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Die Rentenberatung

inkl. Grundrente, Rentenpaket 2019, Flexi-Rente 2017 und Rentenpaket 2014

0131
2022
978-3-8169-8535-8
978-3-8169-3535-3
expert verlag 
Wolfgang Wehowsky
Harald Rihm
10.24053/9783816985358

Der Ratgeber in allen Rentenfragen und zur Altersvorsorge: Bekomme ich einen Grundrentenzuschlag und welches Einkommen wird angerechnet? Wann kann ich abschlagsfrei in Rente gehen? Wie hoch wird meine Rente sein? Was sind Rentenabschläge? Kann ich Rentenabschläge wieder auffüllen und wie geht das? Welche Zeiten werden bei meiner Rente berücksichtigt? Was darf ich neben meiner Rente noch hinzuverdienen? Das Buch beinhaltet alle Rechtsänderungen durch die neue Grundrente, das Rentenpaket 2019 mit der Mütterrente II, die Flexi-Rente 2017 sowie das gesamte Rentenpaket I 2014 einschließlich der Altersrente für besonders langjährig Versicherte und der Mütterrente I. "Das sehr informativ gehaltene und leicht verständlich geschriebene Buch ist ein Nachschlagewerk für jedermann. Es dient der Transparenz der eigenen Rentenunterlagen und führt zur Fitness in der Vorsorge." Die Rentenversicherung

<?page no="0"?> WOLFGANG WEHOWSK Y, HARALD RIHM Die Rentenberatung inkl. Grundrente Rentenpaket 2019 Flexi-Rente 2017 Rentenpaket 2014 3., überarbeitete und erweiterte Auflage <?page no="1"?> Die Rentenberatung <?page no="3"?> Wolfgang Wehowsky, Harald Rihm Die Rentenberatung inkl. Grundrente 2021, Rentenpaket 2019, Neuregelungen 2018, Flexi-Rente 2017 und Rentenpaket 2014 3., überarbeitete und erweiterte Auflage <?page no="4"?> © 2022 · expert verlag GmbH Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.expertverlag.de eMail: info@verlag.expert CPI books GmbH, Leck ISBN 978-3-8169-3535-3 (Print) ISBN 978-3-8169-8535-8 (ePDF) ISBN 978-3-8169-0066-5 (ePub) Umschlagabbildung: Olivier Le Moal - stock.adobe.com Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> 13 1 15 1.1 16 1.2 19 1.3 21 1.4 23 1.5 25 1.6 27 1.7 28 1.8 28 1.9 30 1.9.1 33 1.9.2 35 1.9.3 35 1.9.4 36 1.9.5 37 1.10 38 1.11 38 1.12 40 1.13 54 1.14 54 2 59 2.1 60 Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung . . . . . . . . . . Die grundlegende Rentenreform 1957 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rentenreform 1972 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetzliche Änderungen von 1972 bis 1992 . . . . . . . . . . . . . . . Die Rentenreform 1992 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) ab 01.01.1997 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rentenreform 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (in Kraft ab 01.01.2001) . . . . . . . . . . . . . . . . . Altersvermögens- und Altersvermögens‐Ergänzungsgesetz (in Kraft ab 01.01.2002) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reformmaßnahmen der Jahre 2003 und 2004 . . . . . . . . . . . . . . Alterseinkünftegesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kinder-Berücksichtigungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartz IV (in Kraft am 01.01.2005) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbesserung für Lebenspartnerschaften bei der Hinterbliebenenversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haushaltsbegleitgesetz 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reformen 2006 bis 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reformen 2010 bis 2020 / Rentenanpassungen ab 2012 . . . . . Abschluss der Rentenüberleitung in den neuen Bundesländern Die Grundrente ab 01.01.2021 - als Kurzüberblick für den schnellen Leser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die drei Säulen der Altersvorsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sicherungsziele der drei Säulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . <?page no="6"?> 2.2 61 2.3 63 2.4 66 2.5 66 2.6 67 2.6.1 69 2.6.2 70 2.6.3 70 2.7 70 2.7.1 71 2.7.2 73 2.7.3 74 3 77 3.1 77 3.1.1 78 3.1.2 84 3.1.3 84 3.1.4 85 3.2 87 3.2.1 88 3.2.2 89 3.3 96 3.4 97 3.4.1 97 3.4.2 99 3.4.3 101 4 103 4.1 103 4.1.1 104 Welchen Risiken ist die Basisleistung der gesetzlichen Rente ausgesetzt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Rendite der gesetzlichen Rente - heute und in der Zukunft Rendite-Plus durch weitere Regelleistungen . . . . . . . . . . . . . . . Verfahrensgrundsatz: Ohne Antragstellung keine Leistung . . Grundsätzliches zur Versicherung und Finanzierung in der gesetzlichen Rentenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beitragsbemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beitragssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beitragsbemessungsgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Pflegeversicherung (Elftes Buch - SGB XI) . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen für Pflegebedürftigkeit . . . . . . . . . . . . Pflegesachleistungen und Pflegegeld . . . . . . . . . . . . . . . Versicherungspflicht der Pflegepersonen . . . . . . . . . . . . Rentenrechtliche Zeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beitragszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflichtbeitragszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeiten mit freiwilligen Beiträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeiten, für die Entgeltpunkte nach § 70 Abs. 3 a SGB VI gutgeschrieben werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vollwertige Beitragszeiten und beitragsgeminderte Zeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beitragsfreie Zeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Ersatzzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Anrechnungszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Zurechnungszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berücksichtigungszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kinderberücksichtigungszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflegeberücksichtigungszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Minijobs und Midijobs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Minijobs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geringfügig entlohnte Beschäftigungen . . . . . . . . . . . . 6 Inhalt <?page no="7"?> 4.1.2 108 4.1.3 109 4.2 110 4.2.1 110 4.2.2 112 4.2.3 113 4.2.4 114 5 115 5.1 115 5.1.1 116 5.1.2 116 5.1.3 124 5.1.4 133 5.2 141 5.2.1 141 5.2.2 147 5.2.3 153 5.2.4 158 5.2.5 163 5.2.6 163 5.2.7 164 5.2.8 164 5.3 171 5.4 175 Kurzfristige Beschäftigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Minijobs im Haushalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Midijobs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übergangsbereich (bis 30.06.2019 Gleitzone) . . . . . . . . Die beitragspflichtigen Einnahmen im Übergangsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beitragstragung im Übergangsbereich . . . . . . . . . . . . . Leistungsrechtliche Auswirkungen des Übergangsbereiches in der gesetzlichen Rentenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Versichertenrenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung . . . . . . . . . Rente wegen voller Erwerbsminderung . . . . . . . . . . . . . Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renten wegen Alters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Regelaltersrente (§§ 35, 235 SGB VI) . . . . . . . . . . . . Die Altersrente für besonders langjährig Versicherte (§ 38 SGB VI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Altersrente für langjährig Versicherte (§§ 36, 236 SGB VI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§§ 37, 236 a SGB VI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Altersrente wegen Arbeitslosigkeitoder nach Altersteilzeitarbeit (§ 237 SGB VI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Altersrente für Frauen (§ 237a SGB VI) . . . . . . . . . . Die Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute (§§ 40, 238 SGB VI) - nicht behandelt, da knappschaftliche Besonderheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hinzuverdienst / Flexi-Rente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxis-Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erziehungsrente (§ 47 SGB VI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Inhalt <?page no="8"?> 6 177 6.1 177 6.1.1 177 6.2 178 6.3 179 6.3.1 179 6.3.2 182 6.3.3 184 6.3.4 186 6.3.5 189 6.3.6 191 6.3.7 193 6.3.8 194 6.4 195 6.4.1 195 6.4.2 197 6.4.3 197 6.4.3 200 6.4.4 200 6.4.5 202 6.4.6 203 6.5 203 6.6 204 6.7 206 6.8 208 Ansprüche auf Renten wegen Todes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung der Anspruchsberechtigten um die gleichgeschlechtliche Ehe und den Paaren aus einer eingetragenen Lebenspartnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick über die Anspruchsvoraussetzungen auf die Renten wegen Todes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Witwen- und Witwerrenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Persönliche Anspruchsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . Ausschluss des Anspruchs auf Witwenbzw. Witwerrente („Versorgungsehe“, Rentensplitting) . . . . Anspruch auf kleine Witwenrente (§ 46 Abs. 1 SGB VI) Anspruch auf große Witwen(r)rente (§§ 46 Abs. 2 SGB VI, 242 a SGB VI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuschlag zur Witwenbzw. Witwerrente (§ 78 a VI) . . Zugangsfaktor bei der Berechnung der Witwenbzw. Witwerrente (§§ 77, 264d SGB VI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beginn der Witwenbzw. Witwerrente (§ 99 Abs. 2 SGB VI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Achtung! Wichtige Änderungen beim Hinterbliebenenrentenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Waisenrente (§ 48 SGB VI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Anspruchsvoraussetzungen müssen vorliegen? Status einer Halb- oder einer Vollwaise . . . . . . . . . . . . . Anspruchsberechtigte Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anspruchszeitraum bis zum 18. Lebensjahr . . . . . . . . . . Verlängerung bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres Weitere Verlängerung durch Grundwehrdienst und Zivildienst bis 30.06.2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beginn der Waisenrente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hinterbliebenenrente wegen Verschollenheit . . . . . . . . . . . . . Witwenbzw. Witwerrentenabfindung (§ 107 SGB VI) . . . . . . Witwen- und Witwerrente an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten (§ 243 SGB VI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Witwenrente und Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten (§§ 46 Abs.3 / 90 SGB VI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Inhalt <?page no="9"?> 6.9 210 6.10 212 6.10.1 213 6.10.2 214 6.10.3 216 6.10.4 217 6.10.5 219 7 223 7.1 223 7.1.1 229 7.1.2 229 7.1.3 230 7.1.4 230 7.1.5 232 7.1.6 234 7.1.7 235 7.1.8 236 7.2 237 7.2.1 238 7.2.2 239 7.2.3 240 7.2.4 241 7.2.5 247 8 249 8.1 249 8.2 289 9 305 9.1 305 Erziehungsrente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes . . . . . . . . . Wie wird die Einkommensanrechnung durchgeführt? Anrechenbare Einkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freibetrag für die Einkommensanrechnung . . . . . . . . . Erstmaliges Zusammentreffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Änderungen in der Höhe des Anrechnungsbetrages / Verfahren bei der Rentenanpassung . . . . . . . . . . . . . . . . Versorgungsausgleich und Rentensplitting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Versorgungsausgleich bei Scheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchführung des Versorgungsausgleichs neuen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auskunft über den Ehezeitanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ermittlung des Ausgleichswertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wartezeiterfüllung durch Versorgungsausgleich . . . . . Wie wirkt sich der Versorgungsausgleich auf die Rentenhöhe aus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Korrespondierender Kapitalwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anpassungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausschluss eines Versorgungsausgleiches . . . . . . . . . . . Rentensplitting unter Ehegatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen für das Rentensplitting . . . . . . . . . . . . Rentensplitting nach dem bis zum 31.12.2007 geltenden Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Änderungen beim Rentensplitting für die Zeit ab 01.01.2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung der Vor- und Nachteile des Rentensplittings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Änderung des einmal durchgeführten Rentensplittings Das Wichtigste zur Rentenberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Rentenbescheid nebst Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erläuterungen des Rentenbescheides . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die steuerliche Behandlung von Renten und Beiträgen . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Inhalt <?page no="10"?> 9.2 305 9.3 306 9.3.1 307 9.3.2 311 10 319 10.1 319 10.1.1 319 10.1.2 320 10.1.3 320 10.2 323 10.2.1 323 10.2.2 323 10.3 323 10.3.1 324 10.3.2 324 10.3.3 324 10.4 325 10.4.1 325 10.4.2 326 327 328 10.5 334 10.5.1 334 10.5.2 336 10.5.3 337 10.5.4 338 10.5.5 343 10.5.6 344 10.5.7 346 11 349 11.1 349 Recht bis 31.12.2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recht ab 01.01.2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuerfreistellung der Beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besteuerung der Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Versicherungskonto und Auskünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Versicherungskonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Versicherungsnummer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sozialversicherungsausweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt des Versicherungskontos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auskunft aus dem Versicherungskonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auskunft von Amts wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auskunft auf Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Renteninformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wer erhält eine Renteninformation? . . . . . . . . . . . . . . . . Was steht in der Renteninformation? . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt der Renteninformation durch die Rentenversicherungsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rentenauskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt der Rentenauskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderfälle der Rentenauskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage A: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage B: Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswirkungen einer Beitragszahlung zum Ausgleich einer Rentenminderung (§ 187a SGB VI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlage der Beitragszahlung - § 187a Abs. 1a SGB VI Gültigkeit der besonderen Rentenauskunft . . . . . . . . . Besonderheiten der Prognoseauskunft - Hochrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ermittlung der Rentenminderung und des Beitragsaufwandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Änderung des Beitragsaufwandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswirkungen der Beitragszahlung nach § 187a SGB VI Steuerliche Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Private Altersvorsorge in Form der Riester-Rente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was wird gefördert? (Förderkriterien und Zertifizierung) . . . 10 Inhalt <?page no="11"?> 11.2 350 11.3 352 11.4 355 11.5 356 11.6 357 11.7 357 11.8 359 11.9 360 11.10 361 12 363 12.1 364 12.2 365 13 367 13.1 368 13.2 373 13.3 375 13.4 375 13.5 377 13.6 378 14 381 14.1 383 14.2 384 14.3 386 14.3.1 388 14.4 389 14.5 394 Wer wird gefördert? (förderberechtigter Personenkreis) . . . . Welcher Beitrag ist zu leisten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie hoch ist die Förderung? (Zulagen und Sonderausgabenabzug) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Sonderausgabenabzug (seit 1.1.2005) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie wird gefördert? (das Zulagenverfahren) . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Riester-Rente über den Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besteuerung der Auszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Änderungen ab 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Private Altersvorsorge in Form der Rürup-Rente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen der Rürup-Rente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuerliche Behandlung der Rürup-Rente . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebliche Altersvorsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchführungswege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unverfallbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finanzierungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuerliche Förderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick über die Steuerfreibeträge und beitragsfreien Entgelte (Stand 2021) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Grundrente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Jahre Grundrentenzeiten - Voraussetzung für den Anspruch auf Zuschlagsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feststellung der Grundrenten-Bewertungszeiten . . . . . . . . . . . Ermittlung des Grundrentenzuschlages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rentenberechnung - Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte für den Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einkommensprüfung des Zuschlags für die Grundrente Wie wirkt sich der Zuschlag für langjährige Versicherung bei speziellen Sachverhalten aus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Inhalt <?page no="12"?> 14.6 395 14.7 396 15 399 15.1 400 15.2 400 15.3 403 15.3.1 404 15.4 406 15.5 408 15.6 409 16 411 413 417 Zuschlag an Entgeltpunkten bei langjähriger Versicherung bei einem Rentenbeginn von 1992 bis 2020 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung . . . . . . . . . . . . . . . . Anspruchsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einkommensanrechnung auf die Grundsicherung (Spezielle Corona-Hilfen aufgrund der weltweiten Pandemie 2020/ 2021 bleiben unberücksichtigt! ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . In welcher Höhe besteht Anspruch auf Leistungen? . . . . . . . . Aktuelle Regelsätze nach Bundesländern . . . . . . . . . . . . Grundsicherung und Grundrente 2021 mit zusätzlichem Freibetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenarbeit mit den Trägern der Rentenversicherung . . Wann beginnt die Grundsicherungsleistung? . . . . . . . . . . . . . . Literaturtipps zur gesetzlichen Rentenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Inhalt <?page no="13"?> Vorwort Wenn man sich das Rechtsdienstleistungsangebot in Deutschland näher an‐ schaut, so vermittelt dies doch interessante und überraschende Erkenntnisse. Rund 165.000 Rechtsanwälten und ca. 90.000 Steuerberatern bzw. Steuerbevoll‐ mächtigten stehen nur etwas mehr als 1.000 gerichtlich zugelassene Rentenbe‐ rater gegenüber. Diese Personen sind neben den vielen Tausend amtlichen und ehrenamtlichen Beratern der Deutschen Rentenversicherung ebenfalls Ansprechpartner in allen Fragen der Altersvorsorge. Dabei gibt es auch in Zukunft erheblichen Bedarf an kompetenter Renten- und Altersvorsorgebera‐ tung. Immerhin ist die Deutsche Rentenversicherung europaweit der größte gesetzliche Rentenversicherer und betreut mehr als 57 Millionen Kunden - fast drei Viertel der Menschen in der Bundesrepublik. Nicht zuletzt unter Berücksichtigung der neuen Reformgesetze im Rentenversicherungsrecht hat die Bedeutung der Altersvorsorge erheblich zugenommen. Das Rentenpaket I mit der Mütterrente (2014), das Flexi-Rentengesetz (2016), die Verbesserung der Leistungen bei Renten wegen Erwerbsminderung (2017), das Rentenversi‐ cherungs-Leistungsverbesserungs- und Stabilisierungsgesetz (2018) sind beste Beispiele dafür. Den Schlusspunkt für die erfolgreichen Anstrengungen der 3. Großen Koali‐ tion (2018-2021) zur Verbesserung der Einkommenssituation der Rentnerinnen und Rentner bildet die Grundrente für langjährige Versicherung mit unter‐ durchschnittlichem Einkommen. Sie ist als Rentenzuschlag konzipiert und unabhängig von einer nachzuweisenden Bedürftigkeit der Leistungsbezieher, unterliegt aber der Einkommensanrechnung. Die Grundrente wird als große soziale Errungenschaft bezeichnet und ist mit Wirkung vom 01.01.2021 einge‐ führt worden. Unser Ziel ist es, auch mit der neuen Auflage des Fachbuches das jetzt geltende Rentenrecht fachbezogen zu erläutern und durch praktische Beispiele verständlicher zu gestalten. Auch der Rentenbescheid, der im Verwaltungsver‐ fahren nur noch mit verkürzten Berechnungsübersichten an den Versicherten versandt wird, erhält in diesem Buch eine voll umfängliche Darstellung und Erläuterung zum gesamten Berechnungsvorgang. Zurecht erwarten die Leser präzise Antworten u. a. auf folgende Fragen: „Welche Rentenansprüche habe ich? “, „Kann ich früher in Rente gehen und wie funktioniert das am besten ohne Abschläge? “ „Besteht die Möglichkeit, meine Abschläge bei vorzeitiger Al‐ tersrente durch zusätzliche Beitragszahlung auszugleichen? “ „Welche Chancen <?page no="14"?> bestehen, um neben der Rente noch Hinzuverdienst zu erzielen? “, „Wie wird meine Rente berechnet“ bzw. „Was versteht man unter der Grundrente und bin ich dafür berechtigt? “ Entscheidend für die künftige Entwicklung der Rentenversicherung im Zu‐ sammenhang mit einer auskömmlichen Altersvorsorge bis 2030 und darüber hinaus wird die Weichenstellung sein, die politisch nach der Bundestagswahl am 26.09.2021 von der neuen Bundesregierung vorgenommen wird. Auswirkungen dürften ab 2023 zu erwarten sein. Unser Buch wendet sich an alle Mitarbeiter im Personal- und Sozialwesen, der Unternehmen, der Industrie, des Handels sowie der Banken und Versiche‐ rungen. Auch für die mit Sozialrechtsfragen betrauten Mitarbeiter von Steuer‐ beratungsbüros, der Gewerkschaften und der Sozialverbände, die Mitglieder der Widerspruchsausschüsse, die Institutionen der Sozialgerichtsbarkeit, die ehrenamtlichen Versichertenberater und für die nach dem Rechtsdienstleis‐ tungsgesetz tätigen Rentenberater soll es ein profundes Nachschlagewerk sein. Karlsruhe, im September 2021 Wolfgang Wehowsky und Harald Rihm 14 Vorwort <?page no="15"?> 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung Wenn dieses Buch erscheint, befinden wir uns im 64. Jahr nach der ersten großen Rentenreform des Jahres 1957. Insgesamt kann die gesetzliche Rentenversiche‐ rung in Deutschland seit 1889 bereits auf eine 132-jährige Geschichte zurückbli‐ cken. Dass es sich dabei um eine Erfolgsgeschichte handelt, ist durch die Fakten belegt. Hervorzuheben sind insbesondere die Sicherheit und Stabilität der gesetzlichen Rentenversicherung. Die gesetzliche Rente hat außergewöhnliche Krisensituationen in ihrer langjährigen Geschichte mit Bravour gemeistert. Keiner der heute 30bis 60-Jährigen, aber auch wenige Ältere können sich heute noch die gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen ausmalen, die von der Bevölkerung während und nach den beiden Weltkriegen zwischen 1914 und 1918 sowie zwischen 1939 und 1945 zu bewältigen waren. Selbst die Hyperinflation des Jahres 1923 in der Weimarer Republik, eine der stärksten Geldentwertungen, die eine der großen Industrienationen in der Neuzeit je erleben musste, konnte der Rentenversicherung etwas anhaben. Die Weltwirtschaftskrise 1929, die die sog. „Goldenen Zwanziger Jahre“ beendete, und die Währungsreform 1948 mit Einführung der DM konnten das Leistungs‐ gefüge der Rentenversicherung ebenfalls nicht erschüttern. Die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung war bis 1956 auf ein Anwartschaftsdeckungsverfahren gegründet. Danach sollten aber die Renten‐ zahlungen ursprünglich keine Lohnersatzfunktion besitzen, sondern lediglich einen Zuschuss zum Lebensunterhalt darstellen. Wie war es möglich, unser Rentensystem durch eine Vielzahl von Reformen immer up to date zu halten? Als besonderen Vorteil für die Entwicklung einer modernen Rentenversicherung hat es sich dabei erwiesen, dass die im Sozialgesetzbuch vorgesehene Selbstverwaltung der Rentenversicherungs‐ träger, die gesetzgebenden Körperschaften und die sie tragenden Parteien, die Verbände und die Gewerkschaften, Organisationsstruktur, Leistungsumfang und Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung vorausschauend und flexibel an die grundlegenden gesellschaftlichen Umwälzungen in der Bundesrepublik anpassen konnten. Themen dieses Paradigmenwandels sind z. B. die überwundene Stagnation unserer volkswirtschaftlichen Entwicklung als Folge der Globalisierung und offener Märkte, der Geburtenrückgang, das ständig steigende Lebensalter und die damit sich verändernde Altersstruktur der Rentenversicherten und Leistungsempfänger. <?page no="16"?> Heute, nach Inkrafttreten der letzten großen Reformen mit Anhebung der Regelaltersgrenze vom 65. auf das 67. Lebensjahr sowie der Rentenpakete 2014 und 2018 steht das bundesdeutsche Rentensystem wieder auf stabilen Füßen. Die Nachhaltigkeitsrücklage der Rentenversicherung beträgt Ende 2020 mit mehr als 36 Milliarden € noch 1,53 Monatsausgaben. Trotz der einzupreisenden Aus‐ wirkungen der Corona-Pandemie, die uns 2020 vor große Herausforderungen in jeglicher Hinsicht gestellt hat, ist das ein gutes Ergebnis. Der unumgängliche Lockdown aufgrund des Corona-Virus führte 2020 auf dem Arbeitsmarkt zu einem Rückgang der Zahl der Beschäftigten, einem dramatischen Anstieg der Zahl der Kurzarbeiter und einer Zunahme der Arbeitslosigkeit. Der Renten‐ beitragssatz kann zwar trotz angespannter Einnahmesituation zunächst bei 18,6 Prozent gehalten werden. Dennoch zeichnen sich heute schon moderate Beitragssatzsteigerungen ab 2023 ab. Die Krise ist auch bei den Rentnern angekommen. Eine Rentenanpassung im Jahr 2021 findet nicht statt. Für Kurz‐ arbeitergeld werden zwar Rentenbeiträge gezahlt, aber dies ist kein Entgelt, das in die Berechnung der Rentenanpassung für 2021 eingeht. Hier wirkt sich die rückläufige Lohnentwicklung des Vorjahres direkt auf die Rentenanpassung aus. Die Rücklagen der gesetzlichen Rentenversicherung werden nach der letzten Finanzschätzung in den kommenden Jahren kontinuierlich abschmelzen und voraussichtlich im Jahr 2023 die Untergrenze von 0,2 Monatsausgaben erreichen. Beitragssatzsteigerungen sind dann ohnehin unvermeidlich. Was waren nun in den letzten 64 Jahren die Highlights der bundesdeutschen Sozialpolitik, die der gesetzlichen Rentenversicherung ihr Gepräge gaben? Am Anfang stand die grundlegende Rentenreform des Jahres 1957, mit der die gesetzliche Rentenversicherung mit so viel Energie aufgeladen wurde, dass sie ihre herausragende sozialpolitische Bedeutung bis in die Gegenwart hinein bewahren konnte. 1.1 Die grundlegende Rentenreform 1957 Diese Reform wird zu Recht als Jahrhundertwerk bezeichnet. Sie war notwendig geworden, nachdem sich in der wirtschaftlich aufstrebenden Bundesrepublik in den 50er Jahren der Abstand zwischen Löhnen und Renten ständig vergrößerte und mit Rentenzulagen bzw. pauschalen Rentenerhöhungen kein Anschluss an die Einkommensentwicklung erzielt werden konnte. Schwerpunkte der Reform waren eine Gleichstellung der rentenrechtlichen Ansprüche für Arbeiter und Angestellte und die Einführung der neuen brut‐ tolohnbezogenen dynamischen Rente. Damit verbunden war auch die weg‐ 16 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="17"?> weisende Umstellung der Finanzierung der Rentenversicherung vom Anwart‐ schaftsdeckungsverfahren auf das Umlageverfahren. Die grundlegende Rentenreform 1957 Die wichtigsten Grundsätze waren: • Gleiches Recht für Arbeiter und Angestellte • Eine neue „lohnbezogene Rentenformel • Die Rente hat Lohnersatzfunktion • Finanzierung der Rente durch die aktiv Versicherten (Umlageverfahren) • Generationenvertrag! • Rehabilitation vor Erwerbsminderungsrente • Gleiches Recht für Arbeiter und Angestellte Durch die getrennte Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung für die Berufsgruppe der Arbeiter in der Reichsversicherungsordnung und für die Berufsgruppe der Angestellten in dem Angestelltenversiche‐ rungsgesetz existierten einige Leistungsunterschiede bei den Ansprüchen auf eine Invaliditätsbzw. Berufsunfähigkeitsrente, den jeweiligen Hin‐ terbliebenenrenten und bei der Ermittlung der Rentenhöhe. Seit 1957 ist gewährleistet, dass es beitrags- und rentenrechtlich keinerlei Unter‐ schiede mehr zwischen Arbeitern und Angestellten gibt. • Die neue „lohnbezogene“ Rentenformel Die neue dynamische Rentenformel basierte auf vier miteinander ver‐ knüpften Faktoren. Dabei ging es um - die Zahl der jeweils anrechnungsfähigen Versicherungsjahre, - das Verhältnis des jeweils versicherten Bruttolohnes zum Durch‐ schnittsbruttolohn aller Versicherten während der gesamten Versi‐ cherungszeit (persönliche Bemessungsgrundlage), - eine durch den Gesetzgeber festgelegte allgemeine Bemessungs‐ grundlage, die das aktuelle durchschnittliche Lohnniveau widerspie‐ gelt und - einen Steigerungssatz je Versicherungsjahr in Höhe von 1,5 Prozent (Erwerbsminderungsrente, Altersrente) und 1 Prozent (Berufsunfä‐ higkeitsrente). Wer z. B. 45 anrechnungsfähige Versicherungsjahre geleistet hatte, erhielt als Altersrente jährlich 67,5 Prozent der persönlichen Bemessungsgrundlage. Die Rente hatte erstmals Lohnersatzfunktion, nachdem sie bezüglich ihrer Höhe 17 1.1 Die grundlegende Rentenreform 1957 <?page no="18"?> auch abhängig wurde von der aktuellen Entwicklung der Bruttolöhne und Gehälter. Die Umstellung der Rentenformel 1957 führte seinerzeit sofort zu einer durchschnittlichen Steigerung der Renten aus der Arbeiterrentenversicherung um 65 und aus der Angestelltenversicherung um 72 Prozent. • Finanzierung der Rente durch die aktiv Versicherten (Umlageverfahren) Nach dem Umlageprinzip zahlen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ab 1957 je zur Hälfte in die Rentenkassen ein, die zudem noch von einem Bundeszuschuss gespeist werden. Heute (2012) werden die Renten in erheblichem Umfang (etwas mehr als 30 Prozent) mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt - also aus Steuermitteln - finanziert. Beim Bundeszu‐ schuss wird zwischen dem allgemeinen und dem zusätzlichen Zuschuss unterschieden. Der allgemeine Zuschuss dient der Finanzierung der Leistungen in gleicher Weise wie die Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber. Der zusätzliche Zuschuss, der aus einer Mehrwertsteuerer‐ höhung um 1 Prozent im Jahr 1998 resultiert und seit 1999 um die Ökosteuer ergänzt wurde, soll die nicht beitragsgedeckten Leistungen der Rentenversicherung abdecken. Bundeszuschuss und zusätzlicher Bundes‐ zuschuss haben folgenden Hintergrund: Die gesetzliche Rentenversiche‐ rung übernimmt eine Reihe von Leistungen, die nicht auf den Kreis der Versicherten und Beitragszahler begrenzt sind, so dass die Leistungen nicht in vollem Umfang durch entsprechende Beitragseinnahmen gedeckt sind. Zu den ungedeckten Leistungen zählen u. a. Ersatzzeiten, wie Wehr- und Kriegsdienst, Fremdrenten, Kindererziehungszeiten, Anrechnungs- und Berücksichtigungszeiten sowie die Rentenfinanzierung in den neuen Bundesländern. • Generationenvertrag So bezeichnet man ein ungeschriebenes Übereinkommen zwischen den Generationen, mit der die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversiche‐ rung gesichert werden soll. Die derzeitigen Erwerbstätigen zahlen mit ihren Beiträgen die Renten der aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen Personen und erwerben dabei gleichzeitig Ansprüche auf ähnliche Leis‐ tungen der nachfolgenden Generationen an sich selbst. • Rehabilitation vor Erwerbsminderungsrente Rehabilitationsleistungen erhalten Vorrang vor Rentenleistungen, die bei einer erfolgreichen Rehabilitation nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind. Dieser Grundsatz hat bis heute herausragende Bedeutung. Er wurde durch die spätere Gesetzge‐ bung mit dem Rehabilitations-Angleichungsgesetz von 1974 und dem 18 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="19"?> Sozialgesetzbuch IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - im Jahr 2001 nachhaltig verfestigt. 1.2 Die Rentenreform 1972 Die Rentenfinanzen gestalteten sich in der ersten Dekade nach den Reformen des Jahres 1957 außerordentlich gut und wurden gestützt durch die expansive Wirtschaftsentwicklung der Bundesrepublik Deutschland in diesem Zeitraum. Trotz Leistungsverbesserungen durch Novellierung der Reformgesetze im Laufe der 60er Jahre entwickelte sich ein sozialpolitischer Grundkonsens zu weiteren strukturellen Reformen, der die gesellschaftliche Aufbruchstimmung nach Amtsübernahme durch die sozialliberale Koalition in Bonn widerspiegelte. Als die abschließenden Beratungen zur Rentenreform 1972 allerdings im Bundestag anstanden, erhielten sie durch die wechselnden Machtverhältnisse zwischen Regierung (SPD/ FDP) und Opposition (CDU/ CSU) eine besonders pikante Note. Zur Erinnerung: Obwohl nach dem Übertritt mehrerer Koalitionsabgeordneter zur Opposition, das konstruktive Misstrauensvotum im April 1972 scheiterte und letztlich zu den Neuwahlen im Herbst 1972 führte, war die Verabschiedung der Rentenreform im Spätsommer 1972 von einer parlamentarischen Pattsitua‐ tion gekennzeichnet. Dadurch konnten die Rentengesetze nur durch Kompro‐ misse im Sinne der CDU/ CSU beschlossen werden. So blieb z. B. das von der Regierung vorgesehene „Babyjahr“ für erwerbstätige Mütter unberücksichtigt. Erst 1986 war die Zeit reif für entsprechende familienpolitische Reformen in der Rentenversicherung. Dennoch konnten sich die erreichten Leistungsverbesse‐ rungen für Versicherte und Rentner sehen lassen. Die Rentenreform 1972 Beibehaltung der Grundsätze von 1957, aber • Öffnung der Rentenversicherung für Selbständige und Hausfrauen • lukrative Nachentrichtungsmöglichkeiten mit hoher Rendite zurück bis 1956 • flexible Altersgrenzen (Senkung des Lebensalters von 65 auf 62 - Schwerbehinderte - und 63-langjährig Versicherte) • Rente „nach Mindesteinkommen“ für Kleinverdiener (Anhebung auf 75 Prozent des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten) 19 1.2 Die Rentenreform 1972 <?page no="20"?> • Öffnung der Rentenversicherung für Selbständige und Hausfrauen Alle Personen ab dem 16. Lebensjahr erhielten die Möglichkeit zur frei‐ willigen Versicherung. Gleichzeitig wurde allen Nichtversicherten (vor allem Hausfrauen) die Möglichkeit der Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen zurück bis zum 01.01.1956 eingeräumt. Den bislang nicht ver‐ sicherungspflichtigen Selbständigen wurde die Möglichkeit eingeräumt, auf Antrag versicherungspflichtig zu werden. Außerdem konnten sie von einer äußerst vorteilhaften Beitragsnachentrichtung bis zum 01.01.1956 zur Schließung vorhandener Beitragslücken Gebrauch machen. Die dabei erzielbare Rendite des eingezahlten Beitrages betrug dabei zum Teil mehr als 30 bzw. 40 Prozent pro anno. • Einführung flexibler Altersgrenzen Die starre Regelaltersgrenze mit 65 Jahren gehörte ab 01.01.1973 der Vergangenheit an. Wer die besondere Wartezeit von 35 Versicherungs‐ jahren (Beitrags-, Ersatz- und Ausfallzeiten sowie der Zurechnungszeit) erfüllte, konnte die „flexible“ Altersrente - abschlagsfrei - bereits ab dem 63. Lebensjahr beziehen. Bis zur Änderung durch den neugewählten Bundestag war der Rentenbezug sogar ohne jegliche Einschränkungen neben dem vollen Arbeitsverdienst zugelassen. Erst ab 01.04.1973 wurden die Hinzuverdienstmöglichkeiten neben der flexiblen Altersrente auf 30 Prozent der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze festgelegt. Schwerbeschädigte Versicherte (heute: Schwerbehinderte) erhielten diese flexible Altersrente - auf Antrag - bereits ab dem 62. Lebensjahr. • Rente „nach Mindesteinkommen“ Dadurch wurden Kleinstrenten langjährig pflichtversicherter Arbeit‐ nehmer deutlich angehoben. Wer mindestens 25 anrechnungsfähige Ver‐ sicherungsjahre ohne freiwillige Beiträge und Ausfallzeiten zurückgelegt hatte, erhielt einen Zuschlag an Werteinheiten in der Rentenberechnung (dies aber begrenzt auf die Pflichtbeiträge bis zum 31.12.1972). Die Werte für die Pflichtbeiträge wurden um die Hälfte - höchstens aber auf 75 Prozent des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten - angehoben. Die Rente nach Mindesteinkommen führte allein zur Anhebung von mehr als 12 Prozent aller Renten, wobei in 4 von 5 Fällen diese Erhöhung Frauen zugutekam. Dadurch wurde das vom Gesetzgeber anvisierte Ziel erfüllt, die geschlechterspezifisch bedingte Lohnminderung langjährig erwerbstätiger Frauen zu beseitigen. 20 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="21"?> 1.3 Gesetzliche Änderungen von 1972 bis 1992 Es fällt schwer, sich für diesen Zeitraum auf die wichtigsten Rechtsänderungen zu beschränken. So viel hat sich in diesem 20-Jahreszeitraum mit konjunk‐ turellen Schwierigkeiten (bedingt durch die Ölkrise) und gesellschaftlichen Umbrüchen ereignet. Gesetzliche Änderungen von 1972-1992 Konsolidierungsmaßnahmen in den 70er Jahren • 1.07.1977 - Rentenanpassungsgesetz (RAG) - - Verschiebung der Rentenanpassung (9,9 Prozent) um sechs Monate vom 1.07.1977 auf 1.01.1978 - Einführung der Versicherungsu. Beitragspflicht für Arbeitslosgen‐ geld- und hilfebezieher (ab 1.07.1978 bis 31.12.1982) • 1.07.1978 - 21. RAG - - Abkoppelung der Rentenanpassung von der Lohndynamik - feste Anpassungssätze - zum 1.01.1979 4,5 Prozent (anstatt 7,2 Prozent) - zum 1.01.1980 4,0 Prozent (anstatt 6,2 Prozent) - zum 1.01.1981 4,1 Prozent (anstatt 6,0 Prozent) Auf die im Alten Testament verkündeten „sieben fetten Jahre“ folgten nun auch in der Sozialpolitik „sieben magere Jahre“, wobei man sich an der Exaktheit der Zeitrechnung nicht festhalten sollte. • Verschiebung der Rentenanpassung im Jahr 1977 um 6 Monate • Feste Anpassungssätze von 1979 bis 1981 Die mit der Rentenreform 1972 prognostizierten hohen Einnahmeüberschüsse von mehr als 210 Milliarden DM bis 1986 ließen sich aufgrund der weltweiten Rezession durch den Ölpreisschock (1973/ 1974) nicht mehr realisieren. Deshalb waren 1977 (20. RAG) und 1978 (21. RAG) drastische Konsolidierungsmaß‐ nahmen notwendig, mit der die Rentenanpassungsdynamik der bruttolohnbe‐ zogenen Rente deutlich gebremst wurde. Als leistungssteigernde Neuregelung entpuppte sich dagegen die • Einführung der Versicherungs- und Beitragspflicht für Arbeitslosengeld- und Arbeitslosenhilfebezieher (01.07.1978 bis 31.12.1982). 21 1.3 Gesetzliche Änderungen von 1972 bis 1992 <?page no="22"?> Sie hatte ihre Ursache in arbeitsmarkt-, sozial- und finanzpolitischen Beweggründen. Die steigende Zahl der Arbeitslosen führte zu Einnah‐ meausfällen in der Rentenversicherung, während die Bundesanstalt für Arbeit über ein hohes Rücklagenpolster verfügte. Diese vom Bundesar‐ beitsminister Ehrenberg betriebene Einbindung der Arbeitslosen in die Versicherungspflicht der Rentenversicherung hat politisch unter der Bezeichnung „Verschiebebahnhof “ zwischen den Trägern der Sozialver‐ sicherung einen symbolischen Prägestempel erhalten. Mit der Neuregelung des Scheidungsrechtes und dem Wechsel vom Verschul‐ denszum Zerrüttungsprinzip folgte der Gesetzgeber ab 1977 langjährigen gesellschafts- und familienpolitischen Forderungen - vor allem mit Blick auf den Aufbau einer eigenständigen Alterssicherung für Frauen. Gesetzliche Änderungen von 1972-1992 • Einführung des Versorgungsausgleichs bei Ehescheidungen nach dem 30.06.1977 (Reform des Ehe- und Familienrechts in Kraft ab 1.07.1977) • Erschwerung der Anspruchsvoraussetzungen für BU/ EU-Renten ab 1.01.1984 (+ 36 Pflichtbeiträge in den letzten 60 Kalendermonaten) • Hinterbliebenenrentenu. Erziehungszeiten - Reform vom 1.01.1986 an - Einführung von Kindererziehungszeiten als Versichungszeiten in der Rentenversicherung (heute Pflichtbeitragszeiten! ) - Unbedingte Witwenu. Witwerrente mit Einkommensanrechnung • Einführung des Versorgungsausgleichs bei Ehescheidungen nach dem 30.06.1977 Der Versorgungsausgleich löste einen nur unter erschwerten Vorausset‐ zungen zu erwerbenden Rentenanspruch auf sog. Geschiedenenwitwen‐ rente ab. Die in der Ehezeit erworbenen gemeinsamen Rentenansprüche werden zusammengerechnet und beiden Eheleuten zu gleichen Teilen zugeordnet. Der betragsmäßige Wertausgleich erfolgt im Wesentlichen in der Rentenversicherung über den vom Familiengericht festgestellten Versorgungsausgleich. • Erschwerung der Anspruchsvoraussetzungen für Berufsbzw. Erwerbs‐ unfähigkeitsrenten (BU/ EU) Bei Leistungsfällen ab 01.01.1984 wird die heute als Erwerbsminderungs‐ rente bezeichnete Rentenart nur noch bei vorheriger versicherungspflich‐ tiger Erwerbstätigkeit bewilligt. Neben der normalen Wartezeit von 22 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="23"?> 60 Monaten Versicherungszeit müssen in einem Zeitraum, der die letzten 60 Kalendermonate vor der Erwerbsminderung umfasst, mindestens 36 Kalendermonate an Pflichtbeiträgen nachgewiesen werden. Damit zusammenhängend wurde im Haushaltsbegleitgesetz 1984 auch die Wartezeit für die Regelaltersrente ab 65 von 180 auf 60 Kalendermo‐ nate Versicherungszeit reduziert. Übrigens für Neurentner ab 01.01.1984 ist der Kinderzuschuss zur Versichertenrente weggefallen. Er betrug zuletzt 152,90 DM monatlich. Die Bruttoanpassung der Renten wurde mit der Einführung eines - sukzessiv steigenden - Eigenbetrages der Rentner zu ihrer Krankenversicherung abgeschwächt. • Hinterbliebenenrenten und Erziehungszeiten - Reform ab 01.01.1986 Durch die Neuordnung des Hinterbliebenenrentenrechts sind seit 1986 Männer und Frauen bei der Gewährung von Hinterbliebenenrente gleich‐ gestellt. Eine unabdingbare Witwen- und Witwerrente wurde aber mit der Anrechnung von Erwerbsbzw. Erwerbsersatzeinkommen des Hin‐ terbliebenenrentners verknüpft. Einen wichtigen Baustein zur eigenständigen sozialen Sicherung der Frauen stellt die Einführung der Kindererziehungszeit von einem Jahr pro Kind dar. 1.4 Die Rentenreform 1992 Mit dem dritten großen Reformwerk sollten „Beständigkeit und Verlässlichkeit“, restituiert, die sich „laufend ändernden“ - ökonomischen, sozialen, demogra‐ fischen - Bedingungen integriert, rechts- und sozialpolitische Fehlentwick‐ lungen korrigiert, der Vertrauensschutz garantiert und die Finanzen konsolidiert werden (BT-Drs. 11/ 4124, S. 138-145). Die Rentenreform 1992 wurde gekleidet in das neue Sozialgesetzbuch VI. Buch (SGB VI). Im SGB VI wird das gesamte materielle Recht der gesetzlichen Rentenversicherung für alle Versicherungszweige zusammengefasst. Damit traten zum 01.01.1992 die Reichsversicherungsordnung, das Angestelltenversi‐ cherungsgesetz und das Reichsknappschaftsgesetz im Rentenrecht außer Kraft. 23 1.4 Die Rentenreform 1992 <?page no="24"?> Die Rentenreform 1992 Die wichtigsten Grundsätze sind: • Nettoanpassung der Renten • stufenweise Heraufsetzung der vorzeitigen und flexiblen Altersgrenzen • Einführung einer Altersteilrente • Neuordnung der beitragslosen Zeiten • Ausbau familienbezogener Elemente (Berücksichtigungszeiten! ) • Ausweitung der „Rente nach Mindesteinkommen“ (Einbeziehung der Pflichtbeiträge vom 1.01.1973 bis 31.12.1991) • Nettoanpassung der Renten Schon während der 80er Jahre wurde die Forderung erhoben, dass sich Renten und verfügbare Arbeitnehmereinkommen künftig gleich‐ gewichtig entwickeln sollen. Nachdem die hälftige Eigenbeteiligung der Rentner am Beitrag zur Krankenversicherung der Rentner mit der Rentenanpassung ab 01.07.1987 abgeschlossen werden konnte, erfolgte erstmals zum 01.07.1992 eine Nettoanpassung der Zugangs- und Be‐ standsrenten. Maßgebend dafür war - wie bisher - der durchschnittliche Anstieg der Bruttoverdienste bei den Beschäftigten unter Berücksich‐ tigung der durchschnittlichen Belastungsveränderungen infolge von Steuern und Sozialbeiträgen. • Stufenweise Heraufsetzung der vorzeitigen und flexiblen Altersgrenzen Die Altersgrenzen 60 und 63 sollten gleichzeitig und stufenweise bis zum Jahre 2010 auf eine Regelaltersgrenze 65 angehoben werden, wobei mit der Anhebung im Jahr 2001 in Einzelschritten begonnen werden sollte. Die vorzeitige Inanspruchnahme einer Rente sah schon hier Abschläge von der Rentenhöhe vor. • Einführung einer Altersteilrente Ab 01.01.1992 können Versicherte eine Altersrente in voller Höhe (Voll‐ rente) oder als Teilrente im Umfang von einem Drittel, der Hälfte oder zwei Drittel der erreichten Vollrente in Anspruch nehmen. Die Teilrenten sollen einen flexiblen Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglichen. Tatsächlich wird hiervon aber bislang nur in wenigen Fällen Gebrauch gemacht. • Neuordnung der beitragslosen Zeiten Beitragslose Zeiten, wie z. B. Krankheitszeiten, Zeiten der Arbeitslosig‐ keit oder Zeiten der Schulausbildung konnten bis 1991 nur bei der Rente 24 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="25"?> angerechnet werden, wenn die Halbbelegung mit Pflichtbeiträgen erfüllt war. Seit 01.01.1992 werden alle beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten unabhängig von der Anzahl der Pflichtbeiträge bei der Rentenbe‐ rechnung berücksichtigt. Bei der Bewertung dieser Zeiten wird jedoch die vorhandene Beitragsdichte zugrunde gelegt. • Ausbau familienbezogener Elemente Bei Geburten ab 01.01.1992 erhöht sich die Kindererziehungszeit für ein Kind von einem Jahr auf drei Jahre. Daneben wird die Berücksichtigungs‐ zeit als weitere rentenrechtliche Zeit eingeführt. Berücksichtigungszeiten zählen u. a. mit bei der Erfüllung der Wartezeit für langjährig Versicherte (35 Jahre) und wirken sich darüber hinaus rentensteigernd aus. • Ausweitung der „Rente nach Mindesteinkommen“ Die Prüfung der Rente nach Mindesteinkommen wird um die Pflichtbei‐ träge für die Zeit vom 01.01.1973 bis 31.12.1991 erweitert. Erforderlich sind aber nun mindestens 35 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten, zu denen auch die beitragsfreien Zeiten und die Berücksichtigungszeiten gehören. Bei der Wiedervereinigung mit der ehemaligen DDR konnten Millionen ost‐ deutscher Versicherter und Rentner in das Rentensystem der Bundesrepublik integriert werden. Mit dem Rentenüberleitungsgesetz (RÜG), das zugleich mit dem SGB VI am 01.01.1992 in Kraft trat, gelang es, das in der ehemaligen DDR vorrangig auf eine Mindestsicherung angelegte Rentensystem durch das lohn- und beitragsbezogene bundesdeutsche Rentenversicherungssystem abzulösen. 1.5 Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) ab 01.01.1997 Mit dem WFG wurde die Anhebung der Altersgrenze vom 60. auf das 65. Le‐ bensjahr bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und nach Altersteilzeit vorgezogen. Ursächlich verantwortlich hierfür war die drastische Ausweitung der von den Unternehmen praktizierten Frühverrentungspraxis. Darüber hinaus führten folgende weitere Einschränkungen zu reduzierten Regelleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung: 25 1.5 Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) ab 01.01.1997 <?page no="26"?> Wachstums- und Beschäftigungs- Förderungsgesetz (WFG) 01.01.1997 Kernstück des WFG sind Einsparungen • im Gebiet der Rehabilitation • durch verminderte Berücksichtigung - von Zeiten schulischer Ausbildung und - von Zeiten der Arbeitslosigkeit und Krankheit ohne Leistungsbezug - der ersten Berufsjahre • keine rentensteigernde Anrechnung von Krankheits- und Arbeitslosig‐ keitszeiten ohne Leistungsbezug • Anrechnung von Zeiten schulischer Ausbildung Die Anrechnung von Schulzeiten bei der Rentenberechnung unterlag in den zurückliegenden 20 Jahren ständigen Einschränkungen. Vom 01.01.1992 an wurden insgesamt 7 Jahre als rentensteigernde Zeiten der Schul-, Fachschul- und Hochschulausbildung nach dem 16. Lebensjahr berücksichtigt. Das WFG setzte mit dem 01.01.1997 (Rentenbeginn) bei allen Schulzeiten einen Zeitraum von höchstens drei Jahren nach dem 17. Lebensjahr für eine rentensteigernde Anrechnung fest. • Verschlechterung der Bewertung der ersten Berufsjahre Ab 01.01.1992 waren in der Regel die ersten 48 Kalendermonate nach Eintritt in die Rentenversicherung bei der Rentenberechnung einer Sonderbewertung unterzogen, soweit es sich dabei um Pflichtbeiträge gehandelt hat. Da in den ersten Berufsjahren meistens die gering ent‐ lohnten Berufsausbildungszeiten liegen, wurden diese Pflichtbeiträge mit 90 v. H. des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten angerechnet. Durch das WFG ist diese Besserstellung ab 01.01.1997 abgeschafft worden. Berufsausbildungszeiten bzw. die ersten 36 Pflichtbeitragsmonate vor dem 25. Lebensjahr erhalten seither nur noch einen Zuschlag bei der Ge‐ samtleistungsbewertung für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten. Anrechnungszeiten wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug werden ab 01.01.1997 zwar weiterhin als rentenrechtliche Zeiten berücksichtigt, doch bleiben sie bei der Rentenberechnung ohne jegliche Bewertung. 26 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="27"?> 1.6 Die Rentenreform 1999 Die Rentenreform 1999 Die wichtigsten Maßnahmen sind: • Einführung eines demographischen Faktors • Neuordnung des Bereichs der Renten wegen verminderter Erwerbsfä‐ higkeit • Anhebung der Altersgrenzen für Schwerbehinderte • Abschaffung der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit • und Altersteilzeitarbeit sowie der Altersrente für Frauen ab 2012 für alle Jahrgänge ab Geburtsjahr 1952 • Anhebung der Bewertung und additive Berücksichtigung von Kinder‐ erziehungszeiten • Einführung eines zusätzlichen Bundeszuschusses Von den in der Übersicht dargestellten wichtigsten Maßnahmen sind nach der Bundestagswahl 1998 von der neu gewählten Bundesregierung folgende Regelungen bis zum 31.12.2000 ausgesetzt worden: • Einführung eines demografischen Faktors bei der Rentenanpassung, • Neuordnung des Bereichs der Renten wegen verminderter Erwerbsfähig‐ keit, • Anhebung der Altersrente für Schwerbehinderte. Mit einem Rentenkorrekturgesetz wurden geeignete Maßnahmen ergriffen, um die Scheinselbständigkeit zu bekämpfen und arbeitnehmerähnliche Selbstän‐ dige in die Rentenversicherung einzubeziehen. Für geringfügig Beschäftigte werden seit 01.04.1999 auch bei fehlender Versicherungspflicht Pauschalbei‐ träge zur Rentenversicherung entrichtet. Die ausgesetzten Rechtsänderungen des Rentenreformgesetzes 1999 mün‐ deten schließlich in ein Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sowie dem Altersvermögensgesetz und dem Altersvermögen‐ sergänzungsgesetz. 27 1.6 Die Rentenreform 1999 <?page no="28"?> 1.7 Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (in Kraft ab 01.01.2001) Die Reform sieht künftig keine Berufsunfähigkeitsrente mehr vor. Erwerbs‐ minderungsrenten werden bei voller Erwerbsminderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (weniger als drei Stunden täglich erwerbsfähig) als Vollrente, bei teilweiser Erwerbsminderung mit einem Leistungsvermögen zwischen drei bis unter sechs Stunden als halbe Erwerbsminderungsrente geleistet. Treffen teilweise Erwerbsminderung und Arbeitslosigkeit zusammen, wird die Erwerbsminderungsrente für diesen Zeitraum als Vollrente gezahlt. Erwerbs‐ minderungsrenten sind grundsätzlich Zeitrenten. Falls der Rentenbeginn vor dem 63. Lebensjahr eingetreten ist, sind Abschläge bis zu maximal 10,8 Prozent in Abzug zu bringen. Entsprechende Abschläge erstrecken sich neben der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auch auf die Hinterbliebenenrente. Dem steht allerdings eine verlängerte Zurechnungszeit bis zum 60. Lebensjahr rentenerhöhend gegenüber. 1.8 Altersvermögens- und Altersvermögens‐ Ergänzungsgesetz (in Kraft ab 01.01.2002) Gegen Ende der 90er Jahre zeichnete sich bei anhaltend schwieriger Wirt‐ schaftslage und damit verbundener Arbeitslosigkeit ein weiteres Steigen des Beitragssatzes auch durch die jetzt und künftig stärker ins Gewicht fallende de‐ mografische Entwicklung ab, was den Gesetzgeber zu weiteren Reformgesetzen zwang. Als Ausgleich für das damit eintretende Absinken des Rentenniveaus wird seitdem mit der sog. „Riester-Rente“ die private oder betriebliche Altersvor‐ sorge staatlich gefördert. Flankiert wird dieses Vorgehen durch eine erhebliche Verbesserung der steuerlichen und arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für die betriebliche Altersvorsorge. Die Schwerpunkte der gesetzlichen Neuregelungen, und zwar die sog. „Riester-Rente“ und die Neuordnung der Hinterbliebenensicherung werden in den Kapiteln 6. und 11. dieses Buches ausführlich behandelt. Dies gilt ebenso für die Anrechnung von rentenrechtlichen Zeiten vom 17. bis 25. Lebensjahr und das Produkt der Renteninformation (Kapital 3. bzw. 10.). 28 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="29"?> Altersvermögensgesetz und Altersvermögens-Ergänzungsgesetz Ab 01.01.2002 • Einführung der staatl. geförderten Altersvorsorge - sogenannte Riester‐ rente • Grundsicherung im Alter und bei vollständiger Erwerbsminderung (ab 01.01.2003) aus Steuermitteln • neue Rentenanpassungsformel (Rückkehr zur Bruttolohnorientierung mit Anrechnung RV-Beitragssatzsteigerung und Beiträge private Alters‐ vorsorge - Riestertreppe) • Neuordnung der Hinterbliebenensicherung • Schließung von Beschäftigungslücken (17.-25. Lebensjahr) durch ver‐ besserte Anrechnung von Anrechnungszeiten • Jährliche Renteninformation an Versicherte über 27 Jahre • Ausbau des sozialen Netzes durch die Grundsicherung Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist eine seit dem 01.01.2003 in Deutschland bestehende bedarfsorientierte soziale Leistung zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes ähnlich der Sozialhilfe. Sie soll sog. versteckter oder verschämter Armut vorbeugen. Wer aus seinen rentenrechtlichen Zeiten aus der gesetzlichen Rentenversicherung keine oder eine zu geringe Rente erhält und über keine weiteren Einkünfte (ein‐ schließlich der Riester-Rente) verfügt, kann auf Antrag eine zusätzliche Grundsicherungsleistung zur Deckung seines soziokulturellen Existenz‐ minimums bekommen. Zuständig für die Leistungsfestsetzung sind die jeweiligen Kreissozialämter. Leistungsberechtigt sind alle Personen ab dem 18. Lebensjahr bei voller Erwerbsminderung oder im Alter nach Voll‐ endung des 65. Lebensjahres. Anders als bei Sozialhilfeleistungen kann hier auf die unterhaltspflichtigen Personen kein Rückgriff genommen werden. Vor Erreichen des 65. Lebensjahres kommt die Grundsicherung für Ar‐ beitssuchende, bekannt als sog. Hartz-IV-Leistung, für alle Arbeitslosen in Betracht, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein können. Diese Leistung wird von den Job-Centern gezahlt. • Neue Rentenanpassungsformel Mit der neuen Anpassungsformel erfolgt die Umstellung auf eine modi‐ fizierte Bruttorentenanpassung. Bei der Ermittlung des neuen aktuellen 29 1.8 Altersvermögens- und Altersvermögens‐Ergänzungsgesetz (in Kraft ab 01.01.2002) <?page no="30"?> Rentenwertes ist die Veränderung der Bruttolohn- und Gehaltssumme im vergangenen Kalenderjahr im Vergleich zum vorvergangenen Kalender‐ jahr, allerdings bereinigt um den für diese Zeiträume geltenden Beitrags‐ satz zur gesetzlichen Rentenversicherung und den Altersvorsorgeanteil, heranzuziehen. Die Beiträge zur „Riester-Rente“ betragen ab 01.01.2002 1 Prozent des individuellen Bruttoarbeitsentgeltes und erhöhen sich bis zum 01.01.2008 auf 4 Prozent. Bei der Rentenanpassung werden die Altersvorsorgeanteile für die Zeit vom 01.07.2003 bis 30.06.2010 mit einer jährlichen Steigerung um 0,5 Prozent berücksichtigt. Bei der Bestimmung des aktuellen Rentenwertes ab 01.07.2011 beläuft sich der Altersvorsor‐ geanteil auf 4 Prozent (aktuell auf 01.07.2013 verschoben - siehe unter 1.11.). 1.9 Reformmaßnahmen der Jahre 2003 und 2004 Die wirtschaftliche Situation kam aus der Stagnation nicht heraus; gleichzeitig trat eine Verschlechterung der Arbeitsmarktlage ein. Die Folgen waren weiter sinkende Beitragseinnahmen bei einer Ausweitung der Zahl der Leistungsbe‐ rechtigten. Schließlich waren schon 2003 / 2004 weitere restriktive Maßnahmen im Rentenversicherungsrecht unumgänglich. Sparbeschlüsse 2003 und 2004 1., 2. u. 3 SGB VI-Änderungsgesetz • Aussetzung der Rentenanpassung im Jahr 2004 • Senkung der Schwankungsreserve auf eine Untergrenze von 0,2 Monats‐ ausgben Ab 1.04.2004: • Vollständige Tragung des Pflegeversichungsbeitrags durch die Rentner • Verschiebungen des Rentenzahltermins von Monatsanfang auf das Mo‐ natsende für neue Rentner • Zeitnahe und individuelle Weitergabe von Beitragssatzänderungen in der geseztlichen Krankenversicherung 30 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="31"?> • Wichtigste Änderungen durch das Rentenversicherungs-Nachhaltig‐ keitsgesetz (in Kraft ab 01.01.2005) Die Reformen in der Rentenversicherung schienen sich endlos fortzu‐ setzen. Durch die Einführung eines Nachhaltigkeitsfaktors in der Renten‐ anpassungsformel sowie mittel- und langfristig wirkenden Maßnahmen bei der Rentenberechnung wurden mit dem Nachhaltigkeitsgesetz ein‐ schneidende Änderungen vorgenommen. Das Rentenniveau des soge‐ nannten Eckrentners, das 2008 (vor Steuern) bei etwa 53 Prozent liegt, wird künftig deutlich sinken. Es darf bis zum Jahr 2020 einen Wert von 46 Prozent und bis zum Jahr 2030 einen Wert in Höhe von 43 Prozent nicht unterschreiten; so sieht es die neue Niveausicherungsklausel vor (§ 154 Abs. 4 SGB VI). Reformmaßnahmen der Jahre 2003 und 2004 Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21.07.2004 (im We‐ sentlichen in Kraft ab 1.01.2005) • Modifizierung der Rentenanpassungsformel (Nachhaltigkeitsfaktor! ) • Anhebung der Altersgrenze für die frühestmögliche Inanspruchnahme der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit vom 60. auf das 63. Lebensjahr (gültig ab 1.01.2006) • Abschaffung der Bewertung der Ausbildungszeiten für weitere Schul‐ ausbildung und Hochschulausbildung als rentensteigernde Anrech‐ nungszeiten • Höherbewertung der ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeitrags‐ zeiten nur bei echter beruflicher Ausbildung • Schwankungsreserve = Nachhaltigkeitsrücklage (Anhebung des oberen Zielwerts von 0,7 auf 1,5 Monatsausgaben) Um zu verstehen, was sich hinter den einzelnen Begriffen verbirgt, hier einige kurze Erläuterungen. • Modifizierung der Rentenanpassungsformel durch Einführung eines Nachhaltigkeitsfaktors Im Mittelpunkt des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes steht die Modifizierung der Rentenanpassungsformel durch den sog. „Nachhaltigkeitsfaktor“. Danach soll in Zukunft die jährliche Rentenanpassung auch von der Veränderung des Verhältnisses von Beitragszahlern zu Rentenempfän‐ gern abhängig sein. Neben der erfreulichen längeren Lebenserwartung 31 1.9 Reformmaßnahmen der Jahre 2003 und 2004 <?page no="32"?> ist zusätzlich der Geburten- und Erwerbstätigenrückgang zu beachten. Deshalb wird bei künftigen Rentenanpassungen auch die Relation von Rentenbeziehern zu Beitragszahlern berücksichtigt. Der Nachhaltigkeits‐ faktor kann sich - wie 2007 und 2008 sowie 2010 und 2011 - auch günstig auf die Rentenanpassung auswirken, wenn die Zahl der Beitragszahler zunimmt. Nach der bis zum 30.06.2006 geltenden Anpassungsformel berechnete sich der Wert der dynamischen Rentenanpassung nach der Veränderung der Bruttolohn- und Gehaltssumme aus der volkswirtschaftlichen Ge‐ samtrechnung. Ab 01.07.2006 orientiert sich die Rentenanpassung nur noch an der Entwicklung der in der Rentenversicherung beitragspflich‐ tigen Lohn- und Gehaltssumme (§ 68 Abs. 2 und 7 SGB VI). Dies bedeutet, dass Entgelte über der Beitragsbemessungsgrenze und die Bezüge der Beamten außer Betracht bleiben müssen! • Anhebung der Altersgrenze für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit Die vorzeitige Altersgrenze 60 wird in 36 Monatsschritten in der Zeit vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2008 auf das 63. Lebensjahr angehoben. Betroffen von dieser Anhebung sind die Versicherten der Jahrgänge 1946 bis 1951. Versicherte, die nach dem 31.12.1951 geboren sind, haben bereits nach geltendem Recht keinen Anspruch mehr auf die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit. • Abschaffung der Bewertung der Ausbildungszeiten für weitere Schulaus‐ bildung und Hochschulausbildung als rentensteigernde Anrechnungs‐ zeiten Ab Januar 2005 werden nur noch die Zeiten des Fachschulbesuchs und die Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme bei der Rentenberechnung bewertet. Nach einer Übergangszeit bis Ende 2008 werden Schul- und Hochschulzeiten nicht mehr bei der Rentenberech‐ nung berücksichtigt. Davon unabhängig bleibt aber die Anrechnung schulischer Ausbildung bei den rentenrechtlichen Zeiten. Weiterhin werden Zeiten einer schulischen Ausbildung nach dem vollendeten 17. Lebensjahr insgesamt höchstens bis zu 8 Jahren als Anrechnungs‐ zeiten anerkannt. • Höherbewertung der ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten nur bei echter Berufsausbildung Die pauschale Höherbewertung der ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen entfällt. Es werden nur noch Zeiten einer tatsächlichen 32 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="33"?> Berufsausbildung als beitragsgeminderte Zeiten in die Höherbewertung einbezogen. 1.9.1 Alterseinkünftegesetz Weitere Rechtsänderung, die die gesetzliche Rentenversicherung betreffen 1. Alterseinkünftegesetz - in Kraft ab 1.01.2005 Steuerliche Entlastung in der Beitragsphase, aber nachgelagerte Be‐ steuerung der Renten (Rentenbezieher 2005: nur 50 Prozent der Rente ist steuerpflichtig) 2. Kinder-Berücksichtigungsgesetz - in Kraft ab 1.01.2005 Eröhung der Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung für kinder‐ lose Versicherte um 0,25 Prozent ab 1.01.2005 (Ausnahme: Versicherte vor 1.01.1940 geboren oder noch unter 23 Jahre alt, Wehru. Zivildienst‐ leistende sowie Arbeitslosengeld II-Empfänger) • Das Steuerrecht ab 01.01.2005 Am 01.01.2005 hat der Einstieg in die sog. nachgelagerte Besteuerung der Renten begonnen. Die Beiträge für den Aufbau der Altersversorgung werden künftig - nach einer langen Übergangszeit - steuerfrei sein, dafür werden später die Renteneinkünfte voll versteuert. Rentenversi‐ cherungsbeiträge und weitere Vorsorgeaufwendungen (z. B. Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) können im Rahmen be‐ stimmter Höchstbeträge zu einem Teil vom steuerpflichtigen Einkommen abgezogen werden. Diese Freistellung wird in jährlichen Stufen vorge‐ nommen. Es dauert noch bis zum Jahr 2025, bis die Rentenversicherungs‐ beiträge in voller Höhe von der Steuer absetzbar sein werden. Näheres hierzu unter Kapitel 9.3.1. 33 1.9 Reformmaßnahmen der Jahre 2003 und 2004 <?page no="34"?> 2005 Arbeitgeberanteil 100 % 50% 60% Arbeitnehmeranteil 2025 Jahr der steuerlichen Veranlagung steuerfreie Rentenversicherungsbeiträge steuerfreie Rentenversicherungsbeiträge Arbeitnehmeranteil Arbeitgeberanteil Arbeitnehmeranteil Arbeitnehmeranteil Arbeitnehmeranteil Arbeitnehmeranteil Arbeitnehmeranteil Abbildung 1: Freistellung der Vorsorgeaufwendungen 2006 52 v.H. 2007 54 v.H. Für jeden Jahrgang steigt der Steueranteil um 2 v.H. 2018 76 v.H. 2019 78 v.H. 2020 80 v.H. 2022 82 v.H. 2023 83 v.H. Für jeden Jahrgang steigt der Steueranteil um 1 v.H. 2038 98 v.H. 2039 99 v.H. 2040 100 v.H. Beginn 2005 50 v.H. Beginn 2021 81 v.H. Abbildung 2: Einstieg in die nachgelagerte Besteuerung der Renten 34 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="35"?> Auch der Einstieg in die neue Rentenbesteuerung wird nicht in einem Schritt vollzogen. Um eine Zweifachbesteuerung zu vermeiden, gibt es auch hier eine Übergangsphase. Zum Einstieg hat der Gesetzgeber zunächst 50 Prozent der Jahresbruttorente als angemessen angesehen. Die Übergangszeit bis zur vollen Besteuerung der Rente dauert 35 Jahre. Erst wer 2040 oder später in Rente geht, muss seine Rente grundsätzlich voll versteuern. Bis zum 31.12.2004 unterlagen die Renten der sog. Ertragsanteilbesteuerung. Dies bedeutet, dass sie nicht mit ihrem Zahlbetrag, sondern nur mit ihrem Ertragsanteil, der im Wesentlichen abhängig vom Lebensalter ist, zu versteuern sind. Bei einem Renteneintritt mit 65 betrug der Ertragsanteil z. B. nur 27 Prozent der Rente. Weitere Erläuterungen hierzu unter Kapitel 9.3.2. 1.9.2 Kinder-Berücksichtigungsgesetz Seit 01.01.2005 müssen „kinderlose“ Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung nach Vollendung des 23. Lebensjahres einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens zahlen. Auch diese gesetzliche Neuregelung wurde aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichtes zur Bemessung des Beitrages zur Pflegeversicherung notwendig. Hartz IV (in Kraft am 01.01.2005) 1.9.3 Hartz IV (in Kraft am 01.01.2005) Weitere Rechtsänderungen, die die gesetzliche Rentenversicherung betreffen 3. Hartz IV - in Kraft ab 1.01.2005 Arbeitslosengeld II auch für erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger ab 01.01.2005 (Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung; Beitrag 2005/ 2006: 78 € mtl.-Entgelt: 400 € mtl.- Beitrag ab 01.01.2007: 40,80 € mtl.-Entgelt: 205 € mtl.-) 4. Überarbeitung Lebenspartnerschaftsgesetz vom 15.12.2004 Einbeziehung der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften in Hin‐ terbliebenenversorgung, Rentensplitting und Versorgungsausgleich (bei Aufhebung der Lebenspartnerschaft) ab 01.01.2005 35 1.9 Reformmaßnahmen der Jahre 2003 und 2004 <?page no="36"?> • Das wichtigste zu den Hartz-IV-Leistungen Mit Hartz IV wurden ab 01.01.2005 die bisherige Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe für Erwerbsfähige in einem neuen Leistungssystem der Grundsicherung für Arbeitssuchende zusammengeführt (SGB II). Ziel der Grundsicherung für Arbeitssuchende ist die Stärkung der Eigenverant‐ wortung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen. Unter Hartz-IV-Leistung versteht man das Arbeitslosengeld II. Dies umfasst die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes, ggf. Leistungen für Mehrbedarf beim Lebensunterhalt, Leistungen für Unterkunft und Heizung sowie einen befristeten Zuschlag. Die Bezieher von Arbeitslosengeld II sind grund‐ sätzlich in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig gewesen. Die Absicherung der Leistungsbezieher erfolgte unabhängig von der Höhe des tatsächlich gezahlten Arbeitslosengeldes II auf der Basis von monatlich 400 € für Zeiträume bis zum 31.12.2006 und von 205 € ab 01.01.2007. Aus Gründen der Haushaltsersparnis ist die Versiche‐ rungspflicht der ALG-II-Bezieher in der gesetzlichen RV ab 01.01.2011 mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2011 abgeschafft worden. Damit konnten erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger nur für eine befristete Zeit Pflicht‐ beiträge leisten und die versicherungsrechtlichen Anspruchsvorausset‐ zungen für eine Rehabilitationsleistung oder für eine Versichertenbzw. Hinterbliebenenrente erfüllen. Ab 01.01.2011 bedingen diese Zeiten keine Rentensteigerung mehr, da die jetzt dafür in Betracht kommenden An‐ rechnungszeiten von einer Bewertung in der Rentenberechnung ausge‐ nommen sind. 1.9.4 Verbesserung für Lebenspartnerschaften bei der Hinterbliebenenversorgung Die Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsgesetzes erbrachte mit Wirkung vom 01.01.2005 eine weitgehende Angleichung des Rechts der Lebenspartner‐ schaft an das Recht der Ehe. Dies gilt insbesondere für die Adoption eines Stiefkindes, den Versorgungs‐ ausgleich bei Auflösung der Lebenspartnerschaft durch Trennung sowie die Hinterbliebenenversorgung und das Rentensplitting bei Tod. Auf einzelne Punkte wird in den folgenden Fachtexten (Kapiteln 6 und 7) näher eingegangen. 36 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="37"?> 1.9.5 Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung Weitere Rechtsänderungen, die die gesetzliche Rentenversicherung betreffen Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung • ab 1.01.2005 einheitliche Versicherte - Neuaufteilung des Versichertenbestandes zum 1.10.2005: - 40 Prozent DRV Bund (ehemalige BfA) 5 Prozent DRV Knappschaft, Bahn, See - 55 Prozent Regionalträger (ehemals LVA) - vor der Reform 27 RV-Träger, jetzt 16 RV-Träger! • Grundsatz- und Querschnittsaufgaben bei DRV Bund • Auskunft und Beratung nur noch durch Regionalträger Mit diesem Gesetz ist die Arbeiterrentenversicherung und Angestelltenversi‐ cherung unter dem Namen „Deutsche Rentenversicherung“ zur allgemeinen Rentenversicherung zusammengefasst worden. Die Vereinheitlichung des Leis‐ tungsrechts, begonnen am 01.01.1957, wurde somit auch organisatorisch voll‐ endet. Seit 01.01.2005 ist die Zuordnung der Versicherten nach den Kriterien „Arbeiter / Angestellte“ entfallen. Es gibt einen einheitlichen Versichertenbe‐ griff; die Zuständigkeit für die Versicherten resultiert aus der Führung seines Versicherungskontos. Die Deutsche Rentenversicherung gliedert sich zukünftig in eine Bundes- und eine Regionalebene. Ziel der Reform ist es, zwischen beiden Ebenen eine stabile Versichertenverteilung zu erreichen. Nach der neuen Versichertenzuordnung erhalten die Regionalträger (früher Landesversi‐ cherungsanstalten - LVA -) 55 Prozent und die beiden Bundesträger 45 Prozent der Versicherten. Die Zahl der Regionalträger soll durch Fusionen verringert werden. Grundsatz- und Querschnittsaufgaben werden vorwiegend durch die Deutsche Rentenversicherung Bund in Abstimmung mit den Regionen zen‐ tral wahrgenommen. Dafür obliegt das Auskunfts- und Beratungsstellennetz künftig ausschließlich den Regionalträgern. Die durch die Organisationsreform entstandenen Einsparpotentiale sind durch die Reduzierung der gesamten Verwaltungs- und Verfahrenskosten der gesetzlichen Rentenversicherung bis zum Jahr 2010 um 10 Prozent sichtbar geworden. 37 1.9 Reformmaßnahmen der Jahre 2003 und 2004 <?page no="38"?> 1.10 Haushaltsbegleitgesetz 2006 Mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2006 sind die Beitragssätze für Minijobs im gewerblichen Bereich ab 01.07.2006 von 25 Prozent auf 30 Prozent angepasst worden. In der Rentenversicherung beträgt der Pauschalbeitrag anstelle von 12 Prozent nunmehr 15 Prozent, in der Krankenversicherung anstelle von 11 Prozent jetzt 13 Prozent. Der pauschale Steuersatz in Höhe von 2 Prozent bleibt unverändert. 1.11 Reformen 2006 bis 2009 Mit der Einführung der „Riester-Rente“ im Jahr 2002 wurden in der Rentenver‐ sicherung Reformen begonnen, die auch nach dem Inkrafttreten des Rentenver‐ sicherungs-Nachhaltigkeitsgesetzes und der Neuregelung zur Besteuerung der Alterseinkünfte am 01.01.2005 noch nicht vollständig waren. Sie werden nun mit dem Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) um einen weiteren wichtigen Baustein ergänzt. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine im Jahr 2012 beginnende schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze vom 65. auf das 67. Lebensjahr. Dabei werden Ausnahmeregelungen für Versicherte mit 45 Beitragsjahren geschaffen; sie können weiterhin mit 65 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen. Außerdem beschäftigt sich das neue Gesetz mit zusätzlichen Dämpfungsfaktoren für zukünftige Rentenanpassungen. Damit sollen nach dem Jahr 2011 die wegen der Schutzklausel 2005 und 2006 nicht realisierten - aber nach der Modifizierung der Rentenanpassungsformel mit Riester-Faktor und nach Nachhaltigkeitsfaktor eigentlich notwendigen - Absenkungen bei der Rentenanpassung ausgeglichen werden. Der darüber hinaus noch festgelegte Ausschluss einer Minusanpassung - auch bei degressiver Lohnentwicklung - dürfte aufgrund der augenblicklichen erfreulichen konjunkturellen Entwicklung mit steigenden Beitragseinnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung auf absehbare Zeit keine Rolle mehr spielen. 38 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="39"?> Reformen 2006 + 2007 1. Anhebung der Regelaltersgrenze von 65 auf 67 ab 01.01.2012-31.12.2029 (Geburtsjahrgänge 1947 bis 1964) 2. Abschlagsfreier Rentenbeginn bei 45 Beitragsjahren ab dem 65. Lebensjahr dazu zählen Pflichtbeiträge aus Beschäftigung, selbständiger Tätigkeit und Pflege, Zeiten der Kindererziehung bis zum 10. Lebensjahr des Kindes sowie Wartezeitmonate aus einer versicherungsfreien geringfü‐ gigen Beschäftigung) 3. Keine Minusanpassung - auch bei degressiver Lohnentwicklung - bis 2009 4. Dämpfungsfaktoren für künftige Rentenanpassungen ab 2011 Realisierung der seit 2005 unterbliebenen Anpassungsdämpfungen im Westen i. H. v.1,78 Prozent, im Osten 1,32 Prozent Weitere interessante Entwicklungen haben sich durch die Erhöhung des Bei‐ tragssatzes von 19,5 Prozent auf 19,9 Prozent ab 01.01.2007 ergeben. Rentenerhöhung zum 01. Juli 2007 Die positive Entwicklung der ökonomischen Rahmendaten haben bereits zum 01.07.2007 erstmals nach vier Jahren wieder eine Rentenanpassung um 0,54 Pro‐ zent zugelassen. Die anpassungsrelevante Lohnentwicklung betrug 0,98 Prozent in den alten und 0,49 Prozent in den neuen Bundesländern Durch die Erhöhung ab 01.07.2007 betrug der aktuelle Rentenwert 26,27 € und der aktuelle Renten‐ wert (Ost) 23,09 €. Rentenerhöhung zum 1. Juli 2008 Um den Rentenempfängern einen Anschluss an die positive wirtschaftliche Ent‐ wicklung zu ermöglichen, beschloss die Bundesregierung, den „Riester-Faktor“ 2008 und 2009 ausnahmsweise auszusetzen. Dadurch betrug die ab 01.07.2008 wirksam gewordene Rentenanpassung 1,1 Prozent und der aktuelle Rentenwert 26,56 € bzw. der aktuelle Rentenwert (Ost) 23,34 €. Durch die Reform der Pflegeversicherung wurde der Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung zum 1. Juli 2008 um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Diese zusätzliche Belastung ist von den Rentnern selbst zu tragen. Die Finanzierung einer auf Entgeltumwandlung beruhenden Versorgungs‐ zusage bleibt über den 31.12.2008 hinaus sozialversicherungsfrei. Damit sind 39 1.11 Reformen 2006 bis 2009 <?page no="40"?> Direktversicherungen und Pensionskassen weiterhin finanziell attraktiv (vgl. Nr. 13 des Inhaltsverzeichnisses). Rentenerhöhung zum 1. Juli 2009 Die Renten stiegen zum 01.07.2009 in Westdeutschland um 2,41 Prozent und in den neuen Bundesländern - aufgrund der für die Rentenanpassung relevanten Lohnentwicklung - um 3,38 Prozent. Damit erhöhte sich der aktuelle Renten‐ wert auf 27,20 € und der aktuelle Rentenwert (Ost) auf 24,13 €. Neue Rentengarantie verabschiedet / Keine Rentenanpassung 2010 Mit dem 3. SGB IV-Änderungsgesetz, das am 10.07 2009 im Bundesrat bestätigt wurde, wird gegenüber den Rentnerinnen und Rentnern eine gesetzliche Be‐ standsgarantie ausgesprochen. Die Renten bleiben auch dann stabil, wenn die Löhne einmal übers Jahr sinken sollten. Dieser Besitzschutz wurde bereits bei der Rentenanpassung am 01.07.2010 aktuell. Ohne diese gesetzliche Regelung wären die Renten im alten Bundesgebiet um 2,10 Prozent und in den neuen Bundesländern um 0,54 Prozent abgesunken. Es konnte aber bei den zuletzt festgestellten aktuellen Rentenwerten verbleiben. Allerdings stiegen nun die Dämpfungsfaktoren im Westen auf 3,81 Prozent und in den neuen Ländern auf 1,83 Prozent an. Mit dem Ausgleich wurde innerhalb der Rentenanpassung am 01.07.2011 begonnen. 1.12 Reformen 2010 bis 2020 / Rentenanpassungen ab 2012 Rentenanpassungen seit 2012 Der aktuelle Rentenwert hat sich jeweils zum 01.07. eines Jahres wie folgt geändert: 2012 - WEST: 28,07 € (+ 2,18 Prozent) OST: 24,92 € (+ 2,26 Prozent) 2013 - WEST: 28,14 € (+ 0,25 Prozent) OST: 25,74 € (+ 3,29 Prozent) 2014 - WEST: 28,61 € (+1,67 Prozent) OST: 26,39 € (+ 2,53 Prozent) 2015 - WEST: 29,21 € (+ 2,10 Prozent) OST: 27,05 € (+ 2,50 Prozent) 2016 - WEST: 30,45 € (+ 4,25 Prozent) OST: 28,66 € (+ 5,95 Prozent) 2017 - WEST: 31,03 € (+ 1,90 Prozent) OST: 29,69 € (+ 3,60 Prozent) 2018 - WEST : 32,03 € (+ 3,22 Prozent) OST: 30,69 € (+ 3,37 Prozent) 2019 - WEST: 33,05 € (+ 3,18 Prozent) OST: 31,89 € (+ 3,91 Prozent) 2020 - WEST: 34,19 € (+ 3,45 Prozent) OST: 33,23 € (+4,20 Prozent) 2021 - WEST: 34,19 € (null Anpassung) OST: 33,47 € (+ 0,72 Prozent). 40 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="41"?> Die Rentenanpassung am 01.07.2021 fällt wegen der Covid-19 bedingten rück‐ läufigen Lohnentwicklung im Jahr 2020 aus. Erhalten bleibt aber die stufenweise Anpassung des aktuellen Rentenwertes-Ost auf Westniveau - ab 01.07.2021 = 0,72 Prozent. Zukünftig sind jedoch bei weiterem Wirtschaftswachstum wieder Rentenanpassungen zu erwarten. Insgesamt sind die Renten in den letzten Jahren (siehe obige Zusammenstellung) aber ganz deutlich gestiegen. Allein im Zeitraum zwischen 2015 und 2020 gab es ein Plus im Westen von rund 17 Prozent und im Osten sogar von rund 23 Prozent. Die Rentnerinnen und Rentner haben dadurch auch real mehr Geld in der Tasche, da die Rentenanpassungen spürbar höher waren als der Preisanstieg. Beitragssatz weiter abgesenkt Durch die positive Entwicklung bei der Nachhaltigkeitsrücklage als Finanzre‐ serve der gesetzlichen Rentenversicherung konnte der Beitragssatz ab 2013 auf 18,9 Prozent und ab 2015 auf 18,7 Prozent abgesenkt werden. Ab 2018 ist er sogar auf 18,6 Prozent gesunken. Rentenpaket I 2014 Die ab 01.07.2014 in Kraft getretenen Reformen betreffen die Erhöhung der Kin‐ dererziehungszeiten für vor dem 01.01.1992 geborenen Kinder um 1 Jahr (Müt‐ terrente), die vorübergehende Absenkung des Lebensalters bei Altersrenten für besonders langjährig Versicherte auf 63 und Verbesserungen bei der Rente wegen Erwerbsminderung (plus 2 Jahre Zurechnungszeit sowie Günstigerprü‐ fung der Bewertung für die letzten 4 Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung). Die Verlängerung der Zurechnungszeit hat durch spätere Gesetzesbeschlüsse eine weitere Verbesserung erhalten. Hauptsächlich von der Berücksichtigung dieser Zurechnungszeiten profitieren jüngere Versicherte, die zum Zeitpunkt des Rentenbezugs eine aufgrund kürzerer Beitragszahlung niedrige Rente er‐ halten würden. Dieser Nachteil wird mit den Zurechnungszeiten ausgeglichen. Folgende Änderungen sind in Kraft getreten: • Bei Rentenbeginn ab 01.07.2014 Erhöhung des Zurechnungszeitsende vom 60. auf das 62. Lebensjahr in einem Schritt. • Bei Rentenbeginn ab 01.01.2018 schrittweise Verlängerung der Zurech‐ nungszeit vom 62. Lebensjahr bis zum 65. Lebensjahr, die aufgrund des EM-LVSG (Erwerbsrenten-Leistungsverbesserungsgesetzes) ausschließ‐ lich 2018 auf 62 Jahre und drei Monaten festgesetzt wurde. • Bei Rentenbeginn ab 01.01.2019 sofortige Verlängerung der Zurechnungs‐ zeit auf 65 Lebensjahre und acht Monaten und ab Rentenbeginn 2020 schrittweise Verlängerung bis zur Vollendung des 67. Lebensjahrs. 41 1.12 Reformen 2010 bis 2020 / Rentenanpassungen ab 2012 <?page no="42"?> Weitere Neuerungen ab 01.01./ 01.07.2017 Kurzüberblick über die Flexirente und weitere rentenrechtliche Änderungen ab 2017 ff. Folgende Neuregelungen sind zu beachten: • Die bisherigen starren Teilrenten wegen Alters (1/ 3, 1/ 2, 2/ 3) und wegen Erwerbsminderung (1/ 4, 1/ 2, 3/ 4) werden ab 01.07.2017 durch die indi‐ viduelle und flexible Anrechnung von Hinzuverdienst auf die Rente abgelöst (sogenannte Flexirente). • Empfänger einer vorzeitigen Alters-Vollrente sind bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung versiche‐ rungspflichtig, soweit sie eine versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit ausüben. Andererseits bleibt auch das Recht zur freiwilligen Versicherung bis zur Regelaltersgrenze bestehen (ab 01.01.2017). • Nach Erreichen der Regelaltersgrenze können berufstätige Rentenbe‐ zieher auf die Versicherungsfreiheit verzichten und weiterhin Pflichtbei‐ träge zur Rentenversicherung entrichten • Versicherte können früher und flexibler - nunmehr schon ab dem 50. Lebensjahr - zusätzlich Beiträge zur Rentenversicherung zahlen, um Rentenabschläge einer geplanten vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente auszugleichen. • Durch die vorgesehene Anpassung des Aktuellen Rentenwertes ARW) - Ost (ab 01.07.2017: 29,69 €) auf den Stand des ARW -West (ab 01.07.2017: 31,03 €) in einem Zeitraum von 2018 bis 2024 ergeben sich wichtige Hinweise für eine rechtzeitige Nachzahlung zum Ausgleich von Renten‐ abschlägen. Folgende Antworten zu ausgewählten Fragen versuchen die Inhalte der Änderungen zum 01.01. oder 01.07.2017 zu erläutern: Was passiert, wenn mein Hinzuverdienst als Frührentner über 6.300 € hinausgeht? Bei Überschreiten der kalenderjährlichen Hinzuverdienstgrenze wird der Hin‐ zuverdienst unter Zugrundelegung einer Jahresdurchschnittsbetrachtung stu‐ fenlos angerechnet. Das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze bewirkt - anders als im bisherigen Recht - nicht, dass die Rente über den eigentlichen Hinzuverdienst hinaus gekürzt wird. 42 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="43"?> Ein Anspruch auf eine Teilrente besteht, wenn der Hinzuverdienst die Hinzuverdienstgrenze von 6.300 € im Kalenderjahr überschreitet. Die Höhe der Teilrente bestimmt sich dabei wie folgt: Im ersten Schritt wird geprüft, ob der jährliche Hinzuverdienst die jährliche Hinzuverdienstgrenze von 6.300 € übersteigt. Ist dies der Fall, wird ein zwölftel des übersteigenden Betrages zu 40 Prozent auf die Vollrente angerechnet. Beispiel: Der jährliche Hinzuverdienst beträgt 7.500 €. Nach Abzug des Freibe‐ trages von 6.300 € verbleiben noch 1.200 €. Ein Zwölftel des überschreitenden Betrages, im Ergebnis 100 € werden zu 40 Prozent, also mit 40 € monatlich auf die Rente angerechnet. Ist mein Hinzuverdienst unbegrenzt mit 40 % anzurechnen? Zunächst ist immer ein Hinzuverdienstdeckel zu ermitteln. Der Mindest-Hin‐ zuverdienstdeckel beträgt 525 € monatlich (6.300 € jährlich). Die Berechnung des höchsten Hinzuverdienstdeckels orientiert sich jeweils dynamisch an der monatlichen Bezugsgröße-West (§ 18 SGB IV). 201 t sind dies 2.975 €. Sie wird nun mit den höchsten Entgeltpunkten aus den letzten 15 Kalenderjahren vor dem Beginn der Rente wegen Alters multipliziert. Mit diesem Zeitraum wird der Erwerbsbiografie derjenigen Versicherten Rechnung getragen, die in den letzten Jahren vor Rentenbeginn beispielsweise arbeitslos waren oder ihre Erwerbstätigkeit reduziert und damit ein geringeres Einkommen versichert hatten als in der davor liegenden Zeit. Übersteigen aber die monatliche Teilrente und der Hinzuverdienst diese Grenze, werden 100 Prozent des überschreitenden Betrages an der Rente angerechnet. Dies soll anhand des folgenden Beispiels dargestellt werden. Beispiel: Beginn der vorzeitigen Altersrente nach § 236 SGB VI am 01.08.2017 i. H. v. 1.460,00 € monatlich. Weiterarbeit bis 31.12.2018. Monatlicher Verdienst ab 01.08.2017: 3.660 € und ab 01.01.2018: 2.800 €. Hinzuverdienstdeckel: 1,00 Entgeltpunkte (Best of 15). Bezugsgröße aus 2017 = monatlich 2975 €. Der Hinzuverdienstdeckel errechnet sich aus 2.975 € X 1,00 = 2.975 €. Der Hinzuverdienst beträgt ab 01.08.2017 monatlich 3.660 € x 5 Monate = 18.300 € - 6.300 € = 12.000 x 40 Prozent = 4.800 €: 12 = 400 €. Altersrente i. H. v. 1.460 € minus 400 € = 1.060 € Teilrente für die Zeit vom 01.08. bis 31.12.2017. Ein Zwölftel des zugrundezuliegenden jährlichen Verdienstes von 18.300 € = 1.525 + Teilrente von 1.060 € bleibt unterhalb des oberen Deckels in Höhe von 2.975 €. 43 1.12 Reformen 2010 bis 2020 / Rentenanpassungen ab 2012 <?page no="44"?> Ab 01.01.2018 ist eine neue Anrechnung vorzunehmen. Der jährliche Hinzu‐ verdienst beläuft sich auf 33.600 €. Der Hinzuverdienstdeckel errechnet sich aus 3.050 € (fiktive Bezugsgröße für 2018) x 1,00 = 3.050 €. 33.600 € - 6.300 € = 27.300 € x 40 Prozent = 10.920 € geteilt durch 12 = 910 €. Die Teilrente beträgt ab 01.01.2018 zunächst: 550 €. Jetzt ist zu prüfen, ob Teilrente und Hinzuverdienst den oberen Deckel überschreiten. 550 € + 2.800 € = 3.350 €. Da die Höchstgrenze um 300 € überschritten wird, ist dieser Betrag an der Rente in vollem Umfang abzuziehen. Damit kann ab 01.01.2018 lediglich eine Teilrente i. H. v. 250 € monatlich geleistet werden. Die Entgeltpunkte aus der Weiterbeschäftigung werden ab erzielter Regelal‐ tersgrenze zusätzlich berücksichtigt. Gibt es eigentlich die Möglichkeit trotz Rentenbezug im bisherigen oder einem anderen Job weiterzuarbeiten, ohne dass es zu einer Kürzung der Rente kommt? Wer ab Rentenbeginn in einem Kalenderjahr seine Beschäftigung fortsetzt oder eine andere Beschäftigung aufnimmt, deren Entgeltsumme 6.300 € nicht über‐ schreitet, erhält seine volle Rente weiter. Dabei ist keine monatliche Obergrenze einzuhalten. Mit Beginn des neuen Kalenderjahres ist der Hinzuverdienst erneut zu überprüfen. Hierzu das folgende Beispiel: Beispiel: Der Versicherte bezieht schon seit einem Jahr eine Altersrente nach § 236 SGB VI mit monatlich 900 €. Am 01.11.2017 nimmt er eine Beschäftigung auf, in der er monatlich 3.000,00 € verdient. Ab 01.01.2018 reduziert er seinen Hinzuverdienst auf 525 € monatlich. Der Versicherte überschreitet mit seinem Hinzuverdienst von insgesamt 6.000 € im November u. Dezember 2017 nicht den zulässigen Freibetrag. Deshalb bleibt die Altersrente in Höhe von monatlich 900 € im Jahr 2017 anrechnungsfrei. Sie wird auch ab 01.01.2018 in unveränderter Höhe weitergezahlt, da der Versicherte mit seinem Hinzuverdienst nicht den Mindestdeckel von monatlich 525 € überschreitet. Entgeltpunkte-Zuschläge aus den weiteren Beitragszeiten werden mit Errei‐ chen der Regelaltersgrenze angerechnet. Kann der Bezieher einer Altersrente mit Abschlägen seine Rente durch Zahlung freiwilliger Beiträge erhöhen? Ein vorzeitiger Rentenbezug - auch als Teilrente - ist mit Abschlägen in Höhe von 0,3 Prozent je Monat der früheren Inanspruchnahme verbunden. Bei vorzei‐ tigem Rentenbezug von einem Jahr sind dies 3,6 Prozent, bei 2 Jahren 7,2 Prozent, bei 3 Jahren 10,8 Prozent an Abschlägen von den Entgeltpunkten. Die Abschläge 44 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="45"?> gleichen die Kosten des längeren Rentenbezugs aus. Diese Abschläge können nach § 187a durch zusätzliche Beitragszahlungen ausgeglichen werden. Aufgrund von Rechtsänderungen (ab 01.07.2017) erhalten Versicherte die erforderliche Rentenauskunft über die Höhe der Beitragszahlung zum Ausgleich einer Rentenminderung bereits nach Vollendung des 50. Lebensjahres, bei berechtigtem Interesse auch schon früher. Damit können die Menschen früher und flexibler ihren Ausstieg aus dem Erwerbsleben planen und die mit einem vorzeitigen Rentenzugang verbundenen Rentenminderungen verringern. Wei‐ tere Ausführungen zum Ausgleich einer Rentenminderung siehe Punkt 10.5. Ist es für Versicherte aus dem Beitrittsgebiet besonders ratsam, eine Beitragszahlung zum Ausgleich von Rentenminderungen jetzt vorzunehmen? Durch die Angleichung des Rentenrechts steigt der ARW (Ost) - nach Zwi‐ schenschritten von 2018 bis 2024 auf das Niveau des ARW im alten Bundesge‐ biet. Auch die übrigen Rechengrößen, wie etwa die Bezugsgröße (Ost) und die Beitragsbemessungsgrenze (Ost), sollen in sieben Stufen auf Westniveau angehoben werden. Im Gegenzug werden bis 2024 erzielte Ost-Entgelte dem‐ entsprechend geringer hochgewertet bzw. entfällt ab 2024 die bisherige »Hoch‐ wertung« auf Westniveau vollständig (Anlage 10 SGB VI). Um die Differenz zwischen einer Beitragszahlung im Bundesgebiet West und Ost aufzuzeigen, haben wir im folgenden Beispiel diese Rechnung bei einem Versicherungskonto präsentiert: Ein 1960 geborener Versicherter erklärt, nach vollendetem 63. Lebensjahr und vier Monaten eine Altersrente für langjährig Versicherte in Anspruch nehmen zu wollen. Er verfügt dann nach Hochrechnung auf seinem Renten‐ konto über voraussichtlich 43 Entgeltpunkte. Für 1960 Geborene beträgt die Regelaltersgrenze 66 Jahre und 4 Monate; da die Altersrente drei Jahre früher bezogen werden soll, fallen Abschläge in Höhe von 10,8 Prozent an (pro Monat 0,3 Prozent) - der Zugangsfaktor beträgt also 0,892 (= 1 - 0,108). Aus der Multiplikation der Entgeltpunkte mit dem Zugangsfaktor ergeben sich die persönlichen Entgeltpunkte: 43 EP x 0,892 = 38,3560 persönliche EP. Der (potenzielle) Rentenabschlag entspricht im Beispiel 4,6440 EP oder nach heutigen Werten einer Kürzung der monatlichen Bruttorente (West) um 158,78 €. Der abschlagsbedingte Verlust an EP wird mit dem sogenannten Umrechnungsfaktor multipliziert und durch den Zugangsfaktor dividiert. Im Kalenderjahr 2021 müsste im angeführten Beispiel demnach ein Beitrag von 4,6440 EP x 7.726,6260/ 0,892 = 40.226,96 € 45 1.12 Reformen 2010 bis 2020 / Rentenanpassungen ab 2012 <?page no="46"?> gezahlt werden, um die Abschläge vollständig zu kompensieren. Pro Entgelt‐ punkt sind dies 8.662,14 €. Die Kosten eines Entgeltpunktes hängen demnach maßgeblich ab von der Höhe des Zugangsfaktors und dem aktuellen Beitragssatz zur Rentenversicherung. Je geringer der Zugangsfaktor ist, umso höher fällt der Preis für den Rückkauf eines Entgeltpunktes aus. Der ausgewiesene Betrag gilt nur für die alten Bundesländer. In den neuen Ländern erfolgt die Berechnung nicht auf Basis des Durchschnittsentgelts nach Anlage 1 sondern unter Rückgriff auf das (niedrigere) regionale Durchschnitts‐ entgelt Ost - genauer: den entsprechenden Umrechnungsfaktor (Ost). Um einen Abschlag von 4,6440 EP (Ost) vollständig zu kompensieren, ist im Ergebnis ein geringerer Beitragsaufwand in Höhe von 4,6440 EP(O) x 7.049,0523/ 0,892 = 36.857,38 € (minus 3.369,58 €) erforderlich. Das sind pro EP (Ost) 7.936,56 € und damit 725,58 € weniger als für den Ausgleich eines EP (West) anfallen. Nachdem die Rentenangleichung im geplanten Zeitrahmen vorgenommen wird, können Ost-Versicherte, die von der Möglichkeit des § 187a SGB VI Ge‐ brauch machen, zu einem »Ausgabekurs« von 97,2 Prozent (im ersten Halbjahr 2021) eine ab 2024 gleich hohe Leistung wie im alten Bundesgebiet erwerben. Ein besserer »Gewinn« lässt sich heute bei der gesetzlichen Rente nicht mehr erzielen. Gibt es noch weitere Möglichkeiten für Bezieher einer vorzeitigen Altersrente ihren Rentenanspruch zu verbessern? Ja, darüber hinaus haben diese Personen auch das Recht ab 01.01.2017 freiwillige Beiträge zu entrichten, soweit keine Pflichtbeitragszeiten erworben werden. Diese Zahlungen, die längstens bis zur Regelaltersgrenze möglich sind, erhöhen die spätere Altersrente. Der Regelaltersrentner bleibt weiterhin berufstätig und verdient monatlich 1500 €. Was ist zu tun, damit diese Zeiten künftig bei der späteren Regelaltersrente angerechnet werden können? Zunächst ist festzuhalten, dass ein Rentner nach Erreichen seines Regelalters unbegrenzt zu seiner Rente hinzuverdienen darf. Er ist auch kraft Gesetzes versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung; nur der Arbeitgeber muss seinen Beitragsanteil leisten. Daraus kann der Rentner jetzt ab 01.01.2017 einen regulären für sich anrechenbaren Rentenversicherungsbeitrag machen, in dem er gegenüber seinem Arbeitgeber durch schriftliche Erklärung auf die Versicherungsfreiheit verzichtet. In diesem Fall führt der Arbeitgeber auch den Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung an die Einzugsstelle ab. 46 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="47"?> Die weiteren Beitragszeiten (z. B. für 2017: 12 x 1.500 € = 18.000 €) ergeben 0,4851 Entgeltpunkte; dies wären nach dem heutigen ARW von 34,19 € bereits 16,59 € monatliche Rentenerhöhung. Die Rentenerhöhung für 2017 erfolgt ab 01.07.2018; also jeweils zum nächsten Rentenanpassungstermin nach Ablauf eines Kalenderjahres, in dem Beitragszeiten zurückgelegt wurden. Ferner ist anzumerken, dass die Rentensteigerung noch höher ausfällt, da ein Zuschlag zum Zugangsfaktor i. H. v. 9 Prozent anzurechnen ist. Gilt dies auch für die Ausübung eines Minijobs? Wer neben einer vorzeitigen Altersrente einen Minijob (monatlicher Verdienst: 450 €) aufnimmt, ist versicherungspflichtig. Sein Arbeitgeber zahlt den Pau‐ schalbeitrag von 15 Prozent zur Rentenversicherung und behält vom Bruttolohn 3,6 Prozent als Arbeitnehmeranteil ein. Der Rentner begründet damit reguläre Pflichtbeiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Zuschläge an Ent‐ geltpunkten während des Bezuges der vorzeitigen Rente werden erst nach erzielter Regelaltersgrenze angerechnet. Mit dem Beginn der erzielten Regelaltersgrenze tritt hier Versicherungsfrei‐ heit ein. Aber auch in diesem Fall hat der Rentner die Möglichkeit, durch schriftliche Erklärung gegenüber seinem Arbeitgeber auf die Versicherungsfrei‐ heit zu verzichten. Dies ergibt bei einem Arbeitsentgelt für 2021 von 5.400 € eine monatliche Rentenerhöhung von 4,44 € (Stand 1. Halbjahr. 2021). Die Rentener‐ höhung aus den Beiträgen des Jahres 2021 wird zum 01.07.2022 zuzüglich einer weiteren Steigerung u. a. durch den verbesserten Zuschlag zum Zugangsfaktor vorgenommen. Da der Arbeitnehmer tatsächlich nur 3,6 Prozent an Beitrag zur Rentenversicherung beisteuert, beläuft sich die jährliche Rendite aus der Rentensteigerung auf ca. 27,5 Prozent. Sie ist sogar noch höher, wenn zur Rente ein Beitragszuschuss für eine freiwillige oder private Krankenversicherung gezahlt wird. Wie verbessert das Flexi-Rentengesetz den Rentenbeginn einer Zeitrente wegen voller Erwerbsminderung (EM)? Dazu folgender Beispielsfall: Bei dem Versicherten Hans M. besteht volle Erwerbs‐ minderung vom 19.04.2017 bis zum 30.06.2020. Der Anspruch auf Krankengeld ist bereits erschöpft. Anspruch auf Arbeitslosengeld I hat der Versicherte noch bis zum 30.08.2017. Ursache des EM-Rentenanspruches ist die Tatsache, dass der Versicherte aus sozialmedizinischer Sicht im genannten Zeitraum nur noch unter 3 Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Der Rentenantrag wurde am 25.04.2017 gestellt. Die EM-Rente auf Zeit würde nach § 101 Abs.1 SGB VI am 01.11.2017 beginnen (mit Beginn des 7. KM nach Eintritt des Leistungsfalles - § 102 Abs. 2 SGB VI). Dadurch entsteht ein Ausfall von Einkommensersatz für die Zeit vom 31.08. bis 47 1.12 Reformen 2010 bis 2020 / Rentenanpassungen ab 2012 <?page no="48"?> 31.10.2017, der bislang über Leistungen der Grundsicherung (SGB II bzw. SGB XII) auszugleichen war. Hier nimmt nun das Flexi-Rentengesetz den notwendigen Lückenschluss vor. Nach § 101 Abs.1a SGB VI (Inkrafttreten zum 14.12.2016) beginnt jetzt die volle EM-Rente auf Zeit bereits am 31.08.2017 (Tag nach Beendigung der Sozial‐ leistungen). Dies gilt aber nur, wenn die Erwerbsminderung nicht unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage (verschlossener Arbeitsmarkt) begründet wird. Neuregelungen durch das Rentenpaket II ab 01.01.2019 Was ist neu? ? Hier einige wichtige Änderungen: • Durch die sogenannte Mütterrente II (Startzeitpunkt: 01.01.2019) werden Bestandsrenten mit Beginn vor dem 01.07.2014 für Zeiten der Erziehung von vor 1992 geborenen Kindern um 0,5 persönliche Entgeltpunkte (PEP) aufgebessert; insgesamt werden jetzt für ein Kind, das vor 1992 geboren wurde, rund 2,5 Entgeltpunkte angerechnet; davon 1,5 als Zuschlag zu den persönlichen Entgeltpunkten. • Ist der Anspruch auf eine Rente nach dem 30.06.2014 und vor dem 01.01.2019 entstanden, erhöht die Mütterrente II ebenfalls die Rente um 0,5 persönliche Entgeltpunkte für ein vor 01.01.1992 geborenes Kind, so‐ weit in der Rente eine Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung für den 24. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt angerechnet wurde. • Besonderheit: Der Zuschlag wird auch für Bestandsrenten, die am 30. Juni 2014 gezahlt wurden und bei denen ein Anrechnungsausschluss der Berücksichtigungszeit wegen selbständiger Tätigkeit (§ 57 Abs.2 SGB VI) vorliegt, gewährt. Dies gilt ebenso für Renten mit Rentenbeginn vor 01.01.1992 für Kinder (Geburt vor 01.01.1992) ohne eine Berücksichti‐ gungszeit für den 24. Kalendermonat nach der Geburt im Rentenkonto. Es gilt der Grundsatz: Wer den Zuschlag aufgrund der Mütterrente I erhalten hat, bekommt diesen auch für die Mütterrente II. • Mütter bzw. Anspruchsberechtigte, die am 31.12.2018 noch nicht Renten‐ bezieher waren, erhalten für Kinder, die vor dem 01.01.1992 geboren sind, zusätzliche 6 Monate an Kindererziehungszeit (KEZ). Für ein Kind werden somit insgesamt 30 Monate berücksichtigt. Die Anrechnung erfolgt bei dem Elternteil, dem die Kindererziehungszeit zugeordnet ist. Die weitere KEZ wird automatisch dem Rentenkonto gutgeschrieben, in dem bereits eine Kinderberücksichtigungszeit bis zum 24. Kalendermonat angerechnet wurde. 48 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="49"?> • Neurentner/ innen ab 01.01.2019 erhalten die Anhebung der Mütterrente bereits mit der ersten Rentenauszahlung. Bei Bestandsrentner/ innen (Rentenzahlung bereits vor 2019) führen die Zuschläge an persönlichen Entgeltpunkten rückwirkend zum 01.01.2019 zu einer Erhöhung der Rente. Die Auszahlung der Mütterrente II erfolgt ab März 2019. • Neuregelung für Bestandsrentner, die noch keine Mütter‐ renten-Zuschläge ab 01.07.2014 erhalten haben bzw. ab 01.01.2019 erhalten werden (z. B. bei Adoptiveltern oder bei Auslandsaufenthalt der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt und späterer Rückkehr ins In‐ land). Diese Personen haben als Rentenbezieher bislang keine Mütter‐ rente I und II erhalten, weil für eine Bewilligung auf den Erziehungs‐ tatbestand im 12. bzw. jetzt 24. Kalendermonat abzustellen war. Hier besteht jetzt die Möglichkeit entsprechende Erhöhungs-Entgeltpunkte ab 01.01.2019 zu beantragen. Allerdings darf die Kindererziehungszeit nicht schon bei anderen Berechtigten angerechnet worden sein. Pro Kalender‐ monat KEZ werden 0,0833 persönliche Entgeltpunkte erworben. Bei späterer Antragstellung gilt § 44 Abs.4 SGB X. Danach werden Sozialleis‐ tungen längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren - frühestens jedoch ab 01.01.2019 - vor der Antragstellung erbracht. • Bei der Erwerbsminderungsrente (EM) und bei Renten wegen Todes verlängert sich die Zurechnungszeit (§§ 59, 253a SGB VI) im Falle eines Rentenbeginns ab 01.01.2019 oder bei einem Todesfall ab 2019 bis zu der in dem jeweiligen Kalenderjahr geltenden Regelaltersgrenze. Beginnt eine EM-Rente z. B. ab 01.01.2019 erhält der Versicherte eine Zurechnungszeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres plus 8 Monaten. Ein Rentenbeginn 2020 erhöht die Zurechnungszeit auf 65 Jahre plus 9 Monate usw. Dadurch entwickelt sich bei gleichzeitigem Rentenan‐ spruch auf eine EM-Rente und auf eine vorzeitige Altersrente die Rente wegen Erwerbsminderung grundsätzlich zur höchsten Rente. Während bei Altersrenten die Anrechnung rentenrechtlicher Zeiten mit dem Ka‐ lendermonat vor dem Rentenbeginn endet, wird die Zurechnungszeit bei einer EM-Rente bis zur jeweiligen Regelaltersgrenze berücksichtigt. Bei einem Rentenbeginn im Jahr 2031 wird die Zurechnungszeit bis zum vollendeten 67. Lebensjahr angerechnet. Im Schnitt erhöht sich dadurch die Rente um monatlich 70 €. In Einzelfällen kann die Rentenbetragsdif‐ ferenz weit über 100 € hinausgehen. • Bei einem Beginn der EM-Rente im Jahr 2019 ist eine ungekürzte Rente (mit Rentenzugangsfaktor 1,0) ab Vollendung des 64. Jahres und 2 Mo‐ naten möglich. Wer mit 61 Jahren und 2 Monaten oder früher einen 49 1.12 Reformen 2010 bis 2020 / Rentenanpassungen ab 2012 <?page no="50"?> Anspruch auf EM-Rente erwirbt. hat einen Abschlag von 10,8 Prozent (Rentenzugangsfaktor 0,892) hinzunehmen. Wer allerdings bei einem Rentenbeginn oder Tod des Versicherten vor dem 01.01.2024 mindestens 35 Jahre an Versicherungszeiten (§§ 51 Abs.3a und 4, 52 Abs.2 SGB VI) nachweisen kann, dem werden die bis 31.12.2011 geltenden Altersgrenzen von 60 und 63 nicht angehoben. Ab dem 01.01.2024 sind dann für diese Ausnahmeregelung 40 Versicherungsjahre notwendig. • Bis 2025 wird die Rentenanpassungsformel um eine Niveausiche‐ rungsklausel ergänzt. Das Sicherungsniveau hat danach bei 45 Entgelt‐ punkten (Standardrentner) mindestens 48 vom Hundert vor Steuern zu betragen. Ein Ausgleichsbedarf für mögliche Rentendämpfungen (wie z. B. 2005 und 2010 - im Westen: -3,81 Prozent und im Osten: -1,83 Pro‐ zent aufgrund Absinkens der durchschnittlichen Arbeitsverdienste durch konjunkturelle Schwankungen) wird - selbst nachträglich - faktisch bis zum 30.06.2026 ausgeschlossen. • Die Haltelinie beim Beitragssatz zur Rentenversicherung beträgt von 2019 bis 2025 zwischen 18,6 (darf nicht unterschritten werden) und höchstens 20 Prozent (darf nicht überschritten werden). Ab 01.07.2019 ergibt sich eine Änderung beim bisherigen Midi-Job. • Aus „Midi-Job“ und „Gleitzone“ wird „Übergangsbereich“. Arbeitnehmer zahlten bislang bei einem monatlichen Arbeitsentgelt von 450,01 € bis 850 € verringerte Arbeitnehmerbeiträge. Der Übergangsbereich um‐ fasst nun ein sozialversicherungsrechtliches Arbeitsentgelt von bis zu 1.300 €. Neu ist, dass das vom Arbeitgeber gemeldete volle Entgelt für die Rentenberechnung zugrunde gelegt wird. Die Beitragsentlastung der Arbeitnehmer bleibt erhalten bzw. wird ausgeweitet. Die Differenz zum vollen Arbeitnehmerbeitrag trägt jetzt die Solidargemeinschaft. Ein Verzicht ist somit nicht mehr möglich. Weitere Veränderungen in der Sozialversicherung ab 01.01.2019 • Paritätische Zahlung des Zusatzbeitrages zur gesetzlichen KV; dies bedeutet für Rentenbezieher eine Erhöhung ihrer Nettorente um 0,45 Pro‐ zent. Bei Empfängern eines Beitragszuschusses zu einer freiwilligen oder privaten Krankenversicherung steigert sich der Beitragszuschuss ebenfalls um 0,45 Prozent. • Der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung steigt von 2,55 Pro‐ zent auf 3,05 Prozent (bei Kinderlosen von 2,8 Prozent auf 3,3 Prozent). Diese Erhöhung ist von den Rentenbeziehern - soweit sie Mitglied in der gesetzlichen Pflegeversicherung sind - in vollem Umfang zu tragen. 50 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="51"?> Praktische Beispiele zu wichtigen Rechtsänderungen durch das Rentenpaket II ab 01.01.2019 • Kindererziehungszeiten (KEZ) für Geburten vor 01.01.1992 (§§ 249, 307d SGB VI) Kind 1 geb. am 12.03.1985, Kind 2 geb. am 24.01.1991, Rentenbeginn ab 2019 Kindererziehungszeit für Kind 1 vom 01.04.1985 bis 30.09.1987 Kindererziehungszeit für Kind 2 vom 01.02.1991 bis 31.07.1993 Die Versicherte erhält für jedes Kind jeweils 30 Monate KEZ. Frau D. bezieht seit 01.09. 2011 eine Frauenaltersrente mit einem Abschlag von 18 Prozent. Die bei der Rentenberechnung angerechnete Kindererzie‐ hungszeit für ein Kind aus dem Jahr 1982 umfasst 12 Monate und wird mit 0,8197 persönlichen Entgeltpunkten berücksichtigt. Dieser Wert ergibt sich aus 0,9996 Entgeltpunkten für ein Jahr KEZ minus 18 Prozent. Ab 01.07.2014 erhält Frau D. aufgrund der Mütterrente I eine Erhöhung ihrer Altersrente um einen (1,0) persönlichen Entgeltpunkt. Ab 01.01.2019 erhält Frau D aufgrund der Mütterrente II eine weitere Erhö‐ hung ihrer Altersrente um 0,5 persönliche Entgeltpunkte. Frau Z. beantragt am 25.11.2020 die Bewilligung einer Mütterrente für ihr Adoptivkind Evelyn geb. 19.06.1990 nach § 307d Abs. 5SGB VI. Es wurde von ihr im 25. Lebensmonat adoptiert. Rentenbeginn am 01.05.2018. Evelyn wurde am 19.06.1990 geboren und im 25. Lebensmonat adoptiert. Bis zum 25. Lebensmonat konnten keine Kinder‐ erziehungszeiten oder Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung ange‐ rechnet werden. Ein Zuschlag nach § 307d Abs. 1a konnte für dieses Kind nicht berücksichtigt werden, da im 24. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt keine Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung angerechnet wurde. Ein Zuschlag nach Absatz 1 kommt aufgrund des Rentenbeginns nicht in Betracht. Frau Z. erfüllt bei Evelyn die Voraussetzung des § 307d Abs. 5 SGB VI, wonach Zuschläge nach Absatz 1 oder nach Absatz 1a nicht berücksichtigt werden. Die Rentnerin Z. erhält auf Antrag ab 01.01.2019 eine um 6 Monate x 0,0833 = 0,4998 persönliche Entgeltpunkte erhöhte Rente. Nach § 307d Abs. 1a SGB VI werden für Evelyn 0,5 Entgeltpunkte angerechnet. 51 1.12 Reformen 2010 bis 2020 / Rentenanpassungen ab 2012 <?page no="52"?> • Verbesserte Leistung bei Renten wegen Erwerbsminderung (EM) und wegen Todes (§§ 59, 253a SGB VI) Versicherter geb. am 10.07.1979 - Rentenbeginn: 2019 - Bisheriges Recht: Eintritt Erwerbsminderung: 19.01.2018 / Zurechnungszeit vom 19.01.2018 bis 31.01.2042 (62 Jahre plus 6 Monate) = 289 Monate Zurechnungszeit Neues Recht: Eintritt Erwerbsminderung: - wie oben - Zurechnungszeit vom 19.01.2018 bis 31.03.2045 (65 Jahre plus 8 Monate) = 327 Monate Zurechnungszeit Dispositionsmöglichkeiten des Versicherten mit einem Lebensalter von 63 Jahren und 8 Monaten Geburtsdatum des Versicherten: 15.01.1956 Rentenbeginn: 01.10.2019 • Altersrente für langjährig Versicherte (§ 236 SGB VI): Abschlag vom Zugangsfaktor (§ 77 Abs.2 SGB VI): 7,8 Prozent, rentenrechtliche Zeiten bis 30.09.2019 • Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§ 236a SGB VI): Abschlag vom Zugangsfaktor (§ 77 Abs.2SGB VI): 0,6 Prozent, rentenrechtliche Zeiten bis 30.09.2019 • Altersrente für besonders langjährig Versicherte (§ 236b SGB VI): Ab‐ schlag vom Zugangsfaktor (§ 77 Abs.2 SGB VI): 0,0 Prozent, rentenrecht‐ liche Zeiten bis 30.09.2019 • Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 SGB VI): Abschlag vom Zugangsfaktor (§§ 77 Abs.4, 264d SGB VI): 0,0 Prozent, rentenrechtliche Zeiten bis 30.09.2021 Daraus ergibt sich, dass - bei einer entsprechenden Konstellation - eine Rente wegen voller Erwerbsminderung immer den höchsten monatlichen Rentenbe‐ trag erzielt. Voraussetzung ist allerdings, dass der Leistungsfall der vollen Erwerbsminde‐ rung nach § 43 Abs.2 SGB VI eingetreten ist und die Rente wegen voller Erwerbs‐ minderung frühestens am 01.01.2019 beginnt. Wichtiger Hinweis: Ein Wechsel ist nicht zulässig nach bindender Bewilligung einer Altersrente in eine andere Altersrente oder in eine Rente wegen voller Erwerbsminde‐ rung mit späterem Rentenbeginn als die Altersrente (§ 34 Abs.4 SGB VI). 52 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="53"?> Besonderheiten bei Erwerbsminderungsrenten und Renten wegen Todes • Rentenerstfestsetzung mit Rentenbeginn ab 01.01.2019 Die Anrechnung der Zurechnungszeit orientiert sich an der Neuregelung • bei Umwandlung einer teilweisen Rente wegen Erwerbsminderung in eine volle Erwerbsminderungsrente, • bei Umwandlung einer kleinen in eine große Witwen(r)-Rente, • bei der Umwandlung einer Halbin eine Vollwaisenrente. Dies gilt nicht beim Wechsel von einer großen in eine kleine Witwen(r)-Rente (Tod vor 01.01.2019) und bei Wechsel von einer Erwerbsminderungsrente in eine Witwen(r)-Rente. Nach § 253a SGB VI ist dort eine Zurechnungszeit nur insoweit zu berücksichtigen, wie sie in der vorangegangenen Rente wegen Erwerbsminderung bereits angerechnet wurde. Hat ein Verstorbener eine Altersrente bezogen, entfällt die Anrechnung einer Zurechnungszeit bei der Hinterbliebenenrente (§ 59 Abs.3 SGB VI). Beispiel: Die Rente wegen Erwerbsminderung für einen Versicherten mit Geburtsjahr 1968 beginnt • am 01.08.2018: Darin ist eine Zurechnungszeit bis zum 62. Lebensjahr plus 3 Monate enthalten. Der Rentner verstirbt am 25.10.2020. Seine Witwe (Eheschließung 2004) erhält eine große Witwenrente in Höhe von 55 Prozent der Versichertenrente. • am 01.05.2019: Darin ist eine Zurechnungszeit bis zum 65. Lebensjahr plus 8 Monate enthalten. Seine Witwe (Eheschließung 2004) erhält eine große Witwenrente in Höhe von 55 Prozent der Versichertenrente. In beiden Fällen ist § 88 Abs.2 SGB VI anzuwenden. Hat der verstorbene Ver‐ sicherte eine Rente aus eigener Versicherung bezogen und beginnt spätestens innerhalb von 24 Kalendermonaten nach Ende des Bezugs dieser Rente eine Hinterbliebenenrente, werden ihr mindestens die bisherigen persönlichen Ent‐ geltpunkte aus der Versichertenrente des verstorbenen Versicherten zugrunde gelegt. Insoweit erhält auch die/ der Hinterbliebene eines verstorbenen Altersrent‐ ners, der zuvor eine Rente wegen Erwerbsminderung bezog, über § 88 SGB VI die besitzgeschützten Entgeltpunkte für die Zurechnungszeit. 53 1.12 Reformen 2010 bis 2020 / Rentenanpassungen ab 2012 <?page no="54"?> 1.13 Abschluss der Rentenüberleitung in den neuen Bundesländern Das ausdauerndste Rentenplus mit Steigerung der individuellen Rendite er‐ halten die Ost-Rentner im Zeitraum von 7 Jahren. Das Rentenüberleitungs-Ab‐ schlussgesetz vom 24.07. 2017 hat dafür die Grundlage geschaffen. Allerdings fallen nun die Höherbewertungen der in den neuen Ländern erzielten Arbeits‐ entgelte auf Westniveau im Gleichklang mit der Anpassung des aktuellen Rentenwertes-Ost auf den gemeinsamen Aktuellen Rentenwert (siehe Anlage 10 SGB VI) weg. Der Rentenwert (Ost) soll im Verhältnis zum aktuellen Rentenwert betragen: zum 1. Juli 2018 95,8 Prozent zum 1. Juli 2019 96,5 Prozent zum 1. Juli 2020 97,2 Prozent zum 1. Juli 2021 97,9 Prozent zum 1. Juli 2022 98,6 Prozent zum 1. Juli 2023 99,3 Prozent zum 1. Juli 2024 100 Prozent 1.14 Die Grundrente ab 01.01.2021 - als Kurzüberblick für den schnellen Leser Zunächst ist festzuhalten, dass die Grundrente keine eigene Rentenart darstellt, sondern als Zuschlag zu einer Versicherten - und Hinterbliebenenrente nach den Bestimmungen des neu eingefügten § 76 g SGB VI ermittelt wird. Von den Regelungen im Grundrentengesetz sind insbesondere langjährig Versicherte in prekären Einkommensverhältnissen betroffen. Zur Verbesserung ihres Lebensstandards sind folgende Verbesserungen getroffen worden: 1. Einführung einer Grundrente für langjährige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung und 2. Einführung eines Rentenfreibetrages beim Wohngeld, in der Grundsicherung für Arbeitsuchende des Zweiten Buches Sozialge‐ setzbuch (SGB II), in der Hilfe zum Lebensunterhalt, in der Grund‐ sicherung im Alter und bei Erwerbsminderung des Zwölften 54 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="55"?> Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) und in den fürsorgerischen Leistungen der Sozialen Entschädigung. Bestandteile des Grundrentenzuschlags Die Grundrente für langjährige Versicherung begünstigt Menschen mit unter‐ durchschnittlichem Einkommen während ihres Erwerbslebens. Sie ist als Ren‐ tenzuschlag konzipiert und nicht von der Feststellung einer Bedürftigkeit - wie dies in sozialen Fürsorgesystemen der Fall ist - abhängig. Die Bundesregierung hat diesbezüglich im Grundrentengesetz folgendes ausgeführt: „Es ist letztlich eine Frage der Gerechtigkeit, dass Menschen nach einem langen Arbeitsleben, der Erziehung von Kindern sowie der Pflege von Angehörigen oder anderen pflegebe‐ dürftigen Menschen trotz einer nur kleinen Rente auch in bedürftigkeitsabhängigen Fürsorgesystemen besser dastehen müssen als diejenigen, die wenig oder gar nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verpflichtend versichert gearbeitet und entsprechend wenig oder gar nicht in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben.“ Die Grundrente gibt es unter folgenden Voraussetzungen: Wenn mindestens 33 Jahre Grundrentenzeiten vorliegen, das sind vor allem Zeiten, in denen Pflichtbeiträge aufgrund einer Erwerbstätigkeit, Kindererzie‐ hung oder Pflegetätigkeit an die gesetzliche Rentenversicherung entrichtet wurden, erhöht sich die Rente um einen Zuschlag, wenn die Entgeltpunkte im Erwerbsleben unterdurchschnittlich - aber nicht unter 30 vom Hundert des durchschnittlichen Arbeitsentgelts - gelegen sind. Dabei wird der Grund‐ rentenzuschlag in einer Staffelung von 33 bis 35 Jahren ansteigend ermittelt. Dadurch erhalten auch Versicherte mit weniger als 35 Jahren Grundrenten‐ zeiten einen etwas geringeren Zuschlag. Die Grundrente richtet sich nach der Höhe der erworbenen Entgeltpunkte. Politisch wird dies damit begründet, dass eine langjährige Beitragszahlung zur Rentenversicherung auch bei unter‐ durchschnittlichem Einkommen zu einer Rente führen solle, die die erbrachte Lebensleistung respektiert und anerkennt. Die Summe der Grundrentenzeiten begründen den Anspruch auf den Zuschlag. Eine Berechnung erfolgt aber nur aus den Entgeltpunkten, die den Grundrentenbewertungszeiten zugeordnet werden können. Die Höherbewertung ist auf insgesamt 35 Jahre (420 Monate) an Bewertungszeiten begrenzt (Näheres hierzu unter Kapitel 14 des Buches). Insgesamt werden nach den Annahmen des Gesetzgebers rund 1,3 Millionen Menschen von der Grundrente profitieren, davon rund 70 Prozent Frauen. Al‐ lerdings sollen diejenigen Personen keine Grundrente erhalten, deren Arbeits‐ entgelte häufig lediglich die Bedeutung eines ergänzenden Einkommens hatten, wie dies insbesondere bei „Minijobbern“ der Fall ist. Um die Zielgenauigkeit 55 1.14 Die Grundrente ab 01.01.2021 - als Kurzüberblick für den schnellen Leser <?page no="56"?> der Grundrente zu erhöhen, besteht ein Anspruch auf die Grundrente nur dann, wenn ein Entgelt von mindestens 30 Prozent des Durchschnittsentgelts versichert worden ist (z. B. 2021 jährlich 12.462 € Bruttoarbeitsentgelt). Keine Bedürftigkeitsprüfung aber Einkommensanrechnung Nach Berechnung des Grundrenten-Zuschlages erfolgt die Feststellung des Grundrentenbedarfes. Dazu findet eine Einkommensprüfung nach § 97a SGB VI statt. Die nachfolgend genannten Freibeträge für Alleinstehende bzw. Eheleute oder Lebenspartner beziehen sich alle auf das Einführungsjahr 2021 und sind bis zum 30.06.2022 verbindlich. Dabei gilt zunächst ein Einkom‐ mensfreibetrag in Höhe von monatlich 1 250 € (= 36.56-fache des aktuellen Rentenwertes) für Alleinstehende und 1 950 € (= 57,03-fache des aktuellen Rentenwertes) für Eheleute oder Lebenspartner, bis zu dessen Grenze keine An‐ rechnung vorgenommen wird. Übersteigt das Einkommen aber den Freibetrag, wird die Grundrente um 60 Prozent des den Freibetrag übersteigenden Ein‐ kommens gemindert. Übersteigt das Einkommen von Alleinstehenden zudem einen oberen Freibetrag von monatlich 1 600 € (= 46,78-fache des aktuellen Rentenwertes), ist zusätzlich das über dieser Grenze liegende Einkommen zu 100 Prozent auf die Grundrente anzurechnen. Für Eheleute oder Lebenspartner erfolgt die Anrechnung von Einkommen zu 100 Prozent ab Überschreiten eines Betrages von monatlich 2 300 € (= 67,27-fache des aktuellen Rentenwertes). Einkünfte von Ehegatten oder Lebenspartnern sind dabei unabhängig davon zu berücksichtigen, ob sie sich steuerlich zusammen oder einzeln veranlagen lassen. Für die Einkommensprüfung wird auf das zu versteuernde Einkommen abgestellt. Daher wird das zu versteuernde Einkommen unter Hinzurechnung des steuerfreien Teils der Rente beziehungsweise eines Versorgungsfreibetrages und der Einkünfte aus Kapitalvermögen oberhalb des Sparer-Pauschbetrages zugrunde gelegt. Die für die Grundrente vorgesehene Einkommensprüfung soll sowohl für die Versicherten als auch für die Verwaltung unbürokratisch in Form einer automatischen Übermittlung ausgestaltet werden. Die Übermittlung des zu versteuernden Einkommens kann dann in der Regel ohne Verwaltungsauf‐ wand für den Rentner durch einen automatisierten Datenabgleich zwischen der Rentenversicherung und den Finanzbehörden erfolgen. Dabei werden auch Kapitaleinkünfte berücksichtigt, soweit sie beim Datenabgleich übermittelt werden. Einkünfte aus Kapitalvermögen, die jedoch nicht im zu versteuernden Einkommen enthalten sind, müssen von den Berechtigten der Rentenversiche‐ rung direkt vorgelegt werden. Bei vergleichbaren ausländischen Einkünften existiert kein automatisches Datenabrufverfahren. Hier müssen die RV-Träger auch eigenverantwortlich tätig werden. 56 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="57"?> Die Träger der Rentenversicherung rufen, sobald die umfangreichen techni‐ schen Voraussetzungen für einen geschützten Datentransfer geschaffen sind, die Höhe des zu versteuernden Einkommens der Rentnerinnen und Rentner und gegebenenfalls ihrer Ehegatten oder Lebenspartner, unmittelbar bei den zuständigen Finanzbehörden in einem automatisierten Verfahren ab. Bei den zu versteuernden Einkommen wird auf die Beträge des vorvergangenen Jahres für die Einkommensanrechnung zurückgegriffen. Liegt kein zu versteuerndes Einkommen aus dem vorvergangenen Kalenderjahr (für 2021 das Jahr 2019) vor, wird ersatzweise auf das vorvorvergangene Kalenderjahr (2018) abgestellt. Die Einkommensüberprüfung wird einmal jährlich zum 01. Januar wieder‐ holt, um entsprechende Einkommensentwicklungen zu berücksichtigen. Die Freibeträge werden zwar mit der Rentenanpassung zum 01.07. eines jeden Jahres dynamisiert, aber bei der Einkommensanrechnung frühestens zum 01.01. des nächsten Jahres zugrunde gelegt. Sofern in einer Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft beide Partner grundrentenberechtigt sind, wird bei beiden Rentnern jeweils der erhöhte Freibetrag für Paare angerechnet. Dem steht dann der individuell ausgerechnete Grundrentenzuschlag gegenüber. Verbesserung der Grundsicherung nach SGB II und XII Die Grundrente wird nicht in allen Fällen ein Alterseinkommen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehungsweise oberhalb des Grundsicherungsbedarfes gewährleisten können. Dies ist insbesondere der Fall, wenn durch hohe Wohn‐ kosten - insbesondere in den Städten - relativ hohe individuelle Bedarfe in der Grundsicherung entstehen. Daher ist vorgesehen, dass auch diese Personen tatsächliche Einkommensverbesserungen erfahren. Mit der Einführung eines Rentenfreibetrages beim Wohngeld, in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), in der Hilfe zum Lebensunterhalt, in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB XII) sowie den fürsorgerischen Leistungen der Sozialen Entschädigung wird erreicht, dass die Verbesserung in der Rente nicht durch eine Anrechnung durch andere Sozialleistungen aufgezehrt wird. Für die Fürsorgesysteme ist keine der Grundrentenregelung entsprechende Staffelung von 33 Jahren bis zu den vollen 35 Jahren an Grundrentenzeiten vorgesehen. (Näheres hierzu unter Kapitel 15 des Buches). Verwaltungstechnische Umsetzung der Grundrente Die Kosten der Grundrente von rund 1,3 bis 1,4 Milliarden € ab 2021 werden voll‐ ständig durch eine Erhöhung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung ausgeglichen, damit es nicht zu einer Belastung der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler in der Rentenversicherung kommt. Der Bundeszuschuss wird ab 57 1.14 Die Grundrente ab 01.01.2021 - als Kurzüberblick für den schnellen Leser <?page no="58"?> dem Jahr 2021 dauerhaft um 1,4 Milliarden € erhöht. Nur so kann gewährleistet werden, dass auch in den Folgejahren insgesamt keine zusätzliche Beitragsbe‐ lastung entsteht. Die Grundrente wird somit vollständig aus Steuermitteln finanziert. Die Regelungen des Grundrentengesetzes vom 12.08.2020 sind zum 01.01.2021 in Kraft getreten. Man nimmt an, dass von der Grundrente ca. 1,3 Mil‐ lionen Rentnerinnen und Rentner profitieren dürften. Die durchschnittliche Rentenerhöhung wird mit rund 75 € monatlich angegeben. Für die verwaltungsmäßige Umsetzung der Grundrente durch die Rentenver‐ sicherung werden insgesamt Ausgaben von mehr als 410 Millionen € erwartet. Allein für Bearbeitung der rund 26 Millionen Bestandsrenten einschließlich des Beratungsaufwandes zur Grundrente ist ein zusätzlicher Personalbedarf von ca. 3.000 bis 3.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erforderlich. Ein Anspruch auf Prüfung des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung be‐ steht nicht vor Ablauf des 31.12.2022. Der Zweijahreszeitraum (2021-2022) wird benötigt, um den gesamten Rentenbestand bezüglich des Grundrentenzuschlags zu überprüfen und die positiven Grundrentenbescheide zu versenden. 58 1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="59"?> 2 Die drei Säulen der Altersvorsorge Die Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland beruht auf drei Säulen: 1 Das 3-Säulensystem Altersvorsorge Regelsicherungs-Funktion Gesetzliche Rentenversicherung Betriebliche Altersvorsorge Private Altersvorsorge Ergänzungs-Funktion Ergänzungs-Funktion Altersvorsorge Betriebliche Altersvorsorge Privatwirtschaft Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst Versicherungsprodukte Kapitalmarktprodukte Immobilien Beamten- und Soldatenversorgung Berufsständische Versorgung Abbildung 3: Das Drei-Säulensystem der Altersvorsorge Säule 1: Öffentlich-rechtliche Pflichtsysteme wie die gesetzliche Rentenversiche‐ rung, die Beamtenversorgung, berufsständische Versorgungswerke (für Kammerberufe, z. B. Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten etc.) und die Altershilfe für Landwirte. Säule 2: Betriebliche Altersversorgung, Zusatzversorgung für Beschäftigte im öffentlichen Dienst Säule 3: Private Altersvorsorge, z. B. „Riester-Rente“ ab 01.01.2002, Entgeltum‐ wandlung zur betrieblichen Altersvorsorge, alle Formen der privaten Vermögensbildung (Erwerb von Immobilien, Aktienkauf, Sparverträge), aber auch die neue Rürup-Rente ab 01.01.2005 als neue kapitalgedeckte private Leibrentenversicherung. <?page no="60"?> 2.1 Sicherungsziele der drei Säulen Bei den Systemen der ersten Säule spricht man von einer Regelsicherungsfunk‐ tion; von dort wird der größte Teil zur Absicherung des künftigen Lebensstan‐ dards beigetragen. Die zweite und dritte Säule hat eine Ergänzungsfunktion für die in der ge‐ setzlichen Rentenversicherung versicherten Personen wahrzunehmen. Die „zu erwartende“ Minderung des Leistungsniveaus in der ersten Säule soll dadurch weitestgehend ausgeglichen werden. Außerdem soll das Einkommen im Ruhe‐ stand gegenüber der Einkommenssituation während der aktiven Berufstätigkeit nicht zu einer Verschlechterung des individuellen Lebensstandards führen. Bei Selbständigen, die keine Regelsicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben haben, kann die private Vorsorge, z. B. in Form einer Rürup-Rente, auch die Funktion einer Regelsicherung aus der ersten Säule übernehmen. Bis zum Jahr 2000 hatte sich das Nettorentenniveau der gesetzlichen Ren‐ tenversicherung (nach Steuern) bei rd. 70 Prozent eingependelt; vor Steuern wären dies netto 52,9 Prozent gewesen. Als Bezugsperson wird dabei stets der sog. „Eckrentner“, ein statistischer Durchschnittsversicherter, der 45 Jahre Beitragszeiten zur Rentenversicherung zurückgelegt und immer einen durch‐ schnittlichen Arbeitsverdienst erhalten hat, herangezogen. Wenn heute mit Blick auf ein künftiges Versorgungsniveau in den Jahren bis 2030 informiert wird, legt man bei einer Altersvorsorge-Beratung grundsätzlich auch eine Gesamt-Nettoersatzquote von 70 Prozent (oder eine Brutto-Ersatz‐ quote von etwa 50 Prozent) als Zielhorizont zugrunde. Allerdings ist dabei zu beachten, dass von der gesetzlichen Rentenversicherung nur noch rd. 45 Prozent Basissicherung (bezogen auf den Eckrentner) erfolgen dürften und die restlichen 25 Prozent aus der zweiten und dritten Säule zugesteuert werden müssen (s. auch 1.9.). Beim Bruttorentenniveau werden die Steuern und Sozialversicherungsbei‐ träge, die sowohl bei den Rentnern als auch bei den Erwerbstätigen anfallen, nicht berücksichtigt. Verglichen werden jeweils die Bruttowerte. Dagegen werden beim Nettorentenniveau vor Steuern zwar die Sozialversicherungsbei‐ träge berücksichtigt, nicht aber die steuerlichen Belastungen. Nach dem Altersvermögensgesetz (AVmG) und dem Altersvermögen‐ sergänzungsgesetz (AVmEG) aus dem Jahr 2001 darf das Rentenniveau Netto vor Steuern bis zum Jahr 2020 46 Prozent und bis zum Jahr 2030 43 Prozent nicht unterschreiten. Das Rentenpaket II hat eine zusätzliche Niveausicherungsklausel eingeführt, mit der der Standardrentner bis zum Jahr 2025 auf einem Sicherungsniveau von mindestens 48 Prozent gehalten 60 2 Die drei Säulen der Altersvorsorge <?page no="61"?> werden muss. Wenn keine Verlängerung des Zeitraumes erfolgt, gilt als neues (altes) Ziel wieder ein Mindest-Rentenniveau von 43 Prozent im Jahr 2030. Nachrichtlich ist hier zu erwähnen, dass ausweislich der Statistik der Deut‐ schen Rentenversicherung „Rentenversicherung in Zahlen 2020“ das Netto‐ rentenniveau vor Steuern für 2020 bei einer Standardrente mit 45 Versiche‐ rungsjahren derzeit 48,2 Prozent (brutto 46,6 Prozent) betragen hat. Die monatliche Standardrente beläuft sich ab 01.07.2021 in den alten Bundesländern: 1.538,55 € und in den neuen Bundesländern: 1.506,15 € - jeweils brutto. 2.2 Welchen Risiken ist die Basisleistung der gesetzlichen Rente ausgesetzt? Die Probleme, die in der gesetzlichen Rentenversicherung in den letzten Jahren zu lösen waren, um die Zukunftsfähigkeit des Systems zu erhalten, können auf die folgenden Punkte konzentriert werden: a. Der Generationenvertrag funktioniert nur noch eingeschränkt. Die Geburtenrate, die durch den „Pillenknick“ in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts nachhaltig abgesunken ist, beläuft sich weiterhin auf einem unteren Wert zwischen 1,3 und 1,4; notwendig wären aber 2,1 Geburten auf tausend Einwohner. Dies bedeutet, dass die nachfolgende Generation um ein Viertel kleiner ist als die vorherige. Die Bevölkerungsstruktur wird sich drastisch verändern mit der Folge, dass spürbar weniger junge Menschen einer erheblich anwachsenden Zahl älterer Menschen gegenüberstehen werden. b. Die Rentner werden immer älter und beziehen ihre Rente wesentlich länger. So betrug der durchschnittliche Rentenbezugszeitraum • 1960: 9,9 Jahre und • 2019: 19,9 Jahre (davon Frauen: 21,7 Jahre, Männer: 18,2 Jahre). Das durchschnittliche Rentenwegfallalter bei Männern und Frauen erreicht im Jahr 2019 knapp das 80. Lebensjahr (Männer: 77,8 Jahre und Frauen: 81,9 Jahre - gemeinsam: 79,8 Jahre). Dies bedeutet, dass die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung heute 10 Jahre länger eine Rente zu leisten haben als vor 59 Jahren. Natürlich spiegelt sich dieses erfreuliche Ergebnis auch in der steigenden Lebenserwartung der Wohnbevölkerung in Deutschland wider. 61 2.2 Welchen Risiken ist die Basisleistung der gesetzlichen Rente ausgesetzt? <?page no="62"?> So wurden • 1960: Frauen 75 Jahre und Männer 72 Jahre alt, • 2012: Frauen 83 Jahre und Männer 78 Jahre alt • und werden bei weiteren planmäßigen Entwicklungen • 2050: Frauen 88 Jahre und Männer 83 Jahre alt. Daraus kann man schließen, dass die Bevölkerung jährlich um 6 bis 8 Wochen „altert“. Bei dieser Rechenweise würde jede Generation um ca. 4 Jahre älter. c. Die Ergebnisse unter den Buchstaben a) und b) zeigen, dass sich die Generationen im Wandel befinden. Durch die demografische Entwicklung müssen weniger Beitragszahler für mehr Rentner aufkommen. Was das heißt, verdeutlicht der sogenannte Rentnerquotient. Als Prozentzahl gibt er an, wie viele Rentner auf 100 Beitragszahler kommen. Im Jahr 2020 liegt dieses Verhältnis bei 57 Prozent, das heißt, 100 Beitragszahler mussten für 57 Rentner aufkommen. Im Jahr 2030 wird dieser Wert voraussichtlich auf 67 Prozent steigen. Im Jahr 2050 könnte dann der Zeitpunkt erreicht sein, an welchem 100 Beitragszahler gegenüber ca. 77 Rentnern stehen. Dies sind die demografischen Szenarien, die den Gesetzgeber im RV-Nachhaltigkeitsgesetz und im RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz zu einer sukzessiven Absenkung des Rentenniveaus bewogen haben. Die sozialpolitischen Diskussionen über eine zukünftige Anhebung des Lebensalters von 67 auf 69 wollen nicht enden. So hat z. B. die Deut‐ sche Bundesbank kürzlich eine Anhebung der Regelaltersgrenze auf das 69. Lebensjahr bis zum Jahr 2070 gefordert. „Durch die demografische Entwicklung gerät die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung künftig unter erheblichen Druck, insbesondere ab Mitte der 2020er Jahre“, stellt die Notenbank in ihrem Monatsbericht Oktober 2019 fest - und sieht „Anpassungsbedarf bei den zentralen Stellgrößen der Renten‐ versicherung“. Dieser Vorschlag ist jedoch in der Politik und bei den Gewerkschaften höchst umstritten. Für die Arbeitnehmer und die deutsche Wirtschaft, die das Beitragsauf‐ kommen zu gleichen Teilen finanzieren, ist dies auch mit einer Begren‐ zung der Lohnnebenkosten durch Stabilisierung des Beitragssatzes zur Rentenversicherung verbunden. Das Leistungsniveau hat sich nach den gesetzlichen Vorgaben im AVmG und im AVmEG in einem Rahmen zu bewegen, in dem der RV-Beitragssatz bis zum Jahr 2030 den Wert von 22 Prozent nicht überschreitet. 62 2 Die drei Säulen der Altersvorsorge <?page no="63"?> 2.3 Zur Rendite der gesetzlichen Rente - heute und in der Zukunft Die Rentenreformen der letzten Jahre haben parallel zu den kritischen ökonomi‐ schen Rahmendaten zu einer Verminderung der durchschnittlich ausgezahlten Altersrenten geführt. Auswirkungen auf die Höhe der Rente haben sich durch die bei vorzeitigen Altersrenten eingeführten Rentenabschläge ergeben. So mussten z. B. Frauen der Geburtsjahrgänge 1945 bis 1951 bei der vorzeitigen Altersrente für Frauen ab dem 60. Lebensjahr einen Abschlag von 18 Prozent hinnehmen. Dies galt ebenso für Versicherte der Jahrgänge 1942 bis 1945, die eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit erhielten. Im Jahr 2011 mussten von den Versicherten, die erstmals eine Altersrente bezogen („Rentenzugänge"), rund die Hälfte Rentenabschläge in Kauf nehmen. Seit 2012 setzt sich der Trend zu weniger Renten mit Abschlägen durch. So sank der Anteil reduzierter Altersrenten (Männer und Frauen bundesweit) 2020 sogar auf 22,5 Prozent. Mit verantwortlich dafür ist der Einstieg in die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährige Versicherte ab dem 63. Lebensjahr. Aber auch das Hinausschieben des Rentenbeginns spielt eine Rolle. Der durchschnittliche Rentenzahlbetrag bei Männern in den alten Bun‐ desländern - vor Abschlag - lag hier bei 1266,00 € im Monat. Die Altersbezüge wurden im Durchschnitt um 116,00 € gekürzt aufgrund durchschnittlich 25,4 Abschlagsmonaten. Auch die drastischen Einschnitte durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz infolge der Nichtberücksichtigung von weiteren Schulbzw. Hochschulzeiten und bezüglich der Anrechnung der ersten Berufsjahre zeigen jetzt schon deutliche Spuren. Falls Schul- oder Hochschulzeiten - aber keine Berufsfachschule - in den Versicherungsverlauf aufgenommen worden sind, werden sie bei einem Rentenbeginn ab 01.01.2009 nicht mehr rentensteigernd berücksichtigt. Die vor 01.01.2006 in Betracht kommende höchste Bewertung beläuft sich auf 0,75 Entgeltpunkte (EP) pro Jahr, für drei Jahre also 2,25 EP; multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert am 01.07.2020 in Höhe von 34,19 € ergeben sich rund 76,93 € an fehlender monatlicher Rente. Mit der Frage der Rendite der Altersrenten der gesetzlichen Rentenversiche‐ rung haben sich bereits 1997 die Autoren Ohsmann/ Stolz (Mitarbeiter des Referates für Entwicklungsfragen der Sozialen Sicherheit der Bundesversiche‐ rungsanstalt für Angestellte - BfA -, jetzt DRV Bund, Berlin, s. Veröffentlichung in DAngVers. 02/ 04) befasst. Seinerzeit ergaben sich Renditen in Abhängigkeit vom jeweils betrachteten Modellfall zwischen 5,3 Prozent (ledige Männer, 63 2.3 Zur Rendite der gesetzlichen Rente - heute und in der Zukunft <?page no="64"?> Rentenzugang mit 65 Jahren) und 7 Prozent (ledige Frauen, Rentenzugang mit 60 Jahren). Für alle berechneten Modellfälle sind Barwerte für den Zeitpunkt des Renten‐ beginns bestimmt worden, d. h., die Beiträge zur Rentenversicherung wurden bis zum Zeitpunkt des Rentenbeginns aufgezinst und die Rentenzahlungen werden - bezogen auf den Zeitpunkt des Rentenbeginns - abgezinst. Die Berechnungen der BfA zur Rendite der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen sich auf Modellfälle, bei denen typisierende Annahmen bezüglich Versicherungsverlauf und Rentenbezugszeit getroffen werden. Es wird von Versicherten ausgegangen, die 45 Jahre lang durchschnittlich verdient und entsprechende Beiträge bezahlt haben. Diese Versicherten beziehen ihre Rente für einen Zeitraum, der für jeden Modellfall der durchschnittlichen Lebenserwartung zu Rentenbeginn entspricht. Tatsächlich werden bei den Renditeberechnungen nicht die gesamten einge‐ zahlten Beiträge den erwarteten (Alters-)Rentenzahlungen gegenübergestellt, sondern nur 80 Prozent der Beiträge. Dies hat seinen Grund darin, dass nur etwa 80 Prozent der Rentenbeiträge zur Finanzierung der Altersrenten verwendet werden; die restlichen 20 Prozent dienen der Absicherung des Erwerbsminde‐ rungs- und des Todesfallrisikos des Versicherten während der Erwerbsphase (in diesen Fällen müssten Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrenten gezahlt werden) sowie der Finanzierung von Rehabilitationsleistungen. Bei der realitätsgerechten Berechnung der Rendite der Altersrenten der gesetzlichen Rentenversicherung ist deshalb auch nur von jenem Beitragsanteil auszugehen, der tatsächlich (im Durchschnitt) für die Altersrenten verwendet wird. Nur so ist im Übrigen auch ein Vergleich mit den Renditen anderer Formen der Alterssi‐ cherung möglich, die häufig auf die reine Geldleistung im Alter beschränkt sind und bei denen eine Absicherung der Erwerbsminderungs- und Todesfallrisiken während der Erwerbsphase oder der Kosten von Rehabilitationsmaßnahmen nicht erfolgt. Die seit 1997 vollzogenen zahlreichen Rechtsänderungen vom Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz bis zum Rentenversicherungs-Nachhaltig‐ keitsgesetz, die - einschließlich der erläuterten Rentenabschläge - eine Senkung des Rentenniveaus in die Wege geleitet haben, waren für die DRV Bund Anlass, die Renditeberechnung zu aktualisieren. Die vorgelegte interne Rendite in der gesetzlichen Rentenversicherung für Rentenzugänge in den Jahren 2012 bis 2040 sieht für den Renteneintritt bei Männern immer noch eine Rendite von 3,2 Prozent und bei Frauen von 3,8 Prozent vor. Grundsätzlich können aber auch längerfristig alle Versicherten mit einer jährlichen Rendite von rund 3 v. H. rechnen. 64 2 Die drei Säulen der Altersvorsorge <?page no="65"?> Interne Rendite in der gesetzlichen Rentenversicherung für Rentenzugänge in den Jahren 2013 bis 2040 Standardrente auf Basis von 45 Versicherungsjahren mit Durchschnittsver‐ dienst, Renteneintritt mit 65 Jahren (Pflichtbeiträge von 1967 bis 2012 Rentenanpassungen und Lebenserwartung nach Rentenversicherungsbericht 2011 Rentenbeginn Rendite für Männer ledig * Rendite für Frauen 01.01.2012 3,2 Prozent 3,8 Prozent 01.01.2020 3,1 Prozent 3,6 Prozent 01.01.2030 3,0 Prozent 3,4 Prozent 01.01.2040 3,0 Prozent 3,4 Prozent * Aufgrund der sich ggf. ergebenden Hinterbliebenenrente entspricht die Rendite für verheiratete Männer in etwa der Rendite für Frauen Quelle: Deutsche Rentenversicherung Bund Abbildung 4: Beispiele zur Renditeberechnung der gesetzlichen Rente Diese positive Perspektive ändert sich auch nicht, wenn - wie derzeit in der stu‐ fenweisen Umsetzung begriffen - das Renteneintrittsalter auf das 67. Lebensjahr angehoben wird. Wie zuvor dargestellt, ist gleichzeitig von einem weiteren Anstieg der Lebenserwartung auszugehen. Auch 2021 ist als generelle Ren‐ diteaussage für die gesetzliche Rente ein Satz von etwas über 3 Prozent aktuell! Kapitallebensversicherung im Rückwärtsgang Dieser Rendite gegenüber steht der mehrmals abgesenkte Garantiezins im Jahr 2021 auf jetzt 0,25 Prozent (! ) für alle Neuabschlüsse einer kapital‐ bildenden Lebensversicherung und einer privaten Rentenversicherung. Dieser garantierte Zinssatz ist in den letzten Jahren stetig gesunken. Versprachen die deutschen Versicherer in den 1990er Jahren teilweise noch vier Prozent, so bekommt ein Kunde beim aktuellen Abschluss einer klassischen Lebensversi‐ cherung oder Rentenversicherung nach zuletzt 0,9 Prozent nun maximal noch 0,25 Prozent gewährleistet. Außerdem sollen Versicherte bei Kündigung oder regulärem Ablauf nicht mehr zur Hälfte an Bewertungsreserven bei festverzinslichen Wertpapieren beteiligt werden. Für Kunden des privaten Versicherungsgewerbes sind das nach Ansicht von Verbraucherschützern keine guten Nachrichten. Alle Betrof‐ 65 2.3 Zur Rendite der gesetzlichen Rente - heute und in der Zukunft <?page no="66"?> fenen mit einer Kapitallebensversicherung, einer Riester-, Rürup- oder privaten Rente bzw. einer betrieblichen Altersversorgung über eine private Versicherung müssen befürchten, auf wichtige Teile ihrer Überschussbeteiligungen zu ver‐ zichten. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz in Kraft ab 01.01.2018 wird dies mit der neuen Absicherungsform „Pay and forget“ - also keine Garantie für das eingezahlte Kapital im Leistungsfall - noch verstärken. 2.4 Rendite-Plus durch weitere Regelleistungen Um zu der für einen Versicherten individuell geltenden persönlichen Rendite aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu gelangen, muss aber das gesamte Leistungsspektrum der gesetzlichen Rentenversicherung betrachtet werden. Nach § 23 SGB I stehen den rentenversicherten Personen und bei bestimmten medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen auch ihren Familienangehörigen insgesamt folgende Leistungen zur Verfügung: • Heilbehandlung, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und andere Leistungen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Er‐ werbsfähigkeit einschließlich wirtschaftlicher Hilfen, • Präventionsleistungen für Personen im erwerbsfähigen Alter, • Renten wegen Alters und Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sowie Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit für Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren sind, • Renten wegen Todes, • Witwen- und Witwerrentenabfindungen, • Beitragserstattungen, • Zuschüsse zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung, • Leistungen für Kindererziehung. 2.5 Verfahrensgrundsatz: Ohne Antragstellung keine Leistung Leistungsansprüche jedweder Art sind durch eine formale Antragsstellung rechtzeitig geltend zu machen. In der gesetzlichen Rentenversicherung existiert das Antragsprinzip. Dies bedeutet, ohne einen Antrag (entweder schriftlich, mündlich, telefonisch oder per E-Mail - aber nach formloser Willenserklä‐ rung immer unter Verwendung der offiziellen Antragsformulare) wird keine Leistung festgestellt und ausgezahlt. Es gibt von diesem Prinzip nur zwei 66 2 Die drei Säulen der Altersvorsorge <?page no="67"?> Ausnahmen: 1.) Umwandlung einer Erwerbsminderungsrente in eine Regelaltersrente u n d 2.) Umwandlung einer kleinen Witwenrente in eine große Witwenrente wegen Vollendung des 47. Lebensjahres der Witwe. Bei diesen Ausnahmen handelt der Rentenversicherungsträger von Amts wegen. Entsprechende Regelungen findet man in § 115 SGB VI. Nach § 115 Abs. 6 SGB VI haben die Rentenversicherungsträger allgemein verbind‐ liche Richtlinien zu Hinweispflichten der Rentenversicherungsträger gegenüber den Versicherten zu erstellen. Danach sind die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. Eine Verletzung der Hinweispflicht kann in einzelnen Fällen zu einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch führen. Für die Prüfung von Rentenansprüchen ist es wichtig zu wissen, dass • Rentenansprüche auch mit Zeiten der Kindererziehung, der Pflege von Angehörigen oder mit Zeiten des Wehr- und Zivildienstes - um nur einige wichtige Tatbestände zu nennen - entstehen können, • bei der Rentenberechnung z. B. Zeiten der Fachschulausbildung oder der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen, Zeiten der Arbeitslosigkeit oder der Krankheit mit Leistungsbezug, bei Schwangerschaften Zeiten der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz berücksichtigt werden, • Rentenleistungen unter Berücksichtigung der Lohnentwicklung in der Regel dynamisch steigen, • es für dieselben Beiträge gleich hohe Leistungen für Männer und Frauen gibt und • unter bestimmten Voraussetzungen Grundrentenzuschläge zur Rente geleistet werden. 2.6 Grundsätzliches zur Versicherung und Finanzierung in der gesetzlichen Rentenversicherung Ein gigantischer Haushalt ist zur Erfüllung der Aufgaben der gesetzlichen Rentenversicherung erforderlichen. Im Wesentlichen werden die Mittel hierfür durch Beiträge in Höhe von über 233 Milliarden € und den Bundeszuschuss in Höhe von nahezu 92 Milliarden € (Stand 2019) aufgebracht. Der überwiegende Anteil der Beiträge immerhin fast 221 Milliarden ent‐ fallen hierbei auf die Beiträge, die auf Grund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI gezahlt werden. Die aktuellen Beschäftigungszahlen von 44 Millionen Menschen stellen hier ebenfalls einen Spitzenwert dar. 67 2.6 Grundsätzliches zur Versicherung und Finanzierung <?page no="68"?> Die von den versicherungspflichtigen zu leistenden Rentenversicherungsbei‐ träge sind ein Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrages. Der Gesamtsozial‐ versicherungsbeitrag beinhaltet die Beiträge zur • Krankenversicherung, • Pflegeversicherung, • Rentenversicherung und • Arbeitslosenversicherung. Die Abführung der Beiträge erfolgt im Lohnabzugsverfahren an die zuständige Krankenkasse oder die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See/ Minijobzentrale (Einzugsstelle). Mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden die Aufwendungen in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung abgedeckt. Allein in der Renten‐ versicherung stehen derzeit Ausgaben in Höhe von 325 Milliarden zu Buche. Für 21,0 Millionen Rentner und Rentnerinnen in der BRD müssen u. a. Renten‐ zahlungen in Höhe von 291,4 Milliarden (Stand 2019) erbracht werden. Die Berechnung der entsprechenden Beiträge in den einzelnen Sozialversi‐ cherungszweigen ist in den hierfür jeweils gültigen Regelungen des maßge‐ benden SGB - Sozialgesetzbuch - geregelt. Die Regelungen für die Kranken‐ versicherung sind im SGB V, die der Pflegeversicherung im SGB XI, die der Arbeitslosenversicherung im SGB III und die der Rentenversicherung im SGB VI zu finden. Beitragseinnahmen RV Beschäftigte Auf Antrag Pflichtversicherte Versicherter Personenkreis Abbildung 5: RV in einer Baumdarstellung 68 2 Die drei Säulen der Altersvorsorge <?page no="69"?> Nach § 157 SGB VI werden die Beiträge zur Rentenversicherung nach einem Vomhundertsatz (Beitragssatz) von der Beitragsbemessungsgrundlage erhoben. Dies ist in der Regel das Bruttoarbeitsentgelt. Für die Berechnung von Beiträgen werden somit folgende Faktoren benötigt: • Beitragssatz (Vomhundertsatz), • Beitragsbemessungsgrundlage sowie • Beitragsbemessungsgrenze (BBG). Die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung können somit nach der folgenden Formel berechnet werden: Beitrag = Beitragsbemessungsgrundlage (bis zur BBG) x Beitragssatz 2.6.1 Beitragsbemessungsgrundlage Die Beitragsbemessungsgrundlage ist dabei jedoch nur bis zu einer gewissen Obergrenze, der Beitragsbemessungsgrenze, zu berücksichtigen. In bestimmten Fällen wird der Beitragsberechnung an Stelle des Arbeitsentgeltes ein Mindest‐ wert -die Bezugsgrößeals Beitragsbemessungsgrundlage zu Grunde gelegt. Die Bezugsgröße nach § 18 SGB IV ist ein Rechenwert in der Sozialversicherung und bestimmt sich aus dem Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversi‐ cherung im vorvergangenen Kalenderjahr, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag. Versicherungspflichtige = Beitragspflichtige Einnahmen für freiwillig Versicherte = Betrag zwischen Mindest-BBG 450 € und BBG 7.100 € § 161 SGB VI Beitragsbemessungsgrundlage (BBG) Abs. 1 Abs. 2 Abbildung 6: Beitragsbemessungsgrundlage 69 2.6 Grundsätzliches zur Versicherung und Finanzierung <?page no="70"?> 2.6.2 Beitragssatz Der Beitragssatz wird durch Rechtsverordnung festgesetzt (§ 160 SGB VI) und beträgt derzeit 18,6 Prozent (Stand 2021) der Beitragsbemessungsgrundlage. Die Höhe des Beitragssatzes orientiert sich maßgeblich an der voraussicht‐ lichen Entwicklung der Bruttolohn- und Gehaltssumme der beschäftigten Arbeitnehmer. Der Beitragssatz ist dabei so zu bemessen, dass die voraus‐ sichtlichen Beitragseinnahmen aller Pflichtversicherten zusammen mit dem Bundeszuschuss und den sonstigen Einnahmen alle zu erwartenden Ausgaben der Rentenversicherungsträger decken. Die genauen Maßgaben für die Festsetzung des Beitragssatzes sind gesetzlich in § 158 SGB VI normiert. 2.6.3 Beitragsbemessungsgrenzen Bei der Beitragsberechnung wird die Beitragsbemessungsgrundlage nur bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze (BBG) berücksichtigt (§ 159 SGB VI). Die Beitragsbemessungsgrenze bildet somit die Obergrenze für die Beitragsberech‐ nung. Die Werte der Beitragsbemessungsgrenze sind in der Anlage 2 zum SGB VI aufgeführt. Weitere Einnahmen kann die Rentenversicherung auch durch die Zahlung von Beiträgen für „Sonstige Versicherte“ nach § 3 SGB VI verzeichnen. Hier fallen durch die Beitragszahlung für z. B. Sozialleistungsbezieher wie Kran‐ kengeldbezieher, Arbeitslosengeldbezieher etc. oder auch für Pflegepersonen insgesamt weitere 9,1 Milliarden € an Beitragszahlungen an. Insbesondere der Zweig der Pflegeversicherung stellt aufgrund der Altersstruktur in der BRD einen dynamisch wachsenden Versicherungszweig dar. 2.7 Die Pflegeversicherung (Elftes Buch - SGB XI) Das jüngste Kind der Sozialversicherung, die Pflegeversicherung wurde am 01.01.1995 als eigenständiger Zweig der Sozialversicherung eingeführt. Pflegebedürftigkeit kann jeden Menschen jedes Alters treffen. Eine Absiche‐ rung gegen dieses Risiko gibt die Pflegeversicherung. Für alle gesetzlich und privat Krankenversicherten gilt eine automatische Pflichtversicherung in der Pflegeversicherung. Privat Krankenversicherte müssen jedoch eine Pflegeversicherung privat abschließen. Die Pflegeversicherung finanziert sich durch Beiträge, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber größtenteils paritätisch bezahlen. 70 2 Die drei Säulen der Altersvorsorge <?page no="71"?> Die Art der Pflege, der Pfleggrad und die Dauer der Pflegebedürftigkeit bestimmt, welche Leistungen Pflegebedürftige von der Pflegeversicherung erwarten können. Der Pflegebedürftige hat die Möglichkeit selbst zu wählen, wie und von wem er gepflegt werden soll. Ob professionelle Fachkräfte oder pflegende Angehörige die erforderliche Pflege durchführen, kann die zu pflegende Person somit selbst entscheiden. Oberstes Ziel ist es dabei, den pflegebedürftigen Menschen so weit als möglich, ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Rund 3,4 Millionen pflegebedürftige Menschen erhalten Leistungen durch die Pflegeversicherung. Davon werden 2,6 Millionen Menschen zu Hause versorgt und 800.000 in entsprechenden Heimen gepflegt. Von den 2,6 Millionen Menschen die zu Hause gepflegt werden, werden rund 1,76 Millionen allein durch Angehörige und die restlichen 830.000 zusammen mit ambulanten Pfle‐ gediensten gepflegt. Dies zeigt Pflege findet hauptsächlich zu Hause in den Familien statt. Alle wichtigen Regelungen und Voraussetzungen zur Pflegeversicherung sind im Elften Buch - SGB XI - des Sozialgesetzbuches zu finden. Seit dem 01.01.2017 beträgt der Beitragssatz zur Pflegeversicherung 3,05 Pro‐ zent des Bruttoeinkommens, bei Kinderlosen 3,3 Prozent. Somit zahlen Kinder‐ lose einen um 0,25 Prozent höheren Beitrag als diejenigen mit Kindern. Die Gründe für die Kinderlosigkeit spielen hierbei keine Rolle. Ausgenommen von dem Beitragszuschlag sind nur Mitglieder die vor dem 01.01.1940 geboren sind, bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres sowie Bezieher von Arbeitslosengeld II. Zur nachhaltigen Stärkung der Pflegeversicherung werden seit dem 01.01.2015 die Einnahmen in Höhe von 0,1 Beitragssatzpunkten in einen neu eingerichteten Pflegevorsorgefond abgeführt. Dieser Fond soll die Finanzierung der Pflegeversicherung auch in Zukunft sicherstellen. 2.7.1 Voraussetzungen für Pflegebedürftigkeit Nach § 14 SGB XI ist pflegebedürftig, wer „gesundheitlich bedingte Beeinträch‐ tigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweist und deshalb der Hilfe durch andere bedarf.“ Ein Antrag auf Pflegeleistungen ist bei der Pflegekasse, die Teil der Kran‐ kenkasse ist, zu stellen. Die gesetzlich vorgeschriebene Bearbeitungsdauer für Anträge auf Pflegeleistungen beträgt 25 Arbeitstage. Über den Grad der Pflegebedürftigkeit hat der Medizinische Dienst (MDK) der Krankenkasse oder unabhängige Gutachter in Form einer Begutachtung zu entscheiden. Der 71 2.7 Die Pflegeversicherung (Elftes Buch - SGB XI) <?page no="72"?> Gutachter des Medizinischen Dienstes legt anhand der nachfolgenden 6 Module die Selbständigkeit der pflegebedürftigen Person fest. • Modul 1: Mobilität • Modul 2: Geistige und kommunikative Fähigkeiten • Modul 3: Verhaltensweise und psychische Problemlagen • Modul 4: Selbstversorgung • Modul 5: Selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen - sowie deren Bewältigung • Modul 6: Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte Für jedes Modul wird in der Regel anhand eines Punktwertes der Grad der Selbständigkeit der pflegebedürftigen Person festgestellt. Dies Punkte fließen mit unterschiedlicher prozentualer Gewichtung zu einem Gesamtpunktewert zusammen, der dann einem der möglichen Pflegegrade 1-5 nach § 15 SGB XI zugeordnet werden kann (siehe Tabelle). Modul 1 Modul 2 Modul 3 Modul 4 Modul 5 Modul 6 Punkte Modul 1 Punkte Modul 2 Punkte Modul 3 Punkte Modul 4 Punkte Modul 5 Punkte Modul 6 Höherer Wert aus Modul 2 oder 3 ist maßgebend Gewichtung 10 Prozent Gewichtung 15 Prozent Gewichtung 40 Prozent Gewichtung 20 Prozent Gewichtung 15 Prozent G E S A M T P U N K T E 12,5 - unter 27 27 - unter 47,5 47,5 - unter 70 70 - unter 90 90 - 100 Pflegegrad 1 Pflegegrad 2 Pflegegrad 3 Pflegegrad 4 Pflegegrad 5 Soweit eine Pflege zu Hause möglich ist, hat der Pflegebedürftige die Wahl zwischen ambulanten Pflegesachleistungen, Pflegegeld oder der Kombinations‐ leistung aus ambulanten Pflegesachleistungen und Pflegegeld. Ambulante Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI werden für die Über‐ nahme der Kosten für die Inanspruchnahme eines Pflegdienstes für körperbe‐ zogene Pflegemaßnahmen, pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen 72 2 Die drei Säulen der Altersvorsorge <?page no="73"?> bei der Haushaltsführung bis zu einem vorgeschriebenen Höchstbetrag über‐ nommen. Maßgebend für die Höhe der Pflegesachleistung ist der vorliegende Pflege‐ grad. 2.7.2 Pflegesachleistungen und Pflegegeld Folgende Pflegesachleistungen werden pro Monat erbracht: • Pflegegrad 1: bis zu 125 € Entlastungsbetrag • Pflegegrad 2: 689 € • Pflegegrad 3: 1.298 € • Pflegegrad 4: 1.612 € • Pflegegrad 5: 1.995 € Pflegegeld nach § 37 SGB XI wird gezahlt, soweit die Pflege durch Angehö‐ rige oder andere ehrenamtlich tätige Pflegepersonen gewährleistet wird. Das Pflegegeld wird ab Pflegegrad 2 von der Pflegekasse an die pflegebedürftige Person überwiesen. Diese kann dann über die Verwendung des Pflegegelds frei entscheiden, wird dieses aber in aller Regel voll oder zum Teil an die betreuenden Personen als Anerkennung weiterreichen. Das Pflegegeld bestimmt sich wie die ambulante Pflegesachleistung an dem Grad (siehe Tabelle) der Pflegebedürftigkeit. Pflegebedürftigkeit in Graden Leistungen pro Monat Pflegegrad 2 316 € Pflegegrad 3 545 € Pflegegrad 4 728 € Pflegegrad 5 901 € Kombinationsleistung nach § 38 SGB XI wird gezahlt, soweit ambulante Pflege‐ sachleistungen durch einen Pflegedienst erbracht werden und der Höchstwert der zustehenden Pflegesachleistung nach dem jeweiligen Pflegegrad nicht ausgeschöpft wird. Hier kann dann zusätzlich Pflegegeld prozentual in Höhe der nicht in Anspruch genommenen Pflegesachleistung in Kombination (siehe Beispiel) gezahlt werden. 73 2.7 Die Pflegeversicherung (Elftes Buch - SGB XI) <?page no="74"?> Beispiel: Eine pflegebedürftige Person nimmt ambulante Pflegesachleistungen durch einen Pflegedienst im Wert von 649 € im Monat in Anspruch. Die Pflegeperson wurde in den Pflegegrad 3 eingestuft. Der zustehende Wert für die Pflegesach‐ leistung beträgt somit 1.298 € monatlich und wurde somit nur in Höhe von 50 Prozent in Anspruch genommen. Vom Pflegegeld im Pflegegrad 3 in Höhe von 545 € stehen ihm somit noch 50 Prozent zu, also insgesamt 272,50 €. In der gesetzlichen Rentenversicherung sind Pflegepersonen seit dem 01.04.1995 nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI versicherungspflichtig, das heißt bei Vorliegen der Voraussetzungen haben die Träger der Pflegeversicherung für Personen, die Pfle‐ getätigkeiten ausüben, Pflichtbeiträge zu zahlen. Damit endete mit dem 31.03.1995 für Pflegepersonen die ab 01.01.92 bestehende Regelung der Anrechnung von sogenannten Pflegeberücksichtigungszeiten nach § 249b SGB VI. Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht nach dem SGB VI (siehe nachfolgende Abbildung) für Personen, die einen oder mehrere Pfle‐ gebedürftige mit mindestens Pflegegrad 2 wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf mindestens zwei Tage in der Woche, in ihrer häuslichen Umgebung nicht erwerbsmäßig pflegen, wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegepflichtversicherung hat. 2.7.3 Versicherungspflicht der Pflegepersonen Abbildung 7: Versicherungspflicht 74 2 Die drei Säulen der Altersvorsorge <?page no="75"?> Soweit Versicherungspflicht als Pflegeperson vorliegt, hat die Pflegekasse ent‐ sprechende Bruttoarbeitsentgelte die sich nach § 166 Abs. 2 SGB VI bestimmen in das Rentenversicherungskonto des Pflegenden zu melden. Maßgebender Wert ist hierbei die Bezugsgröße nach § 18 SGB IV. Entgelte in der gesetzlichen Rentenversicherung sind jedoch erst ab dem Pflegegrad 2 zu melden. Je nachdem, welche Leistungen (Pflegesachleistung, Pflegegeld, Kombinati‐ onsleistung) bezogen werden, ergeben sich unterschiedlich Höhen der zu mel‐ denden beitragspflichtigen Entgelte, die sich prozentual aus der Bezugsgröße errechnen, siehe hierfür nachfolgende Tabelle. Pflegegrad 2 3 4 5 Pflegesach‐ leistung Prozent der Bezugs‐ größe 18,9 30,1 49,0 70,0 Pflegegeld Prozent der Bezugs‐ größe 27,0 43,0 70,0 100,0 Kombinati‐ onsleistung Prozent der Bezugs‐ größe 22,95 36,55 59,5 85,0 Die sodann zu entrichtenden Pflichtbeiträge für die Pflegeversicherung werden nach § 170 Absatz 1 Nr. 6a SGB VI alleine von der Pflegekasse, privatem Versicherungsunternehmen getragen. Beispiel: Eine pflegebedürftige Person mit Pflegegrad 4 wird im Jahr 2020 zu Hause von einem Angehörigen gepflegt. Es wird lediglich Pflegegeld durch die Pflegekasse gezahlt. Somit sind für die pflegende Person Entgelte in Höhe von 70 Prozent der Bezugsgröße (in 2020 = 38.220 €) zu melden, dies entspricht 38.220 € x 70 Prozent = 26.754 €. 75 2.7 Die Pflegeversicherung (Elftes Buch - SGB XI) <?page no="77"?> 3 Rentenrechtliche Zeiten Mit dem Sammelbegriff rentenrechtliche Zeiten werden alle Zeiten zusammen‐ gefasst, die sich auf den Rentenanspruch (Erfüllung von Wartezeiten und beson‐ dere versicherungsrechtliche Voraussetzungen) und die Rentenhöhe auswirken können. Die Zeiten haben im Einzelnen unterschiedliche Wirkungen, denn nicht alle rentenrechtlichen Zeiten werden auch für jede Wartezeit berücksichtigt. Gemäß § 54 Abs. 1 SGB VI handelt es sich um 1. Beitragszeiten, 2. beitragsfreie Zeiten und 3. Berücksichtigungszeiten. Abbildung 8: Rentenrechtliche Zeiten 3.1 Beitragszeiten Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder frei‐ willige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Beitragszeiten sind nicht nur Zeiten mit Beiträgen zur bundesdeutschen Rentenversicherung, sondern z. B. auch mit solchen zur reichsdeutschen Ren‐ tenversicherung bis Kriegsende und zur Sozialversicherung der früheren DDR. Ausländische Beitragszeiten außerhalb des Anwendungsbereichs des Fremd‐ rentengesetzes können nur aufgrund von überstaatlichem Recht oder zwischen‐ staatlichen Sozialversicherungsabkommen in der deutschen Rentenversiche‐ rung berücksichtigt werden. <?page no="78"?> 3.1.1 Pflichtbeitragszeiten Pflichtbeitragszeiten nach § 55 Abs. 1 SGB VI sind Zeiten, in denen kraft Gesetzes oder auf Antrag Versicherungspflicht bestand und für die Beiträge wirksam gezahlt worden sind. Folgende Personenkreise werden insbesondere erfasst: • versicherungspflichtige Beschäftigte nach § 1 SGB VI • versicherungspflichtige Selbständige nach § 2 SGB VI (z. B. in die Hand‐ werksrolle eingetragene Gewerbetreibende) • Personen, in der Zeit für die ihnen Kindererziehungszeiten angerechnet werden (vgl. 3.1.1.1.) nach § 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI • nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen für die Zeit der Pflege ab 01.04.1995 unter den Voraussetzungen nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI • Wehr- oder Zivildienstleistende nach § 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VI • Bezieher von Entgeltersatzleistungen (z. B. Krankengeld, Verletzten‐ geld oder Arbeitslosengeld bzw. bis 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe) ab 01.01.1992, wenn sie im letzten Jahr vor Beginn der Leistung zuletzt rentenversicherungspflichtig waren (§ 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) • Arbeitslosengeld II-Bezieher von 01.01.2005 bis 31.12.2010 nach § 3 Satz 1 Nr. 3 a SGB VI a. F. • die auf Antrag Pflichtversicherten gemäß § 4 SGB VI und • geringfügig Beschäftigte, die auf die Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VI (Fassung bis 31.12.2012) verzichtet haben. 3.1.1.1 Kindererziehungszeiten (§§ 56, 249 und 249a SGB VI) Neben den Pflichtbeitragszeiten, für die tatsächlich Beiträge an die Renten‐ versicherung gezahlt worden sind, gelten auch Kindererziehungszeiten ohne Beitragsleistung (vor dem 01.06.1999), die in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt wurden, als Pflichtbeitragszeiten. Die Beitragszahlung gilt hier als unterstellt. Seit dem 01.06.1999 werden Beiträge vom Bund gezahlt (§ 177 SGB VI). Zeiten der Kindererziehung im jeweiligen Herkunftsland von Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz sind den Kindererziehungszeiten im Bundesgebiet gleichgestellt; sie gelten auch als deutsche Pflichtbeitragszeiten. Trotz der Ein‐ ordnung der Kindererziehungszeiten als Pflichtbeitragszeiten bleiben allerdings freiwillige Beiträge, die in der Zeit bis 31.12.1985 neben Kindererziehungszeiten entrichtet wurden, als solche wirksam und werden nicht, etwa als zu Unrecht entrichtet, zurückgezahlt. 78 3 Rentenrechtliche Zeiten <?page no="79"?> 3.1.1.1.1 Umfang der Kindererziehungszeit Geburt ab 01.01.1992 = 3 Erziehungsjahre Bei Kindern, die ab 01.01.1992 geboren werden, umfasst die Kindererziehungs‐ zeit die ersten drei Lebensjahre. Die Kindererziehungszeit beginnt nach Ablauf des Monats der Geburt, endet aber erst nach 36 Kalendermonaten. Werden mehrere Kinder gleichzeitig erzogen, verlängert sich die Kindererziehungszeit um die Anzahl an Kalendermonaten der gleichzeitigen Erziehung. Geburt bis zum 31.12.1991 = 2 Erziehungsjahre und 6 Monate Bei den bis 31.12.1991 geborenen Kindern beläuft sich der Umfang der Kinderer‐ ziehungszeit lediglich auf 30 Kalendermonate. Das gilt auch für Verlängerungen wegen gleichzeitiger Erziehung mehrerer Kinder. Die Verlängerung der Kindererziehungszeit bei Geburten vor dem 01.01.1992 von 12 auf 24 Kalendermonaten erfolgte zum 01.07.2014 durch das Rentenver‐ sicherungs-Leistungsverbesserungsgesetz und von 24 auf 30 Kalendermonaten ab 01.01.2019 durch das Rentenpaket II. Wer am 30.06.2014 bereits Rente bezogen hatte, bekam weiterhin nur 12 Ka‐ lendermonate an Kindererziehungszeiten bei Geburten vor dem 01.01.1992 angerechnet und erhielt als Ausgleich einen Zuschlag nach § 307d SGB VI in Höhe eines persönlichen Entgeltpunktes pro Kind. Bei Rentenbezug am 31.12.2018 beträgt der weitere Zuschlag 0,5 persönliche Entgeltpunkte pro Kind. Fallbeispiele: • Geburt eines Kindes am 27.05.2002 Die Kindererziehungszeit beginnt genau am 01.06.2002 und endet am 31.05.2005. • Geburt von Zwillingen am 01.05.2002 Die am 01.06.2002 beginnende Kindererziehungszeit wird um die Kalen‐ dermonate der gleichzeitigen Erziehung - also um 36 Kalendermonate - verlängert und endet somit erst am 31.05.2008. • Geburt eines Kindes am 17.06.1991 Die am 01.07.1991 beginnende Kindererziehungszeit endet genau am 31.12.1993. 79 3.1 Beitragszeiten <?page no="80"?> 36 Kalendermonate Pflichtbeitragszeit § 56 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 SGB VI, § 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Geburt eines Kindes 30 Kalendermonate Pflichtbeitragszeit ab 01.01.1992 vor 01.01.1992 § 56 Abs. 5 Satz 1, § 249 Abs. 1 SGB VI Abbildung 9: Umfang der Kindererziehungszeiten 3.1.1.1.2 Aufteilung von Zeiten ab 01.01.1992 Kindererziehungszeiten, die ab 01.01.1992 zurückgelegt werden, können die Eltern bei gemeinsamer Erziehung unter sich aufteilen. Für die Aufteilung, die auch mehrfach zulässig ist, spielt es keine Rolle, welcher Elternteil das Kind überwiegend erzogen hat. Die Aufteilung erfolgt in der Weise, dass die übereinstimmende Erklärung über die Zuordnung zu einem Elternteil auf einen Teil der Erziehungszeit beschränkt wird. Die Erklärung ist gegenüber dem zuständigen Rentenversicherungsträger abzugeben. Es genügt aber auch die Abgabe gegenüber einer Gemeinde, einem anderen Versicherungsträger oder im Fall des Auslandsaufenthaltes gegenüber einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland. Gemeinsam erziehende Eltern, die durch Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung Kindererziehungszeiten ab 01.01.1992 in vollem Umfang oder zum Teil dem anderen Elternteil zuordnen wollen, müssen beachten, dass die Er‐ klärung grundsätzlich nur Wirkung auf künftige Kalendermonate hat. Eine Erklärung mit Rückwirkung ist nur für bis zu zwei Kalendermonate zurück möglich. 80 3 Rentenrechtliche Zeiten <?page no="81"?> Fallbeispiel: Die Erklärung für ein am 02.04.2003 geborenes Kind geht dem Versicherungs‐ träger am 05.08.2003 zu. Der Vater soll danach die gesamte Kindererziehungszeit ab Beginn (01.05.2003) erhalten. Diese Möglichkeit besteht nicht. Die Erklärung kann nur für künftige Kalendermonate oder für bis zu zwei Kalendermonate zurück abgegeben werden. Das bedeutet, dass der Vater die Zeit frühestens ab 01.06.2003 erhalten kann. Der Monat Mai 2003 bleibt bei der Mutter. 3.1.1.1.3 Berechtigter Personenkreis Der Personenkreis umfasst Mütter und Väter. Das sind zunächst einmal die leiblichen Eltern eines Kindes. Diesen Begünstigten gleichgestellt sind Adoptiv-, Stief- und Pflegeeltern. Stief- und Pflegeeltern im Sinne des Gesetzes können nur Personen sein, die das Kind in ihrem Hause aufgenommen haben. Ein Pflegekindschaftsverhältnis bedingt ferner, dass das Kind mit der Pflegemutter oder dem Pflegevater durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis wie ein Kind mit seinen Eltern verbunden ist. Für ein solches auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft ist es notwendig, dass das Kind aus dem Obhuts- und Erziehungsver‐ hältnis zu seinen leiblichen Eltern völlig ausgeschieden ist. Diese Voraussetzungen sind gegeben, wenn die leiblichen Eltern z. B. verstorben sind und das Kind unbefristet - also nicht nur für eine Übergangszeit bis zu einer anderweitigen Unterbringung - im Haushalt der Verwandten Aufnahme gefunden hat. Adoptiveltern, die das Kind bereits vor der Rechtswirksamkeit der Adop‐ tion in ihrem Haushalt aufnehmen, sind während dieser Zeit Pflegeeltern. Tagesmütter sowie Personen, die eine private Pflegestelle oder Kindergrippe betreiben, zählen regelmäßig nicht zu den Pflegeeltern im Sinne des Gesetzes. Die Erziehungszeit für ein Kind erhält jeweils nur ein Elternteil, entweder die Mutter oder der Vater. Ist das Kind nur von einem Elternteil erzogen worden, steht diesem diese Erziehungszeit als Alleinerzieher zu. Kindererziehungszeiten können in den alten Bundesländern nur bei Elternteilen berücksichtigt werden, die nach dem 31.12.1920 geboren sind (ab Geburtsjahr‐ gang 1921). Elternteile, die am 18.05.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der ehemaligen DDR hatten, können nur dann Kindererziehungszeiten gutgeschrieben bekommen, wenn sie nach dem 31.12.1926 geboren sind (ab Geburtsjahr 1927). Für Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 bzw. in den neuen Bundesländern vor 1927, gibt es aber unter bestimmten Voraussetzungen - auf Antrag - Kindererzie‐ hungsleistungen in Höhe des jeweils geltenden aktuellen Rentenwertes (§§ 294 81 3.1 Beitragszeiten <?page no="82"?> und 294a SGB VI). Auch dieser Wert wurde durch das Rentenversicherungsleis‐ tungsverbesserungsgesetz mit Wirkung vom 01.07.2014 verdoppelt und mit der Mütterrente II zum 01.01.2019 auf das 2,5-fache des aktuellen Rentenwertes erhöht. Kindererziehungszeiten werden nur anerkannt, wenn Personen ihr Kind in‐ nerhalb der Bundesrepublik Deutschland, in der ehemaligen DDR oder in dem jeweiligen Geltungsbereich der früheren Reichsversicherungsgesetze erzogen und sich mit ihm dort gewöhnlich aufgehalten haben. Auf die Staatsangehörigkeit des Kindes und des erziehenden Elternteiles kommt es bei Inlandserziehung nicht an. Für Berechtigte, die vom Fremdrentengesetz erfasst werden (z. B. Spätaus‐ siedler), gibt es eine weitergehende Erklärungsmöglichkeit. Diese Personen können innerhalb eines Jahres nach Zuzug in den Geltungsbereich des Sozial‐ gesetzbuches ihre Erklärung auch für mehr als zwei Kalendermonate zurück abgeben, soweit Kinder betroffen sind, die im Zeitpunkt des Zuzugs bereits geboren waren (§ 28b FRG). Erziehende Elternteile, die während der Erziehungszeit versicherungsfrei (z. B. als Beamte) und nicht nachversichert worden sind, erhalten insoweit keine Erziehungszeiten angerechnet. Das gleiche gilt für Elternteile, die zwar während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes im Inland tätig waren, jedoch aufgrund von Ausnahmeregelungen den deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht nicht unterlagen. 3.1.1.1.4 Gemeinsame Erziehung (vgl. Abbildung 10) In der Zeit vom 01.01.1986 bis 31.12.1991 Kindererziehungszeiten in der Zeit vom 01.01.1986 bis 31.12.1991 (also für Ge‐ burten nach Dezember 1985) konnten nur dann dem Vater zugerechnet werden, wenn die Eltern eine übereinstimmende Erklärung bis zum Ablauf des dritten Kalendermonats nach der Geburt des Kindes gegenüber dem Versicherungs‐ träger abgegeben haben. Die Erklärungen sind unwiderruflich. Nachträgliche Aufteilungen sind nicht möglich. In der Zeit vor dem 01.01.1986 Bei gemeinsamer Erziehung des Kindes durch die Eltern im ersten Lebensjahr vor dem 01.01.1986 konnten die Eltern dagegen bis zum 31.12.1996 übereinstim‐ mend erklären, dass der Vater das Kind überwiegend erzogen hat und dass ihm daher die Kindererziehungszeit anzurechnen ist. Die einjährige Kinderer‐ ziehungszeit wird dann insgesamt dem Vater zugeordnet. Bei Tod der Mutter vor dem 01.01.1986 wird die Erziehungszeit von vorn‐ herein dem Vater angerechnet. War ein Elternteil in der Zeit vom 01.01.1986 bis 31.12.1996 gestorben, konnte der jeweilig überlebende Elternteil die Erklärung 82 3 Rentenrechtliche Zeiten <?page no="83"?> über die gemeinsame Erziehung und Zuordnung der Kindererziehungszeit für Zeiträume vor 1986 bis spätestens 31.03.1997 allein abgeben. Kinderziehungszeiten (gemeinsame Erziehung vorausgesetzt) Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung zugunsten des Vaters *) Bei Erziehung vor dem 01.01.1986 Rechtslage vom 01.01.1992 an Die Zuordnung von Kindererziehungszeiten übereinstimmende Erklärung §§ 56, 249 SGB VI HINW EIS: Eine Zurechnung zum Vater kommt auch ohne übereinstimmende Erklärung in Betracht, wenn er nachweislich das Kind überwiegend erzogen hat (z. B. Mutter berufstätig und Vater im Erziehungsurlaub/ Elternzeit). Rechtslage in der Zeit vom 01.01.1986 bis 31.12.1991 Erklärung innerhalb von drei Kalendermonaten nach Geburt; Aufteilung nicht möglich Erklärung wirkt für künftige Kalendermonate; ggf. höchstens zwei Monate rückwirkend ⇒ Aufteilung (auch durch wiederholte Erklärung) möglich ⇒ Erklärung bis 31.12.1996 möglich ⇒ überwiegend Erziehung durch den Vater ⇒ Aufteilung nicht möglich Besonderheiten *) bei Tod der Mutter vor dem 01.01.1986 eines Elternteils in der Zeit vom 01.01.1986 bis 31.12.1996 Kindererziehungszeit ohne Erklärung an Vater Überlebender Elternteil kann Erklärung allein abgeben Frist: 31.03.1997 Anmerkung: Für Berechtigte nach dem FRG gilt eine Sonderregelung. Sie können die Erklärung auch noch nach den genannten Fristen innerhalb eines Jahres nach dem Zuzug abgeben Abbildung 10: Die Zuordnung von Kindererziehungszeiten 83 3.1 Beitragszeiten <?page no="84"?> Haben Eltern in den neuen Bundesländern bzw. in der ehemaligen DDR ihr Kind vor dem 01.01.1992 in dessen erstem Lebensjahr gemeinsam erzogen, konnten sie bis zum 31.12.1996 übereinstimmend erklären, dass der Vater das Kind überwiegend erzogen hat. Die Kindererziehungszeit wird dann insgesamt dem Vater zugeordnet. War ein Elternteil bis 31.12.1996 verstorben, konnte der überlebende Elternteil die Erklärung bis zum 31.03.1997 abgeben. 3.1.2 Zeiten mit freiwilligen Beiträgen Freiwillige Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht (bzw. Reichs‐ recht) freiwillige Beiträge wirksam gezahlt worden sind (§ 55 Abs. 1 SGB VI). Personen, die nicht versicherungspflichtig sind in der gesetzlichen Renten‐ versicherung, können sich nach § 7 SGB VI ab dem vollendeten 16. Lebensjahr freiwillig versichern und die Beitragshöhe zwischen • dem Mindestbeitrag (2021 monatlich: 83,70 €) und • dem Höchstbeitrag (2021 monatlich: 1.320,60 €) frei wählen. Insbesondere Personen, die aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ausscheiden, weil sie sich selbständig gemacht haben, verlieren ohne weitere Beitragszahlung mit der Zeit ihre Anwartschaft auf eine Rente wegen Erwerbs‐ minderung. Sollte bereits am 31.12.1983 die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren erfüllt gewesen sein und wird seit Januar 1984 lückenlos jeder Monat mit einer rentenrechtlich relevanten Zeit belegt (§ 241 Abs. 2 SGB VI), so sollte man sich unbedingt beim zuständigen Rentenversicherungsträger beraten lassen. 3.1.3 Zeiten, für die Entgeltpunkte nach § 70 Abs. 3 a SGB VI gutgeschrieben werden Nach § 70 Abs. 3a SGB VI werden beim Vorliegen von 25 Jahren rentenrechtli‐ cher Zeiten für folgende Zeiten ab 01.01.1992, die nicht mit Beiträgen belegt sind, Entgeltpunkte gutgeschrieben: • zwei oder mehr gleichzeitige Kinderberücksichtigungszeiten oder • mindestens eine Kinderberücksichtigungszeit und gleichzeitig mindes‐ tens eine Zeit der nicht erwerbsmäßigen Pflege eines pflegebedürftigen Kindes bis zum 18. Lebensjahr oder • zwei oder mehr gleichzeitige Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege für zwei oder mehrere pflegebedürftige Kinder bis zum 18. Lebensjahr. 84 3 Rentenrechtliche Zeiten <?page no="85"?> Fallbeispiel: Eine weibliche Versicherte hat 25 Jahre rentenrechtliche Zeiten (mit Zurech‐ nungszeit) zurückgelegt und bekommt für ihre beiden Kinder (geboren 15.06.1990 und 03.07.1994) die gesamten Kindererziehungs- und Kinderbe‐ rücksichtigungszeiten anerkannt. Weitere Beitragszeiten sind zwischen 1990 und 2004 nicht vorhanden. Lösung: Die Kindererziehungszeiten (vgl. 3.1.1.1.1.) erstrecken sich vom 01.07.1990 bis 31.12.1992 und vom 01.08.1994 bis 31.07.1997. Für die Zeiträume 03.07.1994 bis 31.07.1994 und 01.08.1997 bis 14.06.2000 erfolgt eine Gutschrift in Höhe von 36 x 0,0278 = 1,0008 Entgeltpunkten und diese 36 Monate gelten nach § 55 Abs. 1 Satz 3 SGB VI als Beitragszeiten. 3.1.4 Vollwertige Beitragszeiten und beitragsgeminderte Zeiten Bei den Beitragszeiten wird zwischen Zeiten mit vollwertigen Beiträgen und beitragsgeminderten Zeiten unterschieden. Zeiten mit vollwertigen Beiträgen sind ausschließlich mit Beiträgen belegt. Fallbeispiel 1: Pflichtbeitragszeit vom 01.04.1975 bis 20.04.1975 Lösung: Obwohl nur für einen Teil des Monats April 1975 Beiträge vorhanden sind, handelt es sich dennoch um eine vollwertige Beitragszeit, da der Restmonat nicht mit einer beitragsfreien Zeit belegt ist. Beitragsgeminderte Zeiten umfassen Kalendermonate, die sowohl Beitrags‐ zeiten als auch Ersatzzeiten, Anrechnungszeiten oder eine Zurechnungszeit enthalten. Fallbeispiel 2: • Pflichtbeitragszeit vom 01.04.1975 bis 20.04.1975 • Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit vom 21.04.1975 bis 31.07.1975 Lösung: Nach dem Berechnungsgrundsatz des § 122 Abs. 1 SGB VI zählt ein Kalender‐ monat, der nur zum Teil mit rentenrechtlichen Zeiten belegt ist, als voller Monat. 85 3.1 Beitragszeiten <?page no="86"?> Damit sind z. B. auf die 35-jährige Wartezeit ein Kalendermonat Beitragszeit anzurechnen, ferner drei Kalendermonate Anrechnungszeit. Der Monat April 1975 ist sowohl mit einer Beitragszeit als auch mit einer beitragsfreien Zeit (Anrechnungszeit) belegt und wird nach § 54 Abs. 3 SGB VI beitragsgeminderte Zeit. Diese Unterscheidung ist nur für die Rentenberechnung von Bedeutung. Für die einzelnen Wartezeiten zählt der Kalendermonat, der ganz oder auch nur teilweise mit einem Beitrag belegt ist. Fallbeispiel 3: • Pflichtbeitragszeiten vom 01.04.1975 bis 20.04.1975 • Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit vom 21.04.1975 bis 22.05.1975 Lösung: Diese Anrechnungszeit wird mangels der Dauer eines Kalendermonats (nach § 252 Abs. 7 Ziff. 3 SGB VI) nicht angerechnet und somit ist der Monat April 1975 nicht beitragsgemindert, sondern eine vollwertige Pflichtbeitragszeit (vgl. Fallbeispiel 1). 3.1.4.1 Zeiten der beruflichen Ausbildung 3.1.4.1.1 Echte Zeiten einer beruflichen Ausbildung Als beitragsgemindert gelten auch Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine Berufsausbildung (Zeiten einer beruflichen Ausbildung) nach § 54 Abs. 3 Satz 2 SGB VI. Während einer Berufsausbildung ist die Einkommenshöhe deutlich niedriger als danach, und deshalb werden diese Zeiten in der Rentenversicherung als beitragsgeminderte Zeiten besonders bewertet und erhalten unter Umständen einen Zuschlag. Sämtliche Zeiten einer tatsächlich absolvierten Berufsausbil‐ dung, für welche Pflichtbeiträge vorliegen, sind unabhängig vom Lebensunter‐ halt und einer Höchstdauer als beitragsgeminderte Zeit zu berücksichtigen. Erfasst werden hier u. a.: • Lehrzeiten, • Umschulungen, • Fortbildungen und Praktika. 86 3 Rentenrechtliche Zeiten <?page no="87"?> Ein erfolgreicher Abschluss ist hier im Gegensatz zur Anrechnungszeit nach § 252 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI nicht notwendig. 3.1.4.1.2 Fiktive Zeiten einer beruflichen Ausbildung Bei einem Rentenbeginn vor dem 01.01.2009 galten nach § 246 Satz 2 SGB VI die ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für Zeiten einer versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit bis zur Vollendung des 25. Lebens‐ jahres stets als Zeiten einer beruflichen Ausbildung. Sollten in diesen ersten 36 Kalendermonaten vor dem vollendeten 25. Lebensjahr Zeiten einer tatsächli‐ chen (vgl. 3.1.4.1.1.) Ausbildung vorhanden sein, so werden diese Pflichtbeiträge angerechnet. Fallbeispiel: Geboren am 05.08.1980 • Pflichtbeiträge aufgrund abgebrochener echter Lehre 01.09.1997- 31.08.1998 • Pflichtbeiträge aufgrund Aushilfstätigkeit 01.09.1998-31.08.2001 Lösung: Die Zeit der echten Ausbildung vom 01.09.1997 bis 31.08.1998 ist beitragsgemin‐ dert nach § 54 Abs. 3 Satz 2 SGB VI. Die Zeit vom 01.09.1998 bis 31.08.2000 ist darüber hinaus beitragsgemindert nach § 246 Satz 2 SGB VI, wenn die Rente vor dem 01.01.2009 begonnen hat. Bei einem Rentenbeginn nach 31.12.2008 sind die fiktiven Ausbildungszeiten zwar nicht mehr beitragsgemindert und erhalten somit keinen Zuschlag in der Rentenberechnung; sie werden aber bei der Gesamtleistungsbewertung weiterhin nach § 71 Abs. 3 Satz 2 SGB VI besonders bewertet. 3.2 Beitragsfreie Zeiten Neben den Beitragszeiten und den Berücksichtigungszeiten gehören auch die Ersatzzeiten, die Anrechnungszeiten und die Zurechnungszeit zu den renten‐ rechtlichen Zeiten. Beitragsfreie Zeiten Kalendermonate, die nur mit Anrechnungszeiten, mit einer Zurechnungszeit oder mit Ersatzzeiten belegt sind, sind nach § 54 Abs. 4 SGB VI beitragsfreie 87 3.2 Beitragsfreie Zeiten <?page no="88"?> Zeiten, sofern für diese Kalendermonate nicht auch Beiträge gezahlt worden sind. Treffen in einem Kalendermonat Ersatzzeiten, Anrechnungszeiten oder Zurechnungszeiten (vgl. 3.1.4) mit einer Beitragszeit zusammen, liegt eine beitragsgeminderte Zeit vor. 3.2.1 Die Ersatzzeiten Ersatzzeiten sind vor dem 01.01.1992 zurückgelegte Zeiten nach dem vollen‐ deten 14. Lebensjahr, in denen Versicherungspflicht nicht bestanden hat und in denen durch außergewöhnliche Umstände keine Beitragszahlung erfolgte. Zu den Ersatzzeiten gehören (§ 250 Abs. 1 SGB VI): • Zeiten des militärischen oder militärähnlichen Dienstes, der vor dem 09.05.1945 aufgrund gesetzlicher Dienst- oder Wehrpflicht oder während eines Krieges geleistet worden ist, Zeiten des deutschen Minenräum‐ dienstes nach dem 08.05.1945, Zeiten der Kriegsgefangenschaft sowie Zeiten einer sich anschließenden Krankheit oder unverschuldeten Ar‐ beitslosigkeit. • Bei Heimkehrern: Zeiten der Internierung oder Verschleppung sowie Zeiten einer daran anschließenden Krankheit oder unverschuldeten Ar‐ beitslosigkeit. • Zeiten, in denen Nichtkriegsteilnehmer während oder nach Beendigung eines Krieges durch feindliche Maßnahmen an der Rückkehr aus dem Ausland oder aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten verhindert gewesen oder dort festgehalten worden sind. • Bei Verfolgten des Nationalsozialismus im Sinne des Bundesentschädi‐ gungsgesetzes: Zeiten des Freiheitsentzuges und der Freiheitsbeschrän‐ kung bis 08.05.1945 sowie Zeiten einer daran anschließenden Krankheit oder unverschuldeten Arbeitslosigkeit; Zeiten einer durch Verfolgung bedingten Arbeitslosigkeit bis 31.12.1946 oder eines Auslandsaufenthaltes bis 31.12.1949. • Bei Personen, die unter das Häftlingshilfegesetz fallen: Zeiten des Ge‐ wahrsams nach dem 08.05.1945 außerhalb der Bundesrepublik Deutsch‐ land sowie einer daran anschließenden Krankheit oder unverschuldeten Arbeitslosigkeit. • Zeiten des Freiheitsentzuges im Gebiet der ehemaligen DDR in der Zeit vom 08.05.1945 bis 30.06.1990, soweit der Versicherte rehabilitiert oder das Urteil aufgehoben worden ist, sowie eine daran anschließende Krankheit oder unverschuldete Arbeitslosigkeit. 88 3 Rentenrechtliche Zeiten <?page no="89"?> • Bei Vertriebenen und Flüchtlingen im Sinne des Bundesvertriebenenge‐ setzes: Die Zeit vom 01.01.1945 bis 31.12.1946 (pauschale Vertreibungs‐ zeit), sowie außerhalb dieser Zeitspanne liegende Zeiten tatsächlicher Vertreibung, Umsiedlung, Aussiedlung oder Flucht und einer daran an‐ schließenden Krankheit oder unverschuldeten Arbeitslosigkeit. Ersatzzeiten werden nur dann angerechnet, wenn mindestens ein Beitrags‐ monat vorhanden ist. 3.2.2 Die Anrechnungszeiten Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen der Versicherte aus bestimmten persönlichen Gründen keine Beiträge zahlen konnte. § 58 SGB VI enthält die Aufzählung derjenigen beitragsfreien Zeiten, die als Anrechnungszeiten aner‐ kennungsfähig sind. Zusätzlich enthalten die §§ 252, 252 a SGB VI ergänzend zu § 58 SGB VI besondere Anerkennungsvoraussetzungen und weitere - nur bis zum 31.12.1991 auftretende - Anrechnungszeiten. Kaum ein Versicherter war während seines ganzen Versicherungslebens ohne Unterbrechung, beispielsweise durch Krankheit oder Arbeitslosigkeit, versiche‐ rungspflichtig beschäftigt, und deshalb sind auch gerade die Anrechnungszeiten von erheblicher praktischer Bedeutung. Wer ab 01.01.1992 Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Arbeitslosengeld oder bis 31.12.2004 Arbeitslo‐ senhilfe (Lohnersatzbzw. Entgeltersatzleistungen) von einem Sozialleistungs‐ träger bezieht, ist grundsätzlich auch in der Rentenversicherung pflichtversi‐ chert nach § 3 SGB VI, wenn im letzten Jahr vor Leistungsbeginn zuletzt Versicherungspflicht bestand. Die Rentenversicherungsbeiträge für Kranken‐ geld und Verletztengeld zahlen Leistungsbezieher und Leistungsträger (z. B. die Krankenkasse) je zur Hälfte, für die anderen Lohnersatzleistungen die Leistungsträger (z. B. die Agentur für Arbeit) allein. Grundlage für die Bei‐ tragsberechnung sind für Zeiten vom 01.01.1992 bis 31.12.1994 die gezahlten Lohnersatzleistungen selbst, für Zeiten danach 80 vom Hundert des den Lohn‐ ersatzleistungen zugrundeliegenden Bruttoarbeitsentgelts. Die Zeiten dieses Sozialleistungsbezugs sind Pflichtbeitragszeiten und bis 31.12.1997 gleichzeitig auch Anrechnungszeiten. Die Versicherten haben also keine Nachteile dadurch, dass Beiträge aufgrund des Sozialleistungsbezugs gezahlt werden. Diese Regelung gilt auch für bestimmte Anrechnungszeiten vor dem 01.01.1992. 89 3.2 Beitragsfreie Zeiten <?page no="90"?> Des Weiteren war auch der ALG-II-Bezug von 01.01.2005 bis 31.12.2010 i. d. R. eine Pflichtbeitragszeit, wobei hier eine Vorversicherungspflicht nicht gefordert wurde. Insbesondere ehemalige Sozialhilfebezieher, die ab 01.01.2005 ALG-II bezogen haben, waren (wieder) in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert. Die Beiträge wurden vollständig vom Bund getragen. Grundlage für die Beitragsbe‐ rechnung waren monatlich 400,00 € und ab 01.01.2007 205,00 € monatlich. Ab 01.01.2011 kommt lediglich noch eine Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB VI in Betracht. 3.2.2.1 Zu den Anrechnungszeiten gehören im Einzelnen: • Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind oder Leistungen zur Rehabilitation erhalten haben. Eine solche An‐ rechnungszeit liegt außerhalb des Zeitraumes vom 17. bis 25. Lebensjahr nur vor, wenn eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit oder ein versicherter Wehrdienst oder Zivildienst unterbrochen worden ist. • Bei Arbeitsunfähigkeits- und Rehabilitationszeiten mit oder ohne Lohn‐ ersatzleistungen (z. B. Krankengeld, Übergangsgeld) bis 31.12.1983 ist außerdem erforderlich, dass sie mindestens einen Kalendermonat ange‐ dauert haben. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit Leistungsbezug Zeiten bis 30.09.1974 Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit Leistungsbezug bis 30.09.1974 sind nach §§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 252 Abs. 7 Nr. 1 SGB VI ausschließlich Anrechnungszeiten. Sie sind nur anrechenbar, wenn diese Zeit mindestens einen Kalendermonat angedauert hat (§ 252 Abs. 7 SGB VI) und abgesehen vom 17. bis 25. Lebensjahr eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit unterbrochen wurde (§ 58 Abs. 2 SGB VI). Zeiten vom 01.10.1974 bis 31.12.1983 Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit Leistungsbezug bis 31.12.1983 sind nach §§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 252 Abs. 7 Nr. 1 SGB VI regelmäßig Anrechnungszeiten. Sie sind nur anrechenbar, wenn diese Zeit mindestens einen Kalendermonat angedauert hat (§ 252 Abs. 7 SGB VI) und abgesehen vom 17. bis 25. Lebensjahr eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit unterbrochen wurde (§ 58 Abs. 2 SGB VI). 90 3 Rentenrechtliche Zeiten <?page no="91"?> Ausnahme: Nach § 1227 Abs. 1 S. 1 Nr. 8a RVO unterlagen in der Zeit vom 01.10.1974 bis 31.12.1983 Bezieher von Krankengeld oder Übergangsgeld der Versicherungs‐ pflicht. Versicherungspflicht trat mit Beginn des 13. Kalendermonats ein, wenn 12 Kalendermonate lang ununterbrochen Krankengeld bezogen wurde. Sie be‐ stand für die Dauer des weiteren Krankengeldbezuges und einer anschließenden Zeit der Arbeitsunfähigkeit für höchstens 24 Kalendermonate. Diese Zeiten, in denen nach § 1227 Abs. 1 S. 1 Nr. 8a RVO Versicherungspflicht (in der Rentenversicherung) vorgelegen hatte, sind nach § 247 Abs. 2 SGB VI Pflicht‐ beitragszeiten aufgrund einer versicherten Beschäftigung. Bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres sind es im Regelfall auch Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und somit eine beitragsgeminderte Zeit. Zeiten vom 01.01.1984 bis 31.12.1991 Es handelt sich regelmäßig (abhängig Beschäftigter und war nicht unmittelbar vorher arbeitslos) um eine Pflichtbeitragszeit nach § 247 Abs. 1 SGB VI, da die Beiträge vom Versicherten und der Krankenkasse getragen wurden. Diese Zeiten sind nach § 252 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI darüber hinaus ohne weitere Voraus‐ setzungen Anrechnungszeiten. Die Unterbrechung einer versicherungspflich‐ tigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit wird hier nicht gefordert. Es handelt sich somit, unabhängig vom Lebensalter des Versicherten, i. d. R. um beitragsgeminderte Zeiten i. S. d. § 54 Abs. 3 SGB VI. Zeiten vom 01.01.1992 bis 31.12.1997 Für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit Leistungsbezug im Zeitraum vom 01.01.1992 bis 31.12.1997 besteht nach § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI Versicherungs‐ pflicht, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Fehlt es an diesen Voraussetzungen, besteht die Möglichkeit der Versicherungspflicht auf Antrag nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Die Zeiten sind jedoch nach § 252 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI gleichzeitig Anrech‐ nungszeiten. Damit sind diese Zeiten, da sie sowohl mit Beitragszeiten als auch mit Anrechnungszeiten belegt sind, beitragsgeminderte Zeiten im Sinne von § 54 Abs. 3 SGB VI. Auch hier wird für die Anerkennung als Anrechnungszeit die Unterbrechung einer versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit nicht vorausge‐ setzt. Zeiten vom 01.01.1998 an Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit Leistungsbezug sind - wenn die im § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI genannten Voraussetzungen erfüllt sind - vom 01.01.1998 an i. d. R. vollwertige Pflichtbeitragszeiten. 91 3.2 Beitragsfreie Zeiten <?page no="92"?> Lediglich bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres kommt unter Umständen gleichzeitig eine Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in Betracht und somit kann im Einzelfall eine beitragsgeminderte Zeit vorliegen. Besteht keine Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI liegt - unter den Voraussetzungen des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 2 und 3 SGB VI - eine Anrechnungszeit vor, es sei denn, dass von der Antragspflichtversicherung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Gebrauch gemacht wurde. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ohne Leistungsbezug Zeiten bis 31.12.1983 Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ohne Leistungsbezug bis 31.12.1983 sind nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Absatz 3 in Verbindung mit § 252 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 SGB VI i. d. R. ausschließlich Anrechnungszeiten. Voraussetzung ist, - entsprechend dem bis 31.12.1991 geltenden Recht - dass die Zeit mindestens einen Kalendermonat angedauert hat (§ 252 Abs. 7 SGB VI) und abgesehen vom 17. bis 25. Lebensjahr eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit unterbrochen wurde (§ 58 Abs. 2 SGB VI). Zeiten vom 01.01.1984 an Auch diese Zeiten sind ausschließlich Anrechnungszeiten. Im Unterschied zu den Zeiten bis 31.12.1983 wird jedoch nicht eine Mindestdauer (ein Kalender‐ monat) vorausgesetzt. Außerdem sind Anrechnungszeiten • Krankheitszeiten zwischen dem 17. und 25. Lebensjahr, die mindestens einen Kalendermonat andauern und nicht mit anderen rentenrechtlichen Zeiten belegt sind. • Zeiten, in denen eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder selb‐ ständige Tätigkeit durch Schwangerschaft oder Mutterschaft während der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz unterbrochen worden ist (zwischen dem 17. und 25. Lebensjahr ist eine Unterbrechung nicht notwendig). • Zeiten bis längstens 31.12.1978, in denen eine versicherungspflichtige Beschäftigung durch den Bezug von Schlechtwettergeld (insbesondere im Baugewerbe) unterbrochen worden ist. • Zeiten der Arbeitslosigkeit, in denen der Versicherte bei einer deutschen Agentur für Arbeit als Arbeitssuchender gemeldet war und eine öffent‐ lich-rechtliche Leistung bezogen hat (oder nur wegen des zu berücksich‐ tigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen hat). 92 3 Rentenrechtliche Zeiten <?page no="93"?> Unter öffentlich-rechtlichen Leistungen versteht man Arbeitslosengeld, Arbeitslo‐ senhilfe, Sozialhilfe, Familienunterstützung, Unterhaltsgeld und Arbeitslosen‐ geld II. Zeiten der Arbeitslosigkeit werden in Abhängigkeit davon, ob eine Leistung bezogen wurde oder nicht, unterschiedlich behandelt. Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Unterhalts‐ geld oder Übergangsgeld waren nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht Ausfallzeiten. Diese Zeiten sind vom 01.01.1992 an unter bestimmten Voraus‐ setzungen Pflichtbeitragszeiten (§ 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) und als solche - von einer Übergangsphase bis 1997 abgesehen - vollwertige Beitragszeiten und nicht Anrechnungszeiten, sofern sie nicht vor dem vollendeten 25. Lebensjahr liegen. Für Zeiten der Arbeitslosigkeit vom 01.01.1992 an wird eine bestimmte Mindestdauer (voller Kalendermonat) nicht mehr gefordert. Dies gilt auch für Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug. Nur für Zeiten vor dem 01.07.1978 (mit oder ohne Leistungsbezug) und für Zeiten vom 01.07.1978 bis 31.12.1991 ohne Leistungsbezug wird weiterhin eine Mindestdauer von einem Kalendermonat vorausgesetzt (§ 252 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a und b SGB VI). Sperrzeiten nach § 159 SGB III oder sonstige Zeiten der Arbeitslosigkeit, in denen das Arbeitslosengeld versagt wurde, sind keine Anrechnungszeiten. Sie sind jedoch Überbrückungstatbestände. Hinweis: Bei einer Sperrzeit sollte grundsätzlich Verbindung mit dem zuständigen Rentenversicherungsträger aufgenommen werden wegen eines evtl. mögli‐ chen Verlustes des Anwartschaftsrechts auf Erwerbsminderungsrente. Zeiten der Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug Zeiten bis 30.06.1978 Zeiten der Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug bis 30.06.1978 sind nach §§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 252 Abs. 7 Nr. 3 Buchst. a SGB VI ausschließlich Anrech‐ nungszeiten. Sie sind nur anrechenbar, wenn diese Zeit mindestens einen Kalendermonat angedauert hat (§ 252 Abs. 7 SGB VI) und abgesehen vom 17. bis 25. Lebensjahr eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit unterbrochen wurde (§ 58 Abs. 2 SGB VI). 93 3.2 Beitragsfreie Zeiten <?page no="94"?> Zeiten vom 01.07.1978 bis 31.12.1982 Diese Zeiten, in denen nach § 1227 Abs. 1 Nr. 10 RVO Versicherungspflicht (in der Rentenversicherung) vorgelegen hatte, sind nach § 247 Abs. 2 SGB VI Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer versicherten Beschäftigung. Bis zur Voll‐ endung des 25. Lebensjahres sind es im Regelfall auch Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI und somit eine beitragsgeminderte Zeit. Zeiten vom 01.01.1983 bis 31.12.1991 Diese Zeiten sind nach § 252 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI ausschließlich und ohne weitere Voraussetzungen Anrechnungszeiten. Die Unterbrechung einer versi‐ cherungspflichtigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit wird hier nicht gefordert. Zeiten vom 01.01.1992 bis 31.12.1997 Für Zeiten der Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug im Zeitraum vom 01.01.1992 bis 31.12.1997 besteht nach § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI Versicherungspflicht, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Fehlt es an diesen Voraussetzungen, besteht die Möglichkeit der Versicherungspflicht auf Antrag nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Die Zeiten sind jedoch nach § 252 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI gleichzeitig Anrech‐ nungszeiten. Damit sind diese Zeiten, da sie sowohl mit Beitragszeiten als auch mit Anrechnungszeiten belegt sind, beitragsgeminderte Zeiten im Sinne von § 54 Abs. 3 SGB VI. Auch hier wird für die Anerkennung als Anrechnungszeit die Unterbrechung einer versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit nicht vorausge‐ setzt. Zeiten vom 01.01.1998 an Zeiten der Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug sind - wenn die im § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI genannten Voraussetzungen erfüllt sind - vom 01.01.1998 an i. d. R. vollwertige Pflichtbeitragszeiten. Lediglich bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres kommt unter Umständen gleichzeitig eine Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI in Betracht und somit kann im Einzelfall eine beitragsgeminderte Zeit vorliegen. Besteht keine Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI liegt - unter den Voraussetzungen des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Abs. 2 und 4 SGB VI - eine Anrechnungszeit vor, es sei denn, dass von der Antragspflichtversicherung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Gebrauch gemacht wurde. 94 3 Rentenrechtliche Zeiten <?page no="95"?> Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug Zeiten bis 31.12.1991 Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug bis 31.12.1991 sind nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 252 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 SGB VI ausschließlich Anrechnungszeiten. Voraussetzung ist, - entsprechend dem bis 31.12.1991 geltenden Recht - dass die Zeit mindestens einen Kalendermonat angedauert hat (§ 252 Abs. 7 SGB VI) und abgesehen vom 17. bis 25. Lebensjahr eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit unterbrochen wurde (§ 58 Abs. 2 SGB VI). Zeiten vom 01.01.1992 an Auch diese Zeiten sind ausschließlich Anrechnungszeiten. Im Unterschied zu den Zeiten bis 31.12.1991 wird jedoch nicht eine Mindestdauer (ein Kalender‐ monat) vorausgesetzt. Zeiten der Meldung als Arbeitssuchender bei einer deutschen Agentur für Arbeit ab dem vollendeten 17. Lebensjahr, soweit die Zeit mindestens einen Kalendermonat andauert und nicht mit anderen rentenrechtlichen Zeiten belegt ist. Anrechnungszeiten sind auch Zeiten der schulischen Ausbildung (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI) Zeiten der Schul-, Fachschul-, Hochschulausbildung oder berufsvorberei‐ tende Bildungsmaßnahmen nach dem vollendeten 17. Lebensjahr sind künftig nur noch bis zu einer Höchstdauer von insgesamt acht Jahren als Anrechnungs‐ zeit zu berücksichtigen. In den letzten Jahren wurde die Höchstdauer dieser Anrechnungszeit immer wieder verändert; seit 01.01.2002 gilt die aktuelle Grenze von acht Jahren. Rentenbezugszeiten (§§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, 252 Abs. 1 Nr. 4 und 5 SGB VI) Die Zeiten des Rentenbezugs, soweit während dieser Zeit eine Zurechnungs‐ zeit angerechnet wurde, ist eine Anrechnungszeit für eine folgende Rente. Aber auch die vor dem Beginn einer Rente liegende Zurechnungszeit (z. B. die ersten sechs Monate nach Eintritt der Erwerbsminderung bei einer Rente auf Zeit) wird vom 01.01.1992 an Anrechnungszeit für eine spätere Rente (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB VI). Neu ist auch, dass eine Zeit des Rentenbezuges ohne Zurechnungszeit bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres Anrechnungszeit wird (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI). 95 3.2 Beitragsfreie Zeiten <?page no="96"?> Lehrzeit als Anrechnungszeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI) Nach § 252 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI ist die Zeit, in der ein Versicherter nach dem vollendeten 17. Lebensjahr als Lehrling nicht versicherungspflichtig oder versicherungsfrei war, eine Anrechnungszeit. Weitere Voraussetzung ist, dass die Lehrzeit abgeschlossen ist. Die Regelung enthält - anders als das bisherige Recht - eine ausdrückliche zeitliche Begrenzung. Danach kann eine Lehrzeit längstens bis zum 28.02.1957 Anrechnungszeit sein. In der Regel können diese Zeiten nur noch bis 31.05.1945 anerkannt werden, da ab 01.06.1945 meist eine Pflichtbeitragszeit nach § 247 Abs. 2a SGB VI vorliegt. 3.3 Die Zurechnungszeit Die Zurechnungszeit nach § 59 SGB VI wird bei einem Rentenbeginn ab 01.01.2019 längstens bis zum vollendeten 67. Lebensjahr bzw. in der Übergangs‐ zeit bis zu dem Monat des Erreichens der Regelaltersgrenze angerechnet. Die Zurechnungszeit endet bei Rentenbeginn beziehungsweise Tod der Ver‐ sicherten im Jahr 2018 mit 62 Jahren und drei Monaten. Insoweit gilt weiterhin die durch das EM-Leistungsverbesserungsgesetz eingeführte Rechtslage. Bei Rentenbeginn beziehungsweise Tod der Versicherten im Jahr 2019 wurde die Zurechnungszeit in einem Schritt bis zum Alter von 65 Jahren und acht Monaten verlängert. Anschließend wird die Zurechnungszeit schrittweise im gleichen Zeitraum wie die Anhebung der Regelaltersgrenze bis zum vollendeten 67. Lebensjahr verlängert. Die schrittweise Verlängerung der Zurechnungszeit begann im Jahr 2020 mit einer Anhebung um einen Monat. Die Stufen der Anhebung betragen anschließend bis zum Jahr 2027 ebenfalls einen Monat je Kalenderjahr. Ab dem Jahr 2028 wird um jeweils zwei Monate je Kalenderjahr angehoben. Bei einem Rentenbeginn oder Tod der Versicherten nach dem Jahr 2030 endet die Zurechnungszeit mit der Vollendung des 67. Lebensjahres. Die bestehende Rechtslage hat die Regelung von 2018 abgelöst, mit der die Zurechnungszeit bis zum Jahr 2024 noch stufenweise auf das 65. Lebensjahr angehoben werden sollte. Die Zurechnungszeit wurde in den letzten Jahrzehnten immer wieder ange‐ hoben, um eine gewisse Rentenhöhe sicher zu stellen. Eine Zurechnungszeit kommt bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähig‐ keit, bei Erziehungsrenten und allen Hinterbliebenenrenten - also auch bei den kleinen Witwen-/ Witwerrenten - in Betracht. Zum Ausgleich dafür werden die kleinen Witwen-/ Witwerrenten aus einem deutlich niedrigeren Rentenartfaktor 96 3 Rentenrechtliche Zeiten <?page no="97"?> berechnet. Der Versicherte wird durch diese rentenrechtliche Zeit so gestellt, als hätte er entsprechend der bisherigen durchschnittlichen Beitragsleistung weiterhin Beiträge zur Rentenversicherung geleistet. 3.4 Berücksichtigungszeiten Berücksichtigungszeiten sind rentenrechtliche Zeiten, die durch das Renten‐ reformgesetz 1992 zusätzlich eingeführt worden sind. Es ist zwischen Kinder‐ berücksichtigungszeiten und Pflegeberücksichtigungszeiten zu unterscheiden. Letztere sind allerdings auf den Zeitraum vom 01.01.1992 bis 31.03.1995 be‐ grenzt. Zum 01.04.1995 wurde die Versicherungspflicht von Pflegepersonen nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI eingeführt. In Zeiten einer mehr als geringfügig ausgeübten selbständigen Tätigkeit (§ 8 SGB IV) können Berücksichtigungs‐ zeiten nur anerkannt werden, soweit in dieser Zeit auch Pflichtbeitragszeiten liegen (§ 57 Satz 2 SGB VI). 3.4.1 Kinderberücksichtigungszeiten Die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen 10. Lebensjahr kann einem Elternteil als Berücksichtigungszeit angerechnet werden, soweit die Vorausset‐ zungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen (§ 57 Satz 1 SGB VI). Bei diesem Personenkreis kann die über die Kindererziehungszeit (bei Geburten bis 31.12.1991 grundsätzlich 30 Kalendermonate, bei Geburten ab 01.01.1992 maximal 36 Kalendermonate) hinausgehende Zeit der Erziehung eines Kindes zusätzlich als Kinderberücksichtigungszeit angerechnet werden, und zwar auch dann, wenn das Kind vor dem 01.01.1992 geboren und erzogen worden ist. 3.4.1.1 Dauer der Anrechnung Die Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung, die auch für Geburten vor 1992 angerechnet wird, beginnt bereits mit dem Tag der Geburt des Kindes und endet mit dem Tag der Vollendung des 10. Lebensjahres. Endet die Kindererzie‐ hung vor Ablauf des 10-Jahres-Zeitraumes (z. B. durch Adoption des Kindes, Tod des Kindes, Übernahme des Berechtigten in das Beamtenverhältnis), endet die Kinderberücksichtigungszeit in dem jeweiligen Monat. Für die Erziehung eines jeden Kindes sind zehn Jahre Berücksichtigungs‐ zeit anzusetzen. Werden mehrere Kinder bis zum vollendeten 10. Lebensjahr 97 3.4 Berücksichtigungszeiten <?page no="98"?> zeitgleich erzogen, z. B. bei Mehrlingsgeburten, Geburt eines weiteren Kindes, verlängert sich hierdurch - anders als bei den Kindererziehungszeiten - die Berücksichtigungszeit nicht um die Anzahl der Monate der mehrfachen, gleich‐ zeitigen Erziehung. 3.4.1.2 Zuordnung bei gemeinsamer Erziehung (vgl. Abbildung 11) Die Kinderberücksichtigungszeit kann bei gemeinsamer Erziehung ganz oder zum Teil dem anderen Elternteil zugeordnet werden. Keiner besonderen Er‐ klärung bedarf es, wenn die Zeit allein der Mutter zugeordnet werden soll. Dagegen ist die Anrechnung beim Vater nur durch die Abgabe einer überein‐ stimmenden Erklärung beider Elternteile möglich. Eine einmal abgegebene übereinstimmende Erklärung ist bindend und kann nicht widerrufen werden. Ist die Kindererziehungszeit bereits der Mutter angerechnet, kann die zeitgleich liegende Kinderberücksichtigungszeit nicht dem Vater zugeordnet werden, denn zeitgleiche Kindererziehungszeiten und Kinderberücksichti‐ gungszeiten sind aneinandergekoppelt. Diese Koppelung gilt jedoch nicht während der Verlängerungszeit bei Kindererziehungszeiten, d. h., dem Vater kann in diesen Fällen also die über 30 oder 36 Kalendermonaten hinausgehende Zeit der Kindererziehung als Berücksichtigungszeit zugeordnet werden. 3.4.1.3 Aufteilung von Berücksichtigungszeiten aus Erziehungszeiten ab 01.01.1992 Berücksichtigungszeiten können, wenn die Eltern das Kind gemeinsam erzogen haben, durch Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung aufgeteilt werden. Für die Zeiten ab 01.01.1992 sind hierfür die Regeln maßgebend, die auch für Kindererziehungszeiten ab 01.01.1992 gelten. Der Teil der Berücksichti‐ gungszeit einschließlich des Geburtsmonats, der mit der Kindererziehungszeit zusammentrifft, wird aber stets bei dem Elternteil angerechnet, der auch die Kindererziehungszeit erhält. Eine hiervon abweichende Aufteilung ist nicht möglich. Die für eine Zuordnung notwendige übereinstimmende Erklärung kann grundsätzlich nur mit Wirkung für künftige Kalendermonate abgegeben werden. Eine rückwirkende Zuordnung der Kinderberücksichtigungszeiten ist, ebenso wie bei der Kindererziehungszeit, lediglich für bis zu zwei Kalendermo‐ nate vor Abgabe der Erklärung zulässig. Der Vater kann die Berücksichtigungszeit für ein Kind bei rechtzeitig abge‐ gebener Erklärung auch im vollen Umfang erhalten; das aber nur, wenn ihm auch die gesamte Kindererziehungszeit anzurechnen ist. 98 3 Rentenrechtliche Zeiten <?page no="99"?> 3.4.1.4 Berücksichtigungszeiten vor dem 01.01.1992 Im Gegensatz zu den Kindererziehungszeiten aus Erziehungszeiten bis zum 31.12.1991 konnten Berücksichtigungszeiten für Zeiten bis zum 31.12.1991 im Fall gemeinsamer Erziehung durch eine übereinstimmende Erklärung der Eltern aufgeteilt werden. Bis 31.12.1996 konnten die Eltern, die ihr Kind gemeinsam er‐ zogen haben, durch die Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung bewirken, dass die Kinderberücksichtigungszeit ganz oder teilweise dem Vater zugeordnet wurde. Die Erklärung war nicht mehr zulässig, wenn die Zuordnung bereits bei der Mutter erfolgte und unter Berücksichtigung dieser Zeiten eine Leistung bindend festgestellt war oder eine rechtskräftige Entscheidung über einen Versorgungsausgleich durchgeführt worden ist. Sofern ein Elternteil bis zum 31.12.1996 verstarb, konnte der überlebende Elternteil die Erklärung über die Zuordnung der Berücksichtigungszeiten - oder ein Teil von ihr - bis zum 31.03.1997 allein abgeben. Dies galt grundsätzlich auch für Eltern in den neuen Bundesländern, die ihr Kind vor dem 01.01.1992 gemeinsam erzogen haben. 3.4.2 Pflegeberücksichtigungszeiten Nur die in der Zeit vom 01.01.1992 bis 31.03.1995 ausgeübte nicht erwerbsmäßige häusliche Pflege konnte als Pflegeberücksichtigungszeit angerechnet werden, wenn sie rechtzeitig beantragt wurde (innerhalb von drei Monaten nach Auf‐ nahme der Pflegetätigkeit). Diese Antragsfrist ist zum 30.06.1995 abgelaufen (vgl. § 249 b SGB VI). 99 3.4 Berücksichtigungszeiten <?page no="100"?> Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (gemeinsame Erziehung vorausgesetzt) Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung zugunsten des Vaters *) Erziehung bis 31.12.1991 Erziehung vom 01.01.1992 an ⇒ Erklärung bis 31.12.1996 möglich ⇒ Aufteilung möglich ⇒ Keine Trennung von (zeitgleichen) Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung *) Besonderheit: Bei Tod eines Elternteils vor 01.01.1997 = Erklärung durch überlebenden Ehegatten bis 31.03.1997 ⇒ Erklärung wirkt für künftige Kalendermonate; ggf. höchstens zwei Monate rückwirkend ⇒ Aufteilung (auch durch wiederholte Erklärung) möglich ⇒ Keine Trennung von (zeitgleichen) Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung Die Zuordnung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung übereinstimmende Erklärung § 57 i. V. m. § 56 Abs. 2, § 249 SGB VI HINWEIS: Eine Zurechnung zum Vater kommt auch ohne übereinstimmende Erklärung in Betracht, wenn er nachweislich das Kind überwiegend erzogen hat (z. B. Mutter berufstätig und Vater im Erziehungsurlaub/ Elternzeit). Abbildung 11: Die Zuordnung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung 100 3 Rentenrechtliche Zeiten <?page no="101"?> 3.4.3 Auswirkungen Berücksichtigungszeiten unterscheiden sich von Beitragszeiten und beitrags‐ freien Zeiten dadurch, dass, abgesehen von § 70 Abs. 3a SGB VI, nicht unmit‐ telbar aus diesen Zeiten eine Rentenleistung erbracht werden kann, da sie nur im Rahmen bestimmter rentenrechtlicher Tatbestände berücksichtigt werden. Die Berücksichtigungszeiten wirken sich zugunsten der Versicherten insbesondere wie folgt aus: 3.4.3.1 Auswirkungen auf den Rentenanspruch wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Die Berücksichtigungszeiten bewirken für den Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, dass die versicherungsrechtlichen Vorausset‐ zungen ohne weitere Beitragszahlung erfüllt bleiben. Dies erfolgt dadurch, dass der Fünfjahreszeitraum vor dem Leistungsfall, in dem mindestens drei Jahre Pflichtbeitragszeiten vorhanden sein müssen, um die Berücksichtigungszeit verlängert wird (§ 43 Abs. 4 Ziff. 2 SGB VI). Die Berücksichtigungszeit zählt ferner zu den Zeiten, mit denen die An‐ wartschaft auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aufgrund der besonderen Übergangsvorschriften aufrechterhalten werden kann (§ 241 Abs. 2 Ziff. 4 SGB VI). 3.4.3.2 Auswirkungen auf Gesamtleistungsbewertung Bei der Gesamtleistungsbewertung für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten werden zusätzliche Beiträge die Bewertung verbessern; umgekehrt werden versicherungsrechtliche Lücken die Bewertung mindern. Die Berück‐ sichtigungszeiten sind bei der Ermittlung des Gesamtleistungswerts so zu behandeln, also ob sie Kindererziehungszeiten wären und in diesen Zeiten für 100 Prozent des Durchschnittsentgelts Beiträge gezahlt worden wären (im Jahr 2021 würde das einem jährlichen Beitragsaufwand von etwa 7.700,00 € ent‐ sprechen). Dadurch wird verhindert, dass diese Zeiten als versicherungsrecht‐ liche Lücken den Gesamtleistungswert mindern und außerdem wird erreicht, dass diese Zeit sich für die Gesamtleistungsbewertung erhöhend auswirkt (§ 71 Abs. 3 Ziff. 1 SGB VI). Trifft die Berücksichtigungszeit mit einer Beitragszeit zusammen, wirkt sie sich für die Gesamtleistungsbewertung regelmäßig positiv aus, solange die Beitragsbemessungsgrundlage der Beiträge unterhalb der Beitragsbemessungs‐ grenze liegt (vgl. § 70 Abs. 2 SGB VI i. V. m. Anlage 2 b). 101 3.4 Berücksichtigungszeiten <?page no="102"?> 3.4.3.3 Auswirkungen auf 35- und 45-jährige Wartezeit und Grundrentenzeiten Die Berücksichtigungszeiten werden auf die 35-jährige Wartezeit für vorzeitige Altersrenten an schwerbehinderte Menschen ab dem 60. Lebensjahr und an langjährige Versicherte ab dem 63. Lebensjahr angerechnet. Des Weiteren erfolgt auch eine Anrechnung auf die 45-jährige Wartezeit bei der Altersrente bei besonders langjährig Versicherten und auf die Grundrenten‐ zeiten. 3.4.3.4 Auswirkungen auf die Rente nach Mindesteinkommen Das Vorliegen von 35 Jahren rentenrechtlicher Zeiten (§ 262 SGB VI) ist Voraussetzung für die Anhebung niedriger Pflichtbeiträge für Zeiten vor 1992, die sogenannte Rente nach Mindesteinkommen. Damit werden auch Personen durch die Regelung begünstigt, die diese „Wartezeitvoraussetzung“ nicht allein mit Pflichtbeitragszeiten erfüllen können. 3.4.3.5 Unmittelbare Auswirkungen auf die Rentenhöhe Mit Wirkung zum 01.01.2002 (Rentenbeginn) wurde § 70 SGB VI durch das Altersvermögensergänzungsgesetz um den Absatz 3a ergänzt. Es werden für die ab 01.01.1992 liegenden Kalendermonate mit Berücksichtigungszeit oder mit Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege eines pflegebedürftigen Kindes bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Entgeltpunkte zusätzlich ermittelt oder gutgeschrieben. Es müssen aber mindestens 25 Jahre rentenrechtliche Zeiten (Berücksichtigungszeiten zählen auch mit) vorhanden sein. 102 3 Rentenrechtliche Zeiten <?page no="103"?> 4 Minijobs und Midijobs Derzeit (zu Beginn des Jahres 2021) haben in der BRD über 6 Millionen Menschen einen Minijob in den unterschiedlichsten Sparten (z. B. Gastronomie und Reinigungsgewerbe). Die Anzahl der Minijobber sank 2020 coronabedingt um etwa 850.000. Sie üben eine „geringfügige Beschäftigung“ aus (bis 31.12.2012 400,00 € und ab 01.01.2013 450,00 € monatlich), die bei Aufnahme vor dem 01.01.2013 grundsätzlich versicherungsfrei ist. In der gesetzlichen Rentenver‐ sicherung besteht jedoch seit 01.01.2013 grundsätzlich Versicherungspflicht mit der Möglichkeit der Befreiung. Durch die bis 31.12.2012 grundsätzlich vorliegende Versicherungsfreiheit und die ab 01.01.2013 bestehende Möglichkeit der Befreiung werden entsprechende Abgaben in der Regel nur vom Arbeitgeber (zur Sozialversicherung seit 01.04.1999) geleistet. Darüber hinaus gibt es seit 01.04.2003 versicherungspflichtige Beschäfti‐ gungen im Niedriglohnbereich (bis 31.12.2012 400,01 bis 800,00 € und ab 01.01.2013 450,01 bis 850,00 € monatlich), die sogenannten Midijobs bzw. Be‐ schäftigungen in der Gleitzone/ Übergangsbereich (ab 1.7.2019 bis 1.300 €). Diese Jobs bieten einen umfassenden Schutz in der Sozialversicherung. Lediglich der Arbeitnehmer hat nicht den „vollen“ Sozialversicherungsbeitrag zu leisten. Die folgenden Ausführungen werden sich bei den Minijobs auf das ab 01.01.2013 geltende Recht und Beschäftigungen, die erst ab 2013 aufgenommen wurden, beschränken. Hinsichtlich des Übergangsrechts wird auf die §§ 229 und 230 SGB VI verwiesen. Bei den Midijobs wird hingegen das seit 01.07.2019 geltende Recht „beleuchtet“. 4.1 Minijobs Bei den geringfügigen Beschäftigungen (Minijobs) unterscheidet man in § 8 SGB IV nach geringfügig entlohnten Beschäftigungen und kurzfristigen Be‐ schäftigungen. Darüber hinaus enthält § 8a SGB IV, eingeführt zum 01.04.2003, Sonderregelungen für geringfügige Beschäftigungen in Privathaushalten. <?page no="104"?> Hinweis: Auf Ausführungen zu den coronabedingt in den Jahren 2020 und 2021 erlassenen Sonderregelungen bei geringfügigen Beschäftigungen wurde aufgrund der Kurzlebigkeit (kurze Geltungsdauer) dieser Vorschriften ver‐ zichtet. Geringfügige Beschäftigung Geringfügig entlohnte Beschäftigung § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV Kurzfristige Beschäftigung § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV Abbildung 12: Geringfügige Beschäftigung 4.1.1 Geringfügig entlohnte Beschäftigungen Eine geringfügig entlohnte Beschäftigung (= der „klassische“ Minijob) liegt vor, wenn das Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung regelmäßig im Monat 450 € nicht übersteigt. Bei der Ermittlung des regelmäßigen Entgelts sind regelmä‐ ßige Sonderzahlungen, wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld dem monatlichen Verdienst anteilig hinzuzurechnen. Die Frage der wöchentlichen Arbeitszeit hat diesbezüglich seit 01.04.2003 (vorher: weniger als 15 Stunden) keinerlei Bedeutung mehr. Fallbeispiel 1: Eine Bedienung arbeitet gegen ein monatliches Arbeitsentgelt von 430,00 €. Außerdem erhält sie jeweils im Dezember ein ihr vertraglich zugesichertes Weihnachtsgeld in Höhe von 280,00 €. Lösung: Das für die versicherungsrechtliche Beurteilung maßgebende Arbeitsentgelt ist wie folgt zu ermitteln: 104 4 Minijobs und Midijobs <?page no="105"?> Laufendes Arbeitsentgelt (430,00 € x 12 =) 5160,00 € Weihnachtsgeld 280,00 € Zusammen 5440,00 € Ein Zwölftel dieses Betrages beläuft sich auf (5440,00 € : 12 =) 453,33 € und übersteigt die Arbeitsentgeltgrenze von 450,00 €, so dass die Bedienung versiche‐ rungspflichtig ist und sich nicht nach § 6 (1b) SGB VI befreien lassen kann. Hinweis: Bei Detailfragen zu diesem Thema wird auf die Geringfügigkeitsrichtlinien der Spitzenverbände vom 26. Juli 2021 und der Homepage der Minijobzentrale (www.minijob-zentrale.de) hingewiesen. Werden mehrere Minijobs gleichzeitig ausgewiesen, so darf die Summe der Arbeitsentgelte die 450 €-Grenze nicht überschreiten. Ansonsten würde Versi‐ cherungspflicht für alle Minijobs ohne die Option der Befreiung entstehen. Seit 01.04.2003 ist es darüber hinaus möglich, während einer versicherungs‐ pflichtigen Hauptbeschäftigung einen (aber nur einen, und zwar den zuerst auf‐ genommenen) Minijob sozialversicherungsfrei bzw. in der Rentenversicherung versicherungspflichtig mit Option auszuüben. Der zweite und jeder weitere Minijob müssten dann zu der Hauptbeschäftigung addiert werden. Nach § 6 Abs. 1b SGB VI können sich versicherungspflichtige Minijobber von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen. Auch in diesen Fällen zahlt der Arbeitgeber für seinen Beschäftigten i. d. R. eine Pauschalabgabe von insgesamt 30 Prozent (seit 01.07.2006: 13 Prozent Krankenversicherung, 15 Prozent zur Rentenversicherung und 2 Prozent pau‐ schale Lohnsteuer). Für Minijobber, die privat krankenversichert sind, entfällt der Krankenversi‐ cherungsbeitrag. Anstelle der Lohnsteuerpauschalierung kann der Arbeitgeber auch die Vorlage einer Steuerkarte verlangen. 4.1.1.1 Pauschalbeiträge des Arbeitgebers zur Rentenversicherung Nach § 172 Abs. 3 SGB VI tragen die Arbeitgeber einen Beitragsanteil in Höhe von 15 Prozent des Entgelts (vom 01.04.1999 bis 30.06.2006 = 12 Prozent des 105 4.1 Minijobs <?page no="106"?> Entgelts). Bei Beschäftigungen im Privathaushalt entrichtet der Arbeitgeber lediglich 5 Prozent. Obwohl der „Minijobber“ in dieser Zeit auf Antrag von der Versicherungs‐ pflicht befreit ist, erwirbt er durch diese Pauschalbeiträge Rentenansprüche in geringem Umfang. Nach § 76b SGB VI werden für Minijobs Zuschläge an Entgeltpunkten ermittelt, in dem man das Entgelt des Minijobs durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr aller Versicherten dividiert und anschließend mit dem Verhältnis des pauschalen Beitragssatzes (15 bzw. 5 Prozent) zum allgemeinen Beitragssatz (seit 01.01.2018 = 18,6 Prozent) multipliziert. Nach § 52 Abs. 2 SGB VI haben Minijobs grundsätzlich auch positive Wir‐ kung auf alle Wartezeiten. Die bereits eben erwähnten Zuschlagsentgeltpunkte werden in diesem Zusammenhang durch die feste Größe „0,0313“ dividiert und entsprechend dem allgemeinen Berechnungsgrundsatz § 121 Abs. 3 SGB VI auf volle Werte aufgerundet. Diejenigen Zuschlagsentgeltpunkte, welche in Kalen‐ dermonaten ausgeübt wurden, die bereits auf die Wartezeit anzurechnen sind (z. B. Berücksichtigungszeiten bei der 35-jährigen Wartezeit), bleiben jedoch unberücksichtigt. Fallbeispiel 2: Die Hausfrau A. übte in der Zeit vom 01.07.2020 bis 31.12.2020 regelmäßig einen Minijob im gewerblichen Bereich in Höhe von 300,00 € monatlich aus und hatte sich von Beginn an nach § 6 (1b) SGB VI befreien lassen. Lösung: Der Arbeitgeber entrichtete u. a. zur Rentenversicherung monatlich 45,00 € bzw. insgesamt 270,00 € (300,00 x 0,15 x 6). 300,00 € x 6 = 1.800,00 €: 40.551,00 € (vgl. Kapitel 8) = 0,0444 0,0444 x 15: 18,6 (= Beitragssatz 2020) = 0,0355 Entgeltpunkte. Dies ergibt (ohne Beachtung eines evtl. Rentenabschlages) bei einer späteren Altersrente einen monatlichen Rentenbetrag von brutto 1,21 € (0,0355 x 1,0 x 1,0 x 34,19 €). Durch diesen Minijob werden bei allen Wartezeiten zwei (0,0355: 0,0313) wei‐ tere Monate angerechnet, wenn im Zeitraum vom 01.07.2020 bis 31.12.2020 keine rentenrechtlichen Zeiten liegen. Wer im Jahr 2020 12 Monate lang einen Minijob mit 450,00 € monatlich (ohne Befreiung) ausgeübt hat, erhält daraus eine Regelaltersrente von monatlich 106 4 Minijobs und Midijobs <?page no="107"?> 4,55 € brutto. Für ein Jahr „befreiter“ Minijob werden anstelle von 12 Monaten höchstens 5 Monate bei den Wartezeiten berücksichtigt. 4.1.1.2 Befreiungsmöglichkeit Aus einem Minijob werden, wie bereits erwähnt, bei einem Befreiungsfall lediglich geringe Rentenansprüche erworben. Natürlich muss die Befreiungs‐ möglichkeit nicht genutzt werden und es soll (Gesetzesintention) die Versi‐ cherungspflicht möglichst bestehen bleiben. Man erwirbt dann vollwertige Leistungsansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Eine Befreiung muss schriftlich beim Arbeitgeber beantragt werden und wirkt grds. ab Beginn des Kalendermonats, in welchem der Befreiungsantrag beim Arbeitgeber eingeht, frühestens ab Beschäftigungsbeginn. Ein solcher Antrag kann jederzeit gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigung auch bindend. Sollten mehrere Minijobs nebeneinander mit einem Gesamtverdienst von höchstens 450,00 € ausgeübt werden, so kann die Befreiung nur einheitlich erfolgen. Hinweis: Bevor Sie sich für die Befreiung entscheiden, sollten Sie sich über die möglichen rentenrechtlichen Konsequenzen unbedingt bei einer Auskunfts- und Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung informieren! Eine Entscheidung gegen die Befreiungsmöglichkeit von der Versicherungs‐ pflicht und ein damit einhergehendes „Aufstocken“ der pauschalen Rentenver‐ sicherungsbeiträge hat u. a. folgende positive Konsequenzen: • Diese vollwertigen Pflichtbeitragszeiten zählen zu allen Wartezeiten. • Erwerb des Anspruchs auf Erwerbsminderungsrente, • Erwerb des Anspruchs auf Leistungen zur Rehabilitation, • Erwerb der „Riester-Berechtigung“ und • Erhöhung der Rente, • Grundrentenzeit aber keine Grundrentenbewertungszeit. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, seinen bzw. seine Minijobber bei der Einstellung über die Möglichkeit zu informieren, diese Befreiungsmöglich‐ keit in die Tat umzusetzen. 107 4.1 Minijobs <?page no="108"?> Nach § 163 Abs. 8 SGB VI ist bei einem Minijob (ohne Antrag auf Befreiung nach § 6 Abs. 1b SGB VI) beitragspflichtige Einnahme das Entgelt, mindestens jedoch der Betrag in Höhe von 175 €. Fortführung des Fallbeispiels 2: Die Hausfrau A. hat sich nach vorheriger Beratung beim Rentenversiche‐ rungsträger gegen eine Befreiung entschieden und keinen Antrag gestellt. Lösung: Das Entgelt liegt über 175,00 € und ist deshalb bei der Beitragsberechnung zu berücksichtigen. Der monatliche Beitrag zur Rentenversicherung 300,00 € x 0,186 = 55,80 € abzüglich des Arbeitgeberanteils von 45,00 € ergibt einen monatlichen Arbeitnehmeranteil von 10,80 €. Die Hausfrau A. bekommt hierdurch nicht mehr 300,00 €, sondern lediglich 289,20 € monatlich ausbezahlt. Der Arbeitgeber zieht den Eigenanteil des Arbeitnehmers vom Lohn ab und überweist ihn zusammen mit den Pauschalbeiträgen an die Minijobzentrale. Es ergeben sich jetzt 0,0444 Entgeltpunkte und daraus resultiert eine monat‐ liche Rentensteigerung von 1,52 € brutto (ohne Beachtung eines evtl. Rentenab‐ schlages). Für alle Wartezeiten können jetzt sechs weitere Monate angerechnet werden. Hinweis: Insbesondere Hausfrauen, deren jüngstes Kind das 10. Lebensjahr bereits vollendet hat oder in Kürze vollenden wird, sollten vor einer Befreiung von der Versicherungspflicht beim zuständigen Rentenversicherungsträger prüfen lassen, ob hierdurch nicht insbesondere der Schutz auf eine Erwerbs‐ minderungsrente in Verlust gerät. 4.1.2 Kurzfristige Beschäftigungen Als kurzfristig gilt eine Beschäftigung, wenn sie im Laufe eines Kalenderjahres auf höchstens drei Monate oder 70 Arbeitstage begrenzt ist. Diese Beschäfti‐ gungen sind sowohl für die Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer vollständig beitragsfrei und haben somit in der gesetzlichen Rentenversicherung keinerlei Bedeutung. Der Verdienst spielt hierbei keine Rolle. Eventuell muss der Arbeit‐ geber aber eine Lohnsteuerpauschale bezahlen. Eine kurzfristige Beschäftigung liegt nicht vor, wenn diese berufsmäßig ausgeübt wird und der Verdienst 450,00 € im Monat übersteigt. 108 4 Minijobs und Midijobs <?page no="109"?> Eine Beschäftigung gilt als berufsmäßig, wenn sie nicht von „untergeord‐ neter wirtschaftlicher Bedeutung“, also auf die Sicherung des Lebensunter‐ halts-/ -standards gerichtet ist. Wenn also beispielsweise Arbeitslosengeld oder Arbeitslosengeld II von der Agentur für Arbeit bezogen wird oder man als arbeitssuchend ohne Leistungsbezug gemeldet ist, liegt Berufsmäßigkeit vor. Man ist dann unabhängig von der Beschäftigungsdauer versicherungspflichtig, wenn der Verdienst über 450,00 € im Monat liegt. Berufsmäßigkeit liegt grundsätzlich nicht vor, wenn eine kurzfristige Be‐ schäftigung neben einer Hauptbeschäftigung oder beispielsweise von Schülern, Studenten oder Altersrentnern ausgeübt wird. Fallbeispiel 3: Eine Buchhalterin arbeitet bei der Firma A gegen ein monatliches Arbeits‐ entgelt von 300,00 € (Dauerbeschäftigung mit durchgeführter Befreiung). Am 01.05. nimmt sie zusätzlich eine bis zum 20.06. befristete Beschäftigung bei der Firma B auf; dort arbeitet sie als Buchhalterin gegen ein monatliches Arbeitsentgelt von 250,00 €. Lösung: Die Buchhalterin bleibt auch in der Zeit vom 01.05. bis 20.06. weiterhin versi‐ cherungsfrei in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung, weil es sich bei der Beschäftigung bei der Firma A um eine geringfügig entlohnte und bei der Beschäftigung bei der Firma B um eine kurzfristige Beschäftigung handelt und keine Zusammenrechnung vorzunehmen ist. 4.1.3 Minijobs im Haushalt § 8a SGB IV beinhaltet ab 01.04.2003 eine Sonderregelung hinsichtlich ge‐ ringfügiger Beschäftigungen in Privathaushalten (z. B. Einkaufen, Aufräumen, Abwaschen, Kochen, Putzen etc.). Anstelle der Abgaben von 30 Prozent des Arbeitgebers sind bei diesen Beschäftigungen regelmäßig lediglich 12 Prozent (jeweils 5 Prozent zur Renten- und Krankenversicherung und 2 Prozent Pausch‐ steuer) zu entrichten. Die Abgaben werden von der Minijobzentrale im Haushaltsscheckverfahren per Einzugsermächtigung vom Konto des Arbeitgebers eingezogen. Für Ar‐ beitgeber, die haushaltsnahe Dienstleistungen im Haushaltsscheckverfahren melden, wird die Einkommensteuer um 20 Prozent der entstandenen Kosten (maximal 510,00 € im Kalenderjahr) ermäßigt. 109 4.1 Minijobs <?page no="110"?> Durch diesen geringeren Pauschalbeitrag in Höhe von 5 Prozent vermindert sich entsprechend die Rentensteigerung bei einer Befreiung bzw. bei vorlie‐ gender Versicherungspflicht muss der Arbeitnehmer tiefer (18,6 Prozent - 5 Prozent = 13,6 Prozent) in die Tasche greifen. 4.2 Midijobs 4.2.1 Übergangsbereich (bis 30.06.2019 Gleitzone) Mit dem 2. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. De‐ zember 2002 (Hartz II) wurde im Zusammenhang mit der damaligen Anhebung der Arbeitsentgeltgrenze für Minijobs auf 400,00 € eine Gleitzonenregelung für den Niedriglohnbereich eingeführt. Während ab 01.04.2003 bzw. 01.01.2013 geringfügige Beschäftigungen mit einem Arbeitsentgelt bis zu 400,00 € bzw. 450,00 € im Monat versicherungs‐ frei bzw. versicherungspflichtig mit Befreiungsoption blieben, waren Beschäf‐ tigungen mit einem monatlichen Arbeitsentgelt in der sich anschließenden Gleitzone von 450,01 € bis 850,00 € zwar versicherungspflichtig (ohne Options‐ möglichkeit), jedoch hatte der Arbeitnehmer nur einen reduzierten Beitragsan‐ teil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Der Anteil stieg mit dem Verdienst und erreichte bei 850,00 € die volle Beitragshöhe. Der Beitrag des Arbeitgebers hingegen blieb unverändert. Durch diese damals neue Gleitzone, welche in § 20 Abs. 2 SGB IV ihren Niederschlag fand, sollte die sogenannte Niedriglohnschwelle beseitigt werden, welche bisher in Beschäftigungsverhältnissen bei Überschreiten der Minijob‐ grenze zu einem abrupten Anstieg auf den vollen Sozialversicherungsbeitrag geführt hatte. Aus „Gleitzone“ wurde zum 01.07.2019 der sogenannte „Übergangsbereich“. Arbeitnehmer zahlten bislang bei einem monatlichen Arbeitsentgelt wie zuvor erwähnt bis 850,00 € verringerte Arbeitnehmerbeiträge. Der Übergangsbereich umfasst nun ein sozialversicherungsrechtliches Arbeitsentgelt von bis zu 1.300,00 €. Neu ist dabei, dass das vom Arbeitgeber gemeldete unverminderte Entgelt für die Rentenberechnung zugrunde gelegt wird. Die Beitragsentlastung der Arbeitnehmer bleibt dennoch erhalten bzw. wird ausgeweitet. Die Differenz zum vollen Arbeitnehmerbeitrag trägt jetzt die Solidargemeinschaft. Ein Ver‐ zicht auf den Übergangsbereich ist somit nicht (mehr) möglich. 110 4 Minijobs und Midijobs <?page no="111"?> Hinweis: Bei Detailfragen zu diesem Thema wird auf das Rundschreiben der Spitzen‐ verbände vom 21.03.2019 hingewiesen. Fallbeispiel 1: Die Beschäftigte erzielt folgende regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelte im Jahr 2021 gleichzeitig: • beim Arbeitgeber A 370,00 € • und bei Arbeitgeber B 230,00 € Lösung: Die monatlichen Arbeitsentgelte der beiden (für sich betrachtet) geringfügigen Beschäftigungen liegen jeweils unterhalb des Übergangsbereiches. Da jedoch die Summe der monatlichen Arbeitsentgelte aufgrund der Zusammen‐ rechnung der versicherungspflichtigen Beschäftigungen in Höhe von 600,00 € im Übergangsbereich liegt, finden die besonderen Regelungen zum Übergangs‐ bereich Anwendung. Fallbeispiel 2: Die Beschäftigte erzielt folgende regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelte im Jahr 2021 gleichzeitig: • bei Arbeitgeber A 830,00 € • und bei Arbeitgeber B 520,00 € Lösung: Die monatlichen Arbeitsentgelte der Beschäftigungen liegen jeweils im Über‐ gangsbereich. Da jedoch die Summe der monatlichen Arbeitsentgelte in Höhe von 1.350,00 € über dem Übergangsbereich liegt, finden die besonderen Regelungen zum Übergangsbereich keine Anwendung. Fallbeispiel 3: Die Beschäftigte erzielt folgende regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelte im Jahr 2021 gleichzeitig: • beim Arbeitgeber A 1.030,00 € • und bei Arbeitgeber B 340,00 € Lösung: Da es sich bei der Beschäftigung bei B um eine in der Kranken- und Pflege‐ versicherung versicherungsfreie „erste“ geringfügige Nebenbeschäftigung han‐ 111 4.2 Midijobs <?page no="112"?> delt, erfolgt k e i n e Zusammenrechnung der Arbeitsentgelte aus beiden Beschäftigungen. In der Rentenversicherung besteht Versicherungspflicht mit Befreiungsoption und somit erfolgt auch hier keine Addition. Die Beschäftigung bei B ist auch arbeitslosenversicherungsfrei, da in der Ar‐ beitslosenversicherung Zusammenrechnungen mit Hauptbeschäftigungen aus‐ geschlossen sind. Das monatliche Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung bei A liegt demnach weiterhin im Übergangsbereich. Die besonderen Regelungen zum Übergangsbereich finden daher auf die Be‐ schäftigung bei A Anwendung. 4.2.2 Die beitragspflichtigen Einnahmen im Übergangsbereich Nach § 163 Abs. 10 SGB VI ermitteln sich die beitragspflichtigen Einnahmen bei einer Beschäftigung im Übergangsbereich nach folgender Formel: Dabei ist AE das Arbeitsentgelt und F der Faktor, der sich ergibt, wenn der Wert 30 v. H. durch den durchschnittlichen Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz des Kalenderjahres, in dem der Anspruch auf das Arbeitsentgelt entstanden ist, geteilt wird. Der durchschnittliche Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz eines Kalenderjahres ergibt sich aus der Summe der zum 1. Januar desselben Kalenderjahres geltenden Beitragssätze in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Pflegeversicherung sowie zur Arbeitsförderung und des durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatzes in der gesetzlichen Kranken‐ versicherung, der zum 1. März des Jahres festgestellt wurde, in dem der durchschnittliche Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz für das folgende Ka‐ lenderjahr zu ermitteln ist. Beispielsweise für die Zeit vom 01.01.2012 bis zum 31.12.2012 betrug der Faktor F 0,7491 und seit 01.01.2021 beträgt er 0,7509. Der durchschnittliche Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz und der Faktor F sind vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember eines Jahres für das folgende Kalenderjahr im Bundesanzeiger bekannt zu geben. Der durchschnittliche Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz beispielsweise 2012 betrug 40,05 und beträgt seit 01.01.2021 39,95. 112 4 Minijobs und Midijobs <?page no="113"?> Setzt man nun in die oben angeführte Formel den aktuellen Wert F für die Zeit ab 01.01.2021 ein, ergibt sich nach gewissen Umformungen folgende vereinfachte Darstellung: Beitragspflichtiges Arbeitsentgelt = 1,13187648 x AE - 171,439416. Der nach § 55 Abs. 3 SGB XI vom 01.01.2005 zu erhebende Beitragszuschlag für Kinderlose in der Pflegeversicherung sowie der durch § 241a Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB V zum 01.07.2005 eingeführte zusätzliche Beitrag zur Kranken‐ versicherung wirken sich im Übrigen auf den Faktor „F“ nicht aus. Die Regelung zum Übergangsbereich gilt grundsätzlich nicht für Personen, wenn sie in Berufsausbildung stehen. Fallbeispiel 4: Der Versicherte bezieht ab September 2021 ein regelmäßiges monatliches Entgelt in Höhe von 650,00 €. A Wie hoch sind die beitragspflichtigen Einnahmen? Lösung: Maßgebliche beitragspflichtige Einnahme (§ 163 Abs. 10 SGB VI): 650,00 €: = 0,7509 x 450 + (1,529411765 - 0,529411764 x 0,7509) x (650 - 450) = 337,905 + (1,529411765 - 0,39753529358) x 200 = 337,905 + 1,13187647142 x 200 = 337,905 + 226,375294284 = 564,28 € oder vereinfacht: 1,13187648 x 650 - 171,439416 = 564,28 €. 4.2.3 Beitragstragung im Übergangsbereich Nach § 168 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1d SGB VI werden die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bei Midijobbern von den Arbeitgebern in Höhe der Hälfte des Betrages, der sich ergibt, wenn der Beitragssatz auf das der Beschäftigung zugrundeliegende Arbeitsentgelt angewendet wird, getragen; im Übrigen vom Versicherten selbst. Das heißt, die Arbeitgeberanteile für die einzelnen Sozialversicherungs‐ zweige werden aus dem tatsächlichen Verdienst ermittelt und von den Gesamt‐ beiträgen abgezogen. Die Restbeträge, welche danach in den einzelnen Zweigen verbleiben, müssen die Arbeitnehmer aufbringen. 113 4.2 Midijobs <?page no="114"?> Fortführung von Fallbeispiel 4: B Wie hoch sind die zu zahlenden Beiträge? Lösung: Maßgebliche Beitragsanteile (§ 168 Abs. 1 Nr. 1d SGB VI): • Angenommenes Entgelt: 650,00 € • RV-Beitragsanteil AG 650 x 9,30 Prozent 60,45 € • Entgelt nach § 163 Abs. 10 SGB VI 564,28 € • RV-Beitragsanteil ges. 564,28 x 9,30 Prozent x 2 104,96 € • RV-Beitragsanteil AN • (564,28 x 9,30 Prozent x 2 = 104,96./ . 60,45) 44,51 € Bei Bedarf besteht die Möglichkeit im Internet diverse Übergangsbereichs‐ rechner zu benutzen (z. B. unter www.ihre-vorsorge.de). 4.2.4 Leistungsrechtliche Auswirkungen des Übergangsbereiches in der gesetzlichen Rentenversicherung Die Rentenversicherungsbeiträge werden für den Arbeitnehmer im Übergangs‐ bereich auf der Grundlage eines reduzierten sozialversicherungspflichtigen Verdienstes gezahlt. Es handelte sich zwar bis 30.06.2019 in der Gleitzone auch um vollwertige Pflichtbeiträge, doch führte der reduzierte Verdienst, und damit der reduzierte Beitrag, zu geminderten Rentenansprüchen. Dies wurde ab 01.07.2019 mit der Einführung des Übergangsbereiches verän‐ dert. Die Rentenansprüche, die jetzt erworben werden, bemessen sich am vollen Bruttolohn (§ 70 Abs. 1a SGB VI). Im Fallbeispiel 4 ist also nicht der fiktiv errechnete Verdienst in Höhe von 564,28 €, sondern der tatsächliche Verdienst in Höhe von 650,00 €, für die Rente zu berücksichtigen. Der Versicherte spart somit im Fallbeispiel 4 monatlich 15,94 € in der Rentenversicherung durch die Übergangsbereichsregelung (60,45 € - 44,51 €). Wer vor dem 01.07.2019 bei der Gleitzone eine entsprechende Rentenminde‐ rung nicht in Kauf nehmen wollte, hatte jedoch die Möglichkeit auf die damalige Gleitzone zu verzichten. Die abgegebenen Erklärungen wurden mangels Nach‐ teile in der gesetzlichen Rentenversicherung zum 01.07.2019 gegenstandslos. Mit Einführung des Übergangsbereiches ist die Abgabe einer Erklärung analog wie bei den anderen Sozialversicherungszweigen nicht mehr möglich, aber auch nicht mehr nötig. 114 4 Minijobs und Midijobs <?page no="115"?> 5 Versichertenrenten Versichertenrenten sind Renten, welche aus der eigenen Versicherung bezahlt werden. Hierzu gehören die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die Altersrenten und die Erziehungsrente. § 99 Abs. 1 SGB VI regelt den Beginn von Renten aus eigener Versicherung. Gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI werden sämtliche Versichertenrenten von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die jeweilige Rente erfüllt sind. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Rentenantrag rechtzeitig, d. h. bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, gestellt wird. Erfolgt die Antragstellung nach Ablauf dieser Frist, beginnt eine Rente aus eigener Versicherung am Ersten des Antragsmonats (§ 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Nach § 101 Abs. 1 SGB VI werden befristete Renten nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Erwerbsminderung geleistet. Die Feststellung des Rentenbeginns erfolgt auch bei befristeten Renten (vgl. § 102 SGB VI) unter Anwendung von § 99 Abs. 1 SGB VI. Liegt der ermittelte Leistungsbeginn vor dem Beginn des siebten Kalendermonats nach Eintritt der Erwerbsminderung, beginnt die Rente mit dem Ersten des siebten Kalendermonats, ansonsten mit dem nach § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI ermittelten Rentenbeginn. 5.1 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wurde zum 01.01.2001 neu geregelt. Die jahrzehntelang angebotenen Renten wegen Be‐ rufsunfähigkeit und Renten wegen Erwerbsunfähigkeit wurden zum 01.01.2001 durch die Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung und die Renten wegen voller Erwerbsminderung ersetzt. Jährlich werden über 350.000 Anträge auf Erwerbsminderungsrente (z. B. 2019: 370.000) gestellt. Nach § 33 Abs.3 SGB VI gibt es folgende Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit: • Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (vgl. § 43 Abs. 1 SGB VI), • Rente wegen voller Erwerbsminderung (vgl. § 43 Abs. 2 SGB VI), • Renten für Bergleute (vgl. § 45 SGB VI), • sowie nach den Vorschriften des 5. Kapitels des SGB VI, <?page no="116"?> - die Rente wegen Berufsunfähigkeit und - die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Entsprechend § 33 Abs. 5 in Verbindung mit § 240 SGB VI gehört hierzu auch die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Die Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten werden in diesem Buch nicht näher erläutert, da es sich hierbei ausnahmslos um sogenannte Bestandsfälle mit einem Rentenbeginn vor dem 01.01.2001 handelt. Auf die Rente für Bergleute (vgl. § 45 SGB VI) und sonstige knappschaftliche Besonderheiten wird in diesem Buch wegen des zu geringen Adressatenkreises nicht eingegangen. 5.1.1 Allgemeines Die heute im Leistungskatalog der gesetzlichen Rentenversicherung angebo‐ tenen Erwerbsminderungsrenten sind in den §§ 43, 45, 240 und 241 SGB VI geregelt. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und voller Erwerbsminde‐ rung unterscheiden sind insbesondere hinsichtlich des Grades der Leistungsein‐ schränkung, welche für beide Rentenarten zentrale Anspruchsvoraussetzung ist. Während bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung von einem Leis‐ tungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden täglich ausgegangen wird, genügt bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsmin‐ derung ein eingeschränktes Leistungsvermögen unterhalb von sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsfeld. Die unterschiedlichen Sicherungsziele (Unterhaltsersatz bzw. Unterhaltszuschussfunktion) kommen auch in der un‐ terschiedlichen Rentenhöhe zum Ausdruck, denn die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist lediglich halb so hoch wie die Rente wegen voller Erwerbsminderung. 5.1.2 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie • teilweise erwerbsgemindert sind, • in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der teilweisen Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeitragszeiten haben und • vor Eintritt der teilweisen Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. 116 5 Versichertenrenten <?page no="117"?> Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung - § 43 Abs. 1 SGB VI - 1 Nichterreichen der Regelaltersgrenze 2 Eintritt der teilweisen Erwerbsminderung 3 Erfüllung der allgemeinen Wartezeit nach § 50 Abs. 1 SGB VI oder vorzeitige Wartezeiterfüllung nach § 53 SGB VI 4 3 Jahre Pflichtbeiträge in den letzten 5 Jahren vor der Erwerbsminderung oder Tatbestand für eine vorzeitige Wartezeiterfüllung nach § 43 Abs. 5 SGB VI oder Anwartschaftserhaltung nach der Sonderregelung des § 241 SGB VI Abbildung 13: Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung 5.1.2.1 Erreichen der Regelaltersgrenze Seit dem 01.01.1992 ist es nicht mehr möglich, eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit über den Kalendermonat des Erreichens der Regelaltersgrenze hinaus zu erhalten. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter 5.2.1. verwiesen. Nach § 115 Abs. 3 SGB VI wird die Erwerbsminderungsrente von Amts wegen dann von einer Regelaltersrente abgelöst, sofern der Rentner nichts anderes bestimmt. Fallbeispiel 1: Rentner A, geb. am 17.06.1955 bezieht eine Rente wegen teilweiser Erwerbs‐ minderung ab 01.03.2010 auf Dauer. Lösung: In diesem Fall kann die Erwerbsminderungsrente längstens bis zum 31.03.2021 gezahlt werden und wird dann ab 01.04.2021 von einer Regelaltersrente abgelöst, sofern der Rentner nichts anderes bestimmt. 117 5.1 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit <?page no="118"?> 5.1.2.2 Begriff der teilweisen Erwerbsminderung Nach § 43 Abs. 1 SGB VI liegt eine teilweise Erwerbsminderung vor, wenn der Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Unter dem Begriff „auf nicht absehbare Zeit“ ist ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten zu verstehen. Für die Beurteilung der Einschränkung des Leistungsvermögens sind ausnahmslos gesundheitliche Gründe (Krankheit oder Behinderung) maß‐ gebend. Andere leistungsmindernde Ursachen (wie z. B. hohes Lebensalter) werden dagegen hier nicht berücksichtigt. 5.1.2.3 Wartezeit Ein Anspruch auf die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung besteht nur, wenn vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt ist (§ 43 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI). Die allgemeine Wartezeit ist eine Mindestversicherungszeit, die vor Eintritt des jeweiligen Leistungsfalles erfüllt sein muss. Es müssen für fünf Jahre Beiträge (Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge) oder Ersatzzeiten (§ 250 SGB VI) vorliegen. Auch die Zeiten nach § 52 SGB VI (Versorgungsausgleich, Minijob und Rentensplitting) zählen hier mit. Die Wartezeit kann aber auch nach § 53 - z. B. durch einen Arbeitsunfall - vorzeitig erfüllt werden. Hinweis: Berufsanfänger, welche in einem versicherungspflichtigen Lehrverhältnis stehen, sind nicht erst nach fünf Jahren, sondern bereits ab dem 2. Tag des 12. Ausbildungsmonats gegen das Risiko der Erwerbsminderung abgesichert. Bei einem eingetretenen Arbeitsunfall bzw. Wegeunfall besteht diese Absi‐ cherung sogar schon vom ersten Ausbildungstag an. 5.1.2.4 36 Pflichtbeitragsmonate vor Eintritt der teilweisen Erwerbsminderung Der Anspruch auf die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze besteht nur, wenn in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der teilweisen Erwerbsminderung mindestens drei Jahre mit Pflichtbeit‐ ragszeiten belegt sind. Zu den geforderten Pflichtbeiträgen zählen nicht nur Pflichtbeiträge aus einer abhängigen Beschäftigung (§ 1 SGB VI) oder selbständigen Tätigkeit (§ 2 SGB VI) 118 5 Versichertenrenten <?page no="119"?> sondern z. B. auch Pflichtbeiträge nach §§ 3 und 4 SGB VI (vgl. § 55 Abs. 2 SGB VI) z. B. Pflichtbeiträge für Kindererziehung oder Krankengeldbezug. Fallbeispiel 2: Teilweise Erwerbsminderung liegt vor seit 15.12.2020. Auszug aus Versicherungsverlauf: 01.01.2016 bis 31.12.2016 Pflichtbeiträge aus Beschäftigung 01.04.2017 bis 31.12.2017 Pflichtbeiträge als Selbständiger 01.01.2019 bis 15.12.2020 Pflichtbeiträge für Kindererziehung Lösung: Der Fünfjahreszeitraum beginnt am 15.12.2015 und endet am 14.12.2020. Darin sind 45 (12 + 9 + 24) Pflichtbeiträge enthalten. Nach § 43 Abs. 4 SGB VI verlängert sich der Fünf-Jahres-Zeitraum u. a. um Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung und wegen Pflege (bis 31.03.1995), die nicht auch Pflichtbeitragszeiten sind (vgl. Abb. 25). In Fällen, in welchen die teilweise Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbe‐ standes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit nach § 53 SGB VI vorzeitig erfüllt wäre, sind nach § 43 Abs. 5 SGB VI keine Pflichtbeiträge für 36 Kalendermonate während des gegebenenfalls verlängerten Fünf-Jahres-Zeit‐ raumes erforderlich. Zu diesen Tatbeständen gehören: Verminderte Erwerbsfähigkeit aufgrund a. eines Arbeitsunfalls/ einer Berufskrankheit, b. einer Wehrdienstbeschädigung, c. einer Zivildienstbeschädigung, d. eines Gewahrsams oder der Eintritt der Erwerbsminderung innerhalb von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung. 119 5.1 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit <?page no="120"?> Verlängerungszeiten bei Erwerbsminderungsrenten nach § 43 Abs. 4 SGB VI 1 Anrechnungszeiten (siehe §§ 58, 252, 252a SGB VI) 2 Zeiten des Bezuges einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (in der allgemeinen Rentenversicherung Renten wegen Berufsunfähigkeit/ Erwerbsunfähigkeit vor 01.01.2001 und Renten wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ab 01.01.2001) 3 Berücksichtigungszeiten (siehe §§ 57, 249b SGB VI); das sind unter den Voraussetzungen der §§ 57 und 249b SGB VI: a) Kindererziehungszeiten bis zum vollendeten 10. Lebensjahr und b) Pflegezeiten ab 01.01.1992 bis 31.03.1995 4 Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag oder eine Zeit nach Nr. 1 bis 3 liegt 5 Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung 6 Ersatzzeiten im Sinne des § 250 SGB VI (§ 241 Abs. 1 SGB VI) 7 Bezug von Knappschaftsausgleichsleistung vor 1992 (§ 241 Abs. 1 SGB VI) Abbildung 14: Verlängerungszeiten bei EM-Renten nach § 43 Abs. 4 SGB VI 5.1.2.5 Sonderregelung Eine Pflichtbeitragszeit von 36 Kalendermonaten vor Eintritt der teilweisen Er‐ werbsminderung ist nicht erforderlich, wenn vor dem 01.01.1984 die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt war und ab 01.01.1984 jeder Kalendermonat bis zum Kalendermonat vor Eintritt der teilweisen Erwerbsminderung mit den in § 241 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 SGB VI genannten Anwartschaftserhaltungszeiten belegt oder wenn die teilweise Erwerbsminderung vor dem 01.01.1984 eingetreten ist. 120 5 Versichertenrenten <?page no="121"?> Anwartschaftserhaltungszeiten im Sinne von § 241 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 SGB VI sind u. a.: • Beitragszeiten (auch freiwillige Beiträge), • beitragsfreie Zeiten, • Berücksichtigungszeiten, • Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, • Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 01.01.1992. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Bele‐ gung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich. Wenn die Erwerbs‐ minderung in der Zeit vom 01.01. bis 31.03. eines Jahres eintritt, ist für diesen Zeitraum und für das Vorjahr eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich. Tritt die Erwerbsminderung in der Zeit vom 01.04. bis 31.12. eines Jahres ein, muss das Vorjahr mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sein. 5.1.2.6 Hinzuverdienst/ Flexirente (siehe auch 5.2.8.) Die teilweise Erwerbsminderungsrente besitzt Unterhaltszuschussfunktion, d. h. man soll sein restliches Leistungsvermögen nutzen und in vorgegebenen Grenzen hinzuverdienen. Die Rente wird je nach Verdienst in voller oder verminderter Höhe geleistet. Die individuellen Hinzuverdienstgrenzen werden errechnet aus folgender Formel: 0,81 X jährliche Bezugsgröße X Entgeltpunkte „Best of 15“ vor Eintritt der EM mindestens 0,5 EP = Untere Hinzuverdienstgrenze ab 01.07.2017 (Flexi-Rente): Untere Hinzuverdienstgrenze = Wert, bis zu dem die Rente nicht gemindert wird. Liegt das Einkommen über der unteren Hinzuverdienstgrenze wird der „übersteigende Teil“ zu 40% auf die Rente angerechnet. Obere Hinzuverdienstgrenze = Wert, über dem der Hinzuverdienst vollständig angerechnet wird. 121 5.1 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit <?page no="122"?> monatliche Bezugsgröße X „Best of 15“ (höchste Entgeltpunkte der letzten 15 Kalenderjahre vor Eintritt der EM) = Hinzuverdienstdeckel 1/ 12 der unteren Hinzuverdienstgrenze + monatliche Vollrente = Mindesthinzuverdienstdeckel 5.1.2.7 Rentenabschlag Beginnt die Rente wegen Erwerbsminderung vor dem 63. Lebensjahr, dann müssen seit 01.01.2001 Abschläge (§ 77 SGB VI) in Kauf genommen werden. Für jeden Monat früherer Inanspruchnahme 0,3 Prozent; insgesamt höchstens 10,8 Prozent (ab 60. Lebensjahr). Der Rentenabschlag beträgt bei Rentenbeginn im Alter von Jahre/ Monate Prozent Jahre/ Monate Prozent Jahre/ Monate Prozent 60 und jünger 10,8 61 7,2 62 3,6 60 1 10,5 61 1 6,9 62 1 3,3 60 2 10,2 61 2 6,6 62 2 3,0 60 3 9,9 61 3 6,3 62 3 2,7 60 4 9,6 61 4 6,0 62 4 2,4 60 5 9,3 61 5 5,7 62 5 2,1 60 6 9,0 61 6 5,4 62 6 1,8 60 7 8,7 61 7 5,1 62 7 1,5 60 8 8,4 61 8 4,8 62 8 1,2 60 9 8,1 61 9 4,5 62 9 0,9 60 10 7,8 61 10 4,2 62 10 0,6 60 11 7,5 61 11 3,9 62 11 0,3 63 0 Diese Altersgrenze wird seit 2012 schrittweise angehoben und ab 2024 wird dann eine abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente erst mit 65 Jahren beginnen. Die 122 5 Versichertenrenten <?page no="123"?> Höchstgrenze von 10,8 Prozent (62. bis 65. Lebensjahr) bleibt weiterhin erhalten. In der Zeit von 2012 bis 2024 findet eine Erhöhung schrittweise nach § 264d SGB VI statt. Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor dem 1. Januar 2024, ist bei der Ermittlung des Zugangsfaktors anstelle der Vollendung des 65. Lebensjahres und des 62. Lebensjahres jeweils das in der nachfolgenden Tabelle aufgeführte Lebensalter maßgebend: Bei Beginn der Rente oder bei Tod des Versicherten im tritt an die Stelle des Lebensalters 65 Jahre das Lebens‐ alter 62 Jahre das Lebens‐ alter Jahr Monat Jahre Monate Jahre Monate vor 2012 63 0 60 0 2012 Januar 63 1 60 1 2012 Februar 63 2 60 2 2012 März 63 3 60 3 2012 April 63 4 60 4 2012 Mai 63 5 60 5 2012 Juni - Dezember 63 6 60 6 2013 63 7 60 7 2014 63 8 60 8 2015 63 9 60 9 2016 63 10 60 10 2017 63 11 60 11 2018 64 0 61 0 2019 64 2 61 2 2020 64 4 61 4 2021 64 6 61 6 2022 64 8 61 8 2023 64 10 61 10 123 5.1 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit <?page no="124"?> Ausnahme: Bei 35 Jahren Pflichtbeiträgen (ohne Zeit der Arbeitslosigkeit) und Berücksichti‐ gungszeiten bleibt es ab 2012 bei dem heute geltenden Lebensalter von 63 Jahren. Ab Rentenbeginn 2024 sind 40 entsprechende Jahre erforderlich (§ 77 Abs. 4 SGB VI). 5.1.3 Rente wegen voller Erwerbsminderung Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeitragszeiten haben und 3. vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. 5.1.3.1 Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. Erreichen der Regelaltersgrenze Seit dem 01.01.1992 ist es nicht mehr möglich, eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit über den Kalendermonat des Erreichens der Regelaltersgrenze hinaus zu erhalten. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter 4.2.1. verwiesen. Nach § 115 Abs. 3 SGB VI wird die Erwerbsminderungsrente von Amts wegen dann von einer Regelaltersrente abgelöst, sofern der Rentner nicht anderes bestimmt. Fallbeispiel 3: Rentner A, geb. am 17.06.1955 bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsmin‐ derung ab 01.03.2010 auf Dauer. Lösung: In diesem Fall kann die Erwerbsminderungsrente längstens bis zum 31.03.2021 gezahlt werden und wird dann ab 01.04.2021 von einer Regelaltersrente abgelöst, sofern der Rentner nichts anderes bestimmt. 124 5 Versichertenrenten <?page no="125"?> 5.1.3.2 Begriff der vollen Erwerbsminderung Für das Vorliegen einer vollen Erwerbsminderung ist nicht nur die gesundheits‐ bedingte Einschränkung des Leistungsvermögens des Versicherten maßgebend (abstrakte Betrachtungsweise), sondern es ist auch die jeweilige Arbeitsmarkt‐ lage zu berücksichtigen (konkrete Betrachtungsweise). Voll erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI der Versicherte, dessen Leistungsvermögen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes gesundheitsbedingt auf unter drei Stunden täglich herabge‐ sunken ist (abstrakte Betrachtungsweise). Im Gegensatz zur früheren Erwerbs‐ unfähigkeitsrente ist es unerheblich, ob der Versicherte mit seinem verbliebenen Leistungsvermögen noch in der Lage ist, Einkünfte oberhalb der Geringfügig‐ keitsgrenze zu erzielen; ebenso sind Selbständige nicht mehr von der Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgeschlossen. Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einem Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zu berücksichtigen. Im Umkehrschluss ergibt sich aus der Regelung des § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI, dass bei einem Leistungsver‐ mögen von weniger als sechs Stunden täglich die jeweilige Arbeitsmarktlage zu berücksichtigen ist. Obwohl eigentlich (medizinisch) nur teilweise erwerbsge‐ mindert, sind daher Versicherte mit einem Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich voll erwerbsgemindert, wenn von einem verschlossenen Arbeitsmarkt ausgegangen wird. In diesem Zusammenhang wenden sich die Rentenversicherungsträger häufig an die bisherigen Arbeitgeber und prüfen, ob ein gesetzlicher, tariflicher oder einzelvertraglicher Anspruch auf eine Teilzeitarbeit besteht. In solchen Fällen bestehen gleichzeitig (vgl. § 89 Abs. 1 SGB VI) sowohl ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (gesundheitsbedingt) als auch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung (arbeitsmarktbedingt). Sofern im Sinne des § 102 Abs. 2 SGB VI unwahrscheinlich ist, dass die Erwerbsminderung behoben werden kann, ist die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer und die wegen voller Erwerbsminderung befristet zu leisten. Fallbeispiel 4: Die 40-jährige Versicherte L. stellt am 15.01.2021 einen Antrag auf Erwerbs‐ minderungsrente. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen liegen vor, seit Monaten besteht durchgehend Arbeitsunfähigkeit und das Leistungsver‐ mögen beträgt seit 15.10.2020 drei bis unter sechs Stunden auf dem allge‐ 125 5.1 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit <?page no="126"?> meinen Arbeitsmarkt ohne Aussicht auf Besserung. Der aktuelle Arbeitgeber kann keinen Teilzeitarbeitsplatz anbieten. Lösung: Es besteht ab 01.11.2020 ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsmin‐ derung auf Dauer und ab 01.05.2021 (längstens bis 30.04.2024) ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit. 5.1.3.3 Wartezeit 5.1.3.3.1 Allgemeine Wartezeit Ein Anspruch auf die Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht nur, wenn vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt ist (§ 43 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI). Die allgemeine Wartezeit ist eine Mindestversicherungszeit, die vor Eintritt des jeweiligen Leistungsfalles erfüllt sein muss. Es müssen für fünf Jahre Beiträge (Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge) oder Ersatzzeiten (§ 250 SGB VI) vorliegen. Auch die Zeiten nach § 52 SGB VI (Versorgungsausgleich, Minijob und Rentensplitting) zählen hier mit. Die Wartezeit kann aber auch nach § 53 - z. B. durch einen Arbeitsunfall - vorzeitig erfüllt werden. Rente wegen voller Erwerbsminderung - § 43 Abs. 2 SGB VI - 1 Nichterreichen der Regelaltersgrenze 2 Eintritt der vollen Erwerbsminderung 3 Erfüllung der allgemeinen Wartezeit nach § 50 Abs. 1 SGB VI oder vorzeitige Wartezeiterfüllung nach § 53 SGB VI 4 3 Jahre Pflichtbeiträge in den letzten 5 Jahren vor der Erwerbsminderung oder Tatbestand für eine vorzeitige Wartezeiterfüllung nach § 43 Abs. 5 SGB VI oder Anwartschaftserhaltung nach der Sonderregelung des § 241 SGB VI Abbildung 15: Rente wegen voller Erwerbsminderung (Teil 1) 126 5 Versichertenrenten <?page no="127"?> 5.1.3.3.2 Wartezeit von 20 Jahren Versicherte, welche bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll er‐ werbsgemindert waren (z. B. Behinderung ab Geburt) und dies seitdem unun‐ terbrochen sind, haben einen Anspruch auf eine volle Erwerbsminderungsrente nach § 43 Abs. 6 SGB VI, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben. Diese Rente erhalten insbesondere Beschäftigte in einer Werkstätte für behinderte Menschen. Die bei der Erwerbsminderungsrente grundsätzlich geforderten 36 Pflichtbe‐ träge in den letzten fünf Jahren sind bei dieser Rentenart nicht notwendig. Selbst eine Erfüllung der 240 Monaten ausnahmslos mit freiwilligen Beiträgen (frühestens ab vollendetem 16. Lebensjahr nach § 7 SGB VI) wäre möglich. Rente wegen voller Erwerbsminderung - § 43 Abs. 6 SGB VI - 1 Nichterreichen der Regelaltersgrenze 2 Eintritt der vollen Erwerbsminderung vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit und ununterbrochenes Fortbestehen 3 Erfüllung der 20-jährigen Wartezeit nach § 50 Abs. 2 SGB VI Abbildung 16: Rente wegen voller Erwerbsminderung (Teil 2) 5.1.3.4 36 Pflichtbeiträge vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung Der Anspruch auf die Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze besteht nur, wenn in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung mindestens drei Jahre mit Pflichtbeitragszeiten belegt sind. Zu den geforderten Pflichtbeiträgen zählen nicht nur Pflichtbeiträge aus einer abhängigen Beschäftigung (§ 1 SGB VI) oder selbständigen Tätigkeit (§ 2 SGB VI) sondern z. B. auch Pflichtbeiträge nach §§ 3 und 4 SGB VI (vgl. § 55 Abs. 2 SGB VI) z. B. Pflichtbeiträge für Kindererziehung oder Krankengeldbezug. 127 5.1 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit <?page no="128"?> Fallbeispiel 5: Volle Erwerbsminderung liegt vor seit 15.12.2020. Auszug aus Versicherungsverlauf: 01.01.2016 bis 31.12.2016 Pflichtbeiträge aus Beschäftigung 01.04.2017 bis 31.12.2017 Pflichtbeiträge als Selbständiger 01.01.2019 bis 15.12.2020 Pflichtbeiträge für Kindererziehung Lösung: Der Fünfjahreszeitraum beginnt am 15.12.2015 und endet am 14.12.2020. Darin sind 45 (12 + 9 + 24) Pflichtbeiträge enthalten. Nach § 43 Abs. 4 SGB VI verlängert sich der Fünf-Jahres-Zeitraum u. a. um Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen voller Erwerbs‐ fähigkeit, Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung und wegen Pflege (bis 31.03.1995), die nicht auch Pflichtbeitragszeiten sind (vgl. Abb. 7). In Fällen, in welchen die volle Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbe‐ standes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit nach § 53 SGB VI vorzeitig erfüllt wäre, sind nach § 43 Abs. 5 SGB VI keine Pflichtbeiträge für 36 Kalendermonate während des gegebenenfalls verlängerten Fünf-Jahres-Zeit‐ raumes erforderlich. • Zu diesen Tatbeständen gehören: - Verminderte Erwerbsfähigkeit aufgrund - eines Arbeitsunfalls/ einer Berufskrankheit, - einer Wehrdienstbeschädigung, - einer Zivildienstbeschädigung, - eines Gewahrsams oder - der Eintritt der Erwerbsminderung innerhalb von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung. 5.1.3.5 Sonderregelung Eine Pflichtbeitragszeit von 36 Kalendermonaten vor Eintritt der vollen Er‐ werbsminderung ist nicht erforderlich, wenn vor dem 01.01.1984 die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt war und ab 01.01.1984 jeder Kalendermonat bis zum Kalendermonat vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung mit den in § 241 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 SGB VI genannten Anwartschaftserhaltungszeiten belegt oder wenn die volle Erwerbsminderung vor dem 01.01.1984 eingetreten ist. 128 5 Versichertenrenten <?page no="129"?> • Anwartschaftserhaltungszeiten im Sinne von § 241 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 SGB VI sind u. a.: - Beitragszeiten (auch freiwillige Beiträge), - beitragsfreie Zeiten, - Berücksichtigungszeiten, - Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, - Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 01.01.1992. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Bele‐ gung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich. Wenn die Erwerbs‐ minderung in der Zeit vom 01.01. bis 31.03. eines Jahres eintritt, ist für diesen Zeitraum und für das Vorjahr eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich. Tritt die Erwerbsminderung in der Zeit vom 01.04. bis 31.12. eines Jahres ein, muss das Vorjahr mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sein. 5.1.3.6 Hinzuverdienst/ Flexirente (siehe auch 5.2.8.) Die volle Erwerbsminderungsrente besitzt Unterhaltsersatzfunktion, d. h. in der Regel kann und muss der Rentner hier nichts hinzuverdienen. Der Empfänger einer vollen Erwerbsminderungsrente darf deshalb nur sehr begrenzt hinzuver‐ dienen. Die Rente wird je nach Verdienst in voller oder in verminderter Höhe geleistet. Die individuellen Grenzen werden errechnet aus folgender Formel: Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.07.2017 (Flexi-Rente): Untere Hinzuverdienstgrenze = Wert, bis zu dem die Rente nicht gemindert wird = 6.300 Euro. Liegt das Einkommen über der unteren Hinzuverdienstgrenze wird der „übersteigende Teil“ zu 40% auf die Rente angerechnet. Obere Hinzuverdienstgrenze = Wert, über dem der Hinzuverdienst vollständig angerechnet wird. 129 5.1 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit <?page no="130"?> monatliche Bezugsgröße X „Best of 15“ (höchste Entgeltpunkte der letzten 15 Kalenderjahre vor Eintritt der EM) = Hinzuverdienstdeckel 1/ 12 von 6.300 Euro + monatliche Vollrente = Mindesthinzuverdienstdeckel 5.1.3.7 Rentenabschlag Beginnt die Rente wegen Erwerbsminderung vor dem 63. Lebensjahr, dann müssen seit 01.01.2001 Abschläge (§ 77 SGB VI) in Kauf genommen werden. Für jeden Monat früherer Inanspruchnahme 0,3 Prozent; insgesamt höchstens 10,8 Prozent (ab 60. Lebensjahr). Der Rentenabschlag beträgt bei Rentenbeginn im Alter von Jahre/ Monate Prozent Jahre/ Monate Prozent Jahre/ Monate Prozent 60 und jünger 10,8 61 7,2 62 3,6 60 1 10,5 61 1 6,9 62 1 3,3 60 2 10,2 61 2 6,6 62 2 3,0 60 3 9,9 61 3 6,3 62 3 2,7 60 4 9,6 61 4 6,0 62 4 2,4 60 5 9,3 61 5 5,7 62 5 2,1 60 6 9,0 61 6 5,4 62 6 1,8 60 7 8,7 61 7 5,1 62 7 1,5 60 8 8,4 61 8 4,8 62 8 1,2 60 9 8,1 61 9 4,5 62 9 0,9 60 10 7,8 61 10 4,2 62 10 0,6 60 11 7,5 61 11 3,9 62 11 0,3 63 0 130 5 Versichertenrenten <?page no="131"?> Diese Altersgrenze wird seit 2012 schrittweise angehoben und ab 2024 wird dann eine abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente erst mit 65 Jahren beginnen. Die Höchstgrenze von 10,8 Prozent (62. bis 65. Lebensjahr) bleibt weiterhin erhalten. In der Zeit von 2012 bis 2024 findet eine Erhöhung schrittweise nach § 264d SGB VI statt. Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor dem 1. Januar 2024, ist bei der Ermittlung des Zugangsfaktors anstelle der Vollendung des 65. Lebensjahres und des 62. Lebensjahres jeweils das in der nachfolgenden Tabelle aufgeführte Lebensalter maßgebend: Bei Beginn der Rente oder bei Tod des Versicherten im tritt an die Stelle des Lebensalters 65 Jahre das Lebens‐ alter 62 Jahre das Lebens‐ alter Jahr Monat Jahre Monate Jahre Monate vor 2012 63 0 60 0 2012 Januar 63 1 60 1 2012 Februar 63 2 60 2 2012 März 63 3 60 3 2012 April 63 4 60 4 2012 Mai 63 5 60 5 2012 Juni - Dezember 63 6 60 6 2013 63 7 60 7 2014 63 8 60 8 2015 63 9 60 9 2016 63 10 60 10 2017 63 11 60 11 2018 64 0 61 0 2019 64 2 61 2 2020 64 4 61 4 2021 64 6 61 6 2022 64 8 61 8 2023 64 10 61 10 131 5.1 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit <?page no="132"?> Ausnahme: Bei 35 Jahren Pflichtbeiträgen (ohne Zeit der Arbeitslosigkeit) und Berücksichti‐ gungszeiten bleibt es auch ab 2012 bei dem geltenden Lebensalter von 63 Jahren. Ab Rentenbeginn 2024 sind 40 entsprechende Jahre erforderlich (§ 77 Abs. 4 SGB VI). Fallbeispiel 6: Frau M., geboren am 11.02.1986 hat am 17.08.2020 einen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gestellt. Laut ärztlichem Gutachten besteht ein Leistungsvermögen von fünf Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seit Antragstellung. Es ist unwahrscheinlich, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Lebenslauf bzw. Versicherungsverlauf: Schulausbildung bis 28.02.2003 Versicherungspflichtige Lehre als Floristin vom 01.03.2003 bis 28.02.2006 (36 Monate) Pflichtbeschäftigung als Floristin vom 01.03.2006 bis 28.02.2009 (36 Monate) Geburt des ersten Kindes am 05.03.2009 Geburt des zweiten Kindes am 11.07.2015 Seit 01.03.2009 ist die Versicherte ausschließlich Mutter und Hausfrau. Lösung: 1. Voraussetzung: Vollendung des 67. Lebensjahres am 10.02.2053. 2. Voraussetzung: Teilweise Erwerbsminderung ab 17.08.2020 auf Dauer und volle Erwerbsminderung ab 17.08.2020 auf Zeit (es wird von einem ver‐ schlossenen Teilzeitarbeitsmarkt ausgegangen). 3. Voraussetzung: Die allgemeine Wartezeit ist mit 144 Monaten (36+36+36+36) erfüllt. Hinweis: Darüber hinaus kommen bei unterstellten 25 Jahren rentenrechtlichen Zeiten noch 9 Kalendermonate Beitragszeiten nach §§ 70 Abs. 3a Buchst b i.V.m. 55 Abs. 1 Satz 3 SGB VI hinzu (07/ 2015 und 08/ 2018 bis 03/ 2019). 4. Voraussetzung: In den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminde‐ rung = 17.08.2015 - 16.08.2020 liegen 36 Pflichtbeiträge. 132 5 Versichertenrenten <?page no="133"?> Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beginnt am 01.09.2020 und wird in der Regel bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (67. Lebensjahr) geleistet. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung beginnt am 01.03.2021 und wird befristet auf den 29.02.2024. 5.1.4 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren sind, haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminde‐ rung bei Berufsunfähigkeit, wenn sie 1. berufsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten haben und 3. vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. 5.1.4.1 Geboren vor dem 02.01.1961 und Regelaltersgrenze noch nicht erreicht Bis Ende 2000 stand Berufsunfähigen eine gesetzliche Berufsunfähigkeitsrente zu. Lediglich besonders qualifizierte Arbeitnehmer standen unter diesem Schutz. Seit der Rentenreform 2001 ist dieser Berufsschutz für alle Personen, die nach dem 1. Januar 1961 geboren sind, abgeschafft. Seit dem 01.01.1992 ist es nicht mehr möglich, eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit über den Kalendermonat des Erreichens der Regelaltersgrenze hinaus zu erhalten. Nach § 115 Abs. 3 SGB VI wird die Erwerbsminderungsrente von Amts wegen dann von einer Regelaltersrente abgelöst, sofern der Rentner nicht anderes bestimmt. Fallbeispiel 7: Rentner A, geb. am 17.06.1957, bezieht eine Rente wegen teilweiser Erwerbs‐ minderung bei Berufsunfähigkeit ab 01.03.2011 auf Dauer. 133 5.1 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit <?page no="134"?> Lösung: In diesem Fall kann die Erwerbsminderungsrente längstens bis zum 31.05.2023 gezahlt werden und wird dann ab 01.06.2023 von einer Regelaltersrente abgelöst, sofern der Rentner nichts anderes bestimmt. 5.1.4.2 Begriff der Berufsunfähigkeit Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden täglich gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforde‐ rungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 SGB VI). 5.1.4.3 Wartezeit Ein Anspruch auf die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsun‐ fähigkeit besteht nur, wenn vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt ist (§ 43 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI). Die allgemeine Wartezeit ist eine Mindestversicherungszeit, die vor Eintritt des jeweiligen Leis‐ tungsfalles erfüllt sein muss. Es müssen für fünf Jahre Beiträge (Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge) oder Ersatzzeiten (§ 250 SGB VI) vorliegen. Auch die Zeiten nach § 52 SGB VI (Versorgungsausgleich, Minijob und Rentensplitting) zählen hier mit. Die Wartezeit kann aber auch nach § 53 - z. B. durch einen Arbeitsunfall - vorzeitig erfüllt werden. 134 5 Versichertenrenten <?page no="135"?> Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit - § 240 Abs. 1 SGB VI - 1 Nichterreichen der Regelaltersgrenze 2 Eintritt der Berufsunfähigkeit 3 Erfüllung der allgemeinen Wartezeit nach § 50 Abs. 1 SGB VI oder vorzeitige Wartezeiterfüllung nach § 53 SGB VI 4 3 Jahre Pflichtbeiträge in den letzten 5 Jahren vor der Erwerbsminderung oder Tatbestand für eine vorzeitige Wartezeiterfüllung nach § 43 Abs. 5 SGB VI oder Anwartschaftserhaltung nach der Sonderregelung des § 241 SGB VI Abbildung 17: Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit 5.1.4.4 36 Pflichtbeitragsmonate vor Eintritt der Berufsunfähigkeit Der Anspruch auf die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsun‐ fähigkeit bleibt bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nur bestehen, wenn in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit mindestens drei Jahre mit Pflichtbeitragszeiten belegt sind. Zu den geforderten Pflichtbeiträgen zählen nicht nur Pflichtbeiträge aus einer abhängigen Beschäftigung (§ 1 SGB VI) oder selbständigen Tätigkeit (§ 2 SGB VI) sondern z. B. auch Pflichtbeiträge nach §§ 3 und 4 SGB VI (vgl. § 55 Abs. 2 SGB VI), z. B. Pflichtbeiträge für Kindererziehung oder Krankengeldbezug. Fallbeispiel 8: Berufsunfähigkeit liegt vor seit 15.12.2020 Auszug aus Versicherungsverlauf: • 01.01.2016 bis 31.12.2016 Pflichtbeiträge aus Beschäftigung • 01.04.2017 bis 31.12.2017 Pflichtbeiträge als Selbständiger • 01.01.2019 bis 15.12.2020 Pflichtbeiträge als Pflegeperson Lösung: Der Fünfjahreszeitraum beginnt am 15.12.2015 und endet am 14.12.2020. Darin sind 45 (= 12+9+24) Pflichtbeiträge enthalten. 135 5.1 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit <?page no="136"?> Nach § 43 Abs. 4 SGB VI verlängert sich der Fünfjahreszeitraum u. a. um Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung und wegen Pflege (bis 31.03.1995), die nicht auch Pflichtbeitragszeiten sind (vgl. Abb. 25). In Fällen, in welchen die Berufsunfähigkeit aufgrund eines Tatbestandes einge‐ treten ist, durch den die allgemeine Wartezeit nach § 53 SGB VI vorzeitig erfüllt wäre, sind nach § 43 Abs. 5 SGB VI keine Pflichtbeiträge für 36 Kalendermonate während des gegebenenfalls verlängerten Fünfjahreszeitraumes erforderlich. Zu diesen Tatbeständen gehören: • Berufsunfähigkeit aufgrund • a) eines Arbeitsunfalls/ einer Berufskrankheit, • b) einer Wehrdienstbeschädigung, • c) einer Zivildienstbeschädigung, • d) eines Gewahrsams oder • der Eintritt der Erwerbsminderung innerhalb von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung. 5.1.4.5 Sonderregelung Eine Pflichtbeitragszeit von 36 Kalendermonaten vor Eintritt der Berufsunfä‐ higkeit ist nicht erforderlich, wenn vor dem 01.01.1984 die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt war und ab 01.01.1984 jeder Kalendermonat bis zum Kalen‐ dermonat vor Eintritt der Berufsunfähigkeit mit den in § 241 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 SGB VI genannten Anwartschaftserhaltungszeiten belegt oder wenn die Berufsunfähigkeit vor dem 01.01.1984 eingetreten ist. • Anwartschaftserhaltungszeiten im Sinne von § 241 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 SGB VI sind u. a.: - Beitragszeiten (auch freiwillige Beiträge), - beitragsfreie Zeiten, - Berücksichtigungszeiten, - Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit - Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 01.01.1992. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Bele‐ gung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich. Wenn die Erwerbs‐ minderung in der Zeit vom 01.01. bis 31.03. eines Jahres eintritt, ist für diesen Zeitraum und für das Vorjahr eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich. Tritt die Erwerbsminderung in der Zeit vom 01.04. bis 31.12. 136 5 Versichertenrenten <?page no="137"?> eines Jahres ein, muss das Vorjahr mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sein. 5.1.4.6 Hinzuverdienst / Flexi-Rente (siehe auch 5.2.8.) Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit besitzt Unterhaltszuschussfunktion, d. h. man soll sein restliches Leistungsvermögen nutzen und in vorgegebenen Grenzen hinzuverdienen. Die Rente wird je nach Verdienst in voller oder verminderter Höhe geleistet. Die individuellen Hinzuverdienstgrenzen werden errechnet aus folgender Formel: 0,81 X jährliche Bezugsgröße X = Untere Hinzuverdienstgrenze monatliche Bezugsgröße X „Best of 15“ (höchste Entgeltpunkte der letzten 15 Kalenderjahre vor Eintritt der EM) = Hinzuverdienstdeckel + monatliche Vollrente = Mindesthinzuverdienstdeckel Entgeltpunkte „Best of 15“ vor Eintritt der EM mindestens 0,5 EP 1/ 12 der unteren Hinzuverdienstgrenze Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 01.07.2017 (Flexi-Rente): Untere Hinzuverdienstgrenze = Wert, bis zu dem die Rente nicht gemindert wird. Liegt das Einkommen über der unteren Hinzuverdienstgrenze wird der „übersteigende Teil“ zu 40% auf die Rente angerechnet. Obere Hinzuverdientsgrenze = Wert, über dem der Hinzuverdienst vollständig angerechnet wird. 137 5.1 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit <?page no="138"?> 5.1.4.7 Rentenabschlag Beginnt die Rente wegen Berufsunfähigkeit vor dem 63. Lebensjahr, dann müssen seit 01.01.2001 Abschläge (§ 77 SGB VI) in Kauf genommen werden. Für jeden Monat früherer Inanspruchnahme 0,3 Prozent; insgesamt höchstens 10,8 Prozent (ab 60. Lebensjahr). Der Rentenabschlag beträgt bei Rentenbeginn im Alter von Jahre/ Monate Prozent Jahre/ Monate Prozent Jahre/ Monate Prozent 60 und jünger 10,8 61 7,2 62 3,6 60 1 10,5 61 1 6,9 62 1 3,3 60 2 10,2 61 2 6,6 62 2 3,0 60 3 9,9 61 3 6,3 62 3 2,7 60 4 9,6 61 4 6,0 62 4 2,4 60 5 9,3 61 5 5,7 62 5 2,1 60 6 9,0 61 6 5,4 62 6 1,8 60 7 8,7 61 7 5,1 62 7 1,5 60 8 8,4 61 8 4,8 62 8 1,2 60 9 8,1 61 9 4,5 62 9 0,9 60 10 7,8 61 10 4,2 62 10 0,6 60 11 7,5 61 11 3,9 62 11 0,3 63 0 Diese Altersgrenze wird seit 2012 stufenweise angehoben und ab 2024 wird dann eine abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente erst mit 65 Jahren beginnen. Die Höchstgrenze von 10,8 Prozent (62. bis 65. Lebensjahr) bleibt weiterhin erhalten. In der Zeit von 2012 bis 2024 findet eine Erhöhung schrittweise nach § 264d SGB VI statt. Beginnt eine Rente wegen Berufsunfähigkeit vor dem 1. Januar 2024, ist bei der Ermittlung des Zugangsfaktors anstelle der Vollendung des 65. Lebensjahres und des 62. Lebensjahres jeweils das in der nachfolgenden Tabelle aufgeführte Lebensalter maßgebend: 138 5 Versichertenrenten <?page no="139"?> Bei Beginn der Rente oder bei Tod des Versicherten im tritt an die Stelle des Lebensalters 65 Jahre das Lebensalter 62 Jahre das Lebensalter Jahr Monat Jahre Monate Jahre Monate vor 2012 63 0 60 0 2012 Januar 63 1 60 1 2012 Februar 63 2 60 2 2012 März 63 3 60 3 2012 April 63 4 60 4 2012 Mai 63 5 60 5 2012 Juni - Dezember 63 6 60 6 2013 63 7 60 7 2014 63 8 60 8 2015 63 9 60 9 2016 63 10 60 10 2017 63 11 60 11 2018 64 0 61 0 2019 64 2 61 2 2020 64 4 61 4 2021 64 6 61 6 2022 64 8 61 8 2023 64 10 61 10 Ausnahme: Bei 35 Jahren Pflichtbeiträgen (ohne Zeit der Arbeitslosigkeit) und Berücksichti‐ gungszeiten bleibt es ab 2012 bei dem heute geltenden Lebensalter von 63 Jahren. Ab Rentenbeginn 2024 sind 40 entsprechende Jahre erforderlich (§ 77 Abs. 4 SGB VI). 139 5.1 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit <?page no="140"?> Fallbeispiel 9: Die Versicherte, geboren am 06.03.1960, hat vom 01.01.1976 bis 31.12.1982 Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet. Sowohl am 06.04.1983 als auch am 06.04.1993 und 06.04.2003 hat sie ein Kind zur Welt gebracht und kümmert sich seither ausschließlich um ihre Familie. Bis wann lag hier der Erwerbsminderungsschutz nach § 241 SGB VI vor und was war ggf. im Jahre 2013 anzuraten? Lösung: Die allgemeine Wartezeit vor 01.01.1984 war erfüllt. Ab Januar 1984 bis zum 05.04.2013 (Vollendung des 10. Lebensjahres des jüngsten Kindes) lagen durchgehend Anwartschaftserhaltungszeiten (= Kinderberücksichtigungszeit bzw. Kindererziehungszeit) vor. Sollte die Versicherte damals keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen sein, so war ihr damals zu empfehlen, ab Mai 2013 ohne Unterbrechung freiwillige Beiträge monatlich zu entrichten, um den Erwerbs‐ minderungsschutz weiterhin aufrecht zu erhalten (spätestens am 31.03.2014). Fallbeispiel 10: Der Versicherte, geboren am 02.05.1960, hat bis Juni 1980 das Gymnasium besucht und war vom 01.08.1980 bis 31.12.2020 als Schreiner versicherungs‐ pflichtig beschäftigt gewesen (Lehre vom 01.08.1980 bis 31.07.1983). Der Versicherte hat sich ab 01.01.2021 als Vermögensberater selbständig gemacht. Wie kann er sich nun in der gesetzlichen Rentenversicherung gegen das Risiko der Erwerbsminderung absichern? Lösung: Der Versicherte hat die erforderliche Wartezeit von 60 Monaten vor 01.01.1984 nicht erfüllt (nur 41 Monate). Somit hätte die Zahlung von freiwilligen Beiträgen für ihn keine Auswirkung auf die Anwartschaftserhaltung für eine Erwerbsmin‐ derungsrente. Freiwillige Beiträge hätten „lediglich“ eine Steigerung der später einmal zu bewilligenden Altersrente zur Folge. Dem Versicherten wäre somit zu empfehlen, Versicherungspflicht aufgrund der selbständigen Tätigkeit zu beantragen, um den Erwerbsminderungsschutz auf‐ recht zu erhalten. Zu beachten wären in diesem Fall die Unwiderruflichkeit einer Versicherungspflicht auf Antrag und der relativ hohe Beitrag, der monatlich bezahlt werden müsste (halber Regelbeitrag ab 01.01.2021 mtl. 305,97 €, ab 01.01.2025 der volle Regelbeitrag nach § 165 SGB VI). 140 5 Versichertenrenten <?page no="141"?> Unter Beachtung der Gesamtumstände, wie das Alter des Versicherten, sollte eine tatsächliche Pflichtversicherung auf Antrag zumindest hinterfragt werden. 5.2 Renten wegen Alters Die gesetzliche Rentenversicherung bietet seit vielen Jahren nicht nur die weit‐ läufig bekannte Regelaltersrente an, sondern eine Vielzahl von verschiedenen Altersrenten umfasst das Leistungsangebot. Im Einzelnen sind dies: • die Regelaltersrente, • die Altersrente für besonders langjährige Versicherte, • die Altersrente für langjährig Versicherte, • die Altersrente für schwerbehinderte Menschen, • die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit, • die Altersrente für Frauen und • die Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute. 5.2.1 Die Regelaltersrente (§§ 35, 235 SGB VI) In §§ 35 und 235 SGB VI sind die Voraussetzungen für die Gewährung der Re‐ gelaltersrente enthalten. Durch den Begriff „Regelaltersrente“ soll verdeutlicht werden, dass es sich bei diesem Anspruch um die üblicherweise zu erbringende Leistung handelt. Diese Rente wird unter den einfachsten Bedingungen und ohne jegliche Hinzuverdienstbeschränkungen gewährt. Versicherte haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie 1. die Regelaltersgrenze erreicht und 2. die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Regelaltersrente - §§ 35 und 235 SGB VI - 1 Erreichen der Regelaltersgrenze 2 Erfüllung der allgemeinen Wartezeit nach § 50 Abs. 1 SGB VI oder vorzeitige Wartezeiterfüllung nach § 53 SGB VI Abbildung 18: Regelaltersrente 141 5.2 Renten wegen Alters <?page no="142"?> 5.2.1.1 Erreichen der Regelaltersgrenze Die Vollendung eines bestimmten Lebensjahres richtet sich nach § 26 SGB X in Verbindung mit §§ 187 und 188 BGB. Danach ist ein Lebensjahr mit Ablauf des Kalendertages vor dem betreffenden Geburtstag vollendet. Jahrzehntelang lag die Regelaltersgrenze bei 65 und „erst“ mit dem 2007 verabschiedeten RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz wird diese Grenze stufen‐ weise auf 67 angehoben. 5.2.1.1.1 Geboren vor dem 01.01.1947 Alle Personen, welche vor dem 01.01.1947 geboren sind, waren von der Neure‐ gelung nicht tangiert und erreichten die Regelaltersgrenze weiterhin mit 65 (§ 235 SGB VI). Fallbeispiel 11: Der Versicherte ist geboren am 05.03.1944. Lösung: Er erreichte seine Regelaltersgrenze mit 65 und vollendete sein 65. Lebensjahr am 04.03.2009. 5.2.1.1.2 Geboren im Zeitraum 01.01.1947 bis 31.12.1954 Bei allen Personen, die in den Jahren 1947 bis einschließlich 1954 geboren waren, wurde die Regelaltersgrenze pro Kalenderjahr um jeweils einen Monat angehoben. Versicherte Geburtsjahr Anhebung um Monate auf Alter Jahr Monat 1947 1 65 1 1948 2 65 2 1949 3 65 3 1950 4 65 4 1951 5 65 5 1952 6 65 6 1953 7 65 7 1954 8 65 8 142 5 Versichertenrenten <?page no="143"?> Ausnahme: Wer jedoch bereits vor dem 01.01.2007 verbindlich Altersteilzeit vereinbart oder Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen hatte, erreichte seine Regelaltersgrenze weiterhin mit 65. Fallbeispiel 12: Der Versicherte ist geboren am 01.04.1952. Lösung: Er erreichte seine Regelaltersgrenze mit 65 Jahren und 6 Monaten und konnte daher die Regelaltersrente ab 01.10.2017 erhalten. Hatte er vor 01.01.2007 verbindlich Altersteilzeit vereinbart, dann wäre der Bezug seiner Regelaltersrente bereits ab 01.04.2017 möglich gewesen (65. Lebens‐ jahr). 5.2.1.1.3 Geboren im Zeitraum 01.01.1955 bis 31.12.1963 Bei allen Personen, die in den Jahren 1955 bis einschließlich 1963 geboren wurden, wird die Regelaltersgrenze pro Kalenderjahr um jeweils einen und ab Jahrgang 1959 um jeweils zwei Monate angehoben. Ausnahmen, z. B. wegen Altersteilzeitarbeit, sind nicht mehr möglich. Versicherte Geburtsjahr Anhebung um Monate auf Alter Jahr Monat 1955 9 65 9 1956 10 65 10 1957 11 65 11 1958 12 66 0 1959 14 66 2 1960 16 66 4 1961 18 66 6 1962 20 66 8 1963 22 66 10 143 5.2 Renten wegen Alters <?page no="144"?> Fallbeispiel 13: Der Versicherte ist geboren am 20.02.1962. Lösung: Er erreicht die Regelaltersgrenze mit 66 Jahren und acht Monaten und kann daher die Regelaltersrente ab 01.11.2028 erhalten. 5.2.1.1.4 Geboren ab 01.01.1964 Alle Personen, die nach dem 31.12.1963 geboren sind, können nur noch ab dem 67. Lebensjahr ihre Regelaltersrente erhalten. Ein früherer Rentenbeginn ist auch mit Abschlägen nicht möglich. Fallbeispiel 14: Der Versicherte ist am 06.03.1966 geboren. Lösung: Er erreicht die Regelaltersgrenze mit 67 Jahren und kann daher die Regelalters‐ rente ab 01.04.2033 erhalten. 5.2.1.2 Wartezeit Die allgemeine Wartezeit ist eine Mindestversicherungszeit, die vor Eintritt des jeweiligen Leistungsfalles erfüllt sein muss. Es werden fünf Jahre Beiträge (Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge) oder Ersatzzeiten (§ 250 SGB VI) gefordert. Auch die Zeiten nach § 52 SGB VI (Versorgungsausgleich, Minijob und Rentensplitting) zählen hier mit. Die allgemeine Wartezeit für die Regelaltersrente gilt nach § 50 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB VI als erfüllt, wenn der Versicherte bis zur Altersgrenze eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente bezogen hat. Die allgemeine Wartezeit für die Regelaltersrente gilt ferner als erfüllt, wenn der Versicherte vermindert erwerbsfähig geworden ist und die besonderen Voraussetzungen des § 53 SGB VI gegeben sind. 5.2.1.3 Antragstellung und Rentenbeginn In § 99 Abs. 1 SGB VI ist für alle Versichertenrenten (Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Altersrenten) und die Erziehungsrente der Rentenbeginn einheitlich geregelt. Die Rente wird demnach von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, wenn 144 5 Versichertenrenten <?page no="145"?> der Rentenantrag innerhalb von drei Kalendermonaten nach Ablauf des Kalen‐ dermonats gestellt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei einer späteren Antragstellung beginnt die Rente mit dem Antragsmonat. Eine Ausnahme vom Antragsprinzip gilt bei der Regelaltersrente, wenn beim Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähig‐ keit oder eine Erziehungsrente bezogen wurde. In diesen Fällen ist nach § 115 Abs. 3 SGB VI nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze von Amts wegen die Regelaltersrente zu leisten, es sei denn, der Versicherte bestimmt einen späteren Beginn der Regelaltersrente (ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente über die Regelaltersgrenze hinaus besteht dann jedoch nicht). 5.2.1.4 Beginn der Regelaltersrente nach erreichter Regelaltersgrenze Die Versicherten haben die Möglichkeit, auch nach erreichter Regelaltersgrenze ihren bisher erworbenen Rentenanspruch zu erhöhen. Wer die ihm zustehende Regelaltersrente vorerst nicht in Anspruch nimmt, erhält - auch ohne weitere Beitragszahlung - als Ausgleich einen Zuschlag zu seiner späteren Altersrente. Dieser Zuschlag beträgt für jeden Kalendermonat der Nichtinanspruchnahme der Regelaltersrente 0,5 Prozent der Rente, das sind z. B. für ein Jahr 6 Prozent, für drei Jahre 18 Prozent. Fallbeispiel 15 für den „Rentenverzicht“: Erhöhter Zugangsfaktor (§ 77 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI) Versicherter ist Jahrgang 1942 und erreichte seine Regelaltersgrenze mit 65. Die Inanspruchnahme der Regelaltersrente erfolgte erst ab dem vollendeten 67. Lebensjahr an. • Bis Vollendung des 65. Lebensjahres 35 EGPT • weitere Entgeltpunkte bis 67. Lebensjahr 2 EGPT • 37 EGPT • Zugangsfaktor (für 37 Entgeltpunkte) • 1 + (24 x 0,005 =) 0,12 = 1,12 • Persönliche Entgeltpunkte • 37 x 1,12 = 41,44 • weitere Berechnungsfaktoren: - Rentenartfaktor - Renten wegen Alters - 1,0 (§ 67 SGB VI) - Aktueller Rentenwert (West) ab 01.07.2007 bis 30.06.2008 mtl. 26,27 € - Berechnung der monatlichen Rente: - 41,44 x 1,0 x 26,27 € = 1.088,63 € • Vergleich (bei Inanspruchnahme vom 65. Lebensjahr an): 145 5.2 Renten wegen Alters <?page no="146"?> - 35,00 x 1,0 x 26,27 = 919,45 € - Erhöhung: 169,18 € Durch die Nichtinanspruchnahme für 24 Monate und zwei weitere Ent‐ geltpunkte erreichte der Versicherte eine monatliche Rentenerhöhung von 169,18 € brutto. 5.2.1.5 Ausschluss von „Rentenwechsel“ Seit 01.08.2004 (Rentenversicherungsnachhaltigkeitsgesetz) ist es nach § 34 Abs. 4 SGB VI nicht mehr möglich, von einer Altersrente in eine andere Altersrente (z. B. Regelaltersrente) zu wechseln. Unabhängig davon ist es natürlich weiterhin möglich, gleichzeitig mehrere Arten von Altersrenten zu beantragen. Alle Altersrentenansprüche können nach § 89 SGB VI als eigenständige Rentenansprüche nebeneinander bestehen. Zur Auszahlung kommt jedoch nur die jeweils höchste Altersrente. Bei gleich hohen Renten ergibt sich die zu beachtende Rangfolge aus § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB VI. 5.2.1.6 Hinzuverdienst Bei der Regelaltersgrenze bestehen keinerlei Hinzuverdienstgrenzen. Dies gilt auch für alle anderen Altersrenten nach erreichter Regelaltersgrenze. 5.2.1.7 Fallbeispiel Frau Feierabend, geboren am 14.08.1955, hat am 19.04.2021 einen Antrag auf Regelaltersrente zum frühestmöglichen Rentenbeginn gestellt. Frau Feierabend hat folgende rentenrechtliche Zeiten zurückgelegt: • 14 Monate Pflichtbeiträge aus einer versicherten Beschäftigung • 5 Monate freiwillige Beiträge • 30 Monate Kindererziehungszeiten • 13 Monate Anrechnungszeiten • 156 Monate Berücksichtigungszeiten • 11 Monate aus durchgeführtem Versorgungsausgleich Hat Frau Feierabend einen Anspruch auf Regelaltersrente? Gegebenenfalls ab wann? 146 5 Versichertenrenten <?page no="147"?> Lösung: Gemäß § 235 SGB VI besteht Anspruch auf Regelaltersrente, wenn • die Regelaltersgrenze erreicht ist und • die allgemeine Wartezeit erfüllt ist. Jahrgänge bis einschließlich 1963 erreichen die Regelaltersgrenze stufenweise vor dem vollendeten 67. Lebensjahr. Nach § 26 SGB X in Verbindung mit §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB vollendet Frau Feierabend das • 65. Lebensjahr und • 9 Monate am 13.05.2021. Weiterhin ist zu prüfen, ob die allgemeine Wartezeit erfüllt ist. Bei Frau Feierabend sind auf die allgemeine Wartezeit folgende Zeiten anre‐ chenbar: • 14 Monate Pflichtbeitragszeiten • 5 Monate mit freiwilligen Beiträgen • 30 Monate Kindererziehungszeiten (Pflichtbeitragszeiten) • 11 Monate aus durchgeführtem Versorgungsausgleich • 60 Monate, die auf die allgemeine Wartezeit anzurechnen sind Somit hat Frau Feierabend die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (= 60 Monate) erfüllt Frühestmöglicher Rentenbeginn ist somit nach § 99 Abs. 1 SGB VI der 01.06.2021. 5.2.2 Die Altersrente für besonders langjährig Versicherte (§ 38 SGB VI) Versicherte mit einer besonders hohen Zahl an Berufsjahren sollen in Zukunft weiterhin mit 65 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können. Dies hat den Ge‐ setzgeber 2007 bewogen, im RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz ab 01.01.2012 durch den § 38 SGB VI eine neue Rentenart, die Altersrente für besonders lang‐ jährig Versicherte, einzuführen. Am Datum des Inkrafttretens zum 01.01.2012 erkennt man unschwer den Zusammenhang mit dem Heraufsetzen der Regel‐ altersgrenze von 65 auf 67 (ab Jahrgang 1947). Mit dem Rentenpaket 2014 hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen für diese Altersrente deutlich verbessert. Neben der vorübergehenden Absenkung des Lebensalters auf 63 sind die bei der Wartezeit von 45 Jahren anrechenbaren Zeiten für weitere Beitragszeiten und Entgeltersatzleistungen geöffnet worden. 147 5.2 Renten wegen Alters <?page no="148"?> Altersrente für besonders langjährig Versicherte - § 38 SGB VI - § 236b SGB VI 1 Vollendung des 63./ 65. Lebensjahres 2 Erfüllung der Wartezeit von 45 Jahren nach § 51 Abs. 3a SGB VI 3 Einhalten der Hinzuverdienstgrenzen nach § 34 SGB VI Abbildung 19: Altersrente für besonders langjährig Versicherte 5.2.2.1 Vollendung des 63./ 65. Lebensjahres Die Vollendung des maßgebenden. Lebensjahres richtet sich nach § 26 SGB X in Verbindung mit §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB. Die Nr. 4.2.1.1 zu §§ 35, 235 SGB VI (Regelaltersrente) gilt entsprechend. 5.2.2.2 Wartezeit (Rechtsstand ab 01.07.2014) Auf die Wartezeit von 45 Jahren werden nach dem ab dem 01.07.2014 geltenden Recht angerechnet: 1. Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit - einschließlich der Pflichtbeiträge für sonstige Versicherte (Kindererziehungszeiten, Pflege oder Wehr- und Zivildienst) - wie nach bisherigem Recht 2. Berücksichtigungszeiten wegen Pflege oder Kindererziehung bis zum 10. Lebens‐ jahr des Kindes. Zeiten in denen Berücksichtigungszeiten mit Kindererziehungs‐ zeiten zusammentreffen, werden nur einmal angerechnet - wie nach bisherigem Recht 3. Wartezeitmonate aus Zuschlägen an Entgeltpunkten für Arbeitsentgelt aus ge‐ ringfügiger nicht versicherungspflichtiger Beschäftigung - wie nach bisherigem Recht 4. Ersatzzeiten - wie nach bisherigem Recht 5. Neu anrechenbar ab 01.07.2014: Freiwillige Beiträge, wenn mindestens 18 Jahre Pflichtbeiträge für eine versi‐ cherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden sind. Ausnahme: Keine Berücksichtigung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn, wenn eine Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit vorliegt. 6. Pflichtbeitrags- oder Anrechnungszeit mit Leistungsbezug aus 148 5 Versichertenrenten <?page no="149"?> • der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosengeld 1) Ausnahme: keine Berücksichtigung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn (roll‐ ierender Stichtag) aber: Anrechnung gesichert, wenn die Arbeitslosigkeit durch Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe verursacht wurde • der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankengeld) und gesetzlichen Unfallversicherung (Verletztengeld) • sowie Übergangsgeld aus der Sozialversicherung Generell nicht anrechenbar auf die Wartezeit für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte sind Pflichtbeiträge/ Anrechnungszeiten für • Arbeitslosengeld 2 (Hartz IV) • Arbeitslosenhilfe • und sämtliche Anrechnungszeiten im Sinne der §§ 58, 252, 252a SGB VI ohne Entgeltersatzleistung sowie Beitragsmonate aus Versorgungsausgleich bzw. Rentensplitting. Versicherte, die vor dem 01.01.1953 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1952 geboren sind, wird die Altersgrenze von 63 Jahren wie folgt angehoben (§ 236b Abs. 2 SGB VI): Versicherte Geburtsjahr Anhebung um Monate auf Alter Jahr Monat 1953 2 63 2 1954 4 63 4 1955 6 63 6 1956 8 63 8 1957 10 63 10 1958 12 64 0 1959 14 64 2 1960 16 64 4 1961 18 64 6 1962 20 64 8 1963 22 64 10 149 5.2 Renten wegen Alters <?page no="150"?> Beispiel 1: • Versicherter geboren 02.05.1951 • Wartezeit: 541 Monate Pflichtbeiträge • Vollendung des 63. Lebensjahres: 01.05.2014 Lösung: Die Wartezeit von 45 Jahren für besonders langjährig Versicherte (540 Monate Pflichtbeiträge) ist erfüllt. Der Versicherte kann ab 01.07.2014 abschlagsfrei in Rente gehen. Beispiel 2: Versicherter geboren am 13.06.1952 • Wartezeit: • 500 Monate an Pflichtbeiträgen • 49 Monate an freiwilligen Beiträgen • Vollendung des 63. Lebensjahres: 12.06.2015 Lösung: Die Wartezeit von 45 Jahren ist erfüllt. Die freiwilligen Beiträge werden ebenfalls berücksichtigt, da mindestens 18 Jahre an Pflichtbeiträgen aus einer abhängigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorhanden sind. Der Versicherte kann ab 01.07.2015 abschlagsfrei in Rente gehen. Beispiel 3: Versicherter geboren am 21.09.1956 Wartezeit: • 510 Monate Pflichtbeiträge (bis 30.09.2019) • 10 Monate Krankengeldbezug (1978) • 12 Monate Arbeitslosengeldbezug (1984/ 1985) • = 532 Monate. Beratung über Rentenanspruch für besonders langjährig Versicherte am 15.01.2015. Lösung: Der künftige Leistungsfall wird eintreten = mit Vollendung des 63. Lebensjahres: 20.09.2019 + 8 Monate Aufstockung = 20.05.2020 150 5 Versichertenrenten <?page no="151"?> Die Wartezeitprognose erfasst derzeit insgesamt 532 Monate (einschließlich Leistungsbezug aus Lohnersatzleistungen). Zum 30.09.2019 wäre die Wartezeit noch nicht erfüllt. Falls jedoch bis zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen im Mai 2020 noch weitere mindestens acht Pflichtbeitragsmonate geleistet werden, kann der Versicherte ab 01.06.2020 abschlagsfrei in Rente gehen. Hinweis: Wartezeit mit ausländischen Pflichtbeitragszeiten Soweit es sich um Pflichtbeitragszeiten in der Europäischen Union (EU), im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und der Schweiz handelt, werden sowohl die Pflichtbeitragszeiten als auch die Zeiten des Bezuges von Ent‐ geltersatzleistungen der Arbeitsförderung, Leistungen bei Krankheit und Übergangsgeld bei der Ermittlung der Wartezeit für die Rente bei besonders langjährig Versicherten berücksichtigt. Glaubhaftmachung des Lohnersatzleistungsbezuges: Nach § 244 Abs. 3 SGB VI können entsprechende Leistungsbezüge glaubhaft gemacht werden, wenn ein Nachweis nicht möglich ist. Die Möglichkeit der Glaubhaftmachung kommt insoweit nur subsidiär in Betracht. Ein Leistungsbezug ist glaubhaft, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Anspruchsvoraussetzungen nach den jeweiligen Rechtsvorschriften der geltend gemachten Entgeltersatzleistung erfüllt gewesen sein können. Dies geschieht zum Beispiel bei glaubhaft gemachtem Arbeitslosengeldbezug unter Berücksichtigung der Prüfhilfen der Bundesanstalt für Arbeit/ Bundes‐ arbeitsagentur. Eine eidesstattliche Versicherung wird nur dann zulässig sein, wenn besondere Gründe für das Vorhandensein des Bestehens eines Leistungsanspruches vorgebracht werden. Ansonsten erfolgt die Glaubhaft‐ machung durch Überprüfung der objektiven Sachverhalte. Beispiel zur Glaubhaftmachung: Versicherter Ernst Maier, geb. am 25.09.1952. Auf die Wartezeit von 45 Jahren sind 524 Monate an Pflichtbeiträgen anre‐ chenbar. Herr Maier erbringt den Nachweis der Arbeitslosigkeit vom 01.07.1981 bis zum 31.12.1982. Nachdem vor der Arbeitslosmeldung eine Beschäftigungsdauer von 36 Mo‐ naten gelegen hat, beträgt die Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld zum da‐ maligen Zeitraum 12 Monate. Deshalb ist ein Leistungsbezug vom 01.07.1981 bis 30.06.1982 nachgewiesen. Für den Bezugszeitraum vom 01.07.1982 bis 31.12.1982 muss es sich um Arbeitslosenhilfe gehandelt haben, die nach 151 5.2 Renten wegen Alters <?page no="152"?> § 51 Abs. 3 a Nr. 3 Buchstabe a SGB VI von der Anrechnung ausgeschlossen ist. Herr Maier erreicht insgesamt nur 536 anrechenbare Monate an Pflichtbei‐ trägen und Lohnersatzleistungen zur Erfüllung der Wartezeit für besonders langjährig Versicherte. Die noch fehlenden vier Monate an Pflichtbeiträgen sind durch Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.01.2016 zu erbringen. In diesem Fall besteht ab 01.02.2016 Anspruch auf eine abschlagsfreie Alters‐ rente. 5.2.2.3 Hinzuverdienst / Flexirente (siehe auch 5.2.8.) 5.2.2.4 Antragstellung und Rentenbeginn Auf die Ausführungen in 5.2.1.3 erster Absatz wird verwiesen. Diese Rentenart kann nach der Neuregelung frühestens mit 63 Jahren be‐ ginnen. Sollten die 45 Jahre erst nach dem 63. Lebensjahr erfüllt werden, kann die Rente auch erst später beginnen. Fallbeispiel 16: Andrea F. ist geboren am 05.03.1955 und erfüllt die 45-jährige Wartezeit erst im Juni 2019. Nach § 236 b SGB VI wird ihre Altersgrenze auf 63 Jahre und 6 Monate = 04.09.2018 festgesetzt. Lösung: Der frühestmögliche Rentenbeginn ist hier der 01.07.2019, da die Wartezeit erst im Juni 2019 erfüllt wird. 5.2.2.5 Fallbeispiel Die Versicherte Susanne T., geboren am 20.08.1956, hat bis zur Vollendung ihres 63. Lebensjahres folgende rentenrechtliche Zeiten zurückgelegt: • Pflichtbeiträge aus versicherungspflichtiger Beschäftigung 483 Monate • Pflichtbeiträge wegen Krankengeldbezug 12 Monate • Pflichtbeiträge wegen Arbeitslosenhilfebezug 20 Monate 152 5 Versichertenrenten <?page no="153"?> • Pflichtbeiträge wegen Kindererziehung (1 Kind, geb. 04/ 1984) 30 Monate • anteilige Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung • (außerhalb der Kindererziehungszeit) 24 Monate Kann Sie mit 63 Jahren abschlagsfreie Altersrente erhalten? Lösung: Die Regelaltersrente kommt in diesem Fall erst ab 65 Jahren und zehn Monaten in Betracht nach § 235 SGB VI. Ein Anspruch auf die abschlagsfreie „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ (§ 236 b SGB VI) besteht mit Vollendung des 63. Lebensjahres und 8 Monaten, sofern die Wartezeit von 45 Jahren aus Pflichtbeitragszeiten, Berücksichtigungszeiten und die Zeiten mit Entgeltersatz‐ leistungen erfüllt ist. Die Versicherte hat aus diesen Zeiten insgesamt 549 Monate zurückgelegt; somit sind mindestens 45 Jahre (540 Monate) nachgewiesen. Für ihre Alters‐ rente für besonders langjährig Versicherte bleibt deshalb das 63. Lebensjahr und 8 Monate das maßgebende Lebensalter. Unter Beachtung der recht‐ zeitigen Antragstellung kann die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte am 01.05.2020 beginnen. Hinweis: In diesem Fall ist die Kindererziehungszeit für das im April 1984 geborene Kind nach § 249 Abs. 1 SGB VI von 12 auf 30 Kalendermonate angehoben worden. Dies wirkt sich auf die Zahl der auf die Wartezeit von 45 Jahren an‐ rechenbaren Zeiten jedoch nicht aus, da nunmehr die Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung um 12 Monate geringer ausfällt. 5.2.3 Altersrente für langjährig Versicherte (§§ 36, 236 SGB VI) Die Bezeichnung „Altersrente für langjährig Versicherte“ weist auf das Erfor‐ dernis einer langen Versicherungsdauer als Anspruchsvoraussetzung hin. Der Versicherte muss bis auf wenige Ausnahmen (vgl. 5.2.3.4.4) das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben. Versicherte haben Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte, wenn sie 1. das 63. Lebensjahr vollendet, 2. die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben und 3. die Hinzuverdienstgrenzen einhalten. 153 5.2 Renten wegen Alters <?page no="154"?> Altersrente für langjährig Versicherte - §§ 36, 236 SGB VI - 1 Vollendung des 63. Lebensjahres 2 Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren nach § 50 Abs. 4 SGB VI 3 Einhalten der Hinzuverdienstgrenzen nach § 34 SGB VI Abbildung 20: Altersrente für langjährig Versicherte 5.2.3.1 Vollendung des 63. Lebensjahres Die Vollendung des 63. Lebensjahres richtet sich nach § 26 SGB X in Verbindung mit §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB. Die Nr. 5.2.1.1 zu §§ 35, 235 SGB VI (Regelaltersrente) gilt entsprechend. 5.2.3.2 Wartezeit Die Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte (§ 50 Abs. 4 SGB VI). Diese Wartezeit umfasst alle Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten (§§ 51 Abs. 3, 54 SGB VI). Im Gegensatz beispielsweise zur allgemeinen Wartezeit werden hier nicht nur die Beitrags- und Ersatzzeiten, sondern auch die Berücksichtigungszeiten und Anrechnungszeiten mitgezählt. Darüber hinaus werden nach § 52 SGB VI auch Zeiten aus einem Versor‐ gungsausgleich, aus einem Rentensplitting unter Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern und aus Minijobs berücksichtigt. 5.2.3.3 Hinzuverdienst / Flexirente (siehe auch 5.2.8.) 5.2.3.4 Rentenbeginn und Rentenabschlag Abhängig vom Geburtsjahr sind die unterschiedlichsten Altersgrenzen und die damit verbundenen Rentenabschläge (§ 77 SGB VI) zu beachten. 5.2.3.4.1 Geboren vor dem 01.01.1949 Bei Versicherten, die vor dem 01.01.1949 geboren sind, liegt die Altersgrenze bei 65 Jahren (§ 236 Abs. 2 Satz 1 SGB VI) und es besteht die Möglichkeit, diese 154 5 Versichertenrenten <?page no="155"?> Altersrente frühestens ab dem 63. Lebensjahr, dann aber mit entsprechendem Abschlag (höchstens 7,2 Prozent), zu beziehen. 5.2.3.4.2 Geboren im Zeitraum 01.01.1949 bis 31.12.1963 Versicherte, welche zwischen 1949 und 1963 geboren sind, erfahren eine stufen‐ weise Anhebung der Altersgrenze von 65 auf 67 Jahren (§ 236 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Die ersten drei Anhebungsschritte erfolgen in Monatsschritten. Danach erhöht sich die Altersgrenze für im Januar 1949 Geborene auf 65 Jahre und einen Monat, im Februar 1949 Geborene auf 65 Jahre und zwei Monate und im März 1949 Geborene auf 65 Jahre und drei Monate. Damit liegt für die im März bis Dezember 1949 Geborenen die Altersgrenze bei der Altersrente für langjährig Versicherte und die Regelaltersgrenze einheitlich bei 65 Jahren und drei Monaten. Die weiteren Anhebungsschritte der Altersgrenze für die Altersrente für langjährig Versicherte erfolgen - parallel zur Anhebung der Regelaltersgrenze (vgl. 5.2.1.1) - zunächst in Stufen von einem Monat pro Jahrgang (Altersgrenze auf 66 Jahre) und dann zwei Monate pro Jahrgang (Altersgrenze von 66 auf 67 Jahre). Der anfangs beschleunigten Anhebung in Monatsschritten für die von Januar 1949 bis März 1949 Geborenen liegen folgende Überlegungen zugrunde: Die Anhebung der Altersgrenzen soll aus Gründen des Vertrauensschutzes erst ab dem Jahr 2012 wirken. Da die Geburtsjahrgänge 1947 bis 1948 bereits vor dem Jahr 2012 die Altersgrenze für den vorzeitigen Bezug der Altersrente für langjährig Versicherte erreichen, sollen auch sie nicht von der Anhebung der Altersgrenze von 65 Jahren bei dieser Altersrente betroffen sein. Die für zwei Jahrgänge unterlassene parallele Anhebung soll nachgeholt werden. Würde diese Altersgrenze für ab 1949 Geborene in gleichen Stufen wie die Regelalters‐ grenze angehoben werden, würde für alle Übergangsjahrgänge die Altersgrenze für einen abschlagsfreien Bezug der Altersrente für langjährig Versicherte - und damit auch das Referenzalter für die Berechnung der Abschläge bei vorzeitigem Bezug - von der Regelaltersgrenze abweichen. Durch die anfangs beschleunigte Anhebung wird sichergestellt, dass diese Abweichung bereits für im März 1949 Geborene und Jüngere nicht mehr auftritt. Weiterhin besteht die Möglichkeit, diese Altersrente ab 63 vorzeitig in Anspruch zu nehmen, dann aber mit entsprechendem erhöhten Abschlag (höchstens 14,4 Prozent). 155 5.2 Renten wegen Alters <?page no="156"?> Anhebung der Altersgrenze auf 67 Versicherte Geburtsmonat/ Geburtsjahr Verlängerung der Lebensarbeitszeit um … Monate Künftiger nor‐ maler Rentenbeginn Abschlag bei Rentenbeginn mit 63 in Prozent Jahr Monat Januar 1949 1 65 1 7,5 Februar 1949 2 65 2 7,8 März bis Dezember 1949 3 65 3 8,1 1950 4 65 4 8,4 1951 5 65 5 8,7 1952 6 65 6 9,0 1953 7 65 7 9,3 1954 8 65 8 9,6 1955 9 65 9 9,9 1956 10 65 10 10,2 1957 11 65 11 10,5 1958 12 66 0 10,8 1959 14 66 2 11,4 1960 16 66 4 12,0 1961 18 66 6 12,6 1962 20 66 8 13,2 1963 22 66 10 13,8 ab 1964 24 67 0 14,4 5.2.3.4.3 Geboren ab 01.01.1964 Nach § 36 SGB VI liegt die Altersgrenze für diesen Personenkreis bei 67. Es besteht weiterhin die Möglichkeit, diese Altersrente ab 63 vorzeitig in Anspruch zu nehmen; allerdings mit einem Abschlag bis zu 14,4 Prozent (wird in Zukunft der höchstmögliche Abschlag sein). 156 5 Versichertenrenten <?page no="157"?> 5.2.3.4.4 Ausnahmefall Für Versicherte, die 1. vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 01.01.2007 Altersteilzeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 3 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben oder 2. Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben, wird die Altersgrenze von 65 Jahren nicht angehoben (§ 236 Abs. 2 Satz 3 SGB VI). Für bestimmte Geburtsjahrgänge (1948 bis 1954) dieser Fallgruppe besteht aufgrund Vertrauensschutzregelung sogar die Möglichkeit, diese Rentenart vor dem vollendeten 63. Lebensjahr zu beziehen (§ 236 Abs. 3 SGB VI). Der daraus resultierende Abschlag kann bis zu 10,8 Prozent betragen. Senken der Altersgrenze auf 62 Versicherte Geburtsmonat / Geburtsjahr Vorzeitige Inanspruchnahme frühestens ab Abschlag bei frühestmöglichem Rentenbeginn in Prozent Jahre Monate Januar bis Februar 1948 62 11 7,5 März bis April 1948 62 10 7,8 Mai bis Juni 1948 62 9 8,1 Juli bis August 1948 62 8 8,4 September bis Oktober 1948 62 7 8,7 November bis Dezember 1948 62 6 9,0 Januar bis Februar 1949 62 5 9,3 März bis April 1949 62 4 9,6 Mai bis Juni 1949 62 3 9,9 Juli bis August 1949 62 2 10,2 September bis Oktober 1949 62 1 10,5 November bis Dezember 1949 62 0 10,8 Januar 1950 bis Dezember 1954 62 0 10,8 157 5.2 Renten wegen Alters <?page no="158"?> Fallbeispiel: Die Versicherte Karla B., geboren am 05.09.1957, hat die 35jährige Wartezeit erfüllt. Sie möchte mit Vollendung des 63. Lebensjahres Altersrente für langjährig Versicherte in Anspruch nehmen. Ist dies möglich und welcher Abschlag von ihrer Rente kommt in Abzug? Lösung: Die Altersgrenze für den Bezug einer abschlagsfreien „Altersrente für langjährig Versicherte“ wird auf das 67. Lebensjahr angehoben (§ 36 SGB VI). Eine vorzeitige Inanspruchnahme ab dem 63. Lebensjahr mit einem Abschlag von 0,3 Prozent pro vorzeitigem Monat des Rentenbeginns ist möglich. Für Personen, die von Januar bis Dezember 1957 geboren sind, wird die Altersgrenze nur um elf Monate angehoben. Bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme ab dem 63. Lebensjahr (ab 01.10.2020) beträgt der Abschlag somit 10,5 Prozent (35 x 0,3 Prozent). 5.2.4 Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§§ 37, 236 a SGB VI) In §§ 37 und 236a SGB VI sind die Voraussetzungen für die Gewährung der Altersrente für schwerbehinderte Menschen enthalten. Schwerbehinderte Men‐ schen haben es auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden. Des Weiteren verhindert die gesundheitliche Situation oft eine Beschäftigung bis zur Regelaltersgrenze. Deshalb kann diese Altersren‐ tenart früher abschlagsfrei bezogen werden. Versicherte haben Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie 1. das 60. bzw. 62. Lebensjahr vollendet (vgl. 5.2.4.5), 2. bei Rentenbeginn schwerbehindert (bzw. berufs- und erwerbsunfähig), 3. die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben und 4. die Hinzuverdienstgrenzen einhalten. 158 5 Versichertenrenten <?page no="159"?> Altersrente für schwerbehinderte Menschen - §§ 37, 236a SGB VI - 1 Vollendung des 60. bzw. 62. Lebensjahres 2 Schwerbehinderung bei Rentenbeginn 3 Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren nach § 50 Abs. 4 SGB VI 4 Einhalten der Hinzuverdienstgrenzen nach § 34 SGB VI Abbildung 21: Altersrente für schwerbehinderte Menschen 5.2.4.1 Vollendung des 60. bzw. 62. Lebensjahres Die Vollendung des 60. bzw. 62. Lebensjahres richtet sich nach § 26 SGB X in Verbindung mit §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB. Die Nr. 5.2.1.1 zu §§ 35, 235 SGB VI (Regelaltersrente) gilt entsprechend. Hinsichtlich der einzelnen Fallgruppen wird auf 5.2.4.5 verwiesen. 5.2.4.2 Schwerbehinderung bei Rentenbeginn Erforderlich ist eine anerkannte Schwerbehinderung im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX. Schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX sind Menschen, die körper‐ lich, geistig oder seelisch behindert sind, deren Grad der Behinderung wenigs‐ tens 50 beträgt, sofern sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX rechtmäßig in Deutschland haben. Die in § 2 Abs. 3 SGB IX genannten Personen, die den schwerbehinderten Menschen nach § 2 Abs. 2 SGB IX gleichgestellt sind, erfüllen die im Rentenrecht geforderte Voraussetzung nicht. Die Schwerbehinderung wird durch den Schwerbehindertenausweis nachge‐ wiesen, welcher vom Versorgungsamt auf Antrag gegebenenfalls ausgestellt wird. Alternativ wäre auch eine aktuelle Bescheinigung einer zuständigen Stelle (z. B. Berufsgenossenschaft), aus welcher sich ein Grad der Behinderung von mindestens 50 ergibt. Die Anspruchsvoraussetzung der anerkannten Schwerbehinderung muss bei Beginn der Altersrente vorliegen; auf den Zeitpunkt der Vollendung des 60. oder eines späteren Lebensjahres kommt es insoweit nicht an. Wird diese Rente nach 159 5.2 Renten wegen Alters <?page no="160"?> einer Unterbrechung neu beantragt, müssen die Anspruchsvoraussetzungen auch bei Beginn der neuen Rente vorliegen. Das Abstellen auf den Rentenbeginn hat auch zur Folge, dass bei verspäteter Antragstellung die Rente nicht nur später beginnt, sondern der Anspruch verloren gehen kann, wenn die beim frü‐ hestmöglichen Rentenbeginn vorhandenen Voraussetzungen bis dahin entfallen sind. 5.2.4.3 Wartezeit Auf die Ausführungen in 5.2.3.2 wird verwiesen. 5.2.4.4 Hinzuverdienst / Flexi-Rente (siehe auch 5.2.8.) 5.2.4.5 Rentenbeginn und Rentenabschlag Abhängig vom Geburtsjahr sind die unterschiedlichsten Altersgrenzen, der jeweils frühestmögliche Rentenbeginn und die daraus resultierenden Renten‐ abschläge (§ 77 SGB VI) zu beachten. 5.2.4.5.1 Geboren vor dem 01.01.1951 Bei diesen Personen kann anstelle der geforderten Schwerbehinderung bei Rentenbeginn auch eine festgestellte Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht bei Rentenbeginn in Frage kommen (§ 236a Abs. 3 SGB VI). Die Altersgrenze liegt bei 63 Jahren, aber es besteht die Möglichkeit diese Rentenart bereits ab 60 vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Der daraus resultierende Rentenabschlag beträgt bis zu 10,8 Prozent (§ 236a Abs. 2 Satz 1 SGB VI). 5.2.4.5.2 Geboren im Zeitraum 01.01.1951 bis 31.12.1951 Eine Berufsbzw. Erwerbsunfähigkeit führt nicht mehr zum Rentenanspruch. Die Altersgrenze liegt weiterhin bei 63 und es besteht auch hier die Möglichkeit bereits ab 60 (mit Abschlag bis zu 10,8 Prozent) diese Rentenart vorzeitig zu beziehen (§ 236a Abs. 2 Satz 1 SGB VI). 5.2.4.5.3 Geboren im Zeitraum 01.01.1952 bis 31.12.1963 Versicherte, welche zwischen 1952 und 1963 geboren sind, erfahren eine stufen‐ weise Anhebung der Altersgrenze von 63 auf 65 Jahren (§ 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Die Altersgrenze von 63 Jahren wird stufenweise für Versicherte angehoben, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind. Die ersten sechs Anhebungs‐ schritte erfolgen in Monatsschritten. Demnach erhöht sich die Altersgrenze 160 5 Versichertenrenten <?page no="161"?> für im Januar 1952 Geborene auf 63 Jahre und einen Monat, im Februar 1952 Geborene auf 63 Jahre und zwei Monate usw. Schließlich erhöht sich die Alters‐ grenze für im Juni bis Dezember 1952 Geborene auf 63 Jahre und sechs Monate. Für die im Juni bis Dezember 1952 Geborenen ist also die Altersgrenze für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen um sechs Monate angehoben. Dies entspricht der Anhebung der Regelaltersgrenze um sechs Monate auf 65 Jahre und sechs Monate für 1952 Geborene. Die weiteren Anhebungsschritte der Altersgrenze für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen erfolgen - parallel zur Anhebung der Regelaltersgrenze - zunächst in Stufen von einem Monat pro Jahrgang (Altersgrenze auf 64 Jahre) und dann zwei Monate pro Jahrgang (von Altersgrenze 64 auf 65 Jahre). Die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme von 60 Jahren wird für nach dem 31. Dezember 1951 Geborene auf 62 Jahre in gleichen Stufen angehoben wie die Altersgrenze von 63 auf 65 Jahre. Der maximale Abschlag von 10,8 Prozent bleibt somit unverändert. Anhebung der Altersgrenze auf 65 Versicherte Geburtsmonat/ Geburtsjahr Verlängerung der Lebensarbeits‐ zeit um … Monate Künftiger normaler Rentenbe‐ ginn Frühester vorzei‐ tiger Rentenbeginn mit Abschlag von 10,8 Prozent Jahr Monat Jahr Monat Januar 1952 1 63 1 60 1 Februar 1952 2 63 2 60 2 März 1952 3 63 3 60 3 April 1952 4 63 4 60 4 Mai 1952 5 63 5 60 5 Juni bis Dezember 1952 6 63 6 60 6 1953 7 63 7 60 7 1954 8 63 8 60 8 1955 9 63 9 60 9 1956 10 63 10 60 10 1957 11 63 11 60 11 1958 12 64 0 61 0 161 5.2 Renten wegen Alters <?page no="162"?> 1959 14 64 2 61 2 1960 16 64 4 61 4 1961 18 64 6 61 6 1962 20 64 8 61 8 1963 22 64 10 61 10 ab 1964 24 65 0 62 0 5.2.4.5.4 Geboren ab 01.01.1964 Nach § 37 SGB VI liegt die Altersgrenze bei 65. Es besteht aber weiterhin die Möglichkeit, diese Altersrente ab 62 vorzeitig in Anspruch zu nehmen; allerdings mit einem Abschlag bis zu 10,8 Prozent. 5.2.4.5.5 Ausnahmefälle 1. Personen, welche vor dem 17.11.1950 geboren und bereits am 16.11.2000 schwerbehindert, berufs- oder erwerbsunfähig nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht waren, können die Altersrente für schwerbehinderte Menschen bereits ab 60 abschlagsfrei beziehen. In der Praxis ist dies mittlerweile der einzige Personenkreis, der ab 60 abschlagsfrei in die wohlverdiente Altersrente wechseln kann (§ 236a Abs. 4 SGB VI). 2. Für Versicherte, die am 01.01.2007 als schwerbehinderte Menschen aner‐ kannt waren und entweder a. vor dem 01.01.1955 geboren und vor dem 01.01.2007 Altersteilzeitar‐ beit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben oder b. Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben werden die Altersgrenzen nicht angehoben. Es verbleibt bei diesem Personenkreis für den Anspruch auf die Alters‐ rente für schwerbehinderte Menschen bei der Vollendung des 63. Lebens‐ jahres und bei der vorzeitigen Inanspruchnahme mit Vollendung des 60. Lebensjahres. Der Rentenabschlag kann auch hier bis zu 10,8 Prozent betragen. 162 5 Versichertenrenten <?page no="163"?> Fallbeispiel: Der Versicherte, geboren am 10.02.1960, hat 40 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt. Er verfügt seit 2010 über einen Schwerbehindertenaus‐ weis mit einem Grad der Behinderung von 60 vom Hundert. Wann kann er die „Altersrente für schwerbehinderte Menschen“ frühestens erhalten? Wann wäre diese Rente abschlagsfrei zu leisten? Lösung zu A und B: Die Altersgrenze für den Bezug einer abschlagsfreien Altersrente für schwerbehinderte Menschen wird auf das 65. Lebensjahr angehoben. Die Inanspruchnahme ist ab dem 62. Lebensjahr - mit 0,3 Prozent Abschlag pro vorzeitigem Monat des Rentenbeginns - möglich. Für den Jahrgang 1960 beträgt die Anhebung sechzehn Monate. Er könnte ab 01.07.2024 (64 Jahre und 4 Monate = Lösung zu B) abschlagsfrei seine „Altersrente für schwerbehinderte Menschen“ beziehen - unter der Voraussetzung, dass die Schwerbehinderung dann noch besteht und er die dann geltenden Hinzuverdienstgrenzen einhält. Frühestmögliche Inanspruchnahme wäre möglich am 01.07.2021(Lösung zu A) mit einem Abschlag von 10,8 Prozent (36 x 0,3 Prozent). 5.2.5 Die Altersrente wegen Arbeitslosigkeitoder nach Altersteilzeitarbeit (§ 237 SGB VI) Diese Rentenart ist seit Jahren nur noch möglich, wenn der Versicherte vor dem 01.01.1952 geboren ist. Somit hat der berechtigte Personenkreis mittlerweile die Regelaltersgrenze überschritten und deshalb werden auf weitere Ausführungen dieser Rentenart verzichtet. 5.2.6 Die Altersrente für Frauen (§ 237a SGB VI) Diese Rentenart ist seit Jahren nur noch möglich, wenn die Versicherte vor dem 01.01.1952 geboren ist. Somit hat der berechtigte Personenkreis mittlerweile die Regelaltersgrenze überschritten und deshalb werden auf weitere Ausführungen dieser Rentenart verzichtet. 163 5.2 Renten wegen Alters <?page no="164"?> 5.2.7 Die Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute (§§ 40, 238 SGB VI) - nicht behandelt, da knappschaftliche Besonderheit 5.2.8 Hinzuverdienst / Flexi-Rente Anspruch auf eine Rente wegen Alters besteht vor dem vollendeten 65. Le‐ bensjahr bzw. vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze nur dann, wenn die betreffende Hinzuverdienstgrenze eingehalten wird (vgl. § 34 SGB VI). Beim unzulässigen Überschreiten der höchsten Hinzuverdienstgrenze entfällt im Gegensatz zur Erwerbsminderungsrente (vgl. § 96a SGB VI) nicht nur der Zahlungssondern darüber hinaus der Rentenanspruch. Sobald der Hinzuver‐ dienst sich dann wieder vermindert, ist deshalb ein neuer Rentenantrag zu stellen. Die Einhaltung der Hinzuverdienstgrenzen nach § 34 SGB VI ist demnach zu prüfen für a. die Entstehung des Anspruchs (negative Anspruchsvoraussetzung) und b. die Fortdauer des Anspruchs. Die Grenzen des § 34 SGB VI sind für den Bezug der Altersrenten bis zum 65. Lebensjahr bzw. Erreichen der Regelaltersgrenze zu prüfen. Sie gelten einheitlich für alle Altersrenten nach dem SGB VI. Hinweis: Auf Ausführungen zu den Corona-bedingt in den Jahren 2020 bis 2022 erlas‐ senen Sonderregelungen beim Hinzuverdienst während eines Altersrenten‐ bezuges (vor erreichter Regelaltersgrenze) wurde aufgrund der Kurzlebigkeit (kurze Geltungsdauer) dieser Vorschriften verzichtet. 5.2.8.1 Hinzuverdienst bei Vollrente Für Bezieher einer Vollrente wegen Alters, die die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht haben, regeln ab 01.07.2017 die Vorschriften des Flexi-Rentengesetzes eine stufenlose Anrechnung von Hinzuverdienst auf die Rente. Die Möglichkeit, vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine Teilzeitarbeit durch eine Teilrente zu ergänzen, wird verbessert. Teilrente und Hinzuverdienst werden flexibel und 164 5 Versichertenrenten <?page no="165"?> individuell miteinander kombinierbar. Hinzuverdienst wird im Rahmen einer Jahresbetrachtung stufenlos bei der Rente berücksichtigt. Wer eine vorgezogene Vollrente wegen Alters bezieht und weiterarbeitet, er‐ höht dadurch künftig regelmäßig den Rentenanspruch. Auch Vollrentnerinnen und Vollrentner sind fortan in der gesetzlichen Rentenversicherung versiche‐ rungspflichtig, bis sie die Regelaltersgrenze erreichen. Um einen Anreiz für eine Beschäftigung auch nach Erreichen der Regelal‐ tersgrenze zu setzen, wird die Möglichkeit geschaffen, auf die dann bestehende Versicherungsfreiheit zu verzichten. Die Beschäftigten können so weitere Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben und ihren Rentenanspruch noch erhöhen. Als Hinzuverdienst berücksichtigt werden wie bisher Arbeitsentgelt, Arbeits‐ einkommen und vergleichbares Einkommen. Entscheidend ist - wie schon nach der bisherigen Rechtsauslegung - ausschließlich, dass Einkünfte im Sinne von § 14 oder § 15 SGB IV beziehungsweise vergleichbares Einkommen nach Rentenbeginn vorliegt. 5.2.8.2 Hinzuverdienst bei Teilrente Ein Anspruch auf eine Teilrente besteht, wenn der Hinzuverdienst die Hinzu‐ verdienstgrenze von 6.300 € im Kalenderjahr überschreitet. Die Höhe der Teilrente bestimmt sich dabei wie folgt: Im ersten Schritt wird geprüft, ob der jährliche Hinzuverdienst die jährliche Hinzuverdienstgrenze von 6.300 € übersteigt. Ist dies der Fall, wird ein Zwölftel des übersteigenden Betrages zu 40 Prozent auf die Vollrente angerechnet. Neue Hinzuverdienstregeln - § 34 Abs. 2 SGB VI Feststellung des monatlichen Rentenbetrags Jährlicher Hinzuverdi enst Hinzuverdi enstgrenze (z. B. 6.300,00 EUR) Maßgebendes Einkommen = 40 % des maßgebenden Einkommens Vollrente - Teilrente = - Abbildung 22: Neue Hinzuverdienstregeln - § 34 Abs. 2 SGB VI 165 5.2 Renten wegen Alters <?page no="166"?> Übersteigt in einem weiteren Prüfschritt die Summe aus dem sich nach der 40-Prozent-Anrechnung nach Satz 2 ergebenden Rentenbetrag und einem Zwölftel des jährlichen Hinzuverdienstes den Hinzuverdienstdeckel (Absatz 3a), wird der übersteigende Betrag in voller Höhe auf den nach Satz 2 verblei‐ benden Rentenbetrag angerechnet. Damit wird erreicht, dass die Versicherten grundsätzlich nur ein Einkommen aus (Teil-)Rente und Hinzuverdienst bis zur Höhe des früheren Einkommens erzielen können. Erst wenn der anzurechnende Hinzuverdienst die Höhe der Vollrente erreicht, besteht kein Anspruch mehr auf die Rente. Neue Hinzuverdienstregeln - § 34 Abs. 3a SGB VI Feststellung des monatlichen Rentenbetrags 1/ 12 des kalenderj ährlic hen Hinzuverdi enstes Teilrente Summe = Überschreitender Betrag zu 100% Teilrente - Auszuzahlende Rent e? = + Vergl eichen mit Hinzuverdi enstdeckel Abbildung 23: Neue Hinzuverdienstregeln § 34 Absatz 3a SGB VI enthält die Berechnung des Hinzuverdienstdeckels, der durch das Abstellen auf die monatliche Bezugsgröße (§ 18 SGB IV) dynamisch ist. Maßgebend ist das Kalenderjahr mit den höchsten Entgeltpunkten aus den letzten 15 Kalenderjahren vor dem Beginn der ersten Rente wegen Alters („Best of 15“). Mit diesem verlängerten Zeitraum wird der Erwerbsbiografie derjenigen Versicherten Rechnung getragen, die in den letzten Jahren vor Rentenbeginn beispielsweise arbeitslos waren oder ihre Erwerbstätigkeit reduziert und damit ein geringeres Einkommen versichert hatten als in der davorliegenden Zeit. Zugunsten der Versicherten beträgt die Höhe des Hinzuverdienstdeckels min‐ destens die Summe aus einem Zwölftel von 6.300 € und dem Betrag der monatlichen Vollrente. 166 5 Versichertenrenten <?page no="167"?> Hiermit wird vermieden, dass es bei einem Überschreiten der Hinzuverdienst‐ grenze zu einem geringeren Gesamteinkommen kommt als bei der Einhaltung der Hinzuverdienstgrenze. Dies ist in den Fällen von Bedeutung, in denen in den letzten 15 Kalender‐ jahren vor Beginn der ersten Rente wegen Alters nur wenige oder keine Entgelt‐ punkte erzielt wurden. Satz 3 legt fest, dass die Höhe des Hinzuverdienstdeckels ausschließlich zum 1. Juli eines Jahres mit den dann aktuellen Rechengrößen neu berechnet wird. Neue Hinzuverdienstregeln - § 34 Abs. 3a SGB VI monatliche Bezugsgröße Berechnung Hi nzuverdienstdeckel Altersrente = X Best of 15 (Höchs te Entgeltpunkte der letzten 15 Kalenderjahre vor Rentenbeginn) Mindesthi nzuverdienstdeckel: 1/ 12 x 6.300,00 EUR (= 525,00 EUR) + Monatliche Vollrente Hinzuverdi enstdeckel Neufeststellung jeweils zum 01.07. Abbildung 24: Ermittlung des Hinzuverdienstdeckels Nach § 34 Absatz 3c SGB VI ist der voraussichtliche kalenderjährliche Hinzu‐ verdienst zu berücksichtigen. Dieser ist vom Träger der Rentenversicherung im Wege einer vorausschauenden Betrachtung festzustellen (Prognose). Grund‐ lagen für die Prognose können neben den Angaben der Versicherten je nach Gestaltung des Einzelfalls zum Beispiel Arbeitsverträge, Arbeitgeberbescheini‐ gungen oder - im Falle von Arbeitseinkommen (steuerrechtlicher Gewinn) - Bescheinigungen des Steuerberaters oder der letzte Einkommensteuerbescheid des zeitnahesten Kalenderjahres sein. Die Prognose ist bei Rentenbeginn, bei Änderung des berücksichtigten Hin‐ zuverdienstes nach Absatz 3e - auch aufgrund von Hinzutritt oder Wegfall von 167 5.2 Renten wegen Alters <?page no="168"?> Hinzuverdienst - und bei erstmaliger Anwendung von § 34 neuer Fassung auf Renten mit laufendem Hinzuverdienst zu treffen. Sie gilt grundsätzlich bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres (kalenderjahresübergreifende Prognose). Da zu Beginn des neuen Kalenderjahres die Hinzuverdienstgrenze von 6.300 € wiederum in voller Höhe „zur Verfügung steht“, kann sich je nach Fallgestaltung ab 1. Januar ein veränderter Rentenanspruch ergeben als im Dezember davor. Jeweils zum 1. Juli der folgenden Kalenderjahre soll der voraussichtliche kalenderjährliche Hinzuverdienst neu bestimmt werden, wenn sich eine Ände‐ rung, die den Rentenanspruch betrifft, ergibt. Ist davon auszugehen, dass sich der Hinzuverdienst nicht oder ohne Auswirkungen auf den Rentenanspruch verändert hat, muss keine neue Prognose erfolgen. Die zum 1. Juli erstellte Prognose gilt wiederum bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres. Damit sollen - vorbehaltlich der Neuberechnung nach Absatz 3e - unterjährige Neuberechnungen aufgrund von Hinzuverdienständerungen und der damit ver‐ bundene Verwaltungsaufwand vermieden werden. Diesem Ziel dient auch die Regelung in Satz 3, nach der eine neue Prognose zum 1. Juli nicht durchzuführen ist, wenn in dem Kalenderjahr bereits eine Prognose erfolgt ist, zum Beispiel zu Rentenbeginn oder bei Hinzuverdienständerungen nach Absatz 3e. Zum Zeitpunkt der Prognose ist zu prüfen, ob die Hinzuverdienstgrenze des jeweiligen Kalenderjahres insgesamt eingehalten wird, das heißt, auch ein bis dahin im Kalenderjahr bereits berücksichtigter Hinzuverdienst ist zu beachten. Ist zum Beispiel bis zum 30. Juni ein monatlicher Hinzuverdienst von 800 € be‐ rücksichtigt worden und wird ab 1. Juli ein Hinzuverdienst von 400 € monatlich prognostiziert, so kann ab diesem Zeitpunkt weiterhin nur eine - allerdings höhere - Teilrente gezahlt werden, da mit dem Gesamthinzuverdienst von 7.200 € die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze von 6.300 € überschritten wird. Liegen zum Zeitpunkt der Prognose Erkenntnisse darüber vor, dass in den vergangenen Kalendermonaten des laufenden Kalenderjahres tatsächlich ein anderer Hinzuverdienst erzielt wurde als bisher berücksichtigt, so sind diese Erkenntnisse bei der Feststellung der Rente aufgrund einer neuen Prognose zu berücksichtigen. Eine rückwirkende Korrektur der bisher im laufenden Kalen‐ derjahr gezahlten Rente erfolgt anlässlich beziehungsweise zum Zeitpunkt einer Prognose nicht. Eine rückwirkende Überprüfung des Hinzuverdienstes und eine gegebenenfalls daraus folgende Korrektur bisher gezahlter Rentenbeträge findet nach Absatz 3d außer im Jahr des Erreichens der Regelaltersgrenze ausschließlich zum 1. Juli für das davor liegende Kalenderjahr statt. Das gilt auch, wenn nach Absatz 3e ein Hinzutritt oder Wegfall von Hinzuverdienst berücksichtigt wird. 168 5 Versichertenrenten <?page no="169"?> § 34 Absatz 3d SGB VI regelt die rückwirkende Überprüfung des berücksich‐ tigten Hinzuverdienstes und die daraus folgende eventuelle rückwirkende Neu‐ berechnung der Rente für das abgelaufene Kalenderjahr (Spitzabrechnung). Diese soll, beginnend mit dem Kalenderjahr, das dem Jahr der erstmaligen Hinzuverdienstberücksichtigung folgt, jeweils zum 1. Juli stattfinden. Der tat‐ sächliche Hinzuverdienst des vorigen Kalenderjahres ist zu ermitteln und nach den Absätzen 2, 3 und 3a ist festzustellen, ob sich danach rückwirkend eine den Rentenanspruch betreffende Veränderung ergibt. Ist das nicht der Fall, bleibt es bei der bisherigen Rentenberechnung. Ergibt sich ein veränderter Rentenanspruch, sind bisherige abweichende Bescheide aufzuheben. § 34 Absatz 3e SGB VI räumt den Versicherten die Möglichkeit ein, Hinzuverdienständerungen auf Antrag berücksichtigen zu lassen und eine neue abweichende Prognose des Hinzuverdienstes zu veranlassen. Ist der neue voraussichtliche kalenderjährliche Hinzuverdienst um mindestens zehn Pro‐ zent niedriger als der nach Absatz 3c prognostizierte und ergibt sich eine Änderung, die den Rentenanspruch betrifft, soll der Rentenanspruch an den niedrigeren Hinzuverdienst angepasst werden können. Hiermit sollen übermä‐ ßige Belastungen der Versicherten vermieden werden. Dies gilt auch, wenn der Hinzuverdienst ganz wegfällt. Der höhere Rentenanspruch wird dann nach § 100 Absatz 1 mit dem Beginn des folgenden Monats gezahlt. Auch ein um mindestens zehn Prozent erhöhter oder (erstmals oder erneut) hinzutretender Hinzuverdienst soll auf Antrag berücksichtigt werden können. Damit sollen aus der Überprüfung nach Absatz 3d resultierende Rückforderungen an die Versicherten gering gehalten werden. In diesen Fällen ist die niedrigere Rente jedoch nur für die Zukunft zu leisten. Unterjährige Rückforderungen sollen nicht erfolgen. Auch bei der Feststellung der Rente aufgrund der neuen Prognose nach Absatz 3e ist immer der Hinzuverdienst des gesamten jeweiligen Kalen‐ derjahres zu berücksichtigen. Nach § 34 Absatz 3f sind die bisherigen Bescheide aufzuheben, wenn sich bei der Berücksichtigung von Hinzuverdienst nach den Absätzen 3c bis 3e eine Änderung, die den Rentenanspruch betrifft, ergibt. Dies ist der Fall, wenn sich statt der bisherigen Teilrente eine andere Teilrente oder eine Vollrente, statt der bisherigen Vollrente eine Teilrente oder statt des bisherigen Rentenan‐ spruchs kein Rentenanspruch ergibt. Die Bescheide sind von dem Zeitpunkt an aufzuheben, ab dem sich der veränderte Rentenanspruch nach den Absätzen 3c bis 3e ergibt. Der Rentenanspruch ist dann in zutreffender Höhe rückwirkend festzustellen. Soweit die Bescheide aufgehoben wurden, sind zu viel erbrachte Rentenleis‐ tungen (Überzahlungen) von den Versicherten an den Träger der Rentenversi‐ 169 5.2 Renten wegen Alters <?page no="170"?> cherung zu erstatten. Dabei ist unter Wirtschaftlichkeitsaspekten zu beachten, dass die Rückforderung von Bagatellbeträgen unterbleibt. Zu wenig an die Versicherten erbrachte Rentenleistungen sind an die Versicherten auszuzahlen. Die §§ 24, 44, 45 und 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch gelten nicht. Es soll der Zustand hergestellt werden, der bestanden hätte, wenn das tatsächlich zu berücksichtigende Einkommen bereits bei der Erteilung des Bescheides bekannt gewesen wäre. § 34 Absatz 3 g SGB VI: Überzahlungsbeträge von bis zu 200 € werden unmittelbar von der laufenden Rente abgezogen, wenn die Rentnerinnen und Rentner damit einverstanden sind. Sie sollen durch diese Regelung davon ent‐ lastet werden, kleinere Beträge an den Rentenversicherungsträger überweisen zu müssen. Durch Satz 2 wird gewährleistet, dass die Rentnerinnen und Rentner über das Recht, das einmal erklärte Einverständnis zu diesem Verfahren jederzeit zu widerrufen, zeitlich aktuell aufgeklärt werden. Nach dem unveränderten § 42 Absatz 1 SGB VI können Versicherte eine Rente wegen Alters in voller Höhe (Vollrente) oder als Teilrente in Anspruch nehmen. Absatz 2 bestimmt bisher, dass die Teilrente (nur) ein Drittel, die Hälfte oder zwei Drittel der erreichten Vollrente beträgt. Diese Einschränkung entfällt zukünftig. Absatz 2 legt nunmehr fest, dass die Teilrente in ihrer Höhe grundsätzlich frei gewählt werden kann. Damit wird den individuellen Bedürfnissen der Versicherten nach einer selbstbestimmten Kombination von Erwerbstätigkeit und Rentenbezug stärker als bisher Rechnung getragen. Eine unabhängig vom Hinzuverdienst gewählte Teilrente muss jedoch mindestens in Höhe von 10 Prozent der Vollrente in Anspruch genommen werden. Damit soll ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand vermieden werden. Satz 2 stellt klar, dass die Teilrente nur insoweit frei gewählt werden kann, als sich nach § 34 Absatz 3 keine niedrigere Teilrente ergibt. Eine frei gewählte Teilrente kann jedoch niedriger sein als die Teilrente, die sich aus der Anrech‐ nung von Hinzuverdienst nach § 34 Absatz 3 ergeben würde. In Folge einer Anrechnung nach § 34 Absatz 3 kann sich eine Teilrente ergeben, die weniger als 10 Prozent der Vollrente beträgt. (Zusammengestellt auf Basis der Begründung und Kommentierung zum Flexi-Ren‐ tengesetz vom 08.12.2016) Mit den folgenden Fallbeispielen sollen die wesentlichsten Neuerungen durch das Flexi-Rentengesetz dargestellt werden. 170 5 Versichertenrenten <?page no="171"?> 5.3 Praxis-Beispiele Beispiel A: Beginn der vorzeitigen Altersrente nach § 236 SGB VI am 01.08.2020 i. H. v. 1260,00 €. Weiterarbeit im bisherigen Umfang bis 31.12.2020. Hinzuverdienstdeckel: 1,16 Entgeltpunkte monatlich (Best of 15). Bezugsgröße aus 2020 = monatlich 3.185 €. Verdienst im Kalenderjahr 2020: 43.920,00 €; ab Rentenbeginn werden monatlich 3.660 € hinzuverdient. Ab 01.01.2021 verringert sich der monatliche Hinzuverdienst auf kalenderjähr‐ lich 15.300 € und monatlich 1.275 €. Antrag auf Neuberechnung der Altersrente wird am 18.01.2021 gestellt. Frage Nr. 1: In welchem Umfang und ab welchem Zeitpunkt erfolgt die Anrechnung von Hinzuverdienst auf die vorzeitige Altersrente? Frage Nr. 2: Wie würde die Berechnung ausgesehen haben, wenn der Hinzuverdienst von monatlich 3660 € auch nach dem 31.12.2020 gegolten hätte? Frage Nr. 3: Wie erfolgt die Prognose zum 01.07.2021? Beispiel A: Lösungsvorschlag Frage Nr. 1: In welchem Umfang und ab welchem Zeitpunkt erfolgt die Anrechnung von Hinzuverdienst auf die vorzeitige Altersrente? Der Hinzuverdienst beträgt ab 01.08.2020 monatlich 3.660 € X 5 Monate = 18.300 €. 18.300 - 6.300 = 12.000 X 40 Prozent: 12 = 400 € Altersrente i. H. v. 1260 € minus 400 € = 860 € Teilrente. Der Hinzuverdienstdeckel errechnet sich aus 3.185 € X 1,16 = 3.694,60 €. Ein Zwölftel des zugrundzulegenden jährlichen Verdienstes von 18.300 € = 1.525 + Teilrente von 860 = 2.385 € bleibt unterhalb des oberen Deckels in Höhe von 3.694,60 €. Der Mindesthinzuverdienstdeckel beträgt 1.260 € + 525 € = 1.785 €. Damit verbleibt es ab 01.08.2020 bei einer Teilrente von 860 €. Durch die Reduzierung des Hinzuverdienstes ab 01.01.2021 auf monatlich 1.275 € ist folgende neue Rechnung anzustellen: 15.300 - 6.300 (Kalenderjahr 2021) = 9.000 X 40 Prozent : 12 = 300 € 171 5.3 Praxis-Beispiele <?page no="172"?> Ab 01.01.2021 wird eine Teilrente i. H. v. 960 € geleistet. Der Hinzuverdienstdeckel von 3.816,40 (3.290 X 1,16) € wird durch 960 + 1275 (1/ 12 des kalenderjährlichen Verdienstes) = 2.235 € nicht erreicht. Die Teilrente ist ab 01.01.2021 neu zu berechnen; der bisherige Bescheid aufzu‐ heben und durch einen neuen Bescheid zu ersetzen. Die Nachzahlung der noch nicht erbrachten Rente ab 01.01.2021 ist vorzunehmen. Frage Nr. 2 Wie würde die Berechnung ausgesehen haben, wenn der Hinzuverdienst von monatlich 3660 € auch nach dem 31.12.2020 gegolten hätte? Der kalenderjährliche Hinzuverdienst hätte weiterhin 43.920 € betragen. 43.920 - 6.300 = 37.620 X 40 Prozent: 12 = 1.254 € Altersrente i. H. v. 1.260 € minus 1.254 € = 6 € Teilrente. Teilrente 6 € + 3.660 € (1/ 12 HZVD) = 3.666 €. Da sich der Hinzuverdienstdeckel auf monatlich 3.816,40 € beläuft und damit der Grenzbetrag nicht überschritten wird, stünden ab 01.01.2021weiterhin monatlich 6 € zu (Hinweis auf § 118 Abs. 2 SGB VI). Frage Nr. 3: Wie erfolgt die Prognose zum 01.07.2021? Für die Prognose nach § 34 Abs. 3c SGB VI ist weiterhin ein kalenderjährlicher Arbeitsverdienst nach Maßgabe des ersten Halbjahres 2021 zugrunde zu legen. Eine neue Prognose zum 01.07.2021 wird nicht erstellt. Beispiel B: Ein Versicherter wendet sich am 15.09.2020 an einen Rentenberater und bittet um folgende persönliche Beratung: „Nach meiner Renteninformation erfülle ich die Voraussetzungen für die Altersrente für langjährige (aber nicht die Wartezeit für besonders langjährige) Versicherte. Voraussichtliche Rentenhöhe brutto: 1400 €. Nach Vollendung meines 64. Lebensjahres am 24.09.2020 möchte ich ab 01.12.2020 meine Altersrente mit Abschlag beziehen. Meine Beschäftigung, in der ich monatliche 3000 € verdiene, gebe ich zum 30.11.2020 auf. Kann ich meine Rente auch schon früher in Anspruch nehmen? Außerdem soll ich vom 01. März bis 31. Mai 2021 noch an einem speziellen Pro‐ jektauftrag meiner Firma mitwirken. Die Firma hat mir einen befristeten Vertrag mit einem monatlichen Verdienst von 2000 € angeboten. Ist das rentenschädlich? “. Frage Nr. 1: Wie müsste eine umfassende und unter Berücksichtigung des Flexi-Rentenge‐ setzes gestaltete Beratung zur Anrechnung von Hinzuverdienst auf die vorzei‐ tige Altersrente sowie dem frühestmöglichen Rentenbeginn erfolgen? 172 5 Versichertenrenten <?page no="173"?> Frage Nr. 2: Wie wirkt sich der prognostizierte Arbeitsverdienst 2021 auf die Altersrente aus? Beispiel B: Lösungsvorschlag Zu Frage Nr. 1: Wie müsste eine umfassende und unter Berücksichtigung des Flexi-Rentengesetzes gestaltete Beratung zur Anrechnung von Hinzuverdienst auf die vorzeitige Alters‐ rente sowie dem frühestmöglichen Rentenbeginn erfolgen? Nachdem die Anspruchsvoraussetzungen für die Altersrente für langjährig Versicherte erfüllt sind, gibt es zwei Varianten: Variante 1: Es verbleibt beim gewünschten Rentenbeginn am 01.12.2020 unter Anrechnung der Beitragszeiten bis zum 30.11.2020. Variante 2: Da der Versicherte im Kalenderjahr des Rentenbeginns 6.300 € an‐ rechnungsfrei hinzuverdienen darf, besteht die Möglichkeit, den Rentenbeginn auf den 01.10.2020 vorzuverlegen. Dabei sind aber folgende Wirkungen zu beachten: • Folge der Vorverlegung sind dauerhaft höhere Abschläge vom Zugangs‐ faktor (6,6 Prozent anstelle von 6,0 Prozent), • der Arbeitgeber muss zustimmen, • gegebenenfalls ist eine erhöhte Steuerbelastung zu beachten Bei Variante 2 bis zur Regelaltersgrenze 2 X 1400 € mehr Rente, aber Verrech‐ nung mit geringerem Zugangsfaktor von 0,6 Prozent. Theoretisch besteht die Möglichkeit, den Rentenbeginn noch soweit zurückzu‐ verlegen, dass ein Rentenantrag im September 2020 sich noch innerhalb der Antragsfrist von 3 Kalendermonaten bewegen würde. Dies führt aber dann zwangsläufig zu einer Teilrente. Zu Frage Nr. 2: Wie wirkt sich der prognostizierte Arbeitsverdienst 2021 auf die Altersrente aus? Nachdem auch 2021 eine kalenderjährliche anrechnungsfreie Hinzuverdienst‐ grenze von 6.300 € zu berücksichtigen ist, wirkt sich diese Beschäftigung nicht auf die Höhe der Zahlung der Altersrente aus. Beispiel C: Ist bei einem unterjährigen Wechsel der Rentenart (z. B. Erwerbsminderungs‐ rente in Altersrente oder teilweise Erwerbsminderungsrente in volle Erwerbs‐ 173 5.3 Praxis-Beispiele <?page no="174"?> minderungsrente) für die jeweilige Rente die kalenderjährliche Hinzuverdienst‐ grenze in voller Höhe zu berücksichtigen? Antwort: Nein! Beispiel: Bis zum 30.04. wird eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogen, ab 01.05. eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Der Freibetrag von 6.300 € ist sowohl bei der Erwerbsminderungsrente als auch bei der Altersrente nur einmal im Kalenderjahr anzusetzen. Beispiel D: Ist nach Wegfall des Hinzuverdienstes auf Antrag die Vollrente zu zahlen, auch wenn in den Vormonaten des jeweiligen Kalenderjahres die Jahreshinzu‐ verdienstgrenze bereits überschritten wurde? Antwort: Nein. Nach Wegfall des Hinzuverdienstes ist auf Antrag die sich gegebenenfalls ändernde Teilrente zu zahlen. Sofern in den davorliegenden Kalendermonaten des jeweiligen Kalenderjahres sehr viel verdient wurde, besteht gegebenenfalls weiterhin kein Zahlungsanspruch. Beispiel: Jährlicher Hinzuverdienst laut Prognose 12.000 € (= 1.000 € monatlich). Der obere Hinzuverdienstdeckel wird eingehalten. monatliche Rente 900 €, ab Oktober kein Hinzuverdienst mehr Rente bis September 12.000 € ./ . 6.300 € = 5.700 € 5.700 € : 12 = 475 €, davon 40 Prozent = 190 € Rente 900 € - 190 € = 710 € Rente ab Oktober aufgrund des Wegfalls tatsächlicher Hinzuverdienst im Kalenderjahr 9.000 € 9.000 € ./ . 6.300 € = 2.700 € 2.700 € : 12 = 225 €, davon 40 Prozent = 90 € Rente 900 € - 90 € = 810 € Rente ab Januar des Folgejahres Vollrente! 174 5 Versichertenrenten <?page no="175"?> 5.4 Erziehungsrente (§ 47 SGB VI) Die Erziehungsrente ist eine Rente aus eigener Versicherung, die nach einer Ehescheidung beim Tod des früheren Ehegatten gezahlt wird. Sie wird allerdings nicht wie eine Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des Verstorbenen, sondern aus der eigenen Versicherung des überlebenden Ehegatten gezahlt (vgl. 6.9). 175 5.4 Erziehungsrente (§ 47 SGB VI) <?page no="177"?> 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes 6.1 Allgemeines In § 33 Abs. 4 SGB VI werden die einzelnen Renten wegen Todes aufgeführt. Hierzu gehören als Hinterbliebenenrenten • die kleine Witwenrente oder Witwerrente, • die große Witwenrente oder Witwerrente und • die Halb- oder Vollwaisenrente. Hinterbliebenenrenten sollen den durch den Tod des Ehegatten oder des Lebens‐ partners bei einer eingetragenen Lebenspartnerschaft bzw. eines unterhalts‐ pflichtigen Elternteils entstandenen Unterhaltsverlust ausgleichen und damit die wirtschaftliche Existenz der Hinterbliebenen sichern. Ferner gehört zu den Renten wegen Todes als Versichertenrente • die Erziehungsrente. Die Erziehungsrente - eine Rente wegen Todes aus der eigenen Versicherung des Anspruchsberechtigten - soll einen durch den Tod des geschiedenen Ehegatten weggefallenen Unterhaltsanspruch wegen Kindererziehung ersetzen. 6.1.1 Erweiterung der Anspruchsberechtigten um die gleichgeschlechtliche Ehe und den Paaren aus einer eingetragenen Lebenspartnerschaft Seit 01.10.2017 können auch gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland hei‐ raten. Bereits vom 01.01.2005 an wurde die Hinterbliebenensicherung der gesetz‐ lichen Rentenversicherung auch auf die Partner einer eingetragenen gleichge‐ schlechtlichen Lebensgemeinschaft übertragen. Auf den Auszug zu § 46 Abs. 4 SGB VI in der Fassung ab 01.01.2005 wird verwiesen: „Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.“ <?page no="178"?> Wenn im weiteren Text zu Kapitel 6 von Witwe oder Witwer die Rede ist, sind damit auch gleichgeschlechtliche Eheleute, „Lebenspartner“ oder „Lebenspart‐ nerschaft“ im erwähnten Sinne gemeint. 6.2 Überblick über die Anspruchsvoraussetzungen auf die Renten wegen Todes Rentenart Witwen-/ Witwerrente Waisenrente Erziehungsrente Persönliche An- Spruchsvorausset‐ zungen • Tod des Versi‐ cherten • Rechtsgültige Ehe zum Todes‐ zeitpunkt • Tod des Versi‐ cherten, • Kindstatus in Bezug zum Ver‐ storbenen • Halb- oder Voll‐ waise (ein oder beide unter‐ haltspflichtigen Elternteile ver‐ storben? ) • Alter/ Ausbil‐ dung und ggf. besondere Vor‐ aussetzungen • Tod des (frü‐ heren) Ehe‐ gatten • Scheidung nach dem 30.06.1977 oder Renten‐ splitting • Erziehung eines eigenen Kindes oder eines Kindes des ge‐ schiedenen Ehe‐ gatten oder Sorge für ein be‐ hindertes Kind Wartezeiterfüllung • Allgemeine Wartezeit von 5 Jahren oder Wartezeitfik‐ tion • Allgemeine Wartezeit von 5 Jahren oder Wartezeitfik‐ tion • Allgemeine Wartezeit von 5 Jahren oder Wartezeitfik‐ tion (im Konto des Leistungs‐ berechtigten) Ausschlussgründe • Versorgungsehe • Wiederheirat • Rentensplitting • Keine Ausbil‐ dung und keine besonderen Vorausset‐ zungen nach dem 18. Lebens‐ jahr erfüllt • Vollendung des 27. Lebens‐ jahres • Wiederheirat • Erreichen der Regelalters‐ grenze (vgl. 5.2.1.1.) (an‐ schließend Re‐ gelaltersrente) Abbildung 25: Anspruchsvoraussetzungen auf Renten wegen Todes 178 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="179"?> 6.3 Witwen- und Witwerrenten 6.3.1 Persönliche Anspruchsvoraussetzungen 6.3.1.1 Rechtsgültigkeit der Ehe Witwen- oder Witwerrente werden auf Antrag geleistet, wenn die/ der Hin‐ terbliebene mit den verstorbenen Versicherten in einer rechtsgültigen Ehe verheiratet war und der Verstorbene die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt hat. Wenn bis zum Tod bereits Versichertenrente bezogen wurde, gilt diese Wartezeit als erfüllt. In diesen Fällen spricht man vom Vorliegen der Wartezeitfiktion. Anspruch auf Witwen-/ Witwerrente besteht nur, solange sich die Hinterbliebenen nicht wieder verheiratet haben. Der Tod des Versicherten wird durch einen amtlichen Nachweis bestätigt. Bei der Rentenantragstellung ist neben der Sterbeurkunde regelmäßig auch eine Heiratsurkunde vorzulegen, aus der neben dem Heiratsdatum auch das Geburtsdatum der Witwe bzw. des Witwers hervorgeht. Dies wird benötigt, um sowohl die Voraussetzungen für die große Witwen-/ Witwerrente prüfen zu können als auch zu entscheiden, ob das alte oder neue Recht Anwendung findet. Während im Inland die Ehe vor einem Standesbeamten geschlossen sein muss, gilt bei Eheschließungen im Ausland grundsätzlich das Recht des Ortes der Eheschließung. Aus einer einfachen Lebensgemeinschaft kann kein Anspruch auf Witwen-/ Witwerrente entstehen. Etwas anderes gilt bei einer eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft im Sinne des Lebenspartnerschafts‐ gesetzes. Hier wird auch der Nachweis durch den Eintrag beim Standesamt geführt. Die Ehe bzw. die eingetragene Lebenspartnerschaft bestehen bis zum Eintritt der Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung über die Scheidung, Aufhebung oder Nichtigkeit der Ehe bzw. der Lebenspartnerschaft. Fallbeispiel: Ehescheidung durch Urteil des Familiengerichtes 14.03.2020 Rechtskraft des Urteils 25.04.2020 Tod des Versicherten a) 21.04.2020 b) 22.05.2020 179 6.3 Witwen- und Witwerrenten <?page no="180"?> Lösung: Zu a): Zum Zeitpunkt des Todes liegt der Witwen-/ Witwerstatus vor, da das Schei‐ dungsurteil noch nicht rechtskräftig ist. Soweit die weiteren anspruchsrechtli‐ chen Voraussetzungen vorliegen, wird Hinterbliebenenrente gewährt. Zu b): Der Todeszeitpunkt des Versicherten war nach der Rechtskraft des Scheidungs‐ urteils. Einen Status als Witwe bzw. Witwer gibt es nicht mehr; ebenso keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente. In diesem Fall wird nun ein Versorgungs‐ ausgleich durchgeführt. 6.3.1.2 Erfüllung der Wartezeit (§§ 50 und 51 SGB VI) Der Verstorbene muss die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben. Dazu zählen Beitragszeiten, Ersatzzeiten, Zeiten aus Versorgungsausgleich, Zeiten aus Rentensplitting und Zeiten aus einer geringfügigen versicherungs‐ freien Beschäftigung nach dem zu ermittelnden zeitlichen Umfang. Beim Versorgungsausgleich erfolgt die Berechnung der Wartezeitmonate, in dem die übertragenen Entgeltpunkte durch den Wert 0,0313 dividiert werden. Um die Wartezeit allein aus den im Versorgungsgleich übertragenen oder begründeten Rentenanwartschaften zu erfüllen, werden mindestens 1,8468 Entgeltpunkte benötigt. Dasselbe gilt, wenn in der Versicherung des/ der Ver‐ storbenen bei einer vorangegangenen Ehe ein Rentensplitting durchgeführt worden ist. Fallbeispiel: Der Verstorbene hat folgende Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt: • Beitragszeiten = 12 Monate • Versorgungsausgleich: 1,5620 Entgeltpunkte aus der ersten Ehe = 50 Mo‐ nate (§ 52 Abs. 1 SGB VI) Lösung: Die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (60 Kalendermonate) ist erfüllt. 180 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="181"?> 6.3.1.3 Vorzeitige Wartezeiterfüllung (§ 53 SGB VI) Unabhängig von einer vorliegenden tatsächlichen Wartezeiterfüllung, ist die Wartezeit nach § 53 Abs. 1 SGB VI vorzeitig erfüllt, wenn der Versicherte wegen • eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit, • einer Wehr- oder Zivildienstbeschädigung oder • eines Gewahrsams (§ 1 Häftlingshilfegesetz) verstorben ist. Falls der Tod aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit eingetreten ist, findet die Vorschrift allerdings nur Anwendung, wenn die/ der Verstorbene entweder bei Eintritt des Ereignisses versicherungspflichtig war oder in den letzten zwei Jahren davor mindestens ein Jahr mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nachweisen kann. Fallbeispiel: Der Versicherte hat nach seinem Studium, das am 30.06.2017 endete, eine versicherungspflichtige Beschäftigung am 01.09.2017 aufgenommen und seither ausgeübt. Am 10.10.2018 verunglückt er auf dem Weg zur Arbeit tödlich. Lösung: Die allgemeine Wartezeit für die Hinterbliebenenrente ist nicht erfüllt. Es sind lediglich 14 Beitragsmonate vorhanden. Da es sich bei dem Wegeunfall um einen Arbeitsunfall handelt und zu diesem Zeitpunkt Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bestand, ist die Wartezeit vorzeitig erfüllt. Die allgemeine Wartezeit ist auch dann vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte nach § 53 Abs. 2 SGB VI vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung aufgrund einer Erkrankung oder eines Privatunfalls verstorben sind und in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit geleistet haben. Fallbeispiel: Beschäftigung mit Pflichtbeiträgen ab 01.10.2017 Tod des Versicherten (privater Autounfall) 19.02.2020 Abschluss der Schulausbildung: 30.06.2014 181 6.3 Witwen- und Witwerrenten <?page no="182"?> Lösung: Für die allgemeine Wartezeit sind lediglich Beitragszeiten vom 01.10.2017 bis 19.02.2020 = 29 Monate vorhanden. Die Wartezeit ist jedoch vorzeitig erfüllt, da der Tod innerhalb von sechs Jahren nach dem Ende einer Ausbildung eintrat und der Versicherte in den letzten zwei Jahren vor seinem Tod mindestens 12 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet hat. Der Sechsjahreszeitraum nach Ende der letzten Ausbildung läuft hier vom 01.07.2014 bis 30.06.2020. Damit sind sämtliche Voraussetzungen für einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente erfüllt. 6.3.2 Ausschluss des Anspruchs auf Witwenbzw. Witwerrente („Versorgungsehe“, Rentensplitting) Der Anspruch auf Witwenbzw. Witwerrente ist seit 01.01.2002 ausge‐ schlossen, wenn eine Versorgungsehe vorliegt oder ein Rentensplitting durch‐ geführt wurde. Betroffen hiervon sind aber nur Leistungsfälle, die unter das neue Hinterbliebenenrentenrecht fallen. 6.3.2.1 Prüfung einer „Versorgungsehe“ (§ 46 Abs. 2 a SGB VI) Eine Versorgungsehe liegt vor, wenn die Ehe bei Tod des Versicherten nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, „es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebe‐ nenversorgung zu begründen.“ Dies bedeutet, dass eine schwere Erkrankung, die bereits bei Eheschließung bekannt war, den Ausschluss des Rentenanspruchs beim Tod des Versicherten vor Ablauf des ersten Ehejahres begründet, aber eine während des ersten Ehejahres festgestellte Erkrankung oder ein Unfall bzw. ein Gewaltverbrechen diese Annahme nicht rechtfertigen können. Folgende weiteren „besonderen Umstände“ sprechen gegen eine „Versorgungsehe“: • Vorhandensein gemeinsamer leiblicher und noch nicht volljähriger Kinder oder Sorge für ein behindertes Kind bzw. Bestehen einer Schwan‐ gerschaft, • Erziehung eines minderjährigen Kindes des Verstorbenen, • Pflegetätigkeit, wenn bei Eheschließung der Tod auf absehbare Zeit nicht zu erwarten war. 182 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="183"?> Fallbeispiel: Geburtsdatum des Versicherten: 19.05.1960 Eheschließung: 18.05.2020 Tod des Versicherten: 02.11.2020 a) nach längerer bereits seit 2018 bestehenden schwerer Erkrankung, b) durch einen plötzlichen Herzinfarkt Lösung: Zu a): Der Anspruch auf Witwen-/ Witwerrente ist ausgeschlossen, weil die Ehe nicht mindestens ein Jahr angedauert hat. Nachdem die schwere Erkrankung bereits bei der Eheschließung vorhanden war, ist eine Versorgungsehe zu unterstellen. Zu b): Auch hier war die Ehedauer kürzer als ein Jahr. Es liegen aber Gründe vor, die der Annahme einer „Versorgungsehe“ widersprechen. Der Tod trat aufgrund eines nicht voraussehbaren Ereignisses ein. Somit erfolgt kein Rentenausschluss. 6.3.2.2 Entscheidung für das Rentensplitting (§ 46 Abs. 2 b SGB VI) Falls sich die Ehepartner oder die überlebende Witwe für das neue Rentensplit‐ ting entschieden haben, und der Bescheid über die Durchführung unanfechtbar geworden ist, entfällt eine Witwen-/ Witwerrente. Fallbeispiel: Eheschließung am 10.01.2012 Wirksame Erklärung zum Rentensplitting (§ 120 a SGB VI): 08.04.2018 Bindungswirkung der Erklärung: 11.05.2018 Tod des Versicherten (kein Rentner) a) 02.02.2018 b) 14.12.2017 c) Geburtsdatum der Witwe: 28.02.1984 Lösung: Zu a): Der Tod ist vor der Bindungswirkung der Erklärung eingetreten. Damit besteht ein Witwenrentenanspruch vom 02.02. bis 11.05.2018. Ab 12.05.2018 wird das Rentensplitting wirksam. 183 6.3 Witwen- und Witwerrenten <?page no="184"?> Zu b): Ein Anspruch auf Witwen-/ Witwerrente besteht vom 14.12.2017 bis 11.05.2018. Nachdem das Rentensplitting nach dem Tode des Ehegatten von seiner Ehefrau durchgeführt wurde, fällt der Anspruch auf eine Witwenrente zum 11.05.2018 weg (§ 46 Abs. 1 SGB VI). 6.3.3 Anspruch auf kleine Witwenrente (§ 46 Abs. 1 SGB VI) Nach dem Tod des Ehegatten erhalten die/ der unverheiratete Witwe/ Witwer eine kleine Witwen-/ Witwerrente, wenn die versicherungsrechtlichen Voraus‐ setzungen erfüllt sind. Die kleine Witwenrente beträgt nach § 67 Nr. 5 SGB VI • bis zum Ende des dritten Kalendermonates nach Ablauf des Sterbemonats (sog. Sterbevierteljahr) 100 Prozent der Versichertenrente und • anschließend 25 Prozent der Versichertenrente. Falls es sich um einen Todesfall handelt, der vom bis zum 31.12.2001 geltenden alten Hinterbliebenenrentenrecht erfasst wird, erfolgt die Zahlung der kleinen Witwenrente zeitlich unbegrenzt. Das alte Recht gilt weiterhin bei Eintritt des Todes vor dem 01.01.2002 oder darüber hinaus bei Ehen, die vor dem 01.01.2002 geschlossen wurden und bei denen mindestens ein Ehegatte vor dem 02.01.1962 geboren ist (§ 242 a Abs. 1 SGB VI). Trifft dies nicht zu und ist somit das neue Hinterbliebenenrentenrecht anzuwenden, besteht der Anspruch auf die kleine Witwenrente höchstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). 184 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="185"?> kleine Witwen- / Witwerrente (§ 46 Abs. 1 SGB VI) kleine Witwen- / Witwerrente (§ 46 Abs. 1 SGB VI) persönliche Voraussetzungen Wartezeit Antrag - Tod d. Versicherten - Witwenbzw. Witwereigenschaft kein Rentensplitting keine Wiederheirat keine Versorgungsehe 5 Jahre - Beitragszeiten - Ersatzzeiten - Zeiten nach § 52 SGB VI oder Rentenbezug d. Versicherten oder vorzeitige Wartezeiterfüllung nach § 53 SGB VI   Anspruch für höchstens 24 Kalendermonate nach dem Todesmonat* § 46 Abs. 1 S. 2 SGB VI ! ___________________________________________________ * bei „Altehen“ unbegrenzter Bezug § 242a Abs. 1 SGB VI Abbildung 26: Anspruch auf kleine Witwen-/ Witwerrente Fallbeispiel: a) b) Versicherter geboren: 28.01.1972 28.01.1972 Versicherter gestorben: 12.02.2020 01.02.2020 Witwe geboren am: 15.09.1979 15.09.1979 Rentenantragstellung: 05.04.2020 05.04.2020 Eheschließung bei a) und b): 14.05.2000. Die Witwe erzieht keine Kinder und ist selbst nicht erwerbsgemindert. Bis zu seinem Tode war der Versicherte noch kein Rentenbezieher. Lösung: Anspruch auf kleine Witwenrente besteht längstens für den Zeitraum a) 12.02.2020 - 28.02.2022 b) 01.02.2020 - 28.02.2022 Da in beiden Fällen keine Versichertenrente bezogen worden ist, beginnt die kleine Witwenrente mit dem Todestag. Bei dem Fall unter b) werden damit faktisch 25 Monate an Rentenzahlung erreicht. 185 6.3 Witwen- und Witwerrenten <?page no="186"?> Falls der Bezieher einer kleinen Witwen-/ Witwerrente vor Ablauf des 24. Ka‐ lendermonates wieder heiratet, fällt seine Hinterbliebenenrente zum Ablauf des Monats der Wiederheirat weg. Die auf Antrag festgestellte Witwen-/ Wit‐ werrentenabfindung erstreckt sich aber nur noch auf den Zeitraum bis zum Ende des 24. Kalendermonates § 107 Abs. 1 Satz 3 SGB VI. Wer also z. B. schon für 14 Monate die kleine Witwenrente überwiesen bekommen hat, erhält die Abfindung nur noch für die restlichen 10 Monate (s. Fallbeispiele unter Nr. 6.6.). 6.3.4 Anspruch auf große Witwen(r)rente (§§ 46 Abs. 2 SGB VI, 242 a SGB VI) Der Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente ist von fol‐ genden weiteren Voraussetzungen abhängig: • Erziehung eines eigenen Kindes oder eines Kindes des versicherten Ehegatten bis zu dessen 18. Lebensjahr, • Vollendung des 47. (45.) Lebensjahres der Witwe oder des Witwers oder • Vorliegen einer Erwerbsminderung. Die Altersgrenze für die große Witwenrente wird bei Tod des Versicherten von 2012 bis 2029 schrittweise auf das 47. Lebensjahr angehoben. Kinder sind auch Stiefkinder und Pflegekinder sowie Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind. Bei Enkeln und Geschwistern genügt auch die überwiegende Unterhaltszahlung durch die Witwe oder den Witwer. Der Erziehung steht die in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge für ein behindertes Kind (auch über das 18. Lebensjahr hinaus) gleich. Die große Witwenrente beträgt nach § 67 Nr. 6 SGB VI i. V. m. § 255 Abs. 1 SGB VI • bis zum Ende des dritten Kalendermonates nach Ablauf des Sterbemonats 100 Prozent der Versichertenrente und • anschließend 60 bzw. 55 Prozent der Versichertenrente. Der Wert mit 60 v. H. bezieht sich auf die Fälle nach dem alten Hinterbliebenen‐ rentenrecht, während das neue Recht ab 01.01.2002 den Vomhundertsatz für die großen Witwen-/ Witwerrenten auf 55 v. H. verringert hat. Dafür werden dort Zuschläge für die Kindererziehung zusätzlich angerechnet (s. 6.3.5.). 186 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="187"?> große Witwen- / Witwerrente (§§ 46 Abs. 2 SGB VI, 242 a Abs. 4 SGB VI ) große Witwen- / Witwerrente (§§ 46 Abs. 2 SGB VI, 242 a Abs. 4 SGB VI ) persönliche Voraussetzungen Wartezeit Antrag 5 Jahre - Beitragszeiten - Ersatzzeiten - Zeiten nach § 52 SGB VI oder Rentenbezug des Versicherten oder vorzeitige Wartezeiterfüllung nach § 53 SGB VI - Tod des Versicherten - Witwenbzw. Witwereigenschaft kein Rentensplitting keine Wiederheirat keine Versorgungsehe und - Vollendung des 47. (45.) Lbj. oder - Erziehung eines Kindes, das das 18. Lbj. noch nicht vollendet hat oder - Vorliegen von Erwerbsminderung   Abbildung 27: Anspruch auf große Witwen-/ Witwerrente Fallbeispiel: Witwe, geb.: 24.01.1980 Es werden keine Kinder erzogen, eine Erwerbsminderung liegt nicht vor. Ehegatte geb.: 15.10.1963 Heirat im Jahr 2001 Ehegatte verstorben: 11.02.2017 Kein Rentenbezug Fragen: a) Wie lange besteht Anspruch auf kleine Witwenrente? b) Ab wann besteht Anspruch auf große Witwenrente? Lösung: Zu a): Die Witwe hat Anspruch auf eine kleine Witwenrente vom 11.02.2017 bis 28.02.2019. Anschließend besteht bis zur Vollendung des 45. Lebensjahres und sechs Monaten kein Anspruch auf Witwenrente. Der Versicherte ist im Jahr 2017 verstorben. Zu diesem Zeitpunkt ist die Altersgrenze von 45 Jahren für die große Witwenrente um sechs Monate angehoben worden (§ 242a SGB VI). 187 6.3 Witwen- und Witwerrenten <?page no="188"?> Zu b): Ab Vollendung des 45. Lebensjahres und sechs Monaten besteht Anspruch auf eine große Witwenrente (§ 242 a SGB VI) und zwar unbefristet. Dies wäre auch möglich, wenn vor Vollendung dieses Lebensalters ein waisenrentenberechtigtes Kind geboren und erzogen würde oder Erwerbsminderung eingetreten wäre. Anspruch auf große Witwenrente besteht erst ab dem Folgemonat der Vollen‐ dung des 45. Lebensjahres und sechs Monaten. Wenn die Witwe rechtzeitig einen neuen Rentenantrag stellt, besteht ab 01.08.2025 Anspruch auf große Witwenrente. Rentenartfaktor Rentenartfaktor § 67 SGB VI kleine Witwen-/ Witwerrente große Witwen-/ Witwerrente 0,55* innerhalb des Sterbevierteljahres 1,0 * bei „Altehen“ weiterhin 0,6 § 255 Abs. 1 SGB VI  0,25  Abbildung 28: Rentenartfaktor bei Berechnung einer Witwen-/ Witwerrente Fallbeispiel: Versicherter geb.: 1971 Tod des Versicherten: 10.11.2020 Witwe, geb. 21.03.1979 Sorge für das schwerstbehinderte Kind Daniel, geb. 02.08.1998 Lösung: Die Witwe erhält die große Witwenente nach § 46 Abs. 2 SGB VI. Sie vollendet zwar ihr maßgebendes Lebensalter (45 Jahre und neun Monate) für eine große 188 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="189"?> Witwenrente erst am 20.12.2024, doch befindet sich in ihrem Haushalt ein behindertes Kind, das außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Daniel ist zum Zeitpunkt des Todes seines Vaters 22 Jahre alt. Da es hier aber nicht auf die Erziehung eines Kindes ankommt, die praktisch mit dessen Volljährigkeit endet, sondern die Sorge für dieses Kind - auch nach seinem 18. Lebensjahr - im Vordergrund steht, sind die Voraussetzungen für die große Witwenrente erfüllt. 6.3.5 Zuschlag zur Witwenbzw. Witwerrente (§ 78 a VI) Die Erziehung von Kindern ist bei den Todesfällen nach dem 31.12.2001, die unter das neue Hinterbliebenenrentenrecht fallen, Grundlage für die Erhöhung der kleinen und großen Witwen-/ Witwerrente um einen Zuschlag an persön‐ lichen Entgeltpunkten. Bei der großen Witwen- oder Witwerrente soll dieser Zuschlag die Absenkung des Versorgungssatzes von 60 Prozent auf 55 Prozent der Versichertenrente ausgleichen. Bereits die Erziehung von zwei Kindern führt sogar zu einer höheren Witwenbzw. Witwerrente nach neuem Recht im Ver‐ gleich zu den Bestandsfällen nach altem Recht. Je Kind werden der Berechnung die Monate mit Berücksichtigungszeit nach Ablauf des Kalendermonats der Geburt bis zum 3. Lebensjahr des Kindes - maximal 36 Monate - zugrunde gelegt. Diese Berücksichtigungszeiten müssen dem Versicherungskonto der Witwe/ des Witwers zugeordnet sein. Beim ersten Kind beträgt der Zuschlag 0,1010 Entgeltpunkte pro Monat der Berücksichtigungszeit, für das zweite und jedes weitere Kind 0,0505 Entgeltpunkte. Diese Werte entsprechen beim ersten Kind dem Doppelten des aktuellen Rentenwertes (ab 01.07.2020: 68,38 € monat‐ lich) und bei jedem weiteren Kind (derzeit 34,19 € monatlich). Allerdings ist die Höchstbetragsregelung (§ 88 a SGB VI) zu beachten. Die Witwen-/ Witwerrenten dürfen den Monatsbetrag der Rente wegen voller Erwerbsminderung oder der Vollrente wegen Alters nicht überschreiten. Ansonsten ist der Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten bei Witwen- und Witwerrenten entsprechend zu verringern. Während des Sterbeüberbrückungszeitraumes (Rentenartfaktor 1,0) wird der Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für die Berücksichtigungszeiten nicht berechnet. 189 6.3 Witwen- und Witwerrenten <?page no="190"?> Rentenberechnung Witwenrenten und Witwerrenten Versichertenrente = 102,56 EUR 1000 EUR 550 EUR 55 100 Neues Recht + 652,56 EUR 600 EUR 60 Altes Recht Beispiel 55 % X 5,4540 PEP 34,19 EUR X = % 2 Kinder Abbildung 29: Rentenberechnung - Witwen-/ Wittwerrenten Fallbeispiel: Es besteht jeweils Anspruch auf große Witwen-/ Witwerrente. Für die Ehe‐ frau sind Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in ihrem Versi‐ cherungskonto vorhanden: • für das erste Kind, geb. 04.10.1987 vom 04.10.1987 bis 03.10.1997 • für das zweite Kind, geb. 09.09.1991 vom 09.09.1991 bis 08.09.2001. a) Tod des Ehemannes b) Tod der Ehefrau Lösung: Zu a): Der Witwe werden an Berücksichtigungszeiten wegen Erziehung eines Kindes nach Ablauf des Monats der Geburt bis zum vollendeten 3. Lebensjahr des Kindes zugeordnet: • für das erste Kind 36 Kalendermonate • für das zweite Kind 36 Kalendermonate. 190 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="191"?> Der Zuschlag nach § 78 a SGB VI zur großen Witwenrente berechnet sich wie folgt: • für das erste Kind 36 Kalendermonate x 0,1010 Entgeltpunkte (EP) = 3,6360 persönliche Entgeltpunkte • für das zweite Kind 36 Kalendermonate x 0,0505 EP = 1,8180 persönliche Entgeltpunkte. Diese persönlichen Entgeltpunkte werden, den aus dem Versicherungskonto des verstorbenen Versicherten ermittelten, persönlichen Entgeltpunkten aus allen seinen Zeiten zugeschlagen. Zu b): Der Witwer erhält keinen Witwerrentenzuschlag nach § 78 a SGB VI, da ihm nicht die Berücksichtigungszeit für die Erziehung der Kinder zugeordnet wurde. Sie wirken sich dennoch indirekt bei seiner Witwerrente aus, da die Berücksichtigungszeiten im Versicherungskonto der Verstorbenen in die Hinter‐ bliebenenrentenberechnung mit eingehen. Bei Kindern, die vor dem Tod des Versicherten oder innerhalb von 300 Tagen nach diesem Zeitpunkt geboren sind, werden ebenfalls 36 Kalendermonate für den Zuschlag zugrunde gelegt, und zwar unabhängig davon, ob der überlebende Ehegatte die Kindererziehung auch tatsächlich bis zum 3. Lebensjahr des Kindes ausgeübt hat. Stammt das Kind aber nicht vom verstorbenen Versicherten, weil es außer‐ halb der 300 Tagesfrist, gerechnet vom Tod des Versicherten an, geboren ist, wird der Zuschlag erst vom Beginn des Kalendermonats an gewährt, der auf den Monat folgt, in dem das Kind das 3. Lebensjahr vollendet. In diesem Fall muss der überlebende Ehegatte die Erhöhung seiner Witwen-/ Witwerrente um einen Zuschlag separat beantragen. Nach § 264 b Abs. 2 SGB VI erhöht sie sich nicht um einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten, wenn der Ehegatte vor dem 01.01.2002 verstorben ist oder die Ehe vor diesem Zeitpunkt geschlossen wurde und mindestens ein Ehegatte vor dem 02.01.1962 geboren ist. 6.3.6 Zugangsfaktor bei der Berechnung der Witwenbzw. Witwerrente (§§ 77, 264d SGB VI) Vor- und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer werden über einen Zugangsfaktor ausgeglichen. Der Zugangsfaktor richtet sich nach dem 191 6.3 Witwen- und Witwerrenten <?page no="192"?> Alter des Versicherten bei dessen Tod. Er bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrages der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind (§§ 77 SGB VI, 264 d SGB VI). Der Zugangsfaktor beträgt danach für Entgeltpunkte, die noch nie Grundlage persönlicher Entgeltpunkte waren, bei Hinterbliebenenrenten 1,0, wenn die Rente vom Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres des Versicherten an beansprucht wird. Für jeden Kalendermonat, der sich vom Ablauf des Sterbemonats bis zum Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres ergibt, ermäßigt sich der Zugangsfaktor um 0,003. Ist der Versicherte vor Vollendung des 62. Lebensjahres verstorben, bleibt für die Bestimmung des Zugangsfaktors der Zeitpunkt maßgebend, zu dem der Versicherte sein 62. Lebensjahr vollenden würde. Dadurch kann sich höchstens ein auf 0,892 (- 10,8 Prozent) geminderter Zugangsfaktor ergeben. Dies gilt auch für die Berechnung der Waisenrenten. Fallbeispiel: Versicherter, geb. 18.03.1964 Vollendung des 60. Lebensjahres: 17.03.2024 Vollendung des 63. Lebensjahres: 17.03.2027 Tod des Versicherten: 15.09.2026 (kein Rentenbezug) Lösung: Verminderungszeitraum für den Zugangsfaktor vom 01.10.2026 bis 31.03.2029 Beginn der Witwenrente 15.09.2026 Zugangsfaktor (1 - 30 x 0,003 = 0,09) ® = 0,910 Ist der Versicherte vor dem 01.01.2024 verstorben, wird anstelle des 65. und 62. Lebensjahres das in der Übergangsvorschrift genannte Alter berücksichtigt. Fallbeispiel: Versicherter, geb. 21.04.1955 • Vollendung des 62. Lebensjahres: 20.04.2017 • Vollendung des 65. Lebensjahres: 20.04.2020 - Tod des Versicherten am 14.01.2018 - Anspruch auf große Witwenrente ab 14.01.2018. 192 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="193"?> Lösung: Nach § 264 d SGB VI tritt an die Stelle • des 62. Lebensjahres à 61 Jahre und 0 Monate • des 65. Lebensjahres à 64 Jahre und 0 Monate. Der Verminderungszeitraum für den Zugangsfaktor erstreckt sich vom 01.02.2018 (Ablauf des Todesmonats des Versicherten) bis 31.03.2019 (64. Le‐ bensjahr). Damit ist der Zugangsfaktor um (14 x 0,003) 0,042 zu vermindern und beträgt 0,958. 6.3.7 Beginn der Witwenbzw. Witwerrente (§ 99 Abs. 2 SGB VI) Diese Vorschrift regelt nicht nur den Beginn der Witwen-/ Witwerrente, sondern aller Hinterbliebenenrenten. Eine Ausnahme bilden lediglich die Witwen- und Witwerrenten an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten; sie beginnen gemäß § 268 SGB VI immer mit Ablauf des Antragsmonats. Die Hinterbliebenenrente wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind. Soweit der/ die Verstorbene im Zeitpunkt des Todes keinen Rentenanspruch hatte, beginnt die Rente bereits mit dem Todestag. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Rentenantrag bis zum Ablauf des 13. Kalendermonats nach Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen gestellt wird. Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass die Hinterbliebenenrente nicht für mehr als 12 Kalendermonate vor dem Monat, in dem die Rente beantragt wird, geleistet werden darf. Fallbeispiel: Tod des Versicherten: 20.02.2021 a) Der Versicherte bezieht eine Rente wegen Erwerbsminderung. b) Der Versicherte erhält keine Versichertenrente. Antrag auf Witwen-/ Witwerrente: 13.05.2021. Lösung: Zu a): Die Versichertenrente des Verstorbenen fällt Ende Februar 2021 weg. Die Wit‐ wenrente beginnt am 01.03.2021. 193 6.3 Witwen- und Witwerrenten <?page no="194"?> Zu b): Die Witwenrente beginnt mit dem Todestag am 20.02.2021. Fallbeispiel: • Tod des Versicherten: 14.01.2020 • Der Versicherte bezieht keine Versichertenrente. • Antrag auf Witwenrente: 09.05.2021 Lösung: Die Witwe hat den Rentenantrag erst nach Ablauf des 12. Kalendermonats nach dem Todesmonat gestellt. Sie kann die Witwenrente längstens für 12 Kalender‐ monate vor der Antragstellung erhalten. Rentenbeginn somit: 01.05.2020. Leider verliert die Witwe in diesem Fall die Bezüge für die ihr ursprünglich zustehende Sterbeüberbrückungszeit vom 14.01.2020 bis 30.04.2020. 6.3.8 Achtung! Wichtige Änderungen beim Hinterbliebenenrentenrecht Mit dem Altersvermögens-Ergänzungsgesetz (AVmEG) trat am 01.01.2002 eine Reform des Hinterbliebenenrentenrechts in Kraft, deren Wirkungsbreite vor allem auf jüngere bzw. nachwachsende Generationen abzielt. Diese Reform gilt für alle ab 01.01.2002 geschlossenen Ehen oder für die (am 01.01.2002) bestehenden Ehen, wenn beide Partner am 01.01.2002 jünger als 40 Jahre waren. Die wichtigsten Regelungen der Reform betreffen folgende Punkte: • Ausschluss der Witwen-/ Witwerrente bei Vorliegen einer „Versor‐ gungsehe“ oder bindender Entscheidung über ein „Rentensplitting unter Ehegatten“ (siehe 6.3.2.) • Beschränkung der kleinen Witwenrenten-/ Witwerrente auf 24 Kalender‐ monate (siehe 6.3.3.) • Höhe der großen Witwen-/ Witwerrente nur noch 55 Prozent (anstelle bisher 60 Prozent) der Rente des/ der Verstorbenen (siehe 6.3.4.) • Einführung eines rentenerhöhenden Witwen-/ Witwerrentenzuschlags, sofern die/ der Hinterbliebene Kinder erzogen hat (siehe 6.3.5.) • Wahlmöglichkeit zur Durchführung eines „Rentensplitting unter Ehe‐ gatten“ (siehe 7.2.) • Einbeziehung weiterer Vermögenseinkünfte in den Katalog der auf die Hinterbliebenenrenten anzurechnenden Einkommen (siehe 6.10). 194 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="195"?> 6.3.8.1 Zukünftige Anhebung der Altersgrenze für die große Witwen-/ Witwerrente Mit dem Altersgrenzenanpassungsgesetz wird auch die Altersgrenze für die Ge‐ währung einer „großen“ Witwen-/ Witwerrente vom 45. Lebensjahr schrittweise auf das 47. Lebensjahr angehoben. Bei Tod des Versicherten nach dem 31.12.2011 erfolgt die Erhöhung der Altersgrenze von 45 Jahren bei den Sterbejahrgängen 2012 bis 2028 in der Weise, dass zunächst bei Tod in den Jahren von 2012 bis 2023 eine Anhebung um einen Monat und ab dem Sterbejahrgang 2024 eine Anhebung um jeweils zwei Monate vorgenommen wird (§ 242 a SGB VI). Für alle Todesfälle ab dem Jahr 2029 ist die große Witwen-/ Witwerrente „al‐ tersbedingt“ dann erst nach dem vollendeten 47. Lebensjahr zu gewähren. 6.4 Waisenrente (§ 48 SGB VI) 6.4.1 Welche Anspruchsvoraussetzungen müssen vorliegen? Kinder haben nach dem Tod eines Elternteils Anspruch auf Halbwaisenrente, wenn sie noch einen unterhaltspflichtigen Elternteil besitzen. Ist kein unter‐ haltspflichtiger Elternteil mehr vorhanden, besteht Anspruch auf Vollwaisen‐ rente. Der verstorbene Elternteil muss die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Im Übrigen gelten hier ebenfalls die Bestimmungen über die vorzeitige Warte‐ zeiterfüllung (§ 53 SGB VI). Kinder sind in erster Linie alle leiblichen (eheliche und nichteheliche) Kinder sowie die angenommen Kinder (Adoptivkinder). Weitere Voraussetzungen müssen bei den gleichgestellten Stiefkindern und Pflegekindern sowie den Enkeln und Geschwistern erfüllt werden. Das Lebenspartnerschaftsgesetz in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung lässt die Adoption eines Kindes des Lebenspartners zu (sog. Stiefkind Adoption). Hat der Versicherte das Kind des Lebenspartners adoptiert, besteht bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen ein Anspruch auf Waisenrente nach § 48 SGB VI. Falls keine Stiefkind Adoption erfolgt ist, ist das Kind des Lebenspart‐ ners, in Angleichung an die Verhältnisse einer rechtsgültigen Ehe, im Verhältnis zum Versicherten ein Stiefkind. Anspruch auf Waisenrente besteht in diesem Fall aber nur, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Todes in den Haushalt des Versicherten aufgenommen war. 195 6.4 Waisenrente (§ 48 SGB VI) <?page no="196"?> Waisenrente - § 48 SGB VI, §§ 304 SGB VI 1 Status einer Halb- oder einer Vollwaise (Tod eines oder beider unterhaltspflichtigen Elternteile) 2 Erfüllung der Wartezeit von 5 Jahren im Konto des Verstorbenen nach § 50 Abs. 1 SGB VI 3 Waisenrente bis zum 18. Lebensjahr, darüber hinaus bis zum 27. Lebensjahr u. a. bei Schul- oder Berufsausbildung sowie bei mangelnder Fähigkeit zum Selbstunterhalt bei Vorliegen einer Behinderung Abbildung 30: Waisenrente Der Anspruch auf Halb- oder Vollwaisenrente besteht längstens bis zur Vollen‐ dung des 18. Lebensjahres des berechtigten Kindes. Er verlängert sich vom 18. Lebensjahr bis zum 27. Lebensjahr, wenn die Waise • sich in Schul- oder Berufsausbildung befindet oder ein sog. Über‐ gangs-zeitraum von höchstens vier Kalendermonaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder einem Ausbildungsabschnitt und der Ab‐ leistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes bzw. eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres vorliegt, • für die Dauer der Ableistung eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres oder, • körperlich, geistig oder seelisch behindert ist und sich deshalb nicht selbst unterhalten kann. Die Waisenrente wird auch für den Zeitraum über das 27. Lebensjahr hinaus bezahlt, um den eine Schul- oder Berufsausbildung durch Wehrpflicht oder Zivildienst unterbrochen oder verzögert wurde. Waisenrenten werden auf Antrag festgestellt. Üblicherweise werden Witwen- und Waisenrentenanträge von den Hinterbliebenen gleichzeitig ge‐ stellt. Die Halbwaisenrente berechnet sich nach § 67 SGB VI aus 10 Prozent (Rentenartfaktor 0,1), die Vollwaisenrente aus 20 Prozent (Rentenartfaktor 0,2) der Vollrente des Versicherten zuzüglich eines Zuschlages an persönlichen Entgeltpunkten (§ 78 SGB VI). Die Heirat einer Halb- oder Vollwaise ändert nichts an deren Status und dem Rentenanspruch. Die durch die Heirat eingetretenen unterhaltsrechtlichen Be‐ ziehungen sind für den Anspruch auf Halb- oder Vollwaisenrente unmaßgeblich. Eine früher im Gesetz vorhandene „Heiratsklausel“ wurde durch Beschluss des 196 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="197"?> Bundesverfassungsgerichtes vom 27.05.1970 für verfassungswidrig erklärt (AZ.: 1 BVL 22/ 63). 6.4.2 Status einer Halb- oder einer Vollwaise Bei der Feststellung, ob noch ein unterhaltsverpflichteter Elternteil vorhanden ist, kommt es darauf an, wie viele „Elternteile“ das Kind hat. Dabei kommen als Elternteile nur leibliche Eltern und Adoptiveltern in Betracht. Der Vater eines nichtehelichen Kindes ist dabei ebenfalls ein leiblicher Elternteil. Sind die leiblichen Eltern eines Kindes gestorben und lebt dieses im Haushalt der zweiten Ehefrau seines Vaters - also seiner Stiefmutter - hat es auch dann Anspruch auf Vollwaisenrente, wenn die Stiefmutter dem Kind tatsächlich Unterhalt leistet. Diese Zahlungen haben - mangels einer gesetzlichen Grundlage - nicht die Qualität eines Unterhaltsanspruches gegen die Eltern bzw. gegen einen Elternteil. Daher stehen sie einem Vollwaisenrentenanspruch nicht entgegen (s. auch Urteil des Bundessozialgerichtes AZ.: 12 RJ 180/ 65). 6.4.3 Anspruchsberechtigte Kinder 6.4.3.1 Leibliche Kinder Anspruchsberechtigt sind Kinder im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und zwar leibliche Kinder und Adoptivkinder. Nach dem Kindschafts‐ rechtsreformgesetz von 1997 gibt es keine rechtlichen Unterschiede mehr zwischen ehelichen und nicht ehelichen Kindern; beide sind leibliche Kinder. Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat (§ 1591 BGB). Vater eines Kindes ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist (§ 1592 BGB). Kraft Gesetzes ist davon auszugehen, dass der Ehemann der Mutter auch der Vater des Kindes ist. Diese Feststellung gilt auch dann, wenn die Ehe durch den Tod des Mannes aufgelöst worden ist und das Kind innerhalb von 300 Tagen nach Auflösung der Ehe geboren wird (§ 1593 Satz 1 BGB). Fallbeispiel: Der Versicherte ist am 17.08.2020 verstorben. Er hinterlässt eine Witwe, die am 24.02.2021 ein Kind zur Welt bringt. 197 6.4 Waisenrente (§ 48 SGB VI) <?page no="198"?> Lösung: Der Versicherte, der bei Geburt des Kindes nicht mehr lebt, ist der Vater des Kindes. Hier gilt die Vaterschaftsvermutung, da das Kind innerhalb von 300 Tagen nach Auflösung der Ehe geboren ist. Durch die Adoption erfolgt eine Neugestaltung der familienrechtlichen Ver‐ hältnisse des Kindes sowohl zum Annehmenden als auch zu den leiblichen Eltern. Nach dem neuen Adoptionsrecht, das ab 01.01.1977 gilt, erlangt ein Minderjähriger durch die Adoption die rechtliche Stellung eines Kindes des Annehmenden. Die verwandtschaftlichen Beziehungen zu den leiblichen Eltern werden gelöst. Damit kann ein Anspruch auf Waisenrente aus der Versicherung der leiblichen Elternteile nicht mehr entstehen, falls die Adoption vor deren Tod erfolgte. Bereits bestehende Waisenrentenansprüche aus der Versicherung der leiblichen Eltern werden durch die Adoption allerdings nicht berührt (§ 48 Abs. 6 SGB VI). Auch ein Volljähriger erlangt durch die Adoption ebenfalls die rechtliche Stellung eines Kindes des Annehmenden. Hier werden jedoch die verwandtschaftlichen Beziehungen zu den leiblichen Eltern nicht gelöst. Das Adoptivkind ist somit sowohl Kind seiner leiblichen Eltern wie auch Kind des Annehmenden. Daraus folgt, dass auch nach der Adoption ein Anspruch auf Waisenrente aus der Versicherung der leiblichen Eltern entstehen kann. Fallbeispiel: Adoption am 19.05.2015 Das Kind ist zum Zeitpunkt der Adoption minderjährig. Tod des leiblichen Vaters am 25.03.2020. Lösung: Es besteht kein Anspruch auf Waisenrente aus der Versicherung des leib‐ lichen Vaters. Mit der Annahme des Kindes ist das familienrechtliche Ver‐ hältnis zum leiblichen Vater erloschen. Fallbeispiel: Adoption am 12.07.2020 Das Kind ist zum Zeitpunkt der Adoption volljährig. Tod des leiblichen Vaters am 15.11.2020. 198 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="199"?> Lösung: Der Anspruch auf Halbwaisenrente aus der Versicherung des leiblichen Vaters ist begründet (unter den sonstigen Voraussetzungen). Bei der Annahme Volljähriger wird das familienrechtliche Verhältnis zum leiblichen Vater nicht berührt. 6.4.3.2 Sonstige waisenrentenberechtigte Personen Neben den leiblichen und Adoptivkindern der verstorbenen Versicherten sind nach § 48 Abs. 3 SGB VI auch • Stiefkinder, • Pflegekinder, • Enkel und Geschwister unter bestimmten Voraussetzungen waisenrentenberechtigt. Stiefkinder: Eine Definition des Begriffs Stiefkind gibt es im Familienrecht nicht; hier ist allein auf den allgemeinen Sprachgebrauch zurückzugreifen. Danach handelt es sich bei Stiefkindern um die vom Ehepartner in die Ehe eingebrachten Kinder. Auch nach Auflösung der Ehe ändert sich am Stiefkind-Verhältnis nichts. Stiefkinder sind dann waisenrentenberechtigt, wenn sie gemäß § 48 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI in den Haushalt der verstorbenen Versicherten aufgenommen wurden. Haushaltsaufnahme im Sinne des Sozialrechts bedeutet, dass ein enges Erziehungs- und Betreuungsverhältnis bestanden hat. Hierzu gehören u. a. die Versorgung, Erziehung und Beaufsichtigung des Kindes. Fallbeispiel: • Eheschließung zwischen Klaus A und Erika B am 09.09.2020. • Erika B bringt in die Ehe ein Kind aus erster Ehe (Torsten, geb. 05.03.2016) mit ein. • Tod des Ehemannes/ Stiefvater des Kindes Klaus A am 05.02.2021. Lösung: Das Kind Torsten ist ab 05.02.2021 Halbwaise, da es sich im Verhältnis zum Verstorbenen um einen in den Haushalt aufgenommenes Stiefkind handelt. 199 6.4 Waisenrente (§ 48 SGB VI) <?page no="200"?> Pflegekinder: Bei den Pflegekindern handelt es sich um Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemein‐ schaft wie Kinder mit Eltern zusammenleben. Dies ist die Grundlage für das bereits genannte Aufsichts-, Betreuungs- und Erziehungsverhältnis. Ein Pflege‐ kindschaftsverhältnis ist bei sog. Tagesmüttern und Elternhilfseinrichtungen (z. B. Betreibern einer privaten Kinderkrippe) zu verneinen. In diesen Fällen besteht weiterhin ein unmittelbares Erziehungs- und Betreuungsverhältnis durch die Eltern bei Zahlung einer Gebühr an die die Aufsicht des Kindes zeitweise wahrnehmende Stelle. Enkel und Geschwister: Enkel und Geschwister des/ der verstorbenen Versicherten sind waisenrenten‐ berechtigt, wenn sie am Todestag entweder im Haushalt aufgenommen waren oder der überwiegende Lebensunterhalt durch die/ den Verstorbene(n) bestritten wurde. Keine Enkel im Sinne des § 48 Abs. 3 Nr. 2 SGB VI sind die Stiefenkel und Urenkel. Diese Personen können die Voraussetzungen für einen Waisenren‐ tenanspruch nur über ein Pflegekindschaftsverhältnis erfüllen. Bezüglich der Haushaltsaufnahme gelten die gleichen Voraussetzungen wie bei Stiefkindern und Pflegekindern. Dies bedeutet, dass in der Person der Großeltern dann kein Waisenrentenanspruch entstehen kann, wenn die Eltern weiterhin den maßgebenden Einfluss auf die Erziehung des Kindes ausüben und es sich nur während der Arbeitszeit der Eltern in Obhut der Großeltern befindet. 6.4.3 Anspruchszeitraum bis zum 18. Lebensjahr Nach § 48 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI besteht bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ein Anspruch auf Waisenrente. Weitere persönliche Voraussetzungen sind nicht zu erfüllen. Die Rentenzahlung endet nach § 100 Abs. 3 SGB VI mit Ablauf des Kalendermonates, in dem das 18. Lebensjahr vollendet wird. Verstirbt das Kind vor Vollendung des 18. Lebensjahres, endet die Waisenrente mit Ablauf des Todesmonats. 6.4.4 Verlängerung bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres Der Anspruch auf Halb- oder Vollwaisenrente nach dem 18. Lebensjahr besteht längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, wenn die Waise 200 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="201"?> • sich in Schul- oder Berufsausbildung befindet oder • sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Kalendermonaten be‐ findet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes oder der Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres liegt oder • einen freiwilligen Dienst im Sinne des § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe d des Einkommensteuergesetzes leistet oder • wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Schul- und Berufsausbildung Eine Schul- oder Berufsausbildung gemäß § 48 SGB VI liegt nur vor, wenn die Ausbildung einen tatsächlichen zeitlichen Aufwand von wöchentlich mehr als 20 Stunden erfordert. Schulausbildung ist die Ausbildung an allgemeinbildenden öffentlichen oder privaten Schulen, Fachschulen, Fachhochschulen oder Hochschulen. Fallbeispiel: • Waise, geb. 09.06.1995 • Schulausbildung (Abitur) bis zum 19.06.2014 • Hochschulstudium vom 01.10.2014 bis 31.03.2020 • Wie lange wird die Waisenrente geleistet? Lösung: Die Waisenrente wird über das 18. Lebensjahr hinaus ( Juni 2013) bis zum 31.03.2020 gewährt. Bei allgemeinbildenden Schulen endet das Schuljahr ein‐ heitlich am 31.07. eines Jahres, und zwar unabhängig vom tatsächlichen Unterrichtsende oder den Ferien. Auch während der Übergangszeit bis zum Beginn der Hochschulausbildung vom 01.08. bis 30.09.2014 besteht durchgehend Anspruch auf Waisenrente. Eine Berufsausbildung endet mit dem Zeitpunkt der festgelegten Ausbildungs‐ dauer. Wird die Ausbildung tatsächlich verkürzt und evtl. mit dem Prüfungstag beendet, ist dieser Zeitpunkt maßgebend. Zur Berufsausbildung gehören auch Praktikantenzeiten, die nicht Bestandteil eines Studiums sind. 201 6.4 Waisenrente (§ 48 SGB VI) <?page no="202"?> Unterbrechung der Ausbildung durch Krankheit oder Schwangerschaft Das Ausbildungsverhältnis besteht auch trotz einer Erkrankung fort, wenn damit gerechnet werden kann, dass die Ausbildung fortgesetzt wird. Dies gilt auch für die Dauer der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz. Falls Elternzeit beansprucht wird, entfällt aber der Anspruch auf Waisenrente. Die Elternzeit ist ein gesetzlich geregelter Anspruch an den Arbeitgeber auf unbe‐ zahlte Freistellung zur Betreuung und Erziehung eines Kindes. Nur berufstätige Frauen und Männer, die ihr Kind selbst betreuen und erziehen, haben einen Rechtsanspruch auf Elternzeit, die früher als Erziehungsurlaub bezeichnet wurde. Gesundheitliche Ursachen Falls eine Waise aus gesundheitlichen Gründen außerstande ist, den eigenen Unterhalt zu finanzieren, erhält sie bis zur Vollendung ihres 27. Lebensjahres weiterhin Waisenrente. 6.4.5 Weitere Verlängerung durch Grundwehrdienst und Zivildienst bis 30.06.2011 Die für den Anspruch auf Waisenrente maßgebende Altersbegrenzung bei Unterbrechung oder Verzögerung der Schulausbildung oder Berufsausbildung durch den gesetzlichen Wehrdienst, Zivildienst oder einen gleichgestellten Dienst erhöht sich um die Zeit dieser Dienstleistung. Der Anspruchszeitraum, der mit der Vollendung des 27. Lebensjahres endet, wird um die Dauer des gesetzlichen Pflichtdienstes verlängert, soweit in dieser Zeit die anspruchsbe‐ gründende Ausbildung vorhanden ist. Fallbeispiel: • Geburtsdatum der Waise: 14.11.1983 • Schulausbildung bis 15.07.2004 • Zivildienst vom 01.11.2004 bis 31.07.2005 • Schulausbildung vom 01.10.2005 bis 30.09.2011 Bis zu welchem Zeitraum wird Waisenrente gezahlt? Lösung: Das 27. Lebensjahr wird am 13.11.2010 vollendet. Der Anspruchszeitraum auf Waisenrente kann grundsätzlich über diesen Zeitpunkt hinaus um die Dauer des gesetzlichen Zivildienstes - 9 Monate - verlängert werden. Es ergibt sich 202 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="203"?> somit ein maximaler Verlängerungszeitraum bis zum 31. August 2011. Im vor‐ liegenden Fall wird die Waisenrente damit bereits vor Ende der Schulausbildung (30.09.2011) eingestellt. 6.4.6 Beginn der Waisenrente Es gelten dieselben Rentenbeginn-Vorschriften (§ 99 Abs. 2 SGB VI) wie bei den Witwenbzw. Witwerrenten. Auch Waisenrenten können nicht länger als 12 Kalendermonate vor dem Monat der Antragstellung rückwirkend geleistet werden. Nach dem Tode des Versicherten geborene Kinder erwerben den Anspruch auf Waisenrente frühestens ab dem Tag der Geburt. Fallbeispiel: • Tod des Versicherten am 17.11.2020 (kein Rentenbezug) • Waise 1, geboren am 15.01.2005 • Waise 2, geboren am 21.02.2021 • Rentenantrag: 20.04.2021 • Beginn der Waisenrenten? Lösung: Die Waisenrente der Waise 1 beginnt mit dem Todestag des Versicherten am 17.11.2020. Waise 2 erhält ab Geburt (21.02.2021) Halbwaisenrente. 6.5 Hinterbliebenenrente wegen Verschollenheit Ehegatten, geschiedene Ehegatten oder Elternteile, die verschollen sind, gelten als verstorben, wenn die Umstände ihren Tod wahrscheinlich machen und seit einem Jahr Nachrichten über ihr Leben nicht eingegangen sind. Der Träger der Rentenversicherung kann nach § 49 SGB VI von den Berechtigten die Versicherung an Eides Statt verlangen, dass ihnen weitere als die angezeigten Nachrichten über den Verschollenen nicht bekannt sind. Die Träger der Renten‐ versicherung sind berechtigt, den für die Rentenleistung nach den Umständen mutmaßlichen Todestag festzustellen. Dieser bleibt auch bei gerichtlicher Fest‐ stellung oder Beurkundung eines abweichenden Todesdatums maßgeblich. Ob 203 6.5 Hinterbliebenenrente wegen Verschollenheit <?page no="204"?> eine eidesstattliche Erklärung verlangt wird, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Zahlung einer Rente wegen Todes bei Verschollenheit an (frühere) Ehe‐ gatten, (frühere) eingetragene Lebenspartner oder an Kinder ist frühestens nach Ablauf der Jahresfrist möglich. Waren Verschollene bereits Rentenbezieher und ist kein gesetzlicher Vertreter bestimmt worden, an den die Rente weitergezahlt werden kann, ist zu prüfen, ob an die Hinterbliebenen Rentenleistungen in entsprechender Anwendung des § 48 SGB I gezahlt werden können, damit diese nicht unversorgt sind. Verschollene Rentenbezieher können aufgrund dieses Sachverhalts ihrer Unterhaltpflicht nicht nachkommen. Die Zahlungen sind in Höhe der möglichen (späteren) Hinterbliebenenrente unter Beachtung der Einkommensanrechnung nach § 97 SGB VI vorzunehmen. Fallbeispiel: Der Versicherte wird seit 19.07.2019 (Windsurfing ohne Wiederkehr an der französischen Atlantikküste) vermisst. Seit über einem Jahr sind von dem Vermissten keinerlei Nachrichten über sein Leben eingegangen. Lösung: Die Deutsche Rentenversicherung ist aufgrund gesetzlicher Neuregelung seit 22.04.2015 berechtigt, den für die Rentenleistung mutmaßlichen Todestag ver‐ bindlich festzustellen. Abzuwarten ist jedoch der Ablauf des 12 Monatszeitraums im Juli 2020. 6.6 Witwenbzw. Witwerrentenabfindung (§ 107 SGB VI) Die Rentenabfindung ist eine Regelleistung der gesetzlichen Rentenversiche‐ rung. Die Abfindung wird gemäß § 107 SGB VI auf Antrag gewährt. Eine spezielle Antragsfrist ist nicht vorgesehen. Wird der Antrag aber nicht innerhalb von vier Kalenderjahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Wiederheirat gestellt, verjährt der Anspruch nach § 45 SGB I. Die Verjährung wird durch den Rentenversicherungsträger im Wege der Einrede geltend gemacht. Witwen- oder Witwerrenten werden bei der ersten Wiederheirat der Berechtigten mit dem 24-fachen Monatsbetrag abgefunden. Bei kleinen Wit‐ wenrenten oder kleinen Witwerrenten nach neuem Hinterbliebenenrentenrecht vermindert sich das 24-fache des abzufindenden Monatsbetrages um die Anzahl an Kalendermonaten, für die eine kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente 204 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="205"?> geleistet wurde (vgl. Fallbeispiel, S. 171). Diese Anrechnung erfolgt nicht, wenn der vorletzte Ehegatte vor dem 01.01.2002 verstorben ist. Dies gilt auch, wenn mindestens ein Ehegatte in der vorletzten Ehe vor dem 02.01.1962 geboren ist und diese Ehe vor dem 01.01.2002 geschlossen wurde (§ 269 b SGB VI). Als Monatsbetrag bei der Rentenabfindung ist der Durchschnitt der für die letzten 12 Kalendermonate geleisteten Witwenrente oder Witwerrente heranzu‐ ziehen. Erfolgt die Wiederheirat nach dem Ablauf des 15. Kalendermonats nach dem Tod des Versicherten, sind für die Ermittlung des Durchschnittsbetrages die Rentenbeträge maßgebend, auf die in den letzten 12 Kalendermonaten (bis einschließlich des Monats der Wiederheirat) Anspruch bestanden hat. Bei dem 12-Kalendermonatszeitraum verbleibt es auch dann, wenn zeitweise - z. B. wegen der Einkommensanrechnung nach § 97 SGB VI oder wegen eines verspäteten Rentenantrages - kein Anspruch auf Rentenzahlung bestanden hat. Die Kalendermonate ohne Rentenzahlbeträge gehen mit einem Nullbetrag in die Durchschnittsberechnung ein. Fallbeispiel: • Wiederheirat 05.05.2020 • Ende der großen Witwenrente am 31.05.2020 • Die große Witwenrente beträgt vor Abzug des Eigenanteils zur Kran‐ kenversicherung der Rentner und des Beitrags zur Pflegeversicherung • vom 01.07.2018 bis 30.06.2019 550,00 € monatlich; • ab 01.07.2019 Zahlbetrag: 567,49 € monatlich. Lösung: Die letzten 12 Kalendermonate umfassen die Zeit vom 01.06.2019 bis 31.05.2020. Innerhalb dieses Zeitraumes wurde gezahlt: vom 01.06.2019 bis 30.06.2019 = 1 x 550 € und 11 x 567,49 € = 6.792,39 €. Der durchschnittliche Monatsbetrag beträgt somit 566,03 €. Die Abfindungs‐ summe im Umfang von 24 Monatsbeträgen beläuft sich auf 13.584,72 €. Erfolgt die Wiederheirat vor Ablauf des dritten auf den Sterbemonat folgenden Monats wird keine Durchschnittsberechnung vorgenommen. Monatsbetrag ist der Betrag der Witwenbzw. Witwerrente, der ohne die Wiederheirat für den vierten auf den Sterbemonat folgenden Kalendermonat zu leisten gewesen wäre. Alle Tatbestände, die sich ab dem vierten Kalendermonat rentenerhöhend oder rentenmindernd ausgewirkt hätten, sind zu berücksichtigen. 205 6.6 Witwenbzw. Witwerrentenabfindung (§ 107 SGB VI) <?page no="206"?> Fallbeispiel: • Heirat des Versicherten: 01.03.2019 • Versicherter gestorben: 12.02.2020 (kein Rentenbezug) • Witwe geboren am: 15.09.1979 • Rentenantragstellung: 07.04.2020 • Wiederheirat: 19.12.2021 • Antrag auf Witwenrentenabfindung: 12.01.2022 Lösung: Anspruch auf kleine Witwenrente besteht für den Zeitraum vom 12.02.2020 bis 28.02.2022 Die Witwenrentenabfindung umfasst deshalb nur den Zeitraum vom 01.01.2022 bis 28.02.2022. Die Zahlung einer Rentenabfindung schließt die Durchführung eines Renten‐ splittings unter Ehegatten bzw. unter eingetragenen Lebenspartnern aus (§ 120 a Abs. 5 SGB VI). Ein Anspruch auf eine Rentenabfindung besteht auch, wenn der Berechtigte seinen ständigen Aufenthalt im Ausland hat und bis zur Wiederheirat eine Rentenleistung zu erbringen war. Unter diesen Voraussetzungen kann die Abfindung auch ins Ausland geleistet werden. 6.7 Witwen- und Witwerrente an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten (§ 243 SGB VI) Diese Hinterbliebenenrente ist ein Überbleibsel des alten nach dem Verschul‐ densprinzip orientierten Scheidungsrechts in der Bundesrepublik Deutschland, das am 30.06.1977 außer Kraft gesetzt wurde. Es gilt aber weiterhin für alle Ehescheidungen, die bis zu diesem Zeitpunkt rechtskräftig geworden sind. Unter § 243 Abs. 1 und 2 SGB VI sind die Anspruchsvoraussetzungen für eine kleine bzw. große Geschiedenen-Witwenbzw. Witwerrente aufgeführt. Dazu gehören: • Tod des/ der früheren Ehepartners(in) und Scheidung vor dem 01.07.1977, • keine Wiederheirat des/ der Antragsteller(in) und Erfüllung der allge‐ meinen Wartezeit von 5 Jahren, 206 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="207"?> • im letzten Jahr vor dem Tode erfolgte Unterhaltszahlung durch den Verstorbenen oder Bestehen eines Unterhaltsanspruchs im letzten wirt‐ schaftlichen Dauerzustand. Eine tatsächliche Unterhaltszahlung im letzten Jahr vor dem Tode des Versi‐ cherten hat nur dann anspruchsrechtliche Wirkung, wenn der Unterhalt von wirtschaftlicher Bedeutung war. Dies ist der Fall, wenn seine Höhe 25 Prozent des örtlich notwendigen Mindestbedarfs zum Lebensunterhalt erreicht. Dabei wird auf den örtlich notwendigen Mindestbedarf des geschiedenen Ehegatten abgestellt. Bei einem Eckregelsatz von derzeit 446,00 € (2021) betragen 25 Pro‐ zent hiervon mindestens 111,50 € an notwendiger Unterhaltsleistung. Falls im letzten Jahr vor dem Tode kein (ausreichender) Unterhalt gezahlt wurde, ist zu prüfen, ob eine Unterhaltsverpflichtung in Höhe des Mindest‐ bedarfs nach den seinerzeitigen Vorschriften des Ehegesetzes (§ 58 bis 61 Ehegesetz) bestanden hat. Bei Todesfällen ab 01.01.2012 wird die bisherige Altersgrenze für die Ge‐ währung einer Witwenbzw. Witwerrente nach § 243 SGB VI ohne vorherigen Unterhaltsanspruch (§ 243 Abs. 3 SGB VI) von bisher 60 Jahren (§ 243 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 Buchstabe e SGB VI) stufenweise auf 62 Jahre (§ 243 Abs. 3 S. 2 SGB VI) angehoben. Unter dieser Vorschrift werden Fälle erfasst, die wegen ausreichenden eigenen Einkommens keinen Unterhaltsanspruch hatten. Fallbeispiel: Versicherter X. verstirbt am 10.07.2021. Er hinterlässt eine Ehefrau aus einer rechtsgültig bestehenden zweiten Ehe. Diese Ehefrau besitzt einen Anspruch auf große Witwenrente. Die frühere geschiedene und heute noch unverheiratete Frau Z. (Geburts‐ jahrgang 1958) stellt ebenfalls Antrag auf Hinterbliebenenrente. Nach der Scheidung (10.12.1976) hat der frühere Ehemann an Frau Z. freiwillig Unter‐ halt gezahlt. Im letzten Jahr vor seinem Tode (vom 01.07.2020 bis 30.06.2021) betrug dieser Unterhalt monatlich 130,00 €. Lösung: Neben der Witwenrente für die zweite Ehefrau besteht Anspruch auf Geschie‐ denen-Witwenrente, da im letzten Jahr vor dem Tode Unterhalt in Höhe von mindestens 25 Prozent des örtlichen Mindestbedarfs gezahlt wurde. Beide Hinterbliebenenrenten werden nach dem Anteil der jeweiligen Ehezeit an der Gesamtehedauer aufgeteilt (§ 91 SB VI). 207 6.7 Witwen- und Witwerrente an vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten <?page no="208"?> 6.8 Witwenrente und Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten (§§ 46 Abs.3 / 90 SGB VI) Auf eine Witwen- oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten nach § 90 SGB VI werden für denselben Zeitraum bestehende Ansprüche auf Witwen- oder Witwerrente, auf Versorgung, auf Unterhalt oder auf sonstige Renten nach dem letzten Ehegatten angerechnet. Dabei werden die Vorschriften über die Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes nicht berücksichtigt. Eine bei der Wiederheirat gezahlte Rentenabfindung wird in angemessenen Teilbeträgen einbehalten, soweit sich der Abfindungszeitraum, mit dem zum frühestmögli‐ chen Zeitpunkt beginnenden Wiederaufleben der Hinterbliebenenrente vom vorletzten Ehegatten überschneidet. Das Wiederaufleben soll der Witwe oder dem Witwer eine Hinterbliebenen‐ versorgung mindestens in Höhe der Leistungen des vorletzten Ehegatten/ Le‐ benspartner garantieren. Auf die wiederaufgelebte Witwenbzw. Witwerrente sind die neu erworbenen Ansprüche nach dem letzten Ehegatten/ Ehepartner in der Höhe, in der sie nach Abzug etwaiger gesetzlicher Abgaben (z. B. Steuern) zustehen, anzurechnen. Zwischen den anzurechnenden Ansprüchen und der Witwenbzw. Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten/ Lebens‐ partner muss Zeitgleichheit bestehen. Die Erziehungsrente und die auf einen Versorgungsausgleich entfallenden Rentenanteile einer eigenen Rente werden nicht angerechnet, weil es sich hierbei nicht um Renten nach dem letzten Ehegatten/ Lebenspartner handelt. Fallbeispiel: • Witwenrente in Höhe von 500,00 € mtl. fällt aufgrund Wiederheirat am 21.03.2016 zum 31.03.2016 weg (§ 100 Abs. 3 SGSB VI). • Eine Witwenrentenabfindung für 24 Kalendermonate nach § 107 SGB VI hat die Witwe am 12.05.2017 erhalten. Die Auflösung der Ehe durch Tod des zweiten Ehemannes erfolgte am 19.09.2020. • Witwenrente vom zweiten Ehemann ab 19.09.2020 in Höhe von monat‐ lich 350,00 €. Die Witwe beantragt das Wiederaufleben der Witwenrente aus der Versicherung des ersten Ehemannes am 05.12.2020. Lösung: Das Wiederaufleben der Witwenrente aus der Versicherung des vorletzten Ehegatten erfolgt zum 01.10.2020. Da die Witwenrentenabfindung im Um‐ fang von 24 Kalendermonaten für die Zeit vom 01.04.2016 bis 31.03.2018 208 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="209"?> bereits verbraucht ist, ergibt sich bei der Feststellung der Höhe der für ein Wiederaufleben in Betracht kommenden Witwenrente aus der Versicherung des vorletzten Ehegatten lediglich die Anrechnung der Witwenrente aus der Versicherung des letzten Ehemannes. Damit steht der Witwe ein Wiederauflebens-Anspruch in Höhe von mindestens 150,00 € monatlich zuzüglich der zwischenzeitlich erfolgten Rentenanpassungen zu. Die Witwen- und Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten kann auch zu positiven Auswirkungen führen, die der Zufälligkeit der zusammentreffenden Ereignisse geschuldet sind. Mit dem nächsten Beispiel und dem entsprechenden Lösungsvorschlag sollen diese Konsequenzen aufgezeigt werden. W-Rente nach dem vorletzten Ehegatten Fallbeispiel: Witwenrente vom ersten Ehemann (monatliche W-Rente: 850 €) fällt am 31.10.2018 weg (§ 100 Abs. 3 SGB VI). Grund: Wiederheirat am 15.10.2018. Auf Antrag erhält die Witwe eine Witwenrentenabfindung für die Zeit vom 01.11.2018 - 31.10.2020 in Höhe von 20.400 €. Die zweite Ehe wird durch rechtskräftige Scheidung am 25.02.2021 aufgelöst. Einen Unterhaltsanspruch gegenüber dem früheren Ehegatten besteht nicht. Der Antrag auf Rente vom vorletzten Ehegatten wird am 19.03.2021 gestellt. 1. Wie ist über diesen Antrag zu entscheiden? 2. Wann würde die Rente nach dem vorletzten Ehegatten frühestens beginnen? 3. Verbleibt es bei der Witwenrentenabfindung i. H. v. 20.400 €? Lösung: 1. Die Voraussetzungen für die Witwenrente an den vorletzten Ehegatten sind mit rechtskräftiger Auflösung der 2. Ehe am 25.02.2021 erfüllt. Nachdem weder Unterhaltsnoch Rentenansprüche aus der 2. Ehe entstanden sind und der Abfindungszeitraum bereits am 31.10.2020 abgelaufen war, lebt der Anspruch auf Witwenrente in Höhe von monatlich 906,36 € (850 € + Rentenanpassungen 2019/ 2020 = 6,63 %) in voller Höhe wieder auf. 2. Die Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten beginnt am 01.03.2021 (§ 99 Abs. 2 SGB VI). Dieser Rentenbeginn ergäbe sich ebenfalls bei einer späteren Antragstellung auf die W-Rente bis zum 30.04.2022. 3. JA! Der Abfindungszeitraum war bereits abgelaufen. Damit ist keine Aufrechnung zeitgleich gezahlter Abfindungsbeträge möglich. Abbildung 31: Witwen-/ Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten 209 6.8 Witwenrente und Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten (§§ 46 Abs.3 / 90 SGB VI) <?page no="210"?> 6.9 Erziehungsrente Die Erziehungsrente ist eine wenig bekannte Leistung der gesetzlichen Renten‐ versicherung. Sie ist zwar eine Rente wegen Todes und doch eine Versicherten‐ rente. Grundlage dieser Rente nach § 47 SGB VI, die für die Dauer der Erziehung eines Kindes bis zu dessen 18. Lebensjahr oder ohne Altersbegrenzung bei Sorge für ein behindertes Kind erfolgt, sind folgende Voraussetzungen: • Nichterreichen der Regelaltersgrenze • Ehescheidung nach dem 30.06.1977 oder Durchführung eines seit 2002 möglichen Ehegatten-Rentensplittings, • Tod des (früheren) Ehegatten, • Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren - ggf. vorzeitig - durch den Antragsteller, • keine Wiederheirat des anspruchsberechtigten Antragstellers, • Erziehung eines eigenen Kindes oder eines Kindes des früheren (verstor‐ benen) Ehepartners oder Sorge für ein behindertes Kind. Was die Höhe der Rente betrifft, entspricht die Erziehungsrente exakt der Rente wegen voller Erwerbsminderung. Ab dem Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersgrenze entsteht ein Anspruch auf Regelaltersrente. Im Übrigen gelten alle anderen Berechnungsvorschriften, die auch bei der Ermittlung der Hinterbliebenenrente beachtlich sind; so z. B. der Abschlag vom Zugangsfaktor bei Rentenansprüchen vor Vollendung des 65. Lebensjahres und die Regelungen zur Einkommensanrechnung neben dem Rentenbezug. Der Beginn einer Ver‐ minderung des Zugangsfaktors ist hier ebenfalls - wie bei der EM-Rente - auf das 62. Lebensjahr begrenzt. Darüber hinaus gilt die Übergangsvorschrift des § 264d SGB VI entsprechend. Fallbeispiel: • Früherer Ehemann verstorben: 11.09.2016 • Ehescheidung erfolgt: 08.11.1999 • Erziehung des Kindes Max, geb. 21.04.2019 • Weitere Voraussetzungen (keine Wiederheirat, allgemeine Wartezeit erfüllt) sind vorhanden. • Antrag auf Erziehungsrente: 07.07.2019 210 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="211"?> Lösung: Die Antragstellerin erfüllt alle Voraussetzungen für eine Erziehungsrente erst‐ mals am 21.04.2019. Da der Antrag rechtzeitig gestellt wurde (Frist vom 21.04.2019 bis 31.07.2019) beginnt die Erziehungsrente am 01.05.2019. Wäre der Antrag erst nach Ablauf von drei Kalendermonaten nach Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen gestellt worden, würde die Erziehungsrente erst am Ersten des Antragsmonats beginnen. Die Erziehungsrente wird längstens bis zur Vollendung des 18.Lebensjahres des Kindes, also hier bis Ende April 2037 geleistet. Es ist nicht Voraussetzung, dass es sich bei dem Kind um ein solches des verstorbenen Versicherten gehandelt hat. Es genügt, dass es sich um ein Kind der anspruchsberechtigten früheren Ehefrau handelt. Beispiel zur Erziehungsrente - Spezialfall Beispiel: Der Versicherte Jochen Wagner, geb. 07.11.1970, wurde am 15.02.1999 von seiner Ehefrau geschieden. Seine Ehefrau zahlt ihm keinen Unterhalt. Er hat nicht wieder geheiratet und auch keine Lebenspartnerschaft begründet. Herr Wagner hat bisher 96 Monate Pflichtbeiträge zur gesetzl. Rentenversicherung entrichtet. In seinem Haushalt lebt sein am 13.06.1972 geborener Bruder. Er sorgt für seinen Bruder, weil dieser aufgrund einer geistigen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Herr Wagner übt 10 Stunden in der Woche eine Berufstätigkeit aus. Seine frühere Ehefrau ist am 13.08.2015 verstorben. Er beantragt eine Erziehungsrente. Frage: Besteht ein Anspruch auf Erziehungsrente? Lösung: JA, Anspruch besteht Geschiedener Ehegatte ist verstorben Die allg. WZ beim Tod des geschiedenen Ehegatten ist erfüllt Ehescheidung nach dem 30.6.1977 Sorge für ein Kind, das wegen einer Behinderung außerstande ist sich selbst zu unterhalten Keine Wiederheirat oder Begründung einer Lebenspartnerschaft Die Regelaltersgrenze ist noch nicht erreicht Beachte: § 97 SGB VI ist anzuwenden! Abbildung 32: Erziehungsrente 211 6.9 Erziehungsrente <?page no="212"?> 6.10 Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes Die Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes gemäß § 97 SGB VI wurde mit dem Hinterbliebenen- und Erziehungszeitengesetz ab 01.01.1986 eingeführt. Anlass war die Gleichstellung von Männern und Frauen durch Schaffung einer unbedingten Witwen- und Witwerrente, zu der der Gesetzgeber durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes verpflichtet wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Gewährung einer Witwerrente für den überlebenden Ehemann an die Voraussetzung gebunden, dass die Verstorbene im letzten wirt‐ schaftlichen Dauerzustand den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten hatte. Um die Mehrkosten aus den zusätzlich entstehenden Hinterbliebenenrenten‐ ansprüchen für Männer aufzufangen, wurde korrelativ die Einkommensanrech‐ nung bei den Renten wegen Todes begründet. Bei Waisenrenten erfolgt seit 01.07.2015 keine Einkommensanrechnung mehr. Was bedeutet Einkommensanrechnung? Darunter ist zu verstehen, dass selbst erworbenes Netto-Erwerbseinkommen bzw. Erwerbsersatzeinkommen - soweit es einen gesetzlich festgelegten Frei‐ betrag überschreitet - zu 40 Prozent auf die Hinterbliebenenrente angerechnet wird. Folgende Rentenleistungen sind davon betroffen: • Witwen-/ Witwerrenten (§ 46 SGB VI) • Rente an den geschiedenen Ehegatten (§ 243 SGB VI) • Erziehungsrente (§ 47 SGB VI) Bei Todesfällen bis zum 31.12.1995 durfte die Einkommensanrechnung aus Gründen des Vertrauensschutzes nur in einem fünfjährigen Übergangszeitraum in vollem Umfang wirksam werden. Im ersten Rentenbezugsjahr gab es danach keine Einkommensanrechnung, im zweiten Jahr wurden 10 Prozent, im dritten Jahr 20 Prozent, im vierten Jahr 30 Prozent und erst ab dem fünften Jahr die vollen 40 Prozent der den Freibetrag übersteigenden Einkommensbeträge an der Rente wegen Todes angerechnet. Ab 01.01.2002 hat die letzte große Hinterbliebenenrentenreform bei Ehe‐ schließungen nach dem 31.12.2001 und bei Eheschließungen vor dem 01.01.2002, wenn beide Ehepartner am 01.01.2002 jünger als 40 Jahre alt waren, die Einkom‐ mensanrechnung auf sämtliche Einkommensarten - also auch auf sämtliche Vermögenseinkommen - erweitert. Die Einkommensanrechnung erfolgt bei Witwen- und Witwerrenten nicht, solange der Rentenartfaktor 1,0 beträgt. Dadurch wird erreicht, dass Witwe und 212 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="213"?> Witwer, die ihnen für das Sterbevierteljahr zustehende Vorschussleistung stets ungekürzt erhalten. Die Einkommensanrechnung verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung: 1 BVR 1318/ 86 festge‐ legt. Da Hinterbliebenenrenten lediglich Unterhaltsersatzfunktion haben, kann ihnen verfassungsrechtlich nicht derselbe Schutz zugestanden werden, wie Versichertenrenten, die als Lohnersatzleistungen einem anderen Sicherungsziel dienen. Die Vorschriften über die Einkommensanrechnung berühren deshalb weder die Bestimmungen über die Eigentumsgarantie des Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz, noch verletzen sie andere Normen des Verfassungsrechts. 6.10.1 Wie wird die Einkommensanrechnung durchgeführt? Hierzu ein Fallbeispiel aus der Praxis: Bezug einer Witwenrente ab 01.01.2021 (Der Verstorbene war bereits Ren‐ tenbezieher) (Ende des Sterbevierteljahres: 31.03.2021) Höhe der Witwenrente vor der Einkommensanrechnung monatlich 960,00 € Anrechenbares Netto-Einkommen monatlich 1.450,00 € Freibetrag für die Einkommensanrechnung (2020/ 2021) mo‐ natlich 902,62 € Ermittlung des den Freibeitrag übersteigenden Einkommensanteils: Anrechenbares Netto-Einkommen 1.450,00 € abzüglich Freibetrag 902,62 € verbleibendes Einkommen 547,38 € hiervon Anrechnung in Höhe von 40 Prozent = 218,95 € 213 6.10 Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes <?page no="214"?> Ermittlung des Zahlbetrages der Witwenrente nach Einkommensanrech‐ nung: Witwenrente vor Anrechnung 960,00 € abzüglich Anrechnungsbetrag nach § 97 SGB VI 218,95 € Witwenrente nach Anrechnung 741,05 € 6.10.2 Anrechenbare Einkommen Soweit es sich um eine Hinterbliebenenrente nach dem Rechtsstand zum 31.12.2001 - auch im Rahmen des Vertrauensschutzes - handelt, werden aus‐ schließlich Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen angerechnet. Was darunter zu verstehen ist, zeigt die folgende Zusammenstellung. Die Anrechnung bei der Hinterbliebenenrente erfolgt jeweils mit den Nettobeträgen, wobei aber nach § 18 b SGB IV von den Bruttobeträgen allgemein verbindliche Abzüge festgelegt sind. Die Tabelle enthält die wichtigsten Einkommensarten sowie den jeweiligen Prozentsatz zur Ermittlung des anzusetzenden Nettobetrages. Art des Einkommens Erwerbseinkommen: Abzüge Arbeitsentgelt (auch 450 €-Job mit Aufstockung) 40 Prozent 450 €-Job (Pauschalbeitrag durch Arbeitgeber, ohne Auf‐ stockung) 0,0 Prozent Arbeitsentgelt (über 450 €) von Altersvollrentnern und Versorgungsbeziehern nach erreichter Regelaltersgrenze 30,5 Prozent Arbeitseinkommen (Selbständige) 39,8 Prozent Vorruhestandsgeld 40,0 Prozent Überbrückungsgelder u. ä. vom Arbeitgeber 40,0 Prozent Bezüge von Beamten u. ä., DO-Angestellten 27,5 Prozent 214 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="215"?> Kurzfristiges Erwerbsersatzeinkommen: Leistungsbeginn nach 2010 Krankengeld Beitragsanteil zur BA + 10 Prozent Krankentagegeld bei privat krankenversicherten Per‐ sonen -- Arbeitslosen-, Unterhalts-, Insolvenzgeld -- Verletztengeld Beitragsanteil zur BA + 10 Prozent Versorgungskrankengeld -- Mutterschaftsgeld -- Übergangsgeld -- Kurzarbeiter-, Winterausfallgeld (Bemessungsentgelt, § 163 Abs. 6 SGB VI) 40,0 Prozent Dauerhaftes Erwerbsersatzeinkommen: Versichertenrente aus der allgemeinen und knappschaft‐ lichen RV Leistungsbeginn vor 2011 13,0 Prozent Versichertenrente aus der allgemeinen und knappschaft‐ lichen RV Leistungsbeginn nach 2010 14,0 Prozent Altersgelder der landwirtschaftlichen Alterskasse Leistungsbeginn vor 2011 = 13 Prozent, Leistungsbeginn nach 2010 14,0 Prozent Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung -- Rente aus einer berufsständischen Versorgung (z. B. Apo‐ theker, Ärzte, Architekten, Notare, Rechtsanwälte) seit 01.07.2007: 27,5 Prozent 29,6 Prozent Ruhegehalt (Beamtenpension) und vergleichbare Abzüge (Richter, Soldaten, Kirche) sowie vergleichbare Bezüge aus der Versorgung der Abgeordneten 23,7 Prozent 25,0 Prozent Berufsschadensausgleich nach dem BVG und anderen Ge‐ setzen -- Betriebsrenten und private Lebensversicherungen bleiben bei der Einkom‐ mensanrechnung nach altem Recht unberücksichtigt. 215 6.10 Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes <?page no="216"?> Nach dem vom 01.01.2002 an geltenden Hinterbliebenenrentenrecht sind in den Fällen, in denen der Vertrauensschutz nicht greift, sämtliche steuerlich relevanten Einkünfte anzurechnen. Folgende neuen dauerhaften Erwerbsersatzeinkommen und Vermögensein‐ künfte sind in Fällen des neuen Hinterbliebenenrentenrechts zusätzlich zu berücksichtigen: Art des Einkommens Neue dauerhafte Erwerbsersatzeinkommen und Vermögenseinkünfte Abzüge Betriebsrente ohne nachgelagerte Besteuerung ab 01.07.2007 17,5 Prozent Betriebsrente mit nachgelagerter Besteuerung ab 01.01.2011 23,0 Prozent Private Lebens- * oder Rentenversicherung, private Un‐ fallversicherung, sonstige private Versorgungsrente mit dauerhafter regelmäßiger Auszahlung 12,7 Prozent Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (sofern nicht Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, z. B. bei Land‐ wirten) 25,0 Prozent Kapitalvermögen (z. B. Zinsen, Aktiengewinne bei Abgel‐ tungssteuer) 25/ 30 Prozent x) Private Veräußerungsgeschäfte (mind. 512 € / Kalender‐ jahr), u. a. Verkauf von Grundstücken oder Immobilien 25,0 Prozent 1) *Abweichende Regelungen bestehen bei Kapital-Lebensversicherungen (Einmal-Auszahlungen). 1) Bei Einmalzahlungen ist die Zahlung auf die dem Auszahlungsmonat folgenden 12 Monate aufzuteilen (z. B. Auszahlung 12.000 € am 14.05., damit vom 01.06. bis 31.05. je 1.000 € Brutto-Einkommen). x.) 30,0 Prozent nur, wenn die Einkünfte der Abgeltungsteuer unterliegen; 5 Prozent, soweit das Halbeinkünfteverfahren Anwendung findet. Leistungen aus einer „Riester-Rente“ sind kein zu berücksichtigendes Ein‐ kommen! 6.10.3 Freibetrag für die Einkommensanrechnung Nach § 97 Abs. 2 SGB VI wird Einkommen von Berechtigten, das mit einer von dieser Vorschrift erfassten Rente zusammentrifft, auf diese Rente ange‐ 216 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="217"?> rechnet, soweit es den Freibetrag übersteigt. Anrechenbar ist das Einkommen, das monatlich bei Witwenbzw. Witwerrenten das 26,4-fache des „aktuellen Rentenwertes“ übersteigt. Bei gewöhnlichem Aufenthalt in den neuen Bundes‐ ländern gilt der jeweilige „aktuelle Rentenwert Ost“ (§ 228 a Abs. 3 SGB VI). Das nicht anrechenbare Einkommen erhöht sich um das 5,6-fache des aktuellen Rentenwertes für jedes Kind des Berechtigten, das Anspruch auf Waisenrente hat oder nur deshalb nicht hat, weil es nicht ein Kind des Verstorbenen ist. Durch die Anbindung an den aktuellen Rentenwert bleibt der Freibetrag dynamisch, d. h., er verändert sich in dem Umfang, in dem der aktuelle Renten‐ wert einer Erhöhung unterliegt. Damit ist jeweils zum 01.07. eines Jahres im Zusammenhang mit der Rentenanpassung eine Überprüfung der Einkommens‐ anrechnung vorzunehmen. Für die Zeit vom 01.07.2020 bis 30.06.2021 (aber Aussetzung der Rentenan‐ passung bis 30.06.2022! ) gelten folgende Werte: Rentenart Faktor Aktueller Rentenwert Freibetrag Freibetrag «West» «Ost»* «West» «Ost» Witwen-, Witwer-, Erzie‐ hungsrente 26,4 34,19 € 33,23 € 902,62 877,27 € Erhöhungsbe‐ trag Kinder (je Kind) 5,6 34,19 € 33,23 € 191,46 € 186,09 € *Der aktuelle Rentenwert „Ost“ wurde zum 01.07.2021 um 0,72 Prozent erhöht (siehe Kapitel 1.13.). 6.10.4 Erstmaliges Zusammentreffen Für die Prüfung, ob und in welcher Höhe eine Einkommensanrechnung nach § 97 SGB VI vorzunehmen ist, ist der Zeitpunkt des erstmaligen Zusammen‐ treffens der Rente wegen Todes mit Einkommen im Sinne von § 18a SGB IV maßgebend. Unerheblich ist dabei der Zeitpunkt der Feststellung des Einkom‐ mens (z. B. der Zahlung einer Versichertenrente für einen zurückliegenden Zeitraum) oder auch der Zeitraum, von dem sich die Einkommensanrechnung auswirkt. 217 6.10 Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes <?page no="218"?> Fallbeispiel: • Beginn der Rente wegen Todes: 01.03.2015 • Der Berechtigte bezieht zu diesem Zeitpunkt kein anrechenbares Einkommen. • Beginn der Regelaltersrente: 01.11.2019 • Bescheids Datum: 15.02.2020 • Beginn der laufenden Altersrentenzahlung: 01.04.2020 • Erstmaliges Zusammentreffen: 01.11.2019 Bei der Ermittlung des auf die Rente wegen Todes anzurechnenden Einkommens wird das monatliche Einkommen des vorangehenden Kalenderjahres zugrunde gelegt. Diesem monatlichen Einkommen ist das laufende Einkommen gegenüber‐ zustellen. Dabei wird das laufende monatliche Einkommen dann berücksichtigt, wenn es um wenigstens 10 Prozent geringer ausfällt (§ 18d SGB IV). Fallbeispiel: Einkommensanrechnung ab 01.10.2020 Das monatliche Einkommen ist aus dem Erwerbseinkommen des Kalender‐ jahres zu ermitteln, das dem Jahr 2020 vorausgeht. Bruttoarbeitsentgelt für 2019 aus einem Beschäftigungsverhältnis: 23.445,00 € abzüglich 40 Prozent 9.378,00 € verbleiben jährlich 14.067,00 € Das monatliche Einkommen aus dem Jahr 2019 beträgt somit 1.172,25 € Diesem monatlichen Einkommen ist das laufende Einkommen gegenüberzu‐ stellen. Das laufende monatliche Einkommen für Oktober 2020 aus einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis beträgt 2.200,00 € abzüglich 40 Prozent 880,00 € verbleiben monatlich 1.320,00 € 218 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="219"?> Das laufende monatliche Einkommen für Oktober 2020 in Höhe von 1.320,00 € ist nicht um wenigstens 10 Prozent geringer als das monatliche Einkommen aus dem Kalenderjahr 2019 in Höhe von 1.172,25 €. Deshalb ist der Wert aus dem Vorjahr für die Einkommensanrechnung zugrunde zu legen. Hätte das monatliche Einkommen ab Oktober 2020 z. B. nur 800,00 € (netto) betragen, wäre dieser Wert um wenigstens 10 Prozent geringer gewesen als das monatliche Vorjahreseinkommen. In diesem Fall hätten der Einkommensanrechnung nur 800,00 € monatlich zugrunde gelegt werden dürfen. 6.10.5 Änderungen in der Höhe des Anrechnungsbetrages / Verfahren bei der Rentenanpassung Das Einkommen wird jedes Jahr zum 01. Juli überprüft. Dies erfolgt unabhängig davon, ob es mit einer Rentenanpassung zum selben Zeitpunkt zusammentrifft. Einkommensänderungen im Rahmen der Einkommensanrechnung sind re‐ gelmäßig erst vom Zeitpunkt der nächsten Rentenanpassung an zu berücksich‐ tigen soweit es sich dabei um höhere laufende Einkommen handelt. Nach § 18d Abs.1 SGB IV sind Einkommensänderungen grundsätzlich erst vom nächstfol‐ genden 1. Juli an zu berücksichtigen. Aufgrund § 18d Abs.2 SGB IV sind Einkommensänderungen vom Zeitpunkt ihres Eintritts an zu berücksichtigen, wenn das laufende Einkommen im Durchschnitt voraussichtlich um wenigs‐ tens zehn vom Hundert geringer ist als das berücksichtigte Einkommen. Jährliche Sonderzuwendungen sind dabei wie bei der erstmaligen Feststellung der Rente in Höhe von einem Zwölftel zu berücksichtigen. Fallbeispiel: Im Fall des unter 6.10.4 dargestellten Fallbeispiels zur Einkommensanrech‐ nung wird das erhöhte Einkommen im Jahr 2020 in Höhe von 1.320,00 € monatlich frühestens ab 01.07.2021 bei der Einkommensanrechnung berück‐ sichtigt werden. Der Betrag in Höhe von 1.320,00 € monatlich ist aber nur dann zugrunde zu legen, wenn er sich für das gesamte Kalenderjahr 2020 durchschnittlich ergibt. Veränderungen beim zu berücksichtigenden laufenden Vermögenseinkommen sollen nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht anders behandelt werden als Veränderungen beim Erwerbseinkommen. 219 6.10 Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes <?page no="220"?> Erhöhungen wirken sich also erst ab dem 01.07. des folgenden Jahres aus. Minderungen des laufenden Vermögenseinkommens sind nach § 18 d Abs. 2 SGB IV erst zu berücksichtigen, wenn diese wenigstens 10 vom Hundert, bei mehreren Einkunftsarten gleichzeitig ggf. gemessen am Gesamteinkommen, betragen. Von einem zu berücksichtigenden laufenden Vermögenseinkommen nach § 18 a Abs. 3 Nr. 1 SGB IV ist erst dann auszugehen, wenn und soweit durch dieses der Werbungskosten- und Sparer-Freibetrag überschritten wird. Tritt zu einem laufenden Vermögenseinkommen ein Erwerbs- oder dauerhaftes Erwerbsersatzeinkommen einkommenserhöhend hinzu, ist nur dann von einer Einkommensänderung im Sinne von § 18 d Abs. 1 erster Halbsatz SGB IV aus‐ zugehen, wenn zuvor zu berücksichtigendes Vermögenseinkommen vorhanden war. Ist dies nicht der Fall, liegt ein erstmaliges Zusammentreffen von Erwerbs- oder dauerhaftem Erwerbsersatzeinkommen mit einer Rente wegen Todes vor. Für einmalig gezahltes Vermögenseinkommen ist mit Wirkung ab 01.01.2002 § 18 d Abs. 1 zweiter Halbsatz SGB IV in das Gesetz eine Sonderregelung eingefügt worden. Danach ist einmalig gezahltes Vermögenseinkommen bereits vom Beginn des Kalendermonats an zu berücksichtigen, für den es als erzielt gilt. Dies ist der Beginn des Kalendermonats nach dem Monat der Auszahlung, da einmalig gezahltes Vermögenseinkommen nach § 18 b Abs. 1 Satz 4 SGB IV für die dem Monat der Zahlung folgenden zwölf Kalendermonate als erzielt gilt. Nach der Gesetzesbegründung sollen durch diese Sonderregelung Manipu‐ lationen weitestgehend vermieden werden. Als einmaliges Vermögenseinkommen kommen insbesondere die rechnungs- und außerrechnungsmäßigen Zinsen bei Fälligkeit der Versicherungssumme aus einer Kapitallebensversicherung, Kursgewinne aus dem Verkauf von Aktien innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr sowie Zinsen aus Spareinlagen mit einer Anlagedauer von mehr als 12 Monaten in Betracht, wenn sie erst zum Ende der Anlagefrist in einer Summe fällig werden. Wenn zum Beispiel neben einer Witwerrente, die nach Ablauf des Sterbevier‐ teljahres ab 01.04.2020 mit dem Rentenartfaktor in Höhe von 0,55 geleistet wird, einmaliges Vermögenseinkommen in Höhe von 24.000,00 € (Auszahlung erfolgte bereits im Januar 2020) hinzutritt, ergibt sich für die Zeit vom 01.02.2020 bis zum 31.01.2021 ein zu berücksichtigender monatlicher Betrag von 2.000,00 € (24.000 €: 12). In der Zeit vom 01.04.2020 bis zum 31.01.2021 trifft die Rente wegen Todes mit einmaligem Vermögenseinkommen zusammen. Bei der Einkommensan‐ rechnung nach § 97 SGB VI sind für diesen Zeitraum monatlich 2.000,00 € zugrunde zu legen. 220 6 Ansprüche auf Renten wegen Todes <?page no="221"?> Weitere Einkommensänderungen im Sinne von § 18d SGB IV liegen insbe‐ sondere in folgenden Fällen vor (siehe Rechtsportal der Deutschen Rentenversi‐ cherung): • Änderungen innerhalb der bisher berücksichtigten Einkommensart, • Nahtloser Wechsel von einer Einkommensart in eine andere Einkom‐ mensart, • Hinzutritt eines weiteren Einkommens zu einem bisher berücksichtigten Einkommen, • Wegfall eines von mehreren Einkommen bei Weiterbezug mindestens eines Einkommens, • Ersetzung von prognostiziertem Einkommen durch tatsächliches Ein‐ kommen. 221 6.10 Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes <?page no="223"?> 7 Versorgungsausgleich und Rentensplitting 7.1 Versorgungsausgleich bei Scheidung Bei rechtskräftiger Ehescheidung nach dem 30.06.1977 (hier ist bei Scheidungen das Zerrüttungsprinzip anzuwenden) bzw. Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ab dem 01.01.2005 durch einen gerichtlichen Beschluss ist der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durchzuführen. Dies gilt ausnahmsweise nicht, wenn er durch Vereinbarung beider Ehegatten/ Lebens‐ partner ausgeschlossen wurde. Hier kommt es zum schuldrechtlichen Versor‐ gungsausgleich. Mit dem zwingend bei jeder Scheidung zu überprüfendem Versorgungsausgleich werden die während der Ehe erworbenen Ansprüche auf eine Altersversorgung ausgeglichen. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass derjenige Ehegatte, der während der Ehe den Haushalt geführt und die Kinder betreut hat und deshalb nicht oder nur in geringem Umfang berufstätig sein konnte, im Alter eine eigenständige soziale Absicherung haben soll. Ver‐ sorgungsansprüche, die Ehepartner während ihrer Ehe erworben haben, werden beim Versorgungsausgleich als gemeinschaftliche Lebensleistung betrachtet. Der Versorgungsausgleich findet auch bei der Auflösung von eingetragenen Lebenspartnerschaften statt. Hinweis: Bei Ehescheidungen vor dem 01.07.1977 galt das Verschuldensprinzip. Hier ist im Todesfall ein Anspruch auf Witwen- und Witwerrente an geschiedene Ehegatten zu prüfen (§ 243 SGB VI). Ein Versorgungsausgleich kommt nicht in Betracht. Die Entscheidung, in welcher Höhe und Form Rentenanwartschaften ausgegli‐ chen werden, trifft das Familiengericht. Die Anrechte zwischen den Ehegatten sind grundsätzlich hälftig aufzuteilen. Der bisherige Einmalausgleich wurde durch den sogenannten „Hin-und-Her-Ausgleich“ ersetzt. Einzubeziehen in den Versorgungsausgleich sind die Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung, beamtenrechtliche Versorgungsansprüche, unver‐ fallbare Betriebsrenten, Zusatzversorgungen, Ansprüche aus privaten Rentenversicherungen („Riester-Rente“ / „Rürup-Rente“) und Anwart‐ <?page no="224"?> schaften in den berufsständischen Versorgungen der Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte usw. Bei Lebensversicherungen ist zu unterscheiden, ob die Verträge in den Versorgungsausgleich oder in den Zugewinnausgleich fallen. Zum Versorgungs‐ ausgleich gehören nur solche Lebensversicherungen, bei deren Vertragsende zwingend eine Rente gezahlt wird, Verträge, die eine einmalige Kapitalzahlung vorsehen oder bei denen der Versicherte ein Wahlrecht zwischen Rente und Kapitalzahlung hat, unterliegen nicht dem Versorgungsausgleich, sondern sind im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen. Leistungen mit Entschädigungscharakter fallen nicht unter den Versorgungs‐ gleich. Dies gilt z. B. für Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung, Leistungen nach dem Kindererziehungsleistungsgesetz, Renten nach dem Bun‐ desversorgungsgesetz und nach dem Bundesentschädigungsgesetz sowie ent‐ sprechende Renten nach dem Lastenausgleichsgesetz. Der neue Versorgungsausgleich Durch das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 03.04.2009 ist der Versorgungsausgleich grundlegend umgestaltet worden. Das Gesetz trat am 01.09.2009 in Kraft. Das Grundprinzip des Versorgungs‐ ausgleichs, der sogenannte Halbteilungsgrundsatz, bleibt auch im neuen Recht als der grundlegende Gedanke des Ausgleichs bestehen. Wesentlicher Grund für diese Novellierung war die Erkenntnis, dass der Versorgungsausgleich in seiner Fassung bis zum 31.08.2009 den Grundsatz der rechnerischen Halbteilung im Versorgungsfall zunehmend verfehlte. Mit dem neu konstruierten Versorgungsausgleich (VA) werden die von den Ehegatten in der Ehezeit gemeinsam erworbenen Versorgungsanrechte hälftig geteilt (§ 1 VersAusgIG). Im Unterschied zum bisherigen Recht erfolgt der Versorgungsausgleich allerdings nicht mehr insgesamt nur von dem aus‐ gleichspflichtigen Ehepartner zum anderen Ehepartner, sondern es erfolgt jetzt ein Ausgleich der einzelnen Anrechte zwischen beiden Parteien systemintern, so dass es zu einem „Hin-und-Her-Ausgleich" kommen kann. Grundsätzlich wird künftig jedes in der Ehe aufgebaute Versorgungsanrecht gesondert im jeweiligen Versorgungssystem zwischen den Ehegatten intern geteilt (sog. interne Teilung nach § 10 VersAusgIG). Durch diese Teilung erhält der je‐ weils ausgleichsberechtigte Ehegatte einen eigenen Anspruch gegen den Ver‐ sorgungsträger des jeweils ausgleichsverpflichteten Ehegatten. Jeder Ehegatte kann somit Ausgleichsberechtigter und I oder Ausgleichsverpflichteter sein. Die Teilung der Anrechte bezieht sich immer auf das jeweilige Versorgungsanrecht Das bisherige Prinzip der Verrechnung aller Anrechte mit dem Einmalausgleich über die gesetzliche Rentenversicherung wird hierdurch abgelöst. So können 224 7 Versorgungsausgleich und Rentensplitting <?page no="225"?> auch die Anrechte aus der betrieblichen und privaten Altersvorsorge schon bei der Scheidung vollständig geteilt werden. Nachträgliche Ausgleichs- und Abänderungsverfahren werden weitgehend entbehrlich. Abweichend vom Grundsatz der internen Teilung kann ausnahmsweise eine externe Teilung (§ 14 VersAusglG) vorgenommen werden, wenn die ausgleichsberechtigte Person zustimmt oder bestimmte Wertgrenzen nicht überschritten sind. Die Teilung erfolgt dann nicht intern beim Versorgungs‐ träger des ausgleichsverpflichteten Ehegatten, sondern extern durch zweckge‐ bundene Abfindung und Einzahlung dieses Kapitalbetrages bei einem anderen „angemessenen“ Versorgungsträger. Grundsätzlich ist die externe Teilung der Anrechte nachrangig gegenüber der internen Teilung (§ 9 Abs. 2 VersAusglG). Sie ist nur in den Fällen des § 14 Abs. 2 VersAusglG und § 16 Abs. 1 und 2 VersAusglG möglich. Diese Form der Teilung führt immer zu einer Begründung von Anrechten in einem anderen Versorgungssystem als demjenigen, bei dem das Anrecht erworben wurde. Ausgeglichen wird auch hier in Höhe des Ausgleichswerts (Hälfte des Ehezeit-Anteils). Unter welchen Voraussetzungen eine externe Teilung durchgeführt werden kann, ist in den §§ 14 Abs. 2 bis 5 und 15 bis 17 VersAusglG geregelt. Ob eine externe Teilung von Anrechten erfolgt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich durch das Familiengericht zu bestimmen. Die Einzel‐ heiten zur Durchführung der externen Teilung richten sich grundsätzlich nach den Regelungen über das auszugleichende Anrecht und das zu begründende Anrecht für die jeweiligen Versorgungssysteme (§ 14 Abs. 3 i. V. m. § 10 Abs. 3 VersAusglG). Beim Ausgleich von Versorgungsanrechten aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Amtsverhältnis der Länder und Kommunen erfolgt zumeist noch die externe Teilung durch Begründung von Anwartschaften in der gesetzli‐ chen Rentenversicherung für die ausgleichsberechtigte Person (§ 16 Abs. 1 VersAusglG). Diese Regelung entspricht dem früheren Quasi-Splitting. Das Fa‐ miliengericht benennt in seiner Entscheidung den Ausgleichswert in Form einer auf das Ende der Ehezeit bezogenen Monatsrente und ordnet gleichzeitig an, dass dieser Betrag vom Rentenversicherungsträger der ausgleichsberechtigten Person in Entgeltpunkte bzw. in Entgeltpunkte (Ost) bei Versorgungsanrechten im Beitrittsgebiet umzurechnen sind (§ 16 Abs. 3 VersAusglG). Im Gegensatz zu den anderen Fällen der externen Teilung muss der Träger der Beamtenversorgung keinen Kapitalbetrag an die Rentenversicherung für die dort zu begründenden Anrechte zahlen. Der Rentenversicherungsträger kann 225 7.1 Versorgungsausgleich bei Scheidung <?page no="226"?> sich aber im Leistungsfall seine Mehraufwendungen, die ihm durch die externe Teilung entstehen, erstatten lassen (§ 225 SGB VI). In den sonstigen Fällen der externen Teilung kann die ausgleichsberechtigte Person wählen, ob ein bereits bei einem Versorgungsträger bestehendes An‐ recht ausgebaut oder ein neues Anrecht begründet werden soll (§ 15 Abs. 1 VersAusglG). Im Übrigen muss der Träger der Zielversorgung mit der Wahl einverstanden sein. Gewählt werden kann jedoch nach § 15 Abs. 2 VersAusglG nur eine Zielversorgung, die eine angemessene Versorgung gewährleistet. Dies ist gewährleistet, wenn durch die externe Teilung ein eigenständiges Anrecht für die ausgleichsberechtigte Person begründet wird, dass hinsichtlich Dynamik und Risikoschutz dem Anrecht der ausgleichspflichtigen Person vergleichbar ist. Diese Anforderungen erfüllen Anrechte der gesetzlichen Rentenversiche‐ rung, Anrechte nach dem Betriebsrentengesetz und Anrechte aus einem nach § 5 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG) zertifizierten Ver‐ trag. Wird eine andere Zielversorgung durch die ausgleichsberechtigte Person gewählt, hat das Familiengericht die nach § 15 Abs. 2 VersAusglG geforderten Voraussetzungen zu prüfen. Übt die ausgleichsberechtigte Person ihr Wahlrecht indes nicht aus, so erfolgt der externe Ausgleich grundsätzlich durch Begründung der Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 15 Abs. 5 VersAusglG). Dies gilt jedoch nicht für Anrechte der betrieblichen Altersversorgung. Für diese Anrechte wurde eine Versorgungsausgleichskasse gegründet, die als Träger der Zielversor‐ gung dient. Die Leistungen der Versorgungsausgleichskasse beruhen, wie bei Betriebsrenten üblich, auf Kapitaldeckung. Der Versorgungsausgleich in der früheren Fassung ist nur noch anzuwenden gewesen, wenn das VA-Verfahren bis zum 31.08.2009 eingeleitet wurde und das Familiengericht bis August 2010 eine Entscheidung getroffen hat. Damit ist in allen Altfällen, die am 01. September 2010 noch nicht entschieden sind, immer das neue Recht anzuwenden. Im folgenden Fallbeispiel werden die Unterschiede zwischen dem VA vor dem 01.09.2009 und seit diesem Zeitpunkt dargestellt. 226 7 Versorgungsausgleich und Rentensplitting <?page no="227"?> Fallbeispiel - VA in der Zeit vom 01.07.1977 - 31.08.2009: In der Ehezeit erworbene Versorgungsanrechte pro Monat Ehemann Ehefrau Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung 300,00 € 100,00 € Beamtenversorgung 400,00 € 0,00 € Summe 700,00 € 100 € Der Ehemann erwarb in der Ehezeit 600,00 € monatlich mehr an Versor‐ gungsanrechten als seine Frau. Damit ist er ausgleichspflichtig. Er muss die Hälfte dieses Wertunterschiedes, also 300,00 € an seine Ehefrau abgeben. Für diesen Betrag werden für die frühere Ehefrau Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Der Ausgleich der Beam‐ tenversorgung erfolgte durch die Begründung von Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Beitragszahlung durch den Ehemann (Quasisplitting). Fallbeispiel (siehe oben) - VA in der Zeit ab 01.09.2009: in der Ehezeit erworbene Versorgungsrechte (Halbteilungsgrundsatz nach § 1 Vers.Ausgl.Gesetz) Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (EP) 18 8 Ausgleich erfolgt durch Übertragung von 9 EP von Mann an Frau und -9 +9 von 4 EP von Frau an Mann. +4 -4 =13 =13 Beamtenversorgung 400,00 € 0,00 € Im Rahmen der internen Teilung erfolgt der Ausgleich innerhalb des Versor‐ gungssystems. Dadurch wird die Beamtenversorgung des Mannes wie folgt 227 7.1 Versorgungsausgleich bei Scheidung <?page no="228"?> aufgeteilt (die maßgebenden beamtenrechtlichen Versorgungsregelungen sehen vorliegend eine „interne“ Teilung vor): 200,00 € 200,00 € Man spricht hier auch vom Hin-und-Her-Ausgleich. Für Beamte der Länder und Gemeinden ist derzeit noch nicht in allen Bundesländern eine interne Teilung vorgesehen, so dass deren in der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte extern geteilt werden. Das Familiengericht begründet den Ausgleichswert (Hälfte des Ehezeitanteils der Beamtenversor‐ gung) zu Gunsten des anderen Ehepartners in der gesetzlichen Rentenversi‐ cherung. In seiner Entscheidung nennt das Familiengericht in diesen Fällen allerdings keine Entgeltpunkte, sondern einen monatlichen Rentenbetrag. Die externe Teilung kann auch zwischen dem ausgleichsberechtigten Ehe‐ partner und dem Versorgungsträger des ausgleichspflichtigen Ehepartners vereinbart werden, sofern das beim Versorgungsträger möglich ist. Dies kann für den ausgleichsberechtigten Ehepartner sinnvoll sein, weil er auf diese Weise z. B. anstelle der internen Teilung ein für ihn bereits bestehendes Versorgungsanrecht bei einem anderen Versorgungsträger aufstocken kann. Darüber hinaus kann ein Versorgungsträger auch ohne Zustimmung des ausgleichsberechtigten Ehepartners eine externe Teilung verlangen, wenn der Wert des auszugleichenden Anrechts bestimmte Höchstgrenzen nicht übersteigt, die vom Familiengericht zu beachten sind. Bei diesen Formen der externen Teilung hat der Versorgungsträger des ausgleichspflichtigen Ehepartners an den Versorgungsträger des ausgleichsberechtigten Ehepart‐ ners (Zielversorgung) einen Kapitalbetrag zu zahlen, den das Familiengericht festlegt. Fallbeispiel mit Betriebsrente Beate H. sollen 100,00 € aus der Betriebsrente ihres Mannes gutgeschrieben werden. Ohne die Gutschrift hätte sie keinen eigenen Anspruch auf Be‐ triebsrente. Sie vereinbart daher mit dem Träger der Betriebsrente, dass die 100,00 € ihrer Riester-Rente gutgeschrieben werden sollen. Der Träger der Riester-Rente ist ebenfalls einverstanden. Aufgrund dieser Vereinbarung entscheidet das Familiengericht, dass für Beate H. durch externe Teilung An‐ rechte bei ihrer Riester-Rente gutgeschrieben werden. Gleichzeitig wird vom Gericht bestimmt, dass der Träger der Betriebsrente einen entsprechenden Kapitalbetrag in die Riester-Rente von Beate H. einzuzahlen hat. 228 7 Versorgungsausgleich und Rentensplitting <?page no="229"?> 7.1.1 Durchführung des Versorgungsausgleichs neuen Rechts Das Familiengericht entscheidet darüber, wie der Versorgungsausgleich durch‐ geführt wird. In der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt die Umsetzung durch Zu- oder Abschläge bei den persönlichen Entgeltpunkten nach § 66 SGB VI. Das Verfahren hierzu ist in § 76 SGB VI geregelt. Die Vorschrift des § 76 SGB VI enthielt bis zum 31.08.2009 im Absatz 2 Satz 3 eine Höchstbetragsregelung. Danach durften die zu übertragenden oder zu begründenden Rentenanwartschaften zusammen mit den eigenen Renten‐ anwartschaften des Versicherten einen bestimmten Betrag nicht übersteigen. Diese Regelung ist zum 01.09.2009 ersatzlos gestrichen worden. 7.1.2 Auskunft über den Ehezeitanteil Jeder Versorgungsträger ist verpflichtet, die Berechnung der jeweiligen Anteile, die auf die Ehezeit entfallen, vorzunehmen. Welche Versorgungsträger hierfür in Betracht kommen, ergibt sich grundsätzlich aus den Angaben der Ehegatten. Im Anschluss daran ist der ermittelte Ehezeitanteil in Form der für das je‐ weilige Versorgungssystem maßgeblichen Bezugsgröße dem Familiengericht mitzuteilen und ggf. auf Anforderung näher zu erläutern. Im Rahmen des § 109 Abs. 5 SGB VI erhalten auch die Versicherten selbst, deren Ehegatten oder deren geschiedene Ehegatten eine solche Auskunft. In einem ersten Schritt werden die Entgeltpunkte einer fiktiven Altersrente berechnet, wobei alle rentenrechtlichen Zeiten bis zum Ende der Ehezeit einbezogen werden. Im zweiten Schritt werden nur die Zeiten berücksichtigt, die in der Ehezeit zurückgelegt worden sind. Daraus ergibt sich der Ehezeitanteil der Rentenanwartschaft in Entgeltpunkten. Die Ehezeit umfasst normalerweise den Zeitraum vom Tag der Eheschließung bis zur rechtskräftigen Scheidung. Da aber über den Versorgungsausgleich im Zusammenhang mit der Scheidung entschieden werden soll, war es notwendig, ein fiktives Ende der Ehezeit zu bestimmen. Die Ehezeit beginnt mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Ehe geschlossen wurde, und sie endet mit dem letzten Tag des Monats vor der Zustellung des Scheidungsantrags an den An‐ tragsgegner (gilt analog auch für die Bestimmung der Lebenspartnerschaftszeit). Fallbeispiel: • Eheschließung: 19.01.2004 • Eingang des Scheidungsantrages beim Familiengericht: 04.04.2021 229 7.1 Versorgungsausgleich bei Scheidung <?page no="230"?> • Zustellung des Scheidungsantrages an den Antragsgegner: 18.04.2021 • Rechtskräftige Scheidung: 04.09.2021 • Die maßgebende Ehezeit beläuft sich auf den Zeitraum vom 01.01.2004 bis 31.03.2021. 7.1.3 Ermittlung des Ausgleichswertes Neben der Berechnung des Ehezeitanteils in Form der jeweils maßgeblichen Bezugsgröße haben die Versorgungsträger dem Familiengericht auch einen Vorschlag für die Bestimmung des Ausgleichswertes zu unterbreiten (§ 5 Abs. 3 VersAusglG). Dieser beträgt die Hälfte des Wertes des jeweiligen Ehezeitanteils. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung beträgt der Ausgleichswert genau die Hälfte des errechneten Ehezeitanteils. Dieser Wert wird dem Familiengericht in Entgeltpunkten mitgeteilt. Fallbeispiel: Karin G. hat folgende Rentenanwartschaft in der Ehezeit: 5,9027 Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung (= monatliche Rentenanwartschaft: 201,81 €). Der Ausgleichswert in der gesetzlichen Rentenversicherung beträgt die Hälfte des Ehezeitanteils. 5,9027 EP: 2 = 2,9514 EP x 34,19 € (aktueller Rentenwert) = 100,91 €. 7.1.4 Wartezeiterfüllung durch Versorgungsausgleich Eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung kann nur gezahlt werden, wenn neben den übrigen Anspruchsvoraussetzungen eine bestimmte Wartezeit zurückgelegt ist. § 52 Abs. 1 SGB VI regelt, wie sich die Übertragung oder Be‐ gründung von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Wartezeit auswirkt, wenn anlässlich einer Ehescheidung oder einer Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft der Versorgungsausgleich zu Gunsten eines Versicherten durchgeführt worden ist. Die für die Gewährung einer Rente erforderliche Wartezeit kann von dem ausgleichsberechtigten Ehegatten oder Lebenspartner entweder allein aus den im Versorgungsausgleich erworbenen Rentenanwartschaften oder zusammen mit den aus eigener Versicherung erworbenen Jahren erfüllt werden. Der 230 7 Versorgungsausgleich und Rentensplitting <?page no="231"?> ausgleichspflichtige Ehegatte oder Lebenspartner behält seine Wartezeitmonate aus den von ihm selbst zurückgelegten Zeiten. Das bedeutet, dass der Abschlag an Entgeltpunkten für ihn versicherungsrechtlich keine Bedeutung erlangt. Für die erforderliche allgemeine Wartezeit von fünf Jahren bei einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zählen die Monate aus dem Versorgungs‐ ausgleich jedoch nur, wenn die Erwerbsminderung nach dem Ende der Ehe/ Lebenspartnerschaft eingetreten ist. Die zusätzlichen Monate für die Wartezeit errechnen sich aus den Ent‐ geltpunkten, die sich aus den übertragenen oder begründeten Rentenanwart‐ schaften ergeben. Diese Entgeltpunkte werden durch die Zahl 0,0313 (in der knappschaftlichen Rentenversicherung 0,0234) geteilt. Die Anrechnung als Wartezeitmonate erfolgt aber nur insoweit, als die in die Ehezeit oder Lebens‐ partnerschaftszeit fallenden Kalendermonate nicht bereits auf die Wartezeit anzurechnen sind. Eine doppelte Anrechnung bleibt dadurch ausgeschlossen. So sind z. B. bei festgestellten 10,9300 Entgeltpunkten 350 Monate (aufge‐ rundet auf volle Monate) an Wartezeit zusätzlich zu berücksichtigen. Betrug die Ehezeit 360 Kalendermonate und hat die ausgleichsberechtigte Person selbst 80 Kalendermonate zur Rentenversicherung zurückgelegt, können über die Gutschrift der Entgeltpunkte nur noch 270 Kalendermonate für die Wartezeit zusätzlich berücksichtigt werden. Um die Wartezeit allein aus den im Versorgungsausgleich übertragenen oder begründeten Rentenanwartschaften zu erfüllen, sind erforderlich für die Wartezeit von • 5 Jahren: 1,8468 Entgeltpunkte, • 15 Jahren: 5,6028 Entgeltpunkte, • 20 Jahren: 7,4808 Entgeltpunkte, • 35 Jahren: 13,1148 Entgeltpunkte. Bei der Umrechnung der durch den Versorgungsausgleich übertragenen oder begründeten Rentenanwartschaft in Monate werden sonstige Beitragszeiten begründet. Dabei handelt es sich nicht um Pflichtbeiträge, mit denen zusätzliche versicherungsrechtliche Voraussetzungen (wie z. B. bei einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit „in den letzten 5 Jahren 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit“) erfüllt werden. Die Regelung über die Ermittlung der Wartezeitmonate gilt ebenso für das Rentensplitting (s. Kapitel 7.2.). 231 7.1 Versorgungsausgleich bei Scheidung <?page no="232"?> 7.1.5 Wie wirkt sich der Versorgungsausgleich auf die Rentenhöhe aus? Für die Rentenberechnung wird die Gesamtzahl der Entgeltpunkte aus allen Zeiten ermittelt, die ein Anspruchsberechtigter bisher in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt hat. Nach § 66 SGB VI (persönliche Entgelt‐ punkte) werden bei der Summe aller Entgeltpunkte die Zuschläge oder Ab‐ schläge aus einem durchgeführten Versorgungsausgleich oder Rentensplitting berücksichtigt. Die persönlichen Entgeltpunkte ergeben sich, in dem die Summe der Entgeltpunkte mit einem Zugangsfaktor vervielfältigt wird. Durch den Zu‐ gangsfaktor sollen Vor- oder Nachteile eines unterschiedlichen Renteneintritts Berücksichtigung finden (z. B. vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente). Während beim Ausgleichsberechtigten die Zuschläge an Entgeltpunkten zu einer Erhöhung der Rente führen, verursachen sie bei den Ausgleichsver‐ pflichtenden dementsprechend durch Abschläge von den Entgeltpunkten eine Verringerung seines Rentenanspruchs. Wem z. B. 15 Entgeltpunkte im Rahmen eines Versorgungsausgleiches (Ende der Ehezeit: Januar 2021) übertragen worden sind, und es nach Multiplikation mit dem Zugangsfaktor auch unverändert bei 15 persönlichen Entgeltpunkten verbleibt, der erhält daraus eine Rentensteigerung in Höhe von monatlich 512,85 € brutto. Dem „abgebenden“ Versicherten wird dadurch seine Versicher‐ tenrente (bei einem Zugangsfaktor 1,0) um eben diese 512,85 € reduziert. Sollten die Entgeltpunkte einem ggf. geminderten oder erhöhten Zugangsfaktor unterliegen, teilen die Zuschläge oder Abschläge an Entgeltpunkten, die sich aus den im Versorgungsausgleich übertragenen oder begründeten Rentenanwart‐ schaften ergeben, dasselbe Schicksal wie die übrigen bei der Rentenberechnung zu berücksichtigenden Entgeltpunkte. Wann wirkt sich die Änderung durch den Versorgungsausgleich bei der Rente aus? Sobald ein Versorgungsausgleich durchgeführt wurde, ist dem Versicherten nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung des Familiengerichts eine Mit‐ teilung über die Auswirkungen des Versorgungsausgleichs zu erteilen. Bezieht einer der Ehegatten laufend eine Rente, sind hinsichtlich des Zeitpunktes der Erhöhung bzw. Minderung der Rente bei Eingang der Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich die Regelungen des § 101 Abs.3 SGB VI zu beachten. Nach dieser Vorschrift ist für die laufende Rente der Versorgungsausgleich unter Anwendung des neuen Rechts regelmäßig bereits von dem Kalender‐ monat an zu berücksichtigen, zu dessen Beginn die Entscheidung des Familien‐ 232 7 Versorgungsausgleich und Rentensplitting <?page no="233"?> gerichts wirksam geworden ist (d. h. ab Folgemonat Rechtskraft). Wird eine Entscheidung am Ersten eines Monats rechtskräftig, ist sie ab Beginn dieses Monats wirksam. Für die Beurteilung, ob im Zeitpunkt der Rechtskraft ein Rentenanspruch besteht, ist der Zeitpunkt des Rentenbeginns maßgebend. Der Zeitpunkt der Rentenfeststellung ist nicht von Bedeutung. Wurde der Versorgungsausgleich vor Rentenbeginn durchgeführt, sind Zuschläge bzw. Abschläge an Entgeltpunkten vom Rentenbeginn an zu berücksichtigen. Sofern die geschiedenen Ehegatten beide bereits eine Rente aus der gesetz‐ lichen Rentenversicherung beziehen und diese rückwirkend um Zuschläge oder Abschläge an Entgeltpunkten zu verändern ist, kann der Rentenversiche‐ rungsträger von der sogenannten Schuldnerschutzregelung des § 30 VersAusglG Gebrauch machen. Beziehen beide geschiedenen Ehegatten eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wird jedoch in jedem Fall auf die Schuldner‐ schutzregelung verzichtet. Grundsätzlich wird ein Schuldnerschutz nur geltend gemacht, wenn ein Gläubigerwechsel vorliegt und es sich bei den Gläubigern um die Ehegatten handelt. Hinweis: Soweit der VA nach dem bis zum 31.08.2009 geltenden Recht durchgeführt wurde, ist das „Rentnerprivileg“ nach § 268a Abs. 2 SGB VI zu beachten. Danach wird die Rente des belasteten Ehepartners zunächst nicht gekürzt, solange der andere Ehepartner noch keine Rente erhält. Fallbeispiel (neues Recht): es beziehen beide bereits seit 01.2021 Versichertenrente interne Teilung bei der gesetzlichen Rentenversicherung: • 2,0000 EP x 34,19 € = Ehegatte 1: + 68,38 € / Ehegatte 2: - 68,38 € Wirksamkeit der Entscheidung über • Wertausgleich bei Scheidung (Eintritt Rechtskraft) 17.07.2021 • Kenntnisnahme über Wirksamkeit 26.07.2021 Ehegatte 2 • Zahlung der Rente ohne Minderung aus dem VA bis zum 31.07.2021 • Minderung um VA über 68,38 € ab 01.08.2021. 233 7.1 Versorgungsausgleich bei Scheidung <?page no="234"?> Ehegatte 1 • Zahlung der Rente mit Zuschlag + 68,38 € ab 01.08.2021. Die nach der technischen Umsetzung zu viel gezahlten Beträge sind vom Ehegatten 2 zu erstatten und dem Ehegatten 1 ab dem 01.08. nachzuzahlen. 7.1.6 Korrespondierender Kapitalwert § 5 Abs. 3 VersAusglG bestimmt, dass die Versorgungsträger zusätzlich zum Ausgleichswert dem Familiengericht den korrespondierenden Kapitalwert (§ 47 VersAusglG) zu berechnen und vorzuschlagen haben. Dieser Wert ist immer dann erforderlich, wenn der Ausgleichswert nicht in Form eines Kapitalwertes ermittelt wird. Der korrespondierende Kapitalwert entspricht in der gesetz‐ lichen Rentenversicherung dem Betrag, der zum Ehezeitende aufzubringen wäre, um ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswertes durch Beitragszahlung zu begründen. Stichtag für die Berechnung des korrespondierenden Kapitalwertes ist somit das Ende der Ehezeit. Es handelt sich hier um einen Hilfswert, der von den Ehegatten bzw. Le‐ benspartnern nicht tatsächlich aufzubringen ist. Nur in Fällen einer externen Teilung kann es zu einem tatsächlichen Vermögenstransfer in Höhe des korre‐ spondierenden Kapitalwertes kommen. Dies betrifft dann aber ausschließlich die beteiligten Versorgungsträger. Der korrespondierende Kapitalwert aus dynamischen Anrechten ermittelt sich nach folgender Formel: EP-Ausgleichswert x Umrechnungsfaktor für 2021 = 7.726,6260 (s. Tabelle 2 zu § 187 SGB VI.) Dieser Umrechnungsfaktor für die allgemeine Rentenversicherung ist nach folgender Formel ermittelt worden: Umrechnungsfaktor = vorläufiges Durchschnittsentgelt x Beitragssatz : 100. Der Umrechnungsfaktor der allgemeinen Rentenversicherung errechnet sich z. B. für 2021 aus nachstehenden Werten: 234 7 Versorgungsausgleich und Rentensplitting <?page no="235"?> 41.541,00 € x 18,6 = 7.726,6260 100 In unserem Beispielfall multipliziert mit dem Ausgleichswert von 2,9514 Ent‐ geltpunkten errechnet sich ein korrespondierender Kapitalwert in Höhe von 22.804,36 €. 7.1.7 Anpassungsregelungen Härtefälle, die bisher im Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungs‐ ausgleich (VAHRG) geregelt waren, wurden mit dem Versorgungsausgleichs‐ gesetz (§§ 32 bis 38 VersAusglG) als Anpassungsregelungen fortgeschrieben und erweitert, Die neuen Anpassungsregelungen gelten allerdings nur für die öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger (Regelsicherungssysteme) und nicht für die ergänzende Altersvorsorge. Es geht dabei z. B. um die Fälle, in denen der Ausgleichsberechtigte gestorben ist, bevor er aus den durch den Versorgungsausgleich erworbenen Ansprüchen Leistungen erhalten hat. Hier wird ein Anrecht der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag nicht länger aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt. Diese Anpassung wirkt sich aber nur für die ausgleichspflichtige Person selbst, nicht für ihre Hinterbliebenen aus. Dies bedeutet, dass bei Hinterbliebenenrenten des Ausgleichspflichtigen die Kürzung aus dem Versorgungsausgleich wieder zu berücksichtigen ist. Eine Anpassung findet nur statt, wenn die ausgleichsberechtigte Person die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich (VA) erworbenen Anrecht nicht länger als 36 Monate bezogen hat. Dabei sind Leistungen an die Hinterbliebenen des Verstorbenen unschädlich und deshalb nicht mitzuberechnen. Die Anpassung erfolgt ab Beginn des auf den Antragsmonat folgenden Monats. Daneben gibt es noch bestimmte Sonderfälle, die auch nach verbindlicher Feststellung des VA nicht zur (vollständigen) Rentenkürzung führen. So wird z. B. eine Rente nicht gemindert, wenn der andere frühere Ehegatte einen Unterhaltsanspruch gegen den Ausgleichspflichtigen hat und er selbst noch keine Rente aus dem durch VA erworbenen Anrecht bezieht. Auch eine spätere Abänderung des VA durch das Familiengericht ist möglich, wenn sich z. B. der Wert eines ausgeglichenen Anrechts aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nach dem Ende der Ehezeit wesentlich verändert hat. 235 7.1 Versorgungsausgleich bei Scheidung <?page no="236"?> Dazu gehört auch die verbesserte Bewertung der Kindererziehung (Müt‐ terrente), die sich auf Anrechte auswirken, welche bei der Scheidung im Rahmen des Versorgungsausgleichs aufgeteilt wurden. Die Neuaufteilung der Anrechte erfolgt aber nur, wenn das Familiengericht die frühere Versorgungs‐ ausgleichsentscheidung abändert. Dadurch kann ein geschiedener Ehegatte an der „Mütterrente“ des anderen Ehegatten teilhaben. Hierbei ist aber zu beachten, dass sich eine Abänderung im Ergebnis auch zu Lasten des Antragsstellers auswirken kann, weil neben der „Mütterente“ eine Vielzahl von weiteren Fragen im Zusammenhang mit den in der Ehezeit erworbenen Anrechten zu bedenken ist. So werden z. B. bei Versorgungsausgleichsentscheidungen nach dem alten Recht bis 31.08.2009 sogar sämtliche bislang in den Versorgungsaus‐ gleich einbezogenen Anrechte neu bewertet und zwischen den Geschiedenen neu aufgeteilt. Ob die Voraussetzungen für ein Abänderungsverfahren eines Versorgungsausgleichs vorliegen, kann nur in jedem Einzelfall beurteilt werden. Eine ausführliche fachliche Beratung ist empfehlenswert. Fallbeispiel: Das Familiengericht hat am 14.09.2019 vom Versicherungskonto des Ehe‐ gatten 1 15 EP der gesetzlichen Rentenversicherung auf das Rentenversiche‐ rungskonto des Ehegatten 2 übertragen. Der Beschluss ist am 18.10.2019 rechtskräftig geworden und vermindert die Regelaltersrente, die Ehegatte 1 ab 01.12.2020 erhält. Ehegatte 2 bezieht seit 01.02.2020 ebenfalls Regelal‐ tersrente einschließlich der übertragenen 15 EP. Dieser Ehegatte verstirbt am 29.01.2021. Am 17.02.2021 stellt Ehegatte 1 einen Antrag auf Anpassung seiner Altersrente. Nachdem Ehegatte 2 als ausgleichsberechtigte Person am 29.01.2021 ver‐ storben ist und aus den übertragenen Entgeltpunkten noch keine 36 Monate Rente gezahlt worden sind, wird die Regelaltersrente des Ehegatten 1 nicht mehr gemindert. Die ungeminderte Rente wird ab 01.03.2021 geleistet (§§ 38 Abs. 2, 34 Abs. 3 VersAusglG). 7.1.8 Ausschluss eines Versorgungsausgleiches Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt: • bei grober Unbilligkeit (§ 27 VersAusglG) • bei einer Ehezeit von bis zu 3 Jahren (§ 3 Abs. 3 VersAusglG), Ausnahme: ein Ehegatte beantragt den Ausgleich und der Versorgungsausgleich 236 7 Versorgungsausgleich und Rentensplitting <?page no="237"?> scheint z. B. wegen Erfüllung der Wartezeit durch diesen Versorgungs‐ ausgleich geboten. • bei Bagatellausgleich (§ 18 Abs. 3 VersAusglG). Der Wertunterschied bzw. Ausgleichswert ist gering, wenn er am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgebliche Bezugsgröße höchstens 1 Prozent, in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 120 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV beträgt. Die Bezugsgröße (West) für die Sozialversicherung ist im Jahr 2021 auf monatlich 3.290,00 € festge‐ setzt worden. 1 Prozent der monatlichen Bezugsgröße bei Rentenwerten = 32,90 €, 120 Prozent der monatlichen Bezugsgröße bei Kapitalwerten = 3.948,00 €. Darüber hinaus kann ein Versorgungsausgleich ausgeschlossen werden durch: • Ehevertrag (1408 Abs. 2 BGB) und durch • Vereinbarung der Ehegatten (§§ 6 - 8 VersAusglG). Hinweis: Versorgungsausgleich in den neuen Bundesländern Seit 1992 wird der Versorgungsausgleich auch in den neuen Bundesländern durchgeführt. Hier galten aber spezielle Regelungen. Hatten beide Ehe‐ partner die höheren Rentenanwartschaften entweder in den neuen oder in den alten Bundesländern erworben (hierbei kann es sein, dass der Ausgleichs‐ verpflichtete seine Anwartschaften in den alten Bundesländern und der Ausgleichsberechtigte seine Anwartschaften in den neuen Bundesländern begründet hat oder umgekehrt), ordnete das Familiengericht bisher grund‐ sätzlich die Aussetzung des Versorgungsausgleichs an. Dieses Ost-West-Mo‐ ratorium (Aufschub) ist ab 01.09.2009 entfallen. Der Versorgungsausgleich ist nun auch möglich, wenn die Eheleute sowohl West-Anrechte als auch Ost-Anrechte erworben haben. Gemäß § 50 VersAusglG hatten die Familiengerichte ausgesetzte Verfahren spätestens bis zum 01.09.2014 wieder aufzunehmen und die Entscheidung nach neuem Recht nachzuholen. 7.2 Rentensplitting unter Ehegatten Kernstück der Reform des Hinterbliebenenrentenrechts ab 01.01.2002 ist das Rentensplitting nach §§ 120a ff SGB VI. Der Aufbau einer eigenständigen 237 7.2 Rentensplitting unter Ehegatten <?page no="238"?> sozialen Sicherung für Frauen gehört zu den wichtigsten sozial- und familien‐ politischen Initiativen der letzten Jahrzehnte. Dies war stets eingebettet in die Absicht, den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen und beiden Partnern eine gesamtpartnerschaftliche Versorgung in der Rentenversicherung zu ermöglichen. Dieses Ziel wird durch die Zusam‐ menrechnung der von beiden Ehegatten während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften und der jeweils hälftigen Aufteilung auf beide Partner erreicht. Insoweit ist das Rentensplitting dem Grunde nach eine Kopie des Versor‐ gungsausgleichs im Scheidungsrecht, allerdings mit dem Unterschied, dass er sich ausschließlich auf Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversi‐ cherung bezieht und weitere Versorgungsanwartschaften nicht ausgeglichen werden. Außerdem ist das Rentensplitting eine frei wählbare Entscheidung, die ein Ehepaar im Regelfall gemeinsam trifft. 7.2.1 Voraussetzungen für das Rentensplitting Für das Rentensplitting können sich nur Ehepaare oder eingetragene Lebens‐ partner entscheiden, die ohnehin unter das neue Hinterbliebenenrentenrecht fallen. Dies sind Ehepaare, die • nach dem 31.12.2001 geheiratet haben oder • bei denen die Ehe bereits am 31.12.2001 bestand und beide Partner nach dem 01.01.1962 geboren sind. Der Gesetzgeber will durch diese Regelung nur den Ehepaaren das Rentensplit‐ ting ermöglichen, für die auch die anderen Neuregelungen des Hinterbliebenen‐ rentenrechts zum Tragen kommen. Hinweis: Auch Lebenspartner können gemeinsam bestimmen, dass die von ihnen in der Lebenspartnerschaft erworbenen Ansprüche auf eine anpassungsfähige Rente zwischen ihnen aufgeteilt werden. Dabei gilt als Eheschließung die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe eine Lebenspartnerschaft und als Ehegatte ein Lebenspartner für die Zeit ab 01.01.2005. Anspruchsberechtigte für ein Rentensplitting müssen darüber hinaus versiche‐ rungsrechtliche Voraussetzungen erfüllen. Bis zum Zeitpunkt der Durchfüh‐ 238 7 Versorgungsausgleich und Rentensplitting <?page no="239"?> rung des Rentensplittings sind von jedem Ehegatten/ Lebenspartner 25 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten nachzuweisen. Das Rentensplitting erfolgt zumeist nach einem abgeschlossenen Versiche‐ rungsleben. Dies ergibt sich aus der Regelung des § 120 a SGB VI, der die Grundsätze für das Rentensplitting unter Ehegatten festlegt. Danach besteht Anspruch auf Durchführung eines Rentensplittings, wenn • erstmalig beide Ehegatten nach Ablauf des Monats, in dem die Regel‐ altersgrenze erreicht wurde, Anspruch auf Leistungen einer Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben oder • erstmalig nur ein Ehegatte nach Ablauf des Monats, in dem die Regelal‐ tersgrenze erreicht wurde, Anspruch auf die Vollrente wegen Alters hat und der andere Ehegatte die Regelaltersgrenze erreicht hat. Das Rentensplitting wird aber auch dann durchgeführt, wenn ein Ehegatte nach dem 31.12.2001 verstirbt, bevor die o. g. Voraussetzungen vorliegen. In diesem Fall kann der überlebende Ehegatte das Rentensplitting unter Ehegatten allein herbeiführen, soweit zu Lebzeiten des Verstorbenen für die Ehegatten noch keine Möglichkeit zur Durchführung eines Rentensplittings bestanden hatte. Der Nachweis über „25 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten“ ist in diesem Fall vom überlebenden Ehegatten allein zu erbringen. Da es bei frühen Todesfällen sehr wahrscheinlich ist, dass dieser noch keine 25 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt hat, werden bestimmte Zeiten bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze fiktiv zusätzlich berücksichtigt. 7.2.2 Rentensplitting nach dem bis zum 31.12.2007 geltenden Recht Bei Todesfällen bis zum 31.12.2007 hat es keine Ausschlussfristen für die Abgabe der Erklärung unter Lebenden gegeben. Bis dahin war die einzige zeitliche Befristung durch den Tod der Erstversterbenden gesetzt. Falls bis dahin eine Erklärung zum Rentensplitting unter Lebenden möglich gewesen wäre, ist sie allein durch den Überlebenden dann auch nicht mehr zulässig. Dies bedeutet, dass Ehepaare, die bereits Altersrentenbezieher sind oder bei denen der andere Ehegatte (der keine Altersrente erhält) das 65. Lebensjahr (= damals gültige Regelaltersgrenze) vollendet hat, zu Lebzeiten gemeinsam das Rentensplitting unter Ehegatten bestimmt haben müssen. Tun sie dies nicht, ist der überlebende Ehegatte hierzu nicht mehr allein berechtigt. Dies gilt auch für Splitting-Fälle ab 01.01.2008. 239 7.2 Rentensplitting unter Ehegatten <?page no="240"?> Ob ein Splitting vorteilhaft ist oder nicht, bedarf einer sehr umfassenden Prüfung und fachlichen Beratung durch die Rentenversicherungsträger. Zu berücksichtigen sind dabei die jetzige und die künftige Einkommenssituation der Paare, die Feststellung, ob waisenrentenberechtigte Kinder vorhanden sind und ob ggf. eine Erziehungsrente in Betracht kommen kann. Die sich daraus ableitenden Splittingbeträge, die den Ausgleich der Rentenanwartschaften wäh‐ rend der Ehezeit bedingen, sind zu vergleichen mit der Höhe des Anspruchs auf Witwen- und Witwerrente unter Berücksichtigung der Vorschriften zur Einkommensanrechnung. Ein spezieller Vorteil ergab sich bei Todesfällen bis 31.12.2007 für überlebende Ehegatten, die das Rentensplitting gegenüber dem zuständigen Rentenversiche‐ rungsträger alleine durchführen konnten. Ihre Erklärung war - da noch an keine bestimmte Frist gebunden - zu jedem späteren Zeitpunkt nach dem Tode des Ehegatten möglich. Dies galt natürlich auch dann, wenn zunächst aus der Versicherung des Verstorbenen eine Hinterbliebenenrente geleistet wurde und sich der überlebende Ehegatte erst später für das Rentensplitting entschied. Man konnte einfach abwarten, bis der Wechsel von der Hinterbliebenenrente zum Rentensplitting vorteilhaft war. In diesem Fall endet die Hinterbliebenenrente mit der Rechtskraft des durchgeführten Rentensplittings. Darunter versteht man den Ablauf der Wi‐ derspruchsfrist nach einem Monat nach Bekanntgabe des Bescheides über das durchgeführte Rentensplitting. Dies gilt jetzt ebenso für die Fälle neuen Rechts (siehe 7.2.3.), die den Antrag auf Rentensplitting innerhalb von 12 Kalendermo‐ naten nach Ablauf des Todesmonats stellen müssen. 7.2.3 Änderungen beim Rentensplitting für die Zeit ab 01.01.2008 Durch das Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsgesetz ist auch das Rentensplitting weiterentwickelt worden. Für Todesfälle ab dem 01.01.2008 führt § 120d Abs. 1 SGB VI eine Ausschlussfrist zur Abgabe der Erklärung durch den überlebenden Partner ein. Das Rentensplitting kann innerhalb von 12 Kalendermonaten nach Ablauf des Monats, in dem der Partner verstorben ist, beantragt werden. Die Frist wird durch ein Verfahren bei einem Rentenver‐ sicherungsträger unterbrochen und beginnt danach erneut zu laufen. Eine Wie‐ dereinsetzung in den vorigen Stand ist ausgeschlossen. Dies bedeutet, dass mit einem Verfahren zur Feststellung der Hinterbliebenenrente die 12-Monatsfrist unterbrochen wird und nach bindender Feststellung über die Hinterbliebenen‐ rente eine neue Fristenberechnung startet. Kein Anspruch auf Rentensplitting 240 7 Versorgungsausgleich und Rentensplitting <?page no="241"?> besteht, wenn der überlebende Ehegatte aus seiner Witwen(r)rente eine Ren‐ tenabfindung gemäß § 107 SGB VI aufgrund der Wiederheirat erhalten hat. Durch die ausdrückliche Nichtanwendbarkeit der §§ 24 und 48 SGB X wurde darüber hinaus die Gefahr von Doppelzahlungen (Hinterbliebenenrente und Rentensplitting) beseitigt. 7.2.4 Zusammenfassung der Vor- und Nachteile des Rentensplittings Vorteile des Rentensplittings sind • Erwerb bzw. Erhöhung eines eigenständigen Versichertenrentenan‐ spruchs durch den Splittingzuwachs (zusätzliche Wartezeitmonate und Entgeltpunkte). • keine Einkommensanrechnung auf die Versichertenrente. • Anspruch auf eine Erziehungsrente bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 47 Abs. 3 SGB VI für die Dauer der Erziehung eines Kindes. Hier ist aber die Einkommensanrechnung nach § 97 SGB VI zu beachten. • kein Wegfall der Versichertenrente bei Wiederheirat. Hinweis: Ein Rentensplitting ist ausgeschlossen, wenn eine Hinterbliebenenrentenab‐ findung bei Wiederheirat ausgezahlt worden ist. Nachteile des Rentensplittings sind • kein Anspruch auf die zumeist (deutlich) höhere Witwen-/ Witwerrente, • Witwen-/ Witwerrentenabfindung ausgeschlossen, • Verringerung des Zahlbetrages der Waisenrente, wenn überlebender Ehegatte durch das Rentensplitting begünstigt wird, • keine Rückkehr zur Hinterbliebenenrente möglich, wenn z. B. bei Weg‐ fall des Vermögenseinkommens eine Einkommensanrechnung bei der Witwen-bzw. Witwerrente entfällt. • künftige Einkommenssituation des Überlebenden nicht auf Dauer sicher abschätzbar. Viele Ehepaare überlegen sich schon einige Zeit vor dem Erreichen der Alters‐ grenze für eine Leistung einer Vollrente wegen Alters bzw. vor Erreichen der Regelaltersgrenze, ob für sie ein Rentensplitting interessant sein könnte. Dabei treten die unterschiedlichsten Konstellationen auf, so dass es im Regelfall 241 7.2 Rentensplitting unter Ehegatten <?page no="242"?> schwierig ist, sich für die eine oder andere Option zu entscheiden. Im folgenden Beispiel haben wir versucht, dieses Spannungsverhältnis darzustellen und die Folgen bei einer Wahl der Option Hinterbliebenenrente und der Option Rentensplitting vereinfacht zusammenzufassen: Abwägungen eines Ehepaares / von Lebenspartnern bei einer Entscheidung zum Rentensplitting: Einkommen des / r Hinterbliebenen vor Einkommensanrechnung (Grundlage bei der Rentenberechnung der Versichertenrente: Rentenzugangsfaktor 1,0 und bei der Versicherten- und Hinterbliebenenrente: Rentenzugangsfaktor ebenfalls 1,0). Partner 1 Partner 2 Einkommen aus • Rentenanwartschaft aus der ge‐ setzlichen Rentenversicherung (RV) i. H. v. monatlich 1.539 € • (davon 70 v. H. innerhalb der Ehe = 31,5 Entgeltpunkte) Einkommen aus • Rentenanwartschaft aus der gesetz‐ lichen RV i. H. v. monatlich 1.430 € (davon 60 v. H. innerhalb der Ehe = 25,1 Entgeltpunkte) • Kapitaleinkünfte monatlich 1.000 € A. Berechnung aus Sicht von Partner 1 (wenn Partner 2 verstirbt) OPTION: Hinter‐ bliebenenrente OPTION: Renten‐ splitting Berechnung der Hin‐ terbliebenenrente: 1.430 € x 55 Prozent = 787 € Rentensplitting: 31,5 (Partner 1) Einkommensanrechnung: Rentensplitting: +25,1 (Partner 2) eigene Rente (-14 Prozent) 1.324 € 56,6 : 2 = 28,3 EP 242 7 Versorgungsausgleich und Rentensplitting <?page no="243"?> Kapitaleinkünfte (vererbt) 1.000 € Summe 2.324 € Partner 1: 28,3 EP (-3,2 EP) Abzgl. Freibetrag ca. 903 € Partner 2: 28,3 EP (+3,2 EP) Rest 1.421 € x 40 Prozent = 568 € (anrechenbares Einkommen) Splittingauswirkung bei Partner 1: -109 € Zahlbare Hinterblie‐ benenrente mtl. 219 € Versichertenrente 1.430 € + Versichertenrente mtl. 1.539 € Kapitaleinkünfte 1.000 € + Kapitaleinkünfte (vererbt) mtl. 1.000 € Summe: 2.758 € Summe: 2.430 € Empfehlung: KEIN RENTENSPLITTING! Negative Auswirkungen! 243 7.2 Rentensplitting unter Ehegatten <?page no="244"?> B. Berechnung aus Sicht von Partner 2 (wenn Partner 1 verstirbt) OPTION: Hinter‐ bliebenenrente OPTION: Renten‐ splitting Berechnung der Hin‐ terbliebenenrente: 1.539 € x 55 Prozent = 846 € Rentensplittingzu‐ wachs von Partner 1 zu Partner 2: 3,2 EP Einkommensanrechnung: Erhöhung der eigenen Rente um 109 € = 1.539 € eigene Rente (-14 Prozent) 1.230 € +Kapitaleinkünfte 1.000 € Kapitaleinkünfte 1.000 € Summe 2.230 € Abzgl. Freibetrag ca. 903 € Rest 1.327 € x 40 Prozent = 531 € (anrechenbares Einkommen) Zahlbare Hinterblie‐ benenrente 315 € Eigene Rente 1.430 € Kapitaleinkünfte 1.000 € Summe: 2.745 € Summe: 2.539 € Empfehlung: KEIN RENTENSPLITTING! 244 7 Versorgungsausgleich und Rentensplitting <?page no="245"?> Auch im Fall B ist die herkömmliche Witwen-/ Witwerrente - trotz hoher Einkommensanrechnung - die deutlich günstigere Lösung. Sobald die Kapi‐ taleinkünfte verringert werden oder in Wegfall kommen, erhöht sich die Witwen - bzw. Witwerrente - bis zum vollen Betrag von 846,00 €. Ein Vergleich müsste hier wie folgt aussehen: Witwen-/ Witwerrente bis zu monatlich 846,00 € gegenüber einer Steigerung der Versichertenrente durch das Rentensplitting i. H. v. monatlich 109,00 €. C. Im folgenden Fallbeispiel liegt ein Sachverhalt vor, bei dem auch noch nach Bewilligung der Hinterbliebenenrente das Rentensplitting in Betracht kommen kann. Fallbeispiel: Das Ehepaar Waldemar C. (geb. 1971) und Vanessa C. (geb. 1975) haben am 03.04.2002 geheiratet. Aus ihrer Ehe entstammt die gemeinsame Tochter Leonie, geb. 10.12.2007. Waldemar C. verunglückt am 05.07.2021 tödlich (privater Verkehrsunfall) - kein Rentenbezug. In seinem Versicherungskonto befinden sich bis zum Leistungsfall 15,4454 Entgeltpunkte (EP). Weitere 14 EP werden für die anrechnungsfähige Zu‐ rechnungszeit bis zur aktuellen Regelaltersgrenze berücksichtigt. Insgesamt sind deshalb 29,4454 EP vorhanden. Während der Ehezeit vom 03.04.2002 bis zum 05.07.2021 sind folgende Ent‐ geltpunkte aus der allgemeinen Rentenversicherung zurückgelegt worden: Ehemann: 8,4215 - Ehefrau: 2,4913 Der Unterschied beträgt 5,9302 EP. Bei einem Rentensplitting wäre die Hälfte des Wertunterschiedes - also 2,9651 - vom Ehemann an die Ehefrau zu übertragen. Vanessa C. beantragt noch im Juli 2021 Witwen- und Waisenrente. Die DRV gewährt ihr ab 05.07.2021 große Witwenrente gemäß § 46 Abs.2 SGB VI und der Tochter Leonie Halbwaisenrente nach § 48 SGB VI. Für die Zeit vom 05.07.2021 bis zum 31.10.2021 wird die Witwenrente in Höhe der Versichertenrente des Verstorbenen gezahlt. Die mit dem Rentenartfaktor 0,55 ermittelte Witwenrente einschließlich eines Zuschlages an persönlichen Entgeltpunkten für die Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (0,1010 PEP X 36 KM) beträgt 553,71 € monatlich. Vanessa C. übt seit 2 Jahren eine Berufstätigkeit aus, für die sie im Jahr 2020 ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 28.000,00 € bezogen hat. Ihr aktu‐ elles Bruttoarbeitsentgelt (August 2021) beträgt 2.500,00 €. Sonderzahlungen 245 7.2 Rentensplitting unter Ehegatten <?page no="246"?> werden nicht geleistet. Zudem besitzt sie Kapitaleinkünfte von monatlich 260,00 €. Da der letzte Arbeitslohn nicht um mehr als 10 v. H. geringer ist als das monatliche Durchschnittsentgelt des Vorjahres, wird mit dem Wert des Jahres 2020 weitergerechnet. Zunächst wird durch Pauschalabzug von 40 Prozent (= 2333,33 - 933,33) das Nettoentgelt in Höhe von 1.400,00 € ermittelt. Bei den Kapitaleinkünften sind 25 Prozent abzuziehen; die Nettoeinkünfte belaufen sich somit auf monatlich 195,00 €. Vom gesamten Nettoeinkommen von 1595 € werden jetzt die Freibeträge für die Witwe (rd. 902,00 €) und die Tochter Leonie (rd. 191,00 €) abgezogen. Der verbleibende Betrag in Höhe von 502,00 € wird zu 40 Prozent (= 200,80 €) auf die Witwenrente angerechnet. Gezahlt wird somit eine Witwenrente in Höhe von 352,91 € monatlich. Frau C. möchte ihre Berufstätigkeit auch nach dem Tod ihres Mannes unverändert fortsetzen. Die Halbwaisenrente für Leonie beträgt zuzüglich des Zuschlages für die Waisenrente gemäß § 78 SGB VI monatlich 193,76 €. Frau Vanessa C. beantragt aufgrund des Resultates der persönlichen Beratung beim Rentenversicherungsträger am 06.11.2021 das Rentensplitting unter Ehegatten durchzuführen. 25 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten sind bei der Witwe vorhanden. Der Bescheid über den Vollzug des Rentensplittings wird am 14.11.2021 erteilt und gilt gemäß § 37 Abs.2 SGB X als am 17.11.2021 als zugestellt. Die Rechtskraft des Splittings tritt somit am 18.12.2021 ein. Sind die durch das Splitting erwachsenden Rentenansprüche für die Hinter‐ bliebenen insgesamt günstiger? Lösung: Nach verbindlicher Durchführung des Rentensplittings ergibt sich für Frau C. ein Anspruch auf Erziehungsrente aus ihrem Versicherungskonto zuzüglich des Splittingzuwachses. Die Ermittlung der Entgeltpunkte für Frau C. ergibt inklu‐ sive der Entgeltpunkte für eine Zurechnungszeit = 29,1980 EP. Diese EP erhöhen sich um den Splittingzuwachs in Höhe von 2,9651 auf 32,1631 EP. Vervielfältigt mit dem Zugangsfaktor von 0,892 ergeben sich daraus 28,6895 persönliche Entgeltpunkte (PEP). Die Erziehungsrente beträgt 980,89 € monatlich. Nachdem für die Erziehungsrente dieselbe Regelung wie bei der Witwenrente für die Einkommensanrechnung maßgebend ist, sind hier ebenfalls 200,80 € anzurechnen. Zahlbar als Erziehungsrente sind daher 780,09 € monatlich. 246 7 Versorgungsausgleich und Rentensplitting <?page no="247"?> Bei der Waisenrente verringern sich durch das Splitting die im Konto des Vaters anrechenbaren Entgeltpunkte. Die monatliche Waisenrente sinkt dadurch um 7,66 € im Monat. Bei der Beratung waren demnach folgende Rentenansprüche vergleichend ge‐ genüberzustellen: • Hinterbliebenenrenten: Witwenrente nach Einkommensanrechnung 352,91 € + Waisenrente von 193,76 € = insgesamt 546,67 €, jeweils im Monat. • Renten wegen Todes nach Rentensplitting: Erziehungsrente nach Einkom‐ mensanrechnung 780,09 € + Waisenrente von 186,10 € = 966,19 €, jeweils im Monat. Hinweis: Die Erziehungsrente wird längstens bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres von Leonie und somit bis zum 31.12.2025 geleistet. Der Vergleich beider Anspruchsgrundlagen ergibt, dass im vorliegenden Fall das Rentensplitting unter Ehegatten die finanziell günstigere Lösung darstellt. Der jährliche Rentenmehrbetrag beläuft sich auf 5.034,24 €! Mit der verbindlichen Durchführung des Rentensplittings wird der Bescheid über die Gewährung der bisher bezogenen Witwenrente nach § 48 Abs. 1 SGB X mit Wirkung vom 01.01.2022 aufgehoben. Gleichzeitig wird die Waisenrente für die Zeit ab 01.01.2022 neu berechnet. RENTENSPLITTING EMPFEHLENSWERT ! 7.2.5 Änderung des einmal durchgeführten Rentensplittings Wenn sich die Eheleute einmal für das Rentensplitting entschieden haben und dieses Rentensplitting wirksam durchgeführt wurde, ist dies verbindlich. Dies bedeutet, dass das durchgeführte Rentensplitting weder rückgängig gemacht noch abgeändert werden kann. Es gibt jedoch an den Versorgungsausgleich bei Ehescheidungen angelehnte Anpassungsregelungen, die in bestimmten Fällen ein Rückgängigmachen des Rentensplittings ermöglichen. Ist z. B. der durch das Rentensplitting begünstigte Ehegatte verstorben, hat der überlebende Ehegatte Anspruch auf das Rückgängigmachen des Renten‐ splittings, wenn ihm aus dem Rentensplitting nicht länger als 36 Monate Ren‐ tenleistungen erbracht wurden. Antragsberechtigt ist der überlebende Ehegatte. 247 7.2 Rentensplitting unter Ehegatten <?page no="248"?> Die Anpassung wirkt ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Antragstellung folgt. Ferner besteht ein Anspruch auf Abänderung des einmal durchgeführten Rentensplittings unter Ehegatten (§ 120c SGB VI), wenn sich für die Eheleute eine Abweichung des Wertunterschiedes zu dem beim bereits durchgeführten Rentensplitting zugrunde liegenden Wertunterschied ergibt. Allerdings muss es sich um eine wesentliche Abweichung an zu übertragenden Entgeltpunkten handeln, oder einer der Eheleute muss durch die Abänderung eine Warte‐ zeit erfüllen können. Wesentlich ist eine Abweichung immer dann, wenn sie 10 Prozent der im Rahmen des Rentensplittings insgesamt übertragenen Entgeltpunkte - jedoch mindestens 0,5 Entgeltpunkte - übersteigt. Für den Ehegatten, der einen Splittingzuwachs erhalten hat, entfällt durch die Abänderung eine bereits erfüllte Wartezeit nicht. Antragsberechtigt sind neben den Ehegatten auch ihre Hinterbliebenen. 248 7 Versorgungsausgleich und Rentensplitting <?page no="249"?> 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="250"?> 250 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="251"?> 251 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="252"?> 252 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="253"?> 253 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="254"?> 254 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="255"?> 255 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="256"?> 256 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="257"?> 257 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="258"?> 258 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="259"?> 259 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="260"?> 260 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="261"?> 261 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="262"?> 262 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="263"?> 263 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="264"?> 264 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="265"?> 265 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="266"?> 266 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="267"?> 267 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="268"?> 268 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="269"?> 269 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="270"?> 270 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="271"?> 271 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="272"?> 272 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="273"?> 273 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="274"?> 274 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="275"?> 275 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="276"?> 276 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="277"?> 277 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="278"?> 278 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="279"?> 279 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="280"?> 280 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="281"?> 281 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="282"?> 282 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="283"?> 283 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="284"?> 284 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="285"?> 285 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="286"?> 286 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="287"?> 287 8.1 Der Rentenbescheid nebst Anlagen <?page no="288"?> 288 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="289"?> 8.2 Erläuterungen des Rentenbescheides Im Folgenden wird ein kompletter Rentenbescheid über eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vom 03.05.2021 vorgestellt und dieser schwer‐ punktmäßig erläutert. Dabei wird die Rentenberechnung in ihren Grundlagen erklärt. *1 vgl. 5.1. *2 Renten, die nach dem 31.03.2004 begonnen haben, werden i. d. R. nicht mehr im Voraus, sondern „nachschüssig“ ausgezahlt. Die Fälligkeit und Auszahlung der Renten sind in den §§ 118 und 272a SGB VI geregelt. *3 vgl. 5.1.2.2. Renten wegen teilweiser verminderter Erwerbsfähigkeit werden grundsätz‐ lich auf Zeit geleistet. Die Befristung erfolgt für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn (§ 102 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI). Das Rentenende bestimmt sich nach § 100 Abs. 3 Satz 1 SGB VI. Im vorliegenden Fall jedoch wird die teilweise Erwerbsminderungsrente auf Dauer gezahlt, da eine Besserung des Gesundheitszustandes unwahrscheinlich ist. *4 Datum des Eintritts der (teilweisen) Erwerbsminderung (= „Leistungsfall“). *5 Rentenbeginn nach § 99 Abs. 1 SGB VI: da die teilweise Erwerbsminderungs‐ rente nicht befristet ist, wird die Rente von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, bei verspäteter Antragstellung (nicht bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Kalendermonats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind) ab Beginn des Antragsmonats. *6 vgl. 5.1.2.1. und § 100 SGB VI *7 vgl. 5.1.2.7. *8 vgl. 5.1.2.2. und § 89 SGB VI 289 8.2 Erläuterungen des Rentenbescheides <?page no="290"?> *9 vgl. 5.1.2.6. und § 96a SGB VI (=” Flexirente”) *10 Wegen möglicher Anwendung § 93 SGB VI. *11 vgl. §§ 48, 50 SGB X. *12 vgl. 5.1.2.6. und § 96a SGB VI (= “Flexirente”). *13 vgl. 9. *14 Ein Rentenbescheid kann maximal 21 Berechnungsanlagen umfassen. Es sind dies im Einzelnen folgende Anlagen: • „Berechnung der Rente“ • „Versicherungsverlauf “, „Entscheidungen zu rentenrechtlichen Zeiten“ • „Entgeltpunkte für Beitragszeiten“ • „Entgeltpunkte für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten“ • „Versorgungsausgleich“ • „Berechnung der persönlichen Entgeltpunkte“ • „Zusammentreffen mehrerer Ansprüche“ • „Ermittlung des anzurechnenden Einkommens“ • „Höherversicherung“ • „Zeiten mit Tabellenwerten“ • „Berechnung der Zinsen“ • „Knappschaftliche Tätigkeiten“ • „Zusätzliche Entgeltpunkte für ständige Arbeiten unter Tage“ • „Entgeltpunkte für verdrängte deutsche freiwillige Beiträge“ • „Persönliche Entgeltpunkte für die Zeit ab 01.01.1992“ • „Rente im Beitrittsgebiet“ • „Übergangsrente“ • „Waisenrenten-Unterschiedsbetrag“ • „Hinzuverdienstgrenzen“ • „Zuschlag an Entgeltpunkten“ • „Rente und Hinzuverdienst“. 290 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="291"?> *15 Die Grundsätze der Rentenberechnung nach den Rechtsvorschriften des ab 01.01.1992 im gesamten Bundesgebiet geltenden Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sind in § 63 Abs. 1 - 7 SGB VI zusammengefasst: • Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des gesamten Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeits‐ entgelte und Arbeitseinkommen. • Dieses versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Ent‐ geltpunkte umgerechnet. Ein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen in Höhe eines Durchschnittsentgelts für ein Kalenderjahr ergibt einen Ent‐ geltpunkt. Hat ein Versicherter weniger verdient, sind die Entgeltpunkte geringer als 1,0, bei höherem Arbeitseinkommen größer als 1,0. • Für beitragsfreie Zeiten werden Entgeltpunkte angerechnet, deren Summe von der Höhe der in der übrigen Zeit versicherten Arbeitsent‐ gelte und Arbeitseinkommen abhängig (Gesamtleistungsbewertung) ist. Lücken im Versicherungsleben verringern die Entgeltpunkte für die beitragsfreien Zeiten. • Das Sicherungsziel im Verhältnis zu einer Altersrente wird - je nach Rentenart - durch den Rentenartfaktor von 0,1 bis 1,0 bestimmt. • Die Minderung der Rente bei vorzeitigem Rentenbeginn sowie die Erhö‐ hung bei einem über die Regelaltersgrenze hinausgeschobenen Renten‐ beginn erfolgt über den Zugangsfaktor. So werden Vorteile und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer ausgeglichen. • Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich, indem die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte mit dem Renten‐ artfaktor und dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt werden. *16 Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich, wenn: • die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, • der Rentenartfaktor und • der aktuelle Rentenwert bei ihrem Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Also: Zugangsfaktor x Entgelt‐ punkte = persönliche Entgeltpunkte x Rentenart‐ faktor x Aktueller Ren‐ tenwert = Monatsbe‐ trag der Rente 291 8.2 Erläuterungen des Rentenbescheides <?page no="292"?> Der Monatsbetrag der Rente wird „Cent genau” bestimmt; § 123 Abs. 1 SGB VI. Im vorliegenden Fall errechnet sich die monatliche Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aus 21,8861 persönlichen Entgeltpunkten, multipliziert mit dem Rentenartfaktor 0,5 (gilt bei Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung) und dem ab 01.01.2021 geltenden aktuellen Rentenwert von 34,19 €. Daraus ergibt sich eine Rente von monatlich 374,14 € (brutto). Übergangsweise (d. h. solange sich das Lohn- und Gehaltsniveau im Beitritts‐ gebiet - also in den neuen Bundesländern - noch nicht endgültig an das der alten Bundesländer angeglichen hat) treten an die Stelle der Entgeltpunkte für die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten Entgeltpunkte (Ost) und ein aktueller Rentenwert (Ost); §§ 254b, 254d, 255a SGB VI. Liegen der Rente neben persönlichen Entgeltpunkten auch persönliche Entgeltpunkte (Ost) zugrunde, sind zwei Monatsteilrenten zu ermitteln, die in Summe den Monatsbetrag der Rente ergeben; § 254b Abs. 2 SGB VI: Zugangsfaktor x Entgelt‐ punkte = persönliche Entgeltpunkte x Rentenart‐ faktor x Aktueller Rentenwert = Monatsteil‐ betrag der Rente Zugangsfaktor x Entgelt‐ punkte = persönliche Entgeltpunkte (Ost) x Rentenart‐ faktor x Aktueller Rentenwert (Ost) = Monatsteil‐ betrag der Rente SUMME = Monatsbe‐ trag der Rente Bis zum 01.07.2024 wird der aktuelle Rentenwert (Ost) endgültig auf das Niveau des aktuellen Rentenwertes angehoben (Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz vom 17.07.2017). Ab dem 1. Juli 2018 wird der Rentenwert (Ost) dabei an den im Westen geltenden Rentenwert in sieben Schritten angeglichen: im ersten Schritt auf 95,8 Prozent des Westwertes, dann in den darauffolgenden Jahren um jeweils 0,7 Prozent. Zum 1. Juli 2024 beträgt demzufolge der Rentenwert (Ost) 100 Prozent des Rentenwerts West. Der Rentenwert (Ost) soll im Verhältnis zum aktuellen Rentenwert betragen: 292 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="293"?> • zum 01.07.2018: 95,8 Prozent • zum 01.07.2019: 96,5 Prozent • zum 01.07.2020: 97,2 Prozent • zum 01.07.2021: 97,9 Prozent • zum 01.07.2022: 98,6 Prozent • zum 01.07.2023: 99,3 Prozent • zum 01.07.2024: 100 Prozent. Parallel dazu wird ab dem 1. Januar 2019 allerdings schrittweise auch die Bewertung der Arbeitsentgelte angepasst. Damit verringert sich nach und nach die Hochwertung der Verdienste in den neuen Bundesländern (§ 256a SGB VI i. V. m. Anlage 10 zum SGB VI), so dass zum 1. Januar 2025 diese Höherbewertung für neu erworbene Entgeltpunkte entfällt. *17 Grundsätzlich bestehen für Rentner folgende Möglichkeiten der Krankenversi‐ cherung: • in der gesetzlichen Krankenversicherung (SGB V): - die Pflichtversicherung (Krankenversicherung der Rentner KVdR), - die freiwillige Mitgliedschaft oder - die Familienversicherung, • bei einem Versicherungsunternehmen die private Krankenversicherung. In der KVdR wird pflichtversichert, wer eine Rente der gesetzlichen Rentenver‐ sicherung beantragt, einen Rentenanspruch hat und die sogenannte Vorversi‐ cherungszeit erfüllt (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V). Diese ist erfüllt, wenn seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Rentenantragstellung (Rahmenfrist) mindestens 9/ 10 der zweiten Hälfte dieses Zeitraums eine Mitgliedschaft (aufgrund einer Pflichtversicherung oder freiwilligen Versicherung) oder eine Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung bestanden hat. Was hat sich ab 01. August 2017 bei der KVdR geändert? Bei Versicherten mit Kindern werden in der zweiten Hälfte des Arbeitslebens zu den tatsächlich vorhandenen Jahren in der GKV noch zusätzliche Jahre hinzugerechnet. In Paragraf 5 Absatz 2 des Sozialgesetzbuches V wird folgendes geregelt: „Auf die erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind eine Zeit von drei Jahren angerechnet.“ Einer Mutter mit zwei Kindern werden nun also sechs Jahre zusätzlich für die KVdR zugebilligt. Das Gleiche gilt für den Vater dieser Kinder. Dabei ist es egal, wann das Kind geboren wurde. Normalerweise werden Kinder in der ersten Hälfte des Arbeitslebens 293 8.2 Erläuterungen des Rentenbescheides <?page no="294"?> geboren; sie verbessern aber die erforderliche 9/ 10 Regelung in der zweiten Hälfte des Arbeitslebens je Kind um 3 Jahre. Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) wurde im Mai 2019 mit in Kraft treten konkretisiert, dass erwachsene Stief- und Adoptivkinder, bei denen keine Erziehungsleistung stattfand, keine Berücksichtigung finden. Beispiel: Erika Musterfall (selbst kinderlos) war in den insgesamt 30 Jahren, die die zweite Hälfte ihres Arbeitslebens umfasst, nur 20 Jahre gesetzlich und 10 Jahre privat versichert. Damit erfüllte sie nach den bis zum 31. Juli 2017 geltenden Regeln die Voraussetzungen für die KVdR nicht. Da sie jedoch einen Witwer mit drei kleinen Kindern geheiratet hat (eine Erziehungsleistung fand statt), sind ihr sozusagen drei Kinder zugewachsen. Dadurch kommt sie in der zweiten Hälfte ihres Arbeitslebens auf 20 + 9 = 29 Jahre mit gesetzlicher Versicherung. Schon mit 27,0 Jahren erreicht sie die geforderte 90-Prozent-Grenze. Damit kommt Erika Musterfall jetzt als Rentnerin in die KVdR. Waisenrentner sind ab 1.1.2017 ohne Berücksichtigung einer Vorversiche‐ rungszeit in der Krankenversicherung pflichtversichert (§ 5 Abs. 1 Nr. 11b SGB V). Waren sie jedoch zuletzt vor der Stellung des Rentenantrags privat krankenversichert, ist die Pflichtversicherung ausgeschlossen. Wer in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, für den besteht auch in der sozialen Pflegeversicherung eine Versicherung (§ 20 SGB XI). Die Beiträge aus der Rente bestimmen sich nach der Höhe der monatlichen Rente i. S. v. § 64 SGB VI (§ 228 SGB V). Maßgebend ist der Betrag der Rente, der sich nach Anwendung aller Anrechnungsvorschriften ergibt. Sofern ein Berechtigter mehrere Renten erhält, ist jede einzelne Rente beitragspflichtig. Zur Beitragszahlung werden neben der Rente auch sämtliche weiteren Einkünfte des Rentners wie z. B. Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäf‐ tigung, Arbeitseinkommen oder Versorgungsbezüge herangezogen (§§ 226 ff SGB V). Neben der Rentenhöhe beeinflusst auch der Beitragssatz die Höhe der Beiträge aus der Rente. Bei in der KVdR versicherungspflichtigen Rentnern gilt nach § 247 SGB V für die Bemessung der Krankenversicherungsbeiträge aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung der allgemeine Beitragssatz nach § 241 SGB V. Darüber hinaus können die gesetzlichen Krankenkassen einen kassenindividuellen Zusatzbeitrag erheben (§ 242 SGB V). Nach § 249a SGB V werden die Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner aus dem allgemeinen Beitragssatz je zur Hälfte vom Rentner und vom RV-Träger übernommen. Der Beitragsanteil aus dem Zusatzbeitrag (§ 242 SGB V) wird seit 294 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="295"?> dem 01.01.2019 ebenfalls je zur Hälfte vom Rentner und vom RV-Träger getragen (§ 249a SGB V). Für ab 1.1.2017 versicherungspflichtige Waisen ist die Waisenrente bis zum Erreichen der Altersgrenze in der Familienversicherung, also in der Regel bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 237 Satz 2 SGB V) beitragsfrei. Im Beispielsfall ist die Versicherte gesetzlich pflichtversichert. Der allgemeine Beitragssatz beträgt derzeit 14,6 Prozent. Aus der Bruttorente von 374,14 € errechnet sich ein gesamter KV-Beitrag von 54,62 €; hiervon trägt der Renten‐ bezieher und der Rentenversicherungsträger jeweils die Hälfte von 27,31 €. Den kassenindividuellen Zusatzbeitrag in Höhe von 0,9 Prozent (3,37 €) trägt i. H. v. 1,69 € der RV-Träger und i. H. v. 1,68 € der Rentner. Nach § 55 Abs. 1 SGB XI beträgt der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversiche‐ rung seit dem 01.01.2019 3,05 Prozent. Hat der Rentner einen Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge ist der halbe Beitragssatz maßgebend. Der Beitragssatz erhöht sich um einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 Pro‐ zent für kinderlose Mitglieder in der sozialen Pflegeversicherung, die das 23. Lebensjahr vollendet haben. Vom Beitragszuschlag befreit sind nur dieje‐ nigen Mitglieder, die ihre Elterneigenschaft nachweisen. Ausgenommen vom Beitragszuschlag sind vor dem 01.01.1940 geborene Versicherte, Wehr- und Zivildienstleistende sowie Bezieher von Arbeitslosengeld II. Den Beitrag zur sozialen Pflegeversicherung, einschließlich eines ggf. zu berücksichtigenden Beitragszuschlages für Kinderlose, trägt der Rentner allein (§ 59 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz SGB XI). In der vorliegenden Rente errechnet sich der Pflegeversicherungsbeitrag von 3,05 Prozent = 11,41 € aus der Bruttorente von 374,14 €. Da die Elterneigenschaft nachgewiesen ist, entfällt der Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 Prozent. *18 vgl. 3. *19 vgl. 3.1.1.1. und 3.3.1. *20 vgl. 4.1.1.1. *21 vgl. 4.1.1.1. 295 8.2 Erläuterungen des Rentenbescheides <?page no="296"?> *22 vgl. § 70 Abs. 1 SGB VI Das individuell erzielte rentenversicherungspflichtige Bruttoeinkommen (allgemein: beitragspflichtige Einnahmen) wird ins Verhältnis zum allgemeinen Durchschnittsverdienst (Anlage 1 zum SGB VI) gestellt. Je höher das persönliche rentenversicherungspflichtige Bruttoeinkommen, desto höher die erworbenen Entgeltpunkte und damit letztendlich auch die Rentenhöhe (= Lohnbzw. Beitragsbezogenheit der Rente; vgl. auch § 63 Abs. 1 SGB VI). *23 vgl. § 54 Abs. 3 Satz 2 SGB VI Da das allgemeine Bruttoeinkommen eines Auszubildenden in der Regel geringer ist, als der Durchschnittsentgelt aller Versicherten, werden für eine Berufsausbildungszeit auch entsprechend originär nur geringe Entgeltpunkte erworben. Um hier eine Schlechterstellung von Auszubildenden zu vermeiden, gelten diese Zeiten generell als beitragsgeminderte Zeiten und können ggf. Zuschläge an Entgeltpunkten erhalten (vgl. Nr. 30 im Rentenbescheid). *24 vgl. § 70 Abs. 2 SGB VI Kindererziehungszeiten erhalten für jeden Kalendermonat 0,0833 Entgelt‐ punkte. Treffen Kindererziehungszeiten mit sonstigen Beitragszeiten zu‐ sammen, werden die Entgeltpunkte der sonstigen Beitragszeiten ebenfalls um 0,0833 Entgeltpunkte je Kalendermonat erhöht, höchstens jedoch um die Entgeltpunkte bis zum Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze (Anlage 2b zum SGB VI). *25 vgl. § 70 Abs. 3a SGB VI Für Kalendermonate, in denen Berücksichtigungszeiten wegen Kindererzie‐ hung mit entsprechenden Zeiten für ein anderes Kind zusammentreffen, werden nach § 70 Abs. 3a Buchst. b SGB VI Entgeltpunkte frühestens für Zeiten ab 01.01.1992 gutgeschrieben. Nach Satz 3 der genannten Vorschrift werden die gutgeschriebenen Entgeltpunkte zusammen mit den eventuell vorhandenen Entgeltpunkten für Beitragszeiten und Kindererziehungszeiten auf den monat‐ lichen Wert von 0,0833 begrenzt. Da die Kindererziehungszeiten bereits ohnehin 0,0833 Entgeltpunkte monatlich erhalten, ergibt sich für diese Zeiten in keinem Fall eine Gutschrift gemäß § 70 Abs. 3a Buchst. b SGB VI. *26 vgl. § 262 SGB VI 296 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="297"?> *27 Entgeltpunkte für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten sind zu ermitteln (Gesamtleistungsbewertung). Die Grundsätze der Gesamtleistungsbewertung sind in § 71 Abs. 1 - 4 SGB VI geregelt. Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VI erhalten die beitragsfreien Zeiten, also die Anrechnungszeiten nach §§ 58, 252, 252a, 253 SGB VI, die Ersatzzeiten nach § 250 SGB VI und die Zurechnungszeiten nach §§ 59, 253a SGB VI den Durchschnittswert an Entgeltpunkten, der sich aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Zeitraum ergibt. Maßgebend ist der höhere Wert, der sich entweder aus der Grundbewertung aus allen Beiträgen oder aus der Vergleichsbewertung aus ausschließlich voll‐ wertigen Beiträgen errechnet. Sind beide Werte gleich hoch, ist der Wert aus der Vergleichsbewertung maßgebend. § 71 Abs. 3 SGB VI wurde durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz mit Wirkung vom 01.01.2005 an neu gefasst. Abs. 3 Satz 1 wurde in Nr. 1 und Nr. 2 unterteilt. Nr. 1 enthält die bisherige Regelung des Abs. 3: jedem Kalendermonat mit Berücksichtigungszeiten wird in der Gesamtleistungsbewertung der Wert an Entgeltpunkten zugeordnet, der sich auch für Kindererziehungszeiten nach § 70 Abs. 2 SGB VI ergeben würde. Nr. 2 führt das bis zum 31.12.2004 geltende Recht in § 71 Abs. 1 S. 3 SGB VI für Versicherte mit Pflichtbeiträgen zu Beginn des Erwerbslebens außerhalb einer Berufsausbildung bei der Ermittlung des Gesamtleistungswerts für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten fort. Dadurch werden soziale Härtefälle bei Frühinvalidität oder frühem Tod ausgeschlossen. Satz 2 des Abs. 3 führt die bis zum 31.12.2004 in § 54 Abs. 3 S. 3 SGB VI geregelte Fiktion, dass die ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres stets als Zeiten einer beruf‐ lichen Ausbildung gelten, allein für die Ermittlung des Gesamtleistungswerts fort. Das heißt, bei der Ermittlung des Gesamtleistungswerts für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten werden die fiktiven Berufsausbildungszeiten weiterhin aufgewertet. Im Beispielsfall werden die 20 Monate echter (03.09.1984 bis 30.04.1986; siehe Anlage 2) und fiktiver (01.05.1986 bis 31.08.1987) beruflicher Ausbildung vom 03.09.84 bis 31.08.87, die insgesamt 1,1937 Entgeltpunkte (EP) ergeben, mit 36 X 0,0833 Entgeltpunkten = 2,9988 EP angerechnet. Daraus ermitteln sich zusätzliche Entgeltpunkte in Höhe von 1,8051. § 71 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI regelt, dass die gesamte Zeit der Kindererzie‐ hung (sowohl als Beitragszeit als auch als Berücksichtigungszeit) grundsätzlich mit demselben Wert für die Gesamtleistungsbewertung (0,0833 EP) versehen wird. Wurden bereits zusätzliche Entgeltpunkte für Berücksichtigungszeiten 297 8.2 Erläuterungen des Rentenbescheides <?page no="298"?> nach § 70 Abs. 3a SGB VI ermittelt (Aufwertung bei Pflichtbeiträgen neben Berücksichtigungszeiten und / oder Gutschrift von Entgeltpunkten bei gleich‐ zeitigen Berücksichtigungszeiten), werden diese zusätzlichen Entgeltpunkte von dem Wert 0,0833 Entgeltpunkte abgezogen. Im Beispielsfall umfasst dieser Zeitraum die Monate mit Berücksichtigungs‐ zeiten und mit vollwertigen Beitragszeiten vom 01.12.1996 bis 31.05.2001. Entgeltpunktzuschläge für die Zeit der Kindererziehung, weil diese reine Berücksichtigungszeiten sind, ergeben sich für den Zeitraum von Juni 2001 bis November 2003. Weitere Entgeltpunkte für reine Berücksichtigungszeiten ergeben sich nicht, da diese Kalendermonate als Beitragszeiten bereits den Wert für Kindererziehungszeiten (mtl. 0,0833 EP) erhalten haben. Darüber hinaus wird der Monat Mai 1991, im dem die Berücksichtigungszeit mit einer beitragsfreien Zeit zusammentrifft, mit 0,0833 EP berücksichtigt. Die Entgeltpunkte für Berücksichtigungszeiten betragen insgesamt 5,5793, die zusätzlichen EP für Zeiten der beruflichen Ausbildung belaufen sich auf 1,8051. Zusammen mit den EP für alle Beitragszeiten ergeben sich 21,9790 Punkte für die Grundbewertung. *28 Für die Grundbewertung werden für jeden Kalendermonat der zu bewertenden beitragsfreien Zeiten Entgeltpunkte der Höhe nach zugrunde gelegt, die sich ergeben, wenn die Summe der Entgeltpunkte für alle Beitragszeiten und Be‐ rücksichtigungszeiten durch die Anzahl der belegungsfähigen Monate geteilt wird; § 72 Abs. 1 SGB VI. Der belegungsfähige Gesamtzeitraum umfasst nach § 72 Abs. 2 Satz 1 SGB VI die Zeit vom vollendeten 17. Lebensjahr des Versicherten bis zum • Kalendermonat vor Beginn der zu berechnenden Rente wegen Alters, wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 6 SGB VI und der Erziehungsrente des § 47 SGB VI, • Eintritt der maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, • Tod des Versicherten bei einer Hinterbliebenenrente. Liegen rentenrechtliche Zeiten vor dem 17. Lebensjahr, verlängern sie den bele‐ gungsfähigen Gesamtzeitraum um die entsprechende Anzahl Kalendermonate; § 72 Abs. 2 Satz 2 SGB VI. Nach § 72 Abs. 3 SGB VI sind folgende Kalendermonate „nicht belegungs‐ fähig”, so dass sie sich nicht negativ auf den Gesamtleistungswert auswirken können: 298 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="299"?> • Beitragsfreie Zeiten (also Anrechnungs- und Ersatzzeiten sowie die auf den Kalendermonat des Eintritts der Minderung der Erwerbsfähigkeit oder des Todes entfallende Zurechnungszeit), soweit sie nicht auch Berücksichtigungszeiten sind, • Zeiten des Bezuges einer Rente aus eigener Versicherung, soweit diese Zeiten nicht auch Beitrags- oder Berücksichtigungszeiten sind. Im Beispielsfall erstreckt sich der belegungsfähige Gesamtzeitraum vom 12.09.1983 (Vollendung des 17. Lebensjahres) bis zum 01.09.2019 (Eintritt der Erwerbsminderung) = 433 Monate. Abzüglich der nicht belegungsfähigen 12 Monate an beitragsfreien Zeiten verbleiben 421 belegungsfähige Monate für die Grundbewertung. *29 Der Gesamtleistungswert nach der Vergleichsbewertung ist nach § 73 SGB VI ausschließlich aus vollwertigen Beitrags- und Berücksichtigungszeiten zu er‐ mitteln, wenn der Versicherte beitragsgeminderte Zeiten zurückgelegt hat. Von den der Grundbewertung zugrunde gelegten Entgeltpunkten für Beitrags- und Berücksichtigungszeiten sind die Entgeltpunkte abzuziehen für • beitragsgeminderte Zeiten, • Berücksichtigungszeiten, die mit beitragsfreien Zeiten zusammentreffen und • Beitrags- und Berücksichtigungszeiten, die mit Rentenbezugszeiten aus eigener Versicherung zusammentreffen. Die verbleibenden Entgeltpunkte sind durch die ihnen zugrunde liegende Anzahl von Kalendermonaten zu teilen; das Ergebnis ist der maßgebende Durch‐ schnittswert aus der Vergleichsbewertung. Die Kalendermonate mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung, denen bereits 0,0833 Entgeltpunkte zugrunde zu legen sind, werden dabei nicht als beitragsgeminderte Zeiten berücksichtigt (vgl. § 71 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 letzter Halbsatz SGB VI). Die Rentenberechnung sieht für die erste Vergleichsbewertung 21,1370 Ent‐ geltpunkte und 401 Monate vor. Der Wert aus der Vergleichsbewertung (0,0527) ist höher als der Wert aus der Grundbewertung (0,0522). Nach § 73 SGB VI ist bei Renten wegen Erwerbsminderung eine 2. Vergleichs‐ bewertung durchzuführen, bei der die Entgeltpunkte für die letzten vier Jahre bis zum Eintritt der Erwerbsminderung unberücksichtigt bleiben. Die entspre‐ chenden Monate sind ebenfalls abzusetzen. Daraus ergeben sich 20,3466 Punkte, die durch 364 Monate zu dividieren sind = 0,0559 Entgeltpunkte. In diesem Fall wird der höchste Wert aus der 2. 299 8.2 Erläuterungen des Rentenbescheides <?page no="300"?> Vergleichsbewertung als Gesamtleistungswert nach § 71 Abs. 1 Satz 2 SGB VI berücksichtigt. *30 Die Regelungen zur „begrenzten Gesamtleistungsbewertung” enthält § 74 SGB VI sowie § 263 Abs. 2 a und Abs. 3 SGB VI. Danach wird eine Einteilung in 4 Gruppen vorgenommen, und zwar in solche mit voller, begrenzter und doppelt begrenzter Bewertung. Zeiten, die unter die vierte Gruppe fallen, werden nicht bewertet (sogen. Nullbewertung! ): Der sich entweder aus der Grund- oder der 1. bzw. 2.Vergleichs-bewertung ergebende Gesamtleistungswert wird zu 100 Prozent zugeordnet (1. Gruppe) • den Ersatzzeiten (§ 250 SGB VI), • der Zurechnungszeit (§ 59 SGB VI), • den Anrechnungszeiten wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft • während den Schutzfristen (§ 58 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI), • den Anrechnungszeiten des § 58 Abs. 1 Nr. 5 SGB VI (Rentenbezug mit Zurechnungszeit sowie die davorliegende Zurechnungszeit), • den Anrechnungszeiten des § 252 Abs. 1 SGB VI, • den Anrechnungszeiten des § 252a Abs. 2 SGB VI (Arbeitsausfalltage im Beitrittsgebiet) und • der pauschalen Anrechnungszeit des § 253 SGB VI. Der Beispielsfall umfasst 154 Monate Zurechnungszeit und 1 Monat Anrech‐ nungszeit wegen Schwangerschaft; für diese 155 KM wird der volle Gesamtleis‐ tungswert in Höhe von 0,0559 EP pro KM zugrunde gelegt. Die Anrechnungszeiten wegen Krankheit und wegen Arbeitslosigkeit (2. Gruppe) werden nach § 263 Abs. 2a SGB VI bei der Gesamtleistungsbewertung auf 80 vom Hundert des maßgebenden Wertes begrenzt. In der Rentenberechnung sind beitragsfreie Zeiten dieser Art nicht vor‐ handen. Für folgende Anrechnungszeiten (4. Gruppe) findet nach § 74 Satz 4 SGB VI (in Abhängigkeit vom Rentenbeginn) keine Bewertung statt: mit Rentenbeginn ab 01.01.2009: • Schul- oder Hochschulausbildung. (Für Fälle mit einem Rentenbeginn ab dem 01.02.2005 bis 31.12.2008 wird der individuelle Gesamtleistungswert für Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung von 75 Prozent - höchstens 0,0625 Entgeltpunkten pro Monat - bis auf null herabgesetzt. Die entsprechenden Werte für die stufenweise Absenkung 300 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="301"?> der Bewertung ergeben sich in Abhängigkeit vom Rentenbeginn aus der Tabelle in § 263 Abs. 3 S. 4 SGB VI.) mit Rentenbeginn ab 01.01.2001: • Krankheit nach dem 31.12.1983, für die keine Beiträge gezahlt worden sind (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 1a SGB VI), • Arbeitslosigkeit nach dem 30.06.1978, für die Arbeitslosengeld, Arbeits‐ losenhilfe (bis 31.12.2004) oder Arbeitslosengeld II (ab 01.01.2005) nicht oder Arbeitslosengeld II nur darlehensweise gezahlt worden ist oder nur Leistungen nach § 24 Abs. 3 S. 1 SGB II erbracht worden sind, • Meldung als Ausbildungssuchender bei einer deutschen Agentur für Arbeit (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 3a SGB VI), • Bezug von Arbeitslosengeld II (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 SGB VI). Für die Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung vom 12.09.1983 bis 31.08.1984 werden keine Entgeltpunkte ermittelt. Zeiten einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (3. Gruppe) werden - für höchstens 3 Jahre bei der Rentenberechnung berücksichtigt - und im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung auf 75 Prozent begrenzt. Der so begrenzte Wert darf für einen Kalendermonat 0,0625 EP nicht übersteigen (§ 74 SGB VI). Vorrangig werden auf die 3 Jahre die Zeiten der Fachschulausbildung und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme angerechnet; eine eventuell verbleibende Zeit entfällt auf Zeiten einer beruflichen Ausbil‐ dung. Der Bescheid enthält keine entsprechenden reinen Anrechnungszeiten; aller‐ dings erscheinen die Zeiten einer beruflichen Ausbildung unter Hinweisziffer 31 als beitragsgeminderte Zeiten. *31 § 71 Abs. 2 Satz 1 SGB VI regelt, dass für beitragsgeminderte Zeiten die Summe der Entgeltpunkte, um einen Zuschlag so zu erhöhen ist, dass mindestens der Wert erreicht wird, den diese Zeiten jeweils als • beitragsfreie Anrechnungszeiten wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit, wegen einer schulischen Ausbildung und Zeiten der beruflichen Ausbil‐ dung oder • sonstige beitragsfreie Zeiten hätten. • Somit gelten die gleichen 4 Gruppen wie bei der Gesamtleistungsbewer‐ tung der beitragsfreien Zeiten, und zwar 301 8.2 Erläuterungen des Rentenbescheides <?page no="302"?> • sonstige Anrechnungszeiten (Rentenbezugszeiten, Schwanger-schaft‐ szeiten, Ersatzzeiten, Zurechnungszeit usw.) mit 100 Prozent des Gesamt‐ leistungswertes, • Anrechnungszeiten wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit mit 80 Prozent des Gesamtleistungswertes, • Anrechnungszeiten wegen Fachschulausbildung bzw. Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme mit 75 Prozent des Gesamtleis‐ tungswertes, höchstens 0,0625 Entgeltpunkte je Kalendermonat, • „Nullbewertung“. *32 Kalendermonate mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme erhalten den Gesamtleistungswert von 75 Prozent. Der so begrenzte Gesamtleistungs‐ wert darf für einen Kalendermonat 0,0625 Entgeltpunkte nicht übersteigen. Zeiten einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme werden bei einem Renten‐ beginn ab dem 01.01.2009 (vgl. §§ 246 Satz 2, 263 Abs. 5, 263 Abs. 3 SGB VI) insgesamt für höchstens drei Jahre bewertet, vorrangig die Zeiten der Fach‐ schulausbildung und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungs‐ maßnahme (§ 74 Satz 1 bis 3 SGB VI). So sind im Berechnungsbeispiel 20 Monate an nachgewiesener beruflicher Ausbildung vorhanden. 0,0559 EP X 75 Prozent = 0,0419 EP. Angerechnet werden höchstens 0,0625 EP pro Monat, keine Begrenzung 0,0419 EP X 20 Monate = 0,8380 EP; abzüglich der bereits für diese als Beitragszeit zugewiesenen EP in Höhe von 0,2271 EP ergibt einen Zuschlag von 0,6109 EP als beitragsgeminderte Zeit. Insgesamt werden 0,6109 zusätzliche Punkte für die beitragsgeminderten Zeiten angerechnet. *33 Die persönlichen Entgeltpunkte - § 66 SGB VI - stellen den Faktor innerhalb der Rentenformel dar, der die individuellen Verhältnisse des Versicherten während seines gesamten Erwerbslebens widerspiegelt. Sie ergeben sich aus der Summe Entgeltpunkte für • Beitragszeiten, • beitragsfreie Zeiten, • Zuschläge für beitragsgeminderte Zeiten, 302 8 Das Wichtigste zur Rentenberechnung <?page no="303"?> • Zu- oder Abschläge aus dem Versorgungsausgleich oder Rentensplitting unter Ehegatten, • Zuschläge aus der Zahlung von Beiträgen bei vorzeitiger Inanspruch‐ nahme einer Rente wegen Alters oder bei Abfindung von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung oder von Anrechten bei der Versor‐ gungsausgleichskasse, • Zuschläge aus geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigung, • Arbeitsentgelt aus nach § 23b Abs. 2 Satz 1 bis 4 SGB IV aufgelösten Wertguthaben, • Zuschläge an Entgeltpunkten nach Beginn einer Rente wegen Alters und • Zuschläge an Entgeltpunkten für Zeiten einer besonderen Auslandsver‐ wendung vervielfältigt mit dem Zugangsfaktor. Für Waisenrenten werden die persönli‐ chen Entgeltpunkte noch um einen „Zuschlag bei Waisenrenten” - § 78 SGB VI - erhöht. Für Witwen- und Witwerrenten nach dem sog. „neuem Hinterbliebe‐ nenrecht“ kommt ggf. ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten gemäß § 78 a SGB VI in Betracht. Hinsichtlich des Zugangsfaktors (= „Rentenabschlag“) wird auf die Ausfüh‐ rungen unter 5.1.2.7. verwiesen. Im vorliegenden Fall ist die Übergangsvorschrift des § 77 Abs. 4 SGB VI i. V. m. § 264d Satz 2 SGB VI nicht anwendbar, da es insgesamt an 35 Jahren anrechen‐ barer Zeiten nach § 51 Abs. 3a und 4 SGB VI fehlt. Dabei werden die Monate aus Versorgungsausgleich und die Zurechnungszeit nicht berücksichtigt. Die Ermittlung des maßgebenden Lebensalters für den Zugangsfaktor richtet sich nach § 264d Satz 1 SGB VI. Nach der dortigen Tabelle sind beim Beginn einer Rente wegen Erwerbsminderung im Jahr 2021 als spätestes Lebensalter 64 Jahre und 6 Monate sowie als frühestes Lebensalter 61 Jahre und 6 Monate zugrunde zu legen. Dies ergibt hier der Zeitraum vom 01.04.2028 bis 31.03.2031.Diese 36 Monate vervielfältigt mit dem Faktor 0,003 bestimmen den Wert von 0,108, um den sich der Zugangsfaktor von 1 auf 0,892 vermindert. Der Grundrentenzuschlag nach § 76 g SGB VI ist im Beispiel nicht zu ermitteln, da nicht mindestens 33 Jahre an Grundrentenzeiten (siehe Kapitel Nr. 14) vorhanden sind. 303 8.2 Erläuterungen des Rentenbescheides <?page no="305"?> 9 Die steuerliche Behandlung von Renten und Beiträgen 9.1 Allgemeines Jahrzehntelang herrschte eine rege Diskussion über die unterschiedliche Be‐ steuerung von Beamtenpensionen und Renten aus der gesetzlichen Rentenver‐ sicherung. Erst am 06.03.2002 hatte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe diesem Zustand ein Ende bereitet und entschieden, dass die unterschiedliche Besteue‐ rung von Pensionen und Renten nicht mehr mit dem in Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz verankerten Gleichbehandlungsgebot vereinbar ist. Der Gesetz‐ geber wurde verpflichtet, bis spätestens zum 01.01.2005 eine neue verfassungs‐ konforme Regelung zu treffen. Nicht zuletzt unter Beachtung der komplexen Materie wurde zur Vorberei‐ tung dieser Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils von der Bundesre‐ gierung eine Sachverständigenkommission („Rürup-Kommission“) eingesetzt. Unter Beachtung der dort entwickelten Vorschläge wurde schließlich am 11.06.2004 im Bundesrat das Gesetz zur Neuordnung der einkommensteuer‐ rechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (Alterseinkünftegesetz) verabschiedet, welches am 01.01.2005 in Kraft trat. Hinweis: Das komplexe Steuerrecht wird in diesem Buch von Rentenexperten nur im Überblick dargestellt. Detaillierte Auskünfte über das Steuerrecht können und dürfen nur die Finanzbehörden, die Lohnsteuerhilfevereine oder die Steuerberater geben. Diese Stellen kennen sich aus, wenn es um die konkrete steuerliche Be- oder Entlastung einzelner Personen geht. 9.2 Recht bis 31.12.2004 Die meisten Rentner mussten zwar bis Ende 2004 keine Steuern bezahlen, den‐ noch waren die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung schon damals <?page no="306"?> nicht generell steuerfrei. Die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung unterlagen bis Ende 2004 der sogenannten Ertragsanteilsbesteuerung; d. h. sie wurden nicht mit ihrem Zahlbetrag, sondern nur mit ihrem sogenannten Ertragsanteil versteuert. Dieser Ertragsanteil war gesetzlich festgelegt und war bei den lebenslänglichen Leibrenten (Altersrenten) abhängig vom Alter des Rentners bei Rentenbeginn. Begann die Altersrente bereits mit 60 Jahren, betrug er 32 Prozent der Rente und für jedes Jahr der späteren Inanspruchnahme verminderte sich der Anteil um jeweils 1 Prozent. Bei einem Renteneintritt mit 65 Jahren wurden wegen der im Durchschnitt kürzeren Rentenbezugszeit lediglich 27 Prozent der Rente besteuert. Bei den abgekürzten Leibrenten hingegen bestimmte sich der Ertragsanteil nach der voraussichtlichen Dauer des Rentenbezuges. So belief sich der Ertrags‐ anteil, z. B. bei einer Erwerbsminderungsrente ab dem 40. bzw. 50. Lebensjahr auf 37 bzw. 25 Prozent der Rente. Fallbeispiel: Frau K ging 2004 mit 60 Jahren in Altersrente und erhielt monatlich brutto 700,00 € bzw. 8.400,00 € jährlich. Lösung: Der Ertragsanteil belief sich auf 32 Prozent, und somit betrug das steuer‐ pflichtige Einkommen 2688,00 € (8.400,00 € x 0,32). Der damalige steuerliche Grundfreibetrag für Alleinstehende in Höhe 7664,00 € jährlich wurde deutlich unterschritten und es mussten keine Steuern für diese Rente bezahlt werden. Beamtenpensionen hingegen wurden wie bei einem Arbeitnehmer voll ver‐ steuert. Der zu versteuernde Betrag wurde jedoch durch den Versorgungsfrei‐ betrag und den Arbeitnehmerpauschbetrag vermindert. 9.3 Recht ab 01.01.2005 Entsprechend dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts begann der Einstieg in die sogenannte nachgelagerte Besteuerung am 01.01.2005. Nach entsprechenden Übergangszeiten werden die Beiträge für den Aufbau einer Altersversorgung steuerfrei gestellt, im Gegenzug werden die Renteneinkünfte voll versteuert. 306 9 Die steuerliche Behandlung von Renten und Beiträgen <?page no="307"?> 9.3.1 Steuerfreistellung der Beiträge Im Gegensatz zum Recht vor 01.01.2005 besteht bei Vorsorgeaufwendungen kein einheitlicher Abzugsbetrag mehr, sondern es wird nach Altersvorsorgeauf‐ wendungen und sonstigen Vorsorgeaufwendungen unterschieden. Die weiteren Abzugsmöglichkeiten für Beiträge zur „Riester-Rente“ und zur betrieblichen Altersversorgung bleiben hiervon unberührt. Abzugsmöglichkeiten für Vorsorgeaufwendungen Sonderausgaben für Altersvorsorgeaufwendungen Sonderausgaben für sonstige Vorsorgeaufwendungen Abbildung 33: Abzugsmöglichkeiten für Vorsorgeaufwendungen 9.3.1.1 Altersvorsorgeaufwendungen Bei den Altersvorsorgeaufwendungen handelt es sich um Beiträge zu soge‐ nannten Leibrentenversicherungen. Dies sind u. a. die gesetzliche Rentenver‐ sicherung, die landwirtschaftliche Alterskasse, die berufsständischen Versor‐ gungswerke und die sogenannten Rürup-Renten (vgl. Abbildung 34). Die steuerliche Absetzbarkeit der Altersvorsorgeaufwendungen war bis 2014 nur bis zu einem Höchstbetrag möglich, der sich auf 20.000,00 € jährlich für Ledige und 40.000,00 € für Verheiratete belief. Seit dem Jahr 2015 richtet sich der Höchstbetrag nach dem Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversi‐ cherung und betrug z. B. im Jahr 2020 für Ledige 25.046 € und für Verheiratete oder Lebenspartner 50.092 €. Alle darüberhinausgehenden Beiträge konnten und können nicht abgezogen werden. Der Übergang zur vollständigen Steuerfreistellung der Beiträge erfolgt aus Gründen der Finanzierbarkeit nur schrittweise. Eine Übergangsregelung sieht vor, dass beginnend mit dem Kalenderjahr 2005 zunächst 60 Prozent (von den 20.000,00 bzw. 40.000,00 €) der individuell getätigten Aufwendungen als abziehbare Aufwendungen berücksichtigt werden. Dieser Prozentsatz wird Jahr für Jahr um 2 Prozentpunkte angehoben, und somit wird erst im Jahre 2025 die Steuerfreistellung der Beiträge zu 100 Prozent erreicht werden. 307 9.3 Recht ab 01.01.2005 <?page no="308"?> So werden die Beiträge zur Altersvorsorge schrittweise vollständig steuerlich freigestellt: im Jahr können geltend gemacht werden bis zu einem Jahreshöchstbetrag von … (für Ledige) Bei Verheirateten verdoppelt sich der Betrag 2005 60 Prozent 12.000 € 2006 62 Prozent 12.400 € 2007 64 Prozent 12.800 € 2008 66 Prozent 13.200 € 2009 68 Prozent 13.600 € 2010 70 Prozent 14.000 € 2011 72 Prozent 14.400 € 2012 74 Prozent 14.800 € 2013 76 Prozent 15.200 € 2014 78 Prozent 15.600 € 2015 80 Prozent des Höchstbeitrages 2016 82 Prozent des Höchstbeitrages 2017 84 Prozent des Höchstbeitrages 2018 86 Prozent des Höchstbeitrages 2019 88 Prozent des Höchstbeitrages 2020 90 Prozent des Höchstbeitrages 2021 92 Prozent des Höchstbeitrages 2022 94 Prozent des Höchstbeitrages 2023 96 Prozent des Höchstbeitrages 2024 98 Prozent des Höchstbeitrages 2025 100 Prozent des Höchstbeitrages Es handelt sich jeweils um die gesamten Beiträge; d. h. sowohl der Anteil des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers. Die Steuerfreiheit des Beitrags des 308 9 Die steuerliche Behandlung von Renten und Beiträgen <?page no="309"?> Arbeitgebers zur Rentenversicherung blieb durch das Alterseinkünftegesetz unverändert und somit kamen z. B. im Kalenderjahr 2008 lediglich noch 16 Pro‐ zentpunkte (von 66) den Arbeitnehmeranteilen zugute. Altersvorsorgeaufwendungen sind: Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und Beiträge zu den landwirtschaftlichen Alterskassen und Beiträge zu den berufsständischen Versorungswerken (z. B. Architekten und Rechtsanwälte) und Beiträge in Leibrentenversicherungen, die  nicht beleihbar,  nicht vererblich,  nicht veräußerbar,  nicht kapitalisierbar,  nicht übertragbar sind und  frühestens ab vollendetem 60. bzw. 62. Lebensjahr ausbezahlt werden. Rürup- Rente Abbildung 34: Altersvorsorgeaufwendungen Fallbeispiel 1: Erzieltes Arbeitsentgelt im Kalenderjahr 2006 = 30.000,00 € Lösung: 1. Arbeitnehmerbeitrag zur gesetzlichen RV: 2.925,00 Arbeitgeberbeitrag zur gesetzlichen RV: 2.925,00 Gesamtbeitrag zur gesetzlichen RV: 5.850,00 (30.000 x 0,195) 2. Höchstbetrag (Lediger, kein Beamter) 20.000,00 damit zu berücksichtigende Leibrentenbeiträge: 5.850,00 309 9.3 Recht ab 01.01.2005 <?page no="310"?> 3. davon 62 Prozent im Jahr 2006: 3.627,00 4. abzüglich steuerfreier Arbeitgeberbeitrag 2.925,00 Eigene Rentenversicherungsbeiträge des Arbeitnehmers, die im Jahr 2006 als Sonderausgaben absetzbar waren: 702,00 € 9.3.1.2 Sonstige Vorsorgeaufwendungen Nach dem Steuerrecht bis 31.12.2004 waren alle Vorsorgeaufwendungen bis zu einem einheitlichen Höchstbetrag steuerlich abziehbar. Seit 01.01.2005 gibt es nun für die übrigen Sozialversicherungsbeiträge (Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) und andere Vorsorgeaufwen‐ dungen (beispielsweise private Haftpflicht- oder Unfallversicherung) einen eigenen gemeinsamen Höchstbetrag. Für Steuerpflichtige, die ihren Kranken‐ versicherungsschutz nicht vollständig selbst finanzieren müssen, belief sich der Höchstbetrag auf jährlich 1.500,00 € (z. B. Beschäftigte, Beamte und Rentner) und für alle anderen Steuerzahler (z. B. Selbständige) betrug er 2.400,00 € jährlich. Bei zusammen veranlagten Ehegatten wurden die Höchstbeträge für jeden Ehegatten separat ermittelt und entsprechend berücksichtigt. Ab dem Veranlagungszeitraum 2010 „greift“ das Bürgerentlastungsgesetz. Es regelt die steuerliche Berücksichtigung von Beiträgen zur Kranken- und Pfle‐ geversicherung. Damit sind die tatsächlich geleisteten Beiträge zur privaten und gesetzlichen Krankenversicherung sowie zur gesetzlichen Pflegeversicherung (also zur sozialen Pflegeversicherung und privaten Pflege-Pflichtversicherung) abzugsfähig. Allerdings können die Beiträge nur in Höhe der sogenannten Basisabsicherung, also einer Absicherung auf dem Versorgungsniveau der Sozialhilfe, berücksichtigt werden. Innerhalb der sonstigen Vorsorgeaufwendungen wird jetzt zwischen der Basisabsicherung (Basiskrankenversicherung und gesetzliche Pflegeversiche‐ rung) und den weiteren sonstigen Vorsorgeaufwendungen unterschieden. Die Beiträge für die Basisabsicherung können in der tatsächlichen Höhe als Sonder‐ ausgaben angesetzt werden. Das gilt auch für zusammenveranlagte Ehegatten. Sollen neben den Beiträgen zur Basisabsicherung weitere sonstige Vor‐ sorgeaufwendungen (zum Beispiel Haftpflichtversicherung) geltend gemacht werden, müssen weiterhin Höchstbeiträge beachtet werden. Diese betragen 310 9 Die steuerliche Behandlung von Renten und Beiträgen <?page no="311"?> für alle sonstigen Vorsorgeaufwendungen ab dem Veranlagungsjahr 2010 zu‐ sammen 1.900,00 € beziehungsweise 2.800,00 €. Übersteigen die Beiträge für die Basisabsicherung aber bereits diese Höchstbeträge, können keine weiteren sonstigen Vorsorgeaufwendungen abgezogen werden. 9.3.1.3 Günstigerprüfung Zur Vermeidung von Schlechterstellungen bei der Systemumstellung bestand die Möglichkeit, den Abzug von Vorsorgeaufwendungen nach dem bisherigen Recht (Recht bis 31.12.2004) für einen Übergangszeitraum bis Ende 2020 mittels einer sogenannten Günstigerprüfung vorzunehmen. Hinweis: Wer als Arbeitnehmer abgesehen von den gesetzlichen Sozialversicherungs‐ beiträgen (Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversi‐ cherung) keine weiteren Vorsorgebeiträge abzusetzen hat, muss im Hinblick auf die Steuer nichts Weiteres veranlassen. Der Arbeitgeber berücksichtigt die sich ändernden Freibeträge bereits beim Lohnsteuerabzug. Wer darüber hinaus jedoch weitere Beiträge, beispielsweise zu privaten Leibrentenversi‐ cherungen, geleistet hat und die entsprechenden Höchstbeträge noch nicht erreicht sind, für den ist in der Regel die Abgabe einer Einkommensteuerer‐ klärung beim zuständigen Finanzamt lohnenswert. Konkrete Angaben diesbezüglich erhalten sie u. a. bei den Finanzbehörden, den Steuerberatern oder den Lohnsteuerhilfevereinen. 9.3.2 Besteuerung der Leistungen Alle Renten, die auf grundsätzlich absetzbaren Altersvorsorgebeiträgen beruhen (vgl. 9.3.1.1), werden nachgelagert besteuert. Dazu gehören Renten • der gesetzlichen Rentenversicherung, • der Landwirtschaftlichen Alterskasse, • aus berufsständischen Versorgungen, • aus einer privaten Rentenversicherung (sog. Rürup-Rente). Maßgeblich ist der Bruttobetrag der Rente, nicht der Zahlbetrag nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Ein sofortiger Wechsel von der Ertragsanteilsbesteuerung zur sogenannten nachgelagerten Besteuerung hätte die öffentlichen Haushalte schwer überfor‐ 311 9.3 Recht ab 01.01.2005 <?page no="312"?> dert und deshalb wurde ein schrittweiser Übergang zum System der nachgela‐ gerten Besteuerung beschlossen. Im Jahr 2005 sind 50 Prozent der Rente steuerpflichtig, und zwar bei Bestands‐ renten genauso wie bei Neurenten. Bei späteren Rentenneuzugängen steigt der steuerpflichtige Rentenanteil bis 2020 jährlich um zwei Prozentpunkte auf 80 Prozent und danach um einen Prozentpunkt jährlich. Damit müssen erst Rentner, die vom Jahr 2040 an in Rente gehen, ihre Rente voll versteuern. Prozentsätze zur Berechnung des Rentenfreibetrages Jahr des Renten‐ beginns Besteue‐ rungsanteil in Prozent Prozent‐ satz für Renten‐ freibetrag Jahr des Renten‐ beginns Besteue‐ rungsanteil in Prozent Prozent‐ satz für Renten‐ freibetrag bis 2005 50 50 2023 83 17 2006 52 48 2024 84 16 2007 54 46 2025 85 15 2008 56 44 2026 86 14 2009 58 42 2027 87 13 2010 60 40 2028 88 12 2011 62 38 2029 89 11 2012 64 36 2030 90 10 2013 66 34 2031 91 9 2014 68 32 2032 92 8 2015 70 30 2033 93 7 2016 72 28 2034 94 6 2017 74 26 2035 95 5 2018 76 24 2036 96 4 2019 78 22 2037 97 3 2020 80 20 2038 98 2 2021 81 19 2039 99 1 2022 82 18 ab 2040 100 0 312 9 Die steuerliche Behandlung von Renten und Beiträgen <?page no="313"?> 9.3.2.1 Persönlicher Freibetrag In der Übergangszeit bis zum Jahr 2040 wird abhängig vom Jahr des Rentenbe‐ ginns ein individueller steuerfreier Teil der Rente, der persönliche Rentenfrei‐ betrag, errechnet. Dieser Wert wird für die gesamte Dauer des Rentenbezuges festgeschrieben. 9.3.2.1.1 Rentenbeginn vor 01.01.2005 („Bestandsrenten“) Bei Personen, die am 31.12.2004 bereits Rentner waren, beläuft sich der Renten‐ freibetrag auf 50 Prozent der Jahresbruttorente 2005. Fallbeispiel 2: Thomas A. bezieht Altersvollrente seit 01.03.2002 und seine Jahresbruttorente belief sich im Jahr 2005 auf 12.000,00 € und im Jahr 2020 auf 15.000,00 €. Lösung: Der persönliche Rentenfreibetrag beträgt 6.000,00 € ab 2005 (12.00,00 € x 0,5) und bleibt auch in der Zukunft unverändert. Das zu versteuernde Einkommen steigt somit von 6.000,00 € (2005) auf 9.000,00 € (2020). Sollte Thomas A. keine weiteren steuerpflichtigen Einnahmen haben, dann werden unter Beachtung des steuerlichen Grundfreibetrags von 9.408,00 € (bei Verheirateten: 18.816,00 €) auch weiterhin keine Steuern fällig. 9.3.2.1.2 Rentenbeginn ab 01.01.2005 („Rentenzugänge“) Da die meisten Renten nicht am 01.01. eines Jahres beginnen, wird der end‐ gültige Rentenfreibetrag erst aus der vollen Jahresbruttorente des zweiten Rentenbezugsjahres ermittelt. Fallbeispiel 3: Karl A. bezieht seit 01.08.2006 eine Altersvollrente in Höhe von 1.000,00 € brutto monatlich. Zum 01.07.2007 erfolgte eine Erhöhung auf monatlich 1.005,36 €. Lösung: Im Kalenderjahr 2006 betrug der Rentenfreibetrag 2.400,00 € (5.000,00 € x 0,48) und ab 2007 beträgt er auf Dauer 5.775,44 € ([6 x 1.000,00 € + 6 x 1.005,36 €] x 0,48). Bewilligt der Rentenversicherungsträger nach dem Tod eines Rentners eine Hin‐ terbliebenenrente, dann orientiert sich die Besteuerung nicht nach dem Beginn der Hinterbliebenenrente, sondern nach dem Beginn der vorausgegangenen 313 9.3 Recht ab 01.01.2005 <?page no="314"?> Versichertenrente. Dies gilt auch bei Folgerenten (z. B. Regelaltersrente nach voller Erwerbsminderungsrente). Fallbeispiel 4: Der Versicherte Fred F. bezieht seit 01.10.2006 Altersvollrente in Höhe von monatlich 800,00 € brutto. Zum 01.07.2007 wurde sie auf 804,29 € erhöht. Der Versicherte stirbt am 31.01.2008 und die Witwe hat Anspruch auf Witwenrente. Höhe der monatlichen Witwenrente brutto vom 01.02.2008 bis 30.04.2008 = 804,29 € und ab 01.05.2008 482,57 €. Lösung: Die Witwenrente beginnt zwar erst 2008 aber hinsichtlich des Rentenfreibetrages ist der Prozentsatz der Versichertenrente maßgebend. Der Rentenfreibetrag im Kalenderjahr 2008 für die Witwe beträgt 48 Prozent der gezahlten Witwenrente (vom 01.02. bis 31.12.) brutto. Im Kalenderjahr 2009 und den weiteren Jahren beläuft er sich anschließend auf 48 Prozent der gezahlten Witwenrente brutto im Jahr 2009. Fallbeispiel 5: Bezug einer Erwerbsminderungsrente auf Zeit vom 01.03.2005 bis 28.02.2007. Bewilligung der Regelaltersrente ab 01.03.2009. Lösung: Bei einem Rentenbeginn 01.03.2009 liegt der Prozentsatz für den Rentenfrei‐ betrag bei 42 Prozent. Die Zeit des vorherigen Rentenbezugs wird zum Abzug gebracht (= 24 Kalen‐ dermonate) und somit erhält man einen „fiktiven“ Rentenbeginn 01.03.2007. Somit beträgt der Rentenfreibetrag 46 Prozent der Jahresrente. Hinweis: Bei einem Wechsel von einer Vollzu einer Teilrente (oder umgekehrt) ändert sich auch der steuerfreie Rentenbetrag im Verhältnis des alten zum neuen Bruttorentenzahlbetrag. So wird z. B. beim Wechsel einer halben Altersrente in eine Altersvollrente der Freibetrag verdoppelt. 9.3.2.2 Auswirkungen der nachgelagerten Besteuerung Wer z. B. 2020 in Altersrente gegangen ist und nur von seiner gesetzlichen Rente lebt, muss als Alleinstehender bis zu einem Monatsbetrag von rund 1.150,00 € (= 13.800,00 € Jahresbruttorente) jetzt noch keine Steuern bezahlen. Bei Verheira‐ 314 9 Die steuerliche Behandlung von Renten und Beiträgen <?page no="315"?> teten ohne Nebeneinkünfte fallen Steuern erst ab einer Monatsrente von rund 2.300,00 € (= 27.600,00 € Jahresrente) an. Es kann davon ausgegangen werden, dass auch künftig Durchschnittsrenten steuerlich unbelastet bleiben. Dies kann selbst dann gelten, wenn noch eine „normale“ Betriebsrente hinzukommt. Bei der Prüfung, ob Steuern von Rentnern geleistet werden müssen, ist der steuerpflichtige Teil der Rente mit allen anderen eventuell vorliegenden steuerpflichtigen Einkommen zu addieren und unter Beachtung aller vielseitig vorhandenen Abzugsmöglichkeiten mit dem 2021 aktuellen steuerlichen Grund‐ freibetrag in Höhe von 9.744,00 € (bei Ehepaaren 19.488,00 €) zu vergleichen. Der steuerpflichtige Teil der Rente wird bei unterstellten Rentenerhöhungen in den nächsten Jahren immer größer und somit kann der Rentner in der Zukunft auch in die Steuerpflicht „hineinwachsen“. 9.3.2.3 Ausnahme (sog. Öffnungsklausel) Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung in besonderen Fällen hat der Ge‐ setzgeber im Alterseinkünftegesetz auch eine sogenannte Öffnungsklausel beschlossen. Rentnerinnen und Rentner, welche mindestens zehn Jahre Beiträge oberhalb der jeweiligen Höchstbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet haben, können für diese Rententeile die günstigere Besteuerung mit dem Ertragsanteil wählen (die Ertragsanteile werden im Alterseinkünftegesetz neu festgelegt und sind etwa ein Drittel niedriger als vor 2005). Diese Vorschrift betrifft weniger Rentner aus der gesetzlichen Rentenversi‐ cherung als vielmehr Versicherte der berufsständischen Versorgungswerke. Diese besondere Möglichkeit muss beim Finanzamt unter Beifügung entspre‐ chender Unterlagen beantragt werden. Der Antrag kann nicht vor Beginn des Leistungsbezuges der Rente gestellt werden. Die entsprechende Bescheinigung auszustellen ist Aufgabe des betreffenden Versorgungsträgers. 9.3.2.4 Mitteilung an die Finanzbehörde Die Stellen, welche Altersbezüge auszahlen (Rentenversicherungsträger, land‐ wirtschaftliche Alterskassen, berufsständische Versorgungseinrichtungen, Pen‐ sionskassen, Pensionsfonds und Versicherungsunternehmen), müssen die für die Besteuerung wichtigen Daten melden. Dies erfolgt elektronisch und jährlich über die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) in Brandenburg, die bereits in Verbindung mit der Riester-Rente bekannt ist, über die Landesfinanzbehörden zum zuständigen Finanzamt. 315 9.3 Recht ab 01.01.2005 <?page no="316"?> Zentralstelle für Altersvermögen (ZfA) übermittelt Landesfinanzbehörden (Vorauswahl ) geben weiter Zuständiges Finanzamt Abbildung 35: Zentralstelle für Altersvermögen (ZfA) Das Bundeszentralamt für Steuern hat seit dem 1. August 2008 jedem in Deutschland gemeldeten Bürger schriftlich seine persönliche steuerliche Iden‐ tifikationsnummer mitgeteilt. Diese hat die bisher für die Einkommensteuer verwendete Steuernummer ersetzt. Der zuständige Rentenversicherungsträger benötigt die Nummer für das Rentenbezugsmitteilungsverfahren. Deshalb sind die Versicherten verpflichtet, diese Nummer dem Rentenversicherungsträger mitzuteilen. 9.3.2.5 Steuererklärung Bereits vor Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes (01.01.2005) mussten Rentner eine Steuererklärung abgeben. In vielen Fällen wurden damals unter anderem wegen der Ertragsanteilsbesteuerung die Rentner von dieser Pflicht entbunden. Welcher Rentner nun regelmäßig seine Einkommenssteuererklärung abzu‐ geben hat, entscheidet das zuständige Finanzamt unter Beachtung aller zur Verfügung stehenden Einkünfte. Bei Abgabe einer Erklärung sind grundsätzlich in der Anlage R der Jahres‐ bruttorentenbetrag einzutragen und die Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung der Rentner in den Hauptvordruck. Diese Beträge können beim zuständigen Rentenversicherungsträger angefor‐ dert werden. 316 9 Die steuerliche Behandlung von Renten und Beiträgen <?page no="317"?> 9.3.2.6 Aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Der Bundesfinanzhof hat am 31.5.2021 eine vom Bund der Steuerzahler unter‐ stützte Klage gegen die Rentenbesteuerung in letzter Instanz abgewiesen. Der darin enthaltene Vorwurf einer doppelten Besteuerung sei unbegründet, er‐ klärte das oberste deutsche Finanzgericht in München. Die Richter legten allerdings erstmals eine konkrete Formel für die Berechnung der Besteuerung fest, von der in Zukunft zahlreiche Rentner betroffen sein werden. Bisher liegt danach keine generelle „doppelte Besteuerung“ von Renten vor. Künftige Rentenjahrgänge ab 2025 könnten aber davon betroffen sein. Die Bundesregierung wird mit einer Steuerreform dafür Sorge tragen, dass auch in Zukunft eine „doppelte Besteuerung“ von Renten vermieden wird. Hinweis: Die Rentenversicherungsträger dürfen grundsätzlich nur allgemeine Aus‐ künfte geben. Bei speziellen Fragen sollte man sich deshalb an einen Steuer‐ berater, Lohnsteuerhilfeverein oder direkt an das Finanzamt wenden. 317 9.3 Recht ab 01.01.2005 <?page no="319"?> 10 Das Versicherungskonto und Auskünfte 10.1 Versicherungskonto Die Träger der Deutschen Rentenversicherung (Anlage A) führen für alle Versicherten ein Versicherungskonto. 10.1.1 Versicherungsnummer Das Versicherungskonto wird durch eine sogenannte Versicherungsnummer gekennzeichnet. Diese Versicherungsnummer ist ähnlich wie die Kontonummer bei Banken und Sparkassen der Schlüssel zum Konto und bietet die Vorausset‐ zung, dass die anfallenden Arbeiten maschinell durch elektronische Datenver‐ arbeitung unterstützt beziehungsweise erledigt werden können. Die Versicherungsnummer hat 12 Stellen und setzt sich wie im nachstehenden Beispiel wie folgt zusammen: 65 010970 M 12 2 • zwei Stellen für die Bereichsnummer des Versicherungsträgers, der die Versicherungsnummer vergeben hat, • sechs Stellen für das Geburtsdatum (ohne Jahrhundertangabe), • eine Stelle für den Anfangsbuchstaben des Geburtsnamens, • zwei Stellen für die Seriennummer; sie unterscheidet die Versicherten, die am gleichen Tag geboren sind und den gleichen Anfangsbuchstaben des Geburtsnamens haben über das Geschlecht (00-49 männliche Versicherte und 50-99 weibliche Versicherte und Versicherte ohne Angabe zum Geschlecht oder mit Angabe „divers“), • eine Stelle für die Prüfziffer; sie sichert die Versicherungsnummer gegen Verfälschungen und Verwechslungen. Die Versicherungsnummer wird zumeist bei der erstmaligen Aufnahme einer versicherten Beschäftigung vergeben und grundsätzlich nicht mehr verändert. Unter der Versicherungsnummer melden beispielsweise Arbeitgeber die ge‐ zahlten Entgelte ihrer Beschäftigten und werden die von freiwillig Versicherten gezahlten Beiträge verbucht. <?page no="320"?> 10.1.2 Sozialversicherungsausweis Bei der Vergabe einer Versicherungsnummer erfolgt durch die Datenstelle der Rentenversicherung grundsätzlich auch die Ausstellung eines Sozialversiche‐ rungsausweises. Später wird ein solcher Ausweis ausgestellt, wenn sich die Versicherungsnummer, der Familienname oder der Vorname des Versicherten ändert. Ein neuer Sozialversicherungsausweis wird auf Antrag bei der zuständigen gesetzlichen Krankenkasse oder der Datenstelle der Rentenversicherung auch ausgestellt, wenn der bisherige Sozialversicherungsausweis zerstört, abhanden‐ gekommen oder unbrauchbar geworden ist. 10.1.3 Inhalt des Versicherungskontos Im Versicherungskonto werden nur die Informationen gespeichert, die für die Gewährung einer Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung von Bedeutung sind. Die im Versicherungskonto gespeicherten Daten unterliegen den Vor‐ schriften zum Sozialgeheimnis und zum Datenschutz. Eine Weitergabe der Daten durch den Rentenversicherungsträger ist grundsätzlich nicht statthaft. Im Wesentlichen werden neben persönlichen Daten (z. B. Name, Anschrift, Geburtsort) die Anschriften der Arbeitgeber und die rentenrechtlichen Zeiten (siehe Kapitel 3) gespeichert. Nachfolgend wird auf einige Sondersachverhalte zur Anrechnung bzw. zum Nachweis von rentenrechtlichen Zeiten eingegangen. 10.1.3.1 Beitragszeiten Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht oder früherem Reichsrecht Beiträge aufgrund einer bestehenden Versicherungspflicht oder Versicherungs‐ berechtigung (freiwillige Versicherung, Höherversicherung) wirksam gezahlt worden sind. Beitragszeiten nach dem 8. Mai 1945 zur gesetzlichen Renten‐ versicherung der ehemaligen DDR und im Saarland bis zum 31. Dezember 1956 stehen grundsätzlich den Beitragszeiten nach Bundesrecht gleich. Zu den Beitragszeiten können auch Beitrags- und Beschäftigungszeiten gehören, die außerhalb des Bundesgebietes zurückgelegt sind (z. B. in den früheren Vertrei‐ bungsgebieten, wie z. B. ehemalige UdSSR, Rumänien usw.). Die im übrigen Ausland gezahlten Rentenversicherungsbeiträge sind zu berücksichtigen, wenn sich dies aus den bestehenden zwischen- und überstaatlichen Regelungen ergibt (z. B. EWG-Verordnungen oder Sozialversicherungsabkommen). Darüber hinaus können die Rentenversicherungsträger Beitragszeiten trotz fehlender 320 10 Das Versicherungskonto und Auskünfte <?page no="321"?> Beitragszahlung anrechnen, wenn der Arbeitgeber, die vom Lohn des Arbeit‐ nehmers einbehaltenen Beitragsanteile nicht an die zuständige Krankenkasse weitergeleitet hat und Sie den Abzug Ihrer Arbeitnehmeranteile, z. B. anhand von Lohnabrechnungen, glaubhaft machen. 10.1.3.2 Beitragszeiten in der ehemaligen DDR In der ehemaligen DDR gab es kein Meldeverfahren, wie dies seit 1973 in den alten Bundesländern praktiziert wird. Ebenso wurde das im bisherigen Bundesgebiet bis 1972 praktizierte Versicherungskartensystem nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges dort nicht wiederaufgenommen. Stattdessen diente der Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung bzw. seine Vorgänger zur Eintragung der Beitragszeiten. Der Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung ist Eigentum des Versicherten, es gibt kein Doppel beim Sozialversicherungsträger. Er ist sorgfältig aufzubewahren und sichert die Anrechnung der für die Leistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung erforderlichen Beitragszeiten. Bei Verlust ist ein aufwändiges Verfahren zur Anrechnung dieser Zeiten erforderlich. Die Beitragszeiten in der ehemaligen DDR werden nachgewiesen durch: • Versicherungskarten • Versichertenausweise (bis 1951) • Versicherungsausweise (ab 1952) • Sozialversicherungsausweise oder Ausweise für Arbeit und Sozialversi‐ cherung • Bescheinigungen des FDGB und der staatlichen Versicherung der DDR sowie der SVK, DVA oder des Rat des Kreises/ Abt. Finanzen • Beitragskarten für freiwillig Versicherte • Kontoauszüge der Sozialversicherung über freiwillige Beiträge zur ZRV 10.1.3.3 Beitragszeiten im Ausland Unter bestimmten Voraussetzungen können auch im Ausland zurückgelegte Zeiten im Bundesgebiet berücksichtigt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass entweder die Voraussetzungen des Fremdrentengesetzes (FRG) erfüllt werden oder für das betreffende Land über- oder zwischenstaatliche Regelungen auf dem Gebiet der Sozialversicherung gelten. 10.1.3.4 Beitragszeiten und Beschäftigungszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) Durch die Regelungen des FRG können Beiträge, die zu einem Versicherungs‐ träger eines osteuropäischen Staates (sog. Vertreibungsgebiete; z. B. ehemalige UdSSR, Rumänien) gezahlt wurden, angerechnet werden, wenn der Versicherte 321 10.1 Versicherungskonto <?page no="322"?> zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehört. Hierfür ist es in der Regel erforderlich, dass der Versicherte als Vertriebener (Nachweis: Vertriebenenaus‐ weis A oder B), Spätaussiedler (Nachweis: Spätaussiedlerbescheinigung) oder als heimatloser Ausländer anerkannt ist. Außerdem können bei Vorliegen der Voraussetzungen auch Beschäftigungs‐ zeiten ohne Beitragszahlung in Albanien, Bulgarien, China, Estland, Jugosla‐ wien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Sowjetunion, Tschechoslowakei, Ungarn oder Danzig anerkannt werden, wenn für eine solche Beschäftigung im Bundesgebiet (nach dem am 1. März 1957 geltenden Recht) Beiträge zu zahlen gewesen wären und diese Zeiten vor einer anerkannten Vertreibung oder Aussiedlung liegen. Die Beitragszeiten können durch sämtliche vom fremden Versicherungs‐ träger ausgestellten Unterlagen (z. B. Versicherungsscheine, Beitragsaufstel‐ lungen u. a.) nachgewiesen werden. Darüber hinaus sind - auch für die Beschäf‐ tigungszeiten - folgende Unterlagen für eine Glaubhaftmachung geeignet: • Arbeitgeberbescheinigungen • Arbeitgeberzeugnisse • Arbeitsverträge • Arbeitsbücher • Lohn- und Gehaltsabrechnungen • Zeugenerklärungen • eidesstattliche Versicherungen und wahrheitsgemäße Erklärungen • fehlende Unterlagen können außerdem - sofern noch vorhanden - durch den Rentenversicherungsträger beim jeweils zuständigen ausländischen Versicherungsträger angefordert werden. 10.1.3.5 Beitragszeiten im Ausland Für die Prüfung, ob die Voraussetzungen für Leistungen erfüllt sind, oder ob bestimmte Rechte in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung bestehen, können auch ausländische Beitragszeiten berücksichtigt werden, wenn ein Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem jeweiligen ausländischen Staat besteht oder überstaatliche Regelungen (z. B. Verordnungen nach EU-Recht) gelten. Die Anlage B enthält eine Zusammenstellung der Verbindungsanstalten für das über- und zwischenstaatliche Recht. 322 10 Das Versicherungskonto und Auskünfte <?page no="323"?> 10.2 Auskunft aus dem Versicherungskonto Jeder Versicherte hat das Recht, Auskunft über den Stand seines Versicherungs‐ kontos zu erhalten. 10.2.1 Auskunft von Amts wegen Nach § 149 Abs. 3 SGB VI unterrichten die Rentenversicherungsträger die Versicherten ab dem 43. Lebensjahr regelmäßig alle sechs Jahre über die in ihrem Versicherungskonto gespeicherten Daten, die für die Feststellung der Höhe einer Rentenanwartschaft erheblich sind (Versicherungsverlauf). Der zeitliche Rahmen ergibt sich zum einen aus der Notwendigkeit, spätestens im Leistungsfall auf ein geklärtes Versicherungskonto zurückgreifen zu können und zum anderen aus § 7 Abs. 1 Versicherungsnummern-, Kontoführungs- und Versicherungsverlaufsverordnung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Versicherten sind nach § 149 Abs. 4 SGB VI verpflichtet, an der Ver‐ sichertenkontenklärung mitzuwirken, insbesondere den Versicherungsverlauf auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen, alle erheblichen Tatsa‐ chen anzugeben und die notwendigen Urkunden und sonstigen Beweismittel beizubringen. Hat der Versicherungsträger das Versicherungskonto geklärt oder hat der Versicherte innerhalb von sechs Kalendermonaten nach Versendung des Versi‐ cherungsverlaufes dessen Inhalt nicht widersprochen, stellt der Versicherungs‐ träger nach § 149 Abs. 5 SGB VI die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid bindend fest. 10.2.2 Auskunft auf Antrag Auf entsprechenden Antrag stellen die Rentenversicherungsträger den Versi‐ cherungsverlauf auch außerhalb des oben genannten Zeitraumes aus. 10.3 Die Renteninformation Wer weiß schon, wie viel Rente er einmal bekommen wird und ob er mit dem Geld im Alter auskommt? Damit niemand bei Eintritt der Altersgrenze plötzlich feststellt, dass seine Rente nicht reicht, sind die Rentenversicherungsträger 323 10.2 Auskunft aus dem Versicherungskonto <?page no="324"?> nach § 109 Abs. 1 SGB VI verpflichtet die Versicherten über die Höhe ihrer Rentenanwartschaften schriftlich mit einer Renteninformation zu unterrichten. Die Renteninformation soll auf eine mögliche Versorgungslücke im Alter hinweisen und eine Entscheidungsgrundlage für die zusätzliche Altersvorsorge bieten. 10.3.1 Wer erhält eine Renteninformation? Seit 2005 erhält jeder Rentenversicherte, der mindestens 27 Jahre alt ist und die allgemeine Wartezeit von fünf Beitragsjahren erfüllt hat, jährlich eine Renteninformation, damit er seine Altersvorsorge besser planen kann. Nach Vollendung des 55. Lebensjahres wird die Renteninformation durch eine Rentenauskunft (siehe Punkt 10.4) ersetzt. 10.3.2 Was steht in der Renteninformation? Die Renteninformation enthält nach § 109 Abs. 3 SGB VI: • Angaben über die Grundlage der Rentenberechnung, • Angaben über die Höhe einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähig‐ keit, die zu zahlen wäre, würde der Leistungsfall der vollen Erwerbsmin‐ derung vorliegen, • eine Prognose über die Höhe der zu erwartenden Regelaltersrente, • Informationen über die Auswirkungen künftiger Rentenanpassungen, • eine Übersicht über die Höhe der Beiträge, die für Beitragszeiten vom Versicherten, dem Arbeitgeber oder von öffentlichen Kassen gezahlt worden sind, • Angaben zu Rentenanpassungen, Kaufkraft und Inflation, • einen Flyer zum Thema Rehabilitation mit Informationen zur Kinder-re‐ habilitation. 10.3.3 Inhalt der Renteninformation durch die Rentenversicherungsträger Die Renteninformation gibt es als Erst- und Folgeinformation. Die Erstinforma‐ tion enthält neben der eigentlichen Renteninformation ein Begleitschreiben, das über den Zweck der Renteninformation aufklärt und einen Versicherungs‐ verlauf. Bei Bedarf wird die Folgeinformation um ein Beiblatt zu aktuellen Gesetzesänderungen ergänzt. 324 10 Das Versicherungskonto und Auskünfte <?page no="325"?> Zur Realisierung der geforderten Prognose über die Höhe der zu erwar‐ tenden Regelaltersrente wird eine Dynamisierung in Höhe von 1 Prozent und 2 Prozent vorgenommen, wobei die errechneten dynamisierten Beträge auf volle 10,00 €-Werte abgerundet werden. Bei rentennahen Jahrgängen wird diese Dynamisierung eingeschränkt und zunächst die Hochrechnung mit 2 Prozent und ab dem 60. Lebensjahr auch die Hochrechnung mit 1 Prozent nicht mehr dargestellt. Die Renteninformation erfolgt auf Grundlage des jeweils geltenden Rechts und der Richtigkeit und Vollständigkeit der im Versicherungskonto gespei‐ cherten rentenrechtlichen Zeiten und unter dem Vorbehalt künftiger Rechtsän‐ derungen. Im Anhang zu diesem Kapitel findet der Leser eine Rentenerstinformation für einen Versicherten mit laufender Entrichtung von Pflichtbeiträgen. 10.4 Die Rentenauskunft Nach § 109 Abs. 1 SGB VI erteilen die Rentenversicherungsträger an Ver‐ sicherte, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, alle drei Jahre eine Renten‐ auskunft. Besteht ein berechtigtes Interesse, kann die Rentenauskunft auch jüngeren Versicherten erteilt werden oder in kürzeren Abständen erfolgen. Die Rentenauskunft erfolgt, wie die Renteninformation, auf Grundlage des jeweils geltenden Rechts und der Richtigkeit und Vollständigkeit der im Versicherungskonto gespeicherten rentenrechtlichen Zeiten und unter dem Vorbehalt künftiger Rechtsänderungen. 10.4.1 Inhalt der Rentenauskunft Die Rentenauskunft enthält: • eine Übersicht der im Versicherungskonto gespeicherten rentenrechtli‐ chen Zeiten, • eine Darstellung über die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte mit der Angabe ihres derzeitigen Wertes und dem Hinweis, dass sich die Be‐ rechnung der Entgeltpunkte aus beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten nach der weiteren Versicherungsbiografie richtet, • Angaben zu den persönlichen und versicherungsrechtlichen Vorausset‐ zungen für einen Rentenanspruch, 325 10.4 Die Rentenauskunft <?page no="326"?> • Angaben zum regulären und frühestmöglichen Rentenbeginn sowie zu den Rentenabschlägen, • Angaben zu den Hinzuverdienstgrenzen bei einer Erwerbsminderungs- oder Altersrente. Die Rentenauskunft für eine Regelaltersrente enthält zusätzlich noch Hinweis‐ texte zu den Hinterbliebenenrenten, zur privaten Altersvorsorge und zur Be‐ steuerung der Alterssicherung. In Anlehnung an die Renteninformation wird auch eine Hochrechnung der Regelaltersrente vorgenommen, wenn der Versi‐ cherte in den letzten 5 Jahren vor Erteilung der Rentenauskunft Entgeltpunkte erworben hat. 10.4.2 Sonderfälle der Rentenauskunft 10.4.2.1 Auskunft zum Ausgleich einer Rentenminderung Nach § 187a SGB VI erhalten Versicherte auf Antrag nach Vollendung des 50. Lebensjahres auch eine Auskunft über die Höhe der Beitragszahlung, die zum Ausgleich einer Rentenminderung bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters erforderlich ist und über die Höhe dieser Altersrente. Dieser Ren‐ tenzahlbetrag berechnet sich aus allen im Versicherungskonto gespeicherten rentenrechtlichen Zeiten sowie - unter Annahme einer nach den aktuellen Werten fortlaufenden Versicherungsbiografie - die bis zum angenommenen Rentenbeginn anfallenden zukünftigen Zeiten. 10.4.2.2 Ehezeitauskunft Um im Vorfeld eines beabsichtigten Scheidungsverfahrens prüfen zu können, wie sich ein Versorgungsausgleich auswirkt, erhält nach § 109 Abs. 5 SGB VI ein Betroffener (Versicherter und Ehegatte, Lebenspartner) auf Antrag eine Auskunft über die auf die Ehezeit/ Lebenspartnerschaftszeit entfallende Renten‐ anwartschaft 326 10 Das Versicherungskonto und Auskünfte <?page no="327"?> Anlage A: Die Träger der Deutschen Rentenversicherung Deutsche Rentenversicherung Anschrift Baden-Württemberg Gartenstraße 105 76135 Karlsruhe Bayern Süd Am alten Viehmarkt 2 84028 Landshut Berlin-Brandenburg Bertha-von-Suttner-Straße 1 15236 Frankfurt/ Oder Braunschweig-Hannover Lange Weihe 6 30880 Laatzen Bund Ruhrstraße 2 10709 Berlin Hessen Städelstraße 28 60596 Frankfurt/ Main Knappschaft-Bahn-See Pieperstraße 14-28 44789 Bochum Mitteldeutschland Georg-Schumann-Straße 146 04159 Leipzig Nord Ziegelstraße 150 23556 Lübeck Nordbayern Wittelsbacherring 11 95444 Bayreuth Oldenburg-Bremen Huntestraße 11 26135 Oldenburg Rheinland Königsallee 71 40215 Düsseldorf Rheinland-Pfalz Eichendorffstraße 4-6 67346 Speyer Saarland Martin-Luther-Straße 2-4 66111 Saarbrücken Schwaben Dieselstraße 9 86154 Augsburg Westfalen Gartenstraße 194 48147 Münster 327 Anlage A: <?page no="328"?> Anlage B: Anhang Verbindungsstellen Für die Anwendung der über- und zwischenstaatlichen Regelungen ist grund‐ sätzlich der Versicherungsträger zuständig, der nach den Vorschriften des SGB VI für die Bearbeitung des Antrages zuständig ist. Ist dies ein Regional‐ träger, sind, unabhängig von der örtlichen Zuständigkeit, besondere Verbin‐ dungsstellen benannt. Diese Träger sind immer dann zuständig, wenn der letzte nichtdeutsche Beitrag in diesem Vertragsbzw. Mitgliedstaat entrichtet wurde bzw. der Berechtigte in diesem Land wohnt. Für die Deutsche Rentenversiche‐ rung Saarland gelten Sonderregelungen in Bezug auf die Staaten Frankreich, Italien und Luxemburg. - Albanien: Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz 67340 Speyer - Australien: Deutsche Rentenversicherung Oldenburg-Bremen 26135 Oldenburg - Belgien: Deutsche Rentenversicherung Rheinland 40194 Düsseldorf - Bosnien-Herzego‐ wina: Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd 84024 Landshut - Brasilien: Deutsche Rentenversicherung Nordbayern 97064 Würzburg - Bulgarien: Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland 06092 Halle - Chile: Deutsche Rentenversicherung Rheinland 40194 Düsseldorf - China: Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen, Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland 53134 Bonn, wenn eine gesetzliche Krankenkasse Einzugs‐ stelle für Rentenversicherungsbeiträge ist, ansonsten die Deutsche Rentenversicherung Bund - Dänemark: Deutsche Rentenversicherung Nord 22215 Hamburg - Estland: Deutsche Rentenversicherung Nord 22215 Hamburg - Finnland: Deutsche Rentenversicherung Nord 22215 Hamburg 328 10 Das Versicherungskonto und Auskünfte <?page no="329"?> - Frankreich: Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz 67340 Speyer - Griechenland: Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg 70429 Stuttgart - Großbritannien und Nordirland: Deutsche Rentenversicherung Nord 22215 Hamburg - Indien: Deutsche Rentenversicherung Nord 22215 Hamburg - Irland: Deutsche Rentenversicherung Nord 22215 Hamburg - Island: Deutsche Rentenversicherung Westfalen 48125 Münster - Israel: Deutsche Rentenversicherung Rheinland 40194 Düsseldorf - Italien: Deutsche Rentenversicherung Schwaben 86223 Augsburg - Japan: Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover 38091 Braunschweig - Kanada: Deutsche Rentenversicherung Nord 22215 Hamburg - Korea: Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover 38091 Braunschweig - Kosovo: Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd 84024 Landshut - Kroatien: Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd 84024 Landshut - Lettland: Deutsche Rentenversicherung Nord 22215 Hamburg - Liechtenstein: Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg 76122 Karlsruhe - Litauen: Deutsche Rentenversicherung Nord 22215 Hamburg - Luxemburg: Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz 67340 Speyer - Malta: Deutsche Rentenversicherung Schwaben 86223 Augsburg - Marokko: Deutsche Rentenversicherung Schwaben 86223 Augsburg 329 Anlage B: Anhang <?page no="330"?> - Mazedonien: Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd 84024 Landshut - Moldau: Deutsche Rentenversicherung Nordbayern 95440 Bayreuth - Montenegro: Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd 84024 Landshut - Niederlande: Deutsche Rentenversicherung Westfalen 48125 Münster - Norwegen: Deutsche Rentenversicherung Nord 22215 Hamburg - Österreich: Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd 81729 München - Philippinen: Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover 30880 Laatzen - Polen: Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg 14047 Berlin - Portugal: Deutsche Rentenversicherung Nordbayern 97064 Würzburg - Rumänien: Deutsche Rentenversicherung Nordbayern 97064 Würzburg - Schweden: Deutsche Rentenversicherung Nord 23544 Lübeck - Schweiz: Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg 76122 Karlsruhe - Serbien: Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd 84024 Landshut - Slowakei: Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd 84024 Landshut - Slowenien: Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd 84024 Landshut - Spanien: Deutsche Rentenversicherung Rheinland 40194 Düsseldorf - Tschechien: Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd 84024 Landshut - Türkei: Deutsche Rentenversicherung Nordbayern 95440 Bayreuth 330 10 Das Versicherungskonto und Auskünfte <?page no="331"?> - Tunesien: Deutsche Rentenversicherung Schwaben 86223 Augsburg - Ungarn: Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland 99097 Erfurt - Uruguay: Deutsche Rentenversicherung Rheinland 40194 Düsseldorf - USA: Deutsche Rentenversicherung Nord 22215 Hamburg - Zypern: Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg 70429 Stuttgart Neben den Regionalträgern sind die Bundesträger • Deutsche Rentenversicherung Bund • 10704 Berlin und • Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See • Pieperstr. 14 - 28 • 44789 Bochum Verbindungsstelle für alle oben genannten Länder. 331 Anlage B: Anhang <?page no="332"?> RENTENINFORMATION UND RENTENAUSKUNFT 332 10 Das Versicherungskonto und Auskünfte <?page no="333"?> 333 Anlage B: Anhang <?page no="334"?> 10.5 Auswirkungen einer Beitragszahlung zum Ausgleich einer Rentenminderung (§ 187a SGB VI) Mit Anhebung der Altersgrenzen und der Option, die bisherigen Altersrenten unter Berücksichtigung von Abschlägen und Rentenminderung vorzeitig in Anspruch zu nehmen, wurde bereits zum 01.08.1996 die Möglichkeit eingeführt, Rentenminderungen, die durch die vorzeitige Inanspruchnahme einer Rente entstehen, durch entsprechende Zahlungen auszugleichen. Durch das Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhe‐ stand vom 23.07.1996 und dem Inkrafttreten zum 01.08.1996 wurde der § 187a SGB VI eingeführt. Diese Regelung fristete bis vor wenigen Jahren ein unauf‐ fälliges Dasein und geriet durch die steuerliche Absetzbarkeit der Beiträge und die andauernde Niedrigzinsphase mehr und mehr in den Fokus. Der Versicherte stellt einen Antrag auf Erteilung einer besonderen Renten‐ auskunft, mittels dieser die zu erwartende Rentenminderung aufgrund des vor‐ gezogenen Rentenbeginns und der zu zahlende Ausgleichsbetrag ausgewiesen wird. 10.5.1 Grundlage der Beitragszahlung - § 187a Abs. 1a SGB VI Grundlage der Beitragszahlung zum Ausgleich einer Rentenminderung ist gemäß § 109 Abs. 5 Satz 4 SGB VI immer eine besondere Rentenauskunft über die Höhe der Beitragszahlung (Prognoseauskunft). Durch einen entsprechenden Antrag (V0210) erklärt der Versicherte, eine vorzeitige, durch Abschläge gemin‐ derte Altersrente in Anspruch nehmen zu wollen. Eine Minderung aufgrund des Vorbezuges einer Altersrente kann sich nur bei der Altersrente für langjährig Versicherte und bei der Altersrente für Schwerbehinderte ergeben. Der Antrag auf die Erteilung einer solchen Auskunft kann bei „berechtigtem Interesse“ gestellt werden. Dieses „berechtigte Interesse“ besteht durch den zum 01.07.2017 neu eingefügten Absatz 1a generell und ohne weitere Begründung ab Vollendung des 50. Lebensjahres. Tipp: Mit der entsprechenden Begründung des berechtigten Interesses kann eine besondere Rentenauskunft auch vor dem 50. Lebensjahr beantragt werden, auch wenn es zu bedenken gibt, dass bei jüngeren Versicherten aufgrund des weit in der Zukunft liegenden Rentenbeginn keine zuverlässige Prognose im Sinne des § 187a Abs. 2 SGB VI erzielt werden kann. 334 10 Das Versicherungskonto und Auskünfte <?page no="335"?> An die Erklärung, vorzeitig in Rente gehen zu wollen, ist der Versicherte aber nicht gebunden. Es kann zu gegebener Zeit ein anderer Rentenbeginn und ggf. eine andere Rentenart beantragt werden. Ob tatsächlich eine spätere Rentenminderung aufgrund der vorzeitigen In‐ anspruchnahme einer Altersrente eintritt, ist für die Berechtigung der Zahlung und für die Rechtswirksamkeit der gezahlten Beiträge unbeachtlich. Zum Zeitpunkt der Beantragung der besonderen Rentenauskunft und bei der Zahlung der Beiträge zum Ausgleich einer Rentenminderung muss jedoch fest‐ stehen, dass die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für die beabsichtigte vorzeitige Rente wegen Alters nicht ausgeschlossen ist. Beispiel: Ein Versicherter beantragt im Alter von 50 Jahren eine besondere Rentenaus‐ kunft, abgestellt auf die Altersrente für langjährig Versicherte zum frühestmög‐ lichen Zeitpunkt und hat aktuell 25 Jahre rentenrechtliche Zeiten vorzuweisen. Da die wartezeitmäßigen Voraussetzungen (Wartezeiterfüllung von 35 Jahren) zum Zeitpunkt des Antrages auf besondere Rentenauskunft bis zum beabsichtigten Rentenbeginn erfüllt werden können, kann eine Progno‐ seauskunft erteilt werden. Ein Antrag müsste dagegen abgelehnt werden, wenn bei Antrag erst 20 Jahre rentenrechtliche Zeiten vorhanden sind, da die Wartezeit von mindesten 35 Jahren bis zum 63. Lebensjahr nicht mehr erfüllt werden kann. Praxistipp: Durch den im Antrag angegebenen Zeitpunkt des beabsichtigten Beginns der vorzeitigen Rente wegen Alters, bestimmt der Versicherte die in seinem Einzelfall höchstmögliche Minderung an persönlichen Entgeltpunkten für diese vorzeitige Rente wegen Alters. Der vom Versicherten beabsichtigte Rentenbeginn muss nicht mit dem frühestens möglichen Beginn der gewählten Altersrente übereinstimmen, zu dem sich die - theoretisch - höchstmögliche Minderung an persönlichen Entgeltpunkten ergäbe. Um die größtmögliche Rentenminderung und den damit verbunden höchst‐ möglichen Ausgleichsbetrag ermittelt zu bekommen, kann im Antrag auf Erteilung der besonderen Rentenauskunft als beabsichtigter Rentenbeginn der frühestmögliche Rentenbeginn bei der Altersrente für langjährig Versicherte angegeben werden. 335 10.5 Auswirkungen einer Beitragszahlung zum Ausgleich einer Rentenminderung <?page no="336"?> Abbildung 36: Auszug Antrag V0210 10.5.2 Gültigkeit der besonderen Rentenauskunft Ausgleichszahlungen aufgrund einer erteilten Rentenauskunft nach § 109 Abs. 5 Satz 4 SGB VI können grundsätzlich bis zum Eintritt der Regelaltersgrenze getätigt werden, wenn der beabsichtigte Rentenbeginn, also die Grundlage einer erteilten Prognoseauskunft, auch umgesetzt wird. Der Bezug der Rente steht einer (weiteren) Beitragszahlung nicht entgegen. Ergänzungen erfolgten durch Art. 1 Nummer 28 des Flexirentengesetzes, wo‐ durch Beitragszahlungen aufgrund einer erteilten Prognoseauskunft beschränkt wurden. Gemäß § 187a Abs. 1 Satz 3 SGB VI, endet die Berechtigung von Beitrags‐ zahlungen zu dem Zeitpunkt, ab dem eine Rente ohne Rentenminderung bezogen werden kann oder wenn die Altersgrenze, die dem Rentenbeginn aus der Prognoseauskunft zugrunde lag, überschritten wurde. Gegebenenfalls ist dann unter Berücksichtigung bereits gezahlter Beiträge eine erneute besondere Rentenauskunft, abgestellt auf einen späteren Rentenbeginn, zu beantragen. Standardmäßig kann jedoch davon ausgegangen werden, dass eine Prog‐ noseauskunft zwischen dem 50. und 63. Lebensjahr beantragt wird und die 336 10 Das Versicherungskonto und Auskünfte <?page no="337"?> Rentenminderung bei Interesse bis zum frühestmöglichen Rentenbeginn ganz oder teilweise ausgeglichen wird. Die Zahlung kann als Einmalzahlung oder in Teilzahlungen, maximal bis zu dem in der besonderen Rentenauskunft mitgeteilten Betrag erfolgen. Es besteht auch die Möglichkeit, die Rentenminderung ganz oder nur teilweise auszugleichen. Eine Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen zum Ausgleich der Renten‐ minderung besteht jedoch nicht. Geburtsdatum 26.07.1964 Erteilung einer besonderen Rentenauskunft: 18.10.2021 abgestellt auf einen Rentenbeginn mit Abschlag (AR für langjährig Versicherte mit 66. Lebensjahr und 3,6 Prozent Abzug): 01.08.2030 Wenn die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt wird, kann aufgrund der besonderen Ren‐ tenauskunft vom 18.10.2021 ab August 2029 keine Ausgleichszahlung der berechneten Rentenminderung mehr erfolgen, weil abschlagfreie Altersrente bezogen werden kann. Geburtsdatum 15.05.1959 Erteilung einer besonderen Rentenauskunft: 18.10.2021 abgestellt auf frühestmöglichen Rentenbeginn mit Abschlag (AR für langjährig Versi‐ cherte mit 63. Lebensjahr): 01.06.2022 Tatsächlicher Rentenbeginn (AR für besonders langjährig Versicherte): 01.08.2023 10.5.3 Besonderheiten der Prognoseauskunft - Hochrechnung Die voraussichtliche Rentenminderung ermittelt sich unter Zugrundelegung des beabsichtigten Rentenbeginns aus der Summe sämtlicher Entgeltpunkte. Für die künftigen Monate bis zum beabsichtigten Beginn der vorzeitigen Rente wegen Alters werden vom Antragsmonat an grundsätzlich weitere (fiktive) Beitragszeiten unterstellt, wenn zum Zeitpunkt des Antrages auf Erteilung der Prognoseauskunft eine laufende Beitragszahlung aufgrund einer Pflicht- oder freiwilligen Versicherung erfolgt. Werden zum Zeitpunkt der Antragstellung laufend Pflichtbeiträge aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gezahlt, wird für alle zukünftigen Monate das vom Arbeitgeber für den Vormonat des Antrages bescheinigte Arbeitsentgelt unterstellt. Liegt keine entsprechende Bescheinigung des Arbeitgebers vor oder werden laufend Pflichtbeiträge aufgrund einer bestehenden Versicherungspflicht nach § 2 bis 4 SGB VI oder einer freiwilligen Versicherung gezahlt, werden für alle zu‐ künftigen Monate bis zum beabsichtigten Rentenbeginn die durchschnittlichen 337 10.5 Auswirkungen einer Beitragszahlung zum Ausgleich einer Rentenminderung <?page no="338"?> monatlichen Entgeltpunkte der Beitragszeiten des Kalenderjahres zugrunde gelegt, für das zuletzt Entgeltpunkte ermittelt worden sind. Sich in der Zukunft ändernde Verhältnisse, wie zum Beispiel Einkommens‐ erhöhungen-/ Minderungen, der Eintritt einer Arbeitslosigkeit oder Krankheit, selbst eine Selbständigkeit ohne Beitragszahlung bleiben unberücksichtigt. Die einmal erstellte besondere Rentenauskunft und der ausgewiesene Ausgleichs‐ betrag behalten ihre Gültigkeit. Es kann aber unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse bei Rentenbeginn die zusätzlich eingetretene Renten‐ minderung ausgeglichen werden. Praxistipp/ Beispiel: Bei einem 55-jährigen selbständig Tätigen ohne laufende Beitragszahlung, mit 35 Jahren rentenrechtlichen Zeiten und bisherigen 35 Entgeltpunkten errechnet sich Rentenminderung - ohne Berücksichtigung weiterer Zeiten - aus den bisherigen 35 Entgeltpunkten. Werden zum Zeitpunkt des Antrages freiwillige Beiträge gezahlt, errechnet sich die Rentenminderung unter Berücksichtigung zukünftiger Monate bis zum beabsichtigten Rentenbeginn (63. Lebensjahr) in der Höhe, wie sie im letzten Kalenderjahr vor Antrag auf Erteilung Progno‐ seauskunft erwirtschaftet wurden. 10.5.4 Ermittlung der Rentenminderung und des Beitragsaufwandes Grundlage für die Berechnung der Beiträge ist gemäß § 187a Abs. 2 SGB VI die Minderung an persönlichen Entgeltpunkten, die sich im Rahmen der Berechnung einer Altersrente bei vorzeitiger Inanspruchnahme unter Berück‐ sichtigung des vom Versicherten beabsichtigten Rentenbeginns ergibt. Die in der Prognoseberechnung ermittelte Gesamtanzahl an Entgeltpunkten ist mit dem jeweiligen Zugangsfaktor zu multiplizieren. Der Unterschiedsbetrag zwischen den Gesamtentgeltpunkten und den persönlichen Entgeltpunkten, die sich nach der Multiplikation mit dem Zugangsfaktor ergeben, ist die Minderung der persönlichen Entgeltpunkte. 338 10 Das Versicherungskonto und Auskünfte <?page no="339"?> Beispiel: • Versicherter ist am 29.08.1968 geboren • gewünschter Rentenbeginn: 01.09.2031 (63. Lebensjahr) • bis zu Rentenbeginn sind 41,9110 Entgeltpunkte vorhanden • Abschlag 14,4 Prozent - dadurch: • veränderter Zugangsfaktor: 0,856 (1-(48 Monate * 0,3)) • persönliche Entgeltpunkte zum Rentenbeginn: 35,8758 • Unterschiedsbetrag = Minderung an persönlichen Entgeltpunkten 6,0352 pEP Der Umfang der Beitragszahlung nach § 187a SGB VI ist begrenzt auf den Ausgleich der individuell ermittelten höchstmöglichen Minderung an persönlichen Entgeltpunkten. Der Beitragsaufwand ergibt sich aus der Summe der geminderten persönli‐ chen Entgeltpunkte, die mit dem zum Zeitpunkt der besonderen Rentenauskunft geltenden Ausgleichsfaktor multipliziert und anschließend durch den jeweiligen Zugangsfaktor dividiert werden. Die Division durch den Zugangsfaktor ist erforderlich, da sich aus den Beiträgen Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 Nr. 5 SGB VI) ergeben, die bei der Berech‐ nung der (späteren) Altersrente wiederum mit dem Zugangsfaktor multipliziert werden müssen. Maßgebend ist der Zugangsfaktor, der für die Ermittlung der geminderten persönlichen Entgeltpunkte in der Prognoseauskunft heran‐ gezogen wurde. Die für die Berechnung heranzuziehenden Umrechnungsfaktoren ergeben sich aus den amtlichen Rechengrößen zur Durchführung des Versorgungsaus‐ gleichs (siehe Aktuelle Werte „Ausgleich von Rentenminderungen nach § 187a SGB VI“). Für den Ausgleich von Entgeltpunkten (West) sind dementsprechend das aktuelle Durchschnittsentgelt und der aktuelle Beitragssatz heranzuziehen. Der Beitragsaufwand ist jeweils gesondert festzustellen, wenn ein Versicherter im Laufe seines Lebens neben den persönlichen Entgeltpunkten West auch 339 10.5 Auswirkungen einer Beitragszahlung zum Ausgleich einer Rentenminderung <?page no="340"?> persönliche Entgeltpunkte Ost und/ oder persönliche Entgeltpunkte der knapp‐ schaftlichen Rentenversicherung erworben hat. Beispiel: Abbildung 37: Berechnungsschema Ausgleichssumme Die Minderung der persönlichen Entgeltpunkte wird zum leichteren Ver‐ ständnis in der besonderen Rentenausauskunft in €-Beträgen ausgewiesen. 340 10 Das Versicherungskonto und Auskünfte <?page no="341"?> Auszüge aus einer besonderen Rentenauskunft: 341 10.5 Auswirkungen einer Beitragszahlung zum Ausgleich einer Rentenminderung <?page no="342"?> 342 10 Das Versicherungskonto und Auskünfte <?page no="343"?> Abbildung 38: Auszüge aus einer besonderen Rentenauskunft Hinweis: Bezieher einer Erwerbsminderungsrente dürfen nur die Minderung ausglei‐ chen, die sich bei der Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente zusätzlich ergibt. Rentenminderungen, die sich bei einer Erwerbsminde‐ rungsrente ergeben, können nicht ausgeglichen werden. 10.5.5 Änderung des Beitragsaufwandes Der errechnete Beitragsaufwand zum Ausgleich der vollständigen Rentenmin‐ derung kann sich ändern, wenn der in der Auskunft nach § 109 Abs. 5 S. 4 SGB VI errechnete Betrag nicht innerhalb von 3 Monate nach Erhalt der Auskunft gezahlt wird. Das ist dann der Fall, wenn die Sonderzahlung zu einem späteren Zeitpunkt oder in Teilbeträgen über einen Zeitraum von mehreren Jahren geleistet wird und sich das Durchschnittsentgelt und der Beitragssatz verändert haben. Wird beispielsweise über mehrere Jahre im Rahmen von gleichmäßigen Teilzahlungen ausschließlich der in der besonderen Rentenauskunft errechnete Ausgleichsbetrag gezahlt, erfolgt bei steigendem Durchschnittsentgelt und/ oder Beitragssatz kein vollständiger Ausgleich der geminderten persönlichen Ent‐ geltpunkte. Ob der Ausgleich der Rentenminderung durch eine Einmalzahlung 343 10.5 Auswirkungen einer Beitragszahlung zum Ausgleich einer Rentenminderung <?page no="344"?> oder durch Teilzahlungen sinnvoll ist, hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Abbildung 39: tabellarische Übersicht Einmalzahlung und Teilzahlung Durch das Flexi-Rentengesetz wurde die Häufigkeit von Teilzahlungen auf zwei pro Kalenderjahr begrenzt. Diese Regelung wurde jedoch zum 01.07.2020 wieder abgeschafft, so dass Teilzahlungen in beliebiger Häufigkeit pro Kalenderjahr zugelassen sind. Werden Teilzahlungen geleistet, ist festzustellen, wie viele von den in der besonderen Rentenauskunft ausgewiesenen geminderten persönlichen Entgelt‐ punkten durch die Beitragszahlung ausgeglichen wurden, wie hoch die verblie‐ bene Minderung an persönlichen Entgeltpunkten ist und welcher Beitrag zum Ausgleich dieser Minderung aufgewendet werden muss. Bei dieser Berechnung werden dann jeweils die aktuellen Berechnungsparameter zu Grunde gelegt. 10.5.6 Auswirkungen der Beitragszahlung nach § 187a SGB VI Es wird oft davon ausgegangen, dass nach Zahlung des gesamten Ausgleichsbe‐ trages eine abschlagsfreie Rente bezogen wird, was nicht zutreffend ist. Es wird lediglich die Minderung zurückgekauft, so dass beim gewählten Rentenbeginn alle ursprünglichen Entgeltpunkte als persönliche Entgeltpunkte zur Verfügung stehen. Aus der Beitragszahlung nach § 187a SGB VI werden Entgeltpunkte ermittelt, in dem die gezahlten Beiträge mit dem zum Zeitpunkt der Zahlung maßge‐ benden Umrechnungsfaktor für die Ermittlung von Entgeltpunkten im Rahmen des Versorgungsausgleichs vervielfältigt werden (§ 76a SGB VI). Auszug aktuelle Werte zum Versorgungsausgleich (Rechengrößen): 344 10 Das Versicherungskonto und Auskünfte <?page no="345"?> Die folgende Tabelle enthält Faktoren, mit denen gezahlte Beiträge oder Kapi‐ talbeträge in Entgeltpunkte umgerechnet werden können (§§ 187 Abs. 3a, 76 Abs. 4 S. 2 bis 4 SGB VI). Abbildung 40: Auszug aktuelle Werte zum Versorgungsausgleich Diese so ermittelten Entgeltpunkte werden als Zuschläge der Summe aller Entgeltpunkte hinzugerechnet und bei Rentenbeginn durch die Multiplikation mit dem Zugangsfaktor in persönliche Entgeltpunkte umgewandelt. Bei dem bisherigen Beispiel bleibend ergeben sich aus dem Ausgleichsbetrag i. H. v. 54.476,32 € insgesamt 7,0505 Entgeltpunkte. Multipliziert man diese mit dem maßgebenden Zugangsfaktor aus der besonderen Rentenauskunft, erhält man die geminderten persönlichen Entgeltpunkte, die mit der Beitragszahlung ausgeglichen werden sollten. Abbildung 41: Berechnung persönliche Entgeltpunkte Hinweis: Diese Aussage trifft nur zu, wenn der gesamte Ausgleichsbetrag innerhalb der maßgebenden Zahlungsfrist gezahlt wurde. Es wird oft der Fehler gemacht, den Ausgleichsbetrag mit den erkauften persönlichen Entgeltpunkten zu vergleichen, um so eine Amortisation seiner Beiträge zu berechnen. Wichtiges Detail: Werden Beiträge zum Ausgleich einer Rentenminderung gezahlt, aber die Altersrente nicht vorzeitig in Anspruch 345 10.5 Auswirkungen einer Beitragszahlung zum Ausgleich einer Rentenminderung <?page no="346"?> genommen, sind andere als die geminderten persönlichen Entgeltpunkte in die Waagschale zu werfen. Bei dieser Betrachtungsweise sollten jedoch stets in Brutto- und Nettobe‐ trachtung unterschieden werden. (siehe Erläuterungen zu Punkt 9) Die nach § 187a SGB VI gezahlten Beiträge gelten weder als Pflichtnoch als freiwillige Beiträge und werden auch keinen bestimmten Zeitraum zugeordnet. Demzufolge können aus Beiträgen dieser Art keine versicherungsrechtlichen oder wartezeitmäßigen Voraussetzungen erfüllt werden. Eine Erstattung gezahlter Beiträge kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Dies gilt auch, wenn • die Erklärung, die im Rahmen des Antrages auf Erteilung einer beson‐ deren Rentenauskunft abgegeben wurde, später widerrufen wird, • es zu keiner vorzeitigen Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters kommt, • die Minderung und die damit verbundene Beitragszahlung nicht den Um‐ fang entspricht, der im Rahmen der Prognoseauskunft ermittelt wurde, also zu viel Beiträge aufgrund der ursprünglich ermittelten Minderung gezahlt wurden. Eine Erstattung von Beiträgen die nach § 187a SGB VI gezahlt wurden, erfolgt jedoch, wenn die Beitragszahlung zu Unrecht zugelassen wurde oder Beiträge in unzulässiger Höhe gezahlt wurden, weil diese über den in der besonderen Rentenauskunft ausgewiesenen Ausgleichsbetrag getätigt wurden. Wird bereits eine geminderte Altersrente bezogen, können bis zur Regel‐ altersgrenze Ausgleichszahlungen geleistet werden (siehe Punkt 10.5.2). Die Erhöhung der Altersrente durch die Zuschlagsentgeltpunkte aufgrund der Sonderzahlung erfolgt ab dem Folgemonat. 10.5.7 Steuerliche Betrachtung Beiträge zum Ausgleich einer Rentenminderung gehören wie alle anderen Ren‐ tenbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung im steuerrechtlichen Sinne zu den Altersvorsorgeaufwendungen und sind somit steuerlich absetzbar. Im Gegenzug sind die aus diesen Beiträgen resultierenden Rentenzahlungen jedoch steuerpflichtig. Werden bereits Beiträge aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäfti‐ gung oder aus anderen Gründen gezahlt, sind diese mit der Sonderzahlung zum Ausgleich einer Rentenminderung zusammenzurechnen. Da der jährliche steuerfreie Höchstbetrag für Altersvorsorgeaufwendung jedoch begrenzt ist, 346 10 Das Versicherungskonto und Auskünfte <?page no="347"?> können kalenderjährliche Teilzahlungen zu einer höheren steuerlichen Absetz‐ barkeit des Gesamtausgleichsbetrages führen, als es bei einer Einmalzahlung der Fall ist. In welchem Umfang sich die Ausgleichszahlungen steuerlich bemerkbar machen, hängt von unterschiedlichen Voraussetzungen und individuellen Ge‐ gebenheiten ab. Hinweis: Zahlt der Arbeitgeber Beiträge zum Ausgleich einer Rentenminderung, was grundsätzlich zulässig ist, sind die Ausgleichsbeträge für den Arbeitnehmer steuerfrei, soweit diese 50 Prozent der höchstmöglichen Beitragszahlung nicht überschreiten. Die andere Hälfte unterliegt der Lohnsteuerpflicht. 347 10.5 Auswirkungen einer Beitragszahlung zum Ausgleich einer Rentenminderung <?page no="349"?> 11 Private Altersvorsorge in Form der Riester-Rente Die Riester-Rente wurde zum 1.1.2002 unter dem damaligen Bundesarbeitsmi‐ nister Walter Riester eingeführt. Sie soll Einschnitte, die in der gesetzlichen Rentenversicherung notwendig waren, durch private, aber staatlich geförderte Vorsorge ausgleichen. Der Abschluss eines Riester-Vertrages ist jedoch keine Pflicht, sondern freiwillig. 11.1 Was wird gefördert? (Förderkriterien und Zertifizierung) Grundsätzlich förderungsfähig sind: • zertifizierte private Rentenversicherungen • zertifizierte Banksparpläne • zertifizierte Fondssparpläne • zertifizierte Darlehensverträge für die Bildung selbstgenutzten Wohn‐ eigentums (auch zertifizierte Bausparverträge) sowie Erwerb von (zu‐ sätzlichen) Genossenschaftsanteilen für eine vom Förderberechtigten selbstgenutzte Genossenschaftswohnung (= „Wohnriester“) Die Zertifizierung der Altersvorsorgeanbieter und deren Produkte erfolgt durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Das Zertifikat stellt kein Gütesiegel dar, d. h. Aussagen darüber, ob der Anbieter seine Versprechen einhalten kann oder ob und wie ertragreich ein Produkt ist, sind nicht abzuleiten. Um das Zertifikat nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG) zu erhalten, müssen Riester-Verträge folgende Kriterien erfüllen: • Riester-Verträge müssen (seit 2006) geschlechtsneutrale Tarife anbieten (sogenannte „Unisex-Tarife“). • Die Rente darf nicht vor Vollendung des 62. Lebensjahres ausgezahlt werden (bei vor 2012 abgeschlossenen Verträgen nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres). • Zu Beginn der Auszahlungsphase müssen mindestens die eingezahlten Beiträge zur Verfügung stehen (falls Absicherung gegen das Risiko <?page no="350"?> der Erwerbsminderung oder Dienstunfähigkeit ist auch eine niedrigere Garantie möglich). • Es muss eine lebenslange Rente zugesagt sein oder es muss ein Auszah‐ lungsplan mit Teilkapitalverrentung (30 Prozent Teilkapitalauszahlung erlaubt) vorliegen. • Die Abschlusskosten für den Riester-Vertrag müssen (seit 2005) auf mindestens fünf Jahre verteilt werden. • Das Ruhen der Verträge und die Übertragung auf andere Vorsorgever‐ träge müssen möglich sein. • Entnahmemöglichkeit zum Erwerb einer selbst genutzten Immobilie. Außerdem müssen die Kunden einmal im Jahr schriftlich über folgendes infor‐ miert werden: • Verwendung der eingezahlten Beiträge, • das bisher gebildete Kapital, • die Abschluss-, Vertriebs- und Verwaltungskosten, • die erwirtschafteten Erträge, • Information über die Verwendung ethischer, sozialer und ökologischer Belange bei der Kapitalanlage. Nicht gefördert werden: • Lebensversicherungen • Eigener Aktienerwerb • Sparbücher • Festverzinsliche Wertpapiere • Anteile an Investmentfonds (Ausnahme: zertifizierte Fondssparpläne) 11.2 Wer wird gefördert? (förderberechtigter Personenkreis) Unmittelbar gefördert werden insbesondere: • in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtige Arbeit‐ nehmer / Auszubildende, • rentenversicherungspflichtige Selbständige (auch Künstler und Publi‐ zisten, die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz versichert sind), • Beamte, Richter, DO-Angestellte, wenn eine schriftliche Einwilligung zur Weitergabe der für den maschinellen Datenabgleich erforderlichen Daten erteilt wurde, 350 11 Private Altersvorsorge in Form der Riester-Rente <?page no="351"?> • Wehr- und Zivildienstleistende, • Personen während des Bundesfreiwilligendienstes / des Freiwilligen So‐ zialen oder Ökologischen Jahres, • Personen während der Kindererziehungszeit (bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes), • pflichtversicherte Pflegepersonen bei häuslicher Pflege, • Beschäftigte in Altersteilzeitarbeit, • behinderte Menschen in Einrichtungen der Jugendhilfe oder in Werk‐ stätten für Behinderte, • Empfänger von Arbeitslosengeld I oder II (auch bei Ruhen) (bei ALG II nur, sofern bereits vor dem Leistungsbezug zulagenberechtigt), • Empfänger während Sozialleistungsbezug (Krankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld …), • Bezieher einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit / voller Erwerbsminde‐ rung, einer Versorgung wegen Dienstunfähigkeit, • Landwirte und mitversicherte Angehörige, • geringfügig Beschäftigte mit Zahlung von Aufstockungsbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung. Die Voraussetzungen müssen nicht während des ganzen Kalenderjahres vorge‐ legen haben; es genügt ein Monat Förderberechtigung. Nicht gefördert werden: • freiwillig Versicherte, • Selbständige, die nicht rentenversicherungspflichtig sind • versicherungspflichtige in berufsständischen Versorgungseinrichtungen (z. B. Apotheker, Ärzte, Anwälte), • Studenten, die nicht rentenversicherungspflichtig sind, • Bezieher einer Vollrente wegen Alters (Regelaltersgrenze), die keine versicherungspflichtige (auch geringfügige) Beschäftigung ausüben, • Bezieher einer Rente wegen teilweise verminderter Erwerbsfähigkeit ohne rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, • geringfügig Beschäftigte ohne Zahlung von Pflichtbeiträgen zur gesetz‐ lichen Rentenversicherung. Achtung: Diese Personen können jedoch u. U. mittelbar gefördert werden, wenn sie mit einer unmittelbar förderberechtigten Person verheiratet sind und nicht dauernd getrennt leben. 351 11.2 Wer wird gefördert? (förderberechtigter Personenkreis) <?page no="352"?> 11.3 Welcher Beitrag ist zu leisten? Als Bemessungsgrundlage wird immer das rentenversicherungspflichtige Ein‐ kommen des Vorjahres genommen, bei Selbständigen das aus den gezahlten Beiträgen ermittelte Einkommen; jeweils zu 4 Prozent. Es ist ein Mindesteigenbeitrag zu leisten. Dieser errechnet sich prozentual aus der Bemessungsgrundlage abzüglich der gewährten Zulagen. Für diesen Mindesteigenbetrag gibt es jedoch eine Begrenzung nach oben (§ 10a EStG). Dieser Höchstwert beträgt ab 2008: 2.100,00 €. Ferner gibt es einen zu leistenden Sockelbetrag, der unbedingt gezahlt werden muss, damit die volle Zulage gezahlt wird. Unterschreitet der aus dem Vorjah‐ reseinkommen ermittelte Mindesteigenbeitrag den Betrag von 60 €, so sind mindestens 60 € Jahresbeitrag zu leisten. Fallbeispiel 1: Eine geringfügig entlohnte Beschäftigte (ohne Kinder) mit Entrichtung des Aufstockungsbetrages zur gesetzlichen Rentenversicherung hat 2021 mtl. 450,00 € verdient. Dies entspricht einem Vorjahreseinkommen von 5.400,00 €. Dies ist die Bemessungsgrundlage für den im Jahre 2021 zu leistenden Mindesteigenbeitrag. Lösung: Beitragspflichtige Einnahme 5.400,00 € hiervon 4 Prozent 216,00 € abzüglich Grundzulage 175,00 € errechneter Mindesteigenbeitrag 41,00 € Die Beschäftigte muss jedoch den Sockelbetrag von 60,00 € bezahlen, damit sie die volle Zulage erhält. Fallbeispiel 2: Herr M. ist in der gesetzlichen Rentenversicherung als Beschäftigter pflicht‐ versichert. Er ist ledig, hat keine Kinder. 352 11 Private Altersvorsorge in Form der Riester-Rente <?page no="353"?> Von 01.01.2020 bis 30.06.2020 war er arbeitslos und erhielt insgesamt 7.200,00 € Arbeitslosengeld (beitragspflichtige Einnahmen, die der Renten‐ versicherung für diesen Zeitraum gemeldet werden: 9.600,00 €). Von 01.07.2020 bis 31.12.2020 war Herr M. wieder beschäftigt und hat in diesem Zeitraum 12.000,00 € verdient. Auf seinen Riester-Vertrag zahlt Herr M. im Jahre 2021 650,00 € ein. Lösung: Beitragspflichtige Einnahmen (7.200 +12.000) 19.200,00 € hiervon 4 Prozent 768,00 € abzüglich Grundzulage 175,00 € errechneter Mindesteigenbeitrag 593,00 € Da Herr M. den Mindesteigenbeitrag in Höhe von 593,00 € erreicht hat, erhält er die volle Zulage in Höhe von 175,00 € auf seinen Altersvorsorgevertrag überwiesen. Besonderheiten bei Ehegatten: Ist nur einer der beiden unmittelbar begünstigt, der andere (ohne Ein‐ kommen) mittelbar begünstigt, wird der Mindesteigenbetrag wie folgt ermit‐ telt: das Vorjahreseinkommen des unmittelbar Begünstigten wird errechnet. Vom Betrag, der sich nach Anwendung des maßgebenden Prozentsatzes (4 Prozent ab 2008) ergibt, werden die den Ehegatten insgesamt zustehenden Zulagen abgezogen (d. h. zweimal Grundzulage und ggf. noch die Kinderzulage(n)). Beachte: der mittelbar Zulagenberechtigte muss zugunsten seines Altersvor‐ sorgevertrages im jeweiligen Beitragsjahr mindestens 60 € geleistet haben - bis 2011 war kein Eigenbeitrag nötig. Fallbeispiel 3: Herr und Frau Z. sind verheiratet und haben keine Kinder. Herr Z. ist gesetzlich rentenversichert, seine beitragspflichtigen Einnahmen in 2020 betragen 50.000 €. Seine Ehefrau ist selbständig tätig und gehört nicht zum unmittelbar berech‐ tigten Personenkreis. 353 11.3 Welcher Beitrag ist zu leisten? <?page no="354"?> Herr und Frau Z. beantragen beide die Zulagen für ihre Altersvorsorgever‐ träge für 2021. Herr Z. zahlt im Jahre 2021 in seinen Vertrag 1.700,00 € ein, Frau Z. zahlt in ihren eigenen Vertrag nichts ein. Lösung: Beitragspflichtige Einnahmen / Herr Z: 50.000,00 € hiervon 4 Prozent 2.000,00 € abzüglich der Grundzulagen (2) 350,00 € errechneter Mindesteigenbeitrag 1.650,00 € Da Herr Z. den geforderten Mindesteigenbeitrag gezahlt hat, erhalten sowohl er als auch seine Ehefrau (als mittelbar zulagenberechtigte Person) jeweils die volle Grundzulage in Höhe von 175,00 € auf ihren eigenen Altersvorsorgevertrag überwiesen. Fallbeispiel 4: Ein Mann verdient im Jahre 2015 42.000 €, seine Ehefrau ist nicht berufstätig und erzieht zwei Kinder (jeweils vor 2008 geboren), die beide das 3. Lebens‐ jahr bereits vollendet haben und ist daher nur mittelbar begünstigt. Lösung: Bemessungsgrundlage 42.000,00 € hiervon 4 Prozent 1.680,00 € abzüglich Grundzulage (Ehemann) 2016 154,00 € abzüglich Grundzulage (Ehefrau) 2016 154,00 € abzüglich 2 x Kinderzulage 2016 370,00 € Mindesteigenbeitrag 1.002,00 € Hinweis: Die Grundzulage betrug bis 2017 154 statt wie seitdem 175 €) 354 11 Private Altersvorsorge in Form der Riester-Rente <?page no="355"?> Besonderheit bei Geburt eines Kindes: Die Geburt eines Kindes sollte immer Anlass sein, die Beitragsleistung zu über‐ prüfen. Hintergrund ist, dass der Elternteil, für den eine Kindererziehungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung anerkannt werden kann, in dieser Zeit pflichtversichert und somit unmittelbar förderberechtigt ist. 11.4 Wie hoch ist die Förderung? (Zulagen und Sonderausgabenabzug) Die sogenannte Riester-Förderung ist im Einkommensteuergesetz verankert. Die gesetzlichen Grundlagen in diesem Gesetz sind einerseits die §§ 79 ff (Zulagen), sowie der § 10 a (Sonderausgabenabzug). Zulagen Es werden Grundzulagen und Kinderzulagen gewährt. Die Grundzulage ist an einen bestehenden Riester-Vertrag gebunden, für die Gewährung der Kin‐ derzulage(n) muss Kindergeldberechtigung in der Person des Antragstellers vorliegen. Die Höhe der Grundzulage (§ 84 EStG) beträgt für die Zeit ab 2008 154,00 €, sie erhöht sich ab 01.01.2018 auf 175 €. Die Kinderzulage (§ 85 EStG) beträgt je Kind für die Zeit ab 2008 185,00 € (bei Geburten vor 2008) bzw. 300,00 € (bei Geburten ab 2008). Zusätzlich gibt es seit 2008 eine Extraprämie von 200 € für Berufseinsteiger, die bis zum 25. Lebensjahr einen Altersvorsorgevertrag abschließen. Wann werden die Zulagen nicht in voller Höhe gewährt? Zahlt ein Zulagenberechtigter nicht den erforderlichen Mindesteigenbeitrag, wird die Zulage prozentual nach dem Verhältnis von gezahltem Beitrag zu ermitteltem Mindesteigenbeitrag errechnet. Fallbeispiel 5: Bei einem Vorjahreseinkommen von 30.000 € müssten im Jahre 2020 1.025 € Mindesteigenbeitrag geleistet werden (4 Prozent von 30.000 € abzüglich 175 € Grundzulage). Der Vertragsnehmer zahlt jedoch nur 600 €. Diese 600 € entsprechen 58,54 Prozent des Mindesteigenbeitrages. Die Zulage wird folglich auch nur in Höhe von 175 € x 58,54 Prozent (= 102,45 €) gewährt. 355 11.4 Wie hoch ist die Förderung? (Zulagen und Sonderausgabenabzug) <?page no="356"?> 11.5 Der Sonderausgabenabzug (seit 1.1.2005) Beiträge zu einem Riester-Vertrag können als sogenannte Altersvorsorgebei‐ träge (§ 82 Abs.1 EstG) im Rahmen der Einkommensteuererklärung (auf Anlage AV der Erklärung) als Sonderausgaben vom zu versteuernden Bruttoeinkommen geltend gemacht werden (§ 10a EstG); im Veranlagungszeitraum ab 2008 in Höhe von bis zu 2.100 €. Das Finanzamt geht in jedem Fall davon aus, dass eine Zulage gewährt wurde und prüft im Rahmen der so genannten Günstigerprüfung, ob die Steuerentlastung über den Sonderausgabenabzug vorteilhafter ist als die Zulage. Wenn ja, führt der Differenzbetrag zu einer zusätzlichen Steuerermäßigung. Der ZfA (Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen, Service-Hotline 0338121222324) wird der auf die Altersvorsorgebeiträge entfallende Erstat‐ tungsbetrag mitgeteilt, weil es sich hierbei um eine weitere staatliche Förderung des Riester-Vertrages handelt. Dies ist insbesondere auch bedeutend im Falle einer „schädlichen Verwen‐ dung“ des Altersvorsorgevermögens, weil dann sowohl die staatlichen Zulagen als auch die Steuervorteile zurückzuzahlen wären. Fallbeispiel 6: Ein lediger Alleinverdiener hatte im Jahr 2012 ein steuerpflichtiges Ein‐ kommen von 40.000 €. Er zahlt im Jahr 2013 Beiträge in den Riester-Vertrag ein in Höhe von 1600 € (4 Prozent des Bruttoeinkommens) einschließlich der staatlichen Zulagen in Höhe von 154 €. Lösung: Zusätzlicher Sonderausgabenabzug 1600 € Maximal 2013 2100 € Unterstellte steuerliche Entlastung 500 € Abzüglich Grundzulage 154 € Sparleistung in den Riester-Vertrag 1600 € Abzüglich Grundzulage 154 € 356 11 Private Altersvorsorge in Form der Riester-Rente <?page no="357"?> Abzüglich Steuererstattungsbetrag (500 € -154 €) 346 € Tatsächliche Aufwendungen 1.100 € Das entspricht einer Förderquote von 31 Prozent. Ehegatten können beide den Sonderausgabenabzug geltend machen, wenn sie beide steuerpflichtiges Einkommen haben. Die Übertragung eines nicht ausgeschöpften Höchstbetrages auf den anderen Ehegatten ist jedoch nicht möglich. 11.6 Wie wird gefördert? (das Zulagenverfahren) Sämtliche Zulagen werden für das jeweilige Beitragsjahr im Nachhinein ge‐ währt. Sie sind für jedes Jahr neu zu beantragen und können maximal für zwei Jahre zurück beantragt werden (für das Beitragsjahr 2019 können also bis 31.12.2021 Zulagen beantragt werden). Der Zulagenberechtigte kann aber auch den Anbieter seines Altersvorsorge‐ vertrages schriftlich beauftragen, die Zulage für jedes Beitragsjahr automatisch zu beantragen (sog. „Dauerzulagenantrag“). In seinem eigenen Interesse sollte der Anleger aber stets Änderungen der Verhältnisse anzeigen. Dies gilt nicht nur im Dauerzulagenantragsverfahren, sondern auch bei einer jährlichen An‐ tragstellung. 11.7 Besonderheiten Schädliche Verwendung von Altersvorsorgevermögen Die Förderung mit Zulagen und durch zusätzlichen Sonderausgabenabzug ist an die gesetzlichen Voraussetzungen gebunden. Wird Altersvorsorgevermögen nicht entsprechend den gesetzlichen Regelungen verwendet (sog. „schädliche Verwendung“, z. B. vorzeitige Kündigung ohne Übertragung auf einen neuen, zertifizierten Altersvorsorgevertrag), sind grundsätzlich die während der An‐ sparphase gewährten Altersvorsorgezulagen und die gesondert festgestellten Steuerermäßigungen zurückzuzahlen. Hierbei ist allgemein zu unterscheiden, ob es sich um eine schädliche Verwendung geförderter „Sparverträge“ (z. B. 357 11.6 Wie wird gefördert? (das Zulagenverfahren) <?page no="358"?> Bank- und Fondssparpläne, Rentenversicherung) oder um die Aufgabe der Selbstnutzung einer geförderten Wohnimmobilie handelt. Die Rückforderung erfolgt durch die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA). Die Rück‐ forderung zieht keine Änderung der (damaligen) Einkommenssteuerbescheide nach sich. Von der Rückzahlungsverpflichtung gibt es aber Ausnahmen, z. B.: • Anbieterwechsel (Übertragung) zu einem neuen, zertifizierten Altersvor‐ sorgevertrag. • angespartes, gefördertes Altersvorsorgevermögen wird in Form einer Hinterbliebenenrente an die Witwe ausgezahlt. • die Beitragsanteile, die für die Absicherung der verminderten Erwerbs‐ fähigkeit und einer zusätzlichen Hinterbliebenenabsicherung ohne Kapi‐ talbildung eingesetzt worden sind. • unter gewissen Bedingungen bei Umzug von einer begünstigen Immobilie in eine neue selbstgenutzte Immobilie. • bei berufsbedingter Aufgabe der Selbstnutzung der geförderten Wohnim‐ mobilie, wenn der Steuerpflichtige (nach vorheriger Absichtserklärung) die Selbstnutzung spätestens mit Vollendung seines 67. Lebensjahres wieder aufnimmt. • die Ehewohnung wird auf Grund einer richterlichen Entscheidung (z. B. im Scheidungsverfahren) dem anderen Ehegatten zugewiesen. Regelungen bei Auslandsverzug Endet die Zulagenberechtigung oder hat die Auszahlungsphase des Altersvor‐ sorgevertrages begonnen, treten grundsätzlich die Folgen der schädlichen Verwendung ein, wenn: • sich der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Zulagenberechtigten außerhalb der EU-/ EWR-Staaten befindet oder • sich der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt zwar in einem EU-/ EWR-Staat befindet, der Zulagenberechtigte ab nach einem Doppelbe‐ steuerungsabkommen als außerhalb eines EU-/ EWR-Staates ansässig gilt. Kann das Vorsorgekapital aus der Riester-Rente vererbt werden? Bei Bank- und Fondssparplänen kann das angesparte Kapital im Todesfall vererbt werden. Bei Rentenversicherungen geht das in der Leistungsphase nicht. Es kann aber eine Rentengarantiezeit vereinbart werden. Erbt der Ehepartner, so kann er das ererbte Vermögen auf einen eigenen Riester-Vertrag einzahlen und die Förderbeträge behalten. Ansonsten muss der Hinterbliebene die anteilige Förderung zurückzahlen. 358 11 Private Altersvorsorge in Form der Riester-Rente <?page no="359"?> Keine laufenden Beiträge mehr erforderlich Beiträge für Riester-Verträge müssen nicht mehr regelmäßig eingezahlt werden. Es besteht insoweit größtmögliche Flexibilität beim Kunden. Ruht der Vertrag jedoch während eines ganzen Kalenderjahres, so besteht für diesen Zeitraum auch kein Anspruch auf die Zulagen und den Sonderausgabenabzug. Teilauszahlungen Mit Beginn des Rentenbezuges dürfen einmalig maximal 30 Prozent des Alters‐ vorsorgevermögens aus der Riester-Rente entnommen werden. Wer nur eine sogenannte Kleinbetragsrente zu erwarten hat (2021 sind dies Renten, die nicht mehr als 32,90 € monatlich erreichen, das ist ein Prozent der jeweiligen Bezugsgröße in der Sozialversicherung), kann sich das Geld auch als Kapitalabfindung auszahlen lassen, ohne die staatliche Förderung zu gefährden. Schutz vor vorzeitiger Verwertung Ebenso wie Betriebsrenten sind auch Riester-Renten bei Arbeitslosigkeit (Ar‐ beitslosengeld IIbzw. Sozialhilfebezug) vor einer vorzeitigen Verwertung in der Ansparphase geschützt. Voraussetzung für diesen Schutz ist selbstver‐ ständlich die erfolgte staatliche Förderung während der Einzahlungsphase. In der Auszahlungsphase wird die Riester-Rente analog der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Grundsicherungsleistung (vgl. Kapitel 14) angerechnet. Scheidung Wird ein Versorgungsausgleich durchgeführt, so wird die Riester-Rente be‐ handelt wie eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die entspre‐ chenden Einzelheiten entscheidet das zuständige Familiengericht. Eine bis zur Scheidung gegebene mittelbare Förderberechtigung (über den Ehegatten) entfällt mit Rechtskraft des Scheidungsurteils. Die Kinderzulage erhält immer derjenige, dem das Kindergeld ausbezahlt wird. Wird der Vertrag bei der Scheidung gekündigt, müssen Zulagen und Steuer‐ vorteile zurückgezahlt werden. 11.8 Die Riester-Rente über den Betrieb Seit dem 01.01.2002 hat jeder Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch darauf, dass sein Arbeitgeber einen Teil von Lohn oder Gehalt über die Entgeltumwandlung in eine betriebliche Altersversorgung einzahlt. 359 11.8 Die Riester-Rente über den Betrieb <?page no="360"?> Auch für Betriebsrenten (neu: Riester-BAV) kann die Riester-Förderung in Anspruch genommen werden. Besonderheiten: Anders als bei privat abgeschlossenen Riester-Verträgen müssen Riester-Renten über den Betrieb kein Zertifikat besitzen. Die Riester-Förderung kann nur für solche Betriebsrenten in Anspruch genommen werden, deren Beiträge nicht steuerfrei sind oder pauschal (durch den Arbeitgeber) besteuert werden, d. h., die Beiträge müssen vom individuell versteuerten Nettoentgelt geleistet werden. Möglich ist diese Variante über die drei Durchführungswege Direktversiche‐ rung, Pensionskasse und Pensionsfonds. Die beiden Durchführungswege Direktzusage/ Pensionszusage und Unter‐ stützungskasse werden nicht mit der Riester-Zulage gefördert. 11.9 Besteuerung der Auszahlungen Da in der Ansparphase für Altersvorsorgebeiträge eine Steuerfreistellung erfolgt, werden Auszahlungen aus Riester-Verträgen inklusive Zulagen und Erträgen in voller Höhe besteuert. Dies gilt immer dann, wenn die Beiträge gefördert wurden. Das gilt auch für den Vorsorgevertrag eines Ehepartners, der nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar förderberechtigt ist. Bei der Besteuerung ist jedoch zu unterscheiden, ob es sich um eine • „echte“ Auszahlung (aus Banksparplan oder Fondssparplan bzw. privater Rentenversicherung) oder • „fiktive“ Auszahlung von gefördertem Kapital in einer selbst genutzten Immobilie handelt. Leistungen aus „Sparverträgen“ von zertifizierten Altersvorsorgeverträgen werden erst in der Auszahlungsphase besteuert. Für die Besteuerung des in einer Immobilie gebundenen steuerlich geför‐ derten Kapitals wird -um die durch die Nutzung der Förderung anfallenden Erträge adäquat zu erfassender im sog. Wohnförderkonto enthaltene Betrag in der „Ansparphase“ jährlich um 2 Prozent erhöht. Damit wird auch berücksich‐ tigt, dass der Förderberechtigte das in der Wohnimmobilie investierte Kapital bereits vor Beginn der Auszahlungsphase nutzen kann. Dadurch weiß der Zulagenberechtigte bereits zu Beginn der Auszahlungsphase genau, welcher Betrag jährlich steuerlich erfasst wird. Bei der selbst genutzten Wohnimmobilie erfolgt die nachgelagerte Besteuerung nicht durch die Erfassung eines fiktiven 360 11 Private Altersvorsorge in Form der Riester-Rente <?page no="361"?> Mietvorteils, sondern durch eine Erfassung der in das Wohnförderkonto einge‐ stellten Beträge. 11.10 Änderungen ab 2013 Im Rahmen des Altersvorsorge-Verbesserungsgesetzes wurden im Wesentlichen vier Änderungen an der Riester-Rente vorgenommen: • Es wird ein einheitliches Produktinformationsblatt eingeführt, das we‐ sentliche Kennzahlen zur Ertragserwartung und zu enthaltenen Kosten enthält. • Die Wechselkosten bei einem Anbieterwechsel werden begrenzt. Der alte Anbieter, darf maximal 150 € Wechselkosten veranschlagen. Der neue Anbieter darf Abschluss- und Vertriebskosten nur auf maximal 50 Prozent des übertragenen Kapitals anrechnen. • Im Rahmen des „Wohnriesters“ wird die Möglichkeit eingeführt, bereits während der Ansparphase förderunschädlich Kapital zu entnehmen. Zudem können bestimmte Modernisierungsarbeiten finanziert werden. Die Möglichkeit im Rahmen eines Riester-Vertrags zusätzlich das Berufsunfä‐ higkeitsrisiko abzusichern, wird ausgeweitet. Durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz vom 17.08.2017 wird die Grundzu‐ lage ab 1. Januar 2018 von 154 € auf 175 € erhöht. Eine sozialversicherungsrechtliche Besserstellung ergibt sich außerdem bei der Riester-geförderten betrieblichen Altersversorgung, denn die viel kritisierte Doppelverbeitragung entfällt. Bei privat abgeschlossenen Riester-Verträgen, werden die Sozialversicherungsbeiträge während der Ansparphase abgeführt; die Pflicht zur Entrichtung von KVdR-/ PVdR- Beiträgen entfällt in der Rentenphase. Zwischenzeitlich hat der Gesetzgeber seine Zusage erfüllt und auch bei den übrigen Betriebsrenten eine Verbesserung bei der Doppelverbei‐ tragung durch Berücksichtigung eines Freibetrages ab 01.01.2020 umgesetzt (siehe Kapitel 13.3.). 361 11.10 Änderungen ab 2013 <?page no="363"?> 12 Private Altersvorsorge in Form der Rürup-Rente Zum 01.01.2005 wurde durch das Alterseinkünftegesetzes (vgl. Kapitel 9 - Die steuerliche Behandlung von Renten und Beiträgen) eine neue Form der privaten Leibrentenversicherung geschaffen, die sogenannte Rürup-Rente. Sie ergänzt als dritte Möglichkeit einer staatlich geförderten Altersvorsorge die Riester-Rente (vgl. Kapitel 11) und die betriebliche Altersversorgung (vgl. Kapitel 13). Im Gegensatz zur Riester-Rente und der betrieblichen Altersversor‐ gung kann grundsätzlich jeder in den Genuss einer Rürup-Rente kommen. Gesetzliche Einschränkungen im Hinblick auf den berechtigten Personenkreis gibt es nicht. Der Unterschied zur gesetzlichen Rente erklärt sich, dass die Rürup-Rente nicht umlagefinanziert, sondern versicherungswirtschaftlich kapitalgedeckt ist. Sie geht von ihrer Namensgebung her auf den ehemaligen Berater der Bundesregierung Prof. Dr. Bert Rürup zurück, der insbesondere für Selbständige eine der gesetzlichen Rente vergleichbare Basisversorgung geschaffen hat. Die Basisrente ist vor allem eine günstige Alternative für Personen, welche in der Ansparphase ein höheres steuerpflichtiges Einkommen haben und mangels Pflichtversicherung zur gesetzlichen Rentenversicherung keine Riester-Rente in Anspruch nehmen können. Darunter fallen insbesondere Selbständige oder z. B. Abgeordnete aus den Landtagen, die eine ruhegehaltsfähige beamtenähn‐ liche Versorgung aufgrund gesetzlicher Neuregelungen nicht mehr erwerben können. In diesen Fällen erhalten sie nach den Abgeordnetengesetzen Zuwen‐ dungen zum Aufbau einer privaten Altersvorsorge (u. a. Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg usw.), die man für eine kapitalgedeckte Rürup-Rente oder für ein Versorgungswerk (Landtage von Nordrhein-Westfalen und Baden-Würt‐ temberg) verwenden kann. Durch die hohen zulässigen Sonderausgabenabzüge kann das zu versteuernde Einkommen beträchtlich gesenkt werden. Neben einem monatlichen Beitrag kann die Sparleistung (zusätzlich) auch flexibel als Einmalzahlung erfolgen. Das ist besonders interessant, wenn aus einem bestimmten Grund in einem Jahr ein besonders hohes Einkommen erzielt wurde - zum Beispiel durch eine Bonuszahlung. <?page no="364"?> 12.1 Voraussetzungen der Rürup-Rente Eine Rürup-Rente ist eine private Leibrentenversicherung, welche bestimmte Bedingungen erfüllen muss, um staatlich gefördert zu werden: 1. Lebenslange Zahlung Es muss sich um eine monatliche lebenslange Leibrente handeln, deren Laufzeit nach dem 31.12.2004 begonnen hat. 2. Auszahlungsbeginn nicht vor dem 60./ 62. Lebensjahr Die Auszahlung dieser Rente darf nicht vor dem 60., bei Verträgen, welche nach dem 31.12.2011 abgeschlossen werden, nicht vor dem 62. Lebensjahr beginnen. 3. Nichtvererblichkeit Laut Vertragsbedingungen darf es nicht zu einer Auszahlung an eventu‐ elle Erben kommen. Somit kommt im Todesfall das angesparte Vermögen der Versichertengemeinschaft zugute. 4. Nichtübertragbarkeit Eine Übertragung der Ansprüche des Leistungsempfängers auf eine andere Person darf im Vertrag nicht vorgesehen sein. 5. Nichtbeleihbarkeit Die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag dürfen beispielsweise weder sicherheitshalber abgetreten noch verpfändet werden. 6. Nichtveräußerbarkeit Laut Vertragsinhalt dürfen die Ansprüche nicht an Dritte veräußert werden. 7. Nichtkapitalisierbarkeit Es darf vertraglich kein Recht auf Kapitalisierung des Rentenanspruchs vorgesehen sein. Dagegen kann der erworbene Leistungsanspruch in der privaten Rentenversi‐ cherung auf Wunsch vollständig und bei der Riester-Rente bis zu 30 v. H. als Einmalbetrag ausgezahlt werden. Die Absicherung von Hinterbliebenen sowie die Absicherung gegen das Risiko der Berufsbzw. Erwerbsminderung sind bei einer Rürup-Rente grund‐ sätzlich möglich. 364 12 Private Altersvorsorge in Form der Rürup-Rente <?page no="365"?> 12.2 Steuerliche Behandlung der Rürup-Rente Die Rürup-Rente wird sowohl in der Ansparphase als auch in der Auszahlungs‐ phase steuerlich behandelt wie die Renten aus der gesetzlichen Rentenversiche‐ rung (vgl. Kapitel 9). 2020 ist der als Sonderausgaben abzugsfähige Höchstbetrag auf 90 Prozent aus 25.046 € (Ledige) und das Doppelte bei gemeinschaftlich veranlagten Ehepaaren (50.092 €) begrenzt. Bei sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern vermindert sich der Höchstbeitrag um den Gesamtbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung, z.B. um bis zu 15.400,80 € (= 18,6 Prozent von 82.800,00 € Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung West) im Jahr 2020. Auch bei der Rürup-Rente wird der steuerlich absetzbare Freibetrag stufen‐ weise bis zum Jahr 2025 auf 100 Prozent ansteigen. Im Gegensatz zu den Riester-Renten, die von Beginn an in der Auszahlungs‐ phase in voller Höhe der nachgelagerten Besteuerung unterliegen, werden Rürup-Renten erst bei einem Rentenbeginn ab 2040 voll versteuert. Bei einem Rentenbeginn bis einschließlich 2039 erfolgt die Besteuerung nur zu einem bestimmten Prozentsatz (wie bei den Renten aus der gesetzlichen Rentenversi‐ cherung). Fallbeispiel: Ein lediger Arbeitnehmer A und ein lediger Freiberufler B können mit einem Verdienst von jeweils 80.000 € im Jahr 2020 als Vorsorgeaufwendungen steuerlich absetzen: Arbeitnehmer A Selbständiger B Arbeitgeber-Beitrag zur gesetzli‐ chen Rentenversicherung 7.440 0,00 Arbeitnehmer-Beitrag bzw. ei‐ gener Beitrag des Selbständigen zur gesetzlichen Rentenversicherung 7.440 14.880 Beitrag zur Rürup-Rente 10.000,00 10.000,00 Beiträge insgesamt 24.880 24.880 Absetzbarer Höchstbetrag 25.046 25.046 365 12.2 Steuerliche Behandlung der Rürup-Rente <?page no="366"?> 90 Prozent des geringeren Betrages 22.392 22.392 Abzüglich Arbeitgeber-Beitrag 7.440 0,00 Verbleibender Betrag 14.952 22.392 Von den 25.046 €, die der Arbeitnehmer A 2020 höchstens steuerlich gel‐ tend machen kann, entfallen auf den steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung (RV) 7.440 €. Bei A sind somit 90 Prozent des Gesamtbeitrags zur RV steuerlich freigestellt., verkürzt um den Arbeit‐ geberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung. Zusätzlich kann er noch 90 Prozent des Beitrags zur Rürup-Rente abziehen und somit insgesamt 14.952 € steuerlich absetzen. Der Selbständige B kann 90 Prozent seiner Beiträge zur RV und 90 Prozent seines Beitrags zur Rürup-Rente (Höchstbetrag beachten) abziehen = 22.392 €. In diesem Beispiel wird der steuerliche Höchstbetrag nicht erreicht. 366 12 Private Altersvorsorge in Form der Rürup-Rente <?page no="367"?> 13 Betriebliche Altersvorsorge Die betriebliche Altersvorsorge hat eine lange Tradition in Deutschland. Sie gehört zur zweiten Schicht der Altersvorsorge und wird in § 1 des Betriebsren‐ tengesetzes (BetrAVG) definiert. Sie liegt vor, wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses Versorgungsleistungen bei Alter, Invalidität oder Tod zusagt. Die betriebliche Altersversorgung kann vom Arbeitgeber und/ oder vom Arbeitnehmer (Entgeltumwandlung) finanziert werden. Sie ist durch die Rentenreform (2002) deutlich verbessert worden. Die Beteiligten haben jetzt einen Anspruch auf eine betriebliche Altersvorsorge. Ende 2020 hatten rund 18 Millionen eine Betriebsrentenanwartschaft bei ihrem Arbeitgeber (davon rd. 5,3 Millionen Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes); dies entspricht rd. 60 v. H. aller sozialversicherungspflichtig beschäftigten Per‐ sonen. Die betriebliche Altersvorsorge wird staatlich gefördert und erfolgt u. a. durch Entgeltumwandlung. Der Arbeitnehmer kann die Entgeltumwandlung verbindlich verlangen; es ist jedoch seine freie Entscheidung, ob er diesen Anspruch geltend machen möchte. Die Entgeltumwandlung führt dazu, dass der Arbeitnehmer auf Gehalt verzichtet und im Gegenzug vom Arbeitgeber eine wertgleiche Versorgungszusage erhält. Mit dem ab 01.01.2018 in Kraft getretenen Betriebsrentenstärkungsgesetz soll die Verbreitung betrieblicher Altersvorsorge insbesondere in kleinen und mittelständischen Betrieben unterstützt und dadurch ein höheres Versorgungs‐ niveau erreicht werden. Es werden neue Anreize zum Aufbau und Ausbau der betrieblichen Altersvorsorge geschaffen. Der Kern des neuen Gesetzes ist das Sozialpartnermodell, das durch steuer- und sozialversicherungsrechtliche Regelungen flankiert wird. Es geht hier um tarifvertraglich vereinbarte Bei‐ tragszusagen - ohne, dass den Beiträgen entsprechende Leistungszusagen des Arbeitgebers gegenüberstehen. Der Arbeitgeber steht für die aus den Beiträgen erwirtschafteten Rentenzahlungen nicht ein; er wird insoweit „enthaftet“. Be‐ kannt ist dieses Modell auch unter dem Überbegriff „Pay and Forget.“ Für das Sozialpartnermodell stehen als Durchführungswege die Pensionskasse, der Pensionsfonds und die Direktversicherung zur Verfügung. <?page no="368"?> Bedacht werden sollte auf jeden Fall eine Folgewirkung bei der gesetzlichen Rente: Wer Geld in die betriebliche Altersvorsorge einzahlt und Renten‐ versicherungsbeiträge spart, reduziert damit automatisch seine gesetzliche Rente. Nicht nur das, auch alle anderen Sozialleistungen bemessen sich am Bruttoarbeitsverdienst. Ist dieser niedriger, fallen nicht nur die gesetzliche Rente geringer aus, sondern auch Arbeitslosengeld und Krankengeld. Die Zeitung „Finanztipp“ hat die Probleme mit der Entgeltumwandlung sehr ausführlich dargestellt. Die Summe aller Entgeltumwandlungen bewirkt ein geringeres Beitragsaufkommen in der gesetzlichen Rentenversicherung, was geringere Rentenanpassungen zur Folge hat. 13.1 Durchführungswege Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann nur über die fol‐ genden Durchführungswege folgen: • Direktzusage/ Pensionszusage • Unterstützungskasse • Direktversicherung • Pensionsfonds • Pensionskasse Der Gesetzgeber führt mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz ein Options‐ system zur automatischen Entgeltumwandlung ein. Im Tarifvertrag kann künftig geregelt werden, dass für alle Arbeitnehmer oder eine Gruppe von Arbeitnehmern die automatische Entgeltumwandlung gilt. Der einzelne Arbeit‐ nehmer hat aber das Recht über ein Opting-Out-System einer Teilnahme widersprechen. Die Anwendung der tarifvertraglichen Regelung ist auch bei nicht tarifgebundenen Betrieben möglich. Arbeitgeber zahlen künftig einen Zuschuss zu den Umwandlungsbeträgen, wenn dadurch ihr Sozialversiche‐ rungsanteil (SV-Anteil) reduziert wurde. Die Höhe des Zuschusses beträgt pauschal 15 Prozent des umgewandelten Entgelts. Dies gilt ab 01.01.2019 für neue Entgeltumwandlungszusagen; ab 01.01.2022 auch für bestehende Entgel‐ tumwandlungen. Für Beschäftigte macht diese Art der Vorsorge Sinn - vor allem, wenn der Arbeitgeber einen Zuschuss gibt. Diesen Zuschuss gibt es für neue Verträge ab 2019 und für bestehende Verträge ab 2022. Nach neuesten Berechnungen ist eine betriebliche Altersversorgung nur dann sinnvoll und 368 13 Betriebliche Altersvorsorge <?page no="369"?> rentabel, wenn der der Arbeitgeber entweder den vollen oder zumindest den halben Beitrag für die Betriebsrente übernimmt. Für Geringverdiener wird ein BAV-Förderbeitrag als staatlicher Zuschuss eingeführt. Voraussetzung dafür ist ein monatlicher Arbeitsverdienst bis zu 2.200 € brutto. Arbeitgeberbeiträge von 240 € bis höchstens 480 € im Kalender‐ jahr werden mit 30 Prozent gefördert (zwischen 72 € und 144 € jährlich). Weitere Probleme ergeben sich durch Garantiekürzungen bei verschiedenen Versicherungskonzernen. So ist z. B. bei der Allianz aktuell bekanntgegeben worden, dass bei der betrieblichen Altersversorgung die volle Beitragsgarantie gestrichen bzw. auf bis zu 60 Prozent abgesenkt werden soll (siehe Versiche‐ rungswirtschaft-Redaktion vom 25. Juni 2021). Die Beitragszusage mit Min‐ destleistung ist nun ein Auslaufmodell, was aufgrund der Absenkung des Höchstrechnungszinses zum 01. Januar 2022 auf 0,25 Prozent absehbar war. So sind u. a. die Garantien bei Direktversicherungen - je nach gewähltem Tarif - auf 60, 80 oder 90 Prozent Garantieniveau abgesenkt worden. Direktzusage/ Pensionszusage Erteilt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer eine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, so handelt es sich um eine Direktzusage oder unmittelbare Versorgungszusage, wenn kein anderer Durchführungsweg ge‐ wählt wurde. Bei der Direktzusage hat der Arbeitgeber die Leistungen der betrieblichen Al‐ tersversorgung selbst zu erbringen und bedient sich nicht eines externen Durch‐ führungsweges (Direktversicherung, Pensionskasse, Unterstützungskasse, oder Pensionsfonds), d. h., der Arbeitgeber zahlt die Betriebsrente später selbst an den dann ehemaligen Arbeitnehmer aus. Finanziert wird die Direktzusage in der Anwartschaftsphase des Mitarbeiters über steuerliche Pensionsrückstellungen (§ 6a EStG, § 249 HGB). Die jährlichen Zuführungen sind gewinnmindernd und, da sie dadurch die Steuerlast des Un‐ ternehmens senken, liquiditätserhöhend (Innenfinanzierung, Steuerstundung). Während der Bezugszeit sind weiterhin Pensionsrückstellungen zu bilden. Der steuerliche Teilwert ist in dieser Zeit der versicherungsmathematische Barwert der zukünftig noch zu erbringenden Pensionsleistungen. Da dieser Barwert in jedem Jahr sinkt (außer möglicherweise in den Jahren, in denen die Renten angepasst werden), kommt es dann zu Gewinn erhöhenden, und damit die Steuerlast des Unternehmens steigernden Auflösungen der Rückstellungen. In dieser Phase wird die Liquidität gemindert. Um die Rentenzahlungen, Kapitalzahlungen oder biometrischen Risiken finanzieren zu können, schließen viele Arbeitgeber entsprechende Rückde‐ ckungsversicherungen (bestimmte Form einer Lebensversicherung) ab. 369 13.1 Durchführungswege <?page no="370"?> Direktzusagen müssen über den Pensions-Sicherungs-Verein (PSVaG) gegen Insolvenz des Arbeitgebers abgesichert werden. Direktzusagen sind überwiegend reine Arbeitgeber-Leistungen; eine Entgelt‐ umwandlung ist aber grundsätzlich möglich. Unterstützungskasse Eine Unterstützungskasse ist eine rechtsfähige Versorgungseinrichtung zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung, die auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewährt. Die Unterstützungskasse stellt stets ein eigen‐ ständiges, unabhängiges Rechts- und Steuersubjekt dar und kann in Form einer GmbH, eines eingetragenen Vereins oder einer Stiftung organisiert sein. Die Unterstützungskasse gewährt formal keinen Rechtsanspruch auf die Versorgungsleistungen. Faktisch ist dies für den berechtigten Arbeitnehmer aber nicht relevant, da in § 1 (1) BetrAVG geregelt ist: „Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt (Subsidiär-Haftung des Arbeitgebers)“. Bei Insolvenz des Arbeitgebers werden die Betriebsrenten grundsätzlich durch den Pensions-Sicherungs-Verein gezahlt, da eine gesetz‐ liche Insolvenzsicherungspflicht bei diesem besteht. Der Arbeitgeber finanziert die von ihm zugesagte Versorgungsleistung über Zuwendungen an die Unterstützungskasse. Diese Zuwendungen können, in den Grenzen des § 4d Einkommensteuergesetz, als Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Da eine Unterstützungskasse auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewährt, unterliegt sie nicht der Versicherungsaufsicht und ist in der Anlage ihres Vermögens „frei“. Ein übliches Modell ist die Investition des Kapitals beim Trägerunternehmen. Bei einem Arbeitgeberwechsel kann der Kapitalwert aus der Unterstützungs‐ kasse nicht ohne weiteres auf andere Kassen übertragen werden, da dies steuerschädlich wäre. Dies ist nur möglich, wenn der neue Arbeitgeber Mitglied derselben Unterstützungskasse ist oder wird. In den letzten Jahren tritt jedoch die Ausfinanzierung von Versorgungsver‐ pflichtungen in den Vordergrund, so dass insbesondere durch die rechtlich fundierte Möglichkeit der Entgeltumwandlung verstärkt „rückgedeckte Unter‐ stützungskassen“ eingerichtet werden. Dabei leitet die Unterstützungskasse die Zuwendung - nach Abzug von Gebühren - an ein Versicherungsunternehmen weiter. Dabei wird die Auswahl der möglichen Tarife durch die Steuergesetzge‐ bung stark eingeschränkt. Bei einer Unterstützungskasse bleibt der Versorgungsaufwand für den Ar‐ beitnehmer ohne Obergrenzen steuer- und sozialversicherungsfrei (gilt nur für 370 13 Betriebliche Altersvorsorge <?page no="371"?> Arbeitgeberfinanzierung). Für den vom Arbeitnehmer durch Entgeltumwand‐ lung finanzierten Versorgungsaufwand ist die Beitragsfreiheit seit 2002 begrenzt (die Beitragsfreiheit beträgt 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der Ren‐ tenversicherung). Die Riester-Förderung kann für diese Form der betrieblichen Altersversorgung nicht genutzt werden. Direktversicherung Eine Direktversicherung ist nach dem deutschen Steuerrecht ein Lebensversi‐ cherungsvertrag, den der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer auf das Leben eines Arbeitnehmers (versicherte Person) bei einem in Deutschland zugelas‐ senen Versicherer abgeschlossen hat. Bezugsberechtigt sind der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen. Zu den Direktversicherungen gehören auch Unfallzusatzversicherungen und Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen, die im Zusammenhang mit Le‐ bensversicherungen abgeschlossen werden, sowie Berufsunfähigkeitsversiche‐ rungen und Unfallversicherungen mit Anspruch des Arbeitnehmers auf Bei‐ tragsrückgewähr. Die Beiträge des Arbeitgebers zu einer Direktversicherung gehören zum steuerlichen Arbeitslohn des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitgeber im Versiche‐ rungsvertrag den Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen für die Leistungen als bezugsberechtigt bestimmt hat. Der Arbeitgeber kann die Lohnsteuer für Beiträge zu einer Direktversiche‐ rung mit einem Pauschalsteuersatz von 20 Prozent berechnen, wenn die Beiträge aufgrund einer Versorgungszusage geleistet werden, die vor dem 01.01.2005 erteilt wurde. Außerdem entfallen die Sozialversicherungsbeiträge, wenn die Direktversicherung aus einer Sonderzahlung (z. B. Urlaubs-/ Weihnachtsgeld) bezahlt wird. Eine solche Lohnsteuerpauschalierung ist aber nur im ersten Dienstverhältnis zulässig. Pauschal besteuert werden können Direktversiche‐ rungsbeiträge bis zu 1.752 €, bei Gruppenverträgen bis zu 2.148 € jährlich je Arbeitnehmer. Die späteren Rentenzahlungen sind beim Arbeitnehmer als sonstige Einkünfte mit dem Ertragsanteil zu versteuern. Durch das Alterseinkünftegesetz sind nunmehr Beiträge des Arbeitgebers (dazu gehören auch Beiträge aus einer Entgeltumwandlung des Arbeitnehmers) aus dem ersten Dienstverhältnis für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung steuerfrei, wenn eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversor‐ gung in Form einer Rente oder eines Auszahlungsplans vorgesehen ist und soweit die Beiträge im Kalenderjahr 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (West) nicht übersteigen. Für die Steuerfreiheit gelten 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (siehe Ausführungen zu 13.1.5). 371 13.1 Durchführungswege <?page no="372"?> Die späteren Rentenzahlungen sind in diesem Fall in voller Höhe als sonstige Einkünfte zu versteuern. Werden die Versicherungsbeiträge dagegen individuell nach Lohnsteuerkarte versteuert, ist eine anschließende Kapitalauszahlung steuerfrei und eventuelle Rentenzahlungen werden ebenfalls nur mit dem Ertragsanteil besteuert. Seit dem 01.01.2004 sind aus der Ablaufleistung Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abzuführen, auch wenn die Versicherungsbeiträge bereits während der Einzahlung der Beitragspflicht in der Sozialversicherung unter‐ worfen waren (Doppelverbeitragung). Außerdem kann man normalbesteuerte Beiträge noch durch die Altersvor‐ sorgezulage fördern lassen. Die späteren Rentenzahlungen sind dann in voller Höhe als sonstige Einkünfte zu versteuern. Werden die Beiträge in die Direkt‐ versicherung mit 20 Prozent pauschal besteuert oder sind sie steuerfrei gestellt, kommt eine Altersvorsorgezulage nicht mehr in Betracht. Pensionsfonds Ein Pensionsfonds ist eine versicherungsähnliche, rechtlich selbständige Versorgungseinrichtung, die den Arbeitnehmern seiner Trägerunternehmer Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gewährt. Der Pensionsfonds gewährt den Arbeitnehmern einen Rechtsanspruch. Er muss von der Bundes‐ anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zugelassen werden und unter‐ liegt auch nach Zulassung deren Aufsicht. Die Finanzierung der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung muss im Kapitaldeckungsverfahren erfolgen. Das Kapital wird vom Pensionsfonds in Aktien und Rentenpapiere angelegt. Bei der Kapitalanlagepolitik unterliegt der Pensionsfonds geringeren Beschränkungen als Pensionskassen oder Lebensver‐ sicherungsunternehmen. Dadurch soll eine höhere Rendite erreicht werden. Die Legaldefinition des Pensionsfonds findet sich in § 112 Versicherungsauf‐ sichtsgesetz (VAG). Auch wenn ein Arbeitgeber Altersvorsorgeleistungen mittels des Durchfüh‐ rungsweges „Pensionsfonds“ gewährt, muss wegen der geringeren Sicherheit im Vergleich zu Versicherern eine Absicherung durch den Pensions-Siche‐ rungs-Verein gegen Insolvenz erfolgen. Pensionskasse Eine Pensionskasse ist ganz allgemein eine Institution zum Zweck der Alters‐ vorsorge; in Deutschland ist sie eine rechtsfähige Versorgungseinrichtung (Versicherungsunternehmen). Sie schuldet stets gegen Zahlung von Beiträgen Vorsorgeleistungen und trägt somit gewisse Vorsorgerisiken. Die abgedeckten Risiken sind - je nach Ausprägung der Pensionskasse unterschiedlich gewichtet 372 13 Betriebliche Altersvorsorge <?page no="373"?> - die Risiken Invalidität, Alter und Tod. Der Versorgungsberechtigte hat einen Rechtsanspruch auf die Leistungen der Pensionskasse. Die Pensionskasse ist ein Lebensversicherungsunternehmen. Sie wird meist in der Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit betrieben. In der Pensionskasse sind Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder auch beide Gruppen parallel Mitglieder und leisten Beiträge für sich selbst bzw. für Begünstigte. Für Pensionskassen gelten z. T. andere Bestimmungen als für allgemeine Lebensversicherungsunternehmen. Es gibt sowohl umlagefinanzierte als auch kapitalgedeckte Pensionskassen. Zahlt ein Arbeitgeber für einen Arbeitnehmer Beiträge an eine Pensionskasse, gehören diese Beiträge grundsätzlich zum Arbeitslohn, sind aber bis zur Höhe von 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversiche‐ rung steuer- und sozialversicherungsfrei. Mit dem Betriebsrentenstärkungsge‐ setz wird der steuerfreie Grenzbetrag ab 2018 auf 8 Prozent der Beitragsbe‐ messungsgrenze erhöht. Dies entspricht im Jahr 2018 einem Betrag von 6.240 € jährlich. Durch die Anbindung an die Beitragsbemessungsgrenze wird der neue Höchstbetrag dynamisch. Der bisherige zusätzliche steuerfreie Betrag bei Versorgungszusagen ab 01.01.2005 i. H. v. 1.800 € entfällt. Beiträge zur Pensionskasse, die aus individuell versteuertem und mit Sozi‐ alversicherungsbeiträgen belegtem Einkommen aufgebracht werden, können im Rahmen des § 10a EStG als Sonderausgaben abgezogen oder nach §§ 79 ff EStG durch eine Altersvorsorgezulage gefördert werden. Die späteren Versor‐ gungsleistungen unterliegen in diesem Fall in voller Höhe der Besteuerung (nachgelagerte Besteuerung). Pensionskassen sind nicht über den Pensions-Sicherungs-Verein XE "Pension s-Sicherungs-Verein" oder die Protector-Lebensversicherungs-AG abgesichert. Die Protector-Lebensversicherungs-AG ist die Sicherungseinrichtung für die Lebensversicherer in Deutschland. Diese Sicherungseinrichtung schützt Versi‐ cherte vor den Folgen der Insolvenz eines Lebensversicherers: Verträge werden fortgeführt; die Leistungen für die Altersvorsorge und der Risikoschutz bleiben erhalten, ebenso die bereits gewährten Gewinnbeteiligungen. Pensionskassen unterliegen der Versicherungsaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleis‐ tungen. 13.2 Besonderheiten Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eine Direktversicherung für den Arbeit‐ nehmer abzuschließen. Zwar bieten größere Firmen diese Form der Altersvor‐ sorge meist an, bei kleineren Firmen muss der Arbeitnehmer in der Regel 373 13.2 Besonderheiten <?page no="374"?> nachfragen. Größere Unternehmen schließen dabei oft mit dem Versicherer eine Gruppenversicherung ab. Dies bietet für den Arbeitnehmer eine höhere Leistung. Im Gegensatz zu einer „normalen“ Lebensversicherung kann man eine Di‐ rektversicherung nicht vorzeitig kündigen. Wechselt man den Arbeitgeber, dann gibt es drei Möglichkeiten: • Der neue Arbeitgeber übernimmt den Versicherungsvertrag. • Der Arbeitnehmer tritt als Versicherungsnehmer in den Vertrag ein und zahlt die Beiträge „privat“ weiter. • Die Versicherung wird beitragsfrei gestellt mit entsprechend geringeren Leistungen, die weiterhin dem Arbeitnehmer zustehen. Der Arbeitgeber muss aber eine betriebliche Altersversorgung in Form einer Entgeltumwandlung dem Arbeitnehmer zugänglich machen. Die Durchführungswege Unterstützungskasse, Direktversicherung, Pensi‐ onsfonds und Pensionskasse werden auch als mittelbare Durchführungswege bezeichnet, da die Durchführung bei einem rechtlich selbständigen Unter‐ nehmen erfolgt. Der Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung ist allerdings dem so genannten Tarifvorrang untergeordnet. Beschäftigte, für die ein allgemein verbindlicher Tarifvertrag gilt, können ihren Tariflohn nur umwandeln, wenn der Tarifver‐ trag das ausdrücklich vorsieht. Zum Beispiel waren Beschäftigte des Öffentli‐ chen Dienstes lange Zeit von der Möglichkeit zur Entgeltumwandlung ausge‐ schlossen. Für den Abschluss von betrieblicher Altersversorgung und die Auswahl des Durchführungsweges sind neben steuerlichen und handelsrechtlichen (z. B. deutsche und internationale Rechnungslegungsvorschriften) Aspekten auch die soziale Verantwortung und Bindung an das Unternehmen entscheidungsrele‐ vant. Hinzu kommen arbeitsrechtliche Besonderheiten, Kostenaspekte, perso‐ nalpolitische Zielsetzungen und weiteres. Im Unterschied zum Abschluss einer privaten Altersvorsorge handelt der Arbeitgeber bei der betrieblichen Altersversorgung als Treuhänder für einen Dritten, seinen Mitarbeiter, und muss dessen Interessen im Auge behalten. Insbesondere bei der Entgeltumwandlung muss er darauf achten, dass dem umgewandelten Entgelt auch eine wertgleiche Leistungszusage gegenübersteht. 374 13 Betriebliche Altersvorsorge <?page no="375"?> 13.3 Unverfallbarkeit Scheidet ein Arbeitnehmer vor Eintritt des Versorgungsfalls (Erreichen der Altersgrenze, Tod oder Invalidität) aus dem Unternehmen aus, bleibt ihm eine Anwartschaft erhalten, wenn die gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen erfüllt sind. Seit 2001 gelten folgende Fristen: Bei Entgeltumwandlung sind die gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen sofort erfüllt (§ 1b Abs. 5 BetrAVG), bei arbeitgeberfinanzierter betrieblicher Altersversorgung (vgl. §§ 1b BetrAVG), wenn der Arbeitnehmer bei Austritt das 30. Lebensjahr bzw. ab 01.01.2009 das 25. Lebensjahr vollendet hat und die Zusage mindestens 5 Jahre bestand. Für arbeitnehmer- und arbeitgeberfinanzierte Zusagen, die vor 2001 erteilt wurden, gilt (§ 30 f BetrAVG): Alter 35/ Zusagedauer 10 Jahre oder Alter 35/ Zusagedauer 3 Jahre/ Betriebszugehörigkeit 12 Jahre. Mit Ablauf des 31.12.2005 sind aber auch Zusagen, die vor 2001 erteilt wurden, gesetzlich unverfallbar, wenn sie fünf Jahre bestanden haben (siehe § 30 f BetrAVG) und der Arbeitnehmer das 30. Lebensjahr vollendet hat. 13.4 Finanzierungsformen Je nachdem, wer die Beiträge bezahlt, spricht man von Arbeitgeber- oder Arbeit‐ nehmer finanzierten Versorgungen. Mischformen sind üblich. Allerdings muss nicht jede betriebliche Altersversorgung ausfinanziert werden, insbesondere bei Direktzusagen und Unterstützungskassen kommt dies in der Praxis auch oft vor. Die heutzutage am häufigsten anzutreffende Finanzierung ist die Entgelt‐ umwandlung. Hierbei verzichtet der Arbeitnehmer auf einen Teil seines Ein‐ kommens zugunsten einer betrieblichen Altersversorgung. Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Entgeltumwandlung (§ 1a BetrAVG) bis zu 4 Prozent des Betrags der Beitragsbemessungsgrenze (West) in der gesetzlichen Rentenversi‐ cherung. Da die Entgeltumwandlung steuerliche Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bringt, ist diese Variante für mittlere und höhere Einkommen in der Regel sehr vorteilhaft. Allerdings wird dadurch die Höhe der späteren gesetzlichen Rente verringert. Erfolgt die betriebliche Altersversorgung über eine Unterstützungskasse, so können die Zuwendungen des Arbeitgebers an die Unterstützungskasse bis zu einer Grenze gewinnmildernd in die Bilanz eingehen (§ 4d EStG). Ein ähnliches Vorgehen kommt bei Direktzusagen zum Tragen. Alle mittelbaren Durchführungswege finanzieren sich aus den Beiträgen (vom Arbeitgeber oder Arbeitnehmer). Allerdings kann entweder das so 375 13.3 Unverfallbarkeit <?page no="376"?> genannte Kapitaldeckungsverfahren oder das Umlageverfahren verwendet werden. Bei kapitalgedeckten Plänen sind die Beiträge und deren Erträge eindeutig einem Leistungsanwärter zugeordnet, während bei dem Umlagever‐ fahren die Beiträge und Erträge zur Bedarfsdeckung aller Leistungsanwärter verwendet werden. In letzter Zeit erfolgt zunehmend eine Umstellung auf ka‐ pitalgedeckte Pläne, da bei umlagefinanzierten Plänen durch eine Veränderung des Verhältnisses von Leistungsempfängern zu Beitragszahlern die Belastung der Träger steigt. Die Niedrigzinsphase auf dem Kapitalmarkt hat auch deutliche Auswirkungen auf die von Anfang an garantierten Leistungen in der betriebli‐ chen Altersversorgung. Neuregelungen durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz • Sozialpartnermodell mit reiner Beitragszusage. (Das Sozialpartnermodell ist für Betriebe und Unternehmen konzipiert, die der Tarifbindung unter‐ liegen. Mittelständische Betriebe sind oft nicht tarifgebunden und fallen deshalb nicht unter dieses Modell. Allerdings können nicht tarifgebun‐ dene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der einschlägigen tariflichen Regelung vereinbaren) • Automatische Entgeltumwandlung mit Opting-Out-Möglichkeit • Weitergabe ersparter SV-Beiträge aus einer Entgeltumwandlung • Förderbetrag zur BAV für Geringverdiener • Anhebung des steuerlichen Grenzbetrag von 4 auf 8 Prozent • Wegfall der Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung bei betrieblichen Riester-Renten • Erhöhung der Grundzulage für die Riester-Rente auf 175 €. Neuregelung durch das GKV-Betriebsrenten-Freibetragsgesetz Seit vielen Jahren war die „Doppelverbeitragung“ für Viele das Unwort des Jahres, wenn man kritisch über die Abzüge von den Betriebsrenten sprach. Die bisherige Rechtslage sieht eine Beitragsfreigrenze für Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen von versicherungspflichtigen Mitgliedern der GKV in be‐ stimmten Konstellationen in Höhe von 1/ 20 der monatlichen Bezugsgröße (2020: 159,25 €) vor. Sobald diese Einnahmen die Freigrenze überschreiten, sind sie jedoch vollständig beitragspflichtig. Für Betriebsrenten (Versorgungsbezüge) tritt ab 01.01.2020 neben die Beitragsfreigrenze ein Freibetrag in gleicher Höhe: Wird die bestehende Freigrenze durch Betriebsrente und Arbeitseinkommen überschritten, so ist die Summe der monatlichen Betriebsrenten bis maximal zur Höhe des neuen Freibetrags beitragsfrei. Im Jahr 2021 sind es 164,50 € pro Monat. Eine weitere Dynamisierung ergibt sich über die künftige Erhöhung der Bezugsgröße. Für Arbeitseinkommen, andere Versorgungsbezüge und die 376 13 Betriebliche Altersvorsorge <?page no="377"?> für die soziale Pflegeversicherung zu zahlenden Beiträge bleibt die bisherige Rechtslage unverändert. Dies führt dazu, dass aus Arbeitskommen und sons‐ tigen Versorgungsbezügen auch dann Beiträge zu zahlen sind, wenn nach Abzug des Freibetrages für Betriebsrenten das verbleibende Arbeitseinkommen und die weiteren Versorgungsbezüge die Freigrenze unterschreiten. Wer freiwillig gesetzlich krankenversichert ist, hat keinen Anspruch auf den Freibetrag und muss für die volle Höhe seiner Betriebsrente Krankenkassenbeiträge entrichten. Ein Rechenbeispiel: Ein Rentner verfügt neben seiner gesetzlichen Rente über eine Betriebsrente in Höhe von monatlich 200 €. Von dieser hat er bisher 15,9 Prozent (14,6 Prozent allgemeiner Beitragssatz + ca. 1,3 Prozent kassenin‐ dividueller Zusatzbeitrag) an die Krankenkasse abgeführt: = 31,80 € monatlich (381,60 € im Jahr). Abzüglich des Freibetrags wird er seit Januar 2021 nur noch für 35,50 € (200,00 € - 164,50 €) zur Kasse gebeten werden und muss lediglich 5,64 € im Monat (67,68 € jährlich) an seine gesetzliche Krankenversicherung zahlen. Dieser Versicherte spart demnach bei den Abgaben an die Krankenkasse 26,16 € pro Monat bzw. 313,92 € pro Jahr. 13.5 Steuerliche Förderung Verschiedene Paragraphen des Einkommensteuergesetzes dienen dazu, die betriebliche Altersversorgung attraktiv für Arbeitnehmer- und Arbeitgeber zu machen. Politisches Ziel ist auch für die betriebliche Altersversorgung der Übergang zur nachgelagerten Besteuerung, d. h. Beiträge können steuerfrei eingezahlt werden, dafür müssen die Leistungen in voller Höhe versteuert werden. Hinweis: Die Rechtsberatung im Bereich der betrieblichen Altersversorgung ist allein dafür zugelassenen Rentenberatern und Rechtsanwälten vorbehalten. 377 13.5 Steuerliche Förderung <?page no="378"?> 13.6 Überblick über die Steuerfreibeträge und beitragsfreien Entgelte (Stand 2021) Durchführungs‐ wege bis 31.12.2004 erteilte Zusagen ab 01.01.2005 erteilte Zu‐ sagen Direktzusage Unterstützungs‐ kasse Arbeitgeberbeiträge: Kein Arbeitslohn nach § 19 EStG und sozialabgabefreies Arbeits‐ entgelt Arbeitnehmerbeiträge durch Entgeltumwandlung: Kein Arbeitslohn nach § 19 EStG und bis 4 Prozent BBG-RV sozialabgabefrei (2021 = 3.408 €) Direktversiche‐ rung Arbeitgeberbeiträge: • bis 1.752 € pauschal mit 20 Pro‐ zent zu versteuern • bis 1.752 € sozialabgabefrei Arbeitnehmerbeiträge durch Ent‐ geltumwandlung: Soweit nicht bereits durch Arbeitge‐ berbeiträge ausgeschöpft, bis 1.752 € pauschal mit 20 Prozent zu ver‐ steuern 1) und sozialabgabenfrei 2) Arbeitgeberbeiträge • steuerfrei bis 6.816 € 3) (8 Prozent der BBG-RV = 6.816 €)- • sozialabgabefrei bis 2.784 € Arbeitnehmerbeiträge durch Entgeltumwandlung: Soweit nicht bereits durch Arbeitgeberbeiträge ausge‐ schöpft • steuerfrei bis 6.816 € 3) (8 Prozent der BBG-RV = 6.816 € • sozialabgabefrei bis 2.784 € Pensionsfonds Arbeitgeberbeiträge: bis 4 Prozent BBG-RV (3.408 €) steuer- und sozialabgabenfrei Arbeitnehmerbeiträge durch Ent‐ geltumwandlung: Soweit nicht bereits durch Arbeitge‐ berbeiträge ausgeschöpft, bis 2.784 € steuerfrei 1) und sozial‐ abgabenfrei 3) Kapitalgedeckte Pensionskasse * Arbeitgeberbeiträge: bis 4 Prozent BBG-RV (3.408 €) steuer- und sozialabgabenfrei; darüber hinaus Möglichkeit der Pauschalversteuerung Arbeitnehmerbeiträge durch Ent‐ geltumwandlung: Soweit nicht bereits durch Arbeitge‐ berbeiträge ausgeschöpft Bis 4 Prozent BBG-RV (3.408 €) steuerfrei 1) und sozialabgabenfrei 3) Darüber hinaus Möglichkeit der Pauschalversteuerung 378 13 Betriebliche Altersvorsorge <?page no="379"?> * umlagefinanziert Bei umlagefinanzierten Pensionskassen verbleibt es bei der Pau‐ schalbesteuerung nach § 40b EstG 1) Wenn ein Arbeitnehmer Riester-Förderung beansprucht, sind die Arbeitnehmer‐ beiträge individuell zu versteuern 2) Beitragsfrei bei pauschal versteuerten Einmalzahlungen; beitragspflichtig bei Umwandlung von laufendem Entgelt oder bei Inanspruchnahme der Riester-För‐ derung 3) Die Möglichkeit der Pauschalversteuerung entfällt. Ausweitung der Auskunftspflichten der Rentenversicherungsträger über Möglichkeiten zum Aufbau einer staatlich geförderten zusätzlichen Altersvorsorge Nach den Bestimmungen des Betriebsrentengesetzes sollen die Träger der Rentenversicherung über Möglichkeiten zum Aufbau einer staatlich geförderten zusätzlichen Altersvorsorge produkt- und anbieterneutral Auskünfte erteilen. Einzelne Rentenversicherungsträger - wie zum Beispiel die DRV Baden-Würt‐ temberg - praktizieren dies auf freiwilliger Basis schon seit vielen Jahren. Die gemeinsam mit dem dortigen Sozialministerium ins Leben gerufene Beratungs‐ aktion „PROSA“ (Pro Sicherheit im Alter), die auf Wunsch auch in Unternehmen stattfindet, spricht dafür Bände. 379 13.6 Überblick über die Steuerfreibeträge und beitragsfreien Entgelte (Stand 2021) <?page no="381"?> 14 Die Grundrente Die neue Grundrente in der gesetzlichen Rentenversicherung hat eine lange und beschwerliche Entstehungsgeschichte hinter sich. Schon vor der 3. Großen Koalition der Regierungsparteien (CDU/ CSU und SPD) seit 2018 hatten an‐ dere Bundesregierungen zaghafte Versuche gestartet, die Bewertung unter‐ durchschnittlicher Arbeitsentgelte bei der Rentenberechnung zu verbessern. Diese Absichten kamen über das Entwurfsstadium nicht hinaus (vergleiche Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Alterssicherung aus dem Jahr 2012 von der damaligen Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen). Wenn der Gesetzesprozess bis kurz vor einer Bundestagswahl nicht abgeschlossen werden kann, verfallen diese Entwürfe und müssen nach den Wahlen in einer eventuell neuen Regierungskonstellation von Anfang an entwickelt werden. Auch beim Zustandekommen der 2. Großen Koalition (2013) war das Thema Grundrente/ verbesserte Grundsicherung auf der Tagesordnung, schaffte es aber dann letztlich nicht mehr in die Startposition des politischen Prozesses. Dies sollte nun bei der nächsten Regierungsbildung nachgeholt werden. Deshalb sah der Koalitionsvertrag vom14. März 2018 unter der Überschrift „Wir honorieren Lebensleistung und bekämpfen Altersarmut“ folgende Vereinbarung vor: „Einführung einer Grundrente 10 Prozent über der Grundsicherung für alle, die ein Leben lang gearbeitet haben, unter Einbeziehung von Kindererziehungs- und Pflegezeiten.“ Bundesarbeitsminister Hubertus Heil legte daraufhin einen ersten Gesetzentwurf für eine Grundrente in der gesetzlichen Rentenversicherung im Frühjahr 2019 vor, der bei Anhebung der unterdurchschnittlich bewerteten Versicherungszeiten auf das Doppelte, höchstens aber auf 80 Prozent des durchschnittlichen Arbeits‐ entgeltes weder eine Bedürftigkeitsprüfung noch eine Einkommensanrechnung vorsah. Voraussetzung für die Grundrente ist das Vorhandensein von mindestens 33 Jahren an Grundrentenzeiten. Die jetzt ab dem 01.Januar 2021 in Kraft getretene Grundrente für langjährige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung mit unterdurchschnittlichem Einkommen legt den anspruchsberechtigten Perso‐ nenkreis fest und gibt vor, welche Versicherungszeiten unter die höhere Bewertung fallen. Dies sind Grundrentenzeiten mit mindestens 30 Prozent durchschnittli‐ chem Arbeitsentgelt (monatlich 0,025 EP), die für die Grundrente verdoppelt, höchstens jedoch auf monatlich 0,0667 oder jährlich 0,8004 EP begrenzt werden. Die Ermittlung der Grundrentenbewertung endet erst nach Anwendung des <?page no="382"?> Äquivalenzprinzips, mit der man eine Schlechterstellung der besserverdienenden Versicherten vermeiden möchte. Aus diesem Grund ist der ermittelte Zuschlag um 12,5 Prozent (x 0,875) zu reduzieren. Der volle Zuschlag von monatlich 0,6667 oder jährlich 0,8004 EP wird erst bei 35 Jahren an Grundrentenzeiten erreicht. Von 33 bis 35 Jahren hat der Gesetzgeber eine Staffelung der Höchstbewertung vorgesehen, die bei 33 Jahren mit monatlich 0,0334 EP beginnt und bei 34 Jahren und 11 Monaten bei monatlich 0,0653 Entgeltpunkten endet. Ferner unterliegt der Zuschlag für die Grundrente einer komplizierten Ein‐ kommensanrechnung. Davon sollen aber die Anspruchsberechtigten wenig mitbekommen, da sowohl die programmmäßige Berechnung als auch Einkom‐ mensprüfung automatisiert und im Wesentlichen ohne Beteiligung der Betrof‐ fenen über die Bühne gehen. Was die Einkommensfrage betrifft, geschieht dies über den Datenaustausch zwischen den Trägern der Rentenversicherung und den Finanzbehörden in einem automatisierten Abrufverfahren. Die Feststellung eines Anspruchs auf eine Grundrente erfolgt von Amts wegen und bedarf keines speziellen Antrages. Im Hinblick auf den enormen Arbeitsaufwand, den die Überprüfung von rund 26 Millionen Bestandsrenten erfordert, hat der Gesetzgeber einen Anspruch auf Zuschlagsprüfung bis zum 31.12.2022 zurückgestellt. Die Rentenversiche‐ rungsträger sind vorrangig gehalten, die Ansprüche der älteren Berechtigten zu prüfen. Natürlich können auch damit nicht alle Wünsche und Erwartungen erfüllt werden. Wer mit dem Grundrenten-Bescheid nicht zufrieden ist, hat die Möglichkeit im Rahmen des Widerspruchsverfahren beim zuständigen Träger oder im Anschluss über die Sozialgerichtsbarkeit seine Rechte wahrzunehmen. Schwierig dürfte das jedoch in all den Fällen werden, in denen die Prüfung ergeben hat, dass kein Anspruch auf einen Grundrentenzuschlag vorhanden ist. Eine Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers, von Amts wegen Ab‐ lehnungsbescheide an Bestandsrentner zu erteilen, die die gesetzlichen Voraus‐ setzungen für den Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nicht erfüllen, ist nach Auffassung der Rentenversicherungsträger zu verneinen. Für diese Bestandsrentner bleibt die Rechtsänderung aufgrund des Grundren‐ tengesetzes ohne Auswirkung, sodass kein Rechtsgrund gegeben ist, der den Erlass eines Bescheides notwendig machen würde. Anders verhält es sich nur dann, wenn der Bestandsrentner, obwohl der Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung keines gesonderten Antrags bedarf, im Hinblick auf die Neuregelung des Grundrentengesetzes einen Antrag auf Überprüfung der Höhe seiner Rente gestellt hat oder in die Prüfung durch den Rentenversi‐ cherungsträger einbezogen war. In diesen beiden Fällen ist ein Bescheid mit 382 14 Die Grundrente <?page no="383"?> dem Grundtenor zu erlassen, dass die Rente überprüft wurde und es bei dem bisherigen Rentenbescheid verbleibt. Die Grundrente ist da! Wer erhält den Zuschlag? 1. Grundrente (Zuschlag) für langjährige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung, a. In Form eines Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährig Versicherte (Grundrentenzuschlag) b. aber mit Einkommensanrechnung 2. Freibeträge (SGB XII) - Voraussetzung: 33 Jahre an Grundrentenzeiten a. im Wohngeldrecht, b. in der Hilfe zum Lebensunterhalt und in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, c. in der Grundsicherung für Arbeitsuchende und d. bei den fürsorgerischen Leistungen der Sozialen Entschädigung. Kernregelungen des Grundrentengesetzes Abbildung 42: Kernregelungen des Grundrentengesetzes 14.1 33 Jahre Grundrentenzeiten - Voraussetzung für den Anspruch auf Zuschlagsberechnung Die Grundrente setzt voraus, dass Rentnerinnen und Rentner mindestens 33 Jahre (396 Monate) sogenannte Grundrentenzeiten zurückgelegt haben (§ 76 g Abs. 2 SGB VI). Zu den Grundrentenzeiten gehören: • Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, auch Zeiten eines versicherungspflichtigen Minijobs, • Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung oder nicht erwerbsmäßiger Pflege, • Berücksichtigungszeiten für Kindererziehung bis zum 10. Lebensjahr des Kindes, • Berücksichtigungszeiten bei nicht erwerbsmäßiger häuslicher Pflege in der Zeit vom 01.01.1992 bis 31.03.1995, • Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Leistungen bei Krankheit und Übergangsgeld und • Ersatzzeiten. 383 14.1 33 Jahre Grundrentenzeiten <?page no="384"?> Grundrentenzeiten sind auch entsprechende Pflichtbeitragszeiten in Ländern, mit denen die Bundesrepublik Deutschland ein überstaatliches- oder zwi‐ schenstaatliches Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat. Achtung: Abkommenszeiten in den USA und in der Türkei können wegen Ausschlusstat‐ beständen in den jeweiligen Abkommen nicht berücksichtigt werden. Als Beitragszeiten gelten auch Zeiten, für die Entgeltpunkte gutgeschrieben worden sind, weil gleichzeitig Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder Zeiten der Pflege eines pflegebedürftigen Kindes für mehrere Kinder vorliegen. Keine Grundrentenzeiten sind: • Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit, • Zeiten eines versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht be‐ freiten Minijobs, • Freiwillige Beiträge, • Zeiten aus Versorgungsausgleich und Rentensplitting, • Anrechnungszeitenwegen Schwangerschaft oder Mutterschutz, • Anrechnungszeiten wegen weiterem Schulbesuch nach dem 17. Lebens‐ jahr, • Anrechnungszeiten wegen Rentenbezug, • Zurechnungszeit. Nach den Verfahrensgrundsätzen wird dem Rentenbescheid künftig stets eine Aufstellung über die Grundrentenzeiten und die Anzahl der entsprechenden Monate beigefügt sein. Die Aufstellung über die Grundrentenzeiten gilt gleich‐ zeitig als Nachweis zur Vorlage bei Sozialleistungsträgern im Rahmen der Prüfung der mit dem Grundrentengesetz geschaffenen Freibetragsregelungen bei der Grundsicherung (siehe Kapitel 15). Andernfalls müssten für den berech‐ tigten Personenkreis gesonderte Bescheinigungen ausgestellt werden. Diese Verwaltungsvereinfachung ist sinnvoll. 14.2 Feststellung der Grundrenten-Bewertungszeiten Grundrenten-Bewertungszeiten sind Grundrentenzeiten, wenn auf diese Zeiten Entgeltpunkte entfallen, die für den Kalendermonat mindestens 0,025 Ent‐ geltpunkte (EP) betragen. Damit fallen die Entgeltpunkte für Minijobs unmit‐ telbar aus der Bewertung, da sie deutlich geringer als 0,025 EP sind. Wer z. B. 2021 einen versicherungspflichtigen Minijob ganzjährig mit einem Entgelt von 384 14 Die Grundrente <?page no="385"?> 5.400 € ausübt, erhält hierfür jährlich 0,13 EP; dies sind pro Kalendermonat 0,0108 EP. Kalendermonatliche Entgeltpunkte aus • Pflichtbeitragszeiten inkl. Entgeltpunkte aus der Hochrechnung (Bemes‐ sungsgrundlage: Durchschnittsentgelt - §§ 70 Abs. 1 und 4, 256a, 256b SGB VI), • EP für Kindererziehungszeiten (§ 70 Abs. 2 SGB VI), • Entgeltpunkte für Arbeitsentgelt aus aufgelösten Wertguthaben (§ 70 Abs. 3 SGB VI), • Zusätzlich ermittelte Entgeltpunkte für Zeiten der Kindererziehung oder der Kinderpflege (§ 70 Abs. 3a SGB VI), • Zuschläge an Entgeltpunkten für beitragsgeminderte Zeiten (§ 71 Abs. 2 SGB VI), • Entgeltpunkte für beitragsfreie Zeiten (§ 71 Abs. 1 SGB VI), • Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt (§ 262 SGB VI), • Zuschläge an Entgeltpunkten für Zeiten einer besonderen Auslandsver‐ wendung (§ 76e SGB VI) und • Zuschläge an Entgeltpunkten für nachversicherte Soldaten auf Zeit (§ 76 f SGB VI) sind als Grundrentenzeiten auch Grundrenten-Bewertungszeiten! Weitere Zuschläge an Entgeltpunkten, wie z. B. Zuschläge aus Versorgungs‐ ausgleich oder Rentensplitting, Zuschläge an Entgeltpunkten nach § 76 a SGB VI (Zuschläge aus Zahlung von Beiträgen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters) usw. sind KEINE Grundrenten-Bewertungszeiten. Reine Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für ein Kind werden zwar nach § 71 SGB VI bei der Ermittlung des Gesamtleistungswerts berück‐ sichtigt und beeinflussen dadurch indirekt die Höhe der Entgeltunkte für beitragsfreie Zeiten und Zuschläge für beitragsgeminderte Zeiten, erhalten aber selbst keine Entgeltpunkte zugeordnet und sind somit ebenfalls keine Bewertungszeiten. Der Korridor für eine Grundrenten-Bewertungszeit ist ab monatlich 0,025 EP nach oben offen und erstreckt sich auf alle weiteren Entgeltpunkte, die größer sind als 0,025 EP bzw. 0,3 EP jährlich. So werden z. B. auch Kindererziehungs‐ zeiten mit 0,0833 EP pro Kalendermonat oder die Entgeltpunkte von Pflichtbei‐ trägen bis zum Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt. 385 14.2 Feststellung der Grundrenten-Bewertungszeiten <?page no="386"?> 14.3 Ermittlung des Grundrentenzuschlages Mit folgenden Schritten wird der Grundrentenzuschlage ermittelt: 1. Schritt: Ermittlung der Grundrentenzeiten 2. Schritt: Ermittlung der Grundrentenbewertungszeiten 3. Schritt: Ermittlung des Durchschnittswertes an EP 4. Schritt: Verdopplung des Durchschnittswertes 5. Schritt: ggf. Begrenzung auf den Höchstwert (0,0667 EP) 6. Schritt: Vervielfältigung mit 0,875 und den Kalendermonaten mit den Grundrenten-Bewertungszeiten, höchstens aber 420 Kalendermonate. Wer mit seinen Grundrentenzeiten zwischen 33 Jahren und 34 Jahren 11 Mo‐ naten liegt, erhält einen gestaffelten Höchstwert zwischen monatlich 0,0334 EP bis zu 0,0653 EP. Sobald 35 Jahre an Grundrentenzeiten erreicht sind, beläuft sich der Höchstwert auf 0,0667 EP. Die folgende Übersicht zeigt die jeweiligen Stufenschritte in monatlichen und jährlichen Werten. Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung Höchstwert nach Anzahl der Monate mit Grundrentenzeiten Anzahl Monate 33 Jahre plus x Höchstwert Anzahl Monate 34 Jahre plus x Höchstwert Zusätzlich Gesamt Monatlich Jährlich Zusätzlich Gesamt Monatlich Jährlich 0 396 0,0334 0,4008 0 408 0,0501 0,6012 1 397 0,0348 0,4176 1 409 0,0515 0,6180 2 398 0,0362 0,4344 2 410 0,0528 0,6336 3 399 0,0376 0,4512 3 411 0,0542 0,6504 4 400 0,0390 0,4680 4 412 0,0556 0,6672 5 401 0,0403 0,4836 5 413 0,0570 0,6840 6 402 0,0417 0,5004 6 414 0,0584 0,7008 7 403 0,0431 0,5172 7 415 0,0598 0,7176 8 404 0,0445 0,5340 8 416 0,0612 0,7344 9 405 0,0459 0,5508 9 417 0,0626 0,7512 10 406 0,0473 0,5676 10 418 0,0640 0,7680 11 407 0,0487 0,5844 11 419 0,0653 0,7836 Abbildung 43: Zuschlag an Entgeldpunkten für langjährige Versicherung Ausgangswerte für die Errechnung des Zuschlags sind die Summe der Entgelt‐ punkte für Grundrenten-Bewertungszeiten geteilt durch die Monate mit Grund‐ renten-Bewertungszeiten = Durchschnittlicher monatlicher Entgeltpunktwert. Die nachstehenden Beispiele zeigen verschiedene Fallkonstellationen auf. Bei 386 14 Die Grundrente <?page no="387"?> der Ermittlung der Entgeltpunkte sind die allgemeinen Berechnungsgrundsätze nach den §§ 121, 123 SGB VI anzuwenden. Beispiel Nr. 1: Entgeltpunkte 15,75 geteilt durch 450 Monate = 0,035 durch‐ schnittliche Entgeltpunkte; multipliziert mit zwei = 0,070 EP. Dieser Wert ist auf 0,0667 EP zu begrenzen. 0,0667 minus 0,035 = 0,0317 EP multipliziert mit 0,875 = 0,0277 EP monatlicher Grundrentenwert. Der Grundrentenwert ist nun mit 450 Monaten - höchstens aber 420 Mo‐ naten - zu vervielfältigen. 0,0277 EP x 420 Monate = 11,6340 EP (Zuschlag). Dies entspricht 2021 einem monatlichen Grundrentenzuschlag i. H. v. 397,77 €. Beispiel Nr. 2: Die Versicherte VV hat 32 Jahre Pflichtbeiträge mit insgesamt 12,5 Entgeltpunkten zurückgelegt. Außerdem befinden sich in ihrem Renten‐ konto 6 Jahre an Kindererziehungszeiten mit 6 EP. Als Grundrentenzeiten, die zugleich auch Bewertungszeiten sind, werden 38 Jahre mit 18,5 EP be‐ rücksichtigt. 18,5 EP geteilt durch 456 Monate ergibt 0,0406 durchschnittliche EP, multipliziert mit zwei = 0,0812 EP. Dieser Wert ist auf 0,0667 EP zu begrenzen. 0,0667 minus 0,0406 = 0,0261 EP multipliziert mit 0,875 = 0,0228 EP monatlicher Grundrentenwert. Der Grundrentenwert ist nun mit 456 Monaten - höchstens aber 420 Mo‐ naten - zu vervielfältigen. 0,0228 x 420 Monate = 9,5760 EP (Zuschlag). Dies entspricht 2021 einem monatlichen Grundrentenzuschlag i. H. v. 327,40 €. Beispiel Nr. 3: Die Versicherte AB hat 40 Jahre Grundrentenzeiten mit 22 EP zurückgelegt. Davon sind 10 Jahre mit Entgeltpunkten mit Entgeltpunkten in Höhe von unter 0,3 EP jährlich belegt (Minijob und Teilzeit). Für diesen Zeitraum sind 2,5 EP abzuziehen, sodass in die Grundrenten-Bewertung 30 Jahre (360 Monate) und 19,5 EP eingehen. 19,5 EP geteilt durch 360 Monate ergibt 0,0542 durchschnittliche EP, multipliziert mit zwei = 0,1084 EP. Dieser Wert ist auf 0,0667 EP zu begrenzen. 0,0667 minus 0,0542 = 0,0125 EP multipliziert mit 0,875 = 0,0109 EP monatlicher Grundrentenwert. Der Grundrentenwert ist nun mit 360 Monaten zu vervielfältigen. 0,0109 x 360 Monate = 3,9240 EP. Dies entspricht 2021 einem monatlichen Grundrentenzuschlag i. H. v.134,16 €. Beispiel Nr. 4: Der Versicherte YZ hat 33 Jahre und 6 Monate Grundrenten‐ zeiten mit 16,0800 EP nachgewiesen. 16,08 EP geteilt durch 402 Monate = 0,4 EP. 0,4 EP multipliziert mit zwei = 0,8 EP. Der Höchstwert beträgt bei 387 14.3 Ermittlung des Grundrentenzuschlages <?page no="388"?> 33 Jahren und 6 Monaten 0,0417 EP. 0,0417 minus 0,4 = 0,0017 EP multipliziert mit 0,785 = 0,0015 monatlicher Grundwert. Der Grundwert ist jetzt mit 402 Monaten zu vervielfältigen. 0,0015 x 402 = 0,603 EP. Dies entspricht 2021 einem monatlichen Grundrentenzuschlag i. H. v. 20,62 €. Ob die zu den Beispielen 1 - 4 festgestellten Grundrentenzuschläge über‐ haupt zur Auszahlung kommen, entscheidet sich bei der anschließenden Einkommensanrechnung nach § 78a SGB VI. 14.3.1 Rentenberechnung - Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte für den Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung Vor Anwendung der Rentenformel sind Entgeltpunkte in persönliche Entgelt‐ punkte umzurechnen. Dies gilt gleichermaßen für den EP-Zuschlag aus lang‐ jähriger Versicherung. Aus diesem Grund ist § 66 Abs. 1 SGB VI um Ziffer 11 „Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung“ ergänzt worden. Bezüglich der Begriffsdefinition „Persönliche Entgeltpunkte“ darf auf das Ka‐ pitel Rentenberechnung in diesem Buch verwiesen werden. Die separate Be‐ stimmung der persönlichen Entgeltpunkte aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung ist zum einen erforderlich, um die Einkommens‐ anrechnung auf den daraus resultierenden Rentenanteil vornehmen zu können (§ 97a SGB VI). Zum anderen ist so sichergestellt, dass dieser Rentenanteil bei sonstigen Regelungen zum Zusammentreffen von Renten mit Einkommen oder Hinzuverdienst unberücksichtigt bleiben kann. Wenn die Versicherten- oder Hinterbliebenenrenten im Jahr 2021 oder zu einem späteren Zeitpunkt beginnen, entspricht der Zugangsfaktor für den Zuschlag für langjährige Versicherung dem Zugangsfaktor für die übrigen per‐ sönlichen Entgeltpunkte (§ 77 SGB VI). Falls es sich aber um einen Rentenbeginn in den Jahren 1992 bis 2020 handelt und diese Rente ab 01.01.2021 um einen Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung erhöht wird, ist für den Zuschlag der dann maßgebende Zugangsfaktor anzusetzen. Geschieht dies zu einem Zeitpunkt, zu dem der Zugangsfaktor mindestens 1,0 wäre, ist der Zugangsfaktor für diesen Zuschlag auf diesen Wert zu begrenzen (§ 307e Abs. 3 SGB VI). Damit ist eine Erhöhung des Zugangsfaktors um 0,005 für jeden Monat nach Erreichen der Regelaltersgrenze ausgeschlossen. Auf das folgende Beispiel wird verwiesen. 388 14 Die Grundrente <?page no="389"?> Beispiel zur Ermittlung des Grundrenten-Zuschlags • Versicherte Erika D. - Geburtsjahr 1953 - bezieht seit 01.06.2016 Altersrente für langjährig Versicherte (Rentenzugangsfaktor 0,91). Die bisherige Monatsrente beträgt zum 01.01.2021: 597,00 € (brutto) = 17,4612 Persönliche Entgeltpunkte (PEP) • Im Rentenkonto sind nachgewiesen: 40 Jahre an Pflichtbeiträgen mit jährlich 0,4 Entgeltpunkten = 16 Entgeltpunkte (EP). Durch die Grundrente werden diese EP bei maximal 35 Jahren auf das Doppelte angehoben und letztlich auf 0,8 EP pro Jahr begrenzt. • Grundrentenzuschlag: 0,4 EP x 0,875 = 0,35 EP x 35 Jahre = 12,25 EP! • Summe der erweiterten EP = 17.4612 PEP + 12,25 PEP = 29,7112 EP • Der Zuschlag erhält den Zugangsfaktor 1,0, da Frau D. am 01.01.21 ihre Regelaltersgrenze bereits erreicht hat. • Die Altersrente mit Grundrenten-Zuschlag beträgt ab 01.01.2021: 1.015,83 €  • Die Altersrente zum 01.01.2021 errechnet sich aus 17,4612 PEP (RZF 0,91) und 12,25 PEP (Grundrentenzuschlag, RZF 1,0) = 29,7112 PEP. • Die Altersrente mit Grundrentenzuschlag beträgt monatlich 1.015,83 € brutto. Damit beläuft sich der rechnerische Zuschlag auf 418,83 €. RZF = Rentenzugangsfaktor nach § 77 SGB VI PEP = Persönliche Entgeltpunkte nach § 66 SGB VI Abbildung 44: Beispiel zur Ermittlung des Grundrentenzuschlags 14.4 Einkommensprüfung des Zuschlags für die Grundrente Der festgestellte Rentenzuschlag unterliegt einer Einkommensanrechnung nach § 97a SGB VI. Danach werden folgende Einkommen des jeweils vorvergangenen Jahres (z. B. 2021 das Einkommen von 2019) zugrunde gelegt: • Zu versteuerndes Einkommen • steuerfreier Teil von Renten und Versorgungsbezügen • Zu versteuernde Einkünfte aus Kapitalvermögen (= Kapitalerträge) • Vergleichbare ausländische Einkünfte Beim zu versteuernden Einkommen (§ 2 EStG) handelt es sich um einen Ein‐ kommensbegriff, der die steuerpflichtigen Einkünfte sowie die steuerrechtlich möglichen Abzüge (z. B. Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Frei‐ beträge für Kinder) umfasst. Gemeinsame Veranlagung von Ehepaaren oder 389 14.4 Einkommensprüfung des Zuschlags für die Grundrente <?page no="390"?> Gütertrennung macht hier keinen Unterschied, da auf jeden Fall beide zu versteuernden Einkommen angerechnet werden. Steuerfreie Einnahmen nach § 3 EStG, wie z. B. Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit und aus pauschal besteuerter geringfügiger Beschäftigung, bleiben im Rahmen der Einkommens‐ prüfung unberücksichtigt. Entscheidend sind die bei den Finanzbehörden bis zum 30.09. des vorvergan‐ genen Kalenderjahres vorliegenden Festsetzungsdaten. Bei Personen, die verheiratet sind bzw. sich in einer eingetragenen Lebens‐ partnerschaft befinden, wird auch das Partnereinkommen angerechnet. Kapi‐ talerträge werden oberhalb des Sparerpauschbetrages berücksichtigt. Einkünfte aus Kapitalvermögen, die regelmäßig nicht im zu versteuernden Einkommen enthalten sind, müssen seitens der Rentenversicherung bei den Berechtigten und ihren Ehebzw. Lebenspartnern separat angefordert werden. Falls das steuerliche Einkommen des vorvergangenen Jahres noch nicht bekannt ist, wird auf das davorliegende Jahr zurückgegriffen (z. B. 2021 auf das versteu‐ erte Einkommen aus 2018). Falls das Finanzamt nicht in der Lage ist, der Rentenversicherung auch diese Festsetzungsdaten zu übermitteln, sind bei den Berechtigten Unterlagen über deren Einkünfte (einschließlich des Partners) einzuholen. Renten und Versorgungsleistungen können unter Zuhilfenahme von Rentenbezugsmitteilungen festgestellt werden. Gesetzliche Renten, Versorgungsbezüge sowie Leistungen aus Alters‐ vorsorgeverträgen (z. B. betriebliche Altersversorgungen, Riester-Renten, Rürup-Renten, Direktversicherungen, Pensionsfonds und Pensionskassen) sind in entsprechender Anwendung von § 18b Abs. 5 SGB IV pauschal in Nettobe‐ träge umzurechnen. Vermögenswerte, wie z. B. ein eigenes Haus, eine Eigentumswohnung oder eine Kapitallebensversicherung, spielen bei der Einkommensprüfung keine Rolle. Bei Auszahlungen von entsprechenden Kapitallebensversicherungen usw. im Zusammenhang mit einem Grundrentenzuschlag ist jedoch § 97a Abs.2 Nr. 3 und § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 EstG zu beachten. Zu den zu berücksichtigenden Einkünften nach § 20 EStG zählen darüber hinaus Auszahlungen aus Kapitallebensversicherungen und Rentenversiche‐ rungen mit Kapitalwahlrecht, die in Höhe des steuerrechtlich relevanten Ertrags bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens nach § 2 Abs. 5 EStG berücksichtigt wurden und nicht bereits abgeltend besteuert worden sind. Als steuerpflichtiger Ertrag im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 EStG gilt der Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung und der Summe der auf sie entrichteten Versicherungsbeiträge im Erlebensfall oder bei Rückkauf 390 14 Die Grundrente <?page no="391"?> des Vertrags bei Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht, wenn der Vertrag nach dem 31.12.2004 abgeschlossen worden ist. In diesen Fällen ist der steuerrechtlich relevante Ertrag auf zehn Jahre umzulegen und der zu ermittelnde jährliche Einkommensbetrag längstens für zehn Jahre bei der Einkommensprüfung zu Grunde zu legen. Der 10-Jahres-Zeit‐ raum beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem erstmals Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 bis 3 EStG auf den Grundrentenzuschlag anzurechnen sind. Kapitalbeträge werden allerdings dann nicht mehr berücksichtigt, wenn die Auszahlung bereits vor dem vorvergangenen bzw. vorvorvergangenen Jahr erfolgte. Beispiel: Der Grundrentenzuschlag wird ab 01.01.2021 gezahlt. Auszahlung von Kapitalerträgen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 bis 3 EStG an die rentenberechtigte Person im Kalenderjahr 2016. Es erfolgt keine Anrechnung, da die Auszahlung weder im vorvergangenen Kalenderjahr (2019) noch im vorvorvergangenen Kalenderjahr (2018) erfolgte. Verletztenrenten der gesetzlichen Unfallversicherung sind nach § 3 EStG (Einkommensteuergesetz) steuerfrei. Daher zählen diese Renten wie die anderen Einkommen, die nach dieser Vorschrift steuerfrei sind, nicht zu den zu berück‐ sichtigenden Einkommen. Das anzurechnende Einkommen wird jährlich zum 01. Januar überprüft. Grundlage dafür sind die Festsetzungsdaten, die dem Rentenversicherungs‐ träger von den Finanzbehörden nach dem Stand zum 30.09. des jeweiligen vorvergangenen Jahres spätestens bis zum 31.10. des laufenden Jahres gemeldet werden. Zum 01.07. eines Jahres findet keine Einkommensüberprüfung statt. Hier wird zwar der Grundrentenzuschlag neu berechnet, dies aber nur insofern als sich die Rentenanpassung auch auf die dem Grundrentenzuschlag zugrunde liegenden persönlichen Entgeltpunkte auswirkt. Die Freibeträge werden jedoch erst zum nächsten 01.01. des Folgejahres geändert (§ 97a Abs. 4 Satz 5 SGB VI). Der Berechtigte ist auch bei der jährlichen Überprüfung der Einkommens‐ anrechnung aufzufordern, innerhalb von drei Monaten nach Bekanntgabe des Bescheides Einkünfte aus Kapitalvermögen für sich und gegebenenfalls seinen Ehegatten mitzuteilen und nachzuweisen. 14.4.1 Freibeträge bei der Einkommensanrechnung Bei der Einkommensanrechnung auf den Grundrentenzuschlag sind Freibeträge zu beachten, die sich in einen unteren und oberen Freibetrag unterscheiden. Beide errechnen sich aus Vervielfältigungswerten des aktuellen Rentenwertes. 391 14.4 Einkommensprüfung des Zuschlags für die Grundrente <?page no="392"?> Wer also mit seinem anrechenbaren Einkommen als Alleinstehende/ r derzeit monatlich 1.250 € und bei bestehender Ehe oder eingetragener Lebenspartner‐ schaft monatlich 1.950 € überschreitet, dem wird der überschießende Betrag zu 60 Prozent an der Grundrente angerechnet. Eine 100-prozentige Anrechnung des übersteigenden Einkommensbetrages gibt es bei Alleinstehenden bei Ein‐ kommensüberschreitungen ab monatlich 1.600 € sowie bei Verheirateten bzw. Lebenspartnern bei monatlich 2.300 €. Die erhöhten Freibeträge sowie auch die beiderseitigen Einnahmen sind bei Grundrentenzuschlägen beider Partner zu berücksichtigen. Nachdem für 2021 eine Rentenanpassung in den alten Bundesländern bereits abgesagt wurde, haben diese Freibeträge zunächst bis 30.06.2022 Bestand. Die Erhöhung des aktuellen Rentenwertes-Ost in den neuen Bundesländern im Umfang von 0,72 Prozent zum 01.07.2021 ist auf die stufen‐ weise Anpassung an den aktuellen Rentenwert-West zurückzuführen. In der folgenden Übersicht sind die maßgebenden Werte nochmals zusammengefasst: Monatliche Einkommensfreibeträge für 2021 und bis 30.06.2022 • für Alleinstehende: 36,56-fache des aktuellen Rentenwerts (aRW) = 1.250 € (15.000 €/ Jahr) und • für Eheleute: 57,03-fache des aRW = 1.950 € (23.400 €/ Jahr). Höhere Einkommen: • Anrechnung zu 60 Prozent auf den Grundrentenzuschlag bis zu einem Betrag von - für Alleinstehende: 46,78-fache des aRW = 1.600 € (19.200 €/ Jahr) und - für Eheleute: 67,27-fache des aRW = 2.300 € (27.600 €/ Jahr). • Übersteigt das anrechenbare Einkommen bei Alleinstehenden monatlich 1.600 € bzw. bei Ehepaaren monatlich 2.300 €, wird das über diesen Beträgen liegende Einkommen zu 100 Prozent angerechnet. 14.4.2 Beispiele zur Einkommensanrechnung Bei Frau Erika D. ist der Grundrenten-Zuschlag ermittelt worden. Nun wird die Einkommensanrechnung unter Berücksichtigung des Nettoeinkommens der Eheleute aus dem Jahr 2019 vorgenommen. 392 14 Die Grundrente <?page no="393"?> Einkommensanrechnung nach § 97a SGB VI • Maßgebend ab 2021 ist das steuerrechtliche Einkommen des vorvergangenen Kalenderjahres = 2019. • Jährliche Nettorente von Frau D. im Jahr 2019 = 11.457,60 € • Jährliche Nettorente des Ehemannes im Jahr 2019 = 17.512,00 € • relevante Gesamteinkünfte 28.969,60 € = monatlicher Betrag = 2.414,13 € • Zwischen dem Freibetrag von 1.950 € und der oberen Einkommensgrenze von 2.300 € liegen 350 € x 60 % Anrechnungsbetrag = 210 €. Der Zuschlag i. H. v. 418,83 € wird zunächst um monatlich 210 € gekürzt. Damit beträgt die auszahlbare Grundrente mtl. 208,83 €! • Nachdem das versteuerte Einkommen der Eheleute 2019 mit monatlich 2.414,13 € den Grenzbetrag für höhere Einkommen von 2.300 € um 114,13 € überschritten hat, wird der überschreitende Betrag zu 100 % gekürzt. • Dadurch vermindert sich der Zuschlag auf monatlich 94,70 €. Die Altersrente mit Grundrentenzuschlag beträgt somit ab 01.01.2021 monatlich 691,70 €. • Bei der nächsten Einkommensüberprüfung 01.01.2022 sind die Werte des Jahres 2020 zugrunde zu legen. Abbildung 45: Beispiel zur Einkommensanrechnung auf die Grundrente Alle Renten, für die grundsätzlich ein Anspruch auf einen Zuschlag für langjäh‐ rige Versicherung besteht, müssen zum 01.01. eines jeden Kalenderjahres neu berechnet werden, um zu prüfen, ob und wie sich das von den Finanzbehörden übermittelte Einkommen auf die Höhe des Zuschlags auswirkt. Das Ergebnis ist der rentenberechtigten Person mit Bescheid des Rentenversicherungsträgers mitzuteilen. Berechtigten, denen sowohl in der Versichertenrente als auch in der Hinterbliebenenente Grundrentenzuschläge bewilligt werden, erhalten die festgesetzten Einkommen bei beiden Rentenzuschlägen in vollem Umfang an‐ gerechnet. Bei Witwen-/ Witwerrenten ist eine Einkommensanrechnung beim Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung auch im sogenannten „Sterbevierteljahr“ vorzunehmen, da der Gesetzgeber eine spezielle Ausnahme‐ regelung nicht vorgesehen hat. 393 14.4 Einkommensprüfung des Zuschlags für die Grundrente <?page no="394"?> 14.5 Wie wirkt sich der Zuschlag für langjährige Versicherung bei speziellen Sachverhalten aus? Rente und Hinzuverdienst und Witwen-/ Witwerrente mit Einkom‐ mensanrechnung: Ist in einer Rente ein Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung enthalten, ist der hierauf beruhende Rentenanteil bei der Anwendung anderer Regelungen über Berücksichtigung von Hinzuver‐ dienst (§§ 34, 96a SGB VI) sowie zur Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes (§ 97 SGB VI) nicht zu berücksichtigen (vergl. § 97a Abs. 7 SGB VI). Dies bedeutet, dass der Rentenzuschlag für langjährige Versicherung, von der Hin‐ zuverdienstanrechnung zur Teilrente bei einer Erwerbsminderungsrente oder einer vorzeitigen Altersrente und bei der Einkommensanrechnung bei Rente wegen Todes nicht betroffen ist. Falls jedoch die vorzeitige Altersrente durch die Hinzuverdienstanrechnung eine 0 €-Zahlung ergibt, fällt der Rentenanspruch weg. Dadurch geht auch der Rentenzuschlag für langjährige Versicherung so lange unter, wie die Rente nicht geleistet wird. Witwen-/ Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten: Bei der Ermitt‐ lung einer Hinterbliebenenrente nach dem vorletzten Ehegatten nach § 90 SGB VI ist die gesamte Witwen-/ Witwerrente einschließlich des Rentenanteils, der auf einem Zuschlag aus langjähriger Versicherung beruht, zu berücksich‐ tigen. Mehrere Berechtigte für eine Witwenbzw. Witwerrente: Besteht für denselben Zeitraum aus den Rentenanwartschaften eines Versicherten Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente für mehrere Berechtigte (§ 91 SGB VI), ist die Rente nach dem Verhältnis der Ehedauer aufzuteilen. Diese Regelung gilt auch für den Zuschlag aus langjähriger Versicherung. Rente und Leistungen aus der Unfallversicherung: Bei der Anrech‐ nungsvorschrift des § 93 SGB VI, der das Zusammentreffen von Rente aus der Rentenversicherung mit Leistungen aus der Unfallversicherung regelt, ist bei der Ermittlung der zusammentreffenden Rentenbeträge der Zuschlag für langjährige Versicherung in vollem Umfang zu berücksichtigen. Zuschlag bei Vollwaisenrenten: Der Monatsbetrag einer Vollwaisenrente ermittelt sich aus den persönlichen Entgeltpunkten der zwei Versicherten mit den höchsten Renten und dem Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 78 SGB VI. Sind für jede dieser beiden Versichertenrenten persönliche Entgelt‐ punkte aus einem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung zu berücksichtigen, ist dieser Zuschlag für den Vergleich mit heranzuziehen. Persönliche Entgeltpunkte bei Folgerenten (Besitzschutzregelung - § 88 SGB VI): Auch in den Fällen des Besitzschutzes, in denen einer späteren 394 14 Die Grundrente <?page no="395"?> Rente mindestens die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte zugrunde zu legen sind, müssen die besitzgeschützten persönlichen Entgeltpunkte aus einem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung separat bestimmbar sein können. 14.6 Zuschlag an Entgeltpunkten bei langjähriger Versicherung bei einem Rentenbeginn von 1992 bis 2020 Ab dem 01.01.2021 wird für Bestandrenten mit einem Rentenbeginn in den Jahren von 1992 bis 2020 von Amtswegen ein Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung ermittelt, wenn • am 31.12.2020 ein Anspruch auf eine Rente mit einem Rentenbeginn nach dem 31.12.1991 besteht, • mindestens 33 Jahre mit Grundrentenzeiten nach § 76 g Abs. 2 SGB VI vor‐ handen sind, • sich aus den Kalendermonaten mit Grundrenten-Bewertungszeiten nach § 76 g Abs. 3 SGB VI ein Durchschnittswert an Entgeltpunkten ergibt, der unter dem nach § 76g Abs. 4 SGB VI maßgebenden Höchstwert liegt und • die Rente geleistet wird. Dies entspricht dem unter den Kapiteln 14.1. bis 14.3. dargelegten Verfahren. Als Entgeltpunkte für die Grundrenten-Bewertungszeiten werden hier auch Zuschläge an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung nach § 307d SGB VI berücksichtigt. Der Zuschlag für langjährige Versicherung wird mit dem Zugangsfaktor ermittelt, der zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Leistung - im Normalfall: 01.01.2021 - maßgebend ist; höchstens aber mit einem Zugangsfaktor von 1,0. Bei Vollwaisenrenten, auf die am 31.12.2020 Anspruch bestand, ist ein Zu‐ schlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach § 307e SGB VI ausnahmsweise nur zu dem Versicherungsstamm zu prüfen, aus dem die Rente gezahlt wird. Einen Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährig Versicherte gibt es ebenfalls bei einem Rentenbeginn vor dem 01. Januar 1992. Dort bereitet es Probleme, die notwendige Voraussetzung von 33 Jahren zu ermitteln. Deshalb ist es einzige Voraussetzung, dass in dieser Rente Pflichtbeitragszeiten nach dem 31.12.1972 enthalten sind, für die ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach Artikel 82 des Rentenreformgesetzes 1992 (Mindestentgeltpunkte) ermittelt 395 14.6 Zuschlag an Entgeltpunkten bei langjähriger Versicherung <?page no="396"?> wurde und sich aus den Pflichtbeitragszeiten (einschließlich Zuschlag nach Art. 82 aaO) ein Durchschnittswert ergibt, der unter 0,0625 Entgeltpunkten liegt. Auf eine weitere Erläuterung der komplizierten Berechnungsvorgänge wird hier verzichtet. Der überwiegende Teil der Bestandsrenten dürfte sehr wahrscheinlich auf einen Rentenbeginn von 1992 - 2020 fallen. Die Träger der Rentenversicherung sollen vorrangig die Ansprüche älterer Berechtigter prüfen, um sicherzustellen, dass gerade Lebensältere möglichst zeitnah von dem Grundrentenzuschlag profitieren können. 14.7 Allgemeines Natürlich beschäftigen die Rentner viele Fragen zur Grundrente, auf die sie eine kurze, aber auch präzise Antwort erwarten. Nach dem Zufallsprinzip werden hier einige Fragen und Antworten präsentiert: • Ich wohne seit 2015 in Spanien. Erhalte ich einen Zuschlag für langjährige Versicherung auch ins Ausland überwiesen? - JA! Der Grundrentenzu‐ schlag wird auch ins Ausland überwiesen! Achtung, bei der Grundrente werden auch ausländische Einkommen angerechnet! • Ich war viele Jahre in Teilzeit beschäftigt. Daneben habe ich einige Jahre einen versicherungspflichtigen Minijob ausgeübt. Wird das berücksich‐ tigt? - Hat ein Versicherter Pflichtbeitragszeiten in Teilzeit nachgewiesen und war daneben noch in einem Minijob versicherungspflichtig beschäftigt, so handelt es sich für diesen Zeitraum um eine Mehrfachbeschäftigung. Die Entgeltpunkte aus beiden Beschäftigungen werden addiert und gehen in die Grundrenten-Bewertung ein. War der Minijob versicherungsfrei, wird nur die Teilzeitbeschäftigung angerechnet. Versicherungsfreie Minijobs fallen weder unter die 33 Jahre für eine langjährige Versicherung noch in entsprechenden Bewertungszeiten. • Ich habe viele Jahre als Minijobber gearbeitet und war in dieser Zeit sogar versicherungspflichtig. Werden mir die Zeiten bei der Grundrente angerechnet? - Hier muss man zwischen Grundrentenzeiten und entspre‐ chenden Bewertungszeiten unterscheiden. Versicherungspflichtiger Minijob wird bei der Ermittlung der notwendigen 33 Jahre Grundrentenzeiten zwar berücksichtigt, erreicht aber in der Bewertung in keinem Fall die notwendigen Entgeltpunkte von mindestens 0,025 monatlich. Damit können diese Zeiten bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden. • Ich lebe mit meinem Partner zusammen, ohne dass wir verheiratet sind. Welche Einkommensgrenzen gelten für mich? - Anzusetzen sind die 396 14 Die Grundrente <?page no="397"?> Einkommensfreibeträge für Alleinstehende. Das Partnereinkommen wird nicht auf den Grundrentenzuschlag angerechnet. • Kann ich der Ermittlung der Grundrente trauen? - Die neuen Berech‐ nungsprogramme der Rentenversicherung müssen zahlreiche Einzelteile integrieren, etwa für die Ermittlung von Grundrentenzeiten und Grundren‐ tenbewertungszeiten sowie die Einkommensanrechnung unter Einbeziehung des Datenaustausches mit den Finanzbehörden. Es ist davon auszugehen, dass die Programme sicher, gesetzeskonform und fehlerfrei sind, Wer daran zweifelt, hat jederzeit die Möglichkeit, die Grundrente bei einem Rentenbe‐ rater überprüfen zu lassen. • Wie wird die Grundrente finanziert? - Aus Steuermitteln über einen erhöhten Bundeszuschuss, also nicht aus Beitragseinnahmen! • Falls mein Grundrentenzuschlag nur einige Cent beträgt, kann ich dann darauf verzichten? - Nein, auf Berechnungsteile einer Rente ist ein Verzicht nach § 46 SGB I nicht zulässig. • Muss oder soll die Grundrente beantragt werden? - Die Berechnung der Grundrente erfolgt automatisch - einen Antragstellung ist nicht erforderlich! • Neben meiner eigenen Versichertenrente beziehe ich auch eine Witwen‐ rente. Werden beide Renten als Einkommen angerechnet? - Ja! Es werden alle steuerrechtlichen Einkommen auf den Grundrentenzuschlag angerechnet, also z. B. auch weitere Renteneinkünfte. • Ich erhalte neben meiner Rente eine Grundsicherungsleistung vom So‐ zialamt. Mit der Grundrente bekomme ich jetzt mehr Rente aus der Rentenversicherung, die doch auf meine Grundsicherung angerechnet wird. Dann bringt mir die Grundrente doch keinen Vorteil? - Der Gesetz‐ geber hat dieses Problem gesehen und deshalb die Grundsicherung plus eingeführt. Sie erhalten bei 33 Jahren langjähriger Versicherung sowohl auf ihre Rente als auch auf ein evtl. Wohngeld einen Freibetrag im Jahr 2021 von höchstens. 223 € monatlich (50 Prozent des Eckregelsatzes) angerechnet, bevor der Rentenbetrag auf die Grundsicherung angerechnet wird. 397 14.7 Allgemeines <?page no="399"?> 15 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist eine seit dem 1. Januar 2003 in Deutschland bestehende bedarfsorientierte Sozialleistung zur Sicherstellung des Lebensunterhalts. Personen, die durch Alter oder Erwerbs‐ minderung auf Dauer aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind und ihren Le‐ bensunterhalt nicht selbst bestreiten können, erhalten damit eine Leistung, mit der das soziokulturelle Existenzminimum gedeckt werden und Altersarmut ver‐ mieden werden kann. Die Vorschriften des Grundsicherungsgesetzes wurden zum 01.01.2005 in das neue Sozialgesetzbuch XII (SGB XII) überführt. Die Grundsicherungsleistung wird durch die Sozialämter der Kreise und kreisfreien Städte oder durch überregionale Leistungsträger gezahlt. Die Kreise können die Aufgaben auch auf die kreisangehörigen Gemeinden übertragen. Mit der Einführung der Grundrente in der gesetzlichen Rentenversicherung ist die Grundsicherung im Alter für alle Berechtigten, die mindestens 33 Jahre an Grundrentenzeiten zurückgelegt haben, ab 01.01.2021 aufgebessert worden. Im Zusammenhang mit der Problembeschreibung unzureichender Altersbezüge trotz langjähriger Beitragszahlung, die durch die Grundrente gemildert werden soll, hat der Gesetzgeber folgende Begründung der Beschlussempfehlung des Grundrentengesetzes angefügt: „Die Grundrente wird nicht in allen Fällen ein Alterseinkommen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehungsweise ober‐ halb des Grundsicherungsbedarfes gewährleisten können. Dies ist insbesondere der Fall, wenn durch hohe Wohnkosten - insbesondere in den Städten - auch hohe individuelle Bedarfe in der Grundsicherung entstehen. Daher ist dafür zu sorgen, dass auch diese Personen tatsächliche Einkommensverbesserungen erfahren. Mit der Einführung von Freibeträgen im Wohngeld, der Grundsiche‐ rung für Arbeitsuchende (SGB II), in der Hilfe zum Lebensunterhalt, in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB XII) und den fürsor‐ gerischen Leistungen der Sozialen Entschädigung wird erreicht, dass die Ver‐ besserung in der Rente nicht durch eine Anrechnung in den bedarfsorientierten Fürsorgesystemen beziehungsweise einkommensabhängigen Sozialleistungen aufgezehrt werden.“ Eine Stufenregelung wie bei der Grundrente bezüglich der Grundrentenzeiten zwischen 33 und 35 Jahren existiert hier nicht. Es werden bereits ab 33 Jahren die vollen Freibeträge berücksichtigt. <?page no="400"?> 15.1 Anspruchsvoraussetzungen Antragsberechtigt auf Leistungen der Grundsicherung nach § 41 ff SGB XII sind Personen, die das 65. Lebensjahr bei Geburt vor 01.01.1947 vollendet haben. Bei Geburten ab 01.01.1947 wird die Altersgrenze stufenweise auf den 67. Geburtstag angehoben. Schon mit der Vollendung des 18. Lebensjahres sind Personen dann antragsberechtigt, wenn sie aus medizinischen Gründen in vollem Umfang erwerbsgemindert sind und es unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann. Eine volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn der Antragsteller aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nur noch weniger als 3 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, unabhängig von der Arbeitsmarktlage, erwerbstätig sein kann. Weitere Voraussetzung ist, dass der gewöhnliche Aufenthalt in der Bundes‐ republik Deutschland gegeben ist. Ausgeschlossen von den Leistungen der Grundsicherung sind Personen - die ihre Bedürftigkeit in den letzten zehn Jahren vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben und - ausländische Staatsangehörige, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Die Frage der dauerhaft vollen Erwerbsminderung wird durch die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Auftrag der Sozialhilfeträger sozialme‐ dizinisch geprüft. Bei bestimmten Personengruppen erübrigt sich die Prüfung jedoch, weil bereits feststeht, dass der Antragsteller unbegrenzt voll erwerbsge‐ mindert ist. Dies trifft zum Beispiel auf Personen zu, die bereits eine Dauerrente wegen voller Erwerbsminderung beziehen. 15.2 Einkommensanrechnung auf die Grundsicherung (Spezielle Corona-Hilfen aufgrund der weltweiten Pandemie 2020/ 2021 bleiben unberücksichtigt! ) Grundsicherungsleistungen erhalten nur Bedürftige, die ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht vollständig bestreiten können, und zwar • aus eigenem Einkommen und Vermögen oder • aus dem Einkommen und Vermögen des nicht getrenntlebenden Ehe‐ gatten beziehungsweise eingetragenen Lebenspartners oder des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft, soweit es deren Eigenbedarf über‐ steigt. 400 15 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung <?page no="401"?> Allerdings werden im Gegensatz zur Sozialhilfe im Rahmen der Grundsicherung Unterhaltsansprüche der Antragsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern nicht berücksichtigt; es sei denn, dass jährliche Gesamteinkommen dieser Personen überschreitet 100.000,00 €. Bei den Kindern wird das Überschreiten der Einkommensgrenze für jedes einzelne Kind geprüft; bei den Eltern erfolgt eine gemeinsame Veranlagung. Zum Einkommen gehören zum Beispiel: • Renten (auch aus dem Ausland) und Pensionen. Hierzu gehören Renten der gesetzlichen Rentenversicherung, der betrieblichen Altersversor‐ gung, von berufsständischen Versicherungs- oder Versorgungseinrich‐ tungen, aus privaten Rentenversicherungen oder Leistungen aus einer Riester- und Rürup-Rente sowie Pensionen aus einem öffentlich-recht‐ lichen Dienstverhältnis, etwa als Bundes-, Landes- oder Kommunal‐ beamter oder als Soldat. • Wohngeld, Ehegattenunterhalt, • Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, • Zinsen und sonstige Kapitaleinkünfte, • tatsächliche Unterhaltszahlungen von Kindern oder Eltern, auch wenn deren Einkommen einen Jahresbetrag von 100.000 € nicht erreicht, • Elterngeld, wenn es 300 € übersteigt. Nicht zum Einkommen zählen: • 30 Prozent des Einkommens aus selbständiger/ nichtselbständiger Tätig‐ keit, höchstens 50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1, • Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz, • Unterhaltsansprüche gegenüber Eltern oder Kindern, wenn deren Jahres‐ einkommen unter 100.000 € liegt, • Elterngeld bis 300 €, • bis zu 200 € aus bestimmten steuerfreien Tätigkeiten (beispielsweise Ehrenamt), • Pflegegeld, • Leistungen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge auf freiwilliger Grund‐ lage (bis zu einem Höchstbetrag), hierzu gehört auch die Rente aus freiwilligen Beiträgen, • aktuell höchstens 223 € der Bruttorente, wenn 33 Jahre an Grundrenten‐ zeiten erfüllt sind. 401 15.2 Einkommensanrechnung auf die Grundsicherung <?page no="402"?> Zum Vermögen gehören: • Haus- und Grundvermögen, • PKW, • Bargeld und Guthaben auf Konten bei Banken, Sparkassen, Bauspar‐ kassen sowie Wertpapiere. Zum Vermögen gehören nicht: Kleinere Geldbeträge (Schonvermögen) in Bar‐ geld oder sonstige Geldwerte bei: • Alleinstehenden bis zu einem Betrag von 5.000 € und bei • nicht getrenntlebenden Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartnern oder eheähnlichen Partnerschaften bis zu einem Betrag von 10.000 €. • Für jede Person, die der Antragsteller überwiegend unterhält, erhöht sich der Betrag um 500 € • Familien- oder Erbstücke, wenn deren ideeller Wert (Andenken) den Verkaufswert weit übersteigt • angemessener Hausrat • ein angemessenes Hausgrundstück, das der Berechtigte selbst nutzt, oder eine eigene Wohnung • gefördertes Altersvorsorgevermögen einer Riesterrente. Man ist nicht verpflichtet, das angesparte Riesterrente aufzulösen - kommt die Ries‐ terrente zur Auszahlung, wird sie aber teilweise als Einkommen berück‐ sichtigt. Seit dem 1. Januar 2018 bleibt ein Betrag von 100 € monatlich anrechnungsfrei. Übersteigt die Riester-Rente diese 100 €, werden zusätz‐ lich 30 Prozent des darüberliegenden Betrages nicht zum Einkommen gezählt. Dies sind 2021 höchstens 223 € (50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1). • Sofern mindestens 33 Jahre an Grundrentenzeiten vorhanden sind, wird diese Ansetzung eines Freibetrages ab 01.01.2021 auch bei einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angewandt. Bei der Berechnung der Leistungen können auf das Einkommen entrichtete Steuern, Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung, gesetzlich vorgeschriebene und angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen sowie bei einem Erwerbseinkommen die Werbungskosten abgezogen werden. Über die Angemessenheit der Unterkunftskosten entscheidet der Sozialhil‐ feträger. Die Angemessenheit beurteilt sich danach, welche Wohnraumfläche für den Leistungsberechtigten notwendig und angemessen ist. Dabei ist die in‐ dividuelle Lebenssituation des Antragstellers sowie u. a. das örtliche Mietpreis‐ niveau und die Lage auf dem örtlichen Wohnungsmarkt zu berücksichtigen. 402 15 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung <?page no="403"?> 15.3 In welcher Höhe besteht Anspruch auf Leistungen? Die Höhe der Grundsicherungsleistungen umfasst • den für den Antragsberechtigten maßgebenden Regelsatz nach dem SGB XII, in dem der bisherige Zuschlag von 15 Prozent des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes zur pauschalen Abgeltung einmaliger Leis‐ tungen enthalten ist, • die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Hei‐ zung (bei nicht getrenntlebenden Ehegatten oder bei einer eheähnlichen Partnerschaft jeweils anteilig) und • die Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge und Pflegeversiche‐ rungsbeiträge, soweit sie nicht anderweitig abgedeckt werden. • Mehrbedarfe sind für bestimmte Personenkreise vorgesehen, wobei auch mehrfache Mehrbedarfsregelungen zuerkannt werden können; die Summe des insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf jedoch die Regelsatzhöhe nicht übersteigen: • Gehbehinderte Menschen, die einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „G“ oder „aG“ besitzen, erhalten einen Zuschlag von 17 Pro‐ zent ihres Regelsatzes. Soweit im Einzelfall ein höherer Bedarf besteht, wird dieser auch als Grundsicherungsleistung erbracht. • Werdende Mütter erhalten nach der 12. Schwangerschaftswoche einen Zuschlag von 17 Prozent ihres Regelsatzes. Soweit im Einzelfall ein höherer Bedarf besteht, wird dieser auch als Grundsicherungsleistung erbracht. • Alleinerziehenden Personen mit einem Kind oder mehreren Kindern wird ein Mehrbedarf anerkannt in Höhe von 36 vom Hundert ihres Regelsatzes für ein Kind unter 7 Jahren oder für 2 Kinder unter 16 Jahren, oder 12 vom Hundert ihres Regelsatzes für jedes Kind, wenn die vorstehenden Voraussetzungen nicht vorliegen, insgesamt jedoch höchstens 60 vom Hundert des Eckregelsatzes. Soweit im Einzelfall ein höherer Bedarf besteht, wird dieser auch als Grundsicherungsleistung erbracht. • Dauerhaft erwerbsgeminderte Personen erhalten für eine Eingliede‐ rungshilfe einen Mehrbedarf von 35 vom Hundert, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht. • Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen erhalten bei erforderlicher kostenaufwändiger Ernährung einen Zuschlag in angemessener Höhe. Leistungen für eine Erstausstattung, wie zum Beispiel für eine Woh‐ 403 15.3 In welcher Höhe besteht Anspruch auf Leistungen? <?page no="404"?> nung einschließlich Haushaltsgeräten oder für Bekleidung einschließlich Schwangerschaft und Geburt, werden gesondert erbracht. • Hilfen in Sonderfällen, wie zum Beispiel die Übernahme von Schulden zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage können im Rahmen der Grundsicherung als Beihilfe erbracht werden. Von diesem Bedarf werden die eigenen Einkünfte abgezogen. Sind die Einkünfte höher als der Bedarf, besteht kein Anspruch auf eine Grundsicherungsleistung. Sind die eigenen Einkünfte des Berechtigten niedriger als der Bedarf, wird der Unterschiedsbetrag als Grundsicherung ausgezahlt. Grundsicherungsleistungen sind steuerfrei. Es handelt sich um Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die wegen Hilfsbedürftigkeit gewährt werden (§ 3 Nr. 1 Einkommensteuergesetz) 15.3.1 Aktuelle Regelsätze nach Bundesländern Die maßgeblichen Regelsätze für die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII betragen in den Ländern ab 01. Januar 2021: Regelsätze der Bundesländer in € pro Monat Haushaltsvorstand Bundes‐ land Alleinstehender (Eckregelsatz) Ehepaare oder Lebenspartner (jeweils 90 Pro‐ zent des Eckregelsatzes eines Haushaltsvor‐ standes - je Person) Baden-Württemberg 446,00 401,00 Bayern 446,00 401,00 Berlin 446,00 401,00 Branden‐ burg 446,00 401,00 Bremen 446,00 401,00 Hamburg 446,00 401,00 Hessen 446,00 401,00 Mecklen‐ burg-Vor‐ pommern 446,00 401,00 404 15 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung <?page no="405"?> Regelsätze der Bundesländer in € pro Monat Nieder‐ sachsen 446,00 401,00 Nord‐ rhein-Westfalen 446,00 401,00 Rhein‐ land-Pfalz 446,00 401,00 Saarland 446,00 401,00 Sachsen 446,00 401,00 Sachsen-Anhalt 446,00 401,00 Schleswig-Holst. 446,00 401,00 Thü‐ ringen 446,00 401,00 446,00 401,00 Deutsch‐ land 446,00 401,00 Ab Januar 2021 werden folgende Hartz-IV-Regelsätze gezahlt: • Erwachsene: 446 €, • Lebenspartner im gleichen Haushalt: 401 €, • Volljährige in Einrichtungen (nach SGB XII): 357 €, • Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren: 373 €, • Kinder zwischen 6 und unter 13 Jahren: 309 €, • Kinder unter 6 Jahre: 283 €. Die Regelsätze decken künftig neben den Kosten für Festnetztelefon und Internet auch die Verbrauchskosten für die Mobiltelefonie ab. Sie halten so mit den gesellschaftlichen und technischen Veränderungen Schritt. Die Kosten für Unterkunft und Heizung werden grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind. Das Job‐ center orientiert sich dabei am örtlichen Niveau der Mieten auf dem Wohnungs‐ markt. Darin eingeschlossen werden müssen auch die Kontoführungsgebühren für ein Girokonto, welches heute elementar zur Daseinsberechtigung gehört. 405 15.3 In welcher Höhe besteht Anspruch auf Leistungen? <?page no="406"?> Freibetrag für die Einkommensanrechnung bei Leistungen aus freiwilliger Altersvorsorge Seit 01.01.2018 gilt bei Leistungen aus der Grundsicherung eine Freibetragsre‐ gelung für Leistungen aus freiwilliger Altersvorsorge wie etwa einer privaten Riester-Rente, der Rürup-Rente oder für Renten im Rahmen einer betrieb‐ lichen Altersversorgung. Ferner gehören dazu die Anteile einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf freiwilligen Beitragsleistungen beruht. Hier bleibt ein Betrag von bis zu 100 € monatlich (Sockelbetrag) zuzüglich 30 Prozent der eventuell darüberhinausgehenden Leistungen von der Anrechnung auf den Fürsorgebedarf freigestellt - nach oben begrenzt auf 50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 (2021: 223 € pro Monat). 15.4 Grundsicherung und Grundrente 2021 mit zusätzlichem Freibetrag Seit 01.01.2021 erstreckt sich der Freibetrag von monatlich höchstens 223 € (siehe vorangehenden Absatz) auch auf die gesetzliche Rente aus der Rentenversiche‐ rung, sofern mindestens 33 Jahre an langjähriger Versicherung vorliegen. Hierzu folgendes Beispiel: Eine Rentnerin kann 35 Versicherungsjahre nachweisen, die für die Grund‐ rente anerkannt werden. Ihre Regelaltersrente beträgt derzeit 600 € monatlich. Die Warmmiete der Betroffenen beläuft sich auf 500 €. Sie erhält 2021 einen Grundrentenzuschlag zu ihrer bisherigen Rente. Unterstellen wir, dass der Zuschlag bei ihr monatlich 250 € beträgt. Damit wird sie 2021 eine Bruttorente in Höhe von 850 € erhalten. Nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung bleiben davon 756 € (Netto-)Rente. Das Sozialamt nimmt nun folgende Rechnung vor: Der Bedarf der Betroffenen errechnet sich wieder aus Miete plus Regelsatz, der 2021 auf 446 € steigt. Da die Warmmiete unverändert 500 € beträgt, ergibt sich ein Bedarf von 946 €. Auch die Grundrente hilft der Betroffenen nicht aus der Grundsicherung im Alter heraus. Ihre verfügbare Rente ist immer noch niedriger als ihr Bedarf. Allerdings verändert sich die Rechnung 2021 durch das Grundrentengesetz. Denn nicht Ihre volle (Netto-)Rente gilt als anrechenbar. Es wird vielmehr zunächst der Grundrentenfreibetrag in Höhe von 223 € abgesetzt. Damit bleiben als anrechenbare Rente nur 533 € (756 minus 223). Mithin wird die Betroffene 2021 einen Grundsicherungsanspruch von 413 € haben, also etwas mehr als 2020. 406 15 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung <?page no="407"?> Ohne den neuen Grundrentenfreibetrag wären es nur noch 190 €. Eine ähnliche Freibetragsregelung gibt es ab 01.01.2021 auch beim Wohngeld. Beispiele zu Leistungen der Grundsicherung Die nachfolgenden Beispiele (die Antragsteller wohnen in Baden-Württemberg) geben einen Überblick über einen eventuellen Leistungsanspruch auf Grundsi‐ cherung: Fallbeispiel 1: Alleinstehende Person mit Schwerbehindertenausweis Merkmal „G“ mit einer Warmmiete von 450,00 € und Regelaltersrente von 510,00 € netto (abz. KV + Pflegebeiträge) - weniger als 33 Jahre in der Rentenversicherung. Bedarf (ab 01.01.2021) Alleinstehender Lebensbedarf Haushaltsvorstand 446,00 € + Mehrbedarf entspr. § 30 SGB XII f. Be‐ sitzer von Schwerbehindertenausweisen mit Merkmal „G“ 17 v. H. des Regelsatzes 75,82 € + Unterkunftskosten einschl. Heizkosten 450,00 € Bedarf 971,82 € abz. Regelaltersrente 510,00 € ergibt einen Grundsicherungsan‐ spruch von 461,82 € 407 15.4 Grundsicherung und Grundrente 2021 mit zusätzlichem Freibetrag <?page no="408"?> Fallbeispiel 2 Ehepaar (beide Regelaltersrentner) mit einer Warmmiete von mtl. 680,00 €, monatliches Renteneinkommen des Ehemannes von 816,00 € netto (ein‐ schließlich Grundrentenzuschlag) und Rentenbezug der Ehefrau von 154,00 € netto. Bedarf (ab 01.01.2021) Ehemann Frau Lebensbedarf Haushalts‐ vorstand bzw. Haushaltsan‐ gehöriger in € 401,00 401,00 + Unterkunftskosten ein‐ schl. Heizungspauschale in € (jeweils anteilig) 340,00 340,00 Bedarf in € 741,00 741,00 abzgl. Renteneinkommen in € 816 € (minus Freibetrag beim Ehemann) = 223 € 593,00 154,00 Ergibt folgende unge‐ deckten Bedarfe und damit Grundsicherung in Höhe von € 148,00 587,00 ergibt einen Anspruch auf Grundsicherungs‐ leistungen von insge‐ samt monatlich 735,00 € 15.5 Zusammenarbeit mit den Trägern der Rentenversicherung § 46 SGB XII regelt das Zusammenwirken zwischen den Trägern der Sozialhilfe und der Rentenversicherung. 408 15 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung <?page no="409"?> Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung informieren und beraten leistungsberechtigte Personen auf eine Grundsicherung im Alter und bei dauer‐ hafter Erwerbsminderung. Stellt der Träger der Rentenversicherung bei Ertei‐ lung eines Rentenbescheides fest, dass sich der Versicherte mit der Höhe seiner Versichertenrente unter dem 27-fachen Betrag des aktuellen Rentenwertes nach §§ 68 und 255c SGB VI bewegt (ab 01.07.2020: unter 923,13 €), erhält er mit seinem Rentenbescheid zugleich eine Information zur bedarfsorientierten Grundsicherung, ein Antragsformular auf Leistung der Grundsicherung und einen konkreten Hinweis, an welches (Kreis-)Sozialamt er sich bei einer An‐ tragstellung wenden kann. Entsprechende Leistungsanträge werden auch bei den Dienststellen der Deutschen Rentenversicherung entgegengenommen; an‐ schließend erfolgt die Weiterleitung an den Träger der Sozialhilfe. 15.6 Wann beginnt die Grundsicherungsleistung? Die Leistungen der Grundsicherung beginnen mit dem ersten Tag des Monats, in dem der Antrag gestellt wird. Für Zeiträume vor dem Antrag gibt es keine Nachzahlungen. Allen Berechtigten ist zu empfehlen, den Antrag sofort zu stellen, wenn ihre Einkünfte zum Bestreiten des Lebensunterhalts nicht ausreichen. Die Grundsicherungsleistung wird regelmäßig für 12 Kalendermo‐ nate bewilligt und dann überprüft. Ändern sich im Bewilligungszeitraum die persönlichen oder finanziellen Verhältnisse, sind die Änderungen mitzuteilen; erhöhte Leistungen werden frühestens vom Ersten des Monats gezahlt, in dem die Änderungsmitteilung erfolgt ist. Deshalb ist es wichtig, Änderungen, wie zum Beispiel eine Mieterhöhung, sofort dem Grundsicherungsträger bekannt zu geben. 409 15.6 Wann beginnt die Grundsicherungsleistung? <?page no="411"?> 16 Literaturtipps zur gesetzlichen Rentenversicherung 1. Haufe Kompass - Rente 2021, Zahlen, Daten, Fakten, (56 Seiten - Auflage Februar 2021) ISBN 978-3-648-14846-4 2. Stiftung Warentest -2020/ 2021-, verschiedene gedruckte Ausgaben oder ebooks 3. Kreikebohm/ Roßbach SGB VI Kommentar (1590 Seiten - 6. Auflage 2021) C.H.BECK. ISBN 978-3-406-76420-2 Zielgruppe: Für Richterschaft, Rechtsanwaltschaft, Verbandsvertreter, Renten- und Steuerberatung, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Personalabteilungen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Sozialleis‐ tungsträgern. 4. Das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung und die Deutsche Ein‐ heitvon Judith Kirschbaumer (361 Seiten - Auflage 2011) 5. Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung SGB VI, herausgegeben von Herbert Rische, Eberhard Eichenhofer, Winfried Schmähl (922 Seiten - 2. Auflage 2011) ISBN-10: 3472080523 6. Die neue Grundrente - Sylvia Schmidt-2021 C.H.BECK. ISBN 978-3-406-76332-8 7. Die Grundrente - Natalie Brall, Ragnar Hoenig, Judith Kerschbaumer ISBN: 3766370766 Empfehlenswerte Internet-Adressen • www.deutsche-rentenversicherung-bw.de (Bei Anklicken des Buttons „Formulare und Publikationen“ werden alle bestellbaren Info-Bro‐ schüren, Fachzeitschriften sowie Gesetzes- und Fachbücher der deut‐ schen Rentenversicherung angezeigt.) • www.ihre-vorsorge.de (Informationen rund um die Altersvorsorge mit vielen Tipps und Tricks, Förderrechner, Rentenschätzer, Expertenforum für alle persönlichen Fragen zur Altersvorsorge …) • www.rv.win.com (Damit Rentenexperten wie auch Rentenlaien schnell, einfach und sicher einen Rentenbescheid prüfen sowie andere Fragen „rund um die Rente“ beantworten können, ist die Rentensoftware RV-Win entwickelt worden.) <?page no="412"?> Empfehlenswerte CD-ROM und Links Alle Produkte können unter der Adresse www.deutsche-rentenversicherung.de (siehe dort unter „Formulare und Publikationen“) angezeigt und bestellt werden. Mehr Informationen zum jeweiligen Thema sind dort abrufbar. CD-ROM „Sozialgesetzbuch und aktuelle Nebengesetze“ Die CD-ROM beinhaltet alle Gesetzestexte der Sozialgesetzbücher I bis XII sowie über 130 Nebengesetze und ermöglicht unseren Kunden somit eine einfache, schnelle und handliche Orientierungsmöglichkeit im gesamten Recht der gesetzlichen Renten- und Sozialversicherung. CD-ROM Rentenberechnung leicht gemacht (näheres hierzu auch beim Online-Shop für RV-Win-Software unter oben angegebener Internet-Adresse.) Studientexte der Deutschen Rentenversicherung (https: / / www.deutsche -rentenversicherung.de/ DRV/ DE/ Ueber-uns-und-Presse/ Mediathek/ Unterrichtsma terial/ unterrichtsmaterial_node.html) Den Nachwuchskräften der gesetzlichen Rentenversicherung stehen beglei‐ tend zum theoretischen Unterricht zurzeit insgesamt 40 Studientexte zur Verfügung, welche das prüfungsrelevante Recht für die Ausbildung zur/ zum Sozialversicherungsfachangestellten abdecken. Auch andere Adressatenkreise nutzen die Studientexte als wertvolles Informations- und Nachschlagewerk. Sie werden von Fachkräften der gesetzlichen Rentenversicherung erstellt und jährlich aktualisiert. Bisher erschienen die Studientexte auf einer digitalen Videodisk in Kom‐ bination mit einem Trainingsprogramm. Da es das Trainingsprogramm in dieser Form nicht mehr gibt, werden die Studientexte ab sofort als kostenloser Download angeboten. Aktuelle Zahlen und Tabellen der gesetzlichen Rentenversicherung - Werte West (ohne Knappschaft), (https: / / www.deutsche-rentenversicherung. de/ BayernSued/ DE/ Ueber-Uns/ Publikationen/ Zahlen-u-Tabellen-Artikel.html; jse ssionid=EB2592260FE6032D194CFBDF8F209F8E.delivery2-9-replication) Hinweis: Bei rechtlichen Auslegungs- und Zweifelsfragen sind die Festlegungen im Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung - Stand: 2021 - berücksich‐ tigt worden. 412 16 Literaturtipps zur gesetzlichen Rentenversicherung <?page no="413"?> Register Abschläge 232 Adoptiveltern 81 Adoptivkind 198 aktuelle Rentenwert 39 Allgemeine Wartezeit 126 Alterseinkünftegesetz 371 Altersgrenzenanpassungsgesetz 195 Altersteilzeitarbeit 163 Altersvermögens-Ergänzungsgesetz 194 Altersvorsorgeaufwendungen 309 Anrechnungszeiten 89, 302 Anwartschaftserhaltungszeiten 128 Arbeitslosigkeit 93, 163 Arbeitsmarktlage 125, 134 Arbeitsunfähigkeit 90 Aufteilung 80, 98 Barwerte 64 Beitragsfreie Zeiten 87 beitragsgeminderte Zeiten 85 Beitragszeiten 77, 320, 322 belegungsfähige Gesamtzeitraum 298 Berechnungsanlagen 290 Berücksichtigungszeit 189 Berücksichtigungszeiten 97 beruflichen Ausbildung 86 Berufsanfänger 118 berufsmäßig 108 Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten 116 Berufsunfähigkeit 133 Bestandsrenten 313 betriebliche Altersvorsorge 367 Bundesträger 37 Bundesverfassungsgericht 305 Bundeszuschuss 18 Direktversicherung 371 Direktzusage 369 Eckrentner 60 Einkommensanrechnung 212, 219 Entgeltpunkte 192, 291 Entgeltumwandlung 359, 367, 375 Ersatzzeiten 88 Ertragsanteilbesteuerung 35 Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen 214 Erziehungsrente 175, 210 Fiktive Zeiten 87 Förderberechtigung 351 Frauen 163 Freibetrag 217 freiwillige Beiträge“ 84 Gemeinsame Erziehung 82 gemeinsamer Erziehung 98 Generationenvertrag 18, 61 Gesamtleistungsbewertung 101, 297, 301 Gleitzone 112 Gleitzonenrechner 114 Grundbewertung 297f. Grundsicherung 399 Grundsicherungsamt 409 Grundzulagen 355 Günstigerprüfung 311 Gutschrift 85 Halbwaisenrente 195 Härtefälle 297 Härtefallregelungen 247 Haushalt 109 Heiratsurkunde 179 Hinterbliebenenrenten 177 Hinterbliebenenrentenreform 212 <?page no="414"?> Hinzuverdienst 121, 129, 137 Kalendermonat 90 Kindererziehung 297 Kindererziehungszeiten 78 Kinderzulagen 355 Krankheit und Arbeitslosigkeit 302 Kurzfristige Beschäftigungen 108 langjährig Versicherte 153 Lebenspartnerschaft 36, 177, 223, 238 Midijobs 110 Mindesteinkommen 102 Minijobs 103 Minijobzentrale 105 nachgelagerte Besteuerung 33, 311, 314 Nachhaltigkeitsfaktor 32, 38 Nettorentenniveau 60 Öffnungsklause 315 Option Hinterbliebenenrente 242 Option Rentensplitting 242 Pensionsfonds 372 Pensionskasse 372 persönlichen Entgeltpunkte 302 Persönlicher Freibetrag 313 Pflegeberücksichtigungszeiten 99 Pflegekindschaftsverhältnis 200 Pflegeversicherung 295 Pflichtbeitragszeiten 78 Regelaltersgrenze 16, 38 Regelaltersrente 141 Regelleistung 204 Regionalträger 37 Rendite 63 Rentenabfindung 204, 206 Rentenabschlag 122, 130, 138 Rentenanpassungsformel 31 Rentenartfaktor 291 Rentenauskunft 325 Rentenberechnung 291 Rentenbescheid 289 Rentenbezugszeiten 95 Renteninformation 324 rentenrechtliche Zeiten 77 Rentenreform 1957 16 Rentenreform 1972 19 Rentenreform 1992 23 Rentenreform 1999 27 Rentensplitting 180, 182, 237 Rentenwechsel 146 Rentenzugänge 313 Riester-Faktor 38 Riester-Rente 349 Rürup-Kommission 305 Rürup-Rente 363 schulischen Ausbildung 95 Schul- oder Berufsausbildung 201 schwerbehinderte Menschen 158 Selbstverwaltung 15 Sockelbetrag 352 Sonderausgabenabzug 356 Sonderregelung 128 Sonstige Vorsorgeaufwendungen 310 Sozialhilfeträger 400 Sperrzeiten 93 Stiefkind 199 teilweiser Erwerbsminderung 117 Unfallversicherung 290 Unterbrechung 91 Unterhaltsersatzfunktion 213 Unterhaltszahlung 207 Unterkunftskosten 402 Unterstützungskasse 370 Unverfallbarkeitsfristen 375 Vergleichsbewertung 297, 299 Verjährung 204 Verlängerungszeiten 120 verminderter Erwerbsfähigkeit 101, 115 Vermögenseinkünfte 216 Verschuldensprinzip 206 414 Register <?page no="415"?> Versichertenrenten 115 Versicherungskonto 319f. Versicherungsnummer 319f. Versicherungsverlauf 323 Versorgungsausgleich 180, 223 Versorgungsehe 182 Verzicht 107 voller Erwerbsminderung 124 Vollrente 164 Vollwaisenrente 195 Waisenrente 195 Wartezeit 118, 180 Wartezeiterfüllung 181 Wiederaufleben 208 Witwen-/ Witwerrente 179, 193 Witwen-/ Witwerrenten 186 Zentralstelle für Altersvermögen 316 Zertifizierung 349 Zugangsfaktor 192, 291 Zumutbar 134 Zurechnungszeit 96 Zuschlag 145, 189, 191 Zuschläge 232 415 Register <?page no="417"?> Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Freistellung der Vorsorgeaufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Abbildung 2: Einstieg in die nachgelagerte Besteuerung der Renten . . . . 34 Abbildung 3: Das Drei-Säulensystem der Altersvorsorge . . . . . . . . . . . . . 59 Abbildung 4: Beispiele zur Renditeberechnung der gesetzlichen Rente . . 65 Abbildung 5: RV in einer Baumdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Abbildung 6: Beitragsbemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Abbildung 7: Versicherungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Abbildung 8: Rentenrechtliche Zeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Abbildung 9: Umfang der Kindererziehungszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Abbildung 10: Die Zuordnung von Kindererziehungszeiten . . . . . . . . . . . . 83 Abbildung 11: Die Zuordnung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Abbildung 12: Geringfügige Beschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Abbildung 13: Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung . . . . . . . . . . . . . 117 Abbildung 14: Verlängerungszeiten bei EM-Renten nach § 43 Abs. 4 SGB VI 120 Abbildung 15: Rente wegen voller Erwerbsminderung (Teil 1) . . . . . . . . . . 126 Abbildung 16: Rente wegen voller Erwerbsminderung (Teil 2) . . . . . . . . . . 127 Abbildung 17: Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Abbildung 18: Regelaltersrente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Abbildung 19: Altersrente für besonders langjährig Versicherte . . . . . . . . . 148 Abbildung 20: Altersrente für langjährig Versicherte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 Abbildung 21: Altersrente für schwerbehinderte Menschen . . . . . . . . . . . . 159 Abbildung 22: Neue Hinzuverdienstregeln - § 34 Abs. 2 SGB VI . . . . . . . . 165 Abbildung 23: Neue Hinzuverdienstregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Abbildung 24: Ermittlung des Hinzuverdienstdeckels . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Abbildung 25: Anspruchsvoraussetzungen auf Renten wegen Todes . . . . . 178 Abbildung 26: Anspruch auf kleine Witwen-/ Witwerrente . . . . . . . . . . . . . 185 Abbildung 27: Anspruch auf große Witwen-/ Witwerrente . . . . . . . . . . . . . 187 Abbildung 28: Rentenartfaktor bei Berechnung einer Witwen-/ Witwerrente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 Abbildung 29: Rentenberechnung - Witwen-/ Wittwerrenten . . . . . . . . . . . 190 Abbildung 30: Waisenrente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 Abbildung 31: Witwen-/ Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten . . . 209 Abbildung 32: Erziehungsrente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 <?page no="418"?> Abbildung 33: Abzugsmöglichkeiten für Vorsorgeaufwendungen . . . . . . . 307 Abbildung 34: Altersvorsorgeaufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Abbildung 35: Zentralstelle für Altersvermögen (ZfA) . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 Abbildung 36: Auszug Antrag V0210 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 Abbildung 37: Berechnungsschema Ausgleichssumme . . . . . . . . . . . . . . . . 340 Abbildung 38: Auszüge aus einer besonderen Rentenauskunft . . . . . . . . . . 343 Abbildung 39: tabellarische Übersicht Einmalzahlung und Teilzahlung . . . 344 Abbildung 40: Auszug aktuelle Werte zum Versorgungsausgleich . . . . . . . 345 Abbildung 41: Berechnung persönliche Entgeltpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Abbildung 42: Kernregelungen des Grundrentengesetzes . . . . . . . . . . . . . . 383 Abbildung 43: Zuschlag an Entgeldpunkten für langjährige Versicherung 386 Abbildung 44: Beispiel zur Ermittlung des Grundrentenzuschlags . . . . . . . 389 Abbildung 45: Beispiel zur Einkommensanrechnung auf die Grundrente . 393 418 Abbildungsverzeichnis <?page no="419"?> ISBN 978-3-8169-3535-3 Der Ratgeber in allen Rentenfragen und zur Altersvorsorge: Bekomme ich einen Grundrentenzuschlag und welches Einkommen wird angerechnet? Wann kann ich abschlagsfrei in Rente gehen? Wie hoch wird meine Rente sein? Was sind Rentenabschläge? Kann ich Rentenabschläge wieder auffüllen und wie geht das? Welche Zeiten werden bei meiner Rente berücksichtigt? Was darf ich neben meiner Rente noch hinzuverdienen? Das Buch beinhaltet alle Rechtsänderungen durch die neue Grundrente, das Rentenpaket 2019 mit der Mütterrente II, die Flexi-Rente 2017 sowie das gesamte Rentenpaket I 2014 einschließlich der Altersrente für besonders langjährig Versicherte und der Mütterrente I. „Das sehr informativ gehaltene und leicht verständlich geschriebene Buch ist ein Nachschlagewerk für jedermann. Es dient der Transparenz der eigenen Rentenunterlagen und führt zur Fitness in der Vorsorge.“ Die Rentenversicherung Der Inhalt 60 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung - die drei Säulen der Altersvorsorge - rentenrechtliche Zeiten - Minijobs und Midijobs - Versichertenrenten - Ansprüche auf Renten wegen Todes - Versorgungsausgleich und Rentensplitting - das Wichtigste zur Rentenberechnung - die steuerliche Behandlung von Renten und Beiträgen - das Versicherungskonto und Auskünfte - private Altersvorsorge in Form der Riester-Rente - private Altersvorsorge in Form der Rürup-Rente - betriebliche Altersvorsorge - Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Die Zielgruppe Alle, die an der Rente interessiert sind. Die Autoren Die Autoren engagieren sich seit Jahrzehnten im Dienst der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg und sind einer breiten Öffentlichkeit als Renten- und Sozialexperten bekannt.