalms stammt Aus jedem Psalm sind, sowohl was das römische als auch das monastische Ferialoffizium betrifft, Texte aus dem Anfang des Psalms als Antiphon überliefert: • Zu Psalm 109 sind Dixit dominus und Sede a dextris meis (Nr. 194), von der Anzahl der Bezeugungen her etwa paritätisch auf Quellen des cursus Romanus (ohne R 1 und R 2 ) und die des cursus monasticus verteilt, wobei keine Merkmale zu ermitteln sind, weshalb ein Codex diese oder jene Antiphon wählt. Die beiden altrömischen Manuskripte R 1 und R 2 tradieren die kürzere Variante von Sede a dextris meis (Nr. 193). • Zu Psalm 110 haben fast alle Codices Fidelia omnia, jene Antiphon mit einem Text aus Vers 7 des Psalms. Darüber wird unten zu sprechen sein. Nur ausgewählte Handschriften tradieren Antiphonen mit Texten aus dem ersten oder zweiten Vers des Psalms: Confitebor tibi haben E 2 und H, R 1 , R 2 und T 1 ; Magna opera domini wird von B 1 und Mc überliefert, und In consilio kennt von den untersuchten Antiphonarien nur T 1 . Bei Magna opera domini und In consilio lässt sich vielleicht eine regionale Note erkennen, während bei Confitebor tibi eine enge Verbindung zwischen den altrömischen und den Manuskripten aus St. Gallen abzulesen ist. • Zu Psalm 111 sind alle überlieferten Antiphonentexte dem ersten Vers des Psalms entlehnt: Beatus vir qui, Qui timet und In mandatis. Interessanterweise hat sich In mandatis in fast alle Codices eingeschrieben, obwohl ihr Text in sich keinen Sinn ergibt. Die beiden anderen Antiphonen zu Psalm 111 hingegen sind nur spärlich bezeugt: Beatus vir, qui in H, W sowie P 1 und Qui timet als Sondertradition von R 1 und R 2 . • Zu Psalm 112 kennen die Ferialoffizien nur Sit nomen aus dem Psalmenanfang. Sie ist jedoch fast durchgängig bezeugt. • Den Beginn des Psalms 113 repräsentieren Domus jacob, Facta est judaea sowie Israel potestas. Von der Bezeugungsdichte her betrachtet, gehen sie jedoch neben Nos qui vivimus, der Antiphon, die den Schlussvers des Psalms zum Ausdruck bringt, unter. Alle diese Antiphonen stehen im Verdacht, schematisch in Verbindung mit einer Art und Weise, den kurrenten Psalter zu Klang zu bringen, entstanden zu sein. 184 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="185"?> Gelegentlich lassen sich in einzelnen Traditionen regionale oder historische Verbindungen vermuten, insgesamt jedoch lassen sich die einzelnen Überlieferungsstränge nicht rückverfolgen. Besondere Aufmerksamkeit verdient in diesem Zusammenhang die Antiphon In mandatis ejus volet nimis (Ps 111,1 [1b]; Nr. 201). Dass sich eine Antiphon, deren Text in sich keinen Sinn ergibt, dennoch in der Breite durchgesetzt hat, spricht dafür, dass sich diese Antiphon im Zusammenhang mit einer Vollzugsweise des kurrenten Psalters so sehr ins Bewusstsein der Tradition eingeschrieben hatte, dass man sie nicht lassen konnte. Auch die dem Schlussvers ihres Psalms entlehnte Antiphon Nos qui vivimus dürfte im Zusammenhang mit einer Form des psalterium currens entstanden sein, nur dass man hier eben den Schlussvers des Psalms bekräftigte, anstatt einen Vers aus dem Beginn des Psalms zu repetieren. Zu Antiphonen, deren Text aus der Mitte ihres Psalms stammt Neben Antiphonen aus dem Beginn des Psalms, wurde bei einigen ein Vers aus der Mitte des Psalms gewählt: • Fidelia omnia ist mit Ausnahme von C 5 - sie wählt hier den 7. Modus - von allen Handschriften im 4. Modus tradiert. Sie stellt eine fränkisch-gregorianische Tradition dar. • A solis ortu stellt im Rahmen der untersuchten Manuskripte eine Einzeltradition aus T 1 dar. • Excelsus super dürfte vielleicht aus dem heutigen italienisch sprechenden Raum kommen. Von den zu Rate gezogenen Manuskripten des cursus Romanus bieten sie nur F, Mo, Pi und T 1 sowie T 2 . Zusätzlich wird sie im Ferialoffizium von H, P 6 und W der monastischen Ordnung festgehalten. • Nomini tuo domine ist wahrscheinlich von der Genese her ähnlich wie Excelsus super zu beurteilen und hier nur in Mo sowie in T 2 tradiert. Sämtliche Antiphonen, die der Mitte des Psalms entlehnt sind, sind nicht in den Ferialoffizien der beiden römischen Manuskripte R 1 und R 2 beheimatet. Letztere übermitteln hier nur Antiphonen aus dem Beginn des Psalms. Daher liegt die Vermutung nahe, dass dort in den Antiphonen die Verbindung zum kurrenten Psalter noch präsenter ist als in jenen der fränkisch-gregorianischen Tradition. 4.3.1.3 Musikwissenschaftliche Besonderheiten Insgesamt zeigt sich, dass die meisten Antiphonen handschriftenübergreifend im selben Modus stehen. So findet man Fidelia omnia in beinahe allen Manuskripten im 4. Modus, ebenso In mandatis oder Sit nomen im 7. Psalmton. Es ist zu beobachten, dass über die Hälfte der Quellen die Sonntagsvesper mit Dixit dominus im 7. Modus beginnt und davon wiederum viele dieselbe Differenz verwenden (differentia 7 4 ). In der benediktinischen Tradition beendet in fast allen Manuskripten Sit nomen, ebenfalls im 7. Modus notiert (hier meist differentia 7 3 ), die sonntägliche Abend- Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 185 <?page no="186"?> hore; mit Ausnahme von W, die an dieser Stelle Excelsus super vorschreibt, und H sowie P 6 , die beide Alternativen anbieten, bilden Antiphonen im 7. Modus in der Vesper des Ordo Benedicti einen tonal ähnlich gestalteten Rahmen. Dies mag kein Zufall sein. Die Strahlkraft des 7. Modus kommt in C 5 besonders zum Ausdruck: Drei von vier Sonntagspsalmen sehen diesen Modus vor: Dixit dominus, Fidelia omnia, und Sit nomen. Dem Schreiber dieser Handschrift scheint es ein besonderes Anliegen gewesen zu sein, in der Sonntagsvesper den 7. Modus zu verwenden, denn Fidelia omnia steht in allen anderen Manuskripten im 4. Modus bzw. in K 2 in 4T. Unterstützt wird die durch die Tonalität vermittelte spannungsreiche Stimmung in C 5 noch dadurch, dass die Antiphon zu Psalm 111, In mandatis, im 3. Modus steht, während beinahe alle anderen Codices den 4. Modus wählen (lediglich G 1 und G 2 haben hier den 5. Modus). Obwohl die Grundstruktur der Melodie bei allen gleich ist, wird In mandatis im einen Fall in einem authentischen und im anderen in einem plagalen Modus festgehalten. (Vgl. dazu Teil C, 2.3). Dies zeigt auf modaler Ebene, dass es bis zu einer nicht zurück zu verfolgenden Zeit möglich war, Melodien, eigenen Kontexten entsprechend, zu modulieren. Hervorzuheben ist, dass in den beiden römischen Antiphonarien R 1 und R 2 keine derAntiphonen, die sie als Sondergut überliefern, im 7. Modus gesungen wird: Sede a dextris meis (Nr. 193) steht im 4. Modus und Qui timet erklingt im 8. Modus. Ist der Brauch, in der Sonntagsvesper den 7. Modus zu bevorzugen, außerhalb Roms entstanden? 4.3.2 Antiphonen zu Psalmen der Vesper von Feria II Nach römischer Verteilung werden in der Vesper des Montags die Psalmen 114 - 116 sowie 119 und 120 gesungen. Benedikt hingegen will die Psalmen 113 - 116 und 128. Dass hier in der römischen und der monastischen Tradition die Reihenfolge des Psalters nicht eingehalten wird, liegt teilweise an unterschiedlichen Gründen: In beiden Ordnungen behält Psalm 117 seinen ihm schon seit früher Christenheit angestammten Platz am Sonntag als besonderem Gedenktag der Auferstehung des Herrn und Psalm 118 mit seinen 176 Versen wird, über die Woche verteilt, den sogenannten kleinen Horen zugeteilt. (Der römischen Ordnung entsprechend fristet Psalm 117 sein Dasein im Kontext des Ferialpsalters in der Prim und nach monastischer Regel in den Laudes des Sonntags. Benediktinischer Regel entsprechend werden dem kurrenten Psalterium die Psalmen 119 - 127 entnommen und in Terz (Pss 119 - 121), Sext (Pss 122 - 124) sowie Non (Pss 125 - 127) von Dienstag bis Samstag festgehalten. 4.3.2.1 Repertoire Die folgende Übersicht bezieht sich auch hier auf die römische Psalmenverteilung, kennzeichnet aber ebenfalls das Vorkommen der Antiphonen im monastischen Cursus, deren Repertoire mit dem des cursus Romanus nahezu deckungsgleich ist. 186 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="187"?> Antiphonen zu folgenden Psalmen, die nur in Handschriften des monastischen Repertoires Einzug fanden, sind ebenfalls an dieser Stelle vermerkt. PsV; Nr. in der Edition Antiphon CR greg. röm. CM Ps 114,1 (1a); Nr. 210 Dilexi quia x x Ps 114,2 (2a); Nr. 211 Inclinavit dominus x x x Ps 115,1 (1a); Nr. 212 Credidi propter x x x Ps 116,1 (1a); Nr. 213 Laudate dominum x x x Ps 117,1 (1a); Nr. 214 Confitemini domino x Ps 119,1 (1b); Nr. 247 Clamavi et x x x Ps 119,2 (2a); Nr. 248 Domine libera x Ps 120,1 (1b); Nr. 249 Unde veniet x x Ps 120,2 (2a); Nr. 250 Auxilium meum x x x Ps 120,8 (Sva); Nr. 251 Dominus custodiat x 4.3.2.2 Zu den Texten der Antiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung Für die Vesper des Montags sind in den untersuchten Manuskripten ausschließlich Antiphonen tradiert, die dem Anfang oder dem Schluss ihres Psalms entnommen sind. Sie deuten damit in besonderer Weise auf einen Entstehungskontext im Zusammenhang mit dem kurrenten Psalter hin. Domine libera und Dominus custodiat, Antiphonen, die nur in Ferialoffizien monastischer Herkunft tradiert sind und dort in den sogenannten kleinen Horen gesungen werden, machen keine Ausnahme. Einen Hinweis auf die Stimmigkeit der These, dass den uns bekannten Psalmenverteilungen ein kompletterer kurrenter Psalter voraus ging, bietet hier P 4 . Dort wird in Feria II Confitemini domino (hier Ps 117,1 [1a]; Nr. 214), allerdings ohne Noten, tradiert. Psalm 117 wurde nach römischer Ordnung dem Verlauf des Psalters entnommen und in die Sonntagsprim verpflanzt. Dass der erste Vers des Psalms 117, Confitemini domino, in P 4 in der Vesper von Feria erscheint, könnte darauf hinweisen, dass dieser Psalm ursprünglich als Teil des Psalters auch in der Vesper von Feria II erklang. Eben diese Antiphon tritt ein zweites Mal auf: P 2 verwendet sie in der Vesper von Feria V an Stelle der ansonsten dort üblichen Antiphon Quoniam in aeternum (Ps 135,1 [1b]; Nr. 282), dort ebenfalls den Beginn des Psalms repräsentierend. Ob Confitemini domino genetisch zu Psalm 117 oder 135 gesungen wurde oder zu Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 187 <?page no="188"?> beiden, lässt sich nicht eruieren. Beide Male wird schematisch ein Halbvers aus dem Beginn ihres Psalms exponiert. 4.3.2.3 Musikwissenschaftliche Besonderheiten Bemerkenswertes finden wir in B und Cb: Aus dem Blickwinkel der Modi betrachtet, zeigen diese Handschriften in der Vesper des Montags eine aufsteigenden Folge. Sie weisen auf verwandtschaftliche Beziehungen hin. B und Cb beginnen die Montagsvesper im 1. Modus mit Inclinavit dominus, es folgt Credidi propter im 2. Modus, dann notieren sie Laudate dominum im 3. Modus und wählen anschließend für Clamavi et den 4. Modus. Die Schlussantiphon, Auxilium meum, wird erneut im 2. Modus gesungen und bildet damit den Bogen zum Anfang. P 2 verfährt ähnlich, endet jedoch im 4. Modus mit Unde veniet und bekräftigt damit den vorausgehenden Modus. Obwohl das melodische Grundmodell der einzelnen Antiphonen in sämtlichen Manuskripten dasselbe ist, gab es für oben genannte Rezipienten einen gewissen freien Spielraum in der modalen Gestaltung. 4.3.3 Antiphonen zu Psalmen der Vesper von Feria III Nach römischer Psalmenverteilung werden hier die Psalmen 121 - 125 gesungen und nach monastischer Ordnung die Psalmen 129 - 132, da die Psalmen 121 - 125 über die Woche verteilt in den Terz, Sext und Non erklingen. 4.3.3.1 Repertoire Die Vorgehensweise in der folgenden Darstellung entspricht den vorangegangenen Feriae. PsV; Nr. in der Edition Antiphon CR greg. röm. CM Ps 121,1 (1a); Nr. 252 Laetatus sum x x Ps 121,1 (1b); Nr. 253 In domum domini x x Ps 122,1 (1); Nr. 256 Ad te levavi x x Ps 122,1.3 (1b+3a); Nr. 257 Qui habitas x x x Ps 123,8 (Sva); Nr. 260 Adjutorium nostrum x x x Ps 124,2 (2b); Nr. 261 Et dominus x Ps 124,4 (4a); Nr. 263 Benefac domine x x Ps 125,1 (1b); Nr. 264 Facti sumus x x x 188 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="189"?> 4.3.3.2 Zu den Texten der Antiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung Was die Wahl der Antiphon aus dem Text des Psalms betrifft, fällt auf, dass sämtliche in den Handschriften R 1 und R 2 tradierten Antiphonen aus dem Anfang des Psalms bzw. mit Adjutorium nostrum einmal aus dem Schluss ihres Psalms gewählt sind. Die fränkisch-gregorianische Tradition des cursus Romanus sowie des cursus monasticus bietet hingegen mit Benefac domine, die aus dem 4. Vers des Psalms 124 stammt, eine Tradition, die, wie es scheint, nicht in Verbindung mit dem psalterium currens entstanden ist. Hypothetisch ist sie aufgrund ihres Textes als Antiphon exponiert, der Gott, den Beschützer seines Volkes, darum bittet, den Gläubigen redlichen Herzens Gutes zu tun. In R 1 und R 2 ist für Psalm 124 Et dominus in circuitu populi sui vorgesehen. Ihr Text ist dem 2. Vers von Psalm 124 entlehnt. Damit ist dieser zwar nicht aus dem direkten Beginn des Psalms, dennoch steht er dem Anfang des Psalms nahe und ist hypothetisch im Zusammenhang mit einem gebetsmühlenartigen Singen des Psalms zu betrachten, das dem Vorsänger erlaubte, den Beginn des Psalms zu singen, und der Gebetsgemeinschaft zuwies, den letzten Halbvers des Vorsängers zu repetieren. In diesem Fall wäre also der den Psalm einleitende Part des Vorsängers einfach ein wenig länger, wie wenn die Gemeinde gleich nach dem ersten Vers einen Teil dieses Verses wiederholen würde. Daher ist die aus der altrömischen Tradition kommende Antiphon Et dominus in circuitu populi eher im Entstehungskontext des kurrenten Psalters zu betrachten, während Benefac domine einem Überlieferungszweig entspringt, der die Texte von Antiphonen bewusst wählte. Ob damit die altrömische Variante die ältere ist, muss hypothetisch bleiben. Zur Einheitlichkeit von römischem und monastischem Repertoire: Die Antiphonen, die nach römischer Ordnung in der Vesper von Feria III gesungen werden und monastischem Cursus gemäß in den sogenannten kleinen Horen erklingen, sind in enger Verbindung zu den Psalmen selbst zu betrachten. Ferialoffizien römischer sowie monastischer Herkunft verwenden auch hier, abgesehen von einzelnen lokalen Traditionen, dieselben Antiphonen, ohne auf die Struktur des Offiziums bezogene Besonderheiten bezüglich Tonalität oder Melodie zu achten. Beide Offiziumsstrukturen greifen in den meisten Fällen auf einen gemeinsamen Fundus zurück bzw. sind voneinander abhängig. Es ist zu vermuten, dass die, wie es scheint, nach schematischen Kriterien entweder aus dem Beginn oder dem Ende des Psalms erwählten Antiphonen in enger Verbindung mit dem Gesamtvollzug des Psalters stehen und sekundär gemeinsam mit dem Psalm in die kleinen Horen des monastischen Offiziums verschoben wurden. Dies wäre ein Indiz dafür, dass diese Antiphonen vor die Entstehung der benediktinischen Psalmenverteilung weisen. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 189 <?page no="190"?> 4.3.3.3 Musikwissenschaftliche Besonderheiten Es zeigen sich bei einzelnen Handschriften Gemeinsamkeiten hinsichtlich des tonalen Verlauf innerhalb der Hore: B, G 1 , G 2 , Mo und Si beginnen mit In domum domini jeweils im 1. Modus, lassen die nächste Antiphon, Qui habitas, im 8. Modus erklingen, wiederholen bei der 3. Antiphon, Adjutorium nostrum, den 1. Modus und lassen dann mit Benefac domine und Facti sumus zweimal den 8. Modus ertönen. Die Hintergründe dieser Gleichartigkeit verschweigen die Manuskripte. Hier spiegelt sich eher das Ergebnis eines Verflechtungsprozesses. Eine andere Verbindung zeigen die aus dem italienischen Raum stammenden Antiphonarien C 5 , B 2 und Mc: Sie allein überliefern die Antiphon Ad te levavi. Alle schreiben den 2. Modus, verwenden jedoch unterschiedliche differentiae. Haben sich hier bei regionaler Abhängigkeit lokale Varianten manifestiert? 4.3.4 Antiphonen zu Psalmen der Vesper von Feria IV Auch in dieser Hore erklingen bei beiden Offiziumstypen verschiedene Psalmen: nach römischer Tradition die Psalmen 126 - 130 und im monastischen Bereich Psalm 134 - 137. Die Psalmen 126 und 127 werden im cursus monasticus von Feria III bis Samstag in der Non gesungen. Psalm 128 wird nach benediktinischer Verteilung in der Vesper von Feria II zu Klang gebracht. Die Psalmen 129 und 130 wandern nach der Regel Benedikts in die Vesper von Feria III. 4.3.4.1 Repertoire Die folgende Zusammenstellung orientiert sich wie bei den übrigen Feriae an der Ordnung des cursus Romanus. PsV; Nr. in der Edition Antiphon CR greg. röm. CM Ps 126,1 (1a); Nr. 266 Nisi tu domine x x Ps 126,5 (Sva); Nr. 267 Beatus vir x x Ps 126,5 (Svb); Nr. 268 Non confundetur x x x Ps 127,1 (1a); Nr. 269 Beati omnes x x x Ps 128,1 (1a); Nr. 271 Saepe expugnaverunt x x x Ps 128,8 (Svb); Nr. 272 Benediximus vobis x x Ps 129,1 (1a); Nr. 273 De profundis x x x Ps 130,1 (1a); Nr. 274 Domine non est x x Ps 130,3 (Sva); Nr. 275 Speret israel x x 190 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="191"?> 4.3.4.2 Zu den Texten der Antiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung Die hier gelisteten Antiphonen sind ausnahmslos aus dem Anfang bzw. Schluss des Psalms gewählt und damit wiederum alle mit der Vorstellung der Realisierung einer, wenn auch in der Konkretion unterschiedlichen Form des kurrenten Psalters kompatibel. Entsprechend weiter oben gemachten Beobachtungen, deckt sich auch bei dieser Gruppe an Antiphonen das Repertoire des cursus monasticus mit dem des cursus Romanus, obwohl die Psalmen in unterschiedlichen Horen gesungen werden. Die Verbindung von Psalm und Antiphon scheint daher älter als die uns vorliegenden Strukturen des Offiziums. 4.3.4.3 Musikwissenschaftliche Besonderheiten Neben den üblichen Gemeinsamkeiten, dass sich sowohl in Manuskripten des monastischen als auch römischen Cursus die meisten Antiphonen vom melodischen Bauplan her ähneln und sich in den Handschriften bei derselben Antiphon bestimmte Modi etabliert haben, - exemplarisch sei auf Beati omnes verwiesen, zu der in den Codices nur der 2. bzw. 2T oder der 8. Modus tradiert ist - findet man keine gemeinsamen Prinzipien, die etwa auf Schichten vor ihrer Verschriftlichung blicken ließen. Nach Parallelen besonderer Art, z. B. wie an Feria III zwischen B, G 1 , G 2 , Mo und Si, sucht man in dieser Hore vergebens. 4.3.5 Antiphonen zu Psalmen der Vesper von Feria V Nach römischer Tradition werden in der Vesper des Donnerstag die Psalmen 131 - 132 sowie 134 - 136 gesungen. Die monastische Tradition sieht für die Vesper dieses Tages die Psalmen 138 - 140 vor und teilt hier Psalm 138, um mit Psalm 139 und 140 auf die gewünschte Anzahl von vier Psalmen zu kommen. Die Psalmen 131 und 132 erklingen nach Benedikt in der Vesper von Feria III. Die Psalmen 134 - 136 findet man, der monastischen Ordnung entsprechend, in der Vesper von Feria IV. 4.3.5.1 Repertoire Wie bei den Antiphonen zu den Vespern der übrigen Feriae folgend die Antiphonen zu den Psalmen der Vesper von Feria V nach der Ordnung des cursus Romanus: PsV; Nr. in der Edition Antiphon CR greg. röm. CM Ps 131,1 (1b); Nr. 276 Et omnis x x x Ps 132,1 (1a); Nr. 277 Ecce quam bonum x x Ps 132,1 (1b); Nr. 278 Habitare fratres x x x Ps 134,1 (1a); Nr. 279 Laudate nomen x x Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 191 <?page no="192"?> PsV; Nr. in der Edition Antiphon CR greg. röm. CM Ps 134,6 (6a); Nr. 280 Omnia quaecumque x x x Ps 135,1 (1a); Nr. 281 Confitemini domino x Ps 135,1 (1b); Nr. 282 Quoniam in aeternum x x x Ps 136,3 (3b); Nr. 283 Hymnum cantate x x x 4.3.5.2 Zu den Texten der Antiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung Abgesehen von Omnia quaecumque und Hymnum cantate, stammen die Antiphonen für die Vesper von Feria V ebenfalls aus dem Beginn ihres Psalms. Weswegen sich für Hymnum cantate eine einheitliche Tradition bildete, obwohl sie nicht den Wortlaut des Anfangs des Psalms wiedergibt, verschweigen die Quellen. Auch bei den beiden zu Psalm 134 tradierten Antiphonen Laudate nomen und Omnia quaecumque fragt man sich, warum sich Laudate nomen (Ps 134,1 [1a]), die Antiphon, deren Text dem direkten Beginn des Psalms entnommen ist, nicht durchsetzen konnte. Sie ist in nur wenigen Quellen zu finden (CM: Ar, H, K, P 6 , P 7 ; CR: Cb, T 1 und U). Die beiden letztgenannten Antiphonen scheinen unterschiedlichen Traditionsschichten zu entspringen: Omnia quaecumque lenkt das Bewusstsein der Betenden auf die Macht Gottes in Schöpfung und Geschichte, während Laudate nomen die Sänger mit dem Prinzip verbindet, eine Antiphon aus dem Beginn des Psalms zu wählen, und damit auch einer Form, den kurrenten Psalter schematisch zu singen, entspricht. Dass der Inhalt der Antiphon mit dem des Psalms übereinstimmt, dürfte in diesem Fall nicht Grund der Wahl sein. Dass neben Handschriften fränkisch-gregorianischer Herkunft auch die beiden altrömischen Codices R 1 und R 2 Omnia quaecumque in ihr Konzept aufgenommen haben, lässt erkennen, dass die unterschiedlichen Traditionen zum Zeitpunkt der Verschriftlichung ineinander verwoben waren. 4.3.5.3 Musikwissenschaftliche Besonderheiten Eine Besonderheit bietet P 2 : Mit Confitemini domino (hier Ps 135,1 [1a]; Nr. 281) passt sie sich in der Tonart und differentia (3 16 ), einer lokalen Spielart des 3. Psalmtons, an die ihr vorausgehende Antiphon Omnia quaecumque (Ps 134,6 [6a]; Nr. 280) an. Dies spricht für einen sekundären Ort von Confitemini domino an dieser Stelle. Ist der primäre Ort dieser Antiphon im Zusammenhang mit Psalm 117 in der Vesper von Feria II zu betrachten, wo sie in P 4 auch vermerkt ist? Dies könnte bedeuten, dass diese Antiphon vor die in unserer Form vorliegende römische Psalmenverteilung weist. 192 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="193"?> 4.3.6 Antiphonen zu Psalmen der Vesper von Feria VI Das römische Konzept sieht hier die Psalmen 137 - 141 currente psalterio vor, während in monastischen Manuskripten in der Vesper des Freitags die Psalmen 141, 142 und 144 I erklingen. Um auf die gewünschte Anzahl der Psalmen zu kommen, fallen dort gleich zwei Teilungen an: bei Psalm 143 und 144. Die zweite Hälfte von Psalm 144 wird allerdings erst am Samstag gesungen. Psalm 142 entfällt der monastischen Psalmenreihe und erscheint dort in den Laudes des Samstags, während ihn die römische Tradition auf die Freitagslaudes legt. Psalm 137 wird im cursus monasticus in der Vesper von Feria IV gesungen, die Psalmen 138 I und II sowie 139 - 140 kommen nach monastischem Brauch nach Feria V. 4.3.6.1 Repertoire Folgend die Antiphonen zu den Psalmen der Vesper von Feria VI nach der Ordnung des cursus Romanus: PsV; Nr. in der Edition Antiphon CR greg. röm. CM Ps 137,1 (1b); Nr. 284 In conspectu x x x Ps 138,1 (1a); Nr. 285 Domine probasti me x x x Ps 139, 2 (1b); Nr. 286 A viro iniquo x x x Ps 140,1 (1a); Nr. 287 Domine clamavi x x Ps 140,1 (1b); Nr. 288 Intende voci orationis x Ps 141,1 (1b); Nr. 289 Voce mea x Ps 141,6 (5b); Nr. 290 Portio mea x x Ps 141,8 (7b [Svb]); Nr. 291 Me exspectant justi x x 4.3.6.2 Zu den Texten der Antiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung Mit Ausnahme derAntiphonen zu Psalm 141 findet man auch in dieser Zusammenstellung nur Antiphonen, deren Text vom Beginn ihres Psalms ist. Bei den beiden Antiphonen mit Texten aus Psalm 141 hat sich Portio mea und damit diejenige Antiphon, bei der sich, vom Inhalt her betrachtet, der Beter inmitten von Verleumdungen zu Gott als seinem Anwalt bekennt, von der Bezeugungsdichte her behauptet. Me exspectant justi trifft man nur in H, F, Pi und T 1 an, wobei alle, abgesehen von Pi, diese Antiphon neben Portio mea als Alternative bieten und nur Pi sich in Verbindung mit Psalm 141 auf Me exspectant justi konzentriert. Eine Tradition, die schematisch den Schlussvers von Psalm 141 als Antiphon exponierte, wird hier an den Rand gedrängt. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 193 <?page no="194"?> Zu Domine probasti, die als einzige Antiphon zu Psalm 138 in den Ferialoffizien verewigt wurde: Obwohl in der Vesper für jeden Psalm eine Antiphon vorgesehen ist und aufgrund der Teilung von Ps 138 dort eigentlich in der Konsequenz zwei Antiphonen zu finden sein müssten, ist zu Psalm 138 in sämtlichen Handschriften des cursus Romanus sowie des cursus monasticus lediglich Domine probasti me tradiert. Das heißt, man machte sich offenbar in Klöstern nicht die Mühe, eine weitere Antiphon zu Ps 138 zu kreieren, oder konnte auf kein weiteres Repertoire an Antiphonen zu Psalm 138 zurückgreifen, sondern übernahm die bereits vorhandene. Das könnte bedeuten, dass Domine probasti me vor die Entstehung zumindest der monastischen Ordnung verweist. Das Problem, dass zwei Hälften des Psalms 138 eigentlich als eigenständige Psalmen fungieren, lösen die Manuskripte des monastischen cursus, indem sie einfach die Anzahl der Antiphonen reduzieren und der jeweiligen Hore nur zwei bzw. drei Antiphonen zugestehen. Welche Antiphon dann mehrfach gesungen wird, da ja zu jedem Psalm eine Antiphon erklingen sollte, bleibt unklar. 4.3.6.3 Musikwissenschaftliche Besonderheiten Zu Domine probasti me lässt sich eine weitere Beobachtung bezüglich des Modus machen: Mit Ausnahme von R 2 , die diese Antiphon im 8. Modus notiert, wählen alle Antiphonarien bzw. Breviere des monastischen wie des römischen Typs den 3. Modus. Auch der melodische Bauplan der Antiphon ist in überall einheitlich, während die differentiae sich unterscheiden. (Vgl. Antiphonen des Typos A, Teil C, 2.3). Da alle Antiphonen denselben Melodietyp wählen, ist wohl davon auszugehen, dass sich das Grundmuster dieser Antiphon sowie deren Bezeugung in einem bestimmten Modus vor der Verewigung in den Handschriften etabliert hatte. Dass R 2 einen anderen Modus als der Trend hat, könnte darauf hinweisen, dass im Vorfeld der Verschriftlichung der Modus in dieser Tradition keine Rolle spielte, denn neben Domine probasti ist der 3. Modus dort innerhalb des Ferialoffiziums nur bei Bonorum meorum (Nr. 31) bekannt. Dass bei gleichem Melodietypos die Differenzen zu Domine probasti dennoch in den Manuskripten verschieden sind, könnte darauf verweisen, dass sich eben in diesen lokale Elemente erhalten haben. Zu einem hypothetischen Konzept von B 1 und C 5 , was die Wahl des Modus betrifft B 1 und C 5 wählen in der Vesper von Feria VI als Einzige der untersuchten Antiphonarien das schrittweise Ansteigen der Tonalität vom 3. zum 5. Modus und zeigen ihre Abhängigkeit: PsV; Nr. der Edition Antiphon Modus Ps 138,1 (1a); Nr. 285 Domine probasti me 3 Ps 139,2 (1b); Nr. 286 A viro iniquo 4 Ps 140,1 (1a); Nr. 287 Domine clamavi 5 194 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="195"?> F und Mc, andere Handschriften, die eine regionale Verbindung zu B 1 und C 5 haben, alle aus dem Norditalienischen stammend, signalisieren im melodischen Ablauf der Psalmen 137 - 141 ebenfalls eine besondere Systematik: PsV; Nr. der Edition Antiphon Modus Ps 137,1 (1b); Nr. 284 In conspectu 5 Ps 138,1 (1a); Nr. 285 Domine probasti me 3 Ps 139, 2 (1b); Nr. 286 A viro iniquo 4 Ps 140,1 (1a); Nr. 287 Domine clamavi 5 Ps 141,6 (5b); Nr. 290 Portio mea 5 F und Mc beginnen mit In conspectu im 5. Modus, wechseln dann mit Domine probasti in den 3. Modus und steigen anschließend wieder schrittweise zum 5. Modus auf: Sie notieren A viro iniquo im 4. Modus und enden mit Domine clamavi wieder im 5. Modus, um diesen Modus mit Portio mea zu bekräftigen. B 2 geht fast den gleichen Weg. Sie notiert In conspectu ebenfalls im 5. Modus und endet mit Domine clamavi und Portio mea wie auch F und Mc ebenfalls dort, vermerkt aber bei A viro iniquo statt des 4. den 3. Modus bei gleichem Grundmuster der Melodie, deren Ambitus sie bis zum c ’ anstelle des a ausweitet. Wie diese regionalen Besonderheiten genetisch zu beurteilen sind, verschweigen die Codices. 4.3.7 Antiphonen zu Psalmen der Vesper des Samstags Nach römischer Ordnung die Psalmen 143 - 147 und nach monastischer die Psalmen 144 II - 147 beinhaltend, bilden diese das Gerüst der letzten Vesper der Woche. Psalm 143, in zwei Einheiten geteilt, sowie der erste Teil von Psalm 144 werden in der monastischen Ordnung an Feria VI gesungen. 4.3.7.1 Repertoire Die folgende Zusammenstellung orientiert sich entsprechend der anderen Feriae an der Ordnung des cursus Romanus. PsV; Nr. in der Edition Antiphon CR greg. röm. CM Ps 143,1 (1a); Nr. 294 Benedictus dominus x x x Ps 144,1 (1b); Nr. 295 In aeternum x x Ps 144,2 (2a); Nr. 296 Per singulos x x x Ps 144,13 (13a); Nr. 297 Regnum tuum x x Ps 144,20 (20a); Nr. 298 Custodit dominus x x Ps 145,2 1a); Nr. 299 Lauda anima x Ps 145,2 (1b); Nr. 300 Laudabo deum x x x Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 195 <?page no="196"?> PsV; Nr. in der Edition Antiphon CR greg. röm. CM Ps 145,2 (1b); Nr. 301 Psallam deo x Ps 146,1 (1a); Nr. 302 Laudate dominum quoniam x Ps 146,1 (1b); Nr. 303 Deo nostro x x x Ps 146,5 (5a); Nr. 304 Magnus dominus x x Ps 146,11 (4a); Nr. 305 Beneplacitum est x Ps 147,12 (1a); Nr. 306 Lauda jerusalem x x x Ps 147,13 (2b); Nr. 307 Benedixit filiis x x Ps 147,18 (6b); Nr. 308 Flavit spiritus x x 4.3.7.2 Zu den Texten der Antiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung Zu Psalm 143 gibt es in der gesamten monastischen sowie römischen Überlieferung eine einzige Antiphon: Benedictus dominus. Dies ist umso erstaunlicher, als Psalm 143 wie auch Psalm 138 der monastischen Ordnung gemäß geteilt wird und quasi als zwei Psalmen fungiert. Wie bei Domine probasti me zu sehen war, gehen die Manuskripte des cursus monasticus dem Problem, einen neuen Psalm für die Vesper von Feria VI schaffen zu müssen, aus dem Weg, indem sie dieser Hore nur drei bzw. zwei Antiphonen zuschreiben, die für alle Psalmen gelten. Zu Psalm 144 schenkt uns die Überlieferung gleich vier Ferialantiphonen: In aeternum und Per singulos sind in der römischen sowie der monastischen Tradition gut verankert. Regnum tuum, tradiert in Ar, B 2 , C 5 , E 2 , H, P 6 , P 7 , W, Wn 2 , Z und T 1 sowie Custodit dominus, in E 2 , H, S, Wn 1 überliefert, sind nur in monastischen Handschriften zu finden und damit hypothetisch der benediktinischen Reform geschuldet. Betrachtet man den Vers des Psalms, der den Text der Antiphon bildet, so fällt auf, dass dieser bei den Antiphonen der monastischen Überlieferung weder dem Anfang noch dem Schluss des Psalms entnommen ist. Dies unterstützt die These, dass Antiphonen aus dem Beginn bzw. Schluss des Psalms potentiell vor die Psalmenordnung Benedikts weisen und jene, deren Text aus inhaltlichen Gesichtspunkten einem Vers aus der Mitte des Psalms entlehnt wurde, eher sekundären Charakter haben. Von den zu Psalm 144 tradierten vier Antiphonen ist In aeternum am breitesten bezeugt. Sie ist in allen untersuchten römischen Quellen zu finden, außer in F, Pi, R 1 , R 2 und Tu. Außerdem ist sie in folgenden Codices monastischen Ursprungs vermerkt: E 2 , H, S, W, Wn 1 , Wn 2 und Z. Die Häufigkeit der Dokumentation könnte verwundern, da In aeternum vom Text her keinen Sinn ergibt und nur im Zusammenhang mit dem Verlauf einer bestimmten responsorialen Singweise verstanden werden kann. Die Dominanz in 196 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="197"?> der Verwendung dieser etablierten Antiphonen steht hier folglich im Rang höher als etwa der Wunsch, andere, aussagegebundene Verse zu verwenden, und nimmt den Sänger mit in eine Zeit bzw. an einen Ort des frühchristlichen Mönchtums, wo in aeternum in Verbindung mit dem kurrenten Psalter ihren Anfang nahm, um sich in Ewigkeit in die Herzen sowie in den Geist aller diese Antiphon Singenden einzubrennen. Für Psalm 145 konnten in den untersuchten Ferialoffizien drei Antiphonen ermittelt werden, von denen dort allerdings zwei Lauda anima und Psallam deo nur in T 1 zu finden sind. Die Handschrift aus Toledo fixiert sie neben Laudabo deum, die ansonsten von sämtlichen Manuskripten festgehalten wird. Das Bild der Ferialantiphonen zu Psalm 146 ist in Bezug auf ihr Vorkommen ähnlich wie von jenen zu Psalm 145 tradierten Antiphonen: Laudate dominum quoniam, Magnus dominus und Beneplacitum est werden von den untersuchten Ferialoffizien lediglich in T 1 übermittelt. Daneben hat T 1 auch Deo nostro und teilt diese mit allen weiteren Manuskripten. So vermittelt auch hier das Ferialoffizium von T 1 den Charakter, eine breit angelegte Sammlung an Antiphonen dokumentieren zu wollen. Für Psalm 147 gibt es ebenfalls drei Ferialantiphonen: Lauda jerusalem, Benedixit filiis und Flebit spiritus, wobei sich die Manuskripte hier für jeweils eine Antiphon entscheiden und teilweise regionale Schwerpunkte dokumentieren: Lauda jerusalem wird in allen untersuchten Ferialoffizien französischer Herkunft verwendet, aber zusätzlich auch von weiteren: CM: B 1 , C 5 , E 2 , Wn 1 ; CR: B 2 , Gb, Mc, R 1 , R 2 , Sa, T 1 und T 2 . Benedixit filiis tradieren insbesonsere österreichisch-süddeutsche Manuskripte: CM: E 2 , H, Wn 2 , Z; CR: B, K 1 , K 2 . Aber auch Si, als Vertreterin der zur Zeit ihrer Entstehung dem Geschlecht der Habsburger zugehörigen Stadt Krainburg sowie die beiden Handschriften aus Aquileia, G 1 und G 2 , kennen Benedixit filiis. Daneben wird sie auch von Mo, T 1 , T 2 , U, V und zwei klösterlichen Codices, K und S, vorgeschrieben. Flebit spiritus dokumentieren die beiden italienischen Manuskripte F und Pi, sie ist aber auch in H, W und T 1 beheimatet. 4.3.7.3 Musikwissenschaftliche Besonderheiten Zu Benedictus dominus (Nr. 294): Ausnahmslos alle Handschriften vermerken hier den 6. Modus. Dazu verwenden über die Hälfte der Manuskripte dieselbe Differenz: Nr. 6 1 . Warum sich hier neben dem häufig zu beobachtenden Bild, dass Melodietyp und Modus in diversen Manuskripten identisch sind, auch dieselbe Differenz manuskriptübergreifend etablierte, ist nicht auszumachen. Wurde diese Antiphon gemeinsam mit der Differenz erst in den Antiphonarien verewigt, als der Vereinheitlichungsprozess bereits abgeschlossen war? Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 197 <?page no="198"?> Zu In aeternum: Sämtliche Manuskripte schreiben diese Antiphon dem 8. Modus zu, wenn auch die differentiae variieren, was eine enge Bindung von Text und Tonalität zum Ausdruck bringt bei gleichzeitiger die lokale Klangnuance tradierender melodischer Variabilität des Psalmtons. Einzelne, möglicherweise lokale Traditionen lassen sich hier nicht ermitteln. Zu stark scheint das Gewicht bestimmter Antiphonen in festgelegten Modi: Alle Ferialoffizien, die eine Antiphon zu Psalm 145 tradieren, übermitteln Laudabo dominum im 4. Modus. Sämtliche Manuskripte, die eine Antiphon zu Psalm 146 niederschreiben, wählen Deo nostro im 8. Modus. Die tonale Prägung einerAntiphon im Vorfeld der Verschriftlichung zeigt sich auch bei Antiphonen zu Psalm 147: Benedixit filiis steht überall im 6. Modus, während Lauda jerusalem und Flebit spiritus in allen Manuskripten (mit Ausnahme von C 5 , die Lauda jerusalem im 3. Modus notiert) im 4. Modus in die Geschichte eingegangen sind. Eine ausgeprägte Verbindung zeigen F und Pi, die beide die Antiphon Flebit spiritus im 4. Modus mit differentia 1,1 vermerken. 4.3.8 Zusammenfassende Deutung zu den Antiphonen der Vesper 4.3.8.1 Zu den Texten der Antiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung Antiphonen, die genetisch im Zusammenhang mit der benediktinischen Reform stehen Quellen monastischer wie römischer Ordnung zeigen weitgehend selben Bestand. Sogar bei den Psalmen 138, 143 und 144, die benediktinischer Ordnung gemäß geteilt wurden, ist nur bei Psalm 144 mit Regnum tuum (Ps 144,13 [13a]; Nr. 297) monastisches Eigengut dokumentiert. Dass T 1 diese Antiphon ebenfalls hat, dürfte in diesem Zusammenhang vernachlässigt werden, da sich die Handschrift aus Toledo auch in anderen Zusammenhängen als einziges Manuskript römischer Ordnung der monastischen Tradition anschließt und in Bezug auf Ferialantiphonen eher den Eindruck des Zusammenfließens verschiedener Traditionen hat. Es ist festzustellen, dass der Text dieser der monastischen Welt entsprungenen Antiphon sowie auch der von Magnus dominus (Ps 146,5 [5a]; Nr. 304), der anderen aus der klösterlichen Welt kommenden Antiphon, ein Halbvers aus der Mitte des Psalms ist und wahrscheinlich inhaltlichen Kriterien entsprechend ihren Weg in die Vesper fand. Dies ist umso auffallender, als von den 78 Antiphonen, die für die Vesper des Ferialoffiziums ermittelt wurden, 65 aus dem Anfang bzw. gelegentlich auch aus dem Schluss des Psalms gewählt wurden und damit in Verbindung mit der Realisierung des kurrenten Psalters zu vermuten sind. Dass gerade der Text dieser beiden im monastischen Kontext beheimateten Antiphonen aus inhaltlichen und nicht formalen Gesichtspunkten als Antiphon exponiert wurde, zeigt dort ein anderes Auswahlprinzip. 198 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="199"?> Doch welche historischen Konsequenzen können daraus abgeleitet werden? Dass die benediktinische Psalmenverteilung die römische zumindest in Grundzügen voraussetzt, ist wohl Konsens in der Forschung. Aber ist genetisch im Zusammenhang mit der benediktinischen Reform entstandenes Repertoire an Antiphonen deswegen auch jünger als jenes, das, formalen Aspekten genügend, eine Antiphon tradierte? Konkret: Sind Antiphonen, die den Beginn bzw. das Ende des Psalms repräsentieren älter als jene, deren Text aus der Mitte des Psalms stammt? Generell ist dies freilich nicht zu beantworten. Von der Tendenz her könnte man dies jedoch vermuten, vor allem wenn man die Ergebnisse aus anderen Horen einbezieht. (Vgl. z. B. die Ausführungen sowie die Zusammenfassungen zu Ferialantiphonen aus weiteren Horen in Teil A: dieser Arbeit.) In der Zusammenfassung der wesentlichen Bausteine am Ende dieser Arbeit werden diese Fragen ebenfalls aufgegriffen und abschließend gedeutet. Indizien für ein verstecktes Repertoire vor der römischen Psalmenverteilung Mitunter stellt sich die Frage, ob sich in einzelnen Traditionen spezielle Überlieferungen verbergen, die vor die Entstehung beider Psalmenordnungen weisen: So will P 4 , dass in der Vesper von Feria II Psalm 117 gemeinsam mit der Antiphon Confitemini domino (Ps 117,1 [1a]; Nr. 214) gesungen wird, und erweitert an Feria II die Anzahl der Psalmen auf sechs an Stelle von fünf vorgeschriebenen Psalmen. Sie komplettiert an dieser Stelle den kurrenten Psalter, dem nach römischer Ordnung dieser Psalm entnommen wurde, um ihn als traditionellen Auferstehungspsalm an dem für ihn passenden Tag, dem Sonntag, zu würdigen. Zur altrömischen Tradition in Verbindung zum kurrenten Psalter Im Vergleich mit Antiphonen der fränkisch-gregorianischen Tradition wählen die beiden altrömischen Handschriften R 1 und R 2 bei Alternativen mit Ausnahme von Omnia quaecumque (Ps 134,6 [6a]; Nr. 280) nur Antiphonentexte aus dem Anfang oder Schluss des Psalms, und man fragt sich, ob dort die Verbindung zum Erbe des kurrenten Psalters noch präsenter war, als bei dem der fränkisch-gregorianischen Manuskripte. Zu regionalen Überlieferungen Partiell fließen Antiphonen ins Konzept ein, die einen regionalen Schwerpunkt aufweisen. So wird Magna opera domini (Ps 110,2 [2a]; Nr. 196) von der beneventanischen Tradition (B 1 und Mc) überliefert, In consilio (Ps 110,1.2 [1b+2a]; Nr. 197) nur von Toledo (T 1 ) und Benedixit filiis (Ps 147,13 [2b]); Nr. 307) in erster Linie von Codices des österreichisch süddeutschen Raumes. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 199 <?page no="200"?> 4.3.8.2 Musikwissenschaftliche Besonderheiten Zu tonalen Konzepten Was die Modi der Antiphonen betrifft, ist ebenfalls über weite Strecken Vereinheitlichung erkennbar. Gelegentlich trifft man in Handschriften auf tonale Abfolgen in einzelnen Horen, die wie ein Konzept wirken und die Frage aufwerfen, ob es zur Zeit der Verschriftlichung noch Spielräume gab, tonale Eigennoten zu setzen bzw. punktuell eigene Vorstellungen von Musik einfließen zu lassen. Hier in der Zusammenfassung die beiden markantesten Beispiele in dieser Gruppe: In der Vesper von Feria III römischer Psalmenverteilung nach lassen die B, G 1 , G 2 , Mo und Si ein ihnen gemeinsam zugrundeliegendes tonales Konzept vermuten. Sie beginnen jeweils mit In domum domini (Ps 121,1 [1b]; Nr. 253) im 1. Modus, lassen die nächste Antiphon, Qui habitas (Ps 122,1.3 [1b+3a]; Nr. 257), im 8. Modus erklingen, wiederholen bei der 3. Antiphon mit Adjutorium nostrum (Ps 123,8 [Sva]; Nr. 260) den 1. Modus und lassen dann zweimal den 8. Modus ertönen. Hier wählen sie Benefac domine (Ps 124,4 [4a]; Nr. 263) und Facti sumus (Ps 125,1 [1b]; Nr. 264). Ein solcher Plan ist in anderen Manuskripten nicht festzustellen. An Feria VI römischer Psalmenordnung dokumentieren B 1 und C 5 , zwei Manuskripte aus Italien, in der Vesper von Feria VI als Einzige mit dem schrittweisen Ansteigen der Tonalität vom 3. zum 5. Modus ihre Verbundenheit. Siehe oben unter Feria VI. Diese Erkenntnisse flossen in dieser Arbeit unter anderem mit ein, eine Typologie von Melodie-Mustern zu erstellen, in der Annahme, dass vom melodischen Grundgerüst her parallel aufgebaute Antiphonen gegebenenfalls tonal abgeändert werden und sogar partiell in ein melodisches Konzept eingebunden werden konnten. 4.4 Antiphonen zu Psalmen der kleinen Horen 4.4.1 Antiphonen zu Psalmen von Terz, Sext und Non 4.4.1.1 Repertoire des cursus Romanus sowie des cursus monasticus zu Ps 118 Zu Psalm 118, der in Segmente unterteilt täglich in den kleinen Horen gesungen wird, hat sich im Laufe der Jahre eine reiche Tradition an Antiphonen herausgebildet. In der folgenden Tabelle ist links die Angabe des Psalmverses sowie der Nummer in der vorliegenden Edition zu finden, in der Spalte daneben steht in römischen Ziffern das Segment bzw. die Strophe von Psalm 118 und nach dem Komma die Versangabe innerhalb der Strophe. (Str.nr.V). Diese Spalte wurde eingefügt, um ermitteln zu können, ob der Beginn einer Strophe die Antiphon stellt oder ein Vers 200 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="201"?> aus der Mitte. Dies wiederum könnte Konsequenzen in Bezug auf eine Realisierungspraxis in Verbindung mit dem kurrenten Psalter oder einer anderen Form responsorialer Antiphonie haben. Jene Antiphonen, die den Beginn einer Strophe von Psalm 118 exponieren, sind grau hinterlegt. In der Mitte der Tabelle ist das Initium der Antiphon, rechts daneben die Anzahl der Wörter einer Antiphon (Wz) und links außen die Bezeugung in den Handschriften notiert: jene des cursus monasticus (CM) sowie die des cursus Romanus (CR). Ist eine Antiphon in sämtlichen Manuskripten eines cursus zu finden, steht „ alle “ . Die Wortzahl der einzelnen Antiphonen ist angegeben, um aufzeigen zu können, ob sich eine Antiphon grundsätzlich als Responsum eignet, in der Annahme, dass sich eher kürzere Texte als Kehrverse eignen. PsV; Nr. der Edition Str.nr,V Antiphon Wz Handschrift Ps 118,35 (35a); Nr. 220 V,3a Deduc me 7 CM: CR: H B, Cb, G 1 , G 2 , K 1 , K 2 , Mc, Mt, Si, U Ps 118,36 (36); Nr. 221 V,4 Inclina cor 7 CR: R 1 Ps 118,66 (66); Nr. 222 IX,2 Tuam disciplinam 8 CR: Mt Ps 118,77 (77a); Nr. 223 X,5 Veniant mihi 7 CR: Gb, P 3 , P 4 , P 5 , Sa Ps 118,81 (81b); Nr. 224 XI,1b In verbum tuum 5 CR: P 1 , Tr Ps 118,89 (89); Nr. 225 XII,1 In aeternum domine 8 CM: CR: H Cb, Mt, U Ps 118,89.90 (89b+90a); Nr. 226 XII,1b - 2a In caelo et 8 CR: B Ps 118,107 (107); Nr. 227 XIV,3 Domine vivifica 6 CR: R 1 Ps 118,116 (116); Nr. 228 XV,4 Non confundas 7 CR: Gb, P 3 , P 4 , P 5 , Sa Ps 118,117 (117); Nr. 229 XV,5 Adjuva me 6 CM: CR: alle B, B 2 , G 1 , G 2 , K 1 , K 2 , Mc, Mt, P 1 , Si, Tr, T 1 Ps 118,132 (132a); Nr. 230 XVII,3 Aspice in me 7 CM: CR: alle B, B 2 , Cb, K 1 , K 2 , Mc, Mt, P 1 , R 1 , Si, Tr, U Ps 118,132 (132); Nr. 231 XVII,3 Aspice in me 12 CR: G 1 , G 2 Ps 118,137 (137); Nr. 232 XVIII,1 Justus es domine 7 CR: T 1 Ps 118,153 (153a); Nr. 233 XX,1a Vide humilitatem 6 CM: E 2 , H, S, W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: Mt, Tu Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 201 <?page no="202"?> PsV; Nr. der Edition Str.nr,V Antiphon Wz Handschrift Ps 118,169 (169b); Nr. 234 XX,1b Juxta eloquium 7 CR: Gb, P 3 , P 4 , P 5 , Sa Ps 118,173 (173a); Nr. 235 XX,5 Fiat manus 12 CM: Ar, B 1 ,C 5 , K, P 6 , P 7 zu Ps 118; Nr. 236 Adesto deus 10 CR: B, Cb, G 1 , G 2 , Si, U zu Ps 118; Nr. 237 Caeli enarrant 4 CM: Wn 2 , Z zu Ps 118; Nr. 238 Ex quo omnia 13 CR: G 1 , G 2 , Gb, P 3 , P 4 , Sa, Si zu Ps 118; Nr. 239 Gloria laudis 15 CR: Gb, P 3 , P 4 , Sa zu Ps 118; Nr. 240 Laus et perennis 14 CR: Gb, P 3 , P 4 , Sa zu Ps 118; Nr. 241 Libera nos 9 CR: Cb zu Ps 118; Nr. 242 O vera summa 11 CR: U zu Ps 118; Nr. 243 Spes nostra 9 CR: Cb zu Ps 118; Nr. 244 Te invocamus 9 CR: B 2 , Cb zu Ps 118; Nr. 245 Te semper idem 8 CR: B 2 , G 1 , G 2 , Si, U zu Ps 118; Nr. 246 Te unum 8 CR: U Ein für Ferialantiphonen typisches Merkmal Antiphonen, die den Beginn einer Strophe von Psalm 118 repräsentieren 6 von den insgesamt 26 Antiphonen geben den Beginn eines Teils von Psalm 118 wieder. Das sind immerhin ca. 23 %. Es sieht daher so aus, als wären diese Antiphonen im Hinblick auf die Segmente des Psalms 118 generiert, um deren Beginn zu exponieren. Möglicherweise zeigt sich an dieser Stelle ein Brauch, einzelne Strophen von Psalm 118 quasi als Psalm zu verstehen und diese im Verbund der Strophen currente psalterio zu singen. Bei einigen dieser Antiphonen erkennt man Abhängigkeiten unter den Manuskripten, von denen folgend die auffälligsten benannt werden: Gb, P 3 , P 4 , (P 5 ) und Sa teilen folgende Antiphonen und zeigen damit nicht nur eine innerenglische und innerfranzösische Verbindung, sondern bezeugen auch den Austausch vom Kontinent zur Insel: Veniant mihi, Non confundas, Juxta eloquium, Gloria laudis und Laus et perennis. Die Verbindung scheint bisweilen bei Gb und Sa sowie bei P 3 , P 4 und P 5 doch noch stärker, was man an den gemeinsam verwendeten differentiae erkennen kann: Veniant mihi schreiben alle im 1. Modus; P 3 und P 4 wählen jedoch die differentia 1,7 3 , während Gb und Sa die differentia 1,1 notieren. Auch bei In aeternum domine kann man in der Verwendung der Differenzen regionale Gemeinsamkeiten erkennen: Cb, Mt und U wählen alle den 8. Modus. Die 202 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="203"?> differentia der beiden französischen Handschriften ist die in dieser Arbeit als 8,8 bezeichnete. U hingegen notiert mit der differentia 8,10 3 die für sie typische Variante, im 8. Psalmton zu singen. Einige für Ferialantiphonen untypische Merkmale Eine hohe Anzahl an Einzeltraditionen Viele zu Psalm 118 gesungene Antiphonen des Wochenpsalters spiegeln ein diffuses Feld an Überlieferungen. Außer Adjuva me (Ps 118,117; Nr. 229), Aspice in me (Ps 118,132; Nr. 230) und Deduc me (Ps 118,35 [35a]; Nr. 220) bezeugen die hier vermerkten Antiphonen jeweils weniger als zehn von den neunundzwanzig untersuchten Antiphonarien. Etwa ein Drittel der gelisteten Antiphonen stellt im Rahmen dieser Untersuchung eine Einzeltradition dar. Dies mag als ein Resultat dafür gedeutet werden, dass Teile von Psalm 118 täglich zu Klang kommen und man für Abwechslung sorgte, zeigt aber auch, dass es hier möglich war, regionale Traditionen einzubinden. Diese wiederum zeigen sich von der Gewohnheit, Antiphonen aus dem Anfang eines Teilabschnitts des Psalms 118 zu nehmen, weitgehend unabhängig und damit auch vom Brauch Antiphonen in Verbindung mit Psalmen currente psalterio zu singen. Nur zwei der zehn sich in dieser Untersuchung als Einzeltraditionen zeigende Antiphonen sind vom Anfang des Textes einer Strophe von Psalm 118. Es zeigt sich an dieser Stelle, dass (regionales) Eigengut tendenziell unabhängig von der Tradition festgeschrieben wurde, den Text der Antiphon aus dem Anfang des Psalms zu wählen. Folgende Liste an Einzeltraditionen von Antiphonen zu Ps 118, die ein Exzerpt der Liste von oben ist, vermag dies zu verdeutlichen. Die Tabelle ist entsprechend der vorigen konzipiert: PsV; Nr. der Edition Antiphon Str. von Ps 118 u. Vers HS Ps 118,36 (36); Nr. 221 Inclina cor V, 4 R 1 Ps 118,66 (66); Nr. 222 Tuam disciplinam IX, 2 Mt Ps 118,89.90 (89b+90a); Nr. 226 In caelo et XII, 1b - 2a B Ps 118,107 (107); Nr. 227 Domine vivifica XIV, 3 R 1 Ps 118,132 (132); Nr. 231 Aspice in me XVII, 3 G 1 , G 2 Ps 118,137 (137); Nr. 232 Justus es domine XVIII, 1 T 1 zu Ps 118; Nr. 241 Libera nos Cb zu Ps 118; Nr. 242 O vera summa U zu Ps 118; Nr. 243 Spes nostra Cb zu Ps 118; Nr. 246 Te unum U Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 203 <?page no="204"?> Viele nicht dem Psalm entnommene Texte 11 von 26 Antiphonen, d. h. ca. 42 % haben einen Text, der nicht dem Wortlaut eines Psalms entspricht. Antiphonen dieser Gruppe sind historisch später einzuschätzen. (Vgl. dazu Teil B, 4 über Texte von Ferialantiphonen, deren Text nicht aus dem Psalm stammt, sondern zu dessen Inhalt komponiert wurde.) Bei Ferialantiphonen zu Vigilien und Vesper gibt es, bezogen auf den cursus Romanus, keine einzige Antiphon dieser Kategorie. Dort haben alle Antiphonen einen psalmogenen Text. Die große Wortanzahl bei vielen Antiphonen Viele dieser Antiphonen entsprechen von der Wortanzahl her nicht den üblichen Ferialantiphonen, die in der Regel bis zu ca. sechs Worte umfassen. Auch das Forschen nach Grund-Centones gab in Verbindung mit diesen Antiphonen keine zielführende Aussage. Damit weisen sie in einen anderen ursprünglichen Traditionskontext als die meisten Ferialantiphonen. Zum Repertoire des cursus Romanus im Vergleich zum cursus monasticus Das Repertoire des cursus monasticus an Antiphonen, die zu Psalm 118 gesungen werden, ist etwa halb so groß wie das der römischen Ordnung, was schon unter dem Aspekt nicht verwundert, dass Psalm 118 nach monastischem Brauch nur am Sonntag und Feria II in den kleinen Horen erklingt. Fast alle Antiphonen sind sowohl in den Handschriften der römischen als auch der monastischen Ordnung zu finden. Eine Ausnahme ist Fiat manus, nach monastischer Tradition in der Non von Feria II gesungen und dort in allen Manuskripten des cursus monasticus vorgesehen. Diese mit zwölf Wörtern ungewöhnlich lange Antiphon dürfte eine im Vergleich mit anderen, typischen Ferialantiphonen eher jüngere Kreation der monastischen Welt repräsentieren. 4.4.1.2 Repertoire des cursus monasticus zu den Psalmen 119 - 127 Antiphonen, die von Feria III bis Samstag zu den auf Terz, Sext und Non verteilten Psalmen 119 - 127 erklingen, decken sich in vielen Fällen in Text und Modalität mit den nach römischer Psalmenverteilung in der Vesper von Feria III und IV gesungenen Antiphonen. In der folgenden Tabelle sind alle Antiphonen zu den Psalmen 119 - 127 zusammengestellt, die nach monastischer Psalmenordnung in Terz, Sext oder Non erklingen. Die linke Spalte gibt den Psalmvers sowie die Nummer der vorliegenden Edition an, es folgt rechts das Initium der Antiphon und anschließend wird dargestellt, an welchem Tag und in welcher Hore die entsprechende Antiphon in den untersuchten Antiphonarien bzw. Brevieren auftritt: Die Feriae sind in römischen Zahlen angegeben, Terz, Sext und Non sind mit ihrem Anfangsbuchstaben abgekürzt. Die beiden Spalten rechts außen zeigen das Vorkommen in den Psalmenordnungen an: cursus Romanus (CR) wie auch im cursus monasticus (CM). 204 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="205"?> Eine genauere Differenzierung, was die Verortung der Antiphonen in den einzelnen Handschriften betrifft, kann der Edition im digitalen Anhang dieser Arbeit entnommen werden. PsV; Nr. der Edition Antiphon Feria/ Hore CR CM Ps 119,1 (1b); Nr. 247 Clamavi et III/ T x x Ps 119,2 (2a), Nr. 248 Domine libera III/ T; IV/ T x Ps 120,1 (1b); Nr. 249 Unde veniet IV/ T x x Ps 120,2 (2a); Nr. 250 Auxilium meum III/ T; IV/ T; V/ T; VI/ T x x Ps 120,8 (Sva); Nr. 251 Dominus custodiat V/ T x Ps 121,1 (1a); Nr. 252 Laetatus sum V/ T; VI/ T x x Ps 121,1 (1b); Nr. 253 In domum domini V/ T; VI/ T; Sa/ T x x Ps 121,7 (7a); Nr. 254 Fiat pax in virtute Sa/ T x Ps 121,7; Nr. 255 Fiat pax domine Sa/ T x Ps 122,1 (1); Nr. 256 Ad te levavi III/ S x x Ps 122,1.3 (1b+3a); Nr. 257 Qui habitas III/ S; IV/ S x x Ps 122,3 (3a); Nr. 258 Miserere nostri V/ S x Ps 122,3 (3a); Nr. 259 Miserere nobis V/ S x Ps 123,8 (Sva); Nr. 260 Adjutorium nostrum III/ S; IV/ S; V/ S; VI/ S x x Ps 124,4 (2a); Nr. 262 Non commovebitur VI/ S x Ps 124,4 (4a); Nr. 263 Benefac domine III/ S; V/ S; Sa/ S x x Ps 125,1 (1b); Nr. 264 Facti sumus III/ N x x Ps 125,1 (1a); Nr. 265 Converte domine IV/ N x Ps 126,5 (Svb); Nr. 266 Non confundetur III/ N; IV/ N; VI/ N x x Ps 126,1 (1a); Nr. 267 Nisi tu, domine III/ N; VI/ N; Sa/ N x x Ps 126,5 (5a); Nr. 268 Beatus vir V/ N x x Ps 127,1 (1a); Nr. 269 Beati omnes III/ N; V/ N; VI/ N; Sa/ N x x Ps 127,5 (5a); Nr. 270 Benedicat tibi Sa/ N x Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 205 <?page no="206"?> Zu Antiphonen, die nur in Handschriften des cursus monasticus stehen Einige Antiphonen finden in der Welt der kleinen Horen des monastischen Offiziums neu Einzug: • Domine libera (Ps 119,2 [2a], Nr. 248) wird von E 2 H, S, W und Wn 1 neben Clamavi et (Ps 119,1 [1b]; Nr. 251) festgeschrieben und sorgt beim Gesang der Terz während der Woche für Abwechslung. W tradiert sie sogar als einzige Antiphon zu Psalm 119. • Dominus custodiat (Ps 120,8 [Sva]; Nr. 251) ist in den hier edierten Ferialoffizien nur in Wn 1 am Freitag in der Terz verortet, man findet sie jedoch auch in weiteren Handschriften der zisterziensisch-monastischen Tradition, z. B. in Köln, Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek, 1161 oder in Paris, Bibliothèque nationale de France - Département des Manuscrits, nouv. acq. latin 1411. • Fiat pax in virtute (Ps 121,7 [7a]; Nr. 254) stellt eine Einzeltradition von C 5 dar und wird dort am Freitag in der Terz gesungen. • Fiat pax domine (Ps 121,7; Nr. 255) findet man innerhalb der untersuchten Ferialoffizien nur in E 2 . • Miserere nostri (Ps 122,3 [3a]; Nr. 258) wird in Wn 1 am Freitag in der Sext zu Klang gebracht und in keinem hier edierten weiteren Manuskript, ist jedoch keine rein monastische Tradition. • Miserere nobis (Ps 122,3 [3a]; Nr. 259) ist wieder eine Tradition, die im heutigen italienischsprachigen Raum kreiert worden sein dürfte. Von den hier edierten Antiphonarien kennt sie nur das Ferialoffizium von C 5 . Aber auch Firenze (Florence), Biblioteca Medicea-Laurenziana, Conv. sopp. 560 und Vercelli, Biblioteca Capitolare, CLXX, beide hier nicht ediert, jedoch in der Datenbank von www.cantus.uwaterloo.ca zu finden. • Die folgenden Antiphonen sind wie Dominus custodiat in der zisterziensischen Tradition zu verorten, Hier sind sie mit dem Ferialoffizium von Wn 1 ediert: Non commovebitur (Ps 124,2 [2a]; Nr. 262), Converte domine (Ps 125,1 [1a]; Nr. 265) und Benedicat tibi (Ps 127,5 [5a]; Nr. 270). Auffallende Merkmale Es fällt auf, dass entgegen der Tradition der Ferialantiphonen insgesamt von diesen neun in monastischem Kontext entstandenen Antiphonen nur der Text von einem Drittel (Domine libera (Ps 119,2 [2a]), Non commovebitur (Ps 124,2 [2a]) und Converte domine (Ps 125,1 [1a]) aus dem Anfang des dazugehörenden Psalms genommen wurde. Die Worte aller anderen Antiphonen stammen aus der Mitte ihres Psalms und dürften aus inhaltlichen Gründen bewusst als Antiphon gewählt worden sein. Zu den Antiphonen monastischer Tradition, deren Text einen bestimmten Inhalt des jeweiligen Psalms verstärkt: Psalm 120 ist das Lied für den Wächter Israels, zu dessen Bekenntnis Dominus custodiat (Ps 120,8 [Sva]) aufruft. Fiat pax in virtute (Ps 121,7 [7a]) und Fiat pax domine (Ps 121,7 [7]) besingen im Lied zur Wallfahrt 206 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="207"?> nach Jerusalem ein zentrales im Psalm genanntes Anliegen, dass in der Metropole Frieden herrschen möge. Miserere nostri (Ps 122,3 [3a]) sowie Miserere nobis (Ps 122,3 [3a]) bringen das Thema des Psalms auf den Punkt, der auf Gott schauend das Erbarmen Gottes erbittet. Psalm 128 ist ein Haussegen für das Volk Israel, der in Benedicat tibi (Ps 127,5 [5a]) seine zentrale Aussage findet. Dass auch die drei aus dem Anfang gewählten Antiphonen, Domine libera (Ps 119,2 [2a], Nr. 248) Converte domine (Ps 125,1 [1a]; Nr. 265) und Non commovebitur (Ps 124,4 [2a]) den inhaltlichen Duktus des Psalms vorgeben, ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung, denn fast alle Psalmen führen mit ihrem Beginn in seine Thematik ein. In diesem Kontext entscheidend ist, welcher Art der Psallierpraxis sie entspringen. Die ausschließlich in Handschriften des cursus monasticus integrierten Antiphonen, deren Texte Inhalte aus der Mitte des Psalms vertiefen, stehen hypothetisch von der Genese her nicht mit einem gebetsmühlenartigen Singen des kurrenten Psalters in Verbindung. Sie entspringen eher einem Bereich, bei dem es von Bedeutung war, mittels einer Antiphon einen thematischen Fokus zu setzen. Es stellt sich die Frage, ob sie damit potentiell jünger sind als Antiphonen, deren Text schematisch dem Beginn oder auch dem Schluss des Psalms entnommen wurde? In der Forschung scheint es Konsens zu sein, dass die benediktinische Psalmenordnung die römische in Grundzügen voraussetzt. Könnte dies auch für Ferialantiphonen gelten? Als Hypothese formuliert, könnte zumindest ein Teil der Antiphonen, deren Text vom Anfang des Psalms ist, in die Zeit des frühen Zönobitentums weisen, wo man currente psalterio sang. Damit wären diese genetisch tendenziell vor der benediktinischen Reform zu verorten. Antiphonen, deren Text bewusst einen inhaltlichen Schwerpunkt setzt, könnten hingegen in mittelalterlichen Klöstern eine besondere Rolle gespielt haben. Planvolles Procedere Es wird eine bestimmte Vorgehensweise vieler Manuskripte in der Wahl der Antiphon deutlich: Man arbeitete sich über die Tage von der Antiphon, die dem Anfang des ersten Auswahlpsalms am nächsten stand, bis zu einer Antiphon, die dem Ende des letzten Psalms der jeweiligen Hore nächstliegend war, hoch. Exemplarisch sei dies am Ferialoffizium von C 5 demonstriert. Sie verwendet an Feria III in der Terz eine wahrscheinlich bekannte Antiphon aus Psalm 119, Clamavi et, nimmt an Feria IV Unde veniet aus Psalm 120, wählt für Feria V mit Auxilium meum erneut eine Antiphon aus Ps 120, jedoch im Psalmenverlauf nach Unde veniet stehend, sieht für Feria VI In domum domini vor und endet am Samstag mit Fiat pax in virtute. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 207 <?page no="208"?> Musikwissenschaftliche Besonderheiten Auch aus musikalischer Hinsicht heben sich diese in monastischem Umfeld entstandenen Antiphonen insofern von hier als typisch bezeichneten Ferialantiphonen ab, als sie mit Ausnahme von Fiat pax in virtute (Ps 121,7 [7a]; Nr. 255), die in der vorliegenden Arbeit dem Typos A 1 zugeordnet wird, keine gemeinsame musikalisches Grundstruktur bieten. Sie sind meist länger als charakteristische Ferialantiphonen, aber auch kurze Antiphonen wie Domine libera, Miserere nostri oder Miserere nobis, die nur 4 - 5 Wörter umfassen und damit eine für Ferialantiphonen ideale Länge haben, passen in kein Typosbezogenes musikalisches Schema. 4.4.2 Antiphonen zur Prim 4.4.2.1 Repertoire des cursus Romanus In den untersuchten Ferialoffizien werden die Antiphonen zur Prim stiefmütterlich behandelt. Nur B, B 2 , Cb, Gb, G 1 , G 2 , K 1 , K 2 , Mc, Mt, P 3 , P 4 , P 5 , R 1 , Sa und Si haben überhaupt Antiphonen zu dieser Hore und auch sie überliefern lediglich einige für die Prim des Sonntags und Montags. Antiphonen zur Prim übriger Tage werden nicht erwähnt, und man fragt sich, ob dort zur Prim Psalmen wirklich mit Antiphonen gesungen wurden? PsV; Nr. der Edition Antiphon Handschrift Dominica Ps 22,1.2 (1+2); Nr. 71 Dominus regit me Gb, Sa (Mt - dort in DM) zu Ps 117 und 118; Nr. 215 Benedicat nos deus G 1 , G 2 , K 1 , K 2 Si zu Ps 117 und 118 Gloria tibi trinitas B 2 , P 3 , P 4 Ps 118,173; Nr. 235 Fiat manus Cb Feria II Ps 53,4 (4); Nr. 114 Deus exaudi B 2 , Gb, P 3 , P 4 , P 5 , Sa zu Ps 53,4; Nr. 115 Domine exaudi B, G 1 , G 2 Si Ps 118,1 (1a); Nr. 217 Beati qui ambulant Cb Mc Mt Ps 118,4 (4a); Nr. 218 Tu mandasti K 1 , K 2 Ps 118,12 (12); Nr. 219 Benedictus es R 1 Zu Psalm 53 kennen die Manuskripte zwei Antiphonen: Deus exaudi (Ps 53,4 [4]; Nr. 114) ist von B 2 , Gb, P 3 , P 4 , P 5 sowie Sa für die Prim des Montags ausgewiesen und Domine exaudi (zu Ps 53,4; Nr. 115) von B, G 1 , G 2 und Si für dieselbe Hore. Alle anderen Antiphonen, die in der Prim erklingen, zeigen Texte zu den Psalmen 117 und 118. Außer Domine exaudi stellt keine dieser Antiphonen eine typische Ferialantiphon dar. Sie dürften einer eher späteren Entwicklungsphase des Ferialpsalters angehören. 208 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="209"?> Besonderheiten in einigen Handschriften Nur Gb und Sa tradieren eine Antiphon zu der Psalmengruppe der Psalmen 21 - 25: Dominus regit me (Ps 22,1.2 [1+2]; Nr. 71). Sie ist dort interessanterweise für die Prim des Sonntags notiert, an dem Psalm 22 der römischen Ordnung nach gar nicht gesungen wird. Vielleicht stand diese Antiphon in den beiden Manuskripten aus Großbritannien ursprünglich in den Sonntagsvigilien, als in dieser Hore noch die Psalmen 1 - 25 (mit Ausnahmen) gesungen worden waren, und erklang dort zu Psalm 22. Nachdem aber die Psalmen 21 - 25 in die Prim verpflanzt worden waren, zog man eventuell Dominus regit me, die in den Sonntagsvigilien nicht mehr benötigt wurde, in die nächste Hore, die Prim, hinüber. Dass sie dort zu nicht zu dem Psalm gesungen wurde, deren Text sie repräsentiert, sondern zu den Psalmen 53, 117 und Teilen von Psalm 118 erklang, störte offensichtlich nicht. Auch das Antiphonar 461 aus Metz, das Dominus regit me in ihrem Repertoire hat, verzeichnet sie nicht für die Prim des Donnerstags, wo sie der Ordnung nach gesungen werden müsste, sondern in den Sonntagsvigilien. Mt fügt dort den obligatorischen Psalmen 1 - 20 (ohne die Psalmen 4 und 5) innerhalb der Vigilien die Psalmen 21 - 25 an und fasst diese mit Dominus regit me zusammen. (Vgl. die Ausführungen zu den Antiphonen der Vigilien des Sonntags, Teil A, 4.1.1.) 4.4.2.2 Repertoire des cursus monasticus Für alle drei Psalmen in einer Hore bzw. am Sonntag für die vorgegebenen Teile von Psalm 118 singt man eine Antiphon. Folgend die Antiphonen der Prim in Verbindung zu den einzelnen Wochentagen sowie ihrem Vorkommen in den untersuchten monastischen Antiphonarien bzw. Brevieren. In der linken Spalte ist der Tag angegeben, an welchem die Antiphon erklingt, rechts daneben die für den Tag vorgesehene Psalmenordnung (Ps.ordung) in der Prim. Mittig sind Angaben zu Psalmvers, Nr. der Edition sowie das Initium der Antiphon. Rechts außen sind jene Codices vermerkt, die eine Antiphon im Repertoire haben: Ps.ordnung PsV; Nr. der Edition Antiphon Handschrift Dominica Ps 118,1 - 4 Ps 118,1 (1a); Nr. 217 Beati qui ambulant H Ps 118,4 (4a); Nr. 218 Tu mandasti E 2 , H Ps 118,89 (89); Nr. 225 In aeternum domine H Andere Handschriften wählen für die Prim am Sonntag teilweise Allelujas. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 209 <?page no="210"?> Ps.ordnung PsV; Nr. der Edition Antiphon Handschrift Feria II Pss 1, 2, 6 Ps 2,11 (11a); Nr. 6 Servite domino Ar, B 1 , K, P 6 , S, W, Wn 1 Ps 2,11 (11a); Nr. 7 Servite domino C 5 , E 2 , H, Wn 2 , Z Feria III Pss 7, 8, 9 I Ps 7,2 (1a); Nr. 10 Domine deus meus Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , S, W, Wn 1 , Wn 2 , Z Feria IV Pss 9 II, 10, 11 Ps 9,20 (19a); Nr. 16 Exsurge domine B 1 , E 2 , K, P 6 , S, W, Wn 1 , Wn 2 , Z Ps 9,20 (19a); Nr. 17 Exsurge domine C 5 , P 7 Ps 9,20 (19a); Nr. 18 Exsurge domine Ar Feria V Pss 12 - 14 Ps 12,4 (4a); Nr. 24 Respice et exaudi K Ps 12,4 (4); Nr. 26 Respice et exaudi S Ps 12,4 (4b); Nr. 27 Illumina oculos B 1 , Wn 1 Ps 12,6 (Sva); Nr. 28 Cantabo domino Ar, C 5 , E 2 , K, P 6 , W, Wn 2 , Z Feria VI Pss 15, 16, 17 I Ps 15,1 (1a); Nr. 29 Conserva me Ar, B 1 , C 5 , E 2 , K, P 6 , S, Wn 1 , Wn 2 , Z Ps 15,2 (2); Nr. 30 Bonorum meorum H Ps 15,7 (7); Nr. 31 Benedicam dominum H, W Ps 16,6 (6b); Nr. 38 Inclina … mihi H Ps 17,2 (1a); Nr. 43 Diligam te S Sabbato Pss 17 II, 18, 19 Ps 17,3 (2a); Nr. 44 Dominus firmamentum H Ps 17,47 (46a); Nr. 49 Vivit dominus Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , S, Wn 1 Ps 18,2 (1a); Nr. 52 Caeli enarrant Z Ps 18,4 (3); Nr. 54 Non sunt loquelae H 210 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="211"?> Ps.ordnung PsV; Nr. der Edition Antiphon Handschrift Ps 19,2 (1a); Nr. 61 Exaudiat te H Zu monastischem im Vergleich mit römischem Traditionsgut Mit Ausnahme von Exsurge domine (Nr. 16, 17 und 18) teilen sich Handschriften monastischer Herkunft ihr Traditionsgut mit denen der römischen Psalmenordnung, die dort eben in den Vigilien des Sonntags gesungen werden. Dabei stimmen nicht nur die Texte mit der römischen Tradition überein, auch Modi und Melodietyp sind gleich. Es gibt also so gut wie kein spezifisch monastisches Eigengut zu den Ferialantiphonen der ersten 20 Psalmen des Psalters. Zur Verbindung von Antiphon und Psalmenordnung Die Antiphon zu den von Feria II bis Samstag zu den Psalmen 1 - 19 (mit Ausnahmen) werden in der Regel von der Mehrzahl der Manuskripte aus dem ersten des Psalmentrios genommen. An Feria VI und am Samstag bieten H, S und Z neben der gemeinsamen Tradition teilweise zusätzliche Alternativen. Folgend zwei Ausnahmen, die wieder einmal darauf hinweisen, dass bei der Zuordnung der Antiphonen zu den Psalmen des Offiziums, in diesem Fall zu denen der Prim, offensichtlich mehrere Traditionsschichten zusammenfließen, deren Spur sich im Dunkel der Geschichte verläuft: • Dass die monastische Überlieferung an Feria IV mit Exsurge domine einen eigenen Traditionsstrang bildet, zeigt, dass hier offensichtlich das Bedürfnis, die Antiphon aus dem ersten Psalm des Trios zu bilden, an dieser Stelle größer war als auf Alternativen zurückzugreifen, denn zu Psalm 11 sind in Ferialoffizien des cursus Romanus zahlreiche Antiphonen zu finden, an die man vielleicht hätte anknüpfen können: Quam diminutae (Ps 11,2 [1b]; Nr. 19); Tu domine servabis (Ps 11,8 [7]; Nr. 20); In aeternum tu nos (zu Ps 11; Nr. 21); Surge et in aeternum (zu Ps 11; Nr. 22); Tu bethleem terra (zu Ps 11; Nr. 23). • In der Prim von Feria II wird im Vergleich zu eben genanntem Phänomen ein entgegengesetzter Weg eingeschlagen. Hier nimmt man die Antiphon Servite domino (Ps 2,11 [11a]; Nr. 6 u. 7), obwohl sie aus dem zweiten Psalm der Psalmengruppe ist. Offensichtlich wollte man hier nicht an dieser bekannten Antiphon vorbei. Warum im einen Fall so und im anderen anders entschieden wurde, verschweigen die Handschriften. Möglich wäre, dass der Impuls, an Feria IV eine neue Antiphon zu schaffen durch die Teilung von Psalm 9 - Psalm 9 I an Feria III und Psalm 9 II an Feria IV gesungen - größer war als an Feria II, die in der Prim Psalmenteilungen nicht kennt. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 211 <?page no="212"?> Zur Wahl des Psalmverses als Antiphon Was die Wahl des Psalmverses als Antiphon betrifft, findet man nur an Feria III mit Domine deus meus (Ps 7,2 [1a]; Nr. 10) und (Conserva me Ps 15,1 [1a]; Nr. 29) Antiphonen aus dem Anfang des Psalms, die sich in der Breite durchgesetzt haben. Weitere Antiphonen aus dem Beginn des Psalms, die damit an eine mögliche genetische Verknüpfung mit dem ursprünglichen kurrenten Psalter erinnern könnten, werden in der Prim nur in einzelnen der hier untersuchten Codices beachtet: Dominus firmamentum (Ps 17,3 [2a]; Nr. 44) von H; Caeli enarrant (Ps 18,2 [1a]; Nr. 52) von Z und Non sunt loquelae (Ps 18,4 [3]; Nr. 54) sowie Exaudiat te (Ps 19,2 [1a]; Nr. 61) ebenfalls von H. Es scheint, als wäre hier insgesamt die Verbindung mit dem kurrenten Psalter nicht mehr vorwiegend und man fragt sich, ob zumindest einige dieser Antiphonen einer im Kontext der Entstehung von Ferialantiphonen eher jüngeren Schicht entsprungen sind. 4.4.3 Zusammenfassende Deutung zu den Antiphonen der kleinen Horen 4.4.3.1 Zu Antiphonen der Terz, Sext und Non Zum Repertoire an Antiphonen zu Psalm 118 In diesen Gebetsstunden spielt von der Psalmodie her Psalm 118, in diverse, schon im Psalm selbst angelegte Teile zerlegt, sowohl nach römischer als auch monastischer Psalmenverteilung eine exponierte Rolle. Außer von wenigen Antiphonen wie Adjuva me (Ps 118,117; Nr. 228), Aspice in me (Ps 118,132; Nr. 229) und Deduc me (Ps 118,35 [35a]; Nr. 219) weisen die Antiphonen zu Psalm 118 vielfach auf regionale Traditionen hin (siehe oben). Einige Antiphonen sind aus dem Anfang einer Strophe von Psalm 118 rekrutiert: PsV; Nr. der Edition Str.nr, V Antiphon Ps 118,81 (81b); Nr. 224 XI, 1b In verbum tuum Ps 118,89 (89); Nr. 225 XII, 1 In aeternum domine Ps 118,89.90 (89b+90a); Nr. 226 XII, 1b - 2a In caelo et Ps 118,137 (137); Nr. 232 XVIII, 1 Justus es domine Ps 118,153 (153a); Nr. 233 XX,1a Vide humilitatem Ps 118,169 (169b); Nr. 234 XX,1b Juxta eloquium Diese Antiphonen dokumentieren einerseits eine enge Verbindung zwischen einzelnen Segmenten des Psalms 118 als Einheit und demnach auch zwischen der uns vorliegenden Psalmenordnung und der Antiphon, andererseits deutet die Wahl ihres Psalmverses auch auf eine Vollzugsweise hin, Strophen von Psalm 118 in Zusammenhang mit dem kurrenten Psalter zu singen. 212 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="213"?> Zum Repertoire an Antiphonen zu den Psalmen 119 - 127 Das Repertoire der Antiphonen zu den Psalmen 119 - 127, die römischer Psalmenverteilung nach Teil des kurrenten Psalters der Vesper sind und monastischem Offizium entsprechend in die kleinen Horen versetzt wurden, deckt sich, von einigen Ausnahmen abgesehen. Da die meisten Texte der Antiphonen dieser Schnittmenge aus dem Beginn des dazugehörenden Psalms stammen und diese Art der Exponierung von Psalmentexten genetisch eng mit einer Form des kurrenten Psalters betrachtet werden kann, ist davon auszugehen, dass ihr Ort in den kleinen Horen des monastischen Offiziums sekundär ist. Dies wiederum könnte darauf hinweisen, dass sie zumindest teilweise vor die durch Benedikt veranlasste Reform des Offiziums weisen. Diese These wird durch folgende weitere Beobachtung gestützt: Antiphonen mit Texten aus den Psalmen 119 - 127, die ausschließlich im monastischen Traditionsgut verankert sind, sind wie es scheint, größtenteils bewusst als Antiphon vertont worden, um einen inhaltlichen Aspekt des jeweiligen Psalms zu vertiefen. Sie entspringen damit einer anderen Traditionsschicht als jene, die, formalen Kriterien genügend, zu Antiphonen wurden. Außerdem ist bei jener potentiell späteren Traditionsschicht kaum eine dabei, die wie viele klassische Ferialantiphonen einem musikalischen Muster zuzuordnen sind. 4.4.3.2 Zu Antiphonen der Prim Im cursus Romanus präsentiert hierzu fast keine Handschrift ein Repertoire. (Zu handschriftenbezogenen Besonderheiten vgl. oben.) Was Antiphonen zur Prim des cursus monasticus betrifft, findet man dort in erster Linie jene Antiphonen, die römischer Psalmenverteilung entsprechend in den Vigilien des Sonntags gesungen werden. Auffallend viele Antiphonen zu den Psalmen 1 - 19 geben nicht den Wortlaut eines Psalmverses wieder und wenn doch, so ist ihr Text in der Mehrzahl nicht vom Anfang ihres Psalms und damit nicht aufgrund formaler Aspekte zur Antiphon geworden. Wie hier Abhängigkeiten generiert wurden, kann leider nicht gedeutet werden. 4.5 Zusammenfassung und Reflexion Die beiden ältesten erhaltenen Psalmenordnungen, die römische und die monastische, weisen in die Zeit des 5./ 6. Jahrhunderts. Schon zu dieser Zeit war das kathedrale, sich an Tagzeiten orientierende Prinzip mit der monastischen Idee des kurrenten Psalters längst verschmolzen. In den Vigilien und in der Vesper zeigt sich eine entwickelte Schicht, den Psalter fortlaufend zu singen, daran zu erkennen, dass über die Woche verteilt in den Vigilien die Psalmen 1 - 108 und in der Vesper die Psalmen 109 - 147 erklingen, jeweils mit Aussparungen an Psalmen, die in den Laudes oder in den kleinen Horen einen Platz gefunden haben. Das Psalmodie-Konzept der Laudes hingegen weist Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 213 <?page no="214"?> Elemente der Auswahlpsalmodie auf. Dort findet man Psalmen, die die Morgenbzw. Lichtthematik zum Ausdruck bringen. Im Vergleich beider Psalmenordnungen ist die der Regula Benedicti tendenziell die jüngere. Sie zeigt Bearbeitungsspuren einer römischen Ordnung. Dies wird zum einen daran transparent, dass dem kurrenten Psalter noch mehr Psalmen entnommen sind als der römischen Psalmenverteilung gemäß, um sie in eigens dafür bestimmten Horen erklingen zu lassen, und zum anderen ist es an Psalmenteilungen abzulesen, die Benedikt vornahm, um in Vigilien und Vesper trotz der durch die Extraktion fehlenden Psalmen auf die von ihm gewünschte Anzahl an Psalmen zu kommen. Die hier untersuchten Ferialantiphonen weisen in viele Traditionsschichten, von denen die meisten nicht zurück zu verfolgen sind. Anhand von bestimmten Kennzeichnungen lassen sich dennoch hypothetisch einige Spuren ablesen: Auffallend viele Texte der Antiphonen sind aus dem Beginn des dazugehörenden Psalms entlehnt. Sie weisen potentiell in ein sehr frühes, monastisches Ambiente des kurrenten Psalters, wo man gebetsmühlenartig den Psalter meditierte, ein Vorsänger den Psalm sang und die Gottesdienstgemeinde eben mit der Wiederholung eines (Halb-)Verses aus dem Anfangs- oder teilweise auch Schlussbereich des Psalms am Psalmodieren teilnahm. Eine andere Entstehungsschicht wählte Antiphonen bewusst, um einen bestimmten Aspekt des Psalms hervorzuheben. Diese sind von der Tendenz her möglicherweise später anzusiedeln, was Antiphonen der römischen mit der monastischen Psalmenordnung im Vergleich ergeben. Die Essenz zu den Beobachtungen der Antiphonen in Verknüpfung mit der römischen und der monastischen Psalmenordnung mag dies verdeutlichen. 4.5.1 Antiphonen zu den Psalmen der Vigilien 4.5.1.1 Antiphonen zu Psalmen der Sonntagsvigilien Bei Antiphonen der Vigilien muss man zunächst zwischen denen des Sonntags und jenen der gewöhnlichen Werktage unterscheiden. In der ersten Gruppe findet man auffällig viele Antiphonen, die zum einen die Länge typischer Ferialantiphonen überschreiten und damit nicht als Kehrvers in Verbindung mit einem Psalm in Frage kommen. Zum anderen formulieren sie den Text entgegen der Tradition üblicher Ferialantiphonen oft nur in Anlehnung an den Inhalt des Psalms und extrahieren lediglich in wenigen Fällen den Anfang des Psalms. Außerdem findet man hier konträr zum Mainstream viele Ferialantiphonen, die augenscheinlich lokale Traditionen widerspiegeln. Im Gegensatz zu jenen Antiphonen der Feriae II bis Samstag dürften diese Antiphonen der Vigilien von der Tendenz her jünger sein als jene. 214 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="215"?> 4.5.1.2 Antiphonen zu Psalmen der Vigilien von Feria II bis Samstag Zur Verbindung von Antiphonen zum jeweiligen Psalmenpaar Betrachtet man die Antiphonen der Vigilien von Feria II bis Samstag im Zusammenhang mit der römischen sowie der monastischen Offiziumsstruktur, erkennt man zweierlei: Auffallend viele Antiphonen sind aus dem Beginn des Psalms gewählt und außerdem aus dem ersten Psalm des Psalmenpaares, für die sie vorgesehen sind. Dies weist auf die enge Verbindung der Antiphonen mit einer Form des kurrenten Psalters hin, die Grundlage für die Struktur der Vigilien war. Dass dies sowohl für die römischen als auch die monastischen Vigilien gilt, liegt daran, dass aufgrund der Benediktsregel viele Psalmenpaare in ihrer Konjunktion der römischen Psalmenverteilung gegenüber gleich geblieben sind, auch wenn sie manchmal unterschiedlichen Feriae zugeordnet werden. Ist dies nicht der Fall, wurde also infolge der benediktinischen Reform aufgrund von Verschiebungen im Verlauf des Psalters der ehemalig erste Psalm eines Paares nun zum zweiten, stößt man dennoch häufig auf dasselbe Repertoire. Dies trifft auf folgende Antiphonen zu: Psv; Nr. in der Edition Antiphon Position im CR Position im CM Ps 80,1 (1a); Nr. 161 Exsultate deo Fer. VI, 1. Psalm Fer. V, 8. Psalm Ps 82,19 (Svb); Nr. 162 Tu solus Fer. VI, 3. Psalm Fer. V 10. Psalm Ps 84,2 (1a); Nr. 163 Benedixisti domine Fer. VI, 5. Psalm Fer. V 12. Psalm Da es, vom Verlauf des Psalters her betrachtet, näherliegend ist, eine Antiphon aus dem ersten Psalm des Paares zu wählen, als aus dem zweiten, wurde hypothetisch vom cursus Romanus her bekanntes Material in die Struktur des cursus monasticus integriert. Eine generelle ursprüngliche Verbindung von Ferialantiphonen mit den Psalmenpaaren der Vigilien kann dennoch nicht angenommen werden. Dies zeigt sich insbesondere, wenn nur zum zweiten Psalm eines Psalmenpaares eine Antiphon tradiert ist, die inhaltlich zum ersten Psalm zumindest vordergründig nicht passt, wie bei Eructavit cor (Ps 44,2 [1a]; Nr. 96). Nachdem in der Vesper, der anderen Hore, in der der kurrente Psalter zum Einsatz kommt, jeder Psalm eine Antiphon hat, wäre hier die Frage zu stellen, ob das auch ursprünglich für die Vigilien galt. Dann würde zumindest ein Teil der uns überlieferten Ferialantiphonen, etwa Eructavit cor, vor die Tradition weisen, Psalmen in den Vigilien zu Paaren zusammenzufassen und ihnen eine gemeinsame Antiphon zu geben, hypothetisch in die Zeit des frühchristlichen Mönchtums. Zu Antiphonen, die in Folge der benediktinischen Reform entstanden sind Bei Psalmen, die infolge der benediktinischen Reform geteilt wurden und die neue Psalmenkonstellationen zur Folge hatten, sind in Einzelfällen regionale Traditio- Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 215 <?page no="216"?> nen zu erkennen. So bilden die Manuskripte französischer Provenienz Ar, K, P 6 , P 7 und S gemeinsam mit W zu Psalm 36 in Spera in domino (Ps 36,3 [3a]; Nr. 88) einen spezifisch monastischen Traditionsstrang, während sich die italienischen Handschriften B 1 und C 5 , zusammen mit den deutschen Manuskripte H, E 2 und Z sowie den österreichischen Manuskripten Wn 1 und Wn 2 in Revela in domino (Ps 36,5 [5a]; Nr. 89) der römischen Tradition anschließen. Monastische Neuschöpfungen aufgrund von Teilungen sind insbesondere bei den Psalmen 104 und 106, die in den Vigilien des Samstags erklingen, zu vermerken. Zu diesen Psalmen bietet die römische Psalmenverteilung keine Vorlage. Die folgenden Antiphonen stellen monastisches Eigengut dar: Psv; Nr. in der Edition Antiphon Ps 104,3 (3b); Nr. 185 Laetetur cor Ps 106,6 (6b); Nr. 187 De necessitatibus zu Ps 106; Nr. 188 Redempti a domino Kein Text dieser potentiell in Folge der benediktinischen Reform entstandenen Antiphonen ist vom Anfang des Psalms gewählt. Vielmehr scheinen sie inhaltlichen Aspekten entsprechend als Antiphonen exponiert worden zu sein. Die Beobachtung, dass spezifisch monastisches Traditionsgut in Antiphonen bewusst einen bestimmten Inhalt des Psalms betont und diese nicht aus formalen Gesichtspunkten im Zuge eines kurrenten Psalters exponiert, zeigt sich auch im Zusammenhang mit Antiphonen zu anderen Horen. 4.5.2 Antiphonen zu Psalmen der Laudes Bei den Psalmen der Laudes muss zwischen Antiphonen zu täglich wechselnden Psalmen und jenen zu an jedem Tag gesungenen Psalmen differenziert werden. 4.5.2.1 Antiphonen zu den täglich wechselnden Psalmen Obwohl diese Psalmen fast ausnahmslos aufgrund ihrer Morgenbzw. Lichtthematik den Laudes an die Seite gegeben wurden, spiegelt sich deren Charakter in den Antiphonen nicht. Vielmehr findet man dort nur solche, die entsprechend den Beobachtungen zu Antiphonen der Vigilien und der Vesper ebenfalls pragmatisch aus dem Beginn des Psalms gewählt wurden. Antiphonen des cursus Romanus Feria Psalm Psv; Nr. in der Edition Antiphon Fer. II Ps 5 Ps 5,2 (1b); Nr. 8 Ps 5,3 (2b); Nr. 9 Intellige clamorem Rex meus, et deus meus (nur T 1 ) Fer. III Ps 42 Ps 41,12 (Svb) und Ps 42,5 (Svb); Nr. 95 Salutare vultus Fer. IV Ps 64 Ps 64,2 (1a); Nr. 135 Te decet hymnus 216 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="217"?> Feria Psalm Psv; Nr. in der Edition Antiphon Feria V Ps 89 Ps 89,1 (1a); Nr. 169 Domine refugium Fer. VI Ps 142 Ps 142,1 (1b); Nr. 292 (greg.fränk. Tradition) Ps 142,2 (2a); Nr. 293 (R 1 und R 2 ) In veritate Ne intres Sab. Ps 91 Ps 91,2 (1a); Nr. 170 Bonum est Die Prägung dieser vom Tagzeitenbezug unberührten Laudesantiphonen weist darauf hin, dass ihr Text auf eine Zeit zurückgeht, in der die betreffenden Psalmen noch Bestandteil der psalmodia currens waren. Dies wird umso deutlicher, wenn man parallel dazu die Antiphonen zu den täglich wechselnden Psalmen der Laudes des mailänder Repertoires betrachtet, das in der Wahl der Antiphonen die Aspekte des Morgens bzw. Lichtes mit bedenkt. (Vgl. Teil A, 4.2.1.) Antiphonen zu weiteren Psalmen infolge der benediktinischen Reform Feria Psalm Psv; Nr. in der Edition Antiphon Fer. II Ps 35 Ps 35,6 (5a); Nr. 87 Domine in caelo Fer. III Ps 56 Ps 56,1 (1b); Nr. 119 Quoniam in te Fer. IV Ps 64 Ps 64,2 (1a); Nr. 135 Te decet hymnus Fer. V Ps 87 Ps 87,2 (1); Nr. 166 (H) Ps 87,3 (2a); Nr. 167 (alle anderen HS des CM) Domine deus salutis Intret oratio Fer. VI Ps 75 Ps 75,2 (1b); Nr. 152 In israel Bei diesen Antiphonen muss in zwei Kategorien unterschieden werden: 1. Diejenigen Antiphonen, die bereits nach römischer Psalmenverteilung zu ihren Psalmen gesungen werden, dort allerdings in den Vigilien. Betroffen davon sind Quoniam in te, Te decet hymnus, Intret oratio und In Israel. Mit Ausnahme von Intret oratio, die nur von B 2 , Mc, T 1 und U tradiert ist, sind diese Antiphonen im cursus Romanus fast überall für die Vigilien bezeugt. Entsprechend den oben gemachten Beobachtungen zu den schon im cursus Romanus zu täglich wechselnden Psalmen gesungenen Antiphonen transportiert auch hier keiner deren Texte den Tagesgedanken. Vielmehr sind auch sie zusammen mit dem Psalm in die Laudes versetzt worden. Ihr Charakter weist hypothetisch in die Zeit des Verbunds mit dem kurrenten Psalter. 2. Zwei Antiphonen wurden erst im Zuge der benediktinischen Reform ins Ferialoffizium integriert, da ihre Psalmen in den Vigilien des römischen Cursus im Kontext der Doppelpsalmen, zu denen jeweils nur eine Antiphon gesungen wird, keine eigene benötigt hatten: Domine in caelo und Domine deus salutis. Beide Antiphonen sprengen den Rahmen üblicher Ferialantiphonen, allerdings auf unterschiedliche Weise. Domine in caelo repräsentiert den 6. (5a) Vers des Psalms Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 217 <?page no="218"?> 35 und wurde, wie es scheint, bewusst gewählt, um die umfassende Güte Gottes ganz in den Vordergrund zu stellen. Sie ist damit nicht im Zusammenhang mit dem kurrenten Psalter generiert. Ihr sekundärer Charakter wird auch musikologisch sichtbar, denn die sie überliefernden Handschriften gleichen sie im Modus und in der differentia ihrer Vorgängerin Intellige clamore (Ps 5,2 [1b]; Nr. 8) an. Die zweite hier vermerkte Antiphon, Domine deus salutis (Domine deus salutis meae in die clamavi et nocte coram te), dürfte ebenfalls nicht in Konjunktion mit dem kurrenten Psalter entstanden sein, obwohl ihr Text aus dem Beginn von Psalm 87 stammt. Ihre Länge umfasst mit elf Wörtern bei weitem das Maß typischer Ferialantiphonen und, geht man davon aus, dass genuin signifikante Ferialantiphonen als Kehrvers im Rahmen einer Vollzugsform des kurrenten Psalters gesungen wurden, scheidet sie, unter diesem Aspekt betrachtet, eher aus. Beide Antiphonen scheinen innerhalb des Repertoires an Ferialantiphonen sekundären Charakter zu haben; umgekehrt ein Argument dafür, dass Antiphonen zu täglich wechselnden Psalmen der Laudes, die der monastische Cursus mit dem römischen teilt, primären Charakter haben. Diese wären dann älter als die Benediktsregel, mit der Genese dieser in die monastische Psalmenordnung übernommen und von den Vigilien in die Laudes verpflanzt worden. 4.5.2.2 Antiphonen zu den täglich gesungenen Psalmen Die Traditionen sind hier so umfangreich und ineinander verwoben, dass Rückschlüsse auf ursprüngliche Kontexte nicht möglich sind. Planvolles Procedere Antiphonen zu den täglich gleichbleibenden Psalmen wurden über die Woche hinweg bewusst entlang des Psalms ausgewählt. Sie kommen von Feria II bis Samstag in aufsteigender Versfolge zu Klang, d. h. am Montag wird der Vers mit der niedrigsten Versnummer vertont und am Samstag jener mit der höchsten Verszahl. In Verbindung mit Psalm 50 erweitern K 1 , K 2 und Si dieses Procedere auch aus musikalischer Sicht, indem sie über die Woche Antiphonen aus Psalm 50 in ein tonales Konzept integrieren. (Vgl. Teil A, 4.2.2.1) Wie die Woche von Tag zu Tag fortschreitet, so geht man auch in der Wahl des Psalmverses als Antiphon versweise vom Anfang zum Ende des Psalms. Der Inhalt einer Antiphon ist demzufolge abhängig von der Position ihres Verses im Psalm. Antiphonen zu den Psalmen 62/ 66 werden an Feria II aus dem Beginn von Psalm 62 rekrutiert, wobei die fränkisch-gregorianische Tradition sich für Deus deus meus (Ps 62,2 [1a]) und die altrömische sich Sitivit in te (Ps 62,2 [1b]) entscheidet, um dann Samstag mit dem Schlussvers von Psalm 66 Metuant dominum (Ps 66,8 [Svb]) zu enden. 218 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="219"?> Auch in Bezug auf Antiphonen zu den Psalmen der drei Schlusspsalmen des kleinen Hallels dokumentieren die Manuskripte ein ähnliches Procedere, wenn sie am Montag mit Antiphonen beginnen, deren Text aus Psalm 148 ist, und samstags einen Text aus Psalm 150 in Noten kleiden. 4.5.3 Antiphonen zu Psalmen der Vesper Zum Traditionsgut Der kurrente Psalter der Vesper in Verbindung mit seinen Antiphonen unterscheidet sich zunächst dadurch von dem der Vigilien, dass in dieser Hore jeder Psalm eine Antiphon bekommt und Psalmen nicht paarweise gesungen werden. Aus diesem Grund sind zu allen Psalmen des Zyklus 109 - 147 Antiphonen zu finden, von den Psalmen abgesehen, die in anderen Horen erklingen. Auch hier zeigen monastische wie römische Formulare weitgehend dasselbe Traditionsgut. Im Vergleich der fränkisch-gregorianischen Tradition mit den beiden altrömischen Codices R 1 und R 2 schließen sich letztere bei Alternativen mit Ausnahme von Omnia quaecumque (Ps 134,6 [6a]; Nr. 280) immer an jene Tradition an, deren Texte aus dem Anfang oder Schluss des Psalms entlehnt wurden, und man fragt sich, ob dort die Verbindung zum Erbe des kurrenten Psalters noch präsenter war, als bei dem der fränkisch-gregorianischen Antiphonarien bzw. Brevieren. Zum Verhältnis von Gesamttradition und Eigengut Gelegentlich fließt in das insgesamt von Einheitlichkeit geprägte Bild der Handschriften auch regionales Eigengut: Magna opera domini (Ps 110,2 [2a]; Nr. 196) wird nur von B 1 und Mc überliefert, In consilio (Ps 110,1.2 [1b+2a]; Nr. 197) hat nur T 1 und Benedixit filiis (Ps 147,13 [2b]; Nr. 306) kennen in erster Linie süddeutsche Manuskripte und jene, deren Herkunft im heutigen Österreich oder Slowenien liegt. Auch diese Antiphonentexte sind aus dem Beginn ihres Psalms entlehnt. Warum sie nur von einzelnen Manuskripten für deren Offizien herangezogen wurden, bleibt wohl ein Rätsel der Geschichte. 4.5.4 Antiphonen zu den Psalmen der kleinen Horen 4.5.4.1 Antiphonen zu Psalm 118 Nach beiden Psalmenordnungen, der römischen sowie der monastischen, werden in den sogenannten kleinen Horen über die Woche jeweils verschiedene Segmente des Psalms 118 Prim, Terz, Sext und Non zugeteilt. Das Bild der in die untersuchten Manuskripte eingegangenen Antiphonen ist diffus. Viele der in der Edition zwischen Nr. 217 - 246 gelisteten Antiphonen scheinen von der Genese her lokal gebunden. Neben zahlreichen Einzeltraditionen haben lediglich Adjuva me (Ps 118,117; Nr. 229), Aspice in me (Ps 118,132; Nr. 230) und Deduc me (Ps 118,35; Nr. 220) in mehr als zehn der untersuchten Handschriften Einzug gefunden. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 219 <?page no="220"?> Die vielen zu Psalm 118 tradierten Antiphonen sind häufig länger als übliche Ferialantiphonen, und der Text etwa eines Drittels dieser Antiphonen ist nur in Anlehnung an den Psalmtext verfasst, ihr Wortlaut frei komponiert. Tendenziell dürfte ihr Ursprung deshalb jünger sein als jener der klassischen Ferialantiphonen, die in der Regel bis zu sechs Wörter haben und deren Text meist dem Beginn oder dem Ende des Psalms entspringt. 4.5.4.2 Antiphonen zu den Psalmen 119 - 127 nach monastischer Psalmenordnung Das Repertoire vieler der nach monastischer Ordnung auf Terz, Sext und Non verteilten Antiphonen deckt sich in vielen Fällen mit jenen nach römischer Psalmenverteilung in der Vesper von Feria III und IV gesungenen Antiphonen. Dabei handelt es sich um solche, deren Text entweder vom Anfang oder Schluss ihres Psalms ist und die damit von der Genese her im Zusammenhang mit einer Form des kurrenten Psalters zu betrachten sind. Ihr Ort in den kleinen Horen dürfte sekundär sein. Es ist anzunehmen, dass sie im Zuge der benediktinischen Reform samt ihrem Psalm an die neue Stelle versetzt wurden. Von den Antiphonen, die ausschließlich im cursus monasticus verzeichnet sind, wurde bei zwei Dritteln der Text nicht aus dem Anfang oder Schluss genommen. Vielmehr wurde bewusst ein Vers aus der Mitte des Psalms gewählt, der einen thematischen Schwerpunkt setzt. Hypothetisch weisen auch diese Antiphonen in andere Entstehungszusammenhänge als jene, die vom dem Beginn des Psalms stammend im Zusammenhang mit einer Vollzugsform des kurrenten Psalter zu betrachten sind. Der These verbunden, dass jene Antiphonen vom Beginn des Psalms in ein Stadium des Psalmengesangs von frühchristlichen Wüstenmönchen deuten, könnte das gemeinsame Traditionsgut an Ferialantiphonen von Handschriften des cursus Romanus sowie des cursus monasticus zumindest teilweise vor die Entstehung der Regula Benedicti weisen. Beobachtungen zu jenen Antiphonen, die allein in Manuskripten des cursus monasticus zu finden sind, führen in der Folge zu Annahme, dass sie von der Tendenz her jünger sind als jene, die sie mit der römischen Tradition teilen. 4.5.4.3 Antiphonen der Prim Bei diesen in den Manuskripten insgesamt stiefmütterlich behandelten Antiphonen fällt eines besonders auf. Gb und Sa notieren die Antiphon Dominus regit me (Ps 22,1.2 [1+2]; Nr. 71) für die Prim des Sonntags, wo Psalm 22 gar nicht erklingt, sondern in der Prim des Donnerstags. Man fragt sich, ob diese Manuskripte einen Hinweis auf den ursprünglichen Ort von Psalm 22 in den Vigilien des Sonntags geben und die Antiphon, als die Psalmen 21 - 25 in die Prim verlegt worden waren und Dominus regit me in Sonntagsvigilien nicht mehr gebraucht wurde, einfach in die Prim hinüber gezogen wurde. Dies wäre ein Indiz für die Stimmigkeit der These 220 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="221"?> Camille Callewaerts, der die Psalmen 1 - 26 genetisch in den Sonntagsvigilien verankerte und ebenso der Annahme Joseph Paschers, der den Ursprung der Psalmen 21 - 25 in den Sonntagsvigilien sah. 24 Bei den Antiphonen zu den Psalmen 1 und 2 sowie 6 - 19, die nach monastischer Regel von Feria II bis Samstag verteilt in der Prim erklingen, stellt man ähnliches fest wie zu den dort auf die kleinen Horen verteilten Psalmen 119 - 127. Ihr Traditionsgut deckt sich, ausgenommen Exsurge domine (Nr. 16 und 17) mit jenem des römischen Repertoires. Spezifisch monastisches Traditionsgut zu den ersten 20 Psalmen des Psalters sucht man ansonsten vergeblich. 4.5.5 Den Modus betreffende Besonderheiten in Bezug auf die Psalmenverteilung Insgesamt betrachtet, zeigen die Antiphonen ein Bild, das darauf hinweist, dass der mit der karolingischen Reform initiierte Angleichungsprozess zur Zeit der Abfassung der hier untersuchten Manuskripte so weit fortgeschritten war, dass handschriftenübergreifend bei einer Vielzahl von Antiphonen sowohl dasselbe melodische Grundmodell als auch der gleiche Modus festzustellen ist. Dies zeigt sich auch bei den Antiphonen, die der römischen Ordnung entsprechend im kurrenten Psalter der Vigilien bzw. der Vesper ihren Platz hatten und dann, der Ordnung Benedikts folgend, in die Laudes oder kleinen Horen versetzt wurden. Immer wieder stößt man jedoch auf Besonderheiten, die darauf hinweisen, dass es im Vorfeld der Verschriftlichung gewisse Spielräume gab, eigene tonale Konzepte zu realisieren. Dies zeigt sich etwa in der besonderen tonalen Folge in den Vigilien von R 1 und R 2 oder in B (vgl. Teil A, 4.1.2.8) oder, wenn K 1 , K 2 und Si in Verbindung mit Psalm 50 ihre Antiphonen über die Woche hinweg in ein tonales Konzept kleiden (vgl. Teil A, 4.2.2.1 Zur tonalen Folge in K 1 , K 2 und in Si). Es wird aber auch daran deutlich, wenn regional einzelne Modi in besonderer Häufung auftreten (vgl. hierzu besonders die Ausführungen zu den Differenzen in Teil D: dieser Arbeit). Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass grundsätzlich vom melodischen Grundgerüst her parallel aufgebaute Antiphonen gegebenenfalls tonal abgeändert werden und sogar partiell in ein bewusstes melodisches Procedere eingebunden werden konnten. Außerdem spricht diese Erkenntnis für die These, dass der Transfer von Melodien in Mustern und nicht Ton für Ton erfolgte. 4.5.6 Mögliche historische Entwicklungsschritte des Ferialpsalters Vorausgeschickt werden muss die Tatsache, dass wir keine Ferialoffizien haben, die vor die uns bekannten Ordnungen weisen. Abläufe eines Ferialpsalters in (Basilika-) Klöstern vor dem 5./ 6. Jahrhundert müssen hypothetisch bleiben. 25 24 C ALLEWAERT , Matutino hier 145; vgl. P ASCHER , Sinneinheiten 191. 25 Vgl. z. B. T AFT , Liturgy 143 f. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 221 <?page no="222"?> Die Genese des kurrenten Psalters ist wohl im frühen Mönchtum Ägyptens zu suchen, das in der Meditation des Gesamtpsalters einen Weg, spirituell aufzusteigen, sah. 26 Inwieweit sich eine Urform der psalmodia currens in den uns verfügbaren Psalmenordnungen spiegelt, kann letztlich nicht geklärt werden. Das kathedrale, sich an Tagzeiten orientierende Prinzip ist in uns überlieferten Psalmenordnungen nur in den Laudes zu erkennen. Rudimente einer kathedralen Abendvesper mit deren klassischen Abendpsalmen 103 und 140 sieht Hansjakob Becker aufgrund seiner Strukturanalyse der benediktinischen Vesper jeweils auf einen Vers verkürzt im sonntäglichen Responsorium bzw. im Versikel der Vesper. Mit der Einführung des Magnificat in die Vesper sei Psalm 140 zurückgedrängt und der genetisch mit ihm verbundene Weihrauchritus sekundär an das Magnifikat gebunden worden. 27 Analog dazu stellt Alexander Zerfaß die Frage, ob der Versikel der römischen Werktagslaudes Repleti sumus mane (Ps 89,14) darauf hinweist, dass Psalm 89 fixer Psalm der römischen Psalmenordnung gewesen sein könnte. 28 Aufgrund vergleichender Studien entwirft er eine mögliche Entwicklung des Ferialpsalters. Seine Forschungen sind mit denen in vorliegender Arbeit kompatibel. Hypothetische Entwicklung des Ferialpsalters Einen plausiblen hypothetischen historischen Entwurf bietet Alexander Zerfaß: Ausgangspunkt der Entwicklung könnte, die Tagzeitenliturgie der Basilikaklöster betreffend, eine reine psalmodia currens ohne jede fixe Zuordnung bestimmter Psalmen oder Psalmengruppen gewesen sein. Dass die kurrente Psalmodie nur in Vigil und Vesper erhalten geblieben sei, deute darauf hin, dass sich das römischmonastische Stundengebet ebenso wie das von Cassian beschriebene ägyptischer Semieremiten ursprünglich auf diese beiden Gebetszeiten beschränkt habe. 29 Als nächstes könnten nach Zerfaß das Prinzip des Wochenpsalters und die Zäsur im zu diesem Zeitpunkt noch strikt befolgten kurrenten Psalter zwischen den Psalmen 108 und 109 eingeführt worden sein. Zur gleichen Zeit setzt er die von Pascher postulierte, in Analogie zur Vesper konzipierte, aus den sechs gleich bleibenden Psalmen 50, 62, 66 148, 149 und 150 bestehende Ur-Laudes an. 30 26 Vgl. M C K INNON , Book hier besonders 50. Vgl. auch J EFFERY , Reading hier 46 f. 27 Vgl. B ECKER , Struktur; W INKLER , Kathedralvesper. 28 Z ERFA ß, Clamorem 18. Zu den Bezügen vgl. auch das Kapitel über die Antiphonen der Laudes in dieser Arbeit, Teil A, 4.2. 29 Vgl. Z ERFA ß, Clamorem 17 f. 30 Vgl. Z ERFA ß, Clamorem 19. Zerfaß verweist an dieser Stelle auch auf die Parallele zwischen Paschers Rekonstruktion der Vesperpsalmodie und der in der Magisterregel vorgesehenen sechs antiphonal vollzogenen Psalmen, auf die auch Joseph Dyer hinweist; vgl. D YER , Observations 81; vgl. P ASCHER , Psalter hier 255 f. 222 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="223"?> In einem dritten und letzten Stadium habe man Laudes und Vesper umgestaltet, evangelische Cantica eingeführt und Psalmen aus dem kurrenten Psalter der Vigilien und der Vesper gestrichen, die in anderen Horen Verwendung gefunden haben. 31 Die Phase der Umstellung der Laudes- und Vesperpsalmodie wurde von Joseph Pascher auf die zweite Hälfte des fünften Jahrhunderts datiert. 32 Folgend das von Alexander Zerfaß entwickelte Schema zur Entstehung von Ferialantiphonen: 33 Vigil Laudes Vesper Kathedraloffizium Ps 89? Pss 103/ 140 Basilikaklöster I currente psalterio ohne feste Zuordnung currente psalterio ohne feste Zuordnung Basilikaklöster II currente psalterio Ps 1 - 108, duodezimal ohne Auslassungen (36+6x12 Pss? ) Auswahlpsalmodie 50; 62; 66; 148; 149; 150 (6 fixe Pss) currente psalterio Ps 109 - 150 (7x6 Pss) ohne Auslassungen Basilikaklöster III currente psalterio Ps 1 - 108 mit Auslassungen Auswahlpsalmodie 50 - x - 62+66 - atl. Canticum - 148 - 150 - Benedictus (6 psalmodische Elemente) 5 Pss currente psalterio mit Auslassungen - Magnificat (6 psalmodische Elemente) Die hypothetisch in Zusammenhang mit der psalmodia currens entstandenen Laudesantiphonen sowie die nach monastischer Psalmenordnung in den kleinen Horen verorteten Antiphonen zu den Psalmen 119 - 127, die nach römischer Verteilung in der Vesper erklingen, deren Genese ebenfalls im Zusammenhang mit einer Form des kurrenten Psalters angenommen werden können, wären nach dem von Alexander Zerfaß entworfenen Schema vor der dritten Entwicklungsstufe einzuordnen, in der die betreffenden Psalmen noch Bestandteil des kurrenten Psalters waren. Während Jean Claire zufolge die von ihm ebenfalls zu einer archaischen Schicht gehörenden Ferialantiphonen im Zuge der Verschmelzung von römischem und fränkisch-gregorianischem Traditionsgut in das römische Offizium gelangt seien, 34 legen vorliegende Studien nahe, dass diese zumindest teilweise viel früher ent- 31 Vgl. Z ERFA ß, Clamorem 19 f. Zu den Auslagerungen der Psalmen 21 - 25 in die Prim vgl. C ALLEWAERT , Matutino; L E R OUX , Étude. 32 Vgl. P ASCHER , Psalter 262. 33 Vgl. Z ERFA ß, Clamorem 18. 34 C LAIRE , Répertoires hier besonders 135 - 137. Zur Kritik an Claires methodischem Ansatz vgl. z. B. D OBSZAY , Remarks. Bestand der Ferialantiphonen in Verbindung mit der Psalmenordnung 223 <?page no="224"?> standen sind, in Mustern, hier Typoi genannt, ins Frankenreich importiert wurden und entsprechend des Vermögens oder lokaler Gewohnheiten adaptiert wurden. Aus textlicher Sicht spricht für eine starke Verankerung des römischen Repertoires mit dem kurrenten Psalter auch Folgendes: Sämtliche Antiphonentexte, die ausschließlich von der römischen Tradition repräsentiert werden, mit Ausnahme der zu den Psalmen 148 - 150 gesungenen, wurden vom Anfang ihres Psalms gewählt und stehen damit in enger Verbindung zu einer Form des kurrenten Psalters. Psalmvers Antiphon Typos Ps 76,2 (1b); Nr. 153 Vox mea Bc 8a Ps 109,1 (1b); Nr. 193 Sede a dextris meis Be 4 Ps 111,1 (1a); Nr. 200 Qui timet - Ps 121,1 (1a); Nr. 252 Laetatus sum - Ps 124,2, (2b); Nr. 261 Et dominus - Ps 130,1 (1a); Nr. 274 Domine non est - Ps 141,1 (1b); Nr. 289 Voce mea - Ps 142,2 (2a); Nr. 293 Ne intres - Ps 148,3 (3b); Nr. 313 Omnes stellae - Ps 148,11 (11); Nr. 315 Reges terrae zu Ps 148 - 150; Nr. 321 Benedicta gloria - Aus musikologischer Sicht fällt auf, dass gerade die Antiphonen, die nur in der altrömischen Tradition zu finden sind, in den meisten Fällen keinem melodischen Muster zuzuordnen sind. Deren Melodieführungen scheinen oft weniger formelhaft, einzelne Melodien nicht typisierbar. Daher stellt sich die Frage, ob sich in fränkisch-gregorianischen Melodien der Ferialantiphonen häufig melodische Formeln zeigen, die den fränkischen Kantoren mit auf den Weg gegeben wurden, während sich in altrömischem Traditionsgut an Ferialantiphonen eine größere, ursprüngliche Variationsbreite spiegelt. 224 Der Ferialpsalter im Kontext des Offiziums <?page no="225"?> Teil B: Die Texte der Ferialantiphonen 1 Zu den bei Ferialantiphonen verwendeten lateinischen Psalmenübersetzungen Ferialantiphonen, die den Text eines Psalmes wiedergeben, zeigen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, jeweils handschriftenübergreifend eine einheitliche lateinische Übersetzung. Ob sich diese allerdings mit jener des hebräischen Psalters 1 , des Psalterium Romanum 2 , des Psalterium Gallicanum (Vulgata) 3 oder einer weiteren Version der Vetus Latina 4 deckt, kann von Antiphon zu Antiphon divergieren. Im Ferialpsalter vereinen sich folglich verschiedene lateinische Texttraditionen. Möglicherweise spiegelt sich hier auch die Konkurrenz zwischen Psalmenübersetzungen im Vorfeld der Vereinheitlichung. 5 1 Den Forschungen vorliegender Arbeit liegen die Angaben des Antiphonale Synopticum (http: / / gregorianik.uni-regensburg.de/ an/ ) zugrunde. 2 Grundlage der Recherche vorliegender Arbeit ist, was das Psalterium Romanum betrifft: W EBER , Psautier. Vergleichend hinzugezogen wurde: A LLGEIER , Psalterien. Den Forschungen Donatien de Bruyne ist es zu verdanken, dass ein Jahrhunderte langer Irrtum, der römische Psalter sei der erste der drei Revisionen, die von Hieronymus vervollständigt worden seien, beiseite gelegt wurde. Er erkannte, dass der römische Psalter verschiedene Kategorien von Textfehlern enthält, die ein gewissenhafter Übersetzer nie toleriert hätte. Vgl. DE B RUYNE , Problem. Seiner Sichtweise wurde von Alberto Vaccari eine weitere hinzugefügt, der feststellte, dass Hieromymus in Rom weder die Zeit noch das kritische Quellenmaterial zur Verfügung gehabt hätte, um nötige Korrekturen anzubringen. Vgl. V ACCARI , Salteri 211 - 221; vgl. hierzu auch D YER , Psalters 13 f. 3 Auch wenn nach Joseph Dyer der Begriff Vulgata nicht verwendet werden sollte, da diese Bezeichung ungenau sei, wird hier dennoch der Geläufigkeit des Begriffs wegen auf sie verwiesen. Vgl. D YER , Psalters 12. Es wurden hier zusätzlich folgende Werke zu Rate gezogen: B ERIGER / E HLERS / FIEGER , Biblia hier Bd. 3. Außerdem wurde F ISCHER , Biblia verwendet. Vgl. auch A LLGEIER , Psalmen und ders., Überlieferung; vgl. ebenso D YER , Psalters, 13 ff. 4 Vetus Latina ist ein Sammelbegriff für altlateinische Bibelübersetzungen. Altlateinische verfügbare Psalter-Manuskripte gehen bis ins 6. und 7. Jahrhundert zurück. Die älteste Version ( α ) liegt in der Kapitelsbibliothek in Verona. Selbst dieser frühen Verschriftlichung liegen mehrere Revisionen zugrunde. Ihre nächste Verwandte ist der Psalter ( β ) aus dem 6. Jahrhundert aus St. Gallen. Eine weitere Variante ist das Psalterium Sangermanense ( γ ), ebenfalls aus dem 6. Jh. Eine Listung dieser frühen Dokumente findet man bei W EBER , Psautier und B RUYNE , Problem; vgl. auch D YER , Psalters, 13. 5 D YER , Psalters 16 und 26. <?page no="226"?> Texte und Musik waren zur Zeit der Verschriftlichung so weit miteinander verbunden, dass man bei Abweichungen von der sich seit dem 8./ 9. Jahrhundert durchsetzenden sogenannten Vulgata in aller Regel keine Angleichung vornahm. 6 Nicht nur auf das fränkisch-gregorianische Traditionsgut bezogen, auch den Wortlaut von Antiphonen betreffend, die ausschließlich in den beiden altrömischen Antiphonarien R 1 und R 2 verzeichnet sind und bei denen man erwarten würde, dass sie jeweils mit der im Psalterium Romanum tradierten Fassung übereinstimmen, sucht man diese dort teilweise vergeblich: Man findet dort nur etwa bei der Hälfte der Texte den Wortlaut des Psalterium Romanum. Etwa ein Drittel verliert sich in einer Vetus Latina Tradition, die nicht näher bestimmt werden kann. Wie weit in die Geschichte der Text einzelner Antiphonen weist, ist nicht auszumachen. Weder Alter noch Herkunft der frühesten lateinischen Psalmenübersetzungen sind bekannt. 7 Zur Vielschichtigkeit an Textvarianten am Beispiel von R 1 und R 2 Folgend werden Antiphonen der Ferialoffizien von R 1 nd R 2 gelistet, die ausschließlich dort vorgefunden werden. Anhand dieser überschaubaren Beispiele wird gezeigt, mit welchen Traditionen die einzelnen Antiphonen übereinstimmen bzw. wo Divergenzen mit dem Psalterium Romanum auftreten. Antiphonen, die vom Text des Psalterium Romanum abweichen, sind fett kursiv gedruckt. Die Nummerierung folgt im Psalter aufwärts. Psalm; Nr. der Edition Antiphon Manuskript Tradition R 1 , R 2 Ps 17,27 (26a); Nr. 47 Quoniam tu PGal R 2 Ps 50,12 (9b); Nr. 108 Spiritum rectum PGal + domine R 1 , R 2 Ps 62,5 (4b); Nr. 128 In nomine tuo PRom + domine; PRom + domine R 1 , R 2 Ps 62,8 (7a); Nr. 132 Factus es Prom + deus meus R 1 , R 2 Ps 76,2 (1b); Nr. 153 Vox mea VL R 1 , R 2 Ps 107,2 (1a); Nr. 189 Paratum cor PGal; PRom; PHebr R 1 , R 2 Ps 109,1 (1b); Nr. 193 Sede a dextris meis PGal; PRom R 1 , R 2 Ps 111,1 (1a); Nr. 200 Qui timet VL R 1 , R 2 Ps 118,12 (12); Nr. 219 Benedictus es VL R 1 Ps 118,36 (36); Nr. 221 Inclina cor PGal + deus; PRom+ deus R 1 Ps 118,107 (107); Nr. 227 Domine vivifica PGal; PRom R 1 Ps 121,1 (1a); Nr. 252 Laetatus sum PGal; PRom R 1 , R 2 6 Zur Rezeption verschiedener Übersetzungen des Psalters vgl. D YER , Psalters. Mit welcher der obengenannten Versionen des Psalters die einzelnen Antiphonen übereinstimmen, kann auch im digitalen Anhang zu dieser Arbeit in der Edition nachgelesen werden. 7 D YER , Psalters 12. 226 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="227"?> Psalm; Nr. der Edition Antiphon Manuskript Tradition R 1 , R 2 Ps 124,2, (2b); Nr. 261 Et dominus PGal; PRom R 1 , R 2 Ps 130,1 (1a); Nr. 274 Domine non est PGal; PHebr R 1 , R 2 Ps 141,1 (1b); Nr. 289 Voce mea VL R 1 , R 2 Ps 142,2 (2a); Nr. 293 Ne intres VL+domine R 1 , R 2 Ps 148,3 (3b); Nr. 313 Omnes stellae VL R 1 , R 2 Ps 148,11 (11); Nr. 315 Reges terrae VL R 1 , R 2 zu Pss 148 - 50; Nr. 321 Benedicta gloria ? R 1 , R 2 Die Tabelle zeigt, dass knapp über die Hälfte der Antiphonen, die ausschließlich von den beiden altrömischen Handschriften tradiert sind, nicht mit dem Wortlaut des Psalterium Romanum übereinstimmen. Sie zeigen damit ihre Unabhängigkeit von dieser Übersetzung und demonstrieren Vielschichtigkeit, die hier zusammenfließt. Zu den bei Ferialantiphonen verwendeten lateinischen Psalmenübersetzungen 227 <?page no="228"?> 2 Zur grammatikalischen Struktur von Ferialantiphonen Die meisten Texte der Ferialantiphonen sind ein Halbvers 1 , einige umfassen auch einen Gesamtvers eines Psalms. Nur wenige Ferialantiphonen, vor allem jene zu den Vigilien des Sonntags oder zu täglich im Offizium vorgeschriebenen Psalmen, stellen nicht-biblische Komposition dar. 2 In der Regel bilden Ferialantiphonen kurze prägnante Sätze mit drei bis sechs Wörtern, z. B. Bonum est confiteri domino (Ps 91,2 [1a]; Nr. 168) oder Auribus percipite, qui habitatis orbem (Ps 48,1 [1b]; Nr. 99). Die untersuchten Quellen weisen aber auch Antiphonen auf, die reiner Nebensatz sind, wie Habitare fratres in unum (Ps 132,1 [1b]; Nr. 278), oder Bruchstück eines Hauptsatzes, z. B. Et omnis mansuetudinis ejus (Ps 131,1 [1b]; Nr. 276). Letztgenannte Antiphonen sind für die vorliegende Arbeit im Hinblick auf ihre ursprüngliche Realisierungsweise in Verbindung mit den dazugehörenden Psalmen von besonderer Bedeutung. Da sie aufgrund ihrer syntaktischen Unvollkommenheit nur in ihrer Beziehung zum Gesamtpsalm einen Sinn ergeben, liegt nahe, dass ihre Entstehung als Antiphon in enger Verbindung mit dem Psalm und hypothetisch auch mit einer responsorialen Vollzugsform zusammenhängt. Um einen Einblick in ihren eventuellen ursprünglichen Vollzug zu bekommen, werden die Texte der Ferialantiphonen im Folgenden näher beleuchtet. Zunächst werden Antiphonen betrachtet, deren Text aus dem dazugehörenden Psalm ist. Sie stellen die größte Gruppe der Ferialantiphonen dar. In einem weiteren Kapitel werden Antiphonen beleuchtet, deren Text nicht aus dem Psalter entnommen ist. In erster Linie sind davon Antiphonen zu täglich wiederkehrenden Psalmen, Psalm 50, 62/ 66, 118 oder 148 - 150, betroffen. 1 Walther Lipphardt schreibt hinsichtlich der Wahl von psalmeigenen Halbversen bei den Antiphonen zu den Psalmen der Sonntagsvesper: „ Die Beschränkung auf einen Halbvers des Psalms ist kein Zufall; sie findet sich in gleicher Weise fast bei allen Antiphonen des mittelalterlichen Psalteriums sowohl in der römischen, als in der benediktinischen und mailändischen Liturgie. Das Psalterium der mozarabischen Liturgie, das allem Anschein nach wesentlich später geordnet und mit Antiphonen versehen wurde, kennt nur Ganzverse als Antiphonen. “ (L IPPHARDT , Antiphonen 54). 2 Laut Edward Nowacki weisen bereits die Regeln des Aurelian und des Caesarius von Arles darauf hin, dass Antiphonen Psalmenextrakte oder zumindest in Anlehnung an Psalmen verfasste Texte enthalten, wenn sie schreiben: Dicite … antiphona de psalmis in ordine (A URELIAN , Regula [PL 68, 399 - 406]) und Dicite antephonas de ordine psalterii (C AESARIUS , Regula ad monachos [SC 398, 218 D E V OGÜÉ ]). Vgl. N O WACKI , Psalmody 308. <?page no="229"?> 3 Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 3.1 Zur Begründung der Vorgehensweise 3.1.1 Zur Sortierung nach Psalmversen Auffallend viele Antiphonen vertonen einen Halbvers vom Beginn ihres Psalms. Andere stammen aus einem gewählten Halbvers aus der Mitte des Psalms und wieder andere repräsentieren einen Teil des Schlussverses. Sie werden entsprechend ihrer Position im Psalm sortiert, jeweils in einer Gruppe zusammengefasst und im Hinblick auf deren sprachliche Ausrichtung analysiert. Auf diese Weise kann ermittelt werden, ob inhaltliche Kriterien bei der Wahl eines (Halb-) verses als Antiphon, bezogen auf dessen Position im Psalm, eine Rolle gespielt haben könnten. Zur Darstellung der (Halb-) Verse, deren Text als Antiphon dient In den erstellten Tabellen stehen beim Psalmvers einer Antiphon entsprechend der Vulgata in Klammern die gewissermaßen bereinigten Halbverse im realen Verlauf des Psalms. Dies wurde veranschaulicht, um mögliche Rückschlüsse auf eine ursprüngliche Vollzugsform von Psalmen in Verbindung mit den untersuchten Antiphonen ziehen zu können. Bei vielen Psalmen ist dem eigentlichen Corpus entweder eine diesem vorausgehende nähere Bestimmung zur angeblichen Entstehung benannt, wie etwa bei Psalm 3 Ein Psalm Davids, als er vor seinem Sohn Abschalom floh, oder es wurde eine Regieanweisung angefügt wie bei Psalm 4 Für den Chormeister. Mit Saitenspiel. Ein Psalm Davids. Diese kleinen Vorspanne zählen zwar als Psalmvers, müssen aber dennoch separat vom Text des Psalms betrachtet werden. In dieser Arbeit wurden sie ausgeklammert, um die Angabe des Verses des eigentlichen Psalmtextes besser darstellen zu können. Antiphonen, deren Text vom Beginn des Psalms stammt Es wird nach Antiphonen, deren Text aus dem ersten (Hv 1a), dem zweiten (Hv 1b), dem dritten (Hv 2a) oder vierten (Hv 2b) Halbvers des Psalms ist, unterschieden. Sie stehen vermutlich genetisch mit einer Art und Weise Psalmen zu singen in Verbindung, bei der ein Vorsänger den Psalm anstimmte und die Gemeinde den gesungenen Beginn des Psalms bzw. einen Halbvers des Psalmanfangs repetierte, um ihn an gegebener Stelle zu wiederholen. Zur Verdeutlichung hier noch einmal das hypothetische Schema responsorialer Psalmodie: 1 1 Zu responsorialer Psalmodie vgl. beispielsweise die Angaben in der Einleitung zu dieser Arbeit. <?page no="230"?> Kv (Psalmist) Kv (Alle) Psalmvers (e) (Psalmist) Kv (Alle) usw. Kv (Alle) Wird in Verbindung mit diesem Schema Vers 1a des Psalms als Antiphon gewählt, liegt nahe, dass der vom Psalmisten begonnene Psalm unmittelbar nach dem ersten Halbvers unterbrochen und dieser von der Gemeinde repetiert wird. Der vom Psalmisten weitergeführte Psalm wird in der Folge von Einwürfen des Kehrverses durch die Gemeinde aufgelockert und gegebenenfalls mit einem Kehrvers beschlossen. Betrachtet man das Schema in Verbindung mit dem Vers 1b des Psalms, ergibt sich eine ähnlich mögliche Vollzugsform: Der Psalmist singt den ersten Psalmvers, dessen zweite Hälfte von der Gemeinde wiederholt wird. Sodann trägt der Psalmist die nächsten Psalmverse vor, die wiederum vom Kehrvers der Gemeinde unterbrochen und mit diesem beendet werden. In Kombination mit Antiphonen, die aus Vers 2a oder 2b des Psalms gewählt wurden, ergäbe sich eine Vollzugsform, welche der von Antiphonen aus Vers 1b entspricht: Der Psalmist stimmt den Psalm an und singt bis einschließlich zu dem Vers, der Antiphon ist. Dieser wird von der Gemeinde repetiert. Im weiteren Verlauf des Psalmenvortrags wird dieser erneut an bestimmten Stellen von der Gemeinde mit eben dieser Antiphon unterbrochen. Neben Ferialantiphonen, deren Text einen Halbvers vom Beginn des Psalms umfasst, findet man auch Antiphonen, die einen ganzen Vers aus dem Anfang des Psalms umfassen. Sie werden gesondert gelistet, da sie hypothetisch in einen anderen Entstehungskontext weisen als jene kürzeren Antiphonen. Sie sind im Gegensatz zu denen, die nur einen Halbvers des Psalms zu Klang bringen, fast ausschließlich in Ferialoffizien der fränkisch-gregorianischen Tradition verortet. Antiphonen, deren Text der Mitte des Psalms entnommen ist In der Annahme, dass Antiphonen, deren Texte den direkten Beginn eines Psalms widerspiegeln, schematisch in Verbindung mit einer bestimmten Vollzugsweise Psalmen zu singen entstanden sind, stellt sich die Frage, ob bei jenen, die einen Halbvers aus der Mitte des Psalms darstellen, andere Merkmale für deren Auswahl bestimmend waren. Zu möglichen Kriterien vgl. unten. Antiphonen, deren Text aus dem Schlussvers des Psalms stammt Vermutlich gab es einen Entstehungskontext für Psalmodie in Verbindung mit Antiphonen, deren Text den letzten Vers des Psalms exponiert. Das lässt die große Anzahl der Antiphonen annehmen, die zu dieser Gruppe gehören. Innerhalb dieser muss weiter zwischen jenen Antiphonen mit Texten aus der ersten Hälfte des 230 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="231"?> Schlussverses eines Psalms und jenen aus dem zweiten Halbvers des Schlussverses differenziert werden. Schlussverse eines Psalms werden hier mit Sv abgekürzt. Steht Sva, so bezieht sich die Angabe auf den ersten Halbvers des Psalmschlussverses, steht Svb, ist damit der zweite Halbvers des Psalmschlussverses gemeint. Hypothetisch ging man hier bei der Realisation etwas anders vor als bei Antiphonen vom Beginn des Psalms: eine Möglichkeit der Entstehungspraxis wäre, den gesamten Psalm vom Psalmisten singen zu lassen, während die Gemeinde nur den Schlussvers bekräftigt. Dies wäre also keine responsoriale Singweise im strengen Sinn. Eine weitere Option, einen Psalm in Verbindung mit einem Schlussvers des Psalms im Rahmen der Solopsalmodie als Antiphon zu singen, wäre, dass die Antiphon vom Psalmisten zu Beginn der Psalmodie antizipiert und von der Gemeinde an ausgewiesenen Stellen repetiert würde. 3.1.2 Zur thematischen Differenzierung Innerhalb der einzelnen Gruppierungen wird nach der sprachlichen Ausrichtung sortiert. Antiphonen werden nach folgenden Kriterien kategorisiert: eine Aussage (A), die weder ein Gebet zu Gott noch ein Aufforderung seinerseits im Blick hat; ein Bekenntnis des Glaubens (Bk) Gott oder Menschen gegenüber; eine Frage (? ) an Gott (vor Menschen); eine Klage (K) vor Gott oder den Menschen; Lob (L) oder Dank vor Gott (und den Menschen); eine Bitte (! ) im Sinne einer Aufforderung entweder Gott gegenüber, von Gott an sein Volk oder von Menschen an Mitmenschen. Dieser Schritt ist angebracht, um ermitteln zu können, ob die inhaltliche Ausrichtung der Antiphon mit der Thematik des Psalms übereinstimmt. Ist dies nicht der Fall, so erfolgte die Wahl des Verses als Antiphon hypothetisch nicht aufgrund inhaltlicher, sondern formaler Kriterien. 3.1.3 Antiphonen, die im Psalm selbst als Responsum (R) angelegt sind Es ist davon auszugehen, dass zumindest viele Ferialantiphonen im Kontext einer Form der Solopsalmodie entstanden sind, bei der die Repetition eines Halb- (Verses) eines Psalms eine Rolle spielte. Bei einigen Psalmen ist eine solche Wiederholung eines Verses schon im Psalm selbst angelegt. Dies wird in der Darstellung herausgearbeitet, ohne zu behaupten, dass die uns überlieferten Antiphonen bereits in alttestamentliche Zeit in Verbindung mit der Entstehung des Psalms weisen. Dies ist aufgrund der Quellenlage weder einnoch auszuschließen. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 231 <?page no="232"?> 3.2 Antiphonen in Beziehung zur Position innerhalb des Psalms Zur Darstellung in den Tabellen In einem ersten Schritt werden die Antiphonen nun ensprechend der Angabe des Verses in aufsteigender Reihenfolge tabellarisch dargestellt. Zunächst werden Antiphonen vom bereinigten Halbvers 1a, dann die aus Halbvers 1b veranschaulicht; als letzte Gruppe werden jene gelistet, deren Text einen Halbvers des Psalmendes repräsentiert. In der linken Spalte ist jeweils der Psalmvers mit der Angabe des Verses im tatsächlichen Verlauf des Psalms in Klammern samt der in dieser Arbeit zugeschriebenen Nummer der Edition zu finden und in der Mitte der Text der dazugehörenden Antiphon; rechts innen ist benannt, welche Thematik eine Antiphon hat: Aussage (A), Bekenntnis (Bk), Frage (? ), Klage (K); Lob/ Dank (L), Bitte (! ) an Gott, von Gott an sein Volk oder von Menschen an Mitmenschen. In der rechten Spalte außen wird darauf hingewiesen, ob eine Antiphon mit der Thematik des Psalms übereinstimmt und ob der Vers der Antiphon im Psalm selbst als Responsum erscheint: die Thematik entspricht in vollem Maße (T); ein Teilaspekt des Inhalts des Psalms wird aufgegriffen (t); die Antiphon wird im Psalm wörtlich wiederholt (R). Zu den eingefärbten Antiphonen Entspricht der Inhalt einer Antiphon jenem des Psalms im Grunde nicht, ist aber in sich selbst verständlich, wird in der rechten Spalte bei der Thematik ein „ - “ gesetzt und die Antiphon selbst kursiv unterstrichen eingefärbt. Ist eine Antiphon losgelöst vom Kontext des Psalms nur eingeschränkt nachvollziehbar, handelt es sich um einen reinen Nebensatz oder um ein Bruchstück eines Hauptsatzes, etwa bei der Antiphon Et omnis mansuetudinis ejus (Ps 131,1 [1b]; Nr. 276), wird diese fett kursiv gekennzeichnet. Vereinigen sich beide Kennzeichnungen, wird fett kursiv unterstrichen ausgezeichnet. Die eingefärbten Antiphonen werden in der Schlussauswertung in besonderer Weise beleuchtet. Da keinerlei Zusammenhang zwischen der Wahl eines Psalmverses und der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Hore zu erkennen war, wird in den Tabellen in diesem Kapitel auf den Bezug von Antiphon und ihrem Ort im Offizium verzichtet. Die Antiphonen in Verbindung mit den Psalmen werden folgendermaßen sortiert: • Aussage (A) • Bekenntnis des Glaubens Gott oder Menschen gegenüber (Bk) • Bitte von Gott an sein Volk, von Menschen Gott gegenüber oder von Menschen an Mitmenschen (! ) • Frage an Gott (vor Menschen) (? ) • Klage vor Gott oder den Menschen (K) 232 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="233"?> • Lobpreis/ Dank Gott (und den Menschen) gegenüber (L) • Im Psalm selbst als Responsum angelegt (R) Der Übersicht halber werden erst am Ende des Kapitels alle Antiphonen ergebnisorientiert ausgewertet. Auf die Entsprechung von Antiphon und Psalm hinsichtlich der Thematik (T) bzw. (t) wird dort eingegangen. 3.2.1 Antiphonen aus Psalmvers 1a 3.2.1.1 Tabellarische Darstellung Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Thematik Ps 7,2 (1a); Nr. 10 Domine deus meus in te speravi Bk t Ps 15,1 (1a); Nr. 29 Conserva me domine quoniam in te speravi ! T Ps 17,2 (1a); Nr. 43 Diligam te domine virtus mea Bk T Ps 18,2 (1a); Nr. 52 Caeli enarrant gloriam dei L T Ps 19,2 (1a); Nr. 61 Exaudiat te dominus in die tribulationis A T Ps 20,2 (1a); Nr. 66 Domine in virtute tua laetabitur rex Bk T Ps 26,1 (1a); Nr. 76 Illuminacio mea et salus mea dominus Bk T Ps 44,2 (1a); Nr. 96 Eructavit cor meum verbum bonum A T Ps 47,2 (1a); Nr. 98 Magnus dominus et laudabilis nimis Bk T Ps 49,1 (1a); Nr. 100 Deus deorum dominus locutus est A t Ps 50,3 (1a); Nr. 101 Miserere mei deus ! T Ps 56,2 (1a); Nr. 118 Miserere mei deus miserere mei ! T Ps 61,2 (1a); Nr. 123 Nonne deo subdita erit anima mea Bk T/ r Ps 62,2 (1a); Nr. 124 Deus deus meus ad te de luce vigilio Bk T Ps 64,2 (1a); Nr. 134 Te decet hymnus deus in sion Bk T Ps 66,2 (1a); Nr. 136 Deus misereatur et benedicat nobis ! T Ps 62,1 (1a); Nr. 137 Misereatur et benedicat nos deus noster ! T Ps 69,2 (1); Nr. 143 Domine deus in adjutorium meum intende K T Ps 72,1 (1a); Nr. 145 Quam bonus deus israel Bk t Ps 77,1 (1a); Nr. 156 Attendite popule meus legem meam A T Ps 80,2 (1a); Nr. 161 Exsultate deo adjutori nostro L T Ps 84,2 (1a); Nr. 163 Benedixisti domine terram tuam Bk T Ps 85,1 (1a); Nr. 164 Inclina domine aurem tuam mihi et exaudi me K T Ps 86,1 (1a); Nr. 165 Fundamenta ejus in montibus sanctis A T Ps 91,2 (1a); Nr. 170 Bonum est confiteri domino Bk T Ps 95,1 (1a); Nr. 175 Cantate domino canticum novum L T Ps 95,2 (2a); Nr. 176 Cantate domino et benedicite nomen ejus L T Ps 99,2 (1a); Nr. 178 Jubilate deo omnis terra L T Ps 103,1 (1a); Nr. 183 Benedic anima mea domino L T Ps 107,2 (1a); Nr. 189 Paratum cor meum deus paratum Bk T Ps 110,1 (1a); Nr. 195 Confitebor tibi domine in toto corde meo Bk T Ps 114,1 (1a); Nr. 210 Dilexi quia exaudivit dominus orationem meam L T Ps 115,10 (1a); Nr. 212 Credidi propter quod locutus sum Bk T Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 233 <?page no="234"?> Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Thematik Ps 116,1 (1a); Nr. 213 Laudate dominum omnes gentes L T Ps 117,1 (1a); Nr. 214 vgl. Nr. 281 Confitemini domino quoniam bonus BK T Ps 118,1 (1a); Nr. 217 Beati qui ambulant in lege tua domine L T Ps 121,1 (1a); Nr. 252 Leatatus sum in his quae dicta sunt mihi A T Ps 126,1 (1a); Nr. 266 Nisi tu domine servabis nos in vanum vigilant oculi nostri Bk T Ps 127,1 (1a); Nr. 269 Beati omnes qui timent dominum Bk T Ps 128,1 (1a); Nr. 271 Saepe expugnaverunt mea juventute mea A/ K T/ R Ps 129,1 (1a); Nr. 273 De profundis clamavi ad te domine K T Ps 130,1 (1a); Nr. 274 Domine non est exaltatum cor meum A t Ps 132,1 (1a); Nr. 277 Ecce quam bonum et quam jucundum A t Ps 134,1 (1a); Nr. 279 Laudate nomen domini L T Ps 135,1 (1a); Nr. 281 Confitemini domino quoniam bonus Bk T Ps 140,1 (1a); Nr. 287 Domine clamavi ad te exaudi me K T Ps 143,1 (1a); Nr. 294 Benedictus dominus deus meus L T Ps 145,2 (1a); Nr. 299 Lauda anima mea dominum L T Ps 146,1 (1a); Nr. 302 Laudate dominum quoniam bonus L T Ps 147,12 (1a); Nr. 306 Lauda jerusalem dominum L T Ps 148,1 (1a); Nr. 309 Laudate dominum de caelis L T Ps 149,1 (1a); Nr. 316; vgl. Ps 97,1 (1a) Cantate domino canticum novum L T Ps 150,1 (1a); Nr. 317 In sanctis ejus laudate deum L T 3.2.1.2 Zur thematischen Verbindung von Antiphon und Psalm Antiphonen, die als Aussagesatz formuliert sind (A) • Antiphonen mit einer vollständigen Aussage - Exaudiat te dominus in die tribulationis (Ps 19,2 [1a]; Nr. 61) ist der Wunsch für den König beziehungsweise im übertagenen Sinn auch für den Beter, dass Gott ihn am Tag der Not erhört. Diese Bitte für den König wird in Psalm 19 entfaltet. - Eructavit cor meum verbum bonum (Ps 44,2 [1a]; Nr. 96) äußert, dass das Herz von einem guten Wort überfließt; Psalm 44 ist ein Lied zur Hochzeit des Königs. - Attendite popule meus legem meam (Ps 77,1 [1a]; Nr. 156) ist eine Ermahnung an Gottes Volk, auf Gottes Gesetze zu achten; Psalm 77 besingt die Geschichte israels als Mahnung und Warnung. - Fundamenta ejus in montibus sanctis (Ps 86,1 [1a]; Nr. 165) besagt, dass seine (Gottes) Gründung auf heiligen Bergen sei; Psalm 86 besingt Zion, die Mutter aller Völker. - Leatatus sum in his quae dicta sunt mihi (Ps 121,1 [1a]; Nr. 252); bringt die Freude des Beters über etwas, was zu ihm gesagt wurde zum Ausdruck. Was 234 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="235"?> dies beinhaltet, erfährt man erst im folgenden Halbvers, der nicht mehr Teil der Antiphon ist: dass eine Pilgerreise zum Haus des Herrn ansteht. - Saepe expugnaverunt me a juventute mea (Ps 128,1 [1a]; Nr. 271) beklagt, dass man den Betenden seit Jugendtagen bedrängt habe; Psalm 128 besingt die Hoffnung in Bedrängnis. - In Domine non est exaltatum cor meum (Ps 130,1 [1a]; Nr. 274) stellt der Beter fest, dass sein Herz nicht hochmütig sei. Den tieferen Grund dafür, nämlich dass der Beter in Gott Frieden gefunden hat, erfährt man in den folgenden Versen des Psalms. • Antiphonen, die nur im Kontext des Gesamtpsalms einen Sinn ergeben Die folgenden beiden Antiphonen müssen in Zusammenhang mit ihrem Psalm gelesen werden, um deren Sinn zu erfassen: • Deus deorum dominus locutus est (Ps 49,1 [1a]; Nr. 100) macht eine Aussage, dass Gott etwas gesagt hat. Das Entscheidende allerdings, was Gott aller Götter gesagt hat, bleibt hier offen. Psalm 49 zeigt auf, was Gott von seinem Volk erwartet, wie der rechte Gottesdienst zu sein habe. • Ecce quam bonum (Ps 132,1 [1a]; Nr. 277) spricht davon, dass etwas schön und gut sei. Dass hier geschwisterliches Zusammensein gemeint ist, erfährt man erst, wenn man den Lobpsalm der Eintracht als ganzen hört oder liest. Antiphonen, die ein Bekenntnis gegenüber Gott ablegen (Bk) Knapp ein Drittel der Antiphonen aus Hv 1a sind als Bekenntnis eines einzelnen oder einer Gruppe gegenüber Gott formuliert. Sie führen in die Thematik des jeweiligen Psalms insgesamt ein bzw. bekräftigen dessen Inhalt: • Domine deus meus in te speravi (Ps 7,2 [1a]; Nr. 10) äußert das Bekenntnis eines Betenden, dass er auf Gott hofft; Psalm 7 ist das Gebet eines Verfolgten. • Diligam te domine virtus mea (Ps 17,2 [1a]; Nr. 43) drückt Liebe Gott gegenüber aus; Psalm 17 ist ein Danklied des Königs für Rettung und Sieg. • Domine in virtute tua laetabitur rex (Ps 20,2 [1a]; Nr. 66) besagt, dass sich der König an Gottes Macht erfreut; Psalm 20 ist ein Danklied für den Sieg des Königs. • Illuminacio mea et salus mea dominus (Ps 26,1 [1a]; Nr. 76) bekennt Gott als Licht und Heil des Beters; Psalm 26 besingt das Leben in Gemeinschaft mit Gott. • Magnus dominus et laudabilis nimis (Ps 47,2 [1a]; Nr. 98) ist ein Bekenntnis zu Gott, der groß und lobenswert ist; Psalm 47 ist ein Lied für Zion, die Stadt Gottes. • Nonne deo subdita erit anima mea (Ps 61,2 [1a]; Nr. 123) bringt die Freude darüber zum Ausdruck, dass die Seele bei Gott zur Ruhe kommt; Psalm 61 kündet vom Vertrauen auf Gottes Macht und Huld. • Deus deus meus ad te de luce vigilio (Ps 62,2 [1a]; Nr. 124) besagt, dass sich der Beter nach Gott sehnt; Psalm 62 entfaltet diese Sehnsucht. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 235 <?page no="236"?> • Te decet hymnus deus in sion (Ps 64,2 [1a]; Nr. 134) bekundet, dass Gott Lobgesang gebührt; Psalm 64 bekennt Gott als Retter und Schöpfer. • Quam bonus deus israel (Ps 72,1 [1a]; Nr. 145) bekennt, dass der Gott Israels gut ist; Psalm 72 spricht von der Nähe Gottes in Anbetracht der Anfechtung von Frevlern. • Benedixisti domine terram tuam (Ps 84,2 [1a]; Nr. 163) äußert, dass Gott einst seine Erde gesegnet hat; Psalm 84 drückt die Hoffnung um das verheißene Heil für alle aus. • Bonum est confiteri domino (Ps 91,2 [1a]; Nr. 170) bekundet, es sei gut, sich zu Gott zu bekennen; Psalm 91 entfaltet, wie wichtig es ist, Gott zu danken. • Paratum cor meum deus paratum (Ps 107,2 [1a]; Nr. 189) bringt zum Ausdruck, dass das Herz des Beters für Gott offen sei; Psalm 107 bekräftigt Gott als Hilfe und Schutz seines Volkes. • Confitebor tibi domine in toto corde meo (Ps 110,1 [1a]; Nr. 195) singt davon, dass der Beter sich aus ganzem Herzen zu Gott bekennt; Psalm 110 kündet die Wundertaten Gottes. • Credidi propter quod locutus sum (Ps 115,1 [1a]; Nr. 212); fasst den Glauben des Beters ins Wort; Psalm 115 bezeugt den Dank für die Rettung aus Todesnot. • Confitemini domino quoniam bonus (Ps 117,1 [1a]; Nr. 214, vgl. Ps 135,1 [1a]; Nr. 281) fordert zum Bekenntnis Gott gegenüber auf, da er gut ist; Psalm 117 ist ein Danklied auf Gott aufgrund dessen Hilfe. Psalm 135 ist eine Danklitanei. • Nisi tu domine servabis nos in vanum vigilant oculi nostri (Ps 126,1 [1a]; Nr. 266) äußert, dass sich der Mensch umsonst müht, wenn er Gottes Hilfe nicht hat; Psalm 126 handelt davon, dass alles an Gottes Segen liegt. • Beati omnes qui timent dominum (Ps 127,1 [1a]; Nr. 269) besagt, dass sich all jene glücklich schätzen dürfen, die Gott fürchten; Psalm 127 nennt den einen gesegneten Menschen, der nach Gottes Weisung lebt. Antiphonen, die eine Bitte beinhalten (! ) • Conserva me domine quoniam in te speravi (Ps 15,1 [1a]; Nr. 29) äußert die Bitte, Gott möge den Betenden behüten, da er auf ihn vertraue; Psalm 15 besingt Gott, den Anwalt seiner Getreuen. • Miserere mei deus (Ps 50,3 [1a]; Nr. 101) und Miserere mei deus miserere mei (Ps 56,2 [1a]; Nr. 118) äußern den Wunsch eines Betenden nach dem Erbarmen Gottes; Psalm 50 beinhaltet die Bitte um Vergebung und Neuschaffung. • Deus misereatur et benedicat nobis (Ps 66,2 [1a]; Nr. 136) sowie Misereatur et benedicat nos deus noster (Ps 66,2 [1a]; Nr. 137) erbitten die Gnade und den Segen Gottes; Psalm 66 ist ein Danklied dafür. Antiphonen, die als Klage formuliert sind (K) Auch die hier verzeichneten Antiphonen geben den Charakter der Psamen an, zu denen sie tradiert sind, in diesem Fall sind es Klagepsalmen. Passend zum 236 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="237"?> Charakter des Psalms sind die dazu gehörenden Antiphonen aus Hv 1a als eine an Gott gerichtete Klage formuliert: • Domine deus in adjutorium meum intende (Ps 69,1 [1a]; Nr. 143) erfleht Gottes Hilfe und Rettung; Psalm 69 ist das Gebet eines zuversichtlichen Beters, der sich in großer Not an Gott wendet. • Inclina domine aurem tuam mihi et exaudi me (Ps 85,1 [1a]; Nr. 164) drückt den Wunsch des Beters aus, dass Gott ihm sein Ohr zuneige; Psalm 85 ist der Hilferuf eines Armen. • De profundis clamavi ad te domine (Ps 129,1 [1a]; Nr. 273) äußert die Klage eines Menschen vor Gott „ aus der Tiefe “ seines Herzens; Psalm 129 ist ein Bittgesang in großer Not. • Domine clamavi ad te exaudi me (Ps 140,1 [1a]; Nr. 287) trägt das Schreien eines Betenden vor Gott, der von ihm erhofft, er möge sein Flehen hören; Psalm 140 ist das Abendgebet eines Menschen in Verfolgungszeit. Antiphonen die Lobpreis/ Dank aussprechen (L) Knapp ein Viertel der Antiphonen aus Hv 1a fordert zu Lob bzw. Dank auf. Thematik sowie Sprachrichtung dieser Antiphonen stimmen wie bei den meisten Antiphonen mit der des Psalms insgesamt überein. Entsprechend des Duktus des Psalms ist auch jener der Antiphon Lobbzw. Dank eines Einzelnen oder einer Gruppe. • Caeli enarrant gloriam dei (Ps 18,2 [1a]; Nr. 52) verkündet, dass die Himmel die Herrlichkeit Gottes preisen; Psalm 18 ist ein Lob der Schöpfung und des Gesetzes. • Exsultate deo adjutori nostro (Ps 80,2 [1a]; Nr. 161) fordert zum Lob Gottes auf; Psalm 80 ist ein Aufruf zu Treue gegenüber Gott. • Cantate domino canticum novum (Ps 95,1 [1a]; Nr. 175) und Cantate domino et benedicite nomen ejus (Ps 95,2 [2a]; Nr. 176) regen dazu an, Gott ein Lied zu singen; Psalm 95 besingt Gott, den König und Richter aller Welt. • Jubilate deo omnis terra (Ps 99,2 [1a]; Nr. 178) lädt den Erdkreis zum Lob Gottes ein; Psalm 99 ist ein Lobgesang der Völker beim Einzug ins Heiligtum. • Benedic anima mea domino (Ps 103,1 [1a]; Nr. 183); erinnert die Seele daran, Gott zu preisen; Psalm 103 ist ein Loblied auf den Schöpfer. • Dilexi quia exaudivit dominus orationem meam (Ps 114,1 [1a]; Nr. 210) bekundet die Freude darüber, dass Gott den Beter erhört hat; Psalm 114 bezeugt wie gut es gegenüber Götzenanbetern sei, sich an Gott zu halten. • Laudate dominum omnes gentes (Ps 116,1 [1a]; Nr. 213) sowie der gesamte Psalm 116 fordert alle Völker zu Gottes Lob auf. • Beati qui ambulant in lege tua domine (Ps 118,1 [1a]; Nr. 217) nennt diejenigen glücklich, die nach Gottes Weisung leben; Psalm 118 ist ein Lobgesang auf Gottes Wort. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 237 <?page no="238"?> • Laudate nomen domini (Ps 134,1 [1a]; Nr. 279) ermuntert dazu Gottes Namen zu loben; Psalm 134 ist ein Loblied auf Gottes Wirken in der Schöpfung und der Geschichte. • Benedictus dominus deus meus (Ps 143,1 [1a]; Nr. 294) drückt einen Lobpreis Gottes aus; Psalm 143 ist ein Danklied auf das Glück des Gottesvolkes. • Lauda anima mea dominum (Ps 145,2 [1a]; Nr. 299) ermahnt die Seele des Beters Gott zu loben; Psalm 145 ist ein Preislied auf Gott, den Herrn und Helfer Israels. • Laudate dominum quoniam bonus (Ps 146,1 [1a]; Nr. 302) ruft zu Gottes Lob auf; Psalm 146 besingt Gott, den Retter Israels. • Lauda jerusalem dominum (Ps 147,12 [1a]; Nr. 306) erinnert Jerusalem daran, Gott zu preisen; Psalm 147 ist ein Danklied für Gottes Güte. • Laudate dominum de caelis (Ps 148,1 [1a]; Nr. 309), Cantate domino canticum novum (Ps 149,1 [1a]; Nr. 316, vgl. Ps 97,1 [1a]) und In sanctis ejus laudate deum (Ps 150,1 [1a]; Nr. 317) bringen in Verbindung mit den Laudespsalmen das Lob Gottes zum Ausdruck. Antiphonen, die im Psalm selbst als Responsum angelegt sind (r) Zwei der oben aufgeführten Antiphonen zeichnen sich dadurch aus, dass ihr Text im Verlauf des Psalms wiederholt wird: • Saepe expugnaverunt me a juventute mea (Ps 128,1 [1a]; Nr. 271) • Nonne deo subdita erit anima mea (Ps 61,2 [1a]; Nr. 123) Zur Erläuterung vgl. in diesem Teil der Arbeit 3.2.9 die zusammenfassende Deutung zu Ferialantiphonen in Beziehung zur Position innerhalb des Psalms. 3.2.2 Antiphonen aus Psalmvers 1b 3.2.2.1 Tabellarische Darstellung Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Thematik Ps 5,2 (1b); Nr. 8 Intellege clamorem meum domine K t Ps 7, 2 (1b); Nr. 11 In te speravi salvum me fac domine ! T Ps 11,2 (1b); Nr. 19 Quam diminutae sunt veritates a filiis hominum K T Ps 16,1 (1b); Nr. 35 Exaudi domine deprecationem meam K T Ps 18,2 (1b); Nr. 53 Opera manuum ejus annuntiat firmamentum Bk T Ps 26,1 (1b); Nr. 77 Dominus defensor vitae meae Bk T Ps 30,2 (1b); Nr. 81 In tua justitia libera me domine K K Ps 32,1 (1b); Nr. 82 Rectos decet collaudatio T T Ps 34,1 (1b); Nr. 85 Expugna impugnantes me L K Ps 37,2 (1b); Nr. 90 Ne in ira tua arguas me domine T T Ps 38,2 (1b); Nr. 91 Ut non delinquam in lingua mea A/ - - Ps 45,2 (1b); Nr. 97 Adjutor in tribulationibus Bk T Ps 48,1 (1b); Nr. 99 Auribus percipite qui habitatis orbem A t 238 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="239"?> Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Thematik Ps 50,3 (1b)Nr. 102 Dele domine deus iniquitatem meam K T Ps 56,1 (1b); Nr. 119 Quoniam in te confidit anima mea Bk T Ps 57,2 (1b); Nr. 120 Juste judicate filii hominum ! T Ps 62,2 (1bc); Nr. 125 Sitivit in te anima mea deus meus Bk T Ps 62,2 (1b); Nr. 126 Ad te de luce vigilo deus Bk T Ps 63,2 (1b); Nr. 133 A timore inimici eripe domine animam meam K T Ps 66,2 (1b); Nr. 139 Illumina domine vultum tuum super nos (deus deus meus) ! T Ps 74,2 (1b); Nr. 151 Et invocabimus nomen tuum domine Bk T Ps 75,2 (1b); Nr. 152 In israel magnum nomen ejus A T Ps 76,2 (1b); Nr. 153 Vox mea ad deum et intendit mihi Bk T Ps 77,1 (1b); Nr. 157 Inclinate aurem vestram in verba oris mei ! T Ps 97,1 (1b); Nr. 177 Quia mirabilia fecit dominus A T Ps 100,2 (1b); Nr. 181 Psallam et intellegam in via inmaculata Bk t Ps 101,2 (1b); Nr. 182 Clamor meus ad te perveniat K T Ps 107,1 (1b); Nr. 190 Cantabo et psalmum dicam L T Ps 109,1 (1b); Nr. 193 Sede a dextris meis ! T Ps 111,1 (1b); Nr. 201 In mandatis ejus volet nimis A/ - T Ps 113,1 (1b) Nr. 205 Domus jacob de populo barbaro A - Ps 119,1 (1b); Nr. 247 Clamavi et exaudivit me K T Ps 120,1 (1b); Nr. 249 Unde veniet auxilium mihi ? t Ps 121,1 (1b); Nr. 253 In domum domini laetantes ibimus Bk T Ps 122,1.3 (1b+3a); Nr. 257 Qui habitas in caelis miserere nobis ! T Ps 125,1 (1b); Nr. 264 Facti sumus sicut consolati Bk T Ps 131,1 (1b); Nr. 276 Et omnis mansuetudinis ejus A/ - - Ps 132,1 (1b); Nr. 278 Habitare fratres in unum A/ - T Ps 135,1 (1b); Nr. 282 Quoniam in saeculum misericordia ejus A T/ r Ps 137,1 (1b); Nr. 284 In conspectu angelorum psallam tibi deus meus Bk T Ps 139,2 (1b); Nr. 286 A viro iniquo libera me domine K T Ps 140,1 (1b); Nr. 288 Intende voci orationis meae K T Ps 141,2 (1b); Nr. 289 Voce mea ad deum deprecatus sum K T Ps 142,1 (1b); Nr. 292 In veritate tua exaudi me domine ! T Ps 144,1 (1b); Nr. 295 In aeternum et in saeculum saeculi A/ - T/ r Ps 145,2 (1b); Nr. 300 Laudabo deum meum in vita mea L T Ps 145,2 (1b); Nr. 301 Psallam deo meo quamdiu ero L T Ps 146,1 (1b); Nr. 303 Deo nostro jocunda sit laudatio L T Ps 148,1 (1b); Nr. 310 In excelsis laudate deum L T Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 239 <?page no="240"?> 3.2.2.2 Zur thematischen Verbindung von Antiphon und Psalm Antiphonen, die als Aussagesatz formuliert sind (A) • Antiphonen in Form eines vollständigen Satzes - Auribus percipite qui habitatis orbem (Ps 48,1 [1b]; Nr. 99) fordert die Bewohner des Erdkreises auf etwas zu hören. Dass es in Psalm 48 darum geht, sich der Vergänglichkeit des Menschen zu erinnern, gibt der erste Vers noch nicht preis. Dennoch ist der Satz vollständig und kann in sich verstanden werden. - In israel magnum nomen ejus (Ps 75,2 [1b]; Nr. 152) preist den Namen Gottes, der allerdings in der Antiphon nicht explizit benannt wird. In Zusammenhang mit dem Gesamtpsalm, Psalm 75, erfährt man, dass Gott dort als Weltenrichter besungen wird. - Domus jacob de populo barbaro (Ps 113,1 [1b]; Nr. 205) lässt vermuten, der Psalm besänge Jakobs Haus mit fremder Sprache. Losgelöst vom Kontext des Psalms, der ein Lobpreis auf die Befreiung Israels darstellt, würde die Antiphon den Sänger auf eine inhaltlich falsche Spur setzen. • Antiphonen, die Bruchstück eines Hauptsatzes oder reiner Nebensatz sind und nur im Kontext des Gesamtpsalms einen Sinn ergeben - Ut non delinquam in lingua mea (Ps 38,2 [1b]; Nr. 91) formuliert im Nebensatz, dass der Beter nicht mit seiner Zunge sündigen möge, und greift damit die Thematik des Psalms auf, die von der Not des vergänglichen und immer wieder zur Schuld neigenden Menschen spricht. - Quia mirabilia fecit dominus (Ps 97,1 [1b]; Nr. 175) weist darauf hin, dass Gott Wunderbares vollbracht hat, und deutet damit die Gesamtthematik des Psalms 97 an, der ein neues Lied auf Gott als Retter und Richter anstimmt. - In mandatis ejus volet nimis (Ps 111,1 [1b]; Nr. 199) ist streng genommen kein Satz, da reiner Nebensatz, und betont lediglich, dass sich jemand außerordentlich an „ seinen “ Geboten freut. Es bleibt offen, auf wen sich das Pronomen bezieht. Psalm 111 spricht vom Segen der Gottesfurcht. - Et omnis mansuetudinis ejus (Ps 131,1 [1b]; Nr. 276). Psalm 131 erinnert an Davids und Zions Erwählung. Die Antiphon dazu kann nicht darauf hinweisen, da sie in sich selbst keinen vollständigen Sinn ergibt. - Habitare fratres in unum (Ps 132,1 [1b]; Nr. 278) gibt einen Hinweis auf den Inhalt des Psalms, der die brüderliche Eintracht besingt. Grammatikalisch ist die Antiphon jedoch reiner Nebensatz und von daher nur im Verbund mit dem Gesamtspalm zu betrachten. - Quoniam in saeculum misericordia ejus (Ps 135,1 [1b]; Nr. 282) hat die die ewige Huld Gottes, die im Psalm besungen wird, im Blick, ohne den die Antiphon jedoch nicht verständlich wäre. - In aeternum et in saeculum saeculi (Ps 144,1 [1b]; Nr. 295). Psalm 144 preist die Größe und Güte Gottes - auf immer und ewig. Zweites besingt die Antiphon zwar, teilt jedoch nicht mit, was in Ewigkeit getan werden soll. 240 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="241"?> Antiphonen, die ein Bekenntnis gegenüber Gott ablegen (Bk) Mehr als ein Drittel der Antiphonen, deren Text aus Hv 1b des dazugehörenden Psalms stammt, sind in Form eines Bekenntnisses formuliert. Sie entsprechen dem inhaltlichen Duktus des Gesamtpsalms. Dennoch dürften sie nicht aufgrund ihres Bekenntnischarakters, sondern wegen ihrer Position im Psalm zu Antiphonen erhoben worden sein. Zu auffallend ist der großen Anzahl wegen die Wahl aus Hv 1b. • Opera manuum ejus annuntiat firmamentum (Ps 18,2 [1b]; Nr. 53) besagt, dass das Firmament die Werke Gottes verkündet. Der dazugehörende Psalm 18 ist ein Schöpfungslob sowie ein Lob der Gesetze Gottes. • Dominus defensor vitae meae (Ps 26,1 [1b]; Nr. 77) bekundet, dass Gott die Lebenskraft des Beters ist; Psalm 26 besingt das Leben in Gemeinschaft mit Gott. • Adjutor in tribulationibus (Ps 45,2 [1b]; Nr. 97) spricht von einem Helfer in Nöten; Psalm 45 handelt von Gott, der den Betern eine Burg ist. • Quoniam in te confidit anima mea (Ps 56,1 [1b]; Nr. 119) ist reiner Nebensatz, kann aber dennoch auch losgelöst vom Kontext des Psalms verstanden werden. In der Antiphon bestätigt der Beter, dass seine Seele auf Gott vertraut; Psalm 56 besingt die Geborgenheit im Schutz Gottes. • Sitivit in te anima mea deus meus (Ps 62,2 [1bc]; Nr. 125) drückt die Sehnsucht der Seele nach Gott aus; Psalm 62 besingt eben dieses Sehnen. • Ad te de luce vigilo deus (Ps 62,2 [1b]; Nr. 126) entfaltet einen weiteren Aspekt der Sehnsucht nach Gott, indem der Beter äußert, dass er seit Morgengrauen zu Gott hin wacht. • Et invocabimus nomen tuum domine (Ps 74,2 [1b]; Nr. 151) besingt Gottes Namen; Psalm 74 entfaltet, dass Gott ein gerechter Richter sei. • Vox mea ad deum et intendit mihi (Ps 76,2 [1b]; Nr. 153) spricht davon, dass der Beter so lange nach Gott ruft, bis er ihn hört; Psalm 76 bringt zum Ausdruck, dass Gott den Weg mit seinem Volk mitgeht. • Psallam et intellegam in via inmaculata (Ps 100,2 [1b]; Nr. 181) äußert, dass der Beter Gott auf bewährtem Weg singen und einsichtig handeln will; Psalm 100 lobt die guten Vorsätze des Königs. • In domum domini laetantes ibimus (Ps 121,1 [1b]; Nr. 253) benennt das freudige Begehen des Hauses Gottes; Psalm 121 ist ein Lied zur Wallfahrt nach Jerusalem. • Facti sumus sicut consolati (Ps 125,1 [1b]; Nr. 264) spricht an, dass alle wie Träumende waren. Den Grund dafür nennt bereits die erste Hälfte des Verses: Gott wendete das Los der Gefangenschaft Zions. Psalm 125 hat Tränen und Jubel anlässlich der Befreiung Zions im Blick. • In conspectu angelorum psallam tibi deus meus (Ps 137,1 [1b]; Nr. 284) weist darauf hin, dass der Beter im Angesicht der Engel Gott singen möchte; Psalm 137 bejubelt und dankt für Gottes Hilfe. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 241 <?page no="242"?> Antiphonen, die eine Bitte beinhalten (! ) • In te speravi salvum me fac domine (Ps 7,2 [1b]; Nr. 11) äußert die Bitte eines Hoffenden, dass Gott ihn heil mache; Psalm 7 ist ein Gebet in Verfolgung. • Juste judicate filii hominum (Ps 57,2 [1b]; Nr. 120) ermahnt dazu gerecht zu richten; Psalm 57 verkündet Gott als Richter, der diesem Anspruch genügt. • Illumina domine vultum tuum super nos (deus deus meus) (Ps 66,2 [1b]; Nr. 139) bittet Gott darum, dass er sein Angesicht über den Betern leuchten lasse; Psalm 66 bittet um den Segen Gottes und fordert gleichzeitig zum Dank gegenüber dessen Walten auf. • Inclinate aurem vestram in verba oris mei (Ps 77,1 [1b]; Nr. 157) ermahnt den Hörer auf Gottes Wort zu hören; Psalm 77 erzählt aus der Geschichte Israels als Mahnung und Warnung. • Sede a dextris meis (Ps 109,1 [1b]; Nr. 193) äußert, dass jemand gesagt habe, er solle zu seiner Rechten sitzen. Dass hier Gott zu seinem Knecht, dem König, spricht, geht aus der Antiphon nicht hervor; Psalm 109 besingt die Einsetzung priesterlicher Könige auf dem Berg Zion. • Qui habitas in caelis miserere nobis (Ps 122,1.3 [1b+3a]; Nr. 257) fordert Gott dazu auf, er möge sich derer erbarmen, die sich an ihn wenden; in Psalm 122 schauen die Betenden zu Gott auf, damit er ihnen gnädig sei. • In veritate tua exaudi me domine (Ps 142,1 [1b]; Nr. 292) ist ein Gebet um Gehör und Gerechtigkeit; Psalm 142 entfaltet Flehrufe in Lebensgefahr. Antiphonen, die eine Frage stellen (? ) • Unde veniet auxilium mihi (Ps 120,1 [1b]; Nr. 249) stellt die Frage, woher der Betende Hilfe bekommt; Psalm 120 beantwortet diese Frage in den folgenden Versen und verweist auf den Wächter Israels. Antiphonen, die als Klage formuliert sind (K) Auch die in diese Subkategorie eingeteilten Antiphonen führen in einen Hauptaspekt der Thematik des dazu gehörenden Psalms ein: • Intellege clamorem meum domine (Ps 5,2 [1b]; Nr. 8) hat das Schreien des Beters um Gottes Gehör im Blick; Psalm 5 ist ein Gebet zum Morgenopfer, das den Schutz des Höchsten erfleht. • Quam diminutae sunt veritates a filiis hominum (Ps 11,2 [1b]; Nr. 19) beklagt die Treulosigkeit unter den Menschen; Ps 11 stellt der Falschheit der Menschen die Treue Gottes gegenüber. • Exaudi domine deprecationem meam (Ps 16,1 [1b]; Nr. 35) drängt Gott dazu, das Beten des Beters zu erhören; Psalm 16 ist das Gebet eines Verfolgten. • In tua justitia libera me domine (Ps 30,2 [1b]; Nr. 81) beruft sich auf Gottes Gerechtigkeit, im Namen derer Gott ihn befreien möge; Psalm 30 preist Gott, die sichere Zuflucht. 242 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="243"?> • Expugna impugnantes me (Ps 34,1 [1b]; Nr. 85) appeliert an Gott, er möge jene Menschen bekämpfen, die den Beter bekämpfen; Psalm 34 erfleht die Rettung vor falschen Anklägern. • Ne in ira tua arguas me domine (Ps 37,2 [1b]; Nr. 90) erbittet von Gott, er möge den Beter nicht in seinem Zorn strafen; In Psalm 37 beklagt ein Kranker bei Gott um Hilfe suchend seine Not. • Dele domine deus iniquitatem meam (Ps 50,3 [1b]; Nr. 102) ersucht bei Gott, dass dieser die Frevel des Beters tilgen möge; Psalm 50 beinhaltet Bitten um Vergebung und Neuschaffung. • A timore inimici eripe domine animam meam (Ps 63,2 [1b]; Nr. 133) fleht darum, dass Gott den Beter vor dem Schrecken des Feindes bewaren möge; Psalm 63 thematisiert die Bitte um Schutz vor den Feinden. • Clamor meus ad te perveniat (Ps 101,2 [1b]; Nr. 182) ist der Schrei eines Menschen, der hofft, sein Beten werde zu Gott vordringen; Psalm 101 handelt von einem unglücklichen Menschen, der sich im Gebet Hilfe verspricht. • Clamavi et exaudivit me (Ps 119,1 [1b]; Nr. 247) weist darauf hin, dass Gott das Schreien des Beters erhört habe; Psalm 119 wendet sich ebenfalls an Gott, der gegen die Verleumder vorgehen möge. • A viro iniquo libera me domine (Ps 139,2 [1b]; Nr. 286) ist ein Hilferuf zu Gott, dass er den Beter vor ungerechten Menschen bewahre; Psalm 139 ist Gebet um Schutz vor hinterhältigen Menschen. • Intende voci orationis meae (Ps 140,1 [1b]; Nr. 288) erbittet von Gott, er möge auf die Stimme des Betenden hören; Psalm 140 ist ein Abendgebet in Verfolgungszeit. • Voce mea ad deum deprecatus sum (Ps 141,2 [1b]; Nr. 289) ist das Gebet eines Menschen, der seine Stimme erhebt, um bei Gott Zuflucht zu finden; Psalm 141 ist ein Hilferuf in schwerer Bedrängnis. Antiphonen, die Lobpreis bzw. Dank ausdrücken (L) Alle sechs hier vermerkten Antiphonen greifen die Thematik ihres Psalms auf, die das Lob Gottes ausdrücklich betont: • Rectos decet collaudatio (Ps 32,1 [1b]; Nr. 82) bringt zum Ausdruck, dass es sich für die Frommen ziemt, Gott zu loben; Psalm 32 ist ein Loblied auf den mächtigen und gnädigen Gott. • Cantabo et psalmum dicam (Ps 107,1 [1b]; Nr. 190) ist der Gesang eines Menschen vor Gott als Ausdruck der Freude; Psalm 107 spricht von der Hoffnung, gemeinsam mit Gott zu siegen. • Laudabo deum meum in vita mea (Ps 145,2 [1b]; Nr. 300) und Psallam deo meo quamdiu ero (Ps 145,2 [1b]; Nr. 301) äußern die Absicht eines Beters, Gott sein Leben lang zu preisen; Psalm 145 ist ein Preislied auf Gott, den Herrn und Helfer Israels. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 243 <?page no="244"?> • Deo nostro jocunda sit laudatio (Ps 146,1 [1b]; Nr. 303) weist darauf hin, dass dem Gott Israels Lob gebührt; Psalm 146 ist ein Lobgesang für Gott, den Retter Israels. • In excelsis laudate deum (Ps 148,1 [1b]; Nr. 310) fordert die Singenden auf, Gott im Himmel zu loben; Psalm 148 ist eine Danklitanei auf Gott, den Schöpfer und Herrn. Antiphonen, die im Psalm selbst als Responsum angelegt sind (r) Bei zwei Antiphonen ist die Wiederholung ihres Textes im Psalm selbst angelegt. Sie weisen damit auf responsoriale Praxis in alttestamentlicher Zeit hin. Das heißt freilich nicht, dass die uns überlieferten Antiphonen in jüdische Zeit vor Christi Geburt weisen: • In aeternum et in saeculum saeculi (Ps 144,1 [1b]; Nr. 295) wird im Psalm selbst in V 2b sowie in Svb wiederholt. • Quoniam in saeculum misericordia ejus (Ps 135,1 [1b]; Nr. 282) wird in jedem zweiten Halbvers des Psalms 135 wiederholt. 3.2.3 Antiphonen aus Psalmvers 1 3.2.3.1 Tabellarische Darstellung Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Thematik Ps 1,1 (1a+1b); Nr. 1 Beatus vir qui non abiit in consilio impiorum A T Ps 22,1.2 (1+2); Nr. 71 Dominus regit me et nihil mihi deerit in loco pascuae ibi me collocavit Bk T Ps 50,3 (1b+1a); Nr. 103 Secundum magnam misericordiam tuam miserere mei deus ! T Ps 66,2 (1a+1b); Nr. 138 Deus misereatur nostri et benedicat nobis illuminet vultum suum super nos et misereatur nostri ! Z Ps 72,1 (1a+1b); Nr. 146 Quam bonus israel deus his qui recto sunt corde Bk t Ps 87,2 (1a+1b); Nr. 166 Domine deus salutis meae in die clamavi et nocte coram te K T Ps 109,1 (1a+1b); Nr. 192 Dixit dominus domino meo: Sede a dextris meis ! T Ps 109,1 (1b+1a); Nr. 194 Sede a dextris meis dixit dominus domino meo ! T Ps 110,1.2 (1b+2a); Nr. 197 In consilio justorum et congregatione magna opera domini Bk T Ps 111,1 (1a+1b); Nr. 199 Beatus vir qui qui timet dominum in mandatis ejus volet nimis A T Ps 111,1 (1a+1b); Nr. 200 Qui timet dominum in mandatis ejus cupit nimis A T Ps 122,1 (1a+1b); Nr. 256 Ad te levavi oculos meos qui habitas in caelo Bk T Ps 122,1.3 (1b+3a); Nr. 257 Qui habitas in caelis miserere nobis ! T 244 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="245"?> 3.2.3.2 Zur thematischen Verbindung von Antiphon und Psalm Antiphonen, die als Aussagesatz formuliert sind (A) • Beatus vir qui non abiit in consilio impiorum (Ps 1,1 [1a+1b]; Nr. 1) preist den Mann glücklich, der nicht dem Rat der Frevler folgt; Psalm 1 stellt dem Menschen einen segensreichen und einen in den Abgrund führenden Weg vor Augen. • Beatus vir qui qui timet dominum in mandatis ejus volet nimis (Ps 111,1 [1a+1b]; Nr. 199) sowie Qui timet dominum in mandatis ejus cupit nimis (Ps 111,1 [1a+1b]; Nr. 200) preisen den glücklich, der gottesfürchtig ist; Psalm 111 besingt das Glück des Menschen, der Gott die Treue hält. Antiphonen, die ein Bekenntnis gegenüber Gott ablegen (Bk) • Dominus regit me et nihil mihi deerit in loco pascuae ibi me collocavit (Ps 22,1.2 [1+2]; Nr. 71) äußert das Vertrauen, dass Gott den Beter leitet; Psalm 22 bekennt Gott als Hirten des Beters • Quam bonus israel deus his qui recto sunt corde (Ps 72,1 [1a+1b]; Nr. 146) bekräftigt, wie gut der Gott Israels zu jenen ist, die aufrichtigen Herzens sind; Psalm 72 zeit auf, dass das Glück der Gottlosen nur scheinbar ist. • Domine deus salutis meae (Ps 87,2 [1a+1b]; Nr. 166) bekräftigt Gott als des Beters Heil, nach dem er Tag und Nacht schreit; Psalm 87 ist ein Klagepsalm eines Kranken und Einsamen. • In consilio justorum (Ps 110,1.2 [1b+2a]; Nr. 197) betont die großen Taten Gottes im Kreis der Frommen; Psalm 110 ist ein Danklied auf die Wundertaten des Herrn. Antiphonen, die eine Bitte beinhalten (! ) • Secundum magnam misericordiam tuam miserere mei deus (Ps 50,3 [1b+1a]; Nr. 103) appeliert an Gott, er möge sich des Beters erbarmen; Psalm 50 ist die Bitte eines Menschen um Vergebung und Neuschaffung. • Deus misereatur nostri et benedicat nobis illuminet vultum suum super nos et misereatur nostri (Ps 66,2 [1a+1b]; Nr. 138) weist darauf hin, dass Gott sich der Menschen erbarmt und sie segnet; Psalm 66 ist ein Dankpsalm für den Segen Gottes. • Dixit dominus domino meo: Sede a dextris meis (Ps 109,1 [1a+1b]; Nr. 192) und Sede a dextris meis dixit dominus domino meo (Ps 109, 1 [1b+1a]; Nr. 194) erinnern daran, dass Gott zum Herrn des Beters gesagt habe, er solle zu seiner Rechten sitzen; Psalm 109 besingt die Einsetzung priesterlicher Könige auf dem Berg Zion. • Ad te levavi oculos meos qui habitas in caelo (Ps 122,1 [1a+1b]; Nr. 256) und Qui habitas in caelis miserere nobis (Ps 122,1.3 [1b+3a]; Nr. 257) bezeugen, dass der Beter zu Gott im Himmel seine Augen erhebt; Psalm 122 besingt die Sehnsucht eines Beters nach Gottes Eingreifen. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 245 <?page no="246"?> 3.2.4 Antiphonen aus Psalmvers 2a 3.2.4.1 Tabellarische Darstellung Psalmvers; Nr. Antiphon Thematik Ps 17,3 (2a); Nr. 44 Dominus firmamentum meum et refugium meum Bk T Ps 50,4 (2a); Nr. 104 Amplius lava me domine ab injustitia mea ! T Ps 54,3 (2a); Nr. 116 Intende in me et exaudi me domine ! T Ps 87,3 (2a); Nr. 167 Intret oratio mea in conspectu tuo domine Bk t Ps 93,2 (2a); Nr. 174 Exaltare qui judicas terram ! T Ps 95,2 (2a); Nr. 176 Cantate domino et benedicite nomini ejus L T Ps 110,2 (2a); Nr. 196 Magna opera domini Bk T Ps 112,2 (2a); Nr. 202 Sit nomen domini benedictum in saecula L T Ps 113,2 (2a); Nr. 206 Facta est judaea sanctificatio ejus A T Ps 114,2 (2a); Nr. 211 Inclinavit dominus aurem suam mihi Bk T Ps 119,2 (2a); Nr. 248 Domine libera animam meam ! T Ps 120,2 (2a); Nr. 250 Auxilium meum a domino Bk T Ps 124,2 (2a); Nr. 262 Non commovebitur in aeternum qui habitat in jerusalem Bk t Ps 142,2 (2a); Nr. 293 Ne intres in judicio cum servo tuo domine ! T Ps 144,2 (2a); Nr. 296 Per singulos dies benedicam te domine benedictum in saecula L T Ps 148,2.1 (2a+1a); Nr. 311 Omnes angeli ejus laudate dominum de caelis L T 3.2.4.2 Zur thematischen Verbindung von Antiphon und Psalm Antiphonen, die als Aussagesatz formuliert sind (A) • Facta est judaea sanctificatio ejus (Ps 113,2 [2a]; Nr. 206) spricht davon, dass Juda Gottes Heiligtum wurde; Psalm 113 ist ein Lobpreis auf die Befreiung Israels. Antiphonen, die ein Bekenntnis gegenüber Gott ablegen (Bk) • Dominus firmamentum meum et refugium meum (Ps 17,3 [2a]; Nr. 44) konstatiert, dass Gott wie ein Fels und eine Zuflucht für den Beter sei; Psalm 17 ist ein Danklied des Königs für Rettung und Sieg. • Intret oratio mea in conspectu tuo domine (Ps 87,3 [2a]; Nr. 167) drückt die Bitte aus, dass das Gebet des Beters zu Gott vordringen möge; Psalm 87 ist Klage eines Kranken und einsamen Menschen. • Magna opera domini (Ps 110,2 [2a]; Nr. 196) besagt, dass die Werke des Herrn groß sind; Psalm 110 ist ein Danklied auf Gottes große Taten. • Inclinavit dominus aurem suam mihi (Ps 114,2 [2a]; Nr. 211) bestätigt, dass Gott einem Menschen sein Ohr zugeneigt hat; Psalm 114 besingt die Größe Gottes im Vergleich mit Göttern anderer Völker. • Auxilium meum a domino (Ps 120,2 [2a]; Nr. 250) bekräftit, dass die Hilfe des Beters von Gott kommt; Psalm 120 besingt Gott, den Wächter Israels. 246 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="247"?> • Non commovebitur in aeternum qui habitat in jerusalem (Ps 124,2 [2a]; Nr. 262) lässt vermuten, dass hier ein Beter besungen wird, der in Jerusalem wohnt und der in Ewigkeit nicht wanken wird; Psalm 124 klärt auf, dass Gott der Beschützer seines Volkes gepriesen wird, der sein Volk umgibt, wie Jerusalem von den sie umgebenden Bergen geschützt wird. Antiphonen, die eine Bitte beinhalten (! ) • Amplius lava me domine ab injustitia mea (Ps 50,4 [2a]; Nr. 104) erbittet von Gott, dass er einen Menschen von Ungerechtigkeit rein wasche; Psalm 50 ist Bitte um Vergebung und Neuschaffung. • Intende in me et exaudi me domine (Ps 54,3 [2a]; Nr. 116) erbittet von Gott, er möge den Beter erhören; Psalm 54 handelt von Klage und Vertrauen eines Alleingelassenen. • Exaltare qui judicas terram (Ps 93,2 [2a]; Nr. 174) ermahnt Gott, er möge sich erheben und die Erde richten; Psalm 93 preist Gott, den Anwalt der Gerechten. • Domine libera animam meam (Ps 119,2 [2a]; Nr. 248) drückt den Wunsch aus, Gott möge die Seele des Beters befreien; Psalm 119 ist ein Hilferuf gegen Verleumder. • Ne intres in judicio cum servo tuo domine (Ps 142,2 [2a]; Nr. 293) fleht zu Gott, er möge mit seinem Knecht nicht ins Gericht gehen; Psalm 142 ist ein Gebet um Kraft und Hilfe gegen Feinde. Antiphonen, die Lobpreis bzw. Dank ausdrücken (L) • Cantate domino et benedicite nomini ejus (Ps 95,2 [2a]; Nr. 176) regt dazu an, Gott ein Lied zu singen; Psalm 95 besingt Gott, den König und Richter aller Welt. • Sit nomen domini benedictum in saecula (Ps 112,2 [2a]; Nr. 202) äußert den Wunsch, dass der Name des Herrn in alle Ewigkeit gepriesen werde; Ps 112 ist ein Lobgesang auf den erhabenen Gott. • Per singulos dies benedicam te domine benedictum in saecula (Ps 144,2 [2a]; Nr. 296) spricht davon, dass der Beter Gott alle Tage seines Lebens bis in Ewigkeit preisen will; Psalm 144 ist ein Lobpreis der Größe und Güte Gottes. • Omnes angeli ejus laudate dominum de caelis (Ps 148,2.1 [2a+1a]; Nr. 311) ermuntert alle Engel, Gott zu loben; Psalm 148 gehört zu den klassischen Laudespsalmen, Psalmen 148 - 150. 3.2.5 Antiphonen aus Psalmvers 2b 3.2.5.1 Tabellarische Darstellung Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Thematik Ps 5,3 (2b); Nr. 9 Rex meus et deus meus Bk T Ps 113,2 (2b); Nr. 207 Israel potestas ejus dominus regnabit in eo A T Ps 28,2 (2b); Nr. 79 Adorate dominum in aula sancta ejus ! T Ps 73,2 (2b); Nr. 150 Liberasti virgam haereditatis tua Bk t Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 247 <?page no="248"?> Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Thematik Ps 124,2 (2b); Nr. 261 Et dominus in circuitu populi sui Bk T Ps 147,13 (2b); Nr. 307 Benedixit filiis tuis in te Bk T 3.2.5.2 Zur thematischen Verbindung von Antiphon und Psalm Antiphonen, die als Aussagesatz formuliert sind (A) • Israel potestas ejus dominus regnabit in eo (Ps 113,2 [2b]; Nr. 207) spricht davon, dass Israel Herrschaftsgebiet Gottes sei; Psalm 113 ist ein Lobpreis auf die Befeiung Israels. Antiphonen, die ein Bekenntnis gegenüber Gott ablegen (Bk) • Rex meus et deus meus (Ps 5,3 [2b]; Nr. 9) bekräftigt Gott als König des Beters; Psalm 5 ist ein Gesang zum Morgenopfer, ein Gebet um Leitung und Bewahrung. • Liberasti virgam haereditatis tua (Ps 73,2 [2b]; Nr. 150) erinnert Gott daran, dass er den Stamm seines Erbes befreit habe; Psalm 73 ist ein Klagelied über die Verwüstung des Heiligtums, das dennoch Vertrauen Gott gegenüber zum Ausdruck bringt. • Et dominus in circuitu populi sui (Ps 124,2 [2b]; Nr. 261) besingt, dass Gott sein Volk schützend umgibt; Psalm 124 besingt Gott als den Hüter seines Volkes. • Benedixit filiis tuis in te (Ps 147,13 [2b]; Nr. 307) gibt darüber Auskunft, dass Gott die Kinder in „ deiner Mitte “ gesegnet habe; Psalm 147 ist ein Appell an Jerusalem, ein Danklied für Gottes Güte zu singen. Antiphonen, die eine Bitte beinhalten (! ) • Adorate dominum (Ps 28,2 [2b]; Nr. 79) regt dazu an, Gott in seinem Heiligtum anzubeten; Psalm 28 ist ein Lobpreis auf Gottes Herrlichkeit. 3.2.6 Antiphonen aus Psalmvers 2 3.2.6.1 Tabellarische Darstellung Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Thematik Ps 15,2 (2b+1b+1a); Nr. 30 Bonorum meorum non indiges in te speravi conserva me domine Bk T Ps 17,3 (2b+2a); Nr. 45 Liberator meus dominus firmamentum meum et refugium meum Bk T Ps 24,2 (2); Nr. 72 Deus meus es tu in te confido non erubescam Bk T Ps 33,3 (2); Nr. 84 In domino laudabitur anima mea audiant mansueti et laetentur L T 248 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="249"?> 3.2.6.2 Zur thematischen Verbindung von Antiphon und Psalm Antiphonen, die ein Bekenntnis gegenüber Gott ablegen (Bk) • Bonorum meorum non indiges in te speravi conserva me domine (Ps 15,2 [2b+1b +1a]; Nr. 30) bringt zum Ausdruck, dass Gott das ganze Glück des Beters sei, auf den er alle Hoffnung setze. Er bittet um Rettung; Psalm 15 besingt Gott, den Anwalt seiner Getreuen. • Liberator meus dominus firmamentum meum et refugium meum (Ps 17,3 [2b+2a]; Nr. 45), bekräftigt, dass Gott Befreier des Beters sei, zugleich Fels und Zuflucht; Psalm 17 ist ein Danklied des Königs für seine Rettung. • Deus meus es tu in te confido non erubescam (Ps 24,2 [2]; Nr. 72) konstatiert, dass Gott derjenige sei, auf den der Beter vertraue und er doch nicht zuschanden kommen möge; Psalm 24 ist eine Bitte um Vergebung und gleichzeitig eine Bitte um Leitung in Verbindung mit Gottes Wahrheit. Antiphonen, die Lobpreis bzw. Dank ausdrücken (L) • In domino laudabitur anima mea audiant mansueti et laetentur (Ps 33,3 [2]; Nr. 84) gibt davon Ausdruck, dass die Seele des Beters Gott lobt und Arme dies hören sowie sich daran freuen sollen; Psalm 33 ist ein Lied, das daran erinnert, dass alle unter Gottes Schutz stehen und niemand zu verzweifeln braucht. 3.2.7 Antiphonen aus der Mitte des Psalms 3.2.7.1 Tabellarische Darstellung Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Thematik Ps 7,12 (11); Nr. 12 Juste deus judex fortis patiensque benigne in te sperantes muni miserando fideles Bk t Ps 7,12 (11); Nr. 13 Deus judex justus fortis elonga nimis numquid irascitur per singulos dies Bk t Ps 9,20 (19a); Nr. 16/ Nr. 17 Exsurge domine non preavaleat homo Bk T Ps 9,20 (19a); Nr. 18 Exsurge domine ut non preavaleat homo Bk T Ps 11,8 (7); Nr. 20 Tu domine servabis nos et custodies nos in aeternum Bk t Ps 12,4 (4a); Nr. 24 Respice et exaudi me K t Ps 12,4 (4); Nr. 25 Respice et exaudi me domine deus meus K t Ps 12,4 (4); Nr. 26 Respice et exaudi me domine deus meus illumina oculos meos K t Ps 12,4 (4b); Nr. 27 Illumina oculos meos domine ! t Ps 15,7 (7); Nr. 31 Benedicam dominum qui mihi tribuit intellectum Bk t Ps 16,6 (6a); Nr. 36 Ego clamavi quoniam exaudisti me Bk T Ps 16,6 (6b); Nr. 37 Inclina aurem tuam domine et exaudi nos qui salvos facis sperantes in te K T Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 249 <?page no="250"?> Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Thematik Ps 16,6 (6b); Nr. 38 Inclina domine aurem tuam mihi et exaudi verba mea K T Ps 17,18 (17); Nr. 46 Eripe me deus meus de inimicis meis fortissimus K T Ps 17,28 (27); Nr. 47 Tu populum humilem salvasti ab hoste redemptus atque superba tuo colla premens iaculo Bk T Ps 17,29 (29a); Nr. 48 Quoniam tu illumines lucernam meam domine Bk t Ps 17,47 (46a); Nr. 49 Vivit dominus et benedictus deus salutis meae L T Ps 18,4 (3); Nr. 54 Non sunt loquelae neque sermones quorum non audiantur voces eorum A - Ps 18,6 (5); Nr. 55 Sponsus ut e thalamo processit christus in orbe descendens caelo jure salutifero Bk t Ps 19,7 (6a); Nr. 62 Impleat dominus omnes petitiones tuas A T Ps 24,15 (15a); Nr. 73 Oculi mei semper ad dominum Bk T Ps 24,15 (15); Nr. 74 Oculi mei semper ad dominum quoniam ipse evellet de laqueo pedes meos Bk T Ps 24,16 (16); Nr. 75 Respice in me et miserere mei quia unicus et pauper sum ego K T Ps 28,10 (10b); Nr. 80 Sedebit dominus rex in aeternum Bk T Ps 32,3 (3b); Nr. 83 Bene psallite domino in jubliatione L T Ps 34,9 (9); Nr. 86 Anima mea exsultabit in domino et delectabitur in salutari suo L t Ps 35,6 (5a); Nr. 87 Domine in caelo misericordia tua Bk T Ps 36,3 (3a); Nr. 88 Spera in domino et fac bonitatem ! T Ps 36,5 (5a); Nr. 89 Revela domino viam tuam ! T Ps 39,5 (5a); Nr. 92 Beatus vir cujus est nomen domini spes ejus L T Ps 40,5 (4a); Nr. 93 Ego dixi domine miserere mei ! T Ps 40,5 (4b); Nr. 94 Sana domine animam meam quia peccavi tibi ! T Ps 50,6.3 (4a+1a); Nr. 105 Tibi soli peccavi domine miserere mei ! T Ps 50,11 (8a); Nr. 106 Averte faciem tuam a peccatis meis domine ! T Ps 50,12 (9a); Nr. 107 Cor mundum crea in me deus ! T Ps 50,12 (9b); Nr. 108 Spiritum rectum domine innova in visceribus meis ! T Ps 50,14 (11a); Nr. 109 Redde mihi laetitiam salutaris tui domine ! T Ps 50,14 (11b); Nr. 110 Spiritu principali confirma cor meum deus ! T Ps 50,19 (16a); Nr. 111 Sacrificium deo spiritus contribulatus A T Ps 50,20 (17a); Nr. 112 Benigne fac in bona voluntate tua domine ! T Ps 53,4 (4); Nr. 114 Deus exaudi orationem meam auribus percipe verba oris mei K T Ps 53,4 (4a); Nr. 115 Domine exaudi preces servorum tuorum K T Ps 55,9 (8a); Nr. 117 Deus vita mea nuntiavi tibi Bk T Ps 59,13 (10a); Nr. 122 Da nobis domine auxilium de tribulatione K T 250 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="251"?> Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Thematik Ps 62,4.5 (3b+4a); Nr. 127 Labia mea laudabunt te in vita mea deus meus L T Ps 62,5 (4b); Nr. 128 In nomine tuo domine levabo manus meas Bk T Ps 62,5.3 (4b+2); Nr. 129 Benedicam te domine in vita mea ut videam virtutem tuam et gloriam tuam L T Ps 62,7 (6b); Nr. 130 In matutinis domine meditabor in te Bk T Ps 62,7; Nr. 131 In matutinis domine meditabor in te quia factus es adjutor meus Bk T Ps 62,8 (7a); Nr. 132 Factus es adjutor meus deus meus Bk T Ps 65, 8 (8a); Nr. 135 Benedicite gentes deum nostrum L T Ps 67,27 (26b); Nr. 141 In ecclesiis benedicite domino L T Ps 68,33 (32b); Nr. 142 Quaerite dominum et vivet anima vestra ! - Ps 70,3 (3a); Nr. 144 Esto mihi domine in deum protectorem ! T Ps 72,24 (24a); Nr. 147 Tenuisti domine manum dexteram meam Bk t Ps 76,6 (5); Nr. 154 Cogitavi dies antiquos et annos eternos in mente habui Bk t Ps 76,15 (14); Nr. 155 Tu es deus qui facis mirabilia A T Ps 78,9 (9b); Nr. 159 Propitius esto peccatis nostris domine K T Ps 78,9 (9cd); Nr. 160 Propter nomen tuum propitius esto peccatis nostris domine K T Ps 103,24 (24a); Nr. 184 Quam magnificata sunt opera tua domine L T Ps 104,3 (3b); Nr. 185 Laetetur cor quaerentium dominum Bk T Ps 105,4 (4b); Nr. 186 Visita nos domine in salutari tuo ! T Ps 106,6 (6b); Nr. 187 De necessitatibus nostris libera nos domine K T Ps 108,30 (29a); Nr. 191 Confitebor domino nimis in ore meo Bk - Ps 110,8 (7a); Nr. 198 Fidelia omnia mandata ejus confirmata in saeculum saeculi A T Ps 112,3 (3); Nr. 203 A solis ortu et occasu sit nomen domini benedictum L T Ps 112,4 (4a); Nr. 204 Excelsus super omnes gentes dominus A T Ps 113,9 (9b); Nr. 208 Nomini tuo domine da gloria ! T Ps 118,4 (4a); Nr. 218 Tu mandasti domine mandata tua custodire nimis Bk T Ps 118,12 (12); Nr. 219 Benedictus es domine doce me justificationem tuam L T Ps 118,35 (35a); Nr. 220 Deduc me domine in semitam mandatorum tuorum ! T Ps 118,36 (36); Nr. 221 Inclina cor meum deus in testimonia tua ! T Ps 118,66 (66); Nr. 222 Tuam disciplinam doce me domine in lege tua ! T Ps 118,77 (77a); Nr. 223 Veniant mihi domine miserationes tuae et vivam Bk T Ps 118,81 (81); Nr. 224 In verbum tuum supersperavi domine Bk T Ps 118,89 (89); Nr. 225 In aeternum domine verbum tuum permanet in caelo Bk T Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 251 <?page no="252"?> Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Thematik Ps 118,89.90 (89b+90a); Nr. 226 In caelo et in saeculum saeculi veritas tua Bk T Ps 118,107 (107); Nr. 227 Domine vivifica me secundum verbum tuum ! T Ps 118,116 (116); Nr. 228 Non confundas me domine ab exspectatione mea K t Ps 118,117 (117); Nr. 229 Adjuva me et salvus ero domine ! t Ps 118,132 (132a); Nr. 230 Aspice in me et miserere mei domine ! T Ps 118,132; Nr. 231 Aspice in me domine et miserere mei secundum judicium tuum domine deus ! T Ps 118,137 (137); Nr. 232 Justus es domine et rectum judicium tuum Bk T Ps 118,153 (153a); Nr. 233 Vide humilitatem meam domine et eripe me ! t Ps 118,169 (169b); Nr. 234 Juxta eloquium tuum da mihi intellectum domine ! T Ps 118,173 (173a); Nr. 235 Fiat manus tua domine ut salvum me facias quia mandata tua concupivi Bk T Ps 121,7 (7a); Nr. 254 Fiat pax in virtute tua ! T Ps 121,7 (7); Nr. 255 Fiat pax domine in virtute tua et habundantia in turribus tuis ! T Ps 122,3 (3a); Nr. 258 Miserere nostri domine miserere nostri ! T Ps 122,3 (3a); Nr. 259 Miserere nobis domine miserere nobis ! T Ps 124,4 (4a); Nr. 263 Benefac domine bonis et rectis corde ! T Ps 125,4 (4); Nr. 265 Converte domine captivitatem nostram sicut torrens in austro K T Ps 127,5 (5a); Nr. 270 Benedicat tibi dominus ex sion et videas bona jerusalem ! T Ps 134,6 (6a); Nr. 280 Omnia quaecumque voluit dominus fecit A T Ps 136,3 (3b); Nr. 283 Hymnum cantate nobis de canticis sion ! - Ps 141,6 (5b); Nr. 290 Portio mea domine est in terra viventium A - Ps 144,13 (13a); Nr. 297 Regnum tuum domine regnum omnium saeculorum A T Ps 144,20 (20a); Nr. 298 Custodit dominus omnes diligentes se Bk T Ps 146,11 (4a); Nr. 305 Beneplacitum est domino in eis qui sperant in eum Bk T Ps 147,18 (6b); Nr. 308 Flavit spiritus ejus et fluent aquae A T Ps 148,3 (3a); Nr. 312 Sol et luna laudate deum L T Ps 148,3 (3b); Nr. 313 Omnes stellae et lumen laudate deum L T Ps 148,4 (4a); Nr. 314 Caeli caelorum laudate deum L T Ps 148,11 (11); Nr. 315 Reges terrae et omnes populi laudate deum L T Ps 150,3.4 (3.4); Nr. 318 In psalterio et citera in tympano et choro in cordis et organo laudate deum L T Ps 150,4 (4); Nr. 319 In tympano et choro in chordis et organo laudate deum L T Ps 150,5 (5a); Nr. 320 In cymbalis benesonantibus laudate dominum L T 252 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="253"?> 3.2.7.2 Zur thematischen Verbindung von Antiphon und Psalm Antiphonen, die als Aussagesatz formuliert sind (A) • Non sunt loquelae neque sermones quorum non audiantur voces eorum (Ps 18,4 [3]; Nr. 54) besagt, dass (Tag und Nacht) ohne Worte und Reden sind und man deren Stimmen nicht hört; Psalm 18 besingt das Lob der Schöpfung und des Gesetzes. • Impleat dominus omnes petitiones tuas (Ps 19,7 [6a]; Nr. 62) erinnert daran, dass Gott alle Bitten des Angesprochenen erfüllt; Psalm 19 ist ein Gebet des Volkes für seinen König. • Sacrificium deo spiritus contribulatus (Ps 50,19 [16a]; Nr. 111) deutet darauf hin, dass für Gott ein reuevoller Geist wie ein Opfer sei; Ps 50 äußert die Bitte um Bergebung und Neuschaffung. • Tu es deus qui facis mirabilia (Ps 76,15 [14]; Nr. 155) spricht davon, dass Gott es sei, der Wunder tut; Psalm 76 erinnert an Gottes Trost in Nöten und seinen Weg mit seinem Volk. • Fidelia omnia mandata ejus confirmata in saeculum saeculi (Ps 110,8 [7a]; Nr. 198) zeigt auf, dass alle Werke (Gottes) gut sind und ewig Bestand haben; Psalm 110 ist ein Loblied auf die Wundertaten Gottes. • Excelsus super omnes gentes dominus (Ps 112,4 [4a]; Nr. 204) stellt fest, dass der Herr über alle Völker erhaben sei; Psalm 112 ist ein Preislied auf Gottes Hoheit und Huld. • Omnia quaecumque voluit dominus fecit (Ps 134,6 [6a]; Nr. 280) besagt, dass alles, was Gott wollte, er auch getan hat; Psalm 134 ist ein Loblied auf Gottes Wirken in Schöpfung und Geschichte. • Portio mea domine est in terra viventium (Ps 141,6 [5b]; Nr. 290) weist darauf hin, dass Gott der Anteil des Betenden im Land der Lebenden sei; Psalm 141 ist ein Hilferuf in starker Bedrängnis. • Regnum tuum domine regnum omnium saeculorum (Ps 144,13 [13a]; Nr. 297) bestätigt vor Gott, dass sein Reich in Ewigkeit bestand hat; Psalm 144 ist ein Lobpreis auf die Größe und Güte Gottes. • Flavit spiritus ejus et fluent aquae (Ps 147,18 [6b]; Nr. 308) spricht aus, dass dort wo (Gottes) Geist ist, Wasser fließen; Psalm 147 ist ein Dankgebet für Gottes Güte. Antiphonen, die ein Bekenntnis gegenüber Gott ablegen (Bk) • Juste deus judex fortis patiensque benigne in te sperantes muni miserando fideles (Ps 7,12 [11]; Nr. 12) und Deus judex justus fortis elonga nimis numquid irascitur per singulos dies (Ps 7,12 [11]; Nr. 13) bekennen einen gerechten, geduldigen Gott, durch dessen Erbarmen geschützt zu werden die Beter hoffen; Psalm 7 hofft auf Gott als gerechten Richter in Anbetracht von Verfolgung. • Exsurge domine non preavaleat homo (Ps 9,20 [19a]; Nr. 16/ Nr. 17) und Exsurge domine ut non preavaleat homo (Ps 9,20 [19a]; Nr. 18) appelieren an Gott, er möge Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 253 <?page no="254"?> sich erheben, damit üble Menschen nicht die Oberhand gewinnen; Psalm 9 handelt von Gott, dem Retter der Armen und Bedrängten. • Tu domine servabis nos et custodies nos in aeternum (Ps 11,8 [7]; Nr. 20) stellt fest, dass Gott die Menschen in Ewigkeit retten und beschützen wird; Psalm 11 stellt der Falschheit der Menschen die Treue Gottes gegenüber. • Benedicam dominum qui mihi tribuit intellectum (Ps 15,7 [7]; Nr. 31) preist Gott, der den Betenden beraten hat; Psalm 15 zeigt auf, dass die Gott gegenüber Getreuen, bei ihm Zuflucht finden. • Ego clamavi quoniam exaudisti me (Ps 16,6 [6a]; Nr. 36) benennt, dass der Betende zu Gott ruft, da er ihn erhört; Psalm 16 ist das Gebet eines Verfolgten. • Tu populum humilem salvasti ab hoste redemptus atque superba tuo colla premens iaculo (Ps 17,28 [27]; Nr. 47) spricht das Vertrauen aus, dass Gott sein erniedrigtes Volk vor den Feinden bewahren wird, indem er ihre hochmütigen Nacken mit seinem Wurfspieß unterdrückt; Quoniam tu illumines lucernam meam domine (Ps 17,29 [29a]; Nr. 48) exponiert den Gedanken, dass Gott die Leuchte des Betenden erleuchtet. Psalm 17 ist ein Danklied des Königs für Rettung und Sieg. • Sponsus ut e thalamo processit christus in orbe descendens caelo jure salutifero (Ps 18,6 [5]; Nr. 55) vergleicht Christus, der nach heilbringendem Recht aus dem Himmel in die Welt herabsteigt, mit einem Bräutigam, der aus seinem Brautgemach tritt; Psalm 18 ist ein Lob der Schöpfung und des Gesetzes. • Oculi mei semper ad dominum (Ps 24,15 [15a]; Nr. 73) und Oculi mei semper ad dominum quoniam ipse evellet de laqueo pedes meos (Ps 24,15 [15]; Nr. 74) versichern, dass die Augen des Beters immer auf Gott gerichtet seien; Psalm 24 entfaltet die Bitte um Vergebung und Leitung. • Sedebit dominus rex in aeternum (Ps 28,10 [10b]; Nr. 80) nennt Gott einen König in Ewigkeit; Psalm 28 rühmt Gottes Stärke und Schutz. • Domine in caelo misericordia tua (Ps 35,6 [5a]; Nr. 87) gibt davon Ausdruck, dass das Erbarmen Gottes ewig sei; Psalm 35 besingt Gott, die Quelle des Lebens. • Deus vita mea nuntiavi tibi (Ps 55,9 [8a]; Nr. 117) spricht davon, dass das Leben des Beters bei Gott aufgezeichnet sei; Psalm 55 ist ein Vertrauensbekenntnis eines Angefeindeten. • In nomine tuo (Ps 62,5 [4b]; Nr. 128) erzählt davon, dass der Betende zu Gott seine Hände erhebt; In matutinis domine meditabor in te (Ps 62,7 [6b]; Nr. 130) und In matutinis domine meditabor in te quia factus es adjutor meus zeigen die Dringlichkeit des Wunsches nach der Nähe Gottes auf, die schon bei Morgengrauen ersehnt wird; Factus es adjutor meus deus meus (Ps 62,8 [7a]; Nr. 132) konstatiert, dass Gott dem Betenden ein Helfer geworden sei; Psalm 62 drückt die Sehnsucht eines Betenden nach Gott aus. • Tenuisti domine manum dexteram meam (Ps 72,24 [24a]; Nr. 147) besagt, Gott habe die rechte Hand des Beters genommen; Psalm 72 hat das scheinbare Glück der Frevler im Blick, jedoch viel mehr das Glück dessen, der auf Gott vertraut. 254 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="255"?> • Cogitavi dies antiquos et annos eternos in mente habui (Ps 76,6 [5]; Nr. 154) gibt darüber Auskunft, dass der Betende über vergangene Tage nachdenkt; Psalm 76 betrachtet Gottes Weg mit seinem Volk. • Laetetur cor quaerentium dominum (Ps 104,3 [3b]; Nr. 185) drückt aus, dass sich das Herz der Gott Suchenden freut; Psalm 104 ist ein Loblied auf den Herrn der Geschichte. • Confitebor domino nimis in ore meo (Ps 108,30 [29a]; Nr. 191) greift das Anliegen des Bekenntnisses zu Gott auf, stellt es dem Psalm voran und ändert so im Vollzug den Grundtenor des Psalms, indem es die Sicht auf das Gottvertrauen lenkt; Psalm 108 bringt die Bitte um Hilfe gegen erbarmungslose Feinde zum Ausdruck, die Klage über Widersacher weicht dem lobenden Bekenntnis zu Gott erst in den beiden letzten Versen des Psalms. • Tu mandasti domine mandata tua custodire nimis (Ps 118,4 [4a]; Nr. 218) erinnert daran, dass Gott seine Befehle gegeben hat, damit man sie befolgt; Veniant mihi domine miserationes tuae et vivam (Ps 118,77 [77a]; Nr. 223) bekennt, dass der Betende lebt, wenn Gott mit ihm Erbarmen hat; In verbum tuum supersperavi domine (Ps 118,81 [81]; Nr. 224) bezeugt, dass der Betende auf Gottes Wort gehofft habe; In aeternum domine verbum tuum permanet in caelo (Ps 118,89 [89]; Nr. 225) stellt fest, dass Gottes Wort in Ewigkeit Bestand hat; In caelo et in saeculum saeculi veritas tua (Ps 118,89.90 [89b+90a]; Nr. 226) verkündet, dass die Wahrheit Gottes im Himmel und in Ewigkeit bleibe; Justus es domine et rectum judicium tuum (Ps 118,137 [137]; Nr. 232) betont, dass Gott gerecht sei so wie auch seine Urteile gerecht seien; Fiat manus tua domine ut salvum me facias quia mandata tua concupivi (Ps 118,173 [173a]; Nr. 235) spricht davon, dass sich der Betende Gottes rettende Hand wünscht, da er die Gebote Gottes erwählt habe; Psalm 118 ist ein langer Gesetzespsalm und ein Lobgesang auf Gottes Wort. • Custodit dominus omnes diligentes se (Ps 144,20 [20a]; Nr. 298) betont, dass Gott alle beschützt, die ihn lieben; Psalm 144 ist ein Lobpreis auf die Größe und Güte Gottes. • Beneplacitum est domino in eis qui sperant in eum (Ps 146,11 [4a]; Nr. 305) verlautet, dass der Herr an all jenen Gefallen hat, die auf ihn hoffen; Psalm 146 ist ein Bekenntnis zu Gott, dem Retter Israels. Antiphonen, die eine Bitte beinhalten (! ) • Illumina oculos meos domine (Ps 12,4 [4b]; Nr. 27) trägt die Bitte vor Gott, die (inneren) Augen des Betenden zu erleuchten; Psalm 12 äußert Klagen und Vertrauen in Gott. • Spera in domino et fac bonitatem (Ps 36,3 [3a]; Nr. 88) ermahnt dazu, auf Gott zu hoffen und Gutes zu tun; Revela domino viam tuam (Ps 36,5 [5a]; Nr. 89) weist daruf hin, dem Herrn den Weg zu ebnen; Psalm 36 erinnert daran, auf Gott, den Anwalt der Guten, zu vertrauen. • Ego dixi domine miserere mei (Ps 40,5 [4a]; Nr. 93) äußert den Wunsch eines Menschen, dass Gott sich seiner erbarme; Psalm 40 ist das Gebet eines Kranken. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 255 <?page no="256"?> • Sana domine animam (Ps 40,5 [4b]; Nr. 94) bringt die Bitte um Genesung zum Ausdruck; Ps 40 ist Gebet eines Kranken und Verfolgten. • Tibi soli peccavi (Ps 50,6.3 [4a+1a]; Nr. 105) bekennt, dass der Betende vor Gott gesündigt hat und bittet um dessen Erbarmen; Averte faciem tuam (Ps 50,11 [8a]; Nr. 106) ist eine Bitte an Gott, er möge sein Angesicht von den Sünden des Beters wenden; Cor mundum crea in me deus (Ps 50,12 [9a]; Nr. 107) trägt den Wunsch vor Gott, er möge im Betenden ein reines Herz schaffen; Spiritum rectum domine innova (Ps 50,12 [9b]; Nr. 108) erbittet von Gott, einen aufrichtigen Geist im Beter zu erneuern; Redde mihi laetitiam (Ps 50,14 [11a]; Nr. 109) beinhaltet die Bitte, dass Gott dem Betenden die Freude seines Heils zuteil werden lasse; Spiritu principali (Ps 50,14 [11b]; Nr. 110) weist auf das Verlangen hin, Gott särke das Herz des Betenden mit einem willigen Geist; Benigne fac (Ps 50,20 [17a]; Nr. 112) äußert, dass Gott in seiner Güte Gutes tun möge; Psalm 50 beinhaltet Bitten um Vergebung und Neuschaffung. • Quaerite dominum et vivet anima vestra (Ps 68,33 [32b]; Nr. 142) ermuntert die Menschen, Gott zu suchen, damit die Seele aufleben kann; Psalm 68 ist ein Gebet in schwerer Not, ein Hilferuf eines unschuldig Verfolgten. • Esto mihi domine in deum protectorem (Ps 70,3 [3a]; Nr. 144) spricht vom Wunsch, dass Gott ein Schützender sei; • Psalm 70 drückt die Suche eines Betenden nach Zuflucht bei Gott aus. • Visita nos domine in salutari tuo (Ps 105,4 [4b]; Nr. 186) verdichtet die Bitten nach der Nähe Gottes; Psalm 105 bittet Gott, er möge trotz des Undankes Israels sein Volk nicht vergessen. • Nomini tuo domine da gloria (Ps 113,9 [9b]; Nr. 208) äußert den Wunsch, Gott möge seinem Namen Ehre zuteil werden lassen; Psalm 113 besingt Gottes Macht beim Auszug seines Volkes aus Ägypten. • Deduc me domine in semitam mandatorum tuorum (Ps 118,35 [35a]; Nr. 220) erbittet bei Gott, er möge den Betenden auf den Pfad seiner Gebote führen; Inclina cor meum deus in testimonia tua (Ps 118,36 [36]; Nr. 221) bringt den Wunsch vor Gott, dass Gott das Herz des Betenden zu seinen Zeugnissen hin neige; Tuam disciplinam doce me domine in lege tua (Ps 118,66 [66]; Nr. 222) besagt, dass Gott den Betenden seine Zucht in seinem Gesetz lehren möge; Domine vivifica me secundum verbum tuum (Ps 118,107 [107]; Nr. 227) äußert die Bitte, Gott möge den Betenden durch sein Wort beleben; Adjuva me et salvus ero domine (Ps 118,117 [117]; Nr. 229) spricht das Vertrauen aus, dass der Betende heil sein werde, wenn Gott ihm hilft; Aspice in me et miserere mei domine (Ps 118,132 [132a]; Nr. 230) erbittet von Gott, dass er auf den Beter schauen uns sich seiner erbarmen möge; Aspice in me domine et miserere mei secundum judicium tuum domine deus (Ps 118,132 [132]; Nr. 231) erweitert Nr. 230 um die Äußerung „ nach dem Anrecht derer, die deinen Namen lieben “ ; Vide humilitatem meam domine et eripe me (Ps 118,153 [153a]; Nr. 233) trägt die Bitte vor Gott, er möge die Not des Beters sehen und ihn erretten; Juxta eloquium tuum da mihi intellectum domine (Ps 118,169 [169b]; Nr. 234) spricht das Verlangen des 256 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="257"?> Betenden aus, Gott möge ihm gemäß seinem Wort Einsicht geben, er ersehne seine Befehle; Ps 118 ist ein langer Gesetzespsalm und ein Lobpreis auf Gottes Wort. • Fiat pax in virtute tua (Ps 121,7 (7a); Nr. 254) drückt den Wunsch aus, dass (in Jerusalems) Mauern Friede wohne; Fiat pax domine in virtute tua et habundantia in turribus tuis (Ps 121,7 (7); Nr. 255) ergänzt „ in deinen Häusern Geborgenheit “ . • Miserere nostri domine miserere nostri (Ps 122,3 [3a]; Nr. 258) und Miserere nobis domine miserere nobis (Ps 122,3 (3a); Nr. 259) bringen das Sehnen vor Gott, er möge sich der Betenden erbarmen; Psalm 122 ist ein Lied der Sehnsucht nach Gottes Eingreifen. • Benefac domine bonis et rectis corde (Ps 124,4 [4a]; Nr. 263) wendet sich an Gott, den Beschützer, er möge den Guten Gutes tun; Psalm 124 spricht von Gott, der Beschützer seines Volkes ist. • Benedicat tibi dominus ex sion et videas bona jerusalem (Ps 127,5 [5a]; Nr. 270) spricht einem Betenden den Segen Gottes vom Zion her zu sowie den Wunsch er möge lebenslang das Glück Jerusalems schauen; Psalm 127 ist ein Haussegen. • Hymnum cantate nobis de canticis sion (Ps 136,3 [3b]; Nr. 283) fordert dazu auf, von Zion her Hymnen zu singen; Psalm 136 bekundet Heimweh nach dem Zion von der Verbannung her. Antiphonen, die als Klage formuliert sind (K) • Respice et exaudi me (Ps 12,4 [4a]; Nr. 24) sowie Respice et exaudi me domine deus meus (Ps 12,4 [4]; Nr. 25), tragen die Bitte vor Gott, er möge den Betenden erhören; Respice et exaudi me domine deus meus illumina oculos meos (Ps 12,4 [4]; Nr. 26) erweitert den Inhalt und lenkt den Blick auf die Bitte, Gott erleuchte seine Augen; Psalm 12 äußert Klagen und Vertrauen in Gott. • Inclina aurem tuam domine et exaudi nos qui salvos facis sperantes in te (Ps 16,6 [6b]; Nr. 37) und Inclina domine aurem tuam mihi et exaudi verba mea (Ps 16,6 [6b]; Nr. 38) tragen den Ruf vor Gott, er möge den Betenden erhören, ihm sein Ohr zuwenden und seine Rede vernehmen; Psalm 16 ist das Gebet eines Verfolgten. • Eripe me deus meus de inimicis meis fortissimus (Ps 17,18 [17]; Nr. 46) erfleht von Gott, er möge den Betenden seinen starken Feinden entreißen; Psalm 17 ist ein Danklied des Königs für Rettung und Sieg. • Respice in me et miserere mei quia unicus et pauper sum ego (Ps 24,16 [16]; Nr. 75) appeliert an Gott, er möge auf den Beter schauen und sich seiner erbarmen, da er arm sei; Psalm 24 entfaltet die Bitte um Vergebung und Heilung. • Deus exaudi orationem meam auribus percipe verba oris mei (Ps 53,4 [4]; Nr. 114) erhebt zu Gott die Stimme, er möge das Gebet des Betenden erhören und seinen Worten ein offenes Ohr schenken; Domine exaudi preces servorum tuorum (Ps 53,4 [4a]; Nr. 115) beinhaltet ebenso die Bitte, Gott möge die Bitten seiner Diener erhören; Psalm 53 ist der Gesang eines Bedrängten mit der Bitte um Halt. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 257 <?page no="258"?> • Da nobis domine auxilium de tribulatione (Ps 59,13 [10a]; Nr. 122) drängt Gott, er möge Hilfe in Widrigkeiten sein; Psalm 59 bringt Bitte um Hilfe nach einer Niederlage zur Sprache. • Propitius esto peccatis nostris domine (Ps 78,9 [9b]; Nr. 159) bittet um Vergebung der Sünden, um dadurch Heilung durch Gott zu erlangen; Propter nomen tuum popitius esto peccatis nostris domine (Ps 78,9 [9cd]; Nr. 160) bringt die Bitte vor Gott, er möge die Sünden der Betenden um seines Namens willen verzeihen; in Psalm 78 beklagen Gläubige des Volkes Israels die Zerstörung Jerusalems. Im Psalm kommt zum Ausdruck, dass diese Zerstörung als ein Akt des Zornes Gottes gesehen wird, der durch menschliches Fehlverhalten provoziert wird. • De necessitatibus nostris libera nos domine (Ps 106,6 [6b]; Nr. 187) trägt die Bitte vor Gott, er möge die Betenden aus ihren Nöten entreißen; Psalm 106 ist ein Danklied für Gott, den Retter. • Non confundas me domine ab exspectatione mea (Ps 118,116 [116]; Nr. 228) trägt den Wunsch vor, Gott möge den Betenden nicht in seiner Hoffnung enttäuschen; Psalm 118 ist ein langer Gesetzespsalm und ein Lobgesang auf Gottes Wort. • Converte domine captivitatem nostram sicut torrens in austro (Ps 125,4 [4]; Nr. 265) erbittet von Gott, er möge das Geschick der Betenden wenden so wie die Fluten im Südland. Psalm 125 hat Tränen und Jubel im Angesicht der Gefangenschaft und Befreiung Zions im Blick. Antiphonen, die Lobpreis bzw. Dank ausdrücken (L) • Vivit dominus et benedictus deus salutis meae (Ps 17,47 [46a]; Nr. 49) bringt zum Ausdruck, dass Gott, der Gott des Heils, lebt und gesegnet sei; Psalm 17 ist ein Danklied des Königs für Rettung und Sieg. • Bene psallite domino in jubliatione (Ps 32,3 [3b]; Nr. 83) bejubelt Gott mit Psalmengesang; Psalm 32 fordert dazu auf, Gott ein neues Lied zu singen. • Anima mea exsultabit in domino et delectabitur in salutari suo (Ps 34,9 [9]; Nr. 86) sagt, dass die Seele des Betenden in Gott jubelt und sich an seinem Heil erfreut; Psalm 34 singt davon, dass Gott die Schwachen in Schutz nimmt. • Beatus vir cujus est nomen domini spes ejus (Ps 39,5 [5a]; Nr. 92) schätzt jenen Menschen glücklich, der auf Gottes Namen alle Hoffnung setzt; Psalm 39 spricht voll Dank und Hingabe von den Weisungen Gottes. • Labia mea laudabunt te in vita mea deus meus (Ps 62,4.5 [3b+4a]; Nr. 127) ist ein Lobgebet eines Menschen, dessen Lippen Gott in seinem Leben preisen; Benedicam te domine in vita mea ut videam virtutem tuam et gloriam tuam (Ps 62,5.3 [4b+2]; Nr. 129) besagt, dass der Beter Gott lobsingen will, damit er dessen Macht und Ehre zu sehen vermag; Psalm 62 drückt die Sehnsucht eines Betenden nach Gott aus. • Benedicite gentes deum nostrum (Ps 65,8 [8a]; Nr. 135) erinnert die Völker daran, dass sie Gott preisen sollen; Psalm 65 ist ein Lobpreis und Dankgebet für Gottes Rettungstaten. 258 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="259"?> • In ecclesiis benedicite domino (Ps 67,27 [26b]; Nr. 141) ist ein Aufruf an die Gemeinde, Gott zu loben; Psalm 67 ist ein Lied auf Gottes Sieg und Herrschaft. • Quam magnificata sunt opera tua domine (Ps 103,24 [24a]; Nr. 184) bestaunt die wunderbaren Werke Gottes; Psalm 103 lässt ein Loblied auf Gottes Wirken in der Schöpfung erschallen. • A solis ortu et occasu sit nomen domini benedictum (Ps 112,3 [3]; Nr. 203) trägt den Wunsch vor, dass Gottes Namen vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang gepriesen sein möge; Psalm 112 besingt Gottes Größe und Erbarmen. • Benedictus es domine doce me justificationem tuam (Ps 118,12 [12]; Nr. 219) besingt Gott mit dem Hinweis, er möge den Beter seine Gesetze lehren; Psalm 118 ist ein langer Gesetzespsalm und ein Lobgesang auf Gottes Wort. • Sol et luna laudate deum (Ps 148,3 [3a]; Nr. 312); Omnes stellae et lumen laudate deum (Ps 148,3 [3b]; Nr. 313); Caeli caelorum laudate deum (Ps 148,4 [4a]; Nr. 314); Reges terrae et omnes populi laudate deum (Ps 148,11 [11]; Nr. 315); In psalterio et citera in tympano et choro in cordis et organo laudate deum (Ps 150,3.4 [3.4]; Nr. 318); In tympano et choro in chordis et organo laudate deum (Ps 150,4 [4]; Nr. 319); In cymbalis benesonantibus laudate dominum (Ps 150,5 [5a]; Nr. 320) stimmen alle in das große Lob Gottes ein, das alle Facetten des Lebens umfasst; die Psalmen 148 - 150 singen Gottes Lob auf Erden und im Himmel. 3.2.8 Antiphonen aus dem Schlussvers des Psalms 3.2.8.1 Tabellarische Darstellung Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Thematik Ps 1,6 (Sv); Nr. 2 Novit dominus viam justorum et iter impiorum peribit A T Ps 12,6 (Sva); Nr. 28 Cantabo domino qui bona tribuit mihi L t Ps 18,15 (Svb); Nr. 56 Domine adjutor meus et redemptor meus Bk t Ps 18,15 (Sv); Nr. 57 Meditacio cordis mei in conspectu tuo semper domine adjutor meus et redemptor meus Bk t Ps 19,10 (Svb); Nr. 63 Exaudi nos in die qua invocaverimus nomen tuum domine K T Ps 20,14 (Svb); Nr. 67 Cantabimus et psallemus virtutes tuas domine L T Ps 41,12 (Svb); Nr. 95 Ps 42,5 (Svb) Salutare vultus mei deus meus A T/ r Ps 52,7 (Sva); Nr. 113 Avertet dominus captivitatem plebis suae A - Ps 58,18 (Svb); Nr. 121 Susceptor meus es deus meus misericordia mea Bk t Ps 66,8 (Svb); Nr. 140 Metuant dominum omnes fines terrae A T Ps 72,28 (Sva); Nr. 148 Adhaerere deo bonum est ponere in domino spem meam A t Ps 72,28 (Svb); Nr. 149 Ponere in deo spem meam bonum est A t Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 259 <?page no="260"?> Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Thematik Ps 77,72 (Svb); Nr. 158 In intellectibus manum suarum deduxit eos dominus A T Ps 82,19 (Svb); Nr. 162 Tu solus altissimus super omnem terram Bk - Ps 88,53 (Sva); Nr. 168 Benedictus dominus in aeternum L - Ps 113,18 (Sva); Nr. 209 Nos qui vivimus benedicimus dominum L T Ps 120,8 (Sva); Nr. 251 Dominus custodiat introitum tuum et exitum tuum A T Ps 123,8 (Sva); Nr. 260 Adjutorium nostrum in nomine domini A T Ps 126,5 (Sva); Nr. 267 Beatus vir qui implevit desiderium suum A T Ps 126,5 (Svb); Nr. 268 Non confundetur cum loquetur inimicis suis in porta A T Ps 128,8 (Svb); Nr. 272 Benediximus vobis in nomine domini A - Ps 130,3 (Sva); Nr. 275 Speret israel in domino A T Ps 141,8 (Svb); Nr. 291 Me exspectant justi donec retribuas mihi Bk - 3.2.8.2 Zur thematischen Verbindung von Antiphon und Psalm Antiphonen, die als Aussagesatz formuliert sind (A) • Novit dominus viam justorum et iter impiorum peribit (Ps 1,6 [Sv]; Nr. 2) versichert, dass Gott den Weg der Gerechten kennt, jener der Frevler führt ins Leere; stellt dem Menschen einen segensreichen und einen in den Abgrund führenden Weg vor Augen. • Salutare vultus mei deus meus (Ps 41,12 [Svb] und Ps 42,5 [Svb]; Nr. 95) bestätigt, dass Gott das Heil des Angesichts des Beters sei; Psalm 41 und 42 artikulieren die Sehnsucht nach dem lebendigen Gott. • Avertet dominus captivitatem plebis suae (Ps 52,7 [Sva]; Nr. 113) äußert den Wunsch, dass der Herr die Gefangenschaft seines Volkes abwenden möge; Psalm 52 handelt von der Unvernunft der Gottlosen. • Metuant dominum omnes fines terrae (Ps 66,8 [Svb]; Nr. 140) verkündet, dass alle Enden der Erde Gott fürchten sollten; Psalm 66 beschreibt den Dank für den Segen Gottes. • Adhaerere deo bonum est ponere in domino spem meam (Ps 72,28 [Sva]; Nr. 148), besagt, dass es gut sei, an Gott festzuhalten und auf ihn seine Hoffnung zu setzen; Psalm 72 hat das scheinbare Glück der Frevler im Blick, jedoch viel mehr das Glück dessen, der auf Gott vertraut. • Ponere in deo spem meam bonum est (Ps 72,28 [Svb]; Nr. 149) bekräftigt, es sei gut, auf Gott zu hoffen; Psalm 72 hat das scheinbare Glück der Frevler im Blick, jedoch viel mehr das Glück dessen, der auf Gott vertraut. • In intellectibus manum suarum deduxit eos dominus (Ps 77,72 [Svb]; Nr. 158) besingt, dass Gott sie (sein Volk) mit klugen Händen führte; Psalm 77 ist ein Gesang zur Geschichte Israels als Mahnung und Warnung. 260 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="261"?> • Dominus custodiat introitum tuum et exitum tuum (Ps 120,8 [Sva]; Nr. 251) äußert den Wunsch, Gott möge Eingang und Ausgang des angesprochenen Menschen behüten; Psalm 120 besingt Gott als großen Helfer Israels. • Adjutorium nostrum in nomine domini (Ps 123,8 [Sva]; Nr. 260) konstatiert, dass die Hilfe der Beter im Namen Gottes sei; Psalm 123 entfaltet diesen Gedanken. • Beatus vir qui implevit desiderium suum (Ps 126,5 [Sva]; Nr. 267) preist jenen glücklich, der den Willen Gottes erfüllt; Psalm 126 besingt, dass ohne die Hilfe des Herrn alles vergeblich ist. • Non confundetur cum loquetur inimicis suis in porta (Ps 126,5 [Svb]; Nr. 268) behauptet, dass derjenige nicht zuschanden wird, der mit seinen Feinden im Tor spricht; Psalm 126 thematisiert die Mühe des Menschen und hält dieser den Segen Gottes entgegen. • Benediximus vobis in nomine domini (Ps 128,8 [Svb]; Nr. 272) besagt, dass Menschen andere im Namen Gottes gesegnet hätten; Psalm 128 ist ein Bittgebet des bedrängten Israel. • Speret israel in domino (Ps 130,3 [Sva]; Nr. 275) versichert, dass Israel auf Gott hoffe; Psalm 130 ist ein Lied, das davon spricht, dass der Beter bei Gott Frieden findet. Antiphonen, die ein Bekenntnis gegenüber Gott ablegen (Bk) • Domine adjutor meus et redemptor meus (Ps 18,15 [Svb]; Nr. 56) bekennt, dass Gott Retter und Erlöser des Beters sei; Meditacio cordis mei in conspectu tuo semper domine adjutor meus et redemptor meus (Ps 18,15 [Sv]; Nr. 57) äußert, dass das Sinnen des Herzens des Beters immer vor Gott sein wird und versichert, Gott sei sein Helfer und Erlöser; Psalm 18 ist ein Lob der Schöpfung und des Gesetzes. • Susceptor meus es deus meus misericordia mea (Ps 58,18 [Svb]; Nr. 121) besingt Gott als Beistand, Gott und Erbarmen des Beters. • Tu solus altissimus super omnem terram (Ps 82,19 [Svb]; Nr. 162) äußert, dass Gott der Höchste auf der ganzen Erde sei; Psalm 82 äußert die die Bitte um Hilfe gegen Feinde des Volkes. • Me exspectant justi donec retribuas mihi (Ps 141,8 [Svb]; Nr. 291) weist darauf hin, dass die Gerechten sich um den Beter scharen, da Gott ihm Gutes tut; Ps 141 ruft zu Gott in schwerer Bedrängnis. Portio mea domine (Ps 141,5 [5b]; Nr. 290) und Me exspectant justi sind die beiden einzigen Verse des Psalms, die nicht von der Klage sprechen, sondern den Glauben zu Gott bekunden. Gerade sie wurden zu Ferialantiphonen. Antiphonen, die als Klage formuliert sind (K) • Exaudi nos in die qua invocaverimus nomen tuum domine (Ps 19,10 [Svb]; Nr. 63) bittet Gott, er möge die Beter am Tag, an dem sie zu ihm rufen werden, auch erhören; Psalm 19 ist ein Gebet des Volkes für seinen König. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 261 <?page no="262"?> Antiphonen, die Lobpreis bzw. Dank ausdrücken (L) • Cantabo domino qui bona tribuit mihi (Ps 12,6 [Sva]; Nr. 28) besagt, dass der Beter für Gott singen möchte, da er ihm Gutes habe zukommen lassen; Psalm 12 äußert Klagen und Vertrauen in Gott. • Cantabimus et psallemus virtutes tuas domine (Ps 20,14 [Svb]; Nr. 67) weist darauf hin, dass die Beter die Macht Gottes besingen und für ihn spielen; Psalm 20 bringt den Dank für Gottes Hilfe beim Sieg des Königs zum Ausdruck. • Benedictus dominus in aeternum (Ps 88,53 [Sva]; Nr. 168) preist Gott in alle Ewigkeit; Psalm 88 benennt Verheißungen an König David und klagt über Verwerfungen seines Hauses. • Nos qui vivimus benedicimus dominum (Ps 113,18 [Sva]; Nr. 209) ermuntert diejenigen, die am Leben sind, Gott zu preisen; Psalm 113 ist ein Lobpreis auf den Auszug Israels aus Ägypten und besingt die Größe Gottes im Gegensatz zu Götzen anderer Völker. 3.2.9 Zusammenfassende Deutung zu Ferialantiphonen in Beziehung zur Position innerhalb des Psalms Es werden alle Antiphonen ausgewertet, deren Text aus einem Psalmvers stammt. Zunächst wird auf die Auffälligkeit bei der Wahl des Psalmverses eingegangen. Zuerst werden Antiphonen, die aus Hv 1a sind beleuchtet, anschließend jene aus Hv 1b und als letzte Gruppe jene, deren Text aus dem Schlussvers ihres Psalms entlehnt ist. Abschließend werden Antiphonen betrachtet, deren Texte im Psalm selbst als Responsum angelegt sind, um zu zeigen, dass hier zwar sowohl Antiphon als auch der Psalm auf eine responsoriale Singweise deuten, eine historische Verbindung allerdings nicht hergestellt werden kann. Zur Auffälligkeit bei der Wahl des Psalmverses Knapp zwei Drittel aller Texte von Ferialantiphonen sind aus dem ersten oder zweiten Vers des dazugehörenden Psalms genommen. Den größten Anteil daran haben Antiphonen mit Texten aus Hv 1a oder 1b ihres Psalms. Aus der Mitte ihres Psalms kommen etwa ein Drittel aller Antiphonen und eine kleine, jedoch mit einem Anteil von 16 % an den gesamten Antiphonen dennoch eigens zu benennende Gruppe repräsentiert den Schlussvers des jeweiligen Psalms. Es stellt sich die Frage, ob im Nachhinein aufgrund bestimmter Merkmale erkennbar ist, inwiefern die Wahl eines Psalmverses als Antiphon unterschiedlich motiviert gewesen sein könnte. Diesem Gedanken wird in der folgenden Auswertung der Antiphonengruppen aus den verschiedenen Psalmversen nachgegangen. Zu Antiphonen mit Texten aus dem ersten Halbvers (Hv 1a) des Psalms Fast alle Antiphonen führen unabhängig von der inhaltlichen Ausrichtung der Antiphon in das Thema ihres Psalms ein. 262 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="263"?> Zur Verdeutlichung wird an dieser Stelle exemplarisch je ein Beispiel von oben aus jeder Gruppe benannt: Zu Antiphonen in Form eines Aussagesatzes (A) • Exaudiat te dominus (Ps 19,2 [1a]; Nr. 61) ist der Wunsch für den König beziehungsweise im übertagenen Sinn auch für den Beter, dass Gott ihn am Tag der Not erhört. Diese Bitte für den König wird in Psalm 19 entfaltet. Zu Antiphonen, die eine Bitte gegenüber Gott äußern (! ) • Conserva me domine quoniam in te speravi (Ps 15,1 [1a]; Nr. 29) äußert die Bitte, Gott möge den Betenden behüten, da er auf ihn vertraue; Psalm 15 besingt Gott, den Anwalt seiner Getreuen. Zu Antiphonen, die ein Bekenntnis gegenüber Gott ablegen (Bk) • Diligam te domine (Ps 17,2 [1a]; Nr. 43) drückt Liebe Gott gegenüber aus; Psalm 17 ist ein Danklied des Königs für Rettung und Sieg. Zu Antiphonen, die als Klage formuliert sind (K) • Domine deus in adjutorium meum intende (Ps 69,1 [1a]; Nr. 143) erfleht Gottes Hilfe und Rettung; Psalm 69 ist das Gebet eines zuversichtlichen Beters, der sich in großer Not an Gott wendet. Zu Antiphonen die Lobpreis bzw. Dank aussprechen (L) • Jubilate deo omnis terra (Ps 99,2 [1a]; Nr. 178) lädt den Erdkreis zum Lob Gottes ein; Psalm 99 ist ein Lobgesang der Völker beim Einzug ins Heiligtum. Mögliche historische Konsequenzen Bei Psalmen, deren Lobcharakter im Vordergrund steht, ist auch die Antiphon davon geprägt. Wird in einer Antiphon eine Klage vor Gott gebracht, beinhaltet der Charakter des Psalms ebenfalls jenen der Klage. Bei Antiphonen, die ein Bekenntnis gegenüber Gott ablegen, verdichtet dieses auch dort die inhaltliche Dimension des Psalms. Dass diese Antiphonen in die Thematik ihres Psalms einführen, ist jedoch mutmaßlich nicht der Grund dafür, dass sie zu Antiphonen gemacht wurden. Denn bei den meisten Psalmen wird gleich zu Beginn offensichtlich, ob sein Duktus der des Lobes und Dankes, der Bitte, des Bekenntnisses oder der Klage ist. Nimmt man die Antiphon aus Hv 1a, hat es also automatisch zufolge, dass die Thematik des Psalms angesprochen wird. Vielmehr liegt der Schluss nahe, dass diese Antiphonen, aus formalen Gründen ausgesucht, auf eine Praxis hinweisen, wo einer den Psalm anstimmte und die übrigen routinemäßig den ersten (Halb-) Vers wiederholten, um ihn an gegebener Stelle erneut zu repetieren. Hypothetisch steht Jubilate deo omnis terra wie die vielen anderen Antiphonen mit einem Text vom Beginn des Psalms genetisch in Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 263 <?page no="264"?> enger Verbindung mit einem gebetsmühlenartigen Singen des kurrenten Psalters, bei dem es darum ging, den gesamten Psalter zu verinnerlichen und man, ohne auf einen besonderen Inhalt zu achten, eben die Antiphon aus dem ersten Halbvers des Psalms wählte. Es stellt sich die Frage, ob bei der Wahl von Antiphonen aus Hv 1a, die auf den ersten Blick ausschließlich aus formalen Gesichtspunkten als Kehrvers exponiert zu sein scheinen, auch inhaltliche Kriterien für die Wahl dieser Psalmverse zu Antiphonen zumindest beteiligt waren. Letztlich kann diese Frage nicht beantwortet werden. Gegen diese These spricht jedoch nicht nur die nach schematischer Vorgehensweise anmutende Auswahl des Psalmverses, sondern auch das Vorkommen von Antiphonen, die eine andere sprachliche Ausrichtung als die des Duktus des Psalms haben. In dieser Kategorie sind es folgende Antiphonen: • Deus deorum (Ps 49,1 [1a]; Nr. 100) macht eine Aussage, dass Gott etwas gesagt hat. Das Entscheidende allerdings, was Gott aller Götter gesagt hat, bleibt hier offen. Daher ist davon auszugehen, dass kein inhaltlicher Aspekt dazu beigetragen hat, diesen Halbvers zur Antiphon zu machen. Psalm 49 zeigt auf, was Gott von seinem Volk erwartet, wie der rechte Gottesdienst zu sein habe. • Ecce quam bonum (Ps 132,1 [1a]; Nr. 277) spricht davon, dass etwas schön und gut sei. Dass hier geschwisterliches Zusammensein gemeint ist, erfährt man erst, wenn man den Lobpsalm der Eintracht als ganzen liest. Diese Antiphonen lassen ihre Relativität zum Gesamtpsalm erkennen und wurden aller Wahrscheinlichkeit nach nicht aufgrund ihres Inhalts zu Antiphonen. Es ergibt keinen Sinn, einen Text zu exponieren, dessen Inhalt im Gesamtvollzug des Psalms komplettiert werden muss. Es ist zu vermuten, dass ihr Entstehen auf oben genannte Form des Psalmengebetes zurück weist, bei dem die Antiphonen, z. B. als Kehrvers gesungen, zusammen mit ihrem Psalm vollzogen wurden. Mindestens ebenso deutlich wird diese These, wenn man Antiphonen betrachtet, deren Text aus Hv 1b ihres Psalms entlehnt ist. Zu Antiphonen mit Texten aus dem zweiten Halbvers (Hv 1b) des Psalms Ähnlich wie bei Antiphonen, deren Text den direkten Beginn eines Psalms wiedergibt, führen auch die meisten Antiphonen, die den zweiten Halbvers des dazugehörenden Psalms vertonen, in dessen Thematik ein. Bei dieser Gruppe gibt es jedoch im Vergleich mit Antiphonen aus dem direkten Beginn des Psalms eine noch viel größere Anzahl, die entweder Bruchstück eines Hauptsatzes oder reiner Nebensatz sind und die nur, im Zusammenhang mit einer konkreten Vollzugsweise als Kehrverse gesungen zu werden, einen Sinn ergeben. Sie scheinen allein aufgrund ihrer Position im Psalm als Antiphon etabliert worden zu sein. Es ist anzunehmen, dass auch sie genetisch in Zusammenhang mit dem kurrenten Psalter stehen, hypothetisch im Bereich frühchristlichen Mönchtums, 264 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="265"?> wo es auf die Meditation des Gesamtpsalters ankam und nicht darauf, einzelne Psalmverse aus inhaltlichen Gründen hervorzuheben. Folgend Antiphonen, deren Ursprung in besonderer Weise auf eine Verwendung im Bereich des kurrenten Psalters hinweist: Antiphonen, die reine Nebensätze sind Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Ps 38,2 (1b); Nr. 91 Ut non delinquam in lingua mea Ps 56,1 (1b); Nr. 119 Quoniam in te confidit anima mea Ps 97,1 (1b); Nr. 177 Quia mirabilia fecit dominus Ps 132,1 (1b); Nr. 278 Habitare fratres in unum Ps 135,1 (1b); Nr. 282 Quoniam in saeculum misericordia ejus Antiphonen, die Bruchstücke eines Hauptsatzes sind Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Ps 131,1 (1b); Nr. 276 Et omnis mansuetudinis ejus Ps 113,1 (1b) Nr. 205 Domus jacob de populo barbaro Ps 144,1 (1b); Nr. 295 In aeternum et in saeculum saeculi Die vorgestellten Antiphonen lassen eindrücklich den engen Bezug zum gesamten Psalm erkennen. Keines dieser Satzfragmente ergibt als eigenständige Größe einen Sinn. Hier wird deutlich, dass das Entstehen dieser Psalmhalbverse als Antiphon mit der Vollzugsform des gesamten Psalms zusammenhängt. Die auffällig häufige Wahl des Psalmhalbverses 1b des dazugehörenden Psalms als Antiphon bestätigt die Vermutung, dass die ursprüngliche Verwendung dieser Antiphonen eine Form der uns heute als responsorialer Psalmengesang bekannten Psallierweise war. Als jene Praxis in dieser Form nicht mehr relevant war, sind die Antiphonen dennoch weiter tradiert worden. Weitere Antiphonen, die nur in Verbindung mit dem Psalm einen Sinn ergeben Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Ps 45,2 (1b); Nr. 97 Adjutor in tribulationibus Ps 75,2 (1b); Nr. 152 In israel magnum nomen ejus Ps 111,1 (1b); Nr. 201 In mandatis ejus volet nimis Diese Antiphonen geben bei weitem nicht den Aufschluss, den oben genannte Antiphonen bieten. Doch auch die Antiphon Adjutor lässt ohne Bezug zum Psalm keinen direkten Rückschluss auf das Subjekt des Satzes zu und In israel sowie In mandatis lassen offen, auf wen sich das Pronomen ejus bezieht. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 265 <?page no="266"?> Zu Antiphonen mit Texten aus dem ersten Vers (V 1) des Psalms Da sich hinsichtlich der Antiphonen, die den gesamten ersten Vers eines Psalms umfassen, Auffälligkeiten zeigen, werden sie folgend in Verbindung mit den sie repräsentierenden in dieser Arbeit untersuchten Handschriften dokumentiert: Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Quellen Ps 1,1 (1a+1b); Nr. 1 Beatus vir qui non CR: Mc Ps 22,1.2 (1+2); Nr. 71 Dominus regit me CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , S, W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: Gb, Mt, Sa Ps 50,3 (1b+1a); Nr. 103 Secundum magnam CM: Ar, C 5 , H, K, P 6 , S, W CR: B, Cb, E 1 , Gb, K 1 , K 2 , Mo, P 1 , P 3 , P 4 , P 5 , Sa, Tr, Tu, T 1 , T 2 , V, U Ps 66,2 (1a+1b); Nr. 138 Deus misereatur CR: K 1 , Si Ps 72,1 (1a+1b); Nr. 146 Quam bonus CM: W, Wn 2 , Z CR: P 1 Ps 87,2 (1a+1b); Nr. 166 Domine deus salutis CM: H Ps 109,1 (1a+1b); Nr. 192 Dixit dominus domino CM: Ar, C 5 , E 2 , H, K, P 6 , S, Wn 1 CR: F, Mo, Mt, P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Tr, Tu, T 1 , T 2 , U Ps 109,1 (1b+1a); Nr. 194 Sede a dextris meis CM: B 1 , E 2 , H, W, Wn 2 , Z CR: B, B 2 ,Cb, E, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, P 1 , Sa, Si, T 1 Ps 110,1.2 (1b+2a); Nr. 197 In consilio justorum CR: T 1 Ps 111,1 (1a+1b); Nr. 199 Beatus vir qui timet CM: H, W CR: P 1 Ps 111,1 (1a+1b); Nr. 200 Qui timet dominum CR: R 1 , R 2 Ps 122,1 (1a+1b); Nr. 256 Ad te levavi oculos CM: C 5 CR: B 2 , Mc Ps 122,1.3 (1b+3a); Nr. 257 Qui habitas CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , P 7 , S, W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, B 2 ,Cb, E, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, Tu, T 1 , T 2 , U, V Ps 125,1 (1a+1b); Nr. 265 Converte domine cap. CM: Wn 1 Alle diese Antiphonen, die einen gesamten Vers eines Psalms umfassen, sind eine Erscheinung der fränkisch-gregorianischen Welt, abgesehen von den beiden Antiphonen Qui timet dominum und Qui habitas. So liegt die Vermutung nahe, dass diese Antiphonen in diesem Umfeld entstanden sind. Es stellt sich die Frage, ob Antiphonen, die einen gesamten Vers eines Psalms wiedergeben, eher eine spätere Entwicklungslinie repräsentieren als viele kurze, 266 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="267"?> prägnante Antiphonen, die nur einen Halbvers eines Psalms exponieren und zumeist einem musikalischen Typos zugeteilt werden können. In welchem historischen Verhältnis sie zu jenen stehen, die ebenfalls für diese Hore tradiert sind und nur einen Halbvers umfassen, kann nicht ermittelt werden. Auffallend ist jedoch, dass die beiden römischen Manuskripte R 1 und R 2 mit Ausnahme von Sit nomen domini (Ps 112,2 [2a]; Nr. 200) jeweils die kürzere Variante wählen und damit diejenige, die vom Umfang her eher als Kehrvers gedient haben könnte als die umfangreichere. Sie scheinen aus diesem Grund eher in der responsorialen Praxis unter Einbeziehung einer Gemeinde verortet als jene Antiphonen der fränkisch-gregorianischen Tradition. Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Quellen Ps 109,1 (1b); Nr. 193 Sede a dextris meis CR: R 1 , R 2 Ps 110,1 (1a); Nr. 195 Confitebor tibi CM: CR: E 2 , H B, R 1 R 2 , T 1 Ps 111,1 (1a); Nr. 200 Qui timet CR: R 1 , R 2 Zu Antiphonen mit Texten aus Vers 2 des Psalms (Hv 2a, Hv 2b oder V2) Deutlich weniger Antiphonen als aus dem ersten Psalmvers, jedoch immer noch eine respektable Anzahl von zwanzig Antiphonen geben den Hv 2a ihres Psalms wieder. Mit aufsteigender Verszahl nimmt die Anzahl der Antiphonen dann ab. Sechs Antiphonen vertonen den zweiten Halbvers des zweiten Verses eines Psalms, bei Antiphonen, die einen Vers im weiteren Verlauf repräsentieren, ist die Angabe des Verses mit Ausnahme des Schlussverses irrelevant. (Vgl. dazu die Ausführungen in diesem Kapitel weiter unten.) Auch bei Antiphonen, deren Text aus dem zweiten (Halb-) Vers ihres Psalms stammt, stimmt die inhaltliche Dimension der Antiphon zumeist mit der des Psalms überein. Bei einer Antiphon ist dies jedoch anders: Psalm 73, ist ein Klagepsalm. Die Antiphon dazu exponiert jedoch einen Halbvers des Psalms, der einen positiven Aspekt hervorhebt: Liberasti virgam haereditatis tua (Ps 73,2 [2b]; Nr. 150) erinnert an die Verheißung an das Volk Israel, Gottes Erbteil zu sein, während der Duktus des Psalms ein Klagelied Israels aufgrund von Zerschlagung des Landes, des Gottesdienstes und des Tempels ist. Die Beobachtung, dass zu Klagepsalmen Verse als Antiphon exponiert wurden, die den Psalm als Ganzen in den Aspekt des Vertrauens hineinziehen, setzt sich bei Antiphonen, deren Text aus einem Vers der Mitte des Psalms entlehnt wurde, fort. Zu Antiphonen mit Texten aus der Mitte des Psalms Antiphonentexte mit Versen aus der Mitte des Psalms scheinen bewusst gewählt worden zu sein. Sie exponieren einen Vers des Bekenntnisses, des Lobes bzw. Dankes, äußern ein Gebet, bringen Vertrauen Gott gegenüber zum Ausdruck oder ermahnen andere Mitmenschen, auf Gott zu bauen. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 267 <?page no="268"?> Eine Verstärkung positiver Aspekte des Glaubens findet man in dieser Kategorie auch bei Klagepsalmen. Eine Antiphon im Zusammenhang mit einem Klagepsalm ist immer vom Gedanken des Dankes, des Lobes oder Bekenntnisses bestimmt und hebt damit im Gesang den ganzen Psalm ins Licht eines Gläubigen, der die Klage bereits überwunden hat. Die Antiphon hat hier die Funktion, die im Psalm zum Ausdruck kommende Klage durch Verse, die den Glauben an Gott positiv betonen, zu relativieren. Folgende Antiphonen mögen dies verdeutlichen: • Quaerite dominum (Ps 68,33 [32b]; Nr. 142) ermuntert die Menschen, Gott zu suchen, damit die Seele aufleben kann; Psalm 68 ist ein Gebet in schwerer Not, ein Hilferuf eines unschuldig Verfolgten. • Propitius esto (Ps 78,9 [9b]; Nr. 159) bittet um Vergebung der Sünden, um dadurch Heilung durch Gott zu erlangen; • Propter nomen tuum (Ps 78,9 [9cd]; Nr. 160) bringt die Bitte vor Gott, er möge die Sünden der Betenden um seines Namens willen verzeihen; in Psalm 78 beklagen Gläubige des Volkes Israel die Zerstörung Jerusalems. Im Psalm kommt zum Ausdruck, dass diese Zerstörung als ein Akt des Zornes Gottes gesehen wird, der durch menschliches Fehlverhalten provoziert wird. • Confitebor domino nimis (Ps 108,30 [29a]; Nr. 191) greift das Anliegen des Bekenntnisses zu Gott auf, stellt es dem Psalm voran und ändert so im Vollzug den Grundtenor des Psalms, indem es die Sicht auf das Gottvertrauen lenkt; Psalm 108 bringt die Bitte um Hilfe gegen erbarmungslose Feinde zum Ausdruck, die Klage über Widersacher weicht dem lobenden Bekenntnis zu Gott erst in den beiden letzten Versen des Psalms. • Hymnum cantate nobis (Ps 136,3 [3b]; Nr. 283) fordert dazu auf, von Zion her Hymnen zu singen; Psalm 136 bekundet Heimweh nach dem Zion von der Verbannung (des babylonischen Exils) her. Während im Psalm selbst der Jubel erzwungen, von den Peinigern verlangt wird, scheint dieser durch die Herauslösung des Verses Hymnum cantate. Wirklichkeit zu sein und hebt dadurch gleichfalls den gesamten Psalm in ein neues Licht. • Portio mea domine est (Ps 141,6 [5b]; Nr. 290) weist darauf hin, dass Gott der Anteil des Betenden im Land der Lebenden sei; Psalm 141 ist ein Hilferuf in starker Bedrängnis. Abgesehen vom Schlussvers des Psalms Me exspectant justi donec retribuas mihi (Ps 141,8 [8]) ist dies der einzige Vers des Psalms, welcher Gottvertrauen zur Sprache bringt. Die Antiphon greift also die Klage nicht auf. Hv 1a hingegen würde die Hauptthematik des Psalms wiederspiegeln. In Form einer Antiphon ist der Beginn des Psalms von R 1 und R 2 tradiert: Voce mea ad domine clamavi (Ps 141,1 [1a] Nr. 289), der Schrei eines Menschen nach Nähe Gottes. Durch die Exponierung dieses Psalmverses wird das Vertrauen zu einem Gott, der es mit den Menschen letztlich gut meint, vermittelt. Die Wahl dieser sechs Antiphonen ist augenscheinlich von seelsorgerlichem Interesse. Der Vollzug des Psalms in Zusammenhang mit einer Antiphon, die 268 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="269"?> Nähe zu Gott ausdrückt, vertieft ein Gottesbild vom gütigen, verzeihenden, lebenspendenden Gott. Eine einzige Antiphon passt nicht in dieses Bild: • Non sunt loquelae (Ps 18,4 [3]; Nr. 54) besagt, dass (Tag und Nacht) ohne Worte und Reden sind und man deren Stimmen nicht hört; Psalm 18 besingt das Lob der Schöpfung und des Gesetzes. Weshalb gerade dieser Psalmvers zur Antiphon erhoben wurde und nicht etwa der Anfang des Psalms Die Himmel rühmen die Herrlichkeit Gottes (V 2 [1a]), ist ein Rätsel und weist auch an dieser Stelle auf die Vielschichtigkeit in der Genese von Ferialantiphonen hin. Zu Antiphonen mit Texten aus dem Schlussvers (Sva oder Svb) des Psalms Antiphonen aus der ersten Hälfte des Schlussverses (Sva) Von den insgesamt 23 Antiphonen aus dem Schlussvers sind 9 aus Sva. Fast alle greifen den Charakter ihres dazugehörenden Psalms auf. Eine Ausnahme bilden die folgenden zwei Antiphonen: Benedictus dominus (Ps 88,53 [Sva]; Nr. 166) scheint entsprechend den oben dargelegten Antiphonen zu Klagepsalmen aus Gründen der Seelsorge ausgewählt zu sein. Der Lobpreis der Antiphon bekräftigt Gott als einen, der seinem Volk gegenüber gut ist, und stellt damit die Sichtweise des Psalms, der die Klage über die Verwerfung des Hauses David aufgrund dessen Vergehens äußert, in einen neuen Horizont. Dass die Dimension der Klage des Psalms aufgrund des Inhaltes der Antiphon abgeschwächt wird, können auch folgende Antiphonen verdeutlichen: Psalm 52 handelt von Torheit der Gottesleugner, erst im letzten Vers wandelt sich der Blickwinkel: Wenn Gott einst das Geschick seines Volkes wendet, dann jubelt Jakob, dann freut sich Israel. (Ps 52,7). Der Anfang dieses Verses ist die Antiphon: Avertet dominus captivitatem plebis suae (Ps 52,7 [Sva]; Nr. 113). Antiphonen aus der zweiten Hälfte des Schlussverses (Svb) In dieser Subkategorie sind ähnliche Beobachtungen zu verzeichnen wie bei Antiphonen aus der Mitte des Psalms. Mit Ausnahme von drei Antiphonen, die zu Klagepsalmen überliefert sind, entsprechen alle dem inhaltlichen Duktus des Psalms. Folgend die drei Besonderheiten: • In Psalm 82 wird die Bitte um Hilfe gegen Feinde des Volkes geäußert. Im letzten Vers des Psalms werden Bitte und Klage zu Dank und Bekenntnis: Tu solus altissimus super omnem terram (Ps 82,19 [Svb]; Nr. 162) ist als Antiphon verzeichnet. • Psalm 128 spricht von Hoffnung in der Bedrängnis. Frevlern wird die Gerechtigkeit Gottes gegenübergestellt. Der Psalm ist Klagepsalm eines einzelnen. Erst in Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 269 <?page no="270"?> Svb ändert sich die Sprachrichtung: Benediximus vobis in nomine domini (Ps 128,8 [Svb]; Nr. 272). Eben dieser Halbvers erscheint in den untersuchten Quellen als Antiphon. • Me exspectant justi (Ps 141,8 [Svb]; Nr. 291) weist darauf hin, dass die Gerechten sich um den Beter scharen, da Gott ihm Gutes tut; Psalm 141 ruft zu Gott in schwerer Bedrängnis. Portio mea domine (Ps 141,6 [5b]; Nr. 290) und Me exspectant justi sind die beiden einzigen Verse des Psalms, die nicht von der Klage sprechen, sondern den Glauben zu Gott bekunden. Gerade sie wurden zu Ferialantiphonen. Zu Antiphonen, die im Psalm selbst als Responsum angelegt sind Es liegt nahe, dass zumindest ein Großteil der Ferialantiphonen genetisch im Kontext von Psalmodie in Verbindung mit Solopsalmodie steht und einen Kehrvers repräsentiert. In einigen Psalmen ist die uns überlieferte Antiphon bereits selbst als Responsum angelegt, was freilich nicht bedeutet, dass der im Psalm benannte Text schon in alttestamentlicher Zeit in der uns bekannten Weise vertont worden wäre. Zu der in Psalmen angelegten Möglichkeit responsorialer Singweise: • Psalm 41 und 42 sind Bittpsalmen, die möglicherweise ursprünglich zusammengehören oder redaktionell zusammengeführt wurden. Sie artikulieren die Sehnsucht nach dem lebendigen Gott. Die Antiphon Salutare vultus mei deus meus (Ps 41,Svb; Nr. 95) bildet den Schluss zweier Psalmen, sowohl von Ps 41 als auch von Ps 42. Daher stellen sich Fragen: Wurde Salutare vultus schon im Entstehungskontext des Psalms als Antiphon verwendet? • Der Text von Nonne deo erscheint wieder in Ps 61,6, welcher gleichzeitig der erste Vers des Dipsalms ist. Sein Wortlaut erscheint dort allerdings in sämtlichen untersuchten lateinischen Bibelübersetzungen in abgeänderter Form. Das Psalterium Romanum formuliert Verumtamen deo subdita erit anima mea (Ps 61,6 [5a]); in der Fassung der Vulgata steht: Verumtamen deo subjecta esto anima mea (Ps 61,6 [5a]). Eine mit V1 des Psalms 61 identische Fassung konnte ebenfalls in keiner Tradition der Vetus Latina eruiert werden. Auch der Text der Biblia Hebraica zeigt Varianten: 2 : אַ֣ ךְ אֶ ל ־ א֭ ֱ לֹ הִ י ם דּֽ וּ מִ יָּ ֣ ה נַ פְ שִׁ ֑ י מ֝ ִ מֶּ ֗ נּ וּ י ְ שׁ וּ עָ תִ ֽ י : V 2 : אַ֣ ךְ ל֭ ֵ א ל ֹ הִ י ם דֹּ ֣ ו מִּ י נַ פְ שִׁ ֑ י כִּ י ־ מ֝ ִ מֶּ ֗ נּ וּ תִּ קְ וָ תִ ֽ י : V 6 V 2: Bei Gott kommt meine Seele zu Ruhe V 6: Bei Gott allein kommt meine Seele zur Ruhe. • Es kann leider nicht mehr erkannt werden, ob es eine Tradition der hebräischen Schrift gab, welche in beiden Versen denselben Text hat und diesen somit als „ Responsum perfectum “ erscheinen ließe. 2 Der hebräische Text ist aus der Biblia Hebraica Stuttgartensia; zur Deutung von Ps 61 vgl. H OSSFELD / Z ENGER , Psalmen 51 - 100 373 ff. 270 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="271"?> • Saepe expugnaverunt me a juventute mea (Ps 128,1 [1a]; Nr. 271) wird in V 2a wörtlich wiederholt. Ist dies das Relikt eines Hinweises auf eine bereits in Israel übliche Praxis, den Psalm in Verbindung mit dieser Antiphon als Responsum zu beten bzw. zu singen? • Ps 135 weist mit Quoniam in saeculum misericordia ejus (Ps 135,1 [1b]; Nr. 282), die in jedem zweiten Halbvers wiederholt wird, noch deutlicher auf die mit Kehrvers der Gemeinde gesungene Solopsalmodie hin. Hier ist uns offensichtlich ein im Psalm selbst angelegter Kehrvers als Antiphon überliefert. • In Ps 144 wird der Halbvers In aeternum et in saeculum saeculi (Nr. 295) in Hv 1b, 2b sowie 21b (Svb) repetiert. Die Frage, ob diese Antiphonen auf die Entstehungsgeschichte und -praxis der jeweiligen Psalmen selbst hindeuten, kann zumindest hier nicht geklärt werden. Ebenso wenig kann herausgearbeitet werden, warum nur einige Psalmen eigens auf eine responsoriale Praxis hinweisen, was Ferialantiphonen betrifft, aber viele Antiphonen auf eine solche Realisationsform deuten. War diese Psallierweise ursprünglich nur für bestimmte Psalmen vorgesehen und wurde dann, eventuell im Abmbiente des frühchristlichen Mönchtums in Verbindung mit dem kurrenten Psalter auf andere Psalmen hin ausgeweitet? Eine weitere Frage, die ebenfalls nicht beantwortet werden kann, schließt sich hier an: Repetierte man die Antiphon wie bei Quoniam in saeculum misericordia ejus (Ps 135,1 [1b]; Nr. 282) ursprünglich nach zahlreichen Psalmversen und reduzierte sie später, weil der Verwendungszusammenhang ein anderer war? 3.3 Ferialantiphonen, die dem Text des Psalms eine Form der Anrede Gottes anfügen Einige Antiphonen ergänzen zum Psalmtext das Wort domine, deus, deus meus, domine deus, domine deus meus oder dominus. Sie werden folgend, nach auf die Zusätze bezogenen Gruppen getrennt, gelistet und anschließend ausgewertet. Antiphonen, die dem Psalmtext das Wort domine anfügen Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Ps 5,2 (1b); Nr. 8 Intellege clamorem meum domine Ps 12,4 (4b); Nr. 27 Illumina oculos meos domine Ps 19,10 (Svb); Nr. 63 Exaudi nos in die qua Ps 20,14 (Svb); Nr. 67 Cantabimus et psallemus Ps 30,2 (1b); Nr. 81 In tua justitia Ps 37,2 (1b); Nr. 90 Ne in ira Ps 50,4 (2a); Nr. 104 Amplius lava me Ps 50,6.3 (4a+1a); Nr. 105 Tibi soli peccavi Ps 50,11 (8a); Nr. 106 Averte faciem tuam Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 271 <?page no="272"?> Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Ps 50,12 (9b); Nr. 108 Spiritum rectum domine innova Ps 50,14 (11a); Nr. 109 Redde mihi laetitiam Ps 54,3 (2a); Nr. 116 Intende in me Ps 59,13 (10a); Nr. 122 Da nobis domine auxilium Ps 62,5 (4b); Nr. 128 In nomine tuo domine Ps 62,5.3 (4b+2); Nr. 129 Benedicam te domine Ps 62,7 (6b); Nr. 130 In matutinis domine Ps 63,2 (1b); Nr. 133 A timore inimici eripe Ps 70,3 (3a); Nr. 144 Esto mihi domine Ps 72,24 (24a); Nr. 147 Tenuisti domine Ps 74,2 (1b); Nr. 151 Et invocabimus Ps 85,1 (1a); Nr. 164 Inclina domine aurem Ps 87,3 (2a); Nr. 167 Intret oratio Ps 105,4 (4b); Nr. 186 Visita nos domine Ps 106,6 (6b); Nr. 187 De necessitatibus Ps 113,9 (9b); Nr. 208 Nomini tuo domine da gloria Ps 118,4 (4a); Nr. 218 Tu mandasti domine Ps 118,35 (35a); Nr. 220 Deduc me domine Ps 118,77 (77a); Nr. 223 Veniant mihi domine Ps 118,81 (81); Nr. 224 In verbum tuum Ps 118,116 (116); Nr. 228 Non confundas me domine Ps 118,117 (117); Nr. 229 Adjuva me Ps 118,132 (132a); Nr. 230 Aspice in me Ps 118,153 (153a); Nr. 233 Vide humilitatem Ps 118,169 (169b); Nr. 234 Juxta eloquium tuum Ps 118,173 (173a); Nr. 235 Fiat manus tua Ps 139,2 (1b); Nr. 286 A viro iniquo Ps 141,6 (5b); Nr. 290 Portio mea domine est Ps 142,1 (1b); Nr. 292 In veritate tua Ps 142,2 (2a); Nr. 293 Ne intres in judicio Ps 144,2 (2a); Nr. 296 Per singulos dies Ps 144,13 (13a); Nr. 297 Regnum tuum domine Antiphonen, die dem Psalmtext das Wort deus anfügen Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Ps 62,2 (1b); Nr. 126 Ad te de luce vigilo deus Ps 78,9 (9b); Nr. 159 Propitius esto Ps 101,2 (1b); Nr. 182 Clamor meus Antiphonen, die dem Psalmtext das Wort domine deus anfügen Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Ps 50,3 (1b); Nr. 102 Dele domine deus Ps 62,2 (1bc); Nr. 125 Sitivit in te anima 272 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="273"?> Antiphonen, die dem Psalmtext das Wort deus meus anfügen Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Ps 62,4.5 (3b+4a); Nr. 127 Labia mea laudabunt te Ps 62,8 (7a); Nr. 132 Factus es adjutor meus deus meus Ps 137,1 (1b); Nr. 284 In conspectu angelorum Antiphonen, die dem Psalmtext das Wort domine deus meus anfügen Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Ps 12,4 (4); Nr. 25 Respice et exaudi me domine Ps 12,4 (4); Nr. 26 Respice et exaudi me domine … illumina Antiphonen, die dem Psalmtext das Wort dominus anfügen Psalmvers; Nr. der Edition Antiphon Ps 77,72 (Svb); Nr. 158 In intellectibus manum suarum Ps 114,2 (2a); Nr. 211 Inclinavit dominus Bei den hier zusammengestellten Antiphonen liegt offensichtlich ein weiteres nach inhaltlichen Kriterien ausgerichtetes Konzept vor: Die Sinnrichtung ist beim Vollzug des Psalms von Beginn des Psalms explizit. Sie weist auf den hin, der Grund und Ziel des Psalmengebetes überhaupt ist: Gott selbst. Diese Zusätze sind nicht an die Position des Psalmverses gebunden. Auffallend ist, dass fast alle Antiphonen, die Verse des Psalms 118 wiedergeben, das Wort domine hinzufügen. Auch viele Antiphonen, die einen Vers von Psalm 50 vertonen, ergänzen diesen Zusatz. Daher könnte man die Vermutung äußern, dass diese Art, Antiphonen zu bilden im Zusammenhang mit einer Psalmenordnung steht, zu einer Zeit, in der Psalm 50 täglich in den Laudes und Psalm 118 jeden Tag in den sogenannten kleinen Horen seinen Platz hatte. 3.4 Zur Frage der Abhängigkeit von Ferialantiphonen und Psalmenordnung Die mutmaßlich unterschiedlichen Entstehungskontexte von Antiphonen mit Texten aus verschiedenen Versen des dazugehörenden Psalms inspirierten dazu, darüber nachzudenken, ob ihre Inhalte auch einen Einblick in deren genetische Verknüpfung mit der römischen bzw. monastischen Psalmenverteilung geben könnten. Unter dieser Fragestellung ist eine positive Antwort nur im Zusammenhang mit den Antiphonen der Vigilien möglich. Dort werden nach römischem Cursus von Montag bis Samstag jeweils zwei Psalmen durch eine Antiphon zusammengefasst und nach monastischer Psalmenverteilung die gesamte Woche über. In anderen Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 273 <?page no="274"?> Horen werden lediglich in den Laudes die Psalmen 148 - 150 und zusätzlich nach römischem Cursus die Psalmen 62/ 66 durch eine Antiphon verbunden. Dass Antiphonen, deren Text aus einem bestimmten Psalm entlehnt wurde, auch zu eben diesem Psalm passen, liegt auf der Hand. Da die Psalmen 148 - 150 Gott und seine Schöpfung bejubeln, eignen sich die Texte aller Antiphonen aus den Hallelujapsalmen, vom Inhalt her betrachtet, auch zu jedem dieser Psalmen einzeln. Ähnlich ist es bei den Psalmen 62/ 66: Psalm 62 entfaltet die Sehnsucht nach Gott und Psalm 66 ist ein Danklied für den Segen Gottes. An den Texten der zu diesen Psalmen tradierten Antiphonen kann man anhand des Inhalts folglich nicht erkennen, ob sie etwa vor die Entstehung der uns bekannten Psalmenordnungen weisen könnten. Sie werden aus diesem Grund hier nicht weiter behandelt. Um sehen zu können, ob die Genese einer Antiphon aus der Sicht ihres Inhalts hypothetisch mit der Psalmenordnung korrespondiert, wurde erforscht, ob in Verbindung mit den Doppelpsalmen der Vigilien das Thema einer Antiphon nur zu dem Psalm passt, aus dem der Text stammt, oder auch zum jeweils anderen Psalm. Es wurden nur die Psalmen der Vigilien von Montag bis Samstag in den Blick genommen. Bei Psalmen, die nach monastischer Verteilung in den Vigilien des Sonntags stehen, wird an entprechender Stelle darauf verwiesen. Zur Orientierung folgend die Ordnungen der Vigilien von Montag bis Samstag nach römischem und von Sonntag bis Samstag nach monastischem Brauch: Ordnung der mit Antiphonen gesungenen Psalmen in den Vigilien von Montag bis Samstag nach dem cursus Romanus: Fer. II Fer. III Fer. IV Fer. V Fer. VI Sab. 26, 27 38, 39 52, 54 68, 69 80, 81 97, 98 28, 29 40, 41 55, 56 70, 71 82, 83 99, 100 30, 31 43, 44 57, 58 72, 73 84, 85 101, 102 32, 33 45, 46 59, 60 74, 75 86, 87 103, 104 34, 35 47, 48 61, 63 76, 77 88, 88 105, 106 36, 37 49, 51 65, 67 78, 79 95, 96 107, 108 Ordnung der mit Antiphonen gesungenen Psalmen in den Vigilien von Sonntag bis Samstag nach dem cursus monasticus: Dom. Fer. II Fer. III Fer. IV Fer. V Fer. VI Sab. 20, 21 32, 33 45, 46 59, 60 73, 74 85, 86 101,102 22, 23 34, 36 I 47, 48 61, 65 76, 77 I 88 I, 88 II 103 I, 103 II 24, 25 36 II, 37 49, 51 67 I, 67 II 77 II, 78 92, 93 104 I, 104 II 26, 27 38, 39 52, 53 68 I, 68 II 79, 80 95, 96 105 I, 105 II 28, 29 40, 41 54, 55 69, 70 81, 82 97, 98 106 I, 106 II 30, 31 43, 44 57, 58 71, 72 83, 84 99, 100 107, 108 274 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="275"?> Es werden folgend die Antiphonen der Vigilien von Montag bis Samstag nach römischer Psalmenverteilung entsprechend ihres Halbverses eines Psalms sortiert und danach eingeteilt, ob sie von der sprachlichen Sinnrichtung her zu beiden, zu einem oder zu keinem der Psalmen passen. Können sie quasi als ein Bindeglied zwischen den beiden Psalmen fungieren, oder wirken sie eher wie ein Fremdkörper? Zu jeder Antiphon, die zu dieser Gruppe gehört, wird aufgezeigt: • wo im Ferialoffizium sie verortet ist • welcher thematische Zusammenhang mit beiden Psalmen des Psalmenpaares hergestellt werden kann • eine knappe Bilanzierung Es werden alle Antiphonen einzeln betrachtet, die aus den untersuchten Handschriften ermittelt werden konnten. Jede Antiphon wird in Verbindung zu dem Psalmenpaar gesehen, zu dem sie erklingt. Eine ausführliche Auswertung erfolgt erst bei Teil B, 3.4.5 in der zusammenfassenden Deutung. Dort werden alle Antiphonen zu den Vigilien von Feria II bis Sabbato dahingehend betrachtet, inwiefern ihre Texte Rückschlüsse bieten, abhängig oder unabhängig von der römischen und/ oder monastischen Ordnung der Psalmenverteilung entstanden zu sein. 3.4.1 Antiphonen von Vers 1 des Psalms im Zusammenhang mit den Psalmenpaaren 3.4.1.1 Antiphonen als Bindeglied zwischen zwei Psalmen Folgend werden alle Antiphonen in den Blick genommen, die sowohl nach römischer als auch nach monastischer Psalmenverteilung wie ein Bindeglied zwischen zwei Psalmen eines Psalmenpaares der Vigilien betrachtet werden können. • Rectos decet collaudatio (Ps 32,1 [1b]; Nr. 82) bringt zum Ausdruck, dass es sich für die Frommen ziemt, Gott zu loben; Verortung im Ferialoffizium: CR und CM: Vigilien des Montags; Psalmenpaar: Psalm 32 und 33 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 32 ist ein Loblied auf den mächtigen und gnädigen Gott. - Psalm 33 ist ein Lied, das daran erinnert, dass alle unter Gottes Schutz stehen und niemand zu verzweifeln braucht. Die Aufforderung zum Lob Gottes, die in der Antiphon zum Ausdruck kommt, kann sich auf beide Psalmen beziehen. • Expugna impugnantes me (Ps 34,1 [1b]; Nr. 85) appeliert an Gott, er möge jene Menschen bekämpfen, die den Beter attakieren. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 275 <?page no="276"?> Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Montags; Psalmenpaar: Psalm 34 und 35 CM: Vigilien des Montags; Psalmenpaar: Psalm 34 und 36 I Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 34 erfleht die Rettung vor falschen Anklägern. - Psalm 35 stellt Frevler den gläubigen Menschen gegenüber und besingt Gott, die Quelle des Lebens. - Psalm 36 erinnert daran, auf Gott, den Anwalt der Guten, zu vertrauen und sich nicht über die Bösen zu erregen. In der Antiphon wird der Gedanke aufgegriffen, dass Gott die Frevler bekämpfen möge. Dieser Aspekt tritt in allen drei Psalmen auf. • Ne in ira tua arguas me domine (Ps 37,2 [1b]; Nr. 90) erbittet von Gott, er möge den Beter nicht in seinem Zorn strafen. Verortung im Ferialoffizium: CR: Diese Antiphon ist rein monastische Tradition. CM: Psalm 36 II und Psalm 37 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 36 erinnert daran auf Gott, den Anwalt der Guten, zu vertrauen und sich nicht über die Bösen zu erregen. - In Psalm 37 beklagt ein Kranker, bei Gott um Hilfe suchend, seine Not. Ne in ira tua verbindet beide Psalmen in der Hinsicht, dass er die Bitte an Gott richtet, nicht wie in Psalm 36 mit den Frevlern bestraft zu werden und den gebeugten Beter wie in Psalm 37 nicht noch mehr zu peinigen. • Auribus percipite qui habitatis orbem (Ps 48,1 [1b]; Nr. 99) fordert die Bewohner des Erdkreises auf etwas zu hören. Verortung im Ferialoffizium: CR und CM: Vigilien des Dienstags; Psalmenpaar: Psalm 47 und 48 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 47 ist ein Lied für Zion, die Stadt Gottes. - Psalm 48 gedenkt der Vergänglichkeit des Menschen. Da Auribus percipite noch nicht bekannt gibt, dass es in Psalm 48 darum geht, sich der Vergänglichkeit des Menschen zu erinnern, kann diese Antiphon auch mit Psalm 47 kombiniert einen Sinn ergeben. In diesem Fall wäre das, was „ die Bewohner des Erdkreises hören sollen “ , eben ein Lied für Zion. • Deus deorum dominus locutus est (Ps 49,1 [1a]; Nr. 100) macht eine Aussage, dass Gott etwas gesagt hat. Verortung im Ferialoffizium: CR und CM: Vigilien des Dienstags; Psalmenpaar: Psalm 49 und Psalm 51 276 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="277"?> Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 49 zeigt auf, was Gott von seinem Volk erwartet, wie der rechte Gottesdienst zu sein habe. - Psalm 51 stellt das Vertrauen der Frommen der Überheblichkeit der Bösen gegenüber. Da in Deus deorum das Entscheidende, was Gott aller Götter gesagt haben soll, offen bleibt und im Grunde kein wirklicher Inhalt vorliegt, kann diese Antiphon, inhaltlich betrachtet, auch mit sämtlichen Psalmen kombiniert werden. Dass eine derartige Antiphon geschaffen wurde, liegt ebenfalls nicht an der inhaltlichen Dimension. Vielmehr steht sie eben am Anfang des Psalms und genügt diesem Kriterium. • Quoniam in te confidit anima mea (Ps 56,1 [1b]; Nr. 119) ist reiner Nebensatz, kann aber dennoch auch losgelöst vom Kontext des Psalms verstanden werden. In der Antiphon bestätigt der Beter, dass seine Seele auf Gott vertraut. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar: Psalm 55 und 56 CM: Psalm 56 erklingt am Mittwoch in den Laudes Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 55 ist ein Vertrauensbekenntnis eines Angefeindeten. - Psalm 56 besingt die Geborgenheit im Schutz Gottes. Quoniam in te passt inhaltlich betrachtet sowohl zum Vertrauensbekenntnis in Psalm 55 als auch zu der in Psalm 56 besungenen inneren Gewissheit des Beters aufgrund der Verbundenheit mit Gott. • Domine deus in adjutorium meum intende (Ps 69,1 [1a]; Nr. 143) erfleht Gottes Hilfe und Rettung. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 68 und 69 CM: Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar: Psalm 69 und 70 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 68 ist ein Gebet in schwerer Not, ein Hilferuf eines unschuldig Verfolgten. - Psalm 69 äußert die Bitte um Gottes Hilfe angesichts von Not und Schmach - Psalm 70 drückt die Suche eines Betenden nach Zuflucht bei Gott aus. Domine deus in adjutorium greift in der Antiphon den Gebetscharakter aller drei Psalmen auf. • Et invocabimus nomen tuum domine (Ps 74,2 [1b]; Nr. 151) besingt Gottes Namen. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 74 und 75 CM: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 73 und 74 Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 277 <?page no="278"?> Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 73 ist eine Klage über die Verwüstung des Heiligtums. - Psalm 74 entfaltet, dass Gott ein gerechter Richter sei. - Psalm 75 besingt Gott als Weltenrichter auf dem Zion. Der sehr allgemein gehaltene und damit vielfältig einsetzbare Inhalt von Et invocabimus, der lediglich verlautet, dass man den Namen Gottes anruft, ist mit allen drei Psalmen kompatibel. • In israel magnum nomen ejus (Ps 75,2 [1b]; Nr. 152) preist den Namen Gottes, der allerdings in der Antiphon nicht explizit benannt wird. Im Zusammenhang mit dem Gesamtpsalm, Psalm 75, erfährt man, dass Gott dort als Weltenrichter besungen wird. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 74 und 75 CM: Psalm 75 erklingt nach monastischer Psalmenverteilung in den Laudes des Freitags. Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 74 entfaltet, dass Gott ein gerechter Richter sei. - Psalm 75 besingt Gott als Weltenrichter auf dem Zion. In israel besingt die Größe des Namens Gottes und vermag den Inhalt beider Psalmen in diesen Horizont zu stellen. • Vox mea ad deum et intendit mihi (Ps 76,2 [1b]; Nr. 153) spricht davon, dass der Beter so lange nach Gott ruft, bis er ihn hört. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 76 und 77 CM: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 76 und 77 I Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 76 bringt zum Ausdruck, dass Gott den Weg mit seinem Volk mitgeht. - Psalm 77 erzählt aus der Geschichte Israels als Mahnung und Warnung. Das Vertrauen, das aus Vox mea ad deum spricht, kann in beiden Psalmen das Licht der Hoffnung stärken. • Attendite popule meus legem meam (Ps 77,1 [1a]; Nr. 156) ist eine Ermahnung an Gottes Volk, auf Gottes Gesetze zu achten. Inclinate aurem vestram in verba oris mei (Ps 77,1 [1b]; Nr. 157) ermahnt den Hörer auf Gottes Wort zu hören. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 76 und 77 CM: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 76 und 77 I sowie Psalm 77 II und 78 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 76 bringt zum Ausdruck, dass Gott den Weg mit seinem Volk mitgeht. 278 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="279"?> - Psalm 77 erzählt aus der Geschichte Israels als Mahnung und Warnung. - Psalm 78 ist eine Klage über die Zerstörung Israels. In den Psalmen 76 und 77 kommt Gott selbst zu Wort. Daher passen auch beide Antiphonen, in denen ebenfalls Gottes Wort verlautet wird, zu diesen Psalmen. Beide Antiphonen lassen die beiden Psalmen wie unter einer jeweils anderen Überschrift erscheinen, die den Psalmen einen bestimmten Fokus setzen. In Verbindung mit Attendite popule wird der Beter daran erinnert, dass, wer auf Gottes Gesetz achtet, auch seinen Trost erfährt. Im Zusammenhang mit Inclinate aurem regt es die Betenden an, auf Gottes Wort zu hören und aus den Fehlern der Geschichte zu lernen. Zu Psalm 78 passen beide Antiphonen auf den ersten Blick weniger. Hier stimmt die Sprachrichtung von Psalm und Antiphon nicht überein. Während in den Antiphonen Gott selbst zu Wort kommt, ist Psalm 78 eine Klage des Volkes Gott gegenüber. Die Verbindung könnte in einer Ermahnung dem Klagenden gegenüber gesehen werden, auf Gottes Gesetze und Worte zu achten, damit, aus dem Blickwinkel von Ursache und Wirkung betrachtet, sich die Klage erübrige. • Benedixisti domine terram tuam (Ps 84,2 [1a]; Nr. 163) äußert, dass Gott einst seine Erde gesegnet hat. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Freitags; Psalmenpaar: Psalm 84 und 85 CM: Vigilien des Donnerstags; Psalm 83 und 84 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 83 besingt die Freude am Heiligtum Gottes. - Psalm 84 drückt die Hoffnung um das verheißene Heil für alle aus. - Psalm 85 ist der Hilferuf eines Armen Menschen nach Gottes Gnade. Benedixisti domine lenkt das Bewusstsein auf den Aspekt des Gesegnetseins, der sowohl in Psalm 83 als auch in Psalm 84 präsent ist. In Psalm 85 fehlt dieser Gedanke nur vordergründig. Er korrespondiert von der sprachlichen Ausrichtung her mit den Versen Herr du bist gütig und bereit zu verzeihen (V 5), Denn du bist groß und tust Wunder (V 10), Du hast mich aus den Tiefen des Totenreichs entrissen, denn groß ist über mir deine Huld (V 13) und Du aber bist ein barmherziger und gnädiger Gott (V 15). • Cantate domino canticum novum (Ps 95,1 [1a]; Nr. 175) und Cantate domino et benedicite nomini ejus (Ps 95,2 [2a]; Nr. 176) regen dazu an, Gott ein Lied zu singen. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Freitags; Psalmenpaar: Psalm 95 und 96 CM: Vigilien des Freitags; Psalmenpaar: Psalm 95 und 96 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 95 besingt Gott, den König und Richter aller Welt. - Psalm 96 ist ein Aufruf zur Freude über den Herrscher der Welt. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 279 <?page no="280"?> Cantate domino greift die in beiden Psalmen vorhandene Einladung zum Lob Gottes auf und verstärkt sie. • Quia mirabilia fecit dominus (Ps 97,1 [1b]; Nr. 175) weist darauf hin, dass Gott Wunderbares vollbracht hat. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Samstags; Psalmenpaar: Psalm 97 und 98 CM: Vigilien des Freitags; Psalmenpaar: Psalm 97 und 98 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 97 lädt dazu ein, ein neues Lied auf Gott als Retter und Richter zu singen. - Psalm 98 besingt Gott auf dem Zion. In beiden Psalmen kommt das Lob Gottes in der sprachlichen Form des Adhortativs zum Ausdruck. Quia mirabilia wirkt dort wie eine natürliche Begründung dafür, dass die Menschen Gott preisen sollen. • Benedic anima mea domino (Ps 103,1 [1a]; Nr. 183); erinnert die Seele daran, Gott zu preisen. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Samstags; Psalmenpaar: Psalm 103 und 104 CM: Vigilien des Samstags; Psalmenpaar: Psalm 103 I und 103 II Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 103 ist ein Loblied auf den Schöpfer. - Psalm 104 ist ein Loblied auf den Herrn der Geschichte. Benedic anima verstärkt den Gedanken des Lobpreises in beiden Psalmen. • Paratum cor meum deus (Ps 107,2 [1a]; Nr. 189) bringt zum Ausdruck, dass das Herz des Beters für Gott offen sei. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Samstags; Psalmenpaar: Psalm 107 und 108 CM: Vigilien des Samstags; Psalmenpaar: Psalm 107 und 108 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 107 bekräftigt Gott als Hilfe und Schutz seines Volkes und spricht von der Hoffnung, gemeinsam mit Gott zu siegen. - Psalm 108 bringt die Bitte um Hilfe gegen erbarmungslose Feinde zum Ausdruck. Die Klage über Widersacher weicht dem lobenden Bekenntnis zu Gott erst in den beiden letzten Versen des Psalms. In beiden Psalmen sowie in der Antiphon kommt ein Einzelner zu Wort. Paratum cor meum lässt offen, wozu das Herz des Betenden bereit sei. Daher kann die Antiphon vielfältig angepasst werden. • Cantabo et psalmum dicam (Ps 107,1 [1b]; Nr. 190) ist der Gesang eines Menschen vor Gott als Ausdruck der Freude. Verortung im Ferialoffizium: siehe oben. 280 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="281"?> Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: siehe oben bei Paratum cor meum deus. In Psalm 107 verstärkt Cantabo et psalmum dicam den Lobgesang des einzelnen Menschen. In Psalm 108 stimmt er in das in seinen beiden letzten Versen präsente lobende Bekenntnis eines Betenden ein und stellt dieses wie eine Orientierungslinie über den Psalm. 3.4.1.2 Antiphonen als Bindeglied zwischen zwei Psalmen und als Fremdkörper Folgend werden Antiphonen, betrachtet, die nur im cursus monasticus als Bindeglied zwischen zwei Psalmen eines Psalmenpaares betrachtet werden können, im cursus Romanus jedoch wie ein Fremdkörper wirken, wenn man sie zu den Psalmen singt, für die sie vorgesehen sind. Sie lassen eventuell Rückschlüsse zu, inwiefern sie genetisch mit der Psalmenordnung zu betrachten sind, zu der sie überliefert sind. • Quam bonus deus israel (Ps 72,1 [1a]; Nr. 145) bekennt, dass der Gott Israels gut ist. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 72 und 73 CM: Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar: Psalm 71 und 72 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 71 ist ein Segenswunsch für den Friedenskönig und sein Reich. - Psalm 72 hat das scheinbare Glück der Frevler im Blick, jedoch viel mehr das Glück dessen, der auf Gott vertraut. - Psalm 73 ist eine Klage über die Verwüstung des Heiligtums. Quam bonus passt zu den beiden Psalmen, zu denen diese Antiphon im monastischen Cursus erklingt. Mit Psalm 73 hingegen, der mit Psalm 72 nach römischem Brauch gekoppelt wird, hat sie keine inhaltliche Gemeinsamkeit. • Exsultate deo adjutori nostro (Ps 80,2 [1a]; Nr. 161) fordert zum Lob Gottes auf. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Freitags; Psalmenpaar: Psalm 80 und 81 CM: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 79 und 80 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 79 ist ein Gebet für Israel, den Weinstock Gottes. - Psalm 80 ist ein Aufruf zu Treue gegenüber Gott. Psalm 81 erhebt die Bitte an Gott, er möge nicht länger ungerecht richten, sondern Gericht über die Götter der Frevler halten. Exsultate deo vermag zwischen Psalm 79 und 80 ein Bindeglied zu sein. Dort verstärkt es den in beiden Psalmen präsenten Gedanken des Jubels. Dieser ist in Psalm 81 nicht zu erkennen. Dort wirkt die Antiphon eher wie ein Fremdkörper. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 281 <?page no="282"?> 3.4.1.3 Antiphonen als Fremdkörper zu Psalmen Die folgend gelisteten Antiphonen wirken zu mindestens einem der Psalmen nach römischer und monastischer Ordnung gesungen wie ein Fremdkörper • Ut non delinquam in lingua mea (Ps 38,2 [1b]; Nr. 91) formuliert im Nebensatz, dass der Beter nicht mit seiner Zunge sündigen möge, und greift damit die Thematik des Psalms auf, die von der Not des vergänglichen und immer wieder zur Schuld neigenden Menschen spricht. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Dienstags; Psalmenpaar: Psalm 38 und 39 CM: Vigilien des Montags; Psalmenpaar: Psalm 38 und 39 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 38 äußert im Angesicht der Vergänglichkeit des Menschen eine Bitte um Vergebung für unbedachtes Handeln in großer Not. - Psalm 39 erzählt voll Dank und Hingabe von den Weisungen Gottes. Ut non delinquam ist mit Gedanken des Psalms 38 kompatibel, mit jenen von Psalm 39 jedoch nicht. Der Gedanke des Sündigens ist dort nicht präsent. • Eructavit cor meum verbum bonum (Ps 44,2 [1a]; Nr. 96) besingt, dass das Herz des Betenden von einem guten Wort überfließt. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Dienstags; Psalmenpaar: Psalm 43 und 44 CM: Vigilien des Montags; Psalmenpaar: Psalm 43 und 44 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 43 ist eine Klage in Kriegsnot und eine dringende Bitte an Gott, er möge im Angesicht von viel Elend helfen. - Psalm 44 ist ein Lied zur Hochzeit des Königs. Eructavit cor ist als Antiphon genetisch nicht mit Psalm 43 zusammenzubringen. Dieser Psalm erzählt von viel Schmach und Schande in der Not des Kriegs. Die Vorstellung, dass das Herz von einem guten Wort überströmen könnte, hat hier keine Relevanz. • Adjutor in tribulationibus (Ps 45,2 [1b]; Nr. 97) spricht von einem Helfer in Nöten Verortung im Ferialoffizium: CR und CM: Vigilien des Dienstags; Psalmenpaar: Psalm 45 und 46 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 45 handelt von Gott, der den Betern eine Burg ist. - Psalm 46 besingt Gott den höchsten Herrscher und König aller Völker. Die Antiphon Adjutor in tribulationibus ergibt nur in Zusammenhang mit Psalm 45 einen Sinn. Psalm 46 ist der Gedanke von einem Helfer, nach dem aufgrund von Not verlangt wird, fremd. 282 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="283"?> • Magnus dominus et laudabilis nimis (Ps 47,2 [1a]; Nr. 98) ist ein Bekenntnis zu Gott, der groß und lobenswert ist. Verortung im Ferialoffizium: CR und CM: Vigilien des Dienstags; Psalmenpaar: Psalm 47 und 48 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 47 ist ein Lied für Zion, die Stadt Gottes. - Psalm 48 gedenkt der Vergänglichkeit des Menschen. Wenn man die Antiphon Magnus dominus mit Psalm 48 zusammen denkt, so liegt der Gedanke nahe, man könnte Gott aufgrund der Vergänglichkeit und des Elends des Menschen loben. Das wäre dann vielleicht als Sarkasmus eines Menschen zu interpretieren. • Juste judicate filii hominum (Ps 57,2 [1b]; Nr. 120) ermahnt das Menschengeschlecht dazu, gerecht zu richten. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar: Psalm 57 und 58 CM: Vigilien des Dienstags; Psalmenpaar: Psalm 57 und 58 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 57 verkündet Gott als Richter, der diesem Anspruch genügt. - Psalm 58 bringt eine Klage eines Verfolgten zum Ausdruck, aber auch die Bitte um Schutz sowie die Zuversicht, bei Gott Zuflucht zu finden. In Psalm 58 wird stets Gott selbst angeredet. Es ist eine reine Zwiesprache zwischen dem Betenden und Gott. Ihm wird von Übeltaten berichtet und er wird gebeten, diesen ein Ende zu bereiten. Die Anrede filii hominum passt nicht zu Psalm 58. • A timore inimici eripe (Ps 63,2 [1b]; Nr. 133) fleht darum, dass Gott den Beter vor dem Schrecken des Feindes bewahren möge. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar: Psalm 61 und 63 CM: Psalm 63 erklingt nach monastischer Psalmenverteilung in den Laudes des Mittwochs. Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 61 ist ein Lied des Vertrauens auf Gottes große Macht und Huld. - Psalm 63 thematisiert die Bitte um Schutz vor den Feinden. A timore inimici eripe ist, vom Inhalt her betrachtet, dem Psalm 61 fremd. • Inclina domine aurem tuam mihi (Ps 85,1 [1a]; Nr. 164) drückt den Wunsch des Beters aus, dass Gott ihm sein Ohr zuneige. Verortung im Ferialoffizium: CR: Aus Psalm 85 ist im römischen FO keine Antiphon tradiert. CM: Vigilien des Freitags; Psalmenpaar: Psalm 85 und 86 Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 283 <?page no="284"?> Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 85 ist der Hilferuf eines Armen. - Psalm 86 besingt Zion, die Mutter aller Völker. Inclina domine scheint als Verbindung dieser beiden Psalmen eher ungeeignet. Die sprachliche und inhaltliche Ausrichtung von Psalm 86 ist verschieden. Dort gibt es keinen Vers, der Gott direkt anspricht. Es wird in Psalm 86 über Gott gesprochen, der Zion liebe. • Fundamenta ejus in montibus sanctis (Ps 86,1 [1a]; Nr. 165) besagt, dass seine (Gottes) Gründung auf heiligen Bergen sei. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Freitags; Psalmenpaar: Psalm 86 und 87 CM: Vigilien des Freitags; Psalmenpaar: Psalm 85 und 86 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 85 ist der Hilferuf eines Armen. - Psalm 86 besingt Zion, die Mutter aller Völker. - Psalm 87 ist ein Klagepsalm eines Kranken und Einsamen. Fundamenta ejus weist auf Zion, den heiligen Berg, der eine Gründung Gottes sei. Weder in Psalm 85 noch in Psalm 87 ist dieser Gedanke präsent. • Jubilate deo omnis terra (Ps 99,2 [1a]; Nr. 178) lädt den Erdkreis zum Lob Gottes ein. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Samstags; Psalmenpaar: Psalm 99 und 100 CM: Vigilien des Freitags; Psalmenpaar: Psalm 99 und 100 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 99 ist ein Lobgesang der Völker beim Einzug ins Heiligtum. - Psalm 100 singt von den guten Vorsätzen des Königs. Die sprachliche Richtung beider Psalmen ist unterschiedlich. Während in Psalm 99 Menschen Gott gegenüber Lob aussprechen, führt in Psalm 100 ein König Selbstgespräche und erzählt, was er vollbringen will. Soll deshalb Gott auf der ganzen Erde gepriesen werden? • Clamor meus ad te veniat deus (Ps 101,2 [1b]; Nr. 182) ist der Schrei eines Menschen, der hofft, sein Beten werde zu Gott vordringen. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Samstags; Psalmenpaar: Psalm 101 und 102 CM: Vigilien des Samstags; Psalmenpaar: Psalm 101 und 102 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 101 handelt von einem unglücklichen Menschen, der sich im Gebet Hilfe verspricht. - Psalm 102 ist ein Loblied auf den gütigen und verzeihenden Gott. 284 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="285"?> In Psalm 102 ist von der inhaltlichen Stimmigkeit her kein Raum für den Schrei eines unglücklichen Menschen. 3.4.2 Antiphonen von Vers 2 des Psalms im Zusammenhang mit den Psalmenpaaren Die Antiphonen werden entsprechend den Kapiteln Teil B, 3.4.1 und 3.4.2 dargestellt. Die Auswertung erfolgt unter B, 3.4.5. 3.4.2.1 Antiphonen als Bindeglied zwischen zwei Psalmen • Adorate dominum in aula sancta ejus (Ps 28,2 [2b]; Nr. 79) regt dazu an, Gott in seinem Heiligtum anzubeten. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Montags; Psalmenpaar: Psalm 28 und 29 CM: Vigilien des Sonntags; Psalmenpaar: Psalm 28 und 29 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 28 ist ein Lobpreis auf Gottes Herrlichkeit. - Psalm 29 ist der Dank für die Rettung aus Todesnot. Adorate dominum kann den Blick in Verbindung mit beiden Psalmen darauf lenken, Gott anzubeten. Die Sprachrichtung ist mit beiden Psalmen kompatibel. • In domino laudabitur anima mea audiant mansueti et laetentur (Ps 33,3 [2]; Nr. 84) gibt davon Ausdruck, dass die Seele des Beters Gott lobt, Arme dies hören und sich daran freuen sollten. Verortung im Ferialoffizium: CR: In domino ist nur in der monastischen Tradition verankert. CM: Vigilien des Montags; Psalmenpaar: Psalm 32 und 33 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 32 ist ein Loblied auf den mächtigen und gütigen Gott. - Psalm 33 ist ein Lied, das daran erinnert, dass alle unter Gottes Schutz stehen und niemand zu verzweifeln braucht. In domino laudabitur stellt beide Psalmen unter das Lob Gottes und verstärkt dadurch diesen Gedanken. • Liberasti virgam hereditatis tuae (Ps 73,2 [2b]; Nr. 150) erinnert Gott daran, dass er den Stamm seines Erbes befreit habe. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 72 und 73 CM: Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar: Psalm 71 und 72 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 71 ist ein Segenswunsch für den Friedenskönig und sein Reich. - Psalm 72 hat das scheinbare Glück der Frevler im Blick, jedoch viel mehr das Glück dessen, der auf Gott vertraut. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 285 <?page no="286"?> Psalm 73 ist ein Klagelied über die Verwüstung des Heiligtums, das dennoch Vertrauen Gott gegenüber zum Ausdruck bringt. Der Gedanke der Freiheit des Stammes Israel vermag alle drei Psalmen zu verbinden. • Exaltare qui judicas terram (Ps 93,2 [2a]; Nr. 174) ermahnt Gott, er möge sich erheben und die Erde richten. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Freitags; Psalmenpaar: Psalm 88 und 93 CM: Vigilien des Freitags; Psalmenpaar: Psalm 92 und 93 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 88 benennt Verheißungen an König David und klagt über Verwerfungen seines Hauses. - Psalm 92 besingt das Königtum Gottes. - Psalm 93 preist Gott, den Anwalt der Gerechten. In allen drei Psalmen wird Gott direkt angesprochen. Vom sprachlichen Duktus her betrachtet, verbindet Exaltare qui sowohl die Psalmen 88 und 93 als auch die Psalmen 92 und 93. 3.4.2.2 Eine Antiphon als Fremdkörper zum Psalm • Intret oratio mea in conspectu tuo domine (Ps 87,3 [2a]; Nr. 167) drückt die Bitte aus, dass das Gebet des Beters zu Gott vordringen möge und der Name Gottes gepriesen werde. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Freitags; Psalmenpaar: Psalm 86 und 87 CM: Psalm 87 erklingt gemäß dem CM in den Laudes des Donnerstags. Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 86 besingt Zion, die Mutter aller Völker. - Psalm 87 ist ein Klagepsalm eines Kranken und Einsamen. Intret oratio hat im Vergleich mit Psalm 86 eine andere sprachliche Ausrichtung. Während in der Antiphon ein Mensch zu Gott fleht, wird in Psalm 86 über Zion, die Mutter aller Völker, gesprochen. Eine inhaltliche Verbindung zwischen Psalm und Antiphon sucht man hier vergebens. In Psalm 86 gibt es keinen Raum für das Gebet eines einzelnen Menschen. 3.4.3 Antiphonen von der Mitte des Psalms im Zusammenhang mit den Psalmenpaaren Die Antiphonen werden entsprechend den Kapiteln Teil B, 3.4.1 und 3.4.2 dargestellt. Die Auswertung erfolgt unter B, 3.4.5. 286 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="287"?> 3.4.3.1 Antiphonen als Bindeglied zwischen zwei Psalmen • Sedebit dominus rex in aeternum (Ps 28,10 (10b); Nr. 80) nennt Gott einen König in Ewigkeit. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Montags; Psalmenpaar: Psalm 28 und 29 CM: Vigilien des Sonntags; Psalmenpaar: Psalm 28 und 29 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 28 rühmt Gottes Stärke und Schutz. - Psalm 29 ist der Dank für die Rettung aus Todesnot. Mit Sedebit dominus verbindet man beide Psalmen und betont die Vorstellung von Gott, dem in Ewigkeit gedankt und der immer gepriesen werden soll. • Bene psallite domino in jubliatione (Ps 32,3 [3b]; Nr. 83) bejubelt Gott mit Psalmengesang. Verortung im Ferialoffizium: CR und CM: Vigilien des Montags; Psalmenpaar: Psalm 32 und 33 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 32 fordert dazu auf, Gott ein neues Lied zu singen. - Psalm 33 ist ein Lied, das daran erinnert, dass alle unter Gottes Schutz stehen und niemand zu verzweifeln braucht. Der Jubel, der in Bene psallite zum Ausdruck kommt, verbindet beide Psalmen. • Anima mea exsultabit in domino (Ps 34,9 [9]; Nr. 86) sagt, dass die Seele des Betenden in Gott jubelt und sich an seinem Heil erfreut. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Montags; Psalmenpaar: Psalm 34 und 35 CM: Vigilien des Montags; Psalmenpaar: Psalm 34 und 36 I Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 34 singt davon, dass Gott die Schwachen in Schutz nimmt. - Psalm 35 besingt Gott, die Quelle des Lebens. - Psalm 36 erinnert daran, auf Gott, den Anwalt der Guten, zu vertrauen. Die Antiphon Anima mea passt harmonisch zu allen drei Psalmen. • Spera in domino et fac bonitatem (Ps 36,3 [3a]; Nr. 88) ermahnt dazu, auf Gott zu hoffen und Gutes zu tun; Revela domino viam tuam (Ps 36,5 (5a); Nr. 89) weist daruf hin, dem Herrn den Weg zu ebnen. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Montags; Psalmenpaar: Psalm 36 und 37 CM: Vigilien des Montags; Psalmenpaar: Psalm 34 und 36 I oder Psalm 36 II und 37 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 34 singt davon, dass Gott die Schwachen in Schutz nimmt. - Psalm 35 besingt Gott, die Quelle des Lebens Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 287 <?page no="288"?> - Psalm 36 erinnert daran, auf Gott, den Anwalt der Guten, zu vertrauen. - Psalm 37 ist die Klage eines Kranken. Die Hoffnung, die in Spera in domino zum Ausdruck kommt, kann als die Psalmen untereinander verbindend betrachtet werden. Auch die Aufforderung, die in Revela domino steckt, dem Herrn den Weg zu bereiten, mag das Vertrauen zu Gott in allen Lebenslagen stärken. • Beatus vir cujus est nomen domini spes ejus (Ps 39,5 [5a]; Nr. 92) schätzt jenen Menschen glücklich, der auf Gottes Namen alle Hoffnung setzt. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar: Psalm 38 und 39 CM: Vigilien des Dienstags; Psalmenpaar: Psalm 38 und 39 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 38 spricht von der Not des vergänglichen und immer wieder zur Schuld neigenden Menschen. - Psalm 39 spricht voll Dank und Hingabe von den Weisungen Gottes. Die den auf Gott hoffenden Menschen betonende Antiphon mildert die Klage aus Psalm 38. • Ego dixi domine miserere mei (Ps 40,5 [4a]; Nr. 93) äußert den Wunsch eines Menschen, dass Gott sich seiner erbarme. Sana domine animam (Ps 40,5 [4b]; Nr. 94) bringt die Bitte um Genesung zum Ausdruck. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar: Psalm 40 und 41 CM: Vigilien des Dienstags: Psalmenpaar: Psalm 40 und 41 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 40 ist das Gebet eines Kranken und Verfolgten. - Psalm 41 spricht von der Sehnsucht nach dem lebendigen Gott. Ego dixi und Sana domine könnten aus dem Mund eines Kranken gesprochen sein, vermögen aber auch die in Psalm 41 angesprochene Sehnsucht nach Gott zu intensivieren. • Deus exaudi orationem meam (Ps 53,4 [4]; Nr. 114) erhebt zu Gott die Stimme, er möge das Gebet des Betenden erhören und seinen Worten ein offenes Ohr schenken. Verortung im Ferialoffizium: CR: Psalm 53 wird nach römischer Psalmenverteilung der Psalmodie der Prim vorausgeschaltet. CM: Vigilien des Dienstags; Psalmenpaar: Psalm 52 und 53 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 52 handelt von der Unvernunft der Gottlosen. - Psalm 53 ist der Gesang eines Bedrängten mit der Bitte um Halt. 288 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="289"?> Der an Gott gerichtete Wunsch Deus exaudi, er möge das Gebet des Betenden erhören, greift auch einen Aspekt in Psalm 52 auf, der in V 7 die Sehnsucht nach Gottes Hilfe vom Zion her zum Ausdruck bringt. • Deus vita mea nuntiavi tibi (Ps 55,9 [8a]; Nr. 117) spricht davon, dass das Leben des Beters bei Gott aufgezeichnet sei. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar: Psalm 55 und 56 CM: Vigilien des Dienstags; Psalmenpaar: Psalm 54 und 55 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 55 ist ein Vertrauensbekenntnis eines Angefeindeten. - Psalm 56 besingt Geborgenheit in Gottes Schutz. - Psalm 57 handelt von Gott, dem gerechten Richter. Deus vita mea vermag alle drei Psalmen unter dem Gesichtspunkt zu verbinden, dass in Gott das gesamte Leben geborgen ist. • Da nobis domine auxilium (Ps 59,13 [10a]; Nr. 122) drängt Gott, er möge Hilfe in Widrigkeiten sein. Verortung im Ferialoffizium: CR und CM: Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar: Psalm 59 und 60 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 59 bringt Bitte um Hilfe nach einer Niederlage zur Sprache. - Psalm 60 ist Bitte um Schutz für den Beter und den König. Beide Psalmen sowie auch die Antiphon beinhalten die Bitte um göttliche Hilfe. • Benedicite gentes deum nostrum (Ps 65,8 [8a]; Nr. 135) erinnert die Völker daran, dass sie Gott preisen sollen. In ecclesiis benedicite domino (Ps 67,27 [26b]; Nr. 141) ist ein Aufruf an die Gemeinde, Gott zu preisen. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar: Psalm 65 und 67 CM: Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar: Psalm 61 und 65 sowie Psalm 67 I und 67 II Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 61 ist ein Lied des Vertrauens auf Gottes Macht und Huld. - Psalm 65 ist ein Lobpreis und Dankgebet für Gottes Rettungstaten. - Psalm 67 ist ein Lied auf Gottes Sieg und Herrschaft. Der allgemein gehaltene Lobpreis Gottes in den Antiphonen Benedicite gentes und In ecclesiis verstärkt den Aspekt des Lobes, des Dankes sowie des Vertrauens, der in allen drei Psalmen zum Ausdruck kommt. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 289 <?page no="290"?> • Quaerite dominum et vivet anima vestra (Ps 68,33 [32b]; Nr. 142) ermuntert die Menschen, Gott zu suchen, damit die Seele aufleben kann. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 68 und 69 CM: Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar Psalm 68 I und 68 II Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 68 ist ein Gebet in schwerer Not, ein Hilferuf eines unschuldig Verfolgten. - Psalm 69 äußert die Bitte um Gottes Hilfe angesichts von Not und Schmach. Quaerite dominum vermittelt, dass es um der Seele willen gut sei, Gott zu suchen, und ermuntert die Betenden dazu, dies in allen Bereichen des Lebens zu tun. • Esto mihi domine in deum protectorem (Ps 70,3 [3a]; Nr. 144) spricht vom Wunsch, dass Gott ein Schützender sei. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 70 und 71 CM: Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar: Psalm 69 und 70 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 69 äußert die Bitte um Gottes Hilfe angesichts von Not und Schmach. - Psalm 70 drückt die Suche eines Betenden nach Zuflucht bei Gott aus. - Psalm 71 ist ein Segenswunsch für den Friedenskönig und sein Reich. Die Antiphon Esto mihi kann mit allen drei Psalmen sinnvoll gesungen werden und verstärkt in diesen den Wunsch nach Schutz, Zuflucht und Segen. • Tenuisti domine manum dexteram meam (Ps 72,24 [24a]; Nr. 147) besagt, Gott habe die rechte Hand des Beters genommen. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 72 und 73 CM: Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar: Psalm 71 und 72 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 71 ist ein Segenswunsch für den Friedenskönig und sein Reich. - Psalm 72 hat das scheinbare Glück der Frevler im Blick, jedoch viel mehr das Glück dessen, der auf Gott vertraut. - Psalm 73 ist ein Klagelied über die Verwüstung des Heiligtums, das dennoch Vertrauen Gott gegenüber zum Ausdruck bringt. Tenuisti domine vermittelt dem Beter das Gefühl, dass Gott seine rechte Hand nimmt und in allen Bereichen des Lebens nicht loslässt. • Cogitavi dies antiquos et annos eternos in mente habui (Ps 76,6 [5]; Nr. 154) gibt darüber Auskunft, dass der Betende über vergangene Tage nachdenkt. Tu es deus qui facis mirabilia (Ps 76,15 [14]; Nr. 155) spricht davon, dass Gott es sei, der Wunder tut. 290 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="291"?> Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 76 und 77 CM: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 76 und 77 I Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 76 erinnert an Gottes Trost in Nöten und den Weg mit seinem Volk. - Psalm 77 erzählt aus der Geschichte Israels als Mahnung und Warnung. Beide Antiphonen und Tu es deus erscheinen wie ein Bindeglied zwischen den Psalmen. Cogitavi dies antiquos erinnert daran, dass der Betende immer an Gott denkt, und Tu es deus bekräftigt ganz allgemein die Göttlichkeit Gottes, der Wunder tut und dies in Verbindung mit Psalm 77 auch durch die Geschichte Israels hinweg in die Tat umsetzt. • Quam magnificata sunt opera tua domine (Ps 103,24 [24a]; Nr. 184) besingt die wunderbaren Werke Gottes. Laetetur cor quaerentium dominum (Ps 104,3 [3b]; Nr. 185) drückt aus, dass sich das Herz der Gott Suchenden freut. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Samstags; Psalmenpaar: Psalm 103 und 104 CM: Vigilien des Samstags; Psalmenpaar: Psalm 103 I und 103 II sowie Psalm 104 I und 104 II Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 103 lässt ein Loblied auf Gottes Wirken in der Schöpfung erschallen. - Psalm 104 ist ein Loblied auf den Herrn der Geschichte. Beide Antiphonen verstärken den Lobcharakter beider Psalmen. • Visita nos domine in salutari tuo (Ps 105,4 [4b]; Nr. 186) verdichtet die Bitten nach der Nähe Gottes. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Samstags; Psalmenpaar: Psalm 105 und 106 CM: Vigilien des Samstags; Psalmenpaar: Psalm 105 I und 105 II Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 105 bittet Gott, er möge trotz Israels Undankes sein Volk nicht vergessen. - Psalm 106 ist ein Danklied für Gott, den Retter. Die in der Antiphon ausgesprochene Sehnsucht nach der Nähe Gottes verdichtet diesen Wunsch im Vollzug beider Psalmen. • Confitebor domino nimis in ore meo (Ps 108,30 [29a]; Nr. 191) äußert die Absicht eines Betenden, Gott mit seiner Stimme immer loben zu wollen. Verortung im Ferialoffizium: CR und CM: Vigilien des Samstags; Psalmenpaar: Psalm 107 und 108 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 107 besingt Gott als Hilfe und Schutz seines Volkes. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 291 <?page no="292"?> Psalm 108 ist eine Klage und Bitte um Hilfe gegen erbarmungslose Feinde. Im Psalm weicht die Zuversicht der Klage erst im vorletzten Vers mit dem Vers Confitebor domino nimis in ore meo, der als Antiphon erhoben wurde. Diese lenkt den Blick damit auf das Vertrauen Gott gegenüber. Auch im Zusammenspiel mit Psalm 107, der einerseits die Güte und Treue Gottes preist, aber auch um Hilfe gegen Feinde bittet, wirkt Confitebor domino wie ein den Betenden stärkendes Bekenntnis. 3.4.3.2 Antiphonen als Bindeglied zwischen zwei Psalmen und als Fremdkörper Es werden hier die Antiphonen benannt, die nur im cursus monasticus als ein Bindeglied zwischen den beiden Psalmen betrachtet werden können, im cursus Romanus aber wie ein Fremdkörper wirken. • Propitius esto peccatis nostris domine (Ps 78,9 [9b]; Nr. 159) bittet um Vergebung der Sünden, um dadurch Heilung durch Gott zu erlangen. Propter nomen tuum propitius esto peccatis nostris domine (Ps 78,9 [9cd]; Nr. 160) bringt die Bitte vor Gott, er möge die Sünden der Betenden um seines Namens willen verzeihen. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 78 und 79 CM: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 77 II und 78 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 77 erzählt aus der Geschichte Israels als Mahnung und Warnung. - In Psalm 78 beklagen Gläubige des Volkes Israel die durch ihr eigenes Fehlverhalten provozierte Zerstörung Jerusalems. - Psalm 79 ist eine Bitte für Israel, den Weinstock Gottes. Das Zusammenspiel der Antiphonen Propitius esto und Propter nomen tuum im cursus Romanus mit den beiden Psalmen 78 und 79 ist nicht harmonisch. Psalm 79 benennt Wundertaten Gottes und bittet um Gottes großen Beistand. Nichts von Sünde und Schuld kommt hier zur Sprache. Im cursus monasticus passt die Verbindung besser. Im zweiten Teil von Psalm 77 wird erzählt, dass das Volk Israel trotz der großen Taten, die Gott an ihm vollbrachte, Gott immer wieder versuchte und ihm trotzte. (V 56 ff.) • Esto mihi domine in deum protectorem (Ps 70,3 [3a]; Nr. 144) spricht vom Wunsch, dass Gott ein Schützender sei. Verortung im Ferialoffizium: - Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 70 und 71 - Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar: Psalm 69 und 70 - Psalm 69 äußert die Bitte um Gottes Hilfe angesichts von Not und Schmach. - Psalm 70 drückt die Suche eines Betenden nach Zuflucht bei Gott aus. - Psalm 71 ist ein Segenswunsch für den Friedenskönig und sein Reich. 292 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="293"?> Zur Verbindung im cursus Romanus: Die Antiphon Esto mihi, in der der Betende bei Gott Schutz erbittet, ist sowohl von der sprachlichen Ausrichtung her als auch inhaltlich betrachtet, mit Psalm 71 nicht kompatibel: In Psalm 70 kommt ein Mensch zu Wort, der um Lebenskraft ringt; in Psalm 71 wird über den Friedenskönig gesprochen, dem ein erblühendes Reich beschrieben wird. Zur Verbindung im cursus monasticus: Sowohl in Psalm 69 als auch in Psalm 70 kommt ein Mensch zu Wort, der sich Gottes Zuwendung erhofft. Die Antiphon Esto mihi verbindet beide Psalmen harmonisch. 3.4.3.3 Eine Antiphon als Fremdkörper zum Psalm In dieser Kategorie befindet sich eine Antiphon, die im Zusammenhang mit den Psalm 106, zu dem sie erklingt, inhaltlich betrachtet nicht passt: • De necessitatibus libera nos domine (Ps 106,6 [6b]; Nr. 187) trägt die Bitte vor Gott, er möge die Betenden aus ihren Nöten entreißen. Verortung im Ferialoffizium: CR: De necessitatibus ist eine Antiphon des monastischen Cursus CM: Vigilien des Samstags; Psalmenpaar: Psalm 106 I und 106 II Psalm 106 ist ein Danklied für Gott, den Retter. Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen Warum die monastische Tradition im Zusammenhang mit einem Psalm, der zumeist Dank zum Ausdruck bringt, eine Antiphon erschaffen hat, die den Blick auf die Nöte des Menschen lenkt, ist ein Rätsel. 3.4.4 Antiphonen vom Schluss des Psalms im Zusammenhang mit den Psalmenpaaren Alle Antiphonen in dieser Gruppierung können sowohl nach römischer als auch nach monastischer Psalmenordnung als ein Bindeglied zwischen den beiden Psalmen betrachtet werden. • Avertet dominus captivitatem (Ps 52,7 [Sva]; Nr. 113) äußert den Wunsch, dass der Herr die Gefangenschaft seines Volkes abwenden möge. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar: Psalm 52 und 54 CM: Vigilien des Dienstags; Psalmenpaar: Psalm 52 und 53 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 52 handelt von der Unvernunft der Gottlosen. - Psalm 53 ist der Gesang eines Bedrängten mit der Bitte um Halt. - Psalm 54 äußert Klage und Vertrauen eines Alleingelassenen. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 293 <?page no="294"?> Der in Avertet dominus zur Sprache kommende Wunsch, Gott möge der Gefangenschaft ein Ende setzen, lässt sich auch mit den Psalmen 53 und 54 verbinden, denn Bedrängnis und Einsamkeit können in übertragenem Sinn auch als eine Art Gefängnis betrachtet werden. • Susceptor meus es deus meus misericordia mea (Ps 58,18 [Svb]; Nr. 121) besingt Gott als Beistand und Erbarmer des Beters. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar: Psalm 57 und 58 CM: Diese Antiphon ist im monastischen Ferialoffizium nicht zu finden. Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 57 verkündet Gott als Richter, der diesem Anspruch genügt. - Psalm 58 bringt eine Klage eines Verfolgten zum Ausdruck, aber auch die Bitte um Schutz sowie die Zuversicht, bei Gott Zuflucht zu finden. Das in Susceptor meus geäußerte Bekenntnis, dass Gott ein Herz für den Betenden hat, kann in allen Bereichen des Lebens zum Ausdruck gebracht werden. • Adhaerere deo bonum est (Ps 72,28 [Sva]; Nr. 148), besagt, dass es gut sei, an Gott festzuhalten und auf ihn seine Hoffnung zu setzen, und Ponere in deo spem meam (Ps 72,28 [Svb]; Nr. 149) bekräftigt, es gehe den Menschen besser, wenn sie auf Gott hofften so wie der Betende im Psalm. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 72 und 73 CM: Vigilien des Mittwochs; Psalmenpaar: Psalm 71 und 72 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 71 ist ein Segenswunsch für den Friedenskönig und sein Reich. - Psalm 72 hat das scheinbare Glück der Frevler im Blick, jedoch viel mehr das Glück dessen, der auf Gott vertraut. - Psalm 73 ist ein Klagelied über die Verwüstung des Heiligtums, das dennoch Vertrauen Gott gegenüber zum Ausdruck bringt. Adhaerere deo bonum est und Ponere in deo spem meam vermögen mit dem Impuls, sich an Gott fest zu machen, alle drei Psalmen zu verbinden. • In intellectibus manum suarum deduxit eos dominus (Ps 77,72 [Svb]; Nr. 158) besingt, dass Gott sie (sein Volk) mit klugen Händen führte. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 76 und 77 CM: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 76 und 77 I sowie Psalm 77 II und 78 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 76 betrachtet Gottes Weg mit seinem Volk. - Psalm 77 ist ein Gesang zur Geschichte Israels als Mahnung und Warnung. 294 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="295"?> - In Psalm 78 beklagen Gläubige des Volkes Israel die Zerstörung Jerusalems. Im Psalm kommt zum Ausdruck, dass diese Zerstörung als ein Akt des Zornes Gottes gesehen wird, der durch menschliches Fehlverhalten provoziert wird. Die Erinnerung daran, dass Gott sein Volk befreit hat, ist in beiden Psalmen präsent. • Tu solus altissimus super omnem terram (Ps 82,19 [Svb]; Nr. 162) äußert, dass Gott der Höchste auf der ganzen Erde sei. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Freitags; Psalmenpaar: Psalm 82 und 83 CM: Vigilien des Donnerstags; Psalmenpaar: Psalm 81 und 82 Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 81 erhebt die Bitte an Gott, er möge nicht länger ungerecht richten, sondern Gericht über die Götter der Frevler halten. - Psalm 82 äußert die Bitte um Hilfe gegen Feinde des Volkes. - Psalm 83 besingt die Freude am Heiligtum Tu solus, die wie eine Bestätigung wirkt, dass Gott der Höchste sei, kann wie eine Klammer betrachtet werden, die allen drei Psalmen einen Rahmen gibt. • Benedictus dominus in aeternum (Ps 88,53 [Sva]; Nr. 168) preist Gott in alle Ewigkeit. Verortung im Ferialoffizium: CR: Vigilien des Freitags; Psalmenpaar: Psalm 88 und 93 CM: Vigilien des Freitags; Psalm 88 I und 88 II Thematischer Zusammenhang mit den Psalmen: - Psalm 88 benennt Verheißungen an König David und klagt über Verwerfungen seines Hauses. - Psalm 93 preist Gott, den Anwalt der Gerechten. Der allgemein formulierte Lobpreis in Benedictus dominus verstärkt in Psalm 88 das Lob Gottes aufgrund der Verheißungen an König David und in Psalm 93 jenes wegen Gottes Gerechtigkeit. 3.4.5 Zusammenfassende Deutung Die Untersuchtung der Antiphonen, die in den Vigilien der Ferialoffizien von Montag bis Samstag zu Klang kommen, zeigt im Hinblick auf deren Sinnhaftigkeit in Verbindung mit den dort geltenden Psalmenpaaren eine Vielschichtigkeit. Es kann durchaus eine große Anzahl an Antiphonen zu beiden Psalmen gesungen werden, ohne dass man beim Singen des jeweiligen Psalms, aus dem der Text der Antiphon nicht stammt, den Eindruck hat, sie sei ein Fremdkörper. Zu Antiphonen vom Beginn des Psalms Insbesondere bei Antiphonen, deren Text aus dem Anfang ihres Psalms enlehnt wurde, sind die Daten anders: In den Vigilien des cursus Romanus wirkt etwa die Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 295 <?page no="296"?> Hälfte aller Antiphonen zum zweiten Psalm des Doppelpsalms wie ein Einsprengsel bzw. Fremdkörper. Daher ist eine Option, dass diese Antiphonen genetisch nicht mit den nach römischer Psalmenverteilung für die Vigilien vorgesehenen Psalmenpaaren zu betrachten sind. Hypothetisch waren sie aus dem frühchristlichen Mönchtum, wo man in Zusammenhang mit dem kurrenten Psalter routinemäßig den ersten Vers eines Psalms als Antiphon nahm, bekannt und wurden, als der Brauch aufkam, zwei Psalmen zusammenzufassen, einem zweiten Psalm übergestülpt. Infolge der Vorstellung der Meditation des Psalters als Ganzem und der damit verbundenen Relativität der Bedeutung einzelner Psalmverse war es offensichtlich nicht wichtig, ob eine Antiphon inhaltlich zum Psalm passte oder nicht. Diese Beobachtung ist demnach auch ein Argument dafür, dass einerseits die Bildung von Doppelpsalmen in den Vigilien sekundär ist und wahrscheinlich ursprünglich wie auch in der Vesper jeder Psalm eine Antiphon hatte. Andererseits spricht dies auch für das hohe Alter von Ferialantiphonen und deren Genese vor dem Brauch, Psalmen in den Vigilien als Doppelpsalmen zusammenzuschließen. Zu Antiphonen von der Mitte oder dem Schluss des Psalms Insbesondere bei Antiphonen, deren Text aus der Mitte des dazugehörenden Psalms entlehnt und die hypothetisch zu Antiphonen gemacht wurden, um einen bestimmten inhaltlichen Aspekt des Psalms hervorzuheben, sowie bei Antiphonen, deren Text aus dem Schluss ihres Psalms ist, können diese oft fast wie eine Verbindung zwischen den beiden Psalmen gesehen werden: Bei Antiphonen, deren Vers den Schlussvers des Psalms repräsentiert, sind es alle und bei jenen, deren Text einen Vers der Mitte des Psalms exponiert, sind es ca. 80 % aller Antiphonen. Es stellt sich hier die Frage, ob zumindest ein Teil dieser Antiphonen bewusst zu eben diesen erkoren wurden, als es den Brauch, in den Vigilien zwei Psalmen mit einer Antiphon zu vereinen, schon gab. Zur Übereinstimmung von Antiphon und Psalm in den Psalmenordnungen Im Vergleich der Struktur der Vigilien des cursus Romanus mit jener des cursus monasticus harmonieren in letzterer Psalmenverteilung mehr Antiphonen mit beiden Psalmen des Psalmenpaares. Das mag auch daran liegen, dass die Kombination der Psalmen der Paare im cursus monasticus im Vergleich mit jenen des cursus Romanus teilweise vom Inhalt her besser zueinander passen und deshalb dort auch die Antiphon zwischen diesen harmonieren kann. Im Folgenden wird dies aufgezeigt: Aus den oben zusammengestellten Antiphonen werden jene Antiphonen vom Beginn des Psalms gelistet, deren Psalmen zwar in Verbindung mit dem cursus monasticus inhaltlichen Gesichtspunkten entsprechend zueinander passen, gemäß der Verteilung des cursus Romanus jedoch nicht: 1. Quam bonus deus israel (Ps 72,1 [1a]; Nr. 145) bekennt, dass der Gott Israels gut ist; Psalm 72 hat das scheinbare Glück der Frevler im Blick, jedoch viel mehr das 296 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="297"?> Glück dessen, der auf Gott vertraut. Die monastische Tradition kombiniert Psalm 72 mit Psalm 71, der einen Segenswunsch für den Friedenskönig und sein Reich beinhaltet. Quam bonus stellt beide Psalmen in den Horizont dessen, der über allem steht: Den guten Gott Israels. Die römische Psalmenverteilung möchte hier den Psalm 73, der eine Klage über die Verwüstung des Heiligtums ausspricht. Die Vorstellung eines guten Gottes ist hier fern und bekommt erst im letzten Vers des Psalms mit Ponere in deo (Nr. 149) ein kleines Gegengewicht. Hypothetisch wurde diese Antiphon in Zusammenhang mit der römischen Psalmenordnung gewählt, da sie als einziger Vers dieser beiden Psalmen diese zu verbinden weiß. Ob er dann von der monastischen Tradition übernommen wurde, oder ob diese Ponere in deo (Nr. 149) als Vorlage lieferte, ist nicht auszumachen. 2. Exsultate deo adjutori nostro (Ps 80,2 [1a]; Nr. 161) fordert zum Lob Gottes auf; Psalm 80 ist ein Aufruf zu Treue gegenüber Gott. Die monastische Tradition verbindet Psalm 80 mit Psalm 79, der ein Gebet für Israel, den Weinstock Gottes, darstellt. Beide Psalmen werden von Exsultate deo, dem Aufruf zum Jubel über Gott, den Helfer, begleitet. Die römische Psalmenverteilung hat an dieser Stelle in Konjunktion mit Psalm 81 den Psalm 80, der Gott gegenüber die Bitte äußert, er möge nicht länger ungerecht richten, sondern Gericht über die Götter der Frevler halten. Von Jubel ist dort nicht die Rede. Hier wirkt die Antiphon Exsultate deo fremd. Es mag Zufall sein, dass einige der Antiphonen in Verbindung mit der Struktur der Vigilien des cursus monasticus besser harmonieren als mit jener der römischen Psalmenordnung. Es wäre aber auch möglich, dass man im Zuge der Umgestaltung der Psalmenordnung in Zusammenhang mit der benediktinischen Reform ein Auge darauf hatte, ob die Psalmen der Psalmenpaare und die Antiphonen zueinander passen. Dass dieselben Antiphonen, im cursus Romanus verwendet, keine inhaltlich betrachtet sinnvolle Einheit mit beiden Psalmen bilden, könnte ein weiterer Baustein sein, der die These erhärtet, dass zumindest einige der uns bekannten Ferialantiphonen vor die benediktinische Reform weisen. Ferialantiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen 297 <?page no="298"?> 4 Ferialantiphonen, deren Text zum Inhalt des Psalms komponiert wurde 4.1 Bestandsaufnahme In der folgenden Tabelle sind links der Psalm, zu dem eine Antiphon komponiert wurde, benannt sowie die Nummer der Edition. Da der Text dieser Antiphonen nicht dem Wortlaut des Psalms entspricht, zu dem sie gesungen werden, steht jeweils zu Ps. Rechts daneben ist nach Möglichgkeit die tatsächliche Bibelstelle der Antiphon bzw. ein Hinweis auf Centos notiert. Als nächstes folgt der Text der Antiphon und anschließend die Zuordnung zu den Handschriften. Rechts außen ist verzeichnet, an welchem liturgischen Ort die Antiphon außerhalb des Ferialoffiziums zum Einsatz kommt. Auf eine genaue Zuordnung zu den Antiphonarien wird hier verzichtet, da es in dieser Darstellung darauf ankommt, den Bezug einer Antiphon zu verschiedenen Festen bzw. Feriae herzustellen. 1 Im Anschluss werden die Antiphonen ensprechend ihrem Inhalt sortiert und in Verbindung zum Psalm, zu dem sie gesungen werden, gedeutet. Ps; Nr. der Edition Bibelstelle Antiphon HS Liturg. Orte außerhalb des FO zu Ps 1; Nr. 3 Anfang Cento aus Ps 1,1; Ps 1,2; dann Latina Tradition. Beati qui in lege tua jugiter meditantur domine beati qui in te confidentes tibi serviunt in timore de monte sancto tuo nos clemens exaudi nec nos arguas in die furoris tui F DM: Quinquag.; Sexag.; Septuag.; De Reg. zu Ps 1; Nr. 4 Dan 7,13 Ecce in nubibus caeli filius hominis veniet alleluia P 3 , P 4 Außer in P 3 u. P 4 nur für Horen im Adv. bezeugt zu Ps 1; Nr. 5 Cento aus: Ps 1,1; Ps 1,2 Pro fidei meritis vocitatur jure beatus lege qui in domini meditatur nocte dieque B 2 , Cb, P 3 , P 4 , P 5 DM: Adv.; p. Epiph; Quinquag.; Sexag.; Septuag.; De Proph.; De Reg. 1 Weiterführende Informationen können bei www.cantus.ca oder in der Datenbank des Antiphonale Synopticum (http: / / gregorianik.uni-regensburg.de) der Universität Regensburg eingesehen werden. <?page no="299"?> Ps; Nr. der Edition Bibelstelle Antiphon HS Liturg. Orte außerhalb des FO zu Ps 7; Nr. 14 Jes 51,9 Consurge consurge induere fortitudinem brachium domini P 3 , P 4 Außer in P 3 u. P 4 nur für Horen im Adv. bezeugt zu Ps 7; Nr. 15 Cento aus: Ps 7,10; Ps 7,11 Qui salvos facis rectos corde cujus nomen admirabile de porta mortis nos erue quia confidimus in te domine F DM: Quadrag.; Sexag.; Septuag.; De Reg. zu Ps 11; Nr. 21 Cento aus: Ps 11,8; Ps 12,4; Ps 13,5; Ps 14,4 In aeternum tu nos serva oculos nostros illumina viam pacis agnoscere teque tremendum invocare qui glorificas omnes te domine timentes F DM: Quadrag.; Sexag.; Septuag.; De Reg. zu Ps 11; Nr. 22 Cento aus: Ps 11,2; Ps 11,8; Ps 11,9 Surge et in aeternum conserva munimine sacro custodique tuos astripotens famulos B 2 , Cb, P 3 , P 4 , P 5 DM: 1. Adv.; Sexag.; De Reg.; De Mach. zu Ps 11; Nr. 23 Micha 5,1 Matthäus 2,6 Tu bethleem terra juda non eris minima ex te enim exiet dux qui regat populum meum israel P 3 , P 4 Außer in P 3 u. P 4 nur für Horen im Adv. bezeugt zu Ps 15; Nr. 32 Jes 40,10 Ecce dominus noster cum virtute veniet et ipse conteret jugum captivitatis nostrae P 3 , P 4 Außer in P 3 u. P 4 nur für Horen im Adv. bezeugt zu Ps 15; Nr. 33 ? Naturae genitor conserva morte redemptos facque tuo dignos servitio famulos B 2 , Cb, P 3 , P 4 , P 5 , Tr DM: Adv.; Quadrag.; Quinquag.; Sexag.; Septuag.; De Pass.; De Reg. zu Ps 15; Nr. 34 ? Tribue nobis domine intellectum tibi benedicendi ut mereamur adimpleri laetitia vultus tui F DM: Quadrag.; Sexag.; Septuag.; De Reg. zu Ps 16; Nr. 40 Jes 66,10 Laetamini cum jerusalem et exsultate in ea omnes qui diligitis eam in aeternum P 3 , P 4 Außer in P 3 u. P 4 nur für Horen im Adv. bezeugt zu Ps 16; Nr. 41 ? Pectora nostra tibi tu conditor orbis adure igne pio purgans atque cremando probans B 2 , Cb, P 3 , P 4 , P 5 DM: Adv.; Sexag.; De Reg.; De Mach. zu Ps 16; Nr. 42 ? Propter verba labiorum tuorum ego custodivi vias duras B 2 , F, Mc, Pi, T 2 Die 2 p. Epiph.; Dom. 2 p. Epiph. zu Ps 17; Nr. 50 Jes 11,12 Levabit dominus signum in nationibus et congregabit dispersos israel P 3 , P 4 Außer in P 3 u. P 4 nur für Horen im Adv. bezeugt Ferialantiphonen, deren Text zum Inhalt des Psalms komponiert wurde 299 <?page no="300"?> Ps; Nr. der Edition Bibelstelle Antiphon HS Liturg. Orte außerhalb des FO zu Ps 17; Nr. 51 Cento aus: Joh 1,9; Joh 21,15.19 Virtus nostra domine deus vera lux aeterna salus esto refugium nobis in die nostrae afflictionis F DM: Quadrag.; Sexag.; Septuag.; De Reg. zu Ps 18; Nr. 58 Cento aus: Ps 71,3? Erumpant montes iucunditatem et colles iustitiam quia lux mundi dominus cum potentia venit P 3 , P 4 Außer in P 3 u. P 4 nur für Horen im Adv. bezeugt zu Ps 18; Nr. 59 ? Legis tuae domine testimonium nos converte ut tuis illuminati doctrinis a nostris mundemur occultis et ab alienis F DM: Quadrag.; Sexag.; Septuag.; De Reg. zu Ps 18; Nr. 60 Cento aus: Ps 18,9.10 Praeceptum domini lucidum illuminans oculos Gb, Sa, U DM: Die 2 p. Epiph.; Dom. 2 p. Epiph.; Quadrag.; Sexag.; Septuag.; De Reg.; Nicasii zu Ps 19; Nr. 64 Ps 59,13? Auxilium nobis salvator mitte salutis et tribuens vitae tempora perpetuae B 2 , Cb, P 3 , P 4 , P 5 DM: Adv.; Sexag.; De Reg.; De Mach. zu Ps 19; Nr. 65 Cento aus: Jes 46,13 Ponam in sion salutem et in jerusalem gloriam meam alleluia P 3 , P 4 Außer in P 3 u. P 4 nur für Horen im Adv. bezeugt zu Ps 20; Nr. 68 ? Rex sine fine manens miseris tu parce ruinis praemia concedens et tua cuncta regens B 2 , Cb, P 3 , P 4 , P 5 DM: Adv.; Sexag.; De Reg.; De Mach. zu Ps 20; Nr. 69 Cento aus: Joh 1,15; Joh 1,19 Hoc est testimonium quod perhibuit ioannes qui post me venit ante me factus est P 3 , P 4 Außer in P 3 u. P 4 nur für Horen im Adv. bezeugt zu Ps 20; Nr. 70 ? Praeveni nos domine caelestibenedictione ut in tua virtute laetantes et in tua pietate sperantes mereamur consequi promissa beatae immortalitatis gloria F DM: Quadrag.; Sexag.; Septuag.; De Reg. zu Ps 92; Nr. 171 Ps 92,1 (1b) +3x Alleluja Indutus est dominus fortitudinem et praecinxit se virtute alleluia alleluia alleluia G 1 , G 2 , K 1 , Si DM: Dom. p. Epiph.; De Proph.; De Reg.; De Trin.; Dom. 22 p. Pen. 300 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="301"?> Ps; Nr. der Edition Bibelstelle Antiphon HS Liturg. Orte außerhalb des FO zu Ps 92; Nr. 172 Cento aus: Ps 92,1 Regnavit dominus praecinctus fortitudine cum decoris virtute cujus sedes parata est in aeternum B 2 , F, Gb, Mc, Mo, P 3 , P 4 , P 5 , Sa, Tr DM: Dom. p. Epiph.; Quadrag.; Quinquag.; Sexag.; Septuag.; De Job; De Mach.; De Proph.; De Reg.; De Sap. zu Ps 92; Nr. 173 Hebr 13,8 Jesus christus heri et hodie ipse et in saecula U Sab. Hebd. 2 p. Epiph., V zu Ps 99; Nr. 179 Cento aus: 1 Kön 8,60; Ps 99,2 Sciamus omnes quia dominus ipse est deus cui jubilemus et serviamus et laudemus nomen ejus in laetitia B 2 , F, Gb, Mc, Sa L: Dom. p. Epiph.; De Reg. zu Ps 99; Nr. 180 Cento aus: Apk 4,9 Gloria et honor et benedictio sedenti super thronum viventi in saecula saeculorum G 1 , G 2 , K 1 , Si De Trin.; Dom. 2 u. 22 p. Pen. zu Ps 106; Nr. 188 Cento aus: Ps 106,1.2 Redempti a domino dicant confitemini domino quoniam bonus C 5 ? zu Pss 117/ 118; Nr. 215 ? Benedicat nos deus pater custodiat nos jesus christus illuminet nos spiritus sanctus omnibus diebus vitae nostrae confirmet nos virtus christi intercedentibus sanctis suis dionysio rustico et eleutherio indulgeat nobis dominus universa delicta nostra alleluia G 1 , G 2 , K 1 , K 2 , Si De Reg.; Dom. 1 Quadrag.; Dom. 2 p. Pen. zu Pss 117/ 118; Nr. 216 ? Gloria tibi trinitas aequalis una deitas et ante omnia saecula et nunc et in perpetuum B 2 , P 3 , P 4 De Trin.; Omn. Sanc. zu Ps 118; Nr. 236 ? Adesto deus unus omnipotens pater et filius et spiritus sanctus B 2 , Cb, G 1 , G 2 , Si, U De Trin.; Omn. Sanc. zu Ps 118; Nr. 238 Cento aus: Röm 11,36; 1 Kor 8,6 Ex quo omnia per quem omnia in quo omnia ipsi gloria in saecula G 1 , G 2 , Gb, P 3 , P 4 , Sa, Si De Trin.; Fer. 4 Trin.; Oct. de Trin. zu Ps 118; Nr. 239 ? Gloria laudis resonet in ore omnium patri genitaeque proli spiritui sancto pariter resultet laude perenni Gb, P 3 , P 4 , Sa De Trin.; Fer. 4 Trin.; Oct. de Trin.; Dom. Quadrag.; Septuag. Ferialantiphonen, deren Text zum Inhalt des Psalms komponiert wurde 301 <?page no="302"?> Ps; Nr. der Edition Bibelstelle Antiphon HS Liturg. Orte außerhalb des FO zu Ps 118; Nr. 240 ? Laus et perennis gloria deo patri et filio sancto simul paracleto in saecula saeculorum Gb, P 3 , P 4 , Sa De Trin.; Fer. 4 Trin.; Oct. de Trin.; Dom. Quadrag.; Septuag. zu Ps 118; Nr. 241 ? Libera nos salva nos justifica nos o beata trinitas Cb De Trin.; Fer. 3 Trin.; Oct. de Trin.; De Machab.; De Proph., Transfig. Dom. zu Ps 118; Nr. 242 ? O vera summa sempiterna trinitas pater et filius et spiritus sanctus U De Trin.; Fer. 4 Trin. zu Ps 118; Nr. 243 Cento aus: Gen 47,25 und 2 Kor 1,7 Spes nostra salus nostra honor noster o beata trinitas Cb De Trin.; Fer. 3 Trin.; Oct. de Trin.; De Machab.; De Proph.; Fer. III in Let. zu Ps 118; Nr. 244 ? Te invocamus te adoramus te laudamus o beata trinitas B 2 , Cb De Trin.; Fer. 3 Trin.; Oct. de Trin.; De Machab.; De Proph.; Transfig. Dom. zu Ps 118; Nr. 245 ? Te semper idem esse vivere et intellegere profitemur B 2 , G 1 , G 2 , Si, U De Reg.; De Trin.; Oct. de Trin.; Transfig. dom. zu Ps 118; Nr. 246 ? Te unum in substantia trinitatem in personis confitemur U De Trin.; Oct.; de Trin.; Transfig. Dom. zu Pss 148 - 150; Nr. 321 Cento aus: Ez 3,12 Benedicta gloria domini de loco suo alleluia R 1 , R 2 In Dedic. eccl. zu Pss 148 - 150; Nr. 322 Cento aus Tobit 8,7 Dan 3,57 und Dan 3,80 Omnis creatura caeli et terrae benedicant dominum hymnum dicant et superexaltent eum in saecula F, Gb, Sa Dom. p. Epiph.; De Reg. zu Pss 148 - 150; Nr. 323 Apk 4,8 Sanctus sanctus sanctus dominus deus omnipotens qui erat et qui est et qui venturus est G 1 , G 2 , Gb, Sa De Trin.; Dom. 22 p. Trin.; De Reg.; Fer. II p. Pent. zu Pss 148 - 150; Nr. 324 Cento aus: Ps 148,5 Spiritus omnis laudet dominum quia ipse dixit et facta sunt omnia mandavit et creata sunt universa B 2 , F, Gb, Mc, Sa De Trin.; Dom. 22 post Trin., De Reg.; Fer. II p. Pen. 302 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="303"?> 4.2 Die Antiphonen in Beziehung zu ihrem Psalm 4.2.1 Zur Herkunft der Texte Die Antiphonen werden wie folgt sortiert: • Antiphonen, deren Text eine Centonisation aus dem Psalm ist, zu dem sie gesungen werden. • Antiphonen, die einen biblischen Text außerhalb des Psalters repräsentieren. • Antiphonen, deren Textgenese nicht herausgefunden wurde. Antiphonen, die eine Centonisation zum Psalm sind Bei Centonisationen aus Versen des Psalms, zu dem sie gesungen werden, ist eine enge Verbindung zwischen Psalm und Antiphon festzustellen. Die Antiphon hat die Funktion, einen Aspekt des Psalms gezielt zu vertiefen: • Zu Psalm 1 findet man im Ferialoffizium von F Beati qui in lege tua jugiter meditantur domine beati qui in te confidentes tibi serviunt in timore de monte sancto tuo nos clemens exaudi nec nos arguas in die furoris tui (zu Ps 1; Nr. 3) ist ein Cento aus Bruchstücken von Ps 1,1 und Ps 1,2 sowie weiterer Elemente einer Latina Tradition. Die Antiphon nennt diejenigen selig, die über Gottes Gesetz beständig nachsinnen, die auf ihn vertrauen und ihm in (Ehr-)furcht dienen. Sie äußert weiterhin, Gott möge die Betenden von seinem heiligen Berg aus erhören und sie nicht am Tag des Zorns überführen. In den Codices B 2 , Cb, P 3 , P 4 und P 5 steht an dieser Stelle Pro fidei meritis vocitatur jure beatus lege qui in domini meditatur nocte dieque (zu Ps 1; Nr. 5). Sie ist ebenfalls ein Cento aus Ps 1,1 und Ps 1,2. Laut der Antiphon wird ein Mensch für seine Verdienste um den Glauben zu Recht durch das Gesetz Gottes, über das er bei Tag und Nacht nachsinnt, „ selig “ genannt. Psalm 1 zeigt zwei Wege auf: den Weg der Gottlosen, der Verderben bringe, und den der Gerechten, der zum Glück führe. Beide Antiphonen lenken das Bewusstsein der Betenden auf den Pfad, der dem Psalm nach zur rechten Zeit Frucht bringt (V 3). • Zu Psalm 7 überliefert F Qui salvos facis rectos corde cujus nomen admirabile de porta mortis nos erue quia confidimus in te domine (zu Ps 7; Nr. 15), ein Cento aus Ps 7,10 und 7,11. Die Antiphon besingt den Herrn, der die rettet, die redlichen Herzens sind; sein Name sei wunderbar. Er möge die Betenden, die auf ihn vertrauen vor der Pforte zum Tode retten. Die Antiphon weist damit die Richtung aus der Bedrängnis und stellt den Betenden die Rettung durch Gott bzw. neutestamentlich gedeutet, Jesus Christus vor Augen. Psalm 7 ist ein Gebet eines Menschen in Verfolgung. Ferialantiphonen, deren Text zum Inhalt des Psalms komponiert wurde 303 <?page no="304"?> • Zu Psalm 11 kennt F In aeternum tu nos serva oculos nostros illumina viam pacis agnoscere teque tremendum invocare qui glorificas omnes te domine timentes (zu Ps 11; Nr. 21), ein Cento aus Ps 11,8; Ps 12,4; Ps 13,5 und Ps 14,4. Sie drückt die Bitte aus, dass Gott die Betenden in Ewigkeit behüten möge und ihre Augen erleuchte, um den Weg des Friedens zu erkennen und ihn, den Furcht einflößenden, anzurufen, der alle verherrliche, die ihn fürchten. Die Antiphon zeigt den Betenden den Weg Gottes. Surge et in aeternum conserva munimine sacro custodique tuos astripotens famulos (zu Ps 11; Nr. 22) ist eine Centonisation aus Ps 11,2; Ps 11,8 sowie Ps 11,9 und wird von B 2 , Cb, P 3 , P 4 und P 5 repräsentiert. Sie ermuntert den Astripotens dazu, aufzustehen und durch den Schutz des Heiligen in Ewigkeit seine Diener zu bewahren. Psalm 11 stellt der Treue Gottes die Falschheit der Menschen gegenüber. • Zu Psalm 18 ist aus Gb, Sa und U Praeceptum domini lucidum illuminans oculos (zu Ps 18; Nr. 60) tradiert, ein Cento aus Ps 18,9.10. Sie deutet darauf hin, das Gebot des Herrn sei lauter, es erleuchte die Augen. Psalm 18 ist ein Lob des Gesetzes sowie der Schöpfung. • Zu Psalm 92 überliefern G 1 , G 2 , K 1 und Si Indutus est dominus fortitudinem et praecinxit se virtute alleluia alleluia alleluia (zu Ps 92; Nr. 171), ein Cento aus Ps 92,1 (1b)+3x Alleluja. Der Text jubelt darüber, dass der Herr sich mit Macht bekleidet habe, er habe sich damit umgürtet. Die Antiphon Regnavit dominus praecinctus fortitudine cum decoris virtute cujus sedes parata est in aeternum (zu Ps 92; Nr. 172), ein Cento aus Ps 92,1, wird von B 2 , F, Gb, Mc, Mo, P 3 , P 4 , P 5 , Sa und Tr überliefert. Sie bringt zum Ausdruck, dass der Herr herrsche, umgürtet mit Kraft, mit der Zier seiner Macht, dessen Thron bereitet sei in Ewigkeit. Psalm 92 besingt das Königtum Gottes • Zu Ps 99 kennen B 2 , F, Gb, Mc und Sa Sciamus omnes quia dominus ipse est deus cui jubilemus et serviamus et laudemus nomen ejus in laetitia (zu Ps 99; Nr. 179), ein Cento aus 1 Kön 8,60; Ps 99,2. Sie weist darauf hin, dass wir alle wissen sollen, dass der Herr selbst Gott ist; ihm jubeln wir zu, dienen wir und preisen seinen Namen in Freude. Psalm 99 ist ein Lobgesang der Völker beim Einzug ins Heiligtum. • Zu Ps 106 kennt C 5 Redempti a domino dicant confitemini domino quoniam bonus (zu Ps 106; Nr. 188), ein Cento aus Ps 106,1.2. Sie besagt, dass die vom Herrn Erlösten sagen, lasst uns Gott bekennen, da er gut ist. Psalm 106 ist ein Danklied für Gott, den Retter. 304 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="305"?> • Zu den Psalmen 148 - 150 tradieren B 2 , F, Gb, Mc und Sa Spiritus omnis laudet dominum quia ipse dixit et facta sunt omnia mandavit et creata sunt universa (zu Pss 148 - 150; Nr. 324). Der Cento aus Ps 148,5 bekennt: „ Jeder Geist lobe den Herrn, denn er sprach, und sie sind geworden; er gebot alles und alles wurde erschaffen. “ Die Psalmen 148 - 150 lassen in besonderer Weise das Lob Gottes erklingen. Antiphonen mit einem biblischen Text außerhalb des Psalters In diesem Unterpunkt fallen einige speziell in P 3 und P 4 überlieferte Antiphonen auf. Das Besondere dabei ist, dass alle diese, außer in P 3 und P 4 , in anderen Manuskripten nur für Horen im Advent bezeugt sind. P 3 und P 4 stellen hier folglich einen bewussten Zusammenhang zwischen den Sonntagsvigilien und dem Advent her. • Zu Psalm 1: Ecce in nubibus caeli filius hominis veniet alleluia (zu Ps 1; Nr. 4), ein Cento aus Dan 7,13, bejubelt, dass der Menschensohn auf den Wolken des Himmels kommen werde. • Zu Psalm 7: Consurge consurge induere fortitudinem brachium domini (zu Ps 7; Nr. 14), ein Cento aus Jes 51,9, ermahnt den Arm des Herrn dazu, sich zu erheben und Macht anzuziehen. • Zu Psalm 11: Tu bethleem terra juda non eris minima ex te enim exiet dux qui regat populum meum israel (zu Ps 11; Nr. 23), ein Cento aus Micha 5,1 bzw. Matthäus 2,6. Gott weist Bethlehem im Lande Juda darauf hin, dass sie nicht die Geringste sein werde, denn aus ihr werde der Herrscher hervorkommen, der Gottes Volk Israel regieren werde. • Zu Psalm 15: Ecce dominus noster cum virtute veniet et ipse conteret jugum captivitatis nostrae (zu Ps 15; Nr. 32), ein Cento aus Jes 40,10, weist darauf hin, dass der Herr mit Macht kommen und er selbst das Joch der Gefangenschaft der Betenden zertreten werde. • Zu Psalm 16: Laetamini cum jerusalem et exsultate in ea omnes qui diligitis eam in aeternum (zu Ps 16; Nr. 40), ein Cento aus Jes 66,10, lädt alle, die Jerusalem in Ewigkeit lieben, dazu ein, sich mit ihr zu freuen und über sie zu frohlocken. • Zu Psalm 17: Levabit dominus signum in nationibus et congregabit dispersos israel (zu Ps 17; Nr. 50), ein Cento aus Jes 11,12, verkündet, dass der Herr ein Banner für die Heidenvölker aufrichten und die Zerstreuten Israels versammeln wird. Ferialantiphonen, deren Text zum Inhalt des Psalms komponiert wurde 305 <?page no="306"?> • Zu Psalm 18 kennen P 3 und P 4 Erumpant montes jucunditatem et colles justitiam quia lux mundi dominus cum potentia venit (zu Ps 18; Nr. 58). Die Centones aus Ps 71,3? weisen darauf hin, dass die Berge Frieden und die Hügel Gerechtigkeit empfangen sollen, denn das Licht der Welt, der Herr, komme mit Macht. Psalm 18 ist ein Lobgesang auf die Schöpfung und auf das Gesetz. • Zu Psalm 19: Ponam in sion salutem et in jerusalem gloriam meam alleluia (zu Ps 19; Nr. 65), ein Cento aus Jes 46,13, bejubelt, dass Gott auf Zion Heil und auf Jerusalem seine Herrlichkeit legen möchte. • Zu Psalm 20: Hoc est testimonium quod perhibuit ioannes qui post me venit ante me factus est (zu Ps 20; Nr. 69), ein Cento aus Joh 1,15 bzw. Joh 1,19, besagt, dies sei das Zeugnis, das Johannes von sich gab: „ Der nach mir kommt, wurde vor mir geschaffen. “ Weitere inhaltliche Verbindungen anderer Antiphonen zu Festen bzw. Festkreisen sind zwar nachzuweisen, jedoch nicht so nachdrücklich wie bei obigen Beispielen aus P 3 und P 4 . Fast alle folgenden Antiphonen sind Centones aus neutestamentlichen Texten und stellen die Psalmen, zu denen sie gesungen werden, damit ganz bewusst in neutestamentlichen Horizont: • Zu Psalm 17: Virtus nostra domine deus vera lux aeterna salus esto refugium nobis in die nostrae afflictionis (zu Ps 17; Nr. 51), ein Cento im Ferialoffizium von F aus Joh 1,9 bzw. Joh 21,15.19, besingt, dass Gott, der Herr, wahres Licht, der Beter Kraft sei. Er sei unser ewiges Heil, unsere Zuflucht am Tage unserer Trübsal. In anderen Handschriften ist diese Antiphon in den Vigilien De Regum, Quadragesimae, Sexagesimae oder Septuagesimae zu finden. • Zu Psalm 92: Das Ferialoffizium von U präsentiert Jesus christus heri et hodie ipse et in saecula (zu Ps 92; Nr. 173), ein Cento aus Hebr 13,8. Die Antiphon besingt Jesus Christus gestern heute und in alle Ewigkeit. In anderen Manuskripten ist sie an Sabbato Hebd. 2 post Epiphaniam in der Vesper verortet. • Zu Psalm 99: G 1 , G 2 , K 1 , und Si kennen für die Vigilien von Sabbato per annum Gloria et honor et benedictio sedenti super thronum viventi in saecula saeculorum (zu Ps 99; Nr. 180), ein Cento aus Apk 4,9. Sie äußert, dass Herrlichkeit und Ehre und Lobpreis dem sei, der auf dem Thron sitzt, dem, der lebe in alle Ewigkeit. In anderen Handschriften ist sie zu De Trinitate, Dominica 2 und 22 post Pentecostem. • Zu Psalm 118: Cb nimmt Spes nostra salus nostra honor noster o beata trinitas (zu Ps 118; Nr. 243), ein Cento aus 2 Kor 1,7 in das Repertoire des Ferialantiphonen 306 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="307"?> auf. Die Antiphon vermittelt: „ Unsere Hoffnung, unser Heil, unsere Ehre, o heilige Dreifaltigkeit. “ Andere Manusktipte kennen diese Antiphon ebenfalls, nur an anderen Festen: Zu De Trinitate, Feria 3 de Trinitate, Octava de Trinitate, De Machabaeis, De Prophetis oder Feria III in Letaniis. • Zu den Psalmen 148 - 159: R 1 und R 2 übermitteln im Ferialoffizium Benedicta gloria domini de loco suo alleluia (zu Pss 148 - 150; Nr. 321). Sie ist ein Cento aus Ez 3,12 und äußert den Jubel, dass die Herrlichkeit des Herrn von seiner Wohnstätte her gepriesen sei. Andere Antiphonarien kennen sie In Dedicatione Ecclesiae. F, Gb und Sa schreiben Omnis creatura caeli et terrae benedicant dominum hymnum dicant et superexaltent eum in saecula (zu Pss 148 - 150; Nr. 322). Der Cento aus Tobit 8,7; Dan 3,57 und Dan 3,80 fordert zum Lob auf: „ Alle Geschöpfe im Himmel und auf der Erde sollen den Herrn preisen, ein Preislied sollen sie singen und ihn erheben hoch in Ewigkeit. “ Andere Handschriften kennen sie für Dominica post Epiphaniam und De Regum. G 1 , G 2 , Gb und Sa notieren Sanctus sanctus sanctus dominus deus omnipotens qui erat et qui est et qui venturus est (zu Pss 148 - 150; Nr. 323). Apk 4,8 besingt: „ Heilig, heilig, heilig ist der Herr, Gott der Allmächtige, der war und der ist, und der kommen wird! “ Weitere Codices tradieren diese Antiphon für De Trinitate, Dominica 22 post Trinitatem, De Regum und Feria II post Pentecostem. Antiphonen, deren Textgenese nicht herausgefunden wurde Bei diesen Antiphonen haben 12 von 18 einen explizit christologischen oder trinitarischen Inhalt. Sie stellen damit den gesamten Psalm in christologisches bzw. ekklesiologisches Licht. Alle diese Antiphonen sind folgend fett unterstrichen gekennzeichnet. Ansonsten heben diese Antiphonen einen inhaltlichen Aspekt des Psalms heraus und stellen diesen damit in den besonderen Fokus: • Zu Psalm 15: Naturae genitor conserva morte redemptos facque tuo dignos servitio famulos (zu Ps 15; Nr. 33) spricht den Schöpfer der Natur an, er bewahre, die er vom Tod erlöst habe, und mache seine Diener für seine Knechtschaft würdig. Tribue nobis domine intellectum tibi benedicendi ut mereamur adimpleri laetitia vultus tui (zu Ps 15; Nr. 34) erbittet von Gott, er schenke den Betenden den Verstand, ihn zu preisen, damit sie verdienen, mit der Freude seines Angesichts erfüllt zu werden. Psalm 15 zeigt auf, dass die Gott gegenüber Getreuen bei ihm Zuflucht finden. • Zu Psalm 16: Pectora nostra tibi tu conditor orbis adure igne pio purgans atque cremando probans (zu Ps 16; Nr. 41) ersucht bei Gott, dem Schöpfer der Welt, er Ferialantiphonen, deren Text zum Inhalt des Psalms komponiert wurde 307 <?page no="308"?> möge die Herzen der Betenden für ihn entzünden, der sie durch gerechtes Feuer reinige und durch Brennen prüfe. Propter verba labiorum tuorum ego custodivi vias duras (zu Ps 16; Nr. 42) bekennt, dass der Betende aufgrund der Worte aus dem Mund Gottes beschwerliche Wege lang gewacht habe. Psalm 16 ist das Gebet eines Verfolgten, der sich wünscht, in Gerechtigkeit Gott zu schauen. • Zu Psalm 18: Legis tuae domine testimonium nos converte ut tuis illuminati doctrinis a nostris mundemur occultis et ab alienis (zu Ps 18; Nr. 59) erbittet von Gott, er wandle das Zeugnis von seinem Gesetz in uns, damit wir, erleuchtet durch seine Lehren, vom Dunklen und Fremden in uns gereinigt werden. Psalm 18 ist ein Lob der Schöpfung und des Gesetzes. • Zu Psalm 19 Auxilium nobis salvator mitte salutis et tribuens vitae tempora perpetuae (zu Ps 19; Nr. 64) ist ein Cento, bei dem das Antiphonale Synopticum (http: / / gregorianik.uni-regensburg.de/ cdb/ 1537) eine Verbindung zu Ps 59,13 herstellt. Der Aspekt des durch den Retter gebrachten ewigen Heils, der hier benannt wird, kommt dort jedoch nicht vor. Die Antiphon drückt die Hoffnung aus, dass der Erlöser, neutestamentlich als Jesus Christus gedeutet, uns zur Rettung Hilfe schicke und Zeiten für das ewige Leben verleihe. Psalm 19 ist ein Gebet des Volkes für seinen König. • Zu Psalm 20: Rex sine fine manens miseris tu parce ruinis praemia concedens et tua cuncta regens (zu Ps 20; Nr. 68) spricht zum König ohne Ende, dass er die Armen vor dem Verderben verschone und bittet, dass er Belohnungen gewähre und all das Seine regiere. Praeveni nos domine caelesti benedictione ut in tua virtute laetantes et in tua pietate sperantes mereamur consequi promissa beatae immortalitatis gloria (zu Ps 20; Nr. 70) erbittet, der Herr komme uns zu Hilfe mit himmlischem Segen, damit wir in der Freude über seine Macht und in der Hoffnung über seine Güte verdienen, seinem Versprechen auf die Herrlichkeit einer seligen Unsterblichkeit zu folgen. Psalm 20 ist ein Danklied für den Sieg des Königs. • Zu Psalm 117: Benedicat nos deus pater custodiat nos jesus christus illuminet nos spiritus sanctus omnibus diebus vitae nostrae confirmet nos virtus christi intercedentibus sanctis suis dionysio rustico et eleutherio indulgeat nobis dominus universa delicta nostra alleluia (zu Pss 117/ 118; Nr. 215) ist ein Segen: Es segne uns Gott, der Vater, es behüte uns Jesus Christus, es erleuchte uns der Heilige Geist alleTage unseres Lebens, es stärke uns die Kraft Christi; auf die Fürsprache seiner 308 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="309"?> Heiligen Dionysius, Rusticus und Eleutherius verzeihe der Herr uns all unsere Vergehen, Alleluja. • Gloria tibi trinitas aequalis una deitas et ante omnia saecula et nunc et in perpetuum (zu Pss 117/ 118; Nr. 216) besingt die Dreieinigkeit: „ Ehre sei dir, immer gleiche Dreieinigkeit, einzige Gottheit, auch vor aller Zeit, nun und in Ewigkeit. “ Psalm 117 ist eine Dankliturgie und Psalm 118 ein Lobgesang auf Gottes Wort und Gesetz. • Zu Psalm 118: Adesto deus unus omnipotens pater et filius et spiritus sanctus (zu Ps 118; Nr. 236) bittet zu Gott, er möge für uns da sein; der allmächtige Vater, und der Sohn, und der Heilige Geist. Gloria laudis resonet in ore omnium patri genitaeque proli spiritui sancto pariter resultet laude perenni (zu Ps 118; Nr. 239) drückt Jubel aus: „ Die Herrlichkeit unseres Lobes halle wider in aller Munde, dem Vater, dem Gezeugten, dem Sohn und dem Heiligen Geist zugleich. Es halle wider in ewigem Lobpreis. “ Laus et perennis gloria deo patri et filio sancto simul paracleto in saecula saeculorum (zu Ps 118; Nr. 240) besagt: „ Lob und ewige Herrlichkeit sei Gott dem Vater, und dem Sohn und zugleich dem Heiligen Geist in alle Ewigkeit. “ Libera nos salva nos justifica nos o beata trinitas (zu Ps 118; Nr. 241) erbittet: „ Befreie uns, rette uns, rechtfertige uns, o heilige Dreifaltigkeit! “ O vera summa sempiterna trinitas pater et filius et spiritus sanctus (zu Ps 118; Nr. 242) besingt die Dreifaltigkeit: „ Du wahre, höchste, ewige Dreieinigkeit, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist. “ Te invocamus te adoramus te laudamus o beata trinitas (zu Ps 118; Nr. 244) ist ein Bekenntnis an die Dreieinigkeit: „ Dich rufen wir an, dich beten wir an, dich preisen wir, o heilige Dreifaltigkeit. “ Te semper idem esse vivere et intellegere profitemur (zu Ps 118; Nr. 245) drückt den Glauben aus: „ Dass du allzeit derselbe seist, bekennen wir in Leben und Verstehen. “ Te unum in substantia trinitatem in personis confitemur (zu Ps 118; Nr. 246) besagt: „ Dich, den Einen im Wesen, Dreifaltigkeit in den Personen, bekennen wir. “ Psalm 118 ist ein Lobgesang auf Gottes Wort und Gesetz. 4.2.2 Zu den Handschriften Antiphonen, deren Text nicht biblisch ist, werden nur in wenigen Ferialofflzien bezeugt. Zudem unterscheiden sich diese stark in der Vielfalt der Antiphonen, die sie bezeugen. Besonderheiten unter den Handschriften In P 3 und P 4 findet man die meisten Antiphonen nicht biblischen Ursprungs. Allein 11 von den hier verzeichneten 46 Antiphonen stellen innerhalb der untersuchten Ferialantiphonen, deren Text zum Inhalt des Psalms komponiert wurde 309 <?page no="310"?> Ferialoffizien deren Eigengut dar. 2 Diese Antiphonen, die allein in P 3 und P 4 im Ferialoffizium auftreten, erklingen nach allen anderen Handschriften, die sie bezeugen, ausschließlich im Advent. Diesen Horizont vor Augen, machen P 3 und P 4 jeden Sonntag den Bezug zum Advent offensichtlich. Ein Grund dafür kann nur spekuliert werden. Aber auch F bietet zahlreiche individuelle Varianten und zeigt in diesem Kontext Unabhängigkeit: Sieben Antiphonen stellen innerhalb der untersuchten Manuskripte eigenes Traditionsgut im Ferialoffizium von F dar: Beati qui in lege tua jugiter meditantur (zu Ps 1; Nr. 3); Qui salvos facis rectos corde (zu Ps 7; Nr. 15); In aeternum tu nos serva oculos (zu Ps 11; Nr. 21); Tribue nobis domine intellectum tibi (zu Ps 15; Nr. 34); Virtus nostra domine deus vera (zu Ps 17; Nr. 51); Legis tuae domine testimonium nos (zu Ps 18; Nr. 59); Praeveni nos domine caelesti (zu Ps 20; Nr. 70). Eine inhaltliche Zielsetzung wie bei P 3 und P 4 kann hier nicht erkannt werden. Cb, C 5 , Pi und U präsentieren ebenfalls Antiphonen nicht biblischen Ursprungs im Ferialoffizium, allerdings in geringem Umfang und ohne darin ein Programm erkennen zu können: Redempti a domino dicant confitemini (zu Ps 106; Nr. 188; C 5 ); Libera nos salva nos justifica nos (zu Ps 118; Nr. 241; Cb); Spes nostra salus nostra honor (zu Ps 118; Nr. 243; Cb); Jesus christus heri et hodie (zu Ps 92; Nr. 173; U); Te unum in substantia trinitatem (zu Ps 118; Nr. 246). Zu Abhängigkeiten unter den Handschriften Gelegentlich ist auch auffallend, welche Manuskripte bestimmte Antiphonen gemeinsam tradieren: P 3 und P 4 vermerken neben jenen, die nur in deren Ferialoffizien auftreten, weitere neun, die sie vor allem mit B 2 , Cb, P 5 , und Tr teilen. Diese Antiphonarien, deren Ursprünge nach Frankreich bzw. Norditalien weisen, demonstrieren hier ihre Verbundenheit. Weitere Abhängigkeiten sowie regionale Bezüge zeigen G 1 , G 2 , K 1 , K 2 und Si, Manuskripte aus dem heutigen Österreich, Aquileia und dem heutigen Slowenien. Auch Gb und Sa weisen immer wieder auf eine gemeinsame Quelle, deren Weg nach Großbritannien führt. In den österreichisch-süddeutschen Raum weist auch Caeli enarrant, die nur Wn 2 und Z verzeichnen. R 1 und R 2 , haben mit Benedicta gloria ebenfalls eine eigene Antiphon nichtbiblischen Ursprungs, und auch P 1 und V erweisen sich mit Misereatur et benedicat nos abhängig. Nur eine einzige Ferialantiphon aus dieser Kategorie ist in mehr als sechs Handschriften übermittelt: Regnavit dominus praecinctus (zu Ps 92; Nr. 172) findet man in den Sonntagslaudes von B 2 , F, Gb, Mc, Mo, P 3 , P 4 , P 5 , Sa und Tr. 2 Zur Zusammenstellung dieser Antiphonen vgl. Teil B, 4.1. 310 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="311"?> Diese Antiphonen stellen folglich eine andere Art an Traditionsgut dar als jene im ersten Teil dieses Kapitels untersuchten, deren Text dem Psalm selbst entnommen ist. Im Vergleich mit diesen repräsentieren sie eher regionale Blüten, die zumeist an Sonntagen gesungen werden und/ oder zu Psalmen, die mehrfach in der Woche erklingen und zu denen sich im Laufe der Zeit eine Vielfalt an Repertoire entwickelte. Ferialantiphonen, deren Text zum Inhalt des Psalms komponiert wurde 311 <?page no="312"?> 5 Zusammenfassung und Reflexion 5.1 Zu Antiphonen, deren Texte dem Wortlaut des Psalters entsprechen Bei den aus unterschiedlichen Psalmversen gewählten Antiphonen lassen sich verschiedene Auswahlkriterien feststellen, die allerdings sowohl zeitlich als auch räumlich nicht mehr zu lokalisieren sind. Zu Antiphonen, die im Psalm selbst als Responsum angelegt sind Einige Antiphonen zeichnen sich dadurch aus, dass sie bereits im Psalm selbst ein Responsum sind. Sie weisen auf eine Vollzugsform des Psalms in Verbindung mit diesen Kehrversen hin. Eine direkte Verbindung zu unseren Ferialantiphonen kann aber nicht festgestellt werden. Zur konkreten Realisierung Wie die konkrete Praxis des Psalmengesangs in Verbindung mit den unterschiedlichen Psalmversen in ihren Ursprüngen gestaltet wurde, kann ebenfalls nicht ermittelt werden. Es ist von Sologesang im Zusammenhang mit Kehrversen auszugehen, die an bestimmten, uns nicht bekannten Stellen repetiert wurden. Inwiefern genetisch die Psalmodie mit einer Antiphon vom Beginn, der Mitte oder aus dem Schlusshalbvers eines Psalms jedoch verklanglicht wurde und ob es hier Unterschiede in der Konkretion gab, muss im Dunkeln bleiben. Zu Antiphonen, die dem Text des Psalms eine Form der Anrede Gottes anfügen Diese Art, in der Anrufung eine direkte Verbindung zu Gott herzustellen, ist unabhängig davon zu sehen, aus welchem Vers des Psalms die Antiphon ist. Der Kontext ihrer Entstehung im Vorfeld der Verschriftlichung ist ein Geheimnis. Zu Antiphonen in Verbindung mit ihrer Position im Psalm Es ist davon auszugehen, dass, was die Wahl eines Psalmverses als Antiphon betrifft, zeitlich und/ oder räumlich verschiedene Traditionsschichten zusammenfließen: Während bei Antiphonen, deren Text aus den ersten beiden Halbversen des Psalms stammt, anzunehmen ist, dass sie aufgrund formaler Gesichtspunkte gewählt wurden, ist zumindest bei vielen Antiphonen mit einem Vers aus der Mitte des Psalms eine Auswahl aus inhaltlichen Gründen naheliegend. Dabei ist auffallend, dass Antiphonen, die einen Vers aus der Mitte sowie aus dem Schluss des Psalms verklanglichen, entweder als Lobpreis, als Bitte oder als bekennende Aussage, nie aber als Klage formuliert sind. Dort bestand folglich das Interesse, im <?page no="313"?> Zusammenhang mit dem exponierten Text in Form einer Antiphon einem seelsorgerlichen Konzept, das Positive in den Menschen zu stärken, nahe zu kommen. Antiphonen aus den ersten beiden Halbversen hingegen lassen auch eine Klage zu Wort kommen, wenn der dazugehörende Psalm ein Klagepsalm ist. Das Auswahlprinzip folgt dort keinem inhaltlichen Impuls, sondern vielmehr dem Gesichtspunkt, den kurrenten Psalter in einer bestimmten, stereotypen Form in Gemeinschaft zu meditieren. Zur historischen Verortung Wahrscheinlich weisen zumindest einige der Ferialantiphonen genetisch in die Zeit des frühchristlichen Mönchtums, hypothetisch vor allem jene, deren Text vom Beginn des Psalms entlehnt wurde, ohne auf besondere Inhalte zu achten, vielmehr um einem gebetsmühlenartigen Verinnerlichen des Psalters in Gemeinschaft gerecht zu werden. Für dieses Argument spricht neben der großen Anzahl an Antiphonen, deren Text vom Beginn des Psalms gewählt wurde, dass sie teilweise reine Nebensätze sind, wie z. B. Ut non delinquam (Ps 38,2 [1b]; Nr. 91), oder Bruchstücke eines Hauptsatzes, wie z. B. Et omnis mansuetudinis ejus (Ps 131,1 [1b]; Nr. 276), und nur im Gesamtvollzug des Psalms einen Sinn ergeben. Der Gedanke der genetischen Zusammengehörigkeit zu einer Form des kurrenten Psalters gerade von Antiphonen, deren Text vom Anfang des Psalms ist, wird durch folgende Beobachtung ergänzt: Die Antiphonen der Vigilien von Montag bis Samstag zeigen, dass von inhaltlichen Gesichtspunkten her nur etwa die Hälfte der vom Beginn eines Psalms zu Antiphonen gemachten Texte auch zum zweiten Psalm des Paares passt, zu dem die Antiphonen erklingen. Die andere Hälfte harmoniert hier nicht, vielmehr wirkt deren Text in Verbindung mit dem zweiten Psalm des Paares eher wie ein Fremdkörper. Dies lässt sich durch eine relative Unwichtigkeit inhaltlicher Aspekte einer Antiphon bei der Rekrutierung von Antiphonen als Folge der meditativen Verinnerlichung des Gesamtpsalters erklären, bei der mehr die Form eines bestimmten Ablaufs als pointierte Inhalte relevant waren. Bei Antiphonen mit einem Text aus der Mitte des Psalms sieht dies in den Vigilien von Feria II bis Sabbato anders aus: Dort können in Zusammenhang mit dem cursus Romanus immerhin etwa 17 von 20 und in Verbindung mit Antiphonen des cursus monasticus 19 von 20 der Antiphonen, inhaltlich betrachtet, als Bindeglied der Psalmen angesehen werden, und bei Antiphonen, deren Text einen Halbvers aus dem Schluss des Psalms repräsentiert, sind es alle. 1 1 Vgl. die Zusammenstellung in Teil B, 3.4.3 und Teil B: 3.4.4. Zusammenfassung und Reflexion 313 <?page no="314"?> Hypothetisch wurde die Gruppe an Antiphonen, die zumeist einen die Menschen stärkenden Aspekt beinhalten, bewusst gewählt, um der meditatio eine Richtung zu weisen. Dieser Fokus auf die inhaltliche Funktion von Antiphonen ist im cursus monasticus auffallender als in Quellen des cursus Romanus. Am Beispiel der Antiphonen aus den Vigilien des Ferialpsalters von Montag bis Samstag wurde deutlich, dass, inhaltlich betrachtet, in Handschriften des monastischen Cursus mehr Antiphonen als bei jenen des cursus Romanus wie ein Bindeglied zwischen beiden Psalmen gesehen werden können. Es scheint, als ob der Prozess der Rekrution von Antiphonen dort bewusster gestaltet wurde, ohne sagen zu können, welche historische Relevanz dies hat. Ob eine dieser Gruppen die geschichtlich betrachtet Jüngere ist, kann nicht ermittelt werden. Ebenso könnten Antiphonen beider Bereiche in regional unterschiedlichen Kontexten parallel entstanden sein. 5.2 Zu Antiphonen, deren Text zum Inhalt des Textes komponiert wurde Zu Antiphonen, die ein Cento aus dem dazugehörenden Psalm sind Antiphonen dieser Kategorie vertiefen entweder einen Aspekt des Psalms und setzen Akzente oder sie fassen den Psalm sinngemäß in der Form eines wohlklingenden Satzes, der bisweilsen fast poetisch wirkt, zusammen. Dazu Beispiele: Pro fidei meritis vocitatur jure beatus lege qui in domini meditatur nocte dieque (zu Ps 1; Nr. 5) ist ein Cento aus Ps 1,1 und Ps 1,2. Die Antiphon nennt den Menschen „ selig “ , der sich um den Glauben an das Gesetz Gottes verdient gemacht hat. Die Antiphon animiert die Betenden, sich dem im Psalm genannten Weg der Gerechten und nicht dem der dort ebenso genannten Gottlosen anzuschließen, und lenkt das Bewusstsein der Betenden auf den Pfad, der dem Psalm nach zur rechten Zeit Frucht bringt (V 3). Hingegen gibt Regnavit dominus praecinctus fortitudine cum decoris virtute cujus sedes parata est in aeternum (zu Ps 92; Nr. 172), die zu Psalm 92 erklingt, dessen Inhalt in einem kleinen Gedicht wieder: Der Herr herrscht, umgürtet mit Kraft, mit der Zier seiner Macht, dessen Thron bereitet ist in Ewigkeit. Antiphonen mit einem biblischen Text außerhalb des Psalters Hier sind als eine Gruppe die unter 4.2.1 zusammengestellten Antiphonen aus P 3 und P 4 zu nennen, die in den Sonntagsvigilien bewusst den Bezug zu Antiphonen herstellen, die in weiteren Handschriften lediglich im Advent zu Klang kommen und damit dem gesamten Kirchenjahr eine adventliche Note geben. 314 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="315"?> Die anderen hier zu verzeichnenden Antiphonen, die ebenfalls ein Cento aus Bibelversen darstellen, sind zumeist aus neutestamentlichen Texten rekrutiert und stellen damit den gesamten Psalm in den Horizont christlichen Betens: • Virtus nostra domine deus vera lux aeterna salus esto refugium nobis in die nostrae afflictionis (zu Ps 17; Nr. 51), ist ein Cento aus Joh 1,9 bzw. Joh 21,15.19. • Jesus christus heri et hodie ipse et in saecula (zu Ps 92; Nr. 173) ist ein Cento aus Hebr 13,8. • Gloria et honor et benedictio sedenti super thronum viventi in saecula saeculorum (zu Ps 99; Nr. 180) ist ein Cento aus Apk 4,9. • Spes nostra salus nostra honor noster o beata trinitas (zu Ps 118; Nr. 243) ist ein Cento aus 2 Kor 1,7. • Sanctus sanctus sanctus dominus deus omnipotens qui erat et qui est et qui venturus est (zu Pss 148 - 150; Nr. 323) ist ein Cento aus Apk 4,8. Die zwei dem Alten Testament enlehnten Antiphonen stammen dort aus prophetischen Büchern und besingen, aus christlichem Verständnis betrachtet, den, der die Erfüllung aller Prophetie ist, Jesus Christus: • Benedicta gloria domini de loco suo alleluia (zu Pss 148 - 150; Nr. 321) ist ist ein Cento aus Ez 3,12. • Omnis creatura caeli et terrae benedicant dominum hymnum dicant et superexaltent eum in saecula (zu Pss 148 - 150; Nr. 322) ist ein Cento aus Tobit 8,7; Dan 3,57 und Dan 3,80. Antiphonen, deren Textgenese nicht herausgefunden wurde 12 von 18 dort zusammengestellten Antiphonen weisen einen explizit christologischen oder trinitarischen Inhalt auf. Sie stellen damit den gesamten Psalm in christologisches bzw. ekklesiologisches Licht und bilden eine ausdrückliche Verbindung zwischen alttestamentlichem Gesang und neutestamentlichem Horizont. Ein direkter Bezug zu Jesus Christus wird in folgender Antiphon hergestellt: Jesus christus heri et hodie ipse et in saecula (zu Ps 92; Nr. 173) besingt Jesus Christus, gestern, heute und in alle Ewigkeit. In der Antiphon wird das Königtum Gottes, welches in Psalm 92 gepriesen wird, das immer Bestand haben werde, mit dem von Jesus Christus gleichgesetzt und damit der gesamte Psalm christologisch interpretiert. Eine indirekte Verbindung zu Jesus Christus kommt exemplarisch in Hoc est testimonium zum Ausdruck: Hoc est testimonium quod perhibuit ioannes qui post me venit ante me factus est (zu Ps 20; Nr. 69) greift das in Mk 1,7 von Johannes dem Täufer benannte Zitat auf Der nach mir kommt, wurde vor mir geschaffen und weist so indirekt auf Jesus Christus hin. Somit wird dieser implizit mit dem König gleichgesetzt, für dessen Sieg im Psalm gedankt wird. Die Dreifaltigkeit wird besonders deutlich in Te unum in substantia trinitatem in personis confitemur (zu Ps 118; Nr. 246) zum Ausdruck gebracht: Dich, den Einen im Zusammenfassung und Reflexion 315 <?page no="316"?> Wesen, Dreifaltigkeit in den Personen, bekennen wir. Das Bekenntnis zum dreieinigen Gott wird mit dem in Psalm 119 entfalteten Lobgesang auf Gottes Wort und sein Gesetz verbunden und auf diese Weise der gesamte Psalm in ein trinitarisches Licht gehoben. Weitere Antiphonen aus dieser Gruppe, deren Textgenese hier ebenfalls nicht herausgefunden werden konnte, setzen besondere inhaltliche Akzente. Dazu ein verdeutlichendes Beispiel: Legis tuae domine testimonium nos converte ut tuis illuminati doctrinis a nostris mundemur occultis et ab alienis (zu Ps 18; Nr. 59) greift den im Psalm benannten Gedanken des Lobes auf das Gesetz Gottes auf und führt ihn weiter: Herr, wandle das Zeugnis von deinem Gesetz in uns, damit wir, erleuchtet durch deine Lehren, vom Dunklen und Fremden in uns gereinigt werden. Während der Psalm 18 in der dritten Person über andere spricht, wird in der Antiphon die Gemeinde in der ersten Person Plural einbezogen und dazu aufgefordert, Gottes Gesetz in die Tat umzusetzen, damit sie selbst innerlich geläutert werde. Zur historischen Verortung Diese Antiphonen sind bewusste Kompositionen im Hinblick auf einen Psalm und lenken das Bewusstsein der Betenden auf gezielte Inhalte, sodass sich diese im Betenden vertiefen sollen. Inwiefern sie die Funktion eines immer wieder von der Gottesdienstgemeinde eingeworfenen Kehrverses erfüllen können, ist fraglich. Ob sie für diese Funktion zu lang wären, kann man vielleicht im Hinblick auf eine nicht monastische Gottesdienstgemeinde vermuten. Klösterliche Gemeinschaften, die Woche für Woche über das Jahr gleiche Texte rezitierten, konnten sich wohl durchaus lange Texte merken, um sie an gegebener Stelle einwerfen zu können. Wie sie historisch genau einzuordnen sind, kann letztlich nicht ermittelt werden. Hypothetisch sind sie jedoch später einzuordnen als jene Ferialantiphonen, deren Texte, aus dem Beginn des Psalms entnommen, in Verbindung mit dem kurrenten Psalter in die Zeit des frühen Mönchtums weisen. 2 2 Im Rahmen dieser Arbeit, die den Schwerpunkt darauf hat, die klassischen, psalmeigenen Antiphonen zu erforschen, mag es genügen auf Werke hinzuweisen, die sich mit der historischen Genese von Antiphonen eingehend beschäftigt haben. Hier eine chronologische Auswahl: G EVAERT , Origines; Ders., Mélopée; K LAUSNER , Austauschbeziehungen; B OURQUE , Étude, Bd. 1 222 - 225; Bd. 2,2 363 - 396; L IPPHARDT , Gregor der Große; P ASCHER , Jahr; N OWACKI , Antiphons. 316 Die Texte der Ferialantiphonen <?page no="317"?> Teil C: Melodien von Ferialantiphonen 1 Zur Diskussion um die Provenienz des gregorianischen Gesangs Im Zuge der karolingischen Reform war im Frankenreich der altrömische Gesang auf den dort praktizierten sogenannten gallikanischen (vorwiegend in Gallien verbreitet) sowie den mozarabischen (altspanischen/ westgotischen) Gesang getroffen. In gegenseitiger Beeinflussung der verschiedenen Melodietypen entstand der sogenannte gregorianische Gesang. 1 Da früheste Zeugnisse der Klassifikation von Musik erst seit Ende des 8. Jahrhunderts in Form von Tonaren verfügbar und schriftliche Dokumente mit Noten bzw. Neumen erst ab dem 9. Jahrhundert bezeugt sind 2 , nachdem der unter Pippin III. ( † 768) eingeleitete Transformationsprozess des römischen Erbes längst vollzogen war 3 , stellt sich seit Jahrzehnten die Frage nach fränkischer 4 Adaption 1 Es ist davon auszugehen, dass altrömische wie auch gallikanische Melodien aufeinander Einfluss hatten und die fränkischen Kantoren mehr oder weniger bewusst ihren Gesang auf den altrömischen haben Einfluss nehmen lassen. Vgl. u. a. A GUSTONI , Choral 203 - 374; E MERSON u. a., Plainchant bes. 886; F ULLER / G ALLAGHER , Plainchant 763; H ILEY , Plainchant; H UCKE / M ÖLLER , Gesang; M ÖLLER / S TEPHAN Musik; H UGLO / A TKINSON / M EYER / S CHLAGER / P HILLIPS , Lehre; K LÖCKNER , Handbuch 40 - 64. Speziell zu mozarabischem Gesang sei auf die Forschungen von Emma Hornby (Universität Bristol) und Rebecca Maloy (Universität Colorado) hingewiesen. Ihre erste Monographie ist: H ORNBY / M ALOY , Music. 2 Eine Gegenposition zur gängigen These einer Verschriftlichung gregorianischen Repertoires erst im 9./ .10. wurde in den 80er Jahren durch Kenneth Levy neu entfacht und in der Forschung im Zusammenhang mit der Frage nach Mündlichkeit und Schriftlichkeit des gregorianischen Repertoires kontrovers diskutiert. Sein Postulat einer schriftlichen Überlieferung schon unter Karl dem Großen stellt allerdings eine Minderheitsmeinung dar, ist im Rahmen dieser Arbeit nicht zielführend und wird hier nicht weiter erörtert. Vgl. L EVY , Archetype hier besonders 87 ff. sowie 95 - 101 und ders., Chant; zu Tonaren vgl. insbesondere H UGLO , Tonaires. Zu zahlreichen Quellen (mit Neumen) im 9. Jahrhundert vgl. R ANKIN , Sounds. 3 Vgl. z. B. H ILEY , Plainchant 295 - 303; J EFFERY , Sources; K OHLHAAS , Musik 23 - 28; B UCHINGER , Gregor der Große hier bes. 149 ff. 4 Mit „ fränkisch “ ist eigentlich „ karolingisch “ gemeint. Vgl. dazu A NGENENDT , Frühmittelalter 348: „ Beteiligt waren - wenn wir uns die überlieferten Namen und Gruppen vergegenwärtigen - Iren, Angelsachsen, Spanier, Provinzialromanen und sicherlich auch Franken. Aber welcher Franke könnte neben dem Angelsachsen Alkuin und dem Spanier Benedikt von Aniane mit Namen genannt werden? Die Karolingische Bildungserneuerung, die Liturgie eingeschlossen, war nicht fränkisch, sondern ‚ karolingisch ‘ ; hier wirkten die vielen Kräfte eines internationalen Großreiches zusammen. “ <?page no="318"?> oder römischer Weiterentwicklung gregorianischen bzw. römischen liturgischen Gesangs bis in die Zeit vorhandener Quellen. 5 Belegt sind Schwierigkeiten beim Austausch der Melodien von Kantoren aus römischer und fränkischer Perspektive. So beklagt der päpstliche Geschichtsschreiber Johannes Diaconus (ca. 940 - 1018) in seiner Vita Gregors des Großen die angebliche Unfähigkeit der Franken, römische Melodien adaptieren zu können 6 , und der St. Galler Mönch Notker Balbulus (ca. 840 - 912), Biograph Karls des Großen, die „ Misstöne “ der Römer. 7 5 Vgl. dazu klassisch H UCKE , Einführung; vgl. auch K LAUSNER , Austauschbeziehungen; N OWACKI , Studies; V OGEL , Échanges. 6 Hujus modulationis dulcedinem inter alias Europae gentes Germani seu Galli discere cerebroque insigniter potuerunt, incorruptam vero tam levitate animi, quia nunnulla de proprio Gregorianis cantibus miscuerunt, quam feritate quoque naturali, servare minime potuerunt. Alpina siquidem corpora, vocum suarum tonitruis altisone perstrepentia, susceptae modulationis dulcedinem proprie non resultant, quia bibuli gutturis barbara feritas, dum inflexionibus et repercussionibus mitem nititur edere cantilenam, patarali quodam fragore, quasi plaustra per gradus confuse sonantia rigidas voces jacta, sique audientium animos, quos mulcere debuerat, exasperando magis ac obstrependo conturbat. ( J OHANNES D IACONUS , S. Gregorii Magni, Lib. II, 7 [PL 75, 90 D - 91 A]); Unter den anderen Völkern Europas verstanden es die Germanen oder Gallier die Süße von dessen Melodien auffallend oft von neuem zu erlernen. Sie konnten (die Süße) in Wirklichkeit (nämlich) nicht unverfälscht bewahren, nicht so sehr aufgrund ihres Leichtsinns, weil sie Eigenes in den gregorianischen Gesang mischten, als vielmehr durch ihre Wildheit und durch ihre Natur. Weil ja die Körper von jenseits der Alpen mit ihren dröhnenden donnernden und allzu lauten Stimmen die eigentliche Süße der übernommenen Melodie nicht wiedergeben können, weil die barbarische Wildheit (ihrer) durstigen Kehlen - während sie danach trachtet, die weiche cantilena mit „ Beugungen “ (inflexionibus) und stoßweisen Tonwiederholungen (repercussionibus) herauszubringen - gewissermaßen ein naturgegebenes Krachen hervorbringt, mit einem Geräusch, wie wenn ein außer Kontrolle geratener Lastwagen die Treppe herunterjagt. Und so bestürzt sie (d. h. die Melodie) durch den sehr unebenen und laut schreienden (Gesang) die Seelen der Zuhörer, die sie besänftigen sollte. (Übers. nach W ALTER , Grundlagen 53.) 7 Referendum hoc in loco videtur, quod tamen a nostri temporis hominibus difficile credatur, cum et ego ipse qui seribo propter nimiam dissimilitudinem nostre et Romanorum cantilene non satis adhue credam, nisi quia patrum veritati plus credendum est quam, moderne ignave falsitati. Igitur indefessus divine servitutis amator Karolus, voti sui componem quantum fieri potuit in litterarum scientia effectum se gratulatus, sed adhuc omnes provintias immo regiones vel civitates in laudibus divinis, hoc est in cantilene modulationibus, ab invicem dissonare perdolens, a beate memorie Stephano papa, qui deposito et decalvato ignavissimo Francorum rege Hilderico se ad regni gubernacula antiquorum patrum more perunxit, aliquos carminum divinorum peritissimos clericos impetrare curavit. Qui bone illius voluntati et studiis divinitus inspiratis assensum praebens, secundum numerum XII apostolorum de sede apostolica XII clericos doctissimos cantilene ad eum direxit in Franciam. Franciam vero interdum cum nominavero, omnes cisalpinas provincias significo … Cum ergo supradicti clerici Roma digrederentur, ut semper omnes Greci et Romani invidia Francorum glorie carpebantur, consiliati sunt inter se, quomodo ita cantum variare potuissent, ut numquam unitas et consonantia eius in regno et provincia non sua letaretur. Venientes autem ad Karolum, honorifice suscepti et ad praeminentissima loca dispersi, et singuli in locis singulis diversissime, et quam corruptissime poterant excogitare, et ipsi canere et sic alios docere laborabant. (N OTKER B ALBULUS , Taten [MGH.SS rer. Germ. N.S 12, 12 - 14 H AEFELE ); Hier muß ich, glaube ich, etwas berichten, was jedoch bei den Menschen unserer Zeit schwer Glauben findet. Ich selber, der ich es 318 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="319"?> Es ist davon auszugehen, dass es Kaiser Karl mit der Vereinheitlichung bis in musikalische Feinheiten hin ernst war. So erzählt Johannes Diaconus von zwei Mönchen, die nach Rom geschickt wurden, um sich dort ausbilden zu lassen und dann nach Metz zurückzukehren, um den Gesang von dort - von den wachen Augen des Kaisers kontrolliert - im Frankenreich zu verbreiten. 8 Außerdem schreibe, kann es wegen der allzugroßen Verschiedenheit zwischen unserer und der römischen Singweise noch kaum recht glauben. Indes muß man der Wahrheitsliebe unserer Väter mehr trauen als der heutigen nichtsnutzigen Unzuverlässigkeit. Unermüdlich im Eifer für den Dienst Gottes freute sich Karl, daß zwar in der Kenntnis der Wissenschaften sein Wunsch soweit als möglich erfüllt war, aber es schmerzte ihn sehr, daß immer noch alle Provinzen oder Bezirke und Städte in den Lobgesängen Gottes, d. h. in den Melodien des Kirchengesangs, voneinander abwichen, und er bemühte sich (aus Rom) einige im Kirchengesang erfahrene Geistliche zu bekommen. Der Papst, der seine gute Absicht und seinen von Gott eingegebenen Eifer billigte, schickte entsprechend der Zahl der zwölf Apostel zwölf des Singens kundige Geistliche vom apostolischen Stuhl zu ihm nach Francien. Wenn ich aber bisweilen von Francien rede, so meine ich damit alle Gebiete diesseits der Alpen. … Als nun die genannten Geistlichen Rom verließen, berieten sie sich, weil ja immer alle Griechen und Römer vom Neid auf den Ruhm der Franken geplagt wurden, wie sie das Singen so verschieden gestalten könnten, daß sich nie dessen Einheitlichkeit und ein Zusammenhang im Reich und im fremden Bezirk ausbreite. Bei ihrem Eintreffen wurden sie von Karl ehrenvoll aufgenommen und nach den bedeutendsten Orten verteilt. Jeder mühte sich nun an seinem Ort so verschieden und mißtönend sie es nur ausdenken konnten, selbst zu singen und das anderen beizubringen. (Übers. aus: S TEINER , Einführung 49); Vgl. hierzu auch H AUG , Gesang 103 - 145 und R ANKIN , Ways. 8 Hinc est quod huius Gregorii tempore cum Augustino tunc Britannias adeunte, per Occidentem quoque Romanae institutionis cantores dispersi, barbaros insigniter docuerunt. Quibus defunctis Occidentales Ecclesiae ita susceptum modulationis organum vitiarunt, ut Joannes quidam Romanus cantor cum Theodoro aeque sive Romano, sed Eburaci archepiscopo, per Gallias in Britannias a Vitalliano sit praesule destinatus, qui circumquaque positarum Ecclesiarum filios ad pristinam cantilinae dulcedinem revocans, tam per se, quam per suos discipulos multis annis Romanae doctrinae regulum conservavit. Sed et Carolus noster patricius, rex autem Francorum, dissonantia Romani et Gallicani cantus Romae offensus, cum Gallorum procacitas cantum a nostratibus quibusdam naeniis argumentaretur esse corruptum, nostrique e diverso authenticum Antiphonarium probabiliter ostentarent … Mox itaque duos suorum industrios clericos Adriano tunc episcopo dereliquit, quibus tandem satis eleganter instructis, Metensem metropolim ad suavitatem modulationis pristinae revocavit, et per illam, totam Galliam suam correxit. Sed cum multa post tempora, defunctis his qui Romae fuerant educati, cantum Gallicanarum Ecclesiarum a Metensi discrepare prudentissimus regum vidisset, ac unumquemque ab alterutro vitiatum cantum iactantem adverteret: Iterum, inquit, redeamus ad fontem. Tunc regis precibus, sicut hodie quidam veridice astipulantur, Adrianus papa permotus, duos in Galliam cantores misit, quorum iudicio rex omnes quidem corrupisse dulcedinem Romani cantus levitate quadam cognovit, Metenses vero sola naturali feritate paululum quid dissonare praevidit. Denique usque hodie quantum Romano cantui Metensis cedit, tantum Metensi Ecclesiae cedere gallicanarum Ecclesiarum Germaniarumque cantus, ab his qui meram veritatem diligunt comprobatur. ( J OHANNES D IACONUS , S. Gregorii Magni, Lib. II, 8 - 10 [PL 75, 91 A - 92 A]); Übers.: Aus diesem Grund ging er, zur Zeit Gregors, zusammen mit Augustinus nach Britanien; einige Kantoren der Schola Romana verbreiteten (den römischen Gesang) im Westen, sie unterrichteten die Barbaren hervorragend. Nachdem diese gestorben waren, verunreinigten die Kirchen des Occidents das verändert erhaltene Werk so, dass Johannes, ein gewisser römischer Kantor zusammen mit Theodor, ebenfalls Römer - aber vom Bischof Eboracums, Vitalliano dem Präsul, von Gallien nach Britannien geschickt - Söhne aller Positionen der Kirche zum süßen Original des Gesangs zurück rief und so für sich, sowie Zur Diskussion um die Provenienz des gregorianischen Gesangs 319 <?page no="320"?> ordnete er an, dass ausschließlich Erwachsene, keine Jungen, liturgische Bücher abschreiben durften. 9 Die Franken taten sich offenbar mit der römischen Mentalität schwer. 10 Sie achteten zwar die römische Autorität, dennoch wurde die Umgestaltung des cantus romanus im Frankenreich nicht als bewusstes „ Abweichen “ von der römischen Linie verstanden, auch wenn dies in Rom, wie es scheint, nicht gerne gesehen wurde. 11 In Rom selbst existierte eine weitere, wahrscheinlich lokale Gesangstradition, die in großen Teilen dasselbe Text-Repertoire wie das fränkische Traditionsgut umfasst und auch vielfach ähnliche Melodien bietet. Aufgrund des besonderen Stils wird der im Hinblick auf die römische Stadtliturgie niedergeschriebene Gesang jedoch nicht gregorianisch, sondern als altrömisch bezeichnet. Das Verhältnis von altrömischen und fränkischen bzw. gregorianischen Überlieferungen wird kontrovers diskutiert, zumal der stadtrömische Choral erst im 11. Jahrhundert und damit später verschriftlicht wurde als früheste gregorianische Quellen. Damit stellt sich die Frage, ob man sich auf gleicher Zeitebene befindet, für seine Schüler die Regel der römischen Doktrin viele Jahre bewahrte. Aber Karl, unser Patricius, und König der Franken, fühlte sich von den Dissonanzen zwischen dem römischen und gallicanischen Gesang gestört. Als die Anmaßung der Gallier so argumentierte, dass der Gesang von uns, als Zwergen bezeichneten, verdorben sei und die Unseren glaubwürdig das (von ihnen) verschiedene, authentische Antiphonar vorzeigten, … sandte er bald zwei seiner fleißigsten Kleriker zu Bischof Adriano, und nachdem sie genügend schicklich eingewiesen worden waren, rief er sie in die Metropole Metz zurück, zur Süße der makellosen Musik, von wo aus sich (der Gesang) in ganz Gallien verbesserte. Aber nach langer Zeit, nachdem diejenigen, die in Rom gelehrt waren, gestorben waren, sah der stolzeste aller Könige den gallischen Kirchengesang von dem der Metzer abweichen und er bestrafte jeden, der den am Boden liegenden Gesang mit Füßen trat: Von neuem sagte er, gehen wir den Ursprüngen. Daraufhin stimmten einige auf Bitten des Königs hin sogleich wahrhaftig zu. Angetrieben durch Papst Adrian schickte er zwei Kantoren nach Gallien, aufgrund deren Urteil der König erkannte, dass alle Kirchen die Süße des römischen Gesang durch Leichtsinn verdorben hätten, die Metzer jedoch aufgrund ihrer natürlichen Ernsthaftigkeit am wenigsten abwichen. Schließlich gilt bis heute - so wie der Gesang von Metz hinter dem römischen zurücksteht, so bleibt der Gesang der gallischen Kirchen Germaniens hinter dem von Metz. Von jenen, die die unvermischte Wahrheit lieben, wird das bewiesen. 9 Et si opus est evangelium, psalterium et missale scribere, perfectae aetatis homines scribant cum omni diligentia. (M ORDECK / Z ECHIEL -E CKES / G LATTHAAR , Admonitio 224 f.); Und wenn die Aufgabe ansteht, ein Evangelienbuch, einen Psalter und ein Messbuch zu schreiben, so sollen Männer vollendeten Alters schreiben - mit aller Sorgfalt. (Ebd.) 10 Vgl. z. B. H UCKE , Einführung hier 175. 11 Hucke sah in den überlieferten Unstimmigkeiten zwischen Römern und Franken ein Zeugnis für die Überlieferung der altrömischen Melodien: Vgl. H UCKE , Tradition hier 123: „ Berichte wie der des Monachus Sangallensis über die römischen Sänger, die in Franken den römischen Gesang hätten lehren sollen und sich verabredet hätten, die Tradition zu verfälschen, zeugen wohl weniger von Böswilligkeit der Römer, als vielmehr von der Lebendigkeit der römischen Tradition im Gegensatz zur Fränkischen. “ 320 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="321"?> wenn man altrömische mit fränkisch-gregorianischen Handschriften vergleicht, oder ob sich der altrömische Choral in der Zeitspanne zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert vielleicht weiter entwickelt haben könnte. Im Vergleich der Traditionen wird die altrömische in der Forschung mitunter als die einheitlichere gegenüber der fränkischen betrachtet. Wie es scheint, bewegte man sich hier stärker in vertrauten Mustern und schuf weniger neue, während sich das Fränkische einer größeren melodischen Weitschweifigkeit erfreute. 12 Doch wurden Gesänge des altrömischen Repertoires im Nachhinein verziert, oder zeigt sich bei den Franken ein Rückfall auf einfache Muster? Bislang lassen sich diese Fragen noch nicht beantworten. In beiden Traditionen sieht man einen gemeinsamen römischen Prototyp, der in einem Prozess in zwei melodische Dialekte unterschieden wurde. Im Vergleich mit Messantiphonen gibt es bei Offiziumsantiphonen allerdings mehr Unterschiede. Deren Übermittlung ist offensichtlich unabhängig von anderen Gattungen zu betrachten. 13 Wie die Rezeption des römischen Gesanges im Einzelnen ausgesehen hat, bleibt weitgehend ungewiss. 14 Die neuere Forschung geht mehrheitlich davon aus, dass die Melodien nicht durch schriftliche Vorlage, sondern durch mündliche Überbringung ins Frankenreich eingeführt wurden. 15 Dabei muss nach Leo Treitler von 12 Diesem Phänomen haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche Autoren gewidmet. Vgl. dazu z. B. N OWACKI , Antiphons, bes. 243 oder auch P FISTERER , Cantilena. 13 Vgl. N OWACKI , Antiphons. Er bezieht sich in seiner Arbeit auf die Forschung von Robert J. Snow, der feststellte, dass die gleichen Antiphonentexte des Offiziums in Franken und im Altrömischen nur bei 60 % die gleichen Melodien haben. (S NOW , Chant 502.) Dies wurde von Hucke ohne Kommentar übernommen. Vgl. H UCKE , Chant 695. 14 Einen Beitrag zur Annährung an das Thema des Verhältnisses von altrömischem und gregorianischem Choral gibt H AAS , Überlieferung. Ein Ergebnis seiner Forschung computergestützter, sprachwissenschaftlicher Überlegungen mit Blick auf syntaktische Gliederungen ist die These, dass bei der Sängergemeinschaft des altrömischen im Gegensatz zu der des gregorianischen Chorals eine hohe Lateinkompetenz vorausgesetzt werden konnte. Einen guten Ein- und Überblick in den Vergleich altrömischer und gregorianischer Choralquellen und Studien bietet auch H ILEY , Plainchant 530 ff. Eine enge Beziehung zwischen altrömischen und gregorianischen Gesängen arbeitete Emma Hornby heraus: H ORNBY , Tracts; Michel Huglo hat nachgewiesen, dass sowohl altrömische Choralüberlieferung wie auch gregorianische Melodien je für sich konsequente Abweichungen aufweisen: H UGLO , Chant. Von daher kommt er zu dem Ergebnis, dass der Archetyp des gregorianischen Graduale nicht in Rom redigiert worden sein kann. Vgl. dazu besonders H UGLO , Liturgie hier 236 f. Vgl. auch L EVY , Romans; Zum Verhältnis von römischem und gregorianischem Gesang vgl. ebenso T URCO , Chant. Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang das Werk von VAN DER W ERF , Emergence. Dort diskutiert er anhand von zahlreichen Quellen die Verbreitung und Bewahrung ambrosianischer, römischer und gregorianischer Musik die Rolle der mündlichen Überlieferung und die Beziehung von Text und Musik. 15 Vgl. T REITLER , Homer hier 341 und K LÖCKNER , Untersuchungen 174: Da keine Neumen aus dieser Zeit überliefert sind, sei davon auszugehen, dass nicht schriftliche Fixierung die Melodien ins Frankenreich brachte, sondern mündliche Überlieferung. Die Annahme Huckes, dass die Melodien schriftlich überbracht worden seien, wird somit in Frage gestellt. Zur Diskussion um die Provenienz des gregorianischen Gesangs 321 <?page no="322"?> einer nach Mustern, Formeln und hervorstechenden Merkmalen (Modus, Gattung und Form) geordneten Rekonstruktion im Gedächtnis ausgegangen werden und nicht von einer Ton-für-Ton Reproduktion. 16 So lässt sich unter anderem die starke melodische Verwandtschaft bei Abweichungen im Einzelnen zwischen beiden Überlieferungen erklären. 17 Im Laufe des Mittelalters ging die altrömische Weise zu singen unter. Auch in der römischen Metropole hatte sich der gregorianische Cantus durchgesetzt. 18 Zur Entstehung gregorianischer Melodien haben sich verschiedene Theorien etabliert, deren Kernaussagen folgend in Auswahl benannt werden. Dabei geht es auch um die Unterscheidung und Definition von altrömischem und gregorianischem Repertoire. 1.1 Theorien zur Entwicklung des gregorianischen Chorals in Auswahl und Überblick Schüler von Solesmes von André Moquerau bis zu Joseph Gajard stellten im Altrömischen eine degenerierte Abart des Gregorianischen dar, in der die Disziplin einer älteren Epoche durch Ornamentation unterbrochen worden sei. 19 Walther Lipphardt hielt hingegen beide Fassungen für gleichzeitige Ausprägungen des frühchristlichen Gesangs. In der altrömischen Fassung vermutete er hinzufügend südliche Mentalität. 20 Mitte der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts begann dann eine intensive Theoriesuche nach Provenienzen, Entwicklungen und Abhängigkeiten hinsichtlich des altrömischen sowie gregorianischen Gesangs, die bis heute nicht abgeschlossen ist. 21 Während Willi Apel auf die Abhängigkeit von altrömischem und fränkischem Choral sowie die Problematik der historischen Verwobenheit hinwies 22 , entwickelte Bruno Stäblein eine Theorie: Er hielt das Altrömische für zu provinziell als für den Papst nützlich, der auch in der Musik Universalität verkörpern musste. Gregorianischer Gesang ist seiner Sicht nach das Ergebnis einer genialen unter 16 T REITLER , Homer 341. 17 Vgl. K LÖCKNER , Handbuch 40 - 62. 18 Grundlegend hierzu vgl. H UGLO , Chant. B ERNARD , Chant. Nach Philippe Bernard ist gregorianischer Gesang das Ergebnis eines Kontaminationsprozesses zwischen römischen und fränkischen Gesängen. Nachdem der römische Gesang von 742 an nach Gallien transferiert worden sei, wo er durch die fränkische Kirche adoptiert wurde, habe eine Hybridisierung zwischen diesen Gesängen stattgefunden. Seit dem 9. Jahrhundert habe er ganz Europa erobert und den alten mailänder, den alten römischen, beneventanischen und spanischen Gesang zerstört. 19 P OTHIER / M OQUERAU , Répons-graduel 4 - 6. Vgl. G AJARD , 'Vieux romain'. 20 L IPPHARDT , Gregor der Grosse. 21 Einen guten Überblick über die Forschungslage findet man bei J EFFERY , Re-Envisioning. 22 Vgl. A PEL , Problem; ders., Chant 77 - 87. 322 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="323"?> Papst Vitalian ( † 27. Januar 672) aus oder neben dem altrömischen Gesang entstandenen Umformung, in der die altrömischen Melodien aufgewertet und für päpstliche Zwecke veredelt wurden. 23 Auch Van Dijk ging davon aus, dass für die päpstliche Liturgie ein abrupt, ohne Hilfe von musikalischen Noten, ganz neu geschaffenes Repertoire unversehrt durch die Jahrhunderte überliefert wurde, bevor man es schließlich im sogenannten gregorianischen und altrömischen Gesang notierte. 24 In Auseinandersetzung mit Bruno Stäblein formulierte Peter Gülke in den 1970er Jahren seine Theorie, der den Kern des gregorianischen Repertoires in Rom unter Vitalian vermutete, das nach 754 nördlich der Alpen zu einem umfangreicheren Repertoire erweitert worden sei. 25 In der Tradition von Leo Treitler 26 charakterisierte Paul Cutter dann das Altrömische als uniform und fügte hinzu, dass man sich dort stärker als im Gregorianischen an bekannten Mustern orientierte und weniger neue kreierte. 27 Thomas Connolly betonte ebenfalls die Einheitlichkeit der altrömischen Melodien, die er als Ergebnis der Genauigkeit in der Überlieferung alter Formeln sah. Seiner Auffassung nach haben Franken gerne altrömische Muster variiert. 28 Helmut Hucke und Godehard Joppich verlagerten die Genese des gregorianischen Gesangs in die 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts nördlich der Alpen, ins aus ihrer Sicht aufblühende Frankenreich, in das die römische Liturgie eingeführt werden sollte. 29 Bei diesem nach 754 im Zuge der karolingischen Liturgiereform initiierten 23 S TÄBLEIN , Einführung zu Gesänge 5 - 7 und 39, hier 6f: „ Man brauchte eine Melodiesprache, die dem Anspruch des Papsttums, eine Weltreligion zu sein, besser entsprach. “ Vgl. ders., Entstehung 8: „ Unter dem Pontifikat Vitalians (657 - 673) war die Zeit dazu reif. “ Vgl. ders., Schriftbild 21 f; 24 V AN D IJK , Origins 414 f. und 428 - 86. 25 G ÜLKE , Mönche 25 - 51. 26 T REITLER , Homer. 27 C UTTER , Transmission. 28 C ONNOLLY , Introits. 29 Helmut Hucke bezeichnete den gregorianischen Choral als „ eine mit der Einführung der römischen Liturgie ins Frankenreich entstandene Bearbeitung der altrömischen Melodien “ . (H UCKE , Einführung und ders., Gesang. Oder: „ Die Frage nach der Herkunft der beiden Überlieferungen des Gregorianischen Gesangs … erscheint in neuem Licht … Wenn das System der acht Psalmtöne karolingisch ist, dann kann die Standard- oder fränkische Überlieferung des Gregorianischen Gesangs nicht in Rom entstanden sein. “ (H UCKE , Rennaissance 12.) Vgl. J OPPICH , Gedanken und ders.: Choral. Einen guten Überblick über die „ Tradition des altrömischen und des gregorianischen Chorals “ bietet G ERALD / C LERCX - L EJEUNE / F EDERHOFER , Bericht 138 - 163. Auch Edward Nowacki sieht die Ursprünge für die Unterschiede von fränkischem und altrömischem Repertoire nach 754, nachdem der römische Gesang von den Franken adaptiert und international geworden war. Vgl. N OWACKI , Psalmody hier 292 ff. Zur Diskussion um die Provenienz des gregorianischen Gesangs 323 <?page no="324"?> Adaptionsprozess seien altrömische Melodien umgearbeitet, den fränkischen Bedürfnissen angepasst und systematisiert worden. 30 Diese These gewann auch insofern an Bedeutung, als man sich aufgrund der kulturgeschichtlichen Gegebenheiten im Rom des 7. Jahrhunderts - die römische Kultur war in den Wirren der Völkerwanderung des 4. und 5. Jahrhunderts niedergegangen 31 , in den verschiedensten Bildungsbereichen im römischen Reich des frühen Mittelalters waren Dekadenzerscheinungen sichtbar 32 - , nicht vorstellen konnte, dass diese offenbar kulturelle Ruine einen Boden für die Entstehung eines derart differenzierten Chorals hätte bieten können. Die Verlegung der Genese des gregorianischen Chorals nördlich der Alpen ist jedoch schon aufgrund der dortigen damaligen kirchenhistorischen Situation nicht unproblematisch. Das Frankenreich war durch Aufteilung in Partialkirchen mit divergierenden Liturgieformen gekennzeichnet und damit verbunden durch Uneinheitlichkeit - eine ungünstige Ausgangslage, um in der Gesamtheit Einfluss auf eine neue Einheit nehmen zu können. 33 Im Rahmen der Provenienzforschung wurde auch die Funktion der päpstlichen Schola Cantorum diskutiert, die erstmalig mit Sicherheit im Liber Pontificalis für die Zeit des Papstes Deusdedit II. (672 - 676) bezeugt ist. Doch die Frage ihres Verhältnisses zum altrömischen und gregorianischen Gesang ist ungewiss, ihre liturgische Rolle zur damaligen Zeit bis heute ungeklärt, und sie kann aus diesem Grund hier kontextbezogen nicht weiter helfen. 34 30 Vgl. H UCKE , Einführung 172 - 187, oder: ders., Überlieferung 138. 31 Vgl. B ÜHLER , Kultur 486 und K LÖCKNER , Untersuchungen 12: „ Diese Schädelstätte in einem Feld von Scherben und unter Ruinen (P. M EINOLD , Weltreligionen 250.) markiert den Wendepunkt von der antiken zur mittelalterlichen Kultur, die aus den Trümmern dieser zerfallenen Welt herausgewachsen war. Dazu bedurfte es allerdings der geistigen Neubefruchtung durch andere Völker, denn in Rom selbst war mit den Bildungsstätten … auch die Kraft zur geistigen Produktion erloschen. Man begnügt sich damit, das Überlieferte zu bewahren und zu ordnen. “ 32 Verschiedene Quellen geben vom kulturellen Tiefpunkt der römischen Kultur des frühen Mittelalters Zeugnis. Z.B beklagt eine römische Synode des Jahres 679 den Mangel an höherer Bildung beim römischen Klerus: Igitur quia tranquillissimae fortitudinis vestrae clementia personas de episcopali numero dirigi iussit … (A GATHO PAPA , Epistolae [PL 87, 1220 A]). Georg Heinrich Hörle weist in diesem Zusammenhang auf den Verfall der grammatischen Fähigkeiten und des Gefühls für die Sprache, sichtbar an der mangelnden literarischen Ausdrucksfähigkeit (z. B. zu erkennen an der Dekadenz metrischer Inschriften), hin. (H ÖRLE , Mönchs- und Klerikerbildung 2 f. und bes. 31.) 33 Vgl. auch W EGMANN , Geschichte 123: „ Man kann davon ausgehen, dass das Eigenbewußtsein einer Kirchenprovinz wie der fränkischen zu dieser Zeit … größer war als im späten Mittelalter. Schließlich hatte sich die Kirche … in Provinzen mit Metropolitankirchen entwickelt, und das mit teilweise vollkommen abweichenden Liturgieformen. “ 34 Vgl. B UCHINGER , Gregor der Große hier bes. 133 ff. Vgl. ebd. 134, Anm. 72: „ Der insgesamt sehr dürftige Quellenbefund erlaubt es nur mit beträchtlichem interpretatorischem Aufwand, die Gründung der Schola doch auf Gregor zurückzuführen; so z. B. S. J. P. VAN D IJK , Gregory. “ Vgl. auch folgende Autoren: B ERNARD , Chant 396 - 412; D YER , Schola; D AHLHAUS / E GGEBRECHT , Schola Cantorum hier 853; G ASTOUÉ , Origines 104; M C K INNON , Advent Project 86 - 89; S MITHS VON W AESBERGHE , Schola Cantorum. 324 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="325"?> Wahrscheinlich ist, dass altrömische und gallikanische Melodien sich gegenseitig beeinflussten, dass zwar der Primat des römischen Cantus galt, aber auch fränkische Kantoren auf ihre Weise den altrömischen Choral beeinflussten. 35 Andere, z. T. abstruse Theorien hierzu wie etwa die von Hans Schmidt, der die gregorianischen Melodien Gregor dem Großen zuweist, bleiben in dieser Arbeit unbeachtet. 36 Ein Ausgangspunkt jüngerer Diskussionen ist James McKinnons The Advent Project. Entgegen der gängigen Auffassung, dass sich der gregorianische Gesang im vierten, fünften und sechsten Jahrhundert allmählich entwickelte, schlägt er dort, ausgehend von Überlieferungen vor allem des Messpropriums, vor, dass ein Großteil dessen im späten siebten Jahrhundert in einer konzentrierten Bemühung der römischen Schola cantorum entstanden sei. 37 Die Diskussion um sein respektables Projekt, die in den vergangenen Jahren viel Aufsehen erregt hat, sei im Folgenden etwas näher beleuchtet: Nach McKinnons Hypothese wurde zuerst das Temporale, beginnend mit dem Advent, dann das Sanctorale geschaffen. Im Advent seien die Gesangsstücke des Messantiphonars viel ausführlicher als später im Kirchenjahr, und er fragt sich, ob hier im Laufe des Kirchenjahres Ermüdungserscheinungen zum Ausdruck kommen. Aufgrund des angenommenen genetischen Ursprungs bezeichnet er dieses Unterfangen Adventsprojekt. 38 Wie andere vor ihm kam er zum Ergebnis, dass das Fränkische bzw. Gregorianische näher am römischen Ideal des 8. Jahrhunderts sei als die römische Version des 11. Jahrhunderts. Seine These erläutert er insbesondere anhand der Magnificatantiphon Pater si non potest und weist darauf hin, dass, obwohl große Ähnlichkeiten vorhanden seien, die römische Version neumatisch und die gregorianische syllabisch sei. Daraus schließt er, die gregorianische Version sei älter. 39 Die größere Individualität des Gregorianischen insgesamt reflektiere diejenige aus Rom zur Zeit der Transmission, während die sich durch Homogenität auszeichnenden römischen Melodien im Kontext oraler Überlieferung verwischt worden seien. 40 In der Fachwelt wird McKinnons Konzept teilweise stark kritisiert: Auf die Studien von Thomas Kelly und Kennath Levy verweisend, die anhand von beneventanischem und römischem Gesang vergleichend nachgewiesen haben, dass beide 35 Vgl. auch K LÖCKNER , Handbuch 40 - 64. Klöckner weist auf die Notwendigkeit der Durchmischung mit dem heimatlichen Ritus hin, wobei bezeichnend sei, dass die liturgischen Quellen in Franken und nicht in Rom geschrieben worden seien. (Ebd., 49 f.). 36 Vgl. S CHMIDT , Gregorianik. 37 M C K INNON , Advent Project. 38 J EFFERY , Rezension: Advent Project. 39 M C K INNON , Advent Projekt 390 - 392. 40 Ebd. 377 - 379. Zur Diskussion um die Provenienz des gregorianischen Gesangs 325 <?page no="326"?> nativ einen ornate oscillierenden (kunstvollen) Stil haben, stellt Joseph Dyer die Frage: Wie hätte sich das römische Gut über drei Jahrhunderte entwickeln können, nur um einem Repertoire zu ähneln, das drei Jahrhunderte früher entstanden ist? 41 Auch mögliche Abhängigkeiten zwischen den Messgesängen und den Offiziumsgesängen bewertet Dyer anders als McKinnon. Während McKinnon diese mit der Begründung, die Psalmodie des Offiziums sei sozusagen das tägliche Brot der Mönche und bilde deren musikalischen Kontext, eher befürwortet 42 , weist Dyer auf die unterschiedlichen Texte und Musikstile hin und ist daher weniger als McKinnon geneigt zu glauben, dass zwischen dem monastischen Offizium und den sich entwickelnden Messgesängen große Beeinflussungen waren. 43 Andere kritische Akzente setzt Peter Jeffery. 44 Grundsätzlich würdigt er McKinnons Ansatz, dass die relative Einförmigkeit des Messpropriums, vor allem des Advents, in Kontrast zum restlichen Gesangsrepertoire stehe, was eine Besonderheit in der Zusammenstellung vermuten lasse. Die Frage sei jedoch, wie man diese Verschiedenheiten deute. Im Zusammenhang mit biblischen lateinischen Übersetzungen hält er McKinnon vor, dass er zwischen Psalm- und anderen biblischen Texten einen dubiosen Unterschied mache, wenn er behaupte, nicht psalmeigene Gesänge und jene, die den biblischen Originaltext verändern, seien später. Veränderungen habe es schon im 4. Jh. gegeben. Bibeln seien voll von Variationen, und vieles sei noch unveröffentlicht. 45 Ein weiterer Kritikpunkt Peter Jefferys bezieht sich auf Einzeltraditionen. Entgegen der Annahme McKinnons, diese seien, unabhängig von deren Alter, möglicherweise aus einem vor dem Advent-Projekt entstandenen Fundus stammend, für einen bestimmten Tag gemacht worden, äußert sich Jeffery dahingehend, dass viele Texte Jahrhunderte lang ohne festen Bezug zueinander und auch nicht für bestimmte Tage erstellt, zirkulierten. Beispielsweise sei dies daran zu erkennen, dass dieselben Gesänge in verschiedenen Traditionen an unterschiedlichen Festen auftreten. Auch den Ansatz, Abhängigkeiten zwischen römischem und fränkischem Repertoire über deren Schnittmengen ermitteln zu wollen 46 , sei eine zu moderne Vorstellung von Originalität. Hier müssten differenzierte Forschungen mit vielen Manuskriptvarianten erstellt werden. 47 Des Weiteren halte er es für eine Illusion, dass das gesamte Repertoire in ein paar Jahren von einem Chor erstellt worden sei, und spricht sich damit gegen einen 41 D YER , Rezension: Advent Project hier 305; vgl. auch K ELLY , Chant 25 - 40. 42 M C K INNON , Advent Project 83 und 120 f; 196 f. 43 D YER , Rezension: Advent Project hier 308. 44 J EFFERY , Rezension: Advent Project. 45 Ebd., 173 f. 46 M C K INNON , Advent Project 198 ff. 401. 47 J EFFERY , Rezension: Advent Project hier 176. 326 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="327"?> hypothetischen Ursprung im 7. Jahrhundert im Zusammenhang mit der Schola Cantorum aus. 48 Ein Hauptkritiker McKinnons ist Andreas Pfisterer. Seine Kritik beginnt schon am Ausgangspunkt der Untersuchungen. Während McKinnon das römische Dokument I-Rvat lat. 5319 aus dem 11./ 12. Jahrhundert nimmt, von der er später ergänzte Feste wie „ Passio S. Johannis Baptistae “ oder „ Dedicatio Salvatoris “ streicht, da er sie wie auch andere erst in jüngeren Quellen auftretende Heiligenfeste für sekundär hält, erachtet es Pfisterer für sinnvoller, die fränkische Überlieferung als Ausgangspunkt zu nehmen und damit den Blick darauf zu werfen, was in den Formularen fehlt, und nicht, was ergänzt wurde. Pfisterer untermauert seine These anhand zahlreicher Belege, von denen im folgenden einige in Auswahl dargelegt werden: 49 Ältere fränkische Handschriften, z. B. das Graduale von Mont-Blandin „ Blandiniensis “ 50 , hätten viele Leerstellen, die wahrscheinlich sowohl in Rom als auch anderswo später gefüllt worden seien. In Rom sei wegen der Einheitlichkeit der Überlieferungen eine Rekonstruktion nur im Vergleich mit den fränkischen Manuskripten möglich. Desweiteren habe McKinnon wichtige Dokumente wie das Fuldaer Fragment und das Missale von Norcia, 51 beide ohne Noten, nicht berücksichtigt, die Pfisterer für ursprünglich hält. Außerdem hält er die Reduktion der Formulare für Papst- und Bischofsweihen in I-Rvat lat. 5319 für sekundär. Da der Papst in Rom selbst die Weihen vorgenommen und teilweise mehrere Bischöfe gleichzeitig geweiht habe, sei dies in den Formularen sinnvollerweise zum Ausdruck gebracht worden. 52 Hingegen seien im Frankenland Bischöfe an Ort und Stelle geweiht worden, und es sei davon auszugehen, dass nur ein einzelner zum Bischof geweiht wurde, sodass das römische Konzept an dieser Stelle nicht greife und daher in den meisten fränkischen Manuskripten ersatzlos gestrichen sei. Auch die Annahme, dass unter Papst Sergius I. (678 - 701) Aktualisierungen des Antiphonars stattgefunden hätten (M C K INNON , Advent Project, 190 f.), zu sehen in Formularen von Festen (die Pfisterer nicht näher spezifiziert), die in fränkischen Überlieferungen fehlten, hält Pfisterer für nicht haltbar: Es sei schwerlich denkbar, dass fränkische Bearbeiter eine konsistente Schicht von Festen gestrichen hätten. Dass Formulare etwa für Pfingsten weniger ausführlich geschrieben seien, läge nicht an der Ermüdung, sondern am allmählichen Wachstum. So seien etwa Perikopen für Pfingsten schon fixiert gewesen, als das Fest erweitert wurde, zu 48 Ebd. 174 f. 49 P FISTERER , James McKinnon bes. 37 - 46. 50 H ESBERT , Antiphonale Missarum. 51 Rom Biblioteca Vallicelliana B.8; vgl. H UGLO , Chant. 52 Vgl. P FISTERER , James McKinnon 38, Anm. 23. Hier verweist Pfisterer auf eine Reihe von Manuskripten in Paris: Ste. Geneviève 111 (AMS: S) Chartres 47: Laon 239 (mit mechanischer Lücke); Rom Angelica 123; Je unterschiedliche Versionen böten Paris, BN lat. 12050 (AMS: K); Paris BN lat. 2291; Paris BN lat. 776; Modena I 13. Zur Diskussion um die Provenienz des gregorianischen Gesangs 327 <?page no="328"?> erkennen an Texten, die vom Heiligen Geist sprechen, die in Formularen schon an Sonntagen der Osterzeit vorkommen. 53 Die Communio Mirabantur steht ebenfalls im Zentrum von McKinnons sowie Pfisterers chronologischer Argumentation. Da seine Textquelle nicht in der römischen Ordnung der Evangelien (Theodor Klausner Typen ΠΛΣ ), sondern in einer im Fränkischen belegten Quelle ( Δ ) auftritt, folgert McKinnon, dass der Communio Cyklus erst im Fränkischen seine endgültige Gestalt bekam. Pfisterer hingegen hält diese Argumentation McKinnons für zu einfach und entgegnet, dass diese Antiphon schon in der Mitte des 7. Jh. vom Rest der römischen Tradition abzweige und nichts dagegen spreche, dass sie einer späten römischen Schicht entspringe. 54 Im Zusammenhang mit der Chronologie des römischen Festkalenders des 7./ 8. Jh. postuliert Pfisterer, dass McKinnon offensichtlich eine Schicht übersehen und, damit verbunden, eine Konsequenz für die Datierung von Marienfesten nicht berücksichtigte habe. Ein weiterer Kritikpunkt setzt an der lateinischen Übersetzung verschiedener Texte an. Pfisterer stellt fest, dass sich die Vulgataüberlieferung im Advent konzentriert und die der Vetus Latina außerhalb des Advent. 55 In der durch das Nebeneinander verschiedener Übersetzungen lateinischer Bibeltexte bestimmten Geschichte habe sich im Laufe des Mittelalters mehr und mehr die der Vulgata etabliert. 56 In der Annahme, dass neue Gesangsstücke ihren Text aus einer jeweils neuen Textfassung verwendet haben und die oben genannten Gesänge des Advent damit jünger als diejenigen außerhalb des Advents seien, verlegt Pfisterer McKinnons Projekt „ Proprisierung “ des Kirchenjahres vor Gregor in die römische Spätblüte unter ostgothischer Herrschaft (489 - 535) zur Zeit von Cassiodor und Boethius. 57 Damit stellt er sowohl den Aspekt des „ Adventprojektes “ als auch McKinnons hypothetische Entstehungszeit in Frage. Pfisterers Theorie nach sind die Ursprünge des gregorianischen Gesangs, die cantus Romanus (Karl der Große, 789 u. ö.) 58 oder cantilena Romana (Paulus Diaconus, Ende 8. Jahrhundert) 59 genannt wurden, in Rom zu suchen, wo er sich bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts als Repertoire gefestigt habe, ins Frankenreich 53 Ebd. 44 ff. 54 Ebd. 32 f. 55 Ebd. 50 f. 56 So zitiere noch Leo I. (440 - 461) in der Regel nach der Vetus Latina, während Gregor I. (590 - 604) den Wortlaut der Vulgata wiedergebe. Vgl. ebd. 51 ff. 57 Ebd. 51 ff. 58 Vgl., Capitularia (MGH.Cap 1, 61 B ORETIUS ): Omni clero. Ut cantum Romanum pleniter discant. 59 Paulus Diaconus betonte die Bemühungen Chrodegangs in Verbindung mit der Neugestaltung der Kirche in Metz in seinen Gesta episcoporum Mettensium: Ipsumque clerum abundanter lege divina Romanaque imbutum cantilena, morem atque ordinem Romanae ecclesiae servare praecepit, quod usque ad id tempus in Mettensi ecclesia factum minime fuit. (P AULUS D IACONUS , Liber [MGH.SS 2, 268 P ERTZ ]). 328 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="329"?> übernommen und dort weitestgehend - stärker als vielfach angenommen - unverändert tradiert worden sei. In Rom dagegen sei dies weniger gelungen, was die im 11. Jahrhundert notierten Fassungen des altrömischen Gesangs zeigten. 60 1.2 Zur Einführung des Oktoechos zu Zeit der karolingischen Liturgiereform Spätestens nachdem Karl der Große in einem in Diedenhofen 805 gefertigten Kapitular mit staatlicher Autorität beschlossen hatte, dass alle Sänger des Frankenreiches in Metz den römischen Gesang erlernen sollten, war dieser verbindlich. Sodann mussten ihn fränkische Sänger, ohne Noten zu haben, adaptieren. Dabei war eines der größten Bedürfnisse, ein System zu erstellen, nach dem die Melodien geordnet werden konnten. 61 Hier waren antike Vorbilder wie Boethius De institutione musica, Martianus Capella De nuptiis Philologiae et Mercurii, aber auch die Artes maior und minor des Aelius Donatus oder die Werke Isidors von Sevilla, besonders seine Ethymologiae, die alle in Bezugnahme des griechischen Musiksystems grundlegende Gedanken zur Musiktheorie verfassten, richtungweisend. 62 Auf der Grundlage ihrer Theorien wurde der Oktoechos auf den römischfränkischen Choral übertragen. Man entwickelte acht Hauptkategorien, genannt Toni, nach denen Melodien klassifiziert wurden. Erste Belege für die später sogenannten acht Kirchentöne sind im um das 8. Jahrhundert geschriebenen Tonar von Saint Riquier und im Tonar von Metz (aufgezeichnet in einer Sammelhandschrift wohl um 870 nach einer Vorlage aus der Zeit zwischen 817 und 835) zu finden. Sie haben noch keine Noten bzw. Neumen, doch allein aufgrund der Ordnung nach Modi und Differenzen lässt sich ziemlich sicher beurteilen, ob ein Stück damals mit derselben Melodie gesungen wurde, in der es uns in eindeutiger Notation überliefert ist. 63 Auch theoretische Schriften wie die um die Mitte des 9. Jahrhunderts verfasste Musica discipina des Aurelianus von Réôme und die etwas später geschriebene Commemoratio brevis de tonis et psalmis modulandis sind vom Raster des Oktoechos stark geprägt. Allerdings kann man hier oft feststellen, dass älteres 60 P FISTERER , Cantilena 193. 61 A TKINSON , Nexus 85 ff. 62 Vgl. die wegweisenden Informationen von A TKINSON , hier zur Rezeption antiker Texte in karolingischer Zeit, in: ders., Nexus 49 - 84. 63 H UGLO , Tonaire; vgl. auch M ÖLLER / S TEPHAN , Musik 152 f. Der Tonar von Metz wurde von Walther Lipphardt in seiner berühmten Monographie untersucht. L IPPHARDT , Tonar. Zur Diskussion um die Provenienz des gregorianischen Gesangs 329 <?page no="330"?> und modal ambivalentes Tonmaterial zu Ordnungszwecken in einen Modus gepresst wurde. 64 Das der griechischen Antike entlehnte System des Oktoechos, Gesänge in Tonarten einzuteilen, zeigt Ähnlichkeiten zum Acht-Ton-System des byzantinischen Musikverständnisses. 65 Eine direkte Abhängigkeit des westlich mittelalterlichen Acht-Tonarten-Systems von jenem in Konstantinopel ist neueren Forschungen entsprechend jedoch unwahrscheinlich. Andreas Pfisterer macht darauf aufmerksam, dass das erste direkte Zeugnis des Ostens zum Oktoechos, das Typikon der Kathedrale des Kaiserhofs in Konstantinopel, erst in der Mitte des 10. Jahrhunderts verfasst und damit nicht älter als früheste Zeugnisse zum Acht-Ton-System in der westlichen Welt sei. Daher könne eine chronologische Abhängigkeit nicht behauptet werden. 66 Auch systematische Beobachtungen sprächen gegen eine Dependenz des westlichen vom byzantinischen System. Lateinischer Maxime entsprechend werden die plagalen Tonarten jeweils nach den dazugehörenden authentischen Tonarten eingereiht. Die östliche Reihenfolge hingegen habe sich mit einem liturgischen Acht-Wochen-Zyklus verbunden: Für acht Formulare der normalen Sonntage außerhalb der Fastenzeit würden am ersten Sonntag alle variablen Stücke im 1. Modus gesungen, am zweiten im 2. Ton, usw. Dabei kämen zuerst die vier authentischen Tonarten zu Klang und anschließend die vier plagalen. 67 Die sogenannte westliche Reihenfolge der Tonarten sei älter als der Oktoechos, was ein, vom Material her betrachtet, vor 700 zeigendes „ georgisches Lektionar “ zeige, dessen Ursprung nach Jerusalem weist. 68 Als Ursprungsort des Acht-Ton- 64 Zu Aurelian von Réôme vgl. H ICKS , Aurelianus Reomensis 40 - 42; H ILEY , Plainchant 456 ff; H UCKE , Renaissance 11 f; M ORELLI , „ Musica disciplina “ . Zur Commemoratio brevis: B AILEY , Commemoratio brevis. Es handelt sich dabei um einen anonymen Traktat aus dem Ende des 9. Jahrhunderts, der aufgrund der Dasia-Notation mit der Musica enchiriadis verwandt ist und oft mit ihr überliefert wird. 65 Zum Verhältnis von gregorianischem und byzantinischem Repertoire vgl. auch A TKINSON , 'Harmonia'. Außerdem zur Vorgeschichte: J EFFERY , Sunday. Er argumentiert für eine Herkunft des Acht-Kirchentöne-Systems aus den griechisch sprechenden Kirchen und Klöstern Palästinas. Zu einschlägigen Informationen hinsichtlich des Oktoechos vgl. auch K OHLHAAS , Musik 17; M ÖLLER / S TEPHAN , Musik 140 f; vgl. S TÄBLEIN , Gesänge: Während die Traditionen des gallikanischen und des mozarabischen Gesangs offensichtlich von dem bei Karl dem Großen cantus Romanus genannten gregorianischen Choral verdrängt worden sind, habe sich der Ambrosianische Gesang erhalten können. 66 Vgl. P FISTERER , Vorgeschichte hier 321. Zum hier erwähnten Typikon vgl. M ATEOS , Typicon. 67 Vgl. P FISTERER , Vorgeschichte 322. Zur Vorgeschichte des heutigen Oktoechos-Buches vgl. H ANNICK , Τ exte. 68 Hinsichtlich des Alters des Oktoechos unterscheidet sich Andreas Pfisterer etwas von Peter Jeffery, der den Ursprung des Acht-Tonarten-Systems mit seiner dokumentierbaren Geschichte mit Johannes von Damaskus im frühen 8. Jahrhundert ansetzt. Vgl. J EFFERY , Oktoechoi. Bei Stig Simeon R. Frøyshov findet man eine Zusammenstellung für die westliche Reihenfolge gelistet. Dort nennt er auch weitere mit Jerusalem in Verbindung stehende Zeugen. F RØYSHOV , Development 147 - 148. 330 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="331"?> arten-Systems vermutete er, davon ausgehend, Jerusalem. Von dort aus sei es, auf welchen Wegen auch immer, nach Rom und von da ins Frankenreich gelangt. 69 Bei der Adaption des Oktoechos auf das römisch-fränkische (gregorianische) Repertoire im späten 8. und frühen 9. Jh. wurden die vorhandenen Melodien in einem Verschmelzungsprozess in das System der acht Kirchentonarten eingeordnet. 70 Dabei wurden Ganz- und Halbtöne in Bezug zum Schlusston (Finalis) gesetzt, der Tonumfang (Ambitus) sowie charakteristische Melodiewendungen der einzelnen Modi klassifiziert und gelistet. 71 Die Finalisregel ist ein zentraler Grundsatz der mittelalterlichen Moduslehre und findet in der Formulierung des Pseudo-Odo im anonymen Dialogus de musica eine klassische Aussage: Ein Tonus oder Modus sei der Maßstab, der jeden Gesang von seinem Ende her beurteile. Denn wenn man das Ende nicht kenne, könne man nicht wissen, wo der Gesang beginnen oder wie weit er sich heben bzw. senken müsse. 72 Der Dialog warnt auch davor, dass man durch zu viele Binnenkadenzen, die eine Tonart mitprägen, eine Veränderung in der Tonart riskiere. 73 Der Schreiber der Scolica enchiriadis bezeichnet Abweichungen vom tonalen System als Fehler, die er mit Barbarismen und Solözismen vergleicht. 74 69 P FISTERER , Cantilena 190 - 192. Für eine direkte Beziehung von Rom zum byzantinischen Kaiserhof plädiert Philippe Bernard in seiner Dissertation. Vgl. B ERNARD , Chant 85. 70 Altgallikanische Liturgiebücher und Handschriften mit musikalischen Noten existieren nicht mehr. In Büchern der römisch-fränkischen Tradition wird jedoch gelegentlich mehr oder weniger umfangreiches altgallisches Gesangsgut tradiert. Vgl. dazu klassisch S TÄBLEIN , Liturgie oder auch K LÖCKNER , Untersuchungen 25. 71 Aus diesem Grund wurde der Tonar im Mittelalter auch Grundlage der Modus-Theorie. Vgl. M EYER , Tonartenlehre hier 144 (im Zusammenhang mit Aurelianus Reomensis); 163 - 171 (über Erfordernisse der Tonusbestimmung); 211 (Deutung authentischer und plagaler Tonarten). 72 Tonus vel modus est regula, quae de omni cantu in fine diiudicat. Nam nisi scieris finem, non poteris cognoscere, ubi incipi, vel quantum elevari vel deponi debeat cantus. (P SEUDO -O DO , Dialogus [SEMSP 1, 257]). Zur Datierung, Frage des Verfassers und Lokalisierung dieses Dialogus vgl. H UGLO , L ’ auteur. Vgl. auch P FISTERER , Problem hier 18 f. Bezüglich Infos zu Pseudo Odo vgl. A TKINSON , Nexus 3. Er weist darauf hin, dass Pseudo Odo zwei Begriffe im Zusammenhang mit Tonalität verwende: tonus und modus. James McKinnon übersetze beides aber mit mode. (Vgl. M C K INNON , Period 96 und 202 - 234.) 73 Plures autem distinctiones in eam vocem, quae modum terminat, debere finiri magìstrì tradunt, ne, sì in alia aliqua voce plures distinctìones quam in ipsa fiant, in eandem (eadem? ) quoque et cantum finiri expectant, et a modo, in quo fuerant, mutari compellant. (P SEUDO -O DO , Dialogus [SEMSP 1, 257b - 258a]); Übers.: Dass jedoch mehr Abschnitte auf den Ton, der den Modus beendet schließen müssen, überliefern die Lehrer. Damit nicht, wenn auf einem anderen Ton mehr Abschnitte schließen als auf diesem selbst, sie (die Abschnitte) fordern, dass ebendort auch der Gesang schließe, und ihn zwingen von dem Modus, in dem sie waren, abzuweichen. (Übers.: P FISTERER , Tonartenwechsel 18.) 74 Vitia nimirum sunt, sed sicut barbarismi et solecismi metris plerumque figuraliter intermiscentur, ita limmata interdum de industria cantibus inseruntur. (S CHMID , Musica 70; Übers.: Freilich sind es Fehler, aber so wie Barbarismen und Soloecismen den Metren (in Dichtungen) meistens als Figuren beigemischt wurden, so wurden auch zuweilen Halbtöne den Gesängen mit Fleiß beigefügt. Zur Diskussion um die Provenienz des gregorianischen Gesangs 331 <?page no="332"?> Das Bewusstsein für einen unregelmäßigen, die tonale Einheit aufs Spiel setzenden Tonartenwechsel innerhalb eines Stücks konkretisiert erstmalig Regino, indem er von Antiphonen spricht, die am Anfang, in der Mitte und am Ende verschiedene Toni bieten. 75 Im Spätmittelalter werden dann erstmalig von Marchettus von Padua in seinem 1317 oder 1318 verfassten Lucidarium tonartliche Unregelmäßigkeiten benannt, aber auch hier noch nicht analythisch ausgeführt. Er verwendet Begriffe wie tonus mixtus - Erweiterung des Tonraums von authentisch zu plagal und umgekehrt - bzw. tonus commixtus - Einmischung fremder, die interne Strukturierung des Tonraums vorübergehend verändernde Intervallspezies, tonus irregularius - die Notenfolge kann nur durch Transposition ins Guidonische System eingeordnet werden, tonus aquisitus - die Melodie kann nur an anderen Stellen ins Tonsystem eingeordnet werden, oder tonus artificialis - die Melodie kann nur mit zusätzlichen Akzidentien notiert werden. 76 Die hier aufgezeigten Äußerungen mittelalterlicher Musiktraktate belegen nicht nur, wie schwierig es war, vorhandene Melodien in ein theoretisches Konzept einzubinden, sondern auch, dass das auf der Basis antiker Musiktheorie konstruierte diatonische System Grenzen hat. Die Lehre beschreibt, ausgehend von der jeweiligen Finalis, den Tonraum nach oben und unten in Ganz- und Halbtonschritten: der Protus mit Finalis d/ a hat nach oben und unten zunächst einen Ganzton und anschließend einen Halbton, der Deuterus mit Finalis e/ h aufwärts zunächst einen Halb-, dann einen Ganzton, der Tritus mit Fialis f/ c zwei Ganztöne nach oben und einen Halbton nach unten, der Tetrardus mit Finalis g aufwärts zwei und abwärts einen Ganzton. Doch wie geht man mit Melodien um, deren Finalis zwar eindeutig, jedoch entweder das Verhältnis von Ganz- und Halbtonschritten oder der für den jeweiligen Tonus festgelegte Tonraum nicht den Vorschriften entspricht? Eine Position, an der die Tonsysteme immer wieder schwanken, ist die Verschiebung von h nach b. Dies kann Auswirkung auf den modalen Charakter einer Melodie haben. So hat zum Beispiel eine Melodie mit Finalis g, die dem Tetrardus zugerechnet wird, wenn sie das h nicht erniedrigt, im Normalfall die Qualität eines Tetrardus, wenn das h aber nach b erniedrigt wird, möglicherweise Charakterzüge eines Protus. 75 Sunt namque quaedam antiphonae, quas nothas, id est degeneres et non legittimas, appellamus, quae ab uno tono incipiunt, alterius sunt in medio, et in tertio finiuntur (R EGINO , Epistola [SEMSP 1, 231a]); Übers.: Es gibt nämlich einige Antiphonen, die wir unehelich, das heißt entartet und nicht rechtmäßig nennen, die von einem Tonus anfangen, in der Mitte in einem anderen sind und im dritten enden. 76 P FISTERER , Problem hier 21 f. 332 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="333"?> Erst in der 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts findet man, erstmalig bei Berno von der Reichenau, die Diskussion um die Notwendigkeit einer Transposition. 77 Die Möglichkeit, eine ganze Melodie bewusst zu transponieren und damit in ein neues tonales Gefüge einzugliedern, findet man dann zum ersten Mal bei Guido von Arezzo. 78 Schwierigkeiten bei der Zuordnung der einzelnen Melodien zu den jeweiligen Psalmtönen sind teilweise auch bei Ferialantiphonen erkennbar: So wird z. B. die Antiphon Intellege clamorem (Ps 5,2; Nr. 8), deren Grundstruktur in allen Manuskripten vergleichbar ist (in dieser Arbeit dem Typos B zugeordnet), in vielen Handschriften dem 8. Modus (Tetrardus plagalis) zugeteilt, obwohl die Antiphon authentischen Charakter hat. Dem authentischen Charakter der Melodie werden die Manuskripte C 5 , Mt und U gerecht. Sie schreiben den 5. Modus, wobei C 5 und U die Note h schreiben, während Mt das h nach b erniedrigt und damit eine andere Klangqualität bietet. Andere formen die Melodie tatsächlich in einen plagalen Tonus um und schreiben den 2. Modus. So im CM: B 1 , Wn 2 , Z und im CR: B, Cb, G 1 , G 2 , P 1 , Si und Tr. Auf diese Weise wird hier exemplarisch einerseits deutlich, dass bei auffälligen Abhängigkeiten untereinander, was die Grundstruktur der Melodie betrifft, die Handschriften melodisches Material verschieden deuten können, andererseits kann aufgrund des allen Manuskripten gemeinsamen Grundtypos gezeigt werden, dass die Antiphon selbst älter als die Zuordnung zu einem Modus sein muss. Dass der Prozess, den Oktoechos im Abendland zu etablieren, nicht ohne Probleme vonstattenging, kann man ebenfalls daran erkennen, dass einige Handschriften nicht alle Psalmtöne bedienen. So sucht man in R 1 und R 2 vergeblich nach dem 5. Modus und in deren Ferialoffizien ist auch der 2. Modus kaum zu finden - in R 1 ist der 2. Modus einmal, in R 2 für zwei Ferialantiphonen bezeugt. In Ferialoffizien von Antiphonarien österreichisch-süddeutscher Herkunft (B, E 2 , H, K 1 , K 2 , Si und Z) hingegen trifft man diesen Modus besonders häufig. Viele Beispiele, sowohl was die Frage der Typologie und des Modus betrifft als auch Angaben zu Besonderheiten in der modalen Verwendung der einzelnen Handschriften, werden näher betrachtet, wenn es um Ferialantiphonen im Zusammenhang mit den Typoi und den Differenzen geht. 77 Vgl. R AUSCH , Musiktraktate 55 - 60; A TKINSON , Nexus 235. 78 G UIDO VON A REZZO , Micrologus, Kap. 8 (CSM 4, 125 f.); vgl. A TKINSON , Nexus 227. Zur Diskussion um die Provenienz des gregorianischen Gesangs 333 <?page no="334"?> 1.3 Die Theorie von Dom Jean Claire und seinen Anhängern Auf der Suche nach der Entwicklung des frühchristlichen und des daraus entstandenen gregorianischen Gesangs stößt die musikwissenschaftliche Forschung aufgrund der mangelnden Quellenlage schnell an ihre Grenzen. Viele Gesänge bewegen sich außerhalb der Gesetzmäßigkeiten des im Mittelalter entstandenen Systems der acht Kirchentonarten, wurden diesem jedoch - wie viele vermuten - früh zugeteilt und weisen damit in eine Zeit vor die Entstehung des Oktoechos. Zu diesen Melodien zählen die meisten der Ferialantiphonen, weshalb sie immer wieder herangezogen wurden, um auf die Spuren des Gesangs vor seiner Verschriftlichung zu kommen. Dom Jean Claire, Mönch der Abtei von Solesmes, hat an dieser Stelle im Zusammenhang mit der Forschung nach der Genese gregorianischer Gesänge besondere Verdienste. Er suchte nachweisen zu können, dass sich der responsoriale Gesang und damit verbunden auch Ferialantiphonen als „ Ur-Responsa “ aus sogenannten Ur-Modi, deren Ursprünge er schon in der synagogalen Musik sah, entwickelt hätten: den Ur-Modi do, re und mi. 79 Diese legte er aufgrund ihres jeweils charakteristischen Intervallverhältnisses fest. Während das Schema des Oktoechos vom Spannungsverhältnis zwischen Tenor und Finalis geprägt ist, seien bei den sogenannten Urmodi Tenor (Strukturstufe) und Finalis identisch. Dort ranke sich die Melodie um den entsprechenden Grundton als Strukturnote. Claires Hauptwerk hinsichtlich der Ferialantiphonen ist Les répertoires liturgiques latin avant l´octoechos. 80 Dort stellt er seine Thesen bezüglich der Entwicklung der sogenannten Ur-Modi anhand von Ferialantiphonen dar. Diese ordnet er den 79 C LAIRE , Psalmodie hier 13: „… la définition de l ’ antique psalmodie responsoriale, nous avons fait apparaître tris cordes: do, re mi, que nous croions être les cordes originelles, ou cordesmères, de la modalité occidentale, de terminant chacune un système modal à un seul élément (dominante = finale), très différent par conséquent du systhème á deux éléments (dominante et finale-tonique), qui est le nôtre au moins depuis le IX e siècle. … nous finirons par nous ranger, et nous appellerons désormais tropus se complexe, esthétiquement et modalement indissociable, formé par le ton psalmodique et la responsa. Nous dirons donc tropus de do, tropus de ré, tropus de mi, persuadés que pendant des siècles, ces formes élémentaires, héritées sans doute de la synagogue ou de l ’ orient, ont constitué l ’ essentiel de la musique liturgique occidentale, en contraste avec la lecture cantillée des textes sacrés, selon l ’ expression d ’ une vieille règle monastique, souvent citée par les liturgistes, sans qu ’ on sût très exactement à quelle réalité musicale se référait: ‚ Ne quae cantanda sunt, in modum prosae et quasi in lectionem mutemus, aut quae ita scripta sunt in ordine lectionum utamur in tropis et cantilenae arte, nostra praesumtione vertamur. ‘“ (Claire zitiert hier SS. P AULI ET S TEPHANI , Regula 14 [PL 66, 954 A]). Den Urmodus re verbindet Claire vor allem mit der Mailänder Tradition, während er mi und do im altrömischen und gregorianischen Repertoire verankert sieht. Re erscheine in Rom erst im 12. Jh. Vgl. C LAIRE , Psalmodie 15. 80 Ders., Répertoires. 334 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="335"?> einzelnen Modi do, re und mi mit jeweils einigen Untergruppen zu, er nennt sie „ famille de do … famille de ré … famille de mi “ . 81 Dabei sucht er nachzuweisen, dass sich die Amplitude der Melodien der Ferialantiphonen im Laufe der Zeit sowohl nach oben als auch nach unten erweitert habe. Diejenigen Antiphonen, die vom Ur-Modus abweichen, datiert er später. Ebenso hält er kleine Ausschmückungen für dem schlichten Urmodell gegenüber spätere Varianten. Ursprünglich seien Modi der Antiphonen melodische Ideen bzw. Motive ( „ timbres “ ) gewesen, die erst im Nachhinein von Theoretikern definiert worden seien. Aufgrund ihrer späten Verschriftlichung könne die tonale Zuordnung der Antiphonen in den Handschriften divergieren. Es sei möglich, dass sich ein Ur-Modus über diverse Entwicklungsstadien in verschiedene Richtungen entwickelte. 82 Die beiden Hauptarten tonaler Metamorphose seien zum einen die der Erweiterung, womit Claire beispielsweise das Erreichen des 3. Modus, ausgehend vom 8. Modus, bezeichnet, indem die Melodie zwei Noten nach unten abfällt, und zum anderen die der Reorganisation der Intervallstruktur, wobei sich die Melodie einerAntiphon bei gleichbleibender Finalis nach oben entwickeln könne, sodass die Antiphon trotz verschiedener Melodieführung im selben Modus erscheine. Diese Entwicklungsprozesse seien im römischen und gallischen Repertoire zu beobachten. Der Unterschied in den verschiedenen Gesangsfamilien sei die tonale Präferenz und nicht die Essenz des Stils. Zur Veranschaulichung wird im Folgenden zu jedem der sogenannten Ur-Modi ein Beispiel gegeben: Beispiel für Ur-Modus do Revela domino viam tuam (Ps 36,5; Nr. 89). Es rankt sich die Melodie um fa/ do. 83 Beispiel für Ur-Modus re Da nobis domine auxilium de tribulatione (Ps 59,13; Nr. 122). Hier ist sol/ re Struktur- und Grundnote. 81 Ebd., 86 f. 82 Vgl. z. B. Ebd. 80. 83 Quellen der Beispiele in Notenform der sogenannten Ur-Modi: Antiphonale Synopticum (http: / / gregorianik.uni-regensburg.de) sowie PsM: Revela domino, PsM 91; Da nobis domine, PsM 145 und Adjutor in tribulationibus PsM 118. Die Nummer in der Klammer neben der Angabe des Psalmverses bezieht sich auf die vorliegende Edition. Zur Diskussion um die Provenienz des gregorianischen Gesangs 335 <?page no="336"?> Claire sieht den Ursprung des Modus archaicus in re außerhalb Roms und das Vorkommen dieses Ur-Modus als späte Resonanz des gregorianischen Traditionsgutes bzw. des mailändischen Repertoires. Er argumentiert damit, dass einige der von ihm dem Ur-Modus in re zugewiesenen Antiphonen im altrömischen Traditionsgut nicht vertreten sind. 84 Es existieren jedoch auch Antiphonen, die g als Strukturnote haben und im altrömischen Traditionsgut zu finden sind, während sie in anderen Handschriften eher spärlich oder gar nicht bezeugt sind, was sein Argument vielleicht etwas entkräften mag. Folgende Ferialantiphonen haben g als Strukturnote und sind in R 1 sowie in R 2 überliefert, im Falle von Laetatus sum und Ne intres sogar als Einzeltraditionen der beiden altrömischen Handschriften. Weitere in vorliegender Arbeit edierte Manuskripte, welche diese Antiphonen schreiben, sind ebenfalls aufgelistet: Magnus dominus (Nr. 98; Ps 47,2) CM: CR: Ar, B 1 , E 2 , H, K, P 6 , P 7 , S, Wn 2 , Z Mc, R 1 , R 2 , U Laetatus sum (Nr. 252; Ps 121,1) CM: CR: Ar, P 6 , P 7 R 1 , R 2 Ne intres (Nr. 293; Ps 142,2) CR: R 1 , R 2 Beispiel für Ur-Modus mi Adjutor in tribulationibus (Ps 45,2; Nr. 97). Hier ist e/ h Struktur- und Grundnote. Auch wenn Stephan Klöckner in seinem Handbuch konstatiert, die Tatsache, dass es so etwas wie Ur-Modi gegeben habe, sei in der heutigen Forschung, unumstritten, wird Claires Theorie doch in Frage gestellt. 85 84 Vgl. C LAIRE , Répertoires 87 ff. Der ambrosianische Codex überliefert fast ausschließlich Ferialantiphonen, die Claire dem Ur-Modus re zuordnet. Er bringt selbst die Genese dieses Modus mit Ambrosius in Verbindung. Das ambrosianische Überlieferungsgut datiert er in das 5./ 6. Jahrhundert. Die Antiphonen entnimmt er dem Liber vesperalis juxta Ritum sanctae Ecclesiae Mediolanensis; Rom, 1939. (Vgl. C LAIRE , z. B. Répertoires 18 und 77 ff.) 85 Vgl. K LÖCKNER , Handbuch 74 ff. Die Entwicklung der Bipolarität stellt er als sekundären Prozess dar: „ Mit Ausbildung der Bipolarität gregorianischer Komposition im Sinne eines die jeweilige Melodie strukturierenden Wechselspiels zwischen Reziationston und Schluss-/ Grundton gibt es viele Gesänge, die sich entweder ohne Widerstand in das System des Oktoechos einpassen lassen oder die gar nach den Gesetzen dieses Tonartensystems komponiert sind. “ Die Linie von Jean Claire aufgreifend vgl. auch A GUSTONI , Choral hier besonders 289 - 299; ders./ G ÖSCHL , Einführung; vgl. auch T URCO , Répertoires; ders., Canto; vgl. ebenso J EANNETEAU , Modos. 336 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="337"?> Einer der schärfsten Kritiker seiner Theorie ist László Dobszay, der zwar die Verdienste Claires dahingehend anerkennt, dass dieser den historischen Wandel in Bezug auf die Tonalität im Mittelalter im Gesang selbst und nicht aufgrund von Theorietraktaten sieht, die historische Eingrenzung (auch wenn Claire selbst diese bestreitet) in der tonalen Entwicklung, was etwa die Evolution der Finalis betrifft, hält er jedoch begründet für nicht haltbar. Sein Hauptargument ist, relativ spät verfasste Quellen für derart spezifische Rückschlüsse auf die Entwicklungsgeschichte der Modalität heranzuziehen, sei nicht zulässig. 86 Dobszay weist darauf hin, dass es gefährlich sei, antikem musikalischem Material, das naturbedingt tonale Variabilität mit sich bringe, einer Theorie zuzuordnen. Es sei festzustellen, dass tonale Varianten derselben musikalischen Idee häufig geographischen Dialekten entsprächen. So seien die Unterschiede wohl eher lokal als temporär zu betrachten. Außerdem mögen sich die Final-Noten von Sänger zu Sänger unterschieden haben. Seiner Meinung nach hat es eine Rezitation auf einer Achse in der Antike nicht gegeben und es sei schwer, Charakteristika eines Stils oder Repertoires festzuschreiben. Man könne hier nur von einer natürlichen Art und Weise eines alten, ungeschriebenen melodischen Materials sprechen, das offen für Variationen ad libitum und regionale Standardisierungen sei. Ein weiterer Kritikpunkt von Dobszay ist, dass Claire, das Ferialoffizium betreffend, nur den cursus Romanus betrachtet, mit dem Argument, dass diejenigen Antiphonen, die der cursus monasticus hinzufügt, spätere Kompositionen seien. Dobszay verweist an dieser Stelle auf James McKinnon, der anhand der Enarrationes des Augustinus erforschte, dass ein Refrain in unterschiedlichen Kontexten verwendet werden konnte. 87 Es sei schwierig von alt und neu zu sprechen. Große Teile des römischen und monastischen Guts seien bereits im 6. Jahrhundert koexistent gewesen. Wenn eine große Zahl an Antiphonen erst in Verbindung mit dem cursus monasticus entstanden seien, wie hätten dann Mönche (davor) Psalmen gesungen? 88 86 D OBSZAY , Remarks. Zur Kritik an Claires Oktoechos vgl. auch H ILEY , Writings bes. 58 f. Vgl. ebenso, ders., Plainchant hier besonders 85, 87 - 88, 90 - 91, 541. 87 D OBSZAY , Remarks 185 f. Vgl. M C K INNON , Properization; vgl. ebenso seine jüngere Studie: Psalmody. 88 Ebd. 187. Zur Diskussion um die Provenienz des gregorianischen Gesangs 337 <?page no="338"?> 2 Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 2.1 Zum Hintergrund gregorianischer Formenlehren - eine Bestandsaufnahme Schon François Auguste Gevaert hatte Ende des 19. Jahrhunderts etwa eintausenddreihundert Offiziumsantiphonen aus Reginos Tonar in Beziehung zu den differentiae gesetzt und mit diesem System Themen der Antiphonen auf siebenundvierzig reduziert. Seine Ordnung bezieht sich schwerpunktmäßig auf das Incipit einer Antiphon. Dabei teilte er musikalische Gruppen drei Epochen zu und interpretiert die Antiphonen chronologisch. 1 Einen weiteren Ansatz der Typisierung von gregorianischer Musik bietet Walter Howard Frere in seiner Faksimileausgabe des Antiphonale Sarisburiense. Er benannte formelhafte Themen und teilte Phrasen nach ihrem Schlusston ein. Dabei unterschied er in seiner Systematik römische und arabische Zahlen, Groß-, sowie Kleinbuchstaben. Weitere Differenzierungen werden mit hochgestellten Ziffern angegeben. 2 Peter Wagner nannte den 1921 erschienenen dritten Band seines Choral-Handbuchs „ Gregorianische Formenlehre “ und deutete damit schon sein Anliegen an, gregorianische Melodien in Beziehung zu historischen und ästhetischen Kriterien setzend, Musik- und Textgliederung vergleichend, zur Essenz gregorianischer Kunst vorstoßen zu wollen. Dabei ging es ihm um das Verständnis von vorliegenden Melodien, die er als Schöpfungen von Komponisten auffasste. 3 Auch Paolo Ferretti hatte den Plan das gregorianische Repertoire systematisch zu durchdringen, Musikästhetik und architektonische Struktur gregorianischer Kunstwerke zu verstehen. Sein Handbuch von 1934 trägt den Untertitel „ Trattato delle forme musicali del Canto Gregoriano. “ 4 Willi Apel bietet wieder Ordnungskategorien, die denen von Frere gegenüber jedoch vereinfachter sind. Seine Typen beinhalten nur eine Kombination von Buchstabe und Indexziffer. Er ordnete Melodieformeln Groß- und Kleinbuchstaben zu und differenzierte weiter mit tief gestellten Zahlen. Von Frere mitbedachte Textunterlagen sind in seine Analysen nicht einbezogen. 5 1 G EVAERT , Mélopée, Kapitel 1: Nomes ou thèmes mélodiques 123 - 132; vgl. H ILEY , Plainchant 90 f; vgl. A TKINSON , Nexus 92 f. 2 F RERE , Introduction 1 - 82. 3 W AGNER , Einführung Bd. 3. 4 F ERRETTI , Estetica. 5 A PEL , Chant 312 - 363. <?page no="339"?> Helmut Hucke orientierte sich bei seiner Klassifikation von Offiziumsantiphonen an ihrer Länge. Seiner Aussage nach hängt die musikalische Form in erster Linie von der Länge des Textes und von seiner grammatikalischen Artikulation ab. In dieser Hinsicht suchte er, ähnlich wie Leo Treitler, nach einem hinter dem konkreten Stück stehenden „ generativen System “ , das einem Sänger erlaubte, Melodien in ähnlicher Manier zu improvisieren. 6 Edward Nowacki widmete sich ebenfalls der musikalischen Ordnung von Antiphonen. In seiner Dissertation teilte er alte römische Antiphonen in „ tonic notes “ ein (nicht in die klassischen Modi des Oktoechos, sondern in D, E, F, G, A). Jede Klasse startet mit Stücken, die oberflächlich betrachtet zu keiner Melodiegruppe zählen (Typ 0), dann folgen kohärente melodische Familien. G hat beispielsweise 16 Gruppen und D hat 11. Sämtliche Antiphonengruppen analysierte und kommentierte er. 7 Eine weitere systematische Anordnung, in diesem Fall von 1454 ambrosianischen/ mailändischen Antiphonen, bieten Terence Bailey und Paul Merkley. 8 Ihr System nennen sie eine „ Taxonomie “ . Ihre Klassifizierung ist sowohl nach Tonarten, als auch alphabetisch geordnet. Im Rahmen dieser Arbeit besonders hervorzuheben ist die differenzierte historisch betrachtete Gegenüberstellung von mailändischem und römischem Offizium. Im Fokus der Klassifikation von Lazlo Dobszay sind Antiphonen des Ritus Strigoniensis (Tradition der ungarischen Provinz von Esztergom) und der liturgischen Tradition der Franziskaner Ungarns. 9 Seine Quellen stammen zwar erst aus dem 15. Jahrhundert, die Tradition ist aber laut Autor wie die des 12. Jahrhunderts oder früher. Die erste Strategie seines Vergleichs beider Traditionen ist auf eine effiziente Lokation gerichtet. Die zweite kategorisiert, basierend auf Musikcharaktern entsprechend dem Modus, und dient der Klassifikation von Musiktypen. Es wird Finalis, Ambitus, Rezitation und Initium betrachtet. Dobszay definiert Musikidentitäten und Beziehungen zwischen Melodien. In seine Katalogisierung schließt er Subjektivität und die Möglichkeit, sich in der Typisierung zu täuschen ein, da diese von verschiedenen Varianten abhänge. Bei ihm gibt es wie bei anderen Musikanalytikern verschiedene Klassen und Subklassen. Manchmal kann ein einzelner großer Typ in mehrere unterteilt werden. Für deren Verständnis wäre vielleicht eine Zusammenfassung der Typologie in der Terminologie, wie man die Beziehungen genau fassen kann, vereinfachend. 6 H UCKE , View; ders., Formen; vgl. T REITLER , Homer. 7 N OWACKI , Studies. 8 B AILEY / M ERKLEY , Antiphons bes. „ Antiphonae in cursum psalmorum “ 230 - 268. Dort sind ca. 82 Antiphonen jeweils nach bis zu 3 Quellen klassifiziert; zur „ Taxonomy “ 594 ff. 9 D OBSZAY / S ZENDREI , Antiphonen. Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 339 <?page no="340"?> In seiner Analyse hervorzuheben ist die Sprache von einem fluiden System. Jede größere Kategorie als Typos steht in Verbindung zu der nächst kleineren. Auf diese Weise ist das Konzept der Typen fließend. Er benennt eine unsichtbare Organisation und generative Faktoren hinter den Typen, die auf verschiedenen Strukturlevels arbeiten, flexibel und fließend sind, Hinter- und Vordergrund bilden und generative Kraft haben. Jede Antiphon hat eine Nummer, die Ordnung geht über den Modus, beginnend mit Antiphonen im ersten Modus bei 1000. Entsprechend starten Stücke im 2. Modus bei 2000. Teilungen innerhalb eines Modus werden durch Klassen gekennzeichnet, die durch Großbuchstaben gekennzeichnet sind: A1 ist die erste Unterklasse von A innerhalb eines Modus, A2 die zweite usw. Die Klassen innerhalb eines Modus sind in drei große Blöcke eingeteilt: wahrnehmbare Ähnlichkeiten, modale Ähnlichkeiten mit individuellen Stücken und im späten Mittelalter verfasste Antiphonen. Innerhalb jeder Gruppe eines Typs werden die Stücke um ähnliche musikalische Elemente gruppiert. Individuelle Kompositionen sind alphabetisch geordnet. Seiner Analyse angeschlossen sind Tabellen von differentiae, die er ebenfalls nach Modi sortiert, differenziert und katalogisiert. Auf die generelle Praxis derAdaption der Typoi sowohl in derAntike als auch der von Sängern und Theoretikern des Mittelalters verweisend, die traditionelle Melodien ihren aktuellen Gegebenheiten entsprechend umformten, geht Dobszay nicht von einer Ton für Ton Reproduktion während des Überlieferungsprozesses aus. Er formuliert den Einfluss verschiedener Persönlichkeiten, Geschmäcke, Zeiten sowie Orte und betont, dass die Melodie im Geist der Sänger nicht als fixe Existenz lebte, um immer gleich reproduziert zu werden, sondern als „ pathway for singing a text “ . 10 Eine moderne Edition gregorianischer Typoi wählen Xaver Kainzbauer und Georg Wais. Ihre Zusammenstellungen sind nur über das Internet zugänglich: www. omnigreg.at. In einer digitalen Bibliothek, an der fortlaufend gearbeitet wird, findet man Offiziums- und Messrepertoire des Cantus Gregorianus typisiert und katalogisiert. Antiphonen betreffend stellen die Autoren sechzehn Typoi mit Untergruppen zusammen, die sie anschaulich darstellen, beschreiben und kommentieren. Ihre Typisierungen beziehen einerseits die musikalische Struktur im Kontext der acht Kirchentöne ein - sie wählen die griechische Klassifizierung, z. B. Protus authenticus - , die sie in Segmente einteilen, schließen aber auch die Texte der Antiphonen sowie deren Satzgefüge in die Analyse ein. Jüngste Kriterien für eine Typisierung gregorianischer Melodien kommen von Andreas Pfisterer. Er systematisiert mit Hilfe von Begrifflichkeiten. So bezeichnet er als „ Lexikon/ Wortschatz “ wiederkehrendes melodisches Material. Mit Hilfe der 10 Ebd. 23 f. 340 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="341"?> Reduktion einer Melodie auf eine Folge von Buchstaben ermögliche man, die Familienzusammengehörigkeit von Melodien übersichtlich darzustellen. Unter „ Flexion/ Formenbildung “ möchte Pfisterer die Gesetzmäßigkeiten der Anpassung melodischer Formeln an die unterschiedlichen Gegebenheiten des Textes verstehen. „ Liedhaft/ psalmodisch “ bezieht er auf die Korrespondenzen und Anordnung der Teile, und unter „ Syntax/ Satzbau “ versteht Pfisterer schließlich die Regeln des Aufbaus eines Stückes aus kleinen Bestandteilen. 11 Inwieweit sich diese Begrifflichkeiten in der Forschung durchsetzen werden, wird sich zeigen. 2.2 Hinführung zur Typologie Ausgehend von der Beobachtung ihrer zumeist schlichten, stereotypen Auf- und Abwärtsbewegungen, deren melodische Grundstruktur unabhängig vom Modus handschriftenübergreifend parallel verläuft, betrachtet die vorliegende Studie die klassischen Ferialantiphonen unter dem Blickwinkel der Typisierung. Im Gegensatz zu gregorianischen Melodien, deren primäres Anliegen ist, dem Text musikalischen Ausdruck zu verleihen, wirkten die Melodien vieler Ferialantiphonen häufig formelhaft, wobei vielfach mehrere Antiphonen vom melodischen Schema her einander entsprechend aufgebaut sind. Wie Jean Dom Claire nachgewiesen hat, ist die „ Ur-Struktur “ der tonalen Gestaltung der einzelnen Antiphonen in nahezu allen Quellen identisch. Doch während Dom Claire Ferialantiphonen dahingehend klassifizierte, um die Antiphonen einzelnen Ur-Modi zuzuordnen und ausgehend von diesen melodische Entwicklungen zu beleuchten 12 , werden sie in dieser Arbeit unter dem Gesichtspunkt der Melodieführung mit deren spezifischen Auf- und Abwärtsbewegungen eingeteilt. Ebenfalls unter Einbeziehung der Tonalität wird versucht eine „ melodische Essenz “ in Bezug auf die einzelnen Antiphonen festzulegen. Antiphonen derselben inneren Struktur werden in einem Typos zusammengefasst. (Zur methodischen Vorgehensweise vgl. auch die Einführung zu dieser Arbeit 3.3.) Insgesamt werden hier sieben verschiedene Grund-Typoi (Typos A, B, C, D, E, F und G) differenziert. Obwohl eine Antiphon im Vergleich der Handschriften ein allen zugrundeliegendes gleiches melodisches Gerüst zeigen kann, ist es möglich, dass sie in den einzelnen Manuskripten etwa in eine unterschiedliche Schlusswendung mit jeweils verschiedener Finalis mündet. Sie wird dann trotz Parallelität zu den Geschwisterhandschriften, was die innere Struktur betrifft, von der Tonalität her 11 P FISTERER , Skizzen. 12 C LAIRE , Répertoires. Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 341 <?page no="342"?> einem anderen Modus zugeordnet. Um diese Differenzierung darzustellen, wird bei den einzelnen Typoi zusätzlich mit arabischen Zahlen der Modus angegeben, in dem die einzelnen Antiphonen verzeichnet sind (z. B. Typos A - 1, A - 4, A - 6). Exemplarisch sei dies bei der Antiphon Dominus defensor (Ps 26,1 [1b]; Nr. 77), die hier dem Typos A zugewiesen wird, demonstriert. Dass hier ein kleiner Vorgriff auf die in dieser Arbeit entwickelte Typologie gemacht wird, möge man an dieser Stelle nachsehen. In den Tabellen wird folgendermaßen vorgegangen: Innerhalb eines Typos wird nach Modi sortiert. Links ist die Nummer der Antiphon in vorliegender Edition vermerkt. Rechts daneben wird das Initium der Antiphon benannt. Daneben steht der dazugehörende Psalmvers. Darunter werden die einzelnen Quellen aufgeführt, welche die bestimmte Antiphon im angegebenen Modus verzeichnen. Außerdem ist immer vermerkt, bei welchem weiteren Typos eine Antiphon in weiteren Antiphonarien zu finden ist: Typos A - 6: Nr. 77 Dominus defensor Ps 26,1 (1b) CR: R 1 , R 2 Vgl. Typoi A - 1 und A - 4 Typos A - 1: Nr. 77 Dominus defensor Ps 26,1 (1b) CM: Ar, C 5 , E 2 , H, K, W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 5 , Pi, Sa, Si, Tu, U Vgl. Typoi A - 4 und A - 6 342 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="343"?> Typos A - 4: Nr. 77 Dominus defensor Ps 26,1 (1b) CM: B 1 CR: B 2 , Mc, P 3 , P 4 Vgl. Typoi A - 1 und A - 6 Das Modell aller Antiphonen von Dominus defensor beginnt mit einer Aufwärtsbewegung, die bei Typos A - 6 und A - 1 auf f beginnt, bei Typos A - 4 auf g. Bei allen ist dieser erste Anstieg auf a abgeschlossen. Es folgt von der Tendenz her eine Abwärtsbewegung, die bei den Typoi A - 1 und A - 4 gleich ist und bei A - 1 in leicht abgewandelter Form erscheint. Die Schlusswendung wird bei Typos A - 1 und A - 4 mit einer Abwärtsbewegung von einer kleinen Terz gestaltet, entsprechend des Modus jedoch um einen Halbton versetzt. So endet Typos A - 1 auf d, was zur Einordnung der Melodie in den 1. Modus führt, und Typos A - 4 hat die Finalis e, weswegen die Melodie dem 4. Modus zugeteilt wird. Typos A - 6 umspielt in der Schlusswendung das f von oben und endet auch eben dort. Daher werden Antiphonen dieser Unterkategorie des Typos A dem 6. Modus zugerechnet. Die all diesen Varianten der Antiphon Dominus defensor zugrundeliegende musikalische Idee ist dieselbe. Das Verhältnis der dominanten Noten zur Gesamtmelodie ist entsprechend dem Modus jeweils unterschiedlich: Bei Typos A - 6 ist f mit g im Spiel Strukturnote; bei Typos A - 1 kommt die Spannung zwischen a und der Finalis d zum Tragen, und Typos A - 4 ist geprägt vom Spiel zwischen g und der Schlussnote e. Im Anschluss an die Typisierung werden die Antiphonen daraufhin untersucht, wie dort modellbezogen das Verhältnis von Wort und Ton gestaltet wird. Diejenigen Antiphonen, die keinem Modell zugeordnet werden können, da sie etwa keine erkennbare Analogie im Vergleich mit anderen Antiphonen aufweisen und von daher nicht typisiert wurden, sind in dieser Arbeit im digitalen Anhang gelistet. Viele dieser Antiphonen erklingen in den Horen des Sonntags oder zu täglich gesungenen Psalmen, wie zu Psalm 50, den Psalmen 148 - 150 oder Psalm 118. Die dort dargebotene Vielfalt an Antiphonen bietet ein abwechslungsreiches, komplexes, meist unter dem Aspekt der Typisierung nicht zu systematisierendes Repertoire. Sie werden in dieser Arbeit musikwissenschaftlich nicht weiter vertieft, da sich dort einerseits keine einheitliche Struktur bzw. kein Schema erkennen lässt, und andererseits Betrachtungen hinsichtlich centologischer Zusammenhänge keine essentiellen Ergebnisse lieferten. Vielleicht müssten hier handschriftenvergleichend die Antiphonen weiterer Feste über das Jahr hinweg im Hinblick auf Parallelitäten und Unterschiede erforscht werden, um Weiteres zu erfahren, wie sich antiphonaler Gesang im Stundengebet entwickelt hat. Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 343 <?page no="344"?> Exemplarische Demonstration der Analyse bei der Erstellung der Typoi Die unterschiedlichen Varianten des methodischen Procedere werden an folgenden vier Antiphonen demonstriert: • Benedixisti domine (Nr. 163) - in sämtlichen Ferialoffizien dem Typos A - 6 zugeordnet. • Revela domino (Nr. 89) - in fast allen Manuskripten dem Typos A - 6 zugeordnet, in Mo dem Typos A - 3 und in Gb sowie Sa keinem Typos zugeteilt. • Tu solus (Nr. 162) - in etwa gleich vielen Codices entweder zu Typos A - 6 oder Typos A - 1 gezählt. • Dominus defensor (Nr. 77) - zumeist dem Typos A - 1 zugeordnet. Einige vermerken den 4. Modus und werden dem Typos A - 4a zugeteilt, R 1 und R 2 schreiben den 6. Modus und stehen in Typos A - 6. Es wurden bewusst vier Antiphonen desselben bzw. verwandten Typos ausgewählt, da so die methodische Vorgehensweise bei der Typisierung gut dargestellt werden kann. Der Klarheit in der Darstellung wegen werden im Text jeweils nur die Abkürzungen zu den Handschriften benannt. Die Informationen zu den Kürzeln können entweder dem Kapitel über die untersuchten Antiphonarien und Breviere (Teil A, 3.), dem Abkürzungsverzeichnis oder den Erläuterungen zum digitalen Anhang dieser Arbeit entnommen werden. Zu Benedixisti domine (Ps 84,2 [1a]; Nr. 163): Diese Antiphon wurde als erstes Demonstrationsobjekt gewählt, da sie in allen Handschriften, sowohl was die melodische Struktur als auch den Modus (6. Modus) betrifft, übereinstimmend notiert ist. Abgesehen von kleinen Varianten, etwa von Bindungen oder kleinen Wendungen, ist die Tradition dieser Antiphon in allen Manuskripten einheitlich. In der ersten Zeile der Zusammenschau findet man das Modell von Benedixisti domine terram tuam. Dort wurden sowohl aus monastischen als auch aus römischen Manuskripten jeweils die Töne aufgenommen, die mehrheitlich über den einzelnen Silben stehen. Aufgrund des Modells wird sie dem Typos A - 6 zugeordnet. (Eine Beschreibung des Typos A erfolgt weiter unten.) Da ihre Überlieferung anhand oben genannter Kriterien als homogen betrachtet wird, wird sie in dieser Arbeit darüber hinaus nicht weiter behandelt. In der Vertikalen stehen alle gleichen Noten untereinander. Aus Gründen der Darstellung musste in seltenen Fällen eine in der Tonhöhe von der Norm abweichende Note, dennoch unter eine bestimmte Silbe notiert werden. Diese wird dann pink gefärbt. Hier die Synopse Synopse mit Modell von Benedixisti domine aus Antiphonarien des cursus monasticus zur Vorlage des Typos A - 6. Die Abkürzungen der Handschriften stehen jeweils hinter der Antiphon. 344 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="345"?> Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 345 <?page no="346"?> Synopse mit Modell von Benedixisti domine aus Manuskripten des cursus Romanus, Teil 1, zur Vorlage des Typos A - 6: 346 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="347"?> Synopse mit Modell von Benedixisti domine aus Handschriften des cursus Romanus, Teil 2, zur Vorlage des Typos A - 6: Zu Revela domino (Ps 36,5 [5a]; Nr. 89): Diese Antiphon wurde als nächste Demonstrationsobjekt, da sie zwar aufgrund der Melodieführung wie Benedixisti domine dem Typos A zugewiesen wird und - weil fast alle den 6. Modus notieren - diese hier als A - 6 bezeichnet werden. Es weichen jedoch drei Manuskripte von der Norm ab: Aufgrund des Modus die Handschrift Mo betreffend wurde Revela domino dort dem Typos A - 3 und aufgrund der Melodie in Gb sowie Sa dem Typos A - 1 zugeteilt. Zur Deutung vgl. Teil C, 2.3.4 in dieser Arbeit. Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 347 <?page no="348"?> Folgend eine Synopse mit Modell von Revela domino aus Handschriften des cursus monasticus. Die monastische Tradition bietet an dieser Stelle einheitlich den Typos A - 6: bei gleicher Melodieführung enden alle auf f. 348 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="349"?> Synopse mit Modell von Revela domino aus römischen Manuskripten, Teil 1, zur Vorlage des Typos A mit Differenzierung in A - 1, A - 3 und A - 6: Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 349 <?page no="350"?> Synopse mit Modell von Revela domino aus Handschriften des cursus Romanus, Teil 2, zur Vorlage des Typos A mit Differenzierung in A - 1 und A - 6: 350 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="351"?> Zu Tu solus (Ps 82,19 [Svb]; Nr. 162): Bei vom Typ her gleichen Melodiestrukturen mündet die Schlusswendung in dreizehn Handschriften und damit bei etwa einem Drittel auf f als Finalis und wird deshalb dem Typos A - 6 zugewiesen. In dreiundzwanzig weiteren Manuskripten fällt die Schlusswendung nach d ab. Dort wurden die Antiphonen dem Typos A - 1 zugeordnet. Folgend die Synopse mit Modell von Tu solus aus Handschriften des cursus monasticus zur Vorlage des Typos A - 6: Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 351 <?page no="352"?> Synopse mit Modell von Tu solus aus Manuskripten des cursus Romanus zur Vorlage des Typos A - 6: 352 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="353"?> Synopse mit Modell von Tu solus aus Handschriften des cursus monasticus zur Vorlage des Typos A - 1: Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 353 <?page no="354"?> Synopse mit Modell von Tu solus aus Manuskripten des cursus Romanus zur Vorlage des Typos A - 1: 354 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="355"?> Zu Dominus defensor (Ps 26,1 [1b]; Nr. 77): Aufgrund der spezifischen Melodieführung (genaueres dazu vgl. die Ausführungen zu Typos A - 1) und der in fast allen Handschriften verwendeten Finalis d wird Dominus defensor vitae meae dort der Variante A - 1 des Grundtypos A zugeteilt. Andere Manuskripte notieren den 6. Modus, weswegen deren Überlieferung als A - 6 bezeichnet wird. In fünf Codices (B 1 , B 2 , Mc, P 3 und P 4 ) endet diese Antiphon auf e. Sie wird an dieser Stelle deshalb hier dem Typos A - 4 zugewiesen: Zunächst die Synopse mit Modell von Dominus defensor aus Antiphonarien des cursus monasticus zur Vorlage der Typoi A - 1 und A - 4: Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 355 <?page no="356"?> Synopse mit Modell von Dominus defensor aus Handschriften des cursus Romanus zur Vorlage der Typoi A - 1 und A - 4: 356 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="357"?> Synopse mit Modell von Dominus defensor aus Handschriften des cursus Romanus zur Vorlage der Typoi A - 1 und A - 6: Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 357 <?page no="358"?> 2.3 Antiphonen des Typos A Antiphonen dieses Typs lassen sich in drei Abschnitte einteilen: Teil 1 - im Typos rot gekennzeichnet: Die aus sämtlichen Manuskripten erstellten Modelle der hier aufgeführten Antiphonen beginnen, von f ausgehend, mit einerAufwärtsbewegung von einer großen Terz. DerAnstieg kann schrittweise oder auch sprunghaft vollzogen werden. In wenigen Fällen, z. B. bei Benedixisti domine (Nr. 163), wird die Anfangsnote repetiert. Es folgt dann eine Abwärtsbewegung von in der Regel einer Sekunde, die Teil 1 abrundet. Teil 2 - im Typos grün gekennzeichnet: In den meisten Fällen beginnt diese Sequenz auf g und führt dann zum d hinab. Bei der Antiphon Cantate domino (Nr. 316) entfällt dieser Abstieg, dort tradieren die Manuskripte für den zweiten Teil in der Regel nur das g und gehen dann in den Schlussteil über. Die Antiphonen In excelsis (Nr. 310) und In sanctis (Nr. 317) verzichten ganz auf den Mittelteil und münden gleich in die Schlusswendung. Teil 3 - im Typos blau gekennzeichnet: Der Schlussteil beginnt auf f, repetiert diese Note bei (Silben-) Bedarf, steigt dann eine Sekunde nach oben zum g, um wieder zum f zurückzukehren. Im Folgenden werden die Antiphonen dieses Typs zuerst dargestellt, beginnend mit dem Typos A - 6, da das Melodiemodell dieses Typs in Verbindung mit den jeweiligen Texten einer Antiphon in den meisten Manuskripten im 6. Modus tradiert ist. 13 Im Anschluss an die graphische Darstellung werden die Antiphonen dieses Typos im Hinblick auf ihr Vorkommen in den Handschriften benannt und ausgewertet. Mit demselben Verfahren werden als nächstes die Antiphonen des Typos A beleuchtet, die im 1. Modus notiert sind und deshalb als A - 1 bezeichnet werden, und anschließend diejenigen, die den 4. Modus repräsentieren, hier A - 4 benannt. Es sind alle Ferialantiphonen des jeweiligen Typos in Notenform abgebildet, auch wenn sie nur in einem Antiphonar so tradiert sind. Am Schluss dieses Kapitels werden zentrale Beobachtungen aller Antiphonen des Typos A zusammengefasst und, soweit möglich, gedeutet. 13 Die Schreibweise bei der Bezeichnung der Typoi divergiert und wird im Notenschreibprogramm mit A - 6, A - 1, A - 1a usw. bezeichnet, da im Notenschreibprogramm Capella (www.capella-software.de) keine hochgestellten Zahlen vorgesehen sind. In der Edition hingegen werden die arabischen Zahlen aus Darstellungsgründen hochgestellt: A 6 , A 1 , A 1a usw. Im Fließtext der Arbeit wird die Schreibweise von Capella übernommen, lediglich in der Kapitelüberschrift wird auf beide Schreibweisen verwiesen. 358 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="359"?> 2.3.1 Antiphonen des Typos A - 6 (= A 6 ) Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 359 <?page no="360"?> 360 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="361"?> Entsprechend der Folge der Edition werden die mit Typos A - 6 bezeichneten Antiphonen nun in Bezug zu ihrem Vorkommen in den untersuchten Handschriften benannt. Für die Darstellung in dieser Reihenfolge spricht, dass auf diese Weise eventuelle Bezüge von Typos und der Position der Antiphon innerhalb des Offiziums leicht zu veranschaulichen sind. Unter jeder Antiphon ist sowohl notiert, in welchen Handschriften sie im entsprechenden Typos steht, als gegebenenfalls auch, in welchen weiteren Typoi sie in anderen Manuskripten tradiert wird. In Notenform werden jenseits des Typos nur die angezeigt, deren Melodie von der Norm abweichen. Dort wird zur Antiphon auch die Nummer des Folio im dazugehörenden Antiphonar angegeben. Ansonsten sind Folio Angaben in der Edition im digitalen Anhang zu dieser Arbeit zu finden. Nr. 43 Diligam te Ps 17,2 (1a) CR: B 2 , F, Mc, Pi, R 1 , R 2 , T 2 Einheitlich dem Typos A - 6 zugeordnet Nr. 56 Domine adjutor Ps 18,15 (Svb) CR: F, Pi Einheitlich dem Typos A - 6 zugeordnet Nr. 77 Dominus defensor Ps 26,1 (1b) CR: R 1 , R 2 Vgl. Typoi A -1 und A - 4 Nr. 89 Revela domino Ps 36,5 (5a) CM: B 1 , C 5 , E 2 , H, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Si, Tr, Tu, U Vgl. Typos A - 1 Nr. 93 Ego dixi Ps 40,5 (4a) CR: K 1 , K 2 Einheitlich dem Typos A - 6 zugeordnet Nr. 95 Salutare vultus Ps 41,12 (Svb)/ Ps 42,5 (Svb) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , K, P 6 , W, Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Einheitlich dem Typos A - 6 zugeordnet Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 361 <?page no="362"?> Nr. 96 Eructavit cor Ps 44,2 (1a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Si, Tr, Tu, U R 1 und R 2 schreiben den 8. Modus. Die Melodieführung ist der fränkischgregorianischen Tradition ähnlich, der Ambitus jedoch größer. Sie ist ähnlich aufgebaut wie Benedicite gentes. Hier die Melodie von Eructavit cor als Modell aus R 1 (f. 49r) und R 2 (f. 42v), d. h. es wurden nur die ersten Noten über einer Silbe gewählt und abgeglichen: Nr. 101 Miserere mei Ps 50,3 (1a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Tu, U R 1 und R 2 tradieren den 4. Modus. Die Antiphon entspricht dort Typos Be - 4. Die Handschrift Si endet auf g, sie ist den übrigen Antiphonen dennoch verwandt. Ein Schreibfehler? Folgend das Modell von Miserere mei deus aus Si, f. 60r: Nr. 136 Benedicite gentes Ps 65,8 (8a) CM: Ar, C 5 , E 2 , K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B 2 , F, Pi, R 1 , T 2 Während R 1 Benedicite gentes entsprechend der fränkischen Tradition im 6. Modus überliefert, möchte R 2 (f. 43v) wie bei Eructavit cor mit denselben Beobachtungen wie für Benedicite gentes auch hier den 8. Modus: 362 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="363"?> Nr. 140 Metuant dominum Ps 66,8 (Svb) Vgl. Typoi Ba - 1c, Ba - 8a, Bc - 4b Den Typos A bedienen nur R 1 und U. R 2 hat eine Variante des Modells A und transponiert eine Sekunde nach oben. Sie endet auf g und nicht auf f wie die Schwesterhandschrift R 1 . In weiteren Manuskripten zählt die Antiphon zu Typos Bb. Folgend das Modell von Metuant dominum aus R 1 , f. 55r und U, f. 50r: Nr. 144 Esto mihi Ps 70,3 (3a) CM: H CR: B, B 2 , F, G 1 , G 2 , K 1 , K 2 , Mc, Si Vgl. Typos A - 1 Nr. 147 Tenuisti domine Ps 72,24 (24a) CM: E 2 , H, Wn 1 , Wn 2 , Z Einheitlich dem Typos A - 6 zugeordnet Nr. 162 Tu solus Ps 82,19 (Svb) CM: C 5 , E 2 , H, W CR: B, G 1 , G 2 , K 1 , K 2 , P 2 , R 1 , R 2 , Si Vgl. Typos A - 1 Nr. 163 Benedixisti domine Ps 84,2 (1a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Einheitlich dem Typos A - 6 zugeordnet Nr. 165 Fundamenta ejus Ps 86,1 (1a) CR: Si Vgl. Typos A - 1 Nr. 168 Benedictus dominus Ps 88,53 (Sv) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Einheitlich dem Typos A - 6 zugeordnet Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 363 <?page no="364"?> Nr. 169 Domine refugium Ps 89,1 (1a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Vgl. Typos A - 1 Im Gegensatz zur fränkischen Tradition möchte R 2 (f. 45r) bei dieser Antiphon den 4. Modus. Im Vergleich beider Traditionsstränge wirkt der Melodieverlauf in R 2 wie Typos A um einen Halbtonschritt nach unten transponiert. Trotz der Parallelen wird Domine refugium in R 2 keinem Typos zugeordnet, da es im Ferialoffizium von R 2 keine weitere Antiphon mit übereinstimmender melodischer Struktur und Finalis gibt. Ihre Melodie erscheint daher nicht modellhaft. Sie ist entsprechend dem Procedere in dieser Arbeit dargestellt, d. h. es wurde lediglich die erste Note über einer Silbe transkribiert. Nr. 178 Jubilate deo Ps 99,2 (1a) CM: Wn 1 Vgl. Typos A - 4a Nr. 211 Inclinavit dominus Ps 114,2 (2a) CR: R 1 , R 2 Vgl. Typos A - 1 Nr. 260 Adjutorium nostrum Ps 123,8 (Sva) CM: C 5 Vgl. Typos A - 1 Nr. 294 Benedictus dominus Ps 143,1 (1a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Einheitlich dem Typos A - 6 zugeordnet Nr. 307 Benedixit filiis Ps 147,13 (2b) CM: E 2 , H, K, Wn 2 , Z CR: B, G 2 , K 1 , K 2 , Si, T 2 , U Einheitlich dem Typos A - 6 zugeordnet 364 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="365"?> Nr. 310 In excelsis Ps 148,1 (1b) CM: E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 2 , Z CR: B, Cb, Gb, K 1 , K 2 , P 1 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, U Vgl. Ba - 1a, Be - 4 Mit Ausnahme von Ar, Tr, Tu und T 2 , die hier zu Typos Be - 4 gehören, und C 5 , die den 1. Modus hat, notieren alle anderen den 6. Modus und - dies ist besonders auffällig - haben alle, abgesehen von von U, die die differentia 6,10 schreibt, die differentia 6,1. Nr. 316 Cantate domino Ps 149,1 (1a) CM: B 1 , E 2 , H, W, Wn 2 , Z CR: B, B 2 , F, Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Tu, T 2 , U Si bietet hier eine Melodievariante, die nicht zum Typos A passt, und notiert außerdem im 2. Modus. Die Melodie ist dem Typos D ähnlich. Modell von Si, f. 64r: Nr. 317 In sanctis Ps 150,1 (1a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 2 , Z CR: B, B 2 , F, Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Tu, T 2 , U Einheitlich dem Typos A - 6 zugeordnet 2.3.2 Antiphonen des Typos A - 1 (= A 1 ) Antiphonen dieses Typos sind fast gleich aufgebaut wie die des Typos A - 6. Im Gegensatz zu ihnen mündet die Schlusswendung nach d und nicht auf f. Dass diese beiden Typoi verwandt sind, kann man an einigen Antiphonen erkennen, die bei paralleler Grundstruktur in einigen Vorlagen in den ersten und in anderen in den sechsten Modus einfließen. Wie bei Antiphonen des Typos A werden auch in der folgenden mit Noten versehenen Tabelle alle Antiphonen des Typos A - 1 benannt, auch wenn sie nur in einer Handschrift so verortet sind. Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 365 <?page no="366"?> 366 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="367"?> Nr. 10 Domine deus Ps 7,2 (1a) CM: B 1 , C 5 , E 2 , H, K, W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B 2 , Gb, Mc, Sa Vgl. Typoi Ba - 1a und C - 2 H, K 1 , K 2 und Pi haben eine andere Melodiestruktur und wählen den 8. Modus. Sie werden hier keinem Typos zugewiesen. Das Modell von H, f. 95 und Pi, f. 296r ist eine Abwandlung des Typos A - 1: Das Modell von K 1 , f. 62r und K 2 , f. 68v hingegen steht trotz gleichem Modus und Text in völlig anderem Duktus: Nr. 77 Dominus defensor Ps 26,1 (1b) CM: Ar, C 5 , E 2 , H, K, W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 5 , Pi, Sa, Si, Tu, U Vgl. Typoi A - 4 und A - 6 Nr. 89 Revela domino Ps 36,5 (5a) CR: Gb, Sa Vgl. Typos A - 6 Nr. 144 Esto mihi Ps 70,3 (3a) CM: Wn 1 CR: Cb, Gb, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Tr, Tu, T 2 , U Vgl. Typos A - 6 R 1 und R 2 haben den 8. Modus. Wie bei den anderen Antiphonen dieser Kategorie, bei denen die beiden römischen Handschriften von der (fränkischen) Norm abweichen und in den 8. Modus münden, kann auch Esto mihi dort nicht als Typos festgeschrieben werden: Modell von Esto mihi aus R 1 , f. 52r und R 2 , f. 44v: Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 367 <?page no="368"?> Nr. 162 Tu solus Ps 82,19 (Svb) CM: Ar, B 1 , K, P 6 , Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B 2 , Cb, F, Gb, Mc, Mo, Mt, P 1 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Tr, Tu, T 2 , U Vgl. Typos A - 6 Nr. 165 Fundamenta ejus Ps 86,1 (1a) CM: H CR: B, Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Tr, Tu, T 2 Vgl. Typos A - 6 R 1 verzeichnet Fundamenta ejus im 3. Modus, und R 2 hat hier den 8. Modus. Beide ähneln im Melodieverlauf den fränkischen Geschwistern, werden aber keinem Typos zugeteilt, da sie im Einzelnen doch zu sehr abweichen und keine entsprechenden Antiphonen im eigenen Ferialoffizium haben, die in derselben Art und Weise konstruiert ist. Modell von Fundamenta ejus in R 1 , f. 53r: Modell von Fundamenta ejus in R 2 , f. 45v: Nr. 169 Domine refugium Ps 89,1 (1a) CR: Mc Vgl. Typos A - 6 Nr. 177 Quia mirabilia Ps 97,1 (1b) CR: U Vgl. Typoi Ba - 1a, Ba - 4, Be - 4 Nr. 182 Clamor meus Ps 101,2 (1b) CR: U Vgl. Typoi Ba - 1b, Bc - 5e, Bc - 8c, Be - 4, Bg - 4 Nr. 211 Inclinavit dominus Ps 114,2 (2a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 , Z 368 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="369"?> CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Si, Tr, Tu, U Vgl. Typos A - 6 Nr. 254 Fiat pax in virtute zu Ps 118 CM: C 5 Einheitlich dem Typos A - 1 zugeordnet Diese Antiphon wird nur in C 5 tradiert. Ihr Text ist nicht wörtlich dem Psalm entnommen und damit aus dieser Sicht keine typische Ferialantiphon. Dennoch kann sie von der Vertonung her einem Typos, hier A - 1, zugeordnet werden. Nr. 260 Adjutorium nostrum Ps 123,8 (Sva) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Vgl. Typos A - 6 Die beiden römischen Handschriften R 1 und R 2 schreiben den 8. Modus. Auch an dieser Stelle wird die Antiphon dort aufgrund mangelnder Parallelität keinem Typos zugeteilt. Modell von Adjutorium nostrum aus R 1 , f. 50r und R 2 , f. 43v: Nr. 309 Laudate dominum Ps 148,1 (1a) CM: B 1 CR: B 2 , Cb, G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mo, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Tu, U Vgl. Ba - 1a Nr. 312 Sol et luna Ps 148,3 (3a) CM: B 1 , H CR: B 2 , Mc, R 1 , R 2 Einheitlich dem Typos A - 1 zugeordnet 2.3.3 Antiphonen der Typoi A - 4a und A - 4b (= A 4a und A 4b ) Wenige Manuskripte tradieren einige der unter Typos A kategorisierten Antiphonen bei selbem Grundgerüst im 4. Modus und werden deshalb mit A - 4 Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 369 <?page no="370"?> bezeichnet. Da sie verschiedene Schlusswendungen haben, wird zwischen Typos A - 4a und A - 4b differenziert. Zu Antiphonen des Typos A - 4a (= A 4a ): Nr. 77 Dominus defensor Ps 26,1 (1b) CM: B 1 CR: B 2 , Mc, P 3 , P 4 Vgl. Typoi A - 1 und A - 6 Nr. 80 Sedebit dominus Ps 28,10 (10b) CM: H CR: Mc Nr. 169 Domine refugium Ps 89,1 (1a) CR: R 2 Vgl. Typoi A - 1 und A - 6 Nr. 201 In mandatis Ps 111,1 (1b) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , Wn 2 , Z 370 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="371"?> CR: B, Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Einheitlich dem Typos A - 4a zugeordnet Zu Antiphonen des Typos A - 4b (= A 4b ): Nr. 178 Jubilate deo Ps 99,2 (1a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Vgl. Typos A - 6 Jubilate deo ist fast einheitlich im 4. Modus überliefert. B 2 wählt eine differentia mit Strukturnote e (Diff. 4,21), weswegen sie wohl in www. cantus.waterloo.ca dem 3. Modus zugeordnet wird, obwohl die Melodieführung der Antiphon derjenigen der anderen Manuskripte und damit einem 4. Modus entspricht. Dieselbe Differenz tritt auch in Verbindung mit Melodien auf, die Kriterien des 3. Modus entsprechen (hier Diff. 3,25). Dieses Phänomen zeigt möglichweise, dass der wirkliche Unterschied zwischen dem 3. und 4. Modus zur Zeit der schriftlichen Fixierung dieser Melodien dem Redakteur von B 2 (noch) nicht wirklich bewusst war. 2.3.4 Auswertung der Typoi A - 6, A - 1, A - 4a und A - 4b Sämtliche Antiphonen dieser Kategorie beginnen mit einer Aufwärtsbewegung von in der Regel einer Terz, bewegen sich im Mittelteil um den Anfangston und münden in einer schlichten Schlusswendung in die jeweilige Finalis, die sowohl den Modus als auch die Differenzierung des Typos bestimmt. Antiphonen des Typos A findet man fast ausschließlich im 6., 1. oder gelegentlich auch im 4. Modus. Abweichungen von der Norm in einzelnen Handschriften In wenigen Fällen verzeichnen einzelne Codices Melodien zu einerAntiphon, die in Struktur und Modalität dem in die breite Tradition eingegangenen Duktus nicht entsprechen. So z. B. bei Cantate domino (Nr. 316), die mit Ausnahme von Si, die den 2. Modus schreibt, in der gesamten Tradition im 6. Modus notiert ist. Gründe für das Abweichen von der Norm sind rückwirkend nicht mehr zu ermitteln. Zu B 1 , B 2 und Mc im Vergleich mit P 3 und P 4 : Auch B 1 , B 2 und Mc zeigen regionale Verbundenheit, wenn sie z. B. bei Dominus defensor (Nr. 77) den 4. Modus und nicht den für diese Antiphon typischen 1. oder 6. Modus verzeichnen. Weshalb diese Antiphonarien hier den 4. Modus wählen, ist nicht zu ermitteln. In diesen genetisch aus Italien stammenden Manuskripten nimmt der 4. Modus sowohl in der Gesamthandschrift als auch im Ferialoffizium einen prozentualen Anteil von nur zwischen 11 - 15 % ein. Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 371 <?page no="372"?> In den beiden Handschriften aus Paris P 3 und P 4 hingegen ist eine auffallend häufige Verwendung des 4. Modus festzustellen: die Ferialoffizien schreibt P 3 mit einem modalen Anteil von 23,5 % und P 4 mit einem von 24,0 %. In der Gesamthandschrift findet man ihn dann im Vergleich mit anderen Modi in P 3 mit 22,2 % und in P 4 mit 17,5 %. Für die Verwendung des 1. Modus bei der Antiphon Dominus defensor gibt es dort keinen ersichtlichen Grund. Dass P 3 und P 4 , insgesamt betrachtet, ein fast identisches Ferialoffizium haben, was sich auch in diesem Fall zeigt, liegt auf der Hand, da beide wie aus einem Guss entstanden sind. Zu Gb und Sa: Abweichungen von der Norm können generell rückwirkend in den meisten Fällen nicht begründet werden. Gelegentlich lassen sich jedoch spezifische Abhängigkeiten feststellen: So weichen beispielsweise bei Revela domino (Nr. 89) Gb und Sa von den übrigen Handschriften ab, notieren im 1. Modus und zeigen ihre Verwandtschaft. Die übrigen Codices hingegen teilen den 6. Modus. Möglicherweise gleichen sich Gb und Sa hier in der Modalität der Antiphon Expugna impugnantes an, die im Verlauf der Nokturn zuvor kommt. Beide Manuskripte tradieren in den Vigilien des Montags folgende Modi für ihre Antiphonen: 1. Nr. 77 Dominus defensor 1. Modus 2. Nr. 79 Adorate dominum 8. Modus 3. Nr. 81 In tua justitia 8. Modus 4. Nr. 82 Rectos decet 1. Modus 5. Nr. 85 Expugna impugnantes 1. Modus 6. Nr. 89 Revela domino 1. Modus Zu Mo: Entgegen dem Mainstream lässt Mo Revela domino auf e enden und bietet damit eine weitere Abweichung von der Norm. Warum dies so ist, lässt sich nicht ermitteln. Es fällt jedoch auf, dass diese Antiphon zwar im 4. Modus gehalten ist, in Mo aber aufgrund der differentia dem 3. Modus zugeordnet und damit dem Typos A - 3 zugeordnet wird. Bei der Suche nach Gründen, formiert sich eine Vermutung, die auch bei der Antiphon Jubilate deo (Nr. 178) bezüglich von B 2 gemacht wurde: Vielleicht war eine Differenzierung zwischen 3. und 4. Modus dem Schreiber des Manuskripts nicht sehr geläufig. Diese Annahme erhärtet sich im Vergleich mit anderen Codices: Während P 3 und P 4 Ferialantiphonen im 4, Modus mit einem Prozentanteil von 23,5 % (P 3 ) bzw. 24 % (P 4 ) tradieren und R 1 diesen Modus mit einem Anteil an Ferialantiphonen von 21,9 % verfasst, kennt das Ferialoffizium von Monza (Mo) den 4. Modus nur bei 7,5 % der Ferialantiphonen. Der 3. Modus wird dort ebenfalls nur selten verwendet: Das Ferialoffizium kennt ihn in 3,75 % und die Gesamthandschrift bei 4,84 % aller Antiphonen. War Mo ein auf dem instabilen e endender Modus eher unbekannt? 372 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="373"?> Zu R 1 und R 2 : Bei den beiden römischen Antiphonarien passten sowohl Muster als auch Modus nicht immer zu denen der fränkischen Geschwisterquellen. Da die Antiphonen dort bei grundsätzlicher Ähnlichkeit gelegentlich in keine Typologie passen, stellt sich die Frage, ob man in den römischen Handschriften zumindest teilweise gar nicht nach Mustern gearbeitet hat. Wurden den Franken bei der Adaption des Chorals Schemata beigebracht, damit der Lernprozess leichter gestaltet werden sollte? Eine weitere Auffälligkeit der beiden römischen Vorlagen R 1 und R 2 zeigt sich im Zusammenhang mit Dominus defensor: Sie bieten einen leicht veränderten, vor allem was R 1 betrifft, im Gegensatz zu den in anderen Codices eher syllabisch gehaltenen Melodieverläufen neumatischen Stil, und verfassen Dominus defensor im 6. Modus, obwohl dort der 4. Modus mit einem prozentualen Anteil am Ferialoffizium in R 1 von 21,9 % und in R 2 von 15,4 % durchaus Einzug fand. Der 6. Modus hingegen wird dort eigentlich seltener geschrieben. Das Ferialoffizium von R 1 möchte ihn nur mit einem Anteil von 13,3 % und R 2 von 9,4 %. Auch die Bilanz, auf die Gesamthandschrift bezogen, sieht nicht sonderlich anders aus. R 1 schreibt ihn bei 4,6 % aller Antiphonen - die entsprechenden Anteile in R 2 konnten nicht ermittelt werden. Möglicherweise ist dieser Modus im altrömischen Offizium nicht bekannt gewesen und erst sekundär dort eingeflossen. Warum er dann gerade hier angezeigt wird, wo andere Manuskripte den ihnen wahrscheinlich bekannten 1. Modus vorschreiben, ist ein Rätsel. 2.3.5 Zum Wort-Ton Verhältnis Zum Wort-Ton Verhältnis: Vergleicht man das Verhältnis von Wort und Ton bei Antiphonen des Typos A, so stellt man fest, dass dieses nicht einheitlich ist: Wortakzente und melodische Akzente sind nicht deckungsgleich. Der Wortakzent kann auf alle Töne des Modells fallen. Es gibt weder eine sprachlich begründbare noch eine vom Modell her zu erklärende Gesetzmäßigkeit, was das Wort-Ton Verhältnis betrifft. Das bedeutet, dass die Genese der Ferialantiphonen nicht logogen ist, sondern dass in einem sekundären Prozess die Worte des Textes mittels einer melodischen Formel, eines Musters, zu Klang gebracht werden. 2.4 Antiphonen des Typos B Bei gleichem Melodieverlauf gibt es zu diesem Typos verschiedene Tenores, weswegen er in vier Hauptgruppen unterteilt wurde: Tenor auf c (Typos Bc -), auf e (Typos Be -), auf g (Typos Bg -) oder a (Typos Ba -). Initium: Auf dem jeweiligen Tenor beginnend, wird dieser mindestens einmal repetiert, fällt anschließend bis zu einer Quart ab, um gegebenenfalls erneut bei der Anfangsnote anzusetzen und wieder nach unten zu schreiten. Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 373 <?page no="374"?> Nach welchen Kriterien eine zweite Abwärtsbewegung erfolgt bzw. diese nicht stattfindet, ist nicht vom Wort-Ton Verhältnis und auch nicht von der Länge der Antiphon abhängig. Kriterien dafür konnten nicht ermittelt werden. Mediatio und Finalis: Abhängig von der Silbenzahl der Antiphon folgt sodann die für den jeweiligen Modus typische in der Regel um eine Terz aufwärts strebende Tonfolge des Mittelteils, die bei kurzen Antiphonen entfällt. In diesem Fall mündet die Melodie gleich in die zum Modus passende Schlusswendung mit der entsprechenden Finalis. Die vier Haupttypoi (Typos Bc -, Be -, Bg - und Ba -) haben größtenteils mehrere Untergruppen, die von ihrer Grundstruktur her vergleichbar sind. Es wird entsprechend der Häufigkeit angeordnet, mit welcher die Typoi in den Handschriften zu finden sind. Zunächst jene Antiphonen des Typos Bc, dann jene des Typos Ba, als nächstes Antiphonen des Typos Be und als Letztes die Variante Typos Bg. • Typos B mit Tenor auf c (Bc -) Typos B mit Tenor auf c und Tradierung im 8. (Bc - 8), 5. (Bc - 5), oder 2. Modus (Bc - 2). 14 Viele Antiphonen, die in den meisten Antiphonarien im 8. Modus notiert sind, stehen in bestimmten Manuskripten im 5. oder 2. Modus. Nur vereinzelt wird auch für diese Kategorie der 4. oder 6. Modus herangezogen. Die Antiphonen dieser Gruppierung werden entsprechend dem Modus sortiert und ausgewertet: - Zuordnung zum 8. Modus in drei verschiedenen Schlusswendungen: Typos Bc - 8a,Typos Bc - 8b und Typos Bc - 8c. B bezieht sich auf die Grundstruktur der Melodie c bezeichnet do als Tenor 8 zeigt den Modus an, hier der 8. Modus a/ b/ c differenziert unterschiedliche Schlusswendungen im melodischen Verlauf - Notation im 5. Modus in drei verschiedenen Schlusswendungen: Typos Bc - 5a, Bc - 5b und Bc - 5c - Tradierung im 2. Modus ebenfalls mit drei melodischen Varianten: Bc - 2a, Bc - 2b, Bc - 2c - Typos B mit Strukturnote c/ f und Finalis auf e, damit im 4. Modus: Diese Gruppierung ist in zwei Schlusswendungen tradiert: Bc - 4a und Bc - 4b. - Typos B mit Strukturnote c/ f und Finalis auf f, damit im 6. Modus: Bc - 6. • Typos B mit Tenor auf a (Ba -) Antiphonen mit Tenor auf a können in zwei Modi münden: in den 1. oder in den 4. Modus. Es wurde folgendermaßen geordnet: - Typos B mit Tenor auf a und Tradierung im 1. Modus 14 In der Edition werden die Bezeichnungen für die Modi der Typoi aus Platzgründen mit hochgestellten Zahlen bezeichnet: z. B. Bc - 8 wird dort zu Bc 8 , Bc - 5, zu Bc 5 oder Bc - 2 zu Bc 2 . 374 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="375"?> - Antiphonen im 1. Modus in drei unterschiedlichen Wendungen: Ba - 1a, Ba - 1b und Ba - 1c. - Antiphonen im 4. Modus ohne Varianten: Ba - 4 • Typos B mit Strukturnote e und Finalis e Hier sind fast alle Antiphonen im selben Schema notiert: Be - 4. • Typos B mit Strukturnote g und Finalis e Wenige Manuskripte schreiben gelegentlich Antiphonen, die in anderen mit Tenor a oder e notiert sind, mit Tenor g. Die Typoi der Antiphonen werden zunächst in Notenform dargestellt und darunter wird vermerkt, in welchen Handschriften die Antiphonen im jeweiligen Modus zu finden sind. Abschließend wird Typos-bezogen ausgewertet. Genaue Angaben, etwa hinsichtlich der Platzierung im jeweiligen Dokument, müssen der Edition entnommen werden. Ist die Antiphon in mehreren Modi tradiert und damit einer unterschiedlichen Gruppierung des Typos zugewiesen, wird an jeder Stelle erwähnt, wo die jeweilige Antiphon noch zu finden ist. Eine Auswertung des Typos B erfolgt im Anschluss aller Antiphonen dieses Typos. 2.4.1 Typos B mit Tenor auf c und Tradierung im 8., 5. oder 2. Modus Folgend werden Ferialantiphonen betrachtet, die hier dem Typos B mit Tenor auf c (Bc -) und Tradierung im 8. (Bc - 8), 5. (Bc - 5) oder 2. Modus (Bc - 2) zugeteilt sind. Initium: Auf c beginnend und diese Note mindestens einmal wiederholend, fällt die Melodie dieses Typos dann schrittweise bis zu einer Quart ab. Bei zahlreichen Antiphonen setzt die Melodie anschließend wieder bei c bzw. auch teils bei h an, um dann erneut abzusteigen. Mediatio: Ist es von der Silbenzahl her erforderlich, erfolgt eine nächste Aufwärtsbewegung bis h/ c (in der Veranschaulichung des Typos in Noten grün gefärbt). Finalis: Die Schlusswendung umspielt den Finalton in der Regel von oben, gelegentlich auch von unten kommend. Um die Varianten zum Ausdruck zu bringen, wird mit den Buchstaben a, b, c … differenziert. (z. B. Bc - 8a, Bc - 8b, Bc - 8c) Die Antiphonen des Typos Bc sind fast ausschließlich im 8., 5. oder 2. Modus tradiert. Gelegentlich weicht eine Handschrift davon ab und wählt beispielsweise den 4. Modus. Ein Verweis auf das Vorkommen in einem weiteren Typos bzw. in einer Variante desselben wird bei der jeweiligen Antiphon vermerkt. Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 375 <?page no="376"?> Da die Manuskripte, die Antiphonen dieses Typos überliefern, überwiegend den 8. Modus verwenden, wird mit der Zusammenstellung dieser Antiphonen begonnen. 2.4.1.1 Typos B mit Tenor auf c (Bc -) und Tradierung im 8. Modus (Bc - 8) Es werden folgend jene Antiphonen des Typos B mit Tenor auf c (Bc -) in den Blick genommen, die im 8. Modus tradiert sind. Sie können drei verschiedenen Schlusswendungen haben: Typos Bc - 8a, Typos Bc - 8b und Typos Bc - 8c • Schlusswendung bei Typos Bc - 8a (=Bc 8a ), in der Regel: a g a g • Schlusswendung bei Typos Bc - 8b (=Bc 8b ), in der Regel: a a g • Schlusswendung bei Typos Bc - 8c (=Bc 8c ), in der Regel: a - (g) - c 376 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="377"?> Antiphonen des Typos Bc - 8a (= Bc 8a ) Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 377 <?page no="378"?> Nr. 76 Illuminacio mea Ps 26,1 (1a) CM: Ar, H, P 6 CR: Tr Vgl. Typos Bc - 5a Nr. 81 In tua justitia Ps 30,2 (1b) CM: Ar, H, K, P 6 , W, Wn 1 CR: B, Cb, G 1 , G 2 , Gb, Mo, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 R 1 , R 2 , Tr, Tu Vgl. Typoi Bc - 2a und Bc - 5a Nr. 87 Domine in caelo Ps 35,6 (5a) CM: Ar, H, K, P 6 , W Vgl. Typoi Bc - 2a, Bc - 5a Nr. 120 Juste judicate Ps 57,2 (1b) CM: Ar, K, P 6 , W, Wn 1 CR: F, Gb, Mo, P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Tr, Tu, T 2 Vgl. Typoi Bc - 2a und Bc - 5a Nr. 134 Te decet hymnus Ps 64,2 (1a) CM: Ar, C 5 , H, K, P 6 , W CR: B, F, G 1 , G 2 , Gb, Mo, P 2 , P 3 , P 4 , P 5 Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tu, T 2 Vgl. Typoi Bc - 2c, Bc - 5d und Bc - 8c Nr. 140 Metuant dominum Ps 66,8 (Svb) CR: B, Cb, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , P 3 , P 4 , P 5 Pi, R 2 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 Die folgenden Manuskripte tradieren andere Melodien zu Metuant dominum: F und Mc bieten den 1. Modus und sind in dieser Arbeit unter Ba - 1c vermerkt; B 2 hat den 7. Modus und wurde keinem Typos zugewiesen; Mt und P 1 tradieren im 4. Modus, ihre Typoi findet man unter Bc - 4b; R 1 und U schreiben den 6. Modus und gehören hier zu A - 6. Nr. 153 Vox mea Ps 76,2 (1b) CR: R 1 , R 2 Einheitlich dem Typos Bc - 8a zugeordnet Nr. 170 Bonum est Ps 91,2 (1a) CM: Ar, H, K, P 6 , W 378 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="379"?> CR: F, G 1 , G 2 , Gb, Mo, P 2 , P 3 , P 4 , P 5 Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tu, T 2 Vgl. Typoi Bc - 2c, Bc - 5d, Bc - 8c Nr. 208 Nomini tuo domine Ps 113,9 (9b) CR: Mo Einheitlich dem Typos Bc - 8a zugeordnet Nr. 212 Credidi propter Ps 115,10 (1a) CM: C 5 , W CR: F, Gb, Mt, P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Tu Vgl. Typoi Bc - 2c, Bc - 5d, Bc - 8c Nr. 250 Auxilium meum Ps 120,2 (2a) CM: P 6 , Wn 1 CR: Gb, Mt, P 3 , P 4 , P 5 , Sa, Tr, Tu Vgl. Typoi Ba - 1a, Bc - 2c, Bc - 5d, Bc - 8c Nr. 267 Beatus vir Ps 126,5 (5a) CM: Wn 1 CR: F, Gb, P 1 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Tu, T 2 Vgl. Typoi Bc - 2a, Bc - 5a Nr. 269 Beati omnes Ps 127,1 (1a) CR: Gb, P 3 , P 4 , P 5 , R 1 , R 2 , Sa, Tr Vgl. Typos C Nr. 272 Benediximus vobis Ps 128,8 (Svb) CM: Ar, K, P 6 , W, Wn 1 CR: B, Cb, Gb, Mo, Mt, P 1 , P 3 , P 4 , P 5 , Sa, Tu, T 2 Vgl. Typoi Bc - 2a, Bc - 5a, Bc - 8c Allein Wn 2 und U gehen hier eigene modale Wege. Bei gleichem Grundtypos wählt die Handschrift aus Wien den 6. Modus und die aus Utrecht den 4. Modus: Modell aus Wn 2 : f. 66r: Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 379 <?page no="380"?> Modell aus U: f. 48v: Nr. 290 Portio mea Ps 141,6 (5b) CM: Ar, H, K, P 6 , W, Wn 1 CR: B, Cb, Gb, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Sa, Tr, Tu, T 2 , U Vgl. Typoi Bc - 2a, Bc - 5a, Bc - 8c Nr. 291 Me exspectant justi Ps 141,8 (7b [Svb]) CM: E 2 , H CR: Pi Vgl. Typos Bc - 5a Nr. 295 In aeternum Ps 144,1 (1b) CM: E 2 , H, W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Einheitlich dem Typos Bc - 8a zugeordnet Nr. 296 Per singulos Ps 144,2 (2a) CM: Ar, B 1 , C 5 , H, K, P 6 CR: F, Mc, Mt, Pi, R 1 , R 2 , T 2 Einheitlich dem Typos Bc - 8a zugeordnet 380 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="381"?> Antiphonen des Typos Bc - 8b (= Bc 8b ) Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 381 <?page no="382"?> Nr. 8 Intellige clamorem Ps 5,2 (1b) CM: Ar, H, K, W CR: B 2 , F, Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 Vgl. Typoi Bc - 2c und Bc - 5a Nr. 27 Illumina oculos Ps 12,4 (4b) CM: B 1 , Wn 1 CR: Mc Einheitlich dem Typos Bc - 8b zugeordnet Nr. 28 Cantabo domino Ps 12,6 (Sva) CM: Ar, K, P 6 , W CR: T 2 Vgl. Typos C Nr. 94 Sana domine Ps 40,5 (4b) CR: R 2 Vgl. Typoi Be - 4, C Nr. 99 Auribus percipite Ps 48,1 (1b) CM: H, W, Wn 1 CR: Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, Mo, P 1 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Tu Vgl. Typoi Bc - 2b, Bc - 5a Nr. 100 Deus deorum Ps 49,1 (1a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tu, U Einheitlich dem Typos Bc - 8b zugeordnet 382 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="383"?> Nr. 145 Quam bonus Ps 72,1 (1a) CM: Ar, C 5 , K, P 6 CR: T 2 Einheitlich dem Typos Bc - 8b zugeordnet Nr. 151 Et invocabimus Ps 74,2 (1b) CM: H CR: B, Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 ,K 2 , Pi, R 1 , R 2 , Si, Tr, Tu, U Einheitlich dem Typos Bc - 8b zugeordnet Nr. 152 In israel Ps 75,2 (1b) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 2 , Z CR: B 2 , Cb, G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Sa, T 2 Einheitlich dem Typos Bc - 8b zugeordnet Nr. 159 Propitius esto Ps 78,9 (9b) CM: B 1 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, Tu, U Einheitlich dem Typos Bc - 8b zugeordnet Nr. 183 Benedic anima Ps 103,1 (1a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Tu, T 2 , U Vgl. Typoi Bc - 2c, Bc - 5a, Bc - 8a Nr. 186 Visita nos Ps 105,4 (4b) CM: Ar, K, P 6 , W, Wn 1 CR: Cb, G 1 , G 2 , Gb, Mo, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Tr, Tu, T 2 Vgl. Typoi Bc - 2b, Bc - 5b; Be - 4 Nr. 205 Domus jacob Ps 113,1 (1b) CM: E 2 , H, W CR: F, G 1 , G 2 , K 1 , K 2 , Si Einheitlich dem Typos Bc - 8b zugeordnet Nr. 263 Benefac domine Ps 124,4 (4a) CM: Ar, K, P 6 , Wn 1 CR: Cb, G 1 , G 2 , Gb, K 2 , Mc, Mo, P 1 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Tr, Tu, T 2 Vgl. Typoi Bc - 2b, Bc - 5b, Bc - 8c Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 383 <?page no="384"?> U weicht hier leicht vom üblichen Muster ab und wendet in den 4. Modus: Modell aus U: f. 48r: Nr. 264 Facti sumus Ps 125,1 (1b) CM: B 1 CR: B 2 , Mc, R 2 Vgl. Typoi Ba - 1a, Ba - 4, Bc - 5e, Bc - 8c, Be - 4, Bg - 4 Nr. 273 De profundis Ps 129,1 (1a) CM: Ar, B 1 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Si, Tu, T 2 , U Vgl. Typoi Ba - 1a, Bc - 5b Nr. 287 Domine clamavi Ps 140,1 (1a) CM: Ar, H, K, P 6 , W, Wn 1 CR: B, Cb, Gb, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Tr, Tu, T 2 , U Vgl. Typoi Bc - 2b, Bc -5a, Bc - 8c Nr. 303 Deo nostro Ps 146,1 (1b) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Einheitlich dem Typos Bc - 8b zugeordnet Nr. 314 Caeli caelorum Ps 148,4 (4a) CR: R 1 , R 2 Vgl. Typos C 384 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="385"?> Antiphonen des Typos Bc - 8c (= Bc 8c ) Nr. 134 Te decet hymnus Ps 64,2 (1a) CR: B Vgl. Typoi Bc - 2c, Bc - 5d und Bc - 8a Nr. 170 Bonum est Ps 91,2 (1a) CR: Tr Vgl. Typoi Bc - 2c, Bc - 5d, Bc - 8a Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 385 <?page no="386"?> Nr. 182 Clamor meus Ps 101,2 (1b) CR: B Vgl. Typoi A - 1, Ba - 1b, Bc - 5e, Be - 4, Bg - 4 Nr. 183 Benedic anima Ps 103,1 (1a) CR: Tr Vgl. Typoi Bc - 2c, Bc - 5a, Bc - 8b Nr. 212 Credidi propter Ps 115,10 (1a) CR: Tr Vgl. Typoi Bc - 2c, Bc - 5d, Bc - 8a Nr. 250 Auxilium meum Ps 120,2 (2a) CR: Tr Vgl. Typoi Ba - 1a, Bc - 2d, Bc - 5d, Bc - 8a Nr. 263 Benefac domine Ps 124,4 (4a) CR: B Vgl. Typoi Bc - 2b, Bc - 5b, Bc - 8b Nr. 264 Facti sumus Ps 125,1 (1b) CR: B, U Vgl. Typoi Ba - 1a, Bc - 5e, Bc - 8b, Ba - 4, Be - 4, Bg - 4 Nr. 272 Benediximus vobis Ps 128,8 (Svb) CR: B, Tr Vgl. Typoi Bc - 2a, Bc - 5a, Bc - 8a Nr. 278 Habitare fratres Ps 132,1 (1b) CR: B Vgl. Typoi Ba - 1a, Bc - 5e, Be - 4, Bg - 4 Nr. 287 Domine clamavi Ps 140,1 (1a) CR: B, Tr, U Vgl. Typoi Bc - 2b, Bc - 5a, Bc - 8b Nr. 290 Portio mea Ps 141,6 (5b) CR: B, Tr Vgl. Typoi Bc - 2a, Bc - 5a, Bc - 8a 386 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="387"?> 2.4.1.2 Typos B mit Tenor auf c (Bc -) und Tradierung im 5. Modus (Bc - 5) Da die Schlusswendung des Typos B mit Tenor auf c in unterschiedlichen Prägungen zu finden ist, wird folgendermaßen differenziert: • Schlusswendung bei Typos Bc - 5a (= Bc 5a ): in der Regel: a g a g f Gegenüber dem Pendant im 8. Modus ist hier nur am Schluss eine Note angefügt, sodass sich der Modus ändert. • Schlusswendung bei Typos Bc - 5b (= Bc 5b ): in der Regel: a a g f • Schlusswendung bei Typos Bc - 5c (= Bc 5c ): g a g f Dieser Typos ist außerdem gekennzeichnet durch die häufige Repetition von c im Mittelteil. • Schlusswendung bei Typos Bc - 5d (= Bc 5d ): f g a h g f Dieser Typos hat aufgrund der Kürze der Antiphonen keinen Mittelteil. • Zu Typos Bc - 5e (= Bc 5e ): Diese Variante des Typos Bc - 5 ist nur in Z und in Wn 2 zu finden. Beide Handschriften notieren als einzige ausdrücklich teilweise das erniedrigte h (b). Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 387 <?page no="388"?> Antiphonen des Typos Bc - 5a (= Bc 5a )> Folgend genannte Antiphonen, die in anderen Handschriften zumeist im 8. oder 2. Modus vermerkt sind, findet man in einigen Manuskripten im 5. Modus: Nr. 8 Intellige clamorem Ps 5,2 (1b) CM: C 5 CR: U Vgl. Typoi Bc - 8b und Bc - 2c 388 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="389"?> Nr. 76 Illuminacio mea Ps 26,1 (1a) CM: C 5 Vgl. Typos Bc - 8a Nr. 81 In tua justitia Ps 30,2 (1b) CM: B 1 , C 5 CR: B 2 , F, Mc, Mt, U Vgl. Typoi Bc - 2a und Bc - 8a Nr. 87 Domine in caelo Ps 35,6 (5a) CM: B 1 , C 5 Vgl. Typoi Bc - 2a und Bc - 8a Nr. 99 Auribus percipite Ps 48,1 (1b) CM: C 5 CR: B 2 , Mt, P 2 Vgl. Typoi Bc - 2b, Bc - 8b Nr. 120 Juste judicate Ps 57,2 (1b) CM: B 1 , C 5 CR: B 2 , Mc, P 2 Vgl. Typoi Bc - 2a und Bc - 8a Nr. 183 Benedic anima Ps 103,1 (1a) CR: Cb Vgl. Typoi Bc - 2c, Bc - 8b, Bc - 8c Nr. 267 Beatus vir Ps 126,5 (5a) CM: C 5 Vgl. Typoi Bc - 2a, Bc - 8a Nr. 272 Benediximus vobis Ps 128,8 (Svb) CM: C 5 CR: F Vgl. Typoi Bc - 2a, Bc - 8a, Bc - 8c Nr. 287 Domine clamavi Ps 140,1 (1a) CM: B 1 , C 5 CR: B 2 , F, Mc Vgl. Typoi Bc - 2b, Bc - 8b, Bc - 8c Nr. 290 Portio mea Ps 141,6 (5b) CM: B 1 , C 5 Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 389 <?page no="390"?> CR: B 2 , G 1 , G 2 , Mc Vgl. Typoi Bc - 2a, Bc - 8a, Bc - 8c Nr. 291 Me exspectant justi Ps 141,8 (7b [Svb]) CR: F Vgl. Typos Bc - 8a Antiphonen des Typos Bc - 5b (= Bc 5b ) Nr. 117 Deus vita mea Ps 55, 9 (8a) CR: B 2 , Mc Einheitlich im 5. Modus tradiert Nr. 139 Illumina domine Ps 66,2 (1b) CR: U Vgl. Typoi Ba - 1c, Ba - 4, Be - 4 Nr. 186 Visita nos Ps 105,4 (4b) CM: B 1 , C 5 CR: B 2 , Mt, U Vgl. Typoi Bc - 2b, Bc - 8b; Be - 4 390 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="391"?> Nr. 263 Benefac domine Ps 124,4 (4a) CM: C 5 CR: B 2 Vgl. Typoi Bc - 2b, Bc - 8b, Bc - 8c U weicht hier leicht vom üblichen Muster ab und wendet in den 4. Modus. (s. o.). Nr. 273 De profundis Ps 129,1(1a) CM: C 5 Vgl. Typoi Ba - 1a, Bc - 8b Antiphonen des Typos Bc - 5c (=Bc 5c ) Nr. 116 Intende in me Ps 54,3 (2a) CM: Ar, P 6 , Wn 1 Diese Antiphon ist teils im 5. und teils im 6. Modus überliefert. Vgl. Typos Bc - 6 (s. u.). Allein C 5 schreibt den 8. Modus in anderer Melodieführung; hier aus mangelnden Vergleichsmöglichkeiten keinem speziellen Typos zugeordnet. Modell aus C 5 : f. 63r: Nr. 155 Tu es deus Ps 76,15 (14) CM: Ar, P 6 , Wn 1 CR: P 3 , P 4 Vgl. Typoi Ba - 1a, Bc - 4a, Bc - 6 Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 391 <?page no="392"?> Antiphonen des Typos Bc - 5d (= Bc 5d ) Nr. 134 Te decet hymnus Ps 64,2 (1a) CM: B 1 CR: B 2 , Mc, Mt Vgl. Typoi Bc - 2c, Bc - 8a und Bc - 8c Nr. 170 Bonum est Ps 91,2 (1a) CM: B 1 , C 5 CR: B 2 , Mc, Mt, U Vgl. Typoi Bc - 2c, Bc - 8a, Bc - 8c Nr. 212 Credidi propter Ps 115,10 (1a) CM: B 1 CR: B 2 , Mc Vgl. Typoi Bc - 2c, Bc - 8a, Bc - 8c Nr. 250 Auxilium meum Ps 120,2 (2a) CM: Ar, C 5 CR: B 2 Vgl. Typoi Ba - 1a, Bc - 2c, Bc - 8a, Bc - 8c 392 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="393"?> Antiphonen des Typos Bc - 5e (= Bc 5e ) Nr. 182 Clamor meus Ps 101,2 (1b) CM: Wn 2 , Z Vgl. Typoi A - 1, Ba - 1b, Bc - 8c, Be - 4, Bg - 4 Nr. 264 Facti sumus Ps 125,1 (1b) CM: Wn 2 , Z Vgl. Typoi Ba - 1a, Bc - 8b, Bc - 8c, Ba - 4, Be - 4, Bg - 4 Nr. 278 Habitare fratres Ps 132,1 (1b) CM: Wn 2 , Z Vgl. Typoi Ba - 1a, Bc - 8c, Be - 4, Bg - 4 Die beiden altrömischen Manuskripte notieren ebenfalls den 8. Modus, jedoch mit anderer Melodieführung. Modell aus R 1 : f. 52v: Modell aus R 2 : f. 45v: Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 393 <?page no="394"?> 2.4.1.3 Typos B mit Tenor auf c (Bc -) und Tradierung im 2. Modus (Bc - 2) Folgend werden Ferialantiphonen des Typos B mit Tenor auf c (Bc -) und Tradierung im 2. Modus (Bc - 2) dargelegt. Antiphonen dieses Typos sind ebenfalls mit drei melodischen Varianten zu klassifizieren: Bc - 2a, Bc - 2b, Bc - 2c: Antiphonen des Typos Bc - 2a (= Bc 2a ) Nr. 81 In tua justitia Ps 30,2 (1b) CM: E 2 , Wn 2 , Z CR: K 1 , K 2 , Si Vgl. Typoi Bc -5a und Bc - 8a Nr. 87 Domine in caelo Ps 35,6 (5a) CM: E 2 , Wn 2 , Z Vgl. Typoi Bc - 5a und Bc - 8a Nr. 120 Juste judicate Ps 57,2 (1b) CM: E 2 , H, Wn 2 , Z CR: B, Cb, G 1 , G 2 , K 1 , K 2 , Mt, Si Vgl. Typoi Bc - 5a und Bc - 8a 394 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="395"?> Nr. 267 Beatus vir Ps 126,5 (5a) CM: E 2 Vgl. Typoi Bc - 5a, Bc - 8a Nr. 272 Benediximus vobis Ps 128,8 (Svb) CM: E 2 , H, Z CR: K 1 , K 2 , Si Vgl. Typoi Bc - 5a, Bc - 8a, Bc - 8c Nr. 290 Portio mea Ps 141,6 (5b) CM: E 2 , Wn 2 , Z CR: K 1 , K 2 , Si Vgl. Typoi Bc - 5a, Bc - 8a, Bc - 8c Antiphonen des Typos Bc - 2b (= Bc 2b ) Nr. 99 Auribus percipite Ps 48,1 (1b) CR: B, K 1 , K 2 , Si Vgl. Typoi Bc - 5a, Bc - 8b Nr. 186 Visita nos Ps 105,4 (4b) CM: E 2 , Wn 2 , Z CR: B, K 1 , K 2 , Si Vgl. Typoi Bc - 5b, Bc - 8b, Be - 4 Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 395 <?page no="396"?> Nr. 263 Benefac domine Ps 124,4 (4a) CM: E 2 , H CR: K 1 , Si Vgl. Typoi Bc - 5b, Bc - 8b, Bc - 8c U weicht hier leicht vom üblichen Muster ab und wendet in den 4. Modus. (s. o.) Nr. 287 Domine clamavi Ps 140,1 (1a) CM: E 2 , Z CR: G 1 , G 2 , K 1 , K 2 , Si Vgl. Typoi Bc - 5a, Bc - 8b, Bc - 8c Antiphonen des Typos Bc - 2c (= Bc 2c ) Nr. 8 Intellige clamorem Ps 5,2 (1b) CM: B 1 , E 2 , Wn 2 , Z CR: B, Cb, G 1 , G 2 , Mt, P 1 , Si, Tr Vgl. Typoi Bc - 8b und Bc -5a 396 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="397"?> Nr. 134 Te decet hymnus Ps 64,2 (1a) CM: E 2 , Wn 2 , Z CR: Cb, K 1 , K 2 , P 1 Vgl. Typoi Bc - 5d, Bc - 8a und Bc - 8c Nr. 170 Bonum est Ps 91,2 (1a) CM: E 2 , Wn 2 , Z CR: B, Cb, K 1 , K 2 , P 1 Vgl. Typoi Bc - 5d, Bc - 8a, Bc - 8c Nr. 183 Benedic anima Ps 103,1 (1a) CR: Si Vgl. Typoi Bc - 5a, Bc - 8b, Bc - 8c Nr. 212 Credidi propter Ps 115,10 (1a) CM: E 2 , H, Wn 2 , Z CR: B, Cb, G 1 , G 2 , K 1 , K 2 , P 1 , P 2 , Si, U Vgl. Typoi Bc - 5d, Bc - 8a, Bc - 8c Nr. 250 Auxilium meum Ps 120,2 (2a) CM: E 2 , H CR: B, Cb, G 1 , G 2 , K 1 , K 2 , P 1 , Si, U Vgl. Typoi Ba - 1a, Bc - 5d, Bc - 8a, Bc - 8c Modell aus R 1 : f. 48r: Modell aus R 2 : f. 42v: Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 397 <?page no="398"?> 2.4.1.4 Typos B mit Tenor auf c (Bc -) und Tradierung im 4. Modus (Bc - 4) Antiphonen dieser Gruppierung sind in zwei Schlusswendungen tradiert: Bc - 4a und Bc - 4b. Antiphonen des Typos Bc - 4a (= Bc 4a ) Nr. 155 Tu es deus Ps 76,15 (14) CM: C 5 ! CR: B, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , P 2 , Pi, Sa, Si Vgl. Typoi Ba - 1a, Bc - 5c, Bc - 6 Nr. 300 Laudabo deum Ps 145,2 (1b) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Einheitlich dem Typos Bc - 4a zugeordnet Nr. 308 Flavit spiritus Ps 147,18 (6b)4. Modus CM: H, W CR: F, Pi Einheitlich dem Typos Bc - 4a zugeordnet Antiphonen des Typos Bc - 4b (= Bc 4b ) Nr. 140 Metuant dominum Ps 66,8 (Svb) CR: Mt, P 1 Vgl. Typoi A - 6, Ba - 1c, Ba - 8a 398 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="399"?> 2.4.1.5 Typos B mit Tenor auf c (Bc -) und Tradierung im 6. Modus (Bc - 6) Antiphonen des Typos B mit Strukturnote c/ f und Finalis auf f, damit im 6. Modus: Bc - 6: Nr. 116 Intende in me Ps 54,3 (2a) CM: B 1 , E 2 , H, W, Wn 2 , Z CR: B 2 Vgl. Typos Bc - 5c Nr. 155 Tu es deus Ps 76,15 (14) CM: B 1 , E 2 , H, W, Wn 2 , Z CR: B 2 , Cb, Mc, P 1 (6T), P 3 (6T), Tr Vgl. Ba - 1a, Bc - 4a, Bc - 5c 2.4.2 Antiphonen des Typos B mit Tenor auf a (Ba -) und Tradierung im 1. (Ba - 1) oder 4. Modus (Ba - 4) Antiphonen des Typos B mit dem Tenor auf a münden zumeist in den 1. oder 4. Modus. 2.4.2.1 Typos B mit Tenor auf a (Ba -) und Tradierung im 1. Modus (Ba - 1) Antiphonen des Typos Ba im 1. Modus werden mit drei unterschiedlichen Wendungen klassifiziert: • Antiphonen mit Typos Ba - 1a (= Ba 1a ): Dieser zweiteilige Typos wiederholt, normalerweise auf a beginnend, in Teil 1 folgende Wendung: a g, a g (f). In Teil 2, der gleichzeitig Schlussteil ist, steigt die Wendung in der Regel, vom e ausgehend, bis nach g und fällt abschließend in kleinen Tonschritten bis d hinab. • Antiphonen mit Typos Ba - 1b (= Ba 1b ): Antiphonen dieses Typos beginnen wie Typos Ba - 1a. Im Gegensatz zu erstgenannter Variante des Typos Ba - 1 hat hier die Schlusswendung aber mehrere kleine „ Kurven “ . Der Ambitus unterscheidet sich nicht. Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 399 <?page no="400"?> • Antiphonen mit Typos Ba - 1c (= Ba 1c ): Der Typos Ba - 1c erreicht den Tenor mit einer großen Terz von unten. Es folgt die charakteristische Wendung des Typos Ba mit a g a und dem Abstieg - bei Caeli enarrant über e - nach f. Nach einer kurzen Umspielung von f fällt die Melodie, von dort ausgehend, zur Finalis d ab. Antiphonen des Typos Ba - 1a (= Ba 1a ) 400 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="401"?> Nr. 10 Domine deus Ps 7,2 (1a) CM: Ar, P 6 Vgl. Typoi A - 1 und C - 2 Nr. 82 Rectos decet Ps 32,1 (1b) CM: Ar, B 1 , C 5 , K, P 6 , W, Wn 1 CR: B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mo, P 1 , P 2 , Pi, R 2 , Sa, Si Vgl. Typoi Ba - 4, Be - 4, Bg - 4 Nr. 85 Expugna impugn. Ps 34,1 (1b) CM: Ar, B 1 , C 5 , K, P 6 , W, Wn 1 CR: B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mo, P 1 , P 2 , Pi, R 2 , Sa, Si Vgl. Typoi Ba - 4, Be - 4 Nr. 91 Ut non delinquam Ps 38,1 (1b) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , K, P 6 , W, Wn 1 , Z Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 401 <?page no="402"?> CR: B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mo, P 1 , P 2 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, Tu Vgl. Typoi Ba - 4, Be - 4, Bg - 4 Nr. 97 Adjutor in trib. Ps 45,2 (1b) CM: Ar, B 1 , C 5 , K, P 6 , W, Wn 1 CR: B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Mc, Mo, P 1 , P 2 , Pi, Si, Tr Vgl. Typoi Ba - 4, Be - 4 Nr. 155 Tu es deus Ps 76,15 (14) CR: F Vgl. Typoi Bc - 4a, Bc - 5c, Bc - 6 Nr. 177 Quia mirabilia Ps 97,1 (1b) CM: P 6 CR: F Vgl. Typoi A - 1, Ba - 4, Be - 4 Nr. 247 Clamavi et Ps 119,1 (1b) CM: C 5 , K, P 6 , Wn 1 CR: F, Mc, Mo, P 2 Vgl. Typos Be - 4 Nr. 249 Unde veniet Ps 120,1 (1b) CM: C 5 , K, P 6 CR: F, Mc Vgl. Typos Be - 4 Nr. 250 Auxilium meum Ps 120,2 (2a) CR: R 2 Vgl. Typoi Bc - 2c, Bc - 5d, Bc - 8a, Bc - 8c Nr. 264 Facti sumus Ps 125,1 (1b) CM: Ar, C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 CR: Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, Mo, P 1 , P 2 , Pi, Sa, Tr, Tu, T 2 Vgl. Typoi Bc - 5e, Bc - 8b, Bc - 8c, Ba - 4, Be - 4, Bg - 4 Nr. 273 De profundis Ps 129,1 (1a) CR: Tr Vgl. Typoi Bc - 5b, Bc - 8b 402 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="403"?> Nr. 275 Speret israel Ps 130,3 (Sva) CM: C 5 , K, Wn 1 CR: F, Mo, P 1 , Pi Vgl. Typos Be - 4 Nr. 276 Et omnis Ps 131,1 (1b) CM: C 5 , Wn 1 CR: F, Mo Vgl. Typoi Ba - 4, Be - 4 Nr. 277 Ecce quam bonum Ps 132,1 (1a) CM: Ar, B 1 , C 5 , H, K, P 6 CR: B 2 , Cb, G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mo, P 2 , Sa, Si, Tu T 2 , U Einheitlich dem Typos Bc - 1a zugeordnet Nr. 278 Habitare fratres Ps 132,1 (1b) CM: E 2 , Wn 1 CR: F, P 1 , Pi, Tr Vgl. Typoi Bc - 5e, Bc - 8c, Be - 4, Bg - 4 Nr. 279 Laudate nomen Ps 134,1 (1a) CM: Ar, K, P 6 CR: Cb Nr. 306 Lauda jerusalem Ps 147,12 (1a) CM: Wn 1 Vgl. Typos Be - 4 Nr. 309 Laudate dominum Ps 148,1 (1a) CR: F, Mt, R 1 , R 2 , Si, Tr Vgl. Typos A - 1 Nr. 310 In excelsis Ps 148,1 (1b) CM: C 5 Vgl. Typoi A - 6, Be - 4 Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 403 <?page no="404"?> Antiphonen des Typos Ba - 1b (= Ba 1b ) Nr. 130 In matutinis Ps 62,7 (6b) CR: F, Si Vgl. Typos Be - 4 Nr. 139 Illumina domine Ps 66,2 (1b) CR: F, Si Vgl. Typoi Ba - 4, Be - 4, Bc - 5a Nr. 140 Metuant dominum Ps 66,8 (Svb) CR: F Vgl. Typoi A - 6, Ba - 8a, Bc - 4b Nr. 182 Clamor meus Ps 101,2 (1b) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 CR: B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Mc, Mo, P 1 , P 2 , Pi, Si, Tr, Tu Vgl. Typoi A - 1, Bc - 5e, Bc - 8c, Be - 4, Bg - 4 404 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="405"?> Antiphonen des Typos Ba - 1c (= Ba 1c ) Nr. 18 Exsurge domine Ps 9,20 (19a) CM: Ar Tradition der Handschrift Ar Nr. 237 Caeli enarrant zu Ps 118 CM: Wn 2 , Z Tradition der Handschriften Wn 2 , und Z Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 405 <?page no="406"?> 2.4.2.2 Typos B mit Tenor auf a (Ba -) und Tradierung im 4. Modus (Ba - 4) Folgend Antiphonen, die dem Typos Ba zugeteilt wurden und im 4. Modus überliefert wurden: Nr. 82 Rectos decet Ps 32,1 (1b) CM: E 2 , H, Wn 2 , Z CR: Mt, R 1 , Tr Vgl. Typoi Ba - 1a, Be - 4, Bg - 4 Nr. 85 Expugna impugn. Ps 34,1 (1b) CM: E 2 , H, Wn 2 , Z CR: Mt, P 3 , P 4 , P 5 , R 1 , Tr Vgl. Typoi Ba - 1a, Be - 4 Nr. 91 Ut non delinquam Ps 38,1 (1b) CM: H 406 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="407"?> CR: Mt, P 5 Vgl. Ba - 1a, Be - 4, Bg - 4 Nr. 97 Adjutor in trib. Ps 45,2 (1b) CM: E 2 , H, Wn 2 , Z CR: Mt, R 1 , Tu Vgl. Typoi Ba - 1a, Be - 4, Bg - 4 Nr. 139 Illumina domine Ps 66,2 (1b) CR: B, B 2 , Mc Vgl. Typoi Bc - 1c, Bc - 5a, Be - 4 Nr. 177 Quia mirabilia Ps 97,1 (1b) CR: P 2 Vgl. Typoi A - 1, Ba - 1a, Be - 4 Nr. 264 Facti sumus Ps 125,1 (1b) CR: Mt, R 1 , Si Vgl. Typoi Ba - 1a, Bc - 5e, Bc - 8b, Bc - 8c, Be - 4, Bg - 4 Nr. 276 Et omnis Ps 131,1 (1b) CM: K Vgl. Typoi Ba - 1a, Be - 4 Vgl. Typoi Ba - 1a, Be - 4 2.4.3 Typos B mit Tenor auf e (Be -) und Tradierung im 4. Modus (Be - 4) Bei diesen Antiphonen des Typos B ist die Strukturnote und die Finalis e: Be - 4 (=Be 4 ). Initium: Der erste Teil dieses Typos beginnt auf dem Tenor e, wiederholt diesen in der Regel, fällt eine Sekunde ab, um ihn erneut mit einer Aufwärtsbewegung zu erreichen und erneut nach d zu sinken. Mediatio: In einem Mittelteil kann anschließend die Melodie von c bis f aufsteigen. Finalis: Der Schlussteil umspielt e ebenfalls und erreicht diesen Ton als Finalis eine Sekunde von oben oder unten kommend. Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 407 <?page no="408"?> 408 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="409"?> Nr. 79 Adorate dominum Ps 28,2 (2b) CR: R 1 , R 2 Vgl. Typos F Nr. 82 Rectos decet Ps 32,1 (1b) CR: B, K 1 , K 2 , Tu Vgl. Typoi Ba - 1a, Ba - 4, Bg - 4 Nr. 85 Expugna impugn. Ps 34,1 (1b) CR: B, K 1 , K 2 , Tu Vgl. Typoi Ba - 1a, Ba - 4 Nr. 91 Ut non delinquam Ps 38,1 (1b) CR: B, K 1 , K 2 Vgl. Typoi Ba - 1a, Ba - 4, Bg - 4 Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 409 <?page no="410"?> Nr. 94 Sana domine Ps 40,5 (4b) CR: R 1 Vgl. Typoi Bc - 8b und C Nr. 97 Adjutor in trib. Ps 45,2 (1b) CR: B, Gb, K 1 , K 2 , Sa Vgl. Typoi Ba - 1a, Ba - 4, Bg - 4 Nr. 101 Miserere mei Ps 50,3 (1a) CR: R 1 , R 2 Vgl. Typos A Nr. 130 In matutinis Ps 62,7 (6b) CR: B, Cb, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mt, P 2 , P 3 P 4 P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Tu, T 2 Vgl. Typos Ba - 1c Nr. 139 Illumina domine Ps 66,2 (1b) CR: Cb, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mt, P 1 , P 2 , P 3 P 4 P 5 , Pi, Sa (4T), Tr, Tu (4T), T 2 Vgl. Typoi Ba - 4, Bc - 1c, Bc - 5a Nr. 177 Quia mirabilia Ps 97,1 (1b) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, W, Wn 2 , Z CR: B, Cb, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 3 P 4 P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, T 2 Vgl. Typoi A - 1, Ba - 1a, Ba - 4 Nr. 182 Clamor meus Ps 101,2 (1b) CR: K 1 , K 2 (Schluss: veniat deus), R 1 , R 2 (Schluss: perveniat) Vgl. Typoi A - 1, Ba - 1b, Bc - 5e, Bc - 8c, Bg - 4 Nr. 184 Quam magnificata Ps 103,24 (24a) CR: R 1 , R 2 Ausschließlich in den beiden altrömischen Manuskripten tradiert Nr. 186 Visita nos Ps 105,4 (4b) CR: R 1 , R 2 Vgl. Typoi Bc - 2b, Bc - 5b, Bc - 8b 410 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="411"?> Nr. 193 Sede a dextris meis Ps 109,1 (1b) CR: R 1 , R 2 Ausschließlich in den beiden altrömischen Manuskripten tradiert Nr. 247 Clamavi et Ps 119,1 (1b) CM: Ar, B 1 , E 2 , H, Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mt, P 1 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, Tu Vgl. Typos Ba - 1a Nr. 249 Unde veniet Ps 120,1 (1b) CR: P 2 , Pi Vgl. Typos Ba - 1a Nr. 264 Facti sumus Ps 125,1 (1b) CR: K 1 , K 2 Vgl. Typoi Ba - 1a, Ba - 4, Bc - 5e, Bc - 8b, Bc - 8c, Bg - 4 Nr. 275 Speret israel Ps 130,3 (Sva) CM: Ar, B 1 , E 2 , H, P 6 , W, Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mt, P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Vgl. Typos Ba - 1a Nr. 276 Et omnis Ps 131,1 (1b) CM: Ar, B 1 , E 2 , H, P 6 , W, Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mt, P 1 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Vgl. Typoi Ba - 1a, Ba - 4 Nr. 278 Habitare fratres Ps 132,1 (1b) CM: W CR: K 1 , K 2 Vgl. Typoi Ba - 1a, Bc - 5e, Bc - 8c, Bg - 4 Nr. 306 Lauda jerusalem Ps 147,12 (1a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , P 6 CR: B 2 , Cb, Gb, Mc, Mt, P 1 , P 3 , P 4 , P 5 , R 1 , R 2 , Sa, Tr, Tu, T 2 Vgl. Typos Ba - 1a Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 411 <?page no="412"?> Nr. 310 In excelsis Ps 148,1 (1b) CM: Ar CR: Tr, Tu, T 2 Vgl. Typoi A - 6, Ba - 1a 2.4.4 Typos B mit Tenor auf g (Bg -) und Tradierung im 4. Modus (Bg - 4) Bei dieser Kathegorie an Antiphonen kommt eine Eigenheit der Manuskripte P 3 , P 4 und P 5 zum Ausdruck, die entgegen dem Mainstream, bestimmte Antiphonen mit Tenor a oder e zu schreiben, gelegentlich die Strukturnote g wählen, jedoch auch in diesen Fällen einen vergleichbaren melodischen Verlauf der jeweiligen Antiphonen bieten. Deshalb wird diese Variante des Typos B hier als Bg - 4 (= Bg 4 ) bezeichnet. Nr. 82 Rectos decet Ps 32,1 (1b) CR: P 3 , P 4 , P 5 Vgl. Typoi Ba - 1a, Ba - 4, Be - 4 Nr. 91 Ut non delinquam Ps 38,1 (1b) CR: P 3 , P 4 Vgl. Typoi Ba - 1a, Ba - 4, Be - 4 412 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="413"?> Nr. 97 Adjutor in trib Ps 45,2 (1b) CR: P 3 , P 4 , P 5 Vgl. Typoi Ba - 1a, Ba - 4, Be - 4 Nr. 182 Clamor meus Ps 101,2 (1b) CR: P 3 , P 4 , P 5 Vgl. Typoi A - 1, Ba - 1b, Bc - 5e, Bc - 8c, Be - 4 Nr. 264 Facti sumus Ps 125,1 (1b) CR: P 3 , P 4 , P 5 Vgl. Typoi Ba - 1a, Ba - 4, Bc - 5e, Bc - 8b, Bc - 8c, Be - 4 Nr. 278 Habitare fratres Ps 132,1 (1b) CR: P 3 , P 4 , P 5 Vgl. Typoi Ba - 1a, Bc - 5e, Bc - 8c, Be - 4 2.4.5 Auswertung der Antiphonen des Typos B Das Bild der Antiphonen des Typos B insgesamt lässt vermuten, dass auch hier musikalische Formeln ins Frankenreich transportiert wurden, die, was den Text, die melodische Struktur und die Tonalität betrifft, weitgehend ein einheitliches Bild abgeben. Bei den meisten Antiphonen, die in unterschiedlichen Manuskripten verschiedenen Modi zugeteilt werden, ist rückwirkend keine genetische Deutung möglich. Der Prozess der Adaption verlief jedoch nicht gänzlich parallel und übereinstimmend. Ein Merkmal dafür ist, dass in Handschriften aus derselben Region gelegentlich Häufungen auftreten, was den Modus betrifft, die in anderen Codices nicht zu finden sind. Dies ist vor allem in der folgenden Gruppe an Antiphonen zu betrachten, die dem Typos Bc zugewiesen wurden. 2.4.5.1 Auswertung der Antiphonen des Typos B mit Tenor c Zu Antiphonen der Typoi Bc - 8, Bc - 5 und Bc - 2 Wie schon bei den Antiphonen der Typoi A zu beobachten war, zeigt sich auch bei jenen des Typos B ein in mehrfacher Hinsicht einheitliches Bild: Die Antiphonen sind, was die Struktur der Melodie betrifft, vergleichbar. Auch in der Tradition der Modi ist man sich vielfach einig und schreibt im 8. Modus. Nur gelegentlich weichen Manuskripte vom üblichen Typos ab, wie U z. B. bei Benefac domine (Nr. 263) (s. o.). Sogar die beiden stadtrömischen Handschriften R 1 und R 2 überliefern Melodien und Modi, die zumeist den Typoi Bc - 8 zugeordnet werden können, was darauf hinweist, dass der Prozess der Verschmelzung von römischem und gregoria- Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 413 <?page no="414"?> nischem Traditionsgut bei der Verschriftlichung von Ferialantiphonen weitgehend abgeschlossen war. Der Transparenz des Ergebnisses wegen werden hier folgend nur Antiphonen betrachtet, die in unterschiedlichen Antiphonarien in verschiedenen Modi (im 8. Modus (Bc - 8), im 5. Modus (Bc - 5) oder im 2. Modus (Bc - 2) notiert sind, da sich dort am ehesten Deutungen bezüglich der Genese formulieren lassen. Der Blick ist dabei auf diejenigen Handschriften gerichtet, die gewisse Antiphonen nicht der Norm entsprechend im 8. Modus, sondern im 5. oder 2. Modus tradieren: Auffälligkeiten zu Antiphonen, die im 5. Modus tradiert sind Der 5. Modus spielt bei den Typoi Bc - 5a, Bc - 5b und Bc - 5d nur in C 5 , B 1 und B 2 , F, Mc, Mt und U sowie ein einziges Mal bei Auxilium meum (Nr. 250) in Ar eine Rolle. Auffallend häufig ist die Verwendung dieses Modus in C 5 , B 1 und B 2 und F. Hatte der 5. Modus in der bestimmten Regionen Italiens vor der Verschriftlichung der hier untersuchten Antiphonarien einen besonderen Sitz im Leben? Parallel zu diesen Beobachtungen findet man allerdings auch zwei Antiphonen, die in eben genannten Manuskripten gerade nicht den 5. Modus festschreiben, obwohl sie dort durchaus bekannt sind. Ar, P 6 und Wn 1 schreiben Intende in me (Nr. 116) und Tu es deus (Nr. 155) als einzige im 5. Modus. P 3 und P 4 schließen sich diesen bei Tu es deus an. Sie sind bei Typos Bc - 5c vermerkt. So wird an dieser Stelle deutlich, dass in den Offizien verschiedene Traditionen zusammenfließen, deren Genese oft nicht ermittelt werden kann. Wn 2 und Z notieren als einzige die Antiphonen der Gruppe Bc - 5e im 5. Modus mit erniedrigtem h (= b), was möglicherweise eine gewisse Flexibilität bzw. Geschmeidigkeit in der Modalität zum Ausdruck bringt. Die Melodieführung der dort vermerkten Antiphonen ist dennoch mit denjenigen, die den 1., 4. oder 8. Modus schreiben, kompatibel. Auffälligkeiten zu Antiphonen, die im 2. Modus tradiert sind Die Tradition von Antiphonen, die in bestimmten Manuskripten im 8. Modus notiert sind (vgl. Typoi Bc - 8) und in anderen im 5. Modus (vgl. Typoi Bc - 5), stehen mit besonderer Häufigkeit in folgenden Handschriften im 2. Modus (Typoi Bc - 2): CM: E 2 , Wn 2 , Z CR: Cb, K 1 , K 2 , Si Mit Ausnahme von Ca aus dem französischen Cambrai verweisen die anderen Manuskripte auf den geographischen Raum zwischen St. Gallen und dem heutigen Slowenien. Erfreute sich dieser Modus dort einst besonderer Beliebtheit? 414 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="415"?> Zu Antiphonen der Typoi Bc - 4a und Bc - 4b Die Strukturnote dieses Typos ist in der Regel f. Die beiden stadtrömischen Handschriften R 1 und R 2 kennen sie nicht, was auf ihre Herkunft im Frankenland hinweisen könnte. Lediglich drei Antiphonen fallen diesem Typos zu: Tu es deus (Nr. 153), Laudabo deum (Nr. 300) und Flavit spiritus (Nr. 308). Dass die nur in zwei Manuskripten des cursus monasticus (H und W) sowie in zwei des cursus Romanus (F und Pi) tradierte Antiphon Flavit spiritus im gleichen Schema wie Laudabo deum erscheint, dürfte kein Zufall sein. Beide stehen in der Vesper des Samstags. 15 Diejenigen, die Flavit spiritus in ihr Manuskript aufnehmen, greifen hier den Typos der zu zwei Psalmen zuvor erklungenen Antiphon Laudabo deum auf und passen sich damit (der älteren Antiphon? ) an. Metuant dominum beginnt vom Typos her wie Bc - 4a, hat jedoch eine andere Schlusswendung, weswegen sie als Typos Bc - 4b bezeichnet wird. Sie ist allerdings nur in den beiden französischen Handschriften Mt und P 1 mit Strukturnote f tradiert. Die anderen Manuskripte, die sie tradieren, wollen a als Tenor. Zu Antiphonen des Typos Bc - 6 Die beiden bei diesem Typos verzeichneten Antiphonen Intende in me (Nr. 116) und Tu es deus (Nr. 155) zeigen Abhängigkeiten in den sie tradierenden Manuskripten. Alle, die Intende in me verzeichnen, notieren Tu es deus im selben Typos. Eine Offizium bezogene oder weitere Abhängigkeit ist nicht zu erkennen. 2.4.5.2 Auswertung der Antiphonen der Typoi B mit Tenor a, e oder g Zu Antiphonen des Typos B mit Tenor auf a und Tradierung im 1. (Ba - 1) oder 4. Modus (Ba - 4) sowie Antiphonen mit Tenor auf e oder g im 4. Modus (Be - 4 bzw. Bg - 4). Diese vier Gruppierungen müssen gemeinsam betrachtet werden, da teilweise dieselben Antiphonen in verschiedenen Handschriften dem Typos Ba - 1, Ba - 4 Be - 4 oder Bg - 4 zugeordnet werden. Bei gleichem Grundtypos (B) zeigen sie verschiedene Traditionen an. Anhand derjenigen Antiphonen, die in allen drei Kategorien tradiert sind, wird nun exemplarisch aufgezeigt, dass dieselbe melodische Grundstruktur unterschiedlich transportiert und damit auf verschiedene Entwicklungsbereiche hinweist. Es handelt sich um folgende Antiphonen: Nr. 82 Rectos decet Ps 32,1 (1b) Typos Ba - 1 CM: Ar, B 1 , C 5 , K, P 6 , W, Wn 1 CR: B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mo, P 1 , P 2 , Pi, R 2 , Sa, Si 15 Dass Worcester F 160 die Antiphonen des Samstags mit Vesper der Dominica (DV) bezeichnet, bezieht sich wohl darauf, dass die Uhrzeit am Samstag, zu der diese Hore gesungen wurde, bereits zum Sonntag zählte. Die Vesper des Sonntags wird dort als „ Dominica Vesper 2 “ bezeichnet. Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 415 <?page no="416"?> Typos Ba - 4 CM: E 2 , H, Wn 2 , Z CR: Mt, R 1 , Tr Typos Be - 4 CR: B, K 1 , K 2 , Tu Typos Bg - 4 CR: P 3 , P 4 , P 5 Nr. 85 Expugna impugnantes Ps 34,1 (1b) Typos Ba - 1 CM: Ar, B 1 , C 5 , K, P 6 , W, Wn 1 CR: B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mo, P 1 , P 2 , Pi, R 2 , Sa, Si Typos Ba - 4 CM: E 2 , H, Wn 2 , Z CR: B, Mt, P 3 , P 4 , P 5 , R 1 , Tr Typos Be - 4 CR: K 1 , K 2 , Tu Nr. 91 Ut non delinquam Ps 38,1 (1b) Typos Ba - 1 CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , K, P 6 , W, Wn 1 , Z CR: B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mo, P 1 , P 2 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, Tu Typos Ba - 4 CM: H CR: B, Mt, P 5 Typos Be - 4 CR: K 1 , K 2 Typos Bg - 4 CR: P 3 , P 4 Nr. 97 Adjutor in trib. Ps 45,2 (1b) Typos Ba - 1 CM: Ar, B 1 , C 5 , K, P 6 , W, Wn 1 CR: B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Mc, Mo, P 1 , P 2 , Pi, Si, Tr Typos Ba - 4 CM: E 2 , H, Wn 2 , Z CR: Mt, R 1 , Tu Typos Be - 4 CR: B, Gb, K 1 , K 2 , Sa Typos Bg - 4 CR: P 3 , P 4 , P 5 Nr. 182 Clamor meus Ps 101,2 (1b) Typos Ba - 1b CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 CR: B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Mc, Mo, P 1 , P 2 , Pi, Si, Tr Typos Be - 4 CR: K 1 , K 2 , R 1 , R 2 Typos Bc - 5e CM: Wn 2 , Z Typos Bc - 8c CR: B Typos Bg - 4 CR: P 3 , P 4 , P 5 Nr. 264 Facti sumus Ps 125,1 (1b) Typos Ba - 1a CM: Ar, C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 CR: Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, Mo, P 1 , P 2 , Pi, Sa, Tr, Tu, T 2 Typos Ba - 4 CR: Mt, P 3 , P 4 , P 5 , R 1 , R 2 , Si Typos Be - 4 CR: K 1 , K 2 416 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="417"?> Typos Bg - 4 CR: P 3 , P 4 , P 5 Facti sumus ist in weiteren oben genannten Typoi zu finden: Typos Bc - 8b CM: B 1 CR: B 2 , Mc Typos Bc - 8c CR: B, U Typos Bc - 5e CM: Wn 2 , Z Die aufgeführten Antiphonen zeigen, dass der Status der Vereinheitlichung zur Zeit der Verschriftlichung insofern abgeschlossen war, als alle ein gemeinsamer Grundtypos (B) verbindet. An den in den Manuskripten notierten verschiedenen Facetten kann man jedoch ablesen, dass der Gleichschaltungsprozess zur Zeit der Verschriftlichung nicht komplett abgeschlossen war. Es lässt sich außerdem ermitteln, dass sich innerhalb einer Handschrift immer wieder Präferenzen, was etwa den Modus betrifft, etabliert haben. Dokumente, die bei oben genannten Antiphonen den 1. Modus bevorzugen, sind: CM: Ar, B 1 , C 5 , K, P 6 , W, Wn 1 CR: B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mo, P 1 , P 2 , Pi, Sa, Si Manuskripte, die bei eben genannten Antiphonen den Tenor auf a schreiben und zumeist im 4. Modus notieren, sind: CM: E 2 , H, Wn 2 , Z CR: B, Mt, P 3 , P 4 , P 5 , R 1 Codices, die bei oben gelisteten Antiphonen ebenfalls öfters den 4. Modus notieren, dabei jedoch die Strukturnote g wählen, sind P 3 , P 4 , P 5 . Die Strukturnote e bei gleicher Finalis wählen häufig K 1 und K 2 . Warum sich bei den einzelnen Handschriften die eine oder andere modale Variante manifestiert hat, ist bei diesen Antiphonen weder lokal noch temporär einzugrenzen und lässt daher vermuten, dass die Verflechtungen weit in die Zeit vor ihrer schriftlichen Fixierung weisen. 2.4.5.3 Zum Wort-Ton Verhältnis Vergleicht man die zu den Typoi B gruppierten Antiphonen miteinander, so kann man auch hier, was das Wort-Ton Verhältnis betrifft, keine Synchronizität ausmachen. Wort- und Melodieakzent können zusammenfallen, müssen es aber nicht. Die Melodieführung ist, wie schon bei den meisten Antiphonen des Modells A zu sehen war, unabhängig vom Wortakzent, jedoch gelegentlich mit diesem übereinstimmend. Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 417 <?page no="418"?> Folgendes Beispiel mag dies zu verdeutlichen. Die Wortakzente sind jeweils fett gedruckt: Deus deorum dominus locutus est In israel magnum no men eius Wie beim Modell A zu gezeigt wurde, so ist auch hier folglich die Genese des Wort- Melodie Verhältnisses nicht logogen, sondern es wurden in einem sekundären Prozess Texte auf ein melodisches Modell adaptiert. 2.5 Antiphonen des Typos C Alle hier zusammengestellten Antiphonen stehen im 2. Modus. Deshalb gibt es in dieser Kategorie nur den Typos C - 2. Charakteristisch für dieses Modell ist sein ausgeprägt plagaler Duktus. Die Melodie bewegt sich zwischen d und f, bei wenigen Antiphonen wird das c gestreift. 418 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="419"?> Nr. 10 Domine deus Ps 7,2 (1a) CR: T 1 , T 2 Vgl. Typoi A - 1a und Ba - 1a Nr. 28 Cantabo domino Ps 12,6 (Sva) CM: C 5 , E 2 , Wn 2 , Z Vgl. Typos Bc - 8b Nr. 94 Sana domine Ps 40,5 (4b) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Si, Tr, Tu, U Vgl. Typoi Be - 4 (R 1 ) und Bc - 8b (R 2 ) Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 419 <?page no="420"?> Nr. 122 Da nobis domine Ps 59,13 (10a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Die Melodien von R 1 und R 2 können keinem Typos zugeordnet werden. Hier zunächst die Modell-Melodie von R 1 , anschließend jene von R 2 . Modell von R 1 , f. 51r: Modell von R 2 , f. 43v: Nr. 133 A timore inimici Ps 63,2 (1b) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Einheitlich in Typos C tradiert Nr. 137 Misereatur et benedicat zu Ps 62 CR: P 1 Ausschließlich von P 1 tradiert Nr. 143 Domine deus Ps 69,2 (1) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Die Melodien von R 1 und R 2 können keinem Typos zugeordnet werden. Folgend deren Modell-Melodien. Modell von R 1 , f. 52 r: 420 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="421"?> Modell von R 2 , f. 44v: Nr. 164 Inclina domine Ps 85,1 (1a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 , Z Alle in Typos C tradiert Nr. 176 Cantate domino Ps 95,2 (2a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 2 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U R 1 transponiert eine kleine Terz nach oben. R 2 schließt sich der breiten Tradition an. Hier das Melodie-Modell von R 1 , f. 53r: Nr. 220 Deduc me Ps 118,35 (35a) CM: H CR: B, G 1 , G 2 , Mc, Mt, U Einheitlich dem Typos C zugeordnet Modell von Ca, f.58v: Nr. 269 Beati omnes Ps 127,1 (1a) CM: Ar, C 5 , E 2 , H, K, P 6 , Wn 1 CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , Pi, Si, Tu, T 2 , U Vgl. Typos Bc - 8a Die beiden altrömischen Stadtoffizien divergieren von der breiten Tradition: Modell von R 1 , f. 51v: Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 421 <?page no="422"?> Modell von R 2 , f. 44v: Nr. 314 Caeli caelorum Ps 148,4 (4a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Vgl. Typos Bc - 8b (R 1 , R 2 ,) 2.5.1 Auswertung der Antiphonen des Typos C Dieser Typos ist von ständigem Auf und Ab der Melodie gekennzeichnet. Tenor f und Finalis d haben dieselbe der Melodie Struktur gebende Kraft. Die beiden stadtrömischen Manuskripte R 1 und R 2 haben diese Antiphonen entweder nicht in ihrem Manuskript oder gehen fast ausschließlich andere melodische Wege. Allein bei der Antiphon Cantate domino (Nr. 176) schließt sich R 2 der fränkisch-gregorianischen Tradition an. Der Ursprung von Melodien dieses Typs sind folglich nicht in Rom, sondern im fränkisch-gregorianischen Umfeld zu suchen. Antiphonen, die nur in der fränkischen Tradition vorhanden sind Nr. 10 Domine deus Ps 7,2 (1a) Nr. 28 Cantabo domino Ps 12,6 (Sva) Nr. 133 Misereatur et benedicat zu Ps 62 Nr. 134 A timore inimici Ps 63,2 (1b) Nr. 164 Inclina domine Ps 85,1 (1a) Nr. 229 Deduc me Ps 118,35 (35a) In der Systematik Dom Claires sind sie der Kategorie G - „ Le Timbre Gal …“ zugeordnet. 16 Er nimmt den Ursprung dieser Antiphonen ebenfalls im Frankenland an. Zur Veranschaulichung eine Übersicht der Antiphonen des Typos C in Verbindung mit ihrem Vorkommen in den beiden altrömischen Handschriften: Antiphonen mit anderem Typos in R 1 und R 2 als in der fränkischen Tradition Nr. 94 Sana domine Ps 40,5 (4b) Vgl. Typoi Be - 4 (R 1 ) und Bc - 8b (R 2 ) 16 C LAIRE , Répertoires 93 f. 422 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="423"?> Nr. 314 Caeli caelorum Ps 148,4 (4a) Vgl. Typos Bc - 8b (R 1 , R 2 ,) Antiphonen, die in R 1 und R 2 keinem Typos entsprechen Nr. 122 Da nobis domine Ps 59,13 (10a) Nr. 143 Domine deus Ps 69,2 (1) Nr. 176 Cantate domino Ps 95,2 (2a) (hier nur R 1 ) Nr. 269 Beati omnes Ps 127,1 (1a) 2.5.2 Zum Wort-Ton Verhältnis Als natürliche Folge der sich ständig um den Tenor bzw. die Finalis rankenden Melodie, fallen häufig Wortbetonungen mit einem Wechsel in der Tonhöhe zusammen. In Bezug auf das Heben bzw. Senken der Melodie im Zusammenhang mit der Wortbetonung gibt es kein durchgehendes Prinzip. Bei Wortbetonungen kann die Melodie wie bei anderen Modellen nach oben oder unten wechseln. Auch im internen Vergleich aller Antiphonen des Typos C gibt es in Bezug zum melodischen Modell kein einheitliches Wort-Ton Verhältnis. Wortsilbe und Ton im Typos können zusammenfallen, müssen dies jedoch nicht. Zur Verdeutlichung werden exemplarisch Cantate domino (Ps 95,2; Nr. 176) und Deduc me (Ps 118,35 [35a]; Nr. 220), Wort- und Tonakzente betreffend, einander gegenübergestellt. 1. Cantáte dómino et benedí- Déduc me dómine in sémitam 2. cite nómini éjus mandatórum tuórum Die Grundbausteine in der Melodieführung des Modells sind in beiden Fällen identisch. Dabei scheint auch hier der Text der Antiphonen einem musikalischen Modell angepasst. Demzufolge ist anzunehmen, dass dort ebenfalls der Text in einem sekundären Prozess auf das musikalische Modell adaptiert wurde. Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 423 <?page no="424"?> 2.6 Antiphonen des Typos D Der aus drei Teilen bestehende Typos D beginnt mit einer Ab- Aufwärtsbewegung, die entweder den Grundton umspielt oder direkt von ihm ausgeht. Der Mittelteil betont die Subdominante und setzt entweder dort an, um sie zu umspielen oder, um, von ihr ausgehend, bis zu einer Quint abzufallen und bisweilen von dort aus wieder zur Subdominante zurück zu führen. Der Schlussteil schlängelt sich gleitend zum Grundton zurück. 2.6.1 Antiphonen des Typos D - 8 Typischerweise münden Antiphonen dieses Typos in den 8. Modus. Nr. 25 Respice et exaudi Ps 12,4 (4) CR: B 2 , Gb, Sa Einheitlich bei Typos D tradiert Nr. 29 Conserva me Ps 15,1 (1a) CM: B 1 , C 5 CR: R 1 , R 2 424 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="425"?> Bei dieser Antiphon münden als einzige Vertreterin dieses Typos bestimmte Handschriften in den zweiten Modus: CM: Ar, E 2 , K, P 6 , Wn 1 , Wn 2 , Z CR: P 3 , P 4 , Pi, T 2 Folgend das aus den eben genannten Manuskripten erstellte Modell: Nr. 61 Exaudiat te Ps 19,2 (1a) CM: H CR: B 2 , F, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 3 , P 4 , Pi, R 2 T 2 Einheitlich bei Typos D tradiert Nr. 105 Tibi soli peccavi Ps 50,6.3 (4a+1a) CR: R 1 , R 2 Nr. 113 Avertet dominus cap. Ps 52,7 (Svb) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 2 , Z CR: B, Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Einheitlich bei Typos D tradiert Nr. 142 Quaerite dominum Ps 68,33 (32b) CM: Ar, B 1 , E 2 , K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: Mc, T 2 Allein C 5 geht bei dieser Antiphon andere Wege und notiert den 3. Modus. Vielleicht handelt es sich hier um einen Schreibfehler, denn es verstecken sich noch andere Ungereimtheiten: Entgegen der Tradition vermerkt C 5 deum statt dominum und macht auch einen Grammatikfehler, in dem sie den Akkusativ animas vestras an Stelle von anima verstra setzt: Modell von C 5 , f. 64r: Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 425 <?page no="426"?> Nr. 185 Laetetur cor Ps 104,3 (3b) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 2 , Z Einheitlich bei Typos D tradiert Nr. 204 Excelsus super Ps 112,4 (4a) CM: H, P 6 , W CR: F, Mo, Pi, T 2 Einheitlich bei Typos D tradiert Nr. 257 Qui habitas Ps 122,1.3 (1b+3a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 2 , Z CR: B, Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Modell von R 1 , f. 49v: Modell von R 2 , f. 43v: Nr. 283 Hymnum cantate Ps 136,3 (3b) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 2 , Z CR: B, Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Einheitlich bei Typos D tradiert Nr. 292 In veritate Ps 142,1 (1b) CM: Ar, B 1 , C 5 , H, K, P 6 , W CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Si, Tr, Tu, T 2 Folgende Handschriften überliefern bei In veritate den 4. Modus. Da keine weitere Ferialantiphon mit Strukturnote f und Finalis e im hier untersuchten Repertoire verzeichnet ist, wurde auf eine Typisierung verzichtet: CM: Wn 2 , Z CR: K 1 , K 2 , U 426 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="427"?> Modell: 2.6.2 Antiphonen des Typos D - 4 und 4a Nr. 11 In te speravi zu Ps 9 CR: P 3 , P 4 Einheitlich bei Typos D - 4 tradiert Nr. 196 Magna opera domini Ps 110,2 (2a) CM: B 1 CR: Mo Einheitlich bei Typos D - 4 tradiert Nr. 71 Dominus regit me Ps 22,1.2 (1+2) CR: Gb, Mt, Sa CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , S, W, Wn 1 , Wn 2 , Z Fast einheitlich bei Typos D - 4a tradiert Allein Wn 1 (f. 30r) schreibt den 7. Modus vor, hier das Modell: Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 427 <?page no="428"?> Nr. 73 Oculi mei Ps 24,15 (15a) CM: K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 Einheitlich bei Typos D - 4a tradiert Eine Sonderform innerhalb des Typos D Nr. 316 Cantate domino cant. Ps 149,1 (1a) Diese Antiphon hat nur Si in einer dem Typos D vergleichbaren Melodie. In allen anderen Handschriften wurde sie dem Typos A zugeordnet. Modell von Si, f. 64r: 2.6.3 Auswertung der Antiphonen des Typos D Die meisten Antiphonen dieses Typos sind flächendeckend im 8. Modus notiert und dokumentieren damit Einheitlichkeit. Warum sich bei Antiphonen, die normalerweise im 8. Modus stehen, dennoch gelegentlich andere Versionen zeigen, wie bei In veritate (Nr. 292), bei K 1 , K 2 , U, Wn 2 und Z, entzieht sich dem Zugang. Hatten sie eine gemeinsame Quelle als Grundlage? Die beiden römischen Manuskripte R 1 und R 2 weichen, wie auch bei anderen Typoi zu sehen ist, bei Qui habitas (Nr. 257) mit einer eigenen Melodievariante von der Norm ab und zeigen in gewissem Rahmen Unabhängigkeit. Wenige Antiphonen des Typos D sind im 4. Modus verfasst. Vom Melodieverlauf her präsentieren sie eine parallele Initiumsformel und einen ähnlichen Ambitus. Auch die Schlusswendungen zeigen bei D - 4 und D - 4a Parallelen. Im Mittel- und Schlussteil wird den Silben entsprechend erweitert. Im Falle von Dominus regit me (Nr. 71) und Oculi mei (Nr. 73), die in der Psalmenordnung aufeinanderfolgen, fragt man nach einer bewussten, auf die Struktur des Offiziums bezogenen, melodischen Abhängigkeit. 2.6.4 Zum Wort-Ton Verhältnis Der logogene Charakter der Modelle in Bezug auf das Wort-Ton Verhältnis setzt sich auch beim Modell D mit seiner Untergruppierung fort. Er wird hier anhand der Antiphonen Avertet dominus (Nr. 113) und Quaerite dominum (Nr. 142) verdeutlicht: 428 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="429"?> Avértet dóminus captivitátem plébis súae Quáerite dóminum et vívet ánima véstra Die Tatsache, dass sich Melodien verschiedener Antiphonen in ihrem Duktus weitgehend entsprechen, jedoch im Hinblick auf Wort- und Tonakzentuierungen häufig nicht übereinstimmen, lässt vermuten, dass genetisch primär ein musikalisches Modell geschaffen wurde, dem unterschiedliche Texte zugeordnet werden konnten. 2.7 Antiphonen des Typos E Die beiden folgenden Antiphonen Servite domino (Nr. 6) und Laudate dominum (Nr. 213) sind von ihrer Struktur her parallel aufgebaut und werden deshalb in einem Typos veranschaulicht. Da sie in den verschiedenen Handschriften teilweise in unterschiedlichen Modi tradiert sind, wird in Untergruppen differenziert: E - 2 bei Notation im 2. Modus, E - 3 für Antiphonen dieses Typos im 3. Modus, E - 4, wenn der 4. Modus gewählt wurde, E - 6 bei Antiphonen im 6. Modus und E - 8, wenn der 8. Modus verzeichnet wird. Obwohl die den Modus bestimmende Finalis in den Manuskripten stark divergiert, ist dennoch ihre Grundstruktur einander ähnlich: Der erste Teil beginnt, von a bzw. d ausgehend, mit einer kleinen Terz aufwärts. Das erreichte c bzw. f wird dann repetiert. Der Mittelteil greift den Anfangston auf und wiederholt diesen gegebenenfalls mehrmals, um dann zum g zu gleiten. Eine Ausnahme findet man im Typos E - 6 bei B 2 , und Mc. Dort gestaltet sich der Mittelteil mit a f g. Erst der Schlussteil verläuft dem Modus entsprechend in den Handschriften unterschiedlich. Hier die typisierten Schlusswendungen: Typos E - 2: c d f c Typos E - 3: g g e e Typos E - 4: a h Typos E - 6: d f g f Typos E - 8: g a g g Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 429 <?page no="430"?> 2.7.1 Typos E - 2 (= E 2 ) Nr. 213 Laudate dominum Ps 116,1 (1a) CR: Cb, G 1 , G 2 , K 1 , K 2 , Si 2.7.2 Typos E - 3 (= E 3 ) Nr. 6 Servite domino Ps 2,11 (11a) CM: Ar, P 6 CR: Gb, Sa, T 2 Nr. 213 Laudate dominum Ps 116,1 (1a) CM: Ar, K, P 6 CR: P 2 , Tu 2.7.3 Typos E - 4 (= E 4 ) Nr. 6 Servite domino Ps 2,11 (11a) CM: B 1 CR: B 2 , Mc, P 3 , P 4 430 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="431"?> Nr. 213 Laudate dominum Ps 116,1 (1a) CM: H CR: F, Gb, P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, U 2.7.4 Typos E - 6 (= E 6 ) Nr. 213 Laudate dominum Ps 116,1 (1a) CR: B 2 , Mc 2.7.5 Typos E - 8 (= E 8 ) Nr. 6 Servite domino Ps 2,11 (11a) CM: K, W, Wn 1 Nr. 213 Laudate dominum Ps 116,1 (1a) CM: Wn 1 CR: Mt, Tr 2.7.6 Auswertung der Antiphonen des Typos E Die beiden Antiphonen Servite domino (Nr. 6) und Laudate dominum (Nr. 213) münden bei in den Handschriften übereinstimmender Grundstruktur in verschiedene Modi. Insgesamt ist festzustellen, dass die Streuung in der modalen Verwendung nicht regional gebunden ist. So findet man zum Beispiel Laudate dominum in Metz (Mt) sowie in Wien (Wn 1 ) und Servite domino in Worcester (W) sowie in Wien (Wn 1 ) im 8. Modus. Auf welchem Weg sich tonale Gebräuche etablierten, verraten die Überlieferungen leider nicht, es ist aber zu vermuten, dass diese zur Zeit der Verschriftlichung weitgehend fixiert waren. Nur vereinzelt sind regionale Abhängigkeiten zu realisieren. So findet man beispielsweise Laudate dominum in G 1 , G 2 , K 1 , K 2 und Si im 2. Modus. Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 431 <?page no="432"?> In den benachbarten Klöstern von Benevent (B 2 ) und Montecassino (Mc) tradiert man Laudate dominum ausschließlich im 6. Modus. Servite domino hingegen ist dort sowie in B 1 im 4. Modus notiert. Dass beide Antiphonen in voneinander abhängigen Manuskripten in verschiedenen Modi stehen, zeigen auch Gb und Sa: Servite domino findet man in beiden Handschriften im 3. Modus und Laudate dominum im 4. Modus. Weswegen die beiden Antiphonen in diesen Codices in modaler Hinsicht nicht gleich behandelt wurden, ist ein Rätsel. In jedem Fall ist es wahrscheinlich, dass die tonalen Abhängigkeiten jünger sind als die dahinter liegenden Muster, aus denen verschiedene modale Entwicklungen erfolgt sind. 2.8 Antiphonen des Typos F Antiphonen dieses Typos beginnen in der Regel auf f und steigen schrittweise bis zum c/ h. Der Mittelteil umspielt den Grundton g und die Schlusswendung erreicht eben diesen von a aus. Fast alle Handschriften stimmen, was Modus und Struktur der Melodie betrifft, überein. Ausnahmen werden im Anschluss an die Tabelle der Antiphonen des Typos F in Notenform veranschaulicht. Auffallend ist der authentische Charakter der Melodie, obwohl diese fast überall im 8. Modus vermerkt ist, der in der Musiklehre den plagalen Modi zugeordnet wird. 432 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="433"?> 2.8.1 Antiphonen des Typos F - 8 Nr. 53 Opera manuum Ps 18,2 (1b) CR: G 1 , G 2 Allein Si tradiert den 3. Modus bei gleicher Grundstruktur der Melodie und wählt einen authentischen Modus: Modell von Si, f. 57r: Nr. 79 Adorate dominum Ps 28,2 (2b) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 2 , Z CR: B, B 2 , F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , Pi, Sa, Tr, Tu, U R 1 und R 2 vgl. Typos Be - 4 Nr. 105 Tibi soli peccavi Ps 50,6.3 (4a+1a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 2 , Z Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 433 <?page no="434"?> CR: B, B 2 , F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , Pi, Sa, Tr, Tu, T 2 , U Si wählt als einziges untersuchtes Manuskript den 1. Modus und entscheidet sich auch hier für einen authentischen Modus. Die Grundstruktur der Melodie wirkt leicht abgewandelt, ähnelt aber jener der übrigen Handschriften. Modell von Si, f. 64r: Nr. 115 Domine exaudi Ps 53,4 (4a) CR: B, G 1 , G 2 , Si Einheitlich dem Typos F - 8 zugeordnet Nr. 119 Quoniam in te Ps 56,1 (1b) CM: B 1 , C 5 , E 2 , H, K, W, Wn 2 , Z CR: B, Cb, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Die beiden französischen Handschriften des cursus monasticus, Ar und P 6 , schreiben nicht den 8., sondern den 2. Modus. Bei Ähnlichkeit in der Struktur des Melodie-Modells ist der plagale Charakter der Melodie deutlich zu erkennen. Modell von Ar, f. 92r und P 6 , f. 33v: Nr. 124 Deus deus meus Ps 62,2 (1a) CR: B, B 2 , F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Si, Tr, Tu, U Nur Cb ordnet die Antiphon dem ihr entsprechenden 7. Modus zu. Ihr Modell floss in die Erstellung des Typos F mit ein, wird folgend aber separat dargestellt, um aufzuzeigen, dass die Zuordnung zum Modus im Zusammenhang mit der Struktur der Melodie durchaus divergieren kann: 434 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="435"?> Modell von Cb, f. 58r: Nr. 174 Exaltare qui Ps 93,2 (2a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , K, P 6 , W, Wn 2 , Z CR: F, Pi Allein das Ferialofficium von H präsentiert diese Antiphon im 7. Modus, das somit den korrekten Modus zur Melodie benennt. Die neumierte Antiphon wird hier nicht diastemisiert. Nr. 206 Facta est judaea Ps 113,2 (2a) CM: Ar, B 1 , H, Wn 2 , Z Einheitlich dem Typos F - 8 zugeordnet 2.8.2 Auswertung der Antiphonen des Typos F An den Antiphonen dieses Typos ist besonders deutlich abzulesen, dass die Zuordnung der Melodie in Verbindung zum Modus zur Zeit der Verschriftlichung einerseits einen breiten Konsens erfasst, andererseits aber Modalität in gewissem Rahmen frei interpretiert werden konnte bzw. Melodien einem Modus zugeordnet wurden, auch wenn es nicht ganz passte. Daher ist anzunehmen, dass die Melodien dieser Antiphonen bzw. die Melodie-Typoi vor die Zuordnung zu einem Modus weisen. Was das Wort-Ton Verhältnis der Antiphonen des Typos F betrifft, stimmen die Beobachtungen mit den bei anderen Typoi benannten überein: Es scheint auch bei diesen Antiphonen der Text in sekundärem Prozess dem Typos zugeordnet worden zu sein. 2.9 Antiphonen des Typos G Wie der Melodietypos der Antiphonen des Typos F, so hat auch dieser authentischen Charakter. Im Gegensatz zu den Melodieformeln des Typos F werden diejenigen des Typos G in der Regel aber auch einem Modus authenticus zugewiesen. Nur drei Antiphonen haben Handschriften übergreifend dieselbe melodische Grundstruktur: Omnia quaecumque (Nr. 280), Quoniam in aeternum (Nr. 282) und Domine probasti me (Nr. 285). Die meisten wählen bei den dem Typos G zugeteilten Antiphonen den 3. Modus, wenngleich er im Ferialoffizium an anderen Stellen kaum zu finden ist. Warum sich gerade zu den Psalmen 134, 135 und 138 Antiphonen im 3. Modus verewigt haben, Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 435 <?page no="436"?> entzieht sich der Forschung. Auch hier war der Prozess der Vereinheitlichung, von Ausnahmen abgesehen, bereits vollzogen. 2.9.1 Antiphonen des Typos G - 3 Nr. 142 Quaerite dominum Ps 68,33 (32b) Allein die Handschrift C 5 bietet eine dem Typos G entsprechende Melodie. Die übrigen Antiphonen wurden dem Typos D - 8 zugewiesen. Nr. 280 Omnia quaecumque Ps 134,6 (6a) CM: B 1 , C 5 , E 2 , H, W, Wn 2 , Z CR: B, B 2 , F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U R 2 schreibt bei ähnlicher Grundstruktur den 8. Modus und schließt sich damit von der breiten Tradition aus bzw. folgt einem anderen Impuls. Modell von R 2 , f. 45v: Nr. 282 Quoniam in aeternumPs 135,1 (1b) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 ,Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U 436 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="437"?> R 2 hat auch hier wieder den 8. Modus: Modell von R 2 , f. 45v: Nr. 285 Domine probasti me Ps 138,1 (1a) CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , H, K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , Sa, Si, Tr, Tu, T 2 , U Das Antiphonar aus Zwiefalten (Z) und die altrömische Handschrift R 2 wählen den 8. Modus: Modell von Z, f. 230v: Modell von R 2 , f. 46v: 2.9.2 Auswertung der Antiphonen des Typos G Die altrömische Handschrift R 2 separiert sich komplett von der Tradition, die Antiphonen des Typos G im 3. Modus zu notieren, das Antiphonar aus Zwiefalten (Z) nur bei Domine probasti me. Der 3. Modus scheint dem altrömischen Codex R 2 ursprünglich nicht bekannt gewesen zu sein. Er ist zwar im Ferialoffizium des Sonntags mit Bonorum meorum (Nr. 30; Ps 15,2) ein Mal verzeichnet, geht man jedoch davon aus, dass die Antiphonen zu den Vigilien des Sonntags eher sekundären Charakter haben als die der übrigen Feriae, könnte dies zu vernachlässigen sein. R 1 hingegen integriert die Tradition, Antiphonen dieses Typos im 3. Modus zu notieren, und man hat den Eindruck, als schließe sie sich hier der fränkischgregorianischen Notation an. Birgt R 2 älteres, von der fränkischen Tradition modal unabhängiges Material? Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 437 <?page no="438"?> 2.10 Zusammenfassung und Reflexion Die Möglichkeit einer Typisierung von Ferialantiphonen lässt hinter vielen ein Muster vermuten. Antiphonen der Typoi A bis G bzw. ihrer Subtypoi sind von ihrer Grundstruktur her jeweils parallel aufgebaut. Viele dieser Antiphonen sind in den Handschriften auch im selben Modus tradiert, was zeigt, dass zur Zeit der Verschriftlichung der Prozess der Gleichschaltung des ferialen antiphonalen Gesangs in Bezug auf das Offizium in der Folge der karolingischen Reform abgeschlossen war. Bei aller in Bezug auf Typos und Modalität tradierten Einheitlichkeit gibt es doch bisweilen signifikante tonale Unterschiede, deren Genese in den meisten Fällen nicht mehr nachzuvollziehen ist: Beispielsweise fragt man sich bei Antiphonen wie Benefac domine (Nr. 263; Typos B), die U als Einzige im 4. Modus schreibt, während alle anderen den 2., 5. oder 8. Modus verzeichnen, weshalb man dort diese Abweichung vorfindet; oder man sucht nach Gründen, warum Si bei Cantate domino (Nr. 316; Typos A) den 2. Modus schreibt und sich in Struktur sowie Modalität der breiten, den 6. Modus wählenden Tradition nicht anschließt? Treten jedoch Häufungen in der Verwendung eines Modus bei geographisch benachbarten Handschriften auf, wie vor allem bei den Typoi B zu beobachten ist, liegt die Vermutung nahe, dass es zur Zeit der Verschriftlichung und davor regional bedingt tonale Bevorzugungen gab. Auffallend ist, dass die aus dem Raum zwischen St. Gallen und dem heutigen Slowenien stammenden Antiphonarien E 2 , K 1 , K 2 , Si, Wn 2 und Z bei Antiphonen den 2. Modus signifikant häufiger verwenden als alle übrigen untersuchten Handschriften. Die in Italien verfassten Manuskripte C 5 , B 1 und B 2 und F hingegen lassen selbe Antiphonen öfter in den 5. Modus münden. Weitere Übereinstimmungen in Modell und Modus findet man immer wieder zwischen Gb und Sa, B 1 , B 2 und Mc oder auch bei Quellen französischer Herkunft. Bei zuletzt Genannten fällt auf, dass Ar und P 6 als Vertreterinnen des cursus monasticus sowie die P 3 und P 4 , die als Geschwisterhandschriften betrachtet werden können, in vielen Fällen parallel geschaltet sind. Die stadtrömischen Antiphonarien R 1 und R 2 überliefern in erster Linie bei den Typoi A und B oft vergleichbare Melodien und Modi, was zeigt, dass hier fränkische und römische Tradition weitgehend verschmolzen sind. Teilweise unterscheiden sich R 1 und R 2 von der fränkischen Tradition und bieten sowohl einen dieser Tradition gegenüber anderen Melodieduktus als auch andere Modi. Beide kennen den 5. Modus nicht, ebenso hat der 2. Modus im Ferialoffizium von R 1 überhaupt keine und in R 2 mit Cantate domino et (Nr. 175) als einziger Antiphon im 2. Modus eine marginale Bedeutung. Letztgenannte Antiphon wurde 438 Melodien von Ferialantiphonen <?page no="439"?> dem Typos C zugeteilt, der in R 1 und R 2 nicht vorkommt und damit genetisch in das Frankenreich weist. Insgesamt ist angesichts häufiger Verschiedenheit in der Tonalität bei gleichem Melodietypos davon auszugehen, dass die Genese des musikalischen Grundgerüsts dieser Antiphonen vor die Zuordnung zu einem Modus weist. Ebenfalls ist es aufgrund dieser Forschungen naheliegend, dass Typoi nicht Ton für Ton reproduziert wurden, sondern Melodien zum Teil mit lokalen, temporären, eventuell auch persönlichen Prägungen verschmolzen. Dobszay spricht in diesem Zusammenhang von Melodien, die als „ pathway for singing a text “ und nicht als fixe Existenz fungiert haben. 17 Alle diese Beobachtungen sprechen dafür, dass beim Prozess der Überbringung der Antiphonen von Rom ins Frankenreich den Kantoren Melodie-Muster beigebracht wurden, denen Texte zugewiesen wurden. Je nach musikalischem Bewusstsein, das offensichtlich teilweise regional unterschiedlich war, wurde dieses Muster im Frankenreich jedoch leicht verändert, sodass aus ein und demselben Melodietyp einmal z. B. der 5. und ein anderes Mal z. B. ein 2. Modus entstehen konnte. Zum Wort-Ton Verhältnis Beobachtungen zum Wort-Ton Verhältnis bei allen Typoi zeigen, dass das Prinzip bei der Vertonung der (Psalm-) Texte nicht primär war, Worte adäquat zu verklanglichen, wie es sich zumindest im späteren mittelalterlichen Mönchtum präsentierte, sondern dass man mittels eines Melodiemusters Texten einen musikalischen Rahmen zu geben suchte. Die Genese zumindest der typisierten Ferialantiphonen ist folglich nicht logogen. Vielmehr wurden in einem sekundären Prozess die Worte des Textes mittels einer melodischen Formel zu Klang gebracht. Das, was sich uns in den Ferialantiphonen präsentiert, ist nahe einem formelhaften, sich an Mustern orientierenden, von fehlender Intervallik geprägten Gesang, wie er in altrömischen Handschriften anzutreffen ist. 17 D OBSZAY / S ZENDREI , Antiphonen 23 f. Melodie-Typoi der Ferialantiphonen 439 <?page no="441"?> Teil D: Differentiae im Kontext von Ferialantiponen 1 Zur Entstehung und Funktion von Tonaren im Mittelalter 1.1 Zu den Anfängen der Chorpsalmodie im Zusammenhang mit differentiae Nachdem sich die chorale Psalmodie im Gegensatz zur Solopsalmodie im Offizium in einem länger andauernden Prozess durchgesetzt hatte, suchte man nach Übereinstimmungen, wie der Übergang von der Antiphon zum Psalm gestaltet werden konnte, die für alle im Frankenreich verbindlich sein sollten. Während der Solopsalmist in der musikalischen Gestaltung des Psalms freier war, was zu einer variationsreichen Psalmodie geführt hatte, wurden im Rahmen des im Chor gesungenen Psalmengesangs Standardisierung und Disziplin für jeden wichtig. 1 Im Gegensatz zur als „ Akzentmethode “ praktizierten Solopsalmodie, bei der variabel wiederholte melodische Muster mit dem Text verbunden wurden, entwickelte sich für die gemeinschaftlich gesungene Psalmodie eine für den Chor einfacher zu gestaltende Singweise: Man legte die zu singende Psalmodie mittels differentiae - Kadenzformeln, die auf Texte adaptiert wurden - fest. 2 Eine differentia fasst Antiphonengruppen innerhalb eines Modus zusammen. Nach Keith Falconer hatte sie einen wichtigen Part bei der Klassifizierung von Melodien im Zusammenhang mit der Errichtung des Oktoechos. 3 1 D YER , Singing hier 547. 2 Die letzten sechs Noten, auf denen der Psalm gesungen wird, werden in römischen und gregorianischen Quellen mit den Buchstaben euouae (saeculorum amen) unterlegt. Der in den Quellen dafür übliche Begriff ist varietas, divisio, diffinitio, differentia. Letzterer setzte sich allmählich durch. Vgl. grundlegend B ERGER , Untersuchungen. Er sammelte die Psalmtöne ausgewählter regionaler deutscher Antiphonarien. Siehe auch: H ECKENBACH , Antiphonar; H ILEY , Plainchant 58 - 62; H UGLO , Tonaires, hier 13 und 17; vgl. ders., Grundlagen hier 76; M ERKLEY , Tonaries 183 - 194; vgl. auch die Veröffentlichungen an differentiae in folgenden Editionen: PalMus 9 (Lucca Bibliotheca capitolare 601) 2 und PalMus 12 (Worcester, Cathedral Library F.160) 126 - 154 sowie das AM 1210 - 1219 und der Liber usualis (viele Ausgaben). Sie veröffentlichen die dreißig am meisten üblichen differentiae. Vgl. ebenso die Ausführungen zum Terminus differentia in den Zusammenfassungen folgender Lexika: B AILEY , Psalm hier 453, 455 - 456; C ONNOLLY , Psalm, hier 324, 328 - 330; D YER , Psalm 1862 - 1876. 3 F ALCONER , Modes. <?page no="442"?> Einige Forscher halten sie für genetisch älter als das System der acht Psalmtöne. 4 Ein Grund dafür ist die große Anzahl an überlieferten Differenzen: Es gab sowohl innerhalb eines Modus mehrere Kadenzformeln als auch verschiedene Incipits für eine einzige Psalmdifferenz. Daher vermuten Autoren wie Terence Bailey oder Thomas Connolly, dass es ein System der Zuweisung der differentiae gab, das in eine Zeit noch vor der Verbindung der Antiphonen mit den Modi datiert werden kann. 5 Die zahlreichen differentiae unterschieden sich im Frankenreich von Kloster zu Kloster. Vor allem in frühen mittelalterlichen Handschriften fällt die Redundanz der differentiae auf. Auch im Vergleich mit dem römischen Traditionsgut gab es beträchtliche Unterschiede in Anzahl und Aufbau der Texte sowie in der Anordnung der Gesänge. Dies stellte beispielsweise Amalar fest, der 831 nach Rom und dann nach Corbie gereiste war, um das Metzer Antiphonar mit dem Römischen zu vergleichen und bei der angestrebten Systematisierung erhebliche Probleme hatte. 6 Seine Änderungsvorschläge widersprachen offenbar häufig lokalen Traditionen, wie denen in Lyon, was dann auch den Widerspruch des Klerus inclusive ihres Erzbischofs Agobard hervorrief, der, soweit rekonstruierbar, seine Lokaltradition bis auf weiteres pflegte. 7 4 Vgl. B ROCKETT , Saeculorum. M ERKLEY , Tonaries (1988) 17; ders., Tonaries (1990) 184; P APP , Tonar 141. 5 Nach C ONNOLLY , Psalm 328 und B AILEY , Psalm 455 beklagten sich schon Autoren vor der Jahrtausendwende über überflüssige „ divisiones “ . 6 Cum longo tempore taedio affectus essem propter antiphonarios discordantes inter se in nostra provincia, moderni enim alio ordine correbant quam vetusti, et quid plus retinendum esset neciebam, placuit ei qui omnibus tribuit affluenter, ab hoc scrupulo liberare me, inventa copia antiphonariorum in monasterio Corbieu. … Quae memorata volumina contuli cum nostris antiphonariis, invenique ea discrepare a nostris non solum in ordine, verum etiam in verbis et multitudine responsorium et antiphonarium, quas nos non cantamus. (A MALAR , Prologus I [361 H ANSSENS ]). Übers.: Nachdem ich mich lange über die Antiphonarien in unserer Provinz geärgert hatte, die sich voneinander unterscheiden - die modernen Antiphonarien folgen einer anderen Ordnung wie die alten, und ich nicht wusste, woran ich mich mehr halten sollte, gefiel es IHM, der allen großzügig gibt, mich von diesem Skrupel zu befreien, nachdem ich Kopien von Antiphonarien im Kloster Corbie gefunden hatte … (sie waren kürzlich von Abt Wala dorthin gebracht worden) … Ich verglich diese Bände mit unseren Antiphonarien und stellte fest, dass sie sich nicht nur in der Anordnung, sondern auch in Bezug auf die Wörter und die Menge der Responsa und Antiphonen, die wir nicht singen, unterscheiden. 7 In seinem Schreiben De correctione Antiphonarii äußert Agobard seinen Unmut hinsichtlich Korrekturvorschlägen lokaler Traditionen und zeigt sich nicht gewillt, auf diese einzugehen: Hac de causa et Antiphonarium pro viribus nostris magna ex parte correximus, amputatis his quae vel superflua, vel levia, vel mendacia, aut blasphemia videbantur … (A GOBARD , Liber [PL 104, 330 D]). Übers.: Aus diesem Grund korrigierten wir größtenteils die Antiphonarien für unsere Männer; diese waren gekürzt worden, da sie entweder überflüssig, zu glatt, verlogen oder blasphemisch schienen … 442 Differentiae im Kontext von Ferialantiponen <?page no="443"?> Nicht erhalten sind leider Amalars Antiphonar und auch die von ihm verwendeten fränkisch-gallischen sowie römischen Vorlagen. Die Reform Amalars 831 - 835 ist uns nur über das als Erklärung gedachte Liber de ordine antiphonarii nach 840 bekannt. 8 Wahrscheinlich sind Antiphonarien aus verschiedenen Vorlagen, die möglicherweise als getrennte Hefte (libelli) existierten, in vielfältiger Redaktionsarbeit zusammengewachsen: aus dem Ferial-, Nokturn-, Laudes- und Vesperrepertoire der Antiphonen, einem relativ ungegliederten Responsoriale, einem Invitatoriale sowie aus Responsoria brevia. 9 Es scheint so, dass dann zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert regionale Eigenheiten zugunsten von vorgeschriebenen, genormten Melodiemustern aufgegeben wurden. 10 Die Handschrift Florenz, Bibl. Nazionale, conv. sopp F.III.565 aus dem 12. Jahrhundert reduzierte schließlich die Differenzen auf der Basis des Micrologus de disciplina artis musicae des Guido von Arezzo. 11 1.2 Zur Entwicklungsgeschichte erster Tonare im Mittelalter In Folge der mittelalterlichen Liturgiereform begann man, vorhandenes, mannigfaltiges Musikrepertoire zu systematisieren, zu katalogisieren und als zusammengehörig empfundene Musikgruppen zu veranschaulichen. 12 Ein Ergebnis dieser theoretischen Arbeit schlägt sich in Tonaren nieder. 13 Sie gehören zu den frühesten Zeugnissen liturgischer Einstimmigkeit des westlichen Christentums und enthalten wichtige Informationen zum Psalmengesang im Mittelalter, lassen aber auch Folgerungen auf frühere Zeiten zu. 14 Der älteste erhaltene Tonar bei der tonartlichen Ordnung des gregorianischen Gesangs ist der wahrscheinlich kurz vor 800 verfasste Tonar von Centula/ Saint- Riquier. 15 Dort sowie im etwas später datierten Tonar von Metz findet man erste 8 H ANSSENS , Amalarii. 9 Vgl. zusammenfassend H UGLO , Remaniements. 10 Vgl. dazu B AILEY , Intonation; ders., Cadences. 11 S MITS VAN W AESBERGHE , Gvidonis; vgl. H UGLO , Tonaires 189. 12 Vgl. M ERKLEY , Tonaries hier 184. 13 Klassisch: H UGLO , Tonaries. Für lexikalische und enzyklopädische Informationen zum Tonar siehe: L IPPHARDT , Tonar; H ANKELN , Tonar; H UGLO , Tonary. Siehe auch H ILEY , Plainchant 326 - 334. 14 Vgl., H UGLO , Grundlagen 76 - 77 und 88; vgl. M ERKLEY , Assignment 6 - 7. 15 H UGLO , Tonaire; vgl. ders., Grundlagen 84 f. Zur Datierung und Verfasserfrage, auch was einzelne Nachweise betrifft, vgl. M ÖLLER / S TEPHAN , Musik 273 f. Zur Entstehung und Funktion von Tonaren im Mittelalter 443 <?page no="444"?> Belege für die später sogenannten acht Kirchentöne. Offiziumsantiphonen sind aufgelistet und in Psalmtonformeln beschrieben. 16 Diese Tonare haben allerdings noch keine Noten bzw. Neumen, und auch Modi werden noch nicht definiert. Dennoch: Auch ohne Noten oder Neumen, allein aufgrund der Ordnung nach Modi und Differenzen lässt sich ziemlich sicher beurteilen, ob ein Stück damals mit derselben Melodie gesungen wurde, in der es uns in eindeutiger Notation überliefert ist. 17 Die ältesten Zeugnisse eines Tonars aus Rom sind erst für die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts nachzuweisen, als die altrömische Überlieferung sich bereits dem Untergang neigte. 18 Das älteste Manuale, das die Idee des Oktoechos mit der Praxis verbindet, ist die möglicherweise zwischen 840 - 849, vielleicht auch erst nach 877 verfasste Musica disciplina von Aurelian von Réôme. 19 In den ersten sieben Kapiteln zitiert er vor allem Größen der Spätantike wie Boethius, Cassiodor und Isidor von Sevilla und gibt seinem Werk so den geistigen Rahmen. 20 In seiner Einleitung spricht er vom Paradigma der Melodie, genannt Toni oder Tenores. 21 Spezifische Angaben zur Notation erscheinen bei Aurelian in Kapitel 19. Hier benennt er Regeln darüber, wie Dichte, Weite, Höhe und Tiefe der Verse aller Töne unterschieden wird. 22 Darüber hinaus äußert er sich auch zu den Übergängen von Antiphonen und Psalmen. 23 Zum Erstellen von Leitlinien für Tonare Während ältere Traktate die Autorität der Überlieferung achten, tritt um die Jahrtausendwende die Forderung nach Korrektur dem Schema nicht entsprechen- 16 Vgl. L IPPHARDT , Tonar. 17 Vgl. A TKINSON , Nexus 88. 18 Vgl. Helmut H UCKE , Herkunft 258 und H UGLO , Tonaires 225 f. 19 A URELIAN , Musica (SEMSP 1, 27 - 63). Siehe ebenso: A URELIAN , Musica (CSM 21, 53 - 135 G USHEE ). Vgl. die detaillierten Angaben in A TKINSON , Nexus 93; vgl. ebenso folgende Werke: B ERNHARD / F ERRARI , Regulis; G USHEE , Musica; H ICKS , Aurelianus Reomensis; M ORELLI , Musica. 20 Vgl. die ansprechend dargestellten Parallelen von Schriften des Boethius, Cassiodor und Isidor von Sevilla zu Aurelian von Réôme, in: A TKINSON , Nexus 94 ff. 21 Rogatus a fratribus ut super quibusdam regulis modulationum quas tonos seu tenores appellant … praescriberem sermonem. (A URELIAN , Musica [CSM 21, 53 G USHEE ]); Übers.: (Ich wurde) gefragt von Brüdern, dass ich über gewisse Regeln der Modulation, die Toni oder Tenores genannt warden, schreiben soll. 22 Norme qualiter versuum spissitudo raritas celsitudo profunditasque discernatur omnium tonorum. (A URELIAN , Musica [CSM 21, 118 G USHEE ]). 23 Hisdem denique tonus in incoatione versuum antiphonarum ac introituum secundum speculationis auditum et inspectionem notarum pervidetur quantulamcumque habere connexionem. (A URELIAN , Musica [CSM 21, 119 G USHEE ]); Übers.: Wie angegeben, wird der Tonus in Übereinstimmung mit dem Hören des Sängers und dem Sehen der Noten so wahrgenommen, eine subtile Verbindung der Verse, Antiphonen oder der Introiten herzustellen. 444 Differentiae im Kontext von Ferialantiponen <?page no="445"?> der Melodien auf. 24 Wie für den Schreiber des Odo von Cluny ( † 942) bzw. Pseudo- Odo zugeschriebenen Dialogus de Musica, 25 so gilt auch im Prolog Bernos von der Reichenau ( † 1048), Abweichungen seien Fehler, die man korrigieren müsse. 26 Beim Errichten allgemeingültiger Prinzipien gab es Schwierigkeiten. Immer wieder kam es in diesem Prozess der Assimilation zu Missstimmungen, die gelöst werden mussten. So schreibt zum Beispiel Regino von Prüm in einem Brief (ca. 900) an Bischof Rathbod über die Psallierweise im Bistum Trier: chorus psallentium psalmorum confusis resonaret vocibus. 27 Er verweist also auf die mangelnde Übereinstimmung der verwendeten Psalmtöne. Ihm haben wir den frühesten mit Noten versehene Tonar und darin erste Beschreibungen einer zufriedenstellenden Verknüpfung der Differenz mit dem Incipit einer Antiphon zu verdanken. 28 In seinem Tonar, das er auf der Basis eines Trierer Antiphonars verfasste, verwendete er folgende Prinzipien: einerseits musste die Tradition bewahrt werden, andererseits sollten die Psalmformeln mit der Musica disciplina übereinstimmen und die Zahl der differentiae reduziert 24 Vgl. P FISTERER , Problem hier 20. Vgl. eine Passage aus Scolica enchiriadis: Vitia nimirum sunt, sed sicut barbarismi et soloecismi metris plerumque figuraliter intermiscentur, ita limmata interdum de industria cantibus inseruntur. (S CHMID , Musica 70); Übers.: Fehler sind es gewiss, aber wie Barbarismen und Solözismen den (klassischen) Dichtungen meist als Figuren beigemischt werden, so werden Halbtöne bisweilen mit Absicht in die Gesänge eingefügt. Vgl. außerdem eine Stellungnahme Reginos von Prüm, der hier auch einen Beleg für das Wahrnehmen von Tonartwechseln bietet: Sunt namque quaedam antiphonae, quas nothas, id est degeneres et non legitimas, appellamus, quae abuno tono incipiunt, alterius sunt in medio, et in tertio finiuntur. (R EGINO , Epistola [PL 132, 485 B]; vgl. B ERNHARD , Clavis 37 - 73, Kap./ Paragraph 2,2). Übers.: Es gibt nämlich einige Antiphonen, die wir unehelich, das heißt entartet und nicht rechtmäßig nennen, die von einem Tonus anfangen, in der Mitte zu einem anderen gehören und in einem dritten enden. Vgl. auch A TKINSON , Nexus 219. 25 … antiphonarium sancti Gregorii diligentissime cum eo investigavi in quo pene onmia regulariter stare inveni, … quam regulae sunt auctoritate correpta. (O DO , Dialogus [SEMSP 1, 251]). Übers: Als ich herausbekam, dass das Antiphonar des geschätztesten Heiligen Gregor in kaum etwas regelkonform umgesetzt wurde, fand ich … die von der Autorität (der Kirche erstellten) Regeln sind einzuhalten. Vgl. auch H UGLO , Prolog. 26 Quamquam hæc regula partim cantorum inscicia, partim longo usu inveterato constet omnino in multis vitiata, tum in quotidianis antiphonis, quæ inveniuntur compositae ex psalmis, tum etiam in aliis plurimis cantionibus, in nocturnis videlicet ac diurnis, quod quidem ad regulam aliquatenus posset corrigi, si inolita consuetudo ab ore cantantium potuisset nullo modo evelli. (B ERNONIS A UGIENSIS , Prologus 9 [SEMSP 2, 73]). Übers.: Obwohl diese Regel teils durch den Unverstand der Sänger, teils durch den lange eingebürgerten Gebrauch in vielen Fällen bekannterweise gänzlich verdorben ist, so wie in vielen Gesängen bei Tag und Nacht, was freilich der Regel entsprechend verbessert werden könnte, wenn die eingewurzelte Gewohnheit nur irgendwie aus dem Mund der Singenden herausgerissen werden könnte. Vgl. R AUSCH , Musiktraktate 31 - 68. 27 R EGINO P RUMIENSIS , Epistola (SEMSP 1, 231). 28 Vgl. B ERNHARD , Clavis 39; H UGLO , Tonaires 83 - 85; A TKINSON , Nexus 88. Zur Entstehung und Funktion von Tonaren im Mittelalter 445 <?page no="446"?> werden. Die überflüssigen Formeln zur Psallierweise schrieb er an die Marginalien. 29 Den karolingischen Tonar von Metz reduzierte er auf etwa die Hälfte. 30 Anders ging der Autor der Commemoratio brevis ein Jahrhundert später vor: Bei der Reduktion der differentiae versuchte er viele lokale Varianten einzubinden und tat sich bei der Konstruktion einer cohärenten Synthese offensichtlich schwer. 31 Schwierig war es offensichtlich auch, die auf Solopsalmodie hin tradierten Differenzen für einen Chor zu adaptieren. 32 Das Erreichen des Ziels, sämtliche Codices gleichzuschalten, war auch im 13. Jahrhundert noch nicht abgeschlossen. So weisen Petrus de Cruce 33 oder Jacobus von Lüttich 34 darauf hin, dass in vielen Städten immer noch lokale Traditionen des Psalmengesanges üblich seien. Ab dem 14 Jahrhundert verschwand schließlich das breite Repertoire an Differenzen. 35 29 Hier der Abschnitt des Briefes, der das Ringen Reginos um tonale Verständigung zum Ausdruck bringt: Cum frequenter in ecclesiae vestrae diocesibus chorus psallentium psalmorum melodiam confusis resonare vocibus, propter dissonantiam toni, et pro huius modi … ; arripui antiphonarium, et eum in principio usque in finem per ordinem diligenter revolvens … , distinctis ordinibus inserere curavi. (R EGINO P RUMIENSIS , Epistola [SEMSP 1, 230 - 31]). Übers.: Als der Chor der Psallierenden die Melodie in den Diözesen eurer Kirche durch ungeordnete Stimmen erklingen ließ, was die Dissonanz der Töne und ihrer Modi betrifft … ; ich riß das Antiphonar an mich und wälzte es von vorne bis zum Ende sorgfältig durch. … nachdem sie (die korrekten Psalmtöne und Differenzen) der Ordnung nach unterschieden waren, kümmerte ich mich darum, dass sie umgesetzt wurden. 30 Vgl. H UGLO , Tonaires 71 - 89; vgl., R EGINO VON P RÜM , Tonarius (SMMA 2, 73). Zur Reproduktion des karolingischen Tonars vgl. L IPPHARDT , Tonar. 31 Vgl. D YER , Singing 548. Schon Bruno Stäblein wies darauf hin, dass es unmöglich für einen Chor sei, Psalm 71 nach der Commemoratio brevis zu singen; vgl. S TÄBLEIN , Liturgie Sp. 1321, Bsp. 20. 32 Vgl. D YER , Singing 548. 33 De differentiis seu principiis eorum, quot differentias seu principia unusquisque eorum habeat, nulla musicae regula numerum certum declaravit, usus enim civitatum, qui diversi sunt, dant eis differentias diversimodo, tum quia unus plus, alter vero minus. (P ETRUS DE C RUCE , Tractatus [SMMA 1, 282; CSM 29, VII H ARBINSON ]); Übers.: Hinsichtlich der Differenzen bzw. der Anfänge (der Kirchentöne), wieviele von ihnen jeder (Kirchenton) hat, gibt es keine Regel in der Musik, die eine sichere Anzahl vorschreibt, denn der Brauch in den Gemeinden, die sich unterscheiden, geben die Differenzen für die (Kirchentöne) in unterschiedlicher Weise an, und so gibt es am einen Ort mehr und am anderen weniger. 34 Tactae enim varietates in ipsis reperiuntur differentiis ut vix una ecclesia conveniat cum alia, sed passim per regionum et ecclesiarum et animorum diversitatem varientur et temporum. Quaedam enim ecclesiae plures, quaedam pauciores habent differentias. ( J ACOBUS DE H ISPANIA [ Jacobus Leodiensis/ Jacobus von Lüttich], Speculum 85 [CSM 3 - 6, 237 f. B RAGARD ]); Übers.: Denn in den Differenzen sind die erwähnten Unterschiede zu finden, sodass kaum eine Kirche mit der anderen übereinstimmt, sondern sie sie unterscheiden sich zufällig aufgrund der Region, der Kirchen, der Verschiedenheit der Menschen und Zeiten. Manche Kirchen haben mehr und andere weniger Differenzen. 35 D YER , Singing hier 568. 446 Differentiae im Kontext von Ferialantiponen <?page no="447"?> Hier ein kleiner Überblick an Äußerungen mittelalterlicher Musiktheorietiker zur Systematisierung von differentiae, die den komplizierten Prozess der Vereinheitlichung erahnen lassen: • J OHANNES VON A FFLIGHEM (ca. 1100) klassifizierte 3 Kategorien: 1. Jene (differentiae), die passen und notwendig sind 2. jene die passen, aber nicht notwendig sind und nur als Schmuck dienen 3. Jene, die weder passen noch notwendig sind. 36 • Der Schreiber des Tonale S. Bernardi (ca. 1100) meinte, es seien nur drei differentiae nötig: eines mit einem schlichten, eines mit einem mittleren und eines mit einem schmucken Initialmuster. 37 • Die Regula des Guido von Arezzo (ca. 1000) statierte, eine differenia pro Modus genüge: Arbitror autem, immo plane affirmo uniquique modo unam tantum, sed propriam differentiam posse sufficere. 38 • Elias Salomon (ca. 1274) schloss sich der Meinung Guido von Arezzos auch noch zwei Jahrhunderte später mit seiner Äußerung an, dass eine differentia pro Modus genüge. Dabei solle man diejenige differentia nehmen, deren Wesen dem Modus am meisten entspräche. 39 • Noch im 14./ 15. Jahhunder setzte sich dieser Trend fort. So wollte z. B. Heinrich Eger von Kalkar (1328 - 1408) alle lästigen caudas diversas als modernen Überfluss herauswerfen. 40 1.3 Zur Funktion von Tonaren Über die ursprüngliche Funktion von Tonaren ist man sich auch heute noch nicht wirklich einig. Nach Charles M. Atkinson sind sie ein Rahmenwerk für melodische Klassifikation, basierend auf der Praxis der Psalmodie, und sollten den notationslosen Menschen helfen, Kontrolle über ein großes Repertoire an Cantus zu gewinnen, damit der römische Gesang leichter gelernt werden konnte. 41 36 J OHANNES VON A FFLIGHEM , Musica 22 (CSM 1, 153 - 56 Smits van Waesberghe). 37 Tonale S. Bernhardi (SEMSP 2, 269). Das Tonale basiert auf den aus dem Zisterzienserorden stammenden Regulae de arte musica von Guy d ’ Eu, oder auch Guido Augensis bzw. Guido von Arezzo (SMMA 2, 150 - 192). 38 G UIDO VON A REZZO , Regulae (SMMA 2, 182); vgl. auch M AITRE , Recherches. 39 Nam illius toni cantus reputatur, cuius naturam maiorem habet et illius naturae cito iudicatur … Item alia regula: aliquis cantus congruum habens sonum non potest esse, quin fuerit alicuius toni. Item alia: omnis cantus illius toni iudicatur, cuius maiorem obtinet naturam. (S ALOMON , Scientia 11 [SEMSP 3, 30]). 40 Quidam (sunt) curiosi seu curiales, illi scilicet, quos moderniores postea in cantibus lascivientes adinvenerunt addentes principalibus praedictis caudas diversas, et hoc, ut corresponderent diversis antiphonarum et introituum inchoationibus, quae variationes caudarum etiam adhuc vocantur differentiae. (H EINRICH E GER VON K ALKAR , Cantuagium [61 H ÜSCHEN ]). 41 A TKINSON , Nexus 93. Zur Entstehung und Funktion von Tonaren im Mittelalter 447 <?page no="448"?> Den Praxisbezug betont ebenfalls Michel Huglo. 42 Paul Merkley setzt etwas andere Akzente. Bei grundsätzlicher Anerkennung des Werkes von Huglo unterstreicht er im Zusammenhang mit sogenannten großen Tonaren mehr den funktionalen Aspekt der theoretischen Regulierung bei der Übertragung des Oktoechos auf den fränkisch-römischen Choral. Ein Kurztonar hingegen sei auf praktische Bedürfnisse ausgerichtet gewesen; wie eine Regel, um sich die korrekte Singweise vergegenwärtigen zu können. 43 Die Doppelfunktion eines Tonars prägte in der Fachliteratur den Begriff der Janusköpfigkeit. 44 Einig ist sich die Forschung darin, dass man auf der Basis der Theorie in Entsprechung der Gegebenheiten mündlicher Tradierungen praktische Entscheidungen schuf und damit die Praxis beeinflusste. 45 Als das System des Oktoechos um die Wende des 8. zum 9. Jh. auf den fränkisch-römischen Choral übertragen wurde, war er sicher auch eine theoretische Regulierung und wurde dann - zusammen mit Lehren zu Ambitus und typischen Melodiewendungen - wichtiger Bestandteil der Modus-Theorie. 46 Tonare dienten dem Kantor zur Orientierung darüber, welcher Psalmton mit welcher Finalis und welcher Schlusskadenz zu einem bestimmten Gesangsstück zu singen war. Innerhalb dieses Ordnungsprinzips hatten die sogenannten Differenzen die Funktion, einen möglichst geschmeidigen Anschluss zwischen Psalmodie und Antiphon zu ermöglichen. Zur Gestaltung der Übergänge von Psalmton zu Antiphon Es mussten Kriterien erarbeitet werden, nach denen der Übergang vom Psalmton zur Antiphon hergestellt werden sollte. Bis heute sind diese noch nicht eindeutig geklärt, und auch Ferialantiphonen geben keine klare Antwort. Mittelalterliche und moderne Musiktheoretiker suchten hier nach Regularitäten, die es aber vielleicht in der Praxis nie gegeben hat. 47 Das von einem unbekannten Verfasser überlieferte Traktat mit Tonar De modorum formulis et tonarius spricht von pulchra connectio, also einem angenehmen Übergang. 48 42 Vgl. H UGLO , Tonaires; vgl., ders., Grundlagen. 43 M ERKLEY , Assignment 23 - 24. 44 P APP , Tonar hier 137. 45 M ERKLEY , Tonaries hier 19. Siehe auch M ÖLLER , Tonarius. 46 Vgl. H UGLO , Tonaires 12 und M ERKLEY , Assignment 23; vgl. M EYER , Tonartenlehre hier 144 (im Zusammenhang mit Aurelian von Réôme) 163 - 171 (über die Tonusbestimmung) 211 (zur Deutung authentischer und plagaler Tonarten). 47 Vgl. D YER , Singing 542. 48 Vgl. B ROCKETT , Anonymi hier 80. 448 Differentiae im Kontext von Ferialantiponen <?page no="449"?> Warum eine Differenz der Antiphon näher ist als eine andere, bleibt ein Rätsel. 49 Peter Wagner prägte hier den Begriff „ Anpassungsgesetz “ . 50 Dahinter steht, was die Traktate bis zum Spätmittelalter bezeugen, dass die einzelnen Kadenzformeln den ebenfalls nach dem Psalm gesungenen Antiphonenincipits, angeglichen werden sollen. Eine frühe auf musikalischen Prinzipien beruhende Systematisierung findet man z. B. bei Bern von der Reichenau. 51 Süddeutsche Tonarüberlieferungen, wie der Tonar von Frutolf, erörtern dann das genaue Intervallverhältnis zwischen dem Anfangston der Antiphon und der Terminatio. 52 Nach Falkoner bestand für die Schreiber früher Tonare neben der Schwierigkeit der Klassifizierung von Antiphonen, die gleichzeitig mehreren Kriterien entsprechen mussten, wie Melodietypen und -formeln, historische und liturgische Überlegungen einzubeziehen, ein Dilemma darin, wie man adiastematische Neumen mit ihren unexakten Tonhöhenangaben auf bestimmte Tonhöhen festlegen konnte. Ein weiteres Problem bestand darin, wie Halbtonschritte behandelt werden sollten. 53 Traktate bis zum Spätmittelalter bezeugen, dass die einzelnen Kadenzformeln den Antiphonenincipits, die nach dem Psalm zu wiederholen waren, angepasst wurden. 54 Dort wird deutlich, dass es sowohl innerhalb eines Modus mehrere Kadenzformeln mit demselben Schlusston gab als auch eine einzige Psalmdifferenz mit verschiedenen Incipits verbunden werden konnte. Zum Übergang von Psalmton zu Antiphon am Beispiel von Ferialantiphonen Die in vorliegender Arbeit untersuchten Ferialantiphonen aus Handschriften zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert weisen in unterschiedliche Stadien des Entwicklungsprozesses von Differenzen in Verbindung mit den Antiphonen. Tendenziell ist dabei festzustellen, dass im Vergleich jüngere Manuskripte eine geringe Anzahl an Differenzen aufweisen und dazu eher solche, die sich im Laufe der Zeit etabliert haben. 49 Vgl. z. B. H UGLO , Antiphon; S TÄBLEIN , Antiphon. 50 W AGNER , Einführung 78 f. und 129 - 34. Schon Francois-Auguste Gevaert hatte Ende des 19 Jahrhunderts etwa eintausenddreihundert Offiziumsantiphonen aus Reginos Tonar in Beziehung zu den Differenzen gesetzt und mit diesem System Themen der Antiphonen auf siebenundvierzig reduziert. (G EVAERT , Mélopée 123 - 132; vgl. dazu auch A TKINSON , Nexus 92 f; H ILEY , Plainchant 90 f. Auf der Grundlage von Gevaerts Analysen systematisierte Merkley andere frühe Tonare, besonders den Tonar 4995 aus Paris, und kam zum Ergebnis, dass alle Themen den acht Grundtönen zugeordnet warden können. M ERKLEY , Tonaries 13 - 24. 51 Vgl. R AUSCH , Tonar; ders., Bern von Reichenau; ders., Musiktraktate. 52 V IVELL , Frutolfi 113 - 183. 53 F ALCONER , Modes 131 f; vgl. dazu auch H UGHES , Variants 29 - 47. 54 Vgl. H UGLO , Grundlagen 76 f; vgl. auch z. B. B ERNHARD , Traditio 109 - 172. Zur Entstehung und Funktion von Tonaren im Mittelalter 449 <?page no="450"?> Jedoch findet man auch dort immer wieder Formeln, die bestimmte Antiphonarien entweder nur mit weiteren Handschriften regionaler Verbundenheit teilen oder die in den Ferialoffizien ausschließliches Eigengut darstellen und so lokale Traditionen erkennen lassen. 55 Von den hier untersuchten Quellen bieten folgende die meisten Einzeltraditionen an differentiae: 56 • Paris, Bibliothèque nationale de France, Département des Manuscrits, lat. 1090, in dieser Arbeit P 2 • Codes von Silos, Silense (Additional 30850), hier S • Montecassino, Monumento Nazionale di Montecassino, Biblioteca, 542, hier Mc • Toledo, Catedral-Archivo y Biblioteca Capítulares, 44.2, hier T 2 • Rom, Bibliotheca Vaticana, Archiv von San Pietro B 79, hier R 1 • London, B. M. add. 29988, hier R 2 Im Vergleich mit diesen Codices haben später entstandene Manuskripte wie Paris, Bibliothèque nationale de France, Département des Manuscrits, lat. 15181 und lat. 15182 (verfasst um 1300), hier P 3 und P 4 , häufig differentiae, die sich in vielen Handschriften unter dem Einfluss von Musiktheoretikern durchgesetzt haben. Das bedeutet nicht, dass jüngere Manuskripte lediglich das Ergebnis eines Verschmelzungsprozesses widerspiegeln. Dies ist besonders auffällig an Arras, Bibliothèque municipale, 893 (olim 465), hier Ar, aus dem frühen 14. Jahrhundert zu erkennen. Sie hat einige Einzeltraditionen unter den Differenzen, die möglicherweise eine frühere lokale Tradition vermitteln 57 , manifestiert jedoch insgesamt eine Tendenz, die Zahl der differentiae zu reduzieren und diese zu vereinheitlichen. Ein Ergebnis des Vereinheitlichungsprozesses kann man möglicherweise auch am Repertoire der Differenzen der Antiphonen des Ferialpsalters der beiden altrömischen Handschriften R 1 und R 2 sehen, im Vergleich mit dem ebenfalls aus Rom stammenden Antiphonar Roma, Biblioteca Vallicelliana, C.5, hier C 5 genannt, die allerdings nicht die Struktur des cursus Romanus hat, sondern für ein Kloster verfasst ist und damit in eine andere Kategorie fällt. Während die im 12. Jahrhundert verfassten Manuskripte R 1 und R 2 , das altrömische Repertoire repräsentierend, die variationsreiche Solopsalmodie übermitteln, hier zu erkennen an zahlreichen differentiae, die als Einzeltraditionen in die Geschichte eingegangen 55 Vgl. auch die Tabellen zu den differentiae in Beziehung zu den einzelnen Handschriften im digitalen Anhang zu dieser Arbeit. 56 Insgesamt weisen z. B. die beiden altrömischen Antiphonarien mehr als 100 differentiae auf. 57 Vgl. die Zusammenstellung der Differenzen im digitalen Anhang zu dieser Arbeit. 450 Differentiae im Kontext von Ferialantiponen <?page no="451"?> sind 58 , hat C 5 das Traditionsgut einerseits reduziert und sich andererseits einer breiten Überlieferung angeschlossen. Weiter ist zu vermerken, dass zwar bei den Antiphonen der zugrunde liegende Melodie-Typos in den Handschriften zumeist übereinstimmt, dieser jedoch in zahlreichen Fällen sowohl mit unterschiedlichen Modi als auch mit verschiedenen Psalmtönen kombiniert erscheint, was eine gewisse Freiheit in der Verwendung von differentiae demonstriert. So wird beispielweise die Antiphon Dominus defensor (Ps 26,1b; Nr. 77) entsprechend ihrem Modus bei gleicher Grundstruktur dem Typos A - 1 (bei Tradierung im 1. Modus) oder A - 6 (6. Modus) zugeordnet, wobei die Manuskripte, auch wenn sie denselben Modus haben, nicht zwingend die gleiche Differenz tradieren. Wie sich dies bei Ferialantiphonen konkret gestaltet, wird im Folgenden dargestellt. Dabei werden die Differenzen in Beziehung zu den einzelnen Modi, beginnend mit dem ersten Modus, gesetzt. Bei der Auswertung werden der Übersicht halber nur Tendenzen und markante Züge benannt. 58 Vgl. ebd; vgl. D YER , Singing 558 f. Dort konstatiert er, dass die Menge an differentiae der altrömischen Überlieferung die der Quellen des fränkisch-gregorianischen Repertoires übersteige. Sie bewahre eine originale Schicht luxuriöser Psalmodievielfalt, die Stück für Stück im fränkisch-gregorianischen Repertoire verloren gegangen sei. Erste Dokumente der Chorpsalmodie finde man in Rom erst unter Paschalis II. (1099 - 1118). Dyer beruft sich primär auf Studien von D E B ENEDICTIS , Schola Cantorum. Daher stellt sich Dyer die Frage, ob das Choralsingen in Rom später eingeführt worden sei als anderswo in Europa. Zur Entstehung und Funktion von Tonaren im Mittelalter 451 <?page no="452"?> 2 Zu den differentiae der Ferialantiphonen in Verbindung mit dem Modus Die in den untersuchten Handschriften tradierten Differenzen werden folgend modusbezogen beleuchtet, wobei im Sinne einer transparenten Darstellung Ergebnisse gebündelt werden. Aus diesem Grund wird hier auch in der Regel auf die Nennung einzelner Antiphonen in Verbindung mit den differentiae verzichtet. Eine genaue Listung aller Antiphonen im Zusammenhang mit sämtlichen Differenzen aus allen hier untersuchten Manuskripten ist im digitalen Anhang zu dieser Arbeit zusammengestellt. Zunächst werden Auffälligkeiten hinsichtlich der Verwendung eines Modus begutachtet, etwa was die Häufigkeit seines Vorkommens in unterschielichen Antiphonarien betrifft, und anschließend werden die zu den Modi in den Offizien tradierten differentiae im Hinblick auf Besonderheiten untersucht. Wie im Kapitel über die Typoi wird auch hier im Fließtext nur das Kürzel der Handschrift verwendet. Eine Tabelle dafür befindet sich sowohl im Abkürzungsverzeichnis als auch in den Erläuterungen zum digitalen Anhang dieser Arbeit. 2.1 Ferialantiphonen mit differentiae des 1. Psalmtons 2.1.1 Zur Verwendung des 1. Modus bei Antiphonen Folgend werden Informationen zu im 1. Modus tradierten Ferialantiphonen zusammengefasst und, falls möglich, interpretiert: Antiphonen mit Psalmtönen im 1. Modus präsentiert etwa die Hälfte aller untersuchten Ferialoffizien mit einem Anteil von durchschnittlich 15 - 20 %. Wesentlich darüber liegt nur P 6 mit 24,6 %. Im Vergleich mit den übrigen Manuskripten gibt es dafür keine Anhaltspunkte für eine Deutung. Signifikant weniger Antiphonen im 1. Modus bieten mit Abstand die beiden Manuskripte R 1 (6,7 %) und R 2 (8,2 %). Aber auch B (12 %), E 2 (11,8 %), H (11,0 %), K 1 (9,6 %), P 5 (9,3 %) und Z (12,0 %) weichen von der Norm erheblich ab und das, obwohl deren Gesamthandschriften, soweit eine Ermittlung möglich war, den 1. Modus bei etwa 20 - 25 % aller Antiphonen vorschreiben. Es fällt der geringe Anteil an Ferialantiphonen im 1. Modus der Manuskripte aus dem süddeutsch-österreichischen Raum auf (B, E 2 , H, K 1 , K 2 , Z). Hat man sich bei den dort erstellten Ferialoffizien in besonderem Maß auf die römischen Handschriften R 1 und R 2 gestützt? <?page no="453"?> 2.1.2 Zur Häufigkeit in der Verwendung von differentiae zum 1. Modus Aus den edierten Ferialoffizien konnten insgesamt 30 unterschiedliche „ Hauptdifferentiae “ und 25 Untergruppen zum 1. Modus notiert werden. Da sich die einzelnen Manuskripte auf nur zwei bis sechs verschiedene differentiae für den 1. Modus konzentrieren, kann man schon an dieser Anzahl ersehen, welch vielfältige Psalmodietradition allein in den Ferialoffizien zusammenfließt. 2.1.3 Auffälligkeiten im Hinblick auf gemeinsame Tradition und Sondergut Betrachtet man die Verwendung von Differenzen unter dem Aspekt, ob sie eigenes Traditionsgut in die Geschichte eingegeben haben oder Psalmtöne mit anderen Handschriften teilen, erkennt man, dass in einzelnen differentiae (lokale) Traditionen, Psalmen zu singen, erhalten sind. Teilweise lassen sich auch regionale Verbindungen ermitteln. Insgesamt jedoch ist zur Zeit der Verschriftlichung der Assimilationsprozess abgeschlossen. Zu gemeinsamen Traditionen an differentiae Zwei differentiae des 1. Psalmtons haben sich nachdrücklich bei einer Vielzahl an Manuskripten eingeschrieben: 1,1 und 1,7 (mit Variationen): Die differentia 1,1 mit ihren Untergruppen trifft man in folgenden Dokumenten: CM: B 1 , C 5 , E 2 , H, W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B, B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, Mo, Mt, P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, R 1 , R 2 , Sa, Si, Tr, U Die differentia 1,7 mit ihren Untergruppen ist in beinahe allen untersuchten Handschriften zu finden: CM: Ar, B 1 , C 5 , E 2 , P 6 , Wn 1 CR: B, Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , Mc, Mo, Mt, P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , R 1 , R 2 , Pi, Sa, Si, T 2 , Tr, Tu, U Dass es in beiden Fällen in unterschiedlichen Manuskripten Überlieferungen mit geringer Abweichung gibt, weist wohl in eine Zeit, in welcher der Assimilationsprozess der Psalmtöne fortgeschritten, jedoch noch nicht gänzlich abgeschlossen war. Gleichzeitig legen bestimmte Antiphonarien individuelle Singweisen dar: B 2 mit der differentia 1,1 1 ; Mc in 1,7 4 und 1,7 7 ; P 1 in 1,7 8 und Si in 1,7 9 . Bemerkenswert, jedoch aus der zeitlichen Distanz nicht zu begründen, ist in diesem Zusammenhang, dass die Handschrift der Kartause K und auch die beiden Codices aus Klosterneuburg K 1 und K 2 als einzige der untersuchten Manuskripte die differentia 1,1 nicht kennen und sich damit unabhängig von der breiten Tradition zeigen. Eine Variante der differentia 1,7 ist allerdings in ihren Traditionsschatz eingegangen. Noch etwas kann an diesen beiden Differenzen exemplarisch gezeigt werden: auch wenn fast alle Ferialoffizien bestimmte differentiae kennen, verwenden diese sie Zu den differentiae der Ferialantiphonen in Verbindung mit dem Modus 453 <?page no="454"?> nicht unbedingt zu denselben Antiphonen. Das heißt, die Kombination von Antiphon und einer bestimmten differentia ist nicht fix. Die Überlieferung von Antiphon und differentia scheint folglich entweder unabhängig voneinander stattgefunden zu haben, oder Vorschriften ließen einen gewissen Spielraum, lokale Bedürfnisse einzubeziehen. Zu regionalen Gemeinsamkeiten und Einzeltraditionen Viele Ferialoffizien (B, B 1 , B 2 , K, K 1 , P 5 , P 6 , K 1 , Mc, Mo, R 1 , R 2 , S, Si, Tu, T 2 und Wn 2 ) schenken ihrer Nachwelt Einzeltraditionen an differentiae zum 1. Modus. Daran zeigt sich, dass (noch) nicht jeder Ton vereinheitlicht wurde, sondern dass entweder durchaus Raum für eigene Gestaltung war oder die karolingische Norm, alles gleich zu schalten, noch nicht mit letzter Konsequenz durchgesetzt worden war. Möglicherweise verbergen sich hier auch Relikte vielfältigerer psalmodischer Praxis. In diesen eben genannten Handschriften findet man zusätzlich weitere Schlussformeln, die sie mit einer oder mehreren weiteren Manuskripten teilen. Sie zeigen damit interklösterliche bzw. lokale Verbindung. Auf regionale Gemeinsamkeiten wird weiter unten eingegangen. Fast ausschließlich Sonderüberlieferungen bietet Wn 2 . Sie wurde um 1100, also in einem frühen Stadium der Verschriftlichung in Süddeutschland verfasst und teilt drei von sechs Differenzen zum 1. Modus mit keinem weiteren Manuskript (die Differenzen 1,24 - 1,26). Eine andere, die differentia 1,7 6 , findet man in derselben Notation auch in B, H, K 1 , K 2 , U und Z. Bei diesen Handschriften fällt die Dominanz der süddeutsch-österreichischen Herkunft auf. So auch bei der differentia 1,1 3 : Sie haben neben Wn 2 nur B, H, Z und U. Bei der sechsten differentia schließlich, differentia 1,8 1 ist es nicht viel anders. Wn 2 teilt sie in erster Linie mit E 2 , aber auch mit R 2 , Si, Tr und Z. Bei diesem Schwerpunkt süddeutsch-österreichischer Übereinstimmung fragt man sich, ob hier neben dem Eigengut Psalmtöne aus dem Umland adaptiert wurden. Auffallend viele lokal gebundene Psalmtöne, die augenscheinlich in keinem weiteren Ferialoffizium tradiert sind, wurden im ebenfalls aus dem 11. Jh. Verfassten Codex Silensis (S) zusammengestellt. 1 Es lassen sich weitere regionale Abhängigkeiten vermuten: Die Differenz 1,5 (mit Variationen) tradieren, von W abgesehen, ausschließlich B 1 sowie F, Mc, Pi, R 1 und R 2 : Alle sind aus italienischen Klöstern stammend und aufgrund der geringen Entfernung untereinander Kontakt gehabt haben. 1 Aufgrund fehlender Diastematik können sie leider nicht in Notenform dargestellt werden. 454 Differentiae im Kontext von Ferialantiponen <?page no="455"?> Auch eine bestimmte (regionale) Spielart der differentia 1,1, nämlich 1,1 2 , haben vor allem (nord-) italienische Handschriften (B 2 , C 5 , F, G 1 , G 2 und Pi) als Traditionsgut der Nachwelt hinterlassen. Neben eben genannten Manuskripten erscheint diese differentia aber auch einmal in Tr und zweimal in E 2 . Damit kommt an dieser Stelle eine gewisse Entflechtung zum Ausdruck. Regionale Verbindungen lassen sich ebenfalls, z. B. für die differentiae 1,7; 1,8 und 1,22, feststellen: Das französische Antiphonar Ar teilt drei differentiae mit weiteren, die alle genetisch im französischen Raum verankert sind: die differentia 1,7 verbindet sie in Tonfolge und Schreibweise mit Cb, die Differenz 1,8 teilt sie mit Tu und die differentia 1,22 mit K. Weitere differentiae kennt Ar nicht. Dies lässt vermuten, dass zur Zeit der schriftlichen Fixierung dieser französischen Manuskripte zwischen dem 12. und 13. Jahrhundert entweder ein gemeinsamer Fundus an lokalen Psalmtönen existierte oder sich die von diesen französischen Überlieferungen zuletzt verfasste Handschrift aus Arras verschiedener lokaler Traditionen bediente, um für sie passende differentiae auszusuchen. Französisches Kolorit lässt sich eventuell auch bei differentia 1,19 erkennen. Sie fand bevorzugten Eingang in P 1 , P 6 , Cb, P 3 , P 4 , und P 5 , einmal allerdings auch in Gb und Sa. Zuletzt genannte Manuskripte bezeugen einerseits, wie oft zu beobachten,. ihre Verbindung untereinander, aber auch jene zum von ihnen aus am nächsten gelegenen Land auf dem europäischen Kontinent. 2.2 Antiphonen mit differentiae des 2. Psalmtons 2.2.1 Zur Verwendung des 2. Modus bei Antiphonen Im Vergleich mit Antiphonen, die zumindest vorwiegend im 1. Modus notiert sind, gibt es im 2. Modus nur etwa halb so viele Antiphonen. Bei den von der Anzahl her überschaubaren Ferialantiphonen zum 2. Modus haben sich nur wenige in der Breite durchgesetzt: Sana domine (Nr. 94), Da nobis domine (Nr. 122), A timore inimici (Nr. 133), Domine deus (Nr. 143), Inclina domine (Nr. 164), Cantate domino (Nr. 176) und Caeli caelorum (Nr. 314). Vielleicht ist dies ein Zeichen dafür, dass zur Zeit der Entstehung der schriftlich fixierten Ferialoffizien der Umgang mit dem 2. Modus zwar etabliert, jedoch noch nicht überall lange verankert war. Besonderheiten, bezogen auf einzelne Handschriften Mehr Antiphonen im 2. Modus als im 1. verzeichnen ausschließlich die Ferialoffizien B, E 2 , H, K 1 , K 1 , Si, Wn 2 , und Z, während dies in allen anderen Manuskripten zum Teil in fast umgekehrtem Verhältnis anzutreffen ist. Dies sind alles Antiphonarien, die nördlich der Alpen, im österreichischschweizerisch-süddeutschen Raum, entstanden sind. Zeigen sich hier ehemals lokale tonale Gewohnheiten? Zu den differentiae der Ferialantiphonen in Verbindung mit dem Modus 455 <?page no="456"?> Anzahl der Ferialantiphonen im 1. Modus 2. Modus 1. Modus 2. Modus CM: CR: Handschriften aus dem süddeutsch-österreichischen Raum E 2 14 25 B 11 15 H 16 18 K 1 11 21 Wn 2 14 18 K 2 14 16 Z 13 20 Si 21 24 Handschriften aus dem übrigen europäischen Raum Ar 22 10 B 2 17 11 B 1 14 11 Cb 22 14 C 5 22 12 F 26 9 K 17 8 G 1 / G 2 21 16 P 6 29 9 Gb 20 6 W 17 9 Mc 22 10 Wn 1 21 6 Mo 17 9 Mt 11 9 P 1 19 14 P 2 17 10 P 3 19 13 P 4 17 10 P 5 10 8 Pi 18 7 R 1 7 0 R 2 9 1 Sa 22 7 Tr 14 10 Tu 13 9 T 2 16 10 U 16 12 Vergleicht man den prozentualen Anteil an Antiphonen im 2. Modus aus den Ferialoffizien im Verhältnis zu jenen im 2. Modus in der jeweiligen Gesamthandschrift, fällt auf, dass einzig in oben genannten, im österreichisch-schweizerischsüddeutschen Raum entstandenen Offizien per hebdomadam der Anteil an Antiphonen im 2. Modus mindestens 10 % höher als der Vergleichswert liegt. Vorausgesetzt, im Ferialoffizium verbirgt sich ältestes Traditionsgut, so würde dies die These unterstützen, dass der 2. Modus in besagtem geographischen Gebiet durchaus schon vor der Verschriftlichung eine Rolle spielte. 456 Differentiae im Kontext von Ferialantiponen <?page no="457"?> Zur Veranschaulichung folgend am Beispiel oben genannter Manuskripte der prozentuale Anteil an Antiphonen im 2. Modus des Ferialoffiziums im Vergleich mit der Gesamthandschrift: Manuskript Ferialoffizium Gesamthandschrift E 2 21 % 6,6 % H 12,3 % 5,0 % Wn 2 17,1 % 6,8 % Z 18,9 % 7,6 % K 1 18,4 % 8,1 % Bei allem, was hinsichtlich möglicher Provenienzen des 2. Psalmtons hypothetisiert werden kann, ergeben sich auch Ungereimtheiten: Warum nahm man gerade für Ps 40 in K 1 (und K 2 ) mit Ego dixi (Nr. 93) eine lokale Tradition im 6. Modus, während alle anderen (mit Ausnahme von R 1 und R 2 ) zu Psalm 40 Sana domine (Nr. 94) wählen und diese in den 2. Modus setzen? Es scheint so, als wurden hier Traditionen unterschiedlich gewichtet, wobei aus unerklärbaren Gründen die Antiphon Ego dixi mit dem 6. Modus den Schreibern der Handschriften Klosterneuburg 13 und 17 wichtiger war, als sich einer breiten Tradition im 2. Modus anzuschließen. Weshalb dieser Modus im österreichisch-schweizerisch-süddeutschen Raum, insgesamt betrachtet, besonderen Anklang fand, kann vielleicht im Zusammenhang mit anderen Forschungen zur Sprache kommen. Das Ferialoffizium von R 2 bietet einen einzigen Psalmton im 2. Modus, zur Antiphon Cantate domino et (Nr. 176). Ansonsten kennt der Ferialpsalter von R 2 diesen Modus nicht. Auffallend ist, dass der Codex an dieser Stelle eine differentia nimmt, den er auch für den 8. Modus verwendet, was ein Hinweis darauf sein könnte, dass R 2 urprünglich keinen eigenen Psalmton für den 2. Modus kannte. Dieser Eindruck wird verstärkt, da die Schwesterhandschrift aus Rom R 1 den 2. Modus im Psalterium pro diurnis überhaupt nie anwendet. Daher ist möglicherweise diese eine Antiphon des Ferialpsalters von R 2 im 2. Modus dort nicht primär verortet. Bezogen auf R 1 und R 2 ist ergänzend festzustellen, dass diese statt des 2. Modus normalerweise entweder den 4. oder den 8. Modus schreiben: Bei Sana domine (Nr. 94), Da nobis (Nr. 122), Domine deus (Nr. 143), Credidi propter (Nr. 212), Auxilium meum (Nr. 250 - hier wählt R 2 ausnahmsweise den 1. Modus), Beati omnes (Nr. 269) und Caeli caelorum (Nr. 314). Andere Antiphonen, wie z. B. Auribus percipite (Nr. 99) oder A timore inimici (Nr. 133), die zum Teil in anderen Manuskripten im 2. Modus stehen, fehlen in den beiden römischen Quellen. Neben den beiden römischen Handschriften gibt es keine einzige, die den 2. Modus derart auffällig vermeidet. Zu den differentiae der Ferialantiphonen in Verbindung mit dem Modus 457 <?page no="458"?> Zum parallelen Auftreten von bestimmten Modi bei einzelnen Antiphonen Bei einzelnen Antiphonen tritt der 2. Modus bevorzugt neben dem 5. oder 8. Modus auf: Auxilium meum (Nr. 250) Domine clamavi (Nr. 287) Beati omnes (Nr. 269) Intellige clamorem (Nr. 8) Beatus vir (Nr. 267) In tua justitia (Nr. 81) Benediximus vobis (Nr. 272) Juste judicate (Nr. 120) Benefac domine (Nr. 263) Portio mea (Nr. 290) Bonum est (Nr. 170) Te decet hymnus (Nr. 134) Credidi propter (Nr. 212) Warum gerade bei diesen Antiphonen der 2., 5. und 8. Modus parallel auftritt, ist eine offene Frage an die Geschichte der Tonartentwicklung. Zu weiteren Gedanken zu dieser Diskussion vgl. insbesondere Teil C, 2.4.5. 2.2.2 Zur Häufigkeit in der Verwendung von differentiae zum 2. Modus Es gibt im Verhältnis mit im 1. Modus notierten Antiphonen nicht nur viel weniger Antiphonen, die zumindest vorzugsweise im 2. Modus tradiert sind, sondern auch nur etwa ein Drittel an Differenzen. Lediglich eine einzige psalmodische Schlussformel mit deren Variation, die hier mit 2,1 bzw. 2,1 1 bezeichnet wird, hat sich in einer Vielzahl an Handschriften eingeschrieben. Die in dieser Arbeit mit 2,1 gekennzeichnete differentia findet sich in folgenden Manuskripten: CM: Ar, E 2 , K, P 6 , W, Wn 1 CR: Cb, G 1 , G 2 , Gb, P 1 , P 3 , P 4 , P 5 , Sa Die Variante 2,1 1 dazu haben: CM: Ar, E 2 , P 6 , W, Z CR: B, F, Mo, Mt, Pi, Tr, T 2 Hatte man es im Zusammenhang mit Psalmodieformeln des 2. Modus in der karolingischen Reform leicht, Traditionen zu reduzieren, oder waren diese vielfach nicht vorhanden? 2.2.3 Auffälligkeiten im Hinblick auf gemeinsame Tradition und Sondergut Zu regionalen Gemeinsamkeiten und Einzeltraditionen Mit Ausnahme einer einzigen Differenz, die in dieser Arbeit mit 2,1 beziffert wird und die sich in der Breite durchgesetzt hat, sind die weiteren zehn differentiae zum 2. Modus zumeist eine Einzeltradition aus C 5 , H, R 2 , Tu, T 2 , U und Wn 2 . Wieso gerade diese Manuskripte eigene Kadenzen zum 2. Modus bieten, wird wohl ein Geheimnis der Geschichte bleiben. 458 Differentiae im Kontext von Ferialantiponen <?page no="459"?> G 1 , G 2 , K 1 , K 2 und Si bieten auffallend oft die Variante 2,3, die ebenfalls von E 2 und Z in ihr Ferialoffizium aufgenommen wurde. Diese Gemeinsamkeit spricht für gegenseitige Kenntnis. Ebenso dürften B 1 , B 2 und Mc, die in der Regel die differentia 2,2 1 verwenden, oder P 3 , P 4 , P 5 , die mit der differentia 2,8 gemeinsames Traditionsgut dokumentieren, entweder auf eine gemeinsame (regionale) Quelle zurückgreifen oder voneinander gewusst haben. Ein weiteres Spezificum kann man vielleicht an der Antiphon Ad te leavi (Nr. 256) zeigen. Sie wird allein von C 5 , B 2 und Mc tradiert. Damit ist eventuell die Herkunft dieser Antiphon in Norditalien zu vermuten. Alle drei Manuskripte schreiben den 2. Modus, C 5 verwendet jedoch eine andere differentia als B 2 und Mc. Haben sich hier bei aller Abhängigkeit lokale Varianten manifestiert? 2.3 Antiphonen mit differentiae des 3. Psalmtons 2.3.1 Zur Verwendung des 3. Modus bei Antiphonen Im 3. Modus sind die Antiphonen noch spärlicher gesät als im 2. Psalmton. Es betrifft nur zwischen 2 - 6 % aller Ferialantiphonen. R 2 untertrifft dies mit 1 % und notiert lediglich die Antiphon Bonorum meorum (Nr. 30) im 3. Modus, während die Schwesterhandschrift R 1 immerhin sechs Antiphonen (5,7 %) im 3. Psalmton schreibt. Dort spielt dieser Psalmton allerdings in der Gesamthandschrift mit einem Anteil von 0,7 % eine eher marginale Rolle, und man fragt sich, welche Rolle er im Offizium der Stadt Rom damals gespielt hat. Allein drei Antiphonen sind überall - mit Ausnahme von R 2 - im 3. Modus überliefert: Omnia quaecumque (Ps 134,6a; Nr. 280) Quoniam in saeculum (Ps 135,1b; Nr. 282) Domine probasti (Ps 138,1a; Nr. 285) Die ersten beiden erklingen nach monastischem Offizium in der Vesper der Feria IV und dem cursus Romanus entsprechend in der Vesper von Feria V, während Domine probasti in der Feria V (cursus monasticus) bzw. VI (cursus Romanus) zum Einsatz kommt. Warum wohl gerade Antiphonen, die im Verlauf des Psalters und damit im Verlauf der Psalmenordnung relativ nah beieinander liegen, im 3. Modus überliefert sind? Zur Verwendung des 3. Modus in R 1 und R 2 Obwohl R 2 den 3. Modus grundsätzlich kennt, ist innerhalb des Ferialoffiziums Bonorum meorum (Nr. 30) dort die einzige Antiphon im 3. Modus. Dabei ist an dieser Stelle davon auszugehen, dass sich der Schreiber von R 2 , was Modalität und Melodie der Antiphon betrifft, einer Tradition anschloss, die ursprünglich nicht Zu den differentiae der Ferialantiphonen in Verbindung mit dem Modus 459 <?page no="460"?> eigenes Terrain war. Nicht nur das Factum der Singularität dieser Antiphon im 3. Modus lässt dies vermuten. Diese These wird durch eine Beobachtung im Zusammenhang mit der von R 2 zu Bonorum meorum tradierten differentia unterstützt. Diese bietet nicht wie für den 3. Modus üblich c als Tenor, sondern das instabile h, was nicht auf die Etabliertheit eines Psalmtons im 3. Modus schließen lässt. Möglicherweise war der 3. Modus zunächst in Rom unbekannt und wurde sekundär (aus dem Frankenreich) importiert. Vielleicht wurde er auch im Vergleich mit anderen Modi spät entwickelt, um das System des Oktoechos zu komplettieren, und anschließend auf Melodien hin appliziert? Im Gegensatz zu R 2 hat R 1 den 3. Modus im Ferialoffizium öfter, er erklingt dort insgesamt zu sechs Antiphonen: R 1 schreibt ihn bei Fundamenta ejus (Nr. 165) vor, während alle übrigen Überlieferungen hauptsächlich den ersten, aber auch den 5. bzw. 6. Psalmton notieren. R 1 will auch die Antiphonen Omnia quaecumque (Nr. 280), Quoniam in saeculum (Nr. 282) und Domine probasti (Nr. 285) wie fast alle Handschriften im 3. Modus und setzt diese Reihe mit Intende voci (Nr. 288) als Einzelüberlieferung sogar fort, während R 2 dort konsequent den 8. Modus vorsieht. Ein ähnliches Phänomen stellt man in Bezug auf die Antiphon A viro iniquo (Nr. 286) fest. Hier tradieren R 1 wie B 2 den 3. Modus, fast alle anderen wählen den 4. Modus und R 2 als Einzige den 8. Modus. 2.3.2 Zur Häufigkeit in der Verwendung von differentiae zum 3. Modus Obwohl der 3. Modus in den Ferialoffizien nur selten verwendet wird, ist doch die Anzahl der überlieferten Differenzen insgesamt fast doppelt so hoch wie bei denen im 2. Modus: die untersuchten Codices kennen insgesamt 28 unterschiedliche differentiae. 2 Im Vergleich mit Psalmtönen zu anderen Modi scheinen sie weniger vereinheitlicht. 2.3.3 Auffälligkeiten im Hinblick auf gemeinsame Tradition und Sondergut Zu regionalen Gemeinsamkeiten Etwa die Hälfte der Psalmodieformeln zum 3. Modus ist in mehreren Handschriften verzeichnet, wobei es sich in den meisten Fällen nicht ermitteln lässt, wohin eine bestimmte differentia genetisch weist. Gemeinsames Repertoire bieten G 1 und G 2 , Z und B sowie B 1 , B 2 und Mc. Sie präsentieren regionale Psallierweisen, die mit der dazugehörenden Antiphon gekoppelt wurden. Zu Einzeltraditionen Einzeltraditionen an differentiae bieten F, G 1 mit G 2 , Mo, Mt, P 2 , R 2 , Si, T 2 , Tr, U und W. Es haben sich hier also aus ganz Europa lokale Psallierweisen mit Antiphonen im 3. Modus verewigt. 2 Die Differenzen sind im digitalen Anhang zu dieser Arbeit zusammengestellt und ihr Vorkommen in den einzelnen Manuskripten bezogen auf Ferialantiphonen veranschaulicht. 460 Differentiae im Kontext von Ferialantiponen <?page no="461"?> Dies zeigt, dass auch zu den im 3. Modus notierten Ferialantiphonen lokale Traditionen in das Gesamtkonzept des Ferialpsalters eingebunden wurden. Nur zwei Antiphonen sind im Rahmen dieser Forschung als im 3. Modus notierte Einzeltradition zu verzeichnen: F hat für die Dominica in aestate In aeternum tu nos (Nr. 21), die sie mit keinem weiteren in vorliegender Arbeit edierten Ferialoffizium teilt, und U notiert als eine Antiphon der Vigilien von Feria V Adhaerere deo (Nr. 148). Confitebor domino (Nr. 191) schreibt U ebenfalls als einziges Manuskript im 3. Modus. 2.4 Antiphonen mit differentiae des 4. Psalmtons 2.4.1 Zur Verwendung des 4. Modus bei Antiphonen In diesem Modus werden neben dem 8. und 1. Psalmton vielen Antiphonarien gemäß die meisten Antiphonen mit deren Psalmen gesungen. Aber auch hier gibt es Ausnahmen: C 5 , B 2 und Mo wählen den 4. Modus bei weniger als 10 % der Ferialantiphonen. In C 5 haben ihn 10 von 118 Ferialantiphonen, in B 2 sind es 11 von 115 und in Mo tradieren 6 von 80 den 4. Modus. Weitere Manuskripte wie F, K, P 6 , Si und Wn 1 verwenden diesen Modus in maximal 12 % ihres Ferialoffiziums. Folgend ist aus Handschriften, die den 4. Modus eher spärlich verwenden, gelistet, wie viele Antiphonen in deren Ferialoffizium im 4. Modus notiert sind. Zunächst ist die jeweilige Handschrift benannt, dann deren Anzahl an Antiphonen im 4. Modus und rechts neben dem Schrägstrich die Anzahl der Ferialantiphonen des betreffenden Codex insgesamt. Es folgt die Nennung der prozentualen Anteile (gerundet) an Ferialantiphonen im 4. Modus, bezogen auf die jeweilige Anzahl an Ferialantiphonen insgesamt. Links sind Handschriften des cursus monasticus zusammengestellt und recht jene des cursus Romanus. CM: CR: C 5 10/ 118 8,4 % B 2 11/ 115 9,6 % K 11/ 92 12 % F 13/ 115 11,6 % P 6 13/ 118 11 % Mo 6/ 80 7,5 % Wn 1 10/ 96 10,4 % Si 12/ 109 11 % Am häufigsten, bei 20 % oder mehr aller Ferialantiphonen, verwenden K 1 , P 3 , P 4 , P 5 , und R 1 den 4. Psalmton. Gründe für diese Unterschiede in der Verwendung der Modi lassen sich rückwirkend nicht ermitteln. Zu vage wären Aussagen bezüglich lokaler oder temporärer Provenienz. 2.4.2 Zur Häufigkeit in der Verwendung von differentiae zum 4. Modus Insgesamt können zum 4. Modus 42 verschiedene Differenzen z. T. mit Untergruppen zusammengestellt werden. Neben jenen, die zum 8. Modus überliefert Zu den differentiae der Ferialantiphonen in Verbindung mit dem Modus 461 <?page no="462"?> sind, ist das im Vergleich mit den zu allen übrigen Modi tradierten differentiae mit Abstand die größte Anzahl. 2.4.3 Auffälligkeiten im Hinblick auf gemeinsame Tradition und Sondergut Zu regionalen Gemeinsamkeiten Betrachtet man die Differenzen zum 4. Modus im Einzelnen, so lassen sich auch da regionale Abhängigkeiten vermuten. Besonders auffällige Gemeinsamkeiten werden nun benannt: Die differentia 4,9 mit Varianten wird von den untersuchten Handschriften ausschließlich in Klöstern bzw. Kirchen westlich von Metz und, abgesehen von G 1 / G 2 , nördlich der Alpen verwendet: CM: E 2 , H, Z CR: B, G 1 , G 2 , K 1 , K 2 , Mt, Si Die Parallelen von Einsiedeln (E 2 , H, Z) und Metz (Mt) lassen sich historisch über deren enge Beziehungen deuten. Auch Klöster bzw. Kirchen von Metz und Bamberg standen in regem Austausch. (Vgl. differentiae 4,4 und 4,4 1 [B, Mt]). Außerdem gab es zwischen Aquileia (G 1 , G 2 ), Bamberg (B), Klosterneuburg (K 1 , K 2 ) und Einsiedeln ebenfalls enge Verbindungen. 3 Ebenso sind Abhängigkeiten zwischen Kranj (Krainburg, heute in Slowenien, zur Entstehungszeit unserer Handschrift ein Herzogtum südlich von Kärnten) zumindest mit Aquileia aktenkundig. 4 So lassen sich auch an diesen differentiae Vernetzungen erkennen. Dass die differentia 4,14 (B 1 , Mc) in Benevent und Monte Cassino verwendet wird, leuchtet ebenfalls ein, betrachtet man die regionale Nähe der beiden Orte. Ähnlich lassen sich die auffälligen Gemeinsamkeiten zwischen Gb und Sa erklären, die alle Differenzen gemeinsam überliefern, diese jedoch - abgesehen von der differentia 4,3 1 - immer auch mit weiteren Handschriften teilen: differentia 4,1 1 mit Cb, P 1 , P 2 , P 5 , P 6 , Tr, Tu, W differentia 4,8 mit Ar, C 5 , E 2 , K, P 2 , P 3 , P 4 , P 6 , W, Wn 2 differentia 4,32 mit Cb, K, P 3 , P 4 , P 5 , Tr und differentia 4,35 mit Ar, Cb, F, K, Mt, P1, P 5 , P 6 , Pi, Tu, U, W Der ebenfalls in Großbritannien verfasste Codex Worcester, Cathedral - Music Library, F.160 (W) zeigt sich von Gb und Sa teilweise unabhängig: Er schließt sich mit der differentia 4,1 1 einer Tradition an, die zwar den beiden anderen britischen Handschriften Gb und Sa bekannt ist, jedoch auch von französischen Manuskripten wie Cb, P 1 , P 2 , P 5 , P 6 , Tr und Tu praktiziert wird. In der Verwendung der differentia 4,35 wird das regionale Einzugsgebiet noch mehr erweitert. Diese 3 Zu diesen und weiteren Abhängigkeiten vgl. auch E VERS / J ANOTA , Melodien. 4 Vgl. dazu z. B. Š TIH , Studien oder auch B AUM , Grafen. 462 Differentiae im Kontext von Ferialantiponen <?page no="463"?> Differenz wird ebenfalls von Ar, F, K, Mt, P 3 , P 4 und U in den Fundus aufgenommen. P 2 grenzt sich hier von deren Aufnahme ins Repertoire ab. Des Weiteren kennt W die differentia 4,42 als Sondertradition innerhalb der Psalmtöne zum 4. Modus. Damit schöpft W aus unterschiedlichen Traditionen. Sie gewährt damit einen Blick in die Zeit des 13. Jahrhunderts, in dem Verbindungen rückwirkend im Vergleich vielfach erkannt werden können - wie bei den oben genannten französischen Handschriften oder bei Gb und Sa - , sich aber auch einige Traditionswege wahrscheinlich auf für uns nicht mehr zurückzuverfolgende Weise verflochten hatten. Im Rahmen dieser Arbeit wird der Blick auf weitere Abhängigkeiten nur punktuell, im Rahmen von besonderen Auffälligkeiten, was Ferialantiphonen betrifft, verfolgt. Zu Einzeltraditionen Viele regional nicht einzugrenzende Handschriften überliefern zum 4. Modus Differenzen, die allein dort zu finden sind. Das spricht dafür, dass man in den entsprechenden Klöstern bzw. Kirchen schon vor der Verschriftlichung eine Verbindung zu dieser Art Tonalität hatte. Ein Spezificum stellen die beiden stadtrömischen Manuskripte R 1 , R 2 dar. Sie transportieren ausschließlich ihre jeweils eigenen Traditionen, teilen diese nie mit anderen Quellen und demonstrieren auch hier, wie häufig zu beobachten, ihre Unabhängigkeit. Folgend sind alle Einzeltraditionen an differentiae des 4. Psalmtons aus den verschiedenen Handschriften gelistet. Welche Antiphonen dazu jeweils gesungen werden, kann den Tabellen im digitalen Anhang zu dieser Arbeit entnommen werden. Einzeltraditionen an differentiae zum 4. Modus CM: Nummer der differentia CR: Nummer der differentia C 5 4,7 B 4,12 B 1 4,15 u. 4,16 B 2 4,17 u. 4,18 H 4,27 u. 4,28 Mc 4,13 W 4,42 K 1 / K 2 4,36 Wn 1 4,11 P 3 4,41 Z 4,26 P 5 4,31 R 1 4,23 u. 4,24 R 2 4,19; 4,21 u.22 T 2 4,37 - 40 U 4,29 u. 30 Zu den differentiae der Ferialantiphonen in Verbindung mit dem Modus 463 <?page no="464"?> 2.5 Antiphonen mit differentiae des Deuterus zur Terz Differenzen, die in den Handschriften im Deuterus zur Terz verfasst sind, erscheinen in dieser Arbeit unter jenen im 4. Psalmton verzeichneten Schlussformeln zu Psalmtönen. In der Gesamtedition sind sie allerdings entsprechend der Notation der Handschrift mit „ Deuterus zur Terz “ (4T) gekennzeichnet. Als Begründung dafür mag folgendes Beispiel dienen: Die Ferialantiphon Impleat dominus (Nr. 62) findet man in Gb und in Sa. In beiden Manuskripten sind Antiphon und differentia identisch. Der einzige Unterschied: Gb notiert in 4T, Sa im 4. Modus. Es handelt sich also nur um eine Frage der Verschriftlichung, nicht des Gesangs. 2.6 Antiphonen mit differentiae des 5. Psalmtons 2.6.1 Zur Verwendung des 5. Modus bei Antiphonen Die Anzahl der zum 5. Modus tradierten differentiae ist überschaubar. Fasst man sie aus allen untersuchten Manuskripten zusammen, so kommt man auf die Anzahl 10. Zum Vorkommen des 5. Modus in einzelnen Manuskripten In den Handschriften ist der 5. Modus in sehr unterschiedlicher Anzahl vertreten. In R 1 und R 2 sucht man ihn vergeblich. 5 Auch in anderen Ferialoffizien findet man ihn so gut wie nicht: in P 1 einmal, in E 2 , B, Mo, Pi, und Tr zweimal, in W und T 2 dreimal. Er hat hier eine stark untergeordnete Rolle. Umso mehr erstaunt es, dass der 5. Modus in bestimmten Handschriften in herausragender Weise vertreten ist: in C 5 ist es derjenige Modus, der nach dem 1. und 8. Modus am häufigsten verwendet wird, und in B 1 , B 2 sowie Mc ist er nach dem 8., 1. und 4. Modus ebenfalls bei zahlreichen Antiphonen gesetzt. 6 Ob diese Fakten auf einen Entstehungskontext im italienisch-sprachigen Raum hinweisen, müsste diskutiert werden. Ein Rätsel ist in diesem Zusammenhang, weshalb die Handschriften R 1 und R 2 als Repräsentanten des altrömischen Chorals diesen Modus nie verwenden, jedoch C 5 , die ebenfalls in Rom im 12. Jahrhundert verfasst wurde, verhältnismäßig oft. 5 Das Fehlen des 5. Modus ist eine Eigenart der altrömischen Offiziumspsalmodie insgesamt. Vgl. dazu z. B. D YER , Psalm II Sp. 1873; ders., Singing hier 559f: Er benennt, dass es im altrömischen Cantus Elemente gab, die den fränkischen Theoretikern eine Gründung des gregorianischen Systems mit Finalis und Rezitationston anboten, und weist auf zwei Auffälligkeiten des altrömischen Gesangs hin: Die Abwesenheit des 5. Modus und eine sehr hohe Verwendung der E-Finalis, gefolgt von einer Psalmformel, die auf der Finalis rezitiert. 6 Vgl. dazu die Tabelle der differentiae zum 5. Modus, im digitalen Anhang zu dieser Arbeit. 464 Differentiae im Kontext von Ferialantiponen <?page no="465"?> 2.6.2 Zur Häufigkeit in der Verwendung von differentiae zum 5. Modus Von den 10 verschiedenen Differenzen, die aus den Handschriften gefiltert werden konnten, stellt die Hälfte eine lokale Variante dar, einen Psalmton im 5. Modus zu singen, die andere ist Bestandteil mehrerer Manuskripte. 2.6.3 Auffälligkeiten im Hinblick auf gemeinsame Tradition und Sondergut Zur gemeinsamen Tradition an differentiae Nur fünf differentiae werden von verschiedenen Codices geteilt. Dabei fällt auf, dass sich eine davon besonderer Beliebtheit erfreut: Nahezu alle, die im 5. Modus notieren, kennen die differentia 5,1 mit Untergruppen: CM: Ar, C 5 , E 2 , K, W, Wn 1 , Wn 2 , Z CR: B 2 , Cb, F, G 1 , G 2 , Gb, K 1 , K 2 , P 1 , P 2 , P 3 , P 4 , P 5 , Pi, Sa, Si, Tr, Tu Interessant ist, dass C 5 , also jene Handschrift, die den 5. Modus im Ferialoffizium am häufigsten einsetzt, nur diese differentia zum 5. Modus kennt. Die in dieser Arbeit mit 5,2 festgeschriebene differentia, die der Variante 5,1 ähnlich ist und nur das h um einen halben Ton nach b erniedrigt, wird von P 6 als Vertreterin des cursus monasticus und von B, B 2 , Cb, K 1 und Mt als Repräsentanten des cursus Romanus in das Repertoire aufgenommen. Dass sich die Handschriften in Bezug auf die Note h bzw. b nicht einig sind, weist darauf hin, dass man im Zusammenhang mit den Halbtonschritten im tonalen System nach Lösungen rang. Zu regional gebundenen differentiae und zu Einzeltraditionen Melodisch eigenständige lokale Einzeltraditionen findet man nur für B, P 2 , T 2 und Wn 2 . Die differentiae 5,3 und 5,4 haben offensichtlich einen starken Bezug zu den beiden Handschriften aus Benevent B 1 und B 2 . Sie kommen dort bei zahlreichen Antiphonen zum Einsatz und werden nur jeweils einmal geteilt: differentia 5,3 von Gb und Sa und differentia 5,4 von G 1 und G 2 . Ein weiterer Psalmton im 5. Modus, der sich mit differentia 5,5 verewigt hat, scheint in K 1 K 2 und Si regional gebunden. 2.7 Antiphonen mit differentiae des 6. Psalmtons 2.7.1 Zur Verwendung des 6. Modus bei Antiphonen Den 6. Modus transportieren die Ferialoffizien in der Regel mit einem Anteil an den Antiphonen zwischen 6 und 12 %. Von einigen Manuskripten wird das überboten. Bei eben diesen springt ins Auge, dass Antiphonen im 6. Modus in der Gesamthandschrift einen bedeutend geringeren Anteil ausmachen. Sie sind folgend gelistet: Zu den differentiae der Ferialantiphonen in Verbindung mit dem Modus 465 <?page no="466"?> Auf der rechten Seite der Tabelle sind Handschriften des cursus monasticus (CM) zusammen gestellt mit dem jeweiligen prozentualen Anteil an Antiphonen im 6. Modus der Ferialoffizien (FO) sowie rechts daneben dem Anteil der Antiphonen im 6. Modus aus der jeweiligen gesamten Handschrift (GH). Auf der linken Seite der Tabelle sind entsprechende Informationen für die hier betroffenen Handschriften des cursus Romanus (CR) gelistet. CM FO GH CR FO GH B 1 13,6 % 6,9 % B 2 15,7 % 5,3 % C 5 14,4 % 6,0 % K 1 12,4 % 5,8 % E 2 16,8 % 6,3 % K 2 13,0 % 4,8 % H 12,3 % 5,2 % R 1 13,3 % 4,6 % W 16,3 % 5,8 % U 14,0 % 8,1 % Wn 2 19,9 % 5,6 % Z 17,9 % 5,3 % Bemerkenswert ist, dass zu diesen Codices keiner französischen Ursprungs gezählt werden kann. Ob dies im Hinblick auf die Genese der Modi eine Rolle spielen könnte, müssten weitere vergleichende Studien ergeben. 2.7.2 Zur Häufigkeit in der Verwendung von differentiae zum 6. Modus Entsprechend den Beobachtungen zu Differenzen zum 5. Modus können auch bei Antiphonen zum 6. Modus nur 10 differentiae aus den Handschriften zusammengestellt werden. Die Hälfte stellt eine lokale Spielart des 6. Psalmtons dar, während die andere von mehreren geteilt wird. 2.7.3 Auffälligkeiten im Hinblick auf gemeinsame Tradition und Sondergut Zur gemeinsamen Tradition an differentiae Im 6. Modus hat sich nur eine differentia, hier mit 6,1 (bzw. 6,1 1 oder 6,1 2 ) gekennzeichnet, in der Breite durchgesetzt. Die in vorliegender Arbeit edierten Handschriften des cursus monasticus Ar, E 2 , K, P 6 , W, Wn 1 , Wn 2 und Z sowie die des cursus Romanus Cb, Gb, K 1 , K 2 , Mt, P 1 , P 3 , P 4 , P 5 , Si, und Tu verwenden sie ausschließlich, wenn ein Psalm im 6. Modus gesungen wird. Ein Blick auf die Herkunft dieser Handschriften, die ausschließlich die differentia 6,1 in ihr Manuskript aufnehmen, zeigt, dass die Mehrzahl französischen Ursprungs ist, sich aber auch Manuskripte aus dem österreichisch-schweizerischsüddeutschen Raum wie E 2 , Z, K 1 und K 2 an dieser geschlossenen Tradition beteiligen. In Anbetracht der großen Anzahl dieser Handschriften, die in ihrem Ferialoffizium ausschließlich diese Schlussformel des 6. Modus tradieren, stellt sich die Frage, ob in vielen Regionen der 6. Psalmton vor der Einführung des Ferialpsalters keine Rolle spielte und man mit der Übernahme einer bestimmten Antiphon auch die Art und Weise aufnahm, den Psalm im 6. Ton zu singen? Dies wiederum würde 466 Differentiae im Kontext von Ferialantiponen <?page no="467"?> die Vermutung nahe legen, dass zumindest im Zusammenhang mit Antiphonen des 6. Modus der Psalmton mit der entsprechenden Antiphon verbunden wurde, bevor sie schriftlichen Niederschlag in unseren Handschriften fand. In B, G 1 , G 2 , Mo, Sa und Tr konnte sich die differentia 6,1 nicht gänzlich durchsetzen. Sie kennen neben 6,1 jeweils eine bzw. zwei weitere Versionen, den 6. Psalmton zu singen. Handelt es sich dabei um Relikte lokaler Traditionen? 7 Zu regional gebundenen differentiae und zu Einzeltraditionen B 1 , R 2 , Tr, T 2 und U vermerken jeweils ihre eigenen Psalmtonmuster, die allein in diesen Handschriften vorkommen: die Einzeltradition von B 1 findet man in der Tabelle der differentiae des 6. Modus unter 6,6; diejenige von B 2 in 6,2 2 ; die von R 2 in 6,3 und 6,7; T 2 tradiert die unter 6,7 1 und 6,9 stehenden Varianten des 6. Psalmtons und U schreibt 6,10. Eine weitere Option hinsichtlicht einer differentia zum 6. Psalmton kennt ihr Ferialoffizium nicht. C 5 , F, P 2 und Pi teilen sich eine einzige differentia (6,4), wobei in keinem dieser Manuskripte andere Modelle zu Klang kommen. Sie geben an dieser Stelle gemeinsames, wahrscheinlich regionales Traditionsgut in die Geschichte ein. Mc kennt ebenfalls nur eine Variante, die sie sich hauptsächlich mit B 2 , Pi, R 1 und R 2 (differentia 6,2) teilt und damit regionale Abhängigkeit demonstriert. Die eben genannten italienischen Manuskripte B 1 , B 2 , C 5 , F, Mc, Pi, R 1 und R 2 überliefern auch andere Modelle, den 6. Psalmton zu singen, die sie wiederum teilweise mit weiteren italienischen Handschriften teilen: B 1 hat 6,2 1 mit Mc, außerdem kennt sie 6,2 gemeinsam mit Mc, R 1 und R 2 . Diese relative Vielfalt an unterschiedlichen differentiae im 6. Psalmton und deren teilweise gemeinsame Verwendung, die Abhängigkeiten vermuten lässt, erstreckt sich bevorzugt auf den Raum zwischen Rom und den nördlichen Alpen. Und so fragt man sich auch hier, ob der 6. Modus den Schreibern der dazu gehörenden Antiphonen in einer unbestimmten Zeit vor der Verschriftlichung vertrauter war als in and