eBooks

Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum

Grundlagen – Planung – Bauausführung ein Praxishandbuch

0408
2024
978-3-8169-8552-5
978-3-8169-3552-0
expert verlag 
Edgar Theurer
Amine Stirner
10.24053/9783816985525

Zur Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum existiert ein umfangreiches Gesetzes- und Regelwerk. Verantwortliche sind jedoch häufig unsicher in der Vorgehensweise und Umsetzung. In der Praxis werden die Vorschriften und Gesetze daher nur rudimentär oder falsch angewendet. Gefahren und Einschränkungen für mobilitätseingeschränkte Nutzer:innen werden somit nicht nur nicht beseitigt, sondern durch falsche Umsetzung erst geschaffen. Die Autoren sind in der täglichen Arbeit mit dem Thema befasst, haben den entsprechenden Erfahrungshorizont und praktischen Hintergrund und wollen ihr Wissen weitergeben. Das Buch beschreibt mit vielen Abbildungen und anhand realer, aktueller Beispiele konkrete Probleme, zeigt Lösungen auf und warnt vor Fallstricken.

<?page no="0"?> AUTOR VORNAME NAME EDGAR THEURER / AMINE STIRNER / MOHAMED ZAKZAK Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum Grundlagen - Planung - Bauausführung ein Praxishandbuch <?page no="1"?> Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum <?page no="2"?> Wissen und Praxis <?page no="3"?> Edgar Theurer / Amine Stirner / Mohamed Zakzak Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum Grundlagen - Planung - Bauausführung ein Praxishandbuch <?page no="4"?> DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783816985525 © 2023 · expert verlag ‒ ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.expertverlag.de eMail: info@verlag.expert CPI books GmbH, Leck ISSN 2939-9319 ISBN 978-3-8169-3552-0 (Print) ISBN 978-3-8169-8552-5 (ePDF) ISBN 978-3-8169-0136-5 (ePub) Umschlagabbildung: © Edgar Theurer Autorenabbildung: © Edgar Theurer Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> 11 13 1 15 2 19 20 20 20 21 2.1 22 22 2.2 23 24 2.3 25 25 2.4 26 3 29 31 4 35 5 37 5.1 38 5.2 38 5.3 39 5.4 42 6 45 6.1 45 45 6.2 46 46 47 47 Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I Betroffene, Rechtsgrundlagen, Gesetze, Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was ist Inklusion? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arten von Behinderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Begriff Behinderung wird in Deutschland durch verschiedene gesetzliche Grundlagen definiert und dargestellt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Laut Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Laut Sozialgesetzbuch 9. Buch bedeutet Behinderung: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Laut Behindertengleichstellungsgesetze der Länder: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Augenerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einige Beispiele für technische Anpassungen, die dazu beitragen, den öffentlichen Verkehrsraum für Blinde und Sehbehinderte nutzbar zu machen, sind: . . . . . . . . . . . . . Hörbehinderung & Gehörlosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Es werden folgende Grade einer Höreinschränkung unterschieden: . . . . . . . . . . . . . . . . Körperliche Einschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ursachen hierfür können sein: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geistige Behinderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lebenssituation und geschichtlicher Hintergrund in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland und die darauffolgende gesellschaftliche sowie politische Veränderung in der Begrifflichkeit von Behinderung Behinderung / Schwerbehinderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . UN-Behindertenrechtskonvention UN-BRK - Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ziel der UN-Behindertenrechtskonvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfühlungsvermögen und Veständnis von Behinderung in der Gesellschaft . . . Bandbreite der feststehenden Rechte UN-Behindertenrechtskonvention . . . . . . . Exkurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetzliche Grundlagen Barrierefreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . UN-Behindertenrechtskonvention Artikel 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundgesetz (GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Art 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Behindertengleichstellungsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) (2006): . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . <?page no="6"?> 48 48 48 48 48 48 6.3 49 6.4 50 50 7 55 56 7.1 57 7.2 57 7.3 60 60 60 60 61 7.4 61 61 61 62 62 7.5 62 62 63 63 63 7.6 64 64 64 64 65 7.7 65 8 69 9 71 Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) (2002): . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) (2002): . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Baugesetzbuch (BauGB) (2002): . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) (2002): . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Straßenverkehrsordnung (StVO) (2002): . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Informations- und Kommunikationstechnikgesetz (IKTG) (2002): . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetzliche Aufgliederung des Behindertengleichstellungsgesetzes BGG . . . . . . . . . . . . Was heißt Barrierefreiheit eigentlich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Design für Alle---Barrierefreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Situation in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ländervergleich in der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Situation in Finnland (Vorgaben für die Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Bereich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Öffentlicher Personenbeförderungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bau- und Planungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Webseiten und Online-Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Situation in Griechenland (Vorgaben für die Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Bereich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Öffentlicher Personenbeförderungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bau- und Planungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Webseiten und Online-Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Situation in Österreich (Vorgaben für die Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Bereich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Öffentlicher Personenbeförderungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bau- und Planungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Webseiten und Online-Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Situation in Schweden (Vorgaben für die Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Bereich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Öffentlicher Personenbeförderungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bau- und Planungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Webseiten und Online-Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorgaben für die Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Bereich in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teilhabe und Mitbestimmung für Menschen mit Behinderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Inhalt <?page no="7"?> 73 73 75 10 77 11 79 12 81 81 12.1 81 12.2 84 12.3 86 12.4 87 12.5 90 13 93 13.1 93 13.2 97 13.3 97 13.4 99 13.5 101 14 103 14.1 103 14.2 104 14.3 105 14.4 114 14.5 114 14.6 116 14.7 119 15 123 15.1 123 15.2 124 15.3 126 15.4 127 16 129 17 131 17.1 131 17.2 134 Von der Theorie zur Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zielgruppen für Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normen und Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundanforderungen an barrierefreie Verkehrsflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Themenfeld Sehbeeinträchtigungen - Blindenleitsystem (BLS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Definitionen „blind“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufmerksamkeitsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Richtungsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sperrfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderformen von Blindenleitsystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontraste (Kanten, Felder, Streifen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Themenfeld Mobilitätsbeeinträchtigungen - barrierefreie (Bordstein-) Querungen . . . Höhengetrennte Querungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Höhengleiche Querungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesicherte und ungesicherte Querung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Relevanz der Bordsteinhöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderfall Bordsteinabsenkung zu Behindertenstellplatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ÖPNV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formen von Bushaltestellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bordsteinhöhen barrierefreier Bushaltestellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Barrierefreie Standardbushaltestelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Problematik Busbucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bushaltestelle am Fahrbahnrand in Busspur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blindenleitsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bus + Bahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2-Sinne-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lichtsignalanlagen mit Blindenakustik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fahrgastinformation mit TTS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Taktile Lagepläne mit TTS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handlaufbeschriftungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Digitale Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was bei Planung und Bau von Barrierefreiheit noch zu beachten wäre … . . . . . . . . . . . Präzision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Improvisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt 7 <?page no="8"?> 18 139 139 139 143 19 145 19.1 145 19.2 145 19.3 146 20 147 20.1 147 20.1.1 148 20.2 149 20.2.1 149 20.2.2 149 21 151 21.1 151 21.1.1 151 21.2 154 22 157 22.1 157 159 22.2 159 161 22.3 162 164 22.4 164 23 165 169 171 24 173 173 179 181 182 183 187 Nutzungsbeispiele im Bild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bereich ÖPNV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bereich Fußgängerquerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III Ausführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellenwert in der Ausführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Soziales Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monetäres Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeitsvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Planungsfehler erkennen und reagieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Querungsstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausschreibungsfehler und Nachträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begleitplatten mit scharfkantiger Mikrofase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Querungsstellen in Radien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absicherung von Baustellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . RSA 21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . RSA in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeitsstellen im Gehwegbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausführung - Tipps und Tricks aus der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Querungsstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Generell: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bodenindikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Generell: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bushaltestellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Generell: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauen von Barrierefreiheit - Bauen mit hohem Aufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV Such den Fehler … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiele, wie es nicht sein sollte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Such den Fehler - bei der Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Inhalt <?page no="9"?> 190 192 25 203 203 204 205 206 207 208 209 211 213 215 216 217 218 26 221 221 223 224 225 27 227 227 28 229 231 233 235 239 Beispiel 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Such den Fehler - bei der Ausführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 14 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 15 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 16 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 17 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 18 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 19 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 20 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Such den Fehler - im Produkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 22 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 23 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 24 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 25 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Bessere ist der Feind des Guten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel 26 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Such den Fehler? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Danksagung, Quellen und Verzeichnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Postscriptum / Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt 9 <?page no="11"?> Vorwort Sehr geehrte Leserschaft, diese Publikation ist als ein Leitfaden „aus der Praxis für die Praxis“ angelegt. Die Autoren möchten ihre umfangreichen Erfahrungen mit der Thematik der Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum weitergeben und damit Kolleginnen und Kollegen sowie alle mit diesem komplexen Themenfeld befasste an dem Praxiswissen teilhaben lassen, das wir bei vielfältigen Projekten sammeln konnten. Dabei haben wir bewusst im Kapitel I die Thematik der Barrierefreiheit im öffentlichen Ver‐ kehrsraum in einen umfänglichen Gesamtkontext „Inklusion“ gestellt, der über das „Bauen“ im öffentlichen Verkehrsraum weit hinaus geht und aufzeigen soll, dass dieses „Bauen“ in einem gesamtgesellschaftlichen Konsens erfolgt, die Belange behinderter Mitmenschen umfassend zu erfüllen. Das Kapitel II widmet sich dem Thema Planung mit seinem umfänglichen Repertoire an Möglich‐ keiten Barrierefreiheit - i.-d.-R. baulich - zu realisieren. Im Kapitel III werden Aspekte der Ausführung beleuchtet, die eine möglichst optimale und zugleich wirtschaftliche Umsetzung der Planung ermöglichen können. Das Kapitel IV schließlich versucht, durch Beispiele, in denen die Umsetzung der Barrierefreiheit - noch - nicht befriedigend gelungen ist aufzuzeigen, wo Fallstricke und Probleme lauern, die es bestmöglich zu vermeiden gilt. Wir stellen weder den Anspruch der Vollständigkeit noch den, dass wir alles wissen und alles perfekt machen. Auch wir müssen immer wieder feststellen, dass es Dinge gibt, die wir so noch nie erlebt haben, Probleme, mit denen wir noch nicht konfrontiert waren, Lösungsansätze, die wir nicht für möglich gehalten hätten. Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum ist noch längst nicht überall etabliert, noch längst nicht alle damit verbundenen Konflikte sind bewältigt. Entsprechend entwickelt sich auch das Planen und Bauen dynamisch. Es erfordert Kreativität bei der Lösungsfindung, aber auch Disziplin und Präzision bei der Einhaltung von Regeln und Normen und planerischen Vorgaben zum Wohl der in ihrer Mobilität eingeschränkten Menschen, für die wir letztlich tätig sind. Deren Bedürfnisse gilt es bestmöglich zu befriedigen, deren Handicaps zu berücksichtigen, deren Möglichkeiten zu nutzen. Dahinter haben persönliche Vorlieben und Ideen der Planer und Ausführer zurückzustehen, auch wenn das nicht immer leichtfällt bzw. jedem gefällt! Wir haben bisher noch immer eine Lösung gefunden, auch wenn es zu Beginn nicht immer danach aussah. Wir mussten aber auch oft feststellen, dass Details verbesserungswürdig ausfielen, Ansätze nicht zielführend waren, sich die Umsetzung in gebaute Umwelt mangelhaft darstellte und wir nachbessern mussten. Zwischen Planung und Ausführung sowie den einschlägigen Normen gab es gewisse Deltas, die nicht zu tolerieren waren. Dabei haben wir bzw. unsere Bauherren und Firmen / Auftraggeber und Auftragnehmer - nicht überraschend - einiges an Lehrgeld bezahlt. <?page no="12"?> Wenn es uns gelingt, Ihnen einen Teil dieses Lehrgeldes zu ersparen und Ihnen ihre Arbeit am einen oder anderen Projekt zu erleichtern, Lösungen aufzuzeigen und Fehler zu vermeiden hat das Buch seinen Zweck erfüllt. Wir haben in diesem Buch versucht, zu jedem Stichwort, zu jedem Inhalt entsprechende Beispiele aus der Praxis zu finden und mit Fotos zu dokumentieren - getreu dem Motto „ein Bild sagt mehr als tausend Worte“. Scheuen Sie sich wiederum nicht, uns an Ihrem Erfahrungsschatz teilhaben zu lassen. Für einen konstruktiven Dialog stehen wir gerne zur Verfügung. Die Autoren Amine Stirner Mohamed Zakzak Edgar Theurer Abb. 1: Von links nach rechts: Amine Stirner, Mohamed Zakzak, Edgar Theurer 12 Vorwort <?page no="13"?> I Betroffene, Rechtsgrundlagen, Gesetze, Ansprüche <?page no="15"?> 1 Was ist Inklusion? Inklusion ist auf der ganzen Welt eine wichtige Frage. Die Organisation der Vereinten Nationen (engl. United Nations, abgekürzt UN) hält Inklusion im Rahmen der allgemeingültigen Menschen‐ rechte für unverzichtbar. Sie hat dazu 2006 eine Konvention beschlossen: die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Die soziale Inklusion, beruht auf der Gleichstellung aller Personen und der Anerkennung ihrer Vielfalt. Sie verlangt, dass alle Menschen gleich gut behandelt werden müssen und dieselben Rechte haben. Das gilt nicht nur für Menschen mit Behinderungen. Hiermit sind auch Menschen gemeint, die weniger Aussichten haben als andere: Menschen, die wegen ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts, oder ihrer sozialen Stellung oft benachteiligt werden. Es geht darum, dass alle Menschen - unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Alter, ihrer sexuellen Einstellung oder ihrer Behinderung - gleichgestellt sind und dieselben Rechte und Möglichkeiten zur Teilhabe an der Gesellschaft haben. In Deutschland wurde der Begriff Inklusion erstmals im Jahr 2000 im Abschlussbericht des Beirats Inklusion des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales verwendet. Inklusion heißt, dass alle Menschen, unabhängig von Behinderungen, gleichermaßen würdige und wertvolle Mitglieder der Gesellschaft sind. Inklusion erläutert, Menschen mit Behinderung durch die Anerkennung und Förderung ihrer Rechte, Fähigkeiten und Möglichkeiten zu befä‐ higen, am gesellschaftlichen Leben gleichberechtigt teilzuhaben. Sie ist ein Prozess, der die Annahme, Anerkennung und Integration von Menschen mit Behinderung in allen Aspekten des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens umfasst. Inklusion enthält, dass Menschen mit Behinderung dieselben Rechte, Chancen und Möglich‐ keiten haben sollten wie alle anderen. Dazu gehören das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben, das Recht auf eine angemessene Bildung, das Recht auf eine angemessene Beschäftigung, das Recht auf angemessenen Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und das Recht auf eine angemessene Unterstützung. Inklusion beinhaltet auch, dass Menschen mit Behinderung in alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, einschließlich der Familie, des Arbeitsplatzes, des Wohnortes und der Gemeinde, einbezogen werden. Dies bedeutet, dass Menschen mit Behinderung Zugang zu denselben Wohnmöglichkeiten, derselben Arbeit, denselben Dienstleistungen, denselben Freizeitaktivitäten und denselben Bildungsmöglichkeiten haben sollten wie alle anderen. Inklusion deutet darauf, dass Menschen mit Behinderung die gleichen Möglichkeiten und Chan‐ cen erhalten sollten wie alle anderen, um am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilzuhaben. Dies heißt konkret, dass Menschen mit Behinderung eine angemessene und ausreichende Unterstützung erhalten, um an denselben Aktivitäten teilnehmen zu können wie alle anderen. Inklusion bedeutet zudem, dass Menschen mit Behinderung dieselbe Anerkennung und denselben Respekt verdient haben wie alle anderen. Dies heißt, dass Menschen mit Behinderung nicht aufgrund ihrer Behinderung diskriminiert, sondern dass sie als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft angenommen werden. Inklusion bedeutet gleichermaßen, dass Menschen mit Behinderung die gleichen Rechte und Aussichten haben sollten wie alle anderen, um am Arbeitsleben mitzugestalten und teilzunehmen. Dies heißt, dass sie die gleiche Arbeitsplatzsicherheit, den gleichen Arbeitsplatzschutz und die gleichen Arbeitsplatzmöglichkeiten haben sollten wie alle anderen. Inklusion drückt eindeutig aus, dass Menschen mit Behinderung den politischen Diskurs in unserer Gesellschaft mitgestalten <?page no="16"?> sollen, dies soll heißen, dass sie die gleichen Chancen haben sollten, an politischen Aktivitäten und Diskussionen teilzunehmen wie alle anderen Menschen. Inklusion bedeutet auch, dass Menschen mit Behinderung dieselben Rechte und Möglichkeiten haben sollten wie alle anderen, um am sozialen und kulturellen Leben teilzunehmen. Inklusion bedeutet schließlich, dass Menschen mit Behinderung die gleichen Rechte und Mög‐ lichkeiten haben sollten wie alle anderen, um ihre Rechte erfolgreich durchzusetzen. Das heißt auch, dass sie das Recht haben müssen, auf mögliche Diskriminierungen aufmerksam zu machen und ihre Rechte zu verteidigen. Inklusion von Menschen mit Behinderung ist ein wichtiger Schritt zur Förderung der Gleichstellung und zur Förderung einer inklusiven Gesellschaft. Inklusion ist ein langer Prozess, der viele Erneuerungen in unserer Gesellschaft erfordert. Es ist wichtig, dass wir uns alle dazu verpflichten, Inklusion zu fördern und zu befürworten, und dass wir alle kooperieren, um eine inklusive Gesellschaft zu schaffen, in der alle Menschen gleichermaßen wertgeschätzt und respektiert werden. Das Wort „Inklusion“ bedeutet „Einbeziehung“. Es wird hier verwendet im Sinne von einer Gemeinschaft, in der alle unterschiedlich sind und sein dürfen. Die Verschiedenheit und Vielfalt der Menschen ist die Normalität, aus der die Gemeinschaft ihre Kraft und Energie erhält. Für unsere Gesellschaft soll Inklusion nahelegen, auf Menschen so zuzugehen, dass sie einbe‐ zogen werden, dass Zusammentreffen und Austausch möglich werden, dass etwas Gemeinsames für uns alle entsteht und etabliert wird. Sprechen und Handeln ergänzen sich und können beide Inklusion ermöglichen. Grundideen einer inklusiven Haltung - Inklusion versucht, die Herausforderungen unserer Welt für alle menschenwürdig anzuneh‐ men. - Inklusion will allen Menschen ermöglichen, am Leben in der Gemeinschaft teilzuhaben. Das bedeutet: anerkannt und wertgeschätzt zu sein, mitzuwirken, Kontakte und Freundschaf‐ ten zu haben, gemeinsam voneinander zu lernen. - Inklusion erkennt jede Person in ihrer Einmaligkeit an: Jeder lebt in unterschiedlichen Situationen und hat andere Kompetenzen, Bedürfnisse und Stärken. - Inklusion schätzt die Verschiedenheit von Menschen und versucht, sie aktiv zu nutzen. - Inklusion sieht einen Menschen als Ganzes und wendet sich gegen Einteilungen, die der Vielfalt von Menschen nicht gerecht werden (z. B. „Deutsche und Ausländer“, „Behinderte und Nicht-behinderte“, „Heterosexuelle und Homosexuelle“, „Reiche und Arme“ etc.). Um eine angesehene und erfolgreiche Inklusionsstruktur in einer Kommune und in der Gesell‐ schaft zu entfalten, ist es wichtig, den öffentlichen Raum barrierefrei zu gestalten. Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum ist ein wichtiges Thema, das die Lebensqualität aller Menschen und Personen erleichtert und verbessern kann. Es geht darum, Menschen mit körperlichen Ein‐ schränkungen, älteren Menschen, Rollstuhlfahrern, und anderen Personengruppen den Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln zu gewähren, ohne dass sie auf Hilfe von anderen angewiesen sind. Barrierefreiheit bedeutet, dass alle Individuen gleichermaßen in den Genuss öffentlicher Verkehrsmittel kommen und sich frei bewegen können. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen zunächst die infrastrukturellen Voraussetzungen geschaffen werden. Im ersten Schritt muss der öffentliche Verkehrsraum barrierefrei gestaltet werden, d. h. es müssen Rampen, Geländer, breite Gehwege und eine gute Beleuchtung installiert werden. Ein barrierefreies Design ist für Menschen mit Behinderung auch wichtig, damit sie ohne Hindernisse von A nach B gelangen können. Ein wesentlicher Bestandteil einer barrierefreien Umgebung 16 1 Was ist Inklusion? <?page no="17"?> ist ebenfalls, dass alle öffentlichen Verkehrsmittel eine spezielle Ausstattung zur Unterstützung Menschen mit Behinderung haben. In diesem Zusammenhang müssen zum Beispiel Rampen, höhenverstellbare Bänke und Handläufe installiert werden. Darüber hinaus müssen auch die öffentlichen Verkehrsmittel selbst barrierefrei gestaltet werden. Dazu gehört, dass alle Busse, Bahnen und Züge mit einfach zu bedienenden Stationen, einer guten Beleuchtung und ausreichenden Sitzplätzen ausgestattet sind. In einigen Fällen können auch spezielle Aufzüge oder Rollstuhllifte installiert werden. Eine weitere wichtige Maßnahme ist die Anpassung der Fahrkartenautomaten an die Bedürfnisse für Menschen mit Behinderung. So können diese beispielsweise mit einfachen, leicht verständlichen Symbolen gestaltet werden. Die Fahrer der öffentlichen Verkehrsmittel müssen spezielle Schulungen erhalten, damit sie sich adäquat auf behinderte Menschen einstellen können. Anschließend sollten sie dazu befähigt werden, die speziellen Bedürfnisse dieser Personengruppe zu erkennen und zu berücksichtigen. Zusätzlich müssen auch die Informationen im öffentlichen Verkehrsraum auf ein barrierefreies Design umgestaltet werden. Hierzu zählen zum Beispiel große, gut sichtbare Schilder, die in verschiedenen Sprachen beschriftet sind, sowie Symbole, die die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung berücksichtigen. Um die Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum zu gewähr-leisten, müssen die Gesetze und Vorschriften im Hinblick auf die Barrierefreiheit geändert werden. Die Gesetzgeber müssen sicherstellen, dass alle öffentlichen Verkehrsmittel, Einrichtungen und Gebäude barrierefrei sind. Ausnahmslos kann man sagen, dass die Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum eine wichtige Angelegenheit ist, die dazu beisteuern kann, dass alle Menschen ihren Alltag in gleicher Weise genießen können. Durch eine barrierefreie Gestaltung des öffentlichen Verkehrsraums kann Menschen mit körperlichen Einschränkungen, Rollstuhlfahrern, älteren Menschen und anderen Personengruppen der Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln ermöglicht werden, ohne auf Hilfe von anderen angewiesen zu sein. Seit circa dreieinhalb Jahren bestimmen inklusive und integrative Ansätze die tägliche Arbeit des Autors dieser Zeilen. Unsere Gesellschaft baut auf einer demokratischen Grundordnung auf und lebt und gedeiht durch die Vielfalt der Menschen in ihr. Jede Person und jeder Mensch in diesem Bunde ist anders. Jeder Mensch kann mit seinen besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie Erfahrungen unser Zusammenleben bereichern und ein Stück besser machen. Inklusion benötigt Erfahrungen. Es wird immer wieder deutlich, was Menschen praktisch und konkret machen, um Inklusion bei sich in der Gesellschaft und in einer Kommune umzusetzen. Dabei gibt es unglaublich viele Einfälle und Herangehensweisen, um dieses Vorhaben zu gestalten. Inklusion darf in unserer Gesellschaft nicht die Rolle des Stiefkindes bekommen, dafür ist sie zu wesentlich. Für die Betroffenen Personenkreis ist sie die menschliche Grundlage, um Teilhabe in unserer Gesellschaft leben zu können. Inklusion ist, wenn es möglich ist, dass Menschen in ihrer Einzigartigkeit und Verschiedenheit mit gleichen Rechten zusammenleben. Hierbei spielt es keine Rolle, ob unterschiedliche Empfindungen zusammenkommen. Wir als Gesellschaft müssen lernen, mit dieser Verschiedenheit zu leben, sie zu nutzen und schätzen, damit sie zur Selbstverständlichkeit wird. Damit sie zur Grundlage einer Gesellschaft wird, die ihr alltägliches Zusammenleben in Vielfalt annimmt und gestaltet. Inklusion (Einbezie‐ hung) ist das Gegenteil von Exklusion (Ausschluss). Es gibt viele Hindernisse, die Menschen aus dem Zusammenleben mit anderen ausgrenzen. Daher ist es wichtig, möglichst viele Hindernisse für möglichst viele Menschen zu erkennen und zu beseitigen. Das ist das Ziel von Inklusion. 1 Was ist Inklusion? 17 <?page no="18"?> Wir sind davon überzeugt, dass eine inklusive Kommune, beziehungsweise Stadt wesentlich zukunftssicherer und innovativer ist, als andere Städte und Kommunen. Aus unserer Sicht steht eine Gemeinde für die Gesamtheit der Bewohnerinnen, Organisationen, Einrichtungen und Institutionen an einem Ort. Inklusion kann nur gelingen, wenn alle Stellen das Thema aktiv vor‐ antreiben sowie voranbringen und mit Leben füllen. Kommunen, die sich um das Zusammenleben kümmern, erhöhen die Lebensqualität für alle. Die Devise heißt: alle Menschen sollen sich an ihrem Lebensort wohl fühlen, Chancen und Möglichkeiten haben am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen sowie barrierefrei teilzuhaben. Anziehende, interessante, abwechslungsreiche und attraktive Orte ziehen Menschen an. Das ist für die langfristige Entwicklung von großem Vorteil. Eine übergreifende Inklusions-Strategie fördert insgesamt ein Klima der Zugehörigkeit und sensibilisiert somit die Bürgerinnen und Bürger in der Kommune. Zur Überwindung von jeglicher Diskriminierung und Ausgrenzung brauchen wir die Inklusion. Dieses Verständnis von Inklusion setzt sich Schritt für Schritt in den Köpfen vieler Menschen in unserer Gesellschaft durch. Die Themen vor Ort sind vielfältig. Das Thema Inklusion kann in einer Kommune nur gemeinsam mit betroffenen Menschen gestaltet werden, nach dem Motto „mitmachen war gestern - dazugehören ist heute“. Inklusion ist dabei die konsequente Weiterentwicklung dessen, was wir vor langer Zeit unter dem Begriff der „Integration“ begonnen haben und nun auf eine neue Stufe heben wollen. Wir sind überzeugt davon, dass unsere Gesellschaft inklusiv denken und handeln muss, wenn sie den Menschen, die in ihr leben, eine gute Zukunft bieten will. Aus unserer Sicht: Inklusion bekommt man nicht zum Nulltarif und zudem tut Inklusion nicht weh. 18 1 Was ist Inklusion? <?page no="19"?> 2 Arten von Behinderungen Behinderung ist ein Zustand, der es einer Person - verglichen mit anderen Menschen - schwerer macht, bestimmte Aktivitäten aus-zuführen. Dies kann aufgrund einer körperlichen, geistigen, psychischen oder emotionalen Beeinträchtigung der Fall sein. Die World Health Organisation definiert Behinderung als eine Kombi-nation aus körperlichen, mentalen, intellektuellen, senso‐ rischen, kommunikativen und psychosozialen Beeinträchtigungen, die in Verbindung mit dem sozialen, physischen und politischen Kontext stehen. Es gibt viele verschiedene Arten von Behinderungen. Dazu gehören Körperbehinderungen, geistige Behinderungen, psychische Behinderungen und kognitive Behinderungen. Körperbehinderungen beinhalten Behinderungen, die die Fähigkeit einer Person, eine be‐ stimmte Aufgabe zu erledigen, beeinträchtigt. Dazu gehören Amputationen, Gelenk- und Mus‐ kel-schwächen, Körperdeformitäten, Sehbehinderungen und Hörbehinderungen. Geistige Behinderungen beinhalten Beeinträchtigungen in Bezug auf das Denken, die Lernfä‐ higkeit, die Aufmerksamkeit, das Ver-halten und die Fähigkeit, sich anzupassen. Dazu gehören Down-Syndrom, Autismus und verschiedene Entwicklungsstörungen. Psychische Behinderungen beinhalten psychische Erkrankungen und Störungen, die die Fähigkeit der Person beeinträchtigen, sich normal zu verhalten und zu funktionieren. Dazu ge‐ hören Schizophrenie, Depressionen, bipolare Störungen, Angststörungen und posttraumatische Belastungsstörungen. Kognitive Behinderungen beinhalten Beeinträchtigungen in Bezug auf die Fähigkeit, zu denken, zu lernen, zu verstehen und Entscheidungen zu treffen. Dazu gehören Dyskalkulie (Rechen-schwäche), Dyslexie (Lese-Rechtschreibschwäche) und andere Lernschwierigkeiten. Unter einer Mehrfachbehinderung versteht man eine Kombination mehrerer Behinderungen, die gleichzeitig vorhanden sind. Dazu gehören körperliche, geistige, psychische und kognitive Behinderungen, die gemeinsam mit einer Behinderung des Sinnes- oder Bewegungsapparates auftreten. Es kann auch eine Kombination von körperlichen, geistigen und psychischen Behin‐ derungen geben. Laut Statistischem Bundesamt leben 7,8 Millionen schwerbehinderte Menschen in Deutschland. Zum Jahresende 2021 lebten in Deutschland rund 7,8 Millionen schwer-behinderte Menschen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, waren das rund 108.000 oder 1,4 % weniger als zum Jahresende 2019. Dieser Rückgang beruht auf einer starken Bereinigung der Verwaltungsdaten in Niedersachsen, wodurch die Zahl der dort erfassten schwerbehinderten Menschen um 121.000 sank. Als schwerbehindert gelten Personen, denen die Versorgungsämter einen Behinderungs‐ grad von mindestens 50-% zuerkannt sowie einen gültigen Ausweis ausgehändigt haben. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung zum Jahres‐ ende 2021 waren 9,4 % der Menschen in Deutschland schwerbehindert. 50,3 % der Schwerbehin‐ derten waren Männer, 49,7 % waren Frauen. <?page no="20"?> Abb. 2: Schwerbehinderte Menschen nach Alter https: / / www.destatis.de/ DE/ Themen/ Gesellschaft-Umwelt/ Gesundheit/ _Grafik/ _Interaktiv/ behi nderte-menschen-al-ter.html; jsessionid=A61B91D7305BE27F2664110FF98C6217.live712 Der Begriff Behinderung wird in Deutschland durch verschiedene gesetzliche Grundlagen definiert und dargestellt. Laut Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes: § 3 Menschen mit Behinderungen Menschen mit Behinderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Menschen, die langfristige körper‐ liche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Als langfristig gilt ein Zeitraum, der mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauert. Laut Sozialgesetzbuch 9. Buch bedeutet Behinderung: § 2 Absatz 1 SGB IX „Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnes‐ beeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Kör-per- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.“ 20 2 Arten von Behinderungen <?page no="21"?> § 2 Absatz 2 SGB IX „Menschen sind im Sinne des Teils 3 (des SGB IX) schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.“ Laut Behindertengleichstellungsgesetze der Länder: Die Behindertengleichstellungsgesetze der Länder orientieren sich überwiegend an der Definition von Behinderung der UN-Behindertenrechtskonvention bzw. des Bundesbehindertengleichstel‐ lungsgesetzes. Der Unterschied zwischen Behinderung und Schwerbehinderung wird über den Grad der Behinderung abgebildet. Der Grad der Behinderung (GdB) beziffert die Schwere einer Behinde‐ rung. Er ist also das Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Die Schwere einer Behin‐ derung wird durch den Grad der Behinderung (GdB) in Zehnergraden von 20 bis 100 ausgedrückt. Eine Schwerbehinderung liegt bei einem GdB von 50 oder höher vor. Was wichtig für die Betroffenen ist: der Grad der Behinderung wird auf Antrag durch ärztliche Gutachter bemessen. Liegen mehrere Beeinträchtigungen vor, wird ein Gesamt-GdB ermittelt. Ebenso, wie Ihnen die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen der Definition von Behinderung exemplarisch dargestellt wurden, soll hier der Begriff auch aus einer alltäglichen Sichtweise erörtert werden. Menschen mit Behinderung haben Anspruch auf bestimmte Nachteilsausgleiche. Diese sind abhängig von der Art der Behinderung, aber auch vom Grad der Behinderung. Für schwerbehin‐ derte Menschen - ab einem GdB von 50 - gelten zum Beispiel besondere Regelungen beim Kündigungsschutz. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die einen GdB von mindestens 30 haben, können unter Umständen schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sein und dann auch Anspruch auf be-stimmte Nachteilsausgleiche haben. Auch die steuerlichen Freibeträge für Menschen mit Behinderung sind von der Höhe des GdB abhängig. Ein Handikap zu haben, beeinflusst das Leben - ob zu Hause oder unterwegs: Den Alltag mit Beeinträchtigung zu meistern, ist oft herausfordernd. In einer Welt, die zunehmend schnelllebiger wird, kann die Bewältigung des Alltags für Menschen mit Beeinträchtigung durchaus zur Herausforderung werden, die ohne fremde Hilfe vielleicht gar nicht möglich ist. Dabei geht es um Barrierefreiheit, aber auch um grundlegende Bedürfnisse, wie Wohnen, Arbeit oder soziale Kontakte. Unterstützung zu erhalten ist für Menschen mit Beeinträchtigung oft unabdingbar. Allerdings ist der Bedarf durch das Angebot mobiler Dienste und persönlicher Assistenzen keineswegs gedeckt. Nach wie vor herrscht in unserer Gesellschaft in Deutschland ein schlechtes bzw. negatives Bild von Behinderung vor - eines, dass Menschen mit Behinderungen als Bittsteller und hilfsbedürftig versteht und in der Gleichstellung, Nichtdiskriminierung und der Abbau von Barrieren immer noch Nebenschauplätze sind. Die Lebensqualität von Menschen mit Behinderung wird ganz entscheidend vom sozialen Verhalten ihrer Mitmenschen - von ihrem Gegenüber - geprägt. Menschen ohne Behinderung verhalten sich im Umgang mit Behinderten manchmal unsicher, grenzen unbewusst aus. Oft sind Unkenntnis oder gar oberflächliche Vorurteile Gründe dafür. Der Begriff Behinderung wird in Deutschland durch verschiedene gesetzliche Grundlagen definiert und dargestellt. 21 <?page no="22"?> Abgesehen von den physischen Herausforderungen sind Menschen mit Beeinträchtigung oft auch mit psychischen Schwierigkeiten konfrontiert. Isolation, Diskriminierung oder Abhängigkeit von anderen können Einfluss auf das seelische Wohlbefinden haben und den Alltag erheblich erschweren. Auch der gesellschaftliche Blick auf Menschen mit Beeinträchtigung und der Umstand, welcher Stellenwert ihnen in Deutschland zugeschrieben wird, spielen eine wesentliche Rolle, wenn es um Umgang, Akzeptanz und Respekt geht. Menschen mit Behinderung soll in unserer Gesellschaft eine gleichberechtigte Teilnahme am sozialen Leben ermöglicht werden. 2.1 Augenerkrankungen Menschen orientieren sich vorwiegend mit den Augen. Insgesamt 80 % aller Informationen, die wir verarbeiten, sind visuelle Daten. Doch was ist, wenn diese Informationsquelle abnimmt oder ganz versagt? Menschen, die unter einer Sehbehinderung leiden, können noch technische Hilfen, wie Lupen, kleine Fernrohre, spezielle Brillen (Kontrastverstärkung) oder eine Kombination aus mehreren Techniken, eine so genannte Fernrohrbrille, in Anspruch nehmen. Meist klammern sich Betroffene an ihr letztes Sehvermögen, bevor sie sich ganz auf ihre anderen Sinne umstellen müssen. Blinde hingegen nehmen nur noch durch akustische und haptische Reize ihre Umwelt wahr. Aus diesem Grund werden diese Sinne bei Blinden stark geschärft, um das Informations‐ defizit auszugleichen. Als sehbehindert gilt, wer trotz Korrektur (z. B. durch eine Brille), normale Sehfunktionswerte nicht erreicht und dessen Sehschärfe in der Ferne und/ oder in der Nähe auf 1/ 3 (30 %) bis 1/ 20 (5 %) der Norm (100 %) herabgesetzt ist. Das heißt, dass ein Sehbehinderter mit 1/ 20 Sehkraft aus 1 m Entfernung das erkennen kann, was ein Normalsichtiger aus 20 m Entfernung sieht. Ebenso können Gesichtsfeldausfälle von entsprechendem Schweregrad eine Sehbehinderung begründen. Als hochgradig sehbehindert gilt, wer eine Herabsetzung auf 1/ 20 (5 %) bis 1/ 50 (2 %) der Norm (100 %) aufweist. Diese Werte können mit einer Brille oder Kontaktlinsen nicht mehr verbessert werden. In Deutschland leben etwa 155.000 blinde und ca. eine halbe Million hochgradig sehbehinderte Menschen. • Geringgradige Sehbehinderung: Sehschärfe von 30-% bis 10% • Wesentliche Sehbehinderung: Sehschärfe von 10-% bis 5% • Hochgradige Sehbehinderung: Sehschärfe von 5-% bis 2% • Blind: Sehschärfe unter 2% Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum ist entscheidend, um blinden und sehbehinderten Menschen zu ermöglichen, sicher und eigenständig am öffentlichen Leben teilzunehmen. Dies kann durch technische Anpassungen, die den städtischen öffentlichen Verkehr nutzbar machen, sowie durch spezielle Dienstleistungen erreicht werden. Einige Beispiele für technische Anpassungen, die dazu beitragen, den öffentlichen Verkehrsraum für Blinde und Sehbehinderte nutzbar zu machen, sind: • Kontrastreiche visuelle Informationssysteme, um das Orientierungsvermögen zu erleichtern. Dies umfasst z. B. die Verwendung farbiger Linien, die sich gut von der Umgebung abheben, um den Weg zu markieren, wie auch verschiedene Arten von Farbkombinationen, die miteinander kombiniert werden können. 22 2 Arten von Behinderungen <?page no="23"?> • Optische Wiedererkennungssysteme, die es Blinden und Sehbehinderten ermöglichen, ihren Standort zu bestimmen und zu navigieren. Dies kann durch die Verwendung von Audio- oder Bilderkennungssystemen erreicht werden. • Hörbare Fahrplanauskünfte, die ein einfaches Anhören der Fahrpläne an Haltestellen ermög‐ lichen. • Braille- oder audio-basierte Anzeigetafeln an Haltestellen, die Informationen über ankom‐ mende und abfahrende Busse oder Züge anbieten. • Erhöhte Markierungen am Boden, die durch Barrierefreiheitssysteme wie Roter Punkt oder Blindenstock erkannt werden können. • Ein optisches System zur Übermittlung von Informationen über öffentliche Verkehrsmittel, z. B. durch den Einsatz von Kameras, die die Fahrgäste aufzeichnen und Informationen über die Lage und den Fortschritt der Fahrt anzeigen. • Automatische Schwellen, die den Ein- und Ausstieg aus öffentlichen Verkehrsmitteln erleich‐ tern. • Erhöhte Bordstufen an öffentlichen Verkehrsmitteln, um den Einstieg und Ausstieg zu erleichtern. • Eingebaute Navigationstools, die es Blinden und Sehbehinderten ermöglichen, sich sicher und einfach in öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewegen, z. B. durch den Einsatz von Audio- und Video-Navigationssystemen. Neben technischen Anpassungen bieten manche Städte auch spezielle Dienstleistungen für Blinde und Sehbehinderte an. Einige Beispiele dafür sind Orientierungs- und Mobilitätsdienste, in denen speziell ausgebildete Begleiter Blinden und Sehbehinderten helfen, sich sicher und eigenständig in öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewegen, oder spezielle Busse, die als Audio-Busse bezeichnet werden und Blinden und Sehbehinderten helfen, ihren Weg zu finden. Durch die Implementierung solcher technischer und nicht-technischer Anpassungen kann der öffentliche Verkehrsraum für Blinde und Sehbehinderte viel barrierefreier gemacht werden. Dies bietet blinden und sehbehinderten Menschen die Möglichkeit, ein eigenständiges und sicheres Leben zu führen. 2.2 Hörbehinderung & Gehörlosigkeit Das menschliche Ohr ist immer auf Empfang. Der Hörsinn ist als einziger Sinn rund um die Uhr im Einsatz. Das Gehör verschafft dem Menschen eine enge Verbindung zur Umwelt und zu anderen Menschen. Ein guter Hörsinn ist eine wichtige Voraussetzung für die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Er gehört im wahrsten Sinne des Wortes dazu. Der Hörsinn ist die Grundlage zwischenmenschlicher Kommunikation, dient der Orientierung und warnt vor Gefahren. Umso folgenreicher ist es, wenn dieser Sinn nachlässt, ganz verschwindet oder nie da war. Von einer Hörbehinderung spricht man bei einer Beeinträchtigung des Hörver‐ mögens. Diese kann von Hörminderung über Schwerhörigkeit bis hin zu bleibende Gehörlosigkeit reichen. Sie kann angeboren sein oder im Lauf des Lebens durch unterschiedliche Ursachen auftreten. Lippenlesen kann die Kommunikation erleichtern. Dabei gehen jedoch unter Umständen In‐ formationen verloren. Die Gebärden-sprache ist in Deutschland als eigenständige und vollwertige Sprache anerkannt und ermöglicht es gut zu kommunizieren. 2.2 Hörbehinderung & Gehörlosigkeit 23 <?page no="24"?> Der Grad einer Hörminderung wird in der Regel an der Hörschwelle des Ohrs, mit dem man besser hört, bestimmt. Jedoch kann auch eine schwere einseitige Hörminderung zu sehr starken persönlichen Einschränkungen führen. Denn auch dies beeinträchtigt das Sprachverständnis und die Richtungszuordnung von Geräuschen - vor allem in lauter Umgebung. Zudem ist Hören nicht gleich Verstehen. Durch Ausfall von bestimmten Frequenzbereichen hören Betroffene zwar oft noch etwas, können jedoch das Gesagte nicht mehr im Zusammenhang verstehen. Das ist häufig eine große Belastung für die Betroffenen. Es werden folgende Grade einer Höreinschränkung unterschieden: • Leichtgradig schwerhörig (Hörverlust von 20-40 dB): Lärm stört das Sprachverständnis, Flüstern oder leise Geräusche werden kaum oder gar nicht wahrgenommen. • Mittelgradig schwerhörig (Hörverlust von 40-60 dB): Schwierigkeiten, Gesprächen zu folgen. • Hochgradig schwerhörig (Hörverlust von 60-80 dB): Es wird ein Hörbehelf benötigt, um Gesprächen zu folgen, nur laute Geräusche werden gehört. • An Taubheit grenzend schwerhörig (Hörverlust von 80-95 dB): Nur sehr laute Geräusche werden wahrgenommen. • Gehörlosigkeit (Hörverlust größer als 90 dB). Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum ist eine wesentliche Angelegenheit für Menschen mit Hörbehinderung und Gehörlosigkeit, da sie durch den Mangel an Sinneswahrnehmung eingeschränkt sind. Es ist wichtig, dass sie auf sichere und einfache Art und Weise am öffentlichen Verkehr teilnehmen und ihre Mobilität erhöhen können. Ein wesentlicher Aspekt der Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum sind visuell taktile Hilfsmittel. Dazu gehören beispielsweise die Verwendung von farbigen Orientierungsmarkierun‐ gen, übergroßen Signaltafeln, Audioinformationen, optischen und taktilen Karten und vieles mehr. Diese können hörenden und nicht hörenden Personen helfen, sich sicher und selbstständig zu bewegen. Darüber hinaus können auch diverse Technologien zur Barrierefreiheit im öffentlichen Ver‐ kehrsraum beisteuern. Viele Verkehrsmittel sind heutzutage mit speziellen Kommunikationssys‐ temen ausgestattet, z. B. Gebärdensprache-Monitoren, automatischen Text-to-Speech-Systemen (TTS) und Unterstützungen für Hilfs-mittel wie Hörgeräte und Kopfhörer. Dies ermöglicht Menschen mit Hörbehinderung und Gehörlosigkeit, die Echtzeit-Informationen in einer für sie verständlichen Form zu erhalten Schließlich ist die Ausbildung des Personals im öffentlichen Verkehrswesen wesentlich, um eine vollständige Barrierefreiheit zu gewährleisten. Viele Verkehrsbetriebe bieten mittlerweile Schulungen an, in denen Mitarbeiter lernen, wie man mit Menschen mit Hörbehinderung und Gehörlosigkeit kommuniziert und sie unterstützt. Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum für Menschen mit Hörbehinderung und Gehör‐ losigkeit ist eine komplizierte Aufgabe, aber durch den Einsatz verschiedener Technologien, visueller und taktiler Hilfsmittel sowie verbesserter Schulungen des Personals, kann sichergestellt werden, dass Menschen mit Hörbehinderung und Gehörlosigkeit sicher und selbstständig am öffentlichen Verkehr teilnehmen können. 24 2 Arten von Behinderungen <?page no="25"?> 2.3 Körperliche Einschränkungen Wenn ein Mensch physisch stark eingeschränkt ist, spricht man von einer körperlichen Behin‐ derung. Diese Einschränkung ist meist durch eine Schädigung oder Dysfunktion der Stütz- und Bewegungsorgane bedingt. Auch Organschädigungen oder Erkrankungen können einen Menschen in seinen körperlichen Funktionen beeinträchtigen. Ein solches Handicap kann angeboren sein, z. B. genetische Ursachen haben. Schädigungen können auch im Lauf des Lebens erworben werden, z. B. als Folge eines Unfalls oder aufgrund einer chronischen Erkrankung. Als körperliche Behinderung werden alle Erscheinungsformen und Schweregrade körperlicher Beeinträchtigungen verstanden. Ursachen hierfür können sein: • Schädigungen des zentralen Nervensystems: Querschnittslähmung, Hirnschädigungen, ze‐ rebrale Bewegungsstörungen (z. B. Spastik), Multiple Sklerose, Spaltung der Wirbelsäule, Kinderlähmung, Parkinson • Schädigungen des Skelettsystems: Rückgratverkrümmungen (z. B. Skoliosen), Glasknochen‐ krankheit, Gelenkfehlstellungen • Fehlbildungen des Skelettsystems: Fehlen von Gliedmaßen (Amelie), Fehlbildung einer oder mehrerer Gliedmaßen (Dysmelien), Spaltbildungen von Hand oder Fuß • Schädigungen der Gliedmaßen: Gliedmaßenverlust, durch Unfall, Amputationen, wegen Tumoren oder Gefäßerkrankungen, Gliedmaßenfehlbildungen • Muskelsystemerkrankungen: Muskelschwäche, Muskelschwund • Entzündliche Erkrankungen der Knochen und Gelenke: Arthritis, Rheuma Wenn es um die Unterstützung von Menschen mit körperlichen Einschränkungen geht, ist Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum ein wichtiges Anliegen. Zudem ist es ein komplexes Thema, das viele verschiedene Aspekte betrifft. Um Menschen mit körperlichen Einschränkungen ein barrierefreies und sicheres Reisen zu ermöglichen, muss die Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum berücksichtigt werden. Ein wichtiger Teil der Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum ist der Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln. Menschen mit körperlichen Einschränkungen müssen in der Lage sein, leicht auf Busse, Züge und Straßenbzw. U-Bahnen zuzugreifen. Um dies zu ermöglichen, müssen die Eingänge und Verteilungsbereiche einer Station, Fahrzeuge und Anlagen zugänglich gemacht werden, z. B. durch Rampen, Treppenlifte und speziell gekennzeichnete Bereiche für Rollstuhlfahrer. Darüber hinaus müssen die Fahrzeuge auch barrierefrei sein, indem sie erhöhte Sitzbereiche, Spezialsitze für Rollstuhlfahrer und breitere und niedrigere Türöffnungen haben. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum sind die Benachrichtigungssysteme. Menschen mit körperlichen Einschränkungen sollte es möglich sein, rechtzeitig über die Fahrpläne und andere relevante Dinge Informationen zu bekommen. Dies kann durch visuelle, auditive und haptische Benachrichtigungssysteme ermöglicht werden, z.-B. durch Sprachansagen, Digitalanzeigen und taktile Markierungen. Es ist auch wichtig, dass Menschen mit körperlichen Einschränkungen sichere und bequeme Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten erhalten. Dies kann durch eine Kombination aus Rampen, Liften und anderen barrierefreien Zugängen ermöglicht werden. Diese Zugänge müssen klar gekennzeichnet und leicht zugänglich sein. 2.3 Körperliche Einschränkungen 25 <?page no="26"?> Darüber hinaus sollte auch sichergestellt werden, dass Menschen mit körperlichen Einschrän‐ kungen im öffentlichen Verkehrsraum angemessen betreut werden. Zu diesem Zweck sollten Bahnhöfe, Busbahnhöfe und andere Verkehrsräume speziell geschultes Personal haben, das den Fahrgästen bei Bedarf helfen kann. Insgesamt ist Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum ein komplexes Thema, das viele verschiedene Aspekte umfasst. Es ist jedoch wichtig, dass alle Aspekte bei der Gestaltung des öffentlichen Verkehrsraums berücksichtigt werden, um Menschen mit körperlichen Einschrän‐ kungen ein barrierefreies und sicheres Reisen zu ermöglichen. 2.4 Geistige Behinderung Eine geistige Behinderung ist gemäß „American Association on Intellectual and Developmental Disabilities“ eine Einschränkung kognitiver Fähigkeiten und des adaptiven Verhaltens, welche sich in den konzeptuellen, sozialen und praktischen Fähigkeiten widerspiegelt und bereits im Kindesalter auftreten kann. Eine geistige Behinderung ist eine dauerhafte, schwerwiegende Beeinträchtigung der intellek‐ tuellen Fähigkeiten und/ oder eine Einschränkung des Verhaltens, die sich in einer erheblichen Beeinträchtigung der Fähigkeiten des Individuums zur Anpassung an die sozialen Anforderungen der Umgebung zeigt. Sie kann durch angeborene Faktoren, Krankheiten, schlechte Ernährung oder eine schlechte Pflege hervorgerufen werden. Menschen mit einer geistigen Behinderung bedürfen einer besonderen Unterstützung, um ihr volles Potenzial ausschöpfen zu können. Zu den Behandlungsoptionen gehören Medikamente, psychotherapeutische Behandlung, Erziehungs- und Beratungsprogramme, Berufsausbildung, Unterstützung bei der Teilhabe am täglichen Leben und/ oder spezielle Unterstützungsprogramme. Das Anliegen der Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum ist für Menschen mit geistiger Behinderung eine wichtige Frage, um die Lebensqualität dieser Menschen zu verbessern und die Teilhabe an gesellschaftlichen Aktivitäten zu ermöglichen. Daher ist es wichtig, Maßnahmen zu ergreifen, um eine echte Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum zu erreichen. Es gibt viele Faktoren, die zur Herstellung von Barrierefreiheit für Menschen mit geistiger Behinderung beisteuern können, und es ist wichtig, dass sie angemessen berücksichtigt werden. Einer der wegweisendsten Aspekte ist die Erhöhung der Zugänglichkeit. Dies bedeutet, dass öffentliche Verkehrsmittel leicht erreichbar und benutzerfreundlich sein sollen. Zu diesem Zweck müssen bestimmte technische Anforderungen erfüllt werden, wie z. B. die Verfügbarkeit von Rampen und Treppenliften, um einen einfachen und barrierefreien Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln zu ermöglichen. Es ist auch wichtig, dass es leicht verständliche Informationen gibt, um Menschen mit geistiger Behinderung dabei zu helfen, die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen. Dazu gehören leicht verständliche Anweisungen oder Hinweise, Zeitpläne und Karten, die leicht zu verstehen sind, sowie Anzeigetafeln, die klare Informationen über An- und Abfahrtszeiten liefern. Darüber hinaus sollten die öffentlichen Verkehrsmittel auch angepasste Dienstleistungen für Menschen mit geistiger Behinderung anbieten, z.-B. spezialisierte Fahrgastbetreuung. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Verfügbarkeit von technischer Unterstützung, um Menschen mit geistiger Behinderung dabei zu helfen, sich in der Öffentlichkeit fortzubewegen. Dies kann in Form von Hilfsgeräten erfolgen, wie z. B. speziellen Rollstühlen oder speziellen Assistenzgeräten, die es den Menschen ermöglichen, sich in ihrer Umgebung sicherer zu fühlen. 26 2 Arten von Behinderungen <?page no="27"?> Darüber hinaus sollte auch ein entsprechender Support vorhanden sein, der Menschen mit geistiger Behinderung dabei hilft, sich in der Öffentlichkeit sicher zu bewegen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Verfügbarkeit von speziellen Trainingsangeboten, die den Menschen mit geistiger Behinderung dabei helfen, sich im öffentlichen Verkehrsraum zurechtzufinden und sich darin zu orientieren. Diese Trainingsangebote können ihnen helfen, sich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln vertraut zu machen und die richtigen Entscheidungen bezüglich der benötigten Unterstützung zu treffen. Schließlich ist es wichtig, dass Menschen mit geistiger Behinderung die Möglichkeit haben, öffentliche Verkehrsmittel in einer sicheren Umgebung zu nutzen. Dazu gehört, dass sie auf angemessene Weise unterstützt und betreut werden. Dies bedeutet, dass sie auf entsprechende Weise unterstützt werden müssen, wenn sie sich in der Öffentlichkeit bewegen, so dass sie sich sicher und geborgen fühlen. All diese Faktoren tragen zur Schaffung von Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum für Menschen mit geistiger Behinderung bei. Sie sind wichtig, damit Menschen mit geistiger Behinderung die gleichen Chancen haben, sich sicher und frei im öffentlichen Verkehrsraum zu bewegen. Nur so können sie tatsächlich am gesellschaftlichen Leben teilhaben, was ihnen zweifelsfrei zusteht. 2.4 Geistige Behinderung 27 <?page no="29"?> 3 Lebenssituation und geschichtlicher Hintergrund in Deutschland Über die Jahrhunderte hinweg wurden Menschen mit Behinderungen fortwährend immer wieder ausgegrenzt oder vorgeführt. Fehlende Rechte erschwerten ihnen, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Dennoch hat sich für Menschen mit Behinderung vieles verbessert, auch wenn Inklusion im 21. Jahrhundert noch nicht gelungen ist. Behinderung oder „Normalität" sind keine individuellen Dispositionen, sondern Kategorien, die innerhalb des Gesellschaftssystems in Ab‐ hängigkeit voneinander hergestellt werden. Diese Kerngedanken müssen in wissenschaftlichen und politischen Diskursen, in Bürokratie und Institutionen und in der Alltagswelt als vorrangige Anliegen für die betroffenen Menschen thematisiert werden. Die Weimarer Republik war eine schwierige und verworrene Zeit für Menschen mit Behinde‐ rung. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs gab es in Deutschland einen starken Anstieg an Behinderungen, die durch Kriegsverletzungen, Krankheiten und Geburtsfehler entstanden bzw. hervorgerufen wurden. Die Weimarer Regierung versuchte, dieser wachsenden Population zu helfen, aber aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage und des Bürgerkriegs, der in Deutschland wütete, blieben viele ihrer Anstrengungen unerfüllt. Die meisten Menschen mit Behinderung wurden als absolut hilflos angesehen und in Pflegeheime gesteckt, um sie von der Gesellschaft fernzuhalten bzw. abzuschirmen. Dieses entstandene System führte zu einem Mangel an Bildung und medizinischer Versorgung, was die Situation weiter verschlechterte. Es gab einige Gesetze und rechtliche Verordnungen, die Menschen mit Behinderungen ein‐ schränkten, wie z. B. das Verbot und Untersagung, zu arbeiten oder ein Auto zu fahren. In den 1920er Jahren wurden einige Programme zur Unterstützung von Menschen mit Behinderun‐ gen eingeführt, um ihnen zu helfen, ein normales Leben zu führen bzw. steuern. Darunter fielen finanzielle Hilfen und Unterstützung für die Pflege und Rehabilitation, Unterstützung bei der Arbeitssuche und Ausbildung, sowie die Gründung von Sonderschulen. Trotz dieser Anstrengungen erlebten Menschen mit Behinderungen weiterhin eine Menge Diskriminierung, Ausgrenzung und Benachteiligung. Viele von ihnen wurden aus dem öffentlichen Leben verbannt und ausgeschlossen, und sie wurden oft als weniger wert geachtet als andere. Die Weimarer Republik zu Beginn des 20. Jahrhunderts, war eine schwierige Zeit für Menschen mit Behinderungen, die durch Diskriminierung und Benachteiligung marginalisiert wurden. Es war ein Zeitalter, in dem es schwierig war, als Mensch mit Behinderung zu überleben und zu gedeihen, aber dank einiger Reformen und Programme wurden die Bedingungen für Menschen mit Behinderungen verbessert. Körperliche „Andersheiten" waren im 20. Jahrhundert nicht nur Objekte der Forschung, sondern vor allem auch Zielobjekte von Therapie- und Präventions-Ver‐ suchen. In der Medizin, hauptsächlich der Psychiatrie, kümmerte man sich zunehmend um die medizinische Versorgung von behinderten Menschen. Parallel dazu befasste sich die sogenannte „Krüppelpädagogik“ mit den Ursachen von Krank‐ heit und Behinderung von Kindern und Jugendlichen. Behinderte Menschen wurden in der Gesellschaft gemieden und im Sprachgebrauch wurden sie als „verkrüppelt", „missgebildet" oder „idiotisch" bezeichnet. Zudem galten sie als soziales Problem. Der „Selbsthilfebund für Körperbe‐ hinderte“ setzte sich 1917 gegen den Begriff „Krüppel“ und für die Verwendung der Bezeichnung „Körperbehinderte“ ein. Dies führte dazu, dass betroffene Kinder und Jugendliche nun auch zur Schule gehen durften, allerdings bestand weiterhin eine Barriere zu nicht-behinderten Kindern und Jugendlichen, weil sie in separaten Schulen unterrichtet wurden. <?page no="30"?> Der Nationalsozialismus ist eine der dunkelsten Seiten in der deutschen Geschichte. Es war eine furchtbare Zeit für Menschen mit Behinderung. Während der NS-Zeit wurden Menschen mit Behinderung als „lebensunwert“ angesehen und oftmals diskriminiert. Die Nazis hatten eine strikte Politik der „Eugenik“, in der Menschen mit Behinderung als minderwertig angesehen wurden. Vom Beginn des Nationalsozialismus an wurden Menschen mit Behinderungen als minderwertig und als unerwünscht betrachtet. In den frühen 1930er Jahren wurde das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ ver‐ abschiedet. Dieses Gesetz ermöglichte es den Nazis, Menschen mit Behinderungen zu sterilisieren, zu enteignen und abzusondern. Zudem wurde die „Euthanasie-Aktion T4“ eingeführt, bei dem Menschen mit Behinderungen in staatlichen Institutionen aufgrund ihrer Behinderungen ermor‐ det wurden. Diese Aktion wurde durch Ärzte, Krankenschwestern und sogar durch Angehörige der betroffenen Personen durchgeführt. Weiterhin wurden viele Menschen mit Behinderungen in Konzentrationslager deportiert. Dort wurden sie oft schlecht behandelt und eingesperrt. Manche von ihnen wurden sogar zu medizinischen Experimenten missbraucht. In einigen Ländern wurden Menschen mit Behinderungen in Gaskammern ermordet. Neben dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses wurden weitere Gesetze erlassen, die darauf abzielten, Menschen mit Behinderungen aus der deutschen Gesellschaft auszuschlie‐ ßen, indem bestimmte Berufe und Schulen für sie nicht zugänglich gemacht wurden. Diese Menschen wurden auch dazu gezwungen, sich als „lebensunwert“ zu bezeichnen, um ihre Menschenwürde zu verlieren. Im Jahr 1939 wurde ein Gesetz erlassen, das die Einrichtung von sogenannten „Heil- und Pfle‐ geanstalten“ ermöglichte. In diesen Anstalten wurden Menschen mit Behinderungen unterdrückt, eingesperrt und oft auch brutal behandelt. Viele von ihnen mussten dort unter schrecklichen Bedingungen leben, aus denen sie nie wieder entkommen konnten. Darüber hinaus erließ die Nazi-Regierung ein Gesetz, das es Ärzten ermöglichte, Menschen mit Behinderungen zu „erlösen“, indem sie sie töteten. Diese sogenannten „Euthanasie“-Programme wurden zwischen 1939 und 1945 durchgeführt und führten zum Tod von Hunderttausenden von Menschen mit Behinderungen. Es ist schwer zu sagen, wie viele Menschen mit Behinderungen während des Nationalsozialismus ermordet wurden, aber Experten schätzen, dass es bis zu 300.000 waren. Die meisten Überlebenden hatten traumatische Erlebnisse und mussten mit den psychischen Folgen des Holocausts leben. In den frühen Jahren des Nationalsozialismus führten die Nazis einen staatlich gesteuerten Feldzug und Kampagne zur Sterilisierung von Menschen mit Behinderungen ein. In den folgenden Jahren erfolgten mehr als 400.000 Zwangssterilisationen, die meisten im Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung und/ oder einer intellektuellen Behinderung. Der Nationalsozialismus hatte also eine verheerende Wirkung auf die Menschen mit Behin‐ derungen in Deutschland. Viele von ihnen wurden diskriminiert, eingesperrt, sterilisiert und ermordet. Diese Menschen waren Opfer des Nazisystems und waren an ihrem Schicksal nicht schuld. Es ist daher wichtig, dass wir uns ihrer Erfahrungen stets bewusst sind und uns an die schreckliche Vergangenheit erinnern, die sie erlitten haben. Nach dem Ende des Nationalsozia‐ lismus versuchte man, die furchtbaren Verbrechen gegen Menschen mit Behinderungen wieder gutzumachen. Es wurden mehrere Programme und Initiativen ins Leben gerufen, die Menschen mit Behinderungen eine bessere Lebensqualität ermöglichen sollten. Heutzutage gibt es zahlreiche Aktivitäten und Initiativen, die sich für die Rechte von Menschen mit Behinderungen einsetzen und stark machen, und es wird immer mehr versucht, das Leben dieser Menschen zu verbessern und ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Trotzdem ist die Situation für Menschen mit Behinderungen immer noch schwierig und sie müssen weiter‐ hin gegen Diskriminierung und Unterdrückung ankämpfen. Es ist wichtig, dass wir uns an die 30 3 Lebenssituation und geschichtlicher Hintergrund in Deutschland <?page no="31"?> schrecklichen Verbrechen gegen Menschen mit Behinderungen während des Nationalsozialismus erinnern, um zu verhindern, dass sie sich wiederholen. Wir müssen uns auch bewusst sein, dass viele Menschen mit Behinderungen heute noch diskriminiert und ausgegrenzt werden. Nur durch die Anerkennung ihrer Menschenrechte und die Förderung ihrer Teilhabe an der Gesellschaft können wir sie wirklich schützen. Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland und die darauffolgende gesellschaftliche sowie politische Veränderung in der Begrifflichkeit von Behinderung Behindertenpolitik in der Bundesrepublik bedeutete zunächst eine Politik der sozialen Sicherung. Den konzeptionellen Kern der bundesdeutschen Behindertenpolitik bildeten weiterhin medizini‐ sches Defizitmodell, Normalisierungsziel und Rehabilitationsparadigma. Behinderung wurde mit Hilflosigkeit und Leid gleichgesetzt, das kaum Raum für ein erfülltes Leben bei den betroffenen Menschen zuließ. Sie wurde sogar bis in die 1970er Jahre hinein vor allem als individuelles, funktionales Defizit in Bezug auf die Erwerbsfähigkeit und Produktivität einer Person verstanden. So auch in einer Definition des Bundesinnenministeriums aus dem Jahr 1958: "Als behindert gilt ein Mensch, der entweder aufgrund angeborener Missbildung bzw. Beschädigung oder durch Verletzung oder Krankheit eine angemessene Tätigkeit nicht ausüben kann.“ Im Endeffekt waren betroffene Menschen im politischen und gesellschaftlichen Diskurs immer mehr oder minder leistungsgestört. Menschen, die selbst mit Behinderungen lebten, konnten in den öffentlichen und politischen Arenen kaum Einfluss nehmen. Zu Beginn der siebziger Jahre haben sich die sozialdemokratischen Schlagworte „Demokratisie‐ rung", „Lebensqualität", „Humanisierung" und „Chancengleichheit" etabliert, sie sollten im Wei‐ teren die Behindertenpolitik in Konzeption und Umsetzung prägen. Der Politik und Gesellschaft war es wichtig, Menschen mit Behinderungen ein gleichberechtigtes Leben in der Gemeinschaft zu erschließen. Die Qualität des Lebens für die Behinderten in unserer Gesellschaft war aus Sicht der Politik in den siebziger Jahren ein Spiegel für die Qualität der Gesellschaft. Die damalige Bundesregierung wollte Diversitätsfolgen („Antidiskriminierungs- und Gleichberechtigungsbe‐ wegung der 1960er und 1970er Jahre in den USA“ hier insbesondere im Kampf gegen Rassismus gegenüber schwarzen US-BürgerInnen) kompensieren, indem sie den Hindernisabbau ideell und materiell förderte. Aufgrund beschränkter Kompetenzspielräume konzentrierte sie sich vor allem darauf, zwei DIN-Normen zum hindernisfreien Bauen zu initiieren. Hindernisabbau und „behindertengerechtes" Bauen blieben dabei mit Rehabilitation und funktionaler Anpassung verknüpft. Behinderung galt jedoch weiterhin als individuelles Problem, das mit instrumenteller Hilfe gelöst werden konnte und musste. Integration wurde als Bemühung verstanden, Menschen in die Gesellschaft hereinzuholen, der sie bisher scheinbar fernstanden. Dennoch und trotz aller Divergenzen zwischen Theorie und Praxis dieser Reformphase, lässt sich der Beginn eines Politik- und Denkwandels ausmachen. In den 1980ziger Jahren gab es in der Bundesrepublik Deutschland Selbstbestimmungs- und Emanzipationsbestrebungen behinderter Menschen, die sich in Protesten ausdrückten. Die erste Emanzipationsbewegung zeigte Bilder von unterdrückten und bevormundeten Opfern. Am provokantesten taten dies die seit 1977 entstehenden "Krüppelgruppen". Bewusst kämpferisch wählten sie die provokante Selbstbezeichnung "Krüppel", um sich von den Integrations- und Normalisierungserwartungen der Behindertenpolitik zu distanzieren. Sie forderten behinderte Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland 31 <?page no="32"?> Menschen dazu auf, sich aus ihrem Opferstatus zu befreien. 1980 gelang es einer gemeinsamen Protestveranstaltung von Krüppelgruppen, Clubs Behinderter und ihrer Freunde e. V. und anderen Organisationen, größeres mediales Echo hervorzurufen. Einen weiteren Höhepunkt erlebte die Bewegung in den Protesten gegen das International Year of Disabled Persons, dass die UNO-Vollversammlung ausgerufen hatte und das auch in der Bundesrepublik begangen wurde. Um dieser Kritik Ausdruck zu verleihen, bildete sich die Aktionsgruppe gegen das UNO-Jahr der Behinderten. Ihre öffentlichkeitswirksamen Aktionen gipfelten im "Krüppeltribunal" in Dortmund. Das Tribunal klagte Menschenrechtsverletzungen in Dauerpflegeeinrichtungen, Strukturen der Aussonderung und Mobilitätsbeschränkungen an und deckte als neues Thema die sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Frauen mit Behinderungen auf. In der Folge des Protestjahres differenzierte sich die Emanzipationsbewegung aus. Auf lo‐ kaler Ebene engagierten sich viele im Abbau von Alltagshindernissen und verschafften sich schrittweise Zugang zur Bundes- Landes- und Kommunalpolitik. Die Gruppen kämpften für die Gleichstellungs- und Antidiskriminierungs-Gesetzgebung und griffen aktiv in Eugenik- und Bioethikdiskurse ein. Wichtige Impulse gingen dabei vom 1990 in den USA verabschiedeten Anti‐ diskriminierungsgesetz (Americans with Disabilities Act) und den 1993 von der Generalversamm‐ lung der Vereinten Nationen angenommenen Rahmenbestimmungen über die Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen aus. Letztere verpflichteten die Staaten, Diskriminierungen auf gesetzlichem Weg zu beseitigen und einen rechtlichen Rahmen für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen zu schaffen. In der Bundesrepublik drängte der sogenannte Initiativkreis Gleichstellung Behinderter erfolgreich darauf, das Grundgesetz entsprechend zu ändern und Gleichstellungsgesetze auf Bundes- und Länderebene zu verabschieden. 1994 wurde der Satz „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ in den Artikel 3 des Grundgesetzes aufgenommen. Damit dieses Benachteiligungsverbot im Alltag Wirkung zeigen konnte, bedurfte es gesetzlicher Kon‐ kretisierungen. Eine Allianz zwischen Interessenverbänden und Aktion Sorgenkind e. V. (heute Aktion Mensch e. V.) weckte 1997 mediale Aufmerksamkeit für das Thema und erreichte, dass die Verabschiedung eines Behindertengleichstellungsgesetzes des Bundes 1998 in die Koalitionsver‐ einbarung einging. Das 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, gibt den Dienststellen des Bundes Rahmenbedingungen vor, die vor Benachteiligungen schützen sollen. Kernanliegen ist eine umfassend verstandene Barrierefreiheit, die sich nicht auf die Beseitigung baulich-technischer Barrieren beschränkt. Menschen mit Behinderungen sollen vielmehr alle Lebensbereiche in allgemein üblicherweise, ohne besondere Erschwernisse und ohne fremde Hilfe zugänglich gemacht werden. Erstmals in der Geschichte der bundesdeutschen Behindertenpolitik waren, über das Forum behinderter Juristinnen und Juristen, behinderte Menschen direkt und ohne die Vorschaltung von Verbänden, in die für den Gesetzentwurf zuständige Arbeitsgruppe des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung integriert worden. Nötig war aber auch ein Antidiskriminierungsgesetz für den zivilrechtlichen Geltungsbereich. Erst 2006 konnte das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in Kraft treten. 2009 erfolgte die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention durch die Bundesrepublik Deutschland. Dem folgten weitere Gesetzesänderungen, die Menschen mit Behinderungen mehr Rechte einräumten (z. B. im Baurecht oder in Bezug auf die Rente). Außerdem wurde das Sonderschulsystem durch Förderzentren ergänzt. Auch Menschen mit Lernschwierigkeiten (bzw. „mit geistiger Behinderung“) vereinigten sich für ein selbstbestimmtes Leben im Netzwerk 32 3 Lebenssituation und geschichtlicher Hintergrund in Deutschland <?page no="33"?> „Mensch zuerst“. Allmählich setzte sich eine neue Perspektive durch: Es ist vor allem die Gesellschaft, die Menschen behindert. Die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sollte in Deutschland selbstverständlich sein. Der Begriff der Inklusion formuliert außerdem die Absicht, menschliche Vielfalt zu fördern, indem Menschen mit Behinderung genauso wie andere Zugang zu öffentlichen Einrichtungen haben und dort auch willkommen sind. Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland 33 <?page no="35"?> 4 Behinderung / Schwerbehinderung Damit Menschen mit einer Behinderung die notwendige Hilfe und Unterstützung in Anspruch nehmen können, ist es grundsätzlich nicht erforderlich, dass ein bestimmter „Grad der Behinde‐ rung“ (GdB) festgestellt und durch einen Ausweis bescheinigt wird. Laut dem Neunten Sozialgesetzbuch (§ 2 Abs. 1 SGB IX): „Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelisch, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können.“ Der Umfang der Einschränkung wird mit dem GdB in Zehnergraden von 20 bis 100 beschrieben. Dementsprechend gilt als Behinderung eine Funktionseinschränkung ab einem GdB von 20. Schwerbehindert sind nach § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, bei denen ein GdB von wenigstens 50 festgestellt wurde. Menschen mit Behinderungen mit einem GdB deren Grad der Behinderung wenigstens 50 beträgt und die in Deutschland wohnen gelten als schwerbehindert. Für den Erhalt von Nachteilsausgleichen ist neben der Feststellung des GdB auch ein entspre‐ chendes Merkzeichen erforderlich. Es dient als Nachweis für besondere Beeinträchtigungen und kennzeichnet Rechte und Hilfen zum Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile. Das Versorgungsamt prüft auf Grundlage des GdB, ob ein Mensch mit Behinderungen Anspruch auf Zuerkennung eines oder mehrerer Merkzeichen besitzt. Arten und Beispiele • G - Die Ausweisinhaberin bzw. der Ausweisinhaber ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt. • aG - Die Ausweisinhaberin bzw. der Ausweisinhaber ist außer-gewöhnlich gehbehindert. • H - Die Ausweisinhaberin bzw. der Ausweisinhaber ist hilflos. • Bl - Die Ausweisinhaberin bzw. der Ausweisinhaber ist blind. Als blind ist auch der Mensch mit Behinderung anzusehen, dessen Sehschärfe so gering ist, dass er sich in einer ihm nicht vertrauten Umgebung ohne fremde Hilfe nicht zurechtfinden kann. • Gl - Die Ausweisinhaberin bzw. der Ausweisinhaber ist entweder gehörlos, weil Taubheit beider Ohren vorliegt. Oder die Ausweisinhaberin bzw. der Ausweisinhaber weist zum einen eine Hörbehinderung mit einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit beidseits und zum anderen eine schwere Sprachstörung bzw. eine schwer verständliche Lautsprache oder einen geringen Wortschatz auf. • B - Berechtigt zur Mitnahme einer Begleitperson. • RF - Die Ausweisinhaberin bzw. der Ausweisinhaber erfüllt die landesrechtlich festgelegten gesundheitlichen Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht und ggf. für den Sozialtarif für Verbindungen im T-Net. • TBl - Das Merkzeichen erhalten taubblinde Menschen. Das Merkzeichen TBl wird vom Versorgungsamt festgestellt, wenn wegen einer Störung der Hörfunktion ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 70 und wegen einer Störung des Seh-vermögens ein GdB von 100 anerkannt ist. • Neben der Befreiung von den Rundfunkgebühren, bieten manche Länder eine Erhöhung des Blindengeldes an. <?page no="36"?> Der Schwerbehindertenausweis wird in der Regel zunächst für die Dauer von maximal 5 Jahren ausgestellt. Liegen die Voraussetzungen weiterhin vor, kann der Ausweis zweimal verlängert werden. Ist keine Änderung in Art und Schwere der Behinderung zu erwarten, kann der Ausweis auch unbefristet ausgestellt werden, vgl. § 6 Schwerbehindertenausweisverordnung. Was wichtig zu erwähnen ist: das im August 2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbe‐ handlungsgesetz (AGG) stärkt die Rechte aller Menschen mit Behinderung in den Bereichen Beschäftigung und Beruf, aber auch im alltäglichen Leben. Um eine Benachteiligung auf diesem Gebiet auszuschließen, wurde ein Benachteiligungsverbot eingeführt. 36 4 Behinderung / Schwerbehinderung <?page no="37"?> 5 UN-Behindertenrechtskonvention UN-BRK - Geschichte Die Behindertenrechtskonvention, auch als Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen bekannt, ist eine internationale Menschenrechtskonvention, die von den Vereinten Nationen am 13. Dezember 2006 verabschiedet wurde. Die Konvention be‐ tont, dass Behinderte das Recht auf Gleichheit und Würde haben. Es ist das erste völkerrechtliche Instrument, das sich ausschließlich mit den Rechten von Menschen mit Behinderungen befasst. Es bietet ein umfassendes und völkerrechtlich bindendes Rahmenwerk für die Umsetzung der Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen und stellt eine wichtige Grundlage für die weltweite Förderung von Chancengleichheit und Inklusion in der Gesellschaft dar. Die Konvention verbindet internationale Menschenrechtsstandards und erkennt Menschen mit Behinderungen als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft an. Sie trägt dazu bei, dass Menschen mit Behinderungen vor Diskriminierung geschützt werden und dass ihnen das Recht auf ein Leben in Würde und Autonomie, auf Teilhabe und Beteiligung, auf Inklusion und Gleichstellung garantiert wird. Die Konvention hat eine lange und komplexe Geschichte, die bis in das 20. Jahrhundert zurückreicht und deren Wurzeln sich bis ins 19. Jahrhundert erstrecken. Es ist eine Geschichte der Ermutigung, der Solidarität und des Kampfes, die eine starke Botschaft des Fortschritts und der Hoffnung für Menschen mit Behinderungen auf der ganzen Welt vermittelt. Sie beinhaltet die Notwendigkeit, Barrieren zu beseitigen, um die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen an allen Aspekten des Lebens zu ermöglichen. Die Behindertenrechtskonvention ist ein neues Dokument. Es stammt aus dem Jahr 2006, in dem es von der UN-Generalversammlung verabschiedet wurde. Vorher hatte die UN bereits einige andere Dokumente verabschiedet, die sich mit dem Thema Behinderung befassten, wie die Standardregeln für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (1975) und den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (1966). Die Konvention konzentriert sich auf die Rechte von Menschen mit Behinderungen in vier Bereichen: den politischen Rechten, den wirtschaftlichen Rechten, den sozialen Rechten und den kulturellen Rechten. In Bezug auf politische Rechte verlangt die Konvention, dass Behinderten das Recht auf politische Beteiligung und Mitsprache zuerkannt wird. Die Konvention wurde im Jahr 2004 von den Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen in einer Generalversammlung verabschiedet. Der Entwurf der Konvention stammte aus einem langen und kontroversen Prozess, der durch den Einsatz von Menschen mit Behinderungen, Aktivisten und Regierungsvertretern unterstützt wurde. Der Prozess begann im Jahr 2001 mit einer Resolution der Generalversammlung, in der die Mitgliedsstaaten aufgefordert wurden, die Konvention zu erarbeiten. Die Mitgliedsstaaten formulierten daraufhin den Entwurf der Konvention, der schließlich im Jahr 2006 verabschiedet wurde. Die Konvention trat am 3. Mai 2008 in Kraft und hat sich seither als eines der wichtigsten internationalen Menschenrechtsinstrumente erwiesen. Der Inhalt der Konvention deckt eine breite Palette von Themen ab, darunter den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen, den Zugang zu Bildung, den Zugang zu Arbeit, die Barrierefreiheit, die Teilhabe am öffentlichen Leben, die Achtung der Integrität des Menschen, den Schutz vor Diskriminierung, die Gleichstellung, die Förderung von Chancengleichheit und die Achtung der Menschenwürde. Die Konvention ist ein Meilenstein in der internationalen Menschenrechtsgeschichte und eine wichtige Triebfeder für die Förderung von Chancengleichheit und inklusiven Gesellschaften in <?page no="38"?> allen Bereichen des Lebens. Sie hat auch zu einer Veränderung des internationalen Menschen‐ rechtsdiskurses geführt, indem sie darauf hingewiesen hat, dass Menschen mit Behinderungen einen Anspruch auf ein Leben in Würde und Autonomie haben und dass es notwendig ist, ihnen das Recht auf Teilhabe und Beteiligung, auf Inklusion und Gleichstellung zu gewähren. Heute ist die UN-Behindertenrechtskonvention ein wichtiges Instrument, um die Menschen‐ rechte von Menschen mit Behinderungen zu schützen und zu fördern. Mehr als 150 Länder haben die Konvention ratifiziert und sich verpflichtet, ihren Inhalt in ihren nationalen Gesetzgebungen umzusetzen. Zwar gibt es noch viel zu tun, aber die Konvention hat eine wichtige Rolle bei der Förderung von Chancengleichheit und Inklusion gespielt und ist ein wesentlicher Bestandteil des Bestrebens, eine weltweite Kultur der Achtung und Wertschätzung für Menschen mit Behinderungen zu schaffen. Der Rat der Europäischen Union hat die Konvention 2009 ratifiziert. Viele andere Staaten, darunter die USA, haben ebenfalls angekündigt, dass sie die Konvention ratifizieren werden. Die Behindertenrechtskonvention ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer inklusiven Gesellschaft, in der Menschen mit Behinderungen uneingeschränkte Teilhabe an allen Aspekten des öffentli‐ chen Lebens haben. Durch die Ratifizierung der Konvention haben Staaten sich verpflichtet, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu schützen. 5.1 Ziel der UN-Behindertenrechtskonvention Weltweit betrachtet gehören Menschen mit Behinderung zu den Personen, die mit am häufigsten Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind. Für viele von ihnen sind extreme Armut, Obdach‐ losigkeit oder Gewalt, Zwangssterilisation, sexueller Missbrauch sowie fehlende Zugänge zu Gesundheitsversorgung und Bildung die Lebensrealität. Menschen mit Behinderung sind auch in den anderen Menschenrechtsübereinkommen erfasst, aber es war Konsens, dass ihre spezifischen Belange bislang wenig berücksichtigt wurden. Die für Deutschland verbindliche UN-Behindertenrechtskonvention enthält Prinzipien (zum Beispiel Nicht-Diskriminierung, Chancengleichheit, Selbstbestimmung, Inklusion), Verpflichtun‐ gen (zum Beispiel Partizipation, Bewusstseinsbildung, Zugänglichkeit) und Einzelrechte (bürger‐ liche und politische sowie wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte). Die UN-BRK sichert allen Menschen mit Behinderungen den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten zu. Menschen mit Behinderungen sollen von den Menschenrechten Gebrauch machen können, und zwar gleichberechtigt mit anderen; das heißt, in gleichem Maße wie nichtbehinderte Menschen (Art. 1 Abs.1 UN-BRK). Dieses ausdrück‐ lich erklärte Ziel der UN-Behindertenrechtskonvention fußt auf der Erkenntnis, dass Menschen wegen einer Beeinträchtigung stärker in der Wahrnehmung ihrer Rechte eingeschränkt sein können als Menschen ohne Behinderungen. 5.2 Einfühlungsvermögen und Veständnis von Behinderung in der Gesellschaft Die UN-Behindertenrechtskonvention hat sehr vielfältige Lebenssituationen und Lebensum‐ stände im Blick. Sie fokussiert die Situationen und Lebenslagen der Menschen, die langfristige 38 5 UN-Behindertenrechtskonvention UN-BRK - Geschichte <?page no="39"?> und dauerhafte seelische, körperliche, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben (vgl. Art. 1 Abs. 2 UN-BRK). Dazu gehören nicht nur Menschen, die herkömmlich mit einer "Behinderung" verbunden werden, wie etwa Menschen mit körperlichen Einschränkungen, blinde oder gehörlose Menschen, sondern auch Menschen mit einer sogenannten geistigen Behinderung, Menschen mit seelischen Schwierigkeiten oder psychischen Erkrankungen, Menschen mit Mutismus, Autismus oder auch pflegebedürftige alte Menschen. Als „Behinderung" definiert die UN-Behindertenrechtskonvention die strukturell bedingte und im Vergleich zu nichtbehinderten Menschen größere Einschränkung der individuellen Rechte von Menschen mit Beeinträchtigungen. Sie erkennt eine Behinderung dort, wo die Wechselwirkung zwischen einer Beeinträchtigung und einem gesellschaftlichen Hindernis dazu führt, dass Men‐ schen an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft gehindert werden (siehe Art. 1 Abs. 2 UN-BRK). Die UN-BRK verlagert damit das Problem „Behinderung" weg vom individuellen Zusammenhang, hin zu den Bereichen der gesellschaftlichen Strukturen und unseres Denkens. 5.3 Bandbreite der feststehenden Rechte UN-Behindertenrechtskonvention Deutschland hat das Übereinkommen und das Protokoll am 30. März 2007 unterzeichnet. Das Ratifikationsgesetz wurde im Dezember 2008 von Bundestag und Bundesrat verabschiedet und ist am 1. Januar 2009 in Kraft getreten. Am 24. Februar 2009 wurde die Ratifikationsurkunde in New York hinterlegt. Nach Ablauf der 30-Tage-Frist ist das Übereinkommen und das Fakultativ‐ protokoll seit dem 26. März 2009 für Deutschland verbindlich. Die UN-Behindertenrechtskonvention deckt das gesamte Spekt-rum menschenrechtlich ge‐ schützter Lebensbereiche ab. Dem Grundsatz der Unteilbarkeit verpflichtet, integriert sie, wie kein anderes Übereinkommen vor ihr, bürgerliche und politische sowie wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Sie listet die Rechte der Menschen mit Behinderungen im Einzelnen auf. Dazu gehören, das Recht auf: • Leben (Art. 10), • Anerkennung vor dem Recht und Schutz der Rechts- und Handlungsfähigkeit (Art. 12), • Zugang zur Justiz (Art. 13), • Freiheit und Sicherheit (Art. 14), • Freiheit von Folter (Art. 15), • Freiheit von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch (Art. 16), • körperliche und seelische Unversehrtheit (Art. 17), • Freizügigkeit (Art. 18), das Recht auf Staatsangehörigkeit (Art. 18), • unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gesellschaft (Art. 19), • persönliche Mobilität (Art. 20), • freie Meinungsäußerung (Art. 21), • Zugang zu Informationen (Art. 21), • Achtung der Privatsphäre (Art. 22), • Achtung der Wohnung (Art. 23), • Familie und Familiengründung (Art. 23), • Bildung (Art. 24) • Gesundheit (Art. 25), 5.3 Bandbreite der feststehenden Rechte UN-Behindertenrechtskonvention 39 <?page no="40"?> • Arbeit und Beschäftigung (Art. 27), • einen angemessenen Lebensstandard (Art. 28), Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben (Art. 29), • Teilhabe am kulturellen Leben sowie auf Erholung, Freizeit und Sport (Art. 30). In Abgrenzung zu der Pflicht des Staates, die UN-Behindertenrechtskonvention einzuhalten und umzusetzen, obliegt nichtstaatlichen Akteuren die Überwachung der gesetzlichen Grundlagen. Zur innerstaatlichen Überwachung der UN-BRK wurde das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) als unabhängige Stelle nach Art 33 Absatz 2 der UN-BRK benannt. Das DIMR gibt unter andere Empfehlungen und macht Vorschläge zur Durchführung der UN-BRK und es berät die Bundesregierung, den Bundestag oder andere Organisationen zu Fragen, die die UN-BRK betreffen. Die UN-BRK verfasst zu den einzelnen Rechten übergreifende, erforderliche Anliegen, die in Bezug auf die Durchführung nahezu aller Rechte von Menschen mit Behinderungen von wegweisender Bedeutung sind. Das ist nicht nur von theoretischer Bedeutung, sondern hat praktische Konsequenzen: Während sich etwa in der Vergangenheit Behindertenpolitik auf sozialpolitische Fragen konzentriert hat, unterstreicht die UN-Behindertenrechtskonvention, dass Behinderung in allen Politikbereichen relevant sein kann. - Art. 2, 3 und 5 UN-Behindertenrechtskonvention: Bedeutsam für alle Rechte ist der menschenrechtliche Diskriminierungsschutz. Das Nichtdiskri‐ minierungsprinzip dient dazu, den Anspruch auf Freiheit von Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit Nicht-Behinderten abzusichern. Als innovatives Element des Diskriminie‐ rungsschutzes führt die UN-BRK das Konzept der angemessenen Maßnahmen ein. Darunter sind die individuell erforderlichen Anpassungen von Gegebenheiten zu verstehen, die gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen ihr Recht gleichberechtigt mit anderen wahrnehmen können. Beispielsweise gehören dazu Veränderungen der Schulsituation in der Regelschule, damit ein Kind mit Behinderung dort sinnvoll und individuell - etwa durch zieldifferenten Unterricht - unter‐ richtet werden kann. Die UN-BRK trifft angemessene Vorkehrungen zum integralen Bestandteil einzelner Rechte, etwa beim Recht auf inklusive Bildung. Zudem ist ganz besonders zu erwähnen, dass die UN-BRK Bestimmungen zum Schutz vor Diskriminierung von Frauen und Mädchen enthält. - Art. 3 UN-BRK: Die soziale Inklusion ist ein tragender Grundsatz und Leitbegriff der UN-Behindertenrechtskon‐ vention. Inklusion steht für die Ehrlichkeit und Offenheit einer gesellschaftlichen Ordnung und eines Systems in Bezug auf soziale Vielfalt, wobei ganz selbstverständlich Menschen mit Behinderungen mit einbezogen sind. Der Begriff „Inklusion“ in der Bedeutung der UN-BRK geht über das hinaus, was traditionell mit „Integration" gemeint ist. Es geht nicht nur darum, innerhalb bestehender Strukturen auch für Menschen mit Behinderungen Platz zu schaffen. Es geht vielmehr darum, die gesellschaftlichen Strukturen so zu gestalten, dass sie der realen Vielfalt menschlicher Situationen, gerade auch von Menschen mit Behinderungen, von vornherein gerecht werden. 40 5 UN-Behindertenrechtskonvention UN-BRK - Geschichte <?page no="41"?> Art. 8 UN-BRK: Große Nützlichkeit misst die UN-Behindertenrechtskonvention der allgemeinen und individuel‐ len Bewusstseinsbildung bei. Sie verfolgt das Ziel, dass die Bewusstseinsbildung in der Öffent‐ lichkeit gestärkt wird. Die von der UN-BRK empfohlene Bewusstseinsbildung soll etwa das an „Defiziten" ausgerichtete Denken überwinden. Dagegen fördert sie die Wertschätzung von Menschen mit Behinderungen und die Sichtweise, Behinderung als Beitrag zur menschlichen Vielfalt anzuerkennen. Sie möchte erreichen, die Aufgeschlossenheit gegenüber Menschen mit Behinderung zu erhöhen, sie positiv wahrzunehmen und ihnen respektvoll zu begegnen. Zur Unterstützung eines gesellschaftlichen Bewusstseinswandels verpflichtet die UN-Behinderten‐ rechtskonvention den Staat, sofortige wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um etwa in der gesamten Gesellschaft, einschließlich der Ebene der Familien, das Bewusstsein für Menschen mit Behinderungen zu schärfen und die Achtung ihrer Rechte und ihrer Würde zu fördern. Zu diesen geeigneten Maßnahmen gehören auch öffentliche Kampagnen. Die Fähigkeiten von Menschen mit Behinderung und ihre gesellschaftlichen Beiträge sollen anerkannt werden. Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung können beispielsweise Fort- und Weiterbildungsangebote, öffentlichkeitswirksame Kampagnen (z. B. Aktionstage, Internetplattformen) und / oder Produkte (z.-B. Plakate, Mitarbeiterzeitschriften) sein. - Art. 9 UN-BRK: Neben den mentalen Barrieren problematisiert die UN-BRK die Barrieren aus dem Bereich der Umwelt. Damit Menschen mit Be-hinderung sich frei und selbstbestimmt verständigen und bewegen können, ist eine barrierefreie Gesellschaft notwendig. Mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention hat sich Deutschland dazu verpflichtet, für alle Menschen einen gleichberechtigten Zugang zu Umwelt, Transportmitteln, Informationen, Kommunikation, Bildung und Arbeit zu schaffen. Von einer Barrierefreiheit profitieren alle Menschen, denn es gibt die unterschiedlichsten Formen von Barrieren. Nicht nur räumliche und bauliche Hindernisse sind zu beseitigen, sondern auch Barrieren in den Köpfen, also im gesellschaftlichen Miteinander in der gleichberechtigten Teilhabe und in der Verständigung. In Verbindung mit Art. 20 der UN-BRK soll für Menschen mit Behinderung die persönliche Mobilität mit größtmöglicher Unabhängigkeit sichergestellt werden, indem Mobilitätshilfen, unterstützende Technologien und finanzierbare Hilfen bereitgestellt werden. - Art. 4 Abs. 3 UN-BRK: Politik für Menschen mit Behinderungen kann nur gelingen, wenn diese selbst mitwirken bzw. partizipieren. Die UN-BRK verpflichtet daher die Staaten und Nationen, die unterschiedli‐ chen Perspektiven behinderter Menschen einzubeziehen, indem betroffene Menschen und die sie vertretenden Verbände in politische Prozesse eingebunden sind. Erforderlich ist nach der UN-Behindertenrechtskonvention die Partizipation vor allem in Bezug auf die Ausarbeitung und Umsetzung von Rechtsvorschriften und politischen Programmen, die zur Umsetzung der UN-BRK beitragen. 5.3 Bandbreite der feststehenden Rechte UN-Behindertenrechtskonvention 41 <?page no="42"?> Art. 31 UN-BRK: In einigen Bereichen sind die Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen und die damit verbundenen Schwierigkeiten in Bezug auf ihre Rechtsausübung hinreichend bekannt. Das trifft nicht auf alle Lebensbereiche oder auf alle Gruppen von behinderten Menschen zu. Als Grundlage für politische Konzepte und Programme erkennt die UN-Behindertenrechtskonvention deshalb die Notwendigkeit, dass ein Staat geeignete Informationen einschließlich statistischer Angaben und Forschungsdaten sammelt. - Art. 4 Abs. 1 und 2 UN-BRK: Die Verpflichtungen, die aus der UN-BRK erwachsen, richten sich primär an die Träger staatlicher Gewalt. Die Adressaten in Deutschland sind die Parlamente auf der Ebene von Bund und Ländern, welche die UN-Behindertenrechtskonvention im Rahmen der verfassungsgemäßen Ordnung umzusetzen haben. Neben den Parlamenten sind Behörden und Gerichte sowie die Körperschaften öffentlichen Rechts ebenfalls Adressaten der Normen, da diese an Gesetz und Recht gebunden sind. Die Bundesländer sind im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für die Umsetzung der UN-BRK verantwortlich. Mit der Ratifikation hat sich Deutschland gegenüber der internatio‐ nalen Gemeinschaft, aber auch gegenüber den in Deutschland lebenden Menschen verpflichtet, die UN-BRK einzuhalten und umzusetzen. Einhaltung meint, dass der Staat bestimmten Vorgaben ohne jeden Zeitaufschub in Bezug auf bestimmte Bestandteile entsprechen muss. Neben dem Gebot der Einhaltung besteht die Verpflichtung zur schrittweisen Umsetzung. Darunter ist ein zielgerichteter, vom Staat organisierter und angeleiteter Prozess zu verstehen, an den die UN-Behindertenrechtskonvention ihrerseits bestimmte Anforderungen stellt. 5.4 Exkurs - Europäische Kommission und UN-Behindertenrechtskonvention: Auf Ebene der Europäischen Union (EU) wurde die „Europäische Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020: Erneuertes Engagement für ein barrierefreies Europa“ er-stellt. Ziel des Strategiepapiers ist es, Menschen mit Behinderung in die Lage zu versetzen, ihre vollen Rechte wahrzunehmen und uneingeschränkt an der Gesellschaft teilzuhaben. Um dieses Ziel zu erreichen und eine wirksame Durchführung der UN-BRK in der ganzen EU zu gewährleisten, bedarf es einer abgestimmten Vorgehensweise. In der Strategie werden die Maßnahmen auf EU-Ebene benannt, mit denen die nationalen Maßnahmen ergänzt werden sollen. Weiterhin werden die Mechanismen aufgezeigt, die zur Durchführung der UN-Behinder‐ tenrechtskonvention auf EU-Ebene notwendig sind. Eine uneingeschränkte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben ist wesentlich, soll die Europa2020-Strategie für nachhaltiges und inte‐ gratives Wachstum erfolgreich sein. Der Aufbau einer Gesellschaft, die niemanden ausschließt, eröffnet auch Marktmöglichkeiten und fördert die Innovation. Angesichts der Nachfrage seitens einer wachsenden Zahl von immer älter werdenden Verbrauchern/ innen sprechen wirtschaftliche Argumente dafür, Dienstleistungen und Produkte allen zugänglich zu machen. Die Strategie legt 42 5 UN-Behindertenrechtskonvention UN-BRK - Geschichte <?page no="43"?> den Schwerpunkt auf die Beseitigung von Barrieren. Ein Aktionsbereich ist dabei Zugänglichkeit. Dabei stellt diese eine wesentliche Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben dar. Es gilt, für Menschen mit Behinderung den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt, zu Verkehrsmitteln, Informations- und Kommunikationstechnologien zu gewährleisten. In allen diesen Bereichen bestehen noch erhebliche Barrieren. So entsprechen beispielsweise in der EU im Schnitt lediglich 5 % der öffentlichen Internetseiten vollkommenen Standards für die Barrierefreiheit im Netz, auch wenn ein größerer Prozentsatz der Seiten zum Teil zugänglich ist. - Bewertung und Ausblick: Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert einen Paradigmen-wechsel in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung - weg von wohltätiger Fürsorge hin zu Selbstbestimmung und Inklusion. Dies stellt eine große Herausforderung für alle Arbeitsfelder der Behindertenhilfe dar. Die UN-BRK stärkt die universellen Rechte des Menschen. Menschen mit Behinderungen waren schon immer in den Schutz menschenrechtlicher Übereinkommen einbezogen. Die UN-Be‐ hindertenrechtskonvention erweitert nun aber das Menschenrechtsverständnis auf innovative Weise, weil sie die Perspektiven und vielfältigen Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen systematisch im Menschenrechtsschutz berücksichtigt. Die UN-Behindertenrechtskonvention schafft einen Rechtsrahmen für die Behindertenpolitik in Deutschland. Was sie will, ist für die deutsche Rechtsordnung nicht alles neu. Sie stärkt jedoch anerkannte Ziele der deutschen Behindertenpolitik und unterstützt bereits eingeleitete Rechtsentwicklungen in Richtung auf mehr Teilhabe und Selbstbestimmung. Vieles von dem hat die Praxis bereits erreicht. Neu ist aber die zwingende Verschiebung des Blickwinkels: Die UN-BRK hält dazu an, die Gesellschaft aus der Perspektive von Menschen mit Behinderungen zu sehen. Geht es mit der Konvention um die volle Verwirklichung der Rechte von Menschen mit Behinderungen, sind Menschen mit Behinderungen als Akteure zu begreifen, die Menschenrechte haben und diese Rechte auch aktiv einfordern. Der Anspruch, ihre Rechte zu gewährleisten, ist der neue Maßstab für das staatliche Handeln in Bund, Ländern und Gemeinden. In der vorbehaltlosen Ratifikation der UN-Behindertenrechtskonvention kommt der politische Wille zum Ausdruck, den Rechten von Menschen mit Behinderungen und ihrer Verwirklichung einen hohen Stellenwert in allen Politikbereichen einzuräumen und deren Einhaltung und Umsetzung als Priorität zu verfolgen. Zudem ist schon jetzt erkennbar, dass es die Konvention in vielen Politikbereichen, etwa dem Bereich Bildung, erforderlich macht, ganz neue Akzente zu setzen. Auch wenn die UN-Behindertenrechtskonvention immer bekannter wird und das Bewusst‐ sein für die menschenrechtliche Dimension des Anliegens wächst, bleibt es eine Aufgabe, die Bedeutung des Menschenrechtsansatzes weiter bekannt zu machen sowie die staatlichen Handlungsaufträge in Deutschland fortwährend zu entwickeln und nachhaltig umzusetzen. Die UN-Behindertenrechtskonvention ist ein internationaler Ver-trag, der die Menschenwürde und -rechte behinderter Menschen auf der ganzen Welt schützen soll. Sie verlangt, dass alle Menschen die gleichen Rechte haben, unabhängig von ihrer körperlichen oder geistigen Fähigkeit. Dies beinhaltet auch, dass Menschen, die aufgrund einer Behinderung auf Mobilität und Zugang angewiesen sind, ein Recht auf Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum haben. Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum bedeutet, dass die Bedingungen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, Seh- oder Hörbeeinträchtigung oder anderen Behinderungen so gestaltet sind, dass sie barrierefrei und sicher zu ihren Zielen gelangen können. Dazu gehören zum 5.4 Exkurs 43 <?page no="44"?> Beispiel Rampen, Aufzüge, getaktete Verkehrsmittel, Leitsysteme, behindertengerechte Toiletten und audiovisuelle Dienste. Die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet Staaten, die Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum zu gewährleisten. Dies bedeutet, dass sie eine Reihe von Maßnahmen umsetzen müssen, um sicherzustellen, dass Menschen ungehindert und sicher am öffentlichen Leben teilnehmen können. Zu diesen Maß-nahmen gehören die Entwicklung von Richtlinien und Stan‐ dards, die Förderung von Forschung und Entwicklung sowie die Bereit-stellung angemessener finanzieller Mittel. Darüber hinaus müssen Regierungen und staatliche Organisationen auch dafür sorgen, dass alle Bürgerinnen und Bürger darüber informiert werden, welche Barrierefreiheitsmaßnahmen ergriffen wurden, und wie sie diese nutzen können. Dies kann in Form von Seminaren, Schulun‐ gen, Workshops, Broschüren oder Informationsmaterialien erfolgen. Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum ist ein wichtiger Be-standteil der UN-Behin‐ dertenrechtskonvention. Es ist wichtig, dass Regierungen und staatliche Organisationen auf nationaler und internationaler Ebene daran arbeiten, sicherzustellen, dass alle Menschen die gleichen Rechte haben, unabhängig von ihrer körperlichen oder geistigen Fähigkeit. Dies ist der einzige Weg, um eine gleichberechtigte und inklusive Gesellschaft zu schaffen 44 5 UN-Behindertenrechtskonvention UN-BRK - Geschichte <?page no="45"?> 6 Gesetzliche Grundlagen Barrierefreiheit 6.1 UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) Die Barrierefreiheit ist ein grundlegendes Recht, das Menschen mit Behinderungen gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) zugesichert wird. In Deutschland gibt es verschie‐ dene gesetzliche Grundlagen, die die Barrierefreiheit gewährleisten sollen. Dazu gehören die Behindertengleichstellungsgesetze, die Menschen mit Behinderungen vor Diskriminierungen und Benachteiligungen schützen, sowie die Barrierefreiheitsgesetze, welche gesetzliche Regelungen zur Förderung der Barrierefreiheit enthalten. In diesem Artikel werden die verschiedenen gesetzlichen Grundlagen für die Barrierefreiheit in Deutschland untersucht und diskutiert. Die Barrierefreiheit ist ein wesentlicher Bestandteil der UN-Behindertenrechtskonvention und garantiert Menschen mit Behinderungen ein Leben in annehmbarer Qualität. Diese Konvention verpflichtet die Mitgliedsstaaten, die Barrierefreiheit zu gewährleisten und zu fördern. Die UN-BRK wurde in Deutschland im Jahr 2009 ratifiziert und trat im Jahr 2010 in Kraft. Seitdem haben die deutschen Behörden verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Barrierefreiheit in Deutschland zu fördern. UN-Behindertenrechtskonvention Artikel 9 - Zugänglichkeit (1) Um Menschen mit Behinderungen zu einer unabhängigen Lebenshaltung und 100 % Teilhabe in allen Lebensbereichen zu verhelfen, treffen die Vertragsstaaten geeignete Bestimmungen. Ziel ist es, für Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation - einschließlich Informations- und Kom‐ munikationstechnologien und -systemen - sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit in städtischen und ländlichen Gebieten offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, zu garantieren. Maßnahmen, welche die Feststellung und Beseitigung von Zugangshindernissen und -barrieren einschließen, gelten unter anderem für: a) Gebäude, Straßen, Transportmittel sowie andere Einrichtungen in Gebäuden und im Freien, einschließlich Schulen, Wohnhäusern, medizinischer Einrichtungen und Arbeitsstätten; b) Informations-, Kommunikations- und andere Dienste, ein-schließlich elektronischer Dienste und Notdienste. - (2) Die Vertragsstaaten treffen außerdem geeignete Maßnahmen, um a) Mindeststandards und Leitlinien für die Zugänglichkeit von Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, auszuarbeiten und zu erlassen und ihre Anwendung zu überwachen; <?page no="46"?> b) sicherzustellen, dass private Rechtsträger, die Einrichtungen und Dienste, die der Öffentlich‐ keit offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, anbieten, alle Aspekte der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen berücksichtigen; c) betroffenen Kreisen Schulungen zu Fragen der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinde‐ rungen anzubieten; d) in Gebäuden und anderen Einrichtungen, die der Öffentlichkeit offenstehen, Beschilderungen in Brailleschrift und in leicht lesbarer und verständlicher Form anzubringen; e) menschliche und tierische Hilfe sowie Mittelspersonen, unter anderem Personen zum Führen und Vorlesen sowie professionelle Gebärdensprachdolmetscher und -Dolmetscherinnen, zur Verfügung zu stellen mit dem Ziel, den Zugang zu Gebäuden und anderen Einrichtungen, die der Öffentlichkeit offenstehen, zu erleichtern; f) andere geeignete Formen der Hilfe und Unterstützung für Menschen mit Behinderungen zu fördern, damit ihr Zugang zu Informationen gewährleistet wird; g) den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu den neuen Informations- und Kommuni‐ kationstechnologien und -systemen, einschließlich des Internets, zu fördern; h) um die Gestaltung, die Entwicklung, die Herstellung und den Vertrieb zugänglicher Informa‐ tions- und Kommunikationstechno-logien und -systeme in einem frühen Stadium zu fördern, sodass deren Zugänglichkeit mit möglichst geringem Kostenaufwand erreicht wird. 6.2 Grundgesetz (GG) Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sind die Ausgangspunkte eines demokratischen Staates fixiert. Der bedeutendste Artikel: Die Würde des Menschen ist unantastbar (Art. 1 I S. 1 GG), wird durch nachfolgende Artikel vertieft. Der folgende Aufsatz bezieht sich auf den Gleichheitssatz des 3. Artikels des GG. Im Besonderen auf Absatz 3 Satz 2: Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Art 3 GG Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (GG) stellt eine der gesetzlichen Grundlagen für Barrierefreiheit in Deutschland dar. Es enthält die allgemeinen Grundsätze, wonach jeder Bürger die gleichen Rechte und Freiheiten hat und seine Bedürfnisse geschützt werden. Das GG enthält auch bestimmte Vorschriften, die Barrierefreiheit gewährleisten. In Artikel 3 GG wird festgelegt, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind und dass nie‐ mand wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf. In Artikel 3 des Grundgesetzes wird auch die Einhaltung eines gleichen Zugangs zu öffentlichen Dienstleistungen, Einrichtungen und Gütern angeordnet. Dies beinhaltet auch Barrierefreiheit, die es Menschen mit Behinderungen ermöglicht, öffentliche Einrichtungen zu benutzen und öffentliche Dienste in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus enthält Artikel 33 des Grundgesetzes eine bestimmte Verpflichtung zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Demnach müssen staatliche Einrichtungen Gesetze erlassen, die es Menschen mit Behinderungen ermöglichen, ihren Fähigkeiten entspre‐ 46 6 Gesetzliche Grundlagen Barrierefreiheit <?page no="47"?> chend zu leben und an der Gesellschaft teilzuhaben. Die staatlichen Einrichtungen müssen auch sicherstellen, dass ihre Dienstleistungen und Einrichtungen barrierefrei sind. Diese Bestimmungen des Grundgesetzes bilden die rechtliche Grundlage für Barrierefreiheit in Deutschland. Sie geben vor, wie Einrichtungen barrierefrei gestaltet werden müssen, um Menschen mit Behinderungen ein gleichberechtigtes Leben zu ermöglichen. (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschau‐ ungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Im Herbst 1994 wurde der 2. Satz des Absatzes 3 des 3. Artikels des GG in die Verfassung aufgenommen. Die deutsche Behindertenbewegung war bestrebt das Diskriminierungsverbot des GG um das Merkmal „Behinderung“ zu erweitern. In Artikel 3 Abs. 3 GG wird die Gleichstellung von Rasse, Geschlecht und Religion geschützt. Abgesehen von Menschen mit Behinderung, wurden alle Minderheiten bis auf homosexuelle Menschen, welche im NS-System verfolgt und diskriminiert wurden, genannt. Inspiriert durch die erfolgreiche Arbeit der Behindertenorgani‐ sationen in den USA, die mit der Verabschiedung des ADA, einen großen Erfolg zu verzeichnen hatten, entstanden auch in der deutschen Behindertenbewegung alsbald Bestrebungen, ein vergleichbares Antidiskriminierungsgesetz anzustreben und zu fordern. Maßgebliche Beratungs- und Abstimmungsgrundlage, war ein Antrag der SPD-Mitglieder der GVK, dessen Wortlaut mit dem heutigen Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 GG übereinstimmt. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass das allgemeine Gleichheitsgebot des Grundgesetzes bisher die Benachteiligung von Menschen mit Behinderung nicht habe vermeiden können. Die Behindertengleichstellungsgesetze Die Behindertengleichstellungsgesetze sind eine Gruppe von Gesetzen, die darauf abzielen, Menschen mit Behinderungen vor Diskriminierungen und Benachteiligungen zu schützen. Sie regeln die Rechte von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt, in der Schule, in öffentlichen Einrichtungen und im öffentlichen Leben. In Deutschland gibt es drei wichtige Behindertengleichstellungsgesetze, die den Schutz vor Diskriminierungen und Benachteiligungen gewährleisten: Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) (2006): Das AGG verbietet Diskriminierungen aufgrund von Behinderungen und schützt vor Benachtei‐ ligungen. Die Behindertengleichstellungsgesetze 47 <?page no="48"?> Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) (2002): Das BGG schützt Menschen mit Behinderungen vor Benachteiligungen in der Arbeitswelt und regelt den Zugang zu beruflichen Weiterbildungen und Qualifikationen. Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) (2002): Dieses Gesetz schützt Menschen mit Behinderungen vor Diskriminierungen im öffentlichen Leben und regelt die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an Bildung und Arbeit. Barrierefreiheitsgesetze sind Gesetze, die gesetzliche Regelungen zur Förderung der Barrierefrei‐ heit enthalten. Sie regeln die Einrichtung und den Betrieb von barrierefreien Einrichtungen, wie z. B. barrierefreie Gebäude, barrierefreie Verkehrsmittel, barrierefreie Wege und barrierefreie Kommunikation. In Deutschland gibt es mehrere Barrierefreiheitsgesetze, die den Betrieb von barrierefreien Einrichtungen und den Zugang zu diesen Einrichtungen regeln: Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) (2002): Das BGG regelt den Zugang zu barrierefreien Einrichtungen und ermöglicht den Menschen mit Behinderungen den Zugang zu den Einrichtun‐ gen. Baugesetzbuch (BauGB) (2002): Das BauGB regelt den Bau von barrierefreien Gebäuden und die Verwendung von barrierefreien Bauteilen. Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) (2002): Das VwVfG regelt den Betrieb von barrierefreien Verwaltungsverfahren, die den Zugang zu öffentlichen Einrichtungen erleichtern. Straßenverkehrsordnung (StVO) (2002): Die StVO regelt den Betrieb von barrierefreien Verkehrsmitteln, wie z. B. barrierefreien Bussen, Taxis sowie Straßen- und U-Bahnen. Informations- und Kommunikationstechnikgesetz (IKTG) (2002): Das IKTG regelt den Zugang zu barrierefreien Kommunikationsmitteln, wie z. B. barrierefreien Websites, barrierefreien Telefonnummern und barrierefreien E-Mails. Die Barrierefreiheit ist ein wesentlicher Bestandteil der UN-Behindertenrechtskonvention und ein grundlegendes Recht für Menschen mit Behinderungen. In Deutschland gibt es verschiedene gesetzliche Grundlagen, die die Barrierefreiheit gewährleisten und fördern. Dazu gehören die Behindertengleichstellungsgesetze, die Diskriminierungen an Menschen mit Behinderungen verbieten, und die Barrierefreiheitsgesetze, die den Betrieb von barrierefreien Einrichtungen und den Zugang zu den Einrichtungen regeln. Diese Gesetze sind wichtig, um Menschen mit Behinderungen bei der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu unterstützen. 48 6 Gesetzliche Grundlagen Barrierefreiheit <?page no="49"?> Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist ein Gesetz, das in Deutschland dazu dient, Diskriminierungen aufgrund von Herkunft, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung, Behin‐ derung, Alter oder anderen Merkmalen zu verhindern. Es gilt sowohl in öffentlichen als auch in privaten Einrichtungen. Ein wichtiger Gesichtspunkt des AGG ist die Barrierefreiheit in öffentlichen Räumen. Dies be‐ deutet, dass öffentliche Räume, Dienstleistungen und Einrichtungen für alle Menschen zugänglich sein müssen, egal ob sie behindert oder nicht behindert sind. Um dies zu erreichen, müssen alle Hindernisse, die Menschen mit Behinderungen daran hindern, öffentliche Räume zu nutzen, beseitigt werden. Dazu gehört beispielsweise die Beseitigung von Barrieren in Gebäuden und auf Gehwegen, die Bereitstellung von Hilfsmitteln, damit Menschen mit Behinderungen leichter navigieren können, und die Bereitstellung von geeigneten Toiletten. 6.3 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Ziel des AGG ist es gemäß § 1 AGG, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Neben dem arbeitsrechtlichen Beschäftigtenschutz greift das AGG auch in die Privatautonomie für Anbieter von Gütern und Dienstleistungen ein. In § 3 Abs. 1 AGG heißt es: „Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.“ Gemäß § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem ersten Anschein nach neutralen Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können und diese nicht durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und zu dessen Erreichung auch erforderlich und angemessen sind. Ein Ziel ist dann rechtmäßig, wenn es nicht seinerseits diskriminierend und auch im Übrigen legal ist. Dieses verfolgte Ziel muss sich aus dem Kon‐ text der Differenzierungsmaßnahme ableiten lassen. Fehlende Rechtfertigungsgründe sind im Falle mittelbarer Benachteiligungen ein echtes Tatbestandsmerkmal. Aufgrund des erleichterten Rechtfertigungsmaßstabes ist das Vorliegen einer unmittelbaren Beeinträchtigung vorrangig zu prüfen. Das Gesetz enthält Rechte und Pflichten für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gleichermaßen wie für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Der gesamte Bewerbungsprozess, beginnend mit der Stellenausschreibung, muss diskriminierungsfrei gestaltet sein. Bei bestehenden Ar‐ beitsverhältnissen haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Schutz vor Be‐ nachteiligungen. Sie können Schadensersatz oder Entschädigung verlangen und sich bei den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern über Benachteiligungen beschweren. Dafür muss in allen Betrieben eine entsprechende Beschwerdestelle eingerichtet werden, über deren Existenz alle Beschäftigten informiert sein müssen. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen dafür sorgen, dass Diskriminierungen unterbleiben. Darüber hinaus sind sie verpflichtet, gegen Mitarbeiterin‐ nen und Mitarbeiter vorzugehen, die andere Kolleginnen und Kollegen diskriminieren. Die 6.3 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) 49 <?page no="50"?> möglichen Maßnahmen reichen dabei von einer Versetzung über eine Abmahnung bis hin zur Kündigung. Auch bei Geschäften des täglichen Lebens wie dem Einkaufen, bei Versicherungs- und Bankgeschäften und bei Restaurant- oder Clubbesuchen gilt der Diskriminierungsschutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Das AGG ist das einheitliche zentrale Regelungswerk in Deutschland zur Umsetzung von vier europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien, die seit dem Jahr 2000 erlassen worden sind. Nach mehreren Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland trat das AGG am 18. August 2006 schließlich in Kraft. Erstmals wurde in Deutschland ein Gesetz geschaffen, das den Schutz vor Diskriminierung aus rassistischen Gründen oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität durch private Akteure (z. B. Arbeitgeber, Vermieter, Anbieter von Waren und Dienstleistungen) umfassend regelt. 6.4 Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) soll eine Benachteiligung von Menschen mit Behin‐ derungen beseitigen bzw. verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung ermöglichen. Das Gesetz gilt vorrangig für Träger öffentlicher Gewalt auf Bun‐ desebene. Zur Umsetzung der gleichen Inhalte auf Länderebene werden jeweils landeseigene Lan‐ desgleichstellungsgesetze erstellt. Diese Landesgleichstellungsgesetze enthalten jedoch teilweise andere Intentionen und Anforderungen. Das BGG bezieht sich auf den Bereich des öffentlichen Rechts, soweit der Bund zuständig ist und somit auf alle Bundesbehörden wie Ministerien, die Bundesagentur für Arbeit, die Rentenversicherung, Versorgungs- und Sozialämter etc. Diese sind dazu verpflichtet, Menschen mit Behinderung genauso zu behandeln wie Menschen ohne Behinderung und somit „behinderte“ Menschen nicht zu benachteiligen. Das Behindertengleichstellungsgesetz bzw. Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (BGG), welches am 01.05.2002 in Kraft getreten ist, hat zum Ziel, „die Benachteiligung von behinderten Menschen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von behinderten Menschen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen“. Gesetzliche Aufgliederung des Behindertengleichstellungsgesetzes BGG Allgemeine Bestimmungen § 1 Ziel und Verantwortung der Träger öffentlicher Gewalt § 2 Frauen mit Behinderungen; Benachteiligung wegen mehrerer Gründe § 3 Menschen mit Behinderungen § 4 Barrierefreiheit § 5 Zielvereinbarungen § 6 Gebärdensprache und Kommunikation von Menschen mit Hör- und Sprachbehinderungen 50 6 Gesetzliche Grundlagen Barrierefreiheit <?page no="51"?> Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit § 7 Benachteiligungsverbot für Träger öffentlicher Gewalt § 8 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr § 9 Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen § 10 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken § 11 Verständlichkeit und Leichte Sprache Barrierefreie Informationstechnik öffentlicher Stellen des Bundes § 12 Öffentliche Stellen des Bundes § 12a Barrierefreie Informationstechnik § 12b Erklärung zur Barrierefreiheit § 12c Berichterstattung über den Stand der Barrierefreiheit § 12d Verordnungsermächtigung Assistenzhunde § 12e Menschen mit Behinderungen in Begleitung durch Assistenzhunde § 12f Ausbildung von Assistenzhunden § 12g Prüfung von Assistenzhunden und der Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft § 12h Haltung von Assistenzhunden § 12i Zulassung einer Ausbildungsstätte für Assistenzhunde § 12j Fachliche Stelle und Prüfer § 12k Studie zur Untersuchung § 12l Verordnungsermächtigung Bundesfachstelle für Barrierefreiheit § 13 Bundesfachstelle für Barrierefreiheit Rechtsbehelfe § 14 Vertretungsbefugnisse in verwaltungs- oder sozialrechtlichen Verfahren § 15 Verbandsklagerecht § 16 Schlichtungsstelle und -verfahren; Verordnungsermächtigung Beauftragte oder Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen § 17 Amt der oder des Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen § 18 Aufgabe und Befugnisse Förderung der Partizipation § 19 Förderung der Partizipation 6.4 Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) 51 <?page no="52"?> Neben dem Benachteiligungsverbot enthält das BGG auch die Verpflichtung zur Barrierefreiheit. Ziel des BGG ist es gemäß § 1 BGG die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie ihre gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Hierfür defi‐ niert § 4 BGG die Barrierefreiheit folgendermaßen: „Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegen‐ stände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grund‐ sätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.“ Die Vorschrift beschränkt sich darauf, mit der Barrierefreiheit einen Zentralbegriff des BGG zu definieren. Für die Träger der öffentlichen Gewalt ergeben sich auf Bundesebene gemäß §§ 8 ff. BGG hieraus konkrete Verpflichtungen. Regelungen für Bauten des Bundes, Verkehrswege und Beförderungsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), • zur Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationsmitteln, • zur Bescheid- und Vordruckgestaltung, • für Verständlichkeit und Leichte Sprache, • zur barrierefreien Informationstechnik sowie • aus den in § 15 Abs. 1 Nr. 2 BGG genannten bundesrechtlichen Vorschriften von der Bundeswahlordnung über das Personenbeförderungsgesetz bis hin zum Luftverkehrsgesetz. Das Gesetz ist vor allem im Kontext der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) von hoher Relevanz, da hier einige der zentralen Prämissen der UN-BRK abgebildet werden, z. B. die Forde‐ rung nach Zugänglichkeit (Art. 9), gleiche Anerkennung vor dem Recht (Art. 12), unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft (Art. 19), persönliche Mobilität (Art. 20), das Recht der freien Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen (Art. 21), Bildung (Art. 24), Arbeit und Beschäftigung (Art. 27) oder Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben (Art. 29). Auch wird in der UN-BRK neben dem Thema räumliche Barrierefreiheit vor allem auf sprachliche Barrieren und Barrieren im Bereich Kommunikation sowie auf einen Abbau von Diskriminierung hingewiesen. Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die Richtlinien zur Barrierefreiheit im öffent‐ lichen Raum (BAR) stellen einen wichtigen Rahmen für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft dar. Durch das BGG und die BAR wird versucht, möglichst vielen Menschen die gleiche Chance zu geben, unabhängig von ihrer Behinderung. Das BGG verpflichtet die öffentliche Hand, Barrieren im öffentlichen Raum abzubauen und einen gleichberechtigten Zugang zu allen öffentlichen Einrichtungen und Dienstleistungen zu gewährleisten. Dazu gehören z. B. öffentliche Verkehrsmittel, öffentliche Gebäude und private Einrichtungen, die für die Allgemeinheit zugänglich sind. Um ein barrierefreies Umfeld zu schaf‐ fen, werden die BAR angewandt, die konkrete Anforderungen an die öffentliche Infrastruktur stellen. Durch die Umsetzung des BGG und der BAR soll insbesondere Menschen mit Behinderungen die gleiche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden. Dazu gehört auch, dass 52 6 Gesetzliche Grundlagen Barrierefreiheit <?page no="53"?> allen Personen ein ungehindertes Betreten und Nutzen von öffentlichen Einrichtungen, Gebäuden und Verkehrsmitteln ermöglicht wird. So können Menschen mit Behinderungen nahezu unein‐ geschränkt am öffentlichen Leben teilhaben. 6.4 Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) 53 <?page no="55"?> 7 Was heißt Barrierefreiheit eigentlich? Barrierefreiheit bezieht sich auf die Verfügbarkeit und Nutzbarkeit von Produkten, Dienstleistun‐ gen, Informationen und Umgebungen für alle Menschen, unabhängig von Alter, Behinderung, Rasse, Religion, Geschlecht oder sozialer Herkunft. Es ist eine Art des Designs, das verschiedene Einschränkungen und Barrieren beseitigt, die Menschen daran hindern, auf benötigte Ressourcen und Dienstleistungen zuzugreifen. Barrierefreiheit bedeutet im Wesentlichen, dass Menschen mit Einschränkungen oder Behin‐ derungen dieselben Zugangsmöglichkeiten und Nutzungsmöglichkeiten haben wie Menschen ohne Behinderung. Ein barrierefreies Design ermöglicht es Menschen ohne Einschränkungen, Informationen und Dienstleistungen zu nutzen, ohne auf Hindernisse zu stoßen. Barrierefreiheit kann auf verschiedene Weise erreicht werden, z. B. durch Nutzung eines Universal-Designs, das alle Nutzer berücksichtigt, oder durch die Entwicklung von Produkten, die speziell für Menschen mit Einschränkungen geeignet sind. Beispiele für barrierefreie Technolo‐ gien sind unter anderem Webdesigns, die für Menschen mit Sehbehinderungen geeignet sind, oder spezielle Tastaturen, die für Menschen mit motorischen Einschränkungen geeignet sind. Barrierefreiheit bezieht sich nicht nur auf Produkte und Dienstleistungen, sondern auch auf die physische Umgebung. Eine barrierefreie Umgebung ermöglicht es Menschen mit Einschränkun‐ gen, sicher und problemlos zu navigieren. Dazu gehören z.-B. Rampen für Rollstuhlfahrer, breite Türen für Personen mit Gehbehinderungen und breite Flure, die leicht zu navigieren sind. Ein Beispiel für eine barrierefreie Umgebung ist ein Gebäude, das auf die Bedürfnisse von Menschen mit einer Sehbehinderung zugeschnitten ist. Barrierefreiheit ist eine wichtige Komponente der sozialen Gerechtigkeit und ermöglicht es Men‐ schen, unabhängig von ihren Einschränkungen und Behinderungen, gleichen Zugang zu Ressourcen und Dienstleistungen zu haben. Barrierefreiheit ist zudem ein wichtiges Element, um Menschen zu ermächtigen, ihr volles Potenzial zu erreichen. Barrierefreiheit ist ein Grund- und Menschenrecht und absolut wichtig für die Inklusion. Immer dann, wenn Betroffene auf Barrieren stoßen, bleibt ihnen die volle Teilhabe an der Gesellschaft und somit ein selbstbestimmtes Leben verwehrt. Bei Barrierefreiheit geht es um die Gestaltung des allgemeinen Lebensumfeldes für alle Menschen. Das heißt zum Beispiel, dass: • Gebäude und öffentliche Orte, • Arbeitsplätze und Wohnungen, • Verkehrsmittel und Gebrauchsgegenstände, • Dienstleistungen und Freizeitangebote so gestaltet werden, dass sie für alle Menschen ohne fremde Hilfe zugänglich sind. Dabei sorgt das Konzept „Design für Alle“ für mehr Zugänglichkeit. Es zielt von Anfang an auf Inklusion durch den Einbezug der Nutzer*innen in die Gestaltung ihrer Umwelt ab. Neben räumlicher Barrierefreiheit gibt es auch andere Bereiche des Lebens, in denen Barrieren abgebaut werden müssen, etwa durch mehr: • Barrierefreie Informationen, • Barrierefreie Kommunikation (z.-B. Leichte Sprache), • Digitale Barrierefreiheit im Internet. <?page no="56"?> Abgesehen davon ist Barrierefreiheit kein „nice to have“ oder der Wunsch einer kleinen Gruppe. Sie ist ein verbrieftes Recht, das sich unter anderem aus Artikel 9 der UN-Behindertenrechtskon‐ vention (UN-BRK) ergibt. Barrierefreiheit ist die Grundlage für die umfassende Information und Teilhabe aller Bürger*innen egal ob mit oder ohne Behinderungen. Design für Alle---Barrierefreiheit Design für Alle beschreibt einen Gestaltungsprozess, der darauf abzielt Zugänglichkeit, Nutzbar‐ keit und Erlebbarkeit für möglichst alle Menschen zu erreichen. Design für Alle ist ein Konzept für die Planung und Gestaltung von Produkten, Dienstleistungen und Infrastrukturen, mit dem Ziel, allen Menschen deren Nutzung ohne individuelle Anpassung oder besondere Assistenz zu ermöglichen. Das Konzept berücksichtigt dabei, dass die Design-für-Alle-Lösungen von den Kon‐ sumenten als komfortabel und attraktiv wahrgenommen werden. Konkret sind damit Lösungen gemeint, die besonders gebrauchsfreundlich und auch bei individuellen Anforderungen, z. B. aufgrund des Alters oder einer Behinderung, benutzt werden können. Die Idee des Designs für Alle hat ihren Ursprung sowohl im skandinavischen Funktionalismus der 1950er Jahre als auch im ergonomischen Design der 1960er Jahre. Das in Deutschland etablierte Konzept der Barrierefreiheit bezog sich ursprünglich auf die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen am gesellschaftlichen Leben und wurde erst später auch auf andere Zielgruppen ausgedehnt. Das Konzept des Designs für Alle zielt dagegen von Anfang an auf eine Inklusion aller potenziellen Nutzer in Bezug auf die Gestaltung unserer Umwelt sowie die Teilnahme an wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und Freizeitaktivitäten ab. Im Unterschied zum Konzept der Barrierefreiheit ist Design für Alle in Deutschland nicht gesetzlich verankert. Barrierefreiheit ist in Deutschland in Landesbauordnungen und Normen (z. B. DIN 18040) technisch-funktional definiert. Es werden Abmessungen, Neigungen, Kontraste und die Notwendigkeit des Ansprechens verschiedener Sinne festgelegt, um eine barrierefreie, d. h. eigenständige Nutzung von Produkten bzw. Einrichtungen zu ermöglichen. Ästhetische Aspekte der Gestaltung einer Vorrichtung zur Erreichung von Barrierefreiheit spielen hierbei keine Rolle. Design für Alle steht nicht im Widerspruch zur Definition der Barrierefreiheit, sondern berücksichtigt zusätzlich gestalterische und ästhetische Aspekte. Design für Alle erstreckt sich auch auf Produkte und Umweltbereiche, die von Normen der Barrierefreiheit nicht betroffen sind. Außerhalb des gesetzlichen Regelungsbereichs und der Normen gibt es Ansätze in der Politik zur Umsetzung von Design für Alle, wie den Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention aus dem Jahr 2011. Im Nationalen Aktionsplan verpflichtet sich die Bundesregierung dazu, geeignete Maßnahmen für Design für Alle zu ergreifen. Auf dieser Grundlage gab das Bundeswirtschaftsministerium im Jahr 2012 eine Studie für deutsche Unternehmen zur Umsetzung von Design für Alle in der Unternehmenspraxis in Auftrag. Gemäß der Europäischen Richtlinie 2004/ 18/ EG soll Design für Alle auch im Vergaberecht der einzelnen Mitgliedsstaaten berücksichtigt werden. Die EU-Kommission spricht darin die Empfehlung aus, Design für Alle als Bedingung in öffentlichen Ausschreibungen einzuführen. Neben Design für Alle und Barrierefreiheit existieren noch weitere Konzepte, die ähnliche Ziele verfolgen, wie Universal Design (USA, Japan) oder Inclusive Design (UK). Design für Alle unterscheidet sich von diesen Ansätzen durch die zusätzliche Berücksichtigung des Ent‐ stehungsprozesses (Entwicklungsprozess, Nutzerorientierung und Nutzereinbindung) und der Marktorientierung (Gestaltung und Vertrieb). 56 7 Was heißt Barrierefreiheit eigentlich? <?page no="57"?> Anwendungsbeispiele: Produkte • flacher Stecker, der gut hinter Möbel passt und sich leicht aus der Steckdose hebeln lässt • einhändig nutzbare Salatschleuder • Weinetikett mit zusätzlicher Braille-Beschriftung • Sparschäler für Rechts- und Linkshänder nutzbar • mittels Disability Game Studies entwickelte Spiele Dienstleistungen • barrierefreie Hotels Infrastrukturen • kontrastreiche Schiebetür • Niederflurbus 7.1 Situation in Deutschland In der Bundesrepublik Deutschland gibt es nahe 13 Millionen Menschen mit einer Behinderung, rund 8 Mio. von ihnen sind schwerbehindert. Die Betroffenen Menschen leben nicht allein, sondern haben Partner*innen, Eltern und Kinder. Viele Menschen sind also entweder unmittelbar oder mittelbar daran interessiert, dass Städte, Gemeinden und Sozialraum in allen Bereichen bar‐ rierefrei sind. Menschen mit Nachteil haben das Recht auf volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, also auf Barrierefreiheit. Barrierefreiheit ist viel mehr als die Rampe vor der Tür, der barrierefreie Fahrstuhl, die barrierefreie Toilette, barrierefreie Digitalisierung oder Blindenleitsystem. Barrierefreiheit spielt in allen Bereichen des Lebens eine Rolle. Oft verhindern Barrieren im Alltag Inklusion und Teilhabe. Das führt dazu, dass aus Beeinträchtigungen Behinderungen werden. 7.2 Ländervergleich in der Europäischen Union Der Europäische Rat hat seit den 1990er Jahren ein kollektives Engagement für die Förderung der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in der Europäischen Union gezeigt. Seitdem wurden mehrere Richtlinien und Richtlinienkonzepte verabschiedet, um den Zugang zu Dienstleistungen, Beschäftigung und anderen Bereichen zu erleichtern und zu verbessern. Diese Richtlinien sind jedoch nicht immer von allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gleichermaßen umgesetzt worden. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, einen Vergleich der verschiedenen Länder in Bezug auf ihre Umsetzung von Behindertenrechten vorzunehmen. Um dies zu tun, müssen wir uns mit den verschiedenen Richtlinien und Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten befassen, die sie verabschiedet haben, um die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu schützen. Einige Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, wie zum Beispiel Deutschland, Großbritan‐ nien und Österreich, haben einige der umfassendsten und komplexesten Behindertenrechtsvor‐ schriften erlassen. Diese Vorschriften umfassen eine Reihe von verschiedenen Bereichen, darunter Bildung, Arbeit, Wohnen, Transport, Gesundheitswesen, Kultur und Freizeit. Zu den wichtigsten 7.1 Situation in Deutschland 57 <?page no="58"?> Bestimmungen gehören: die Anerkennung des Rechts auf Teilhabe am öffentlichen Leben durch eine angemessene Barrierefreiheit; die Anerkennung des Rechts auf eine angemessene Unterstützung und Förderung; die Anerkennung des Rechts auf angemessene Entschädigung für ein bereits erlittenes Leid; die Gewährung von Rechtsmitteln zur Durchsetzung der Rechte; die Gewährung von Rechten auf die Nutzung von Assistenztechnologien und die Anerkennung des Rechts auf Gleichstellung. Einige andere Mitgliedsstaaten haben ebenfalls Rechtsvorschriften erlassen, die Menschen mit Behinderungen schützen, aber nicht so umfassend sind wie die in den oben genannten Ländern. In Ländern wie Schweden, Spanien und der Slowakei gibt es einige spezifische Vorschriften, die sich auf bestimmte Bereiche beziehen, z. B. zur Förderung der Integration behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt oder zur Unterstützung von Menschen mit geistiger Behinderung. Auch in diesen Ländern besteht ein allgemeines Verpflichtungsgesetz, das Menschen mit Behinderungen besondere Schutzmaßnahmen gewährt und den Zugang zu Dienstleistungen, Beschäftigungs‐ möglichkeiten und anderen Bereichen erleichtert. Allerdings sind die Rechtsvorschriften nicht so umfassend wie in den oben genannten Ländern und es gibt keine spezifischen Regeln für bestimmte Bereiche. In einigen anderen Ländern der Europäischen Union gibt es nur wenige oder gar keine spezifi‐ schen Rechtsvorschriften, die Menschen mit Behinderungen schützen. In Ländern wie Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen und Polen werden die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch allgemeine Gesetze und Verordnungen geschützt. Im Allgemeinen sind diese Gesetze jedoch nicht so umfassend wie in den oben genannten Ländern und es gibt keine spezifischen Regeln für bestimmte Bereiche. In einigen Ländern gibt es auch keine spezifischen Rechtsvorschriften, die den Schutz von Menschen mit Behinderungen gewährleisten. Dazu gehören Länder wie Rumänien, Kroatien, Zypern und Malta. In diesen Ländern besteht eine allgemeine Verpflichtung, aber es gibt keine spezifischen Rechtsvorschriften, die den Schutz von Menschen mit Behinderungen gewährleisten. Zusammenfassend zeigt sich folgendes Bild: Obwohl die Europäische Union ein kollektives Engagement für die Förderung der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen gezeigt hat, gibt es erhebliche Unterschiede in Bezug auf die Umsetzung und den Schutz dieser Rechte in den verschiedenen Mitgliedsstaaten. Einige Länder haben umfassende und komplexe Rechts‐ vorschriften erlassen, um die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu schützen, während andere Länder nur wenige, wenn überhaupt, spezifische Rechtsvorschriften haben. Daher ist es wichtig, die verschiedenen Länder zu vergleichen, um ihre Umsetzung von Behindertenrechten zu bewerten und zu sehen, inwieweit sie die Rechte von Menschen mit Behinderungen schützen. 87 Millionen Menschen in der Europäischen Union haben eine Form von Behinderung. Der Anteil von Menschen mit Behinderungen fällt in den EU-Ländern unterschiedlich aus. Malta weist mit 11-% den niedrigsten Anteil auf, während Lettland mit 39,5 % den höchsten Anteil hat. Der EU-Durchschnitt liegt bei 24 %. Der Anteil der Frauen mit Behinderungen liegt bei 26,1 % gegenüber 21,8 % an Männern. Mit zunehmendem Alter wächst das Risiko einer Behinderung. 58,5 % der Menschen mit Behinderung in der EU sind mindestens 65 Jahre alt, 17,9 % sind zwischen 16 und 65 Jahre alt. 58 7 Was heißt Barrierefreiheit eigentlich? <?page no="59"?> Menschen mit einer Behinderung sind mit folgenden Schwierigkeiten und Hindernisse konfron‐ tiert: • Hohe Arbeitslosigkeit • häusliche Gewalt (ganz besonders Frauen mit Behinderungen) • Zugang zu gesundheitlicher Versorgung erschwert • Armut und soziale Ausgrenzung • Bildungssituation nicht optimal • Diskriminierung Die EU engagiert sich in verschiedenen Bereichen der Behindertenpolitik. Neben der Euro‐ päischen Kalkül zugunsten von Menschen mit Behinderungen sind vor allem die Bereiche Beschäftigung, Diskriminierungsschutz und Barrierefreiheit wichtig. Am 15. November 2010 veröffentlichte die Europäische Kommission ihre Mitteilung "Europäische Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020: Erneuertes Engagement für ein barrierefreies Europa". Die Strategie zielt darauf ab, dass Menschen mit Behinderung ihre vollen Rechte wahrnehmen und uneingeschränkt an der Gesellschaft und der europäischen Wirtschaft teilhaben können. Ein wichtiger Schwerpunkt ist dabei die Beseitigung von Barrieren. Dazu hat die Kommission acht wesentliche Aktionsbereiche festgelegt: • Zugänglichkeit • Teilhabe • Gleichstellung • Beschäftigung • allgemeine und berufliche Bildung • sozialer Schutz • Gesundheit • Maßnahmen im Außenbereich Laut UN-Behindertenrechtskonvention ist die Europäische Kommission verpflichtet, regelmäßig über die erzielten Fortschritte und Ergebnisse zu berichten. Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegen‐ stände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grund‐ sätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig. Barrierefreiheit beschränkt sich nicht auf ausgewählte Personengruppen, sondern schließt auch Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen mit ein; definiert sich demnach als eine soziale Dimension, welche zu einem gleichberechtigten, selbstbestimmten und unabhängigen Leben beiträgt. Für den öffentlichen Sektor regeln weitreichende Vorgaben den Abbau von Barrieren innerhalb der Europäischen Union, da Richtlinien der EU in nationales Recht umgesetzt wurden. Inwieweit privatwirtschaftliche Unternehmen verpflichtet sind, ihre Dienste barrierefrei anzubieten, unter‐ scheidet sich jedoch von Staat zu Staat. 7.2 Ländervergleich in der Europäischen Union 59 <?page no="60"?> 7.3 Situation in Finnland (Vorgaben für die Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Bereich) Das finnische Ministerium für Soziales und Gesundheit bereitet derzeit den Regierungsvorschlag für die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit vor, und es wird damit gerechnet, dass die Vorschläge Anfang 2022 das Parlament erreichen. Bislang gibt es keine einheitliche Gesetzgebung zur Zugänglichkeit und Barrierefreiheit, sondern die Regulierung ist dezentral auf verschiedene Gesetze verteilt. Öffentlicher Personenbeförderungsverkehr Nur wenn die Lösungen des öffentlichen Verkehrs für die Bedürfnisse des Fahrgastes nicht ausreichen, entsteht eine Verpflichtung zur Implementierung von mobilitätsunterstützenden Dienstleistungen, die den öffentlichen Verkehr ergänzen. Wenn die universellen Dienstleistungen nicht möglich und den Bedürfnissen der Person angemessen sind und nicht ausreichen, um die Interessen des Kunden zu wahren, werden die Dienstleistungen auf der Grundlage von Sondergesetzen angeordnet. Die Regulierung der Zugänglichkeit des öffentlichen Verkehrs basiert beispielsweise auf interna‐ tionalen Standards, EU-Verordnungen und dem Antidiskriminierungsgesetz sowie dem Gesetz über Verkehrsdienstleistungen welches eine Informationspflicht über die Zugänglichkeit von Verkehrsdienstleistungen vorsieht. Bau- und Planungsrecht Gemäß § 117 e des Baugesetzes muss der Träger des Bauvorhabens sicherstellen, dass das Gebäude und seine Innenhöfe und Wohnbereiche entsprechend ihrem Zweck, der Anzahl der Bewohner und der Stockwerke unter Berücksichtigung der Zugänglichkeit, insbesondere für Kinder, ältere Menschen und Behinderte, geplant und gebaut werden. In § 53 der Bauverordnung heißt es außerdem, dass alle wesentlichen Verwaltungs- oder Dienstleistungsgebäude und alle anderen wesentlichen Geschäfts- oder Dienstleistungsräume sowie deren Baustellen zugänglich sein müssen. Webseiten und Online-Angebote Teile des privaten Sektors, welche den Anforderungen an die Zugänglichkeit unterliegen, sind Anbieter grundlegender Dienstleistungen, z. B. Finanzdienstleistungen, Energie, Mobilität und Postdienste. Das Gesetz über die Bereitstellung digitaler Dienste verpflichtet den öffentlichen Sektor sowie einige Organisationen des privaten und des Nonprofit-Sektors zur Einhaltung der Anforderungen an die Barrierefreiheit hinsichtlich Websites und mobilen Anwendungen, wobei die Kriterien der Stufen A und AA der internationalen Web Content Accessibility Guidelines 2.1. herangezogen werden. Ferner sollte der Dienst einen elektronischen Feedback-Kanal enthalten, über den die Nutzer eine Rückmeldung über die Zugänglichkeit abgeben können. Die Rückmeldungen müssen innerhalb von 14 Tagen beantwortet werden. 60 7 Was heißt Barrierefreiheit eigentlich? <?page no="61"?> Sanktionen Sowohl das Baugesetz als auch das Gesetz über digitale Dienste sehen bei Verstößen gegen die Barrierefreiheit eine bedingte Geldstrafe vor. In § 182 des Baugesetzes ist festgelegt, dass die örtliche Bauaufsichtsbehörde und das zuständige Ministerium als Marktüberwachungsbehörde einen Bescheid erlassen können, wenn jemand gegen die in diesem Gesetz und auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften oder Verordnungen verstößt oder die sich daraus ergebenden Pflichten nachlässig erfüllt, so dass der Zuwiderhandelnde verpflichtet ist, das Fehlverhalten oder die Nachlässigkeit innerhalb einer bestimmten Frist zu beseitigen. Weitere Bestimmungen über bedingte Geldbußen finden sich im Gesetz über bedingte Geldbußen. Im Bereich des öffentlichen Verkehrs gibt es keine derartigen Maßnahmen, da der Staat für den barrierefreien Transport haftet, wenn es keine barrierefreien öffentlichen Verkehrsmittel gibt. 7.4 Situation in Griechenland (Vorgaben für die Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Bereich) Die rechtliche Grundlage für eine generelle Verpflichtung des privaten Sektors zur Herstellung von Barrierefreiheit bildet Art. 61 des Gesetzes 4488/ 2017. Nach dieser Regelung muss jeder Rechtsträger, egal ob privat- oder öffentlich-rechtlich, die gleichberechtigte Möglichkeit der Ausübung von Rechten durch behinderte Personen sicherstellen. Konkret ist jedes Unternehmen verpflichtet, Barrieren jeglicher Art zu entfernen und seine Dienste und Güter barrierefrei anzubieten, um den Zugang für Menschen mit Behinderung zu garantieren. Zudem müssen natürliche und juristische Personen geeignete Anpassungen vornehmen und die Teilhabe von Menschen mit Behinderung in ihrem Bereich aktiv fördern. Öffentlicher Personenbeförderungsverkehr Das Gesetz 4488/ 2017 beinhaltet das allgemeine Prinzip, dass die Benutzung öffentlichen Perso‐ nenbeförderungsverkehrs für Menschen mit Behinderung ohne Schwierigkeiten möglich sein muss. Zudem existieren besondere Regelungen für den Schiff-, Zug- und Busverkehr. Nach dem Gesetz 2963/ 2001 und in Übereinstimmung mit der EU-Richtlinie 2001/ 85 haben Busfahrer spezielle Fürsorgepflichten gegenüber Fahrgästen mit Behinderungen. Außerdem sollen Busse danach mit faltbaren, manuell bedienbaren Rampen ausgestattet sein. Verwaltungsrechtliche Sanktionsmöglichkeiten stellen sicher, dass Inhaber von Busunternehmen diese Anforderungen erfüllen. Ferner beinhaltet der Straßenverhaltenskodex Regelungen im Hinblick auf Menschen mit Behinderung (Beschilderung der Straßen, Regelungen über das Verhalten von Fußgängern). Bau- und Planungsrecht Das Baugesetz (Gesetz 4067/ 12) enthält Regelungen, die den Zugang zu Gebäuden für Personen mit Behinderung sicherstellen sollen. Konkret wird in Art. 5 des Gesetzes vorgeschrieben, dass der barrierefreie Zugang zu einem Gebäude garantiert sein muss. Art. 26 des Baugesetzes enthält das Prinzip, das neue Gebäude für Menschen mit Behinderung zugänglich sein müssen. Dies erfordert, dass geeignete sanitäre Anlagen, Rampen und Aufzüge vorhanden sind. Ferner wird durch die ministerielle Entscheidung 216/ 2015 festgelegt, dass auch Hotels die Anforderungen des Art. 26 des Gesetzes 4067/ 2012 bezüglich der Barrierefreiheit erfüllen müssen. 7.4 Situation in Griechenland (Vorgaben für die Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Bereich) 61 <?page no="62"?> Webseiten und Online-Angebote Nach Art. 67 des Gesetzes 4488/ 2017 müssen Anbieter von Informations- und Kommunikations‐ mitteln neue Technologien wie Internetseiten mit Sprache, Untertiteln, Audiodeskription und Signalinterpretation verwenden, um Behinderten den Zugang zu den Informationen zu ermögli‐ chen. Zudem sollen Verwaltungsbehörden den gleichberechtigt möglichen Zugang von Menschen mit Behinderung zur elektronischen Umgebung, speziell zu elektronischer Kommunikation, Information und elektronischen Diensten sicherstellen. Sanktionen Beispielhaft nennt das griechische Parlament die Sanktionierung im Baurecht. Verstöße gegen die Zugänglichkeitsvorschriften reichen von Geldstrafen, über den Ausspruch zu der Verpflichtung zur Einhaltung der Vorschriften, bis hin zu einem Nutzungsverbot des Gebäudes. 7.5 Situation in Österreich (Vorgaben für die Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Bereich) Das zentrale Gesetz betreffend Barrierefreiheit ist das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG), das für Menschen mit Behinderungen ein gesetzlich verankertes Diskriminierungsver‐ bot in weiten Bereichen des Alltagslebens schafft. Der Wirkungsbereich des Gesetzes umfasst zwei Bereiche: 1. Verbot der Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen in der Bundesverwal‐ tung (§ 2 Abs. 1 BGStG; z. B. Steuerrecht, Pass- und Meldewesen, Straf- und Zivilrecht, große Teile des Schulwesens) und 2. Verbot der Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen beim Zugang zu und der Versorgung mit öffentlichen Gütern und Dienstleistungen (§ 2 Abs. 2 BGStG; z. B. Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomie, Veranstaltungen und allgemeine Freizeitaktivitäten wie Kino, Schwimmbad oder der Zugang zu Informationen). Bauliche oder sonstige Barrieren können nach den Bestimmungen des BGStG eine mittelbare Diskriminierung darstellen und Schadenersatzforderungen nach sich ziehen. Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen (aber auch Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände und Systeme der Informationsver‐ arbeitung sowie andere gestaltete Lebensbereiche), wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind (§ 6 Abs. 5 BGStG). Es gibt jedoch eine gerichtliche Zumutbarkeits‐ prüfung, um für die Anbieter wirtschaftliche Härten zu vermeiden, wenn eine Maßnahme zur Beseitigung einer Barriere eine unverhältnismäßige Belastung darstellt. Öffentlicher Personenbeförderungsverkehr In Entsprechung der Verordnung (EG) Nr. 1370/ 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße ist gemäß Bundesgesetz über die Ordnung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs (Öffentliches Personennah- und Regionalverkehrsgesetz 1999 - ÖPNRV-G 1999), BGBl. I Nr. 204/ 1999, ein Grundangebot im Schienenpersonennah- und Regionalverkehr sicherzustellen. Die Verordnung (EG) 1371/ 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr legt in EG (10) fest, dass Schienenpersonenverkehrsdienste den Bürgern allgemein zugutekommen sollen. Daher sollten Personen mit Behinderungen und Personen mit 62 7 Was heißt Barrierefreiheit eigentlich? <?page no="63"?> eingeschränkter Mobilität Bahnreisemöglichkeiten haben, die denen anderer Bürger vergleichbar sind. Im EG (11) dieser Verordnung wird klargestellt, dass Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbe‐ treiber die Bedürfnisse von Personen mit Behinderungen und von Personen mit eingeschränkter Mobilität bei der Zugänglichkeit zu allen baulichen Strukturen und zu allen Fahrzeugen bei der Anschaffung neuen Materials sowie der Durchführung von Bauarbeiten berücksichtigen sollen. Durch das Eisenbahngesetz und das Bundesgesetz über die Eisenbahnbeförderung und die Fahrgastrechte (Eisenbahn-Beförderungs- und Fahrgastrechtegesetz - EisbBFG), BGBl. I Nr.-40/ 2013, erfolgte die nationale Umsetzung der Verordnung (EG) 1371/ 2007. Bau- und Planungsrecht Gemäß Art. 15 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz ist das Bau-recht Landessache in Gesetzgebung und Vollziehung, daher gibt es in Österreich für jedes Bundesland eigene Bauvorschriften. Diese Bauordnungen regeln in ihren Bestimmungen eigenständig, welche Gebäude barrierefrei gestaltet werden müssen und enthalten zielorientierte Anforderungen zur Beseitigung und Verhinderung baulicher Hindernisse. Einzelne landesgesetzliche Bestimmungen enthalten konkrete, gesetzliche Vorgaben über barrierefreies Bauen (z. B. Baugesetze, Aufzugsgesetze und Garagengesetze). Um all diese unterschiedlichen bautechnischen Vorschriften zu harmonisieren, wurde das Österrei‐ chische Institut für Rechts-, Legislativ- & Wissenschaftlicher Dienst (RLW) 5 / 12 Bautechnik (OIB) im Jahr 2000 damit beauftragt, einen zwischen den Bundesländern harmonisierten Entwurf auszuarbeiten. Diese OIB-Richtlinien dienen als Basis für die Harmonisierung der bautechnischen Vorschriften, die Erklärung einer rechtlichen Verbindlichkeit der OIB-Richtlinien ist den Ländern vorbehalten. Im Falle der Umsetzung handelt es sich bei den OIB-Richtlinien um Bestimmungen im Range eines Landesgesetzes, welche die jeweiligen Bauordnungen ergänzen und zwingend bei Neu- und Umbauten einzuhalten sind. Sie sind daher anwendbar, solange keine gesetzliche Bestimmung anderes verlangt. Webseiten und Online-Angebote Durch das Bundesgesetz über den barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen des Bundes (Web-Zugänglichkeits-Gesetz - WZG), BGBl. I 59/ 2019, ist die Richtlinie (EU) 2016/ 2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barriere‐ freien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen, ABl. Nr. L 327 vom 2.12.2016, 1 in Österreich umgesetzt worden. Sie ist am 23. Juli 2019 in Kraft getreten. Sanktionen Auf Basis des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes können Menschen mit Behinderungen im Fall einer möglichen Diskriminierung bei der zuständigen Landesstelle des Sozialministerium‐ service ein Schlichtungsverfahren beantragen. Solche Landes-stellen gibt es in allen Landeshaupt‐ städten und in Wien. Dieses Schlichtungsverfahren ist vor einer Klage bei Gericht verpflichtend. Die Schlichtung soll eine außergerichtliche Einigung im Sinne aller Beteiligten herbeiführen. Das Verfahren ist bewusst formlos, eine anwaltliche Vertretung somit nicht erforderlich. Dabei ist jede rechtskonforme Lösung, mit der beide Seiten einverstanden sind, möglich. Im Rahmen dieser Schlichtung kann auch eine unentgeltliche Mediation in Anspruch genommen werden. 7.5 Situation in Österreich (Vorgaben für die Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Bereich) 63 <?page no="64"?> Eine Verbandsklage ist auch im Bereich der Diskriminierung durch Barrieren denkbar. Etwa dann, wenn eine große Anzahl von Menschen mit Behinderungen betroffen sind und deren Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durch die Barrieren wesentlich und dauerhaft beeinträchtigt wird. Bei Verbandsklagen gegen große Unternehmen ist diese auf Unterlassung und Beseitigung der Barriere möglich. Auch bei Diskriminierungen durch private Versicherungen ist eine Klage auf Unterlassung des diskriminierenden Verhaltens möglich. 7.6 Situation in Schweden (Vorgaben für die Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Bereich) Öffentlicher Personenbeförderungsverkehr Art. 2 des Gesetzes über die Barrierefreiheit des öffentlichen Personentransports (1979: 558) regelt, dass diejenigen, die öffentliche Verkehrsmittel beaufsichtigen und diejenigen, die in diesem Be‐ reich eingesetzt werden, sicherstellen sollen, dass der Personenbeförderungsverkehr an Menschen mit Behinderung angepasst wird. Dabei sollen bei der Planung und Durchführung des öffentlichen Personenverkehrs die speziellen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung berücksichtigt werden. Die verwendeten Transportmittel sollten, sofern möglich, behindertengerecht sein. Die Verordnung über barrierefreie öffentliche Verkehrsmittel (1980: 398) ermächtigt die schwedische Beförderungsagentur, die Verkehrsverwaltung und die Schifffahrtsverwaltung die notwendigen Regelungen bezüglich der Konstruktion, Ausstattung und Durchführung zu erlassen. Nach Abschnitt 2 Art. 14 des Personenbeförderungsgesetzes (2010: 1065) soll die regionale Behörde, die für den öffentlichen Personenverkehr zuständig ist, darauf hinwirken, dass der regionale öffentliche Personenverkehr für alle Gruppen von Reisenden zugänglich ist. Art. 9 des Gesetzes über die Rechte von Benutzern öffentlicher Verkehrsmittel (2015: 953) legt fest, dass der Betreiber des Verkehrsmittels Informationen (zum Beispiel über Verspätungen, Preise und Barrierefreiheit) in einer Weise bereitstellen soll, dass für die Fahrgäste der Zugang zu den Informationen möglich ist. Bei der Auswahl einer geeigneten Darstellungsweise muss ein besonderes Augenmerk auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung gelegt werden. Bau- und Planungsrecht Das Planungs- und Baurecht enthält einschlägige Vorschriften zur Überwachung sowie Zwangs‐ maßnahmen, welche bei Nichteinhaltung mit Geldstrafen kombiniert werden können. Webseiten und Online-Angebote Das Gesetz zur elektronischen Kommunikation (2003: 389) beruht unter anderem auf der EU-Richtlinie über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (2002/ 21/ EC). Nach Abschnitt 5, Art. 6 e des Gesetzes müssen die Anbieter von elektronischen Kommunikationsdiensten die Bedürfnisse von Nutzern mit Behinderung so berücksichtigen, dass sie in der gleichen Weise wie die Mehrheit der Nutzer, Zugang zu den Diensten und zudem die Möglichkeit haben, zwischen den Unternehmen und Dienstanbietern zu wählen. 64 7 Was heißt Barrierefreiheit eigentlich? <?page no="65"?> Die schwedische Post und Telekommunikationsbehörde (PTS) hat Vorschriften und allgemeine Empfehlungen zur Barrierefreiheit hinsichtlich Universaldienstleistungen erlassen, welche in den „General Recommendations on Information on Prices, Rates and General Terms“ (PTSFS 2009: 7), den „Provisions on Obligation to Provide a Specified Telephone Bill” (PTSFS 2006: 3) und den „Provisions and General Rekommandation on the Contents of Agreements” (PTSFS 2013: 3) zu finden sind. Am 1. Januar 2019 ist das Gesetz über die Zugänglichkeit zu digitalen öffentlichen Internetauftritten in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz wird die EU-Richtlinie 2016/ 2102 über die Zugänglichkeit von Websites und mobilen Anwendungen von öffentlichen Dienstleistern in schwedisches Recht umgesetzt. Der Umfang des Gesetzes über die Barrierefreiheit von digitalen öffentlichen Diensten geht über das in der Richtlinie geforderte Mindestmaß hinaus. Der Geltungsbereich erstreckt sich auf alle Behörden, Kommunen, Regionen und andere öffentliche Akteure und ist auch auf Private übertragbar, die in den mit öffentlichen Mitteln finanzierten Bereichen der Vorschulen, Schulen oder im Gesundheits- und Pflegesektor tätig sind. Die sogenannte Agentur für digitale Verwaltung führt derzeit eine Überprüfung der Websites von Behörden und anderen öffentlichen Akteuren durch, um festzustellen, ob sie den Anforderungen des Gesetzes entsprechen. Die Überprüfung hat gezeigt, dass mehrere öffentliche Behörden mehr Anpassungen vornehmen müssen, um eine Bar‐ rierefreiheit zu gewährleisten. Die Agentur ist mit der Kompetenz ausgestattet Verbesserungen zu verlangen, und - letztlich - kann sie monetäre Sanktionen verhängen, wenn die erforderlichen Maßnahmen nicht ergriffen werden. Sanktionen Die Stellungnahme des schwedischen Parlaments hat Ausführungen zu diesem Gliederungspunkt nur am Rande getätigt, sodass diese unter den Gliederungspunkten der ausgewählten Bereiche dargestellt sind. 7.7 Vorgaben für die Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Bereich in Deutschland Barrierefreiheit ist die zentrale Voraussetzung für eine inklusive Gesellschaft und für das Über‐ winden der Herausforderungen des demografischen Wandels. Meist wird über Barrierefreiheit im baulichen Bereich diskutiert. Im Ergebnis wird zwar zunehmend mehr barrierefrei gebaut, tatsächlich gibt es dort noch eine Menge zu tun, denn noch längst wird Barrierefreiheit und Zugänglichkeit nicht überall bei der Planung mitgedacht. Dabei geht es bei Weitem nicht nur um die Rampe vor der Tür - den barrierefreien Zugang. Es geht um breite Türen, barrierefreie Fahrstühle und Toiletten. Das ist insbesondere wichtig für Menschen, die im Rollstuhl sitzen. Aber auch Menschen mit Sehbehinderungen, taube Menschen oder Menschen mit Hörbeeint‐ rächtigungen oder mit kognitiven Einschränkungen oder Lernschwierigkeiten haben ein Recht auf Barrierefreiheit. Zum Thema „Barrierefreiheit“ gehört unter anderem die medizinische Versorgung (zum Beispiel barrierefreie Arztpraxen), barrierefreie Mobilität, aber auch allgemein barrierefreie Angebote von Produkten und Dienstleistungen, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich. Derzeit gelten in der Bundesrepublik Deutschland ausschließlich im öffentlich-rechtlichen Bereich bundesweit verbindliche Vorgaben zur Herstellung von Barrierefreiheit. Gesetzliche 7.7 Vorgaben für die Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Bereich in Deutschland 65 <?page no="66"?> Grundlagen beinhaltet z. B. das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) vom 27. Mai 2002. Die Herstellung der Barrierefreiheit wird u. a. in § 8 BGG für die Bereiche Bauen und Verkehr, in den §§ 12a ff. BGG für die Informationstechnik und in § 10 BGG für die Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken näher geregelt. Für private Anbieter von öffentlich zugänglichen Produkten und Dienstleistungen existieren derzeit keine festen Regelungen. Allerdings sind nach § 5 BGG zwischen Unternehmen und Verbänden Zielvereinbarungen zu treffen, die den vom BGG geschaffenen Rahmen ausfüllen sollen. Die Beteiligten sind danach befugt, in eigener Verantwortung Regelungen zu treffen, wie und in welchem Zeitraum Barrierefreiheit vor Ort konkret zu verwirklichen ist. Zielvereinbarungen sind als zivilrechtliche Verträge bindend. Verstöße können somit vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden. Die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/ 882 wird, soweit eine Umsetzung nicht bereits in anderen Gesetzen erfolgt ist, im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), welches am 20. Mai 2021 vom Bundestag verabschiedet wurde, erfolgen. Ziel ist es, die Verfügbarkeit barrierefreier Produkte und Dienstleistungen auf dem Binnenmarkt zu erhöhen und damit die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für Menschen mit Behinderungen zu stärken. § 3 Abs. 1 BFSG schreibt vor, dass Produkte, die Wirtschaftsakteure auf den Markt bringen und Dienstleistungen, die sie anbieten, barrierefrei sein müssen. Gleichzeitig sollen Barrieren beim Zugang zu Informationen und Kommunikation beseitigt werden. Konkret bedeutet dies, dass unter anderem Hardwaresys‐ teme, Selbstbedienungsterminals (z. B. Geldautomaten, Fahrausweisautomaten), E-Books und die hierfür bestimmte Software, Bankdienstleistungen und die elektronische Kommunikation barrierefrei zu gestalten sind. Die Regelungen sollen für Produkte und Dienstleistungen gelten, welche nach dem 28. Juni 2025 in Verkehr gebracht werden, wobei Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von höchstens zwei Millionen Euro nach § 3 Abs. 3 BFSG hiervon ausgenommen sind. Diesen werden Leitlinien zur Verfügung gestellt, um Ihnen die Anwendung des Gesetzes zu erleichtern. Teilweise existieren in der Bundesrepublik Deutschland für einzelne Bereiche Bundesnormen, die Private zur Herstellung von Barrierefreiheit verpflichten. Zudem gibt es in den unterschiedlichen Lebensbereichen verschiedene staatliche Förderungsmaßnahmen, die aufzunehmende Barriere‐ freiheit in öffentlich zugänglichen Lebensbereichen hinwirken sollen. Im Folgenden einige Beispiele: § 4 Abs. 1 Nr. 2a des Gaststättengesetzes regelt, dass die Gaststättenerlaubnis unter gewissen Voraussetzungen zu versagen ist, wenn Räume von behinderten Menschen nicht barrierefrei ge‐ nutzt werden können. Allerdings kann die Erlaubnis dann erteilt werden, wenn eine barrierefreie Gestaltung der Räume nicht möglich ist oder nur mit unzumutbaren Aufwendungen erreicht werden kann. Nach § 2 Abs. 3 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung soll die Benutzung der Bahnanlagen und Fahrzeuge durch behinderte Menschen ohne besondere Erschwernis ermöglicht werden mit dem Ziel einer möglichst weitreichenden Barrierefreiheit. § 8 Abs. 3 Satz 3 des Personenbeförderungsgesetzes schreibt vor, dass der Nahverkehrsplan die Belange von Menschen mit Behinderung mit dem Ziel zu berücksichtigen hat, für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen. Leider wurde diese gesetzliche Grundlage bis dato nicht umgesetzt. Beschäftigen Arbeitgeber Menschen mit Behinderungen haben sie die Arbeitsstätte nach § 3a Abs. 2 Arbeitsstätten-Verordnung so einzurichten, dass die besonderen Belange dieser Beschäftigten 66 7 Was heißt Barrierefreiheit eigentlich? <?page no="67"?> berücksichtigt werden, insbesondere im Hinblick auf die barrierefreie Gestaltung der Räumlich‐ keiten. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BGG sind Dienststellen und sonstige Einrichtungen der Bundesverwal‐ tung verpflichtet, ihre Internetangebote und Programmoberflächen schrittweise grundsätzlich barrierefrei zu gestalten. Einzelheiten sind in der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung 2.0 geregelt. In den letzten Jahren hat sich in vielen europäischen Ländern ein deutlicher Fortschritt in Bezug auf die Rechte und Chancen von Menschen mit Behinderungen ergeben. In Schweden, Italien, Spanien, Finnland, Griechenland und Österreich haben viele Menschen mit Behinderungen ein besseres Leben, als dies in Deutschland der Fall ist. In Schweden und Italien sind die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Vergleich zu Deutschland am weitesten entwickelt. In Schweden haben Menschen mit Behinderungen seit 2003 ein Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. Dieses Recht schützt sie vor Diskriminierung und erlaubt ihnen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und in einer Gemeinschaft zu leben. Auch in Italien wurden viele Fortschritte erzielt. Seit 2005 gibt es ein Gesetz, das Menschen mit Behinderungen vor Diskriminierung schützt. Darüber hinaus haben italienische Behörden auch ein umfangreiches Programm zur Unterstützung von Menschen mit Behinderungen aufgelegt, darunter finanzielle Unterstützung und Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen. Auch in Spanien, Finnland, Griechenland und Österreich gibt es einige Fortschritte in Bezug auf die Rechte und Chancen von Menschen mit Behinderungen. In Spanien hat die Regierung ein Gesetz erlassen, das Menschen mit Behinderungen vor Diskriminierung schützt und sie dazu ermutigt, an der Gesellschaft teilzuhaben. In Finnland gibt es eine Reihe von Förderprogrammen für Menschen mit Behinderungen, darunter finanzielle Unterstützung und Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen. In Griechenland gibt es seit 2003 ein Gesetz, das Menschen mit Behinderungen vor Diskriminierung schützt. In Österreich wurden seit 2004 einige Fortschritte erzielt, darunter ein Gesetz, das Menschen mit Behinderungen vor Diskriminierung schützt, sowie finanzielle Unterstützung und Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen zusichern. Im Vergleich zu den oben genannten Ländern ist Deutschland in Bezug auf die Rechte und Chancen von Menschen mit Behinderungen noch einige Schritte hinterher. In Deutschland gibt es zwar seit 2008 ein Gesetz, das Menschen mit Behinderungen vor Diskriminierung schützt, aber es gibt nach wie vor keine umfassende Förderung für Menschen mit Behinderungen. Zudem gibt es in Deutschland zwar einige öffentliche Dienstleistungen, aber diese sind oftmals nur schwer zugänglich und nicht ausreichend, um die Bedürfnisse der Betroffenen zu erfüllen. Insgesamt lässt sich sagen, dass Menschen mit Behinderungen in Schweden, Italien, Spanien, Finnland, Griechenland und Österreich mehr Rechte und Chancen haben als dies in Deutschland der Fall ist. In diesen Ländern werden Menschen mit Behinderungen durch spezielle Gesetze vor Diskriminierung geschützt und sie erhalten eine umfassende Förderung. In Deutschland sind die Rechte und Chancen von Menschen mit Behinderungen zwar besser als noch vor einigen Jahren, aber es gibt immer noch viel zu tun. 7.7 Vorgaben für die Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Bereich in Deutschland 67 <?page no="69"?> 8 Teilhabe und Mitbestimmung für Menschen mit Behinderung Die Teilhabe und Mitbestimmung von Menschen mit Behinderungen an unserer Gesellschaft ist ein entscheidender Faktor für eine inklusive und gleichberechtigte Welt. Menschen mit Behinderungen sind ein wesentlicher Teil unserer Gesellschaft und haben das Recht auf gleiche Chancen und den vollen Zugang zu den Dienstleistungen, die uns allen zur Verfügung stehen. Die Förderung der Teilhabe und Mitbestimmung von Menschen mit Behinderungen ist daher eine zentrale Aufgabe unserer Zeit. Die verbesserte Teilhabe und Mitbestimmung von Menschen mit Behinderungen beginnen mit der Schaffung einer inklusiven Gesellschaft, die alle Menschen als gleichwertig und gleich‐ berechtigt betrachtet. Dies bedeutet, dass die Menschenrechte aller Menschen, einschließlich der Menschen mit Behinderungen, respektiert und durchgesetzt werden. Es bedeutet auch, dass die Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte Teilhabe an allen Aspekten des öffentlichen Lebens erhalten und Zugang zu den Dienstleistungen, die sie benötigen. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Förderung der Teilhabe und Mitbestimmung von Men‐ schen mit Behinderungen ist die Schaffung einer inklusiven Bildungslandschaft. Die Schaffung eines inklusiven Schulsystems, das die Bedürfnisse aller Schülerinnen und Schüler berücksich‐ tigt, ist ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichberechtigung. Ein inklusives Schulsystem ermöglicht es allen Schülerinnen und Schülern, an den gleichen Aktivitäten und Lernmöglich‐ keiten teilzunehmen und sollte spezielle Unterstützung für Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen bieten. Ebenso wichtig ist es, eine inklusive Arbeitskultur zu schaffen, um die Teilhabe und Mitbestimmung von Menschen mit Behinderungen zu fördern. Dies bedeutet, dass alle Arbeit‐ nehmerinnen und Arbeitnehmer fair und gleichberechtigt behandelt werden, einschließlich derjenigen mit Behinderungen. Dies bedeutet auch, dass Vorkehrungen getroffen werden müssen, um den Zugang zu Arbeitsplätzen und Arbeitsplatz-Anforderungen für Menschen mit Behinderungen zu erleichtern und sicherzustellen. Die Förderung der Teilhabe und Mitbestimmung von Menschen mit Behinderungen erfordert ebenfalls, dass der öffentliche und private Sektor die Barrieren beseitigt, die den Zugang zu Dienstleistungen, Bildung und Arbeit für Menschen mit Behinderungen erschweren. Dazu gehören Barrieren, die aufgrund von physischen, administrativen, finanziellen, kulturellen oder sozialen Faktoren bestehen. Diese Barrieren müssen beseitigt werden, um die Teilhabe und Mitbestimmung von Menschen mit Behinderungen zu fördern. Schließlich ist es wichtig, dass der Gesetzgeber die Teilhabe und Mitbestimmung von Menschen mit Behinderungen durch geeignete Gesetze und Vorschriften unterstützt. Dies bedeutet, dass die Gesetze und Vorschriften alle Menschen, einschließlich der Menschen mit Behinderungen, gleichbehandelt. Diese Bestimmungen sollten auch die Rechte der Menschen mit Behinderungen schützen, z.-B. durch den Schutz vor Diskriminierung. Um eine inklusive Gesellschaft zu schaffen, in der alle Menschen gleiche Chancen und den vollen Zugang zu den Dienstleistungen haben, müssen wir uns für die Teilhabe und Mit‐ bestimmung von Menschen mit Behinderungen einsetzen. Dies bedeutet, dass wir uns für die Schaffung einer inklusiven Gesellschaft, eines inklusiven Bildungssystems und einer inklusiven Arbeitskultur einsetzen müssen, um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen die gleichen Chancen haben und dass alle Barrieren, die ihnen den Zugang zu Dienstleistungen, Bildung und Arbeit erschweren, beseitigt werden. Wir müssen auch dafür sorgen, dass der <?page no="70"?> Gesetzgeber die Teilhabe und Mitbestimmung von Menschen mit Behinderungen durch geeig‐ nete Gesetze und Vorschriften unterstützt. Nur dann können wir eine inklusive Gesellschaft schaffen, in der alle Menschen gleichberechtigt behandelt werden. 70 8 Teilhabe und Mitbestimmung für Menschen mit Behinderung <?page no="71"?> 9 Fazit Barrierefreiheit und Inklusion sind zwei Themen, die in der heutigen Gesellschaft immer wichtiger werden. Mit dem technologischen Fortschritt wird der Bedarf an Barrierefreiheit und Inklusion immer dringender. Um sicherzustellen, dass alle Menschen Zugang zu den gleichen Möglichkeiten haben, ist es wichtig, dass Organisationen, Regierungen und Einzelpersonen sich bemühen, eine inklusivere Welt zu schaffen. Die Schaffung eines barrierefreien und inklusiven Umfelds ist ein vielschichtiger Prozess, an dem eine Vielzahl von Akteuren beteiligt ist. Organisationen müssen sicherstellen, dass ihre Strategien, Praktiken und Produkte inklusiv und für alle Menschen zugänglich sind. Die Regierungen müssen die notwendigen Ressourcen bereitstellen, um sicherzustellen, dass alle Menschen Zugang zu den gleichen Möglichkeiten haben. Auch der Einzelne muss sich für ein inklusiveres und zugänglicheres Umfeld einsetzen, indem er sich für die Rechte anderer einsetzt und die notwendigen Schritte unternimmt, um sicherzustellen, dass alle Menschen inkludiert sind. Der Bedarf an Barrierefreiheit und Inklusion wird immer größer, da sich die Welt schnell wei‐ terentwickelt und verändert. Mit dem Aufkommen neuer Technologien und digitaler Plattformen ist es heute wichtiger denn je, dafür zu sorgen, dass alle Menschen Zugang zu den gleichen Möglichkeiten haben. Um eine gerechtere Welt zu schaffen, müssen Organisationen, Regierungen und Einzelpersonen zusammenarbeiten, um ein zugängliches und inklusives Umfeld zu schaffen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Barrierefreiheit und Inklusion wesentliche Komponenten für eine gerechtere Welt sind. Organisationen, Regierungen und Einzelpersonen müssen zusam‐ menarbeiten, um sicherzustellen, dass alle Menschen Zugang zu den gleichen Möglichkeiten haben. Integrative Strategien, Praktiken und Produkte können essenziell für eine gesunde und funktionierende Gesellschaft sein. Dies bedeutet letztendlich, dass alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, ihren körperlichen Fähigkeiten, ihrer Religion, ihrem Geschlecht, ihrem Alter oder anderen Merkmalen, die gleichen Möglichkeiten und Chancen haben sollten, an allen Aspekten des Lebens teilzuhaben, den Zugang zu öffentlichen Einrichtungen, Arbeitsplätzen, Bildung und Unterhaltung. Ein wichtiger Teil des Konzepts der Barrierefreiheit und Inklusion ist die Sensibilisierung für Inklusion. Alle Menschen in der Gesellschaft müssen ihre Unterschiede akzeptieren und schätzen und ein Umfeld schaffen, in dem sich alle Personen willkommen und akzeptiert fühlen. <?page no="73"?> Von der Theorie zur Praxis Zielgruppen für Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum Bevor wir uns nachfolgend den technischen Belangen der Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum widmen ein kurzer Blick auf die Zielgruppen, für die wir bauen. Dazu die nachfolgende Grafik: Geh- und Stehbehinderte Rollstuhlnutzende Rollatornutzende Greifbehinderte Fahrgäste mit Kinderwagen Fahrgäste mit Fahrrädern Fahrgäste mit Gepäck Fahrgäste mit Einkaufs-/ Gepäckwagen Fahrgäste mit Hunden Sehbehinderte Blinde Schwerhörige Gehörlose Analphabeten Menschen mit Lernbehinderung Menschen mit geistiger Behinderung werdende Mütter Personen mit temporären Einschränkungen z.B.d. Unfall Übergewichtige Ortsunkundige Fremdsprachige ältere Menschen Kleinkinder Körperbehinderte Sehbehinderte Hörbehinderte Sprachbehinderte Menschen mit kognitiven Entwicklungsbeeinträchtigungen Psychisch Behinderte Kleinwüchsige Reisezweckbedingt altersbedingt durch besondere Umstände bedingt nicht nur für sondern auch für Mobilitätsbehindert im engeren Sinn Mobilitätsbehindert im weiteren Sinn zumeist dauerhaft eingeschränkt zeitweilig eingeschränkt Barrierefreiheit Abb. 3: Klassifizierung mobilitätsrelevanter Einschränkungen Barrierefreiheit wird landläufig immer mit „rollstuhltauglich“, seltener noch mit „blindentauglich“ assoziiert. Das gesamte weitere Spektrum von Einschränkungen der Mobilität wird dagegen nur in den seltensten Fällen wahrgenommen und als Zielgruppe für Bemühungen um Barrierefreiheit ins Blickfeld gerückt. Dem wollen wir in diesem Buch ausdrücklich entgegentreten. Inklusion betrifft Alle, also auch alle in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen - egal welcher Art die Einschränkung ist. Jeder Mensch hat das Anrecht auf uneingeschränkte Teilhabe am öffentlichen Leben, das wurde im vorhergehenden Grundlagenkapitel umfassend erläutert. Deshalb zielen die in den nachfolgenden - technischen - Kapiteln beschriebenen Maßnahmen darauf ab, alle Arten von Mobilitätsenschränkungen bestmöglich zu berücksichtigen. Leider können verschiedene Mobilitätseinschränkungen nur mit technischen Mitteln minimiert werden, die wiederum die Folgen anderer Einschränkungen verschärfen (z. B. blind vs. gehbehindert <?page no="74"?> | Tastkante vs. Bordsteinabsenkung). Hier gilt es Lösungen zu finden, die entweder beide Einschränkungen gleichberechtigt minimieren können oder - falls dies technisch nicht möglich ist - abzuwägen, an welcher Stelle welcher Einschränkung (bzw. deren Minimierung) warum der Vorzug zu geben ist. 74 Von der Theorie zur Praxis <?page no="75"?> II Planung <?page no="77"?> 10 Normen und Begriffe Ziel der in diesem Buch beschriebenen Grundlagen, Planungs- und Ausführungshinweise sowie Darstellung von typischen Fehlern und Fallstricken ist die Barrierefreiheit der öffentlichen - und nicht nur dieser - Verkehrsflächen. Barrierefrei sind bauliche Anlagen, wenn sie Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich sind. (§4 BGG Behindertengleichstellungsgesetz sowie DIN 18040-3, Seite-4) Wegeketten im öffentlichen Verkehrs- und Freiraum sollen durchgängig und über Zuständig‐ keitsgrenzen hinweg barrierefrei nutzbar sein. (DIN 18040-3, Seite-7) Dies wird erreicht durch: - stufenlose Wegeverbindungen, insbesondere für Rollstuhl- und Rollatornutzer - sichere, taktil und visuell gut wahrnehmbare Abgrenzungen verschiedener Funktionsberei‐ che (z. B. niveaugleicher Flächen für den Rad- und Fußverkehr), insbesondere für blinde und sehbehinderte Menschen - erschütterungsarm berollbare, ebene und rutschhemmende Bodenbeläge - eine taktil wahrnehmbare und visuell stark kontrastierende Gestaltung von Hindernissen und Gefahrenstellen, insbesondere für blinde und sehbehinderte Menschen - die Anwendung des 2-Sinne-Prinzips (die für die barrierefreie Nutzung des Verkehrs- und Freiraums erforderlichen Informationen sind so zu übermitteln, dass sie auch von Menschen mit sensorischen Einschränkungen wahrgenommen werden können) - eine einheitliche Gestaltung von Leitsystemen, insbesondere für blinde und sehbehinderte Menschen - auch für denkmalgeschützte Bereiche sind Lösungen für die Herstellung von Barrierefreiheit zu berücksichtigen Soweit die Definition in DIN 18040-3, sozusagen der Mutter aller technischen Normen für Barrierefreiheit im (öffentlichen) Verkehrsraum. Grundlage aller auf den folgenden Seiten dargelegten Überlegungen sind folgende Normen: DIN 18040-3: 2014-12 Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen - Teil 3: Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum DIN 32984: 2023-04 Bodenindikatoren im öffentlichen Raum DIN 32975: 2009-12 Gestaltung visueller Informationen im öffentlichen Raum zur barrierefreien Nutzung In diesen Normen, die sich auf jedem Schreibtisch eines mit einschlägigen Projekten befassten Planungsteams befinden sollten, werden die jeweils relevanten Begriffe definiert, die ebenfalls <?page no="78"?> Grundlage der Inhalte des Buches sind. Weitere Normen und Regelwerke ergänzen diese Grundnormen in den jeweiligen Fachbereichen, die o. g. Normen beinhalten entsprechende Verweisungen. Bei der Planung von barrierefreien Verkehrsflächen sind im Wesentlichen drei Themenfelder und deren Lösungsansätze von Relevanz: Sehbeeinträchtigungen → Blindenleitsysteme (BLS) Mobilitätsbeeinträchtigungen → Fußgängerquerungen von Fahrbahnen Öffentlicher Personen(nah)verkehr → (Bus)Haltestellen 78 10 Normen und Begriffe <?page no="79"?> 11 Grundanforderungen an barrierefreie Verkehrsflächen Bei der Planung von barrierefreien Verkehrsflächen im öffentlichen Raum müssen die Grund‐ anforderungen hinsichtlich Bewegungsräume, Breiten, Höhen, Rutschsicherheit, Beleuchtung und dergleichen in jedem Fall erfüllt werden. Das gilt ebenso für die Parameter Längs- und Querneigung der Bewegungsräume. Alle diese Parameter sind in der einschlägigen Normung, allen voran der DIN 18040-3 umfassend und klar beschrieben. Deshalb wird in diesem Buch darauf nicht explizit eingegangen, die Kenntnis der einschlägigen Normung und deren sachgerechte Anwendung wird vorausgesetzt. Dieses Werk befasst sich mit den weiterführenden Anforderungen und den dazugehörigen - norm- und nutzergerechten - Lösungen aus den Themenfeldern Sehbeeinträchtigung, Mobilitäts‐ beeinträchtigung und Öffentlicher PersonenNahVerkehr. Dargestellt werden Standards, aber auch Sonderlösungen, die es letztlich in nahezu allen Problemstellungen erlauben, Verkehrsflächen barrierefrei zu gestalten. <?page no="81"?> 12 Themenfeld Sehbeeinträchtigungen - Blindenleitsystem (BLS) Blindenleitsysteme dienen der Orientierung von Blinden und sehbeeinträchtigten Menschen. Sie sollen Orientierung durch Fühlen, nicht Sehen ermöglichen. Dabei geht es um Auffinden / Be‐ achten, um Leiten sowie um Sperren. Dem dienen Aufmerksamkeitsfelder, Leitstreifen und Sperrfelder. BLS werden eingerichtet durch das Verlegen von Bodenindikatoren nach DIN 32984 in die Beläge der Fußgängerflächen. Definitionen „blind“ Zum besseren Verständnis ein kurzer Exkurs zur Begrifflichkeit „blind“: - „blind“ ist ein Mensch, dessen Sehvermögen max. 2 % der Sehkraft eines Menschen mit normaler Sehkraft beträgt - „hochgradig sehbehindert“ ist ein Mensch, dessen Sehvermögen max. 5 % der Sehkraft eines Menschen mit normaler Sehkraft beträgt - „sehbehindert“ ist ein Mensch, dessen Sehvermögen max. 30 % der Sehkraft eines Menschen mit normaler Sehkraft beträgt Einer Statistik aus dem Jahr 2021 zufolge betraf in Deutschland Blindheit, also der Verlust beider Augen, 71.260 Personen. Hochgradig sehbehindert waren damals 46.820 Personen und sonstig sehbehindert 440.645 Personen - insgesamt also knapp 560.000 Menschen in Deutschland. Diese Werte stellen den gesicherten unteren Grenzwert dar. Vermutlich ist die tatsächliche Anzahl in ihrer Sehfähigkeit eingeschränkter Menschen weit höher. 12.1 Aufmerksamkeitsfelder Aufmerksamkeitsfelder und -streifen weisen auf Besonderheiten im Bewegungsraum hin, die besondere Aufmerksamkeit erfordern, wie auf Richtungswechsel, Engstellen, Einstiegsfelder, Querungsmöglichkeiten, Niveauwechsel und dergleichen. Ausgeführt werden Aufmerksamkeitsfelder und -streifen durch das Verlegen von Noppenplat‐ ten in entsprechender Ausdehnung. Die Noppen werden in Form von Platten mit Kegelstümpfen in diagonaler Anordnung eingebaut. <?page no="82"?> Abb. 4: Noppenplatten als Kegelstümpfe Früher ebenfalls verwendete Noppen in Form von Kugelsegmenten, teils in orthogonaler Anord‐ nung, kommen wegen schlechterer taktiler Erkennbarkeit nicht mehr zur Ausführung. Abb. 5: Noppenplatten als Kugelsegmente 82 12 Themenfeld Sehbeeinträchtigungen - Blindenleitsystem (BLS) <?page no="83"?> Beispiele für Aufmerksamkeitsfelder: Abb. 6: Abzweig eines Leitstreifens - Abb. 7: Blindenquerung an einem Zebrastreifen In begründeten Ausnahmefällen können Aufmerksamkeitsfelder auch in vorhandene Beläge eingefräst werden. Das kann z. B. in denkmalgeschützten Belägen notwendig werden, in die nicht mit anderen Materialien eingegriffen werden darf oder wenn es aus gestalterischen Gründen unmöglich scheint, kontrastierende Bodenindikatoren anzuordnen. Abb. 8: gefrästes Aufmerksamkeitsfeld 12.1 Aufmerksamkeitsfelder 83 <?page no="84"?> Bei Fräsungen muss aus technischen Gründen auf ein orthogonales Muster zurückgegriffen werden. Abb. 9: zulässige orthogonale Noppen BLS in gefräster Ausführung können grundsätzlich in allen bestehenden Belägen eingebaut werden. Der Nachteil des fehlenden Kontrastes, also die mangelnde Erkennbarkeit für Menschen mit Restsehvermögen, kann durch begleitende Farbmarkierungen ausgeglichen werden (siehe auch 1.2.4). Ein gefrästes BLS ist in den meisten Fällen besser, als ganz auf ein Leitsystem zu verzichten. 12.2 Richtungsfelder Richtungsfelder geben eine Gehrichtung an Überquerungsstellen vor, entlang bzw. in der ein Ziel erreicht werden kann. Langgezogene Streifen von hintereinander verlegten Rippenplatten mit Rippen parallel zur vorgegebenen Gehrichtung leiten hin zu einem Ziel, z. B. einer Querungsstelle, einem Einstiegsfeld, einem taktilen Lageplan und vielem mehr, deshalb wird auch von Leitstreifen gesprochen. 84 12 Themenfeld Sehbeeinträchtigungen - Blindenleitsystem (BLS) <?page no="85"?> Ausgeführt werden Richtungsfelder durch das Verlegen von Rippenplatten IN Gehrichtung. Abb. 10: Leitstreifen auf Bussteig - Abb. 11: Leitstreifen zwischen 2 Aufmerksam‐ keitsfeldern Richtungswechsel bis zu 45° können direkt durch auf Gehrung geschnittene Rippenplatten oder durch Fräsungen in Bogenform dargestellt werden. Abb. 12: Leitstreifen mit Gehrungsschnitten - Abb. 13: gefräster bogenförmiger Leitstreifen Richtungswechsel über 45° werden i. d. R. durch das Einfügen von Aufmerksamkeitsfeldern angezeigt. Der Rippenabstand von Richtungsfelder sollte 50-mm (Achsmaß) betragen. 12.2 Richtungsfelder 85 <?page no="86"?> 12.3 Sperrfelder Sperrfelder signalisieren, dass es in dieser Richtung für Menschen mit Sehbeeinträchtigung gefährlich wird und sie nicht mehr weiter gehen sollten, z. B. an einer (niveaugleichen) Fahr‐ bahnquerung. Die Gehrichtung wird gesperrt. In der Regel wird per BLS auf alternative Wege hingewiesen - sofern existent. Ausgeführt werden Richtungsfelder durch das Verlegen von Rippenplatten QUER ZUR Geh‐ richtung (= parallel zum Bordstein der Nullabsenkung). Abb. 14: Sperrfeld an der Nullabsenkung (niveaugleiche Fahrbahnquerung) einer Fußgängerquerung Abb. 15: Sperrfeld an der Nullabsenkung einer Que‐ rungshilfe - Abb. 16: Sperrfeld an der Nullabsenkung einer überbrei‐ ten Fußgängerquerung 86 12 Themenfeld Sehbeeinträchtigungen - Blindenleitsystem (BLS) <?page no="87"?> Sperrfelder kommen vor allem bei höhengetrennten Fahrbahnquerungen zum Einsatz. Sie werden vor dem Querungsbereich für Rollstuhlfahrer / Rollatornutzer etc. angeordnet, da dort der Bordstein auf Fahrbahnniveau („niveaugleich“) abgesenkt ist - sog. „Nullabsenkung“ - und mit dem Langstock (taktil) nicht erkannt werden kann. Damit wird der Gefahr vorgebeugt, dass ein Blinder unerkannt in den Fahrbahnbereich gerät. In besonderen Fällen kann es auch erforderlich sein, bestimmte Flächen / Gehrichtungen für Blinde zu sperren und sie auf andere Wege zu verweisen. Der Rippenabstand von Sperrfeldern sollte 38 mm (Achsmaß) betragen. Damit sind die Sperrfelder für Rollstuhl- und Rollatornutzende gut überfahrbar. 12.4 Sonderformen von Blindenleitsystemen Es ist nicht immer möglich, Bodenindikatoren als Plattenelemente in den Belag einzufügen. Dann kommen Sonderformen wie die bereits erwähnten gefrästen BLS zur Anwendung. Sie können in nahezu alle Beläge eingefräst werden, auch in Innenräumen. Abb. 17: gefräster Leitstreifen im Übergang von Platten‐ belag zu Asphalt - Abb. 18: gefräster Leitstreifen in denkmalgeschütztem Betonplattenbelag Wie bei den Aufmerksamkeitsfeldern bereits erwähnt entbehren jedoch gefräste Leitstrei‐ fen / Richtungsfelder des notwendigen Kontrastes für Menschen mit Seheinschränkung, die noch Kontraste bzw. Reste der Umgebung wahrnehmen können. Das sind immerhin ca. zwei Drittel der statistisch als „blind“ eingestuften Mitmenschen (s. o. Definition „blind“). Nur ca. 20 % „Blinde“ sind tatsächlich schwarzblind, d. h. sie haben keinerlei Sinneswahrnehmung über den Sehsinn. Bei Nutzung eines Langstockes haben auch „Blinde mit Restsehvermögen“ die Option, sich durch ein BLS leiten zu lassen. Auch kontrastierende (Haus-) Wände, Schaufensterfronten etc. können Orientierung geben („innere Leitlinie“). Der beste Weg einer Nutzung des Restsehvermögens ist 12.4 Sonderformen von Blindenleitsystemen 87 <?page no="88"?> bei gefrästen BLS jedoch die Anordnung eines begleitenden Kontraststreifens durch z. B. eine Farbmarkierung. Abb. 20a: gefräster Leitstreifen in Asphaltbelag mit ein‐ gelegter Begleitmarkierung - Abb. 20: gefräster Leitstreifen in Natursteinbelag mit Begleitmarkierung Abb. 19: gefräster Leitstreifen mit Abzweig mit Begleit‐ markierung - Denkbar ist ebenfalls, 7 Rillen zu fräsen und die beiden äußeren dann mit einer kontrastierenden Farblinie auszufüllen. Auch an sich gut erkennbare Leitsysteme durch weiße oder schwarze Bodenindikatoren können bei entsprechenden umgebenden Belägen nicht den erforderlichen Kontrast aufweisen. Dann sind auch diese Leitsysteme durch umgebende / begleitende Kontrast‐ elemente in ihrer Wahrnehmung zu steigern. 88 12 Themenfeld Sehbeeinträchtigungen - Blindenleitsystem (BLS) <?page no="89"?> Eine weitere Option ist der Einsatz von aufgeklebten Bodenindikatoren, sei es aus Kunststoff oder aus Metall. Metallelemente sind sehr robust und können auch hohen Belastungen, z. B. in Zufahrten, Stand halten. Sie werden verklebt und ggfls. zusätzlich verdübelt. Der nachfolgend dargestellte Leitstreifen verbindet eingepflasterte Leitstreifen von einem Gehweg zu einem Bussteig über die Zufahrt einer hochfrequentierten Busabstell- und Rangierfläche. Normale Betonplatten oder aufgeklebte Elemente aus Kunststoff halten dieser hohen Belastung nicht stand. Abb. 21: Leitstreifen aus Edelstahlelementen über Bus‐ zufahrt - Abb. 22: Detail Edelstahlelemente Ein weiterer Einsatzort von Metallelementen kann z. B. ein historischer Bodenbelag sein, der nicht durch Fräsungen angetastet werden soll. Die nachfolgenden Bilder zeigen ein Leitsystem in einer historischen Altstadt. Abb. 23: Leitstreifen aus Stahlele‐ menten auf historischem Gehweg - Abb. 24: Leitstreifen aus Stahlele‐ menten auf historischem Gehweg - Abb. 25: Leitstreifen aus Stahlele‐ menten auf historischem Gehweg 12.4 Sonderformen von Blindenleitsystemen 89 <?page no="90"?> Schließlich gibt es noch Klebeindikatoren aus Kunststoff, die mit entsprechenden, den Unter‐ gründen angepassten, Spezialklebern auf den Bestandsbelag aufgeklebt werden. Diese Verklebung kann auch dergestalt ausgeführt werden, dass die Indikatoren wieder entfernt werden können - z. B. bei temporärem Bedarf während Veranstaltungen oder für die Einrichtung von Umlei‐ tungsstrecken. Ebenso sind aufgeklebte Indikatoren ein probates Mittel in Innenräumen ohne Witterungsbelastung. Die nachfolgenden Bilder zeigen ein aufgeklebtes Leitsystem in einer Bahnhofshalle. Abb. 26: aufgeklebter Leitstreifen aus Kunststoffelementen im Innen‐ raum - Abb. 27: aufgeklebter Leitstreifen aus Kunststoffelementen im Innen‐ raum - Rippen als Aufmerksam‐ keitsfeld? Richtig wären Noppen! - Abb. 28: aufgeklebter Leitstreifen aus Kunststoffelementen im Innen‐ raum Welche Art der Ausführung eines BLS gewählt wird entspringt letztlich den Anforderungen aus Nutzung, Umgebung, Bodenbelag, Belastung und vielem mehr. Wichtig ist dabei, dass die gewählte Form zu einem erkennbaren, begreifbaren, klar strukturierten und NORMGE‐ RECHTEN Leitsystem führt, das die Anforderungen der darauf angewiesenen Nutzerkreise vollumfänglich erfüllt. 12.5 Kontraste (Kanten, Felder, Streifen) Wie bereits eingangs erwähnt können sich viele Blinde durchaus „sehend“ orientieren, sie nutzen dazu ihr Restsehvermögen in Verbindung mit möglichst guten Kontrasten in der Umwelt. Dazu dienen unter anderem die Kontrastfelder, die die Einstiegsfelder an Haltestellen umgreifen oder kontrastierende Begleitstreifen parallel zu Richtungsfeldern oder Leitstreifen. Kontrastfelder und -streifen erübrigen sich, sobald sich die Bodenindikatoren durch ihre Farbe selbst von der Umgebung abheben. Dazu kann es evtl. sinnvoll sein, in hellen Gehwegbelägen schwarze Bodenindikatoren zu verbauen bzw. weiße Indikatoren in schwarzen / dunklen Belägen. Der Leuchtdichtekontrast zwischen den relevanten Flächen muss immer die einschlägigen Normwerte erreichen. 90 12 Themenfeld Sehbeeinträchtigungen - Blindenleitsystem (BLS) <?page no="91"?> Abb. 29: schwarzer Leitstreifen auf hellem Belag Abb. 30: Leitstreifen mit beglei‐ tendem Kontraststreifen Abb. 31: weißer Leitstreifen in dunklem Belag Kontraste sind auch an Bordstein- oder Treppenkanten erforderlich damit diese rechtzeitig erkannt werden können und nicht zur Gefahr werden. Abb. 32: Treppe mit Kontrastkanten an jeder Stufe - von oben - Abb. 33: Treppe mit Kontrastkanten an jeder Stufe - von unten 12.5 Kontraste (Kanten, Felder, Streifen) 91 <?page no="92"?> Abb. 34: weißer Busbord - hoher Kontrast an hoher Kante Treppenkanten sind dabei sowohl an der Trittals auch an der Setzstufe mit Kontrastkanten auszustatten. Kontraste können auch durch unterschiedlich strukturierte Oberflächen, die sich taktil (beim Begehen oder beim Überstreichen mit dem Langstock) eindeutig unterscheiden, erreicht werden. Ebenfalls kann ein akustischer Kontrast zur Leitung von Blinden eingesetzt werden, indem das Klangverhalten unterschiedlicher Oberflächen oder Materialien beim Überstreichen mit dem Langstock genutzt wird. 92 12 Themenfeld Sehbeeinträchtigungen - Blindenleitsystem (BLS) <?page no="93"?> 13 Themenfeld Mobilitätsbeeinträchtigungen - barrierefreie (Bordstein-) Querungen In ihrer Mobilität beeinträchtigte Menschen können eventuell Höhenunterschiede im Straßen‐ raum, v. a. Bordsteine, nicht überwinden. Dazu zählen nicht nur Rollstuhlfahrer und Rollatornut‐ zer, sondern z.-B. auch Menschen mit Kinderwagen, Lastenrollern oder ähnlichen Hilfsmitteln. Um ein Überwinden des Bordsteines zu ermöglichen ist dieser in einem definierten Bereich auf das Fahrbahnniveau abzusenken, eine „Nullabsenkung“ einzurichten. Diese Nullabsenkung wiederum ist für Blinde mit dem Langstock nicht tastbar und wird damit zur Gefahr. Blinde und sehbeeinträchtigte Menschen benötigen eine klar tastbare Bordsteinkante mit einem Anschlag von mindestens 6-cm - siehe weiter unten. Zur Bewältigung dieser - an sich unvereinbaren - Anforderungen sind verschiedene Arten von Fahrbahnquerungen möglich, die i.-d.-R. für beide Anforderungen getrennte Bereiche vorsehen. 13.1 Höhengetrennte Querungsstelle Grundgedanke dieser Art der Fahrbahnquerung ist die Aufteilung der Querungsstelle in einen Bereich mit Nullabsenkung und einen Bereich mit 6 cm Bordsteinanschlag. Die Ausführung dieser Art der Querung ist wiederum in DIN 32984 dargestellt. Kreuzung 0 +6 +3 +6 0.25 0.90 0 . 8 0 +6 0.60 0.60 0.90 (0.60) 0.30 2.00 4.00 0.30 Gehweghinterkante ( innere Leitlinie) Detail: Querung mit Lichtsignalanlage 0.25 Abb. 35: Detail höhengetrennte Querung mit Lichtsignalanlage Neben einer 1,00 m breiten Nullabsenkung (plus beidseitige Übergangssteine 0,50 m) ist in definiertem Abstand ein 0,90 m breiter Bereich mit 6 cm Bordsteinanschlag angeordnet. Im Bereich von Kreuzungen und Einmündungen ist die Nullabsenkung auf der dem Knoten zugewandten Seite eingerichtet, die Blindenquerung auf der dem Knoten abgewandten Seite der Querungsstelle. <?page no="94"?> Die Nullabsenkung wird durch ein 90 cm tiefes (bei Gehwegbreiten unter 3,0 m 60 cm tiefes) Sperrfeld gesichert, das verhindert, dass blinde oder seheingeschränkte Menschen hier unbemerkt die Fahrbahn betreten und in Gefahr geraten. Anmerkung: Da in der Praxis die Gehwege meist schmaler als 3,0 m sind ist in den Abbildungen in diesem Buch das 60-cm tiefe Sperrfeld dargestellt! Zum Bereich der Blindenquerung führt (leitet) ein BLS hin, dass je nach Breite der vorbeifüh‐ renden Gehfläche auszuführen ist (komplett als Aufmerksamkeitsstreifen oder als Kombination Aufmerksamkeitsfelder mit Richtungsfeld). Die letzten 60 cm des BLS vor der Bordsteinkante werden als Richtungsfeld ausgeführt, wobei die Richtung der Rippen der Bodenindikatoren die Gehrichtung über die Fahrbahn anzeigen, dem Blinden es also ermöglichen, sich vor dem Betreten der Fahrbahn „auszurichten“, die Richtung der direkten Querungsbzw. Gehlinie zu ertasten. Führt die Querung nicht senkrecht zum Bordstein über die Fahrbahn sind die Rippen im entsprechenden Winkel der tatsächlichen Gehlinie einzubauen. Abb. 36: im Winkel der Gehlinie eingebautes Richtungsfeld 94 13 Themenfeld Mobilitätsbeeinträchtigungen - barrierefreie (Bordstein-) Querungen <?page no="95"?> Bei starken Richtungsabweichungen kann das dann auch mal so aussehen: Abb. 37: im Winkel der Gehlinie eingebautes Richtungsfeld mit zuführendem Auffindestreifen 13.1 Höhengetrennte Querungsstelle 95 <?page no="96"?> Unterschieden wird zwischen einer Querung, die durch Lichtsignalanlage (LSA) geregelt bzw. gesichert ist … Kreuzung 0 +6 +3 +6 0.25 0.90 0 . 8 0 +6 0.60 0.60 0.90 (0.60) 0.30 2.00 4.00 0.30 Gehweghinterkante ( innere Leitlinie) Detail: Querung mit Lichtsignalanlage 0.25 Abb. 38: Detail höhengetrennte Querung mit Lichtsignalanlage … und einer Querung an einem Zebrastreifen. Kreuzung 0 +3 +6 0.90 (0.60) 0.30 2.00 0.50 1.00 0.50 +6 +6 0.60 0.30 0.50 0.90 2.00 >0.60 _ Gehweghinterkante ( innere Leitlinie) 4.00 Detail: Querung Fußgängerüberweg Abb. 39: Detail höhengetrennte Querung mit Zebrastreifen 96 13 Themenfeld Mobilitätsbeeinträchtigungen - barrierefreie (Bordstein-) Querungen <?page no="97"?> 13.2 Höhengleiche Querungsstelle Kann aus technischen Gründen keine höhengetrennte Querungsstelle realisiert werden verbleibt als Lösung noch die Einrichtung einer höhengleichen Querungsstelle. Dabei wird der Bordstein über die gesamte Breite der Fahrbahnquerung mit einem Bordsteinanschlag von einheitlich 3 cm ausgeführt. Ein BLS leitet wiederum zur Querungsstelle hin. Entlang der Bordsteinkante zeigt ein über die gesamte breite eingebautes Richtungsfeld die Gehrichtung der Fahrbahnquerung an. 4.00 0.90 0.60 Rundbord 3 cm Gehweghinterkante ( innere Leitlinie) Detail: gemeinsame Querungsstelle Abb. 40: Detail höhengleiche Querung Diese Lösung bietet weder die gewünschte Sicherheit für Blinde noch den Querungskomfort für Mobilitätseingeschränkte, sie stellt daher lediglich einen noch tolerierbaren Kompromiss dar. Deshalb ist diese Art der Querung nur im technisch notwendigen Ausnahmefall anzuwenden, wenn eine höhengetrennte Querung technisch nicht machbar ist. Die Praxis zeigt, dass nahezu in allen Fällen eine technisch befriedigende Lösung für eine höhengetrennte Querung möglich ist und damit auf höhengleiche Querungsstellen in nahezu allen Fällen verzichtet werden kann. 13.3 Gesicherte und ungesicherte Querung Bei der Einrichtung von Querungsstellen ist neben der Art der Ausführung der Bordsteinkanten auch zu unterscheiden, ob die Querung „gesichert“ oder „ungesichert“ ist. Gesicherte Querungen sind durch eine Lichtsignalanlage (LSA) oder einen Zebrastreifen gegenüber dem Verkehr auf der Fahrbahn gesichert (nach StVO §§ 25, 26), d. h. der querende Fußgänger hat Vorrang gegenüber dem Längsverkehr auf der Fahrbahn, hat damit einen höheren Schutz auf den er beim Queren vertrauen kann. Ungesicherte Querungen haben diesen Schutz bzw. diesen Vorrang nicht. Es handelt sich dann um Querungen, die meist eine Querungshilfe in Fahrbahnmitte aufweisen, die eine Fahrbahnquerung „in zwei Zügen“ ermöglicht. Auch schmale Fahrbahnen können auf diese Art überquert werden. 13.2 Höhengleiche Querungsstelle 97 <?page no="98"?> Da es für Blinde schwer möglich ist, bei Annäherung zu erkennen, ob sie auf eine gesicherte oder eine ungesicherte Querung treffen, wird ihnen dies durch eine andersartige Ausführung des Leitstreifens im Rahmen des BLS zur Bordsteinkante angezeigt. Leitstreifen ungesicherter Querungen enden 90 cm vor dem Beginn des Richtungsfeldes, die Unterbrechung signalisiert die „Ungesichertheit“. Kreuzung 0 +3 +6 0.90 (0.60) 0.30 2.50 0.50 1.00 0.50 +6 +6 0.60 0.30 0.60 0.90 1.00 2.00 ( > 0.60 ) _ 0.90 (0.60) 0.90 Gehweghinterkante ( innere Leitlinie) Detail: ungesicherte Querungsstelle Abb. 41: Detail ungesicherte Querung Gebaut sieht das dann wie folgt aus: Abb. 42: unterbrochener Leitstreifen zu ungesicherter Querung 98 13 Themenfeld Mobilitätsbeeinträchtigungen - barrierefreie (Bordstein-) Querungen <?page no="99"?> Abb. 43: Auffindefeld (Noppen) an Gehweghinterkante am Beginn des Leitstreifens Abb. 45: Höhengetrennte ungesicherte Querungen las‐ sen sich auch mit wenig Aufwand nachrüsten, z.-B. in die Zufahrten eines Minikreisverkehrs. Abb. 44: ungesicherte Querung mit Mittelinsel in schma‐ lem Gehweg - 13.4 Relevanz der Bordsteinhöhe Die Frage stellt sich folgerichtig, warum der Bordsteinanschlag im Bereich der Blindenquerung gerade ein Maß von (mindestens) 6-cm aufweisen muss. Intensive Untersuchungen hierzu haben gezeigt, dass bei einem Anschlag von 6 cm der Langstock bzw. seine Kugel in der Rollachse so abrollt, dass sie deutlich spürbar vom Gehweg auf die Fahrbahn „fällt“. Je niedriger die Bordsteinkante ist, desto unauffälliger bewegt sich die Stockspitze / Kugel und desto schwieriger ist die Kante für den Blinden wahrnehmbar. Bei Bordsteinkanten unter 3 cm Anschlag gleitet die Stockspitze / Kugel unmerklich über die Kante und der Übergang von Gehbereich zur Fahrbahn ist nicht mehr erkennbar! 13.4 Relevanz der Bordsteinhöhe 99 <?page no="100"?> OK Gehweg OK Fahrbahn Rollachse Rollspitze Bordstein R=1 cm 6 cm Exakte Taktilität hohe Bordsteinkante kleiner Kantenradius Sichere Erkennbarkeit des Fahrbahnrandes. Die Rollspitze "fällt" deutlich spürbar vom Gehweg auf das Straßenniveau hinab. Vorgaben nach DIN 32984 (2020-12) OK Gehweg OK Fahrbahn Rollachse Rollspitze Bordstein R=1 cm 3 cm Noch erfassbare Taktilität - Bordsteinkante mit tastbarer Minimalhöhe kleiner Kantenradius Vorgaben nach DIN 32984 (2020-12) Je niedriger die Kante, desto unauffälliger bewegt sich die Stockspitze nach unten; desto schwieriger wahrzunehmen ist diese Stockbewegung. Voraussetzung: - Optimale Einbaubedingungen durch genaue Maßeinhaltung - Freihaltung der Bordkante von Streusplitt, Herbstlaub und ähnliches - Vermeidung rauher Oberflächenbelag OK Gehweg OK Fahrbahn Rollachse Rollspitze Bordstein R>1 cm <3 cm Schlecht bis keine Taktilität geringe Bordsteinhöhe großer Kantenradius Blindenstock Blindenstock Blindenstock Die Rollspitze des Blindenstocks gleitet unmerklich über die nicht ertastbare Rundung. Gefahr: Nichterkennen der Fahrbahn! 6 cm 3 cm < 3 cm Abb. 46: Unterschiede der Tastbarkeit von Bordsteinkanten Vorgaben gelten auch für DIN 32984 2023-04 100 13 Themenfeld Mobilitätsbeeinträchtigungen - barrierefreie (Bordstein-) Querungen <?page no="101"?> 13.5 Sonderfall Bordsteinabsenkung zu Behindertenstellplatz Barrierefreie Bordsteinabsenkungen (Nullabsenkungen) können nicht nur an Fußgängerquerun‐ gen zum Einsatz kommen, sondern z. B. auch als Zugang zu einem Behindertenstellplatz. Hier ist es wichtig, Sehbehinderten zu signalisieren, dass diese Bordsteinquerung für sie nicht nutzbar ist. Dafür wird die Absenkung mit einem Sperrfeld versehen. Abb. 47: Nullabsenkung mit Sperrfeld Abb. 48: Nullabsenkung mit Sperrfläche als Zufahrt zum Stellplatz In Fortsetzung der Nullabsenkung wird durch eine Sperrfläche zwischen Behindertenstellplatz und freien Stellplätzen die Zufahrt zum Behindertenstellplatz freigehalten. 13.5 Sonderfall Bordsteinabsenkung zu Behindertenstellplatz 101 <?page no="103"?> 14 ÖPNV Im Folgenden werden ausschließlich Bushaltestellen thematisiert, da sie unter das Regelwerk der in der Einführung genannten einschlägigen Normung fallen. Haltestellen im Schienenperso‐ nen(nah)verkehr SP(N)V unterliegen teilweise anderen Normen, insbesondere im Bereich der Bahn. Hier ist vor Aufnahme von Planungen zu prüfen, welches Regelwerk einschlägig ist. Die Aufgabe von barrierefreien Bushaltestellen ist, das Ein- und Aussteigen ohne unüberwindbare Hindernisse zu ermöglichen. In ihrer Mobilität eingeschränkte Buspassagiere sollen den Bus selbständig betreten / befahren bzw. verlassen können. Der Busfahrer - sprich der Einsatz einer Klapprampe als Zustiegshilfe - ist nur eine Lösung für den Notfall. Gleichwohl ist die Existenz von Klapprampen, egal ob automatisch ausgefahren oder vom Fahrer ausgeklappt, in Bussen des ÖPNV unverzichtbar. Nicht alle Arten von Zustiegen können durch bauliche Maßnahmen an der Haltestelleninfrastruktur bewältigt werden. 14.1 Formen von Bushaltestellen Bei der Wahl der Form der Bushaltestelle sollte darauf geachtet werden, dass der Bus möglichst zügig und ohne Behinderung durch den fließenden Verkehr wieder die Haltestelle verlassen kann. Dabei sind die Fahrbahnrandhaltestelle und das Haltestellenkap die Form der Wahl, da der Bus auf der durchgehenden Fahrbahn hält, den nachfolgenden Verkehr anhält und somit ohne Behinderung wieder abfahren kann. Barrierefreiheit verbunden mit Busbeschleunigung (Seite 114). Im Wesentlichen werden 4 Formen von Bushaltestellen unterschieden und kommen in unter‐ schiedlicher Intensität zum Einsatz: <?page no="104"?> Haltestellenbucht Haltestelle am Fahrbahnrand mit Längsparkstreifen Haltestellenkap Haltestelle am Fahrbahnrand _ 20.00 m v 88.70m _ 20.00 m v 88.70m Parkstreifen Parkstreifen P P Abb. 49: Formen von Bushaltestellen Der am häufigsten vorkommende Einsatzfall von Bushaltestellen dürfte die Haltestelle am Fahrbahnrand sein. Vermieden werden sollten Busbuchten und möglichst auch Haltestellen am Fahrbahnrand im Zuge von Längsparkstreifen. Diese beiden Formen haben enorme Entwick‐ lungslängen im Verhältnis zur nutzbaren / erforderlichen Haltestellenlänge und sind im Betrieb nur problematisch anfahrbar (siehe auch Seite 114, Kap. 14.4). 14.2 Bordsteinhöhen barrierefreier Bushaltestellen Barrierefreie Bushaltestellen müssen mit Bordsteinkanten ausgestattet werden, die es ermögli‐ chen, die Busse unmittelbar an der Kante anzuhalten und in der Höhe in etwa den Fußboden der Busse zu erreichen. Bei den Bussen wird von einem Absenken des Busbodens an der Haltestelle durch das sogenannte Kneeling ausgegangen, um die fahrzeugseitigen Voraussetzungen für einen nahezu höhengleichen Zustieg zu schaffen. Trotzdem verbleiben i. d. R. eine Reststufenhöhe 104 14 ÖPNV <?page no="105"?> und / oder eine Restspaltbreite zwischen Bussteig und Buseinstieg, die jedoch so gering wie möglich zu halten sind und den Anforderungen entsprechend nachfolgender Grafik entsprechen müssen. Reststufenhöhe Restspaltbreite 100 mm 50 mm 0 50 mm 100 mm vollständig barrierefrei ( maximal 50 x 50 mm ) bedingt barrierefrei ( maximal 100 x 50 mm oder 50 x 100 mm ) mit Erschwernissen oder fremder Hilfe nicht barrierefrei Abb. 50: Reststufenproblematik Bordsteinkanten Dabei bewährt sich in der Praxis eine Bordsteinhöhe von 18 cm. Dies belegen verschiedene bundesweite Umfragen, die zum Ergebnis haben, dass diese Höhe in großer Mehrheit aller Anwendungsfälle eingesetzt wird. Bordsteinhöhen unter 18 cm sind nicht barrierefrei, da die Reststufenhöhe von mobilitätseingeschränkten Busnutzern nicht selbständig zu überwinden ist (Zwang zum Einsatz der Klapprampe = bewusster Verzicht auf Selbständigkeit der Nutzer). Eine Bordsteinhöhe von mehr als 18 cm kann zu Problemen führen, wenn die Haltestelle von Bussen mit Außenschwenktüren angefahren wird, was im Regionalverkehr die Regel ist. Außenschwenktüren können bei Bordsteinen mit mehr als 18 cm Höhe über der Fahrbahn auf der Bussteigkante aufsetzen oder sich an der Kante verklemmen und damit zu Schäden am Bus und / oder der Haltestelleninfrastuktur und im schlimmsten Fall zum Funktionsausfall des Busses führen. Kann ausgeschlossen werden, dass im Busbetrieb Außenschwenktüren zum Einsatz kommen empfehlen sich höhere Bordsteine. 14.3 Barrierefreie Standardbushaltestelle Es ist anzustreben, dass Bushaltestellen von allen Bauarten der Busse im Linienverkehr angefah‐ ren werden können. Ausnahmen können Linien mit definiert eingeschränkten Busgrößen sein. Bemessungsfahrzeug ist i. d. R. der Standardliniengelenkbus mit ca. 18 m Länge. Das bedingt eine Bordsteinkantenlänge in barrierefreier Normhöhe (Sonderbord) von 20 m. Damit ist an allen Ein- und Ausstiegen (auch eventuelle 4. Tür bei Gelenkbussen) Barrierefreiheit gegeben. Ist es nicht möglich, auf der gesamten Länge einen Sonderbord einzubauen sollten zumindest auf 8 m Länge Sonderborde zum Einsatz kommen. Dann ist sowohl der Einstieg als auch der erste Ausstieg im Bus (Ort der Mehrzweckfläche im Bus für Rollstühle, Kinderwagen, Fahrräder etc.) barrierefrei abgedeckt. Diese Länge ist auch ausreichend, wenn durch entsprechende örtliche Gegebenheiten oder betriebliche Festsetzungen ausschließlich Solobusse mit 2 Türen zum Einsatz kommen. 14.3 Barrierefreie Standardbushaltestelle 105 <?page no="106"?> Entsprechend sind bei betrieblich definierten Sondergrößen von Linienbussen (Doppelgelenkbus, überlanger Gelenkbus, Anhängerbetrieb, Bustrains) der Sondergröße entsprechende Längen und Bordausbildungen vorzusehen. Bei absolut beengten Platzverhältnissen sollten ca. 3 m Bordsteinkante im Bereich des ersten Ausstieges barrierefrei ausgebaut werden. Zwischenlängen sind zu vermeiden, da sie dazu führen können, dass Ein- und Ausstiege evtl. an schrägen Bordsteinkanten („Absenkern“) erfolgen, was zu Unfällen führen kann. Diese Voraussetzung aus der Länge der Sonderbordsteinkante der Haltestellen schränkt die Positionierbarkeit der Haltestellen bei Neu- oder Umbauten in der bebauten Ortslage ein. Grund‐ stückszufahrten, Garageneinfahrten und andere örtliche Zwänge verhindern fallweise hohe Bordsteinkanten. In diesen Fällen ist eine neue Lage der Haltestelle zu suchen. In Neubaugebieten sind Zufahrten etc. so festzusetzen, dass Konflikte mit Bushaltestellen ausgeschlossen sind. Bei Beachtung der vorgenannten Grundsätze ergibt sich die nachfolgende Haltestellenform: 1.00 20.00 (18.00) 1.00 Sonderbord ( Anschlag 18 cm ) Übergangssteine vom Hochbord zum Busbord ( Rampe 6% ) 1.50 1.00 Detail Fahrbahnrandhaltestelle Stand 2022 1.30 Rippenplatten 30/ 30/ 8 cm, Farbe weiß, Rippen längs zum Bordstein verlegen Betonplatten 30/ 30/ 8 ohne Fase, Farbe basalt Wartehalle Abb. 51: barrierefreie Fahrbahnrandhaltestelle 106 14 ÖPNV <?page no="107"?> Die Bordsteinkante selbst ist so auszubilden, dass durch die Form der Bordsteinkante eine Spur‐ führung des Busses erreicht wird, die diesen selbständig unmittelbar an die Bordsteinkante zieht. Diese Form der Bordsteinkante wird im allgemeinen Sprachgebrauch als „Kasseler Sonderbord“ bezeichnet, entstanden aus dem Umstand, dass diese Form erstmalig in Kassel zum Einsatz kam. Da es sich aber auch um eine geschützte Markenbezeichnung handelt sollte allgemein nur von Sonderborden - präziser von „Sonderborden mit Spurführung“---gesprochen werden. Abb. 52: Schnittmodell „Sonderbord mit Spurführung“ Von der Betonfertigteilindustrie werden zwei Formen der Sonderbordkante angeboten, gerade Kanten mit vorspringendem Fuß und rückspringende Kanten mit durchgehendem Fuß. Abb. 53: Sonderbord mit gerader Kante - Abb. 54: Sonderbord mit rückspringender Kante 14.3 Barrierefreie Standardbushaltestelle 107 <?page no="108"?> Der Sonderbord mit gerade Kante erfordert einen höheren Aufwand beim Einbau durch den vorspringenden Fuß der Bordsteinkehle (Versprung der Fahrbahndecke = Einbauerschwernis), ist aber im Betrieb ohne aktives Dazutun durch den Busfahrer optimal anfahrbar. Der Sonderbord mit rückspringender Kante und nicht vorspringendem Fuß der Bordsteinkehle ist im Einbau mit weniger Aufwand verbunden (kein Versprung der Fahrbahndecke, Fertiger fährt durch), erfordert aber vom Busfahrer ein aktives Anlenken der zurückversetzten Bordsteinkante. Da dies im Realbetrieb dazu führt, dass die Bordsteinkante nicht optimal angefahren wird und dadurch ein nicht notwendiger Restspalt entsteht, ist diesem betrieblichen Nachteil in der Abwägung bei der Auswahl der Bordsteinform Vorrang einzuräumen. Betrieb geht vor Bau - also gerade Kante! Im Bereich der ersten Tür des Busses, also dem Einstieg in den Linienbus, ist ein Einstiegsfeld nach DIN 32984 anzuordnen, das es Nutzern mit Seheinschränkung ermöglicht, sich vor Ankunft des Busses schon zu orientieren, wo genau der Einstieg in den Bus erfolgen wird. Dieses Einstiegsfeld wird durch Rippenplatten parallel zur Bordsteinkante ausgebildet, zu dem ein Auffindestreifen ebenfalls aus Rippenplatten parallel zur Bordsteinkante hinführt. Hat eine Bushaltestelle mehrere Einstiegspositionen (Einstiegsfelder) werden diese durch einen Leitstreifen verbunden. Abb. 55: Einstiegsfeld Haltestelle - Abb. 56: Einstiegsfeld mit Kontrastfeld Die Rippenplatten werden durch ein Kontrastfeld bzw. einen kontrastierenden Begleitstreifen optisch hervorgehoben. Der Kontrast wird erreicht durch eine Ausbildung des Kontrastfeldes in der Farbe basalt im Gegensatz zu den weißen Rippenplatten. Das Pflaster des Kontrastfeldes ist absolut planeben auszuführen, also OHNE eine Fase an den Platten und absolut niveaugleichem Einbau in den umgebenden Pflasterbelag. Abb. 57: absolut planebene Ausführung des Kontrastfeldes 108 14 ÖPNV <?page no="109"?> Dadurch wird erreicht, dass das Kontrastfeld auch taktil wahrnehmbar ist und sich das darin eingebettete Einstiegsfeld taktil optimal abhebt. Die Rippenplatten des Einstiegsfeldes - wie Rippen- und Noppenplatten generell - sind nach Norm „taleben“ einzubauen. Dies bedeutet, dass die Rippen / Noppen, der besseren Taktilität wegen, über den umgebenden Belag herausragen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass dies in Umgebungen, bei denen mit Schneefall zu rechnen ist zu Beschädigungen durch maschinelle Schneeräumung (Kante des Schneepflugschildes) führt. Abb. 58: Beschädigung der Rippenkanten durch Schneepflug Deshalb empfiehlt es sich - abweichend von der Norm - in durch Schneefall bewitterten Bereichen die Bodenindikatoren „bergeben“ einzubauen, d. h. die Oberkante der Rippen / Noppen eben zum umgebenden Belag. Die Dauerhaftigkeit der Rippen / Noppen bringt langfristig Vorteile für die Taktilität. In unbewitterten Bereichen bzw. Regionen ohne Schneefall ist „taleben“ auszuführen. Beim Einbau ist darauf zu achten, dass keine Beschädigungen der Rippen / Noppen durch Rüttelplatten erfolgen. Werden alle o. g. Kriterien normgerecht umgesetzt und damit eine optimal barrierefreie Haltestelle geschaffen wird diese auch im Betrieb die gewünschten Vorteile für mobilitätseingeschränkte Nutzer des ÖPNV bringen. 14.3 Barrierefreie Standardbushaltestelle 109 <?page no="110"?> „Hat`s der Busfahrer dann drauf “ zeigt sich folgendes Bild: Abb. 59: optimale Busposition am Einstiegsfeld Abb. 60: Bus steht optimal an Sonderbordkante---beachte: Außenschwenktüren ohne Behinderung 110 14 ÖPNV <?page no="111"?> Der Busfussboden weist nur einen geringen Höhenunterschied zur Oberkante des Bussteiges auf, der Bus steht so nah wie möglich am Bordstein, Einstiegsfeld und Bustüren sind deckungsgleich. Abb. 61: geringstmögliche Reststufenhöhe Abb. 62: geringstmögliche Restspaltbreite 14.3 Barrierefreie Standardbushaltestelle 111 <?page no="112"?> Abb. 63: Einstiegsfeld und Buseinstieg deckungsgleich 112 14 ÖPNV <?page no="113"?> „Hat`s der Busfahrer nicht drauf “ (mangelhafte Einweisung, „schlechter Tag“, keine Lust) kann das aber - leider noch zu oft beobachtet - trotz optimaler baulicher Voraussetzungen so enden: Abb. 64: Einstiegsfeld verpasst - Gefahr von Verletzungen beim Zustieg Noch ein letzter Hinweis, der an Haltestellen wartende Busfahrgäste bei Regen vor Ungemach schützt: Sinkkästen sollten niemals im Bereich der Sonderbordkante angeordnet werden. Vor oder nach dem Haltebereich der Busse ist deren Platz. So wird verhindert, dass hochspritzendes Wasser (durch die runde Kehle optimal zum Wartenden hin nach oben gerichtet) beim Anfahren des Busses Fahrgäste durchnässt. Müssen Sinkkästen trotzdem im Bereich des Sonderbordes angeordnet werden sind in die Sonderborde integrierte Seiteneinläufe zu verwenden. Und noch zuallerletzt eine leidvoll gemachte Erfahrung: Normale Sinkkästen in der direkten Radspur vor dem Bord halten dieser enormen Dauerbelas‐ tung nicht stand, früher oder später gibt das Fundament nach, der Sinkkasten sackt ab, wird zum teuren Sanierungsfall und erhöht im abgesackten Zustand bei direktem Aufstand des Rades fatalerweise auch noch die Bordsteinkante bis hin zum Aufsitzen der Bustür. 14.3 Barrierefreie Standardbushaltestelle 113 <?page no="114"?> 14.4 Problematik Busbucht Busbuchten bedingen im barrierefreien Ausbau einen enormen Platzbedarf. Eine normgerechte, barrierefreie Busbucht hat eine Entwicklungslänge von 88,70 m. Ist sie kürzer, ist eine Anfahrt mit dem Ergebnis eines Andockens ohne Restspalt an der Bordsteinkante auf gesamter Buslänge nicht oder nur mit hohem fahrerischem Aufwand / Können möglich. Auch entstehen durch die große Entwicklungslänge hohe Baukosten, abgesehen vom i. d. R. nicht zur Verfügung stehenden Platz. Der Faktor Buslänge zu Haltestellenlänge beträgt bei einer Fahrbahnrandhaltestelle 1 : 1,4, bei einer Busbucht 1 : 4,9. Abb. 65: Nutzlängenverhältnis Busbucht Aus den o. g. Gründen sollte auf die Ausführung von barrierefreien Haltestellen als Busbuchten - mit Ausnahme (verkehrs-)technisch absolut notwendiger Fälle - verzichtet werden und Busbuchten im Rahmen des barrierefreien Umbaus zu Fahrbahnrandhaltestellen zurückgebaut werden. Das hat im Betrieb noch den Vorteil, dass es zur Busbeschleunigung beiträgt, da das - wartepflichtige - Einfädeln aus der Bucht in den fließenden Verkehr entfällt. 14.5 Bushaltestelle am Fahrbahnrand in Busspur Die ideale Konstellation stellt eine Fahrbahnrandhaltestelle unmittelbar vor einer Lichtsignalan‐ lage im Zuge einer Busspur dar. Durch die Busspur kann der Linienbus die Haltestelle ungehindert anfahren und steht direkt an der Haltelinie der LSA, von wo er mittels Anforderung durch ein Permissivsignal geregelt vor dem Individualverkehr den folgenden Knoten passieren kann - Busbeschleunigung in Reinkultur. Durch die genügend breite Busspur kann der Fahrer den Sonderbord optimal in gestreckter Linienführung anfahren und die barrierefreie Infrastruktur der Haltestelle bestens nutzen. 114 14 ÖPNV <?page no="115"?> Abb. 66: Fahrbahnrandhaltestelle am Ende einer Busspur vor LSA Abb. 67: optimale Anfahrt der Bordsteinkante 14.5 Bushaltestelle am Fahrbahnrand in Busspur 115 <?page no="116"?> 14.6 Blindenleitsysteme Die Haltestelleninfrastruktur im ÖPNV ist flächendeckend mit Blindenleitsystemen auszustatten. Je nach Größe und Umfang der Haltestellen skaliert sich dabei die Anwendungsbreite. Grundform des BLS an Haltestellen ist das Einstiegsfeld an einer Standardhaltestelle: Abb. 68: Einstiegsfeld mit Auffindestreifen und Kontrastfeldern Hat die Haltestelle zwei Einstiegspositionen werden die Einstiegsfelder durch ein Richtungsfeld miteinander verbunden: Abb. 69: Einstiegsfelder verbunden mit Leitstreifen inkl. begleitenden Kontrastfeldern 116 14 ÖPNV <?page no="117"?> Klassische Fahrbahnrandhaltestelle mit 2 Einstiegspositionen. Die beiden Einstiegsfelder sind durch einen Leitstreifen verbunden. Einstiegsfelder und Leitstreifen sind mit Kontrastfeldern umgeben. Bushaltestelle ist mit einer dynamischen Fahrgastinformationsanlage (DFI) - hinten im Bild - ausgestattet. Umfangreiche Haltestellenanlagen wie z. B. Omnibusbahnhöfe haben ein komplexes BLS, das die einzelnen Bussteige - auch über lange Distanzen, durch Unterführungen etc. - miteinander verbindet. Abb. 70: Leitstreifen auf Bussteig mit abgehenden Querungen der Busfahrbahnen 14.6 Blindenleitsysteme 117 <?page no="118"?> Abb. 71: Leitstreifen in Unterführung verbindet Bussteige ohne Querung der Busfahrbahnen Bei der Führung über Unter- oder Überführungen ist zur Gewährleistung der Barrierefreiheit parallel zu Treppen jeweils auch ein Fahrstuhl einzubauen. Komplexe Leitsysteme müssen klar abgegrenzt sein. Beginn bzw. Ende des BLS muss für den Nutzer ohne Probleme auffindbar sein, z. B. durch ein Auffindefeld quer über einen zuführenden Gehweg. Abb. 72: Auffindefeld über Gehweg zu Beginn des BLS eines Busbahnhofes 118 14 ÖPNV <?page no="119"?> 14.7 Bus + Bahn Befinden sich Bus- und Bahnhaltestellen in unmittelbarer Nachbarschaft, z. B. im Bereich eines Hauptbahnhofes mit angrenzendem Zentralen Omnibusbahnhof, sind die BLS bereichsübergrei‐ fend in gleicher Art auszuführen. Brüche an den Schnittstellen dürfen nicht entstehen. Der Unterschied zwischen Bus und Bahn kann sich ggfls. in unterschiedlichen Regelwerken der Betreiber niederschlagen, der jedoch nicht zu Gefährdungen der Nutzer führen darf. Das BLS muss jederzeit begreifbar sein. Die unterschiedlichen Stationsbereiche können durch z. B. unterschied‐ liche Beläge kenntlich gemacht werden, die mit dem Langstock oder am Leuchtdichtekontrast kenntlich sind. Abb. 73: Übergang vom Bussteig zum Bahnsteig, durchgehendes BLS Abb. 74: Bussteig zum Bahnsteig, paralleles BLS 14.7 Bus + Bahn 119 <?page no="120"?> Abb. 75: Zusammenführung von BLS Bahn und Bus an der Grenze zwischen Haupt- und Busbahnhof Auch Verbindungen zwischen Bussteigen und Bahnsteigen über längere Strecken, z. B. Fußgän‐ gerunterführungen und Treppen, sind mit einem durchgehenden BLS auszustatten. Abb. 76: Verbindung von Bussteigen zu Bahnsteigen durch Fußgängerunterführung, durchgehendes BLS Dabei können ergänzende Beschriftungen in kontrastierenden Farben auf dem Boden zur Zielführung behilflich sein. 120 14 ÖPNV <?page no="121"?> Möglichst sind Fahrgastinformationsanlagen ebenfalls so zu konzipieren, dass Bahn- und Busab‐ fahrten am selben Ort angezeigt werden. Abb. 77: Dynamische Fahrplananzeigen für Bahnhof und Busbahnhof mit TTS 14.7 Bus + Bahn 121 <?page no="123"?> 15 2-Sinne-Prinzip Das 2-Sinne-Prinzip wird bei Menschen wichtig, denen nicht alle Sinne - Hören / Sehen / Fühlen - als Sensoren zur Wahrnehmung ihrer Umwelt zur Verfügung stehen. Durch die Weitergabe von Informationen durch Ansprache von mindestens 2 Sinnen ist es vielfach möglich, das Fehlen eines Sinnes als Wahrnehmungsorgan auszugleichen: - ein Ampelsignal nicht sehen - aber hören - eine Bordsteinkante nicht sehen - aber fühlen - eine Durchsage am Bus- oder Bahnsteig nicht hören - aber sehen - einen Fahrplan nicht lesen können - aber vorgelesen bekommen - eine Richtungsvorgabe weder sehen noch spüren - aber hören Diese alternative Ansprache mehrerer Sinne zur Wahrnehmung von Informationen lässt sich auf verschiedene Weise zur Überwindung von Mobilitätsbarrieren nutzen. 15.1 Lichtsignalanlagen mit Blindenakustik Durch die Ausstattung von LSA mit Blindenakustik wird die optische Anzeige rot-grün durch Töne ersetzt. Ein Auffindesignalton („tok-tok“) ermöglicht das Auffinden des Signalmastes, von dem aus die gesicherte Furt über die Fahrbahn startet. An diesem Signalmast lässt sich mittels einer gesonderten, verdeckten Taste am Anforderungstaster für die Freigabe des Fußgängersignals der Signalton anfordern, der akustisch „grün“ anzeigt („tut-tut“). Meist zeigt dieser gesonderte Anforderungstaster auch noch fühlbar die Gehrichtung über die Furt an. Durch gerichtete Abstrahlung des „Grün-Tonsignals“ erkennt der Blinde, in welche Richtung er die Fahrbahn queren muss. Das gerichtete Tonsignal wird von einem Lautsprecher im 3. Signalfeld unter / über der Rot- und der Grünlampe abgestrahlt, alternativ von einem Lautsprecher, der separat am Mast befestigt ist. Abb. 78: Anforderungstaster für Fußgängersignal - Abb. 79: Signalgeber mit zusätzli‐ chem Lautsprecher - Abb. 80: Unterseite Anforderungs‐ taster mit „Blindentaste“ <?page no="124"?> Der Mast der LSA hat eine genau definierte Position innerhalb der Bodenindikatoren der höhengetrennten Querung, die dem Blinden das Auffinden des Anforderungstasters und anschlie‐ ßende Aufstellen an der optimalen Position der Bordsteinkante ermöglicht. Nach Ertönen des Freigabesignaltons kann er ohne Verzögerung durch Suchen der Bordsteinkante die Furt betreten und überqueren. Abb. 81: Positionierung Ampelmast innerhalb der Bodenindikatoren 15.2 Fahrgastinformation mit TTS TTS ist die Abkürzung für „text-to-speech“, also „Text-zu-Sprache“, der Umwandlung von ge‐ druckten / angezeigten Informationen in Sprachausgabe. Die Wahrnehmung durch den Sehsinn wird durch die Wahrnehmung mit dem Sinn für Hören ersetzt. Fahrgastinformationsanlagen, i. d. R. DFI („Dynamische Fahrgast Information“), zeigen auf Mo‐ nitoren oder anderen Displays Fahrplandaten des ÖPNV an. Die Anzeige erfolgt, falls verfügbar, als Echtzeitdaten. Sind Echtzeitdaten nicht verfügbar werden die Fahrplandaten angezeigt. Die Textangabe wird bei Einsatz einer TTS-Anlage auf Anforderung auch in akustischer Form ausgegeben, also angesagt. Dazu ist der Monitor mit einem gut erkennbaren - kontrastieren‐ den / beleuchteten - Anforderungstaster ausgestattet, der auf Knopfdruck die akustische Ansage auslöst. 124 15 2-Sinne-Prinzip <?page no="125"?> Abb. 82: DFI-Anzeigemonitor an Mast mit TTS-Tas‐ ter Abb. 83: Anforderungstaster in Kontrastfarbe mit integriertem Lautsprecher Abb. 84: DFI-Anzeigemonitor auf einer Fahrgastin‐ sel eines Zentralen Omnibusbahnhofes - Abb. 85: beleuchteter Anforderungstaster in Fahr‐ gastinsel 15.2 Fahrgastinformation mit TTS 125 <?page no="126"?> Abb. 86: Zentrale Übersichtsanzeigevitrine eines Bus- und Hauptbahnhofes in DFI-Technik mit TTS-Ausgabe Abb. 87: getrennte, beleuchtete Anforderungstas‐ ter für jede Monitoreinheit 15.3 Taktile Lagepläne mit TTS Taktile Lagepläne ermöglichen es Menschen mit Seheinschränkung die Umgebung auf einem speziellen Plan zu ertasten, also zu fühlen. Der Sehsinn wird durch den Tastsinn ersetzt. Zusätzlich ermöglicht eine TTS-Sprachausgabe auf Anforderung, den Inhalt auch akustisch wieder zu geben. Hier werden alternativ 3 Sinne angesprochen. Die Planinhalte werden vereinfacht, kontrastierend und dreidimensional (= fühlbar) dargestellt, Texte in Blindenschrift und Klarschrift. Durch die vereinfachte Darstellung mit klaren farblichen Kontrasten wird der Plan auch für Menschen ohne Seheinschränkung verständlicher dargestellt, die Inhalte leichter begreifbar (z. B. für Menschen mit kognitiven Einschränkungen). Der Mehrwert wird somit nochmals gesteigert. Abb. 88: taktiler Lageplan mit TTS-Anlage 126 15 2-Sinne-Prinzip <?page no="127"?> Abb. 89: Lageplanlegende und beleuchteter TTS-Anforderungstaster Im obigen Beispiel wird über den TTS-Taster die Ansage des Bahnfahrplans im Bereich der dargestellten Bahnsteige ausgelöst. Eine zweite Anlage an anderer Stelle liest den Busfahrplan im dort dargestellten Omnibusbahnhof vor. Weitere Lagepläne ohne TTS-Anlage ergänzen systematisch die Übersicht über den weiträumigen Bereich von Hauptbahnhof und benachbartem Zentralen Omnibusbahnhof. 15.4 Handlaufbeschriftungen Zur weiteren Erleichterung der Orientierung in weiträumigen Anlagen des ÖPNV - aber auch anderswo - werden Informationen auf Handläufen der dortigen Treppenanlagen positioniert. Diese Beschriftungen sind entsprechend DIN 32986 „taktile Schriften und Beschriftungen“ wiederum sowohl in Klarschrift als auch in Blindenschrift ausgeführt. Die Schriften sind taktil erkennbar, somit wieder alternativ sehen und fühlen. 15.4 Handlaufbeschriftungen 127 <?page no="128"?> Abb. 90: Handlaufbeschriftung auf Edelstahlrohr Abb. 91: Handlaufbeschriftung auf Kunststoffauflage bei einer denkmalgeschützten Treppe Handlaufbeschriftungen können sowohl bei Neubauten direkt integriert als auch bei Sanierungs‐ maßnahmen auf nahezu jedem Handlauf nachgerüstet werden. Das 2-Sinne-Prinzip ist, wie vorhergehend dargestellt, auf vielfältige Art und Weise einsetzbar. In Kombination und / oder als Ergänzung der baulichen Maßnahmen bieten die dargestellten Lö‐ sungen Optionen, die Barrierefreiheit weiter zu steigern und auch auf andere Felder auszuweiten, die nicht im klassischen Sinne barrierefreie Infrastruktur schaffen. 128 15 2-Sinne-Prinzip <?page no="129"?> 16 Digitale Unterstützung Neben den baulichen Elementen der Barrierefreiheit lassen sich im öffentlichen Verkehrsraum auch digitale Hilfsmittel nutzen. Diese dienen zumeist Menschen mit Seheinschränkungen. Mittels diverser Apps können sich Blinde zu Zielen führen lassen, werden vor Hindernissen gewarnt oder lösen TTS-Ansagen aus. So können Wegeführungen durch die App beschrieben und per GPS-Signal gesteuert werden. Blindenakustikanlagen werden durch Apps angesteuert, es erhöht sich die Lautstärke des Auffindetons am Signalmast zur besseren Auffindbarkeit der Querung oder die Ausgabe des Freigabetons bei „Grün“ wird ohne Tastendruck am Mast ausgelöst. TTS-Ansagen an DFI-Anlagen werden angesteuert, die Ansage des Fahrplans bzw. des nächsten an diesem Steig verkehrenden Busses / Straßenbahn kann auch direkt am Smartphone erfolgen, ohne dass die Beschallung des Bussteiges ausgelöst wird. Sind Verkehrsmittel mit Außenlautsprechern ausgerüstet wird per App z. B. die Ansage der damit bedienten Linie initiiert oder dieser Hinweis „still“ am Smartphone gegeben. Sender in den jeweiligen Anlagen dienen der Kommunikation mit der App. Mittels App können ferner Baustellenabsperrungen angezeigt werden. Dazu werden in die Absperrmaterialien oder Warnleuchten kleine Sender eingebaut, über welche der App und damit dem Blinden das Hindernis signalisiert wird. Diese Apps bzw. die damit ausgestatteten Anlagen agieren „im Stillen“, sie verhindern unnötige Lärmemissionen und damit z. B. Störungen im (Wohn-)Umfeld von Lichtsignalanlagen in ruhigen Nachtstunden. Sie können aber die „herkömmlichen“ Anzeigebzw. Ansageeinheiten selten ersetzen, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass diese digitalen Hilfen jeder betroffenen Person zur Verfügung stehen. Ergänzend zur „herkömmlichen“ Hardware sind sie jedoch probate und überwiegend kostengünstige zusätzlich Hilfen im Sinne des Erreichens einer optimalen, flächendeckenden Barrierefreiheit. <?page no="131"?> 17 Was bei Planung und Bau von Barrierefreiheit noch zu beachten wäre … Der Bau oder Umbau von Anlagen der Barrierefreiheit erfordert eine erhöhte Sorgfalt v. a. in der baulichen Umsetzung. Normgerechte Anlagen unterliegen hohen Qualitätsanforderungen, die sich auch in den Anforderungen an die Bauausführung niederschlagen, dazu mehr in Kapitel III Ausführung. Aber schon planerisch sowie in der Bauvorbereitung sind verschiedene Dinge zu beachten, die die spätere plangerechte Umsetzung erleichtern bzw. erst ermöglichen. 17.1 Präzision Wichtig ist die Ausführung der barrierefreien Anlagen … …maßhaltig Abb. 92: maßhaltig Rollstuhlabsenkung = 0 cm Blindenkante = 6 cm EXAKT ! ! <?page no="132"?> …kantenfrei Abb. 93: kantenfrei keine Kanten und Stolperecken SO NICHT ! ! …ebenflächig Abb. 94: ebenflächig keine Fasen und Absätze, extra so in Ausschreibung angeben ABSOLUT EBEN ! ! DIN 18318 = 2 mm 132 17 Was bei Planung und Bau von Barrierefreiheit noch zu beachten wäre … <?page no="133"?> Der Bau von barrierefreien Anlagen ist eine handwerklich anspruchsvolle Aufgabe: - präzise Planung - Detailgenauigkeit (planerisch und baulich) gefordert - nicht „akkordtauglich“ - überwachungsintensiv - kostenträchtig Ein Beispiel hierfür: Abb. 95: Stolperkante wegen fehlendem Schnitt Sperr‐ feld Nullabsenkung - Abb. 96: richtige Schnittführung Sperrfeld Nullabsen‐ kung Schnitte bei Bodenindikatoren an Sperrfeldern müssen richtig gesetzt werden, um Stolperkanten zu vermeiden. Sie sind planerisch zu berücksichtigen, extra auszuschreiben, da sie Mehraufwand in der Ausführung bedeuten und explizit anzuordnen, z. B. in der Startbesprechung für die Baumaßnahme. Bewährt hinsichtlich der Förderung von Präzision in der Ausführung von barrierefreien Ele‐ menten und Bodenindikatoren hat sich eine Umpflasterung der Bodenindikatoren durch einen exakt eingefügten Pflasterstreifen und die Anordnung einer Pflasterrinne oder zumindest von Rinnenplatten vor der höhengetrennten Querung. Abweichungen von der Sollbordsteinhöhe durch fehlerhaften Einbau der Asphaltdecke mit dem Fertiger unmittelbar an der Bordsteinkante sind damit ausgeschlossen, Bodenindikatoren treten taktil noch besser erkennbar hervor. 17.1 Präzision 133 <?page no="134"?> Abb. 97: Präzision durch begleitende Pflasterung 17.2 Improvisation Nicht alle Details lassen sich jedoch bis ins Letzte planerisch voraussehen, nicht alle Baufelder bieten optimale Bedingungen für eine normgerechte Barrierefreiheit. In bestimmten Fällen ist Improvisation gefragt - sowohl in der Planung als auch in der Ausführung, bestenfalls Hand in Hand in gegenseitiger Absprache. Ziel muss immer sein, für mobilitätseingeschränkte Menschen das Optimum zu erreichen, auch wenn dies nicht immer allen Ansprüchen gerecht werden kann. Die Abwägung kann schwierig sein, sie muss sich aber immer an den Ansprüchen der Nutzer orientieren! 134 17 Was bei Planung und Bau von Barrierefreiheit noch zu beachten wäre … <?page no="135"?> Manchmal ist „Basteln“ notwendig, um überhaupt etwas zu erreichen. Auch hierfür ein paar Beispiele: Abb. 98: Kombination gepflasterte und geklebte Bodenindikatoren - Abb. 99: Sperrfeld gepflastert - ge‐ klebt - Abb. 100: Stoßversatz - Pflaster und Klebeindikatoren mit unterschiedli‐ chen Maßen Bodenindikatoren kann man auch kleben, z. B. auf Brückenkonstruktionen (Widerlager), die keinen Pflastereinbau ermöglichen. Dabei können Maßabweichungen vorkommen, da die unter‐ schiedlichen Ausgangsmaterialien maßlich nicht immer zusammenpassen. Das sind Notlösungen, aber sie erfüllen ihren Zweck! Abb. 101: geklebte Bodenindikatoren auf Betonfläche In diesem Fall war auf Grund eines Betonfundamentes im Untergrund eine Einpflasterung der Bodenindikatoren nicht möglich, da die OK-Fundament nur knapp unter der OK-Gehweg lag. Auf einen Betonglattstrich wurden daraufhin die Bodenindikatoren bis in den gepflasterten Leitstreifen geklebt. 17.2 Improvisation 135 <?page no="136"?> Örtlichkeiten mit schwierigen geometrischen und baulichen Vorgaben erfordern unkonventio‐ nelle Ausführungen. Abb. 102: Umpflasterung Lichtsignalmast - Abb. 103: Restflächen mit Betonglattstrich ausfüllen Abb. 104: „Bastelecke“ 136 17 Was bei Planung und Bau von Barrierefreiheit noch zu beachten wäre … <?page no="137"?> Abb. 105: präzise Schnitte ergeben präzise Flächen Es geht! Allerdings nur mit motivierten Planern und Ausführenden, die ihr Handwerk verstehen und sich die Mühe machen zu beweisen, dass sie Talent zur Improvisation haben, ohne das Ziel und die von ihrer Mühe Profitierenden mit ihren individuellen Einschränkungen aus den Augen zu verlieren. 17.2 Improvisation 137 <?page no="139"?> 18 Nutzungsbeispiele im Bild Bereich ÖPNV Zentraler Omnibusbahnhof Abb. 106: Buseinstieg an Einstiegsfeld - Abb. 107: Nutzung des Leitstreifens auf Bussteig mit Langstock Bereich Fußgängerquerungen Gesicherte Querung an LSA, höhengetrennt Abb. 108: höhengetrennte Fußgängerquerung an einer Lichtsignalanlage Gesicherte Querung mit differenzierter Bordsteinhöhe. 6 cm Bordsteinanschlag für Blinde, 0 cm Bordsteinanschlag (Nullabsenkung) für Rollstuhl, Rollator etc. <?page no="140"?> Hierzu einige Fotos aus dem Nutzungsalltag einer höhengetrennten Querung: Abb. 109: Rollstuhl Abb. 110: Kinderwagen - Abb. 111: Kinderwagen 140 18 Nutzungsbeispiele im Bild <?page no="141"?> Abb. 112: Fahrrad geschoben Abb. 113: Rollstuhl 18 Nutzungsbeispiele im Bild 141 <?page no="143"?> III Ausführung <?page no="145"?> 19 Einleitung Betrachtet man den Prozess eines Bauprojektes, so lässt sich vor allem im letzten Schritt, der Ausführung, erkennen, ob das Geplante auch so umgesetzt werden kann wie es gedacht war. Besonders durch die Heterogenität im Bauen ist kein Projekt wie das andere und man kann sich nur an bisher abgeschlossene Projekte anlehnen. So ist es auch mit der Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum. Zwar scheint hier die Herangehensweise durch einschlägige Normen, die vor allem den Planungsprozess klar strukturieren sollen, klar geregelt zu sein, doch auch hier ist - unter anderem - jede Querungsstelle und jede Bushaltestelle gesondert zu betrachten. Besonders fällt dies, wie eingangs erwähnt, in der Ausführung auf. So lassen sich detailliert ausgearbeitete Pläne aufgrund etwaiger vor Ort neu auftauchender Hindernisse, nachträglich festgelegter / veränderter Anforderung oder gar die Realitäten verkennende Planung nicht in die Tat umsetzten. Im Kapitel Ausführung wird auf diese Problematiken eingegangen und Chancen aufgezeigt, die gleichermaßen für Ausführende und Planer gelten und diese unterstützen sollen. 19.1 Stellenwert in der Ausführung “Barrierefreiheit beginnt mit der Ausführung” Im öffentlichen Verkehrsraum und dem damit verbunden Straßenbau werden oft Maßtoleranzen angegeben, die sowohl technisch als auch objektiv betrachtet Keinen beinträchtigen. So kann über eine leichte Wölbung im Pflasterbelag, einen zu hohen Bordstein oder einen leichten Versatz zwischen Asphaltbelag und einer Entwässerungsrinne hinweggesehen werden - das Werk ist und bleibt dabei abnahmefähig. Schließlich steht in der Praxis die fertige Straße und die damit verbundene Benutzung und nicht die Perfektion in der Ausführung im Vordergrund. Betrachten wir nun jedoch das barrierefreie Bauen im Verkehrsraum, so müssen hier andere Regel gelten. Menschen mit Beeinträchtigung können sich nicht an dem Motto “Passt schon” orientieren, sondern benötigen Vertrauen und Verlass in die präzise Ausführung. So sind vor allem Querungsstellen, Leitsysteme und Bushaltestellen so auszuführen, dass diese ordnungsgemäß und ohne zusätzliche Behinderung benutzt werden können. 19.2 Soziales Interesse Abgesehen vom eigentlichen Bauen und allen damit verbunden Verpflichtungen, sollte auch im Stadium der Ausführung das soziale Interesse eine Rolle spielen. Wenn auch damit einhergehende Themen nicht direkt betroffen sind, so können wir durch eine saubere Planung, Arbeit im Projektteam und letztendlich der Ausführung dafür sorgen, jenen zu helfen, die diesbezügliche Hilfe benötigen. Unserem inklusiven Auftrag kann vor allem damit nachgegangen werden, indem wir verstehen worauf zu achten ist und wie unterschiedliche Teile der Barrierefreiheit von der Leitplatte, zum Querungsbord bis zum Busbord zu verstehen sind und funktionieren. Durch dieses Verständnis wird eine funktionsfähige Ausführung gewährleistet, wodurch vor allem auf etwaige Planungsfehler schnell eingegangen und reagiert werden kann. <?page no="146"?> 19.3 Monetäres Interesse Die Barrierefreiheit ist kein neues Feld, jedoch eines welches immer größeres gesellschaftliches In‐ teresse findet und dessen Wichtigkeit immer präsenter wird. Die daraus resultierende Problematik ergibt sich jedoch aus den nun neuen Anforderungen des Bauens und dem damit zusammenspie‐ lenden fehlenden Wissen, welches unter anderem schon in der Planung beginnt. So entstehen hier vor allem für ausführende Firmen Chancen monetäre Interessen geltend zu machen. Zwar soll hier nicht der Profit im Vordergrund stehen, jedoch die Tatsache, dass Qualität fair bezahlt werden muss. Diese Qualität resultiert aus der entsprechend sauberen und einwandfreien Ausführung. Aus Planungs- und Ausschreibungsfehlern können direkt einhergehende Mehrkosten entstehen, welche mit dem entsprechenden Know-how gegenüber dem Auftraggeber geltenden gemacht werden können und müssen, um eine qualitätvolle Ausführung und eine den Gegebenheiten entsprechende, nutzvolle Barrierefreiheit zu gewährleisten. 146 19 Einleitung <?page no="147"?> 20 Arbeitsvorbereitung Vor Beginn einer jeden Baumaßnahme bedarf es entsprechender Arbeitsvorbereitung, um einen darauffolgenden Bauablauf optimal auszuführen und gegebenenfalls daraus resultierende Störun‐ gen abzufedern bzw. rechtzeitig reagieren zu können. Betrachtet man die Barrierefreiheit so liegt der Schwerpunkt vor allem darin, die auszuführende Leistung und die damit verbundenen und einzusetzenden Materialen zu verstehen (s. II Planung). Ziel ist es vor der Ausführung die richtigen Materialen in der richtigen Reihenfolge zu bestellen, um sie anschließend, ganz nach dem Motto „Just in Time“ und „Just in Sequenz“, abrufen zu können. Auch soll die Arbeitsvorbereitung der Sensibilisierung der Mitarbeiter oder Nachunternehmer dienen um auf die Wichtigkeit bei der Ausführung, beispielsweise der Maßhaltigkeit, hinzuweisen und ggfls. diese bereits vorab zu schulen. Auch lassen sich bereits in der Arbeitsvorbereitung Planungs- und Ausschreibungsfehler erkennen, auf welche rechtzeitig und bereits vorab reagiert werden kann - und muss! Zur Erleichterung der Arbeitsvorbereitung dient beispielsweise eine Materialliste in Form einer Tabelle, in welcher die benötigten Materialien auf Basis der Ausführungspläne aufgeführt werden, um vor und während der Ausführung einen besseren Überblick zu behalten. Abb. 114 Beispiel Materialliste 20.1 Planungsfehler erkennen und reagieren Wie einleitend erwähnt entstehen bereits in der Planung Fehler, die sich auf eine später Nutzung der Barrierefreiheit auswirken können. In solchen Fällen hat der Auftragnehmer gemäß §4 Abs. 3 VOB/ B die Pflicht auf Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung rechtzeitig hinzuweisen. Die Bedenken beziehen sich hier vor allem auf falsch geplante Barrierefreiheit, welche im Widerspruch mit der richtigen Anwendung gemäß einschlägigem Regelwerk steht. So soll vor allem das vorherige Kapitel II Planung dazu dienen, sich einen besseren Überblick zu verschaffen, um die Ausführungspläne mit den allgemeinen Grundsätzen vergleichen zu können. <?page no="148"?> 20.1.1 Querungsstellen Bei Querungsstellen steht oft die Behauptung im Raum, dass für eine getrennte Querungsstelle kein Platz im Bereich von Fußgängerfurten vorhanden sei. So ist die Regel gemäß RASt06, 6.1.8.6, entgegen den Erwartungen, meist eine Mindestbreite von 4,00 m. Jedoch lässt sich noch bei einer Mindestbreite von 2,70 m eine getrennte Querungsstelle sinnvoll und technisch einwand‐ frei ausführen. Ist eine entsprechende Querungsbreite von 2,70 m nicht gegeben, so ist eine Nullabsenkung nicht zulässig, weshalb auf eine gemeinsame Überquerungsstelle zurückgegriffen werden muss in welcher der gesamte Bereich mit einem 3-cm- Bord versehen werden (vgl. VOLLSTÄNDIG BARRIEREFREIE ÜBERQUERUNGSSTELLEN). Ist eine Querungsbreite von mehr als 2,70 m gegeben so ist in der Bedenkenanmeldung - im Interesse der betroffenen Personen - auf eine getrennte Querungsstelle hinzuweisen und die Ausführung als Nullabsenkung in Kombination mit einem 6 cm-Bord zu fordern. Dies zählt - unter anderem - zu den häufigsten Fehlern. Die folgende Abbildung 115 soll diesen Entscheidungsprozess der Bedenkenanmeldung schematisch darstellen. Abb. 115: Hinweis an Auftraggeber notwendig? 148 20 Arbeitsvorbereitung <?page no="149"?> 20.2 Ausschreibungsfehler und Nachträge Vor Ausführungsbeginn einer jeden Baumaßnahme bzw. schon während der Ausschreibungs‐ phase lassen sich in den Leistungsverzeichnissen diverse Fehler erkennen. Diese sind unter anderem darauf zurückführen, dass oft durch die Produkthersteller zur Verfügung gestellte Standardtexte benutzt werden, die meist nicht mit dem eigentlichen Nutzen bzw. gar mit der Konformität der einzelnen Regelwerke zusammenspielen. Aus diesen Ausschreibungsfehlern können Nachträge resultieren, welche in der Regel gerechtfertigt sind und das soziale sowie das monetäre Interesse widerspiegeln. So soll hier auf zwei Beispiele aus der Praxis näher eingegangen und diese erläutert werden. 20.2.1 Begleitplatten mit scharfkantiger Mikrofase Bei diesem Beispiel handelt es sich um den Ausschnitt eines Ausschreibungstextes zu Begleit‐ platten, die im Zuge einer größeren Sanierungsmaßnahme zum Einsatz kamen. Wie im Text beschrieben wird auf entsprechende Eigenschaft, Format und Farbe eingegangen. Was hier jedoch vergessen wurde und eine wesentliche Rolle für den späteren Nutzen spielt ist die Fase, welche standardmäßig bei den meisten Herstellern mit 4 mm angegeben wird. Nach Rückmeldung des Auftraggebers wird hier jedoch auf eine scharfkantige Mikrofase von 2 mm Wert gelegt. Der Grund dieser Besonderheit liegt unter anderem darin, dass Begleitplatten im Bereich von Einstiegsbereichen barrierefreier Bushaltestellen platziert werden und nicht nur als Hinweis durch den Kontrast, sondern auch durch akustische Veränderung für Blinde wegen der fehlenden Fuge verwendet werden. Aufgrund dieser fehlenden Beschreibung lässt sich ein entsprechender Nachtrag erstellen, da es sich nicht nur um ein anderes Produkt handelt, sondern auch der Mehraufwand aufgrund der scharfkantigen Fuge deutlich erhöht ist: Es muss mit entsprechender Vorsicht gearbeitet werden, um Abplatzungen zu vermeiden. BEGLEITPLATTE … bestehend aus: Begleitplatte aus Vorsatzbeton mit planebener Oberfläche in Kontrastfarbe, 2-schichtig, zu den taktilen Systemsteinen als Begleitstreifen. Farbpigmentierung mit UV-beständigen Eisenoxidfarben gem. Leitfaden Straßen NRW barrierefreies Bauen 2009. … Format: 30/ 30/ 8 … Farbe: durchgehend anthrazit eingefärbt 20.2.2 Querungsstellen in Radien Um zu verstehen, was die Problematik bei Querungsstellen in Radien ist, muss eingangs erläutert werden das Querungsborde meist als einmetrige oder halbmetrige, gerade Steine hergestellt werden. Dies hat vor allem den Hintergrund, dass in Abhängigkeit der Breite der Querungsstelle auf verschiedene Borde zurückgegriffen werden kann. Die Problematik hierbei ist, dass es situationsbedingt auch Querungsstellen in Radien geben kann. Aufgrund der fehlenden Radien‐ 20.2 Ausschreibungsfehler und Nachträge 149 <?page no="150"?> steine müssen Querungsborde meist mühselig geschnitten und in bestehende Radien eingepasst werden, woraus ein erhöhter Leistungsansatz entsteht. Dieser Mehraufwand wird meist in der Ausschreibung vergessen, da hier lediglich auf die Beschaffung und Verlegung der Querungsborde eingegangen wird. Aufgrund dieses Fehlers lässt sich wiederum ein Nachtrag generieren, welcher durch vorher genannte Besonderheit begründet werden kann. Aus eigener Erfahrung lässt sich sagen, dass sich der Leistungsansatz verdoppelt. Nachfolgend sind zwei Abbildungen dargestellt, die am selben Tag zu unterschiedlichen Zeiten aufgenommen wurden und aufzeigen, dass die Verlegung von Querungsborden in Radien mehr Zeit als gewöhnlich benötigt. 08: 44 Uhr - 16: 01 Uhr Abb. 116: Arbeitsbeginn Querungsborde im Radius - Abb. 117: Querungsborde im Radius fertiggestellt 150 20 Arbeitsvorbereitung <?page no="151"?> 21 Absicherung von Baustellen Während der Bauausführung gilt es nicht nur auf die im Prozess laufenden Leistungen zu achten, die im Endprodukt der Barrierefreiheit dienen, sondern auch darauf, dass die Absicherung der Baustelle entsprechend so zu gestalten ist, dass sich jede Person darin selbständig und ohne fremde Hilfe (Definition „barrierefrei“) zurechtfinden kann. Dies erweist sich in den meisten Fällen der Praxis jedoch als äußerst schwierig, da schon während der Planung zu entsprechenden Verkehrszeichenplänen, aber auch während der Ausführung, eine entsprechende Barrierefreiheit nicht bedacht wird. 21.1 RSA 21 Mit den Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA) 21 kam eine größere Verän‐ derung hinsichtlich der Benutzbarkeit für beinträchtige Personen, welche bis dato meist ausgeblendet wurden. So wird unter anderem in Teil B Kapitel 2.4.1 Absatz 2 RSA 21 darauf hingewiesen, dass auf blinde, sehbehinderte und mobilitätseingeschränkte Menschen besondere Rücksicht genommen werden muss. So ist die neuste Vorgabe der RSA 21, dass die Anordnung von Notweg-Regelplänen nur unter der Voraussetzung des Vorhandenseins entsprechender Rampen erfolgen darf. Dabei darf es sich nicht wie bisher nur um provisorische Keile aus Frostschutzmaterial, Asphalt oder Beton handeln, sondern um ein tatsächliches Podest mit rollstuhlgerechter Rampe. Verzichtet werden darf auf eine Rampe nur wenn eine Bordsteinhöhe von max. 3-cm vorhanden ist. Beispielhaft dient der Regelplan B II/ 4. 3) [ ] Podest und Rollstuhlrampen sind vorhanden Podest und Rollstuhl rampen sind Voraussetzung für die Anordnung dieses Plans, wenn die Bordsteinhöhe mehr als 3-cm beträgt. Abb. 118: Regelplan B II/ 4 21.1.1 RSA in der Praxis Eine optimale Ausführung der neuen RSA21 hinsichtlich der Herstellung einer entsprechenden Rampe gemäß Regelplan B II/ 4 lässt sich auf folgenden Abbildungen erkennen. Hier wurde mit Hilfe von <?page no="152"?> Spanplatten ein Podest bzw. eine Rollstuhlrampe geschaffen, welche auch dem Zweck der Benutzbarkeit für beinträchtige Personen dient. Abb. 119: Rampe zur Überwindung des Höhenunterschiedes zwischen Fahrbahn und Gehweg in der Fußgängerführung um das Baufeld Abb. 120: dieselbe Rampe aus anderem Blickwinkel 152 21 Absicherung von Baustellen <?page no="153"?> In den meisten Fällen lassen sich die optimalen Anforderungen der RSA21 leider nicht erfüllen. Gründe hierfür können unter anderem die Gegebenheiten vor Ort sein, beispielweise eine zu enge Fahrbahn. Hier muss leider, entgegen den Vorgaben der RSA21, auf provisorische Keile zurückgegriffen werden. Jedoch sollte auch hier gelten, dass jegliche Art der Intension zur Benutzbarkeit für beinträchtige Personen einen Mehrwert mit sich bringt. Aus der Praxiserfah‐ rung wird jedoch hinsichtlich der Langlebigkeit auf provisorische Keile aus Asphalt oder besser noch Beton verwiesen. In nachfolgenden Abbildungen sind provisorische Querungsstellen aus temporären Keilen in Beton und Asphalt dargestellt. Abb. 121: provisorischer Keil aus Beton Abb. 122: temporäre Rampen zur Überwindung der Bordsteinkante 21.1 RSA 21 153 <?page no="154"?> Abb. 123: provisorischer Keil aus Asphalt 21.2 Arbeitsstellen im Gehwegbereich Im Allgemeinen gilt es bei Eingriffen in den Gehwegbereich und damit einzurichtender Verkehrs‐ sicherung folgende Regeln zu beachten, zu kontrollieren und einzuhalten: • Gemäß den allgemeinen Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA) sind bei Absperrungen im Bereich von Gehwegen 1 m hohe Absperrschranken zu verwenden wobei deren Oberkante 1-m über der Aufstellfläche liegen muss • Gemäß den Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA) sind im Bereich von Aufgrabungen im Gehwegbereich und Notgehwegen Tastleisten, welche vor allem für Blinde mit einem Langstock erkannt werden können, anzubringen. Die Unterkante der Tastleiste darf dabei nicht höher als 15-cm über dem Boden sein. • Vor allem für sehbehinderte Menschen müssen Absperrgeräte gemäß Ziffer III VwV-StVO zu § 43 Abs. 3 Nr. 2 StVO retroreflektierend sein, wobei sich rot-weiße kontrastreiche Kunststoff-Elemente als besonders gut geeignet zeigen. • Um eine „Standsicherheit“ gemäß den Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA) zu gewährleisten sind Absperrung stabil aufzustellen, dass sie leichten äußerlichen Einwirkungen standhalten können. Alle Absperrungen sind dabei grundsätzlich geschlossen zu halten. Weiterhin ist darauf zu achten, dass Fußplatten nicht als Stolperfallen in den Notgehweg hineinragen und parallel zur Führung der Absperrung gestellt werden. 154 21 Absicherung von Baustellen <?page no="155"?> • Auf eine meist gängige Kennzeichnung der „Absperrung“ mit rot-weißen Warnbändern ist zu verzichten, da sie gemäß den Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA) nicht zulässig sind, aber vor allem die Schutzfunktion und Kennzeichnung für Menschen mit Sehbehinderung nicht erfüllt wird. • Auf ausreichende Beschilderung und Beleuchtung von Gehwegen und Notgehwegen ist zu achten. Dabei ist zu beachten, dass die Aufstellhöhe von Schildern gemäß DIN 18040-3 mindestens 2,30 m beträgt und entsprechende Fußplatten mit dem Langstock ertastbar sind. Weiterhin sind diese weitgehend schwellenfrei und stufenlos anzulegen. Ist dies aus entsprechenden Gründen nicht möglich, so ist darauf zu achten Schwellen und Stufen gemäß DIN 32975 entsprechend kontrastreich zu markieren. • Temporäre Podeste und Rollstuhlrampen von Gehwegen auf die Fahrbahn sind so auszufüh‐ ren, dass sie von blinden und sehbehinderten Menschen entsprechend mit dem Taststock wahrnehmbar sind. • Im Bereich von Querungsstellen in denen betroffene Verkehrsteilnehmer nicht über Notgeh‐ wege weitergeführt werden können, sind entsprechende Überquerungshilfen einzurichten. Hierfür eigenen sich gesicherte Fußgängerquerungen in Form von Zebrastreifen oder besser provisorische Lichtsignalanlagen. Bei provisorischen Lichtsignalanlagen ist für blinde und sehbehinderte Menschen zur sicheren Gewährleistung besonders darauf zu achten, dass diese gemäß DIN 32981 als taktil-akustisch ausgestattet und eingerichtet werden. 21.2 Arbeitsstellen im Gehwegbereich 155 <?page no="157"?> 22 Ausführung - Tipps und Tricks aus der Praxis Aus der erfolgreichen Ausführung verschiedenster Maßnahmen haben sich über die Zeit diverse Erkenntnisse beziehungsweise Tipps und Tricks aus der Praxis herauskristallisiert die hier weitergegeben werden sollen, um dem Leser für zukünftige Maßnahmen in der betroffenen Thematik Hilfestellung zu geben. Bei den folgenden Hinweisen handelt es sich lediglich um Handlungsempfehlungen, welche jedoch keinen Standard für die Ausführung darstellen und selbstverständlich je nach Maßnahme unterschiedlich angewendet werden können und müssen. Weiterhin soll dieses Kapitel dazu ermutigen sich bereits vor Beginn einer Maßnahme Gedanken über die Ausführung zu machen, um dadurch bereits vorzeitig eventuelle Zeitersparnisse zu generieren und den Ablauf optimiert zu planen. 22.1 Querungsstellen Querungsstellen spielen eine große Rolle beim Thema der Barrierefreiheit. Sie dienen vor allem in der barrierefreien Ausführung dem sicheren Überqueren sowie Ankommen vom Straßenauf den Gehwegbereich. Wichtig ist hierbei die entsprechenden Höhen von 3 cm für gemeinsame Querungsstellen und 6 cm für getrennte Querungsstellen im Bereich der Tastborde einzuhalten. Hierbei können schon die ersten Probleme auftreten: Vor allem während der Asphaltarbeiten ist darauf zu achten, dass beim Ansetzen des Fertigers im Bereich von Querungsstellen explizit zu gewährleisten ist, dass die entsprechenden Höhenmaße (Deckenhöhe zu Bordsteinhöhe) eingehalten werden. Hierzu empfiehlt es sich, sich schon vorab mit dem entsprechenden Polier abzustimmen und auf die besonderen Gegebenheiten hinzuweisen. Eine weitere Ausführungsart die sich als äußerst hilfreich erwiesen hat sind 1-zeilige Pflasterrinnen im Bereich von Querungs‐ stellen. Diese lassen sich bereits vorab an die entsprechende Höhe anpassen und bringen während der Asphaltarbeiten den Vorteil, dass nur noch darauf geachtet werden muss, den Fertiger bündig mit der Rinne zu führen. Diese Alternative gilt es, falls nicht bereits in der Ausführungsplanung vorhanden, mit dem AG als Sondervorschlag abzustimmen. <?page no="158"?> Abb. 124: Fertigteilpflasterband vor Querungsborden = exakte Höhen der Fahrbahndecke Während des Einbaus ist weiterhin die richtige Anordnung der Querungsstellen zu berücksich‐ tigen, vor allem bei getrennten Querungsstellen. Hierbei gilt es vor allem auf die richtige Flucht, sowie die Platzierung Wert zu legen. Weiterhin ist gemäß DIN 18040-3 Punkt 5.3.2.1 darauf zu achten, dass Tastborde für blinde und sehbehinderte Menschen zur kreuzungsabgewandten Seite liegen, während Querungsbord für Rollstuhl- und Rollatornutzer auf der kreuzungszugewandten Seite liegen. Ist dies gemäß den Ausführungsplänen nicht der Fall, gilt es gegenüber dem AG darauf hinzuweisen. Wie unter Punkt 2.2.2 bereits angedeutet entstehen durch Querungsstellen in Radien Mehrauf‐ wendungen welche es durch einen - wie im Beispiel - entsprechenden Nachtrag zu kompensieren gilt. Aber auch bei der Ausführung selbst hat sich gezeigt, dass Querungsstellen in Radien gewisse Besonderheiten mit sich bringen. Relevant ist dabei vor allem, dass die entsprechenden Borde durch mehrfaches Ansetzen und Schneiden in die Radien eingepasst werden müssen, um klaffende Fugen zu vermeiden und ein sauberes Bild abzugeben. Hier empfiehlt es sich die Borde als Ganzes vorab in die Radien einzusetzen und sich Stück für Stück von einem Punkt zum anderen vorzuarbeiten. 158 22 Ausführung - Tipps und Tricks aus der Praxis <?page no="159"?> Generell: • Anstich 3/ 6 cm ist einzuhalten → Problematik vor allem beim Asphalteinbau • Abhilfe schafft Rinne in Form von Einzeiler → Klärung ggf. mit AG • Querungsstellen in Radien sind nach Maß anzufertigen und einzubauen • richtige Anordnung Borde ist zu beachten 22.2 Bodenindikatoren Bodenindikatoren oder taktile Leitsysteme dienen, wie es der Name schon besagt, zur Führung von blinden und sehbehinderten Menschen. Hierbei spielt nicht nur der gegebene Kontrast eine Rolle, sondern auch die Oberflächenstruktur, die vor allem durch blinde und sehbehinderte Menschen unterschieden werden kann und die damit essenziell für deren Orientierung im öffentlichen Verkehrsraum ist. Durch das Plattenformat von 30x30 cm und der meist entsprechend scharfkantigen Oberflächenstruktur ist mit entsprechender Vorsicht vorzugehen. Vor allem Abplatzungen der einzelnen Platten sind ein weit verbreitetes Problem. Um diesen Abplatzungen entgegenzuwirken, empfiehlt es sich auf eine Rüttelplatte mit Gummimatte zurückzugreifen. Weiterhin hat die Erfahrung gezeigt, dass es meist sehr schwierig ist ein sauberes, bündiges und ebenes Plattenbild herzustellen. Im Verlauf der Zeit hat sich herausgestellt, dass nach dem Verlegen der Platten diese wie ein auszurollender Teig anzusehen sind und die Rüttelplatte von innen nach außen bewegt werden muss (s. Abb. 125). Hierdurch lässt sich der angesprochenen Problematik entgegenwirken. Dennoch empfiehlt es sich einzelne Platten nochmals vorsichtig mit einem Gummihammer an das bisherige Plattenbild anzupassen. Abb. 125: Bewegungsrichtung Rüttelplatte 22.2 Bodenindikatoren 159 <?page no="160"?> Bei einer Querungsstelle spielen Rippenplatten eine sehr wichtige Rolle. Diese geben blinden und sehbehinderten Menschen bei der Überquerung der Straße die Richtung vor um entsprechend wieder an einem Tastbord anzukommen. Wichtig ist hierbei, dass sich die Flucht der Rippenplatten über beide Seiten auf einer Geraden befindet, und es entsprechen keinen Versatz geben darf. Zur einfacheren Orientierung empfiehlt es sich nach Setzen der Tastborde eine Schnur zu spannen und sich die Flucht demgemäß zu markieren. Während der Arbeiten stellt sich die Frage „was zuerst, Pflaster oder Bodenindikatoren“. Die Erfahrung zeigt, dass es sich empfiehlt - vor allem im wirtschaftlichen und zeitlichen Interesse - zuerst die Flächen komplett durchzupflastern und die Bodenindikatoren daran anschließend zu setzen. Die Vorteile, die daraus entstehen, sind unter anderem die Bettung, die nun aufgetragen statt abgetragen werden muss. Aber ebenso das Anpassen des Pflasters an die Bodenindikatorf‐ lächen, was im Nachgang schneller und einfacher ist da das Fugenbild nicht mehr von den Bodenindikatoren ausgeht, sondern bereits besteht. Nachfolgend eine Abbildung, aus der nach Pflasterarbeiten verlegte Bodenindikatoren hervorgehen, die durch den entsprechend trennenden Läufer gut zu erkennen sind. Abb. 126: nachträglich eingelegte Bodenindikatoren Eine weitere Problematik, die entsteht sind Stolperkanten im Bereich Übergangssteine zu Que‐ rungsborden. Aufgrund der Länge von 50 cm des Übergangssteins und einer dahinterliegenden summierten Länge von 60 cm zweier Bodenindikatoren ergibt sich automatisch eine Stolperkante im Bereich des Übergangs zum Querungsbord (s. Abb. 127). Um die Stolperkante zu vermeiden ist die betroffene Bodenindikatorplatte in dem Bereich zu schneiden und an den gegebenen Knick anzupassen (s. Abb. 128) 160 22 Ausführung - Tipps und Tricks aus der Praxis <?page no="161"?> Abb. 127: Stolperkante auf Grund fehlenden Schnittes Abb. 128: korrekte Schnittführung zur Vermeidung der Stolperkante Generell: • Empfehlung: Bodenindikatoren nach Pflasterarbeiten verlegen • Schnur für Flucht Rippenplatten spannen • Rüttelplatte mit Gummimatte verwenden um Abplatzungen zu vermeiden • Stolperkante im Bereich von Querungsborden vermeiden durch entsprechende Schnitte 22.2 Bodenindikatoren 161 <?page no="162"?> 22.3 Bushaltestellen Barrierefreie Bushaltestellen bringen vor allem Rollstuhl- und Rollatornutzern einen deutlichen Mehrwert. Durch den entsprechenden Einsatz von Busborden und der dadurch gegebenen Höhe wird ein bündiger und dadurch barrierefreier Einstieg zwischen Gehweg und Bus gewährleistet. Busborde werden dabei als metrige Fertigteile mit entsprechenden Übergängen zwischen Rund- und Hochbord hergestellt. Es hat sich jedoch gezeigt, dass viele Hersteller Probleme mit der Maß‐ haltigkeit der entsprechenden Busborde haben. Diese weichen erhebliche von den Maßtoleranzen ab und widersprechen damit der einwandfreien Herstellung von Fertigteilen aus Werkfertigung. Abb. 129: Versatz Busbordhinterkante wegen Maßtoleranzen der Fertigteile Abb. 130: abweichende Steinmaße 162 22 Ausführung - Tipps und Tricks aus der Praxis <?page no="163"?> Um dieser leider weit verbreiteten Problematik entgegenzuwirken, empfiehlt es sich, wie folgt vorzugehen: Fall 1: Bei entsprechend vorhandenem Vorlauf zur Ausführung empfiehlt es sich, die Busborde rechtzeitig zu bestellen, um diese nach Lieferung sorgfältig kontrollieren zu können. Dies geht auch aus der Pflicht gemäß §377 Abs. 1 HGB hervor. Weisen Teile der gelieferten Busborde Abweichungen auf, so ist dies unverzüglich dem Zulieferer mitzuteilen der die bemängelten Exemplare entsprechend durch neue auszutauschen hat. Fall 2: Besteht kein Vorlauf, da die Busborde sofort zum Einsatz kommen müssen, so empfiehlt es sich diese entsprechend vor dem Setzen zur Hinterkante abstecken zu lassen. Während dem Setzen ist jedoch darauf zu achten, dass die Orientierung zur Bordsteinlinie erfolgt. Grund hierfür ist, dass das Einfahren des Busses in die Bushaltestelle ohne jeweilige Gefahr für die Fahrzeugreifen erfolgen kann. Ein leichter Versatz in Richtung Gehweg, sprich der Hinterkante der Bordlinie, lässt sich aufgrund des zweitrangigen optischen Bildes verzeihen. Vor Ausführung gilt aber auch hier den Auftraggeber über das Vorgehen in Kenntnis zu setzen und dessen Zustimmung einzuholen. Abb. 131: Absteckung einer Busbordkante Aufgrund der hohen Belastung der Busborde empfiehlt es sich, vor allem von Seiten der Hersteller, die Fugen entsprechend elastisch zu gestalten. Auf die Anwendung von Mörtel, wie bei normalen Borden, muss in diesem Fall verzichtet werden. Hier gibt es die Varianten des elastischen Fugendichtstoffs oder der elastischen Fugenscheiben. Aus Erfahrung empfehlen 22.3 Bushaltestellen 163 <?page no="164"?> sich aufgrund der einfacheren Anwendung elastische Fugenscheiben. Diese unterscheiden sich jedoch herstellerseitig zwischen selbstklebend und nicht selbstklebend. Bei nicht selbstklebenden Fugenscheiben empfiehlt es sich diese vorab mit doppelseitigem Klebeband vorzubereiten um sie anschließend problemlos am Stoß der Busborde fixieren zu können. Generell: • Busborde kontrollieren da oft nicht maßhaltig • Allgemein: Orientierung und Ausrichtung an der Vorderkante, um ein sauberes Bild abzuge‐ ben • Distanzfugenscheiben selbstklebend (empfohlen) oder nicht selbstklebend 22.4 Probleme Die Erfahrung zeigt, dass Barrierefreies Bauen für viele Beteiligte noch immer eine neue Thematik ist mit deren Wertigkeit, insbesondere auch bei der Ausführung, es noch nicht so viele Berührungspunkte gab. Um dem entgegenzuwirken, empfehlen wir vor jeder Maßnahme den zuständigen Polier / die letztlich auf der Baustelle dauernd anwesende Führungskraft an die Hand zu nehmen und eine bereits vorhandene und ähnliche Querungsstelle / Bushaltestelle oder vergleichbare barrierefreie Anlage in näherer Umgebung zu betrachten. Hier kann vor allem darauf aufmerksam gemacht und am realisierten Beispiel gezeigt werden auf was es zu achten gilt, von Querungsborden über Bodenindikatoren bis hin zu Busborden. Weiterhin kann auf vorgefundene Fehler hingewiesen werden und wie es diese bei anstehender eigener Maßnahme zu vermeiden gilt. Die Erfahrung zeigt, dass mit diesem simplen Vorgehen die Mitarbeiterschaft und Motivation der Baustelle mit einem anderen Verständnis an die Ausführung herangegangen ist, Fragen konkreter gestellt und die Ausführung entsprechend hochwertig umgesetzt wurden. 164 22 Ausführung - Tipps und Tricks aus der Praxis <?page no="165"?> 23 Bauen von Barrierefreiheit - Bauen mit hohem Aufwand Wie über alle Kapitel mehrfach erwähnt, verursacht das barrierefreie Bauen einen erhöhten Aufwand gegenüber dem konventionellen Straßenbau. Hier zeigt die Erfahrung, dass das Her‐ stellen von Querungsstellen, Bodenindikatoren oder sonstigen Elementen der Barrierefreiheit - entgegen der allgemeinen Erwartung---mit besonderem Fokus bezüglich der Herangehensweise zubetrachten ist. Dabei handelt es sich bei Querungsstellen vor allem um das saubere und ordentliche Setzen der Borde unter Einhaltung der entsprechenden Höhenlage, aber auch um den geschuldeten Mehraufwand in Radien aufgrund des mehrfachen Anpackens, Schneidens und Setzens von Querungsborden. Bei Bodenindikatoren gilt es, entgegen üblicher Pflasterarbeiten, den besonderen Mehraufwand und die Vorsicht beim Verlegen, Einsanden und vor allem beim Abrütteln zu berücksichtigen, ebenso das situationsbedingte Verlegen von Rippenplatten zur Richtungsgebung für sehbinderte Menschen und die damit verbunden Vorarbeiten. Bei Busborden entstehen Mehraufwände bei Kontrollen der gelieferten Ware vor, während und nach dem Einbau, um ein dem Nutzen entsprechendes Endprodukt herstellen zu können. Die Erfahrung zeigt, dass die Barrierefreiheit als spezielles Teilgebiet des Straßenbaus zu betrachten ist, das anderen Arbeiten nicht gleichzusetzen ist. Diese Problematik erschwert vor allem die für Auftragnehmer wichtige Kalkulation der entsprechenden Leistungen. Es gibt kein pauschalierbares barrierefreies Bauen. Vor Ort und während der Ausführung muss immer eine situationsbedingte Betrachtungsweise angelegt werden. Hieraus resultieren wiederum Mehrkos‐ ten und Mehraufwendungen, die meist im ersten Ansatz vom Auftraggeber nicht akzeptiert werden, da sie diesem als unverständlich erscheinen. Um diese Problematik deutlicher darstellen zu können soll folgende Kalkulation mit fiktiven Preisen aufzeigen welche Auswirkungen eine - meist für den Auftraggeber banale - Änderung zur Folge haben kann und eine pauschale Aussage nach dem Motto des „Abrechnens über eine andere Position“ nicht akzeptiert werden kann. Das Beispiel behandelt die, bereits in Kapitel 2.2.2 beschriebene, Gegenüberstellung der Herstel‐ lung von Querungsborden in der Geraden und der Herstellung im Radius. Abbildung 132 lässt gut erkennen, dass es sich bei der Bordsteinquerung um das Setzen von unterschiedlich großen Sonderborden handelt. <?page no="166"?> Abb. 132: Sonderborde im Radius Zum Verständnis der Kalkulation: Im Beispiel werden Leistungsansätze für je einen Meter Querungsbord in Form von Stunden (Std.), Kubikmetern (m³), Laufmetern (LFM) und Stück (Stk.) angesetzt. Die hierfür angesetzen Werte stammen aus vergleichbaren Leistungen (hier: Hochbordstein), die aus entsprechenden Zahlentafeln für den Baubetrieb entnommen werden können. Weiterhin stammen die Werte aus Angaben diverser Hersteller, sowie aus eigener Erfahrung. Es wird mit 2 Mann gerechnet, von denen einer die Maschinen bedient. Die folgende Kalkulation zeigt die Herstellung eines Meters Querungsbord in der Geraden. Hierbei sind die einzelnen Teilleistungen mit entsprechendem Leistungswert und daraus resultie‐ renden Kosten aufgelistet. Wie hier bereits auffällt liegt die teuerste Teilleistung im Querungsbord selbst, die fast 50-% der Gesamtsumme ausmacht. 166 23 Bauen von Barrierefreiheit - Bauen mit hohem Aufwand <?page no="167"?> Faktor ME Lohnstd. Lohn Material Gerät Summe Planum 1 m Lohn 0,023 Std. 1 60,00 € 1,38 € Rüttler 0,023 Std. 1 10,00 € 0,23 € Bagger 0,023 Std. 1 60,00 € 50,00 € 2,53 € Beton 1 m Transportbeton C25/ 30 0,12 m³ 100,00 € 12,00 € Verteilen / Beihilfe 1 m Lohn 0,16 Std. 1 60,00 € 9,60 € Radlader 0,16 Std. 1 60,00 € 30,00 € 14,40 € Profilstein-Kantenstein 1 m QUERUNGSBORD BLINDENGERECHT 1 LFM 100,00 € 100,00 € Versetzen / Beihilfe 1 m Lohn 0,5 Std. 1 60,00 € 30,00 € Bagger 0,5 Std. 1 60,00 € 50,00 € 55,00 € 225,14 € Summe Abb. 133: Standardkalkulation Die nachfolgende Kalkulation zeigt die Herstellung eines Meters Querungsbord im Radius. Aus der Erfahrung haben sich folgende Leistungen angepasst und sind zu ergänzen: Das Setzen im Radius bedingt, dass Borde nicht mehr nur gesetzt werden können, sondern durch die besondere Anpassung im Radius mehrfach angepackt und zugeschnitten werden müssen. Dabei ist erfahrungsgemäß ein realistischer Mehraufwand von einer Stunde zu addieren. Weiterhin müssen metrige Qerungsborde 5-mal geschnitten werden - 1x Zerteilen und jeweils 2x 2 Schnitte auf Gehrung - um die entsprechende Anpassung im Radius zu gewährleisten. Dieses “ledigliche” Anpassen im Radius führt folglich dazu, dass sich der entsprechend dafür anzusetzende Preis nahezu verdoppelt. 23 Bauen von Barrierefreiheit - Bauen mit hohem Aufwand 167 <?page no="168"?> Abb. 134: „barrierefreie“ Kalkulation Die dargestellte Kalkulation soll lediglich ein fiktives Beispiel aufzeigen und ist keineswegs ultimativ anzusehen. Entsprechende Leistungsansätze können angepasst werden, auch bieten immer mehr Hersteller beispielsweise halbmetrige Querungsborde an. Die Kalkulation, letztlich dieses Kapitel, sollen darauf aufmerksam machen, dass Barrierefrei‐ heit nicht zum Nulltarif ausgeführt werden kann. Entsprechende Überraschungen hinsichtlich der Preisbildung lassen sich meist einfach erklären. Barrierefreiheit und jede ihrer Teilleistungen, von der Querung bis zur Bushaltestelle, sind immer im Einzelnen zu betrachten und bestärken explizit nochmals die Eingangsthese der Heterogenität im Bauen. Um Problemen hinsichtlich Unverständnisses und daraus resultierenden Streitigkeiten entgegenzuwirken, empfiehlt es sich, immer zu erklären weshalb Kosten, Nachträge oder Mehraufwände entstehen und was deren Hintergrund ist. 168 23 Bauen von Barrierefreiheit - Bauen mit hohem Aufwand <?page no="169"?> IV Such den Fehler … <?page no="171"?> Beispiele, wie es nicht sein sollte Dieses Kapitel soll an vielfältigen Beispielen aus Planung, Bauausführung und Produktdetails aufzeigen, wie Barrierefreiheit nicht aussehen darf. Alle 25 Beispiele dokumentieren gebaute Realität - einzige Ausnahme ist Beispiel 1, in dem noch rechtzeitig gegengesteuert werden konnte. Es soll hier nicht mit erhobenem Zeigefinger angeklagt oder sollen Fehler an den Pranger gestellt werden. Kein Planungsbüro, keine Verwaltung ist perfekt - Fehler geschehen. Einige davon hat der Autor dieser Zeilen zu verantworten. Barrierefreiheit ist ein Gebiet, auf dem die Erfahrungen aktuell noch gemacht werden, das bei weitem noch nicht so verfestigt ist, dass alles abgeklärt und festgezurrt wäre. Einige der Beispiele sind aus der Anfangszeit der konsequenten Beschäftigung mit der Materie, typische „Anfängerfehler“, die aber nicht nochmal gemacht werden müssen, wenn man in einer Kommune erst jetzt in die Realisierung von Barrierefreiheit einsteigt. Und gerade das ist landauf, landab der Fall. Viele Erfahrungen der Autoren zeigen, dass die Umsetzung von Barrierefreiheit eben noch nicht überall am Laufen ist, noch nicht überall entsprechende Beschlüsse vorliegen, noch nicht überall Konzepte erstellt werden. Viele Planungsbüros beschäftigen sich aktuell erstmalig mit der Materie, viele Kommunen nehmen erst jetzt Barrierefreiheit in ihr Pflichtprogramm auf, Baustofflieferanten bzw. -hersteller beschäftigen sich erstmalig mit der Herstellung entsprechender Bauteile. Das Thema ist „volatil“, um ein gebräuchliches Schlagwort zu nutzen. Wie in vielen anderen Bereichen wird sich aus ge‐ machten Erfahrungen und daraus resultierenden Reaktionen eine Handlungsroutine entwickeln, die der Barrierefreiheit zum Durchbruch und zu alltagstauglichen Ergebnissen verhelfen wird. Hier wollen wir mit den dokumentierten Fehlern - vielleicht sollten wir besser von „suboptimalen Ergebnissen“ sprechen - dazu beitragen, diese zukünftig zu vermeiden, Lehrgeld, das von uns vertretene Institutionen mannigfach zahlen mussten, nicht nochmals bezahlen zu müssen, Planungen und Ausführung auf einen einheitlichen Level zu bringen. Letztendlich steht immer der zukünftige Nutzer der Anlagen im Fokus. Wir planen und bauen für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen eine möglichst barrierefreie - im Ergebnis eher barrierearme - Umwelt. Den Idealzustand werden wir alle nicht erreichen - leider. Das soll aber niemanden daran hindern, bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. Such den Fehler, diese Aufforderung haben wir wörtlich genommen und bei jeder sich bietenden Gelegenheit Dinge dokumentiert, die aus unserer Sicht nicht gut gelaufen sind, die Verbesse‐ rungspotential aufweisen, das wir aber auch klar aufzeigen wollen. Nur meckern bringt nicht weiter … <?page no="173"?> 24 Such den Fehler - bei der Planung Beispiel 1 Ein Beispiel, bei dem die Planung frühzeitig intensiv geprüft und verbessert werden konnte. Das Ergebnis, das in Bau ging, erfüllt alle Anforderungen an Barrierefreiheit. Die Planung umfasst den Umbau eines Bushaltestellenpaares hin zu einer barrierefreien Lösung und die Einrichtung einer barrierefreien Querung einer Sammelstraße mit Zebrastreifen. Haltestelle und Fahrbahnquerung befinden ich im Bereich des Haupteingangs einer großen Schule. So sah die Ursprungsplanung der Fahrbahnquerung aus: Abb. 135: gesicherte Querung mit Zebrastreifen - Planungsfehler Bodenindikatoren <?page no="174"?> Die Betrachtung der 3 rot umrandeten Bereiche zeigte folgende Probleme auf: - Die Querung war als nicht höhengetrennte Querung mit 3 cm Bordsteinanschlag vorgesehen. - Der Anschluss des Auffindestreifens an die Treppe zum Eingang fehlte. Da es keine Hinderungsgründe bezüglich einer höhengetrennten Querung gab wurde die Planung dahingehend geändert. Platz war auch für einen Anschluss des BLS an die Treppenanlage vor‐ handen, somit wurde auch diese Vorgabe umgesetzt. Die aus diesen Verbesserungen resultierende Planung sah dann so aus: Abb. 136: Korrektur der Planungsfehler Bodenindikatoren 174 24 Such den Fehler - bei der Planung <?page no="175"?> - Die Bordsteinquerungen wurden als gesicherte, höhengetrennte Querungen ausgeführt. - Die Treppe wurde mit einem umfangreichen BLS abgesichert und mittels eines Leitstreifens mit der Fahrbahnquerung verbunden. - Zusätzlich wurde die Fahrbahn durch Gehwegnasen verschmälert und dadurch der Weg über die Fahrbahn verkürzt - für Menschen mit Sehbeeinträchtigung eine Hilfe zur sicheren Querung. Die Einengung mindert ebenso die Geschwindigkeit passierender Fahrzeuge und verbessert die Sicht auf den Zebrastreifen bzw. den querenden Verkehr. Nach Ausführung der Planung sieht das Ergebnis nun wie folgt aus: Abb. 136a: Durch Zebrastreifen gesicherte, höhengetrennte Querung an Engstelle Beispiel 1 175 <?page no="176"?> Das Blindenleitsystem über die gesicherte Querungsstelle wird auf dem Gehweg bis zum Haupteingang des Gymnasiums fortgeführt. Von der Haltestelle im Hintergrund links kommende Personen werden aufgefangen und über die Straße geleitet. Abb. 136b: Leitsystem über die Fahrbahn zum Eingang Vor der breiten Zugangstreppe zum Haupteingang des Gymnasiums leitet ein umgangreiches Blindenleitsystem zur Treppe / dem Eingangstor hin. Dieses fängt gleichzeitig Personen auf, die von der Haltestelle im Hintergrund kommen und entweder ins Gebäude oder über die Fahrbahn links möchten. Leider war es nicht möglich, die Treppe selbst mit Kontrastkanten zu versehen, entsprechend schlecht ist diese erkennbar (in der Sicht "von oben" eine gleichmäßig graue Fläche, die Stufenkanten verschwinden). Abb. 136c: Leitsystem vor Haupteingang / Zugangstreppe 176 24 Such den Fehler - bei der Planung <?page no="177"?> Zweiter Bestandteil der Planung war der Umbau der beiden Bushaltestellen. Die erste Planung sah so aus: Abb. 137: Planungsfehler Busbucht, Anschluss an BLS Die südliche Haltestelle, Fahrbahnrandhaltestelle im Bestand, wurde mit Sonderborden und einem BLS im Einstiegsbereich versehen. Ein Anschluss an das BLS der östlich gelegenen, vorher beschriebenen Querung mit Zebrastreifen bestand nicht. Die nördliche Haltstelle, Busbucht im Bestand, wurde ebenfalls mit Sonderborden und einem BLS im Einstiegsbereich versehen. Die Planung der Busbucht wies nicht die für Barrierefreiheit erforderliche Entwicklungslänge auf. Nach Veränderung der Planung sah der Plan so aus: Abb. 138: Korrektur Planungsfehler = Fahrbahnrandhaltestelle Beispiel 1 177 <?page no="178"?> - Südliche Haltstelle mit einer ungesicherten, höhengetrennten Querung in Richtung Zebra‐ streifen angeschlossen. - Nördliche Haltestelle Busbucht aufgelöst und als Fahrbahnrandhaltestelle vorgesehen. In der baulichen Umsetzung zeigt sich das barrierefrei umgebaute Haltestellenpaar entsprechend der nachfolgenden Abbildungen. Die aufgelöste Busbucht brachte viel Aufstellplatz für wartende Schüler, im Hintergrund des Haltestellenpaares ist die neue Querung mit Zebrastreifen und Engstelle erkennbar. Abb. 138a: großzügige Fahrbahnrandhaltestelle ehem. Busbucht Abb. 138b: Gesamtansicht neues Haltestellenpaar mit gesicherter Querung im Hintergrund Nun aber weg von der „grauen“ Planungstheorie, die gerade noch zu einem positiven Beispiel verändert werden konnte, hin zu gebauten Flops bzgl. Barrierefreiheit. Wir sind immer noch bei Planungsfehlern! 178 24 Such den Fehler - bei der Planung <?page no="179"?> Beispiel 2 Der Neubau einer lichtsignalgesicherten Fußgängerquerung über eine Hauptverkehrsstraße stellt sich so dar: Abb. 139: keine taktil spürbare Bordsteinkante Abb. 140: Führung Leitstreifen direkt auf LSA-Mast An dieser LSA-gesicherten Querung fehlt jegliche taktil spürbare Bordsteinkante. Blinde haben hier keine Chance, mit dem Langstock zu fühlen, wo genau sich der Übergang vom Gehweg zur Beispiel 2 179 <?page no="180"?> Fahrbahn befindet. Gleichzeitig führt der Leitstreifen direkt auf den LSA-Mast zu, anstatt diesen seitlich zu passieren. Es ist keinerlei technischer Grund erkennbar, warum hier nicht normgerecht gebaut wurde. Auszuführen wäre hier eine LSA-gesicherte Querung mit Höhentrennung nach folgender Systemskizze: Kreuzung 0 +6 +3 +6 0.25 0.90 0 . 8 0 +6 0.60 0.60 0.90 (0.60) 0.30 2.00 4.00 0.30 Gehweghinterkante ( innere Leitlinie) Detail: Querung mit Lichtsignalanlage 0.25 Abb. 141: Detail höhengetrennte Querung mit Lichtsignalanlage Positiv hervorzuheben ist das gut kontrastierende Leitsystem mit den schwarzen Bodenindikato‐ ren. 180 24 Such den Fehler - bei der Planung <?page no="181"?> Beispiel 3 Ebenfalls an einer LSA-gesicherten Querung zeigte der Seitenraum des vorbeiführenden Gehwegs dieses Bild: Abb. 142: kein Anschluss an innere Leitlinie Die Bodenindikatoren rechts und links des Ampelmastes sind normgerecht ausgeführt. Es fehlt aber die Fortsetzung bis zur Gehweghinterkante, der sog. inneren Leitlinie. Blinde, die entlang des Gehwegs gehen haben keine Chance, den Abzweig zur Querung zu spüren. Einziges Leitelement ist in diesem Fall die an der LSA vorhandene Blindenakustik, die zumindest akustisch den Weg zum Anforderungstaster am Mast - und damit zur Querung - weist. Der Anschluss an die innere Leitlinie (Gehweghinterkante) wäre wie folgt auszuführen gewesen und wurde später wie in Bild 143a dargestellt---spiegelbildlich---nachgerüstet. Abb. 143: BAnschluss an innere Leitlinie - Abb. 143a: Anschluss an innere Leitlinie nachgerüstet Beispiel 3 181 <?page no="182"?> Beispiel 4 Im Prinzip derselbe Fehler wie im vorhergehenden Beispiel, nur an einer Bushaltestelle - fehlender Anschluss der Leitlinie, hier in Form des Auffindefeldes, an die innere Leitlinie, hier die Hauswand. Abb. 144: Auffindestreifen ohne Anschluss an innere Leitlinie Normgerecht ausgeführt hätte der Einstiegsbereich der Bushaltestelle so ausgesehen: Abb. 145: Anschluss des Einstiegsbereiches an innere Leitlinie 182 24 Such den Fehler - bei der Planung <?page no="183"?> Beispiel 5 Beispiel 5 zeigt eine ganze Folge von richtigen, falschen bzw. inkonsequenten Lösungen eines BLS an einem Kreisverkehr. 3 Fahrbahnquerungen stellen sich hinsichtlich des sichernden Leitsystems (gesicherte Querung mit Höhentrennung und Zebrastreifen) wie folgt dar: Abb. 146: Auffindbarkeit der Querung Abb. 147: Anschluss an innere Leitlinie Beispiel 5 183 <?page no="184"?> Abb. 148: Auffindbarkeit der Querung Die gesicherten Querungen gehen jeweils von breiten Gehweg- und Platzbereichen ab. Die auf die Querung zuführenden Leitstreifen bzw. Auffindefelder sind entweder nicht an die innere Leitlinie angeschlossen oder gar nicht vorhanden. Blinde Menschen, die sich an der inneren Leitlinie entlang bewegen oder Menschen mit Rest(kontrast)sehvermögen, die den Gehweg in ganzer Breite nutzen können die sicheren Fahrbahnquerungen nicht finden, da ihnen eine Orientierung durch Tasten oder Kontraste erkennen verwehrt wird. Die kurzen Fragmente des BLS sind hinter Grünflächen verborgen und können in Gehrichtung der Gehwege nicht erkannt werden. Hier hat die Einrichtung der höhengetrennten Bordsteinkante lediglich Alibicharakter, da keinen praktischen Nutzen. Barrierefreiheit sieht anders aus! Das verwundert umso mehr, als am selben Kreisverkehr auch Querungen zu finden sind, die absolut regelkonform und nahezu perfekt ausgeführt sind: 184 24 Such den Fehler - bei der Planung <?page no="185"?> Abb. 149: Auffindbarkeit der Querung gesichert Abb. 150: Auffindbarkeit der Querung gesichert Beispiel 5 185 <?page no="186"?> Abb. 151: Auffindbarkeit der Querung gesichert Auch eine Querung findet sich, die beide Ausführungsarten aufweist: Abb. 152: uneinheitliche Anschlüsse +/ - 186 24 Such den Fehler - bei der Planung <?page no="187"?> Beispiel 6 Hier geht es um die Ausführung des Leitsystems im Bereich der Bushaltestellen in derselben Kommune. Ein Element, das nicht konsequent zu Ende gedacht wurde, zeigte bereits Beispiel 4, das ebenfalls aus dieser Kommune stammt. Abweichend von der Norm sind dort viele Einstiegsfelder mit Noppenplatten ausgeführt, die Norm fordert Rippenplatten, verlegt in Rippenrichtung parallel zur Bordsteinkante. Abb. 153: Einstiegsfeld mit Noppen Abb. 154: Einstiegsfeld mit Noppen - Abb. 155: Einstiegsfeld mit Noppen Beispiel 6 187 <?page no="188"?> An anderer Stelle wiederum werden Rippenplatten benutzt, aber kein Einstiegsfeld ausgebildet: Abb. 156: Bushaltestelle mit Auffindestreifen der Einstiegsposition … Abb. 157: … aber ohne ausgebildetes Einstiegsfeld 188 24 Such den Fehler - bei der Planung <?page no="189"?> In Zusammenfassung der Beispiele 4, 5 und 6, die alle aus einer Kommune stammen stellt sich die Frage, wie Blinde oder seheingeschränkte Menschen sich hier zurechtfinden sollen? Die Vielfalt der Ausführungen, teils absolut normgerecht, teils diesen völlig konträr oder in Mischform lassen kein System erkennen, an das sich die Nutzer, für die das alles gebaut wurde, gewöhnen könnten. Selbst an absolut regelwidrige Systeme kann man sich gewöhnen - wenn sie denn konsequent und einheitlich durchgezogen werden (das soll kein Plädoyer für Regelabweichung sein! ). Hier jedoch ist der Systemgedanke völlig negiert, die Einheitlichkeit und Begreifbarkeit nicht gegeben. Wie soll ein Blinder diese Vielfalt verstehen? Er sieht ja nicht, dass das „im Prinzip gut gemeint“ war. Beispiel 6 189 <?page no="190"?> Beispiel 7 Beispiel 7 dokumentiert ebenfalls ein Blindenleitsystem, das optimale Elemente aufweist, diese aber nicht konsequent durchhält und damit schwierig zu überwindende Lücken schafft. Abb. 158: barrierefreie Straßenbahnhaltestelle mit zuführendem BLS Hier zeigt sich eine optimal geplante Straßenbahnhaltestelle mit ebenfalls optimal zuführendem BLS. Das wird dann aber an einem Ende des Bahnsteiges bzw. an den Außenseiten der Straßenque‐ rung des anderen Endes, gesichert durch eine LSA, nicht fortgeführt. Damit ist die Haltestelle von den straßenbegleitenden Gehwegen für Blinde nicht auffindbar. Ebenso ist die Fußgängerführung über den gesamten Knoten nicht durch ein BLS gesichert. 190 24 Such den Fehler - bei der Planung <?page no="191"?> Abb. 159: fehlende Ausstattung mit Bodenindikatoren auf der Gehwegseite Abb. 160: uneinheitliche Ausstattung der Querungen Es erschließt sich nicht, warum hier die optimalen Ansätze nicht konsequent zu Ende geführt wurden. An dem Fachwissen über den richtigen Einsatz von Bodenindikatoren kann es nicht liegen. Beispiel 7 191 <?page no="192"?> Beispiel 8 In der im Beispiel dokumentierten Kommune wurden im Zuge der Erneuerung der Ortsdurchfahrt mehrere Fahrbahnquerungen eingerichtet. Diese Querungen wurden auch mit barrierefreien Elementen ausgestattet, die allerdings auf unterschiedliche Art ausgeführt wurden. Am Ortseingang im Bereich eines Alten- und Pflegeheimes sowie einer (bedingt) barrierefrei aus‐ gebauten Bushaltestelle (Höhe des Sonderbordes 16 cm) findet sich die folgende Ausführungsart: Abb. 161: Fahrbahnquerung mit getrennten Bereichen für Blinde und Rollstuhlfahrer 192 24 Such den Fehler - bei der Planung <?page no="193"?> Abb. 162: Fahrbahnquerung mit getrennten Bereichen für Blinde und Rollstuhlfahrer, keine Höhentrennung - Sollhöhe Bordsteinkante wäre 3 cm Abb. 163: bei einheitlicher Höhe der Bordsteinkante müsste das Richtungsfeld ebenfalls über die gesamte Breite verlaufen Hier wäre vorab die Entscheidung zu treffen gewesen, ob eine Querung mit getrennten Bereichen für Rollstuhlfahrer und Blinde gebaut werden soll oder eine kombinierte Querung. Im ersten Fall hätten die Bordsteinkantenhöhen entsprechend ebenfalls klar getrennt ausfallen müssen, im zweiten Fall wäre das Richtungsfeld über die gesamte Breite anzuordnen. Beispiel 8 193 <?page no="194"?> Die nächste Querung in der Ortsmitte ist ohne Trennung der Funktionsbereiche ausgeführt … Abb. 164: Mittelinsel mit durchgehendem Sperrfeld und einheitlicher Bordsteinhöhe Abb. 165: Gehwege im Bereich der Querung ohne Bodenindikatoren … allerdings hat die Mittelinsel die Bordsteinkante begleitende Sperrfelder. Die begleitenden Gehwege weisen keine Bodenindikatoren auf, auch die Treppe eines öffentlichen Zuweges ist 194 24 Such den Fehler - bei der Planung <?page no="195"?> nicht mit Indikatoren kenntlich gemacht bzw. abgesichert. Es stellt sich hier die Frage, wie Blinde die Querungsmöglichkeit überhaupt auffinden sollen. Da die Querung nicht taktil erkennbar ist sind auch die Bodenindikatoren in der Mittelinsel überflüssig, zumal hier keine Sperrfelder, sondern Richtungsfelder anzuordnen wären. Nach geraumer Zeit wurde die Querung nachgebessert: Abb. 165a: Gehwege im Bereich der Querung jetzt mit Bodenindikatoren Bei der Nachrüstung der Bodenindikatoren wurden auch die Rippenplatten in der Mittelinsel gedreht und sind nun regelkonforme Richtungsfelder. Allerdings fehlt weiterhin der Anschluss an die innere Leitlinie auf der anderen Straßenseite (Hauswand) und der Anschluss an die Treppe im Vordergrund. Warum nicht bei der Gelegenheit gleich eine vollumfänglich vorbildliche Lösung? Beispiel 8 195 <?page no="196"?> Am Rand bemerkt: Warum wurde die neu gebaute Treppe nicht mit Stufen mit kontrastierenden Kanten versehen? Chance verpasst. Die zweite Ortseinfahrt weist eine Fahrbahnquerung auf, die am Ende eines überörtlichen Geh- und Radweges liegt. Der Blick auf diese Querung zeigt folgende Detaillösungen: Abb. 166: ungesicherte Fahrbahnquerung mit getrennten Bereichen für Blinde und Rollstuhlfahrer Abb. 167: Rollstuhlquerung mit Nullabsenkung, Blindenquerung mit 3-cm Bordsteinhöhe, beide Funktionsbereiche mit Sperrfeldern, Blindenbereich mit Kontrastfeld 196 24 Such den Fehler - bei der Planung <?page no="197"?> Abb. 168: Rollstuhlquerung mit Nullabsenkung, Blindenquerung mit 3-cm Bordsteinhöhe, beide Funktionsbereiche mit Sperrfeldern, Blindenbereich mit Kontrastfeld Beispiel 8 197 <?page no="198"?> Abb. 169: Funktionsbereich Blindenquerung in der Mittelinsel mit 3-cm Bordsteinkante und Sperrfeld Abb. 170: höhengetrennte Querung im Bereich der Mittelinsel, Blindenbereich mit 3-cm Bordsteinkante und Sperrfeldern in kontrastierendem Belag, Rollstuhl und Radfahrerbereich mit Nullabsenkung ohne Bodenindikatoren 198 24 Such den Fehler - bei der Planung <?page no="199"?> Abb. 171: Detail Trennung zwischen Blindenbereich und Bereich für Rollstuhl- und Radfahrer Beispiel 8 199 <?page no="200"?> Das ursprünglich ohne Bodenindikatoren ausgeführte Ende des Geh- und Radweges … Abb. 172: Ende Geh- und Radweg ohne Bodenindikatoren … wurde nachträglich mit Indikatoren ausgestattet. Abb. 173: Ende Geh- und Radweg mit nachgerüsteten Bodenindikatoren Allerdings wurde dabei das Radwegende durch die entsprechende Markierung der Blindenque‐ rung zugeordnet und nicht der Nullabsenkung für Rollstuhl- und Radfahrer. Abb. 174: Führung der Radfahrer mittels Markierung auf die Blindenquerung 200 24 Such den Fehler - bei der Planung <?page no="201"?> Fasst man das in Beispiel 8 dokumentierte zusammen ergibt sich folgendes Fazit: Die verantwort‐ lichen Planer der Kommune wollten die relevanten Fahrbahnquerungen durchaus umfänglich barrierefrei ausführen. Allerdings haben sie dabei aus den Augen verloren, dass die Lösungen konsistent und begreifbar sein müssen. Dieses Ziel wurde vollumfänglich verfehlt. Jede Querung ist anders, die barrierefreien Elemente wurden teilweise richtig, teilweise falsch, eingesetzt, ein System ist nicht erkennbar. Die Zuordnung der Radfahrerquerung zum Blindenbereich schafft weitere Gefahren. Wer soll das verstehen? Ein Blinder etwa? Da hat sich jemand umfänglich Gedanken gemacht, Barrierefreiheit zu schaffen, dabei aber das Ziel völlig aus den Augen verloren! Immerhin: Da (fast) überall Sperrfelder angeordnet sind (oder gar keine Indikatoren) sind die Querungen für Blinde sowieso gesperrt (oder nicht auffindbar). Aber wo queren die dann? Die Beispiele 4 - 8 zeigen anschaulich, dass es nicht nur darauf ankommt, an Barrierefreiheit zu denken. Diese ist konsequent regelkonform, einheitlich und begreifbar auszuführen. Wie soll ein Blinder die Vielfalt in den drei Kommunen verstehen - und damit einen Zugewinn an Sicherheit erlangen? Er sieht ja nicht, dass das im Prinzip „gut gemeint“ ist. Bevor „gut gemeint“ zum Gegenteil führt und erst Gefahren schafft sollten die Verantwortlichen innehalten und sich fragen, ob weniger nicht mehr wäre. Reine Alibilösungen „wir haben daran gedacht“ sind nicht zielführend! Verlassen wir das Feld der Planung und wenden uns der Ausführung zu. Beispiel 8 201 <?page no="203"?> 25 Such den Fehler - bei der Ausführung Auch eine optimale Planung kann durch Fehler in der Ausführung, einer falschen Umsetzung in gebaute Umwelt, Barrierefreiheit ins Gegenteil verkehren. Gerade der Einsatz von Bodenindikatoren und unterschiedlichen Bordsteinhöhen bedingt eine absolut plankonforme, maßhaltige, sorgfältige Umsetzung der Planung. Um das zu garantieren ist eine verantwortungsvolle Kontrolle der Bauausfüh‐ rung unabdingbar. Fehler in der Ausführung müssen umgehend und vollumfänglich korrigiert werden. Hier gibt es kein „passt schon“! Auch zu diesem Problemfeld einige gebaute Beispiele: Beispiel 9 Die Hitliste von Umsetzungsfehlern führt nahezu unangefochten das folgende Bild an. Abb. 175: Bordsteinkante Blindenquerung zu niedrig Die Bordsteinkantensollhöhe an einer Blindenquerung beträgt (mindestens) 6 cm. Alles darunter ist untauglich und nicht regelkonform. „Wer einen Meterstab besitzt sollte den auch benutzen! “ Gilt sowohl für den Bordsteinsetzer als auch den kontrollierenden Bauleiter. 4,5 cm wie im gezeigten Beispiel sind eben bei weitem nicht die geforderten 6-cm. Konsequenz: Rausreißen und nochmals neu einbauen! Begründungen der Maßabweichung wie „das geht beim Deckeneinbau mit dem Fertiger eben nicht genauer“ oder „solche Maßtoleranzen sind im Tiefbau eben üblich“ sind nicht akzeptabel, zumal sehr viele Beispiele zeigen, dass es eben doch präzise geht. Hier gilt es, klare Ansagen zu machen und Signale zu setzen, dass Maßabweichungen nicht durchgehen. Der Autor musste nicht nur einmal Bordsteinkanten mehrfach korrigieren lassen bis auch „unwillige“ Baufirmen bzw. Poliere verstanden, dass hier keinerlei (Ver-)Handlungsspielraum besteht. Irgendwann hatte es sich rumgesprochen, dass „man mit dem nicht handeln kann“ und fortan war Maßgenauigkeit in der Umsetzung kein Thema mehr! Ins gleiche Grundthema fallen auch die Beispiele 10 und 11. <?page no="204"?> Beispiel 10 Nach dem Deckeneinbau entlang einer Bushaltestellensonderbordkante kam dieses Bild zustande: Abb. 176: Fahrbahndecke an Busbordsteinkante zu hoch eingebaut Zwischen dem Fahrbahndeckenniveau und der Höhe des Fußes des Sonderbordes klaffte ein Delta von ca. 2-cm. Abb. 177: Delta Fahrbahndecke vs. Bordsteinfuß Dadurch verringert sich im Betrieb die Einstiegshöhe des Bussonderbordes von geforderten (barrierefreien) 18 cm auf nicht tolerable (nicht barrierefreie) 16 cm. Das Problem konnte durch ein Abfräsen der Decke mittels Feinfräse (kostenintensiv) behoben werden. Mehr Sorgfalt beim Fertigereinbau hätte die Mehrkosten vermieden. 204 25 Such den Fehler - bei der Ausführung <?page no="205"?> Beispiel 11 Dieselbe Ursache hat die nächste Maßabweichung: Abb. 178: Rinne statt waagerechter Deckenanschluss Nullabsenkung Beim Einbau der an die Nullabsenkung anschließenden Fahrbahndecke wurde zu hoch eingebaut. Eine Kante wie im vorhergehenden Beispiel wurde dadurch vermieden, dass der Rand der Decke „niedergewalzt“ wurde. So entstand eine Rinne im Übergang an der sowohl bei Regen das Wasser stehen bleibt als auch v. a. Rollatornutzer Gefahr laufen (besser: fahren), hängen zu bleiben und vornüber über den Rollator auf die Fahrbahn zu stürzen. Auch hier ist Abhilfe möglich, im günstigen Fall durch großflächiges Abfräsen des Übergangsbereiches, im schlimmsten Fall (großflächige Pfützenbildung) durch ein komplettes Abfräsen und Neueinbau der Fahrbahndecke. Ärgerlich, da durch sorgfältige Arbeitsweise absolut vermeidbar. In keinem Fall jedoch tolerabel, die Korrektur muss durchgesetzt werden! Beispiel 11 205 <?page no="206"?> Beispiel 12 Noch ein Dokument nachlässigen Verständnisse von Maßangaben und Gefahren - und entspre‐ chender Abnahme: Abb. 179: Stolperfalle fehlender Schnitt Sperrfeld Nullabsenkung Abb. 180: Bordsteinkante Blindenquerung zu niedrig Durch den fehlenden Schnitt in der Bodenindikatorenplatte des Sperrfeldes der Nullabsenkung entsteht eine völlig unnötige Stolperkante. Die Bordsteinkante der Blindenquerung ist zu niedrig. Da stimmt eigentlich Garnichts. Hier wurde spätestens bei der Bauabnahme versäumt, die Fehler zu monieren. Der Planer war in die Abnahme nicht mit einbezogen. Bis das jetzt irgendwann behoben wird … Der verantwortliche Bauleiter und der Planer der Maßnahme müssen bei der Bauabnahme anwesend sein, nur so können Fehler erkannt und korrigiert werden. Noch besser ist, bereits unmittelbar nach Einbau der Elemente der Barrierefreiheit diese zu kontrollieren, dann ist eine Korrektur wesentlich kostengünstiger und konfliktfreier möglich. Wenn erst einmal der Fundamentbeton ausgehärtet und/ oder die Fahrbahndecke eingebaut ist wird es - zumindest - teuer. 206 25 Such den Fehler - bei der Ausführung <?page no="207"?> Beispiel 13 Beispiel 13 fußt auf diesem Bild einer höhengetrennten Querung an einer LSA: Abb. 181: Sperrfeld falsch platziert Bei genauer Betrachtung und Vergleich mit untenstehender Systemzeichnung … Abb. 182: korrekte Position Sperrfeld … wird offenbar, dass die Kanten von Bordsteinabsenkung und Sperrfeld nicht übereinstimmen. Das Sperrfeld wäre entsprechend nach (auf dem Foto) links zu verlegen und die Bodenindikatoren neu zu platzieren. Dabei würde sich zeigen, dass das Sperrfeld unmittelbar an die Kante des Richtungsfeldes heranrückt, was wiederum zu Gefahren führen würde. Deshalb ist hier der Abstand zwischen Blindenkante und Nullabsenkung zu erhöhen. In der Praxis bedeutet das, dass nicht das Sperrfeld nach links wandert, sondern die Nullabsenkung nach rechts - weg von der Blindenkante. Beispiel 13 207 <?page no="208"?> Beispiel 14 (aufgenommen an derselben Querung wie Beispiel 13) Die Nullabsenkung und das damit verbundene Sperrfeld sind breiter als die Norm vorgibt. Abb. 183: falsche Dimensionierung Nullabsenkung Das Stichwort hierzu wäre „Maßhalten“. Die Norm sagt zu diesem Problem folgendes: „Bordabsenkungen bis auf Fahrbahnniveau, die breiter sind als 1-m, können eine Gefährdung für blinde und sehbehinderte Menschen darstellen: Es besteht die Gefahr, dass die Trennlinie zwischen sicherem Gehweg und Fahrbahn mit dem Langstock und/ oder den Füßen nicht ausreichend eindeutig wahrnehmbar ist und sie unbeabsichtigt auf die Fahrbahn geraten.“ Da die dokumentierte gesicherte Querung mit LSA kein erhöhtes Fußgängeraufkommen aufweist ist die Nullabsenkung somit auf 1 m Breite zurückzubauen. Bei deutlich hohem Fußgän‐ geraufkommen könnte sie auch mit Überbreite, dann aber mit einem 90 cm tiefen Sperrfeld, ausgeführt werden. 208 25 Such den Fehler - bei der Ausführung <?page no="209"?> Beispiel 15 zeigt ein weiteres Beispiel fehlender Präzision in der Ausführung einer gesicherten Querung mit LSA - vielleicht einfach fehlenden Verständnisses für die Probleme von Blinden bei der Orientierung mittels Bodenindikatoren. Abb. 184: keine einheitliche Flucht der Richtungsfelder Beispiel 15 209 <?page no="210"?> Abb. 185: keine einheitliche Flucht der Richtungsfelder über den gesamten Weg der Blindenquerung Richtungsfelder geben den Blinden die Richtung vor, in der sie die Fahrbahn, hier sogar mehrere in einem Zug, überqueren müssen. Sie orientieren sich an der Richtung der Rippen des Richtungsfeldes und gehen in die vorgegebene Richtung. Wenn nun die Rippen nachlässig verlegt in eine Richtung weisen, die nicht direkt auf das gegenüberliegende Richtungsfeld ausgerichtet sind oder die Richtungsfelder versetzt zueinander fluchten kommen die auf die Richtungsvorgabe Angewiesenen vom Weg ab und verlassen die gesicherte Querung. Dieser - sehr gefahrenträchtige - Fehler lässt sich sehr einfach vermeiden: Schnurspannen hilft! Der Einsatz einer trivialen Richtschnur über die gesamte Breite der Querung gibt eine absolut exakte Vorgabe für die Ausrichtung sowohl des Richtungsfeldes an sich als auch der darin eingebetteten Rippenplatten. 210 25 Such den Fehler - bei der Ausführung <?page no="211"?> Beispiel 16 Ein noch krasseres Beispiel völligen Unverständnisses gegenüber dem Ziel, das man mit seinem Werk erreichen möchte, bieten die beiden nächsten Abbildungen: Abb. 186: Rippen des Richtungsfeldes ohne Bezug zur Gegenseite Die Rippen des Richtungsfeldes im Vordergrund zeigen nicht in die Richtung des Richtungsfeldes auf der anderen Fahrbahnseite der LSA-Querung. Beispiel 16 211 <?page no="212"?> Abb. 187: Blinder wird in Fahrzeugverkehr geleitet Ein Blinder, der sich an der falschen Rippenrichtung orientiert und beim akustischen Freigabe‐ signal losgeht (die Fahrzeuggeräusche des Parallelverkehrs sind für ihn kein Alarmzeichen, da eigentlich das richtige „Begleitgeräusch“ auf seiner Wunschrichtung) wird mitten auf die Fahrbahn der 4-spurigen Hauptverkehrsstraße geleitet. Wenn er Glück hat, streift er dabei noch die Gehwegecke links gegenüber, wenn nicht führt ihn sein vorgegebener Weg direkt in den parallel freigegebenen Verkehr. Hier besteht Lebensgefahr! Die für die Ausführung dieses Richtungsfeldes Verantwortlichen hatten offensichtlich keinerlei Ahnung davon, was sie hier eigentlich bauen bzw. welchen Zweck Rippenfelder haben. Nachdem der Fehler bemängelt wurde, erfolgte umgehend die notwendige Korrektur und das Richtungsfeld sah dann wie folgt aus: Abb. 188: korrigierte Ausrichtung der Rippen des Richtungsfeldes 212 25 Such den Fehler - bei der Ausführung <?page no="213"?> Beispiel 17 Auch das Verlegen einzelner Platten im Verbund eines Bodenindikatorenfeldes kann zu einem optisch sehr fragwürdigen Ergebnis führen: Abb. 189: Noppenmuster nicht beachtet … Abb. 190: … Korrekturrichtung Aufmerksamkeitsfelder sind mit Noppen in Diagonalanordnung auszuführen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Noppen der einzelnen Indikatorplatten auch im gesamten Feld fluchten. In beiden oben gezeigten Fällen sind einzelne Platten nicht im Verbund gefluchtet. In beiden Beispielen sind jeweils die beiden durch Pfeile markierten Platten um 90° zu drehen, dann stimmt das Noppenbild Beispiel 17 213 <?page no="214"?> über das gesamte Aufmerksamkeitsfeld. Verlegen von Bodenindikatoren verlangt ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit fürs Detail! Das gilt auch für die höhengerechte Verlegung der Indikatorplatten gegeneinander und zur umgebenden Gehwegfläche: Abb. 191: potenzielle Stolperkante Hier entsteht gerade eine Stolperkante! Das Sperrfeld wird zum umgebenden Pflasterbelag hin zu tief eingebaut, die Kante kann z. B. Rollatornutzer zum Sturz bringen. Präzision ist nicht nur hinsichtlich der Lagegenauigkeit gefordert, sondern auch hinsichtlich der Höhengenauigkeit beim Verlegen der unterschiedlichen Beläge. Zwei weitere Beispiele für Folgen bei nicht ausreichender Sorgfalt beim Einbau von Elementen der Barrierefreiheit im Folgenden. 214 25 Such den Fehler - bei der Ausführung <?page no="215"?> Beispiel 18 Abb. 192: Querversatz Sonderborde---Einbaufehler Bei Versetzen der Sonderborde einer Bushaltestelle wurde nicht auf eine exakte Fluchtung der Vorderkanten der Bordsteine geachtet. Durch den Versatz entstand eine Art Sägezahnkante mit fatalen Folgen: Beim optimalen Anfahren des Busses an die Haltestelle berührt die Reifenflanke die Vorder‐ kante des Bordsteines und streift an dieser entlang - der Bus wird selbständig an die Kante gezogen und der Einstiegsspalt bestmöglich minimiert. Damit die Reifenflanke keinen Schaden nimmt ist die Vorderseite der Bordsteine extrem glatt ausgeführt. Durch die Sägezahnkante wurde dieser Vorteil zur extremen Gefahr. Die scharfkantigen Kantenversätze am ansonsten glatten Bordstein schälen die Reifenflanke ab und führen letztendlich zum Verlust des Reifens. Ein kompletter Ausbau mit folgendem Neuversetzen der Bordsteinkante war unumgänglich. Beispiel 18 215 <?page no="216"?> Beispiel 19 Abb. 193: überstehende Distanzscheibe Sonderborde werden mit Distanzscheiben aus dauerelastischem Recyclingmaterial in den Fugen eingebaut, um Abplatzungen durch thermische Dehnungen und zu enge Fugen zu verhindern. Die Distanzscheiben werden auf Wunsch mit weißen Stirnflächen zur Fahrbahnseite hin geliefert. Damit fallen sie im Verbund der weißen Bordsteine nicht auf, die Kante verschwindet - gewünscht - im Verbund. Wird die Distanzscheibe nun überstehend eingebaut wird sie zwar keine Schäden an den Reifen verursachen, sich aber umgehend abfahren (wenn sie nicht vorher schon mit dem Cuttermesser „auf Maß“ gebracht wurde) und dadurch ihre schwarze Ursprungsflanke sichtbar. Ein optischer Mangel, der vermeidbar und deshalb nicht tolerierbar ist. Empfohlen wird, die Distanzscheibe ca. 2 mm tiefer als die umgebenden Steinflanken einzu‐ bauen. Dann bleibt ihre Stirnfläche weiß und damit nahezu unsichtbar. Kleine Ursache - große Wirkung - wie in so vielen vergleichbaren Dingen! 216 25 Such den Fehler - bei der Ausführung <?page no="217"?> Beispiel 20 Abb. 194: Noppenplatten mit Kugelsegmenten - nicht mehr verwenden Noppenplatten mit Kugelsegmenten sind taktil nicht so eindeutig und klar erkennbar wie solche mit Kegelstümpfen. Dazu kommt, dass die orthogonale Anordnung nochmals uneindeutiger spürbar ist als die diagonale Anordnung. Es sollen nur noch Noppenplatten mit Noppen in Form von Kegelstümpfen, angeordnet diagonal zum Plattenformat zur Anwendung kommen. Der Baustoffhandel liefert alles - die Entscheidung was zu liefern ist trifft der Planer. Seine Entscheidung muss klar am Sicherheitsbe‐ dürfnis der Blinden ausgerichtet sein. Optik ist Nebensache! Zum Schluss dieses Kapitels noch ein Beispiel, das wohl eher auf dem Prinzip „gut gemeint, aber falsch gedacht“ beruht: Beispiel 20 217 <?page no="218"?> Beispiel 21 Abb. 195: überflüssiger Pflasterstreifen Der zwischen Bordsteinkante und Bodenindikatorenfeld durchgezogene Pflasterstreifen sieht zwar gut (? ) aus, hat aber keinerlei Sinn und führt taktil eher zur Verwirrung. Auch hier gilt: Präzision, sprich Richtlinienkonformität, kommt vor Optik. Einheitlichkeit - Begreifbarkeit - Wiedererkennbarkeit - eindeutige taktile Hinweise! Einheitlichkeit - Begreifbarkeit - Wiedererkennbarkeit - eindeutige taktile Hinweise! Diese Stichworte bedingen nicht nur präzise Planung für entsprechend korrekte Projekte, sondern auch eine präzise, verantwortungsvolle Ausführung des Geplanten. Leider zeigt die Praxis, dass noch bei weitem nicht alle für die Ausführung Verantwortliche, seien es Bauleiter, Poliere oder Pflasterer, sich ihrer diesbezüglichen Verantwortung für die in ihrer Mobilität mehr oder minder eingeschränkten Nutzer bewusst sind. Vielfach wird das Verlangen nach Präzision in der Ausführung mit Verständnislosigkeit registriert. Das Bewusstsein, für wen hier Umwelt gebaut wird, ist noch sehr entwicklungsfähig. Spricht man die „Übeltäter“ darauf an, wird dies sehr schnell deutlich. Genauso schnell kann aber erfahrungsgemäß bei entsprechender Erklärung der Hintergründe und Bedürfnisse das Verständnis geweckt und eine verantwortungsvolle Handlungsweise initiiert werden. Das kann zeit- und nervenaufwändig sein, lohnt sich aber allemal. Notfalls - bei „Beratungsresistenz“ der Ausführenden - muss der Hinweis „wer bezahlt bestimmt“ durch den Auftraggeber zum gewünschten Resultat führen. Wurde ein Bordstein mit falscher Höhenlage zum dritten Mal neu versetzt sieht wohl der beratungsresistenteste Verleger ein, dass er Planvorgaben präzise zu erfüllen hat. Das kann aber nur die ultima ratio sein! In der Praxis hat sich bewährt, dass die verantwortlichen Planer - vor allem bei neuen Auftrag‐ nehmern - bereits in einer sehr frühen Phase (Baustellenstartbesprechung? ) klare Ansagen hin‐ sichtlich ihres Erwartungshorizontes machen, aber auch mit Rat und Tat zur Seite stehen. So bringt 218 25 Such den Fehler - bei der Ausführung <?page no="219"?> z.-B. das Angebot, dass bei Verlegung einer einschlägigen Bordsteinkante diese vor Erhärten des Fundamentbetons vom Planer abgenommen wird, Verlässlichkeit und gegenseitiges Vertrauen, da potenzielle Ausführungsfehler beseitigt werden können bevor sie sich - kostenintensiv - in Beton gegossen manifestieren. Es wird sich recht schnell Routine und gegenseitiges Vertrauen einstellen. Planer und Bauleiter können sicher sein, dass die Ausführung ihren Ansprüchen genügt, Ausführende haben die Gewissheit, dass ihr Werk den Erwartungen bzw. Vorgaben des Auftraggebers entspricht. Zu Beginn der Zusammenarbeit sicher zeitaufwändig für beide Seiten, im weiteren Verlauf aber sehr wirtschaftlich, vertrauensfördernd und letztlich entspannt. Planer und Bauleiter müssen sich ihrer diesbezüglichen Verantwortung bewusst sein. Präzision ist kein Selbstzweck, sie ist unabdingbare Voraussetzung, dass in ihrer Mobilität eingeschränkte Mitmenschen selbstbestimmt am Leben teilnehmen können. Letztlich Selbstverständlichkeit! Beispiel 21 219 <?page no="221"?> 26 Such den Fehler - im Produkt Planer und Ausführende können ihr Bestes geben, trotzdem entsteht nicht das gewünschte Produkt: Barrierefreie Bauelemente (Sonderborde, Bodenindikatoren, Kontrastplatten etc.) müssen zum System passen, müssen mit der erforderlichen Sorgfalt und Maßgenauigkeit hergestellt werden. Da ist die Herstellerseite in der Pflicht, ist der Dritte im Bunde, wenn das Werk zum Erfolg werden soll. Weit überwiegend wird diesem Anspruch gerecht produziert. Das entbindet die Verantwortlichen auf der Baustelle aber nicht davon, die angelieferten Produkte sorgfältig zu prüfen, bevor sie eingebaut werden. Nachfolgend zwei Beispiele, worauf das Augenmerk zu legen ist: Beispiel 22 Abb. 196: unterschiedliche Oberflächenstruktur Während des Baus eines umfangreichen Umgestaltungsprojektes, das auch viele Elemente der Barrie‐ refreiheit beinhaltete, wurden die Baustellenverantwortlichen durch den Polier der Pflastererkolonne darauf hingewiesen, dass plötzlich andere Bodenindikatorplatten auf den gerade frisch angelieferten Paletten vorgefunden würden. Die Talfläche der Platten hatten plötzlich eine raue Oberfläche, im Gegensatz zu den gewohnten Platten mit absolut glatter Talfläche. Weder Bauunternehmer noch Bauherr waren über diesen Wechsel der Produkteigenschaft vorab informiert geschweige denn deren erforderliche Zustimmung dafür eingeholt worden. Auf Nachfrage beim Hersteller wurde der Wechsel mit der erforderlichen Griffigkeit der Talflächen beim Begehen mit Stöckelschuhen begründet - die bisherige Ausführungsart wäre nicht mehr lieferbar. Durch die noch auf der Baustelle vorrätigen Bodenindikatoren mit anderen Rippenabständen war die parallele Verlegung von Indikatoren mit unterschiedlichen Oberflächen unvermeidbar. Unmittelbar nach Erkennen der Veränderung im Produkt wurde der Einbau vorübergehend eingestellt. Wenige Tage nach dem Einbau der ersten---wenigen---Platten mit geänderter Oberflächenstruktur ging über der Baustelle ein sogenannter Sahararegen nieder mit der Folge, dass sich der Saharastaub hartnäckig auf der nun rauen Oberfläche festsetzte und nicht mehr entfernt werden konnte. Die Platten veränderten unmittelbar ihre Farbe, aus weiß wurde sandbeige, der erforderliche Kontrast <?page no="222"?> war nicht mehr gegeben. Das Produkt entsprach unzweifelhaft nicht dem ausgeschriebenen und vom Bauunternehmen bestellten Ausgangsprodukt. Die Anhaftungen und daraus resultierenden Farbveränderungen zeigten sich an sämtlichen Einbaustellen, teils in direkter Nachbarschaft von Flächen mit glatter und rauer Talfläche: Abb. 197: unterschiedliche Oberflächenstruktur---Ver‐ färbung - Abb. 198: Farbunterschiede durch fehlerhafte Oberflä‐ che bei einem Teil der gelieferten Bodenindikatoren Abb. 199: Farbunterschiede durch fehlerhafte Oberfläche - Abb. 200: Austausch notwendig Der durch die Bauunternehmung informierte Auftraggeber erklärte unmissverständlich, dass er die Abnahme dieser Bodenindikatoren verweigern werde. Die Begründung mit der Rutschgefahr für Stöckelschuhträgerinnen konnte nicht als stichhaltig akzeptiert werden, eine derartige Gefahr war über viele Jahre umfangreicher Erfahrung mit glatter Taloberfläche nicht bekannt. Konsequenz war, dass der Lieferant die geänderten Indikatorplatten wieder zurücknehmen und den Aufwand für den Austausch - inklusive des Baustellenstillstandes bis zur Klärung des Problems---ersetzen musste. Da er selbst die bisherige Ausführungsart nicht mehr herstellen wollte, aber in der Lieferpflicht war, musste er Platten der bisherigen Ausführung von einem Konkurrenten beziehen und anliefern. Dies alles wäre vermeidbar gewesen, wenn die beabsichtigte Produktänderung vorab klar mit allen Beteiligten kommuniziert worden wäre. Der Lieferant hätte zumindest die Option gehabt, vor Produktionseinstellung des bisherigen Produkts eine für das laufende Bauprojekt ausreichende Menge an Platten bisheriger Ausführungsart zu produzieren und anzuliefern. Ein noch größerer Schaden konnte durch die unmittelbare Intervention des aufmerksamen Pflasterers vermieden werden, der auf die veränderten Eigenschaften hinwies und somit den Baustopp erwirkte. 222 26 Such den Fehler - im Produkt <?page no="223"?> Beispiel 23 Nach dem Einbau zweier gegenüberliegender, je 20 m langer, Haltestellensonderbordkanten zeigte sich an 8 Bordsteinen dasselbe Schadensbild: Abb. 201: Dellen durch schadhafte Schalung im Werk - Abb. 202: Schäden durch schadhafte Schalung im Werk Offensichtlich verursacht durch die Verwendung einer verbeulten Schalung im Fertigteilwerk bei der Herstellung der Sonderborde hatten sämtliche Borde einer gelieferten Palette dieselbe Verformung. Diese war - abgesehen vom optischen Mangel - wiederum eine Gefahrenquelle für die Reifenflanken der anfahrenden Linienbusse (siehe Beispiel 17) da sie eine scharfe Kantenbildung im Übergang zum benachbarten Stein bewirkte. Hier sollten wohl die Kosten für eine neue Schalung gespart werden, in der Hoffnung, dass der Fehler auf der Baustelle nicht auffällt. Leider fiel er erst nach dem Einbau auf, da die sorgfältige Kontrolle der Borde vor dem Einbau aus Zeitdruck unterblieb. Die Diskussionen, wer nun für die Kosten des Austausches der Steine aufzukommen hat, waren vorprogrammiert! Immerhin herrschte Einigkeit, dass die Steine selbst mangelhaft sind und kostenfrei vom Lieferanten zu ersetzen sind. Am Rande bemerkt: Der Bauherr hat eine weiße, kontrastierende Bordsteinkante bestellt, die im Bild 202 erkennbare Verschmutzung der Borde durch Reifenabrieb von Baumaschinen in der Bauphase ist vor der Abnahme zu beseitigen. Sonst ist die Kante nicht abnahmefähig. Beispiel 23 223 <?page no="224"?> Beispiel 24 Mangelhafte Qualitätssicherung bei der Herstellung verursachte auch die beiden untenstehenden Beanstandungen: Abb. 203: Überstände durch mangelhafte Werkskontrolle - Abb. 204: Abplatzungen = mangelhafte Waren‐ kontrolle vor Auslieferung Solche Kantenfehler können - bei sorgfältiger Kontrolle - noch im Werk nachgearbeitet werden. Der Stein kann dann problemlos an den Verwender ausgeliefert werden. Unterbleiben die Ausgangskontrolle im Werk und die Eingangskontrolle auf der Baustelle fällt der Mangel - hoffentlich - spätestens bei der Abnahme der Haltestelle einem sorgfältig prüfenden Bauherrn auf. Die Diskussionen, wer nun … Siehe oben! 224 26 Such den Fehler - im Produkt <?page no="225"?> Beispiel 25 Vermutlich ein falsch gewählter Kleber verursachte das Schadensbild der beiden untenstehenden Fotos: Abb. 205: abgelöste Platten eines aufgeklebten Boden‐ indikatorenfeldes - Abb. 206: kein Verbund mit dem Trägerbeton Innerhalb kürzester Frist lösten sich die auf dem Beton des Brückenwiderlagers aufgeklebten Bodenindikatoren in Gänze vom Untergrund. Da das Schadensbild über die gesamte Klebefläche kurz nach dem Verkleben bei allen abgelösten Platten zeitgleich auftrat ist zu vermuten, dass der verwendete Kleber für die ihm zugewiesene Aufgabe völlig ungeeignet war - oder vollkommen falsch verarbeitet wurde. Beispiel 25 225 <?page no="227"?> 27 Das Bessere ist der Feind des Guten Nicht in jedem Fall, in dem es Verbesserungspotenzial gibt, handelt es sich originär um einen Fehler bei Planung, Bau oder Produkt. Manchmal birgt auch eine an sich regelkonforme Lösung deutliches Verbesserungspotenzial. Beispiel 26 Das Richtungsfeld einer Fußgängerquerung mit Lichtsignalanlage weist auf eine abgewinkelte Richtung der Straßenquerung im Verhältnis zum zuführenden Aufmerksamkeitsfeld hin. Die Gehrichtung ändert sich um ca. 45°. Das ursprünglich ausgeführte Richtungsfeld entsprach gerade so der Norm, die Maßnahme war fertiggestellt. Der Autor dieser Zeilen war geneigt, dieses Feld abzunehmen. Ein Maschinist der ausführenden Tiefbaufirma brachte im Gespräch eine andere Art der Ausführung in die Diskussion, die er für deutlich besser erkennbar hielt. Das Richtungsfeld sollte vergrößert und in das Aufmerksamkeitsfeld eingeschnitten werden. Die Idee war bestechend, der Autor konnte sich dem Verbesserungspotenzial nicht verschließen und hat die Änderung im Sinne des Verbesserungsvor‐ schlages des Maschinisten angeordnet - auf Kosten des Auftraggebers, dessen Planung nicht optimal gewesen war. Die nachfolgenden Bildpaare vergleichen die Ursprungs- und die Optimierungsvariante: Abb. 207: ursprüngliches Richtungsfeld, Sicht hin zur Fahrbahn - Abb. 208: besser erkennbare Richtungsänderung nach Umbau <?page no="228"?> Abb. 209: ursprüngliches Richtungsfeld, Sicht zur inne‐ ren Leitlinie Abb. 210: besser erkennbare Richtungsänderung nach Umbau Es lohnt sich, auch vermeintlich völlig regelkonforme Lösungen im Licht der Praxis - bzw. der Praktiker auf der Baustelle mit einschlägiger Ausführungserfahrung - bei entsprechenden Hinweisen nochmals zu überdenken. Wenn dabei eine deutlich bessere Lösung gefunden werden kann, sollte diese - auch nachträglich - realisiert werden. Im Vergleich zum sehr langfristigen Nutzen für den betroffenen Personenkreis sind die Mehrkosten des nachträglichen Umbaus gut angelegtes Geld! „Das Bessere ist der Feind des Guten“, ein Sprichwort, dem man sich nicht verschließen sollte. 228 27 Das Bessere ist der Feind des Guten <?page no="229"?> 28 Such den Fehler? Der eine oder die andere Leser: in mag nach der Lektüre der vorhergehenden Beispiele einwenden, dass man Fehler nun doch nicht mit Gewalt suchen müsse und einige der Beispiele bzw. die sich daraus ergebenden Handlungskonsequenzen an den Haaren herbeigezogen wären. Auf der Baustelle herrschten nun mal andere Bedingungen als im Labor oder der Planertheorie, da könne nicht jede Maß- oder Planabweichung auf die Goldwaage gelegt werden. Vordergründig mag das so diskussionswürdig sein. Wir Autoren sind der Meinung - und haben das in diesem Buch umfangreich kommuniziert - eine Diskussion darüber erübrigt sich, wenn man die Zielgruppe in den Fokus rückt, für die Barrierefreiheit gebaut wird. Für Menschen mit den unterschiedlichsten Mobilitätseinschränkungen kann 1 cm Maßtoleranz über Sein oder Nichtsein, sprich über die Möglichkeit, ein Hindernis zu überwinden oder daran zu scheitern, entscheiden. Eine aufgeschlitzte Reifenflanke durch eine nachlässig ausgeführte Bordsteinkante kann später bei hoher Fahrgeschwindigkeit des Busses auf freier Strecke zu einem Reifenplatzer führen, dessen Folgen fatal sein können. Ein Richtungsfeld, das nicht in die richtige Richtung führt, kann blinde Mitmenschen an Stellen leiten, an denen sie hilf- und orientierungslos der Verkehrsgefahr ausgesetzt sind. Die Beispiele könnten fortgesetzt werden … Die von uns dokumentierten Fehler sind nicht die Regel, in den allermeisten Projekten finden sich derartige Mängel nicht. Verantwortungsvolle Mitarbeiter, Poliere, Bauleiter und Planer schaffen es regelmäßig, hohen Ansprüchen an Qualität vollumfänglich gerecht zu werden. Aber keine Regel ohne Ausnahme - und dann wird`s eben schnell gefährlich! Verstehen sie, liebe Leserschaft, das Kapitel „Such den Fehler“ als Aufforderung, mit wachem Auge durch ihre Projekte zu gehen, sei es in der Planung, sei es bei der Ausführung, sei es letztendlich bei der Bauabnahme. Ein bei der Abnahme erkannter Fehler kann noch behoben werden, bevor jemand zu Schaden kommt. Unser Anliegen der Barrierefreiheit hat auch zum Ziel, Barrieren in den Köpfen der Verant‐ wortlichen abzubauen und deren Sinne für die Anforderungen an eine barrierefreie, gebaute Umwelt zu schärfen. Stellen Sie sich vor, Sie wären der oder die Betroffene … <?page no="231"?> V Danksagung, Quellen und Verzeichnisse <?page no="233"?> Postscriptum / Dank Sehr geehrte Leserschaft, wir haben Ihnen in den vorhergehenden Kapiteln eine Menge an Fakten, Gedanken, Ideen, Normen, Planungshinweisen, Ausführungstipps, Tops und Flops mit viel Text und vielen Fotos zusammengetragen. Wir hoffen, Sie konnten daraus die eine oder andere Anregung, vielleicht auch Warnung vor Fallstricken und Fehlentwicklungen, insgesamt aber hilfreiche Hinweise entnehmen. Wenn uns dies gelungen ist hat sich unsere Mühe bei der Erarbeitung des Buches und Ihre Mühe bei dessen Durcharbeit mannigfach gelohnt. Wir möchten uns an dieser Stelle bei allen Mitwirkenden bedanken, die sich allerdings dieser Mitwirkung in aller Regel gar nicht bewusst waren. Im Rahmen der vielen Gespräche und Diskussionen - nicht selten auch sehr konträrer Art - die wir in Planungsteams, auf Baustellen und in Büros mit Auftraggebern und Auftragnehmern, mit Polieren, Pflasterern, Bordsteinsetzern, Fertigerfahrern, Bauleitenden, Bauüberwachenden, Planenden, Ausschreibenden und anderen an der Projektumsetzung Beteiligten sowie von Mobilitätseinschränkungen betroffenen Nutzern führen durften konnten wir uns erst den Erfahrungsschatz aneignen, den wir in dieses Buch einbringen und mit vielen Fotos illustrieren konnten. Vielen Dank für ihren engagierten Einsatz für das Thema Barrierefreiheit! Wie erwähnt, nicht alle Diskussionen liefen konfliktfrei ab - aber gerade daraus entstanden und entstehen dann gute Lösungen mit denen sich - in der Regel - alle Beteiligten identifizieren konnten und können. Das wird auch in naher Zukunft nicht anders sein. Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum ist noch längst nicht eine konsolidierte Sache, die man „eben mal so“ nach Schema F erledigen kann. In dem Thema ist noch viel Dynamik enthalten, das Plan- und Regelwerk immer noch in der (Fort-)Entwicklung. Nicht zuletzt die demografischen Veränderungen in unserer Gesellschaft werden hier weitere (Ver-)Änderungen mit sich bringen. Bleiben Sie interessiert, beteiligen Sie sich an dieser Entwicklung, gerne auch im Austausch mit uns Autoren. Es muss gelingen unsere gebaute Umwelt so zu gestalten, dass sie im Sinne der Inklusion eine UMWELT FÜR ALLE wird, die allen Menschen eine Beteiligung am öffentlichen Leben in der Art und Weise ermöglicht, die ihnen zusteht und die sie von diesem Leben erwarten. Wir Autoren sind überzeigt, dass dieses Anliegen, dieser Wunsch, in Erfüllung gehen und umgesetzt werden kann! Wir wünschen Ihnen, liebe Leserschaft, dabei viel Erfolg und infolgedessen viele positive Rückmeldungen aus den Kreisen derer, denen Sie ein inklusives Leben ermöglicht haben. <?page no="235"?> Quellen 1. UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen: https: / / www.un.org/ de velopment/ desa/ disabilities/ convention-on-the-rights-of-persons-with-disabilities.html 2. Bericht des Beirats Inklusion des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales: https: / / www .bmfsfj.de/ bmfsfj/ ministerium/ inklusion 3. Welche Bedeutung hat Inklusion für die UN? https: / / www.berlin.de/ lb/ behi/ un-konventio n/ grundlagen/ inklusion-als-leitbild-der-un-brk/ #: ~: text=gleichberechtigte%20Teilhabe%20in %20allen%20Lebensbereichen,die%20Vielfalt%20aller%20Menschen%20ein. 4. Arbeitsbuch „Kommunaler Index für Inklusion“ der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft Bonn 5. Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Inklusion. https: / / www.bmas.de/ DE/ Soziales/ T eilhabe-und-Inklusion/ teilhabe-und-inklusion.html 6. Aktion Mensch: Inklusion. https: / / www.aktion-mensch.de/ dafuer-stehen-wir/ was-ist-inklus ion 7. Bundesministerium für Bildung und Forschung: Inklusion in Deutschland. https: / / www.bm bf.de/ bmbf/ de/ bildung/ bildungsforschung/ inklusive-bildung/ inklusive-bildung_node.html 8. Stiftung Deutsche Sporthilfe: Inklusion. https: / / www.sporthilfe.de/ athletenfoerderung/ foerd erbeispiele/ all-inclusive 9. Deutscher Behindertenrat: Inklusion. https: / / www.deutscher-behindertenrat.de/ ID225763 10. Deutsche UNESCO-Kommission: "Inklusion „: Leitlinien für die Bildungspolitik 3. erweiterte Auflage herausgegeben von Deutsche UNESCO-Kommission e. V. (DUK) Colmantstr. 15, 53111 Bonn 11. 2.Barrierefreiheit und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen: https: / / www.lebenshilfe .de/ informieren/ wohnen/ barrierefreiheit-fuer-menschen-mit-behinderung#: ~: text=Mensche n%20mit%20Beeintr%C3%A4chtigung%20haben%20das,dass%20aus%20Beeintr%C3%A4chtig ungen%20Behinderungen%20werden. 12. https: / / www.aerzteblatt.de/ archiv/ 42077/ Behinderungen-Erweiterte-Definition-der-WHO 13. https: / / www.kofa.de/ mitarbeiter-finden/ zielgruppen/ menschen-mit-behinderung/ beschaeft igung-gestalten/ behinderungsformen/ 14. https: / / www.netmoms.de/ magazin/ familie/ behinderte-kinder/ behinderung-was-bedeutet-d as/ 15. https: / / www.destatis.de/ DE/ Themen/ Gesellschaft-Umwelt/ Gesundheit/ _Grafik/ _Interaktiv/ behinderte-menschen-al-ter.html; jsessionid=A61B91D7305BE27F2664110FF98C6217.live712 16. https: / / www.gesetze-im-internet.de/ bgg/ __3.html 17. https: / / www.gesetze-im-internet.de/ sgb_9_2018/ __2.html 18. https: / / www.vdk.de/ deutschland/ pages/ themen/ artikel/ 9216/ grad_der_behinderung_gdb? ds cc=ok 19. https: / / www.familienratgeber.de/ schwerbehinderung/ schwerbehindertenausweis/ grad-behi nderung.php 20. https: / / www.rehadat-ausgleichsabgabe.de/ verstehen/ was-ist-schwerbehinderung/ 21. https: / / www.bsv-wuerttemberg.de/ infothek/ 14-infothek/ 68-auge.html#: ~: text=Als%20sehbe hindert%20gilt%2C%20wer%20trotz,Norm%20(100%25)%20herabgesetzt%20ist. 22. https: / / www.dbsv.org/ zahlen-fakten.html 23. https: / / www.gesundheit.gv.at/ krankheiten/ behinderung/ taubheit.html <?page no="236"?> 24. https: / / oberlin-lebenswelten.de/ informationen/ schwerpunkte/ koerperliche-und-oder-geisti ge-behinderung 25. https: / / www.msdmanuals.com/ de-de/ profi/ p%C3%A4diatrie/ lern-und-entwicklungsst%C3% B6rungen/ geistige-behnderung-intellectual-disability 26. https: / / www.deutschlandfunk.de/ buergerrechte-statt-almosen-100.html#: ~: text=In%20der% 20Weimarer%20Republik%20wurden,diese%20Ausgrenzung%20mit%20ihren%20Erbgesundh eitsgesetzen. 27. https: / / www.bpb.de/ shop/ zeitschriften/ apuz/ 32707/ die-geschichte-der-behindertenpolitik-i n-der-bundesrepublik-aus-sicht-der-disability-history/ 28. https: / / www.lebenshilfe.de/ informieren/ familie/ menschen-mit-behinderung-in-der-nazi-zei t 29. https: / / www.bpb.de/ kurz-knapp/ hintergrund-aktuell/ 295244/ vor-80-jahren-beginn-der-ns-e uthanasie-programme/ 30. https: / / www.bpb.de/ shop/ zeitschriften/ apuz/ 32707/ die-geschichte-der-behindertenpolitik-i n-der-bundesrepublik-aus-sicht-der-disability-history/ 31. Aus Politik und Zeitgeschichte 23/ 2010 · 7. Juni 2010 Elsbeth Bösl Die Geschichte der Behindertenpolitik in der Bundesrepublik 32. Aus Politik und Zeitgeschichte 23/ 2010 · 7. Juni 2010 Valentin Aichele Behinderung und Menschenrechte 33. https: / / www.bundestag.de/ gg/ grundrechte 34. https: / / www.bmas.de/ DE/ Soziales/ Teilhabe-und-Inklusion/ Politik-fuer-Menschen-mit-Behi nderungen/ sgb-ix.html#: ~: text=Niemand%20darf%20wegen%20seiner%20Behinderung,des% 20Grundgesetzes%20der%20Bundesrepublik%20Deutschland. 35. https: / / www.vdk.de/ deutschland/ pages/ themen/ behinderung/ 12733/ der_schwerbehinderte nausweis_merkzeichen#: ~: text=Das%20Merkzeichen%20%22H%22%20bedeutet%20%22,hei% C3%9Ft%20es%20unter%20Punkt%204. 36. https: / / www.betanet.de/ grad-der-behinderung.html 37. https: / / www.behindertenbeauftragter.de/ DE/ AS/ rechtliches/ schwerbehinderung/ schwerbe hinderung-node.html 38. https: / / www.institut-fuer-menschenrechte.de/ das-institut/ monitoring-stelle-un-brk/ die-unbrk#: ~: text=Das%20%E2%80%9E%C3%9Cbereinkommen%20%C3%BCber%20die%20Rechte,es %2020%20Staaten%20ratifiziert%20hatten. 39. https: / / www.bpb.de/ shop/ zeitschriften/ apuz/ 284888/ eine-dekade-un-behindertenrechtskon vention-in-deutschland/ 40. Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen Die UN-Behindertenrechtskonvention Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen November 2018 Broschüre 41. https: / / www.behindertenrechtskonvention.info/ der-zweck-der-un-behindertenrechtskonve ntion-3754/ 42. https: / / www.bmas.de/ DE/ Soziales/ Teilhabe-und-Inklusion/ Politik-fuer-Menschen-mit-Behi nderungen/ un-behindertenrechtskonvention-rechte-von-menschen-mit-behinderungen-lan gtext.html 43. https: / / www.behindertenrechtskonvention.info/ uebereinkommen-ueber-die-rechte-von-me nschen-mit-behinderungen-3101/ 44. https: / / ec.europa.eu/ social/ main.jsp? catId=1484&langId=de 45. https: / / bag-if.de/ eu-parlament-fordert-beruecksichtigung-von-inklusionsunternehmen-in-d er-neuen-eu-strategie-zugunsten-von-menschen-mit-behinderungen-nach-2020/ 236 Quellen <?page no="237"?> 46. https: / / www.eiz-niedersachsen.de/ neue-eu-strategie-fuer-menschen-mit-einer-behinderung -soll-mehr-teilhabe-garantieren/ 47. Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 3 GG Hausarbeit, 2005 Kerstin Hamsen (AUTOR: IN) 48. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Herausgeberin: Antidiskriminierungsstelle des Bundes 11018 Berlin Publikation Januar 2023 49. https: / / www.minderheitensekretariat.de/ allgemeines-gleichbehandlungsgesetz-agg/ #: ~: text =Am%2018.,2004%20in%20deutsches%20Recht%20um. 50. https: / / www.antidiskriminierungsstelle.de/ DE/ ueber-diskriminierung/ recht-und-gesetz/ allg emeines-gleichbehandlungsgesetz/ allgemeines-gleichbehandlungsgesetz-node.html 51. https: / / www.bmas.de/ DE/ Service/ Gesetze-und-Gesetzesvorhaben/ gesetz-zur-gleichstellung -behinderter-menschen.html 52. https: / / www.bbsr.bund.de/ BBSR/ DE/ themen/ _alt/ Bauwesen/ GrundlagenSicherheit/ Barriere freiesBauen/ BGG/ BGGe.html#: ~: text=%22Ziel%20dieses%20Gesetzes%20ist%20es,ihren%20b esonderen%20Bed%C3%BCrfnissen%20Rechnung%20getragen.%22 53. https: / / barrierefrei.de/ ratgeber/ was-bedeutet-barrierefreiheit-eigentlich.html 54. https: / / www.lebenshilfe.de/ informieren/ wohnen/ barrierefreiheit-fuer-menschen-mit-behin derung 55. https: / / www.barrierefrei.bayern.de/ fakten/ definitionen/ index.php 56. https: / / www.design-fuer-alle.de/ design-fuer-alle/ 57. https: / / www.einfach-fuer-alle.de/ blog/ id/ 2586/ 58. https: / / www.design-fuer-alle.de/ 59. Design für Alle erfolgreich umsetzen - von der Theorie zur Praxis ECA 2013 Herausgeber Design für Alle - Deutschland e. V. (EDAD) Fürst Donnersmarck-Stiftung zu Berlin ISBN 978-3-00-044074-8 60. Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag Sachstand Rechtliche Vorgaben zur Herstel‐ lung von Barrierefreiheit in ausgewählten europäischen Staaten Aktenzeichen: WD 6 - 3000 - -056/ 21 Abschluss der Arbeit: 20. Oktober 2021 Fachbereich: WD 6: Arbeit und Soziales 61. https: / / www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de/ DE/ Fachwissen/ Informationstechnik/ EU- Webseitenrichtlinie/ FAQ/ fragen-antworten-eu-richtlinie-websites-und-mobile-anwendung en.html 62. https: / / eur-lex.europa.eu/ eli/ dir/ 2019/ 882/ oj? locale=de 63. https: / / www.barrierefreies-webdesign.de/ richtlinien/ europa/ richtlinie-eu-2019-882.html 64. https: / / www.gesetze-im-internet.de/ gastg/ BJNR004650970.html#: ~: text=(1)%20Im%20Gastst %C3%A4ttengewerbe%20d%C3%BCrfen%20der,abgeben%20und%20ihnen%20Zubeh%C3%B6 rleistungen%20erbringen.&text=Getr%C3%A4nke%20und%20zubereitete%20Speisen%2C%20 die,2.&text=an%20jedermann%20%C3%BCber%20die%20Stra%C3%9Fe%20abgeben. 65. https: / / www.gesetze-im-internet.de/ pbefg/ __8.html 66. https: / / www.gesetze-im-internet.de/ arbst_ttv_2004/ __3a.html 67. https: / / www.teilhabeberatung.de/ woerterbuch/ partizipation 68. https: / / www.bmas.de/ DE/ Soziales/ Teilhabe-und-Inklusion/ teilhabe-und-inklusion.html#: ~: t ext=Das%20Bundesministerium%20f%C3%BCr%20Arbeit%20und,Menschen%20mit%20Behin derungen%20verbessert%20werden. 69. https: / / www.bmfsfj.de/ bmfsfj/ ministerium/ inklusion 70. DIN 18040-3: 2014-12 Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen - Teil 3: Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum 71. DIN 32984: 2020-12 Bodenindikatoren im öffentlichen Raum Quellen 237 <?page no="238"?> 72. DIN 32975: 2009-12 Gestaltung visueller Informationen im öffentlichen Raum zur barriere‐ freien Nutzung 73. Statistik zur Anzahl Blinder in Deutschland Schwerbehindertenstatistik = Menschen mit Schwerbehindertenausweis Statistisches Bundesamt 31.12.2021 78. Anforderungen an Borde von Überquerungsstellen https: / / barrierefreie-mobilitaet.de/ planung-bau/ einbauhinweise/ barrierefreie-querungshilfen-au sbildung-borde/ 79. Böhringer, Dietmar: Vollständig barrierefreie Überquerungsstellen, nullbarriere.de, 2021 80. Arbeitsstellen planen - Regelpläne anwenden: in: rsa-online, o.D., https: / / www.rsa-online.c om/ 22/ Regelplaene/ Regelplaene.htm 81. Regelplan B II/ 4 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V.: Auszug Regel‐ pläne---Teil B, FGSV Verlag, 2022 82. Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. (DBSV): Absicherung von Baustellen, DBVS, 2016 Alle Internetquellen wurden zuletzt am 21.03.2023 überprüft 238 Quellen <?page no="239"?> Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Von links nach rechts: Amine Stirner, Mohamed Zakzak, Edgar Theurer . 12 Abb. 2: Schwerbehinderte Menschen nach Alter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Abb. 3: Klassifizierung mobilitätsrelevanter Einschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Abb. 4: Noppenplatten als Kegelstümpfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Abb. 5: Noppenplatten als Kugelsegmente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Abb. 6: Abzweig eines Leitstreifens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Abb. 7: Blindenquerung an einem Zebrastreifen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Abb. 8: gefrästes Aufmerksamkeitsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Abb. 9: zulässige orthogonale Noppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Abb. 10: Leitstreifen auf Bussteig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Abb. 11: Leitstreifen zwischen 2 Aufmerksamkeitsfeldern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Abb. 12: Leitstreifen mit Gehrungsschnitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Abb. 13: gefräster bogenförmiger Leitstreifen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Abb. 14: Sperrfeld an der Nullabsenkung (niveaugleiche Fahrbahnquerung) einer Fußgängerquerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Abb. 15: Sperrfeld an der Nullabsenkung einer Querungshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Abb. 16: Sperrfeld an der Nullabsenkung einer überbreiten Fußgängerquerung . . . 86 Abb. 17: gefräster Leitstreifen im Übergang von Plattenbelag zu Asphalt . . . . . . . . . 87 Abb. 18: gefräster Leitstreifen in denkmalgeschütztem Betonplattenbelag . . . . . . . . 87 Abb. 20a: gefräster Leitstreifen in Asphaltbelag mit eingelegter Begleitmarkierung . 88 Abb. 20: gefräster Leitstreifen in Natursteinbelag mit Begleitmarkierung . . . . . . . . . 88 Abb. 19: gefräster Leitstreifen mit Abzweig mit Begleitmarkierung . . . . . . . . . . . . . . 88 Abb. 21: Leitstreifen aus Edelstahlelementen über Buszufahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Abb. 22: Detail Edelstahlelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Abb. 23: Leitstreifen aus Stahlelementen auf historischem Gehweg . . . . . . . . . . . . . . 89 Abb. 24: Leitstreifen aus Stahlelementen auf historischem Gehweg . . . . . . . . . . . . . . 89 Abb. 25: Leitstreifen aus Stahlelementen auf historischem Gehweg . . . . . . . . . . . . . . 89 Abb. 26: aufgeklebter Leitstreifen aus Kunststoffelementen im Innenraum . . . . . . . 90 Abb. 27: aufgeklebter Leitstreifen aus Kunststoffelementen im Innenraum - Rippen als Aufmerksamkeitsfeld? Richtig wären Noppen! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Abb. 28: aufgeklebter Leitstreifen aus Kunststoffelementen im Innenraum . . . . . . . 90 Abb. 29: schwarzer Leitstreifen auf hellem Belag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Abb. 30: Leitstreifen mit begleitendem Kontraststreifen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Abb. 31: weißer Leitstreifen in dunklem Belag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Abb. 32: Treppe mit Kontrastkanten an jeder Stufe - von oben . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Abb. 33: Treppe mit Kontrastkanten an jeder Stufe - von unten . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Abb. 34: weißer Busbord - hoher Kontrast an hoher Kante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Abb. 35: Detail höhengetrennte Querung mit Lichtsignalanlage . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Abb. 36: im Winkel der Gehlinie eingebautes Richtungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Abb. 37: im Winkel der Gehlinie eingebautes Richtungsfeld mit zuführendem Auffindestreifen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Abb. 38: Detail höhengetrennte Querung mit Lichtsignalanlage . . . . . . . . . . . . . . . . 96 <?page no="240"?> Abb. 39: Detail höhengetrennte Querung mit Zebrastreifen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Abb. 40: Detail höhengleiche Querung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Abb. 41: Detail ungesicherte Querung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Abb. 42: unterbrochener Leitstreifen zu ungesicherter Querung . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Abb. 43: Auffindefeld (Noppen) an Gehweghinterkante am Beginn des Leitstreifens 99 Abb. 45: Höhengetrennte ungesicherte Querungen lassen sich auch mit wenig Aufwand nachrüsten, z.-B. in die Zufahrten eines Minikreisverkehrs. . . . . 99 Abb. 44: ungesicherte Querung mit Mittelinsel in schmalem Gehweg . . . . . . . . . . . . 99 Abb. 46: Unterschiede der Tastbarkeit von Bordsteinkanten Vorgaben gelten auch für DIN 32984 2023-04 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Abb. 47: Nullabsenkung mit Sperrfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Abb. 48: Nullabsenkung mit Sperrfläche als Zufahrt zum Stellplatz . . . . . . . . . . . . . . 101 Abb. 49: Formen von Bushaltestellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Abb. 50: Reststufenproblematik Bordsteinkanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Abb. 51: barrierefreie Fahrbahnrandhaltestelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Abb. 52: Schnittmodell „Sonderbord mit Spurführung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Abb. 53: Sonderbord mit gerader Kante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Abb. 54: Sonderbord mit rückspringender Kante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Abb. 55: Einstiegsfeld Haltestelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Abb. 56: Einstiegsfeld mit Kontrastfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Abb. 57: absolut planebene Ausführung des Kontrastfeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Abb. 58: Beschädigung der Rippenkanten durch Schneepflug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Abb. 59: optimale Busposition am Einstiegsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Abb. 60: Bus steht optimal an Sonderbordkante---beachte: Außenschwenktüren ohne Behinderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Abb. 61: geringstmögliche Reststufenhöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Abb. 62: geringstmögliche Restspaltbreite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Abb. 63: Einstiegsfeld und Buseinstieg deckungsgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Abb. 64: Einstiegsfeld verpasst - Gefahr von Verletzungen beim Zustieg . . . . . . . . . 113 Abb. 65: Nutzlängenverhältnis Busbucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Abb. 66: Fahrbahnrandhaltestelle am Ende einer Busspur vor LSA . . . . . . . . . . . . . . 115 Abb. 67: optimale Anfahrt der Bordsteinkante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Abb. 68: Einstiegsfeld mit Auffindestreifen und Kontrastfeldern . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Abb. 69: Einstiegsfelder verbunden mit Leitstreifen inkl. begleitenden Kontrastfeldern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Abb. 70: Leitstreifen auf Bussteig mit abgehenden Querungen der Busfahrbahnen . 117 Abb. 71: Leitstreifen in Unterführung verbindet Bussteige ohne Querung der Busfahrbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 Abb. 72: Auffindefeld über Gehweg zu Beginn des BLS eines Busbahnhofes . . . . . . 118 Abb. 73: Übergang vom Bussteig zum Bahnsteig, durchgehendes BLS . . . . . . . . . . . 119 Abb. 74: Bussteig zum Bahnsteig, paralleles BLS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Abb. 75: Zusammenführung von BLS Bahn und Bus an der Grenze zwischen Haupt- und Busbahnhof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Abb. 76: Verbindung von Bussteigen zu Bahnsteigen durch Fußgängerunterführung, durchgehendes BLS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Abb. 77: Dynamische Fahrplananzeigen für Bahnhof und Busbahnhof mit TTS . . . 121 240 Abbildungsverzeichnis <?page no="241"?> Abb. 78: Anforderungstaster für Fußgängersignal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Abb. 79: Signalgeber mit zusätzlichem Lautsprecher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Abb. 80: Unterseite Anforderungstaster mit „Blindentaste“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Abb. 81: Positionierung Ampelmast innerhalb der Bodenindikatoren . . . . . . . . . . . . 124 Abb. 82: DFI-Anzeigemonitor an Mast mit TTS-Taster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Abb. 83: Anforderungstaster in Kontrastfarbe mit integriertem Lautsprecher . . . . . 125 Abb. 84: DFI-Anzeigemonitor auf einer Fahrgastinsel eines Zentralen Omnibusbahnhofes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Abb. 85: beleuchteter Anforderungstaster in Fahrgastinsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Abb. 86: Zentrale Übersichtsanzeigevitrine eines Bus- und Hauptbahnhofes in DFI-Technik mit TTS-Ausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Abb. 87: getrennte, beleuchtete Anforderungstaster für jede Monitoreinheit . . . . . . 126 Abb. 88: taktiler Lageplan mit TTS-Anlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Abb. 89: Lageplanlegende und beleuchteter TTS-Anforderungstaster . . . . . . . . . . . . 127 Abb. 90: Handlaufbeschriftung auf Edelstahlrohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Abb. 91: Handlaufbeschriftung auf Kunststoffauflage bei einer denkmalgeschützten Treppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Abb. 92: maßhaltig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Abb. 93: kantenfrei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 Abb. 94: ebenflächig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 Abb. 95: Stolperkante wegen fehlendem Schnitt Sperrfeld Nullabsenkung . . . . . . . . 133 Abb. 96: richtige Schnittführung Sperrfeld Nullabsenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Abb. 97: Präzision durch begleitende Pflasterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Abb. 98: Kombination gepflasterte und geklebte Bodenindikatoren . . . . . . . . . . . . . . 135 Abb. 99: Sperrfeld gepflastert - geklebt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Abb. 100: Stoßversatz - Pflaster und Klebeindikatoren mit unterschiedlichen Maßen 135 Abb. 101: geklebte Bodenindikatoren auf Betonfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Abb. 102: Umpflasterung Lichtsignalmast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 Abb. 103: Restflächen mit Betonglattstrich ausfüllen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 Abb. 104: „Bastelecke“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 Abb. 105: präzise Schnitte ergeben präzise Flächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Abb. 106: Buseinstieg an Einstiegsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Abb. 107: Nutzung des Leitstreifens auf Bussteig mit Langstock . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Abb. 108: höhengetrennte Fußgängerquerung an einer Lichtsignalanlage . . . . . . . . . 139 Abb. 109: Rollstuhl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 Abb. 110: Kinderwagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 Abb. 111: Kinderwagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 Abb. 112: Fahrrad geschoben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Abb. 113: Rollstuhl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Abb. 114 Beispiel Materialliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Abb. 115: Hinweis an Auftraggeber notwendig? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Abb. 116: Arbeitsbeginn Querungsborde im Radius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Abb. 117: Querungsborde im Radius fertiggestellt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Abb. 118: Regelplan B II/ 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Abb. 119: Rampe zur Überwindung des Höhenunterschiedes zwischen Fahrbahn und Gehweg in der Fußgängerführung um das Baufeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Abbildungsverzeichnis 241 <?page no="242"?> Abb. 120: dieselbe Rampe aus anderem Blickwinkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Abb. 121: provisorischer Keil aus Beton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Abb. 122: temporäre Rampen zur Überwindung der Bordsteinkante . . . . . . . . . . . . . . 153 Abb. 123: provisorischer Keil aus Asphalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 Abb. 124: Fertigteilpflasterband vor Querungsborden = exakte Höhen der Fahrbahndecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Abb. 125: Bewegungsrichtung Rüttelplatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Abb. 126: nachträglich eingelegte Bodenindikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Abb. 127: Stolperkante auf Grund fehlenden Schnittes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Abb. 128: korrekte Schnittführung zur Vermeidung der Stolperkante . . . . . . . . . . . . . 161 Abb. 129: Versatz Busbordhinterkante wegen Maßtoleranzen der Fertigteile . . . . . . . 162 Abb. 130: abweichende Steinmaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Abb. 131: Absteckung einer Busbordkante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Abb. 132: Sonderborde im Radius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Abb. 133: Standardkalkulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Abb. 134: „barrierefreie“ Kalkulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Abb. 135: gesicherte Querung mit Zebrastreifen - Planungsfehler Bodenindikatoren 173 Abb. 136: Korrektur der Planungsfehler Bodenindikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Abb. 136a: Durch Zebrastreifen gesicherte, höhengetrennte Querung an Engstelle . . 175 Abb. 136b: Leitsystem über die Fahrbahn zum Eingang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Abb. 136c: Leitsystem vor Haupteingang / Zugangstreppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Abb. 137: Planungsfehler Busbucht, Anschluss an BLS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Abb. 138: Korrektur Planungsfehler = Fahrbahnrandhaltestelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Abb. 138a: großzügige Fahrbahnrandhaltestelle ehem. Busbucht . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Abb. 138b: Gesamtansicht neues Haltestellenpaar mit gesicherter Querung im Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Abb. 139: keine taktil spürbare Bordsteinkante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Abb. 140: Führung Leitstreifen direkt auf LSA-Mast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Abb. 141: Detail höhengetrennte Querung mit Lichtsignalanlage . . . . . . . . . . . . . . . . 180 Abb. 142: kein Anschluss an innere Leitlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Abb. 143: BAnschluss an innere Leitlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Abb. 143a: Anschluss an innere Leitlinie nachgerüstet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Abb. 144: Auffindestreifen ohne Anschluss an innere Leitlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Abb. 145: Anschluss des Einstiegsbereiches an innere Leitlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Abb. 146: Auffindbarkeit der Querung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Abb. 147: Anschluss an innere Leitlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Abb. 148: Auffindbarkeit der Querung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 Abb. 149: Auffindbarkeit der Querung gesichert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Abb. 150: Auffindbarkeit der Querung gesichert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Abb. 151: Auffindbarkeit der Querung gesichert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Abb. 152: uneinheitliche Anschlüsse +/ - . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Abb. 153: Einstiegsfeld mit Noppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Abb. 154: Einstiegsfeld mit Noppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Abb. 155: Einstiegsfeld mit Noppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Abb. 156: Bushaltestelle mit Auffindestreifen der Einstiegsposition … . . . . . . . . . . . . 188 Abb. 157: … aber ohne ausgebildetes Einstiegsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 242 Abbildungsverzeichnis <?page no="243"?> Abb. 158: barrierefreie Straßenbahnhaltestelle mit zuführendem BLS . . . . . . . . . . . . . 190 Abb. 159: fehlende Ausstattung mit Bodenindikatoren auf der Gehwegseite . . . . . . . 191 Abb. 160: uneinheitliche Ausstattung der Querungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Abb. 161: Fahrbahnquerung mit getrennten Bereichen für Blinde und Rollstuhlfahrer 192 Abb. 162: Fahrbahnquerung mit getrennten Bereichen für Blinde und Rollstuhlfahrer, keine Höhentrennung - Sollhöhe Bordsteinkante wäre 3 cm . . . . . . . . . . . 193 Abb. 163: bei einheitlicher Höhe der Bordsteinkante müsste das Richtungsfeld ebenfalls über die gesamte Breite verlaufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Abb. 164: Mittelinsel mit durchgehendem Sperrfeld und einheitlicher Bordsteinhöhe 194 Abb. 165: Gehwege im Bereich der Querung ohne Bodenindikatoren . . . . . . . . . . . . . 194 Abb. 165a: Gehwege im Bereich der Querung jetzt mit Bodenindikatoren . . . . . . . . . . 195 Abb. 166: ungesicherte Fahrbahnquerung mit getrennten Bereichen für Blinde und Rollstuhlfahrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 Abb. 167: Rollstuhlquerung mit Nullabsenkung, Blindenquerung mit 3-cm Bordsteinhöhe, beide Funktionsbereiche mit Sperrfeldern, Blindenbereich mit Kontrastfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 Abb. 168: Rollstuhlquerung mit Nullabsenkung, Blindenquerung mit 3-cm Bordsteinhöhe, beide Funktionsbereiche mit Sperrfeldern, Blindenbereich mit Kontrastfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Abb. 169: Funktionsbereich Blindenquerung in der Mittelinsel mit 3-cm Bordsteinkante und Sperrfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Abb. 170: höhengetrennte Querung im Bereich der Mittelinsel, Blindenbereich mit 3 cm Bordsteinkante und Sperrfeldern in kontrastierendem Belag, Rollstuhl und Radfahrerbereich mit Nullabsenkung ohne Bodenindikatoren . . . . . . . 198 Abb. 171: Detail Trennung zwischen Blindenbereich und Bereich für Rollstuhl- und Radfahrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Abb. 172: Ende Geh- und Radweg ohne Bodenindikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Abb. 173: Ende Geh- und Radweg mit nachgerüsteten Bodenindikatoren . . . . . . . . . . 200 Abb. 174: Führung der Radfahrer mittels Markierung auf die Blindenquerung . . . . . 200 Abb. 175: Bordsteinkante Blindenquerung zu niedrig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Abb. 176: Fahrbahndecke an Busbordsteinkante zu hoch eingebaut . . . . . . . . . . . . . . . 204 Abb. 177: Delta Fahrbahndecke vs. Bordsteinfuß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Abb. 178: Rinne statt waagerechter Deckenanschluss Nullabsenkung . . . . . . . . . . . . . 205 Abb. 179: Stolperfalle fehlender Schnitt Sperrfeld Nullabsenkung . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Abb. 180: Bordsteinkante Blindenquerung zu niedrig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Abb. 181: Sperrfeld falsch platziert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Abb. 182: korrekte Position Sperrfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Abb. 183: falsche Dimensionierung Nullabsenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Abb. 184: keine einheitliche Flucht der Richtungsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Abb. 185: keine einheitliche Flucht der Richtungsfelder über den gesamten Weg der Blindenquerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 Abb. 186: Rippen des Richtungsfeldes ohne Bezug zur Gegenseite . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Abb. 187: Blinder wird in Fahrzeugverkehr geleitet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Abb. 188: korrigierte Ausrichtung der Rippen des Richtungsfeldes . . . . . . . . . . . . . . . 212 Abb. 189: Noppenmuster nicht beachtet … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Abb. 190: … Korrekturrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Abbildungsverzeichnis 243 <?page no="244"?> Abb. 191: potenzielle Stolperkante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 Abb. 192: Querversatz Sonderborde---Einbaufehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Abb. 193: überstehende Distanzscheibe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 Abb. 194: Noppenplatten mit Kugelsegmenten - nicht mehr verwenden . . . . . . . . . . 217 Abb. 195: überflüssiger Pflasterstreifen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 Abb. 196: unterschiedliche Oberflächenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Abb. 197: unterschiedliche Oberflächenstruktur---Verfärbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Abb. 198: Farbunterschiede durch fehlerhafte Oberfläche bei einem Teil der gelieferten Bodenindikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Abb. 199: Farbunterschiede durch fehlerhafte Oberfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Abb. 200: Austausch notwendig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Abb. 201: Dellen durch schadhafte Schalung im Werk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Abb. 202: Schäden durch schadhafte Schalung im Werk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Abb. 203: Überstände durch mangelhafte Werkskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 Abb. 204: Abplatzungen = mangelhafte Warenkontrolle vor Auslieferung . . . . . . . . . 224 Abb. 205: abgelöste Platten eines aufgeklebten Bodenindikatorenfeldes . . . . . . . . . . . 225 Abb. 206: kein Verbund mit dem Trägerbeton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 Abb. 207: ursprüngliches Richtungsfeld, Sicht hin zur Fahrbahn . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Abb. 208: besser erkennbare Richtungsänderung nach Umbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Abb. 209: ursprüngliches Richtungsfeld, Sicht zur inneren Leitlinie . . . . . . . . . . . . . . 228 Abb. 210: besser erkennbare Richtungsänderung nach Umbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 244 Abbildungsverzeichnis <?page no="245"?> ISBN 978-3-8169-3552-0 Zur Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrsraum existiert ein umfangreiches Gesetzes- und Regelwerk. Verantwortliche sind jedoch häufig unsicher in der Vorgehensweise und Umsetzung. In der Praxis werden die Vorschriften und Gesetze daher nur rudimentär oder falsch angewendet. Gefahren und Einschränkungen für mobilitätseingeschränkte Nutzer: innen werden somit nicht nur nicht beseitigt, sondern durch falsche Umsetzung erst geschaffen. Die Autoren sind in der täglichen Arbeit mit dem Thema befasst, haben den entsprechenden Erfahrungshorizont und praktischen Hintergrund und wollen ihr Wissen weitergeben. Das Buch beschreibt mit vielen Abbildungen und anhand realer, aktueller Beispiele konkrete Probleme, zeigt Lösungen auf und warnt vor Fallstricken. Der Inhalt Planung - Ausführung - Gesetzliche Grundlagen und Anforderungen aus Sicht der Behindertenverbände Die Zielgruppe Hauptzielgruppe: Architekt: innen, Ingenieur: innen, Planer: innen, Ausschreibende, Bauleitende, bauausführende Ingenieurbüros und kommunale Dienststellen sowohl von Auftraggeberals auch Auftragnehmerseite Nebenzielgruppe(n): Lehrende an Hochschulen / Ausbildungsstätten zur Barrierefreiheit, Verbände / Interessensvertretungen / Betroffene Die Autoren Edgar Theurer, Dipl.-Ing. Bau (FH) -BDB-: Studium an der Fachhochschule Konstanz (jetzt HTWG), Verkehrs- und Straßenplaner, Mitglied der Ingenieurkammer BaWü, ehemaliger Sachgebietsleiter Werterhaltung, Barrierefreiheit und ÖPNV im Grünflächen- und Tiefbauamt der Stadt Pforzheim Amine Stirner, B. Eng.: Studium an der Hochschule Karlsruhe, Baumanagement und Baubetrieb, Bauleiter im Straßen- und Tiefbau bei Vogel-Bau GmbH Mohamed Zakzak, Dipl.-Soz. (FH): Inklusionsbeauftragter der Stadt Pforzheim