eBooks

Fachinhalte vermitteln und präsentieren

Effektiv und nachhaltig aus- und weiterbilden

1127
2023
978-3-8169-8551-8
978-3-8169-3551-3
expert verlag 
Andreas Rupp
10.24053/9783816985518

Vorträge, Vorlesungen, direkte Unterweisungen und Instruktionen sind wesentliche Formen der Vermittlung von Fachinhalten in der Aus- und Weiterbildung in allen Institutionen weltweit. Die dort gebotene Qualität hält den Ansprüchen oft nicht stand. Die Entscheidung zwischen neuen Trends und bewährten Methoden fordert sowohl erfahrenes Lehrpersonal als auch Fachkräfte in Unternehmen immer wieder aufs Neue heraus. Das vorliegende Buch bündelt deshalb die wichtigsten Faktoren und Methoden, um effektiv und nachhaltig (Fach-)Wissen zu vermitteln.

<?page no="0"?> Fachinhalte vermitteln und präsentieren Effektiv und nachhaltig aus- und weiterbilden ANDREAS RUPP <?page no="1"?> Fachinhalte vermitteln und präsentieren <?page no="3"?> Andreas Rupp Fachinhalte vermitteln und präsentieren Effektiv und nachhaltig aus- und weiterbilden <?page no="4"?> Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. DOI: https: / / www.doi.org/ 10.24053/ 9783816985518 © 2023 expert verlag - ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.expertverlag.de eMail: info@verlag.expert Satz: typoscript GmbH, Walddorfhäslach CPI books GmbH, Leck ISBN 978-3-8169-3551-3 (Print) ISBN 978-3-8169-8551-8 (ePDF) ISBN 978-3-8169-0135-8 (ePub) www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> Vorwort In der heutigen Wissensgesellschaft ist es entscheidend, Informationen klar, prägnant und überzeugend präsentieren zu können. Dieses Buch ist ein Leitfaden für alle, die ihr Fachwissen und ihre Inhalte effektiv, wirksam, interessant und humorvoll präsentieren wollen. Ob in der Schule, an der Universität oder in einem Unternehmen - effektive Präsentationsfähigkeiten sind ein Schlüssel zum Erfolg. In den folgenden Kapiteln werden bewährte, aber auch neue Methoden und Techniken vorgestellt, die Ihnen helfen, Inhalte zu strukturieren und Ihr Publikum zu begeistern. Der Inhalt des Buches wird mithilfe von Schlüsselkomponenten beschrieben, die notwendig sind, um Fachinhalte effektiv und angemessen zu vermitteln. Dazu gehören Planung, Struktur, Klarheit, Motivation, Interesse, Engagement und die Schaffung einer angenehmen Atmosphäre. Für diese Schlüsselkomponenten werden wiederum spezifische Verhaltensweisen vorgestellt und beschrieben. Wählen Sie einzelne dieser Verhaltensweisen aus und setzen Sie sie bewusst ein. Viele der hier beschriebenen Konzepte und Verhaltensweisen wurden über viele Jahre systematisch erforscht sowie in Trainingsprogrammen umgesetzt und evaluiert. Die Ergebnisse wurden in wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht und auf internationalen Konferenzen vorgestellt. Bei Prof. Hans Gerhard Klinzing möchte ich mich für seine wertvolle Arbeit und seine Beiträge bedanken. Seine Expertise hat geholfen, Konzepte zu entwickeln und verständliche Erklärungen zu formulieren. Seine Arbeit, sein Feedback und seine Vorschläge waren von unschätzbarem Wert und haben dazu beigetragen, dieses Buch zu einem nützlichen Werkzeug für alle zu machen, die nach effektiven Methoden zur Vermittlung von Fachinhalten suchen. Mein Ziel ist es, Ihnen einen praktischen Leitfaden an die Hand zu geben, der Ihnen hilft, Ihre Botschaft klar und verständlich zu vermitteln, Ihr Publikum zu begeistern und Ihre Fachkompetenz hervorzuheben. Ich hoffe, dass dieses Buch Ihnen wertvolle Einblicke und Anregungen bietet, um Ihre Präsentationsfähigkeiten weiterzuentwickeln und erfolgreich einzusetzen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und viel Erfolg bei Ihren künftigen Präsentationen! <?page no="7"?> Hinweise zur Lektüre Die Vermittlung von Wissen in Form von Präsentationen, Vorträgen, Vorlesungen, direkter Unterweisung und Instruktion ist ein wesentliches Merkmal der Aus- und Weiterbildung in allen Bildungseinrichtungen weltweit. Doch um eine effektive und nachhaltige Vermittlung von grundlegendem Wissen sowie von technischen und wissenschaftlichen Inhalten zu erreichen, bedarf es verschiedener Faktoren wie etwa einer klaren Strukturierung der Inhalte und der Einbeziehung des Publikums. Zudem steht bei der Wissensvermittlung neben der individuellen auch immer die soziale Natur des Menschen im Vordergrund, denn jede Form der Kommunikation ist beim Menschen auf Kooperation angewiesen - und das gilt auch für die Wissensvermittlung in Form von Präsentationen oder Vorträgen. Ohne ein gegenseitiges stillschweigendes Übereinkommen mit den Zuhörern ist eine Vermittlung von Wissen und Inhalten nicht möglich. Nutzt man bei einer Präsentation also darüber hinaus die verschiedenen Möglichkeiten der sozialen Interaktion mit den Anwesenden, steigert dies die Aneignung und Vertiefung von Wissen und Lerngegenständen und, sofern der Stoff gut vorgetragen wird, auch die gegenseitige Freude am Thema. Deshalb haben vier Gesichtspunkte die Auswahl und Darstellung dieses Buches beeinflusst, um zu beschreiben, wie Wissen in Form von Präsentationen und Vorlesungen effektiv und nachhaltig vermittelt werden kann: 1. Es werden Grundlagen der Kommunikation vorgestellt, die für ein besseres Verständnis dafür sorgen sollen, warum die Weitergabe und der Austausch von Wissen eine der herausragenden, einzigartigen kulturellen und kognitiven Fähigkeiten des Menschen ist, um kooperatives Handeln zu ermöglichen und Wissen zu erweitern, und wie wichtig dabei ein gemeinsamer Wissens- und Erfahrungshintergrund ist. 2. Es werden effektive Fähigkeiten und interaktive Vorgehensweisen vorgestellt, die dem Publikum dabei helfen, Informationen zu empfangen und zu verarbeiten. Dazu gehören die Fähigkeiten, Informationen klar und strukturiert zu präsentieren, Interesse und Aufmerksamkeit für ein Thema zu wecken und eine Atmosphäre zu schaffen, in der Menschen gerne zuhören. 3. Ein weiterer Leitgedanke des Buches ist die Methodenvielfalt. Um effektiv und nachhaltig interaktiv zu sein, erfordern Formen der Präsentation und <?page no="8"?> Instruktion eine Kombination mit anderen Methoden. Deshalb werden Methoden wie z. B. Einzelarbeit, Kleingruppenarbeit, Fallmethode und kontrollierte Diskussion vorgestellt, um mit ihrer Hilfe Präsentationen oder Vorlesungen interaktiv gestalten zu können und dadurch die Motivation und Behaltensleistung zu verbessern. 4. Es wird das evaluierte Trainingsprogramm „ Interaktives und adaptives Vermitteln von Fachinhalten “ mit den dazugehörenden Verhaltensdimensionen sowie konkreten, effektiven und angemessenen Verhaltensweisen vorgestellt und beschrieben. Das Trainingsprogramm verknüpft verschiedene Methoden wie z. B. direkte Unterweisung, Einüben mit Fragen und angeleitetes, individuelles Arbeiten miteinander, um die unterschiedliche Leistungsfähigkeit von Lernenden und Publikum zu berücksichtigen, und verbessert durch interaktive Elemente die Motivation und Behaltensleistung der Lernenden. 5. Dieses Buch versteht sich als Arbeitsbuch und ist in erster Linie für das Selbststudium geschrieben. Komplexes habe ich versucht einfach darzustellen. Daraus ergibt sich wissenschaftliche Unschärfe hier und da, mögen dies alle, die das Buch lesen, nachsehen. 6. Die meisten Kapitel beginnen mit einer Tabelle. Hier finden Sie die wesentlichen Begriffe des jeweiligen Kapitels und für was sie notwendig sind. Zu vielen Abschnitten gibt es Übungen. Kenntlich gemacht werden sie durch dieses Zeichen: 8 Hinweise zur Lektüre <?page no="9"?> Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Hinweise zur Lektüre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 I Effektive Vermittlung und Präsentation von Fachinhalten . . . . . 15 1 Konzeptioneller Rahmen für die Vermittlung von Wissen und Kultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.1 Sprache als einzigartige soziale und kognitive Fähigkeit . . . . . . 15 1.2 Lehrmethoden zur Vermittlung von Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1.3 Argumente für und gegen die Vermittlung von Wissen in Form von Vorträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1.4 Integration verschiedener Komponenten für das effektive Vortragen und die Vermittlung von Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2 Planung und Kontextfaktoren für die Vorbereitung einer Präsentation 22 2.1 Lernziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.1.1 Spezifische Lernziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.1.2 Schritte zur Lernzielbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2.2 Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2.3 Äußere Gegebenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3 Verhaltensdimensionen zur Vermittlung von Wissen . . . . . . . . . . . . . . . 28 3.1 Die Effektivität und Angemessenheit von kommunikativen Fertigkeiten (skills) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 4 Die Verhaltensdimension Klarheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4.1 Die Subdimension Gliederungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4.1.1 Äußere Gliederung einer Präsentation durch formale Gliederungsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4.1.2 Innere Gliederung einer Präsentation durch Folgerichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 4.2 Die Subdimension Grundstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 4.2.1 Hierarchische Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 4.2.2 Lineare, sequenzielle Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 <?page no="10"?> 4.2.3 Vernetzte Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 4.3 Die Klarheit der Ausführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 4.3.1 Fertigkeiten, die zu Beginn eines Vortrags oder einer Präsentation den Aufbau einer klaren Struktur fördern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 4.3.2 Fertigkeiten, die während eines Vortrags oder einer Präsentation das Mitdenken und Einordnen der Inhalte fördern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 4.3.3 Fertigkeiten, die die Klarheit in der Ausführung und damit die Aufnahme der Informationen fördern . . . . . . . . . . . . . . 52 4.3.4 Fertigkeiten für alle Phasen der Präsentation . . . . . . . . . . . 57 5 Verhaltensdimension „ Motivation und Interesse “ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 5.1 Subdimensionen „ individuelles Interesse “ und „ situatives Interesse “ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 5.2 Fertigkeiten für die Subdimension „ individuelles Interesse “ . . . . 65 5.3 Fertigkeiten für die Subdimension „ situatives Interesse “ . . . . . . . 68 5.3.1 Bedeutsame Ereignisse durch eine gute Vorbereitung schaffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 5.3.2 Bedeutsame Ereignisse durch technische Systeme schaffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 5.3.3 Bedeutsame Ereignisse durch verbale Lebendigkeit schaffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 5.3.4 Bedeutsame Ereignisse durch Enthusiasmus und nonverbale Lebendigkeit schaffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 6 Verhaltensdimension „ Soziales Lernklima und soziale Atmosphäre “ . 79 6.1 Subdimension „ Kontrolle “ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 6.1.1 Dominanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 6.1.2 Sozial-integratives Vortragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 6.1.3 Submission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 6.2 Subdimension „ Regeln “ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 6.2.1 Grundlegende Kommunikationsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 A. Flexible und explizite Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 6.3 Subdimension „ Affiliation “ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 6.3.1 Respekt durch Aufmerksamkeitsverhalten . . . . . . . . . . . . . . 88 6.3.2 Humor und Situationsentspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 6.3.3 Offenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 6.3.4 Freundlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 6.3.5 Ermutigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 10 Inhalt <?page no="11"?> 7 Nonverbales Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 7.1 Der Gesichtsausdruck (Mimik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 7.2 Der Blick/ der Blickkontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 7.3 Die Körperhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 7.4 Das räumliche Verhalten (Proxemik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 7.5 Die Gesten (Gestik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 8 Visualisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 8.1 Funktion von Abbildungen und Visualisierungen . . . . . . . . . . . . . 104 8.2 Arten von Diagrammen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 8.3 Diagramme als Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 8.4 Umgang mit Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 8.5 Foliengestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen . . . . . . . . . . 116 9.1 Kooperatives Lernen und Gruppenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 9.1.1 Prozessverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 9.1.2 Koordinationsverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 9.1.3 Motivationsverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 9.2 Bereiche für Maßnahmen zur Verringerung von Prozessverlusten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 9.2.1 Management und Monitoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 9.2.2 Arbeitsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 9.2.3 Förderung von Kooperation durch Herstellung produktiver Interdependenzen (gegenseitige Abhängigkeit) . . . . 120 9.3 Murmelgruppen/ Buzzgroups . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 9.4 Problemorientiertes, entdeckendes Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 9.5 Jigsaw ( „ Gruppenpuzzle “ ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 9.6 Gruppenturnier: Teams Games Tournament (TGT) . . . . . . . . . . . . 133 9.6.1 Gruppenarbeit und Online-Quizspiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 9.7 Fall-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 9.8 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 9.8.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 9.8.2 Zielbereiche von Diskussionen als Unterrichtsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 9.8.3 Allgemeine Aufgaben der Diskussionsleitung . . . . . . . . . . . 143 9.8.4 Spezifische Aufgaben und Funktionen der Diskussionsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 9.9 Modell der Direkten Unterweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Inhalt 11 <?page no="12"?> II Trainingsprogramm: Interaktives und adaptives Vermitteln von Fachinhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 10 Konzeptioneller Rahmen für interaktives und adaptives Vermitteln von Fachinhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 10.1 Interaktives Präsentieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 10.2 Adaptives Unterrichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 10.2.1 Macro-Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 10.2.2 Micro-Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 11 Das Trainingskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 11.1 Das Konzept Microteaching . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 11.1.1 Die Fähigkeit, theoretisches Hintergrundwissen zu nutzen und zu analysieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 11.1.2 Die Fähigkeit, begriffliche Strukturen von Interaktionsprozessen zur Analyse und Orientierung zu nutzen . . . . 160 11.1.3 Die Fähigkeit zur Hypothesenbildung und Entscheidungsfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 11.1.4 Die Fähigkeit, Handlungen sachgerecht auszuführen . . . 162 11.1.5 Feedback in Bezug auf konkrete effektive Fähigkeiten . . 162 12 Effektivität und Angemessenheit beim Erwerb von Verhaltensweisen und Fertigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 13 Die Auswahl der Verhaltensdimensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 14 Die Inhalte des Trainingsprogramms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 14.1 Dimension Variation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 14.1.1 Kontextfaktoren für die Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 14.1.2 Auswahl und Kombination der Methoden . . . . . . . . . . . . . . 166 14.2 Dimension Flexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 14.2.1 Monitoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 14.2.2 Übergänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 14.2.3 Beziehung zu den Einzelnen und der Gruppe . . . . . . . . . . 179 14.3 Dimension Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 14.3.1 Assessment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 14.3.2 Tests, Prüfungen und Leistungsnachweise . . . . . . . . . . . . . . 182 14.3.3 Feedback, Lob und Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 12 Inhalt <?page no="13"?> 15 Ergebnisse des Trainingsprogramms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 15.1 Ergebnisse aus dem Seminar-Evaluations-Fragebogen . . . . . . . . . 186 15.2 Ergebnisse aus dem Fragebogen Selbst- und Fremdkompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 15.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Inhalt 13 <?page no="15"?> I Effektive Vermittlung und Präsentation von Fachinhalten 1 Konzeptioneller Rahmen für die Vermittlung von Wissen und Kultur 1.1 Sprache als einzigartige soziale und kognitive Fähigkeit Mit der Sprache verfügt der Mensch über einzigartige kognitive und soziale Fähigkeiten und Fertigkeiten. Er verwendet die Sprache, um soziale Prozesse zu organisieren und um die Herausforderungen und notwendigen Anpassungsprozesse an die Umwelt zu bewältigen. Einer diese Prozesse ist es, bei gemeinsamen Handlungen zu kooperieren. Dies beinhaltet die Fähigkeit, kognitives und kulturelles Wissen weiterzugeben und zu vermitteln. Um Wissen weiterzugeben, bedarf es dabei einer gemeinsamen Intentionalität (Tomasello, 2020). Dies bedeutet, dass zwei Akteure ein gemeinsames Ziel verfolgen und ihre Aufmerksamkeit auf ein Objekt ausrichten, dass also eine Zwei-Ebenen- Struktur gegeben ist (Tomasello, 2020), die sowohl Gemeinsamkeit als auch Individualität beinhaltet. Somit ist die Vermittlung von Informationen die kognitive Fähigkeit zu abstrahieren, eine objektive Sicht auf eine Entität darzustellen und diese mit Sprache zu vermitteln. Es geht also über die eigene individuelle Sichtweise hinaus. Diese hier nur in Kürze beschriebenen Prozesse sind wichtig, um die Prozesse, die bei der Vermittlung und Weitergabe von Informationen geschehen, einordnen zu können und um zu verstehen, worum es beim Vermitteln von Inhalten in letzter Konsequenz geht. Denn das Präsentieren und Vermitteln ist immer auch ein kooperativer Prozess mit dem gemeinsamen Ziel, mehr zu wissen und sich gegenseitig zu helfen. Man macht das nicht für sich allein. Das würde, ontogenetisch betrachtet, auch keinen Sinn ergeben (Tomasello, 2020). Dazu wurden im Laufe der Entwicklung des Menschen in vielen Kulturen verschiedene Formen der Informationsweitergabe (Vortrag, Präsentation, Instruktion, Vorlesung) entwickelt, wie auch ein institutioneller, kollektiver Rahmen und Raum geschaffen. Ein institutioneller Raum ist z. B. die Universität, <?page no="16"?> an der die Informationsweitergabe mit Hilfe von Vorlesungen durchgeführt wird. Neben den Formen der Informationsweitergabe wurden auch Formen des Miteinandersprechens entwickelt, wie z. B. die Diskussion, mit dem Ziel, Inhalte zu vertiefen, zu verfestigen oder sich weiteres Wissen anzueignen. Wobei auch eine gute Diskussion immer die Weitergabe von Informationen beinhaltet. Ein wesentliches Element bei der Informationsweitergabe ist die Zuverlässigkeit. Die Informationen, die weitergeben werden, müssen zuverlässig sein, man muss, wenn in ein Wissensgebiet eingeführt wird oder dieses erweitert wird, den Informationen vertrauen können. Interessant ist dabei, dass z. B. Kinder bis zum Alter von ca. 5 - 7 Jahren vor allem dem Weltwissen der Erwachsenen vertrauen und nicht dem Wissen, dass sie von Gleichaltrigen erhalten. Zuverlässigkeit (Reliabilität) ist für die Weitergabe von Wissen von entscheidender Bedeutung. Ohne die Zuverlässigkeit der Informationen und der Fähigkeit zur Perspektivenänderung (vom Ich zum Du und Wir) hätte es, ontogenetisch gesehen, keine Entwicklung der Sprache gegeben. Tomasello (2020) hat dies sehr schön mit dem Beispiel der Jagd auf einen Hirsch dargestellt: Wenn ich zum Lagerplatz zurückkomme und die anderen in der Gruppe darüber informiere, dass es am Fluss einen Hirsch zum Jagen gibt, muss diese Information zuverlässig sein, sonst würde sich mein Gegenüber nicht mehr darauf einlassen, meiner Aufforderung ein zweites Mal zu folgen. Formen der Informa onsweitergabe z. B. Vortrag Sprache Formen des Miteinandersprechens z. B. Diskussion Wissen und Kultur Wissen und Kultur Abbildung 1: Sprache vermittelt Wissen und Kultur Im Laufe der Entwicklungsgeschichte der Menschheit wurden also ganz unterschiedliche Methoden zur Weitergabe von Wissen und der Vermittlung von Fachinhalten entwickelt. 16 1 Konzeptioneller Rahmen für die Vermittlung von Wissen und Kultur <?page no="17"?> 1.2 Lehrmethoden zur Vermittlung von Wissen Dabei wird die Frage, was jetzt gute und effektive (kommunikative) Methoden zur Vermittlung von Wissen sind, schon sehr lange diskutiert. Schon Cicero (106 - 43 v. Chr.) hat sich im damaligen Rom mit der Frage auseinandergesetzt, wie man am besten unterrichtet. Die Frage nach dem „ gut “ und den Methoden im Zusammenhang mit der Vermittlung von Wissen sollte aber besser ersetzt werden durch Fragen wie „ Gut für welche Ziele? “ , „ Gut für wen? “ und „ Gut unter welchen Umständen? “ Dazu, wie man mit diesen Fragen umgehen kann, findet man in vielen Fachdisziplinen, die sich mit dem Unterrichten auseinandersetzen, interessantes und valides Wissen. Schließt man sich diesen Fragen und der Auffassung, die ihnen zugrunde liegt, an (wie u. a. Joyce et al., 2014), dann ist die Suche nach der einen, besten, effektivsten, lernwirksamsten Methode zur Vermittlung von Wissen ein fragliches Unterfangen. Methoden des Unterrichtens werden aufgrund bestimmter Auffassungen von der Natur des Menschen und - daraus folgend - bestimmter Arten von Lernzielen und Verfahren entwickelt, ausgeformt oder verwendet, da sie diese Auffassungen jeweils zu fördern vermögen. Deshalb sind sie auch jeweils nur für das wirksam, wofür sie vorrangig entwickelt worden sind. Damit werden bestimmte Ziele in den Vordergrund gerückt und zu ihrer Erreichung bestimmte unterrichtliche Vorgehensweisen, Unterrichtsverfahren oder -methoden sowie zugehörige Aktivitäten ausgewählt und zugeordnet. Andere Ziele und durchaus wirksame Vorgehensweisen werden dagegen (manchmal notwendigerweise) vernachlässigt ( Joyce, et al., 2014). Beispiel: Wenn man der Auffassung ist, es sei dem Menschen eigen, die Welt zu verstehen, indem man sich Wissen aneignet, organisiert, Probleme erspürt und Lösungen für sie entwickelt, dann konzentriert man sich auf den Aspekt Informationsverarbeitung. In diesem Fall ist u. a. der Fachvortrag, die Vorlesung, ein geeignetes Verfahren. Denn Vorlesungen haben zum Ziel, Wissen zu vermitteln, und sind darin auch sehr effektiv (Klinzing, 1998). Andere Ziele der Bildung und Ausbildung, wie z. B. der Aufbau sozialer Kompetenz und die Entwicklung selbständigen Lernens, werden beim Vortrag oder der Vorlesung allerdings vernachlässigt, wenn nicht gar verhindert. Bei den Unterrichtsmethoden geht es nicht nur darum, bestimmte Unterrichtswirkung zu erzielen. Unterrichtsverfahren bergen in sich auch indirekte, 1.2 Lehrmethoden zur Vermittlung von Wissen 17 <?page no="18"?> erzieherische Effekte und Auswirkungen, die bei ihrer Verwendung ebenfalls erreicht werden können. Direkte Auswirkungen beziehen sich auf die Bewältigung bestimmter Lernstoffe und Fertigkeiten (z. B. die Aneignung von Wissen sowie Fertigkeiten in der Organisation von Wissen im Rahmen einer akademischen Disziplin) und bilden die Grundlage für die unterrichtlichen Aktivitäten, mit deren Hilfe sie bewältigt werden sollen. Sie lenken die Lernenden in bestimmte Richtungen. Indirekte Wirkungen werden dagegen durch das Erleben, die Erfahrungen mit und innerhalb des Unterrichtsverfahrens sowie der Lernumgebung, die dieses schafft, vermittelt. Beispiel 1: Die Präsentation, die Vorlesung, die Unterweisung ist u. a. ein effektives Verfahren, um große Wissensbestände zu vermitteln. Doch werden beim Vortrag andere Effekte (indirekte Effekte) der Bildung und Ausbildung, wie z. B. der Aufbau sozialer Kompetenz und die Entwicklung selbständigen Lernens, vernachlässigt, wenn nicht gar verhindert. Beispiel 2: Eine Konkurrenz zwischen den Lernenden kann zur Erreichung direkter Effekte anspornen, aber die Atmosphäre einer Konkurrenzsituation kann Lernende auch miteinander verfeinden (indirekter Effekt). Unterrichtsmethode Wirkung A: wünschenswert? Wirkung B: wünschenswert? Wirkung C: wünschenswert? Tabelle 1: Wirkung von Unterrichtsmethoden Somit haben wir in Unterrichtsmethoden und bei der Weitergabe von Wissen direkte Instruktionseffekte und indirekte oder erzieherische Effekte. Deshalb sollten Vorgehensweisen und Unterrichtsmethoden bei ihrer Auswahl daraufhin geprüft werden, welche Auswirkungen sie direkt anstreben, aber auch, welche Auswirkungen sie indirekt erreichen. Zum Beispiel kann ein Unterrichtsverfahren auch deshalb ausgewählt werden, weil es bestimmte indirekte, „ erzieherische “ Auswirkungen hat, auch wenn dabei die direkten Ziele nicht so effektiv erreicht werden. 18 1 Konzeptioneller Rahmen für die Vermittlung von Wissen und Kultur <?page no="19"?> Übung: Bitte fassen Sie den Grundgedanken der vorangegangenen Argumentation zusammen. Bitte entwerfen Sie mögliche sinnvolle Kombinationen von Ihnen bekannten Unterrichtsformen/ -methoden: 1.3 Argumente für und gegen die Vermittlung von Wissen in Form von Vorträgen Die Wissensvermittlung in Form von Vorträgen, Präsentationen oder Unterweisungen ist ein Verfahren oder eine Methode, um große Wissensbestände zu transportieren, und hat mehrere Vorteile. Dazu gehören z. B. die Punkte, dass • Grundlagenwissen schnell und zuverlässig vermittelt werden kann, • der Aufbau von Wissen schnell und effektiv erfolgen kann, • aktuelles Wissen schnell, flexibel und direkt vermittelt werden kann, • eigene Forschungsergebnisse kommuniziert und geteilt werden können, die sonst nirgendwo (oder noch nicht) verfügbar sind, • Zusammenhänge, die für das Publikum nicht sofort erkennbar sind, erfolgreich dargestellt werden können, • die Zuhörer an den Denkprozessen des Vortragenden teilhaben können, • eine Lehrperson mit einem Vortrag hunderte von Menschen erreichen kann und es sich zudem um ein kostengünstiges Format handelt und • ein soziales Ereignis oder eine soziale Situation geschaffen wird, die das Lernen indirekt in vielerlei Hinsicht unterstützen. Neben diesen Vorteilen gibt es aber auch Nachteile. Dazu zählen z. B. die Punkte, dass • ein hohes Maß an Passivität vorhanden ist, • man selbst nicht aktiv mitwirken und mitdenken kann, • die Erinnerungsfähigkeit so nicht sonderlich hoch ist und eine kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten schwer möglich ist. Die hier aufgeführten Vor- und Nachteile werden in dieser oder ähnlicher Form von Anhängern wie von Gegnern der monologischen Kommunikationsformen vorgetragen. 1.3 Argumente für und gegen die Vermittlung von Wissen in Form von Vorträgen 19 <?page no="20"?> Empirische Studien (vgl. McKeachie, 1990) hingegen zeigen, dass sich die Methode des Vortragens für das Vermitteln von Inhalten, die kurzfristig für eine Anwendung benötigt werden, oder als Motivation zu einem Thema oder als Einführung in ein Thema im Vergleich zu anderen Methoden als überlegen erweist, wohingegen bei einem langfristigen Behalten von Informationen der Vortrag anderen Methoden wie z. B. der Diskussion unterlegen ist. Ein weiteres interessantes Ergebnis zeigt sich beim Vergleich von traditionellen Vorlesungen und interaktiven Vorlesungen. Freeman et al. (2014) zeigen anhand einer Metanalyse von 225 empirischen Studien in MINT-Fächern in den USA, dass die Leistungen der Studenten in Veranstaltungen mit interaktiven Vorlesungen gegenüber Veranstaltungen mit traditionellen Vorlesungen in Bezug auf die durchschnittlichen Prüfungsergebnisse deutlich besser waren und dass die Wahrscheinlichkeit des Nichtbestehens in Veranstaltungen mit traditionellen Vorlesungen 1,5-mal höher war. Sehr gute Ergebnisse zeigen sich in Bezug auf die Behaltensleistung auch, wenn das Vermitteln der Fachinhalte interaktiv geschieht; dadurch erhöht sich auch die Motivation der Studierenden. Interaktive Vorlesungen kombinieren und koppeln zusätzliche Methoden, um die Behaltensleistung, das Interesse und die Motivation zu fördern. 1.4 Integration verschiedener Komponenten für das effektive Vortragen und die Vermittlung von Wissen Effektives Vermitteln, Unterweisen und Vortragen ist ein zentraler Teil eines sorgfältig konstruierten Prozesses, der aus verschiedenen Komponenten besteht, die so koordiniert und aufgebaut sind, dass sie sicherstellen, dass • Wissen aufgebaut wird, • Wissen geteilt wird, • die Lernenden in der Lage sind, sich aktiv an diesem Vermittlungsprozess zu beteiligen, • die Reflexion gefördert wird, • Einblicke in das eigene Wissen ermöglicht werden, • die Motivation zum Lernen geschaffen wird, • ein produktives Lernklima möglich ist. Um dies zu erreichen, werden die dafür wichtigen Bestandteile für das Vortragen, Vermitteln und Unterweisen integriert. Für das effektive Vermitteln, Vortragen und Unterweisen sind dies Planung und Kontextfaktoren, Verhaltens- 20 1 Konzeptioneller Rahmen für die Vermittlung von Wissen und Kultur <?page no="21"?> dimensionen und die dazugehörenden kommunikativen Fertigkeiten, Strategien zur Unterstützung der Lernenden und kooperative Methoden. Integration der Elemente für effektives Vermitteln und Vortragen Notwendig für Ausführlich in Planung und Kontextfaktoren Formulieren der Lernziele Adressaten Äußere Gegebenheiten Kapitel 2: Planung und Kontextfaktoren für die Vorbereitung von Vorträgen Verhaltensdimensionen Klarheit und Struktur Motivation und Interesse Lernklima und Atmosphäre Variation, Flexiblität und Evaluation Kapitel 4: Dimension Klarheit Kapitel 5: Dimension Motivation und Interesse Kapitel 6: Soziales Lernklima und soziale Atmosphäre Kapitel 14: Inhalte des Trainingsprogramms Kommunikative Fertigkeiten Effektivität und Angemessenheit Kapitel 3 - 14 Nonverbales Verhalten Effektivität und Angemessenheit Kapitel 7: Nonverbales Verhalten Strategien zur Unterstützung Visualisierung Kapitel 8: Visualisierung Kooperative Methoden Kombination von Präsentation und Unterweisung mit kooperativen Methoden Kapitel 9: Kooperative Methoden Tabelle 2: Komponenten für effektives Vermitteln und Vortragen 1.4 Integration verschiedener Komponenten für das effektive Vortragen 21 <?page no="22"?> 2 Planung und Kontextfaktoren für die Vorbereitung einer Präsentation Kontextfaktoren Nützlich für Lernziele Nachhaltigkeit und Motivation des Lernens Adressaten Berücksichtigung der Motive und Erfahrungshintergrund der Anwesenden Äußere Gegebenheiten Organisation und Planung Tabelle 3: Kontextfaktoren Kontextfaktoren sind bei der Vorbereitung von Präsentationen und Vorträgen zu berücksichtigen und umfassen die Punkte Lernziele, Adressaten und äußere Gegebenheiten. Die Art und Weise der Vorbereitung hängt davon ab, wie ausführlich und wie lange bestimmte Inhalte vorgetragen werden. Für die Vorbereitung sind die drei folgenden Kontextfaktoren zu berücksichtigen: Lernziele, Adressaten und äußere Gegebenheiten. 2.1 Lernziele Die Erstellung und Weitergabe von Lernzielen bzw. Vortragszielen ist ein wichtiger Faktor für effektives Vermitteln und Vortragen. Klare Lernziele verbessern die Nachhaltigkeit des Lernens und die Motivation (Hattie, 2013). Wenn Sie möchten, dass Ihre Adressaten mit Ihrer Präsentation oder Ihrem Vortrag nicht nur unterhalten werden (was legitim ist), sondern wenn Sie dabei mithelfen wollen, dass die Adressaten auch etwas lernen, empfiehlt sich die Verwendung von Lernzielen. Dies ist der erste Schritt, um zu einem nachhaltigen und bedeutungsvollen Lernen zu kommen. Egal ob Sie ein Seminar, einen Kurs oder nur eine Unterrichtseinheit planen: wirksames Vermitteln und daraus resultierendes Lernen benötigen klar definierte Ziele. Zur Bestimmung von Lernzielen wurden von Bloom et al. (1956) Taxonomien für Lernziele für den kognitiven, affektiven und psychomotorischen Bereich entwickelt. Diese Lernzieltaxonomien wurden und werden weltweit erfolgreich eingesetzt und gelten mit als bekannteste Taxonomien im Bereich der Lernziele. <?page no="23"?> Lernziele helfen uns für die Planung und die Reflektion dessen, was wir inhaltlich erreichen wollen. Ein weiterer bekannter Ansatz zur Formulierung von Zielen für den Unterricht wurde von Robert Mager (1975) entwickelt. Seine Perspektive ist aktionsorientiert und spezifisch im Sinne von Verhaltenszielen. Diese beschreiben das Verhalten, die Bedingungen und die Bewertungskriterien für das gezeigte Verhalten. 2.1.1 Spezifische Lernziele Neben den allgemeinen Zielen, die bei einem Vortrag zu beachten sind, wie z. B. die Vermittlung von Allgemeinwissen oder der Überblick über ein Thema, sind auch spezifische Ziele bei der Vermittlung von Fachinhalten und Wissen hilfreich und oft notwendig. Ein Ziel beschreibt auf unterschiedlichen Ebenen, was die Lernenden wissen oder können müssen. Wenn diese Ziele fehlen, ist es schwer, die Wirksamkeit der Vermittlung oder des Unterrichtens zu bestimmen. Wenn keine Lernziele formuliert werden, fehlt daher die sichere Grundlage für die Auswahl weiterer Methoden, um die Inhalte zu vertiefen. Daher ist es wichtig, dass Sie eine klare Vorstellung davon haben, was die Lernenden am Ende des Fachvortrags oder des Unterrichtens wissen und können sollten. Durch eine klare Beschreibung von Lernzielen können Sie z. B. auch Tests anschließen, die den Lernerfolg feststellen. Die im Folgenden beschriebene Vorgehensweise eignet sich, um das angestrebte Verhalten zu beschreiben: • Benennen Sie die Kennzeichen und die Art des Verhaltens sowie die Merkmale des Lernerfolgs, damit der Lernende das Ziel erreicht. • Versuchen Sie, das gewünschte Verhalten und die Merkmale des Lernerfolgs genauer zu bestimmen, indem Sie seine wichtigsten Voraussetzungen kennzeichnen. • Geben Sie als Maßstab für das gewünschte Verhalten an, wie gut das Verhalten geäußert werden muss, um als zufriedenstellend zu gelten. Es handelt sich erst dann um die Beschreibung eines Lernziels, wenn die oben genannten Merkmale vorhanden sind, wenn also das von Ihnen angestrebte Verhalten klar formuliert ist. 2.1 Lernziele 23 <?page no="24"?> 2.1.2 Schritte zur Lernzielbestimmung Die Beschreibung des Lernziels soll zeigen, was die Lernenden ausführen müssen, um zu demonstrieren, dass das Ziel erreicht wurde. Da wir die Gedanken der anderen nicht erraten können, sind wir darauf angewiesen, den Grad des Verständnisses und den Umfang der Fertigkeiten durch Beobachtung des Verhaltens und der Leistungen zu bestimmen. Wir können aber dazu auffordern, Fragen mündlich oder schriftlich zu beantworten oder bestimmte Fertigkeiten unter Beweis zu stellen. Daher müssen die Lehrpersonen die Art des Verhaltens und die Merkmale des Lernerfolgs eindeutig bestimmen. Im Anschluss folgen drei Beispiele, wie generelle Lernziele durch spezifische Ziele genauer beschrieben werden können: 1. Beispiel Generelles Lernziel: Sie möchten, dass die Lernenden verstehen, wie eine Wärmepumpe funktioniert. Ein spezifisches Ziel würde lauten: „ Nach der Instruktion oder dem Unterricht müssen die Lernenden in der Lage sein, die drei Funktionsprinzipien der Wärmepumpe zu benennen und zu erklären. “ 2. Beispiel Generelles Lernziel: Sie möchten, dass die Lernenden wissen, wie Batterien recycelt werden können, und zwar unter Zuhilfenahme von Online-Fachjournalen, um relevante Informationen zu finden. Ein spezifisches Ziel würde lauten: „ Die Lernenden sollen mit Hilfe der drei wichtigsten internationalen Fachjournale mindestens fünf Verfahren kennenlernen, die zum Recycling von Batterien verwendet werden können. “ 3. Beispiel Generelles Lernziel: Sie möchten, dass die Lernenden die Ideen und Merkmale der Aufklärung verstehen. Ein spezifisches Ziel würde lauten: „ Wählen Sie einen Text aus Lessings „ Nathan der Weise “ und beschreiben Sie, welche Werte die drei von Ihnen ausgewählten Figuren in diesem Stück verkörpern und wie sich dies auf ihren Umgang mit anderen auswirkt. Lassen Sie die ausgearbeiteten Ergebnisse anschließend in der Gruppe diskutieren. “ 24 2 Planung und Kontextfaktoren für die Vorbereitung einer Präsentation <?page no="25"?> Übung: Formulieren Sie für das generelle Lernziel „ Anwenden von quadratischen Gleichungen “ ein spezifisches Lernziel. 2.2 Adressaten Bei der Vorbereitung und Planung einer Präsentation oder eines Vortrags sind auch die Adressaten zu berücksichtigen. Dabei sind folgende Fragen wichtig: Was sind die Motive für die Teilnahme? Die Motive für die Teilnahme an einer Veranstaltung sind zu Beginn nicht immer sofort klar. Die Beweggründe reichen von der freiwilligen Teilnahme, dem reinen Interesse am Thema, bis zur verpflichtenden Teilnahme, weil sonst keine Genehmigung für eine Prüfung oder Abschlussarbeit erteilt wird oder weil ein Arbeitgeber die Teilnahme an einem bestimmten Weiterbildungsthema oder Wissensgebiet wünscht. Welchen Erfahrungshintergrund haben die Adressaten? Ein gemeinsamer Erfahrungshintergrund in Bezug auf Alter, Bildung und Vorlieben ermöglicht oft einen besseren und leichteren Zugang zum Adressatenkreis. Dies ist besonders wichtig bei der Verwendung von Beispielen. Wenn ein gemeinsamer Erfahrungshintergrund vorhanden ist, können Beispiele effektiver und gezielter eingesetzt werden. Ist dieser gemeinsame Erfahrungshintergrund nicht vorhanden, müssen Beispiele, Vergleiche und Szenarien sehr sorgfältig ausgewählt werden, damit sie die Adressaten nicht verwirren oder irritieren. Was wissen die Adressaten? Diese Frage ist am schwierigsten zu beantworten. Wenn es sich um einen fortlaufenden Kurs handelt, der sich über mehrere Wochen oder Monate erstreckt, ist es möglich, im Laufe des Kurses immer mehr über den Wissensstand der Adressaten zu erfahren. Handelt es sich dagegen um eine einmalige Veranstaltung, haben Sie oft nicht die Möglichkeit, den Wissensstand der Adressaten herauszufinden. 2.2 Adressaten 25 <?page no="26"?> Eine gute Möglichkeit ist es, zu Beginn der Präsentation einen allgemeinen Überblick über das Thema in Form einer Hierarchie zu geben, um dann explizit den Bereich hervorzuheben, auf den Sie in Ihrer Präsentation näher eingehen möchten. Auf diese Weise lässt sich der Gesamtzusammenhang eines Themenbereichs schnell und effektiv darstellen. Sie erinnern diejenigen, die bereits mit dem Thema vertraut sind, noch einmal an das Thema, und geben denjenigen, für die das Thema neu ist, eine klare Struktur vor, indem Sie die wichtigsten Punkte aufzeigen, auf die Sie sich in dieser Präsentation konzentrieren werden. Was ist der Anlass für diese Veranstaltung? Wurde ich eingeladen oder habe ich selbst zu dieser Veranstaltung eingeladen? Wurde ich nur eingeladen, weil niemand anderes zur Verfügung stand? Arbeite ich im Auftrag eines Dritten, repräsentiere ich eine Firma/ eine Institution oder repräsentiere ich nur mich selbst? In welchem Kontext findet die Veranstaltung statt? Werden formale Anforderungen an mich gestellt? Wie ist die Atmosphäre? Sind die Adressaten ablehnend, zustimmend oder abwartend? Gibt es Probleme in dieser Firma oder Gruppe, die ich lösen soll? Versuchen Sie sich mit Hilfe der Fragen ein klares Bild über den Anlass der Veranstaltung zu machen. 2.3 Äußere Gegebenheiten Die Gruppengröße spielt eine wichtige Rolle, wenn es um die Auswahl der Technik, der Übungen und der Interaktion mit der Gruppe geht. Je größer eine Gruppe ist, desto schwieriger ist es, die Inhalte interaktiv zu präsentieren. Die Raumgröße beeinflusst auch das eigene Verhalten. In großen Räumen verwendet man mehr Gestik und Positionswechsel und sorgt damit für mehr Interesse und Aufmerksamkeit. Saubere Räume haben einen positiven Einfluss auf die Verarbeitung von Informationen. Kalte Räume führen zu Unwohlsein und beeinträchtigen die Fähigkeit zur Verarbeitung von Informationen. Auch der zeitliche Rahmen spielt eine Rolle. Halten Sie sich unbedingt an die zeitlichen Vorgaben. Wenn die Vorredner sich nicht an die Zeitvorgaben gehalten haben, kann es sein, dass Ihnen statt 30 Minuten nur noch 15 Minuten für den Vortrag zur Verfügung stehen. Bereiten Sie sich deshalb, wenn es sich um einen sehr wichtigen Vortag handelt, darauf vor, die Präsentation auch in der Hälfte der Zeit durchführen zu können. 26 2 Planung und Kontextfaktoren für die Vorbereitung einer Präsentation <?page no="27"?> Und bereiten Sie sich bezüglich der Medien so vor, dass der Vortrag zusätzlich auf einem weiteren Medium zur Verfügung steht und somit leicht und ohne große Verzögerung auf ein anderes Medium übertragen werden kann. Das nächste Schaubild zeigt, dass die Kontextfaktoren Lernziel, Adressaten und äußere Gegebenheiten sowie die Auswahl der Lernmethoden eine Auswirkung auf die Auswahl, die Gewichtung und die Reihenfolge der Informationen der Präsentation haben. Für diese Gewichtung sind immer die Vortragenden verantwortlich. Diese Kontextfaktoren sind wichtig und bei der Planung und Vorbereitung zu berücksichtigen. Kontextfaktoren Auswirkungen für alle Kontextfaktoren in Bezug auf Lernziele • Generelle • Spezifische Auswahl der Informationen Adressaten • Wissenstand • Erfahrungshintergrund • Atmopshäre Gewichtung der Informationen Äußere Gegegenheiten • Gruppengröße • Raumgröße • Zeitdauer Reihenfolge der Informationen Lehrmethoden • Präsentation • Gruppenarbeit • Diskussion Gewichtung der sozialen Interaktion Tabelle 4: Kontextfaktoren und ihre Auswirkungen 2.3 Äußere Gegebenheiten 27 <?page no="28"?> 3 Verhaltensdimensionen zur Vermittlung von Wissen Verhaltensdimensionen Nützlich für Klarheit und Struktur Gliederungsformen Grundstrukturen Motivation und Interesse Individuelles Interesse Situatives Interesse Soziales Lernklima und soziale Atmosphäre Kontrolle Regeln Affilliation Tabelle 5: Verhaltensdimensionen zur Vermittlung von Wissen Eine weitere wichtige Frage ist, wie man zu den Faktoren und Komponenten kommt, die für die Vermittlung von Wissen wichtig sind. Für die Ausarbeitung und Auswahl der übergeordneten Komponenten, die für die Vermittlung von Inhalten und Wissen in Form eines Fachvortrags oder einer Präsentation (monologischen Formen) wichtig sind, ist es entscheidend, zuerst die wesentlichen Verhaltensdimensionen zu definieren. Diesen werden dann effektive Fertigkeiten zugeordnet. Verhaltensdimensionen können als Kriterien für die Bewertung und Kategorisierung von Interaktionen verwendet werden (Argyle, 2017; Rupp, 2019) und finden in unserer täglichen Kommunikation ständig und automatisch statt. Anhand des folgenden Beispiels soll dies verdeutlicht werden. Wenn einem nach einem Vortrag die Frage gestellt wird: „ Wie war der Vortrag, dem Du gerade zugehört hast? “ , könnte eine Antwort lauten: „ Sehr gut, der Vortrag war klar, verständlich und interessant. “ Die Antwort „ sehr gut …“ wird somit auf einer allgemeinen, hohen abstrakten Ebene gegeben. Dies hilft uns, einen ersten Eindruck zu bekommen, und die Antwort spiegelt zwei Verhaltens- oder auch Wahrnehmungsdimensionen wider, nämlich die Klarheit und die Aufmerksamkeit. Doch die Antwort wird in der Regel keine spezifischen, konkreten Verhaltensweisen enthalten, um eine bessere Vorstellung davon zu bekommen, was genau bei diesem Vortrag als „ sehr gut “ bewertet wurde. Also <?page no="29"?> z. B.: „ Der Redner hat gezielt Überleitungen und Wiederholungen verwendet, um eine klare Struktur zu erzeugen. “ Verhaltensdimensionen sind also der Ausgangspunkt für die Entwicklung von konkreten Fertigkeiten, die wiederum für effektives Präsentieren und Vermitteln von Fachinhalten genutzt werden können. Folgende Verhaltensdimensionen sind für die Wahrnehmung und die Effektivität von Fachvorträgen von großer Bedeutung und werden den folgenden Ausführungen zugrunde gelegt: • das Herstellen von Klarheit für den Aufbau, die Gliederung und die Struktur eines Fachvortrags/ einer Präsentation und einer Unterweisung, • das Erzeugen von Motivation und Aufmerksamkeit beim Publikum während eines Fachvortrags/ einer Präsentation oder einer Unterweisung, • das Herstellen einer förderlichen Lernatmosphäre während eines Fachvortrags einer Präsentation oder einer Unterweisung. Verhaltensdimensionen geben also eine Richtung für Handlungsanleitungen vor und ermöglichen es, effektive (Ziel-)Verhaltensweisen/ -fertigkeiten (skills) zu identifizieren und zu operationalisieren, die wiederum diese Dimensionen unterstützen. Und die effektive und angemessene Verwendung solcher (Ziel-) Verhaltensweisen führt beim Publikum dazu, dass die Wahrnehmung (das Gefühl) entsteht, „ der Vortrag war klar strukturiert, es war interessant und ich habe mich wohlgefühlt “ . Zielverhaltensweisen/ -fertigkeiten (skills) sind wichtig, um sie in einem Training konkret zu üben. Die für dieses Buch ausgewählten Komponenten und Verhaltensdimensionen des effektiven Vortragens, Präsentierens, Anleitens und Unterrichtens von Fachinhalten beziehen sich auf die wichtigsten Dimensionen und Faktoren für eine effektive Wissensvermittlung und exzellente Lehre, die in der Forschung der letzten fünfzig Jahre gefunden wurden, und werden in jedem Kapitel mit den dazugehörigen Fähigkeiten vorgestellt. Dazu gehören die Komponeten Planung (Woolfolk, 2014), Lernziele (Bloom, et al. 1956) sowie die Dimensionen „ clarity “ (Bligh, 2000); Klarheit (Gage & Berliner, 1996; Klinzing, 1998; Jameson Boex, 2000); „ structuring “ (Bligh, 2000; Barkley & Mayor, 2018); Struktur (Gage & Berliner, 1996; Klinzing, 1998); Interesse (Klinzing, 1998); „ enthusiasm and engagement “ (Reyes-Fournier et al., 2020); „ knowledgable, creative and enthusiasm (Buskist & Kelley, 2018); „ enthusiasm and interest “ (Barkley & Mayor, 2018); Soziales Klima (Klinzing, 1998); Kontrolle & Affiliation (Rupp, 1998); „ affiliation and control “ (Brekelmans et al., 2011); „ respectfull “ (Kelley, et al., 2016). 3 Verhaltensdimensionen zur Vermittlung von Wissen 29 <?page no="30"?> Die oben genannten Dimensionen ergänzen sich perfekt, können aber auch in Konflikt zueinanderstehen. Wenn bei der Präsentation nur auf Klarheit und Struktur geachtet wird, werden die anderen Dimensionen vernachlässigt. Wenn man nur Interesse und Motivation wecken will, werden Klarheit und Struktur vernachlässigt. Liegt der Fokus nur auf einer angenehmen Atmosphäre, fehlen Struktur, Interesse und Motivation. Entscheidend ist es, die richtige Balance zwischen den Dimensionen zu finden, um Fachinhalte effektiv und angemessen zu vermitteln. Je nach Situation kann es dennoch notwendig sein, eine Dimension stärker zu betonen und zu berücksichtigen und längere Zeit einen Schwerpunkt auf eine Dimension zu legen, um ein bestimmtes Ziel beim Vortragen zu erreichen. Durch die Kombination der Dimensionen in Ihrer Präsentation schaffen Sie ein Umfeld, in dem Ihre Zuhörer den Inhalt besser verstehen, sich für das Thema interessieren und sich aktiv an dem gegenseitigen Austausch beteiligen können. Jetzt benötigen wir nur noch die kommunikativen Fertigkeiten (skills) um diese Dimensionen effektiv und angemessen umzusetzen. 3.1 Die Effektivität und Angemessenheit von kommunikativen Fertigkeiten (skills) Effektivität und Angemessenheit sind zwei wichtige Merkmale, um kommunikative Fertigkeiten für Interaktionsprozesse und interaktionsintensive Situationen zu erwerben, wie sie beim Vortragen und im Unterricht ständig gefordert sind. Effektivität ist für Fertigkeiten so definiert, dass sich beschreiben lässt, ob eine Fertigkeit geeignet ist, ein Ziel zu erreichen. Zum Beispiel benötige ich für einen Vortrag kommunikative Fertigkeiten, um einen Punkt besonders hervorzuheben. Auf der verbalen Ebene kann das mit der Formulierung umgesetzt werden: „ Dieser Punkt ist besonders wichtig. “ Auf der nonverbalen Ebene kann dies zusätzlich durch das Anheben der Stimme unterstrichen werden. Gleichzeitig ist eine Anwendung dieser Fertigkeit auch eine strukturfördernde Maßnahme. Diese effektiven Fertigkeiten werden in den jeweiligen Kapiteln, in denen die Verhaltensdimensionen beschrieben werden, detailliert vorgestellt. Der Einsatz solcher effektiven Fähigkeiten verbessert messbar die Qualität eines Vortrags oder einer Präsentation. 30 3 Verhaltensdimensionen zur Vermittlung von Wissen <?page no="31"?> Allerdings ist bei der Verwendung von Fertigkeiten die Effektivität nicht der einzige Faktor, der berücksichtigt werden muss. Auch die Angemessenheit der Verwendung ist von entscheidender Bedeutung. Angemessenheit bedeutet, die richtigen Fähigkeiten im richtigen Maß, zur richtigen Zeit, auf die richtige Art und Weise und für den richtigen Zweck einzusetzen. Angemessenheit bedeutet, mit vielen und unterschiedlichen Situationen zurechtzukommen. Um in einem Vortrag also z. B. auf die Wichtigkeit einer bestimmten Information hinzuweisen, kann dies, wie oben schon beschrieben, in Form eines verbalen Signals wie „ Dieser Punkt ist besonders wichtig “ geschehen. Der Vortragende weist auf die Wichtigkeit hin, indem er die Formulierung „ Wichtigkeit “ verwendet. Nun ist Wichtigkeit grundsätzlich ein sehr effektives kommunikatives Verhalten und kann als Verhalten identifiziert und beschrieben werden, das im Hinblick auf die Behaltensleistung der Zuhörer effektiv ist. Doch wenn der Vortragende diese Verhaltensweise in jedem einzelnen Satz verwendet, ist dieses Verhalten nicht angemessen. Das Verhalten ist nicht mehr wirksam, weil es unangemessen eingesetzt wird. Zudem gehört zur Angemessenheit auch die Fähigkeit, Normen, die für eine Situation gelten, in der Begegnung einzuhalten und zu respektieren. Allerdings gehört dazu auch die Möglichkeit, in einer kommunikativen Interaktion zu scheitern, und die Menschen, mit denen man interagiert, sollten gegenüber einem unangemessenen Verhalten bei der Verwendung einzelner Fertigkeiten Toleranz zeigen. Bei der Entwicklung unserer kommunikativen Fertigkeiten benötigen wir nun einmal sehr viele und vielfältige unterschiedliche Situationen. Entscheidend ist, dass wir aus der Verwendung von unangemessenen Verhaltensweisen lernen. Um ein Verhalten zu ändern, müssen wir darauf aufmerksam gemacht werden und wir benötigen effektive Zielverhaltensweisen, die uns helfen, uns in diese Richtung zu entwickeln und zu verändern und als Folge dessen auch effektiv und angemessen handeln zu können. Wenn uns solche effektiven Zielfertigkeiten zur Verfügung stehen, sind wir in der Lage, diese in ganz unterschiedlichen kommunikativen Situationen einzusetzen. Und effektive Fertigkeiten in kommunikativen Situationen sind wesentlich für den Erfolg. 3.1 Die Effektivität und Angemessenheit von kommunikativen Fertigkeiten (skills) 31 <?page no="32"?> Ausgehend von diesem Konzept und diesen grundsätzlichen Überlegungen werden im Folgenden die wichtigen Wahrnehmungsdimensionen und die damit verbundenen Fertigkeiten beschrieben, die für die Vermittlung von Wissen bei einem Vortrag, einer Präsentation, einer Unterweisung oder bei der Anwendung einer Lehrmethode wichtig sind. 32 3 Verhaltensdimensionen zur Vermittlung von Wissen <?page no="33"?> 4 Die Verhaltensdimension Klarheit Zur Verhaltensdimension Klarheit werden die Subdimensionen Gliederungsformen und Grundstrukturen gezählt. In den folgenden Abschnitten werden daher Gliederungsformen und Grundstrukturen behandelt, mit denen eine Präsentation oder ein Fachvortrag aufgebaut, gegliedert und strukturiert werden kann. Dies geschieht in der Regel in der Vorbereitung. Aber auch während des Vortragens ist es noch möglich, weitere strukturierende Elemente einzubauen. Eine klare, nachvollziehbare Struktur und Organisation der Präsentation ist ein wesentliches Merkmal und eine gute Voraussetzung dafür, dass die Präsentation verständlich und einprägsam ist. Entscheidend für die Verständlichkeit und die Einprägsamkeit einer Präsentation sind die äußere Gliederung, die inhaltliche Gliederung und eine klare Grundstruktur in Form von Hierarchie, sequenzieller Struktur oder Netzwerk (Bligh, 2000, Gage & Berliner, 1996; Klinzing, 1998). 4.1 Die Subdimension Gliederungsformen Gliederungsformen Nützlich für Äußere Gliederung Formale Gliederung Verständlichkeit Innere Gliederung Folgerichtigkeit der Gedanken Einprägsamkeit Tabelle 6: Subdimension Gliederungsformen 4.1.1 Äußere Gliederung einer Präsentation durch formale Gliederungsmerkmale Eine äußere inhaltliche Gliederung von Präsentationen wird durch formale Gliederungsmerkmale erreicht. Dabei zeigt eine Visualisierung den Aufbau der Präsentation. Gerade Präsentationen in der Wissenschaft, genauso wie Forschungsberichte und Fachtexte, zeichnen sich durch ein hohes Maß an formaler Gliederung aus. <?page no="34"?> 1. Gliederung mit Buchstaben und Ziffern (alphanummerische Gliederung) Teil A: Lateinische Großbuchstaben Kapitel I Römische Zahlen 1. Arabische Zahlen a. Lateinische Kleinbuchstaben α . Griechische Kleinbuchstaben 2. Gliederung mit Ziffern 1. 1.1 1.1.1 2. 2.1 2.1.1 Beispiel: Vierstufige Hierarchie, die beide Systeme miteinander verbindet. Es wäre leicht, noch eine fünfte Stufe einzuführen. A Einleitung I Problemstellung B Ziele II Allgemeine Ziele 1. Überblick 2. Zielebene 2.1 Grundlagen 2.2 Das Zielsystem Für die Übersicht zu Beginn einer Präsentation reicht eine Gliederung auf der ersten oder auch zweiten Ebene aus. Weitere Hierarchien und Gliederungspunkte können dann in Laufe der Präsentation hinzugefügt werden. Positives Beispiel mit einer Ebene: 1. Albert Bandura 2. Das triadisch-reziproke Modell 3. Prozesse eines selbstregulatorischen Systems Positives Beispiel mit einer zweiten Ebene: 1. Albert Bandura 2. Das triadisch-reziproke Modell 2.1. Selbstkontrolle 34 4 Die Verhaltensdimension Klarheit <?page no="35"?> 2.2. Selbstregulation 2.3. Selbstwirksamkeit 3. Prozesse eines selbstregulatorischen Systems Bei der äußeren Gliederungsordnung ist es wichtig, dass der Aufbau der Präsentation in Form einer Visualisierung sichtbar gemacht wird. Verbale und nichtverbale Verhaltensweisen helfen, die Strukturen des Vortrags zu unterstützen. Auf der verbalen Ebene gehören dazu folgende Verhaltensweisen: • gliedernde Vor- und Zwischenbemerkungen, z. B. „ ich komme jetzt zum nächsten Punkt “ oder „ ich komme jetzt zu Punkt drei “ , • ein deutlicher Hinweis, was besonders wichtig ist, z. B. „ Punkt zwei, die Selbstwirksamkeit in dem triadisch-reziproken Modell von Albert Bandura, ist besonders wichtig “ . Weitere verbale und nichtverbale Verhaltensweisen zur Förderung und Unterstützung von Gliederung und Struktur werden in Kapitel 4.3.1 ausführlich beschrieben. 4.1.2 Innere Gliederung einer Präsentation durch Folgerichtigkeit Neben der äußeren Struktur, die in Form einer Visualisierung wirkungsvoll dargestellt werden kann, ist bei der Präsentation auch eine innere Struktur wichtig. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die Sätze miteinander in Beziehung stehen und nicht einfach aneinandergereiht sind und dass es keine zwingende Logik im Gesagten gibt. Zudem ist darauf zu achten, dass die einzelnen Punkte nicht nur vorgelesen werden, ohne eine Überleitung auf den nächsten folgenden Hauptpunkt zu geben. Und die Informationen, die innerhalb eines Hauptpunktes präsentiert werden, müssen wiederum in einer sinnvollen Reihenfolge dargeboten und vorgetragen werden. Denn zu viele Gedankenabbrüche werden nicht honoriert und führen in Bezug auf die vorgetragenen Inhalte zu Verwirrung. 4.1 Die Subdimension Gliederungsformen 35 <?page no="36"?> 4.2 Die Subdimension Grundstrukturen Grundstrukturen Nützlich für Hierarchie Organisation von Wissen Sequentielle Struktur Darstellung linearer Prozesse Abfolge von Ereignissen Netzwerk Herstellung von Beziehungen zwischen Konzepten und Inhalten Tabelle 7: Grundstrukturen Grundsätzlich ist es wichtig, dass ein Vortrag ein klares Ziel hat, gut strukturiert ist und einer gewissen Logik folgt und damit sinnvolles Lernen ermöglicht. Die Theorie des Sinnvollen Lernens von Ausubel (1974) geht davon aus, dass sinnvolles Lernen den „ Erwerb von Bedeutungen “ beinhaltet. Dabei sollten drei Bedingungen erfüllt sein, damit sinnvolles Lernen stattfinden kann: Die neu dargebotenen Informationen müssen klar sein und sich auf das vorhandene Wissen der Lernenden beziehen. Die Lernenden verfügen über Vorwissen, das für die neuen Informationen relevant ist. Und es soll detailliertes Wissen in einem bestimmten Fach angeeignet werden. Eine gute und effektive Möglichkeit, dies zu erreichen, ist es, einen Vortrag mit Hilfe von Grundstrukturen zu organisieren. Zu diesen Grundstrukturen zählen • 1. die Hierarchie, • 2. die sequenzielle Struktur und • 3. das Netzwerk. 4.2.1 Hierarchische Struktur Wissen lässt sich sehr gut in einer hierarchischen Struktur organisieren und hierfür finden wir viele Beispiele im Alltag und in den jeweiligen Fachdisziplinen. Dabei werden die Inhalte oder Konzepte unter einem bestimmten einheitlichen Gesichtspunkt zusammengefasst. Dazu zählen auch bekannte Klassifizierungssysteme wie z. B. das Periodensystem in der Chemie: Das Periodensystem ist eine Liste aller chemischen Elemente, die nach ansteigender Kernladung geordnet sind. In der Biologie werden oft Verwandtschaftsbeziehungen von Organismen in Form eines Diagramms oder eines Stammbaums dargestellt. In der Betriebswirtschaftslehre ist die Darstellung der Organisation 36 4 Die Verhaltensdimension Klarheit <?page no="37"?> in Form eines Organigramms eine gute Möglichkeit, die Organisationshierarchie aufzuzeigen. In einem Organigramm können die Weisungsbefugnisse der jeweiligen Ebenen oder die jeweiligen Verantwortlichen für eine Ebene beziehungsweise eine Abteilung dargestellt werden. Für effektives Lernen sind Hierarchien von großem Wert, da sie helfen, Wissen zu organisieren und zu strukturieren, auch wenn die Struktur im Laufe der Zeit noch aus kleinen Abschnitten miteinander verbundener Ideen und Aussagen aufgebaut werden muss. Denn durch diesen Prozess kann das Wissen in verschiedenen Kontexten angewendet werden und es wird die Merkfähigkeit erhöht. Außerdem zeigen viele Forschungsergebnisse (Anderson, 2013), dass unser Gehirn Informationen gerne hierarchisch ordnet. Die Hierarchie ist eine häufig gewählte Form, um einen Inhalt darzustellen, wobei auch der Gesichtspunkt oder die Perspektive, unter der die Hierarchie aufgestellt wird, genannt werden muss. Anwenden der Struktur: Beispiel Organigramm: Das folgende Beispiel zeigt ein Organigramm mit vier Hierarchieebenen. Das Dreieck stellt die Perspektive dar, unter der das Organigramm beschrieben wird. In diesem Beispiel steht das Dreieck für die Perspektive „ Weisungsbefugnis “ . Es kann aber auch eine andere Perspektive gewählt werden: Z. B. kann das Organigramm dazu benutzt werden, um darzustellen, welche Abteilung besonders effektiv ist oder in welcher Abteilung dringende Verbesserungen der Prozesse benötigt werden. Auch die Hierarchieebenen sind zu berücksichtigen. Viele springen beim Vortragen von einer Hierarchieebene zur nächsten, ohne durch verbale Signale darauf hinzuweisen. Es muss immer deutlich sein, auf welcher Hierarchieebene sich die Vortragenden gerade befinden. Man kann z. B. eine Hierarchie darstellen und dann direkt mit einem der visualisierten Punkte beginnen. Mit einer Hierarchie zeigt man den Gesamtzusammenhang eines Themas, zeigt, wo das Thema oder der Punkt im Gesamtzusammenhang eingeordnet ist, und kann diesen Punkt dann direkt erklären. 4.2 Die Subdimension Grundstrukturen 37 <?page no="38"?> Gesichtspunkt: Bei der Hierachie ist der Gesichtspunkt oder die Perspektive (durch das Dreieck visualisiert) wichtig, unter der die Hierachie dargestellt wird. Eine Perspektive, unter der diese Hierachie dargestellt werden kann, kann z. B. die Weisungsbefugnis sein. Produk on C Abteilung A Abteilung B Wartung Stabstelle Geschä sleitung Gesichtspunkt Abbildung 2: Das Dreieck stellt den Gesichtspunkt „ Weisungsbefugnis “ dar, unter dem dieses Organigramm beschrieben werden kann 4.2.2 Lineare, sequenzielle Struktur Für die Erklärung eines Punktes selbst wird eine weitere Grundstruktur benötigt, die lineare, sequenzielle Struktur. Diese Struktur wird im nächsten Beispiel anhand des Märchens „ Hans im Glück “ der Gebrüder Grimm veranschaulicht. Hans im Glück Hans hatte sieben Jahre bei seinem Herrn gedient, da sprach er zu ihm „ Herr, meine Zeit ist herum, nun wollte ich gerne wieder heim zu meiner Mutter, gebt mir meinen Lohn “ . Der Herr antwortete „ du hast mir treu und ehrlich gedient, wie der Dienst war, so soll der Lohn sein “ , und gab ihm ein Stück Gold, das so groß als Hannsens Kopf war. Hans zog sein Tüchlein aus der Tasche, wickelte 38 4 Die Verhaltensdimension Klarheit <?page no="39"?> den Klumpen hinein, setzte ihn auf die Schulter und machte sich auf den Weg nach Haus. Wie er so dahin gieng und immer ein Bein vor das andere setzte, kam ihm ein Reiter in die Augen, der frisch und fröhlich auf einem muntern Pferde vorbei trabte. „ Ach “ , sprach Hans ganz laut, „ was ist das Reiten ein schönes Ding! Da sitzt einer wie auf einem Stuhl, stößt sich an keinen Stein, spart die Schuh und kommt fort, er weiß nicht wie. “ Der Reiter, der das gehört hatte, hielt an und rief „ ei Hans, warum läufst du auch zu Fuß? “ „ Ich muß ja wohl, da habe ich einen Klumpen heim zu tragen, es ist zwar Gold, aber ich kann den Kopf dabei nicht gerad halten: auch drückt mirs auf die Schulter. “ „ Weißt du was “ , sagte der Reiter, „ wir wollen tauschen, ich gebe dir mein Pferd, und du gibst mir deinen Klumpen. “ „ Von Herzen gern “ , sprach Hans, „ aber ich sage euch, ihr müßt euch damit schleppen. “ Der Reiter stieg ab, nahm das Gold und half dem Hans hinauf, gab ihm die Zügel fest in die Hände und sprach „ wenns nun recht geschwind soll gehen, so mußt du mit der Zunge schnalzen und `hopp hopp ‘ rufen “ . Hans war seelenfroh, als er auf dem Pferde saß und so frank und frei dahin ritt. Ueber ein Weilchen fiels ihm ein, es sollte noch schneller gehen, und fing an mit der Zunge zu schnalzen und „ hopp hopp “ zu rufen. Das Pferd setzte sich in starken Trab, und ehe sichs Hans versah, war er abgeworfen, und lag in einem Graben, der die Äcker von der Landstraße trennte. Das Pferd wäre auch durchgegangen, wenn es nicht ein Bauer aufgehalten hätte, der des Weges kam und eine Kuh vor sich her trieb. Hans suchte seine Glieder zusammen und machte sich wieder auf die Beine. Er war aber verdrießlich und sprach zu dem Bauer „ es ist ein schlechter Spaß, das Reiten, zumal wenn man auf so eine Mähre geräth wie diese, die stößt und einen herab wirft, daß man den Hals brechen kann, ich setze mich nun und nimmermehr wieder auf. Da lob ich mir eure Kuh, da kann einer mit Gemächlichkeit hinter her gehen und hat obendrein seine Milch, Butter und Käse jeden Tag gewiß. Was gäb ich darum, wenn ich so eine Kuh hätte! “ „ Nun “ , sprach der Bauer, „ geschieht euch so ein großer Gefallen, so will ich euch wohl die Kuh für das Pferd vertauschen. “ Hans willigte mit tausend Freuden ein: der Bauer schwang sich aufs Pferd und ritt eilig davon. … Dann trieb er seine Kuh weiter, immer nach dem Dorfe seiner Mutter zu. Die Hitze war drückender, je näher der Mittag kam, und Hans befand sich in einer Heide, die wohl noch eine Stunde dauerte. Da ward es ihm ganz heiß, so daß ihm vor Durst die Zunge am Gaumen klebte. … Hört, Hans “ , sprach der Metzger, „ euch zu Liebe will ich tauschen und will euch das Schwein für die Kuh lassen. “ 4.2 Die Subdimension Grundstrukturen 39 <?page no="40"?> „ Gott lohn euch eure Freundschaft! “ sprach Hans und übergab ihm die Kuh, und ließ sich das Schweinchen vom Karren losmachen und den Strick, woran es gebunden war, in die Hand geben. … Es gesellte sich danach ein Bursch zu ihm, der trug eine schöne weiße Gans unter dem Arm. … Dem guten Hans ward bang; „ ach Gott “ , sprach er „ helft mir aus der Noth, ihr wißt hier herum besser Bescheid, nehmt mein Schwein da und laßt mir eure Gans “ . „ Ich muß schon etwas aufs Spiel setzen “ , antwortete der Bursche, „ aber ich will doch nicht Schuld sein, daß ihr ins Unglück gerathet. “ Er nahm also das Seil in die Hand und trieb das Schwein schnell auf einem Seitenweg fort: der gute Hans aber gieng, seiner Sorgen entledigt, mit der Gans unter dem Arme der Heimat zu. … Als er durch das letzte Dorf gekommen war, stand da ein Scheerenschleifer mit seinem Karren: … „ Wie könnt ihr noch fragen “ , antwortete Hans, „ ich werde ja zum glücklichsten Menschen auf Erden: habe ich Geld, so oft ich in die Tasche greife, was brauche ich da länger zu sorgen? “ reichte ihm die Gans hin und nahm den Wetzstein in Empfang. … Darauf setzte er sich nieder und wollte sich zum Trinken bücken, da versah ers, stieß ein klein wenig an, und beide Steine plumpten hinab. Hans, als er sie mit seinen Augen in die Tiefe hatte versinken sehen, sprang vor Freuden auf, kniete dann nieder und dankte Gott mit Thränen in den Augen, daß er ihm auch diese Gnade noch erwiesen und ihm auf eine so gute Art und ohne daß er sich einen Vorwurf zu machen brauchte, von den schweren Steinen befreit hätte: das einzige wäre ihm nur noch hinderlich gewesen. „ So glücklich wie ich “ , rief er aus, „ gibt es keinen Menschen unter der Sonne. “ Mit leichtem Herzem und frei von aller Last sprang er nun fort, bis er daheim bei seiner Mutter war. Auszug aus KHM 83 Quelle: https: / / khm.li/ Impressum Anwenden der Struktur: In dem hier vorliegenden Märchen „ Hans im Glück “ der Gebrüder Grimm haben wir eine lineare, sequenzielle Struktur. Das bedeutet: Ein Punkt folgt auf den anderen. Hans bekommt Gold, … dann ein Pferd, … dann eine Kuh, … dann ein Schwein, … dann eine Gans, … dann einen Schleifstein und am Schluss das Glück. Man kann beim Erzählen in der Reihenfolge nicht viel falsch machen. Allerdings können die einzelnen Strukturpunkte noch unterschiedlich stark ausgeschmückt werden. 40 4 Die Verhaltensdimension Klarheit <?page no="41"?> Gold: Das Gold ist so groß wie der Kopf von Hans. Das Gold wird in ein Tuch gewickelt. Das Tuch gehört Hans, der es von einem Freund bekommen hat, und das ebenfalls sehr wertvoll für ihn ist. Er setzt sich das Gold auf seine Schulter … Diese Punkte kann man noch weiter ausschmücken und gegebenenfalls mit weiteren Informationen versehen. Zum Beispiel: Welchen Wert hatte Gold in der damaligen Zeit? Was konnte man sich für seinen Gegenwert kaufen? Somit können die einzelnen Punkte ganz unterschiedlich ausgeschmückt und ergänzt werden. In vielen naturwissenschaftlichen oder ingenieurswissenschaftlichen Fächern und Wissensbereichen ist oft eine lineare Struktur vorgegeben. So lässt sich z. B. der Prozess einer Produktionseinheit immer mit einer Abfolge von Schritten darstellen. Ein Problem, dass dabei allerdings häufig bei den Vortragenden auftaucht, ist die Detailtreue. Jeder Teilschritt oder jeder Punkt innerhalb eines Prozesses wird ganz ausführlich erklärt. Dadurch geht aber bei denen, die zuhören, vor allem, wenn diese sich noch nicht sehr gut in einem Themengebiet auskennen, häufig der Überblick über den Gesamtprozess verloren und man kommt in Konflikt mit der Interessantheit. Auch beim Märchen vom Hans im Glück müssen nicht alle Punkte in aller Ausführlichkeit erklärt werden. Abhängig von unserem Ziel, den Adressaten und der Zeit müssen wir gegebenenfalls eine Auswahl treffen, an welchem Punkt wir länger verweilen und eine ausführlichere Beschreibung geben möchten. Konkret bedeutet dies, dass ich dann z. B. die Punkte Gold oder Gans ausführlicher und detaillierter beschreibe und andere Punkte wie Pferd und Kuh nur kurz erwähne. Durch die Darstellung der Gesamtstruktur erzeugen wir einen Gesamtüberblick über das Thema. Doch anschließend wähle ich nur einen Punkt aus, den ich in meinem Vortrag ausführlich beschreibe, analysiere und erkläre. Gesichtspunkt: Auch bei der sequenziellen linearen Struktur ist der Gesichtspunkt oder die Perspektive (durch das Dreieck visualisiert) wichtig, der beziehungsweise die dieser Geschichte oder diesem Märchen zugrunde gelegt wird. Eine Perspektive, unter der diese Geschichte erzählt werden kann, kann z. B. der Tausch sein. Der Tausch erfolgt vom Gold zum Pferd bis hin zum Schleifstein. Danach hat Hans anscheinend bei jedem Tausch ein schlechtes Geschäft gemacht. Doch nimmt man als Perspektive „ Glück “ , ergibt sich eine völlig neue Möglichkeit, das Märchen zu erzählen. Hier lautet die Botschaft: „ Die Minimierung von materiellen Dingen bringt Glück. “ Mit diesem Märchen kann man 4.2 Die Subdimension Grundstrukturen 41 <?page no="42"?> auf die große Bedeutung des Glücks im Leben hinweisen. Das Bedeutendste im Leben ist das Glück, nach Hause zu gehen und die Mutter wiederzusehen. In der damaligen Zeit erzählt, ergibt sich daraus eine weitere wichtige Aussage. Denn es handelt sich um ein sogenanntes klassisches „ Arme-Leute-Märchen “ . Was konnte man damals auch schon erreichen? Ist es wirklich möglich, durch sieben Jahre harter Arbeit reich zu werden? Ist es nicht besser, frei von aller Last zu sein und mit leichtem Herzen seine Mutter wiederzusehen? Bei der Präsentation von Fachwissen ergeben sich also viele Möglichkeiten, wenn wir eine klare Struktur wählen, die Details festlegen, die für uns wichtig sind und die wir vertiefen möchten, und einen Gesichtspunkt auswählen, unter dem die einzelnen Strukturpunkte erklärt werden. Gesichtspunkt Hans Gold Pferd Kuh ... Gans Glück Abbildung 3: Das Dreieck stellt den Gesichtspunkt „ Glück oder Tausch “ dar, unter dem die Geschichte erzählt werden kann 4.2.3 Vernetzte Struktur Sollen die Beziehungen zwischen einzelnen Punkten wie z. B. Konzepten oder Fakten dargestellt werden, kann dies in Form eines Netzwerkes umgesetzt werden. Durch diese Darstellung erklärt man die Konzepte oder Fakten nicht nur isoliert voneinander, sondern geht auch auf die Beziehung zwischen den einzelnen Konzepten oder Fakten ein. In einem Netzwerk beschreibt man also die Qualität der Beziehungen zwischen den einzelnen Punkten. Anwenden der Struktur: Um ein Netzwerk zu verdeutlichen, wird als Beispiel Qualitätskriterien für ein Produkt gewählt. Alle stehen miteinander in Verbindung und bilden ein Netzwerk. Die Abbildung zeigt die Verbindungen den einzelnen Kriterien. Das Netzwerk wird unter dem Gesichtspunkt „ Prozessqualität “ beschrieben. Gesichtspunkt: Die Abbildung zeigt Qualitätskriterien unter dem Gesichtspunkt der Prozessqualität. Doch sollen jetzt z. B. nicht nur die Termintreue und ihre Prozess- 42 4 Die Verhaltensdimension Klarheit <?page no="43"?> qualität beschrieben werden, sondern es wird eine Beziehung zwischen zwei Punkten ausgewählt und diese wird unter dem gewählten Gesichtspunkt erläutert. Es wird also nicht die Termintreue oder die Fehlerrate nur isoliert beschrieben, sondern die Prozessqualität der Beziehung zwischen Termintreue und Fehlerrate unter dem Gesichtspunkt der Prozessqualität. Dabei hilft den Vortragenden wieder eine Visualisierung, ein Netzwerk darzustellen, das Thema zu strukturieren und die Beziehungen deutlich zu machen. Fehlerrate Termintreue Produk vität Prozesskosten Gesichtspunkt Abbildung 4: Das Dreieck stellt den Gesichtspunkt „ Prozessqualität “ dar, unter dem die Beziehungen im Netzwerk beschrieben werden können 4.3 Die Klarheit der Ausführung Im vorigen Kapitel wurden die beiden Subdimensionen Gliederungsformen und Grundstrukturen der Verhaltensdimension Klarheit beschrieben, die einem Fachvortrag, einer Präsentation, oder einer Instruktion zugrunde gelegt werden können. Mit Hilfe dieser Grundstrukturen kann ein solcher Fachvortrag klar aufgebaut, gegliedert und strukturiert werden. Dies geschieht bei der Vorbereitung. Aber auch während des Vortragens sind weitere Maßnahmen und Fertigkeiten notwendig, um die vorbereitete Gliederung zu stützen um den Vortrag oder die Instruktion klar, verständlich und einprägsam werden zu lassen. In diesem Kapitel folgen Fertigkeiten, die die Klarheit der Ausführung fördern und verbessern. 4.3 Die Klarheit der Ausführung 43 <?page no="44"?> Dazu gehören Fertigkeiten, die • das Mitdenken und die Einordnung der neuen Inhalte erleichtern und eine klare Struktur bei den Zuhörern aufbauen, • die Integration der neuen Informationen in das bereits vorhandene Wissen und damit die Einprägsamkeit fördern, • durch Klarheit des Sprechens die Aufnahme der Informationen erleichtern. Diese Fertigkeiten können für Erklärungen, Instruktionen, kurze oder lange An-/ Einweisungen, spontane Antworten auf Fragen sowie alle dialogischen kommunikativen Situationen verwendet werden, bei denen es notwendig ist, einführende oder weiterführende Informationen zu vermitteln. Entscheidend ist immer einzig das Kriterium, dass Informationen „ fließen “ , also weitergegeben werden. Weitere Maßnahmen und Fertigkeiten, die den Vortrag darüber hinaus interaktiv machen und dadurch Interesse, Aufmerksamkeit und auch wieder die Einprägsamkeit fördern, werden im Kapitel „ Motivation und Interesse “ beschrieben. 4.3.1 Fertigkeiten, die zu Beginn eines Vortrags oder einer Präsentation den Aufbau einer klaren Struktur fördern Fertigkeiten Nützlich für Inhaltlicher Überblick Gedankengang hervorheben Methodischer Überblick Vorgehensweise aufzeigen Ziele und Thema Bezugsrahmen herstellen Tabelle 8: Fertigkeiten für den Aufbau einer Struktur Wie oben dargestellt, sollte ein Fachvortrag entlang der Struktur und der Hauptgedanken aufgebaut sein. Diese Hauptgedanken bieten ein Gerüst, an dem die Details und die weiteren Informationen entwickelt, festgemacht und eingeordnet werden. Wenn Sie diese Hauptgedanken, die Struktur, vermitteln, wissen die Zuhörer immer, an welcher Stelle Sie gerade sind. Dadurch fördern Sie das aktive Mitdenken, das Einordnen in ein anderes Wissen und das Behalten. 44 4 Die Verhaltensdimension Klarheit <?page no="45"?> Um dies zu unterstützen, können Sie folgende Fertigkeiten am Beginn, im Verlauf und am Schluss eines Vortrags einsetzen: A. Inhaltlichen Überblick geben Die kurze Beschreibung der wichtigsten Inhalte einer Präsentation, die Hervorhebung und Offenlegung der Gliederung, bietet den Anwesenden eine Fokussierung (Chilcoat, 1987). Sie lenkt die Aufmerksamkeit auf den Gedankengang der Präsentation, seine wesentlichen Punkte und deren Verknüpfung. Durch eine solche Übersicht können die Zuhörer von vornherein zwischen Hauptthemen und erläuternden Details unterscheiden und so besser mitdenken. Zudem dient eine solche Übersicht auch der Vorstrukturierung des Inhalts. Sie kann an der Tafel, auf der Flipchart, anhand einer PowerPoint-Präsentation oder in ausgehändigten Unterlagen dargestellt werden. B. Methodischen Überblick geben Neben den inhaltlichen Punkten, die in einem Überblick gegeben werden, ist bei einer interaktiven Präsentation auch der Hinweis auf die in diesen Interaktionsprozessen eingesetzten Methoden wichtig. Indem zu Beginn der Präsentation erklärt wird, was methodisch passieren wird, werden alle in den Gesamtprozess einbezogen, wird Vertrauen geschaffen, die Atmosphäre verbessert und die Dominanz der Vortragenden reduziert. Beispiel: „ Wir werden uns heute mit dem Thema ‚ Ontogenese der Kommunikation ‘ beschäftigen. Es werden die zentralen Punkte x, y, z vorgestellt, dann gibt es nach jedem zentralen Punkt eine Pause, bei der Sie die Möglichkeit haben, in 3er-Gruppen für ca. 10 Minuten den Inhalt zu vertiefen, um dann anschließend die Ergebnisse im Plenum zu diskutieren. Dann werde ich noch einmal die genauen Anforderungen für die einzelnen Aktivitäten erläutern. Gibt es zu diesem Ablauf noch Fragen? “ C. Ziele und Thema angeben Auch die Vermittlung der Ziele, d. h. dessen, was die Adressaten aus der Präsentation mitnehmen sollen und was sie danach tun können müssen, und die Benennung des Themas und des Inhalts geben den Adressaten einen Bezugsrahmen, einen Fokus, der es ihnen erleichtert, aktiv mitzudenken und den neuen Stoff mit dem bereits vorhandenen Wissen zu verknüpfen. Die Benennung des Ziels und des Themas hat also die Funktion, die Adressaten auf das vorzubereiten, was Sie sagen wollen, hat eine strukturbildende und verknüpfende Wirkung. 4.3 Die Klarheit der Ausführung 45 <?page no="46"?> Beispiel: „ Das Thema der heutigen Vorlesung ist die individuelle Kommunikationsfähigkeit für eine Präsentation. Ziel der Vorlesung ist es, dass Sie die einzelnen Fertigkeiten sowie die Bedeutung von Effektivität und Angemessenheit im Hinblick auf das Verhalten kennenlernen. “ Häufig werden jedoch zu Beginn eines Sachvortrags Formulierungen verwendet wie: „ Sie wissen, worum es heute geht “ oder „ Wer weiß, welches Thema heute behandelt wird? “ Sicherlich wissen alle, was die wichtigsten Punkte in der bevorstehenden Vorlesung sein werden, und auch das Thema ist bekannt. Deshalb sind diese Formulierungen für den Einstieg nicht hilfreich. Stattdessen gibt es einen einfacheren und effektiveren Weg: Nennen Sie die Ziele und das Thema des Vortrags und geben Sie einen Überblick über das, was Sie vorhaben. Allerdings mag es auch nicht immer richtig sein und kann sogar zu Langeweile führen, zu Beginn immer Ziele und Thema zu nennen. Wenn Sie daher zunächst Interesse und Aufmerksamkeit für ein Thema wecken wollen, sollte ein anderer Beginn und Einstieg gewählt werden. Dazu kann z. B. ein Szenario oder ein Fall vorgestellt werden. 4.3.2 Fertigkeiten, die während eines Vortrags oder einer Präsentation das Mitdenken und Einordnen der Inhalte fördern Fertigkeiten Nützlich für Bedeutungshinweise Punkte hervorheben Überleitungssignale Gedankengang verdeutlichen Zwischenzusammenfassung Strukturieren und Einprägen Beispiele Erfahrungshintergrund nutzen Regel-Beispiel-Regel-Technik Integration von Wissen Szenario/ Fallbeispiel Sachverhalte verdeutlichen Analogie Zusammenhänge aufzeigen Vergleich Gegenüberstellung Metapher Zusammenhang übertragen Tabelle 9: Fertigkeiten zum Einordnen der Inhalte 46 4 Die Verhaltensdimension Klarheit <?page no="47"?> A. Verwendung von Bedeutungshinweisen/ Wichtigkeitshinweisen Bedeutungshinweise helfen, die wichtigen Punkte in der Vorlesung hervorzuheben, und sie ermöglichen eine Abstufung nach Wichtigkeit, eine Bewertung. Bedeutungshinweise heben besonders wichtige Aussagen oder Begriffe hervor und sie informieren die Zuhörer, dass man hier besonders aufmerksam sein sollte (Chilcoat, 1987). Es gibt drei Gruppen von Bedeutungshinweisen: 1. Verbale und nonverbale Hervorhebungsfertigkeiten: Verbale Hinweise machen darauf aufmerksam, dass jetzt eine besonders wichtige Information, ein besonders wichtiger Begriff oder ein besonders wichtiges Konzept präsentiert wird. Beispiel: „ Achten Sie besonders auf den folgenden Zusammenhang. “ „ Dieser Punkt ist besonders wichtig. “ „ Sehr wichtig in diesem Zusammenhang ist …“ Diese verbalen Bedeutungshinweise können auch mit Begründungen gegeben werden. Beispiel: „ Dieses Konzept ist von großer Bedeutung für das Verständnis von xy. “ Nonverbal erfolgt der verbale Hinweis durch eine Veränderung der Stimme in Form von Lautstärke und Tonhöhe (je wichtiger, desto lauter und höher), durch das Setzen einer gezielten Pause vor einem wichtigen Punkt, durch illustrierende Gesten, durch Veränderung der Körperhaltung und durch Mimik (Akzentuierung durch Stirnrunzeln und Hochziehen der Augenbrauen). 2. Aufzählung: Auch durch Aufzählungen vor der genauen Ausführung des Inhalts besteht die Möglichkeit, etwas Wichtiges zu betonen. Z. B.: „ Es gibt drei wichtige Gruppen von Bedeutungshinweisen, erstens … , zweitens … , drittens …“ . Diese Aufzählung kann durch Gesten unterstützt werden. 3. Wiederholungen gezielt einsetzen: Zudem kann auch durch gezielte Wiederholungen die Hervorhebung wichtiger Informationen und Begriffe erreicht werden. Dies ist besonders dann sinnvoll, wenn in der Präsentation neue, ungewohnte Begriffe eingeführt werden. Diese gezielte Wiederholung erfolgt unmittelbar nach der ersten Erwähnung des neuen Gedankens, Begriffs usw. und wird als separater Satz formuliert. Gezielte Wiederholungen können aber auch in anderen Abschnitten der Präsentation eingesetzt werden, um die Einprägsamkeit von wichtigen Begriffen und Informationen zu verbessern. B. Verwendung von Überleitungssignalen Ein guter Aufbau, also eine gute Gliederung der Instruktion oder der Präsentation, bietet eine gute Hilfe, um den Gedankengang der Vortragenden nachzuvollziehen (Chilcoat, 1987). Doch ein guter Aufbau allein reicht nicht aus, er 4.3 Die Klarheit der Ausführung 47 <?page no="48"?> sollte den Adressaten zudem immer wieder während des Vortrags offengelegt und verdeutlicht werden. Dies geschieht u. a. durch eine klare Abgrenzung von Vortragsabschnitten durch Überleitungssignale, damit die Zuhörer und Zuhörerinnen erkennen: Jetzt ist der Referent mit diesem Abschnitt fertig und es beginnt ein neuer. Solche Überleitungssignale sind verbale oder auch nichtverbale Hinweise beziehungsweise Formulierungen, die am Ende oder zu Beginn eines Vortragsabschnitts stehen und die dem Zuhörer verdeutlichen, dass ein Abschnitt nun abgeschlossen ist und ein nächster beginnt. Beispiel: „ Bisher habe ich das Bibliographieren beschrieben, im nächsten Teil, dem zweiten Teil meines Beitrags, werde ich darüber informieren, wie man Fachliteratur exzerpieren kann, also grundlegende Informationen aus einem Text festhalten kann. “ Mögliche Formulierungen sind auch z. B.: „ Ich komme nun zum nächsten Abschnitt; im zweiten Teil werde ich … “ Wenn Sie am Anfang Ihres Fachvortrags einen Überblick über die Gliederung Ihrer Präsentation gegeben und diesen schriftlich auf der Tafel, der Flipchart oder mit Hilfe einer PowerPoint- Präsentation gezeigt haben, können Sie diese Visualisierungen als zusätzliche strukturbildende Maßnahme bei Abschnittsgrenzen verwenden. Dadurch wird zusätzlich deutlich, wo Sie in der Gliederung jeweils sind. Die verbalen Überleitungstechniken können auch sehr gut mit nonverbalen Überleitungstechniken kombiniert werden. Nonverbale Signale können sein: ein deutliches Absenken der Stimme am Ende eines Abschnitts, verbunden mit Blickkontakt; eine kurze Sprechpause von etwa zwei Sekunden; das Senken des Blicks, z. B. auf das Manuskript; gefolgt von einem deutlichen Neubeginn mit etwas lauterer Stimme, verbunden mit einer Wiederaufnahme des Blickkontakts mit dem Publikum. Die Körperhaltung ist aufrecht, kombiniert mit einer leichten Drehung nach links oder rechts in Richtung des Publikums. Der Gesichtsausdruck zeigt ein freundliches Lächeln und unterstützt den Übergang. C. Verwendung von Zwischenzusammenfassungen Zwischenzusammenfassungen werden an wichtigen Abschnitten oder Übergängen während des Vortrags gemacht und stellen nochmals in kurzer Form die wichtigen Gedanken und den Kern der Informationen dar. Dabei haben Zwischenzusammenfassungen drei Funktionen: Erstens stellen sie eine wichtige Kennzeichung einer Gliederung dar, sie helfen, mitzudenken, und bieten somit eine weitere Möglichkeit der Strukturierung. Zweitens fördern sie durch das Wiederholen der wichtigen Gedanken das Behalten der Inhalte, die neuen 48 4 Die Verhaltensdimension Klarheit <?page no="49"?> Inhalte können so besser in das bereits vorhandene Wissen integriert werden. Und drittens kann man mit ihnen, wie auch bei der Zusammenfassung am Ende eines Vortrages, nochmals gezielt Schwerpunkte setzen, um dadurch auf die zentralen Hauptgedanken der vorgetragenen Informationen aufmerksam zu machen oder die bisher verwendete Struktur und Perspektive, unter der vorgetragen wurde, in Erinnerung zu rufen beziehungsweise aufzudecken. Beispiel: „ Wir haben nun zwei wesentliche Punkte beim Wissenschaftlichen Schreiben, das Bibliographieren und das Exzerpieren, behandelt. Wichtig bei diesen beiden Punkten ist, dass sie uns dabei helfen, eine Grundlage für unsere weitere Arbeit zu legen, und dass sie die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass wir fremde und eigene Gedanken deutlich auseinanderhalten können. “ D. Verwendung von Beispielen Beispiele sind Erklärungen für etwas Allgemeines, einen Einzelfall, einen Begriff, Regeln oder Gesetze. Beispiele sind geeignet, um Informationen und Begriffe, die dem vorhandenen Wissen und Erfahrungshintergrund der Adressaten noch unbekannt sind, zueinander in Beziehung zu setzen. Dies ist besonders effektiv, wenn der Erfahrungs-/ Wissenshintergrund der Adressaten bekannt ist und die Beispiele entsprechend ausgewählt werden (können) (Chilcoat, 1987). Allerdings ist dies nicht immer so einfach, wie es sich anhört, denn bei einem heterogenen Publikum gibt es oft keinen gemeinsamen Erfahrungshintergrund. Je älter die Referenten sind und je jünger das Publikum ist, je unterschiedlicher die Kultur der Referenten im Gegensatz zum Publikum ist, je unterschiedlicher die Zusammensetzung des Publikums ist, desto schwieriger ist es, die passenden Beispiele zu finden. Technologien, Filme und Musik, die vor 20 oder 30 Jahren bekannt und beliebt waren, können bei einem jungen Publikum zu Erstaunen führen, weil der gemeinsame Erfahrungshintergrund fehlt. Doch neue Begriffe und Informationen werden vor allem dann gut behalten, wenn sie an das Wissen und den Wissenshintergrund derAdressaten anknüpfen und mit diesem verbunden werden. Eine solche Verknüpfung mit bereits vorhandenem Wissen wird als Elaboration bezeichnet. Wenn eine solche möglich ist, kann die Verarbeitungstiefe der Informationen verbessert, das Gelernte mit anderen Gedächtnisinhalten in Beziehung gesetzt und die Wahrscheinlichkeit des Erinnerns erhöht werden. Vorsicht ist geboten, wenn nur ein Beispiel zum Aufbau der gesamten Präsentation verwendet wird. Dies ist in der Regel nicht durchzuhalten, weil es zu viele Ausnahmen gibt und das Beispiel nicht mehr seiner Bedeutung 4.3 Die Klarheit der Ausführung 49 <?page no="50"?> entsprechend verwendet werden kann. Dasselbe gilt für Beispiele, bei denen Menschen mit Tieren verglichen werden. Dies zeigt sich in Beispielen wie „ Der Mensch ist wie ein Wolf “ . Es gibt, so vermute ich, kein Tier, dass jemals von solchen Beispielen verschont wurde. Doch häufig treffen diese Beispiele nicht den Kern einer Überlegung oder eines zentralen Gendankens. Und wer weiß schon, wie ein Wolf oder ein Pferd wirklich denkt oder fühlt? E. Die Regel-Beispiel - Regel-Technik (rule - example - rule) Zur Integration von neuen Inhalten in bereits vorhandenes Wissen eignet sich auch die Regel-Beispiel-Regel-Technik (Gage & Berliner, 1996). Die Kombination von induktivem und deduktivem Verfahren, von Beispielen zu Begriffen, Feststellungen, Regeln, Gesetzen, ist eine besonders wirksame Verknüpfung. Dieses Muster • beginnt mit der Nennung des Begriffs/ einer Feststellung/ einer Regel, • dann folgen Beispiele, die den Begriff/ die Feststellung/ die Regel darstellen oder belegen, • und zuletzt schließt es mit der Wiederholung des Begriffs, der Regel oder der Feststellung ab. Beispiel: „ In Trainings zur Verbesserung der kommunikativen Fertigkeiten werden diese übergeordneten Wahrnehmungs- und Verhaltensdimensionen zugeordnet. Zum Beispiel werden die kommunikativen Fertigkeiten „ inhaltlicher Überblick “ und „ Ziel und Thema angeben “ der Dimension „ Klarheit in der Ausführung “ zugeordnet. Durch die Zuordnung von Fertigkeiten zu Wahrnehmungs- und Verhaltensdimensionen können diese besser behalten und in der jeweiligen Situation schneller abgerufen werden. “ F. Verwendung von Szenarien/ Fallbeispielen Ein Szenario oder ein Fall beschreibt oder veranschaulicht einen typischen Sachverhalt. Fallbeispiele können bei vielen Themen typische Situationen oder Probleme behandeln. Ein gutes Szenario oder Fallbeispiel stimmt nicht nur die Adressaten ein und kann am Beginn oder zu einem neuen Hauptpunkt eingeführt werden, sondern stellt, wenn es aus der Erfahrung der Zuhörer gewählt wird, auch eine Verknüpfung zu dem her, was den Zuhörern und Zuhörerinnen vertraut ist. Zudem kann es zu Beginn einer Präsentation auch Aufmerksamkeit erregen. Günstig ist es, im Verlauf des Vortrags immer wieder auf denselben Fall oder dasselbe Szenario zurückzugreifen. 50 4 Die Verhaltensdimension Klarheit <?page no="51"?> G. Verwendung von Analogien Hofstadter und Sander (2014) bezeichnen Analogien und Begriffe als das Herzstück von Erkennen und Denken. Ohne Begriffe gibt es kein Denken und ohne Analogien gibt es keine Begriffe. Analogien beflügeln das Denken und sind eine Ressource für die menschliche Kreativität, so die Autoren. Eine Analogie ist ein Vergleich zwischen zwei Dingen, die zwar unterschiedlich sind, aber in bestimmten Aspekten oder Eigenschaften Ähnlichkeiten aufweisen. Eine Analgoie kann verwendet werden um eine Idee, ein Konzept oder ein Objekt zu verdeutlichen oder zu erklären. Es werden dabei Parallelen zu etwas gezogen, das vertraut ist, damit es besser oder leichter zu verstehen ist. Analogien werden oft in der Biologie und auch in anderen naturwissenschaftlichen Disziplinen verwendet. Zum Beispiel sind die Flügel von Vögeln (Federn) und die von Fledermäusen (Flughaut) analog. In einem Vortrag erfolgt die Verwendung von Analogien, um dem Publikum noch unbekannte Vorgänge besser zu verdeutlichen. Zu diesem Zweck muss das Ereignis, das zur Verdeutlichung des vorzustellenden Ereignisses herangezogen wird, nicht nur dem neuen Ereignis ähnlich sein, sondern den Zuhörern auch bekannt sein. Auf diese Weise stellt eine Analogie Ähnlichkeiten zwischen zwei unterschiedlichen Konzepten, Prozessen, Gegenständen her und regen das Denken an. H. Verwendung von Vergleichen Ein Vergleich ist die Gegenüberstellung zweier oder mehrerer Sachverhalte. Dies können Themen, Gegenstände oder sprachliche Bilder sein. Dabei ist es wichtig, die Vergleichsgrundlagen und die Bezugspunkte zu nennen, mit denen man den Vergleich darstellen möchte. Anschließend werden Ähnlichkeiten oder Unterschiede ausgeführt und behandelt. Beispiel: Sie wollen Individualreisen mit Gruppenreisen vergleichen. Mögliche Vergleichsgrundlagen sind dann z. B. soziale Interaktion, Privatsphäre oder Flexibilität. I. Verwendung von Metaphern Eine Metapher ist eine Redewendung, die einen Vergleich zwischen zwei Dingen beschreibt, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben, aber gemeinsame Eigenschaften oder Qualitäten aufweisen. Sie wird verwendet, um eine Aussage zu treffen oder ein lebhaftes Bild im Kopf der Anwesenden zu erzeugen, indem ein Wort oder ein Satz verwendet wird, der eine Sache bezeichnet, um sich auf etwas anderes zu beziehen. Der Hintergrund oder 4.3 Die Klarheit der Ausführung 51 <?page no="52"?> der Zusammenhang selbst wird dabei nicht erklärt. Deshalb ist bei der Verwendung von Metaphern darauf zu achten, dass die Adressaten die gewählte Metapher auch ohne Erklärung verstehen. Beispiele: „ Der Hafen der Ehe “ , „ Die Nadel im Heuhaufen “ , „ Die Mauer des Schweigens “ . 4.3.3 Fertigkeiten, die die Klarheit in der Ausführung und damit die Aufnahme der Informationen fördern Fertigkeiten Nützlich für Sprechweise Verständlichkeit Sprechgeschwindigkeit, Lautstärke, Artikulation Informationsaufnahme und -verarbeitung Unbekannte Begriffe/ Dubletten Redefluss Satzstruktur Hauptbedeutungsträger Erklärende Bindeglieder Behaltensleistung Präzision Behaltensleistung Nichtverbale Strukturierung Grobstrukturierung der Inhalte Tabelle 10: Fertigkeiten zur Förderung der Informationsaufnahme A. Flüssigkeit der Sprechweise Unklare Ausführungen eines Sachverhaltes machen es schwierig, die Informationen, die vorgetragen werden, zu verarbeiten und aufzunehmen (Chilcoat, 1987). Dann wird viel Denkleistung und Aufmerksamkeit benötigt, um den Personen, die vortragen, zu folgen und die Aussagen zu verstehen. Zu unklaren Aussagen, die eine flüssige Sprechweise beeinträchtigen, zählen dysfunktionale Pausen, also Pausen, die keine Funktion - z. B. Aufmerksamkeit zu schaffen - haben, Pausen, in den häufig „ hmm “ , „ ääh “ oder andere Füllwörter verwendet werden, aber auch zögerliches Sprechen, Satzabbrüche, syntaktisch falsche Sätze oder schwer verständliche Sätze. Allerdings ist das gelegentliche Verwenden von „ ääh “ und Ähnlichem noch kein Hinweis auf eine schlechte Präsentation. So etwas lässt sich einfach nicht immer vermeiden. Nicht jeder Satz muss perfekt und flüssig vorgetragen werden. Vielmehr entscheidet die Häufigkeit der unklaren Aussagen und Sätze darüber, welchen Eindruck Sie vermitteln. Wenn Sie z. B. eine sehr komplexe Frage 52 4 Die Verhaltensdimension Klarheit <?page no="53"?> beantworten, kann dies beim Ausformulieren der Gedanken durchaus zu Stockungen oder Füllwörtern führen, aber auch als sehr interessant und spannend empfunden werden, weil eine neue, nicht erwartete Antwort nach und nach formuliert wird. Hier ein negatives Beispiel: „ Wir werden uns, äh, heute, äh, mit dem Thema, äh ‚ Ontogenese der Kommunikation ‘ beschäftigen. Also bitte nicht missverstehen … , ähm, ich werde dann die zentralen Punkte vorstellen … , oder vielleicht anders ausgedrückt, ähm, also die Entwicklung der Kommunikation … , [dann gibt es eine Pause], ähm … , bei der Sie die Möglichkeit haben zu fragen … , oder vielleicht machen wir es jetzt doch anders, das ist vielleicht praktischer, zuerst in 3er-Gruppen, dann … , ähm, das Plenum. … Oder vielleicht doch 4er-Gruppen. Gibt es noch Fragen zu diesem Ablauf ? “ Hier ein positives Beispiel: „ Wir werden uns heute mit dem Thema ‚ Ontogenese der Kommunikation ‘ beschäftigen. Also mit dem Prozess der Individualentwicklung in Verbindung mit Kommunikation. Zuerst werde ich die wichtigen Inhalte vortragen, danach gibt es die Möglichkeit, Fragen zu stellen, anschließend machen wir eine Gruppenarbeit und diskutieren die Ergebnisse im Plenum. “ B. Angemessene Sprechgeschwindigkeit, Lautstärke und Artikulation Auch eine angemessene Sprechgeschwindigkeit (Sprechtempo), die Lautstärke und die Artikulation helfen dabei, die Informationsaufnahme und -verarbeitung bei den Adressaten zu erleichtern (Chilcoat, 1987). Dazu gehört, dass Sie nicht zu schnell, zu langsam oder zu leise sprechen. Eine unklare Artikulation zeigt sich durch Nuscheln oder das Verschlucken von Endsilben. Viele Vortragende beginnen einen Satz zwar deutlich, die Satzenden werden dann aber oft verschluckt und nicht mehr deutlich artikuliert. Überakzentuieren Sie aber auch nicht jedes einzelne Wort. Denn auch dies erfordert eine erhöhte Aufmerksamkeit beim Zuhören. Wichtig bei Sprechgeschwindigkeit und Lautstärke ist vor allem der Wechsel dieser Formen. Sprechen Sie Wichtiges etwas langsamer und lauter, Unwichtiges können Sie auch etwas schneller und leiser sprechen. Entscheidend ist hier wirklich ein Wechsel, eine Variation der Sprechweise. Haben Sie auch keine Angst davor, dass Ihr Publikum erkennt, aus welchem Bundesland Sie kommen. Alle Akzente und Dialektfärbungen sind erfrischend 4.3 Die Klarheit der Ausführung 53 <?page no="54"?> und haben ihre Berechtigung. Gezielt eingesetzt, können sie ein wirkungsvolles Stilmittel sein. C. Unbekannte Begriffe klären/ Einsatz von Dubletten Verwenden Sie ruhig Fachbegriffe, wann immer nötig. Aus- und Weiterbildung ist ohne Fachbegriffe nicht möglich. Wenn allerdings (zu) viele unbekannte Fachbegriffe (zu Beginn) verwendet werden, steigt die Gefahr, dass Aufwand und Mühe für die Zuhörenden zu groß werden, herauszufinden, was diese bedeuten. Solche Versuche kosten Zeit und lenken von der Verfolgung des Gedankengangs ab. Erklären Sie unbekannte Fachbegriffe deshalb am besten immer gleich, wenn Sie diese verwenden. Oft ist man aber nicht sicher, ob ein Fachbegriff bekannt ist. Wenn Sie unsicher sind, ob der Fachbegriff bekannt ist, ist es effektiv, eine Dublette zu verwenden. Z. B.: Sie wollen den Fachbegriff „ Elaboration “ verwenden und sind sich nicht sicher, ob das Publikum diesen Fachbegriff kennt. Nennen Sie dann den Fachbegriff „ Elaboration “ und geben Sie im Anschluss folgenden Hinweis (ohne dass Sie die Rede z. B. mit einer Frage unterbrechen, wie „ Wer kennt den Begriff “ ? ): „ Elaboration, die Verknüpfung von neuem mit bereits vorhandenem Wissen “ . Auf diese Weise haben Sie den Redefluss nicht unterbrochen und können fortfahren. Diese Vorgehensweise eignet sich auch bei der Einführung von neuen Begriffen und Konzepten. Verwenden Sie immer wieder Dubletten, damit die Definition oder Bedeutung des Begriffs klar wird und sich einprägt. D. Angemessenheit der Satzstruktur Unter Satzstruktur verstehen wir allgemein, in welcher Reihenfolge Wörter oder Satzglieder angeordnet werden. Als ein Stilmittel in der Rhetorik wird oft empfohlen, kurze und einfache Sätze zu formulieren, oder es wird empfohlen, in einem Satz nicht mehr als 25 oder 30 Wörter zu verwenden. Allerdings lohnt es sich, bei der Vermittlung von komplexen Sachverhalten und Wissen darauf nicht zu achten. Wesentlich wichtiger ist es, dass Sie die wichtigen Begriffe und den wichtigen Teil des Satzes, also die Hauptbedeutungsträger, betonen. Dies erreichen Sie durch die Verknüpfung mit Sprechgeschwindigkeit, Lautstärke und Tonhöhe (Wichtiges wird etwas langsamer, lauter und betonter dargestellt). Damit bewirken Sie, dass auch komplexe Sätze in ihrer Bedeutung von den Zuhörern gut verarbeitet und verstanden werden. E. Erklärende Bindeglieder/ erklärende Verbindungen Auch indem Begriffe und Gedanken miteinander in Verbindung gesetzt werden, kann der zu vermittelnde Inhalt von den Zuhörern und Zuhörerinnen besser 54 4 Die Verhaltensdimension Klarheit <?page no="55"?> erfasst werden. Hiller et al. (1969) konnten in ihrer Untersuchung zu solchen „ explaining links “ zeigen, dass diese positiv mit Behaltensleistung in Zusammenhang stehen. Zu diesen erklärenden Bindegliedern gehören Präpositionen und Konjunktionen. Beispiele sind: „ an “ , „ auf “ , „ hinter “ , „ in “ , „ vor “ , „ wenn … dann “ , „ um … zu “ , „ deshalb “ , „ indem “ , „ so … dass “ , „ im Zusammenhang mit “ , „ aus diesem Grund “ , „ deshalb “ , „ dazu “ , „ obwohl “ , „ seitdem “ , „ trotzdem “ , „ während “ , „ wegen “ , „ nach “ , „ durch “ . Erklärende Bindeglieder sind wichtig, weil sie Sachverhalte oder Gegenstände in eine Beziehung zueinander setzen. F. Präzision im Ausdruck Vermeiden Sie ungenaue Formulierungen, Vagheit im Ausdruck und mangelnde Präzision. Nach Smith und Cotten (1980) und Chilcoat (1987) steht vor allem die häufige Verwendung von vagen und unbestimmten Ausdrücken in einem negativen Zusammenhang mit der Behaltensleistung. Dazu zählen die Autoren die hier aufgeführten Begriffe: Merkmal Beispiele Mehrdeutige Bezeichnungen Dinge, irgendwo, irgendwie Annäherungen so ungefähr, ein wenig, etwas, so gerade noch, so etwas wie, nicht sehr, oft, fast immer, beinahe, irgendwie, irgendwo Eindruck schinden, Versicherungen wirklich, echt, usw., wie dem auch sei, wie ihr wisst, natürlich, man Fehler einräumen es tut mir leid, Entschuldigung, ich schätze, lassen Sie mich raten Unpräzise Quantifizierungen ein paar, wenige, einige, verschiedene, ein Haufen Wahrscheinlichkeiten allgemein, im Allgemeinen, gewöhnlich, normalerweise, wahrscheinlich Möglichkeiten kann sein, möglicherweise, dürfte, vielleicht, scheint so, dass, nicht notwendigerweise Tabelle 11: Ungenaue Formulierungen Diese in Tabelle 11 aufgeführten Formulierungen kann man nicht komplett vermeiden und man sollte dies auch nicht tun. Jeder Ausdruck hat ja auch, je nach Situation, seine Funktion. Es gibt nun einmal Situationen, in denen man sich besser nicht ganz präzise ausdrückt. 4.3 Die Klarheit der Ausführung 55 <?page no="56"?> Z. B. ist die Verwendung von unpräzisen Formulierungen in vielen sozialen Situationen unbedingt notwendig. Es kann auch notwendig sein, sich selbst zurückzunehmen und Bescheidenheit und/ oder Höflichkeit zu zeigen, damit niemand durch eine Äußerung verletzt wird. Auch Verabredungen für ein erstes „ Date “ sind eher mehrdeutig. Die wenigsten werden z. B. folgende Formulierung wählen, um sich zu verabreden: „ Morgen, 16.7., um 20.30 Uhr, pünktlich im Lokal ‚ Krone ‘ . “ Eine häufig anzutreffende Formulierung würde wohl eher lauten: „ Könnten wir uns vielleicht morgen, so gegen 20.00 Uhr, in einem Lokal treffen? “ Und nicht zuletzt gibt es Comedians, die diese Formen absichtlich einsetzen, um Spannung zu erzeugen oder auf bestimmte Inhalte hinzuweisen. Für einen Vortrag gilt aber wieder: Die Häufigkeit der Verwendung macht den Unterschied. Wenn Formulierungen wie „ vielleicht “ , „ ungefähr “ , „ irgendwie “ , „ irgendwann “ zu häufig verwendet werden, erzeugt dies zu viele unpräzise und vage Möglichkeiten; der Vortragende vermittelt den Eindruck, dass er sich im Thema nicht auskennt. G. Nichtverbale oder nonverbale Strukturierungen Beim nichtverbalen oder nonverbalen Verhalten (Stimme, Mimik, Gestik, Körperhaltung und -bewegung, Bewegung im Raum) lassen sich zwei Einsatz-Möglichkeiten unterscheiden: die Strukturierung der Inhalte und die Grobstrukturierung. Strukturierung der Inhalte: Vor Beginn, innerhalb und am Ende eines Abschnitts können auch nichtverbale Signale genutzt werden, um zu strukturieren. Zum Beispiel werden Hauptpunkte durch lauteres, eindringlicheres, verlangsamtes Sprechen verdeutlicht und gekennzeichnet. Nebenpunkte werden durch schnelleres und etwas leiseres Sprechen gekennzeichnet. Unterstützt werden kann diese Kennzeichnung auch durch die Mimik (z. B. Stirnrunzeln und Hochziehen der Augenbrauen bei bedeutsamen Punkten) oder die Gestik (z. B. eine Gestik, die anzeigt, dass dieser Satz oder Abschnitt beendet wird, die Gestik wird weniger ausdruckstark, die Arme sind ruhig) oder die Köperhaltung (z. B. ein Zurücklehnen, wenn Satz oder Abschnitt beendet werden). Es bietet sich immer an, auch die Möglichkeiten des nichtverbalen Verhaltens zur Verdeutlichung der Redestruktur zu nutzen. Grobstrukturierungen: Grobstrukturierungen sind z. B. die Markierung von Anfang und Ende eines Vortrags durch eine Stellungsänderung im Raum; oder sich hinzusetzen, wenn diskutiert beziehungsweise Fragen beantwortet werden 56 4 Die Verhaltensdimension Klarheit <?page no="57"?> sollen; oder auf die Zuhörer und Zuhörerinnen zuzugehen (in den Raum hineinzugehen), wenn es um ein neues Thema, einen Exkurs, eine auflockernde Anekdote geht. (Ausführlich siehe Kapitel 7 „ Nonverbales Verhalten “ .) 4.3.4 Fertigkeiten für alle Phasen der Präsentation Fertigkeiten Nützlich für Notizen machen Einprägsamkeit und Grobstrukturierung Gliederungshilfen Aufbau und Gedankengang Wiederholungen Einprägsamkeit Zusammenfassungen/ Rückblick Einprägsamkeit und Nachstrukturierung Fragen Überprüfung, Vertiefung, Einübung Visualisierungen/ Abbildungen Einprägsamkeit und Strukturierung Tabelle 12: Fertigkeiten für alle Phasen der Präsentation A. Gelegenheit für Notizen/ zum Mitschreiben geben Handschriftliche Notizen zu machen oder mitzuschreiben, hat die Funktion des Strukturierens und verbessert die Einprägsamkeit und Leistung (Mueller & Oppenheimer, 2014; Reed, et al., 2016). Die Funktion der Strukturierung erreichen Sie, indem Sie bei wichtigen Begriffen oder Sachverhalten eine kurze Pause machen, damit mitgeschrieben werden kann. Zusätzlich erzeugen Sie auch eine Grobstrukturierung, indem Sie zu Beginn darauf aufmerksam machen, dass Sie an besonderen Abschnitten zusätzliche Zeit eingeplant haben, damit Notizen gemacht werden können. Für die Einprägsamkeit ist es gut, wenn Sie wichtige Begriffe auch an eine Tafel/ Flipchart schreiben oder in Form einer PowerPoint-Folie präsentieren. Erklären Sie zu Beginn, dass Mitschreiben die Behaltensleistung deutlich erhöht und Inhalte so besser gelernt werden können. Es gibt auch die Möglichkeit, handschriftlich auf Monitore (z. B. iPad) zu schreiben. Überdies stehen Apps zur Verfügung, die, falls erforderlich, die Handschrift in eine Textdatei umwandeln. Allerdings erhöhen besonders handschriftlich verfasste Notizen die Behaltensleistung. 4.3 Die Klarheit der Ausführung 57 <?page no="58"?> Es gibt zwar Vorbehalte gegen das Schreiben, aber es ist auch eine zentrale und wesentliche Fertigkeit, die der Förderung von Einprägsamkeit viele Vorteile bietet. Ermutigen Sie zum Mitschreiben und Notizen machen. B. Gliederungshilfen verwenden Gliederungshilfen sind Hinweise und Strukturstützen, die dem Publikum den Aufbau, die Gliederung, den Gedankengang eines Vortrags deutlich machen (Gage & Berliner, 1996). Sie helfen, innerhalb von Abschnitten zu strukturieren oder mehrere Themen untereinander zu ordnen. Solche Gliederungshilfen können vor allem dann eingesetzt werden, wenn Sie die Struktur der Präsentation nicht gleich zu Beginn durch einen Überblick, durch das Thema oder durch die Ziele deutlich gemacht haben, weil Sie z. B. Spannung erzeugen wollen und die Struktur deshalb bewusst erst im Laufe der Präsentation Schritt für Schritt entfalten. Zudem werden Gliederungshilfen an den Abschnittsgrenzen eingesetzt und lassen sich gut mit den Übergangssignalen kombinieren. Beispiel: „ Im ersten Teil meiner Präsentation habe ich mich heute mit der Bedeutung von Information für die Weitergabe von Wissen beschäftigt, mit einem Fokus auf der ‚ Ich-Perspektive ‘ . Im zweiten Teil werde ich mich mit der Bedeutung von Information für die Weitergabe von Kultur beschäftigen und dabei besonders die ‚ Du-Perspektive ‘ berücksichtigen. Beide Perspektiven sind wichtig, um das Thema „ Ontogenese der Kommunikation ‘ zu verstehen und einzuordnen. “ C. Wiederholungen gezielt verwenden Hauptaussagen gezielt zu wiederholen, dient nicht nur zu ihrer Kennzeichnung als wichtige Aussagen im Sinne einer Hervorhebungstechnik, eines Bedeutungshinweises. Gezielte Wiederholungen dienen auch der Einprägsamkeit. D. Zusammenfassung und Rückblick verwenden In einer Zusammenfassung wird der Kern der vermittelten Information, der Hauptgedankengang, in komprimierter Form nochmals dargestellt. Informationen werden komprimiert, indem • weniger wichtige und redundante Informationen, die das Verständnis der Hauptpunkte erleichtert haben (Beispiele, Erklärungen) oder ihr Behalten sichern sollten, weggelassen werden, 58 4 Die Verhaltensdimension Klarheit <?page no="59"?> • Einzelheiten in übergeordnete, abstraktere Begriffe eingeordnet werden (Vater, Mutter, Kinder gehören zum Oberbegriff Familie; Äpfel, Birnen, Orangen gehören zum Oberbegriff Obst) und somit wegfallen, • die Sätze so formuliert werden, dass sie die zentralen Aussagen in einen Zusammenhang bringen. Somit stellt eine Zusammenfassung eine gezielte Auswahl der vorgetragenen Informationen unter dem Gesichtspunkt ihrer Wichtigkeit dar. Damit dient sie zwei Zwecken: Einmal dient sie der Einprägsamkeit durch die Wiederholung der einzuprägenden Hauptpunkte. Sie dient aber auch der Nachstrukturierung, d. h., der wiederholten bzw. nachträglichen Organisation des vermittelten Wissens. Zusätzlich sollte damit auch die Absicht der Vorlesung oder des Fachvortrags nochmals deutlich werden ( „ Der Zweck des Vortrags war …“ , „ Meine Absicht war …“ ). Es können drei Arten von Zusammenfassungen unterschieden werden: • Chronologische Zusammenfassung (die Hauptpunkte des Vortrags werden in der Reihenfolge wiederholt, in der sie im Vortrag präsentiert wurden), • systematische Zusammenfassung (die Hauptpunkte werden, im Unterschied zum Vortrag, systematisch geordnet) und • Zusammenfassung mit einer neuen, überraschenden Folgerung E. Durch Fragen überprüfen Fragen können verschiedene wichtige Funktionen einnehmen. Dazu gehören z. B. das Überprüfen, Vertiefen, Einüben, Anregen und Strukturieren von Inhalten (Chilcoat, 1987; Borich 2015). Dabei überschneiden sich die Funktionen je nach Zeitpunkt und Vorgehensweise. Machen Sie das Publikum darauf aufmerksam, wie Sie mit Fragen umgehen und für welchen Zweck Sie diese einsetzen, indem Sie die methodischen Schritte vorstellen. (Siehe auch Fertigkeit „ Methodischer Überblick “ .) Beispiele: „ Ich werde nach jedem Abschnitt die Möglichkeit für Fragen geben. “ „ Sie haben am Ende der Präsentation die Möglichkeit, Fragen zu stellen. “ „ Ich werde Ihnen Fragen stellen, um die Inhalte der letzten Vorlesung in Erinnerung zu rufen. “ „ Ich werde Ihnen Fragen stellen, um die Inhalte der letzten Vorlesung zu vertiefen. “ Durch das Stellen von Fragen können Sie überprüfen, ob die Inhalte, die Sie vorgetragen haben, verstanden wurden. Wenn Sie die Fragen systematisch nach 4.3 Die Klarheit der Ausführung 59 <?page no="60"?> jedem Abschnitt stellen, erzeugen Sie so zusätzlich noch eine Strukturierungsfunktion. Und wenn Sie Fragen zu Beginn der Präsentation oder Vorlesung stellen, können Sie die Inhalte der letzten Vorlesung gezielt einüben oder vertiefen. Häufig werden am Beginn einer Präsentation oder Vorlesung Fragen auch dazu benutzt, um Kontakt zum Publikum herzustellen. Diese Vorgehensweise ist allerdings vor allem bei einem Publikum, dem man zum ersten Mal begegnet, nicht sehr erfolgreich. Das Publikum kennt Sie nicht und weiß nicht, wie Sie gegebenenfalls auf eine Antwort reagieren. Dann ist es einfacher, zuerst wesentliche Inhalte vorzustellen und dem Publikum mitzuteilen, wann es die Möglichkeit gibt, Fragen zu stellen. Auch während des Vortragens auf Fragen einzugehen, ist, wenn es nicht in die Struktur passt, nicht immer hilfreich und auch nicht immer nötig. Signalisieren Sie nonverbal, dass Sie das Handzeichen gesehen haben, vielleicht noch mit dem verbalen Hinweis „ Ich habe Sie bemerkt, gleich gibt es die Möglichkeit, Fragen zu stellen “ , und bringen Sie Ihren Gedankengang oder den Inhalt zu Ende. Danach fordern Sie die Person auf, die Frage zu stellen. Eine weitere mögliche Reaktion auf eine Frage oder ein Statement ist: „ Vielen Dank für die Frage, ich werde später noch darauf zurückkommen. “ Schließlich können Sie auch am Ende einer Präsentation, nachdem Sie nochmals die wesentlichen Hauptpunkte oder Gliederungsmerkmale genannt haben, das Publikum dazu auffordern, noch Fragen zu stellen. Z. B.: „ Gibt es zu den vorgetragenen Punkten noch Fragen? “ 60 4 Die Verhaltensdimension Klarheit <?page no="61"?> F. Visualisierungen/ Abbildungen Siehe ausführlich das Kapitel 8 „ Visualisierungen “ . Übung: Bitte ordnen Sie folgende Beispiele den genannten Einzelfertigkeiten zu: „ Lassen Sie mich den vorausgegangenen Abschnitt nochmals zusammenfassen: In diesem Abschnitt war ich davon ausgegangen …“ Fertigkeit: Nach einem Vortrag über nichtverbales Verhalten: „ Welche Kanäle nichtverbalen Verhaltens lassen sich unterscheiden? “ Fertigkeit: „ Dabei werde ich zuerst auf Forschungsbefunde der Grundlagenforschung, dann der angewandten Forschung und zuletzt der Praxisforschung eingehen. “ Fertigkeit: Ein Redner hat auf einer PowerPoint-Präsentation den genauen Aufbau seines Vortrags aufgezeichnet. Immer, wenn er zu einem neuen Abschnitt kommt, kennzeichnet er auf der Präsentation die Stelle, wo er gerade ist. Fertigkeit: Am Schluss des Vortrags: „ Ausgangspunkt meiner Darlegungen war K., dann kam ich zu den Punkten L und M, dann N und zuletzt …“ Fertigkeit: „ Das Studium der Literatur führt genauso wenig dazu, dichten zu können, wie das Studium Reden halten zu können. “ Fertigkeit: „ Die Elaboration, die Elaboration ist eine wichtige Technik, um Gedächtnisleistungen zu fördern. Elaboration führt dazu …“ Fertigkeit: 4.3 Die Klarheit der Ausführung 61 <?page no="62"?> Übung: Bitte ordnen Sie folgende Beispiele den genannten Einzelfertigkeiten zu: „ Dem Hörer hilft es sehr, wenn die verbale Botschaft auch durch nichtverbales Verhalten verdeutlicht wird. Zum Beispiel können mithilfe der Gestik sowohl reale Abläufe (Der Redner macht es vor: Da sind wir die Wendeltreppe hochgegangen, da sind wir über die Mauer gesprungen.) als auch Gedankenbewegungen dargestellt werden (auf der einen Seite, auf der anderen Seite). “ Fertigkeit: „ Achten Sie nun besonders auf das Folgende: …“ Fertigkeit: „ Der Arzt hasst den Anwalt, weil dieser ihn wegen eines Kunstfehlers verklagt hatte. Dafür verbüßte er nicht nur eine Strafe, auch sein Ruf als Arzt war dadurch ruiniert. “ (Anstatt: „ Der Arzt hasste den Anwalt. “ ) Fertigkeit: „ Also, irgendwo im Lager, relativ weit hinten, ist so eine Art Schublade, relativ groß, mit und in einer unbestimmten Farbe, ich glaube, grünlich, nein, vielleicht auch gelblich, und dort finden Sie die Vordrucke, die wir brauchen. “ Bitte präzisieren Sie die Aussage: „ Haben Sie zur Entwicklung dieses Gedankengangs noch Fragen? “ Fertigkeit: „ Das Management by Objectives, das MbO-Führungskonzept, beruht auf inhaltstheoretischen Überlegungen … MbO, Führen durch Zielvereinbarung, ist also ein Konzept, bei dem vorgesetzte und nachgeordnete Manager gemeinsam Ziele festlegen und ihren jeweiligen Verantwortungsbereich für bestimmte Ergebnisse abstecken. “ Fertigkeit: 62 4 Die Verhaltensdimension Klarheit <?page no="63"?> Übung: Bitte ordnen Sie folgende Beispiele den genannten Einzelfertigkeiten zu: „ Das Halten eines Vortrags erfordert viel Improvisation, Flexibilität und Kreativität - Merkmale, die der Kunst zuzurechnen sind. Dennoch können Vorträge auch mit Befunden aus der Forschung verbessert werden, da mit ihnen auch ein rationales Vorgehen einen größeren Einfluss bekommt. Daher möchte ich im Folgenden darüber sprechen, wie Befunde aus der Forschung für die Verbreitung und Durchführung von Vorträgen verwendet werden können. “ Fertigkeit: „ Er trug den Lorbeer davon. “ Fertigkeit: „ Ich glaube, ich meine … also, lassen Sie es mich so sagen: Wenn es, ähh, richtig ist, … dass die Verschuldung des Staates weiter steigt, sozusagen, dann gilt, ich denke, ahhmm, dann gibt es oder lassen Sie es mich besser so sagen …“ Bitte streichen Sie die überflüssigen Ausdrücke. „ Im Folgenden geht es um die Herstellung eines positiven und guten Klimas zu den Zuhörern und den Zuhörerinnen. “ Fertigkeit: „ Ich habe in diesem Vortrag zwei verschiedene, wichtige Managementkonzepte dargestellt: Einmal das Konzept „ Management by Objectives “ von Peter F. Drucker und einmal das Konzept „ Situational Theory “ von Hersey & Blanchard. Das zweite Konzept bezieht den jeweiligen Führungsstil auf den Reifegrad der Mitarbeiter. “ Fertigkeit: 4.3 Die Klarheit der Ausführung 63 <?page no="64"?> 5 Verhaltensdimension „ Motivation und Interesse “ 5.1 Subdimensionen „ individuelles Interesse “ und „ situatives Interesse “ Eine interessante, enthusiastische, dynamische und ausdrucksstarke Vortragsweise motiviert dazu, gerne zuzuhören, und fördert zudem wieder die Behaltensleistung. Die Forschungsliteratur zum Thema Interesse (Hidi, 2001) unterscheidet zwischen zwei wesentlichen Kategorien: dem individuellen Interesse und dem situativen Interesse. Individuelles Interesse entwickelt sich langsam, hält lange an und wird in diesem Prozess auch assoziiert mit einer Zunahme von Wissen und Werten (Renninger, 1990; Renninger & Hidi, 2011); es ist begründet im Individuum selbst. Situatives Interesse wird geweckt durch die Umgebung oder durch die Situation, in der wir uns befinden; es muss immer wieder neu erzeugt werden, da viele Situationen aus sich selbst heraus nicht unbedingt immer interessant sind. Dabei muss situatives Interesse nicht immer mit positiven Affekten verbunden sein. So können beispielsweise Tiere wie Schlangen situatives Interesse wecken, welches jedoch von negativen Gefühlen wie Furcht oder Angst begleitet sein kann. Beide Kategorien überlappen sich. Beide Formen des Interesses sind mit einer erhöhten Aufmerksamkeit und erhöhten kognitiven Funktionen verbunden und weisen eine affektive Variable auf (Hidi, 1990). Zudem stehen sie in Wechselwirkung zueinander. Interesse entsteht also durch eine Wechselwirkung von Stimulus und Person. Für dieses Buch stellt sich wieder die Frage, wie diese Formen des Interesses bei der Ausführung von Vorträgen, Präsentationen und Unterweisungen genutzt werden können und wie wir unser Publikum motivieren können. Im Folgenden werden daher die beiden Subdimensionen „ individuelles Interesse “ und „ situatives Interesse “ der Verhaltensdimension „ Motivation und Interesse “ samt ihrer damit verbundenen Fertigkeiten vorgestellt. <?page no="65"?> 5.2 Fertigkeiten für die Subdimension „ individuelles Interesse “ Individuelles Interesse, also Interesse, das intrinsisch vorhanden ist, können wir für einen Vortrag, eine Präsentation oder eine Unterweisung z. B. in folgender Form nutzen: Fertigkeiten Nützlich für Bezug nehmen auf Begabungen und individuelle Interessen Individuelles Interesse wecken Bezug nehmen auf Ängste Reduzierung der Ängste Auf die Teilnahme-Motivation Bezug nehmen Verbesserung der akademischen Leistung Relevanz der Vortragsinhalte aufzeigen Verständnis erhöhen Die innere Motivation fördern Autonomieunterstützung und Struktur Mit Einzelnen interagieren Intensive Interaktion „ Aha “ - Erlebnisse schaffen Einstellung zum Thema Tabelle 13: Fertigkeiten für individuelles Interesse A. Bezug nehmen auf Begabungen und individuelle Interessen Nehmen Sie Bezug auf Begabungen, Einstellungen oder die Erziehung. Beispiel: Da bei der Bewerbung auf einen Studienplatz oder Ausbildungsplatz davon ausgegangen werden kann, dass dies aufgrund von individuellem Interesse geschieht, kann dieser Aspekt in einem diesbezüglichen Vortrag auch genutzt werden. B. Bezug nehmen auf Ängste Das kann z. B. darin bestehen, die Angst, eine Prüfung nicht zu bestehen, konkret anzusprechen. Wobei Angst selbst keine hohe Motivationswirkung hat. Im Gegenteil konnte in Online-Vorlesungen die Aufmerksamkeit und die Behaltensleistung von Studierenden erhöht werden, wenn die Anwesenden einen Gedächtnistest immer wieder schreiben mussten. Offenbar führte die häufigere Prüfung zu einem Rückgang der Angst vor dem Abschlusstest und damit zu besseren Leistungen (Szpunar et al., 2013). Deshalb ist es empfehlenswert, durch häufigere kurze Prüfungen die Angst zu nehmen. 5.2 Fertigkeiten für die Subdimension „ individuelles Interesse “ 65 <?page no="66"?> C. Auf die Teilnahme-Motivation Bezug nehmen Wenn jemand an einem Kurs oder einer Weiterbildung teilnimmt, ist er oder sie auf ganz unterschiedliche Weise motiviert, etwas zu lernen, vor allem, wenn es darum geht, Wissen zu erwerben und akademische Leistungen zu erbringen. Der eine Student oder die eine Studentin mag daran interessiert sein, am Unterricht oder an Diskussionen teilzunehmen, während ein anderer vielleicht lieber allein oder an einem ruhigen Ort wie einer Bibliothek lernt. Wieder andere können sich mehr für soziale Arbeit, außerschulische Aktivitäten oder Sport begeistern. Interesse wird als ein entscheidendes Konzept zur Erläuterung von intrinsischer Motivation betrachtet (Schiefele, et al.,1993). Gleichzeitig ist man aber oft auch mit einer mangelnden Motivation von Studierenden konfrontiert, was mit einer großen Anzahl von Studienabbrüchen einhergeht. Nehmen Sie Bezug auf die Motive, an einem Kurs oder einem Vortrag teilzunehmen. Fragen Sie sich z. B.: „ Warum sind die Zuhörenden da? Was hat sie wohl dazu bewogen, diesen Kurs zu belegen? Welche Motivation steigert ihren Wissenserwerb? “ D. Relevanz der Vortragsinhalte aufzeigen Zu den Motiven, an einem Kurs oder einer Vorlesung teilzunehmen, gehört, dass die Inhalte für die Aus- oder Weiterbildung relevant sind. Das heißt: Welche Bedeutung haben die Inhalte z. B. für die Ausbildung oder das spätere Berufsleben? Beispiel: Auch sogenannte „ Grundlagenvorlesungen “ oder grundlegende, wiederkehrende Informationen haben eine hohe Relevanz. Denn ohne die Grundlagen lassen sich die später gelehrten Inhalte nicht verstehen oder anwenden, ohne die grundlegenden Informationen z. B. im Bereich Arbeitssicherheit kann deren Nichtbeachtung zu Unfällen führen. Doch diese Zusammenhänge müssen immer wieder verdeutlich werden. Denn nur das, was als relevant betrachtet wird, motiviert. E. Die innere Motivation fördern Auf zwei weitere wichtige Aspekte, die das Engagement fördern, machen Jang et al. (2010) aufmerksam: die Autonomieunterstützung und die Struktur. Dabei zeigten die Ergebnisse ihrer Studie, dass Autonomieunterstützung und Struktur positiv miteinander korrelierten, die Autonomieunterstützung und Struktur das 66 5 Verhaltensdimension „ Motivation und Interesse “ <?page no="67"?> Verhaltensengagement der Schülerinnen und Schüler voraussagten und Autonomieunterstützung ein eindeutiger Prädiktor für das selbstberichtete Engagement der Studierenden war. Unterstützendes Verhalten beim Unterrichten zeigt sich dadurch, dass Lehrkräfte die persönliche Autonomie fördern, die Perspektive der Studierenden einnehmen, angemessene Herausforderungen bieten, sinnvolle Lernziele setzen sowie relevante und interessante Aktivtäten vorschlagen und anbieten. Es geht darum, dass die Lehrkräfte den inneren Motivationsprozess fördern, eine nichtkontrollierende Sprache verwenden und die Perspektiven und Gefühle der Studierenden anerkennen. Man schafft Möglichkeiten, damit die Studierenden während des Lernens die Initiative ergreifen können. Der Vortrag wird auf die Interessen, Vorlieben und persönlichen Ziele der Studierenden ausgerichtet. (Wobei natürlich bei neuen Themen das Interesse für ein Thema erst entwickelt und gefördert werden muss. Nur auf persönliche Interessen Rücksicht zu nehmen, würde sonst die Einführung von neuen und wichtigen Themenkomplexen verhindern.) Und eine nicht-kontrollierende Sprache wird so charakterisiert, dass sie Begründungen für die gestellten Aufgaben gibt. Zudem verzichtet man auf bewertende oder kontrollierende Informationen und Botschaften. F. Mit Einzelnen interagieren Die Interaktion mit Einzelnen ist in einer Vorlesung nur teilweise möglich. Dagegen können z. B. über Kleingruppenarbeiten kurze, intensive Interaktionsmöglichkeiten geschaffen werden. Und in einer Vorlesung kann dann z. B. zu Beginn oder beim Verabreden solcher Arbeitsgruppen ein Kennenlernen ermöglicht werden. G. „ Aha “ -Erlebnisse schaffen Als „ Aha “ -Erlebnis wird eine Situation beschrieben, in der man plötzlich durch Einsicht zu einer Lösung kommt und in der sich diese Einsicht auf wissensbasiertes Interesse bezieht. Das heißt, man erhält plötzlich eine unerwartete Einsicht zu einem Problem, bei dem man nicht weiterkam. Aha-Erlebnisse wecken Interesse und wirken sich positiv auf die Einstellung zum Thema aus. Erzeugen kann man sie dadurch, dass man z. B. interessante und herausfordernde Probleme formuliert (Dohn et al., 2009). 5.2 Fertigkeiten für die Subdimension „ individuelles Interesse “ 67 <?page no="68"?> 5.3 Fertigkeiten für die Subdimension „ situatives Interesse “ Da viele Situationen aus sich selbst heraus nicht interessant sind und sich die Hinweise auf mögliche individuelle Interessen (schnell) abnützen können, ist es hilfreich, auch bedeutsame, situationsspezifische, ästhetische und kulturelle Ereignisse (formale Ereignisse) in der Situation zu schaffen, um Motivation und Interesse zu wecken. Dies geschieht z. B. mit Hilfe von • einer guten Vorbereitung, • der Nutzung technischer Systeme, • verbaler Lebendigkeit beim Vortragen und • nichtverbaler Lebendigkeit beim Vortragen. 5.3.1 Bedeutsame Ereignisse durch eine gute Vorbereitung schaffen Fertigkeiten Nützlich für Eine gute Struktur haben Kognitive und soziale Entwicklung Classroom Management verwenden Organisation und Planung Interaktion erhöhen Bessere Beteiligung Tabelle 14: Fertigkeiten, um zielgerichtete bedeutsame Ereignisse zu schaffen A. Eine gute Struktur haben Schon allein die positiven Aspekte einer guten Vortrags- oder Veranstaltungsstruktur verbessern das Engagement und die Leistung beziehungsweise fördern die kognitive und soziale Entwicklung von Studenten und Studentinnen ( Jang, et al., 2010). Aus Sicht einer motivierenden Wirkung führt Struktur bei den Studierenden zu einem Gefühl der Kontrolle über die Situation und die Ergebnisse einer Veranstaltung, eines Unterrichts. Man ist der Situation nicht hilflos ausgeliefert, sondern hat das Gefühl, dass man die Situation bewältigen kann, und entwickelt dadurch Selbstwirksamkeit. Das bezieht sich nicht nur auf verbale Äußerungen, sondern beinhaltet insgesamt eine klare Kommunikation der Erwartungen für eine Veranstaltung, eine klare Führung der Aktivitäten und gegebenenfalls auch Grenzen der Aktivtäten. Alles dies führt zu einer motivierenden Lernsituation. 68 5 Verhaltensdimension „ Motivation und Interesse “ <?page no="69"?> B. Classroom Management verwenden Ein zentraler Aspekt in einem Kurs ist auch die Qualität, die Planung und das Management bei der Vermittlung von Informationen; auch dies kann zur Erhöhung der Motivation beitragen. Diese Aspekte sind besonders in Kurs- oder Semesterveranstaltungen wichtig, die über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden. In den USA werden diese Aspekte unter dem Begriff „ Classroom Management “ diskutiert und beschrieben. Wichtige Autoren für diesen Themenkomplex sind z. B. Theo Wubbels et al. (2006) und Lewis (2008). Sie alle haben grundlegende Forschungsbeiträge zu diesem Themenbereich publiziert. Dabei ist ein wesentlicher Grundgedanke, dass • die Lehrpersonen ihre Anweisungen und Erwartungen klar und strukturiert kommunizieren, • unterschiedliche Aktivitäten im Kurs in einer klaren und strukturierten Form formuliert werden, • Schritt-für-Schritt-Anweisungen und -Vorgehensweisen verwendet werden, • die Planung von Aktivitäten klar formuliert werden und • die Übergänge zwischen den einzelnen Aktivitäten klar und nachvollziehbar sind. Somit spielen Übergänge nicht nur während des Vortragens z. B. als Hinweis auf ein neues Thema eine wichtige Rolle, sondern sind auch für den Gesamtablauf einer Veranstaltung wichtig. Eine gute Organisation und Planung und ein gutes Management der Situation gibt den Zuhörern und Zuhörerinnen auch wieder ein Gefühl der Kontrolle in Bezug auf das, was kommt und was erreicht werden soll. Und dies erzeugt bei den Anwesenden wieder die Motivation, die zur Bewältigung einer Situation inklusive entsprechender positiver Ergebnisse beiträgt. Weitere Classroom Management Fertigkeiten, die für einen reibungslosen und effektiven Ablauf in einer Veranstaltung wichtig sind, beschreiben Lewis (2023) und Fogelgarn et al. (2021). 5.3 Fertigkeiten für die Subdimension „ situatives Interesse “ 69 <?page no="70"?> Fertigkeiten Notwendig für Andeuten Einen reibungslosen Ablauf Vermitteln der Erwartungen an angemessenes Verhalten Die Entwicklung einer Arbeitshaltung, die Bedürfnissen und Interessen der Anwesenden berücksichtigt, und nicht auf Regeln aufgebaut ist. Anerkennung der Anstrengungen ansprechen Das Erzeugen von Verantwortungsbewusstes Handeln und das Erzeugen von Respekt für das Lernen. Ein Gleichgewicht zwischen Belohnung und Bestrafung für alle herzustellen. Ruhe bewahren Die Reaktion auf Fehlverhalten Einzelner. Erklärung was ungerecht und gerecht ist Die Erklärung, warum ein Fehlverhalten für andere ungerecht ist, bevor man die richtige Verhaltensweise aufzeigt oder Konsequenzen auferlegt. Betonung der persönlichen und gemeinschaftlichen Verantwortung Angemessenes Verhalten und Lernen Aufbau einer guten Beziehung Den Aufbau einer guten Beziehung zu einer schwierigen Person, indem man ihm seine Kompetenzen und/ oder Interessen vermittelt. Tabelle 15: Classroom Mangement Fertigkeiten Adaptiert und übersetzt mit freundlicher Genehmigung von Ramon Lewis (2023). C. Die Interaktion erhöhen Nicht zuletzt zeigen Untersuchungen im Physikunterricht von Hochschulen in Portugal, dass auch die Einführung von konzeptionellen Fragen und Peer- Instruktionen zu einer Verbesserung der Motivation und zu einer besseren Beteiligung während des Unterrichts führt. Eine mangelnde Interaktion zwischen Lehrpersonen und Lernenden führt dagegen zu mangelnder Motivation (Oliveira & Oliveira, 2013). 70 5 Verhaltensdimension „ Motivation und Interesse “ <?page no="71"?> 5.3.2 Bedeutsame Ereignisse durch technische Systeme schaffen Auch technische Systeme sind eine effektive Möglichkeit, um die Motivation und das Interesse am Thema zu fördern. Im Folgenden werden wieder einzelne Varianten dargestellt. Technische Systeme Nützlich für Vorlesungsaufzeichnungen Flexiblität Padlets Lernmaterial verknüpfen Deep-Learning Eigene Verhaltensänderung Students-Response-System Unmittelbares Feedback Tabelle 16: Technische Systeme um zielgerichtete, bedeutsame Ereignisse zu schaffen A. Vorlesungsaufzeichnungen In der Untersuchung einer neuseeländischen Universität (Nkomo & Daniel, 2021) konnte gezeigt werden, dass Vorlesungsaufzeichnungen, die als Lernressourcen genutzt wurden, zu einem verbesserten und unterstützenden Lernen beigetragen haben. Die Verfügbarkeit von Lernressourcen schuf mehr Flexibilität und wurde als zusätzliche Ressource angesehen, nicht aber als Ersatz. Solche Aufzeichnungen können also das Lernen unterstützen und auf diese Weise auch einen indirekten Beitrag zur Motivation leisten. B. Padlets Ein anderer Ansatz, um Vorlesungen interessanter zu gestalten, wurde an der Coventry Universität in Großbritannien mit dem Einsatz von „ Padlets “ erreicht. Ein „ Padlet “ ist eine digitale Pinnwand, auf der z. B. Texte, Bilder oder Videos abgelegt und miteinander verknüpft werden können. Die Studierenden hatten mit ihrer Hilfe die Möglichkeit, online Diskussionsbeiträge zu übermitteln. In der allerdings eher kleinen Stichprobe von 46 Probanden schätzten 86 % die Verwendung von Padlets als interessanter ein als herkömmliche Vorlesungen (Ellis, 2015). C. Deep-Learning Einen technisch sehr weitgehenden Ansatz verfolgen Klein und Celik (2021) mit ihrem Wits Intelligent Teaching System (WITS) in Südafrika. Das WITS soll Dozenten mit Echtzeit-Feedback über den Zustand der Studierenden versorgen, um das Ausmaß von deren Engagement erkennen zu können. Dabei wird dieses Engagement anhand von Verhaltensweisen und Körperhaltungen, die im Klassenzimmer üblich sind, erkannt und als Daten erhoben. Und diese Daten 5.3 Fertigkeiten für die Subdimension „ situatives Interesse “ 71 <?page no="72"?> werden in einer Beobachtungs-Checkliste verwendet, um einen Datensatz über das Engagement zu erstellen. Übliche Verhaltensweisen, die von diesem System erfasst werden, sind z. B. Mitschreiben, Miteinandersprechen, Kopf auf dem Tisch legen, Wortmeldungen oder die Verwendung von Mobiltelefonen. Den Autoren zufolge soll dieser Deep-Learning-Ansatz zufriedenstellende Ergebnisse für einen anspruchsvollen, realen Datensatz liefern, mit dem die Vortragenden arbeiten können, um das eigene Verhalten entsprechend zu ändern und wiederum ein höheres Ausmaß an Engagement zu erzeugen. Ob und in welcher Form solche Systeme in Europa oder in Deutschland eingesetzt werden können, wird sich zeigen, da sie ein sehr hohes Maß an Überwachung beinhalten. D. Student Response Systems Eine weitere technische Möglichkeit, eine Vorlesung oder einen Kurs interessanter zu machen, sind technische Rückmeldesysteme, sogenannte Student Response Systems (SRS). Mit diesen Geräten können die Studierenden numerische Antworten auf Fragen geben, die in einer Vorlesung integriert sind. Die Antworten können dann auf verschiedene Weise erfasst und bewertet werden. Damit erhalten die Studierenden und/ oder die Vortragenden ein unmittelbares Feedback. Positive Ergebnisse für dieses System konnten z. B. Hall et al. (2005) an der University of Missouri, USA, in einer allgemeinen Chemievorlesung zeigen, bei der das System in den Kurs integriert war. Auch die Leistungen der Testergebnisse konnten im Vergleich zu den Kursen, die im Vorjahr ohne dieses System durchgeführt worden waren, deutlich verbessert werden und der Kurs wurde als interessanter und motivierender eingeschätzt. Diese Ergebnisse wurden auch in einer Studie von Cain et al. (2009) an der Universität Kentucky mit 109 Studenten in einem Kurs in Physiologischer Chemie bestätigt. Die Studierenden gaben an, dass die mit einem ARS (Audio Response System) verwendeten Fragen halfen, die Aufmerksamkeit und die Motivation zu verbessern. Durch ARS kann das Engagement gefördert, können Missverständnisse aufgedeckt und Interaktionen initiiert werden (siehe Gregory, 2013). Barnett (2006) weist allerdings in seiner Studie darauf hin, dass es entscheidend ist, wie die Technologie eingesetzt wird, und dass darauf geachtet werden sollte, 72 5 Verhaltensdimension „ Motivation und Interesse “ <?page no="73"?> dass Studierende bei den Clicker-Tests nicht „ ungezügelt “ schummeln, beziehungsweise, dass die gestellten Fragen auch relevant und hilfreich sind. In einer Metastudie zu ARS zeigen Kay und LeSage (2009), dass die Verwendung dieser Technik zu einer Erhöhung der Anwesenheitsrate, des Aufmerksamkeitsniveaus, der Beteiligung und des Engagements führt. Allerdings weisen sie auch darauf hin, dass eine Herausforderung für die Lehrkräfte der Zeitaufwand ist, der berücksichtigt werden muss, um die Technologie kennenzulernen und einzurichten. Auch die Formulierung der Fragen ist mit einem hohen Aufwand verbunden. Als schwierig wurde zudem die Notwendigkeit eingeschätzt, sofort auf das Studierenden-Feedback reagieren zu müssen. Wie aus vielen anderen Studien bekannt ist, bedarf es aber auch einer Anpassungsleistung der Studierenden an die neue Technologie und die damit verbundenen neuen Abläufe. Auch dieser Prozess muss bei einer Einführung der Technologie berücksichtigt werden. Eine ähnliche Möglichkeit sind die Online Student Response Systems (OSRS; manchmal auch SRS oder ARS oder Clickers genannt, es gibt ganz unterschiedliche Namen für diese Technologie). Diese Systeme können in einem Schulungsraum leichter umgesetzt werden, weil sie webbasiert sind und den Studierenden erlauben, jeden Browser und jedes Gerät zu nutzen, um die Antworten „ anzuklicken “ . Der Grundgedanke besteht darin, die Studierenden zu motivieren, und das System wird als Ergänzung zu bewährten Methoden gesehen. In der Regel erstellt die Lehrperson mit der Software eine Multiple-Choice-Frage und von den Studierenden wird dann erwartet, dass sie eine Antwort durch Drücken der entsprechenden Taste auf dem Tastenfeld auswählen. Während die Frage (oder „ Umfrage “ ) geöffnet ist, werden die Antworten drahtlos an einen Empfänger gesendet, der an einen Computer angeschlossen ist. Die Software auf dem Computer berechnet aus den Antworten deskriptive Statistiken wie die prozentuale Verteilung, den Mittelwert, die Standardabweichung und die Varianz. Nachdem die Lehrkraft die Frage geschlossen hat, können die Ergebnisse automatisch auf einen Bildschirm projiziert werden, damit der Kurs, zusammen mit der zugehörigen Klassenstatistik, die richtigen Antworten bekommt. Anhand der Ergebnisse dieses Feedbacks kann die Lehrperson entscheiden, ob sie mit der Lektion oder Vorlesung fortfahren oder weitere Erklärungen geben möchte oder ob die Studierenden eine Aktivität durchführen sollen, um ihr Lernen zu unterstützen. Dies ist eine ursprüngliche Verwendung für OSRS, es gibt aber noch viele andere. 5.3 Fertigkeiten für die Subdimension „ situatives Interesse “ 73 <?page no="74"?> 5.3.3 Bedeutsame Ereignisse durch verbale Lebendigkeit schaffen Wir können zielgerichtete bedeutsame Ereignisse auch durch die verbale Lebendigkeit schaffen. Dazu gehört es, Geschichten zu erzählen, eine abwechslungsreiche Sprache zu führen und vielfältige Beispiele und Metaphern zu verwenden. Easton (2016) zeigt, dass Erzählungen ein nützliches Instrument für das Lernen in der Medizin sein können. Erzählungen können dabei mehrere wichtige Lernprozesse unterstützen, darunter die Bereitstellung eines relevanten Kontextes für das Verständnis, die Einbindung der Lernenden und die Förderung der Erinnerung. Fertigkeiten Nützlich für Geschichten über das eigene Fach erzählen Neuer Zugang zu den Inhalten Persönliche Geschichten erzählen Mitteilung von Erfahrungen Fallstudien verwenden Konzepte und Problenlösungen Historische Erzählungen Verknüpfung von Themen Fabeln und Parabeln einsetzen Unterhaltung und Belehrung Beispiele verwenden Förderung der Einprägsamkeit Analogien verwenden Förderung der Einprägsamkeit Humorvolle Bemerkungen Schaffung eines postiven Klimas Kontextpersonalisierung einbeziehen Förderung von Leistung und Interesse Tabelle 17: Fertigkeiten, um zielgerichtet, bedeutsame Ereignisse durch verbale Lebendigkeit zu schaffen A. Geschichten über das eigene Fach erzählen Auch Geschichten über ihr Fach können Studierenden einen neuen Zugang zu seinen Inhalten bieten. Dies ist besonders dann der Fall, wenn Sie von eigenen Erfahrungen oder den Erfahrungen von Kollegen erzählen und diese in Bezug zum eigenen Fach oder der Fachdisziplin setzen. Dabei können die Geschichte lang oder kurz sein. Es können z. B. Herausforderungen bei Experimenten dargestellt werden oder eine versehentliche falsche Interpretation von Ergebnissen, sodass sich daraus wiederum Möglichkeiten für neue Experimente oder eine neue elegante Lösung des Problems eröffnen. B. Persönliche Geschichten erzählen Mit persönlichen Geschichten können Sie z. B. erzählen, wie ein bestimmtes Ereignis dazu beigetragen hat, dass Sie eine Fähigkeit, ein Wissen oder eine 74 5 Verhaltensdimension „ Motivation und Interesse “ <?page no="75"?> Eigenschaft in Bezug auf den Unterrichtsstoff, das Fachgebiet oder die Erwartungen eines Fachmanns in diesem Fachgebiet erfahren und gelernt haben. Persönliche Geschichten können auch von der Zeit handeln, in der Sie ein Konzept erlernt haben, in der Industrie gearbeitet haben, in der Forschung tätig waren und so weiter. C. Fallstudien verwenden Fallstudien werden in der Regel verwendet, um Konzepte situationsbezogen zu präsentieren. Die Verwendung von Fallstudien hilft den Anwesenden, das Wissen und die Fähigkeiten, die mit Konzepten verbunden sind, anzuwenden, um ein Problem zu lösen oder die Bedeutung der situativen Verwendung eines Konzepts zu verstehen. Zum Beispiel könnte die Geschichte über Pawlows Hunde zur Entdeckung der Pawlowschen Konditionierung ein Ausgangspunkt sein, um über Tier- oder Forschungsethik zu diskutieren oder etwas über klassische Konditionierung als Konzept zu lernen. D. Historische Erzählungen Historische Erzählungen bieten Informationen über ein Thema während eines bestimmten Moments oder einer kurzen Entwicklung in der Zeit. Damit eignen sie sich gut, um z. B. das Interesse der Anwesenden zu Beginn einer Diskussion über bestimmte Themen zu wecken und zu verknüpfen. Beispiel: Die Darstellung des Machiavellismus kann um eine kurze historische Darstellung der Renaissance ergänzt werden sowie um einen Hinweis auf die darauffolgenden kunstgeschichtlichen Epochen wie Barock und Rokkoko. E. Fabeln und Parabeln einsetzen Fabeln und Parabeln sind kurze fiktive Geschichten, die eine bestimmte Lektion hervorheben sollen. In Fabeln werden vermenschlichte Tiere und Gegenstände verwendet, während in Parabeln der Mensch die Hauptrolle spielt. Beispiel: In der Fabel „ Die Farm der Tiere “ schreibt George Orwell vom Aufstand der Tiere gegen den Bauern Jones und die Folgen der Revolution. Und mit Hilfe dieser Fabel stellt er die Auswirkungen einer Gewaltherrschaft dar. F. Beispiele verwenden Beispiele haben verschiedene Funktionen, je nachdem, wie man sie verwendet. Beispiele können z. B. zur Förderung der Einprägsamkeit eingesetzt werden oder zur Illustrierung eines Sachverhaltes. Dafür eignen sich z. B. Beispiele, die einen Gegenstand verfremden oder zu allgemeinen Denkgewohnheiten in Bezug setzen. Beispiel: Das Meerschein, der König des Urwalds. 5.3 Fertigkeiten für die Subdimension „ situatives Interesse “ 75 <?page no="76"?> G. Analogien verwenden Auch Analogien haben verschiedene Funktionen, je nachdem, wie man sie verwendet und einsetzt. Analogien können z. B. ebenfalls zur Förderung der Einprägsamkeit eingesetzt werden oder zur Illustrierung eines Sachverhaltes. H. Humorvolle Bemerkungen verwenden Auch Humor kann Interesse wecken. Er kann dazu beitragen, ein positives Lernumfeld zu schaffen, Langeweile zu verhindern oder auch Ängste im Zusammenhang mit der Schwierigkeit der Lerninhalte zu reduzieren. Er kann das Interesse wecken, die Aufmerksamkeit fördern und für Abwechslung sorgen. Überdies wird Humor auch als Mittel angesehen, um neue Ideen auf die Tagesordnung zu setzen, Veränderungen zu provozieren, Kritik zu üben und sich aus schwierigen Situationen zu befreien (Adelswärd & Öberg, 1998). Dabei ist allerdings immer darauf zu achten, dass der Humor nicht auf Kosten von Dritten geht. I. Kontextpersonalisierung einbeziehen Nicht zuletzt hat auch die Einbeziehung der außerschulischen/ -universitären Interessen von Studierenden in Lernaufgaben gezeigt, dass sich dies positiv auf ihre Leistungen und ihr Lernen z. B. in Mathematik auswirkt. Allerdings haben nur wenige Studien Auswirkungen sowohl auf das Interesse als auch auf die Leistung gezeigt. Trotzdem ist eine gute Möglichkeit, die persönlichen und außerschulischen/ -universitären Interessen der Anwesenden einzubeziehen. Achtung: Den richtigen Zeitpunkt beachten Beim Einsatz von formalen Ereignissen bzw. Komponenten wie Geschichten, illustrierenden Beispielen beziehungsweise Analogien oder Humor ist der richtige Zeitpunkt von entscheidender Bedeutung. Zu Beginn des Vortrags wecken z. B. kurze Geschichten oder eine Anekdote über den Forschungsgegenstand oder den Forscher die Aufmerksamkeit der Zuhörer und Zuhörerinnen. Im weiteren Verlauf des Vortrags können dann weitere Geschichten und Erzählungen nützlich sein, um neue Aufmerksamkeit zu schaffen oder auch, um einen Übergang zu einem nächsten oder auch vielleicht komplexen Thema zu schaffen. Am Ende des Vortrags können z. B. eine weitere Geschichte oder ein Beispiel als Zusammenfassung der bisherigen Inhalte dienen. Der spontane Einsatz von Geschichten und Humor ist eigentlich immer möglich und kann auch Ängste oder Spannungen reduzieren. Achtung: Bemerkungen, die man selbst (oder das Umfeld, in dem man sich bewegt) als humorvoll betrachtet, können beim Publikum das Gegenteil 76 5 Verhaltensdimension „ Motivation und Interesse “ <?page no="77"?> bewirken. Humor ist zwar ein sehr wirkungsvolles Stilmittel in Bezug auf Behaltensleistung und Motivation, es kann aber auch sehr gefährlich sein. 5.3.4 Bedeutsame Ereignisse durch Enthusiasmus und nonverbale Lebendigkeit schaffen Wir können formale Ereignisse auch durch Enthusiasmus und nonverbale (nichtverbale) Lebendigkeit schaffen. Enthusiasmus Eine weitere Möglichkeit, Motivation und Interesse für eine Sache zu wecken, ist die Verwendung von Enthusiasmus. Wenn mit Enthusiasmus vorgetragen wird, schafft man ein Umfeld, in dem die Zuhörer und Zuhörerinnen gerne mitmachen und engagiert sind, in dem sie sich an dem erfreuen, was sie tun, und in dem sich die Zufriedenheit erhöht (Cruickshank et al. 2012). Gleichzeitig ist Enthusiasmus schwierig zu beschreiben. Enthusiasmus wird hauptsächlich durch verbales und nonverbales Verhalten gezeigt und äußert sich in einer Variation von Stimme, Bewegung, Gestik, Blickkontakt und Mimik. Enthusiastisch Vortragende bewegen sich im Raum, verwenden eine funktionale Gestik und unterstreichen damit wichtige Aussagen, sie variieren ihre Stimme von laut zu leise, von schnell zu langsam, betonen wichtige Aussagen und machen vor wichtigen Punkten eine Pause, um die Spannung zu erhöhen oder Aufmerksamkeit zu schaffen, sie halten Blickkontakt zu allen Anwesenden und unterstützen mit ihrer Mimik die Inhalte, die sie vortragen. Keller et al. (2016) definieren Enthusiasmus als das gleichzeitige Auftreten von zwei Merkmalen: dem Zeigen von positiven affektiven Erfahrungen und dem nonverbalen Ausdrucksverhalten. Verwandte Konstrukte wie Unmittelbarkeit, intrinsischer Wert, Freude der Lehrkräfte und Leidenschaft der Lehrkräfte zählen ebenfalls dazu, sind allerdings bisher noch wenig erforscht (Keller et al., 2016). Nonverbaler Kanal Wenig Enthusiasmus, gleichgültig, unmotiviert Hoher Enthusiasmus, engagiert Stimme Eintönig, monoton, ängstlich Wechsel in Geschwindigkeit, Lautstärke und Tonhöhe, Pausen, um Spannung zu erzeugen, zügiges Tempo und Abwechslung in der Sprechweise 5.3 Fertigkeiten für die Subdimension „ situatives Interesse “ 77 <?page no="78"?> Nonverbaler Kanal Wenig Enthusiasmus, gleichgültig, unmotiviert Hoher Enthusiasmus, engagiert Gestik Seltene Verwendung von Armen und Händen, Arme sind oft verschränkt, Hände berühren sich häufig, dysfunktional Strukturierend und illustrierend, Betonung von wichtigen Inhalten und Punkten, Verwendung von lebhafter Gestik, funktional Bewegung im Raum Nur an einem Platz, wenig Bewegung im Raum, abwehrend, zurückziehend Zugehen aufs Publikum, funktionale Bewegung im Raum, Bewegung im Raum wird genutzt, um Interesse und Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten Körperhaltung Steif, einseitige Belastung auf einem Bein, Schultern stark nach vorne gebeugt Funktional, auf beiden Beinen hüftbreit stehend, Knie leicht angewinkelt, Körper zum Publikum orientiert Blickkontakt Unstet, ängstlich, ausweichend Funktional, direkt, aufmerksam, freundlich Mimik Ausdruckslos, Mund geschlossen, wenig Kommentierung der Inhalte durch die Mimik Ausdrucksstark, Lachen, offen, Kommentierung der Inhalte durch die Mimik Tabelle 18: Enthusiasmus beim Vortragen 78 5 Verhaltensdimension „ Motivation und Interesse “ <?page no="79"?> 6 Verhaltensdimension „ Soziales Lernklima und soziale Atmosphäre “ Die dritte wichtige Verhaltensdimension beim Vermitteln und Vortragen ist das soziale Lernklima und die soziale Atmophäre. Das soziale Lernklima wird unter anderem durch drei Faktoren beeinflusst: die Rolle der Institution, die Haltung und Persönlichkeit der Individuen und die Rolle des Vortragenden (Borich, 2015). Da es nur wenige Möglichkeiten gibt, die ersten beiden Faktoren direkt zu beeinflussen, sind die Anstrengungen und effektiven Fertigkeiten der Lehrpersonen umso wichtiger. Dies umfasst alle Handlungen und Fertigkeiten, die helfen, eine produktive, soziale und angenehme Lernatmosphäre zu schaffen. Man muss also eine komplementäre Beziehung mit den Anwesenden herstellen (Watzlawick et al., 1985, Bateson, 1985; Burgonn & Hale, 1984). Das heißt, Lehrpersonen sollen in einer Vortragssituation eine gute und soziale Atmosphäre, eine angenehme und produktive Umgebung, ein freundliches soziales Klima und eine gute Stimmung erzeugen. In solch angenehmer und produktiver Umgebung hört man gerne zu, fühlt sich wohl und ist ermutigt, sich zu beteiligen. Interaktionen mit anderen werden als hilfreich und angenehm eingeschätzt, man hat keine Angst vor Fehlern und hat keine Angst, sein Gesicht zu verlieren oder bloßgestellt zu werden. Viele Studien zeigen, dass eine gute soziale Atmosphäre, ein gutes Lernklima, eine produktive Umgebung und gute soziale gegenseitige Beziehungen in Situationen, in denen gelernt wird, zu besseren Leistungen führen, zudem ist die Motivation, etwas zu leisten, höher (Tausch & Tausch, 1998; Allodi 2010, Borich, 2015). Auch die Ergebnisse von Brekelmans et al. (2011) zeigen, dass die Dimensionen Kontrolle und Affiliation gültige Dimensionen sind, um sowohl die Wahrnehmungen der Lehrpesonen als auch die der Teilnehmer und Teilnehmerinnen zu beschreiben. Es gibt ebenfalls einen positiven Zusammenhang zwischen Lernklima und kultureller Diversität. Dabei ist es wichtig, die Anstrengungen aller in Bezug auf ihre Interessen, Fähigkeiten, Sprachen und Dialekte wertzuschätzen (Borich, 2015). Die Hauptmerkmalsgruppen/ Dimensionen, unter denen das soziale Lern- und Vortragsklima in Bezug auf die soziale Atmosphäre beschrieben werden, sind die Subdimensionen Kontrolle, Regeln und Affiliation (vgl. Klinzing, 1998; Rupp, 1998). <?page no="80"?> Soziales Lernklima und soziale Atmosphäre Kontrolle Regeln Affiliation Dominanz Sozialintegrativ Submission Grundlegende Regeln Flexible Regeln Respekt Humor Offenheit Freundlichkeit Ehrlichkeit 6.1 Subdimension „ Kontrolle “ Lehrpersonen haben in einer Situation, in der sie vortragen und vermitteln, immer ein hohes Maß an Kontrolle. Sie bestimmen die Inhalte, die Pausen und das Ausmaß der Interaktion zwischen ihnen und dem Publikum beziehungsweise den Anwesenden. Diese Form der Kommunikation und des Lehrens folgt gesellschaftlich akzeptierten Normen und Regeln (Argyle, 2017). Eine Person spricht, die anderen hören zu. Dies ist eine stillschweigende, gegenseitige Übereinkunft. Auch wäre es viel zu aufwändig und zeitintensiv, bei jedem Vortrag neue Regeln und neue Formen zu entwickeln. Zudem ist Kontrolle von großer Bedeutung für eine effektive und angemessene Steuerung des Unterrichts. Allerdings kann ein zu hohes Maß an Kontrolle auch zu Problemen führen. Kontrolle in einem Vortrag kann wiederum durch die Subdimensionen Dominanz, sozial integratives Verhalten und Regeln beschrieben werden. 6.1.1 Dominanz Dabei zeigt sich Dominanz unter anderem dadurch, den anderen entsprechend den eigenen Vorstellungen zu lenken, zu belehren, auszufragen, zu interpretieren, zu ermahnen, zu unterbrechen, auszuschließen, niederzustarren und zu dirigieren. Weitere Ausprägungsformen von Dominanz sind eine einseitig hohe Orientierung an den Aufgaben, der Mangel an Unterstützung und der Mangel an Lob. Diese tragen dazu bei, dass in Lern- und Vortragssituationen weniger Beiträge gemacht werden, selbständiges und kreatives Denken erschwert wird, 80 6 Verhaltensdimension „ Soziales Lernklima und soziale Atmosphäre “ <?page no="81"?> die eigene Wertebildung behindert wird und weniger Fragen gestellt werden. Auch die Teamfähigkeit wird vermindert, die zwischenmenschlichen Aktivitäten werden behindert und es kommt zu einer geringeren Selbstbestimmung (Tausch & Tausch, 1998; Argyle 2017, Borich 2015). Ein solches dominantes Verhalten, wie oben beschrieben, ist also nicht empfehlenswert und erwünscht. 6.1.2 Sozial-integratives Vortragen Für eine inhaltliche Produktivität bietet es sich an, einen sozial-integrativen und reversiblen Kommunikationsstil einzusetzen (Tausch & Tausch, 1998). Dies betrifft alle verbalen und nichtverbalen Äußerungen. Der sozial-integrative Kommunikationsstil reduziert die Kontrolle über die Lernenden, reduziert die Dominanz und macht damit das Zuhören produktiver und angenehmer. Dies wiederum fördert die Behaltensleistung und ist daher zu empfehlen. Demnach muss Kontrolle und Dominanz für die Lernenden reduziert werden, um ein gutes und unterstützendes Lernklima zu schaffen. Borich (2015) beschreibt Verhaltensweisen bei einem geringen Maß an Kontrolle und einem hohen Maß an „ Herzlichkeit “ : Ein solches Verhalten zeichnet sich durch ein regelmäßiges Verwenden von Lob, der Verwendung von informellen Regeln sowie der Möglichkeit aus, dass die Lernenden eigene Regeln etablieren und die Lehrperson moderiert und partizipiert. Zudem werden Antworten nicht unaufgefordert eingefordert und es herrscht eine hohe Arbeitsorientierung. Eine Reduzierung der Lenkung/ Kontrolle und damit der Dominanz lässt sich durch einen sozial-integrativen Vortragsstil erreichen. Dafür bieten sich z. B. folgende Maßnahmen und Fertigkeiten an: Fertigkeiten Nützlich für Begrüßung Beginn des Vortrags und Gewinnung von Aufmerksamkeit Danksagung Abschluss des Vortrags Begründung der Entscheidungen für eine Situation Einbeziehung der Anwesenden Beteiligung an den Entscheidungen Reduzierung der Kontrolle Vermeidung von persönlichen oder gruppenbezogenen Herabsetzungen Verbesserung des gegenseitigen Verstehens 6.1 Subdimension „ Kontrolle “ 81 <?page no="82"?> Fertigkeiten Nützlich für Zeigen von Rücksicht Berücksichtigung und Anerkennung des Ausbildungsniveaus Zurückweisen von Meinungen Unterscheidung zwischen Person und Meinung Ermöglichen und Zulassen von Kritik Reduzierung der Kontrolle Kooperativer Stil bei Formulierungen Ermutigung, sich zu beteiligen Reversibilität der Sprache Gemeinsames Miteinander und Kooperation Verwendung von Lob Wertschätzung in Bezug auf die Leistung Tabelle 19: Fertigkeiten für sozial-integratives Vortragen A. Begrüßung Verwenden Sie eine kurze, freundliche Begrüßung, um den Beginn der Präsentation oder Instruktion zu signalisieren, dadurch gewinnen Sie Aufmerksamkeit und bekommen das Wohlwollen der Anwesenden. Ein freundliches „ Schön, dass Sie da sind “ , „ Ich freue mich, Sie zu sehen “ , „ Ich begrüße Sie heute herzlich zu unseren Thema xxy “ sind wichtige, ausreichende und effektive Formulierungen zur Begrüßung. Ein mürrisches, verschlafenes Auftreten, verbunden z. B. mit einem kurzen Hinweis wie „ Einige von Ihnen habe ich ja heute schon begrüßt, fangen wir an “ ist dagegen nicht zu empfehlen. B. Danksagung Bedanken Sie sich für die Aufmerksamkeit, das Zuhören oder die Geduld der Anwesenden. Häufig wird geraten, auf die Danksagung zu verzichten. Doch dies ist nicht zu empfehlen. Ganz im Gegenteil. Das Zuhören ist eine (nicht verbalisierte) gegenseitige Übereinkunft zwischen den Vortragenden und den Anwesenden und keine Selbstverständlichkeit. Diese Übereinkunft hat die Funktion, einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Mit einer Danksagung zollen Sie einer solchen gegenseitigen Übereinkunft Respekt. Zudem können Sie damit auch einen Vortrag abschließen. Danach kann man zu weiteren Aktivitäten übergehen, wie z. B., Fragen zu beantworten. C. Begründung der Entscheidungen für eine Situation Begründen Sie Ihre Entscheidungen in Bezug auf organisatorische Maßnahmen und ein äußeres Arrangement wie z. B. Pausen, Sicherheit, Zeitpunkt, Ort, Stimmung, Copyright, Zugriffskontrolle auf Dokumente, Datenschutz, Hygienemaßnahmen etc. Beziehen Sie die Anwesenden/ das Publikum in Ihre Ent- 82 6 Verhaltensdimension „ Soziales Lernklima und soziale Atmosphäre “ <?page no="83"?> scheidungen mit ein und erklären Sie diese. Dies können z. B. Hinweise auf die Pausenregelung oder auf die zur Verfügung gestellten Getränke oder Speisen sein. Machen Sie ebenfalls darauf aufmerksam, an welchen Stellen des Vortrags die Möglichkeit besteht, Fragen zu stellen, oder wann/ wie Kritik geäußert werden kann. D. Beteiligung an den Entscheidungen Wo es möglich ist, kann auch eine Beteiligung an der Vorgehensweise vorgeschlagen werden, z. B.: Wie lange soll eine Pause gehen? Reichen die von Ihnen vorgeschlagenen 60 Minuten aus oder muss eine Verlängerung vereinbart werden? E. Vermeidung von persönlichen oder gruppenbezogenen Herabsetzungen Verwenden Sie eine integrative, respektvolle und nicht-stigmatisierende Sprache. Stellen Sie sicher, dass die Inhalte der Rede frei von Stereotypen oder kulturellen Annahmen sind, die missverstanden werden können. F. Zeigen von Rücksicht Nehmen Sie Rücksicht auf das Ausbildungsniveau, auf Fragen und Wünsche der Anwesenden. Zeigen Sie Respekt gegenüber den Leistungen der Anwesenden, entschuldigen Sie sich für Missverständnisse oder wenn Sie Unrecht hatten. G. Zurückweisen von Meinungen Widersprechen Sie respektvoll, wenn Sie mit anderen Meinungen oder unklaren Äußerungen nicht einverstanden sind. Nicht alle „ wirren “ Meinungen müssen akzeptiert werden. Weisen Sie die Meinung zurück, nicht die Person. H. Ermöglichen und Zulassen von Kritik Geben Sie den Raum und die Möglichkeit dafür, dass Kritik möglich ist und ausdrücklich gewünscht wird. Diese muss aber nicht an allen Stellen des Vortrags oder der Unterweisung zugelassen werden. Solche Möglichkeiten bieten sich z. B. bei klaren Vortragsabschnitten oder nach einer Zusammenfassung an. Ein ständiges Unterbrechen der Hauptgedanken ist nicht sinnvoll, sondern führt zur Beeinträchtigung der Struktur. Machen Sie zu Beginn deutlich, an welchen Stellen eine Diskussion oder ein Nachfragen möglich ist. I. Kooperativer Stil bei Formulierungen Auch ein kooperativer Stil in der Formulierung führt zu einer Reduzierung der Dominanz. Z. B. nicht: „ Ich werde Ihnen jetzt zeigen, wie das geht! “ oder „ Ich 6.1 Subdimension „ Kontrolle “ 83 <?page no="84"?> werde dafür sorgen, dass wir eine Lösung finden “ , sondern: „ Wir werden gemeinsam versuchen, diese schwierigen Fragen zu lösen und zu beantworten. “ J. Reversibilität der Sprache Reversibilität der Sprache bedeutet: eine Umkehrbarkeit der Sprache in den Formulierungen. Signalisieren Sie durch Äußerungen, dass, so wie Sie mit den Anwesenden reden, auch mit Ihnen geredet werden kann. K. Verwendung von Lob Die regelmäßige Verwendung von Lob hat eine positive Auswirkung auf Lern- und Behaltensleistungen. Effektives Lob ist spezifisch, variabel, beinhaltet Informationen für die Lernenden, zeigt Wertschätzung in Bezug auf das aufgabenbezogene Verhalten und schreibt den Erfolg den Anstrengungen und den Fähigkeiten der Beteiligten zu (Brophy, 1979). 6.1.3 Submission Die Submission ist ein unterwürfiges Verhalten und wird hier als das Gegenteil der Dominanz definiert. Es zeichnet sich dadurch aus, dass keine klaren Ziele formuliert werden und sich die Lehrperson in einer Art und Weise zurücknimmt, dass nicht klar wird, was unterrichtet wird oder wie die eigene Meinung aussieht. Die Inhalte sind beliebig und die Ergebnisse sind unklar, weil man nicht zwischen richtig und falsch unterscheiden möchte. Das Verhalten zeichnet sich durch große Unsicherheit und/ oder übermäßige Freundlichkeit aus, die allerdings nur zum Ziel hat, allen alles recht zu machen. Es wird keine Verantwortung für das Vortragen übernommen. 6.2 Subdimension „ Regeln “ Fertigkeiten Nützlich für Grundlegende Kommunikationsregeln Produktivität, Struktur, Respekt Flexible und explizite Regeln Produktivität, Struktur, Respekt Tabelle 20: Fertigkeiten Regeln Kommunikation unterliegt nicht dem reinen Zufall, sondern gründet sich auf Regeln; so gibt es auch für die Interaktion der Referenten mit den Zuhörern und Zuhörerinnen Regeln. Zu den Regeln gehören zum einen allgemein akzeptierte 84 6 Verhaltensdimension „ Soziales Lernklima und soziale Atmosphäre “ <?page no="85"?> Umgangsregeln, die im Allgemeinen nicht ausgesprochen, aber erwartet werden. Zum anderen macht es die Formulierung und Aufstellung einer Geschäftsordnung oder Tagesordnung möglich, Regeln in einem Vortrag zu vereinbaren. Allgemeine Umgangsregeln haben eine universale Funktion (Argyle et al. 1981). Würde jeder, der eine Sachrede vorträgt oder daran beteiligt ist, eigene Regeln benutzen, diese zufällig auswählen oder sich spontaner Eingebungen folgend verhalten und interagieren, so wäre ein effektives Vortragen und ein gegenseitiges Verstehen nur sehr schwer möglich. Die Symmetrie und die Komplementarität der Kommunikation wären beschädigt. In kommunikativen Situationen allgemein akzeptierte Umgangsregeln zu befolgen, regelt und erleichtert die zwischenmenschlichen Beziehungen, hilft dabei, ein gemeinsames Signalsystem oder eine Sprache zu verwenden, verhindert gegenseitige Aggression, damit die Interaktion nicht scheitert, selbst wenn Konflikte oder gegenseitige Abneigungen vorhanden sind, ist förderlich für die Produktivität der Kommunikation, drückt den Respekt vor der anderen Person aus, strukturiert den Ablauf der Kommunikation und beginnt und beendet die Interaktion. Aufgrund dieser Funktionen von Regeln lässt sich Verhalten in kommunikativen Situationen regulieren, interpretieren, evaluieren, reflektieren, korrigieren, vorhersagen und erklären (Shimanoff, 1980). Die Reaktionen auf die Nichteinhaltung oder das Brechen von Regeln zeigen eine große Bandbreite (Argyle et al. 1981) von humorvoll bis irritierend, also von Humor bis Ärger. „ Gewöhnliche “ Regelverletzungen und das absichtliche Brechen von Regeln werden dabei in einem hohen Maße als ärgerlich und unverschämt empfunden. Für „ ungewöhnliche “ Regelverletzungen trifft dies weniger zu. Um Regelverletzungen zu verhindern, kann es notwendig sein, die Regeln für einen Kurs oder eine Veranstaltung zu Beginn klar und präzise zu benennen. Wenn klare Regeln etabliert sind, ist es ein Leichtes, auf diese Regel aufmerksam zu machen und im Falle einer Störung oder bei nicht erwünschtem Verhalten trotzdem mit dem Vortrag oder dem Unterricht fortzufahren (Borich, 2015). 6.2 Subdimension „ Regeln “ 85 <?page no="86"?> 6.2.1 Grundlegende Kommunikationsregeln • Nur eine Person spricht. • Unterbrechungen des Redners sind nicht erlaubt. • Der Vortragende erhält die volle Aufmerksamkeit. A. Flexible und explizite Regeln • Festlegung der Zeit, die zur Verfügung steht. • Regeln für die Reihenfolge der Beiträge erstellen. • Signalisieren, wenn man eine Wortmeldung machen möchte. • Spezifische Regeln für den Ablauf vorschlagen, dazu gehören z. B. die Pausenregelung oder klare Hinweise, wann administrative Themen besprochen werden. • Nichtbeachtung von Regeln ermöglichen, wenn es angemessen erscheint: Z. B. gibt die Vortragende oder Lehrperson zu erkennen, dass sie sich jetzt nicht an die Reihenfolge der Wortmeldungen hält, weil es einen weiteren wichtigen Beitrag zu dem eben Gesagten gibt. • Neuformulierung von Regeln ermöglichen: Z. B. fällt dem Vortragenden auf, dass einzelne Teilnehmer oder Teilnehmerinnen überproportional viel Redezeit in Anspruch nehmen. Um die Dominanz von Einzelnen zu reduzieren, kann dann die Redezeit beschränkt oder können die Möglichkeiten zu Wortmeldungen geändert werden. • Einhalten der Regeln durch Vortragende ermöglichen: Die Vortragenden müssen dafür Sorge tragen, dass die vereinbarten Regeln eingehalten werden, damit z. B. ein Vortragen möglich ist. • Einhalten der Regeln durch Arrangement ermöglichen: Die Vortragenden sollten darauf achten, dass auch durch das äußere Arrangement ein ungestörtes Vortragen möglich ist. Z. B. kann man bei einem öffentlichen Vortrag dafür sorgen, dass die vorderen Reihen zuerst besetzt werden, damit die Personen, die sich verspäten, ohne Störung in den hinteren Reihen Platz nehmen können. • Regeln formulieren für das Benutzen von Hilfsmitteln wie Computer oder Tablet. Übung: Bitte formulieren Sie für Ihren Kurs flexible Regeln. 86 6 Verhaltensdimension „ Soziales Lernklima und soziale Atmosphäre “ <?page no="87"?> 6.3 Subdimension „ Affiliation “ Respekt durch Aufmerksamkeitsverhalten Humor und Situationsentspannung Offenheit Freundlichkeit Ermutigung Tabelle 21: Fertigkeiten für sozial effektive Interaktionen Die Charakterisierung und Einschätzung von effektiven und guten Sachreden ist immer mit positiven Interaktionen der Vortragenden mit dem Publikum verbunden. Um diese Interaktion zu beschreiben, wird das Konstrukt der Affiliation verwendet. Untersuchungen zeigen, dass Affiliation in Diskussionen (Rupp, 1998) sich effektiv auf die Qualität und die Beiträge der Diskussion auswirken, dass die Art und Weise, wie Lehrpersonen „ affiliate “ , also zusammenarbeiten und Prozesse beim Unterrichten kontrollieren, wichtige Faktoren für die Effektivität von Lernen sind (Brekelmans et al. 2011). Dabei umfasst Affiliation positive und negative Affektive in einer Interaktion. Positive Affekte werden z. B. gezeigt durch Nähe, Blickkontakt, offene Körperhaltung und das Mitteilen auch privater Themen. Negative Affekte zeigen sich durch Lügen, Täuschen und das Herabsetzen anderer zugunsten des eigenen Vorteils (Wiemann & Giles, 1992). Affiliation entspricht und findet sich auch in den Verhaltenskategorien wie z. B. Zuneigung, Achtung, Rücksichtnahme, Einfühlsamkeit, Aufrichtigkeit vs. das Gegenteil - ausführlich beschrieben ist dies bei Tausch & Tausch (1998) sowie bei Rogers (1983) mit den Dimensionen Wertschätzung (Akzeptanz), Empathie und Echtheit (Authentizität). Alle diese Untersuchungen weisen darauf hin, dass ein hohes Maß an positiver Affiliation ein gutes emotionales und soziales Klima für Interaktionen mit Einzelnen, einer Gruppe oder einem Auditorium schaffen und für eine bessere Arbeitsproduktivität und für höhere kognitive Leistungen sorgen kann. Auch für das Vortragen, Vermitteln und Unterweisen lassen sich diese Befunde nutzen. Die folgenden Aspekte und konkreten Verhaltensweisen helfen, um eine angemessene und sozial effektive Interaktion beim Vortragen und Vermitteln zu erzeugen. 6.3 Subdimension „ Affiliation “ 87 <?page no="88"?> 6.3.1 Respekt durch Aufmerksamkeitsverhalten Fertigkeiten Nützlich für Anerkennung der Fähigkeiten der anderen Wertschätzung der Kompetenzen Begrüßung Wertschätzung zeigen Verabschiedung Wertschätzung zeigen Nonverbales Verhalten (Blickkontakt etc.) Aufmerksamkeitsgewinnung Tabelle 22: Fertigkeiten, um Respekt zu zeigen A. Anerkennung der Fähigkeiten der anderen Aufmerksamkeitsverhalten beinhaltet das Ausdrücken und Zeigen von Respekt und Wertschätzung. Im Gegensatz dazu steht die Geringschätzung, also das Fehlen von Aufmerksamkeit (Tausch & Tausch, 1998). Respekt gegenüber anderen Interaktionspartnern drückt sich in einem Verhalten aus, das sie ohne vorherige Bedingungen und Ermahnungen als eigenständige und gleichberechtigte Personen betrachtet. Dies bezieht sich sowohl auf ihre geistigen als auch auf ihre emotionalen Fähigkeiten. Respekt wird auch ausgedrückt und gezeigt in Bezug auf die Kompetenz und die Fähigkeiten der Anwesenden. Ich muss den anderen anerkennen und seine Würde respektieren, auch wenn das Verhalten meines Gegenübers im Moment der Begegnung unter Umständen nicht meinen Vorstellungen und Einstellungen entspricht. Mein Gegenüber muss sein „ Gesicht wahren können “ (Goffman, 1971). Mangelnder Respekt und fehlende Wertschätzung äußern sich in Formulierungen, die die Menschenwürde, die Gedanken, Gefühle und Möglichkeiten des anderen herabsetzen. Respekt und Wertschätzung gegenüber den einzelnen, anwesenden Personen, aber auch gegenüber dritten, nicht anwesenden Personen trägt zu einer Verbesserung der zwischenmenschlichen Beziehungen bei. B. Begrüßung und Verabschiedung Wie kann man dies konkret zeigen und in Handlung umsetzen? Dies geschieht in Form von verbalen und nonverbalen Botschaften und Informationen. Respekt kann z. B. in Form einer Begrüßung oder Verabschiedung des Auditoriums oder gegenüber einzelnen Personen gezeigt werden. Beispiel: Der Satz „ Schön, dass Sie da sind “ ist eine einfache verbale Botschaft, aber hilfreich und wirksam, wenn sie von einem aufmerksamen Verhalten in 88 6 Verhaltensdimension „ Soziales Lernklima und soziale Atmosphäre “ <?page no="89"?> Form von Mimik und Blickkontakt begleitet wird und wenn die Körperausrichtung und -haltung auf die Person oder die Gruppe gerichtet ist. C. Nonverbales Verhalten All dies sind Verhaltensweisen, die auf der nonverbalen Ebene gezeigt werden. Für viele mag dies zu einfach, zu offensichtlich erscheinen. Aber es sind diese Momente, die darüber entscheiden, wie unser Gegenüber die Situation interpretiert und entschlüsselt, und es ist Ihre Aufgabe, diese kurzen Momente und Sequenzen richtig zu kodieren. Die Begrüßung oder die Verabschiedung haben hier also noch eine andere Funktion als im Abschnitt „ sozial-integratives Verhalten “ beschrieben. Übung: Bitte formulieren Sie Sätze in wörtlicher Rede, mit denen Sie in einem Vortrag Respekt ausdrücken können. 6.3.2 Humor und Situationsentspannung Fertigkeiten Nützlich für Auflockernde Bemerkungen Aufmerksamkeitsgewinnung Humorvolle Kommentare Spannungen reduzieren Wortspiele Aufmerksamkeitsgewinnung Lustige Geschichten Unterhaltung Tabelle 23: Fertigkeiten, um Humor zu zeigen Eine schwierige oder festgefahrene Situation in einer Veranstaltung, einem Kurs, einem Seminar, die bei den Anwesenden angespannte Gefühle erzeugt, wirkt sich nicht positiv auf die Aufnahme und Verarbeitung von Inhalten aus. In einer solchen Situation kann Humor sehr hilfreich sein und die Situation entspannen. Allerdings darf eine humorvolle Bemerkung nicht auf Kosten anderer verwendet werden. Humor, so zeigt die Forschung, hat positive Auswirkungen auf die Reduzierung von Angst (Ventis et al., 2001), erhöht offensichtlich die Behaltensleistungen (Gage & Berliner, 1996), verbessert Kreativität (Ziv, 2008, Chen et al., 2019), vermindert feindseliges Verhalten (Nir & Halperin, 2018) und erhöht die Hilfsbereitschaft, etabliert eine flexible, spontane Stimmung und ermuntert andere dazu, ebenfalls persönliche Episoden zu teilen (Borich, 2015). 6.3 Subdimension „ Affiliation “ 89 <?page no="90"?> A. Auflockernde Bemerkungen, Humor, Wortspiele Verwenden Sie auflockernde Bemerkungen, Witze, Wortspiele und lustige Geschichten sowie humorvolle Kommentare, nutzen Sie situationsbedingte humorvolle Gelegenheiten. Seien Sie aber vorsichtig: Falsch eingesetzt, kann Humor negative Spannungen erzeugen und mehr Schwierigkeiten verursachen, als einem lieb ist. Und negative Stimmungen erzeugen Angst und beeinträchtigen die Informationsaufnahme und -verarbeitung. Übung: Bitte formulieren Sie in wörtlicher Rede eine humorvolle Bemerkung. 6.3.3 Offenheit Fertigkeiten Nützlich für Informationen über sich selbst zur Verfügung stellen Aufbau von Vertrauen Verantwortung für die eigenen Gedanken und Gefühle übernehmen Reversibilität Rückfragen ehrlich beantworten Zuverlässigkeit Tabelle 24: Fertigkeiten, um Offenheit zu zeigen A. Informationen über sich selbst zur Verfügung stellen Offenheit beinhaltet verschiedene Aspekte wie „ Selbstenthüllung “ (Wiemann, 1977; Wiemann & Bradac, 1989), Ehrlichkeit (DeVito, 1982) sowie Verantwortung für die eigenen Gedanken und Gefühle. Zu einer guten und effektiven Sachrede gehört es dazu, dass Sie auch Informationen über sich selbst zur Verfügung stellen. Informationen über sich selbst zu geben, hat die Funktion, ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis aufzubauen. Wichtig ist dabei aber die Angemessenheit. Zu viele Informationen, zu große Intimität, zu viele überraschende „ Enthüllungen “ können die Anwesenden auch vor schwierige Interaktionsprobleme stellen. B. Verantwortung für die eigenen Gedanken und Gefühle übernehmen Auch sollte der Vortragende deutlich machen, dass die geäußerten Gedanken und Gefühle in seiner Verantwortung liegen, zudem ist er bereit, die Verantwortung zu übernehmen, und er macht dies auch explizit deutlich. Nicht zuletzt schaffen wir durch Offenheit Situationen, in denen Schwierigkeiten oder 90 6 Verhaltensdimension „ Soziales Lernklima und soziale Atmosphäre “ <?page no="91"?> Missverständnisse schnell und unmittelbar beseitigt oder geklärt werden können. C. Rückfragen ehrlich beantworten Ehrlichkeit bezieht sich auf die Bereitschaft der Vortragenden, auf die Fragen oder Äußerungen der Anwesenden ehrlich zu reagieren. Dazu zählt z. B. auch zuzugeben, wenn man die Antwort nicht kennt. Übung: Bitte formulieren Sie Sätze in wörtlicher Rede, mit denen Sie in einem Vortrag Offenheit ausdrücken können. 6.3.4 Freundlichkeit Fertigkeiten Nützlich für Freundliche Begrüßung Optimismus Freundliche Wortwahl (Vermeidung von Schimpfworten) Reversibilität Nonverbales Verhalten (Blickkontakt, Lächeln) Aufmerksamkeitsgewinnung Tabelle 25: Fertigkeiten, um Freundlichkeit zu zeigen Freundlichkeit hat viele Facetten, darunter so unterschiedliche psychologische Konstrukte wie Rücksichtnahme, einfühlsames Verständnis, Authentizität und Emotionalität. Für uns Menschen ist Freundlichkeit immer mit etwas Großem und Universellem verbunden. A. Freundliche Begrüßung Die Bemerkung eines Gesprächspartners oder einer dritten Partei über unsere Person „ Sie sind ein sehr freundlicher Mensch “ oder „ Sie sind sehr freundlich zu mir “ , lässt uns die Welt in schöneren, prächtigeren Farben sehen. Sie macht uns positiver, sie macht uns optimistischer. Freundlichkeit kann sich in verschiedenen Formen des Kontakts beziehungsweise der Aufrechterhaltung einer Vortragssituation und/ oder einer Lehrposition zeigen. So wird die verbale Begrüßungsformel „ Ich freue mich, Sie zu sehen “ auf der nonverbalen Ebene von einem freundlichen Blick, einer gewinnenden Stimme, einem Lächeln und einer klaren Körperhaltung begleitet. 6.3 Subdimension „ Affiliation “ 91 <?page no="92"?> Nutzen Sie die Gelegenheit, freundlich in der Wortwahl zu sein, mit Ausdrücken, die emotional „ gewinnen “ . Zeigen Sie positive Gefühle. B. Freundliche Wortwahl Das Gegenteil, die Unfreundlichkeit, ist schnell beschrieben: Es ist ein genuscheltes, unverständliches „ Hallo “ , ein Abwenden ohne Blickkontakt. Es ist ein gleichförmiger, routinierter Umgang mit dem Publikum. Es äußert sich in unpersönlichen Blicken oder abfälligen Bemerkungen. (Es gibt Menschen, die abfällige Bemerkungen als eine Form der Begrüßung ritualisiert haben.) Dies kann oft auf Stress, Unwillen, Unwissenheit oder Nachlässigkeit zurückzuführen sein. Keine dieser Verhaltensweisen ist förderlich für den Beginn oder die Aufrechterhaltung einer positiven und angenehmen Vortrags- oder Lernatmosphäre. Übung: Bitte formulieren Sie Sätze in wörtlicher Rede, mit denen Sie in einem Vortrag Freundlichkeit ausdrücken können. 6.3.5 Ermutigung Fertigkeiten Nützlich für Ermutigende Formulierung Kooperation Verwendung von Lob Förderung der Lernprozesse Hinweis auf gemeinsame Kooperation Engagement Tabelle 26: Fertigkeiten, um Ermutigung zu zeigen A. Ermutigende Formulierungen Nicht zuletzt kann auch ermutigendes Verhalten einen sehr positiven Beitrag zur Gesamtstimmung in einer Situation leisten. Es hat einen positiven Einfluss auf kognitive (mentale) Prozesse und auf das kooperative Verhalten der anderen Personen. Es kann feindseliges Verhalten reduzieren, es fördert die gegenseitige Hilfsbereitschaft und es steigert die Fähigkeit, Probleme kreativ zu lösen. B. Verwendung von Lob Auch Lob ist eine Möglichkeit, um Ermutigung auszudrücken. Lobendes Verhalten wirkt ermutigend. Bedeutungsvolles Lob, das regelmäßig zum Ausdruck gebracht wird, unterstützt das Engagement und den Lernprozess der Lernenden (Borich, 2015). 92 6 Verhaltensdimension „ Soziales Lernklima und soziale Atmosphäre “ <?page no="93"?> Das Gegenteil ist entmutigendes Verhalten. Entmutigendes Verhalten fördert eine negative Stimmung und erzeugt innere Spannungen, ja sogar Angst. Doch Angst ist in einer Vortrags- oder Unterrichtssituation alles andere als förderlich. Entmutigendes Verhalten wirkt sich auch negativ auf die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen aus. So beeinflusst entmutigendes Verhalten, insbesondere harsche Kritik, die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit (Tausch & Tausch, 1998) und wirkt sich dadurch negativ auf die Leistung aus. C. Hinweis auf gemeinsame Kooperation Und wie äußert sich ermutigendes Verhalten in einer Vortragsituation? Hier hat sich gezeigt, dass eine ermutigende Bemerkung zu einer positiven, ermutigenden Stimmung beitragen kann. Beispiel: „ Beim nächsten Thema geht es um ein sehr schwieriges technisches Modell, aber gemeinsam werden wir die wesentlichen Funktionen in diesem Modell erarbeiten und auch die dafür notwendige Zeit einplanen, bis es alle verstanden haben. “ Ermutigendes Verhalten wirkt sich auch sehr positiv auf die aktuelle Stimmung aus. Es verbessert die zwischenmenschlichen Beziehungen, steigert die Motivation und reduziert Ängste und Arbeitsunwilligkeit. Übung: Bitte formulieren Sie Sätze in wörtlicher Rede, mit denen Sie in einem Vortrag Freundlichkeit ausdrücken können. 6.3 Subdimension „ Affiliation “ 93 <?page no="94"?> 7 Nonverbales Verhalten Die Hauptausdrucksorte des nonverbalen Verhaltens in Bezug auf Emotionen, Befindlichkeiten und Einstellungen finden sich im Gesicht (Mimik), im Blick/ Blickkontakt, in der Körperhaltung, im räumlichen Verhalten (Proxemik) und in der Gestik. Beispiel: Der Ausdruck von Freundlichkeit und positiver Einstellung würde sich in der Mimik in einem offenen, echten Lächeln zeigen, der Blickkontakt wäre häufig, die Körperhaltung vor- und zugeneigt und direkt zugewandt und die Proxemik zeigt sich durch eine größere Nähe (Argyle, 2017). Verschiedene Ausdrucksorte sind also beteiligt, um Freundlichkeit zu zeigen. Funktion des nonverbalen Verhaltens bei Vortrag und Präsentation Die wesentlichen Funktionen des nonverbalen Verhaltens bei einem Vortrag oder einer Präsentation sind: Ausdruck von Gefühlen und Einstellungen, Kommentierung des verbalen Inhalts sowie Interaktionsregulierung und Gruppenmanagement. Hinzu kommen die Verdeutlichung des verbalen Inhalts (Parasemantik) und der Redestruktur (Parasyntaktik) sowie der Stimmausdruck. Ausdrucksorte Nützlich für Gesichtsausdruck/ Mimik Kommentierung, Illustrierung Blick/ Blickkontakt Aufmerksamkeitsgewinnung Köperhaltung Kommentierung Räumliches Verhalten/ Proxemik Interaktionsregulierung Gestik Illustrierung, Strukturierung Tabelle 27: Ausdrucksorte für nonverbales Verhalten Im Folgenden werden diese unterschiedlichen Ausdrucksorte und ihre wesentlichen Funktionen beschrieben. <?page no="95"?> 7.1 Der Gesichtsausdruck (Mimik) Argyle (2017) bezeichnet das Gesicht neben den Händen als den wichtigsten und ausdruckstärksten Bereich des Körpers, um nonverbale Signale zu zeigen. Das Gesicht ist in der Lage, sehr differenziert und mit hoher Ausdruckskraft Emotionen in sozialen Interaktionen zu zeigen. In der Mimik zeigen sich Gefühle, Befindlichkeiten und interpersonale Einstellungen. Wir haben jedoch gelernt, das Gesicht sehr gut zu kontrollieren ( „ weil man den Menschen ins Gesicht sieht “ ), sodass wir auch Gefühle und interpersonale Einstellungen zeigen können, die wir im Augenblick nicht empfinden. Emotionen sind für unser Leben von großer Bedeutung, sind immer da und werden gezeigt. Gesichtszüge, so fasst Ekman (2004) seine Forschung in Bezug auf Kulturen zusammen, sind universal, allerdings wird im privaten Bereich die angeborene Mimik gezeigt und in der Öffentlichkeit die Emotionen, die durch kulturelle Regeln definiert werden. Diese Regeln lernen wir und wir zeigen, verstärken oder verbergen ein Gefühl entsprechend den in der Kultur vorgegebenen Regeln. Auch symbolische Gesten wie z. B. ein Kopfnicken für das Bejahen und ein Kopfschütteln für das Verneinen sind von der Kultur vorgegeben und erlernt. So wird z. B. in Bulgarien zur Bejahung einer Aussage der Kopf geschüttelt, wohingegen in Deutschland zur Bejahung mit dem Kopf genickt wird. A. Funktion des Gesichtsausdrucks bei Vortrag und Präsentation Bei einem Vortrag oder einer Präsentation ist die Funktion des Gesichtsausdrucks der Ausdruck von Emotionen, der Ausdruck von interpersonalen Einstellungen und Beziehungen, der Ausdruck von Kommentierungen (Rahmung des verbalen Inhalts), der Ausdruck von Persönlichkeitscharakteristika, die Interaktionsregulierung und das Gruppenmanagement. B. Gesichtsausdruck und interpersonale Einstellungen/ Beziehungen Die folgenden Grundemotionen werden im Gesichtsausdruck sichtbar (Ekman, 2004) und können ausgedrückt werden: Überraschung, Angst/ Furcht, Ekel/ Abscheu/ Verachtung, Ärger/ Wut, Glück/ Freude, Traurigkeit. Mit den Gefühlsausdrücken werden auch interpersonale Einstellungen ausgedrückt, mit denen eine Botschaft vermittelt wird. Beim Vortragen können z. B. folgende interpersonale Einstellungen ausgedrückt werden: Zuneigung und Sympathie, Begeisterung, Abneigung oder 7.1 Der Gesichtsausdruck (Mimik) 95 <?page no="96"?> Antipathie, Interesse und Begeisterung beziehungsweise Desinteresse und Gleichgültigkeit für ein Thema, Bewertungen und Zustimmungen oder auch Ablehnung und Zurückweisung, Status und Überlegenheit oder Beschwichtigung und Unterlegenheit. Affektive Kommentare und Stellungnahmen der Sprechenden durch Gefühlssignale gegenüber dem verbalen Inhalt helfen dabei, die Vortragenden besser zu verstehen. Zudem können über eine allgemeine Grundstimmung hinaus durch kurze, abgeschwächte Gefühlsausdrücke das eigene Gefühl und die eigene Einstellung bezüglich eines verbalen Inhalts gekennzeichnet und ausgedrückt werden. Diese Formen der Kommentierung sind sehr wirkungsvolle Vortragsmittel. 7.2 Der Blick/ der Blickkontakt Der Blickt ist ein Ausdruckskanal/ Ausdrucksort, der Informationen sowohl empfangen als auch senden kann. Der Blick dient dazu, Informationen aufzunehmen (Interesse an anderen Personen haben, aufmerksam sein), und er hat eine Ausdrucksfunktion (Interesse und Aufmerksamkeit zeigen). Mit den Augen eröffnet man und mit den Augen nimmt man einen ersten Kontakt zu den Anwesenden/ dem Gegenüber auf. Ist dieser Kontakt unspezifisch, bedarf es weiterer Signale wie z. B. einem Lächeln, um deutlich zu machen, ob es sich um einen freundlichen oder gar unfreundlichen Kontakt handelt. A. Interpretationen des Blickkontakts Werden die Augen gesenkt, kann dies als Bescheidenheit, Unsicherheit, Unaufrichtigkeit oder als Verarbeitung von komplexen Informationen interpretiert werden. Weit offene Augen zeigen Offenheit, Verwunderung, Überraschung oder Naivität. Starre, bohrende Augen zeigen Kälte und Drohung. Augen, die nach oben rollen, zeigen Müdigkeit oder zeigen, dass man mit dem Verhalten des anderen nicht einverstanden ist oder es für verrückt hält. B. Funktion des Gesichtsausdrucks bei Vortrag und Präsentation Die Funktionen des Blicks bei einem Vortrag oder einer Präsentation sind: Ausdruck interpersonaler Einstellungen und Beziehungen, Interaktionsregulierung und Gruppenmanagement, Ausdruck von Emotionen wie z. B. Glück oder Traurigkeit, affektive Stellungnahmen und Kommentare, dadurch eine Rahmung des verbalen Inhalts, Ausdruck der Persönlichkeit und Unterstützung der verbalen Botschaft. 96 7 Nonverbales Verhalten <?page no="97"?> C. Blickkontakt und interpersonale Einstellungen/ Beziehungen Blick und Blickkontakte sind wirkungsvolle Signale, um interpersonale Beziehungen herzustellen, abzubrechen oder zu modifizieren. Sie können Bevorzugung und Zuneigung zeigen. Personen, die mehr blicken, werden als freundlicher angesehen und bevorzugt. Personen, die wir mehr mögen, werden mehr angeblickt als Personen, die wir nicht mögen. Blick kann auch eine Drohfunktion sein, wenn wir einen direkten, langen Blick verwenden, oder aber eine Beschwichtigungsfunktion haben, indem wir den Blick abwenden. Bei starker Kooperation wird mehr Blickkontakt verwendet. D. Häufigkeit des Blickkontakts Zeigen die Vortragenden in einer Interaktion wenig Blickkontakt, so werden sie als kalt, pessimistisch, vorsichtig, defensiv, unreif, ausweichend oder indifferent eingeschätzt. Zeigen Vortragende häufigen Blickkontakt, so werden sie als freundlich, selbstsicher, natürlich, reif und ernsthaft eingeschätzt. Vortragenden mit sehr viel Blickkontakt werden geradezu unglaubliche Eigenschaften nachgesagt: Sie gelten als überzeugend, ernsthaft, glaubhaft, erfahren, freundlich und aktiv. Das bedeutet: Treten Sie in häufigen Blickkontakt mit Ihrem Publikum und zeigen Sie so Ihre Wertschätzung. Haben Sie es mit einem größeren Publikum zu tun, so greifen Sie sich mit Ihrem Blick abwechselnd immer wieder eine andere Person aus Ihrem Zuhörerkreis heraus. Vermeiden Sie bei der Kommentierung von Inhalten einen starren Blick und das Rollen der Augen nach oben. E. Blickkontakt und Interaktionsregulierung/ Gruppenmanagement Mit Blickkontakt wollen Menschen signalisieren, dass der Kommunikationskanal offen ist und sie zur Kommunikation bereit sind, bzw. sie wollen andere dazu auffordern, ihre Aufmerksamkeit dort hinzulenken, wo sie es wünschen. Auch das Gegenteil ist der Fall: Wenn jemand nicht sprechen will, kann man durch Vermeidung des Blickkontakts signalisieren, dass der Kommunikationskanal nicht offen ist. Dies ist vor allem am Ende eines Vortrags wichtig, wenn Sie Fragen stellen und auf eine Antwort der Befragten warten. Diejenigen, die die Antwort nicht wissen, werden auch keinen Blickkontakt aufnehmen. Somit dient der Blick als Signal für die Kommunikationsaufnahme oder als Wendepunkt in der Kommunikation. Im Sinne eines Gruppenmanagements lässt sich durch Anblicken oder Wegblicken in Verbindung mit Mimik (freundlichen Blicken) und Körperorientierung/ -neigung die Reihenfolge der Sprechenden regeln. Auch Kommunikati- 7.2 Der Blick/ der Blickkontakt 97 <?page no="98"?> onsregeln wie z. B., dass immer nur einer oder eine spricht, können durch Blickkontakt gesteuert werden: Blicken Sie nach dem Ende einer Äußerung jemand anderen an, um weitere inhaltliche Beiträge oder Antworten zu bekommen. 7.3 Die Körperhaltung Die Körperhaltung unterstützt den Ausdruck von Gefühlen durch Bewegungen. Die Funktionen der Körperhaltung bei Vortrag oder Präsentation beinhalten: Ausdruck der interpersonalen Einstellung in Form von Sympathie oder Antipathie, Ausdruck von Emotionen zur Unterstützung der Mimik, affektive Kommentierung des verbalen Inhalts, Interaktionsregulierung und Gruppenmanagement sowie Unterstützung des verbalen Inhalts und Verdeutlichung der Redestruktur. A. Körperhaltung und interpersonale Einstellungen/ Beziehungen Eine positive Einstellung zu Interaktionspartnern (Objekten, Situationen) wird nach Mehrabian (1972) dadurch ausgedrückt, dass der Abstand verringert und der Sichtkontakt zwischen den Interaktionspartnern verbessert wird. Die Verringerung des Abstandes (siehe auch Proxemik) ist allerdings in manchen Kurs-/ Vorlesungsräumen aufgrund von technischen oder baulichen Gegebenheiten nicht immer möglich. Trotzdem sollten alle, auch die geringsten Möglichkeiten dazu genutzt werden. Dabei spielen die Körperhaltung (Offenheit), die Körperorientierung und die Körperneigung eine besondere Rolle. Gegenüber Personen mit niedrigem Status, des anderen Geschlechts und Personen, die man gernhat, wird häufig eine entspannte, lässige Haltung eingenommen, im Gegensatz zu Personen mit höherem Status, wo eine eher angespannte Haltung eingenommen wird. B. Körperhaltung und Kommentierung des verbalen Inhalts Die Körperhaltung unterstützt die affektive Stellungnahme und die Kommentare zum gesprochenen Wort, die mit der Mimik und dem Stimmausdruck gezeigt werden. C. Körperhaltung und Interaktionsregulierung/ Gruppenmanagement In diesem Zusammenhang kann die Körperhaltung,orientierung und -neigung auch Rahmung und Definition eines Interaktionsabschnitts markieren. Beispiel: Bei der Informationsvermittlung zu stehen, erzeugt eine bessere Aufmerk- 98 7 Nonverbales Verhalten <?page no="99"?> samkeit und Übersicht. Zudem geben Sie damit ein Zeichen von sachbedingter, kurzfristiger Dominanz, drücken aber auch Respekt vor dem Publikum aus. Diese sachbedingte und kurzfristige Dominanz ist notwendig und wichtig. Für das Gruppenmanagement sollte die Körperorientierung zur Gesamtgruppe hingewandt sein, nicht von ihr abgewandt, damit auch immer die Gesamtgruppe im Blick bleibt. Und durch eine Kombination mit Blick und räumlichem Verhalten (Proxemik) signalisieren Sie immer auch die Bereitschaft zu einer Kommunikationsaufnahme mit der Gruppe. 7.4 Das räumliche Verhalten (Proxemik) Hall (1976, 1990) unterscheidet vier wesentliche Distanzen, die bis heute ihre Gültigkeit haben. Dazu zählt er die intime, die persönliche, die soziale und die öffentliche Distanz. Bei diesem Konzept geht es um die Bewegung innerhalb einer räumlichen Anordnung. A. Die intime Distanz (15 - 45 cm) Der Kopf wird vergrößert gesehen und seine Züge werden verzerrt. Die Stimme wird sehr leise gebraucht. Auch die Wärme und der Geruch des Atems einer anderen Person kann wahrgenommen werden. Kommt es im öffentlichen Raum zur intimen Distanz, wird dies in vielen Kulturen (z. B. USA) als sehr unangemessen bewertet. Unfreiwillig kann diese Situation etwa in der U-Bahn oder im Bus entstehen. Dann neigt man zu „ Abwehrmaßnahmen “ , man bewegt sich nicht. Falls man doch berührt wird, versucht man, sich zurückzuziehen. In einem überfüllten Aufzug bleiben die Hände an der Seite, der Blick geht ins Leere. B. Die persönliche Distanz (75 - 120 cm) Bei dieser Distanz werden Themen von persönlichem Interesse und Engagement behandelt. Die Kopfgröße wird normal wahrgenommen und Einzelheiten der Gesichtszüge auch. Feine Details des Gesichts sind erkennbar sowie Haare, Flecken und Schmutz auf der Kleidung. Die Stimmstärke ist mäßig. C. Die soziale Distanz (nahe Phase, 120 - 220 cm) Bei dieser Distanz wird die Kopfgröße normal wahrgenommen. Bei 120 cm werden Kopf, Schulter und Oberkörper gesehen. Bei 220 cm schließt der gleiche Blick die ganze Gestalt ein. Die soziale, nahe Distanz findet sich in der Kommunkation im Büro oder auch auf einer Party, wenn Menschen locker im Kreis stehen und Small Talk halten. 7.4 Das räumliche Verhalten (Proxemik) 99 <?page no="100"?> D. Die soziale Distanz (weite Phase, 220 - 360 cm) Die Schreibtische, die in den Büros stehen sind so konstruiert, dass die Kollegen automatisch in der weiten Distanz sind. Hier gehen die feinen Details des Gesichts verloren, Haare und Kleidung des Gegenübers sind dagegen immer noch gut sichtbar. Weiterhin können die ganze Gestalt und der Raum erfasst werden. Im Gespräch ist es wichtig, den visuellen Kontakt aufrechtzuerhalten. In dieser Distanz kann z. B. das Abwenden des Blickkontakts zum Abbruch oder Stillstand eines Gesprächs führen. Die Stimme wird in der Regel bei dieser Distanz meist automatisch etwas lauter eingesetzt. E. Die öffentliche Distanz (nahe Phase, 360 - 750 cm) Bei dieser Distanz kann ein wachsamer Mensch bei Bedrohung ein Ausweich- oder Verteidigungsmanöver unternehmen. Es wurde auch beobachtet, dass bei dieser Distanz eine sorgfältige Wortwahl und ein sorgfältiger Satzbau erfolgen. Bei fünf Metern sieht der Körper flach aus, er verliert seine Rundungen. Die Augenfarben werden nicht wahrgenommen. F. Die öffentliche Distanz (weite Phase, 750 cm oder mehr) Schauspieler wissen, dass bei neun oder mehr Metern die durch die normale Stimme vermittelten Bedeutungsschattierungen verloren gehen, das gilt auch für Einzelheiten des Gesichtsausdrucks und der Bewegung. Daher müssen die Stimme und die Bewegung übertrieben und erweitert werden. Das Redetempo verringert sich und die Worte werden klarer gesprochen. G. Funktion des räumlichen Verhaltens bei Vortrag und Präsentation Bei einem Vortrag oder einer Präsentation gehören zu den Funktionen des räumlichen Verhaltens: Ausdruck der interpersonalen Einstellungen in Form von Annäherung und Parteinahme, Ausdruck von Emotionen, affektive Kommentierung des verbalen Inhalts, Interaktionsregulierung und Gruppenmanagement sowie Verdeutlichung des verbalen Inhalts und der Redestruktur. H. Räumliches Verhalten und interpersonale Einstellungen/ Beziehungen Größere Nähe wird als Sympathie und die Suche nach freundschaftlichen Kontakten angesehen. Je näher sich Personen kommen, desto lieber mögen sie sich und lassen das auch zu, desto besser kennen sich diese Personen. Gegenüber Unbekannten oder Personen mit hohem Status und Dominanz wird ein größerer Abstand und eine größere Distanz eingehalten, bis diese darum bitten, näher zu treten. Auch Personen aus dem Publikum, die später noch mit einem 100 7 Nonverbales Verhalten <?page no="101"?> reden möchten, halten zuerst eine größere Distanz ein. Zwischen Personen mit gleichem Status ist der Abstand geringer. Bedeutende Personen oder auch diejenigen, die mehr bezahlen, werden höher platziert (z. B. auf einer Tribüne). I. Räumliches Verhalten und Interaktionsregulierung/ Gruppenmanagement Im Zusammenspiel mit dem Blick erfüllt das räumliche Verhalten, die Proxemik, dieselbe Funktion wie die Köperorientierung und Körperneigung, nur in einem anderen Ausmaß. Bei Nähe und Distanz in Räumlichkeiten mit geringen räumlichen Abständen zeigt sich auch die Körperorientierung und -neigung in einem geringen Ausmaß. Bei großen räumlichen Abständen, wie z. B. in einem Vorlesungssaal, ist die Köperorientierung auch in einem größeren Ausmaß möglich. Die Vortragenden können sich auf Personen, Gruppen, Objekte zubewegen und wegbewegen, um die Interaktion zu regulieren, die Kommunikation aufzunehmen oder die Aufmerksamkeit zu erlangen. 7.5 Die Gesten (Gestik) A. Entstehung der Gesten Es wird angenommen, dass die Entstehung und der Ursprung der Sprache sehr eng mit Gesten zusammenhängt (Hewes, 1973). So beschreibt Tomasello (2020) zwei Typen von Gesten, die von Menschenaffen benutzt werden: Gesten mit Intentionsbewegung und Gesten für Aufmerksamkeitsempfänger. Dies äußert sich dadurch, dass ein gestikulierender Menschenaffe mit seiner Geste erreichen will, dass der Empfänger entweder etwas macht (Intentionsbewegung) oder sieht (Aufmerksamkeitsempfänger). Deshalb, so schlussfolgert Tomasello (2020) weiter, seien diese Typen von Gesten die evolutionäre Grundlage für die Gebärden und Zeigegesten von Menschenkindern. B. Gesten und kulturelle Unterschiede Untersuchungen zeigen kulturelle Unterschiede bei der Verwendung von Gesten. So werden z. B. in Italien viele Gesten aus der Schulter heraus neben dem Körper, mit einem weiten und runden Radius und sehr fließend ausgeführt, was lebendiger und ausdrucksstärker wirkt, während in Deutschland Gesten eher aus dem Unterarm heraus mit eingeschränktem Radius ausgeführt werden, was etwas eckiger und weniger fließend und lebendig und (ja, auch weniger elegant) wirkt. Es gibt z. B. auch Unterschiede zwischen China und Deutschland: So gelten in China bestimmte Gesten als unhöflich, die in Deutschland für angemessen gehalten werden. So ist es beispielsweise in Deutschland unhöflich, 7.5 Die Gesten (Gestik) 101 <?page no="102"?> beim Lachen (Mimik) die Hand (Gestik) vor den Mund zu halten, während dies in China ein Zeichen von Höflichkeit ist. Deutsche Redewendungen wie „ unter/ hinter vorgehaltener Hand “ zeigen hier die kulturelle Prägung und machen auf die Bedeutung dieser Geste aufmerksam. Auch das Verwenden von gestischen Emblemen und Symbolen wird durch die Kultur geformt. So hat z. B. die Ringgeste (Daumen und Zeigfinger bilden einen Ring) in Deutschland und China eine völlig unterschiedliche Bedeutung. Einmal kann das (in bestimmten Situationen) eine schwere Beleidigung sein, das andere Mal ein Hinweis darauf, dass alles verstanden wurde. Wobei es auch in Deutschland eine positive Verwendung dieser Ringgeste bei bestimmten Aktivitäten wie z. B. beim Tauchen gibt. Beim Tauchen steht das Formen von Daumen und Zeigefingerspitze zu einem Kreis für das Symbol „ OK “ und zeigt das eigene, momentane Wohlbefinden unter Wasser an. So wechseln also gestische Embleme je nach Kultur und bestimmten Aktivitäten ihre Bedeutung. C. Funktion der Gesten bei Vortrag und Präsentation Auch bei einem Vortrag, in einer Präsentation sind Gesten sichtbare und ausdruckstarke Mittel. Ihre Funktionen sind hier die Illustrierung und die Strukturierung. Bei der Illustrierung werden verbale Äußerungen ergänzt und es können Gegenstände oder Bewegungen gezeigt werden. So können Sie z. B. einen Kreis zeigen, wenn Sie die Funktion eines Rades erklären. Und wenn man über Schlangen spricht, kann man etwa mit der Hand gleichzeitig eine schlängelnde Bewegung ausführen, um damit das Gesagte zu unterstreichen und zu ergänzen. Damit erzeugen Sie eine zusätzliche Aufmerksamkeit für das Gesagte. Die Strukturierungsfunktion können Sie anwenden, wenn Sie z. B. am Ende eines Satzes mit den Händen nach unten gehen und damit den Satz abschließen, kurz warten und dann mit der Gestik und der Stimme fortfahren. D. Gesten und Interaktionsregulierung/ Gruppenmanagement Mit Gesten können Sie z. B. die Sprecherrolle zuweisen oder Einzelne beziehungsweise die ganze Gruppe beteiligen. Sie können die Reihenfolge der Sprechenden anzeigen ( „ Zuerst Sie, dann Sie und dann Sie! “ ), Aufmerksamkeit erbitten oder mit dem Sprechen fortfahren ( „ Es geht jetzt weiter! “ ). E. Gesten und Funktionalität Wichtig: Neben der Funktion der Gesten muss auch die Verwendung und Ausführung selbst funktional sein. Wenn Sie z. B. mit Ihren Händen einen Kreis zeigen, muss diese Gestik auch wieder zurückgeführt werden. 102 7 Nonverbales Verhalten <?page no="103"?> Ein häufiger Fehler bei der Verwendung von Gesten ist beispielsweise, dass die Hände oder Arme „ herabfallen “ , also nicht als funktionale und fließende Bewegung ausgeführt werden. Dieses dysfunktionale Ausführen von Gesten führt bei den Zuhörern und Zuhörerinnen zu Irritationen. Dysfunktionale Gesten sind richtungslos, zerstreut oder bedeutungslos. Diese Gesten können sich auf sich selbst beziehen oder „ Ersatzhandlungen “ etwa bei Frustration, Konflikten oder komplexen Aufgaben sein. Dies äußert sich etwa durch Kratzen, Körperberührungen wie der Nase oder der Lippen, einem Ballen der Faust oder einem Zupfen an der Kleidung. Auch mechanisch wiederholte Gesten gehören dazu - im Gegensatz zu variierenden Gesten. Auch der Ausdruck von Emotionen kann sich in Gesten äußern, die nicht mit einer Kommunikationsabsicht verbunden sind, sondern eher verborgen werden. Solche Formen der Gestik dienen dann der Erregungsabfuhr oder der Erregungssteigerung und werden als Selbst-Adaptoren bezeichnet. Dies äußert sich z. B. in der Berührung von Gesicht oder Körperteilen. So zeigt sich beispielsweise Angst und/ oder Vorsicht durch angespannte, verkrampfte Hände oder dadurch, dass die Hände einander festhalten, dass an Augenbrauen gezupft wird oder Fäuste sich öffnen und schließen. 7.5 Die Gesten (Gestik) 103 <?page no="104"?> 8 Visualisierungen 8.1 Funktion von Abbildungen und Visualisierungen Abbildungen und Visualisierungen können immer eingesetzt werden und haben folgende Funktionen: Funktionen von Visualisierungen Wichtig für Hilfen beim Behalten Erhöhung der Einprägsamkeit Veranschaulichen Erleichterung der Komplexität Organisieren und Strukturieren Verdeutlichung von Schlüsselinformationen Motivation und Emotion wecken Beeinflussung von Motivation und Emotion Entscheidungen beeinflussen „ innere Bilder “ erzeugen Indirekte Beeinflussung Abstrakte Konzepte Darstellung konkreter Wirklichkeit Sprache und Symbole Wahrheitsfunktion Indirekte Visualisierung Tabelle 28: Funktionen von Visualisierungen A. Hilfe beim Behalten Durch Wiederholung des im mündlichen Vortrag vermittelten Wissens mit Hilfe einer Abbildung wird eine zweite Lernmöglichkeit eröffnet. Dadurch wird die Einprägsamkeit erhöht. Durch Visualisierungen können zusätzliche sinnvolle Verknüpfungen zu bereist vorhandenem Wissen geschaffen werden. B. Veranschaulichen Das Verstehen schwer verständlicher, komplexer Sachverhalte wird durch Abbildungen erleichtert. C. Organisieren und Strukturieren Durch Abbildungen, insbesondere durch Schemata, Graphiken etc. oder durch Hervorhebungen auf Abbildungen werden Schlüsselinformationen und die Beziehungen zwischen Schlüsselinformationen verdeutlicht (z. B. bei der graphischen Darstellung des Gehirns oder der Vortragsstruktur). <?page no="105"?> D. Motivation, Emotionen, Einstellungen, Interesse wecken und beeinflussen Bei entsprechender Gestaltung von Abbildungen als inhaltliches „ Ereignis “ , Überraschung oder durch formale Mittel wie Größe, Farbe, Bewegung bzw. Kontrast und der Verwendung peripherer Reize, z. B. Dekorationen wie eine Rose am Bildrand bei der Darstellung von „ trockenen “ Sachverhalten werden mit der Informationsaufnahme Emotionen, Motivation und Einstellungen positiv wie negativ beeinflusst und ein Wahrnehmungsklima geschaffen, das die Bewertung der Informationen prägt. E. Entscheidungen und Verhalten beeinflussen Abbildungen vermitteln eher ein „ inneres Bild “ , eine innere Vorstellung als Sprache, und „ innere Bilder “ können (oft) schneller abgerufen werden als symbolische, sprachliche Vorstellungen. Die Abrufbarkeit steht im Zusammenhang mit der Schnelligkeit von Entscheidungsfindungen. Entscheidungen und Verhalten werden somit (oft) stärker von Abbildungen beeinflusst als durch Sprache. F. Indirekte Beeinflussung Bestimmte abstrakte Aussagen wie Komfort, Freiheit oder Demokratie lassen sich oft nur indirekt visualisieren. Dies kann erfolgen durch ein vereinfachendes Herunterbrechen und Bildkombinationen. So wurde z. B. der Begriff Freiheit sehr erfolgreiche jahrzehntelang mit einem Cowboy, der in der Wüste reitet und in die Abendsonne schaut, erfolgreich visualisiert. Diese Werbung war so erfolgreich, dass man auf den Markennamen und die Nennung des Produktes verzichten konnte. Nur durch das gesetzliche Verbot, grundsätzlich Werbung für Tabak zu machen, wurde diese erfolgreiche Werbekampagne beendet. Für eigene Präsentationen ist jedoch der Versuch, qualitativ ähnlich hochwertige Visualisierungen zu erstellen, in der Regel nicht sehr erfolgreich. G. Darstellung konkreter Wirklichkeit Bei der Darstellung konkreter Wirklichkeit sind Visualisierungen sehr hilfreich, da sowohl eine sprachliche als auch eine symbolische benutzt werden kann. Dadurch lassen sich Sacherhalte schnell und mühelos verarbeiten. Es ist allerdings keine Garantie dafür, dass man sich besser an diese Sachverhalte erinnern kann. H. Wahrheitsfunktion Wahrheitsfunktionen und/ oder abstrakte Aussagen wie Freiheit oder Demokratie lassen sich oft nur indirekt visualisieren (siehe F. Indirekte Beein- 8.1 Funktion von Abbildungen und Visualisierungen 105 <?page no="106"?> flussung). So wurde z. B. Freiheit für viele Jahrzehnte mit meinem Cowboy, der durch die Prärie reitet, visualisiert. Diese Werbung war sehr erfolgreich, aber in der letzten Konsequenz hat man keine Freiheit gefunden. Der gesellschaftliche Druck hat dazu geführt, dass die Werbung eingestellt werden musste. Weitere ausführliche Erklärungen der Funktion von Abbildungen und Visualisierungen finden sich bei Kroeber-Riel (1996). 8.2 Arten von Diagrammen Diagramme Wichtig für Prozess (Linear oder zirkulär) Darstellung Prozesse oder Ablauf Struktur Beziehungen zwischen Ebenen Ring Darstellung von Zyklen/ Perioden Cluster Muster und Beziehungen erkennen Strahlen Beziehungen erzeugen Tabelle 29: Arten von Diagrammen Diagramme sind visuelle Darstellungen von Informationen, Daten oder Prozessen (vgl. Duarte, 2009). Sie können verwendet werden, um Beziehungen, Verbindungen oder Hierarchien zwischen verschiedenen Elementen darzustellen, und können helfen, komplexe Ideen oder Systeme besser zu verstehen und zu kommunizieren. Es gibt viele verschiedene Arten von Diagrammen, z. B. Flussdiagramme, Concept Maps, Organigramme und Netzwerkdiagramme, um nur einige zu nennen. Sie können mit einer Vielzahl von Werkzeugen erstellt werden, z. B. mit Zeichensoftware oder speziellen Diagrammanwendungen. Die folgende Auflistung zeigt nur eine Auswahl der gebräuchlichsten Diagramme. A. Prozess (Linear oder Zirkulär) Ein Prozessdiagramm ist eine grafische Darstellung eines Prozesses oder Arbeitsablaufs. Es kann verwendet werden, um einen Prozess zu dokumentieren und zu verstehen und um diesen Prozess anderen mitzuteilen. Prozessdiagramme können mit einer Vielzahl von Werkzeugen erstellt werden, z. B. mit Flussdiagrammen, Swim-Lane-Diagrammen und Prozesslandkarten. Die spezifischen Symbole und Notationen, die in einem Prozessdiagramm verwendet werden, hängen vom Zweck und der Zielgruppe des Diagramms ab. Prozessdiagramme können in einer Vielzahl von Bereichen eingesetzt werden, z. B. in der Wirtschaft, im Ingenieurwesen und im Gesundheitswesen. 106 8 Visualisierungen <?page no="107"?> Prozess Linear: Prozess • Linear • Pferd Prozess • Linear • Hans Prozess • Linear • Gold Prozess Zirkulär: Process Plan Do Act Check B. Struktur (Hierarchie): Ein Hierarchiediagramm ist eine visuelle Darstellung einer Struktur oder eines Systems, bei der die Elemente in einer Hierarchie angeordnet sind, wobei die wichtigsten oder allgemeinen Elemente ganz oben und die unwichtigsten oder spezifischen Elemente ganz unten stehen. Es wird häufig verwendet, um die Beziehungen zwischen verschiedenen Ebenen oder Kategorien innerhalb eines Systems darzustellen, z. B. die Hierarchie eines Unternehmens, die Klassifizierung von Lebewesen oder die Struktur eines Computernetzwerks. Hierarchiediagramme können mit spezieller Software erstellt oder von Hand gezeichnet werden, wobei Kästchen oder andere Formen die Elemente in der Hierarchie darstellen und Linien die Beziehungen zwischen ihnen zeigen. QM HRM Logis k Manager GF 8.2 Arten von Diagrammen 107 <?page no="108"?> C. Ring Ein Ringdiagramm, auch bekannt als Polarflächendiagramm oder Rosendiagramm, ist eine grafische Darstellung von Daten, die einen zyklischen oder periodischen Charakter haben. Es besteht aus einem Kreis, der in eine Reihe von gleich großen Sektoren unterteilt ist, wobei die Größe jedes Sektors die Größe eines bestimmten Datenpunktes darstellt. Die Sektoren können entweder radial oder konzentrisch angeordnet werden, je nach gewünschter Visualisierung. Ringdiagramme werden häufig in unterschiedlichen Bereichen wie Betriebswirtschaft, Meteorologie und Biologie verwendet, um Daten wie Umsätze, Sonneneinstrahlung oder Artenverteilung darzustellen. 1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal D. Cluster Ein Clusterdiagramm ist eine grafische Darstellung von Daten, die in Clustern oder Gruppen organisiert sind. Die Datenpunkte innerhalb jedes Clusters sind einander ähnlicher als die Datenpunkte in anderen Clustern. Die Cluster werden häufig in Form von Kreisen oder anderen Formen dargestellt, und die Datenpunkte innerhalb der einzelnen Cluster sind in der Regel durch Linien oder andere visuelle Indikatoren miteinander verbunden. Clusterdiagramme werden häufig bei der Datenvisualisierung und -analyse verwendet, um Muster und Beziehungen innerhalb der Daten zu erkennen. Sie können hilfreich sein, um komplexe Datensätze zu verstehen und fundierte Entscheidungen auf der Grundlage der Daten zu treffen. Kunde A Kunde B Kunde C 108 8 Visualisierungen <?page no="109"?> E. Strahlen Von einem Punkt ausgehend wird es verwendet, um eine Beziehung zu erzeugen. Die äußeren Elemente sind mit dem zentralen Punkt verbunden, um dies Beziehung zusammenzuhalten und zeigt, dass diese Beziehung von einem klaren Ursprung ausgeht. Maschine Umwelt Mensch • Hygiene • Ausbildung • Wartung • Dokumenta on • Behörden • Audit Schulung 8.3 Diagramme als Konzepte Diagramme können auch verwendet werden, um Konzepte darzustellen, z. B. einen Prozess, eine Offenlegung, eine Wegbeschreibung, einen Ort oder die Auswirkungen (vgl. Duarte, 2009). Diese Form von Diagrammen kann verwendet werden, um komplexe Sachverhalte zu klassifizieren, zu kombinieren und darzustellen. Die folgende Liste zeigt nur eine Auswahl. A. Prozess Ein Prozess in einem Diagamm bezieht sich auf die schrittweise Darstellung einer Handlung oder einerAbfolge von Ereignissen, die in einem Bild dargestellt werden. Ein Prozessbild zeigt in der Regel eine Abfolge von Ereignissen oder Schritten, die erforderlich sind, um ein bestimmtes Ziel oder Ergebnis zu erreichen. 8.3 Diagramme als Konzepte 109 <?page no="110"?> B. Offenlegung Eine Offenlegung in einem Bild bezieht sich auf die Enthüllung oder Darstellung von etwas, das zuvor verborgen, verdeckt oder unklar war. Dabei kann es sich um die Enthüllung von Informationen, Gefühlen oder sogar physischen Objekten handeln. In einem Bild kann die Enthüllung beispielsweise durch das Hervorheben von Details oder das Aufdecken verborgener Elemente erreicht werden, um dem Betrachter ein tieferes Verständnis für das Dargestellte zu vermitteln. C. Wegbeschreibung Eine Wegbeschreibung in einem Bild kann durch verschiedene Elemente dargestellt werden. Hier sind einige Beispiele: • Pfeile oder Linien können verwendet werden, um den Weg zu zeigen, den man gehen muss, um an ein bestimmtes Ziel zu gelangen. Diese können in verschiedenen Farben oder Stilen dargestellt werden, um die Lesbarkeit zu verbessern. • Beschriftungen werden verwendet, um wichtige Punkte oder Orte zu kennzeichnen, um zu zeigen, wo man sich befindet oder wo man hingehen muss. • Eine Perspektive kann so gestaltet werden, dass man den Weg vor sich sehen kann. • Landschaftsmerkmale können als Orientierungspunkt dienen, indem markante Merkmale wie Gebäude, Bäume oder Berge als Referenzpunkte genutzt werden. D. Ort Ein Ort in einem Diagramm kann durch verschiedene visuelle Elemente dargestellt werden, um einen Eindruck von der Umgebung zu vermitteln. Hier einige Beispiele: 110 8 Visualisierungen <?page no="111"?> • Landschaftsmerkmale wie Berge, Flüsse oder Gebäude. • Architektur von Gebäuden oder Strukturen kann einen Ort charakterisieren und eine Idee davon geben, wo man sich befindet. • Menschen und und Aktivitäten können auf die Atmosphäre eines Ortes hinweisen. • Kunstwerke, Denkmäler oder Street Art können auf einen bestimmten Ort oder eine bestimmte Region hinweisen. Beispielsweise kann damit auf eine historische oder künstlerische Bedeutung eines Ortes hingewiesen werden. E. Einfluss Die Bestandteile haben Einfluss aufeinander. Es zeigt, wie einzelne oder mehrere Bestandteile sich gegenseitig beeinflussen oder aufeinader wirken. 8.4 Umgang mit Daten A. Glaubwürdigkeit Die Wahrheit sagen. Es wird immer jemand nachfragen und es wird immer jemand gute Argumente haben, falls man nicht die Wahrheit sagt. B. Bedeutung Die Bedeutung der Daten muss im Gesamtkontext deutlich werden. C. Auf den Punkt bringen Welcher Schlussfolgerung soll aus den Daten gezogen werden? Welche Ergebnisse möchte ich zeigen? 8.4 Umgang mit Daten 111 <?page no="112"?> D. Auswahl Wählen Sie das für ihr Ergebnis geeignete Diagramm aus. Manchmal ist es am besten, überhaupt keine Diagramme zu wählen, sondern nur ein Bild, das den wichtigsten Punkt verdeutlicht. 8.5 Foliengestaltung Es gibt viele Möglichkeiten, Folien zu gestalten, und das beste Layout für Ihre Präsentation hängt vom Inhalt und den Zielen Ihrer Präsentation ab. Im Folgenden einige Tipps für ein effektives Layout für die Folien. Effektives Layout Nützlich für Ziel der Präsentation Gesamtziel Zuhörerschaft Abstimmung von Inhalt und Sprache Prägnanz Informationsdichte Einheitlichkeit Verhältnis von Text und Bild Anordnung der Elemente Erzeugen von Bedeutung Überschriften Gliederung Aufzählungspunkte Gliederung Hintergrund Gestaltungsmittel Standardvorlagen Einheitlichkeit Bilder Kontext Serifen Lesbarkeit Zugänglichkeit Lesbarkeit Schriftgröße Hervorhebung Markenbildung Werbung Copyright Schutz des Urhebers A. Ziel der Präsentation Darauf achten, dass die Folien das Gesamtziel einer Präsentation unterstützen. B. Zuhörerschaft Darauf achten, dass Inhalt und Sprache auf das Publikum abgestimmt sind. Berücksichtigen Sie das Hintergrundwissen des Publikums. 112 8 Visualisierungen <?page no="113"?> C. Prägnanz Darauf achten, dass die Folien kurz und prägnant zu halten und nicht zu viele Informationen auf jeder Folie gezeigt werden. D. Einheitlichkeit des Layouts Verwendung eines einheitlichen Layouts der Folien, mit einer klaren Informationshierarchie und einem ausgewogenen Verhältnis von Text und Bildmaterial. Behalten Sie das Layout während der gesamten Präsentation bei. Vermeiden Sie die Verwendung von zu viel Text oder zu vielen kleinen Bildern. E. Anordnung der Elemente Durch die Anordnung der Elemente wird Bedeutung erzeugt (Duarte, 2009). Dadurch wird die Botschaft in einer Folie deutlich: Dies wird erreicht durch (vgl. Duarte, 2009): • Kontrast: Die entscheidenden Punkte werden schnell erkannt. • Anordnung: Wir lesen von links nach rechts und von oben nach unten. Die Anordnung von Informationen und Daten folgt diesen kulturellen Einflüßen. • Struktur und Hierarchie: Die Beziehungen zwischen den Elementen sind logisch und leicht verständlich. • Durchgängige Darstellung: Die dargestellten Informationen sollten zusammengehören. Ein Werkzeug dafür sind Gitternetzlinien. Das macht Folien einheitlich. • Leerraum/ Weißraum: Verwenden Sie Leerraum, lassen Sie an den Rändern Ihrer Folien und zwischen den Elementen viel Leerraum, um den Blick auf die wichtigsten Inhalte zu lenken. Reduktion der Inhalte. F. Überschriften Verwenden Sie klare Überschriften. Verwenden Sie Überschriften, um Ihren Inhalt zu gliedern und ihn für Ihr Publikum leicht verständlich zu machen. Verwenden Sie größere Schriftgrößen für Überschriften und kleinere Schriftgrößen für den Fließtext. G. Aufzählungspunkte Aufzählungspunkte können helfen, Textblöcke aufzulockern und erleichtern das Überfliegen des Inhalts einer Folie. H. Hintergrund Der Hintergrund ist als Vorlage für die Platzierung von (Bild-)elementen gedacht und stellt kein eigenständiges Werk dar. Der Hintergrund konkurriert 8.5 Foliengestaltung 113 <?page no="114"?> nicht mit den Inhalten, ist aber ein zusätzliches Gestaltungsmittel. Hintergründe sind farblich neutral. I. Standardvorlagen Ignorieren Sie Standardvorlagen. Versuchen Sie zeitlose, visuelle Elemente zu finden sowie Linienstrukturen, Begrenzungskästen, Farbpaletten. Suchen Sie zeitlose Elemente, die sich nicht ändern. J. Bilder Bilder widerspiegeln Kultur und Ethnie des Publikums. Sie passen in den Kontext, stellen eine Branche oder eine Situation dar und berücksichtigen die heutige Zeit. Kombieren Sie Bilder. Erstellen Sie eine eigene Bilddatenbank, dann müssen Sie nicht auf das Copyright achten. K. Schriften mit Serifen Serifen sind für mehrere Zeilen lange Wortfolgen gedacht. Sie haben kleine Füßchen, die Übergänge zwischen den Buchstaben schaffen, sodass dies verbunden scheinen. Das hilft dem Auge, bei eng gesetztem Text in der Zeile zu bleiben. Serifen besitzen unterschiedliches Gewicht, damit das Auge den Buchstaben schnell identifizieren kann. Schriften ohne Serifen (serifenlos): Die Formen von Buchstaben ohne Serifen sind größer und fetter. Serifenlose Schriften werden aufgrund ihrer Einfachheit normalerweise in Kinderbüchern verwendet. Da manche Menschen sie schwerer lesbar finden, werden sie gern in kurzen Texten wie Überschriften, Untertitel und Bildbeschriftungen verwendet. Moderne Computerschriften sind häufig serifenlose Schriften. L. Schriftfamilien und -größen Nicht zu viele Schriftfamilien verwenden. Für eine 2x2 m große Projektionsfläche und eine Entfernung bis 10 m reicht eine Schrifthöhe von 5 mm. Überschriften 32 Punkte und die Kerngedanken nicht kleiner als 28 Punkte. M. Zugänglichkeit Achten Sie darauf, klare, gut lesbare Schriftarten und kontrastreiche Farben zu verwenden, und denken Sie daran, Bilder mit Alt-Text zu versehen, damit sie für alle Bildschirmleser zugänglich sind. 114 8 Visualisierungen <?page no="115"?> N. Markenbildung Wenn Sie Folien für ein Unternehmen oder eine Organisation erstellen, überlegen Sie, ob Sie Branding-Elemente wie Logos, Farben und Schriftarten einbeziehen müssen. O. Copyright Verwenden Sie keine Bilder oder Texte, für die Sie nicht das Urheberrecht besitzen. Für das einmalige Zeigen von Bildern oder Texten während einer Präsentation ergeben sich in der Regel keine Probleme hinsichtlich des Urheberrechts. Die Weitergabe oder Verbreitung muss jedoch immer im Voraus geklärt werden. Wenn Sie diese Faktoren berücksichtigen, können Sie Folien erstellen, die wirkungsvoll und ansprechend für Ihr Publikum sind. Visuelle Konzepte sind mentale Repräsentationen oder Abstraktionen von Objekten, Eigenschaften oder Ideen, die durch visuelle Medien vermittelt werden können. Einige Beispiele für visuelle Konzepte sind Form, Farbe, Größe, Textur, Form, Raum, Bewegung oder Komposition. Diese Konzepte können verwendet werden, um Bedeutung, Gefühle oder andere Informationen durch visuelle Medien wie Kunst, Design, Fotografie, Film oder andere Formen der visuellen Kommunikation zu vermitteln. 8.5 Foliengestaltung 115 <?page no="116"?> 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen Je nach Zielsetzung, z. B. Vertiefung des Wissens, reichen ein sachlicher Vortrag oder eine Vorlesung nicht aus, um dieses Ziel zu erreichen. Vorlesungen können daher mit anderen (Lehr-)Methoden wie Gruppenarbeit, Diskussion und Einzelarbeit kombiniert werden, um ein hohes Maß an Interaktivität zu erreichen. Diese Methoden des kooperativen Lernens dienen dazu, die präsentierten Inhalte zu vertiefen, für Abwechslung zu sorgen, den Wissenserwerb durch soziale Interaktion zu steigern sowie die sozialen Fähigkeiten und die gegenseitige Zusammenarbeit zu verbessern. 9.1 Kooperatives Lernen und Gruppenleistung Gruppenarbeit oder auch Kleingruppenarbeit wird oft als die ideale, effektivste Unterrichtsmethode überhaupt bezeichnet. Vielfach wird dabei angenommen, dass der Aufwand für die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Kleingruppenarbeit gering sei, dass es ausreiche, eine Großgruppe in Kleingruppen aufzuteilen oder sich aufteilen zu lassen, den Gruppen eine Aufgabe zu geben - und dann die Gruppen einfach arbeiten zu lassen. Zudem glauben viele Lehrpersonen, dass sie z. B. mit Kleingruppenarbeit automatisch kooperatives Lernen implementieren, ohne zu bemerken, dass sie dessen wesentliche Bedeutung verfehlen. Oft liegt dem großen Lob, das Kleingruppenarbeit gespendet wird, die Annahme zugrunde, dass Gruppen mehr leisten als Individuen, deren Leistung in Einzelarbeit dann (nachträglich) kombiniert wird (=Nominalgruppen: Individuen, die einzeln arbeiten und deren Leistung dann kombiniert wird). Die Forschung jedoch zeigt, dass die potenzielle Gruppenleistung (versus Leistung einzelner Gruppenmitglieder kombiniert: Nominalgruppen) von der Größe der Prozessverlusten abhängt (Schulz-Hardt & Brodbeck, 2014). 9.1.1 Prozessverluste Die Gruppenproduktivität hängt davon ab, wie stark man die Produktivitätsverluste „ in den Griff bekommt “ . Als Prozessverluste werden Koordinations- und Motivationsverluste bezeichnet. <?page no="117"?> Gruppenleistung = Potenzielle Produktivität - Prozessverluste (Koordinations- und Motivationsverlust Die Frage ist nun, wie bestimmte Strukturen mit Prozessverlusten zusammenhängen und welche Maßnahmen notwendig sind, um eine Kleingruppenarbeit erfolgreich zu machen. 9.1.2 Koordinationsverluste Koordinationsverluste kommen durch fehlerhafte Koordination bei der Arbeit der individuellen Gruppenmitglieder innerhalb der Gruppenarbeit zustande. Zu solchen Koordinationsverlusten kann es kommen, wenn die Gruppenmitglieder unterschiedliche Ziele verfolgen und/ oder die Arbeiten nicht sinnvoll aufgeteilt sind. Beispiel: Beim Tauziehen ziehen die einzelnen Gruppenmitglieder nicht genau zur selben Zeit und in dieselbe Richtung. Gruppen, in denen die Mitglieder im Wettbewerb stehen oder an Aufgaben arbeiten, die Wettbewerb beinhalten, neigen dazu, sich unsympathisch zu werden und sich dann gegenseitig zu behindern; wahrscheinlich werden dann weniger gute Ergebnisse erzielt. Beispiel: In größeren Klassen und Seminaren werden für Mitglieder individuell bessere Noten erreicht, wenn die anderen schlechter sind. 9.1.3 Motivationsverluste Als Motivationsverluste werden Produktivitätsverluste bezeichnet, bei denen einzelne Gruppenmitglieder (bewusst oder unbewusst) verweigern, sich produktiv an der Gruppenarbeit und deren Ergebniserzielung zu beteiligen. Der Haupteffekt ist dabei der „ Trittbrettfahrereffekt “ . • Als „ Trittbrettfahrereffekt “ wird ein Verhalten bezeichnet, bei dem es den anderen in der Gruppe überlassen wird, die anstehenden Arbeiten durchzuführen. Die volle Leistung zur Lösung der Gruppenaufgaben wird dann von Gruppenmitgliedern nicht erbracht, wenn sie sich überflüssig vorkommen, glauben, nichts Bedeutendes zur Lösung der Gruppenaufgabe beitragen zu können, sich zurückhalten, weil andere dies auch tun oder auch weil sie „ Besseres “ vorhaben. Dieser Effekt entsteht z. T. aus früheren schlechten Erfahrungen und enttäuschten Erwartungen. Dieser Effekt wird auch dadurch gefördert, wenn die individuelle Leistung nicht oder nur schwer identifizierbar ist. 9.1 Kooperatives Lernen und Gruppenleistung 117 <?page no="118"?> Um in der Entwicklung der unterschiedlichen Formen des kooperativen Lernens (Formen der Gruppenarbeit) positive Ergebnisse zu bekommen, wird daher versucht, in sechs Bereichen Maßnahmen zu treffen, um den genannten Prozessverlusten entgegenzuwirken. 9.2 Bereiche für Maßnahmen zur Verringerung von Prozessverlusten 9.2.1 Management und Monitoring Reibungs- und Koordinationsverluste bei der Gruppenarbeit (innerhalb der Gruppen und zwischen den Gruppen) gering zu halten, erfordert von Lehrpersonen u. a. hohe Management- und Monitoringleistungen. Eine schlechte, belastende Organisation erhöht die Wahrscheinlichkeit von Koordinationsverlusten, aber auch von Motivationsverlusten. Vor Beginn der Gruppenarbeit sollen • Ziele, Normen, Regeln und Verfahrensweisen sowie mögliche Sanktionen bei Regelverletzungen erklärt werden, • eine leistungsgerechte Aufgabenverteilung sichergestellt werden, • unrealistische Erwartungen der Gruppenmitglieder korrigiert werden, • die äußere Umgebung, der Raum und das Sitzarrangement so gestaltet werden, dass Störungen minimiert und ein Monitoring möglich wird, • schriftliche Materialien ausreichend für die Gruppenarbeit bereitgestellt werden. Während der Gruppenarbeit sollte die Lehrperson von Gruppe zu Gruppe gehen, in kurzen Kontakten mit den Einzelnen treten und die Gruppe fördern. Z. B.: • Unklarheiten in Bezug auf Ziele, Verfahren und Inhalte beseitigen zu helfen, • Fragen zu beantworten, Feedback für positiven Fortschritt zu ermöglichen, • unrealistische Erwartungen zu korrigieren helfen, • zu ermutigen, zu bestätigen, anzuerkennen, • klärend in die Entscheidungsprozesse der Gruppe einzugreifen, um unproduktives Verhalten zu vermindern, „ Trittbrettfahrer “ und „ soziale Faulenzer “ zu motivieren, • Konflikte zwischen Gruppenmitgliedern klären, • das Timing der Gruppen aufeinander abzustimmen etc. 118 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen <?page no="119"?> Am Schluss der Gruppenarbeit sollte ein störungsfreier Übergang von der Gruppenarbeitsphase zu den Tests oder der Ergebnispräsentation ermöglicht werden. Übung: Welche weiteren Aufgaben müssen beim Monitoring berücksichtig werden? 9.2.2 Arbeitsstruktur Arbeitsstruktur bezeichnet die Art, wie Lernen sozial organisiert ist. Zu unterscheiden sind: • Individuelles/ autonomes Lernen: Dies bezeichnet ein Lernen, das allein und unabhängig von anderen, auf eigene Ziele gerichtet, in eigener Lerngeschwindigkeit und in eigenem Raum, durchgeführt wird, um einen bestimmten Lernerfolg zu erreichen. Es wird empfohlen ( Johnson & Johnson, 1995, 2018), individuelles Lernen als Teil eines Unterrichts, der grundsätzlich auf Kooperation ausgerichtet ist, zu verwenden. So sind z. B. Unterrichtsdiskussionen erfolgreicher, wenn sichergestellt ist, dass alle einen vergleichbaren Wissensstand haben. • Lernen in Konkurrenz zu anderen als Wettbewerb, ist ein Lernen in Gewinner - Verlierer Situation. Die soziale Situation ist so organisiert, dass ihre Mitglieder gegeneinander arbeiten müssen, um ein Ziel, das nur eine Person oder wenige zu erlangen vergönnt ist, zu erreichen. Es gilt also herauszufinden, wer der oder die Beste ist bzw. wer die Besten sind, es gilt eine Aufgabe schneller und präziser zu erreichen als die anderen (wie z. B. beim Formel-I-Rennen). Eine Belohnung bekommt nur eine Person oder wenige. Die Konsequenz ist, dass die Lernenden eine Leistung erbringen, die für sie allein von Nutzen, für die anderen jedoch nachteilig ist. • Kooperatives Lernen in Kleingruppenarbeit: Die Ziele der einzelnen Gruppenmitglieder können nur in dem Ausmaß erreicht werden, indem auch die anderen diese Ziele erreichen. Alle Gruppenmitglieder sind somit sowohl für den eigenen Erfolg als auch für den der anderen und den Gruppenerfolg verantwortlich und müssen dazu beitragen. Die Frage nach der Arbeitsstruktur fokussiert das Problem, wie stark die Einzelnen in der Gruppe darauf angewiesen sind, zusammenzuarbeiten, um ein Ziel zu erreichen. Es muss also die Frage beantwortet werden, ob sie besser in Kooperation mit anderen Personen, in Konkurrenz zu anderen Personen oder besser für sich allein arbeiten, um ein positives Ergebnis für sich zu erzielen bzw. 9.2 Bereiche für Maßnahmen zur Verringerung von Prozessverlusten 119 <?page no="120"?> ihr Ziel zu erreichen. Im traditionellen Unterricht in der Klasse oder im Seminar arbeitet im Grunde jede Person nur für sich, den eigenen Lernerfolg oder eine gute Zensur. Alle stehen somit in Konkurrenz zueinander. Je geringer die Leistung der anderen im Kurs oder in der Klasse ist, desto mehr Anerkennung wird einem selbst zuteil. Dies kann oft zur Behinderung der Arbeit in „ Konkurrenzsituationen “ führen. Wenn es intendiert ist, für Kleingruppenarbeit die Kooperation zwischen Einzelnen in der Gruppe zu erhöhen, gilt es einmal, Konkurrenzsituationen zwischen Gruppenmitgliedern zu vermindern, und zwar dadurch, dass produktive Interdependenzen (Abhängigkeiten) hergestellt werden. 9.2.3 Förderung von Kooperation durch Herstellung produktiver Interdependenzen (gegenseitige Abhängigkeit) Wenn es das Ziel ist, eine Kooperation zu fördern, dann gilt es in mehreren Bereichen produktive Interdependenzen herzustellen: 1. Zielstruktur, 2. Aufgabenstruktur, 3. Belohnungsstruktur, 4. Verantwortlichkeitsstruktur, um die Kooperation der Gruppenmitglieder untereinander zu fördern. 5. Konkurrenz/ Wettbewerb zwischen Kleingruppen wird gelegentlich eingesetzt, um die Kooperation zwischen Gruppenmitgliedern in den einzelnen Kleingruppen zu erhöhen. 6. Kontrollstrukturen/ Autoritätsstrukturen tragen dazu bei, Zusammenarbeit der Lernenden zu fördern oder zu behindern. Zu 1. Zielstruktur: Während die Erreichung von Zielen bei individuellem Lernen aufgrund festgelegter Standards bewertet wird (z. B. 85 % der Aufgaben müssen gelöst werden), die Leistung in Konkurrenz - Lernsituationen aufgrund des Rangs, den Lernende aufgrund ihrer Leistung gegenüber den anderen einnehmen, bestimmt wird (der Sieger, die Zweitbeste etc.), geht es bei kooperativen Formen des Lernens darum, dass Lernende ihre Ziele in dem Grad erreichen können, in dem die Kooperationspartner dies auch tun. Dazu müssen die Ziele der Gruppe sehr klar sein. Gruppengröße: Mit zunehmender Gruppengröße wird der Beitrag von individuellen Gruppenmitgliedern zur Erreichung des gemeinsamen Ziels schwerer identifizierbar. Damit sinkt auch die Bereitschaft zur Kooperation. 120 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen <?page no="121"?> Gruppenzusammensetzung: Zur Erinnerung: Gruppen können homogen (nach Gleichartigkeit) oder heterogen zusammengesetzt sein. Bei heterogenen Gruppen kann die Kleingruppe nur dann erfolgreich sein, wenn alle, auch die leistungsarmen Gruppenmitglieder erfolgreich sind. Das Gruppenziel wird nur erreicht, wenn die leistungsstärkeren in der Gruppe den Leistungsschwächeren helfen. Zu 2. Aufgabenstruktur: Geringe vs. hohe Aufgabeninterdependenz: In einigen Formen der Gruppenarbeit (z. B. Jigsaw) wird eine Aufgabeninterdependenz hergestellt, um die Zielinterdependenz zu unterstützen. Dazu werden Aufgaben/ Themen in Teilaufgaben unterteilt, die von allen in der Gruppe bearbeitet werden. Diese Teilaufgaben müssen dann in der Gruppe unter dem Gruppenziel zusammengefügt werden, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. Beispiel: Es sollen Maßnahmen zur Verhinderung von Prozessverlusten erarbeitet werden: Gruppenmitglied 1 bearbeitet „ Management und Monitoring “ , Gruppenmitglied 2: „ Herstellung produktiver Interdependenzen “ , Gruppenmitglied 3: „ Verantwortlichkeitsstruktur “ , Gruppenmitglied 4: „ Die Kontrollstruktur “ Da jedes Gruppenmitglied vorerst nur über einen Teil der Lösung der Gruppenaufgabe verfügt, die in der Gruppe dann für eine Präsentation, für den Abschlusstest etc. zusammengefügt werden müssen, sind alle in der Gruppe stark aufeinander angewiesen, wenn sie das Gruppenziel und einen eigenen Erfolg erreichen wollen. Eine Kooperation zwischen den Gruppenmitgliedern wird somit geradezu erzwungen. Zu 3. Belohnungsstruktur: Geringe vs. hohe Belohnungsinterdependenz: Hohe Belohnungsinterdependenz wird hergestellt, wenn alle in der Gruppe für die Gesamtleistung der Gruppe belohnt werden. Zum Beispiel bekommt jedes Gruppenmitglied die Note, die die Gruppe erhalten hat. Geringe Belohnungsinterdependenz bedeutet, dass die einzelnen in der Gruppe lediglich für ihre individuelle Leistung Anerkennung finden bzw. belohnt werden - nicht (oder wenig) für die Erfüllung der Gruppenaufgabe. Traditioneller Unterricht im Kurs oder im Seminar hat daher eine nur geringe Belohnungsinterdependenz; alle arbeiten nur für sich und eine gute Zensur. Die Einzelnen stehen somit in einer die Kooperation wenig fördernden Konkurrenz zueinander. Je geringer die Leistung der anderen ist, je mehr Anerkennung wird einem zuteil. Eine hohe Belohnungsinterdependenz, dass also die ganze Gruppe für ihre Leistung für ein explizites Gruppenziel belohnt wird, fördert die Kooperation innerhalb der Gruppe dagegen beträchtlich. Allerdings wird durch Belohnung/ Bewertung allein der Gruppenleistung der Beitrag der Einzelnen in der Gruppe 9.2 Bereiche für Maßnahmen zur Verringerung von Prozessverlusten 121 <?page no="122"?> nicht mehr identifizierbar und damit kann man die Beiträge auch nicht belohnen. Damit können Motivationsverluste wie „ Trittbrettfahrerneigungen “ gefördert werden. Eine gleichzeitige und ausbalancierte Bewertung/ Anerkennung individueller Leistungen und der Gruppenleistung (auf Basis eventuell individueller Leistung und ihrer angemessenen Ausbalancierung) macht dieses Problem lösbar. Die Bewertung einer individuellen Leistung kann im Vergleich zur früheren Leistung, also aufgrund der Verbesserungsrate erfolgen. Zu 4. Verantwortlichkeitsstruktur: Geringe individuelle vs. hohe individuelle Verantwortlichkeitsstruktur. Die unter 1. bis 3. genannten Maßnahmen zur Schaffung einer kooperativen produktiven Arbeitsstruktur begünstigen schon allein, mehr noch in Kombination die individuelle Verantwortlichkeit für die Gruppenleistung und damit auch die eigene Leistung. Die Forschung zeigt, dass, wenn zwei der wichtigsten Elemente: gemeinsames, explizites, transparentes Gruppenziel und individuelle Verantwortlichkeit für den Gruppenerfolg in der Gruppenarbeit vorhanden sind, im Vergleich zu „ normalem Unterricht “ ein signifikant höherer kognitiver Lernerfolg erzielt wird. Geringe individuelle Verantwortlichkeit für den Gruppenerfolg, Verlust von Verpflichtung gegenüber der Gruppe und damit Zurückhaltung von Leistung schwächt die Leistungsfähigkeit und Kreativität der Gruppe. Verlierer ist die Gruppe und das einzelne Gruppenmitglied: Die Gruppenleistung wird geschwächt, das einzelne Gruppenmitglied verliert die Freude an der Arbeit. Über die bisher behandelten Maßnahmen zur Erhöhung der Kooperation in Kleingruppenarbeit hinaus ist noch zwei weiteren Bereichen Beachtung zu schenken, der Verwendung von Konkurrenz/ Wettbewerb zwischen Kleingruppen zur Steigerung der Kooperation und der Kontroll-/ Autoritätsstruktur. Zu 5. Verwendung von Konkurrenz/ Wettbewerb zwischen Kleingruppen zur Steigerung der Kooperation innerhalb der Kleingruppen: Eine geringe Kooperation untereinander ist unter anderem eine Folge der ausschließlichen Bewertung von individuellen Leistungen. Denn Letzteres lässt die Lernenden in Wettbewerb zueinander treten. Doch Wettbewerbssituationen, auch die Konkurrenz zwischen einzelnen Personen einer Gruppe, führen oft zu belastendem sozialem Klima/ Arbeitsklima und zu nachteiligen interpersonalen Beziehungen, die die Arbeit behindern. Allerdings kann Wettbewerb die Kooperation von Einzelnen in einer Gruppe auch fördern - und zwar dann, wenn er zwischen mehreren Gruppen stattfindet. 122 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen <?page no="123"?> Zu 6. Kontrollstruktur/ Autoritätsstruktur: Geringe vs. hohe Beteiligung an Entscheidungen bei den Festlegungen der Inhalte, Organisations-, Aufgaben-, und Belohnungsstruktur; Verhalten der Lehrperson beim Mentoring. Eine auf Misstrauen beruhende Einstellung gegenüber den Lernenden: „ Kontrolle ist besser als Vertrauen “ . Die Betonung hierarchischer Strukturen, ein autoritärer Führungsstil und auf Fremdkontrolle ausgerichtete Gruppenmanagementinstrumente, zahlreiche Vorschriften und Regelungen etc. schaffen ein Arbeitsklima, das möglicherweise kurzfristig Koordinationsverluste vermindert, aber längerfristig Motivationsverluste, innere Kündigung deutlich befördert. Durch die Zurücknahme der eigenen Person wird man gewissermaßen zum Dienstleister der Gruppen, der günstige Rahmenbedingungen für die Leistung und Erfolg der Gruppenarbeit zu schaffen hilft und auf ein gutes Arbeitsklima bedacht ist. Von den genannten Maßnahmen hängen stark die Interaktionsstruktur in den Gruppen (Üben, Diskutieren etc.) und die Leistung der Einzelnen ab. 9.3 Murmelgruppen/ Buzzgroups Murmelgruppen oder Buzz-Groups sind eine einfache, aber sehr effektive Möglichkeit, mit einer Gruppengröße von 2 - 6 Personen bestimmte Themen der Vorlesung zu vertiefen und zu klären, die Motivation zu steigern, die soziale Interaktion zu fördern und für Abwechslung zu sorgen. Diese Form der Gruppenarbeit kann gezielt und ohne große Vorbereitung eingesetzt werden. Die Vertiefung und Klärung bestimmter Inhalte ist wichtig, wenn man den Eindruck hat, dass einzelne bedeutende Begriffe oder Zusammenhänge noch nicht ausreichend verstanden worden sind. Das Problem oder die Frage, die gemeinsam in der Gruppe diskutiert werden soll, bezieht sich auf das zuvor vermittelte Wissen. Durch die Beobachtung bekommt die Lehrperson einen Einblick, was verstanden wurde und was nicht. Dieses Feedback, das durch Zuhören oder durch eine kurze Diskussion mit zusätzlichen Informationen eingeholt werden kann, ist hilfreich für die gesamte Vorlesung. Auf der Grundlage dieses Feedbacks kann man weitere Punkte oder Konzepte ergänzen oder wiederholen. Durch die in den Gruppen geführte Diskussion wird das Wissen vertieft und besser verstanden. Die unmittelbare Möglichkeit, das vermittelte Wissen zu diskutieren, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Inhalte besser verstanden oder offene Fragen beantwortet werden. Die Verwendung von Fachbegriffen und Konzepten ist eine gute Gelegenheit, sie zum 9.3 Murmelgruppen/ Buzzgroups 123 <?page no="124"?> ersten Mal, vielleicht in einem neuen Kontext, zu verwenden und auszuprobieren. Studien zeigen, dass Fachbegriffe und Konzepte bei dieser Methodenkombination häufiger verwendet werden. Diese Form der Gruppenarbeit verbessert ebenfalls die soziale Interaktion zwischen den Teilnehmenden. Die Aufforderung, Gruppen zu bilden, die sich gegenseitig nicht (oder nur sehr wenig) kennen, führt zu der Möglichkeit mit nicht bekannten Personen Kontakt aufzunehmen und zu kommunizieren. Viele berichten regelmäßig davon, dass dadurch auch die Kontaktaufnahme außerhalb der Vorlesungen leichter und angenehmer ist. Man kann auch beobachten, dass diese Möglichkeit, in der man sehr schnell und direkt kommunizieren kann, zu Freundschaften führt, die über die Veranstaltung hinaus Bestand haben. Es hat sich auch die explizite Aufforderung, sich zuerst immer kurz mit Namen in der Gruppe vorzustellen bewährt. Auch dies führt später zu einer leichteren und besseren Kontaktaufnahme, zu einem besseren Miteinander und zu einer besseren Interaktion, was dann auch in anderen Situationen, die außerhalb der Vorlesung stattfinden, der Fall ist. Durch das gemeinsame Diskutieren in der Gruppe lernen die Teilnehmenden, sich auch auszudrücken, ihre Lösungen und Ideen in Worte zu fassen und können so ihre kommunikativen Fähigkeiten verbessern. Es kann für viele einfacher sein, zuerst in einer kleinen Gruppe einen Beitrag zu leisten als im Plenum sich zu Wort zu melden und ihren Beitrag zur Diskussion zu stellen. Diese Form von Gruppenarbeit gibt auch dem Vortragenden kurzfristig die Möglichkeit den bisherigen Vortrag zu überprüfen und gegebenenfalls neu zu strukturieren und sich auf den nächsten Abschnitt kurz vorzubereiten. Vorgehensweise: Die folgenden Schritte empfehlen sich. 1. Einführung Bringen Sie das Thema oder einen Schwerpunkt in Ihrem Vortrag zu Ende und kündigen Sie die Bildung von kleinen Gruppen (2 - 6 Personen) an. Machen Sie die neue Aktivität auch durch Ihr nonverbales Verhalten deutlich, gehen Sie in Richtung der Gruppe und präsentieren Sie das Gruppenarbeitsverfahren und legen dessen Regeln fest (stark festgelegte Struktur durch Verfahren/ Vortragenden - wenig Autonomie der Anwesenden). Machen Sie den Ablauf und auf die zur Verfügung stehende Zeit aufmerksam. 2. Gruppeneinteilung und Instruktion der Aufgabe Bilden Sie Gruppen mit einer Gruppengröße von 2 bis 6 Personen. Starten Sie am besten mit einer 2er-Gruppe und fordern Sie dazu auf, sich gegenseitig 124 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen <?page no="125"?> vorzustellen. (Eine Möglichkeit ist auch zuerst mit einer 2er-Gruppe zu beginnen und nach ca. 3 - 5 Minuten dazu aufzurufen, 4er-Gruppen zu bilden). Nennen Sie das Thema, das diskutiert oder erörtert werden soll, oder stellen Sie eine Frage, die aufgrund der Inhalte, die Sie vorgetragen haben, beantwortet werden kann. 3. Die Arbeit in Murmelgruppen/ Buzzgroups In den Kleingruppen werden dann die Fragen diskutiert. Die Kleingruppe erarbeitet sich das Ergebnis, indem sich die Gruppenmitglieder z. B. die Inhalte gegenseitig erklären. Die Aufgabe ist - wie gesagt - für alle gleich. Die Einzelnen sind bei der Erarbeitung des Stoffes aufeinander angewiesen, sie könnten ihn auch allein erarbeiten (geringe Aufgabeninterdependenz); jedoch erzwingt die Belohnungsstruktur (die Gruppenleistung wird belohnt! ) hohe Kooperation. Es gilt sicherzustellen, dass jedes Gruppenmitglied für das abschließende Nachfragen vorbereitet ist. Kooperation und ein reibungsloser Ablauf der Gruppenarbeit werden gestützt durch ständiges Monitoring durch die Lehrperson, um Prozessverluste zu vermindern (hohe Kontrollstruktur). Sie haben, wie oben erwähnt, auch die Möglichkeit nach z. B. 3, 4 oder 5 Minuten (abhängig vom Komplexheitsgrad der Frage oder der Aufgabe) größer Gruppen zu bilden. Wieder sollen sich alle kurz vorstellen, dann die Ergebnisse austauschen und sich gegenseitig helfen. Achten Sie auf das Zeitmanagement. Machen Sie darauf aufmerksam, dass z. B. nur noch 30 Sekunden bis zum Ende der Gruppenarbeit zur Verfügung stehen. 4. Auswertung des Lernerfolgs Nach dieser kurzen Phase in den Kleingruppen müssen jeweils ein Sprecher oder eine Sprecherin nach Aufruf durch die Verantwortlichen (die kompetitive Komponente) ihren Lernerfolg demonstrieren, indem sie das Ergebnis vortragen. 5. Allgemeine Aspekte Diese Form der Gruppenaktivität muss auf die Bedingungen vor Ort abgestimmt werden. Nicht alle Räume eignen sich für die hier beschriebene Vorgehensweise. Adaptieren Sie entsprechend der Möglichkeiten die Vorgehensweisen. Es kann sein, dass man nur mit denen, die unmittelbar neben einem sitzen, ins Gespräch kommen kann. Aber schon durch das Verändern der Sitzordnung von wenigen erzeugt man einen sehr guten Effekt, dass man auch die soziale Interaktion mit anderen fördert. Bei dieser Form der Gruppenarbeit kann es sehr laut werden. Stören Sie sich nicht daran, außer, Sie stören andere im Gebäude. 9.3 Murmelgruppen/ Buzzgroups 125 <?page no="126"?> 9.4 Problemorientiertes, entdeckendes Lernen Beim Lehren und Lernen ist auch immer die Intention enthalten, dass die Zuhörenden die Informationen besser verstehen können. Daher ist das Vermitteln von Informationen lediglich in Form von Sachvorträgen, Vorlesungen oder Instruktionen oft nicht ausreichend und weitere, ergänzenden Maßnahmen sind notwendig. Um das Verstehen zu verbessern und um dies zu erreichen, so die Überlegung, soll Vermitteln, Lehren und Lernen auch immer mit bedeutungsvollem Lernen verbunden werden. Die Lernenden sollen also im Sinne des Konstruktivismus eine aktive Rolle einnehmen, um den Inhalten eine Bedeutung zu geben. Die Lernenden aktiv daran zu beteiligen, bedeutet gemeinsam Fragen zu entwickeln, wissenschaftliche Phänomene zu erklären oder Probleme zu lösen (Woolfolk, 2014). Eine Begrenzung des konstruktivistischen Ansatzes ergibt sich allerdings daraus, wenn es etwas zu lernen gilt, wozu noch grundlegendes Wissen benötigt wird. Schön (1987) weist in diesem Zusammenhang auf die Unterschiede zwischen Novizen und Experten hin. Es stellt sich also die Frage: Wie können wir Anfängern etwas beibringen? In der Regel stellen wir jemandem, dem wir etwas beibringen wollen, die benötigen Mittel, z. B. Schachfiguren und ein Schachbrett, zur Verfügung und erklären und beschreiben anschließend, wie damit umzugehen ist. Gage und, Berliner (1996) gehen davon aus, dass Experten auf dem Gebiet der Physik sich mehr Zeit zu Beginn der Aufgabe nehmen, die Aufgabe dann aber schneller lösen können als Anfänger und mit abstrakten Bildern des Problems arbeiten. Die Experten nutzen dabei ein kognitives „ Schema “ , um ein Problem zu lösen (Anderson, 2013). Wobei Anfänger über kein kognitives Schema verfügen. Anfänger benötigen also Zeit und Raum, um bestimmten Fähigkeiten in ausreichendem Maß zu üben, damit überhaupt irgendwann ein Transfer gelingen kann. Dabei können Problemlösestrategien von den Vortragenden gegeben werden, z. B. in Form von Fragen: „ Wie müssten wir jetzt bei diesem Problem vorgehen, um genau x oder y zu erreichen? Welche Prozesse haben unmittelbar eine Auswirkung, wenn wir die Bedingung A verändern? “ Entdeckendes Lernen in Projektgruppen oder problemorientiertes Lernen werden als Methoden dazugezählt, um diese Ziele zu erreichen. Problemorientiertes, entdeckendes Lernen oder auch Projektgruppenarbeit (Sharan & Sharan, 1992; Sharan et al., 2013) bezeichnet allgemein eine Organisation von Unterricht, in der Lernen durch kooperatives Entdecken, Sammeln von Fakten und Ordnen dieser Fakten und Lösen von Problemen in Kleingruppenarbeit und -diskussionen stattfindet. Die Lernenden sollen höhere Denkfähigkeiten erwerben wie Analysieren, Synthetisieren und Beurteilen sowie das Lösen von Problemen; weiterhin sollen Kooperationsfähigkeit und 126 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen <?page no="127"?> zugehörige soziale Kompetenzen geschult werden (Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit). Am Ende dieserArt von Gruppenarbeit steht die Vorbereitung und Durchführung einer Präsentation vor der Gesamtgruppe, von der diese wiederum lernen soll. Dabei ist die von der Lehrperson bestimmte Struktur relativ gering und die Autonomie der Beteiligten, ihre Entscheidungsmöglichkeit, recht hoch. Das hier vorgestellte Modell muss jeweils auf die eigene Situation vor Ort angepasst werden. Die grundlegende Vorgehensweise ist dabei: Einführung in das Verfahren - Präsentation des Rahmenthemas und der Problemstellung - Zuteilung von Aufgaben in den Gruppen - Arbeit in den Gruppen - Präsentation der Ergebnisse. Im Folgenden folgt die ausführliche Beschreibung der Vorgehensweise. Vorgehensweise: 1. Einführung Die Lehrperson führt in das Thema und das Gruppenarbeitsverfahren ein. Hierbei sollte die Form, Sinn und Zweck von Gruppenarbeit (u. a. Ausbildung von Teamfähigkeit, sozialer Kompetenzen) erläutert werden. Mit der Gruppe werden Ablauf, Organisation, Regeln und ein Rahmenthema festgelegt. a. Themenfindung/ Findung eines Rahmenthemas. Lehrperson schlägt selbst ein Rahmenthema unter Berücksichtigung des Wissens und der Erfahrung der Lernenden vor; dies wird in der Regel von der Lehrperson präsentiert oder ein Überblick über einen Stoffbereich wird gegeben. Alternativ wird (bei vorhandenem Wissen) gemeinsam über die Auswahl eines Stoffbereichs diskutiert (als Teil eines größeren Stoffbereichs), wie dieser zu erforschen ist sowie über Ziele seiner Erforschung. Ein Rahmenthema ergibt sich aus den bisherigen Vorlesungen; oder: Die Lernenden entwickeln selbst in Form einer Diskussion ein Rahmenthema. b. Diskussion des Rahmenthemas. Weckung von Interesse für das Rahmenthema und Aufbau von Motivation, an dem Thema zu arbeiten; Erzielung einer Übereinkunft zum Rahmenthema; Entwicklung von Interessenschwerpunkten innerhalb des Rahmenthemas. c. Entwickeln und Formulieren von Unterthemen/ Themen für die Kleingruppen. Nachdem eine Übereinkunft zum Rahmenthema erzielt worden ist, formulieren die Lernenden selbst in Form einer Diskussion verschiedene 9.4 Problemorientiertes, entdeckendes Lernen 127 <?page no="128"?> Teilthemen, die zur Bearbeitung des Rahmenthemas notwendig sind. Diese Teilaufgaben werden mithilfe der Lehrperson so zu Themenblöcken zusammengefasst, dass sie als Kleingruppenthemen verwendet werden können. Dabei ist die Unterstützung der Lehrperson für die Eingrenzung sowie Durchführbarkeit von Unterthemen von hoher Bedeutung. d. Diskussion und Festlegung des Termins, an dem das Gesamtprojekt beendet sein soll. Hier wird festgelegt, wie viele Stunden, Tage oder Wochen in das Projekt investiert werden sollen und können und wann die Präsentation der Ergebnisse stattfinden soll. 2. Auswahl des zu bearbeitenden Stoffs/ Einteilung/ Zusammensetzung der Projektgruppen und die Zuteilung von Aufgaben in den Gruppen Die Beteiligten wählen sich jeweils einen Unterbereich des Themas aus und teilen sich selbst dementsprechend in Gruppen auf (zwei bis sechs Personen). Dies hilft dabei mit, um die Durchführbarkeit der Themen realistisch zu halten. Dabei sollte auch darauf geachtet werden, dass die Gruppen heterogen in Bezug auf Leistungsfähigkeit, Geschlecht, Leistungsbereitschaft und Selbständigkeitsgrad etc. zusammengesetzt sind. Vorrangig ist jedoch bei dieser Gruppenarbeitsform das Interesse der Einzelnen für das Unterthema. Nachdem sich die Kleingruppen unter einem Unterthema zusammengefunden haben, arbeitet die Gruppe selbständig an der Bestimmung der Ziele, Arbeitsschritte, Hilfsmittel und am Zeitplan. Dafür empfiehlt sich folgendes Vorgehen: a. Einigung, Festlegung des Gruppenziels und die Form der Berichterstattung Die einzelnen Gruppen einigen sich dann auf das Ziel ihrerArbeit. Das Ziel sollte so konkret wie möglich angegeben werden. Nur wenn das Ziel konkret beschrieben ist, können Teilziele, Arbeitsschritte und die Verteilung von einzelnen Aufgaben, erfolgreich durchgeführt werden. Zur Einigung über das Ziel der Gruppenarbeit gehört auch, in welcher Form der in der einzelnen Gruppe erarbeitete Beitrag in das Gesamtprojekt eingebracht werden soll (z. B. Power-Point-Präsentation, mündliche Präsentation mit verteilten Rollen, Diskussion, schriftliches Material). Bestimmung der Hilfsmittel Die Gruppe sollte sich auch darüber einigen, welche Informationsquellen sie verwenden will. Dies können sein: Internet, Videos, Bücher, Filme, Bilder, Interviews etc. b. Verteilung der Aufgaben an ein Gruppenmitglied Die Arbeitsaufgaben (Teilaspekte des Kleingruppenthemas) werden in den Kleingruppen in derselben Form entwickelt und formuliert, in der die Gesamtgruppe die Unterthemen erarbeitet hat. Die Teilaufgaben sollten 128 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen <?page no="129"?> fest umrissen sein. Jedes Gruppenmitglied wählt sich einen Teilaspekt aus und bearbeitet ihn. (Wichtig ist dabei, dass alle sowohl zur Leistung der Kleingruppe und somit auch zum Gesamtprojekt beitragen). Das Erarbeiten der Teilaspekte (Teilaufgaben) kann unterschiedliche Formen haben: Nachforschungen im Internet, Bibliotheken, Literaturrecherchen, Sammeln von Daten aufgrund veröffentlichter Statistiken, Interviews, Beobachtungen etc. Alle diese Formen sind gleichwertig (oder sollten es sein). Die Gruppe (oder Einzelne) bekommen gegebenenfalls auch Material von der Lehrperson, auf das von allen in der Gruppe zurückgegriffen werden kann. c. Festlegung von Arbeitsschritten und Zwischenterminen. Die Aufgaben werden von den Einzelnen in der Gruppe in Arbeitsschritte aufgeteilt, bearbeitet und zu festgelegten Zwischenterminen in die Gruppe eingebracht, diskutiert, verbessert und koordiniert. Dazu werden die Teilergebnisse und die Unterlagen von allen untereinander ausgetauscht, damit die Einzelbeiträge wie ein Puzzle zu einem Beitrag zusammengesetzt werden können. Solche Phasen nehmen viel Zeit in Anspruch. d. Vorbereitung der Präsentation in der Gesamtgruppe. Diese unterscheidet sich von der Erarbeitung des Berichts der einzelnen Gruppen, denn in der abschließenden Phase soll ja ein Gesamtbild entstehen, von dem die gesamte Gruppe lernen kann (darauf sollten die Gruppen deutlich hingewiesen werden! ). Hierzu ist es hilfreich, wenn den einzelnen Gruppen die Themen und Ziele der anderen Gruppen zur Verfügung gestellt werden, damit die Gruppenbeiträge sinnvoll koordinierbar werden. 3. Arbeit in den Gruppen Die Entwicklung von Gruppenzielen, die Verteilung der Aufgaben an die einzelnen Gruppenmitglieder, Festlegung von Arbeitsschritten und Zwischenterminen ist schwierig und bedarf der Unterstützung durch die Lehrperson durch Monitoring. Diesem Monitoring kommt daher eine besondere Bedeutung zu, damit durch Fehlplanungen und durch unrealistische Aufgabenzuweisungen (bei eventuell noch in Gruppenarbeitsaktivitäten Unerfahrenen, weiterhin durch Reibungsverluste die Arbeit nicht gefährdet wird (Unterstützung meint geringe Kontrolle durch die Lehrperson bei hoher Entscheidungsfreiheit für die Einzelnen in der Gruppe). Erforderlich für die Qualität der Arbeit in dieser Form von Gruppenarbeit ist ein hoher Grad von Aufgabeninterdependenz (oft schwer und oft nur durch Monitoring erreichbar, da die Gruppen ihre Aufgabenaufteilung selbst bestimmen dürfen/ müssen, ohne bereits viel über das Stoffgebiet zu wissen). In der Gruppe 9.4 Problemorientiertes, entdeckendes Lernen 129 <?page no="130"?> wird auch die Abschlusspräsentation in der ganzen Gruppe vorbereitet (Mithilfe von Monitoring) 4. Die Präsentation der Ergebnisse und die Auswertung der Leistungen Nachdem das Thema erarbeitet und die Präsentation vorbereitet ist, wird die Präsentation im Plenum durchgeführt und damit der Lernerfolg der Gruppe vor den anderen und der Lehrperson demonstriert. Schwierig ist dabei die Einhaltung der zur Verfügung stehenden Zeit, insbesondere, da auch genügend Zeit zum Nachfragen, Kommentieren und Diskutieren vorgesehen werden sollte. 5. Anerkennung der Leistungen Die Gruppenpräsentationen werden im Plenum und von der Lehrperson bewertet. Dabei ist die Belohnungsinterdependenz gering, da die Bewertung frei durch Lehrperson und den Beteiligten erfolgt. Wettbewerb zwischen den Gruppen ist nicht Bestandteil dieser Form der Gruppenarbeit und kann somit auch nicht die Kooperation innerhalb der Gruppen fördern. Die Leistungen der Einzelnen aus einer Gruppe zur Präsentation sind meist schwer identifizierbar. Daher besteht aufgrund geringer Belohnungsinterdependenz die Gefahr von Motivationsverlusten bei einzelnen Schülern. Auch der Grad der individuellen Verantwortlichkeit einzelner SuS für den Gruppenerfolg ist gering, da der Beitrag der einzelnen Gruppenmitglieder zur Abschlusspräsentation schwer zu identifizieren ist und auch nicht bewertet wird. Ein solches problemorientiertes, entdeckendes Lernen in Gruppen gibt den Beteiligten hohe Autonomie und erfordert prozessverlustarme Zusammenarbeit innerhalb der Gruppen, ohne die ein Gruppenerfolg nicht zu erreichen ist. Es ist darauf hinzuweisen, dass alle in Gruppenarbeit erfahren sein müssen, um die Gruppenarbeit erfolgreich zu machen. Ziel/ Aufgabeninterdependez Individuelle Verantwortlichkeit Belohnungs- Interdependenz Einsatz von Konkurrenz Lehrperson bestimmt Struktur und Kontrolle Projektgruppenarbeit Hoch Gering Gering Gering Gering Tabelle 30: Grad der Interdependenzen bei den Gruppenarbeitsmerkmalen 130 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen <?page no="131"?> 9.5 Jigsaw ( „ Gruppenpuzzle “ ) Jigsaw (Slavin, 1983; 2006), in Deutschland oft „ Gruppenpuzzle “ genannt, ist eine Technik kooperativen Lernens, eine Gruppenarbeitsform, in der in der Gruppe verschiedene Teilaufgaben von den individuellen Gruppenmitgliedern (im Unterschied zu gleichartigen Aufgaben) bearbeitet, die dann in der Gruppe zusammengefügt werden. Vorgehensweise 1. Einführung: Die Lehrperson gibt eine Einführung/ Überblick über den Stoff, präsentiert dann das Gruppenarbeitsverfahren und legt dessen Regeln fest. (Stark festgelegte Struktur durch Verfahren/ Lehrperson - wenig Autonomie der Einzelnen in der Gruppe). 2. Einteilung der Gruppen und Zuweisung des zu bearbeitenden Stoffs: Dann werden die Beteiligten im Jigsaw in heterogene Stammgruppen von 4 bis 5 Personen eingeteilt (in Bezug auf Geschlecht, ethnische Herkunft und Leistungsfähigkeit oder per Zufall ausgewählt). Die verschiedenen Teilaufgaben, in die die Aufgabe bereits von der Lehrperson aufgeteilt worden ist (z. B. eine Biografie wird in „ Frühe Jahre “ , „ Schulzeit “ , „ Erste Erfolge “ etc.), werden auf die Gruppenmitglieder der „ Stammgruppe “ verteilt. Dies kann nach dem Interesse der Gruppenmitglieder durch die Gruppe selbst organisiert werden. Dabei ist die Anzahl der Teilaufgaben so groß wie die Anzahl der Mitglieder der Stammgruppe. Die Lehrperson sorgt dabei durch Monitoring, dass bei der Zuweisung der zu erarbeitenden Teilaufgaben an die Einzelnen der Gruppe keine Reibungsverluste entstehen. 3. Erarbeitung des Stoffs und dessen didaktische Gestaltung in „ Expertgroups “ : Die Gruppenmitglieder der Stammgruppe begeben sich dann in „ Expertgroups “ , in denen sie dann aufgrund der ausgeteilten schriftlichen Unterlagen gemeinsam mit Mitgliedern anderer Stammgruppen, die denselben Stoffteil zur Bearbeitung erhalten haben, ihren Stoffteil erarbeiten und didaktisch aufbereiten. Beim Monitoring durch die Lehrperson werden inhaltliche Probleme geklärt. Insbesondere hilft er/ sie bei der didaktischen Aufbereitung des Stoffteils. 4. Präsentation und Erarbeitung des Stoffs in den Stammgruppen: Nachdem der Stoff in den Expertengruppen erarbeitet und didaktisch aufbereitet worden ist, begeben sich die Mitglieder der Expertengruppen wieder 9.5 Jigsaw ( „ Gruppenpuzzle “ ) 131 <?page no="132"?> zurück in ihre Stammgruppen. Jeder der „ Experten “ der Gruppe unterrichtet dann dort die anderen Stammgruppenmitglieder. Dies muss so qualifiziert durchgeführt werden, dass die Gruppenmitglieder im Abschlusstest gut abschneiden (=sehr hohe Aufgabeninterdependenz und sehr hohe individuelle Verantwortlichkeit der Gruppenmitglieder für den Testerfolg der einzelnen Gruppenmitglieder ( Jigsaw I) und den Gruppenerfolg, Jigsaw II). Die Lehrperson ermutigt die „ Experten “ zu effektivem Unterrichten (beim Monitoring). 5. Die Auswertung: Die Art der Auswertung von Gruppenarbeit unterscheidet zwei Formen des Jigsaw: Jigsaw I und Jigsaw II: Jigsaw I: Nachdem alle Stoffteile in der Gruppe unterrichtet worden sind, erhalten alle Gruppen einen Test, der für die Beteiligten individuell ausgewertet und auf die Zensur im Fach angerechnet wird. Jigsaw II: In dieser Variante (Slavin 1983) werden zusätzlich zu den individuellen Testleistungen Gruppenwerte errechnet. Der Beitrag, den eine Person zum Gruppenwert leistet, wird durch seinen Zuwachs, Verbesserungsgrad gegenüber früherer Leistung bestimmt. Genauer: Jeder, ob leistungsschwach oder stark, hat eine gute Möglichkeit, zum Gruppenwert beizutragen, wenn er - und nur dann - sein Bestes gibt. Der Anteil, den ein Beteiligter zum Gruppenwert beiträgt, wird bestimmt durch die Punktzahl, die den eigenen Durchschnittswert der Punkte, die er in früheren Tests erreicht hat, übersteigt. Dies wird in folgender Weise berechnet: a. Der Basiswert jedes Einzelnen wird auf fünf Punkte unter den Durchschnittswert der letzten Tests gesetzt (Prozentsatz richtiger Antworten); b. Der Einzelne kann nun Testpunkte bis zu einem Maximum von 10 Punkten verdienen, indem jeder Punkt gezählt wird, der den Basiswert (a) übersteigt. (Schüler mit perfekten Tests erhalten immer 10 Punkte). Dem Testen und der Berechnung der Einzelleitung im Jigsaw II liegt also das Prinzip der Verbesserungsberechnung der individuellen Leistung zugrunde, nicht das einer absoluten Punktzahl oder der des Grades, wie weit Lernziele erreicht worden sind. Dies ist nicht nur fair, da auch der schwächste Schüler zum Gruppenerfolg beitragen kann, sondern auch besonders motivierend. Durch dieses Bewertungssystem aufgrund des Verbesserungsgrades der eigenen Leistung, ist besonders geeignet, dem geringen Ansehen von Schülern schlechter Leistung und ihrer geringen Akzeptanz als Gruppenmitglieder entgegenzuwirken. 132 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen <?page no="133"?> Auch andere Formen der Auswertung der erzielten Leistungen lassen sich beim Jigsaw anwenden: So lässt sich das Gruppenturnier (wie im Teams Games Tournament, TGT, s. u.) als Auswertungsprozedur an die Gruppenarbeit: die Unterrichtung der Gruppen durch die „ Experten “ anhängen. Auch hier werden Leistungswerte für die individuellen Gruppenmitgliedern berechnet, die in den Gruppenwert eingehen. 6. Anerkennung der Leistungen: Anerkennung für Leistungen wird in Jigsaw I durch die Bekanntgabe der Leistungen der erfolgreichsten Einzelnen, in Jigsaw II zusätzlich durch die der erfolgreichsten Gruppen mittels einer von der Lehrperson vorbereiteten Klassenzeitung gezollt. Jigsaw I hat somit eine geringe Belohnungsinterdependenz, da nur die Einzelleistung der Gruppenmitglieder berücksichtigt wird. Jigsaw II dagegen hat eine hohe Belohnungsinterdependenz, da die Gruppenleistung belohnt wird. ( Jigsaw I und II haben insgesamt eine so hohe Aufgabeninterdependenz - die Gruppenmitglieder können nicht gut in einem Abschlusstest abschneiden, wenn sie nicht durch ihre Experten gut unterrichtet wurden - , sodass auch zusätzlich indirekt eine hohe Belohnungsinterdependenz erzeugt wird). Ziel/ Aufgabeninterdependez Individuelle Verantwortlichkeit Belohnungs-Interdependenz Einsatz von Konkurrenz Lehrperson bestimmt Struktur und Kontrolle Jigsaw I Jigsaw II Hoch/ hoch Hoch/ hoch Hoch Hoch Gering Hoch Gering Hoch Hoch Hoch Tabelle 31: Grad der Interdependenzen bei den Gruppenarbeitsmerkmalen 9.6 Gruppenturnier: Teams Games Tournament (TGT) Das Teams Games Tournament (TGT) ist eine Technik kooperativen Lernens, eine Gruppenarbeitstechnik, in der von allen in der Gruppe gleichartige Aufgaben bearbeitet werden. Das Teams Games Tournament (Gruppenturnier) ist um zwei Hauptkomponenten herum aufgebaut: um eine kooperative und eine kompetitive Komponente. 9.6 Gruppenturnier: Teams Games Tournament (TGT) 133 <?page no="134"?> Vorgehensweise 1. Einführung: Die Lehrperson gibt eine Einführung in den Stoff. Die Lehrperson präsentiert dann das Gruppenarbeitsverfahren und legt dessen Regeln fest (stark festgelegte Struktur durch Verfahren/ Lehrperson - wenig Autonomie der Einzelnen in der Gruppe). 2. Gruppeneinteilung und Zuweisung des zu bearbeitenden Stoffs: Danach werden die Beteiligten im TGT von der Lehrperson in heterogene Gruppen (in Bezug auf Geschlecht, ethnische Herkunft und Leistungsfähigkeit etc.) von 4 bis 5 Personen eingeteilt. Der Stoff wird ihnen in Form schriftlicher Unterlagen zugewiesen. 3. Die Arbeit in Gruppen: In den Gruppen wird dann der Stoff aufgrund schriftlicher Unterlagen eingeübt, der ähnlich dem ist, der im Gruppenturnier abgefragt wird. Die Gruppe erarbeiten sich den Stoff gemeinsam und übt ihn ein, indem die Mitglieder sich z. B. gegenseitig erklären und abfragen. Die Aufgabe ist - wie gesagt - für alle gleich. Die Einzelnen in der Gruppe sind bei der Erarbeitung des Stoffes wenig aufeinander angewiesen, sie könnten ihn auch allein erarbeiten (geringe Aufgabeninterdependenz); jedoch erzwingt die Belohnungsstruktur (die Gruppenleistung wird belohnt! ) hohe Kooperation. Es gilt sicherzustellen, dass jedes Gruppenmitglied für das abschließende Gruppenturnier vorbereitet ist. Kooperation und ein reibungsloser Ablauf der Gruppenarbeit werden gestützt durch ständiges Monitoring durch die Lehrperson, um Prozessverluste zu vermindern (hohe Kontrollstruktur durch die Lehrperson). 4. Auswertung des Lernerfolgs: Nach dieser Übungsphase in den Lern-Gruppen müssen die Gruppenmitglieder gegen die anderer Lern-Gruppen (die kompetitive Komponente) ihren Lernerfolg aus der Präsentation der Lehrperson und den Arbeitsunterlagen demonstrieren (Gewöhnlich wird dies einmal wöchentlich durchgeführt). Dazu werden jeweils drei Gruppenmitglieder aus unterschiedlichen Gruppen an einen Tisch gesetzt (Turnier-Gruppen). Damit das folgende Gruppenturnier fair ist, sind die drei aus der Gruppe auf etwa gleichem Leistungsstand (festgelegt nach dem letzten Test, Klassenarbeit bzw. letzten Gruppenturnier). Also: an Tisch 1 sitzen die drei besten der Gruppe, an Tisch 2 die nächsten drei leistungsstärksten der Gruppe etc. Die Beteiligten treten das Turnier als Repräsentanten ihrer Lern-Gruppe an! Jeder Punkt, den sie im Gruppenturnier gewinnen, wird sowohl ihnen selbst als auch ihrer Lern-Gruppe zugeschrieben. Da sie in homogenen Turnier-Gruppen gegen etwa gleich 134 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen <?page no="135"?> starke Gegner antreten, hat jedes Gruppenmitglied die gleiche Chance, zum Ergebnis seiner Lern-Gruppe beizutragen. (In Ausnahmefällen, dann wenn eine Zuordnung der Teilnehmer zu den Turniergruppen nach Leistungstand nicht möglich ist, können die Turniergruppen auch nach Zufall zusammengesetzt werden). (Hohe Belohnungsinterdependenz, hohe individuelle Verantwortlichkeit). 5. Die Prozedur des Gruppenturniers im Einzelnen: In den Turnier-Gruppen nehmen die Turniergruppenmitglieder abwechselnd drei Rollen ein: Die erste ist der Vorleser, die zweite der Herausforderer I, die dritte der Herausforderer II: a. Der Vorleser nimmt die erste Karte von einem Stapel von (nummerierten) Karteikarten (Fragenstapel), liest die Frage vor und versucht selbst die Frage zu beantworten. b. Daraufhin stimmt Herausforderer I der Antwort zu oder versucht den Vorleser herauszufordern, indem er eine andere (korrekte) Antwort gibt (wenn er glaubt, dass die Antwort des Vorlesers falsch ist). c. Herausforderer II kann ebenso entweder der Antwort zustimmen oder, wenn er glaubt, dass die beiden vorangegangenen Antworten falsch sind, eine richtige Antwort versuchen. d. Dann wird in dem zweiten Kartenstapel (Antwortenstapel) auf der Karte mit derselben Nummer wie die Fragekarte nachgeschaut, ob die Antwort des Vorlesers, des Herausforderers I bzw. des Herausforderers II korrekt und vollständig ist. e. Wer die korrekte Antwort gegeben hat (Vorleser, Herausforderer I oder II), erhält eine Punktkarte. Wenn die Herausforderer inkorrekte Antworten gegeben haben, müssen sie eine schon gewonnene Karte zurückgeben. Wenn der Vorleser eine inkorrekte Antwort gegeben hat, bleibt dies ohne Strafe (Warum wohl? ). Pro Frage gibt es für nur einen der 3 Teilnehmer einen Punkt (bei vollständiger u. korrekter Antwort) oder einen halben Punkt (bei mindestens 50 % korrekter und vollständiger Antwort) oder keinen Punkt. Alle nicht beantworteten Fragen gelten als inkorrekt beantwortete Fragen! f. Zum Schluss werden die gewonnenen Karten als Punkte zusammengezählt und auf einer Liste eingetragen. Die Teilnehmer nehmen ihre Karten mit in die ursprüngliche Arbeitsgruppe, in der dann die Punkte, die die einzelnen Gruppenmitglieder erzielt haben, zusammengerechnet werden (Gruppenwertung). 9.6 Gruppenturnier: Teams Games Tournament (TGT) 135 <?page no="136"?> Diese Turniere werden jede Woche mit stets wechselnden, aber immer in homogenen Turniergruppen veranstaltet, die je nach individueller Leistung, die die Beteiligten in den vorangegangenen Turnieren erzielt haben, zusammengesetzt werden: Der Gewinner einer Turniergruppe rückt für das nächste Turnier zum nächstbesseren Tisch auf, der schwächste einer Turniergruppe steigt in die nächstschwächere Turniergruppe ab. Die Lehrperson hilft und überwacht den ordnungsgemäßen Ablauf des Turniers durch Monitoring. Wie oben erwähnt, wird durch die Belohnungsstruktur (hohe Belohnungsinterdependenz, d. h. Belohnung der Gruppenleistung) und durch Verwendung von Kompetition (die Gruppen stehen miteinander in Wettbewerb) hohe Kooperation in der Gruppe erforderlich. Die individuelle Verantwortlichkeit ist auch durch die Identifizierungsmöglichkeit der Einzelleistungen für den Gruppenerfolg gegeben (hohe individuelle Verantwortlichkeit). 6. Anerkennung der Leistungen: Die Anerkennung wird durch die Bekanntgabe der Leistungen der erfolgreichsten Gruppen und der drei erfolgreichsten Gruppenmitglieder in einer von der Lehrperson vorbereiteten Klassenzeitung (Wandzeitung) oder in einem Learning Management System (LMS) gezollt (hohe Belohnungsinterdependenz, durch Identifizierungsmöglichkeit der Einzelleistung; darüber hinaus hohe individuelle Verantwortlichkeit für den Gruppenerfolg). Wie oben erwähnt, rückt der/ die Gewinner(-in) einer Turniergruppe für das nächste Turnier zum nächstbesseren Tisch auf, der/ die schwächste einer Turniergruppe steigt in die nächst schwächere Turniergruppe ab. Ziel/ Aufgabeninterdependez Individuelle Verantwortlichkeit Belohnungs- Interdependenz Einsatz von Konkurrenz Lehrperson bestimmt Struktur und Kontrolle Gruppen- Turnier (TGT) Hoch/ gering Hoch Hoch Hoch Hoch Tabelle 32: Grad der Interdependenzen bei den Gruppenarbeitsmerkmalen 9.6.1 Gruppenarbeit und Online-Quizspiele Online-Lernplattformen wie z. B. Kahoot ermöglichen es, interaktive Quizspiele zu erstellen und durchzuführen. Dies eignet sich für Schulen, Unternehmen und 136 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen <?page no="137"?> andere Bildungseinrichtungen, um das Lernen spielerisch und unterhaltsam zu gestalten und auch in Form von Gruppenarbeiten zu organisieren. Um z. B. ein Kahoot-Spiel zu erstellen, meldet man sich auf der Website an und erstellt ein Konto. Anschließend kann man entweder ein eigenes Quiz erstellen oder aus einer Vielzahl von vorhandenen Quizvorlagen auswählen. Man kann Fragen mit mehreren Antwortmöglichkeiten entwickeln und ihnen Punkte zuweisen. Sobald das Quiz erstellt ist, kann ein Spielcode generiert werden, der an die Teilnehmer gegeben wird. Die Teilnehmer können diesen Code auf ihren Geräten eingeben und dem Spiel beitreten. Das Spiel wird dann vom Quizmaster gestartet und die Fragen werden auf einem gemeinsamen Bildschirm angezeigt. Die Teilnehmer wählen die richtige Antwort aus den vorgegebenen Optionen aus, und je schneller sie antworten, desto mehr Punkte erhalten sie. Nach jeder Frage wird die Rangliste der Teilnehmer angezeigt, um den Wettbewerbsgeist zu fördern. Am Ende des Spiels wird der Gewinner oder die Gewinnerin gekürt. Kahoot bietet eine interaktive und unterhaltsame Möglichkeit, das Lernen zu fördern und das Wissen in verschiedenen Bereichen zu testen. Es ist eine gute Methode, um die Motivation und das Engagement im Unterricht zu steigern. Es können auch Gruppen gebildet werden, die gegeneinander spielen. Beispiel für ein Kahoot-Quiz Fragen: • Inwiefern ist das Körpergewicht von der Genetik beeinflusst? 70 % • Inwiefern ist die Augenfarbe von der Genetik beeinflusst? 95 % • Inwiefern ist die Körpergröße von der Genetik beeinflusst? 80 % • Inwiefern ist Brustkrebs von der Genetik beeinflusst? 10 % • Inwiefern ist Schizophrenie von der Genetik beeinflusst? 50 % • Inwiefern ist Autismus von der Genetik beeinflusst? 70 % • Inwiefern ist die Leseschwäche von der Genetik beeinflusst? 60 % • Inwiefern ist die schulische Leistung von der Genetik beeinflusst? 60 % • Inwiefern ist das räumliche Vorstellungsvermögen von der Genetik beeinflusst? 70 % • Inwiefern ist die Persönlichkeit von der Genetik beeinflusst? 40 % Bei einzelnen schwierigen Fragen, wie z. B. Schizophrenie, Autismus oder Leseschwäche, können während des Quiz Informationen zu diesen Begriffen gegeben werden. Auf diese Weise können wichtige Begriffe oder Konzepte neu eingeführt oder vertieft werden. 9.6 Gruppenturnier: Teams Games Tournament (TGT) 137 <?page no="138"?> 9.7 Fall-Methode Die Fall-Methode (Varianten davon sind Critical Incidents, also kritische Situationen, und Simulationen) wird in der Medizin, in der Volks- und Betriebswirtschaft, im Management und zunehmend auch in den Sozialwissenschaften, etwa der Erziehungswissenschaft, zur Ausbildung von Personal in sozialen Berufen verwendet. Ausgangspunkt der Verwendung der Fall-Methode, Critical Incidents, oder Simulationen sind zuverlässige und gültige Repräsentationen von Aspekten oder Elementen realer Situationen. Dies sind meist Problemsituationen, die entweder vorgegeben oder von den Lernenden selbst (z. B. aufgrund der Erinnerung erlebter Problemsituationen) erstellt werden. Diese Situationselemente oder -aspekte können mündlich, schriftlich, mit Abbildungen, Zeichnungen, live (z. B. durch Rollenspiel), oder aufwendiger, mit Medien wie Film, Video oder Computer audiovisuell dargestellt werden. Unzählige solcher Situationen sind gesammelt und publiziert worden. Critical Incidents: Werden als Ausgangspunkt lediglich einfache, kurze Darstellungen von Problemsituationen zugrunde gelegt, dann wird von Critical Incidents gesprochen. Fall-Methode: Wenn als Ausgangspunkt Darstellungen komplexere, in detailliert beschriebene Kontexte eingebettete Situationen verwendet werden, wird dagegen von Fall-Methode gesprochen. Auf diese dargestellten Aspekte der Problemsituationen wird von den Lernenden reagiert: Gering strukturiert z. B. in Form von (offenen) Diskussionen der präsentierten Fälle oder Critical Incidents oder - höher strukturiert - in Form von mündlichen, schriftlichen oder praktisch (z. B. im Rollenspiel) ausgeführten Reaktionen. Diese Reaktionen der Lernenden erfolgen unter vorher erlernten Erkenntnissen und Prinzipien und werden auch nach diesen evaluiert. Simulationen gehen über Critical Incidents und Fallstudien insofern hinaus, als dass auch auf die Konsequenzen der Umsetzung möglicher Problemlösungen in praktisches Handeln, also auf die durch die ausgeführten Reaktionen neu entstehenden (Problem-)Situationen - im Sinne eines direkten Feedbacks präsentiert - wiederum unter bestimmten Gesichtspunkten reagiert werden muss; diese Reaktionen schaffen wiederum eine neue Situation, in der gehandelt werden muss. 138 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen <?page no="139"?> Critical Incidents, Fallstudien und Simulationen zielen auf eine aktiv-handelnde Auseinandersetzung mit präsentierten Situationen oder Fällen - auf einen Problemlöseprozess, bei dem es erforderlich ist, • das Problem zu identifizieren, • Hypothesen zu dessen Lösung zu generieren, • Entscheidungen für die vielversprechendste Lösungs- oder Handlungsmöglichkeit zu fällen und • diese Lösung oder Handlungsmöglichkeit dann auch zu realisieren. Die vorrangige Intention dieser Verfahren liegt damit in der Förderung der Fähigkeiten, (alternative) Hypothesen entwickeln und Entscheidungen für die vielversprechendste hypothetische Lösung fällen zu können. Voraussetzungen für die Effektivität der Arbeit mit Critical Incidents, Fallstudien und Simulationen sind allerdings Hintergrundwissen und Fähigkeiten wie die Situationen analysieren zu können, ein reiches Repertoire für Lösungsmöglichkeiten zu besitzen und die Fähigkeit, die Lösungen auch qualifiziert ausführen und evaluieren zu können. Diese Wissens- und Fähigkeitsbereiche werden dann aber auch in diesen Verfahren weiterentwickelt. Insgesamt scheinen Critical Incidents, Fallstudien und Simulationen vielversprechend zu sein, die Fähigkeiten der Hypothesengenerierung und des Fällens von Entscheidungen zu fördern, so dass diese Verfahren zusätzlich zur Unterstützung anderer Unterrichtsmethoden eingesetzt werden können, wenn dies nötig und gegeben erscheint. 1. Definition Mit einem Fall kann man in einem Forschungsdokument eine Situation oder ein Ereignis beschreiben (Merseth, 1996). Fälle können in erzählerischer, mündlicher, oder in schriftlicher Form den Gruppen gegeben werden. Auch andere Medien können dazu verwendet werden: Videos, DVDs, Filme, Computer, Multimedia etc. 2. Zwecke und Ziele der Verwendung der Fallmethode Die folgende Tafel gibt in Kurzform drei Möglichkeiten der Verwendung von Fällen in der Ausbildung wieder, die sich allerdings stark überlappen. Diese Verwendungsmöglichkeiten sind als Schwerpunktsetzungen bei der Entwicklung von Fällen und ihrem Einsatz zu verstehen. 9.7 Fall-Methode 139 <?page no="140"?> Zwecke und Ziele der Verwendung in der Ausbildung Fälle als Beispiele zur Illustrierung von Prinzipien, Theorien und Modellen Fälle zur Einübung von Analyse, Problemlösung, und dem Treffen von Entscheidungen Fälle als Anregung, Förderung individueller Reflexion Ziel: Entwicklung von theoretischem Wissen durch Veranschaulichen abstrakter Erkenntnisse durch konkret beschriebene Ereignisse, Fälle. Ziel: Gelegenheit bieten zum Praktizieren professionellen Denkens, Entscheidungen zu treffen, konkrete Aktionspläne zu entwickeln. Ziel: Entwicklung von persönlichem, professionellem Wissen auf der Grundlage eigener Erfahrungen. Vorgehensweise: Repräsentative Fälle oder Fälle bester Praxis werden ausgewählt, die ein bestimmtes Prinzip, eine Theorie oder eine Methode illustrieren. Vorgehensweise: Komplexe, problematische Fälle werden vorgelegt und aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse in Diskussionen zu verstehen gelernt. Vorgehensweise: Ausführlich dargestellte Fälle, die verblüffen, werden selbst erstellt oder vorgelegt und dann reflektiert. Fälle werden vorgelegt, in Kleingruppen oder Einzelarbeit studiert, dann im Ablauf diskutiert. Vorausgehend oder nachträglich werden die zu illustrierenden Prinzipien, Theorien, Praktiken etc. angeeignet. Fälle werden in Einzel-, Partner- oder Kleingruppenarbeit studiert. Schriftliches Material wird zur Verfügung gestellt, in dem Erkenntnisse dargeboten werden, die Analyse, Interpretation, Entscheidungsfindung und Entwürfe für konkrete Aktionen anleiten und fundieren. In Einzel-, Partner- oder Kleingruppenarbeit werden eigene Fälle aus eigener Praxis unter verschiedenen Gesichtspunkten studiert. Z. B. wie bestimmte Gedanken, Kontexte zu Aktionen geführt haben und umgekehrt. Plenumsdiskussion zum Abschluss Plenumsdiskussion zum Abschluss Plenumsdiskussion zum Abschluss 140 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen <?page no="141"?> Allgemeine Vorgehensweise bei der Verwendung der Fall-Methode (Kaiser & Brettschneider, 2015, S. 149): Schritte Ziel 1) Konfrontation mit dem Fall Erfassen mit der Problemsituation 2) Information über das bereit gestellte Fallmaterial und selbständiges Erschließen von Informationen Beschaffung und Bewertung der für eine Entscheidungsfindung erforderlichen Informationen 3) Exploration: Diskussion alternativer Lösungsmöglichkeiten Denken in Alternativen 4) Resolution: Treffen der Entscheidungen in der Gruppe Gegenüberstellung und Bewertung der Lösungsvarianten 5) Disputation: Die einzelnen Gruppen verteidigen ihre Entscheidungen Verteidigung einer Entscheidung mit Argumenten 6) Kollation: Vergleich der Gruppenlösung mit der in Wirklichkeit getroffenen Entscheidung Abwägen der Interessenzusammenhänge, in denen die Einzellösungen stehen. 3. Vorschlag für die Praxis: a. Der Fall wird (schriftlich, mündlich) ausgegeben und in Einzelarbeit oder Kleingruppenarbeit (4 - 5 Personen) analysiert und interpretiert, Einsichten, Interpretationen, Meinungen und Fragen werden entwickelt. Ziel: Individuelles Verstehen des Falles (60 Minuten). b. Großgruppe: Diskussion des Falles mithilfe der Lehrperson, die den Meinungsaustausch beobachtet, anleitet, nachfragt und eventuell zusätzliche Informationen bereitstellt. Ziel: Tieferes Verstehen, nicht Konsens (60 - 90 Minuten). c. Entwicklung von Lösungen, Handlungsplänen und Aktionen, die sich praktizieren lassen (30 - 60 Minuten) 9.8 Diskussion Die Diskussion in Kombination mit einer Vorlesung oder Instruktion ist ein wichtiges Mittel, um die präsentierten Informationen zu vertiefen und die Aneignung des Lernstoffes zu steigern. Eine Diskussion eignet sich, um soziales Verhalten zu verbessern, soziale Kompetenz zu erwerben und soziale Interaktionen positiv zu erfahren und zu nutzen. Die hier vorgestellten Maßnahmen sind nicht mit den in den Medien gezeigten Formaten oder „ Moderationen “ zu 9.8 Diskussion 141 <?page no="142"?> verwechseln. Die Diskussion ist eine der schwierigsten Methoden und wird daher oft gar nicht oder nur selten eingesetzt. Viele Menschen haben schlechte Erfahrungen mit Diskussionen gemacht oder nie kennengelernt, wie viel Spaß und Freude es macht diese Form des Miteinandersprechens anzuwenden und zu erleben. Die im Folgenden beschriebenen Verhaltensweisen orientieren sich hauptsächlich an den Arbeiten von Rupp (1998, 2010, 2013). 9.8.1 Definition Mit „ Diskussion “ wird eine Reihe von Interaktionsmustern, auch in unterrichtlichen Zusammenhängen, bezeichnet. Hier wird die Definition von Gall (1987) zugrunde gelegt, die fünf Merkmale enthält, die die Diskussion von anderen Formen des Unterrichtens unterscheiden: Eine Diskussion findet statt, wenn • eine Gruppe von Personen, • sich an einem bestimmten Ort und zu einem bestimmten Zeitpunktversammelt, • miteinander interaktional kommuniziert, • und dabei verbale, nonverbale Verhaltensweisen und solche der Beobachtung und des Zuhörens verwendet, • um Unterrichtsziele zu erreichen. 9.8.2 Zielbereiche von Diskussionen als Unterrichtsmethode Die Diskussionsmethode (meist unterstützt durch vorausgehende andere Methoden, wie Lektüre, Vorlesung oder Einzelarbeit) zeigt sich als effektiv • zur Beherrschung von Lerninhalten insbesondere dann, wenn das Behalten von Informationen über längere Zeiträume, Problemlösen, kritisches Denken und Denken auf höherem Niveau (higher level thinking) angestrebt werden (im Unterschied dazu sind zum Beispiel Vorlesungen und Programmiertes Lernen effektiver, wenn es um die Aneignung großer Mengen von Informationen geht - ebenfalls wiederum häufig in Kombination mit anderen Methoden). • zurÄnderung von Einstellungen: Einstellungen (zu Objekten, Situationen und Personen) haben drei Komponenten: kognitive (Gedanken, Überzeugungen), affektive (Gefühle), und psychomotorische (soziale Aktionen). Diskussionen können dazu beitragen, aufgrund der Analyse und Bewertung der eigenen Einstellungen sowie der Einstellung anderer Personen Änderungen in Einstellungsbereichen herbeizuführen, d. h., Entscheidungen für Handlungen 142 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen <?page no="143"?> vorzubereiten. Hier sind Diskussionen besonders geeignet. Allerdings sind Einstellungen dann schwierig zu ändern, wenn die Gruppe von vornherein in hoher Konformität bestimmte (unerwünschte) Einstellungen und Vorurteile teilt. • zur Entwicklung moralischen Denkens und Urteilens: Moralisches Denken und Urteilen bezieht sich auf Streitfälle, Probleme und Fälle mit zugrunde liegenden Wertkonflikten, die die Beteiligten lösen müssen. Dabei kommt es darauf an, sich mit Argumenten auseinanderzusetzen, die die jeweils höheren Stufen einer moralischen Entwicklung repräsentieren als die, auf der die Diskussionsbeteiligten augenblicklich stehen. Dafür sind Diskussionen empfehlenswert. • zur Entwicklung der Teilhabemöglichkeiten an einer demokratischen Gesellschaft (Gall, 1987; Gage & Berliner, 1996): Dies bezieht sich z. B. auf die Aneignung sozialer Normen des Miteinandersprechens (etwa die Zulässigkeit bestimmter Kritik an den Beiträgen anderer). Hier kann das dafür notwendige Diskutieren natürlich durch viel Praxis - außer in systematischen Trainings, (Gall, 1987; Rupp, 1998) - in anderen Diskussionen gelernt werden. Hier sei nochmals darauf hingewiesen, dass Diskussionen insbesondere dann effektiv sind, wenn sie in Kombination mit anderen Methoden verwendet werden. Diskussionen sind aber auch als eigenständige Methode empfehlenswert und effektiv. Zu Unterrichtszwecken ist sehr häufig eine Kombination mit anderen Methoden nützlich - dann vor allem, wenn es um neu zu lernendes Wissen geht. Zum Beispiel empfiehlt es sich, Gelegenheit zu geben, das in Vorlesungen neu angeeignete Wissen durch Diskussionen in Zweier- oder Kleingruppen (innerhalb oder nach der Vorlesung) in das bereits vorhandene Wissen einpassen zu können. 9.8.3 Allgemeine Aufgaben der Diskussionsleitung Beteiligte an einer Diskussion haben sehr unterschiedliche Vorstellungen von den Zielen einer Diskussion sowie darüber, was diese Ziele praktisch bedeuten und welche Verhaltensweisen angemessen, effektiv und förderlich sind, um diesen Zielen näher zu kommen. Im Unterschied zur Kleingruppenarbeit, zumindest nach den oben beschriebenen Formen des kooperativen Lernens, ist die Unterrichtsdiskussion sehr offen und wenig strukturiert. Somit ist eine Diskussionsleitung oder eine Diskussionsmoderation nützlich, wenn nicht gar notwendig, um die Diskussionsziele zu entwickeln, zu klären und der Gruppe zu helfen, diese Ziele auch zu erreichen. 9.8 Diskussion 143 <?page no="144"?> 9.8.4 Spezifische Aufgaben und Funktionen der Diskussionsleitung Die Diskussionsleitung hat spezifische Aufgaben und Funktionen. Die Diskussionsleitung muss sowohl die fachlichen Inhalte als auch die sozial-emotionale Entwicklung einer Gruppe steuern und begleiten. Nur so lassen sich effektiv und nachhaltig Inhalte in einer Diskussion vertiefen (Rupp, 1998; 2010). 9.8.4.1 Inhaltliche Steuerung der Diskussion Zur inhaltlichen Steuerung zählen Aufgaben vor der Durchführung, bei der Eröffnung und während einer Diskussion. Aufgaben vor der Durchführung Nützlich für Auswahl der Diskussionsziele Vertiefung des Lehrstoffes Änderung von Einstellungen Entwicklung von kommunikativen Fertigkeiten Themenauswahl Vertiefung und Ergänzung Aktualität Interesse und Motivation Herstellung einer gemeinsamen Erfahrungs- und Wissensgrundlage Vertiefung und Ergänzung A. Auswahl der Diskussionsziele. Was möchte ich erreichen? • Vertiefung und Ergänzung des Lehrstoffs. • Änderung von Einstellungen, Entwicklung moralischen Denkens und Urteilens. • Entwicklung von kommunikativen Fähigkeiten und Fertigkeiten für Diskussionen. B. Themenauswahl • Zur Vertiefung und Ergänzung des Lehrstoffs. • ZurÄnderung von Einstellungen und Entwicklung moralischen Denkens und Urteilens. Z. B. können aktuelle Ereignisse, in denen Standpunkte kontrovers abgehandelt werden (z. B. „ Atomenergie “ ) Gegenstand der Diskussion sein. • Zur Entwicklung moralischen Denkens, für das Streitfälle ausgewählt und präsentiert werden sollten, denen Wertekonflikte zugrunde liegen. • Zur Förderung sozialer Kompetenz und zur effektiven Teilnahme an Diskussionen. Z. B. Erlernen von Argumentationsregeln bzw. des generellen Einhaltens von Regeln in einer Diskussion. 144 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen <?page no="145"?> C. Herstellung einer gemeinsamen Erfahrungs- und Wissensgrundlage zur Diskussion eines Themas Dies ist der Fall, wenn die Diskussion mit dem zuvor erworbenen Unterrichtsstoff oder Vortragsinhalt verknüpft ist. Filme, Fernsehsendungen oder Lektüren sind weitere Möglichkeiten, um das Verständnis für ein Thema und für Standpunkte zu vermitteln. Doch das bloße Anbieten von Informationen ist nicht ausreichend. Diskussionen sollten Einzelarbeiten (z. B. Lektüre) vorausgehen. Dabei ist es wichtig, dass bestimmte Gesichtspunkte oder Schwerpunkte, auf die sich die Diskussion konzentrieren soll, gemeinsam mit den Beteiligten oder durch die Diskussionsleitung selbst ausgewählt werden. Aufgaben der Diskussionsleitung bei der Eröffnung der Diskussion Fertigkeiten Nützlich für Informieren/ Instruieren Gleicher Kenntnisstand Aufbau von Wissen für die Diskussion Ziele formulieren Orientierung und Fokussierung Weite/ offene Fragen Anregen der Diskussion Zwei Aufgaben sind in der Eröffnung der Diskussion zu erfüllen: die sozialemotionale Vorbereitung und die inhaltliche Vorbereitung der an der Diskussion Beteiligten. A. Informieren und Instruieren der Beteiligten • Vorbereitung der Beteiligten an der Diskussion auf die Diskussionsinhalte (inhaltliche Steuerung). Wie oben erwähnt, gilt es, die Beteiligten inhaltlich auf einen Informationsstand zu bringen, der es ihnen erlaubt, wirklich fundiert mitzudiskutieren. Nur dann sind Diskussionen effektiv. Ist das Thema neu, muss es in anderen Unterrichtsformen (Vortrag, Lektüre, Einzel- oder Partnerarbeit) inhaltlich erarbeitet werden, bevor es diskutiert werden kann. Aber auch, wenn inhaltliche Grundlagen gelegt worden sind, empfiehlt es sich, in einer kurzen Einführung an diese zu erinnern. B. Ziele der Diskussion deutlich machen • Zu Beginn oder am Ende der Einführung sollten das Ziel oder die möglichen Ziele der Diskussion genannt und/ oder mit den Beteiligten erarbeitet werden. C. Formulieren einer weiten/ offene Frage • Eine Ausgangsfrage (weite, offene Frage) oder eine provokative Aussage sollte dann die eigentliche Diskussion einleiten. 9.8 Diskussion 145 <?page no="146"?> Aufgaben der Diskussionsleitung während der Diskussion zur inhaltlichen Steuerung Fertigkeiten Nützlich für Initiieren und Anregen Aufrechterhaltung Inhaltliche Strukturierung Fortschritt der Diskussion Weiterentwicklung von Gedanken Klarheit der Gedanken und Beiträge Inhaltliche und formale Richtigkeit Meinungen/ Tatsachen klären Sicherung der Ergebnisse Produktivität A. Initiieren, Anregen von Diskussionsbeiträgen Wenn es nötig erscheint, sollte die Diskussionsleitung die Diskussion anregen und aufrechterhalten, zum Beispiel durch: • positives Zuhörverhalten (ermutigender Blick, Körperorientierung, Körperneigung, Kopfgestik: Nicken und Lächeln), • weite, offene Fragen, • provozierende Aussagen, • nonverbale Ermutigungen, sich zu äußern. B. Inhaltliche Strukturierung der Diskussion Es geht für die Diskussionsleitung bei der inhaltlichen Strukturierung darum, den Verlauf der Diskussion für alle Beteiligten in eine inhaltliche Ordnung zu bringen, damit ein inhaltlicher Fortschritt erzielt werden kann. Oft reicht es dabei aus, den Beteiligten den Diskussionsverlauf vor Augen zu führen, um weitere Abweichungen, Abschweifungen, gedankliche Sprünge, unproduktive Wiederholungen etc. zu vermeiden. Der inhaltliche Fortschritt in der Diskussion soll sichtbar gemacht und gefördert werden. Für eine inhaltliche Strukturierung im Vorhinein (Vorstrukturieren) reichen die Festlegung von Themen und Zielen schon aus, um einen Rahmen für die Diskussion zu setzen. Auch können explizit Themen oder Themenbereiche eingeschlossen, ausgeklammert oder zurückgestellt werden. Bei Angst davor, dass die Diskussion „ ausufert “ , können Schwerpunkte vorgegeben werden. • Durch inhaltliche Strukturierungen im Nachhinein (Restrukturieren) können Beiträge in eine Ordnung gesetzt bzw. kann diese (möglicherweise implizite) Ordnung bewusst gemacht werden. 146 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen <?page no="147"?> C. Hilfestellung bieten beim Ausdruck oder der Weiterentwicklung von Gedanken Dieser Hilfestellung bedürfen Diskussionen insbesondere in Unterrichtsdiskussionen. Dies kann die Diskussionsleitung tun durch: • Zusammenfassen einzelner (eventuell weitschweifiger) Beiträge • Klären/ Strukturieren einzelner Beiträge. (Paraphrasieren, auf den Punkt bringen: Haupt- und Nebenpunkte ordnen und Verknüpfungen der vorgebrachten Punkte herstellen - wenn nötig) • Sondierungsfragen/ Nachfragen (Bitte um, Frage nach Präzisierung, z. B. durch Beispiele, Abstrahierung, Begründung), um der Diskussionsgruppe mehr Klarheit und Verständlichkeit zu dem Beitrag und somit eine bessere gedankliche Zugriffsmöglichkeit zu verschaffen. D. Inhaltliche und formale Richtigkeit der Beiträge Gemeint ist damit, dass die Diskussionsleitungen dafür Sorge tragen, dass Beteiligte nicht etwas vertreten und für oder gegen etwas argumentieren, von dem sie nicht überzeugt sind. Das heißt auch, subjektive Meinungen nicht als Tatsachen darzustellen und Beiträge anderer oder Fakten nicht sinnentstellend wiederzugeben etc. Weiterhin ist auch damit gemeint, dass die Diskussionsleitung auf die Begründungspflicht bei Behauptungen, Meinungen, Thesen von Argumenten hinweist, wenn diese nicht selbst von den Beteiligten bemerkt werden. E. Sicherung der Ergebnisse der Diskussion Diskussionen bleiben unbefriedigend, wenn die Beteiligten an der Diskussion kein Ergebnis sehen und nichts „ mit nach Hause nehmen können “ . Deshalb gehört es für die Diskussionsleitung dazu, dafür zu sorgen, dass eine angemessene Ergebnissicherung erfolgt. Dies bedeutet nicht, dass ein Konsens hergestellt werden muss, auch Kontroversen sind ein Ergebnis! Ergebnisse können festgehalten werden durch: • Zusammenfassung durch die Diskussionsleitung, mit oder ohne Ergänzungen durch Diskussionsbeteiligte, • Zusammenfassung durch Beteiligte, mit oder ohne Ergänzungen durch Diskussionsleitung, • Protokoll (Verlaufsprotokoll, Ergebnisprotokoll), • Aufgabenverteilung, Sicherung der Aufgabenerfüllung und Terminabsprachen. 9.8 Diskussion 147 <?page no="148"?> 9.8.4.2 Sozial-emotionale Steuerung der Diskussion Die Diskussionsleitung hat für die sozial-emotionale Steuerung der Diskussion im Wesentlichen drei Aufgaben zu erfüllen: Fertigkeiten Nützlich für Herstellung eines produktiven sozialen Diskussionsklimas Produktivität, Kooperation Herstellung einer angemessenen, physisch produktiven Umgebung Soziales Klima, Kooperatioon Formale Strukturierung der Diskussion Regulierung der Interaktionen, Gruppenmanagement A. Herstellung eines produktiven sozialen Diskussionsklimas • Produktives Zuhörverhalten äußert sich z. B. durch kleine Ermutigungen, zu sprechen und weiterzusprechen, • einfaches nichtverbales Zur-Kenntnis-Nehmen ( „ Ich habe Sie gehört und verstanden “ ; hm, hm, okay etc.); Lob und Anerkennung, Bestätigung der Richtigkeit oder Angemessenheit eines Beitrags; Teilverstärkung (Anerkennung eines Teils eines Beitrags oder Verhaltens) (Wichtig: Lob des Beitrags, nicht der Person; und: Lob eines Beitrags, der wirklich zu loben ist.), • Vermeidung von harscher Kritik und entmutigender Zurückweisung. Insbesondere persönliche Kritik ist kontraproduktiv und sollte vermieden werden. B. Herstellung einer angemessenen, physisch produktiven Umgebung • Die physische Umgebung, der Raum, seine Gestaltung und die Sitzordnung, in der Menschen miteinander kommunizieren, hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Interaktion, die Aufnahme, Verarbeitung, Speicherung und Bewertung von Informationen und somit auf das Ergebnis von zwischenmenschlichen Begegnungen. Dies allerdings nicht direkt, sondern über das Gefühl. • Physische Umgebungen, die farbig, neuartig, überraschend, vollgestopft mit Menschen und komplex sind, erzeugen einen höheren Erregungsgrad. Unordentliche, schmutzige etc. Umgebungen erzeugen ein Unwohlsein und negative Stimmungen, die auch auf die Wahrnehmung, Verarbeitung und insbesondere auf die Bewertung der Informationen übertragen werden können. Inneneinrichtungen können dazu beitragen, sich klein oder groß, gedrückt oder frei vorzukommen etc. 148 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen <?page no="149"?> • Ein funktionales Raumarrangement verhilft dazu, die komplexen Anforderungen des Umgangs mit Gruppen von 25 bis 33 Personen zu bewältigen, Unterrichtszeit zu sparen sowie unnötige Unterbrechungen, Verzögerungen und Leerzeiten, die oft zu Störungen führen, zu vermeiden und somit auch das Gruppenmanagement zu erleichtern. In Anlehnung an Evertson & Emmer (2013) lassen sich fünf Richtlinien für das Arrangement eines unterrichtlichen Settings unter dem Gesichtspunkt „ Erleichterung des Gruppenmanagements “ formulieren: - Gestalten Sie das Raumarrangement so, dass es kompatibel mit Ihren Unterrichtszielen und -aktivitäten ist (Beispiel: Fachvortrag/ Vorlesung, Einzelarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit). - Stellen Sie sicher, dass von den Beteiligten alle Stellen, von denen aus unterrichtet wird, leicht und ohne Arrangementänderungen eingesehen werden können. - Arrangieren Sie die Möbel so, dass Bereiche starken Durchgangsverkehrs frei von Stau und Chaos bleiben (z. B. Ausgänge, Pult) und lassen Sie genug Platz für jeden Einzelnen, damit Sie das Monitoring von Gruppen- oder Einzelarbeit durchführen können! - Stellen Sie sicher, dass alle Beteiligten von der Lehrperson von allen Stellen im Raum leicht gesehen werden können! (Beispiel: Ob jemand Hilfe braucht, ob jemand stört) - Stellen Sie sicher, dass häufig verwendete Lehr- und Lernmaterialien und für die Arbeit notwendige Geräte (Beispiel: Computer) ohne Störungen erreichbar sind. C. Formale Strukturierung der Diskussion (Regulierung der Interaktionen, Gruppenmanagement) Die Diskussionsleitung hat für einen ordnungsgemäßen Ablauf zu sorgen. Dazu gehört (nach Bridges, 1979), dass • Friedfertigkeit und Ordnung der Diskussion gewahrt bleiben. Dies bedeutet, dass die Diskussionsleitung in hohem Maße dafür verantwortlich ist, dass z. B. allgemeine Umgangsregeln eingehalten werden, Redner immer die volle Aufmerksamkeit der anderen haben, die Reihenfolge der Beteiligten an der Diskussion nach Regeln erfolgt und immer nur eine/ r zur selben Zeit spricht. • der Respekt der Beteiligten untereinander, ihre Gleichheit und Freiheit, sich zu äußern, gewährleistet ist. Dazu gehört, dass alle an der Diskussion Beteiligten gleichermaßen das Recht erhalten, an der Klärung der Sache mitzuwirken. Diskussionsleitungen haben also dafür zu sorgen, dass ein Übergehen und Ignorieren von Beiträgen (oder Personen), Monopolisieren 9.8 Diskussion 149 <?page no="150"?> der Diskussion durch einzelne Beteiligte, Unterbrechungen von Redebeiträgen, Beschimpfungen, persönliche Beleidigungen etc. unterlassen werden. 9.9 Modell der Direkten Unterweisung Eine der erfolgreichsten Methoden zur Unterweisung und Vermittlung von Informationen, wenn wenig über einen Sachverhalt bekannt ist, ist das Modell der Direkten Unterweisung ( „ Direct Instruction Model “ ). Das Modell kombiniert die Instruktion mit Wiederholungen, Gruppenarbeit, Diskussion und individuellem Lernen. Rosenshine und Stephens (1986) untersuchten die Bedingungen, die mit Leistungssteigerungen im Unterricht verbunden sind, wobei sie den Schwerpunkt auf direkte Lehrmethoden legten. Die Autoren empfehlen, dass die Unterrichtsroutine beim Unterrichten aus einer täglichen Wiederholung, der Präsentation neuer Materialien, angeleiteten Übungen, Korrekturen und Rückmeldungen, eigenständigen Übungen sowie wöchentlichen und monatlichen Überprüfungen bestehen sollte. Rosenshine und Stevens (1986) weisen darauf hin, dass größere Leistungszuwächse aus einem von einer Lehrperson geleiteten Unterricht resultieren, wenn dieser systematisch ist und Feedback gibt. Als die ideale Lernumgebung bezeichnen es die Autoren, wenn erstens die Lehrperson verantwortlich ist und zweitens klare Ziele gesetzt werden - dies bedeutet, es gibt ausreichend Zeit für den Unterricht, für die Beobachtung der Leistungen und für die Befragung durch die Lehrperson mit Antworten der Lernenden. Dabei zeichnet sich die Lehrperson mit unmittelbarer Fachkompetenz in all diesen Kriterien aus, um die Anforderungen an die direkte Unterweisung zu erfüllen. Die im Kapitel 11 beschriebenen Phasen des interaktiven und adaptiven Vermittelns von Inhalten wurden in Anlehnung an Rosenshine & Stevens (1986), Rupp & Klinzing (1999, 2008) und Rupp (2021) überarbeitet und modifiziert. Ausführlich siehe Kapitel II „ Trainingsprogramm Interaktives und Adaptives Vermitteln von Fachinhalten “ . 150 9 Vermittlung von Sachinhalten durch kooperatives Lernen <?page no="151"?> II Trainingsprogramm: Interaktives und adaptives Vermitteln von Fachinhalten Im Folgenden ist das evaluierte Microteaching-Trainingsprogramm „ Interaktives und adaptives Vermitteln von Fachinhalten “ mit Konzeption, Aufgaben und Übungen beschrieben. Das Trainingsprogramm wurde erfolgreich in der Lehramtsausbildung in der Sekundarstufe evaluiert und zeigt, dass eine signifikante Verbesserung der Fertigkeiten erreicht wird (Rupp, 2015; Rupp & Werding, 2015). Das Trainingsprogramm kann individuell genutzt werden, um die eigenen kommunikativen Fertigkeiten und Lehrverhaltensweisen systematisch zu verbessern oder zu erweitern. Für ein systematisches Microteaching-Trainingsprogramm, sind folgende Elemente notwendig: Elemente eines systematischen Trainingsprogramms Wichtig für Konzeptioneller Rahmen Theoretische Grundlagen und Forschungsstand Das Trainingskonzept Gesamtkonzeption des Trainingsprogramms in Bezug auf praktische Übungen mit Videoaufzeichnungen und Feedback Effektivität und Angemessenheit von Verhaltensweisen Aufbau und Erweiterung von kommunikativen Lehrverhaltensweisen Die Dimensionen Definition und Auswahl der Kategorien für die Inhalte des Trainingsprogramms Die Inhalte des Trainingsprogramms Die inhaltliche Gestaltung des Trainingsprogramms Die Evaluation Überprüfung der Effektivität Verbesserung des Forschungsstandes Tabelle 33: Elemente eines systematischen Microteaching-Trainingsprogramms <?page no="152"?> 10 Konzeptioneller Rahmen für interaktives und adaptives Vermitteln von Fachinhalten 10.1 Interaktives Präsentieren Interaktives Präsentieren ist eine Lehrmethode, bei der die Studierenden durch Aktivitäten wie Arbeiten und Lösen von Problemen, Peer Instruction, Diskussion oder die Verwendung von Abstimmungssystemen in den Lernprozess einbezogen werden. Der Unterricht ist darauf ausgerichtet, einen verstärkten Austausch zwischen Lehrenden und Lernenden in Bezug auf die Inhalte zu erreichen. Durch diese Vorgehensweisen soll aktives Lernen gefördert, die Aufmerksamkeit und Motivation erhöht, die gegenseitige Zufriedenheit sowie die Behaltensleistung verbessert werden. Biggs (1996) weist daraufhin, dass es wichtig ist, sich aktiv mit Lerninhalten zu befassen, damit diese gelernt werden können. In einer Studie über die Wirksamkeit von traditionellen Vorlesungen im Vergleich zu interaktiven Vorlesungen bei Ingenieuren in den Niederlanden sind die Ergebnisse jedoch nicht so eindeutig (van Dijk et al., 2001). Die Autoren zeigen, dass in der Ingenieurausbildung die Lernergebnisse bei interaktiven Vorlesungen im Vergleich zu traditionellen Vorlesungen nicht sehr stark abweichen, da es auch bei dieser Form indirekte Möglichkeiten gibt, wie den Einsatz von Humor und nonverbalem Verhalten, um die Studierenden zu beeinflussen. Interaktiver Unterricht führt nicht automatisch zu aktiven kognitiven Erfahrungen bei den Studierenden. Ein Student kann sich auch dafür entscheiden, nicht über eine Frage nachzudenken. Umgekehrt führt eine traditionelle Vorlesung nicht automatisch zu passiven Studierenden, die die Informationen einfach hinnehmen, ohne darüber nachzudenken. Trotzdem erreicht man eine Verbesserung und Erhöhung der Motivation durch die Beteiligung an der Vorlesung. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass die Studierenden die Möglichkeiten der Interkation und der Beteiligung als sehr positiv einschätzen und sie ihre eigene Motivation besser beurteilen. Wichtig ist, so die Autoren, dass für interaktive Vorlesungen die Schaffung einer freundlichen und interaktiven Atmosphäre allein nicht ausreicht, sondern die Lehrpersonen müssen die Methode, die Vorgehensweisen und die Erwartungen die Studierenden genau erklären, die Anwesenden auf diese Aspekte aufmerksam machen und auffordern, Fragen zu stellen, falls sie den Ausführungen nicht folgen können. <?page no="153"?> 10.2 Adaptives Unterrichten Adaptives Unterrichten stimmt unterschiedliche Lehrmethoden bzw. Vorgehensweisen auf unterschiedliche Zielgruppen mit unterschiedlichem Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten ab, um qualifizierte Lehr-Lernprozesse zu ermöglichen. Die theoretische Grundlage für dieses Konzept findet sich bei Randi und Corno (2005) und Corno (2008). Dabei wird zugrunde gelegt, dass die Lehrperson die Fachinhalte, die vermittelt werden, beherrscht und dass die vermittelten Inhalte und das Wissen zuverlässig sind. Lehrpersonen sollen in der Lage sein auf komplexe Herausforderungen während des Vermittlungsprozesse zu reagieren, gleichzeitig aber auch bei der Vorbereitung Unterrichtsziele, Lerninhalte, Unterrichtsmethoden bzw. Unterrichtsstrategien und die Ergebnisse der Diagnose von Wissen und Vorerfahrungen des Zielpublikums immer wieder aufeinander abzustimmen und zu berücksichtigen. Beim adaptiven Unterricht wird je nach Fähigkeit und Bedarf differenziert unterrichtet. Die Leistungsunterschiede in einer Gruppe oder einem Kurs in Bezug auf Wissen und Fähigkeiten sind immer eine Herausforderung für alle Lehrpersonen. UNTERRICHT UNTERRICHT UNTERRICHT LERNENDE LERNENDE LERNENDE Direkte Instruk on Interven onen Mo va onsverstärkungen Beobachtungslernen Angeleitetes Üben Entdeckendes Lernen Selbstständiges Lernen Peer Tutoring Üben kogni ver Strategien Modellierung von Mo va ons- und Willenskontrollstrategien Selbstregula on Umgehung von Fähigkeiten Entwicklung der Fähigkeiten Grad der Unterstützung stärker eingreifend weniger eingreifend schwächer/ Einsteiger stärker/ Erfahrene Individuelle Lernende verstärkt modelliert ak viert Beim Konzept des adaptiven Unterrichtens richten also die Lehrpersonen auf einer Mikroebene Methoden und Ziele an Wissen und Vorerfahrungen der 10.2 Adaptives Unterrichten 153 <?page no="154"?> Kursteilnehmer/ innen aus. Dabei spielt auch der Gedanke und die Erwartung eine Rolle, dass sich die Kursteilnehmer und Kursteilnehmerinnen immer wieder an die von ihnen erwarteten Leistungen anpassen. Das Konzept des Adaptiven Unterrichtens unterscheidet zwischen einer Macro- und Micro- Ebene (Corno, 2008). 10.2.1 Macro-Ebene Auf der Macro-Ebene werden oft von der Institution Richtlinien, Inhalte und Themen für die Organisation der Kurse oder das Unterrichten formuliert. Dazu zählen z. B. Themen wie digitale Lernplattformen, Digitalisierung der Lehre, Prüfungsleistung, Werte und Normen. Alle diese Themen werden auf der Ebene der Institution vorgegeben und werden in der Regel explizit für das Curriculum, für die Auswahl und Zusammensetzung der Inhalte sowie der Kurse und Seminare verwendet (Cruickshank et al., 2012). Weitere Punkte sind z. B. Heterogenität/ Diversität und Digitalisierung. Diese lassen sich wie folgt im Detail beschreiben. • Heterogenität/ Diversität Zur Heterogenität von Gruppen zählen: - Persönlichkeitsmerkmale und Einstellungen: Gruppen können sich aus Mitgliedern mit ähnlichen Persönlichkeitsmerkmalen (z. B. Alter, Geschlecht, Extraversion, Impulsivität, emotionale Stabilität, intellektuelle Offenheit), interpersonalen Orientierungen (z. B. Feindseligkeit), Einstellungen (z. B. Sympathie zu bestimmten Inhalten, Gegenständen, Institutionen, Situationen) zusammensetzen. Nicht alle diese Persönlichkeitsmerkmale und Einstellungen sind auf den ersten Blick ersichtlich. - Wissensbasis: Die einzelnen Mitglieder einer Gruppe haben eine unterschiedliche Wissensbasis und verfügen über unterschiedliche Kenntnisse und Vorwissen. Die individuellen Lernvoraussetzungen können sehr heterogen sein. - Intelligenz: Die einzelnen Mitglieder einer Gruppe unterscheiden sich auch hinsichtlich ihrer Intelligenz, d. h. in der Schnelligkeit wie sie Informationen aufnehmen, wie viele Informationen sie in ihrem Gedächtnis speichern können und wie sie diese Informationen aus dem Arbeitsund/ oder Langzeitgedächtnis abrufen können. - Motivation: Die einzelnen Mitglieder einer Gruppe sind unterschiedlich stark motiviert und unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Bereitschaft zu lernen, ihren Ängsten und ihrer Selbstwirksamkeit. Selbstwirksamkeit ist die Fähigkeit seinen eigenen Fähigkeiten eine Wirksamkeit zuzuschreiben 154 10 Konzeptioneller Rahmen für interaktives und adaptives Vermitteln von Fachinhalten <?page no="155"?> und bei schwierigen Aufgaben eine Lösung zu finden. Scheitert man an einer Aufgabe wird der Grund des Scheiterns in der eigenen Leistung gesehen und man versucht es noch einmal - man sieht den Grund des Scheiterns nicht hauptsächlich bei anderen. Man versucht nochmals diese Aufgabe zu lösen und erarbeitet sich neue Möglichkeiten. - Meta-Kognition: Die einzelnen Mitglieder einer Gruppe unterscheiden sich auch dahingehend mit welchen Strategien und Vorgehensweisen ein Problem oder eine Aufgabe gelöst werden kann, sowie in der Fähigkeit (siehe auch Motivation) die eigenen Lösungen kritisch zu hinterfragen und zu beurteilen. - Diversität als Leitbild für die Zusammensetzung einer Gruppe im Bildungswesen ist erstrebenswert. Dabei lassen sich zwei Aspekte unterscheiden. Einmal der Mehrwert von Talenten, Meinungen und Ansichten (Pluralismus) und zum anderen die Chancengleichheit. Der Mehrwert durch viele Talente und Meinungen kann eine Gruppe bereichern und neue, bisher nicht gekannten Erfahrungen für den Einzelnen oder die Gruppe sind dadurch möglich. Chancengleichheit bedeutet, das Recht zu haben, ohne Ansehen der Person den Zugang zu einer Bildungsinstitution zu bekommen. Chancengleichheit bedeutet, dass alle entsprechend ihren Fähigkeiten eine Möglichkeit erhalten, sich an der Gruppenarbeit zu beteiligen. Allerdings kann nur allein durch Diversität die Leistung einer Gruppe bei bestimmten Aufgaben nicht gesteigert werden. Entscheidend für den Erfolg einer Gruppe ist immer die Art der Aufgabe (Steiner, 1972). Eine Gruppe kann oft immer nur so gut sein wie der oder die Beste. Wenn allerdings alle gleich wenig wissen oder alle gleich schlecht sind in ihrem Leistungsniveau und ihrer Motivation, muss man Maßnahmen ergreifen, um das notwendige Wissen und Fähigkeiten zu vermitteln, zu fördern und zu vertiefen, um die Gruppe in die Lage zu versetzen, auch komplexe Aufgaben und Probleme lösen zu können. • Digitalisierung - Die Digitalisierung beim adaptiven Unterrichten bezieht sich auf die Integration von Technologie und digitalen Werkzeugen in den Lehr- und Lernprozess. Dies kann viele Formen annehmen, z. B. die Nutzung von Online-Plattformen zur Bereitstellung von Kursinhalten, die Verwendung von Lernsoftware zur Unterstützung des Lernens und der Bewertung oder die Nutzung sozialer Medien und anderer Online-Tools zur Erleichterung der Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Lernenden und Lehrperson. Die Digitalisierung zielt darauf ab, die Effizienz und Effektivität des individuellen Lernprozesses zu verbessern und neue und innovative Möglichkeiten zu bieten, sich mit dem Lehrstoff auseinanderzuset- 10.2 Adaptives Unterrichten 155 <?page no="156"?> zen. Der Einsatz einer geeigneten Lernplattform, einer Konferenzsoftware oder die Verwendung von Tablets lässt sich daher gut in das Konzept des adaptiven Instruierens oder Unterweisens integrieren. Dazu müssen die äußeren Rahmenbedingungen und Regeln, wie z. B. wann, wie und zu welchen Aufgaben darf z. B. ein Tablet oder der Zugriff auf Informationen im Internet vorgenommen werden, geklärt und kommuniziert werden. Es muss geklärt werden welche Lernplattform verwendet wird und wie die entsprechenden Daten und Informationen zur Verfügung gestellt werden. Die Möglichkeiten für Feedback und Überprüfung des Lernfortschritts sind über digitale Konzepte vielfältig möglich. Die Vorgehensweisen sind transparent zu machen. 10.2.2 Micro-Ebene Der Begriff Mikroadaption lässt sich am besten definieren als kontinuierliches Einschätzen und Lernen darüber, was und wie gelehrt und unterrichtet wird. Mikroadaptionen sind entscheidend, sie repräsentieren eine direkte Rückmeldung durch die Lehrperson zu der Person, die lernt, und sie sind zutiefst psychologisch. Adaptives Vermitteln und Unterrichten nutzt nicht einen Ansatz oder eine Lehrformen für die Lernenden. Adaptive Lehrpersonen bewerten z. B. die unterschiedlichen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler in einem Kurs oder Seminar. In vielen Studien werden theoretischen Anforderungen an adaptives Lehren mit dem Begriffen Variation und Flexibilität (Corno, 2008) beschrieben. Diese beiden Verhaltensdimensionen werden für dieses Trainingsprogram aufgegriffen, um die Dimension Evaluation und Assessment erweitert und die dazu notwendigen Verhaltensweisen zugeordnet und beschrieben. Integration von interaktivem Präsentieren und adaptives Unterrichten führt zu effektivem Vermitteln von Fachinhalten. Interak v Adap v Effek ves Vermi eln von Fachinhalten 156 10 Konzeptioneller Rahmen für interaktives und adaptives Vermitteln von Fachinhalten <?page no="157"?> Das Konzept eignet sich, wenn man nicht nur traditionell Vortragen, sondern interaktiv und adaptiv Lehren und Lernen in seinem Kurs fördern möchte. Es werden daher zusätzlich zur Informationsvermittlung weitere Aktivitäten kombiniert, um die Studierenden zu befähigen, noch mehr Verantwortung für das eigene Lernen zu übernehmen. Um dies zu erreichen, benötigen Lehrpersonen effektive Fertigkeiten. Diese lassen sich sehr gut durch ein systematisch aufgebautes Microteaching-Trainingsprogramm erwerben, verfeinern, ergänzen und einüben. Im Folgenden werden alle konzeptionellen Komponenten für ein Microteaching-Trainingsprogamm beschrieben. Das Trainingsprogramm kann individuell genutzt werden, um die eigenen Fertigkeiten systematisch zu verbessern oder zu erweitern. 10.2 Adaptives Unterrichten 157 <?page no="158"?> 11 Das Trainingskonzept Konzept Microteaching und Komponenten des Trainings Wichtig für Hintergrundwissen nutzen Bezugsrahmen für Ziele, Inhalte und Planung Begriffliche Strukturen für die Analyse Kommunikative Situationen organisieren und analysieren Hypothesen und Entscheidungen generieren Reduzierung der Komplexität von Handlungen Handlungen ausführen Kontrolliertes Üben mit Videoaufzeichnungen Reflexion Auswirkungen von Handlungen zu reflektieren Tabelle 34: Konzept Microteaching-Trainings 11.1 Das Konzept Microteaching Das hier beschrieben Trainingsprogram verwendet das sehr erfolgreiche Konzept des Microteachings. Microteaching-Konzepte konzentrieren sich auf den gezielten Auf- und Ausbau spezifischer Lehrkompetenzen durch den Erwerb individueller Verhaltensweisen. Sie zeichnen sich häufig dadurch aus, dass sie auf eine klare Reihe von Zielverhaltensweisen ausgerichtet sind. Durch wiederholtes Üben sollen diese Zielverhaltensweisen neu erworben werden. Es ist aber auch möglich, Verhaltensweisen, die bereits im Repertoire sind, weiterzuentwickeln und zu verbessern. Diese Verhaltensweisen werden spezifisch beschrieben und in speziell konzipierten, vereinfachten und kontrollierten Laborsituationen geübt. Der Vorteil dieser Laborsituationen gegenüber normalen Situationen sind relativ sichere, risikofreie, ökonomisch hergestellte Übungsmöglichkeiten mit einem reduzierten Komplexitätsgrad. Diese fünfbis zehnminütigen Übungen finden in kleinen Gruppen von vier bis sechs Studierenden oder Lehrpersonen statt, in denen zuvor entwickelte Lehrstrategien, Lernfähigkeiten, Zielverhalten oder Praktiken durch wiederholtes Üben erlernt werden können. Zu diesem Prozess gehört ein intensives Feedback (Videoaufnahmen, <?page no="159"?> Beobachtungsverfahren, Rückmeldung durch einen Betreuer und/ oder durch die Gruppe). Diese Verfahren wurden an der Stanford University von Allen & Ryan (1969) entwickelt. Zu diesem Zweck wurde eine Reihe von Lehrfähigkeiten entwickelt, die als grundlegend angesehen werden. Es wurde schriftliches Material zum Erwerb dieser Verhaltensweisen mit theoretischen und praktischen Informationen und Modellfilmen erstellt. Die einzelnen Lehrfertigkeiten wurden in mehreren Übungssequenzen trainiert, die aus Erstversuch - Feedback anhand von Videoaufnahmen, Feedback (Aufsicht und Schüler) - Wiederholung und Feedback bestanden. Unabhängig davon wurde an der Universität Tübingen von Zifreund (1966) ein ähnliches Konzept entwickelt, das aus Hintergrundwissenstransfer, Erst- und Zweitversuch, Videoaufzeichnungen, Feedback von Supervisoren und Trainingsgruppe bestand. Das Training basierte auf weitgehender Selbstorganisation und Selbstverantwortung der Teilnehmenden, die in Kleingruppen von vier bis sechs Personen organisiert werden, dies ist einer der Hauptunterschiede zu dem Trainingskonzept in Stanford. Die Komponenten eines Microteaching-Trainingsprogramms: Praktische Übungen im Labor leisten somit einen wichtigen Beitrag zum Erwerb effektiver Verhaltensweisen und tragen somit zur Verbesserung des professionellen Verhaltensrepertoires bei. Praktische Übungen mit Feedback können auch mit anderen Methoden zu einem spezifischen Trainingsprogramm kombiniert werden. Wirksame Programme umfassen klare Wissens- und Kompetenzbereiche, die für den Erwerb und die Entwicklung effektiver kommunikativer Fähigkeiten und Fertigkeiten für interaktionsintensive Berufe erforderlich sind. Dazu gehören die folgenden fünf Fähigkeiten (Klinzing & Floden, 1991; Klinzing, 2002) • Die Fähigkeit, Hintergrundwissen zu nutzen. • Die Fähigkeit, begriffliche Strukturen von Interaktionsprozessen zur Analyse und Handlungsanleitung verwenden zu können. • Die Fähigkeit, Hypothesen zu generieren. • Die Fähigkeit, Handlungen angemessen auszuführen. • Die Fähigkeit, aus den Auswirkungen zu lernen (Reflexion). 11.1.1 Die Fähigkeit, theoretisches Hintergrundwissen zu nutzen und zu analysieren Theoretisches Hintergrundwissen bildet einen ersten Bezugsrahmen für die Ziele, Inhalte, Planung und Durchführung der Ausbildung. Wesentliche Hilfsmittel zur Vertiefung oder zum Erwerb von Wissen sind in der Regel Lektüre, 11.1 Das Konzept Microteaching 159 <?page no="160"?> Vorträge, Diskussionen sowie Lehr- und Lernvideos aus dem Internet. Reines Wissen, Einsichten, Einstellungen führen natürlich nicht zu einer Verhaltensänderung. Die Menschen verhalten sich oft nicht nach den von ihnen geäußerten Einsichten. Dennoch ist die Vermittlung von theoretischem Hintergrundwissen ein zentraler, erster Bestandteil der Ausbildung. Es muss eine Verbindung zwischen dem erworbenen Wissen und der Praxis hergestellt werden, die sich positiv auf die Praxis auswirkt. Die zu erwerbenden Zielverhaltensweisen beziehen sich auf fundierte Inhalte. 11.1.2 Die Fähigkeit, begriffliche Strukturen von Interaktionsprozessen zur Analyse und Orientierung zu nutzen Begriffe helfen uns, kommunikative Situationen zu organisieren und zu analysieren. Relevante Begriffe schaffen eine klare Vorstellung für Unterrichts- und Kommunikationsstrategien. Begriffe helfen uns auch, zu analysieren und neue Handlungsmöglichkeiten zu finden. Die Verwendung von zentralen Begriffen im Feedback ist äußerst hilfreich. Für den Erwerb von Begriffsstrukturen zur Organisation, Analyse und Durchführung von Interaktionen ist es wichtig, handlungsleitende Begriffe zu erwerben. Modelldemonstration und Beobachtungstraining werden als wichtige Methoden zum Erwerb solcher Begriffsstrukturen eingesetzt. Modelldemonstrationen können kurze Filme oder Videos, schriftliche Beschreibungen mit positiven oder negativen Beispielen des zu entwickelnden Verhaltens sein. Studien (Cruickshank & Metcalf, 1990; Klinzing & Tisher, 1993) zeigen, dass durch Modelldemonstrationen und den Einsatz von Beobachtungstechniken in Verbindung mit Hintergrundwissen klare Vorstellungen zur Handlungsführung in Interaktionssituationen effektiv aufgebaut und unterstützt werden können. Dies ist natürlich nur ein Baustein für den Erwerb effektiven Verhaltens. Es muss auch möglich sein, diese Verhaltensweisen in praktischen Übungen qualifiziert auszuführen. Dies ist umso wichtiger, wenn es sich um komplexe Verhaltensweisen handelt. Die Zielverhaltensweisen für Interkatives Präsentieren und Adaptives Vermitteln sind sehr komplex und werden in diesem Kurs systematisch mit Hilfe von Modelldemonstrationen erarbeitet. Dies wird zusätzlich geübt, indem die Beteiligten des Kurses gebeten werden, nach den praktischen Übungen Feedback zu den Zielverhaltensweisen zu geben und diese zu identifizieren. Alle werden aufgefordert, selbstständig Alternativen und Varianten zu den Zielverhaltensweisen zu entwickeln. Allgemeine Rückmeldungen wie „ Du bist toll “ oder „ Das hast du toll gemacht “ sollten nur zu Beginn oder am Ende verwendet werden. Danach sollte der Fokus auf der Diskussion der spezifischen Zielverhaltensweisen liegen. 160 11 Das Trainingskonzept <?page no="161"?> 11.1.3 Die Fähigkeit zur Hypothesenbildung und Entscheidungsfindung Die Vermittlung von Hintergrundwissen, eine klare Vorstellung vom Zielverhalten, abgesichert durch konzeptionelle Strukturen und die Durchführung in Form von praktischen Übungen im Labor und Feedback sind zentrale Aspekte des Microteaching. Die Reduktion der Komplexität des Zielverhaltens im Labor ist hilfreich. Im Labor ist auch ein schnelles und gezieltes Feedback möglich, das dort besser umgesetzt werden kann als im normalen Berufsalltag. Auch die Möglichkeit, das Verhalten wiederholt auszuführen und immer wieder zu analysieren, alternative Verhaltensweisen als Strategien auszuprobieren und die Konsequenzen zu beobachten, kann helfen, neues Verhalten und Verhalten als Routine zu entwickeln. Sind spezifische Lehr- und Interaktionsverhaltensweisen einmal identifiziert, kann die aktuelle Situation mit dem theoretischen Hintergrundwissen in Beziehung gesetzt werden. Mit Hilfe von Begriffen lassen sich die ausgeführten Handlungen und ihre Folgen bewerten. Wenn Begriffe zusätzlich zu Handlungsanweisungen verwendet werden, können sie mit klaren und konkreten Vorstellungen über das zugehörige Verhalten verbunden werden. So entstehen neue Möglichkeiten und Freiräume für die Generierung von Hypothesen und damit neue erfolgversprechende Handlungsoptionen. Hypothesen bilden eine Brücke zwischen der wissensbasierten Analyse der Situation und dem auszuführenden Verhalten. In einer Interaktionssituation müssen wir aber auch immer wieder Entscheidungen für den Gesamtprozess der Interaktion treffen. Es kann notwendig sein, die erfolgreichste zu wählen, um die Situation zu bewältigen. Mit Hilfe von Simulationen, Fallstudien oder „ kritischen Zwischenfällen “ (critical incident) kann die Hypothesenbildung und Entscheidungsfindung geübt werden. Diese Methoden zielen darauf ab, sich aktiv mit den gegebenen Situationen auseinanderzusetzen. Es ist notwendig, das Problem zu identifizieren, Hypothesen zu entwickeln, um zu einer Lösung zu gelangen und Entscheidungen über die beste Vorgehensweise zu treffen. Dieser Prozess hängt von der Komplexität der zu lösenden Probleme ab. Um effektiv mit Simulationen, Fallstudien oder kritischen Ereignissen arbeiten zu können, sind Hintergrundwissen und die Fähigkeit, eine Situation zu analysieren, erforderlich. Wichtig ist auch ein großes Verhaltensrepertoire zur Durchführung und Auswertung. Alle oben genannten Methoden helfen dabei, die Fähigkeiten zur Hypothesenbildung und Entscheidungsfindung zu entwickeln. 11.1 Das Konzept Microteaching 161 <?page no="162"?> 11.1.4 Die Fähigkeit, Handlungen sachgerecht auszuführen Handlungen sollen durch praktisches, kontrolliertes Üben und mit Hilfe von Microteaching angemessen ausgeführt werden. Die einzelnen Lehrfähigkeiten werden auf die gewünschte Unterrichtssituation oder auf eine andere Interaktionssituation (in der hier beschriebenen Ausbildung auf das Interaktive Präsentieren und Adaptive Vermitteln) bezogen. Um dies zu ermöglichen ist ein erster Test in Bezug auf ausgewählte Phasen des Trainingsprogramms durchzuführen mit anschließendem Feedback anhand von Videoaufnahmen. Dann wird ein zweiter Versuch unternommen, der die bereits im ersten Versuch gezeigten Phasen mit zusätzlichen neuen Phasen des Trainingsprogramms einschließt, und es wird erneut ein Feedback auf der Grundlage der Videoaufnahmen gegeben. In der zweiten Feedbackphase werden die Verbesserungen vom ersten zum zweiten Versuch gezielt analysiert. Falls Sie diese Vorgehensweise für eine Gruppe wählen, die ein Training durchlaufen soll, ist es wichtig, die Videoaufzeichnungen nach jedem Feedback zu löschen. Bewahren Sie keine Videoaufzeichnungen auf. Die Vergangenheit ist die Vergangenheit. Orientieren Sie sich an dem neuen Zielverhalten. Microteaching ist keine Methode, um Menschen zu überwachen und zu kontrollieren. Ziel ist es, das vorhandene Verhaltensrepertoire, um wirksame Verhaltensweisen zu erweitern, ggf. neue Verhaltensweisen zu erlernen, sich vorhandener wirksamer Verhaltensweisen bewusst zu werden oder diese weiter zu verfeinern und zu verbessern. Ziel des Trainings ist es nicht, unangemessenes oder unwirksames Verhalten zu verstärken, diese Verhaltensweisen gehören der Vergangenheit an. 11.1.5 Feedback in Bezug auf konkrete effektive Fähigkeiten Feedback spielt eine zentrale Rolle bei der Aneignung von Wissen, der Einübung konzeptioneller Strukturen, der Entwicklung klarer Vorstellungen über das Zielverhalten, der Entscheidungsfindung und der Analyse von Handlungsanweisungen mit Hilfe von Modelldemonstrationen oder Beobachtungstraining. Ohne die Fähigkeit, diese Prozesse zu reflektieren, ist ein effektiver und angemessener Einsatz nicht möglich und führt nicht zu einer produktiven Entwicklung der kommunikativen Kompetenz in Interaktionen. Feedback hilft, die Auswirkungen von Handlungen und deren Ausführung zu reflektieren. Feedback bezieht sich auf konkrete Zielverhaltensweisen. 162 11 Das Trainingskonzept <?page no="163"?> 12 Effektivität und Angemessenheit beim Erwerb von Verhaltensweisen und Fertigkeiten Effektivität und Angemessenheit sind zwei wichtige Merkmale beim Erwerb von kommunikativen Fähigkeiten für Interaktionsprozesse und interaktionsintensive Situationen, die beim Instruieren, Unterweisen und Vermitteln immer notwendig sind. Angemessenheit bedeutet, die richtigen Fähigkeiten im richtigen Maß, zur richtigen Zeit, auf die richtige Art und Weise und für den richtigen Zweck einzusetzen. Effektivität ist hier als eine Fertigkeit definiert, die dazu beiträgt, ein Ziel zu erreichen. Angemessenheit bedeutet, mit vielen und unterschiedlichen (Lehr-)Situationen und Methoden zurechtzukommen. Die Auseinandersetzung mit vielen unterschiedlichen Situationen und (Lehr-)Methoden ist auch ein Reifungsprozess. Je häufiger eine (ähnliche) Situation erlebt wird, desto eher (sofern Sie die jeweiligen Situationen reflektiert haben) lernt man damit umzugehen. Man kann es auch als „ Trial and Error “ beschreiben. Diese Vorgehensweise hat aber den Nachteil, dass es zu lange dauert, bis man über die geeigneten Fähigkeiten verfügt. Microteaching möchte diese Dauer des Erwerbs verkürzen. Microteaching ist daher eine Gelegenheit, spezifische Lehr- und Lernsituationen konkret einzuüben und zu lernen. Dies geschieht in einer Laborsituation. Dort gibt es die Möglichkeit eine spezifische Situation in einem geschützten Rahmen einzuüben. Es ist dabei nicht entscheidend, dass Fehler gemacht werden oder dass bestimmte Situationen nicht sofort gemeistert werden, entscheidend ist, dass wir aus diesen Situationen lernen. Allerdings muss die Reflexion mit effektiven Zielverhaltensweisen und Kompetenzen in Bezug gesetzt werden, ansonsten ist es sehr schwer daraus zu lernen. Der nächste wichtige Schritt besteht dann darin, das als unwirksam erkannte Verhalten zu ändern. Hier beginnt das Problem. Verhaltensweisen sind sehr stabil und manchmal schwer zu ändern. Aber gut konzipierte und gut strukturierte Microteaching-Trainingsprogramme, in denen die einzelnen Trainingskomponenten wie oben beschrieben aufeinander bezogen sind, und die konkrete Zielverhaltensweisen und -fertigkeiten zur Verfügung stellen, tragen dazu bei, den Weg für Verhaltensänderungen zu ebnen. Zur Angemessenheit gehört auch die Fähigkeit, Normen, die für eine Situation gelten, in einer Interaktion einzuhalten und zu respektieren. Effektive und angemessene Fähigkeiten in kommunikativen Situationen sind entscheidend für den Erfolg. <?page no="164"?> 13 Die Auswahl der Verhaltensdimensionen Verhaltensdimensionen Wichtig für Variation Kontextfaktoren und Variation der Lehrmethoden Flexibilität Prozesse in Bezug auf Ablauf und Beziehung Evaluation Assessment, Tests, Feedback Tabelle 35: Verhaltensdimensionen für das Training Um die Inhalte und Fertigkeiten für ein Trainingsprogramm zu entwickeln, ist es wichtig, die wesentlichen übergeordneten Komponenten und Dimensionen zu definieren, zu beschreiben und zusammenzufassen. Die Dimensionen bestimmen die Inhalte, die dazugehörenden Verhaltensweisen und Fertigkeiten für das Trainingsprogramm interaktives Präsentieren und adaptives Vermitteln von Fachinhalten. Verhaltensdimensionen dienen dabei als Kriterien für die Bewertung und Kategorisierung von diesen Interaktionen (Argyle, 2017; Rupp, 1998) und zum Aufbau von Handlungsfähigkeit in komplexen Situationen. Adaptives Vermitteln und Unterrichten nutzt nicht einen Ansatz oder eine Lehrformen für die Lernenden. Adaptive Lehrpersonen bewerten z. B. die unterschiedlichen Fähigkeiten der Lernenden in einem Kurs oder Seminar. Die Anforderungen an Lehrpersonen, um Adaption beim Vermitteln von Wissen zu nutzen, umfasst die von Corno (2008) genannten Dimensionen Variation, Flexibilität, die um die Dimension Evaluation/ Assessment ergänzt wurde. <?page no="165"?> 14 Die Inhalte des Trainingsprogramms Auswahl und Kombina on der Methoden • Rückblick • Präsenta on • Fragen • Individuelles Üben • Diskussion Kontex aktoren • Adressaten • Ziele • Inhalte • Digitalisierung Varia on Prozesse Beziehung • Freundlichkeit • Ermu gung • Empathie Prozesse Ablauf • Monitoring • Übergänge Flexibilität Assessment Evalua on Tests Feedback 14.1 Dimension Variation Die Variation umfasst zwei Subdimensionen, die Kontextfaktoren sowie die Methoden. Dabei bezieht sich die Subdimension Kontextfaktoren auf alle Aspekte in Bezug auf Organisation des Seminars/ Kurses sowie auf die Lernzeit und die notwendigen Medien. Die Organisation eines Kurses oder eines Seminars ist immer abhängig von den äußeren Rahmenbedingungen. Da die äußeren Rahmenbedingungen zu vielfältig sind, gibt es hier keine spezifischen Empfehlungen. Die Lernzeit ist abhängig vom Umfang der Inhalte, die vermittelt werden müssen, und der dafür vorgesehenen Zeit (z. B. im Curriculum), die dafür zu Verfügung steht. Die Subdimension Methoden bezieht sich auf unterschiedliche Methoden, die sich für das interaktive Präsentieren und das adaptive Unterrichten eignen. <?page no="166"?> 14.1.1 Kontextfaktoren für die Planung Wichtig bei der Planung von interaktivem und adaptivem Unterrichten ist sowohl das Individuum als auch die spezifische Gruppe zu berücksichtigen, der Fachinhalte vermittelt werden, damit man flexibel auf die jeweilige Situation reagieren kann. Für die Auswahl, Gewichtung und Reihenfolge der Inhalte und der Informationen sind folgend Faktoren bei der Planung zu berücksichtigen: Kontextfaktoren Wichtig für Adressaten Wer wird den Kurs besuchen? Welche Hintergründe, Erfahrungen und Ziele haben sie? Ziele Was sollen die Beteiligten am Ende des Kurses wissen oder erreichen? Inhalte Welche Themen werden im Kurs behandelt? Welche Inhalte werden ausgewählt? Ressourcen Welche Ressourcen (z. B. Videos, Literatur) sind notwendig, um diese Themen zu vermitteln? Format Wie wird der Kurs durchgeführt? Persönlich, online oder eine Kombination aus beidem? Digitalisierung Welche Lernplattform und digitalen Hilfsmittel stehen zur Verfügung? Lernort Welche Räume und Lernortet stehen zur Verfügung? Gibt es Lernorte außerhalb der Institution? Zeitplan Wie lange wird der Kurs dauern? Wie sieht der Zeitplan für die einzelnen Einheiten aus? Tabelle 36: Kontextfaktoren 14.1.2 Auswahl und Kombination der Methoden Für dieses Training wurden 5 Phasen, die unterschiedliche Methoden und Vorgehensweisen beinhalten, zum systematischen Einüben von spezifischen Verhaltensweisen und Fertigkeiten für das Trainingsprogramms ausgewählt und kombiniert. Die 5 Phasen orientieren sich an dem Modell von Rosenshine & Stephens (1986) der „ Direct Instruction “ und den von Rupp & Klinzing (1999, 2008) und Rupp (2021) entwickelten Microteaching-Kurs Direkte Unterweisung. (Die ausgewählten Phasen werden ausführlich in Bezug auf Zweck der Phase, effektive Verhaltensweisen und Fertigkeiten sowie dazu entwickelte Übungen zum Einüben konkret beschrieben. In allen Phasen könnten weitere Variationen 166 14 Die Inhalte des Trainingsprogramms <?page no="167"?> eingebaut werden. So können z. B. für Phase 2 noch mehr interaktive Möglichkeiten verwendet werden. Phase 3 und Phase 4 können z. B. durch eine problemorientierte Aufgabe ergänzt werden. Phasen Zweck der Phase Phase 1: Rückblick/ Beginn Missverständnisse klären, Überprüfung der Vorgehensweise Phase 2: Interaktive Präsentation, Demonstration und Vermittlung neuer Inhalte Neue Inhalte einführen, Interesse wecken Phase 3: Üben durch Fragen Fehler korrigieren, Adaption Phase 4: Üben durch individuelles Arbeiten Einüben der Inhalte, Adaption Phase 5: Vertiefen durch Diskussion Vertiefung des Wissens, Erhöhen der Behaltensleistung Tabelle 37: Phasen des interaktiven und adaptiven Vermittelns von Inhalten Nach Rosenshine & Stephens (1986) Phase 1: Rückblick/ Beginn Zweck dieser Phase: Regelmäßige Wiederholungen dienen dazu, Irrtümer/ Missverständnisse zu klären und wichtige, nicht verstandene bzw. nicht behaltene Bereiche der Inhalte zu lernen bzw. aufzufrischen. Wiederholungen dienen der Überprüfung, ob das eigene Vorgehen als Lehrperson nicht zu schnell und/ oder zu langsam ist. Spielarten für Rückblick, Wiederholung, Klärung von Missverständnissen, Korrekturen: • Wiederholung der Inhalte bzw. zentralen Begriffe in Form einer Präsentation. • Fragen nach zentralen Begriffen oder grundlegenden Fertigkeiten. • Kurzes Abfragen (schriftlich oder mündlich) der Inhalte aus de(r)n letzten Schulungen. • Wiederholung der Inhalte in Kleingruppen (2 - 4 Personen) (z. B. mit Arbeitsblättern). • Fragen der Anwesenden zum Inhalt der letzten Schulung an die Lehrperson stellen. 14.1 Dimension Variation 167 <?page no="168"?> Übung: Bitte finden Sie weitere Spielarten für Rückblick, Wiederholung und Klärung von Missverständnissen. Phase 2: Interaktive Präsentation und Demonstration neuer Inhalte Zweck dieser Phase: Neue Inhalte einzuführen und vorzustellen sowie Interesse und Motivation zu wecken. Wichtig bei der Präsentation von neuen Inhalten ist Klarheit, Einprägsamkeit sowie Interesse und Motivation. In Kapitel 4 und 5 sind weitere wichtige Verhaltensweisen und Fertigkeiten ausführlich beschrieben. Für dieses Training wurden gezielt aus diesen Kapiteln die weiter unten beschriebenen wichtigen kommunikativen Verhaltensweisen ausgewählt. Die Verwendung dieser Fertigkeiten verbessert die Präsentation deutlich und sind für die Vermittlung neuer Inhalte wichtig. Die hier genannten Verhaltensweisen haben dabei unterschiedliche Funktionen bei der Vermittlung von Wissen. Einmal helfen sie mit, eine bessere Struktur zu erzeugen, helfen das Wissen zu festigen und zu vertiefen sowie Interesse und Motivation zu wecken. 1. Ausgewählte Fertigkeiten für Klarheit und Einprägsamkeit für die Präsentation A. Überblick geben Die kurze Darstellung der wesentlichen Vortragsinhalte, die Offenlegung der Gliederung, bietet einen Fokus für die Zuhörer und Zuhörerinnen an, sie richtet die Gedanken, die Aufmerksamkeit auf den Gedankengang der Präsentation, dessen wesentliche Punkte und deren Verknüpfung. B. Verwendung vielfältiger Beispiele Durch Beispiele werden noch unbekannte Informationen, Begriffe etc. auf das bereits vorhandene Wissen, den Erfahrungshintergrund etc. der Adressaten bezogen (besonders effektiv ist dies, wenn die Beispiele aus dem Erfahrungs-/ Wissenshintergrund der Adressaten gewählt werden). C. Verwendung von Analogien (aus dem Erfahrungsbereich der Anwesenden) Eine Analogie ist ein Vergleich zwischen zwei Dingen, die zwar unterschiedlich sind, aber in bestimmten Aspekten oder Eigenschaften Ähnlichkeiten aufweisen. 168 14 Die Inhalte des Trainingsprogramms <?page no="169"?> D. Zusammenfassung eines Beitrags Der Beitrag eines Teilnehmers/ in wird zusammengefasst und die wichtigen Punkte nochmals für alle dargestellt. E. Zusammenfassung am Ende Präsentation In einer Zusammenfassung am Ende einer Präsentation werden die Informationen in komprimierter Form, wird der Kern der Information, der Hauptgedankengang nochmals dargestellt. F. Schritt für Schritt vorgehen Das Wissen wird sehr kleinteilig, hochstrukturiert Schritt für Schritt vorgetragen. Alle Schritte sind von großer Bedeutung, ansonsten werden die Inhalte nicht verstanden oder man kann die Inhalte später nicht auf bestimmte Probleme anwenden. Eine Schritt-für-Schritt-Vorgehensweise eignet sich für naturwissenschaftliche Fächer. G. Verwendung von Visualisierungen Abbildungen und Visualisierungen haben folgende Funktionen: Hilfe beim Behalten, Verknüpfungen zu bereits vorhandenem Wissen können geschaffen werden, das Verstehen schwer verständlicher, komplexer Sachverhalte wird durch Abbildungen erleichtert sowie Organisieren und Strukturieren der Inhalte. H. Strukturierung Strukturstützen sind Hinweise und Hilfen, die den Aufbau/ die Organisation/ den Gedankengang einer Präsentation für die Anwesenden explizit machen. I. Überprüfung, ob die Informationen verstanden worden sind Durch das Stellen von Fragen an die Zuhörer und Zuhörerinnen kann überprüft werden, ob alle Vortragsinhalte verstanden und die Hauptpunkte und der Hauptgedankengang behalten worden sind. Wenn solche Fragen systematisch gestellt werden, wirken sie wie eine Nachstrukturierung Übung: Bitte ordnen Sie die genannten Fertigkeiten den folgenden beiden Gruppen zu: 1. Bildung einer Struktur oder 2. Verbesserung der Einprägsamkeit und Üben (Festigung des Wissens). 14.1 Dimension Variation 169 <?page no="170"?> 2. Motivation und Interesse wecken Bei der Präsentation der neuen Inhalte ist es wichtig, Aufmerksamkeit zu schaffen, Interesse zu wecken und Enthusiasmus zu zeigen (siehe ausführlich Kapitel 5). Durch die Verwendung und Variation vielfältiger Mittel soll Aufmerksamkeit und/ oder Interesse erzeugt werden. Dies wird vor allem zu Beginn einer Unterrichtsstunde oder eines neuen Abschnittes eingesetzt. Mögliche Mittel dabei sind: • Visualisierung (ausführlich siehe Kapitel 8) • Audio • Computer-Simulation • Live-Demonstration • Video (YouTube Filme) • Zeigen eines einzigartigen Bildes • Anfertigen eines Tafelbildes • Herausfordernde Frage stellen • Provozierende Frage stellen (auf die Frage muss keine korrekte Antwort folgen) • Humorvolle Bemerkung Bei der Präsentation der Inhalte ist nicht nur die verbale Ebene wichtig, sondern auch die nonverbale Ebene. Zeigen Sie Enthusiasmus durch nonverbales Verhalten (ausführlich siehe Kapitel 5.3.4). 3. Enthusiasmus Nachdem die Neugierde der Anwesenden geweckt ist, gilt es, dieses Momentum zu nutzen und Enthusiasmus zu zeigen durch eine Variation in der Körperhaltung, des Blickkontaktes, der Stimme und der Gestik. • Körperhaltung (angemessene, funktionale Bewegung zu den Anwesenden) • Blickkontakt (Augen gehen zu der Person, mit der man spricht, alle im Blick haben) • Stimme (Variation und Wechsel in der Stimme) • Gestik (funktional und ausdruckstark) Ausführliche Beschreibung des nonverbalen Verhaltens findet sich ausführlich in Kapitel 7. Übung: Finden Sie weitere Mittel für die Visualisierung der Informationen oder der Daten, die vermittelt werden. 170 14 Die Inhalte des Trainingsprogramms <?page no="171"?> Phase 3: Gemeinsames Üben durch Fragen sowie Feedbackreaktionen auf Antworten Zweck dieser Phase: Angeleitetes Einüben in kontrollierter Situation, in der es möglich ist, Fehler zu korrigieren. Überprüfung, ob der Stoff verstanden ist und zum nächsten Schritt übergegangen werden kann, oder ob Teil des Stoffs wiederholt werden müssen. Üben wird durch Fragen/ Aufforderungen mit Feedbackreaktionen bzw. Korrekturen angeregt und gelenkt. Fragen und Sondierungen stellen eine Möglichkeit dar, um den Lernprozess zu unterstützen. Die Teilnehmer/ innen sollen über das präsentierte Material nachdenken, damit arbeiten und gegebenenfalls eine Handlung ausführen. 1. Gemeinsames Üben Das mündliche Üben erfolgt durch • enge/ geschlossene Fragen, • weite/ offene Fragen oder • Sondierungsfragen. Man kann enge/ geschlossen Fragen nutzen. Enge/ geschlossene Fragen sind dadurch charakterisiert, dass sie eine einzige oder eine limitierte Anzahl von richtigen Antworten haben. Ein Beispiel dafür ist: „ Was ist 20: 5? “ . Weite/ offene Fragen auf der anderen Seite können mehrere richtige Antworten haben und lassen sich nicht mit einem Wort oder einer Aussage beantworten. Ein Beispiel dafür ist: „ Was bedeutet der Begriff ‚ Demokratie ‘ für Sie? “ Sondierungsfragen können für ein gezieltes Nachfragen verwendet werden oder um die Antworten zu vertiefen. Dies können dann z. B. „ Warum-Fragen “ sein, wenn man ein Konzept oder eine Antwort vertiefen möchte. Ein Beispiel dafür ist: „ Warum ist die Regierungsform ‚ Demokratie ‘ wichtig? “ Für das Vertiefen kann man die Verhaltensweisen Klären und Erweitern nutzen. Die Lehrperson bittet jemanden, die Antwort zu „ klären, zu vertiefen oder umzuformulieren “ . Die Lehrperson möchte besser verstehen, was gesagt wurde. Die Lehrperson versucht die Antwort zu erweitern, indem er bittet, weitere Informationen hinzuzufügen. Ein Beispiel dafür ist: „ Gibt es noch weitere Beispiele zu dem, was gesagt wurde? “ 14.1 Dimension Variation 171 <?page no="172"?> Übung: Enge/ geschlossen oder weite/ offen Fragen. Bitte klassifizieren Sie die folgenden Fragen nach geschlossen (G) oder offen (O): Wie heißt die Hauptstadt von Frankreich? Warum sind Präsentationen häufig so langweilig? Welche Bedeutung hatte Paris im Mittelalter für Europa? Nennen Sie vier verschiedenen Ebenen des Feedbacks, die in diesem Kurs bereits angesprochen wurden! Welche sind die Dimensionen des Modells „ Interaktives adaptives Unterrichten? “ Welche Bedeutung kommt der Kommunikation beim Unterrichten zu? Haben Sie Ideen, auf welche Weise das Studium an der Hochschule verbessert werden kann? Was ist Ihre Meinung zur Einführung von neuen Tests an der Universität? Welche Funktionen haben weite Fragen vermutlich in Diskussionen? Zählen Sie bitte die Vorteile des „ Interaktiven adaptiven Unterrichtens “ auf, so wie sie in diesem Kurs ausgeführt worden sind! 2. Feedbackreaktionen auf Antworten Beim Einüben spezifischer Inhalte sind auch die Feedbackreaktionen der Lehrpersonen auf die Antworten wichtig. Das Einüben soll schnell und zügig vorangehen. Nutzen Sie das „ Momentum “ . Ein zu langes Verweilen bei Einzelnen ist hier nicht vorgesehen. In der Tabelle sind mögliche Feedbackreaktionen der Lehrperson auf Antworten formuliert, damit das „ Momentum “ aufrechterhalten werden kann. Antwort: Feedbackreaktion Vollständig, richtig, sicher und schnell Deutliche Richtigkeitsbestätigung mit Formulierungen wie: „ ja, richtig “ , gut “ Richtig, zögerlich, teilweise begründet Oder teilrichtig Die Inhalte nochmals erklären wie man zu einer richtigen Lösung kommt bzw. Fragen danach (Sondierungsfragen) Teilweise falsch, jedoch nur Flüchtigkeitshinweis Antwort korrigieren und gegebenenfalls neue Frage stellen oder die Frage an die anderen weitergeben 172 14 Die Inhalte des Trainingsprogramms <?page no="173"?> Antwort: Feedbackreaktion Falsch, aufgrund von Lücken im Wissen Oder: Ich-weiß-nicht-Antwort Frage selbst beantworten und die richtige Antwort geben, Hinweise geben wie man zur richtigen Lösung kommt, nochmals unterrichten Keine Antwort Weitermachen, nochmals unterrichten Tabelle 38: Feedbackreaktionen auf Antworten Tabelle adaptiert und übersetzt mit freundlicher Genehmigung von G. Borich (2015) Übung: Feedbackreaktionen Bitte ordnen Sie den Antworten die angemessenen Feedbackreaktionen zu. Bitte formulieren Sie die Feedbackreaktionen in wörtlicher Rede. (In manchen Situationen sind mehrere Möglichkeiten als Antwort angemessen.) Beispiel 1: Wir haben die zugrunde liegenden Prinzipien einer Erklärung bzw. einer Instruktion durchgesprochen. Könnten Sie diese nochmals nennen? Antwort: Schaffung einer klaren Struktur und Vorstellung des Wissens. Schritt für Schritt vorgehen. Verknüpfung mit bereits Bekanntem, Üben des Wissens, damit es verfügbar wird. (Die Antwort wird vollständig, richtig und sicher gegebenen.) Formulieren Sie bitte Ihre Feedbackreaktionen: Beispiel 2: Wie wird das hier vorgestellte Modell diesen Prinzipien gerecht? Antwort: Üben kommt vor, … äh, … Stoff wird klar präsentiert, dann kommt glaube ich irgendwas mit kleinen Schritten und … äh, … Verknüpfung nicht vergessen. (Die Antwort wird teilrichtig, aber zögernd und unsicher gegeben.) Formulieren Sie bitte Ihre Feedbackreaktionen: Beispiel 3: Welche Funktion haben geschlossene Fragen? Antwort: Fragen schaffen eine klare Struktur. (Die Antwort ist falsch, hier jedoch nur ein Flüchtigkeitsfehler) Formulieren Sie bitte Ihre Feedbackreaktionen 14.1 Dimension Variation 173 <?page no="174"?> Beispiel 4: Was bedeutet es, wenn nur 30 - 40 % der Fragen richtig beantwortet werden? Antwort: Dass der Unterrichtsstoff richtig verstanden worden ist. (Die Antwort ist falsch und wird aufgrund von Lücken in Wissen oder fehlerhaften Denkprozessen gegeben.) Formulieren Sie bitte Ihre Feedbackreaktionen Beispiel 5: Sie wollen das Modell „ Adaptive Teaching “ im Unterricht anwenden. Erklären Sie die wesentlichen Dimensionen des Modells! Antwort: Sie erhalten keine Antwort Formulieren Sie bitte Ihre Feedbackreaktionen Phase 4: Individuelles Üben (Individuell, mit zwei Personen oder in Kleingruppen/ Buzzgruppen) Zweck der Phase 4: Automatisierung des neuen Wissens (damit es nicht mehr nötig ist, jeden Schritt bei der Lösung der Aufgaben zu durchdenken). Vertiefung der neuen Inhalte durch die Beteiligten selbst. Wenn alle einige Sicherheit mit dem neuen Inhalt erreicht haben (d. h. ca. 80 % der Fragen in Phase 3 richtig beantwortet haben), beginnt die Phase des individuellen Übens. Sie findet zumeist als „ Stillarbeit “ zu zweit oder in kleinen Gruppen aufgrund von Arbeitsblättern oder Anweisungen statt. Bei der Umsetzung dieser Phase hat sich dabei folgende Vorgehensweise bewährt. Man beginnt zuerst mit dem individuellen Arbeiten, geht dann nach einer gewissen Zeit (je nach Umfang der auszuführenden Arbeiten) zu Zweiergruppen oder auch zur Kleingruppenarbeit über. Zweck dieser Vorgehensweise ist es, Zeit zu geben, die Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten, um dann erst zu zweit oder in der Kleingruppe die Inhalte zu vertiefen, Probleme zu klären und gegenseitiges Abfragen zu ermöglichen. 1. Aufgaben und Fertigkeiten vor dem Üben - Erstellen von Übungsmaterial (Hilfestellung für das Vorgehen beim Erlernen des Materials bzw. der Aufgabe geben). - Klare Instruktionen zu den Aufgaben geben, bevor das individuelle Üben beginnt. 174 14 Die Inhalte des Trainingsprogramms <?page no="175"?> - Regeln einführen, die während des individuellen Übens gelten sollten, z. B. wie bekommt man Hilfe, wie geht es weiter, wenn jemand mit seinen Übungen fertig ist, genügend Zeit zum erfolgreichen Üben der Aufgaben einplanen. 2. Aufgaben und Fertigkeiten während des Übens - Lehrperson geht von Gruppenmitglied zu Gruppenmitglied und beaufsichtigt die Arbeit; dabei werden jedoch immer alle im Auge (Monitoring) behalten. Dabei wird Feedback gegeben, werden Prozess-Fragen gestellt und wenn nötig, kurze Erklärungen bzw. Hilfen gegeben. Die Kontakte mit den einzelnen Personen sind kurz (30 Sek. - 1 Min.). Wenn längere Kontakte nötig sind, war die Erklärung des neuen Stoffes und deren Einübung nicht ausführlich oder gut genug. 3. Arbeiten zu zweit/ Kleingruppenarbeit - Gegenseitige Hilfe findet auch beim Arbeiten zu zweit oder in Kleingruppenarbeit statt und ist erwünscht. Hierbei werden nicht nur soziale Ziele wie z. B. Zusammenarbeit erreicht, sondern es werden auch die fachlichen Inhalte weiter vertieft, indem Informationen ausgetauscht werden. Die Gruppenbildung kann durch die Lehrperson erfolgen mit dem Ziel, dass die soziale Interkation zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern weiter verbessert wird. Übung: Welche Aufgaben und Fertigkeiten müssen die Lehrpersonen vor der Phase des individuellen Übens planen und berücksichtigen? Welche Aufgaben und Fertigkeiten müssen die Lehrpersonen während der Phase des individuellen Übens planen und berücksichtigen? Phase 5: Vertiefung durch Diskussion Zweck der Phase 5: Vertiefung der präsentierten Informationen und die durch individuelle oder in Kleingruppen erarbeiteten Ergebnisse. Dies steigert die Aneignung des Lernstoffes und erhöht die Behaltensleistung. Diskussion eignet sich ebenfalls, um soziales Verhalten zu verbessern, soziale Kompetenz zu erwerben, Einstellungen zu ändern und soziale Interaktionen in einer Gruppe positiv zu erfahren und zu nutzen. Ausführlich siehe Kapitel 9.8. 1. Aufgaben zu Beginn der Diskussion - Es gilt alle Beteiligten inhaltlich auf einen Informationsstand zu bringen, der es ihnen erlaubt, wirklich fundiert mitzudiskutieren. Ausgangspunkt 14.1 Dimension Variation 175 <?page no="176"?> sind die in den vorherigen Phasen vermittelten Inhalte. Nur dann sind Diskussionen effektiv! Ist das Thema neu, muss es in anderen Formen (Vortrag, Lektüre, Einzel- oder Partnerarbeit, Filme, Videos) inhaltlich erarbeitet werden, bevor es diskutiert werden kann. - Auch wenn die inhaltlichen Grundlagen gelegt worden sind, empfiehlt es sich, in einer kurzen Einführung die wesentlichen Inhalte nochmals am Beginn der Diskussion in Erinnerung zu rufen. - Einführung in die Diskussionsinhalte: Einleitung zur eigentlichen Diskussion durch eine weite, offene Ausgangsfragen. - Die Hinführung zum Thema und die Ausgangsfrage müssen klar und präzise sein. Unklare Einführungen und unklare Fragen führen nicht zur Vertiefung der Inhalte, sondern zu einer Diskussion, was eigentlich diskutiert werden soll. - Das Ziel der Diskussion nennen. 2. Aufgaben während der Diskussion - Es gilt während der Diskussion den Prozess aufmerksam zu begleiten und gegebenenfalls durch folgende Maßnahmen zu unterstützen: - Initiieren, Anregen von inhaltlichen Beiträgen; - inhaltliche Strukturierung der Diskussion; - Hilfestellung bieten beim Ausdruck oder der Weiterentwicklung von Gedanken einzelner Diskussionsteilnehmer; - für die inhaltliche und formale Richtigkeit der Beiträge sorgen; 3. Aufgaben am Schluss der Diskussion - Zusammenfassen der wichtigsten Ergebnisse; - jemanden aus der Gruppe auffordern die Ergebnisse zusammenzufassen; - schriftliche Sicherung der Ergebnisse der Diskussion, wenn notwendig. Übung: Formulieren Sie eine klare, präzise weite Frage für den Beginn einer Diskussion. 14.2 Dimension Flexibilität Die Dimension Flexibilität umfasst die Subdimension Ablaufprozesse und die zwischenmenschlichen Prozesse des Unterrichtens. Dazu gehören das Monitoring, die Übergänge zu verschiedenen Aktivitäten und die Gestaltung der Beziehung zu den Einzelnen und zu der Gesamtgruppe. Effektive Lehrpersonen berücksichtigen die unterschiedlichen Fähigkeiten der Einzelnen in einem Kurs/ Seminar. 176 14 Die Inhalte des Trainingsprogramms <?page no="177"?> Beim Durchführen der oben beschriebenen verschiedenen Phasen ist die Lehrperson gefordert, flexibel zu sein. Gute und erfolgreiche Lehrpersonen schätzen die Vielfalt der Talente im Seminar/ Kurs. Guter Unterricht verwendet nicht einen Ansatz und ein Arrangement für alle. Zu den Verhaltensweisen der Dimension Flexibilität gehören das Monitoring/ Beobachtung, die Übergänge und Beziehung zu den Einzelnen und zur Gruppe. 14.2.1 Monitoring Eine wichtige Verhaltensweise, um Studierende im Lernprozess zu fesseln, beinhaltet Monitoring (Beobachtung) und Überprüfung. Es ist die Fähigkeit, viele, wenn nicht alle Aspekte während des Unterrichtens simultan wahrzunehmen. Die Lehrperson beobachtet mehr als eine Aktivität des Kurses. Kounin (1976) beschreibt diese Fähigkeit als „ withitness “ , was nichts anderes bedeutet als „ Allgegenwärtigkeit “ . Die Lehrpersonen haben sprichwörtlich „ Augen im Hinterkopf “ . Da wir darüber nicht verfügen, sind andere Wege notwendig, um die „ Allgegenwärtigkeit “ während des Unterrichts zu zeigen. Übung: Finden Sie Verhaltensweisen, die Ihrer Meinung nach, die Allgegenwärtigkeit der Lehrperson gegenüber den Studierenden zum Ausdruck bringen. Jeweils für die verbale und die nonverbale Ebene. 14.2.2 Übergänge • Effizienter Wechsel von unterschiedlichen Aktivitäten • Aufmerksamkeit aufrechterhalten • Klare Erwartungen in Bezug auf das Verhalten formulieren Übergänge beschreiben den effizienten Wechsel von unterschiedlichen Aktivitäten, die innerhalb einer Unterrichtsstunde oder eines Projektes notwendig sind. Evertson & Emmer (2013) konnte zeigen, dass es schwierig ist von einer instruierenden Aufgabe, wie z. B. einem Vortrag oder einer Diskussion, zu einer organisatorischen (nicht instruierenden) Aufgabe, z. B. das Austeilen von Unterlagen oder Material, zu wechseln, ohne viel Zeit zu verlieren. Es ist aber nicht nur die Zeit, die verloren geht, sondern auch die Aufmerksamkeit der Studierenden. Zusätzlich kann es auch zu Unterbrechungen kommen, auf die man keinen Einfluss hat (z. B. Störungen von außen). Weniger effektive Lehr- 14.2 Dimension Flexibilität 177 <?page no="178"?> personen haben große Schwierigkeiten die Aufmerksamkeit der Schüler aufrechtzuerhalten im Gegensatz zu effektiven Lehrpersonen. Dazu gehören z. B. der Wechsel von einer Präsentation zu Stillarbeit, von einer Diskussion zu einer Erklärung oder von einer Präsentation zu einer Diskussion. Die Probleme während dieser Übergänge werden aus zwei Gründen erzeugt: der Mangel an Bereitschaft auf Seiten der Lernenden die nächste Aktivität auszuführen und unklare Erwartungen in Bezug auf angemessenes Verhalten während des Überganges. Übung: Effektive Verhaltensweisen bei Problemen während eines Überganges in einer aufgabenorientierten Aktivität. Bitte formulieren Sie für die hier genannten Situationen Anweisungen/ Maßnahmen in wörtlicher Rede: 1. Die Studierenden sind laut beim Beginn des Überganges: Anweisungen/ Maßnahmen: 2. Studierende verbünden sich während des Überganges, um den Start der nächsten Aktivität zu verhindern. Anweisungen/ Maßnahmen: 3. Einzelne Studierende sind mit ihren Aufgaben vor der benötigten Zeit fertig und stören die anderen. Anweisungen/ Maßnahmen: 4. Die Studierenden arbeiten weiter an der vorhergehenden Aktivität nach dem Wechsel. Anweisungen/ Maßnahmen: 5. Bei einigen Studierenden verzögert sich die Fertigstellung der Aktivität im Vergleich zu den anderen Schülern. Anweisungen/ Maßnahmen: Mögliche Lösungen: Zu 1. Die Lehrperson etabliert eine Regel, dass Sprechen nicht erlaubt ist zwischen den Übergängen, anerkennend, dass es schwierig ist, einen gewissen Lärmpegel zu ertragen/ erlauben und es dabei zu belassen. Zu 2. Die Lehrperson erlaubt/ gibt keine weitere Zeit als notwendig für die notwendige Aktivität. Z. B. Unterlagen wegräumen, neues Material holen/ bereitstellen. Zu 3. Die Lehrperson hat weitere Aufgaben vorbereitet, um die freie Zeit zu füllen. Zu 4. Die Lehrperson gibt vor der zu Ende gehenden Aufgabe eine Information: noch 5 Minuten; noch 2 Minuten etc. Verbale Äußerungen: in Kürze sind wir fertig, machen weiter. Deutlich machen: dies ist das Ende der Aktivität 178 14 Die Inhalte des Trainingsprogramms <?page no="179"?> Zu 5. Die Lehrperson wartete nicht auf diejenigen, die den Prozess verzögern. Wenn die nächste natürliche Pause kommt, sprechen Sie mit den Studierenden, und machen sie darauf aufmerksam, dass sie jetzt stoppen müssen und zur nächsten Aktivität wechseln. Sie erkennen, an was es liegt: mangelnde Motivation, Material nicht vorbereitet, ablenkende Tätigkeiten. 14.2.3 Beziehung zu den Einzelnen und der Gruppe Eine produktive gegenseitige Beziehung mit Einzelnen und der Gesamtgruppe sind ausschlaggebend für kognitive Prozesse und gegenseitige Kooperation. Dies wird erreicht durch Freundlichkeit, Ermutigung und Empathie sowohl auf der verbalen als auch nonverbalen Ebene. Freundlichkeit • Freundlichkeit hat viele mögliche Ausdrucksformen und Facetten, dazu gehören ganz unterschiedliche psychologische Merkmale wie Rücksichtnahme, Verstehen, Emotionalität und Bestätigung. Bestätigung sehen Watzlawick et al. (1985) als die wichtigste Voraussetzung für die geistige Stabilität und Entwicklung eines Menschen. Freundlichkeit ist für uns immer mit etwas Großem und Universellen verbunden, da Gefühle ausgelöst werden. Auch gegenüber den Studenten und Studentinnen spielt Freundlichkeit eine große Rolle. Darüber hinaus hat sie eine positive Wirkung auf kognitive Prozesse und gegenseitige Kooperation (Tausch & Tausch, 1998). Freundlichkeit bedeutet auch, für die Situation, in der sich jemand befindet, Verständnis zu zeigen. • Freundlichkeit zeigt sich während des Unterrichts unter anderem auf folgende Weise: - Begrüßung und Verabschiedung der Anwesenden als ein Akt der Aufmerksamkeit - Ansprechen in der Pause - Freundliche Wortwahl wie z. B. „ Ich freue mich, dass Sie da sind “ . „ Ich freue mich auf die folgenden Stunden, um mit Ihnen gemeinsam zu arbeiten “ . - Nonverbales Verhalten wie z. B. „ Lächeln “ bei der Begrüßung. Blickkontakt beim Vortragen oder beim Zuhören. Übung: Formulieren Sie weitere Akte der Freundlichkeit gegenüber Studierenden in einer Unterrichtssituation. 14.2 Dimension Flexibilität 179 <?page no="180"?> Ermutigung • Ermutigendes Verhalten vonseiten der Lehrperson kann einen sehr positiven Beitrag für die gesamte Stimmung in einem Kurs leisten. Ermutigendes Verhalten hat einen positiven Einfluss auf kognitive Prozesse und auf das kooperative Verhalten der Studenten und Studentinnen. Es fördert darüber hinaus die gegenseitige Hilfsbereitschaft und steigert die Fähigkeit zum kreativen Lösen von Aufgaben und Problemen. Positive Wirkungen lassen sich auch in Bezug auf die Leistungsbereitschaft und auf die zwischenmenschlichen Beziehungen feststellen. • Ermutigung zeigt sich während des Unterrichts unter anderem auf folgende Weise: - Jemanden ermutigen, einen Beitrag zu konkretisieren, - Jemandem Mut zu zusprechen, um das Wort zu ergreifen, - Ermutigende Äußerungen formulieren, dass ein Problem bald gelöst ist. Übung: Formulieren Sie weitere Akte der Ermutigung gegenüber Studierenden in einer Unterrichtssituation. Empathie • Empathie ist die Fähigkeit, an den Erfahrungen anderer zu partizipieren und sich in die Rollen des anderen kognitiv und emotional hineinzuversetzen (DeVito, 1982). Empathie zeigt sich z. B. durch aktives Zuhören und verbale Erwiderungen, die deutlich machen, dass man die Gefühle und Situation des anderen versteht, in der er sich befindet. - Empathie zeigt sich während des Unterrichts unter anderem auf folgende Weise: - die Äußerungen von Einstellungen und Werthaltungen zu einem Thema, - Verantwortung für seine eigenen Gefühle und Gedanken übernehmen, - das Reflektieren von Gefühlen. Übung: Formulieren Sie weitere Akte der Empathie gegenüber Studierenden in einer Unterrichtssituation. 180 14 Die Inhalte des Trainingsprogramms <?page no="181"?> 14.3 Dimension Evaluation Die Dimension Evaluation umfasst Assessment, Tests und Feedback. Black et al. (2004) unterscheiden zwischen formativer und summativer Beurteilung, dabei wird die Beurteilung für den Lernprozess als formativ und die Beurteilung des Gelernten als summativ bezeichnet. Zum Unterrichten gehört auch die Evaluation der Leistungen der Lernenden. Dies kann zu Beginn des Kurses oder am Ende der Veranstaltung sein. Drei wesentliche Merkmale werden hier berücksichtig, die sich teilweise überschneiden beim Zeitpunkt oder bei der Art und Weise, wie diese Formen der Evaluation eingesetzt werden. 14.3.1 Assessment Die Feststellung über welche Qualifikation die Einzelnen verfügen, wird auf der institutionellen Ebene durchgeführt. Dieser Leistungsnachweis kann ein Zeugnis sein (z. B. die Hochschulreife) um Zugang zu einer Institution zu bekommen, das erfolgreiche Abscheiden in einem Vorkurs z. B. in Mathematik, um einen Studienplatz zu erhalten, ein Sprachtest (z. B. TOEFL-Test), um an einem Studiensemester im Ausland teilnehmen zu können oder auch das erfolgreiche Abschneiden in einem Assessment-Center. Im europäischen und internationalen Rahmen wird die Anerkennung der Qualifikation durch die ENIC-NARIC- Netze (ENIC (Europäisches Netz der Informationszentren in der Europäischen Region) und NARIC (Nationale Informationszentren für die akademische Anerkennung in der Europäischen Union) geregelt und organisiert. Der EQR- Rahmen (Europäischer Qualifikationsrahmen) ist ein Qualifikationsrahmen, der mit 8 Niveaustufen arbeitet. Der EQR soll in der EU für Transparenz sorgen und die verschiedenen Abschlüsse in der EU vergleichbar machen. Auf der Seminar- oder Kursebene kann man z. B. durch einen Fragebogen oder einen Eingangstest die Kompetenzen oder Fertigkeiten abfragen. Auf der Seminar- oder Kursebene kann man z. B. durch einen Fragebogen oder einen Eingangstest verschiedene Kompetenzen oder Fertigkeiten abfragen. Die beiden Fragebögen für die Einschätzung von kommunikativen Fertigkeiten in Bezug auf Expressivität und Teilnehmerorientierung ( „ SRC Self-rated Competence und RAC Rating of Alter Competence “ ) eignen sich für diese Vorgehensweise (Spitzberg, 1988). Reliabilität und Validität des Fragenbogens sind hoch, da nicht nur eine eigene Einschätzung der kommunikativen Verhaltensweisen erhoben wird, sondern dieser Befund durch die Einschätzung von Dritten überprüft wird. 14.3 Dimension Evaluation 181 <?page no="182"?> 14.3.2 Tests, Prüfungen und Leistungsnachweise Effektive Lehrpersonen sehen die individuellen Unterschiede der Lernenden sowohl innerhalb als auch zwischen den Lernenden im kontinuierlichen Prozesse des Unterrichtens in Bezug auf bestimmte Ereignisse während des Unterrichts, aber auch außerhalb des Lehrplans. Um individuelle Unterschiede zu berücksichtigen, besteht eine Möglichkeit darin, zu Beginn auf der Grundlage von Erfahrungen mit bestimmten Lernenden aus einer großen Gruppe sinnvolle Untergruppen zu bilden. Gelegenheiten zur Beurteilung der Qualifikation können zu Beginn, während oder am Ende des Unterrichts oder einer Lerneinheit im summativen Testen (Beurteilung des Gelernten) oder in formativen Testen (Beurteilung des Lernprozesses) durchgeführt werden. Beispiel summativer Test: 1. Nennen Sie fünf Persönlichkeitsmerkmale, mit denen Sie die Heterogenität in einer Gruppe beschreiben können. 2. Welche gesellschaftlichen Veränderungen spielen beim Konzept der Diversity eine zentrale Rolle? Nennen Sie drei Begriffe und erklären Sie diese. 3. Welche Maßnahmen eignen sich im Unterricht, um soziökonomische Unterschiede auszugleichen? 4. Welche Dimensionen beinhaltet das Konzept des Adaptiven Unterrichtens? 5. Wodurch zeichnet sich der Keller-Plan aus? 6. Wie können Sie die Dimension Flexibilität für den Unterricht nutzen? 7. Wodurch können Sie Aufmerksamkeit am Beginn einer Unterrichtsstunde schaffen? Nennen Sie vier Möglichkeiten. 8. Mit welcher Verhaltensweise können Sie die Bildung einer Struktur bei den Studierenden erreichen? 9. Mit welchen nonverbalen Verhaltensweisen können Sie Enthusiasmus beim Vortragen erzeugen? 10. Definieren Sie den Begriff „ enge Frage “ und geben Sie ein Beispiel. 11. Definieren Sie den Begriff „ weite Frage “ und geben Sie ein Beispiel. 12. Welche Feedbackreaktion geben Sie, wenn die Antwort eines Studenten „ richtig, schnell, vollständig und sicher “ ist. 13. Welche Aufgaben und Fertigkeiten muss die Lehrperson vor der Phase des individuellen Übens planen berücksichtigen? 14. Wodurch zeigt sich Freundlichkeit (auf der Verhaltensebene) während des Unterrichts. Bitte nennen Sie zwei Beispiele. 15. Bitte formulieren Sie ein „ Prozessfeedback “ in wörtlicher Rede. 182 14 Die Inhalte des Trainingsprogramms <?page no="183"?> Übung: Entwerfen Sie einen summativen Test: Entwerfen Sie einen formativen Test: 14.3.3 Feedback, Lob und Anerkennung Feedback ist eines der effektivsten Merkmale für erfolgreiches Unterrichten; extrem variabel in der Anwendung, reduziert die Wahrnehmungslücken zwischen „ wo man ist “ und wo „ man meint zu sein “ ; hilft, sich auf den Erfolg einer Aufgabe zu fokussieren; gibt Informationen über Ideen, die nicht verstanden wurden; motiviert, damit mehr in die Aufgabe oder die Fertigkeit investiert wird, restrukturiert und verbessert das Verständnis für die eigenen kognitive Prozesse, weist in eine Richtung, in die man gehen kann; zeigt Alternativen auf, ist notwendig, weil Fehler entstehen und gemacht werden (dies ist kein Defizit, Fehler sind notwendig). Effektives Feedback lässt sich mit drei Fragen konkretisieren: Was ist das Ziel der Bemühungen? Wie kommt man voran mit seinen Bemühungen? Was folgt danach? Alle diese Feedbackfragen lassen auf die vier Ebenen des Feedbacks anwenden (Hattie, 2013). Feedback soll Informationen geben über die Aufgabe. Feedback ist eine wirkungsvolle Fertigkeit unter vielen anderen. Feedback muss darüber hinaus, klar, zielgerichtet und mit dem Vorwissen der Lernenden übereinstimmen und muss sich auf die Aufgabe, den Prozess und die Regulierung lenken, nicht auf das eigene „ Selbst “ . 1. Vier Ebenen des Feedbacks (Hattie, 2013) Feedbackebenen Wichtig für Aufgaben-/ Produktebene: Ausführung der Aufgabe Prozessebene: Strategien und Prozesse, um die Aufgabe zu verstehen Selbstregulierungsebene: Erkennen des eigenen Lernprozesses Persönliche Ebene: Eigene persönliche Einschätzung Aufgaben-/ Produktebene: Bezieht sich darauf, wie gut die Aufgabe ausgeführt wurde und ob eine Aufgabe richtig oder falsch ist. • Bezieht sich auf die Aufgabe oder das Produkt; • die häufigste Art von Feedback in Bildungseinrichtungen; • ist die Aufgabe richtig oder falsch; 14.3 Dimension Evaluation 183 <?page no="184"?> • Wird häufig auf Grund von Fragen der Lehrperson gegeben. • Ist häufig spezifisch auf eine Aufgabe oder ein Produkt ausgerichtet. • Es wird nach weiteren differenzierten Antworten gefragt. Übung: Bitte formulieren Sie Beispiele in wörtlicher Rede für Feedback auf der Aufgaben-/ Produktebene. Prozessebene: Bezieht sich auf die Strategien, die benötigt werden, um eine Aufgabe auszuführen und ob es alternative Strategien gibt. • Führt zu alternativen Lösungen. • Reduziert kognitive Überforderung. • Hilft Lernstrategien zu entwickeln. • Stichwort, um noch eine bessere Antwort zu finden. • Hilft, Zusammenhänge zwischen Gedanken und Ideen zu begreifen. • Hilft, Strategien aufzeigen, um explizit aus Fehlern zu lernen. • Hilft, ein besseres Verständnis vom Lernstoff zu erhalten. Übung: Bitte formulieren Sie Beispiele in wörtlicher Rede für Feedback auf der Prozessebene. Selbstregulierungsebene: Bezieht sich auf das Wissen, das benötigt wird, um zu verstehen, was man tut und wie man eine Aufgabe erledigt. • Fokussiert auf den eigenen Lernprozess der Lernenden. • Zeigt Vertrauen in die Fähigkeit, sich noch stärker mit der Aufgabe zu beschäftigen. • Unterstützt beim Akzeptieren von Feedback. • Unterstützt beim Suchen von Feedback. Übung: Bitte formulieren Sie Beispiele in wörtlicher Rede für Feedback auf der Prozessebene. Persönliche Ebene: Bezieht sich auf die Verbesserung der eigenen Einschätzung • Zeigt Möglichkeiten der Selbstevaluation auf. • Entwickelt Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, mit dem Lernen fortzufahren. 184 14 Die Inhalte des Trainingsprogramms <?page no="185"?> • Verwendet reflektierende Fragen wie z. B. „ Wo stehe ich? Warum bin ich an diesem Punkt? “ Übung: Bitte formulieren Sie Beispiele in wörtlicher Rede für Feedback auf der persönlichen Ebene. 2. Effektives Lob und Anerkennung Effektive verbale Anerkennung/ Lob erhöht die intrinsische Motivation und die Lernenden verbringen mehr Zeit mit ihrer Aufgabe (Hattie, 2013). Effektives verbales Lob wird sofort erteilt (äußert sich in Spontanität, Variabilität und anderen Anzeichen von Glaubwürdigkeit); spezifiziert die Einzelheiten des Erreichten; äußert sich angemessen im Ausdruck, in der Mimik, Gestik und im Tonfall; ist immer auf den Beitrag oder auf die Sache bezogen; ist für die Lernenden eine Orientierungshilfe, um sein aufgabenbezogenes Verhalten und sein Problemlösungsdenken selbst besser einzustufen; informiert über den Wert der Leistung und anerkennt die große Anstrengung oder den Erfolg bei einer schwierigen Aufgabe. Dagegen wird ineffektive Anerkennung oder Lob zufällig oder unsystematisch erteilt; wird nur in Bezug auf Leistungsverbesserung gegeben; hat eine durchschaubare Einförmigkeit; belohnt die reine Teilnahme an einer Aufgabe, ohne Berücksichtigung der Leistungsprozesse oder Ergebnisse; ist nur eine Orientierungshilfe, um sich mit anderen zu vergleichen und Konkurrenzdenken zu wecken; wird ohne Rücksicht auf die Mühe erteilt, die man aufgebracht hat, und ohne Rücksicht auf die Bedeutung der Leistung für die Person (vgl. Brophy, 1979). Übung: Bitte loben Sie eine Leistung in wörtlicher Rede. 14.3 Dimension Evaluation 185 <?page no="186"?> 15 Ergebnisse des Trainingsprogramms 15.1 Ergebnisse aus dem Seminar-Evaluations-Fragebogen Das hier beschriebene Trainingsprogramm wurde mit der deutschen Version des Course/ Instructor Evaluation Qestionaire (CIEQ) am Ende des Trainingsprogramms ausgewertet (Klinzing & Rupp, 1989). Der Fragebogen besteht aus 21 Aussagen, zu denen auf einer Vierpunkte-Skala von „ stimme sehr stark zu “ (Wert 1) bis „ stimme überhaupt nicht zu “ (Wert 4) eine Bewertung abgeben wurde. Die 21 Fragen messen fünf Faktoren: Allgemeine Einstellung zum Kurs, Lehr-Lern-Methode, Seminarinhalt, Interesse und Aufmerksamkeit (je vier Fragen) sowie Dozenten (fünf Fragen). N = 15 Allgemeine Einstellung zum Kurs 1.56 Lehr-Lern-Methode 1.58 Interesse 1.40 Seminarinhalte 1.35 Trainer 1.61 Tabelle 39: Ergebnisse des Seminar-Evaluation-Fragebogens Die Ergebnisse zeigen, dass das Trainingsprogramm in allen Kategorien sehr gut bewertet wurde. 15.2 Ergebnisse aus dem Fragebogen Selbst- und Fremdkompetenz Jeweils in einem Vor- und Nachtest schätzen sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen in Bezug auf ihre kommunikative und soziale Kompetenz (Expressivität und Teilnehmerorientierung) in diesem Trainingsseminar mit der deutschen Version des „ Self Rated Competence “ , (SRC, 28 Fragen, 5 Punkte Skala) selbst ein. Gleichzeitig wurden sie jeweils nach ihren Unterrichtseinheiten auch von ihren Praktikumsbetreuern mit der deutschen Version des „ Rating of Alter Competence “ (RAC, 28 Fragen, 5 Punkte Skala) eingeschätzt. <?page no="187"?> Beide Fragebögen wurden von Cupach & Spitzberg (Spitzberg, 1988) entwickelt. Die deutsche Version wurde von Rupp (1999) mit Erlaubnis von Brian Spitzberg adaptiert und übersetzt. In 11 Untersuchungen liegt die ermittelte Reliabilität des Fragebogens (RAC) zwischen r = .90 und r = .94. Der Fragebogen SRC wurde in 11 Untersuchungen mit ca. 3000 Studierenden auf die Reliabilität hin überprüft. Diese wird mit r = . 87 und r = . 92 angegeben (Spitzberg (1988). Vortest Nachtest x S x s t p ES Variable Selbstkompetenz - Expressivität 3,60 0,4898486 3,85 0,5267341 0,2239 0,85 0,49 Selbstkompetenz - Teilnehmerorientierung 3,83 0.45919 4,11 0,5059101 0,13 0,91 0,61 Fremdkompetenz - Expressivität 4,29 0,51675924 4,49 0,4645220 0,0015 0,99 0,47 Fremdkompetenz - Teilnehmerorientierung 4,05 0,59248963 4,51 0,3316127 0,023 0,98 1 Vergleich Vortest und Nachtest, Mittelwerte, Standardabweichungen, t-tests, Effektstärken Tabelle 40: Ergebnisse des Fragebogens Selbst- und Fremdkompetenz Die Ergebnisse zeigen Unterschiede zwischen Selbst- und Fremdkompetenz und eine leichte Steigerung der einzelnen Kompetenzbereiche. Schaut man sich die Ergebnisse des Trainingsprogramms insgesamt an, wird deutlich, dass nur ganz wenige schlechter wurden. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen, die bereits eine gute Leistung gezeigt haben, zeigen das effektive Verhalten weiter in einem positiven Sinn. Die Mittleren werden besser und die Schlechten werden deutlich besser. Damit zeigt sich ein positives Ergebnis für alle. 15.3 Zusammenfassung Das hier vorgestellte Microteaching-Trainingsprogramm „ Interaktive und adaptive Vermittlung von Fachinhalten “ wurde unter Bezugnahme auf die hier 15.3 Zusammenfassung 187 <?page no="188"?> beschriebenen Elemente entwickelt, erfolgreich durchgeführt und evaluiert. Der Bezugsrahmen und das zugrunde liegende Konzept ermöglichen die Entwicklung von Trainingsprogrammen auf wissenschaftlicher Basis. Es basiert zudem auf der Annahme, dass die verschiedenen Wissens- und Fähigkeitsbereiche nur im Zusammenspiel miteinander ihre volle Wirkung für ein effektives und angemessenes Handeln in kommunikativen Situationen entfalten können. Durch die gezielte Anordnung spezifischer, wissenschaftlich geprüfter Trainingsbausteine kann eine Steigerung und messbare, kontinuierliche Verbesserung von Kompetenzen und spezifischen Fertigkeiten erreicht werden. Dieses Microteaching-Trainingsprogramm eignet sich daher sowohl für den Erwerb von Fertigkeiten und Verhaltensweisen für verschiedene kommunikative Situationen als auch für den Einsatz anderer (Lehr-)Methoden, die z. B. für die Vermittlung von Wissen oder die Veränderung von Einstellungen notwendig sind. Das Trainingsprogramm ist daher für alle geeignet, die ihr eigenes Repertoire an kommunikativen (Lehr-)Verhaltensweisen überprüfen, erweitern und verbessern wollen oder auch nach Möglichkeiten suchen, neue Verhaltensweisen in anderen Lehr(methoden) oder kommunikativen Situationen anzuwenden. 188 15 Ergebnisse des Trainingsprogramms <?page no="189"?> Literaturverzeichnis Adelswärd, I. & Öberg, B. M. (2009). The function of laughter and joking in negotiations activites. Humor, 11(4), 411 - 429. https: / / doi.org/ 10.1515/ humr.1998.11.4.411 Allen, D. W., & Ryan, K. A. (1969). Microteaching. Addison ‐ Wesley. Allodi, M. W. (2010). 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Der Inhalt Ziele des Lehrvortrags - Berücksichtigung der äußeren Gegebenheiten - Abstraktionsgrad und Perspektivenwechsel - Die Bedeutung des gemeinsamen Erfahrungs- und Wissenshintergrunds - Verarbeitung von Informationen - Aufmerksamkeit und Motivation erzeugen - Verknüpfung von unterschiedlichen Methoden - Ziele, Funktion und Kombinationsmöglichkeiten - Partnerarbeit/ Kleingruppenarbeit - Buzzgroups - Kontrollierte Diskussion - Fallmethode - Adaptives Unterrichten - Trainingsprogramm Adaptives Modernes Unterrichten - Microadaption - Macroadaption - Variation (Organisation, Sozialformen, Methodenwechsel) - Flexiblität (Monitoring, Beziehung zum Publikum) - Evaluation (Standardisierung, Test, Feedback) Die Zielgruppe Verantwortliche für Personalschulungen in Betrieben, Führungskräfte, Lehrpersonal in der betrieblichen und universitären Aus- und Weiterbildung sowie an Schulen, Weiterbildungsbeauftragte, Akteure in der Erwachsenenbildung Der Autor Dr. Andreas Rupp ist Unternehmensberater, Trainer, Coach sowie Lehrbeauftragter an verschiedenen Hochschulen und Universitäten weltweit.