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Produktiver und rezeptiver Grammatikerwerb im schulischen Italienischunterricht

Eine Lernersprachenanalyse

0904
2023
978-3-8233-9599-7
978-3-8233-8599-8
Gunter Narr Verlag 
Katrin Schmiderer
10.24053/9783823395997

Dieser Band liefert eine empirische Untersuchung des produktiven und rezeptiven Grammatikerwerbs bei Italienisch-Schüler:innen der Sekundarstufe II. Am Beispiel der Adjektivkongruenz wird der Frage nachgegangen, ob der Grammatikerwerb sowohl bei der Sprachproduktion als auch bei der Sprachrezeption den von der Processability Theory postulierten Entwicklungsstufen folgt. Zur Identifikation der im zweiten Lernjahr erworbenen Entwicklungsstufen werden mündliche spontansprachliche Daten auf Basis von kommunikativen Aufgaben herangezogen. Zudem werden die Reaktionszeiten der Lerner:innen in einem Auditory Sentence Matching Task untersucht. Die gewonnenen Einsichten in den produktiven und rezeptiven Spracherwerb können wichtige Bezugspunkte für Italienischdidaktiker:innen und -lehrer:innen bieten.

<?page no="0"?> ISBN 978-3-8233-8599-8 Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung 28 RFU 28 Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung 28 Dieser Band liefert eine empirische Untersuchung des produk�ven und rezep�ven Gramma�kerwerbs bei Italienisch-Schüler: innen der Sekundarstufe II. Am Beispiel der Adjek�vkongruenz wird der Frage nachgegangen, ob der Gramma�kerwerb sowohl bei der Sprachproduk�on als auch bei der Sprachrezep�on den von der Processability Theory postulierten Entwicklungsstufen folgt. Zur Iden�fika�on der im zweiten Lernjahr erworbenen Entwicklungsstufen werden mündliche spontansprachliche Daten auf Basis von kommunika�ven Aufgaben herangezogen. Zudem werden die Reak�onszeiten der Lerner: innen in einem Auditory Sentence Matching Task untersucht. Die gewonnenen Einsichten in den produk�ven und rezep�ven Spracherwerb können wich�ge Bezugspunkte für Italienischdidak�ker: innen und -lehrer: innen bieten. Schmiderer Produktiver und rezeptiver Grammatikerwerb im schulischen Italienischunterricht Katrin Schmiderer Produktiver und rezeptiver Grammatikerwerb im schulischen Italienischunterricht Eine Lernersprachenanalyse <?page no="1"?> Produktiver und rezeptiver Grammatikerwerb im schulischen Italienischunterricht <?page no="3"?> Katrin Schmiderer Produktiver und rezeptiver Grammatikerwerb im schulischen Italienischunterricht Eine Lernersprachenanalyse <?page no="4"?> Diese Publikation wurde mit finanzieller Unterstützung aus den Fördermitteln des Vizerektorats für Forschung der Universität Innsbruck gedruckt. DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783823395997 © 2023 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Überset‐ zungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISSN 2197-6384 ISBN 978-3-8233-8599-8 (Print) ISBN 978-3-8233-9599-7 (ePDF) ISBN 978-3-8233-0473-9 (ePub) Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> In Erinnerung an meine Mama <?page no="7"?> 11 13 1 15 1.1 15 1.2 19 1.3 19 1.3.1 19 1.3.2 20 1.4 22 2 25 2.1 25 2.2 26 3 31 3.1 31 3.2 36 4 41 4.1 41 4.2 43 4.2.1 44 4.2.2 46 4.3 61 4.4 64 4.5 66 4.6 78 4.6.1 78 Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zielsetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Forschungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriffsklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesteuerter Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erst-, Zweit- und Drittsprache(n) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick über die Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sprachproduktion und Sprachrezeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sprachverarbeitung in der Produktion und Rezeption . . . . . . Schnittstellen zwischen Sprachproduktion und -rezeption . . . Morphosyntaktische Verarbeitung in der L2-Produktion und -Rezeption . Erwerbssequenzen im L2-Morphosyntaxerwerb . . . . . . . . . . . Morphosyntaktische Verarbeitung von L2-Input . . . . . . . . . . . Processability Theory - Sprachproduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einordnung und Grundlagen der Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . Theoretische Eckpfeiler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Sprachproduktionsmodell von Levelt (1989) . . . . . Lexikalisch Funktionale Grammatik (LFG) als linguistische Basis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die hierarchische Entwicklungsabfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterungen der Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . PT-Hierarchie für das Italienische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methodische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Distributionsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . <?page no="8"?> 4.6.2 79 4.6.3 84 4.6.4 87 5 89 5.1 90 5.2 94 5.3 103 5.3.1 103 5.3.2 107 5.3.3 108 6 115 6.1 115 6.2 123 6.3 127 6.3.1 127 6.3.2 132 6.3.3 134 6.4 137 6.4.1 137 6.4.2 141 7 145 7.1 145 7.1.1 145 7.1.2 149 7.1.2.1 149 7.1.2.2 160 7.1.2.3 174 7.1.2.4 178 7.1.3 179 7.2 184 Erwerb und emergence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Implicational scaling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an Tasks zur Elizitierung produktiver Grammatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Processability Theory - Sprachrezeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . The Integrated Encoding-Decoding Model of SLA (Lenzing 2019, 2021) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Empirische Studien zu rezeptiver Grammatik . . . . . . . . . . . . . Methodische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung des emergence criterion auf rezeptive Daten Anforderungen an Tasks zur Überprüfung rezeptiver Grammatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Evidenz aus (Auditory) Sentence Matching Tasks . . . . . . Studiendesign und Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tasks zur Elizitierung der Sprachproduktion . . . . . . . . . . . . . . Task für die Überprüfung morphosyntaktischer Verarbeitung bei der Sprachrezeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Proband*innen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schulischer Italienischunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Datenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daten aus der Sprachproduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daten aus der Sprachrezeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Analyseergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse Sprachproduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesamtüberblick über die quantitative Analyse . . . . . . Morphosyntaktische Merkmale pro Erwerbsstufe . . . . Entwicklungsstufe Kategorieprozedere . . . . . . . . . . . . . . Entwicklungsstufe Phrasales Prozedere . . . . . . . . . . . . . . Entwicklungsstufe Satzprozedere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklungsstufe Nebensatzprozedere . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung der produktiven Daten . . . . . . . . . . Ergebnisse Sprachrezeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Inhalt <?page no="9"?> 8 195 9 207 10 211 231 259 263 265 Diskussion der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt 9 <?page no="11"?> Vorwort „Language makes us human. It is an intrinsic part of us. We learn it, we use it, and we seldom think about it. But once we start thinking about it, language seems like a sheer wonder.“ (Friederici 2017, 1) Als ich eingehend über das Sprachenlernen nachzudenken begann, befand ich mich im vierten Semester meines Lehramtsstudiums, in einer fremdsprachen‐ didaktischen Lehrveranstaltung bei Barbara Hinger. Ihre Ausführungen zur Erst- und Zweitspracherwerbsforschung faszinierten und inspirierten mich und warfen Fragen auf, auf die ich Antworten finden wollte. Barbara Hinger habe ich jedoch nicht nur meinen „Erstkontakt“ zur Spracherwerbsforschung zu verdanken. Sie hat mir als Doktormutter, Chefin und Frau Entwicklungschancen aufgezeigt und Entwicklungsschritte zugetraut, von denen ich selbst oft nicht gedacht hätte, dass ich sie schaffen könnte. Für ihre kontinuierliche Begleitung und ihr großes Vertrauen in mich möchte ich ihr herzlich Danke sagen. Danken möchte ich ihr auch dafür, dass sie mich mit Anke Lenzing bekannt gemacht hat, die die Zweitbetreuung meiner Doktorarbeit übernommen hat. In der Auseinandersetzung mit Anke Lenzings Artikeln und Büchern sowie im persönlichen Gespräch mit ihr habe ich viele theoretische und methodi‐ sche Fragen des Spracherwerbs besser verstehen können und mich dabei mit meinen Fragen stets verstanden gefühlt. Für Anke Lenzings Expertise und Unterstützung im Prozess meiner Doktorarbeit bin ich überaus dankbar. Weiters möchte ich Gabriele Pallotti sowie Bruno Di Biase dafür danken, dass sie methodische Fragestellungen ausführlich mit mir diskutierten. Stefan Schneider danke ich für seine Bereitschaft, das Zweitgutachten zu erstellen, sowie für seine wertvollen Hinweise zur Veröffentlichung. Außerdem möchte ich den Reihenherausgeber*innen Daniel Reimann und Andrea Rössler für die Aufnahme in die Schriftenreihe „Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung“, sowie Kathrin Heyng vom Narr Verlag für die professionelle Betreuung danken. Meine Doktorarbeit konnte ich zu einem Zeitpunkt beginnen, zu dem es Bar‐ bara Hinger als Institutsleiterin des Instituts für Fachdidaktik gelang, zahlreiche Stellen für Doktorand*innen in einem noch jungen Forschungsbereich an der Universität Innsbruck zu schaffen. In diesem Umfeld hatte ich die Gelegenheit, mich fachlich und persönlich mit Kolleg*innen in einer ähnlichen Entwicklungs‐ phase auszutauschen. Danken möchte ich insbesondere meiner „inoffiziellen“ Forschungsgruppe mit Astrid Daucher und Bettina Tengler, mit denen ich <?page no="12"?> meine fachlichen Standpunkte diskutieren und überprüfen, aber auch Visionen entwickeln konnte; meinen (ehemaligen) Bürokolleg*innen und -nachbar*innen Benjamin Fliri, Dominik Unterthiner, Sandra Parhammer, Jasmin Peskoller, Gitti Fuchs und Sabine Kroneder für das gegenseitige Aufmuntern, die aktiven Pausen und das angenehme Drumherum; meinem Kollegen Nicola Brocca, der mir seine Stimme für das Reaktionszeitexperiment lieh; meiner Kollegin Lisi Mair, die mich bei der Entwicklung der produktiven Tasks beraten hat und Eva M. Hirzinger-Unterrainer, die mich vor allem in der letzten Phase der Dissertation sehr unterstützt hat. Margareth Graf schulde ich größten Dank für das Korrekturlesen dieser Arbeit. Bei der Durchführung der Hauptstudie an der Schule hat mich Andrea Markl mit großem Einsatz und höchster Professionalität unterstützt. Markus Martini hat mich bei der Auswahl der Software für das Reaktionszeitexperiment und bei statistischen Fragen beraten. Herzlichen Dank dafür! Ein besonderer Dank geht an alle Schüler*innen und ihre Lehrer*innen Julia Felderer und Thomas Ladstätter, die sich auf meine Studie eingelassen und mir damit sehr wertvolle Einblicke in ihre Fremdsprachenentwicklung sowie den schulischen Fremdsprachenunterricht erlaubt haben. Die Offenheit, mit denen mir Schüler*innen und Lehrer*innen begegnet sind, weiß ich sehr zu schätzen, denn sie ist alles andere als selbstverständlich. Im Laufe der letzten Jahre haben mich Rosi, Christina, Kathi, Sabi, Eva-Maria, Anna, Elisa, Andrea, Lena, Marwa, Lukas, Daniel, Dominik, Thomas und Gabriel auf unterschiedlichste Art und Weise begleitet. Für ihre Freundschaften bin ich überaus dankbar. Schließlich danke ich meinem Papa für seine vielfältige Unterstützung und seinen grenzenlosen Glauben an mich, meiner Schwester Daniela für ihren inspirierenden Blick auf die Welt und für unsere enge Verbindung, meinem Partner Christoph für seine bedingungslose Liebe und unser gegenseitiges Verständnis. Diese Arbeit widme ich meiner Mama, einer großen Frau und noch größeren Mutter, deren Liebe und deren Sprache mich in vielerlei Hinsicht zu dem gemacht haben, was ich heute bin. 12 Vorwort <?page no="13"?> Abkürzungsverzeichnis ADJ Adjunkt AP Adjektivphrase COMP Komplement DET Determinant DMFonF Developmentally Moderated Focus on Forum FEM Femininum GEND Genus GERS Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen GJT Grammaticality Judgement Task HLW Höhere Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe IP Input Processing ISLA Instructed Second Language Acquisition L1 Erstsprache(n) L2 Zweitsprache(n) L3 Drittsprache(n) LFG Lexikalisch Funktionale Grammatik MASK Maskulinum MCH Multiple Constraints Hypothesis NP Nominalphrase NUM Numerus OBJ Objekt OBL Oblique PL Plural PP Präpositionalphrase PRED semantisches Merkmal PT Processability Theory <?page no="14"?> RT Reaktionszeiten SG Singular SMT Sentence Matching Task SRDP Standardisierte Reife- und Diplomprüfung SUBJ Subjekt UG Universalgrammatik VP Verbalphrase ZISA Zweitspracherwerb Italienischer und Spanischer Arbeiter 14 Abkürzungsverzeichnis <?page no="15"?> 1 In diesem Buch werden Begriffe auf Englisch verwendet, wenn eine Übersetzung ins Deutsche eine weniger präzise Benennung der Konzepte darstellen würde. 1 Einleitung 1.1 Zielsetzungen Die Zielsetzungen der vorliegenden Arbeit ergeben sich aus zwei wesentlichen Bereichen: Erstens besteht in der L2-Forschung nach wie vor das Desiderat, Erkenntnisse der produktiven und rezeptiven Grammatikentwicklung in ein umfassendes Modell sowie in eine umfassende Spracherwerbstheorie zu inte‐ grieren. Hulstijn (2015, 41) etwa formuliert folgende Frage als Desiderat für zukünftige Forschung im Bereich der Zweitspracherwerbsforschung (L2-Er‐ werbsforschung): „How exactly are production procedures formed; how are they connected to or even dependent on receptive procedures? “ Zahlreiche For‐ scher*innen halten zudem fest, dass viele Studien nur entweder die Produktions- oder die Rezeptionsseite untersuchen, sich aber nicht mit deren (möglichen) Schnittstellen beschäftigen (vgl. u. a. De Jong 2005). Sie erkennen darin einen weitgehend untererforschten Bereich der L2-Erwerbsforschung, dessen Unter‐ suchung größere Klarheit über Gemeinsamkeiten und/ oder Unterschiede der Grammatikentwicklung in der sprachlichen Produktion und Rezeption erhoffen lässt (vgl. u.-a. Doughty/ Long 2005; R. Ellis 2008; Ortega 2009). Ein Forschungsbereich, der Fragen des Verhältnisses zwischen Sprachpro‐ duktion und Sprachrezeption schon seit einigen Jahren aufgreift sowie Er‐ klärungsansätze für die beobachteten Asymmetrien etwa zugunsten der Pro‐ duktion für morphosyntaktische Strukturen diskutiert, ist die Forschung zur Erstsprachenentwicklung von Kindern (vgl. u. a. Hendriks/ Koster 2010; Hend‐ riks 2014; Tasseva-Kurktchieva 2015; Ünal/ Papafragou 2015). In der L2-Forschung findet sich in Lenzings Integrated Encoding-Decoding Model of SLA (2019, 2021) eine kürzlich veröffentlichte Antwort auf die beschrie‐ benen Desiderate. Lenzings Modell erklärt das Verhältnis zwischen rezeptiver und produktiver Sprachverarbeitung und geht von einem von beiden Modali‐ täten genutzten grammatischen Bereich aus (shared grammatical workspace 1 , s. auch Kempen/ Olsthoorn/ Sprenger 2012, 348), der sich auf Basis der Vorhersagen der Processability Theory (PT) entwickelt. Im Rahmen dieser Theorie wurden in den letzten Jahren zudem mehrere empirische Studien durchgeführt, die <?page no="16"?> 2 Für eine Zusammenfassung italienischer Korpora inkl. Korpora von L1-Sprecher*innen s. Gerstenberg (2018). untersuchten, ob sich die von PT vorhergesagten Entwicklungsstufen sowohl in der Sprachproduktion als auch in der Sprachrezeption zeigen. Diese Studien führten jedoch zu teils stark divergierenden Ergebnissen (vgl. Buyl/ Housen 2015, 530), was weitere Untersuchungen - auch für andere Sprachen als das Englische - notwendig macht. Neben der Forderung nach einer umfassenden L2-Erwerbstheorie, die die Sprachproduktion sowie die Sprachrezeption abdeckt, stellt die Beschreibung der produktiven und rezeptiven Lernersprache (interlanguage) im schulischen Italienischunterricht das zweite wesentliche Desiderat dar, das diese Arbeit aufgreifen soll. Bereits Corder (1967, 69) forderte ein besseres Verständnis der „Sprache der/ des Lernenden“ und beschrieb Charakteristika dieses Zwischen‐ systems, das Selinker (1972) schließlich als „interlanguage“ bezeichnete und das in der Fachliteratur auch als „Lernervarietät“ betrachtet wird (vgl. u. a. Klein/ Perdue 1997; Dimroth 2013). Michler/ Reimann (2019, 298) monieren in ihrer Fachdidaktik Italienisch eine bis dato nur sehr geringe Anzahl an lernersprachen‐ bezogenen Untersuchungen in der italianistischen Fremdsprachenforschung und führen Studien von Ernst (1975), Kleppin/ Königs (1991) und Kielhöfer (1992) an, die jedoch allesamt im Bereich der Fehleranalyse und damit zwar nicht mehr im Paradigma der Kontrastivanalyse, aber auch noch nicht in der umfassenden Analyse der Lernersprache zu verorten sind (vgl. Corder 1967). Das erste und bisher wohl auch umfassendste Forschungsprojekt zur italie‐ nischen Lernersprache ist das Mitte der 1980er Jahre initiierte Progetto di Pavia (u. a. Andorno 2001; Andorno/ Bernini 2003; Giacalone Ramat 2003). Hinsichtlich der Morphosyntaxentwicklung geht aus dem longitudinalen Korpus hervor, dass Lerner*innen mit unterschiedlichen Erstsprachen dieselbe implikationale Erwerbsreihenfolge von einigen sprachlichen Strukturen aufweisen, auch wenn sie diese Erwerbsabfolge mit unterschiedlicher Geschwindigkeit durchlaufen - abhängig von unterschiedlichen beeinflussenden Faktoren wie Markiertheit der Strukturen und struktureller Distanz zwischen Erstsprache(n) und Zweitspra‐ chen sowie von extralinguistischen Faktoren wie Alter, Motivation, Input und Einstellungen zur Sprache. Neben dem Korpus Pavia bestehen für das Italienische weitere Zweitspra‐ chenkorpora 2 . Zu den bestehenden mündlichen Korpora zählen LIPS (Lessico dell’Italiano Parlato da Stranieri) und CoCer.It (Corpus della Certificazione Ita‐ liana), die Transkriptionen von mündlichen Prüfungen von Sprachzertifikaten der CILS - Certificazione di Italiano come Lingua Straniera an der Università 16 1 Einleitung <?page no="17"?> 3 Ein weiteres mündliches Korpus ist ParlaTO, ein Teilkorpus des Korpus KIParla mit 100 L1sowie L2-Sprecher*innen, die allesamt in Turin und Umgebung leben. Ziel des Korpus ist eine soziolinguistische Analyse der sprachlichen Situation in Turin (Mauri et al. 2019). 4 Eine Definition von Anfänger*innen in Abgrenzung zu leicht-fortgeschrittenen Lerner*innen und fortgeschrittenen Lerner*innen kann auf Basis des Gemeinsamen Eu‐ ropäischen Referenzrahmen für Sprachen (GERS) (Europarat 2001, 2018) vorgenommen werden. Der GERS unterscheidet das Sprachniveau A (Pre-A1, A1, A2) der elementaren Sprachverwendung, das Sprachniveau B der selbständigen Sprachverwendung (B1, B2) per Stranieri di Siena (Vedovelli et al. 2006) und der Università di Roma Tre enthalten 3 . Unter die schriftlichen Korpora fällt das Korpus VALICO (Varietà di Apprendimento della Lingua Italiana), ein Unterkorpus des Korpus Gran Valico, das eine Sammlung von Lerner*innentexten aus unterschiedlichen Lern‐ kontexten mit 44 unterschiedlichen Erstsprachen umfasst, wobei auch hier die häufigste Lerner*innengruppe jene der Studierenden an Universitäten zwischen 19 und 25 Jahren ist (Marello/ Barbera 2003). CAIL2 (Corpus di Apprendenti di Italiano L2) enthält Texte von leichtfortgeschrittenen und fortgeschrittenen Studierenden dreier Universitäten (Perugia, Prag und České Budějovice) mit 33 unterschiedlichen Erstsprachen (Spina et al. 2001); LOCCLI (Longitudinal Corpus of Chinese Learners of Italian) beinhaltet Texte von Lernenden mit Chinesisch als Erstsprache, die einen 6bis 8-monatigen Sprachkurs an der Università per Stranieri di Perugia besuchten (Spina/ Siyanova-Chanturia in Vorbereitung). Zu Korpora mit sowohl schriftlichen als auch mündlichen Daten können ADIL2 (Archivio Digitale Italiano L2) mit Daten von Teilnehmer*innen von Sprachkursen an der Università per Stranieri di Siena mit 27 unterschiedlichen Erstsprachen (Palermo 2005) aus Querschnitt- und Längsschnittperspektive ge‐ zählt werden sowie das Korpus COLI (Corpus of Chinese Learners of Italian) mit Daten von fortgeschrittenen Studierenden der Università per Stranieri di Perugia (L1 Chinesisch). Schließlich wurden am Forschungsinstitut EURAC Research in den letzten Jahren drei schriftliche Korpora mehrsprachiger Lerner*innen erhoben: Das Korpus MERLIN umfasst Texte erwachsener Lerner*innen des Deutschen, Italienischen und Tschechischen (Boyd et al. 2014); LEONIDE ist ein longitudinales Korpus mit italienisch-, deutsch- und englischsprachigen Texten von Lerner*innen der Sekundarstufe I (Glaznieks et al. 2022); KOLIPSI (KOLIPSI 1 und 2) umfasst ein Korpus aus italienisch- und deutschsprachigen Texten von Lerner*innen der Sekundarstufe II (Glaznieks et al. in Vorbereitung). Dieser kursorische Überblick zeigt, dass kaum mündliche Daten zu schuli‐ schen Italienischlerner*innen und damit einhergehend - mit Ausnahme der Kor‐ pora KOLIPSI und LEONIDE für schriftliche Textsammlungen - kaum Daten zu jüngeren Lerner*innen verfügbar sind. Die Zielgruppen Anfänger*innen 4 sowie 1.1 Zielsetzungen 17 <?page no="18"?> und das Sprachniveau C (C1, C2) der kompetenten Sprachverwendung. Wenn in der hier vorliegenden Arbeit also von Anfänger*innen gesprochen wird, sind Lerner*innen mit einem Sprachniveau A gemeint, das in seiner genaueren Unterteilung bis maximal A2+ reicht. 5 Im 2. Lernjahr wird laut dem österreichischen Lehrplan für Höhere Lehranstalten für wirtschaftliche Berufe (HLW) das GERS-Niveau A2 angestrebt (s. Abschnitt 6.3.3 Schulischer Italienischunterricht) (vgl. BMBWF 2021). jüngere Lerner*innen stellen im Vergleich zu fortgeschrittenen Lernenden und erwachsenen Lerner*innen in der L2-Forschung insgesamt, unabhängig von der untersuchten Sprache, deutlich weniger erforschte Zielgruppen dar (vgl. Roos 2007; Sagarra/ Herschensohn 2011, 89; Lenzing 2013). Die gleichzeitige Untersuchung der Grammatikentwicklung bei der Sprach‐ rezeption und bei der Sprachproduktion ist für Anfänger*innen von besonderer Bedeutung: Vor allem bei dieser Zielgruppe kann eine reine Untersuchung von Produktionsdaten problematisch sein, zumal sich deren Sprachproduktion anfangs oftmals auf chunks beschränkt, die nicht den tatsächlichen Erwerb eines bestimmten Merkmals widerspiegeln, sondern als unanalysierte Einheiten aus dem Input aufgenommen werden. Produktionsdaten bei Anfänger*innen können somit zu einer Überschätzung der Sprachverarbeitung der Lerner*innen führen (vgl. Roberts 2012, 114). Gleichzeitig kann die Sprachverarbeitung von Anfänger*innen über das hinausgehen, was diese Lerner*innen in spontan‐ sprachlichen Produktionsaufgaben produzieren oder in metalinguistischen Auf‐ gaben bewerten können (vgl. ebd.; Verhagen 2011, 822; s. dazu auch empirische Evidenz aus Grüter 2005/ 2006). Daraus ergibt sich die Forderung nach Rezept‐ ionsdaten, die zusätzlich zu Produktionsdaten herangezogen werden. Für die Untersuchung der italienischen Lernersprache fordern Michler/ Reimann (2019, 298) „freie lernersprachliche Produktionen (zB Erzählungen ausgehend von einem Stimulus)“ als „Ergänzung von geschlossenen Untersuchungsformaten“. Der Fokus liegt hier nach wie vor auf der produktiven Lernersprachenent‐ wicklung; Fragen zur rezeptiven Lernersprachenentwicklung bzw. möglicher Schnittstellen und/ oder Unterschiede werden gar nicht erst gestellt. Während also in der internationalen L2-Forschung einerseits die Forderung nach einer umfassenden, empirisch überprüfbaren Spracherwerbstheorie, die Sprachpro‐ duktion und -verständnis abdeckt, erhoben wird, liegt gleichzeitig in der italia‐ nistischen Fremdsprachenforschung noch der Bedarf nach einer Beschreibung der produktiven italienischen Lernersprache vor. Beide Desiderate sollen in der vorliegenden Arbeit aufgegriffen werden und am Beispiel der attributiven und prädikativen Adjektivkongruenz bei Schüler*innen der Sekundarstufe II in ihrem zweiten Lernjahr 5 untersucht 18 1 Einleitung <?page no="19"?> 6 VanPatten (2017, 55) fordert für ISLA-Forschung, dass diese zumindest in zwei theoreti‐ sche Rahmen eingebettet sein muss: „by a theory of language or mental representation“ und „by a theory of second language acquisition […], including some kind of theory of input processing and some kind of account of internal constraints.“ werden. Dass die vorliegende Studie dabei theoriegeleitet („theoretically“) vorgeht, wie von VanPatten (2017, 55) in seinem Aufsatz zu „Situating instructed language acquisition: facts about second language acquisition“ gefordert 6 , ergibt sich durch die Fragestellungen selbst, die explizit in einem spracherwerbstheo‐ retischen Rahmen eingebettet sind und im Anschluss präsentiert werden. 1.2 Forschungsfragen Aus den unter Abschnitt 1.1 dargestellten Desideraten ergibt sich folgende Hauptforschungsfrage, die gleichzeitig den theoretischen Rahmen der vorlie‐ genden Arbeit widerspiegelt (vgl. Albert/ Marx 2014): Folgt der produktive und rezeptive Grammatikerwerb bei Italienisch L3-Schüler*innen der Sekundarstufe II denselben von der Processability Theory postulierten Entwicklungsstufen? Zur Beantwortung der Hauptforschungsfrage werden mehrere Unterfor‐ schungsfragen formuliert: F1: Spiegeln spontansprachliche Produktionsdaten von Italienisch L3-Schüler*innen die von PT postulierten Entwicklungsstufen wider? F2: Spiegeln spontansprachliche Produktionsdaten von Italienisch L3-Schüler*innen den Erwerb der attributiven Adjektivkongruenz vor dem Erwerb der prädikativen Adjektivkongruenz wider? F3: Zeigen Reaktionszeitdaten von Italienisch L3-Schüler*innen abhängig von ihrer Entwicklungsstufe Grammatikalitätseffekte für attributive und prädikative Ad‐ jektivkongruenz? 1.3 Begriffsklärungen 1.3.1 Gesteuerter Kontext Wie aus den Forschungsfragen hervorgeht, kann die vorliegende Arbeit im Bereich der Instructed Second Language Acquisition (ISLA) verortet werden. Als wesentliche Impulse für diesen Bereich können schon die Publikationen von 1.2 Forschungsfragen 19 <?page no="20"?> Corder (1967) und Selinker (1972) angesehen werden, die sich als erste der für ISLA zentralen Frage widmen, wie sich Unterricht auf den Spracherwerb und auf die Entwicklung der Lernersprache unterschiedlicher Zielgruppen aus‐ wirkt. Unterricht muss dabei breit im Sinne von systematischer Beeinflussung der Spracherwerbsprozesse und der Lernumgebung durch Lehrpersonen (vgl. Loewen/ Sato 2017, 2), Peers oder Unterrichtsmaterialien verstanden werden, wie es auch auf der Website der 2017 begründeten Zeitschrift Instructed Second Language Acquisition formuliert wird: „Instructed second language acquisition is a sub-field of second language acquisition which investigates L2 development when the learning processes are influenced, or at least intended to be influenced, by teachers, classmates or pedagogic materials“ (Benati/ Nuzzo 2017). Die vor‐ liegende Untersuchung muss insofern als Forschungsarbeit im Bereich ISLA charakterisiert werden, als sie die Untersuchung von rezeptiver und produk‐ tiver Lernersprachenentwicklung bei Italienischschüler*innen im gesteuerten Kontext der Sekundarstufe II vorsieht und somit die von Benati/ Nuzzo (2017) genannten Einflussfaktoren im Forschungsprozess kontinuierlich mitgedacht werden müssen. Neben der Erhebung spontansprachlicher mündlicher Daten sowie rezeptiver Daten durch die Messung von Reaktionszeiten bei der Verarbei‐ tung von mündlichen Stimuli wurden daher auch begleitende Erhebungen zum schulischen und außerschulischen Kontakt der Schüler*innen mit der jeweiligen Sprache sowie zu deren Sprachenbiographien mittels einer Fragebogenerhe‐ bung durchgeführt. Eine Analyse des im Unterricht verwendeten Lehrwerks (s. Abschnitt 6.3.3) hinsichtlich der untersuchten morphosyntaktischen Strukturen wurde ebenfalls vorgenommen. 1.3.2 Erst-, Zweit- und Drittsprache(n) Spracherwerb im schulischen Kontext ist heute immer im Kontext von Mehr‐ sprachigkeit zu denken und „umfasst Sprachaneignungsprozesse in zwei oder mehr Sprachen unter unterschiedlichen Erwerbsbedingungen“ (Ballweg 2019, 265). Dabei müssen mehrere Begriffe unterschieden und kurz definiert werden: Die Erstsprachen der Lerner*innen werden in der vorliegenden Arbeit unter dem Begriff „L1“ zusammengefasst, wobei L1 auch mehr als eine Erstsprache umfassen kann. Unter „L2“ werden in der traditionellen Zweitspracherwerbs‐ forschung alle Sprachen, die nicht Erstsprachen sind (vgl. Hammarberg 2010, 91) und damit alle Sprachen, die nicht in der frühen Kindheit erworben wurden, 20 1 Einleitung <?page no="21"?> 7 Die Unterscheidung Erwerben-Lernen geht auf Krashens (1982) Acquisition-Learning Hypothese zurück. 8 Als Kriterium für den cut-off-Punkt wird in der gängigen Fachliteratur das Alter herangezogen, beispielsweise bei McLaughlin (1984, 10) drei Jahre. Damit stuft er einsetzenden Spracherwerb bis zum Lebensalter von drei Jahren als L1-Erwerb ein. 9 ZB The International Conference on Third Language Acquisition and Multilingualism (vgl. Cenoz 2013, 72). 10 ZB International Journal of Multilingualism (vgl. Cenoz 2013, 72). 11 Dewaele (2018, 238) schlägt anstatt von L2 den Begriff LX vor und meint damit „any foreign language acquired after the age at which the first language(s) was acquired, that is after the age of 3 years, to any level of proficiency“. LX kommt konzeptuell der dichotomen Unterscheidung L1 vs. L2 zwar nahe, ist aber „wertneutral“ (ebd.) gedacht und soll primär zwischen jenen Sprachen, die aufgrund ihres frühen Erwerbsalters als L1(s) erworben werden und allen weiteren LX(s) differenzieren. gefasst (Mitchell/ Myles/ Marsden 2019, 1). Zweitsprachenerwerb oder -lernen 7 beinhaltet damit das Erlernen jeder beliebigen Sprache, das zeitlich nach dem Erwerb der Erstsprache(n) erfolgt (ebd.) 8 . Mitchell et al. (ebd.) begründen diese Kategorisierung damit, dass sich die zugrundeliegenden Sprachlernprozesse beim Erlernen unterschiedlicher Sprachen nach der/ den Erstsprache(n) grund‐ sätzlich nicht unterscheiden, wenngleich die Lernziele sowie der Lernkontext anders sind. Mit dem zunehmenden Interesse für Mehrsprachigkeits- und Drittsprachen‐ forschung spätestens seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts und der Etablierung des Forschungsbereichs Third Language Acquisition (TLA) mit eigenen Ta‐ gungen 9 und Fachzeitschriften 10 (Cenoz 2013, 71; De Bot/ Jaensch 2015, 130) wird eine Ausdifferenzierung des Begriffs L2 11 und L2-Erwerb vor allem hinsichtlich der mehrsprachigen Vorerfahrungen der Lerner*innen immer wichtiger (vgl. De Angelis 2007, 3 ff.; Hammarberg 2010, 93). Trotzdem liegen auch in diesem Be‐ reich unterschiedliche Definitionen, etwa von Drittsprache, vor. Hammarberg (2010) gibt einen Überblick über verschiedene Definitionsansätze: Zunächst benennt er das lineare Modell, in dem alle Sprachen in der chronologischen Abfolge ihres ersten Kontakts gereiht und entsprechend mit L1, L2, L3, L4 etc. bezeichnet werden. Die lineare zeitliche Anordnung bringt jedoch mehrere Her‐ ausforderungen mit sich, die der Komplexität des Phänomens Mehrsprachigkeit an sich geschuldet sind (für Details s. Hammarberg 2010, 94). Davon grenzt Hammerberg (ebd.) die dichotome Unterscheidung in L1 oder L2 (s. oben) sowie die genauere Unterscheidung zwischen dem Erwerb einer ersten L2 und weiteren L2s ab, die häufig unter dem Begriff der L3 oder der „third or additional language“ (De Angelis 2007) zusammengefasst werden (vgl. auch Strathmann 2019, 415). Cenoz (2013, 71) definiert die L3 damit wie folgt: 1.3 Begriffsklärungen 21 <?page no="22"?> „the language acquired chronologically after the first and the second or after the two first languages in the case of early bilinguals“. Dieser Ansatz, der laut Hammerberg (2010, 95) eine Modifikation des linearen Modells ist, wird theoretisch vor allem damit begründet, dass sich die Basis für Spracheneinfluss von der L2 zur L3 unterscheidet (vgl. u. a. Cenoz/ Huf‐ eisen/ Jessner 2001) und Lerner*innen bei einer weiteren L2 über zusätzliche Sprachlernstrategien (vgl. Hufeisen 2020) verfügen. Dass über die L3 hinaus‐ gehend in diesem Ansatz keine weiteren Kategorisierungen vorgenommen werden, wird mit dem Tertiärspracheneffekt begründet, der den L3-Erwerb vom L2-Erwerb qualitativ unterscheidet, für den Erwerb einer weiteren Sprache im Vergleich zur L3 aber nur einen Unterschied hinsichtlich der Quantität an Sprachlernvorerfahrungen sieht (vgl. Hufeisen 2020, 77). Als weiteren Definitionsversuch bzw. Spezialfall einer L2 nennt Hammarberg (2010, 97) die Definition einer Drittsprache als „non-native language which is currently being used or acquired in a situation where the person already has knowledge of one or more L2s in addition to one or more L1s“. Die aktuelle L3 muss dabei die neueste oder aktuellste Sprache hinsichtlich des ersten Kontakts sein (ebd.). Das Italienische wird im regionalen Kontext der hier präsentierten Studie typischerweise als „2. lebende Fremdsprache“ nach Englisch unterrichtet und gelernt. Sie könnte damit nach den soeben präsentierten Definitionsansätzen sowohl als L2 als auch als L3 bezeichnet werden. Eine eindeutige Kategorisie‐ rung nach dem linearen Modell ist jedoch nicht möglich, weil Lerner*innen unterschiedliche individuelle Sprachenrepertoires in den schulischen Unterricht mitbringen und sich diese im Laufe der Zeit auch verändern können (s. Abschnitt 6.3.2 zur Sprachenbiografie der Proband*innen, vgl. auch Rothmann 2010, 116). 1.4 Überblick über die Arbeit Diese Arbeit setzt sich aus sechs wesentlichen Kapiteln zusammen. Nach dem einleitenden Kapitel werden in Kapitel 2 „Sprachproduktion und Sprachrezep‐ tion“ grundlegende Fragen zur Sprachverarbeitung in der Sprachrezeption- und produktion aus Sicht der Psycholinguistik und der L2-Verarbeitungsforschung bearbeitet. So werden zunächst definitorische Fragen geklärt und es wird der Frage nachgegangen, wie sich die L1- und L2-Verarbeitung unterscheiden. In einem weiteren Schritt werden Schnittstellen zwischen (L2-)Sprachproduktion und (L2-)Sprachrezeption anhand separater und integrierter Ansätze kurz dargestellt. 22 1 Einleitung <?page no="23"?> Danach werden in Kapitel 3 wesentliche Fragen der morphosyntaktischen Verarbeitung in der L2-Produktion und Rezeption in den Blick genommen. Dabei wird auch eine Übersicht über die Erforschung von Entwicklungsstufen im Morphosyntaxerwerb präsentiert sowie auf Prinzipien der Inputverarbei‐ tung anhand von VanPattens Modell des Input Processing eingegangen. In Kapitel 4 und 5 wird der theoretische Rahmen der Arbeit, die Processabi‐ lity Theory, wiederum hinsichtlich Sprachproduktion (Kapitel 4) und Sprach‐ rezeption (Kapitel 5) präsentiert. In beiden Kapiteln werden zunächst wesent‐ liche Aussagen der Theorie zur Sprachproduktion bzw. zur Sprachrezeption dargelegt, danach werden empirische Befunde - soweit für die italienische Lernersprache verfügbar - zusammengefasst. Im Anschluss werden jeweils methodische Fragen - darunter vor allem die Frage nach der Anwendung eines emergence criterion - für die Untersuchung der Sprachproduktion respektive der Sprachrezeption diskutiert und Kriterien für produktive und rezeptive Aufgaben abgeleitet. In Kapitel 4 werden außerdem die psychologischen und linguistischen Grundlagen der Processability Theory erläutert und die in der hier vorliegenden Studie relevanten Strukturen auf Basis der linguistischen Theorie der Lexikalisch Funktionalen Grammatik dargestellt. Dieser Teil ist als selbstständiger Teil zu verstehen, der von Leser*innen mit didaktischem Fokus auch übersprungen werden kann. Daran anknüpfend folgt der empirische Teil dieses Buchs. In Kapitel 6 wird das Design der durchgeführten Studie vorgestellt, der Ablauf der Daten‐ erhebung, die Proband*innen und deren schulischer Fremdsprachenunterricht werden beschrieben und die Datenanalyse wird im Detail erläutert. Danach werden in Kapitel 7 die Analyseergebnisse zunächst getrennt für die Sprach‐ produktion und die Sprachrezeption präsentiert. In Kapitel 8 folgt der Diskus‐ sionsteil, bei dem die Ergebnisse für die Sprachrezeption auch mit Ergebnissen anderer Studien zum Entwicklungsstand im zweiten Lernjahr schulischen Fremdsprachenunterrichts abgeglichen werden und die Ergebnisse für die Sprachproduktion mit den Ergebnissen zur Sprachrezeption zusammengeführt werden, was schließlich zur Beantwortung der Forschungsfragen führt. 1.4 Überblick über die Arbeit 23 <?page no="25"?> 12 Über diese Unterscheidung hinaus differenzieren VanPatten/ Jegerski (2010, 5) zwischen zwei unterschiedlichen Perspektiven auf Sprachverarbeitung: Erstens kann diese als Teil des Erwerbsprozesses von formalen Aspekten einer Sprache gesehen werden und beschreiben, wie Lerner*innen ein sprachliches System entwickeln. Damit ist processing die Vermittlung zwischen dem sprachlichen Input und den dem*r Lerner*in inhärenten Sprachverarbeitungsmechanismen oder anders formuliert das „making form-meaning/ function connections during real time comprehension“ (VanPatten 2004, 7). Zweitens kann Sprachverarbeitung als grammatisches Wissen, das für Verstehen‐ sprozesse notwendig ist bzw. ihnen zugrunde liegt, definiert werden. 2 Sprachproduktion und Sprachrezeption 2.1 Sprachverarbeitung in der Produktion und Rezeption Sowohl in der Psycholinguistik im Allgemeinen als auch in der L2-Verarbei‐ tungsforschung im Besonderen wird üblicherweise zwischen Sprachproduktion und Sprachrezeption unterschieden (vgl. Hopp/ Schimke 2018, 3). In beiden Mo‐ dalitäten werden unterschiedliche Ebenen der Sprachverarbeitung, beispiels‐ weise die Wortverarbeitung und die Satzverarbeitung untersucht. Dabei wird in der englischsprachigen Fachliteratur häufig begrifflich zwischen processing und parsing unterschieden. VanPatten/ Jegerski (2010, 5) sehen processing als Überbegriff, der alle Verarbeitungsschritte während der Inputverarbeitung erfasst und damit sowohl die Verarbeitung von Syntax, Morphologie und Lexik als auch deren Schnittstellen miteinschließt. Parsing hingegen sei tra‐ ditionellerweise enger zu interpretieren und werde fast ausschließlich für syntaktische Verarbeitung verwendet (ebd.). Wenngleich diese Arbeit die mor‐ phosyntaktische Verarbeitung (parsing) fokussiert, können weitere Aspekte der Sprachverarbeitung nicht außen vorgelassen werden, weshalb auch der Begriff des processing bzw. der Sprachverarbeitung verwendet wird. Von processing  12 grenzen VanPatten/ Jegerski (2010) wiederum das perceiving sowie das noticing einer Form klar ab. Perceiving besteht ihnen zufolge im Wahrnehmen jedes beliebigen akustischen Signals im mündlichen Input noch vor der Zuweisung von Bedeutung. Noticing meint hingegen das bewusste Wahrnehmen von etwas Neuem, bisher noch nicht Wahrgenommenen, im sprachlichen Input. Im Hinblick auf die Untersuchung, wie L2-Lerner*innen ein produktives und rezeptives Grammatiksystem entwickeln, stellt sich die Frage, inwiefern sich die Sprachverarbeitung von L2-Lerner*innen von L1-Sprecher*innen un‐ terscheidet. Darauf fanden sich in den letzten Jahren Antworten, die sich in zwei <?page no="26"?> grundlegenden Ansätzen zusammenfassen lassen: Jene, die postulieren, dass die Prozesse in der L1- und L2-Satzverarbeitung „qualitativ identisch“ (Hopp 2018, 142) sind, sich die L2-Verarbeitung jedoch durch weniger automatisierte und langsamere Prozesse etwa beim Zugriff auf lexikalische Informationen von der L1-Verarbeitung unterscheidet; sowie jene, die annehmen, dass sich L1- und L2-Verarbeitung auch qualitativ unterscheiden. Zweitere Ansätze wie‐ derum liefern verschiedene Erklärungen für die unterschiedliche Verarbeitung: Während v.-a. Clahsen/ Felser (2006, 2018) in ihrer Shallow Structure Hypothesis davon ausgehen, dass L2-Lerner*innen im Echtzeitverständnis weniger auf morphosyntaktische Informationen und mehr auf lexikalische, semantische und kontextuelle Hinweise zurückgreifen als L1-Sprecher*innen, begründet Ullman (2005, 2020) in seinem Declarative-Procedural Model die qualitativen Unterschiede damit, dass prozedurales Wissen, welches für die Verarbeitung von grammatischen Strukturen zwangsläufig notwendig ist, nur bei weit fort‐ geschrittenen L2-Lerner*innen zugänglich ist. Jiang (2004, 2007) erklärt die Unterschiede - speziell für die Verarbeitung von Flexionsmorphologie - damit, dass Flexionsmorpheme - wenn sie nicht auch in der L1 der Lerner*innen existieren - „nicht inkrementell integriert werden [können]“. Schließlich liefert Sorace (2011) mit der Schnittstellenhypothese Erklärungen für sprachliche Merkmale wie die Interpretation von Pronomen, Topikalisierung etc., bei denen Informationen von unterschiedlichen sprachlichen Ebenen zusammengeführt werden müssen. Die Schnittstellenhypothese geht davon aus, dass die Integra‐ tion der verschiedenen Ebenen in der Echtzeitverarbeitung bei L2-Lerner*innen nicht immer gelingt (vgl. auch Hopp/ Schimke 2018, 9). 2.2 Schnittstellen zwischen Sprachproduktion und -rezeption Sprachproduktion und Sprachrezeption werden traditionell meist separat für unterschiedliche sprachliche Ebenen modelliert (vgl. Hopp/ Schimke 2018, 3). Dies zeigt sich auch in der Struktur zahlreicher psycholinguistischer Handbü‐ cher, in denen es separate Kapitel für Sprachverständnis und Sprachproduktion gibt, zB separate Kapitel für „Comprehension“ und „Production and control“ im Handbook of Bilingualism (Kroll/ de Groot 2009), „Comprehension and discourse“ und „Language production“ im Oxford Handbook of Psycholinguistics (Gaskell 2009) oder auch „Comprehension“ und „Production“ im Handbook of Psycholin‐ guistics (Fernández/ Smith Cairns 2017). Die beiden Modalitäten werden auch empirisch häufig unabhängig voneinander untersucht (vgl. Verhagen 2011, 26 2 Sprachproduktion und Sprachrezeption <?page no="27"?> 821), wenngleich - wie Pickering/ Garrod (2013, 328) erwähnen - bei der separat intendierten Untersuchung von Sprachproduktion und Sprachrezeption aufgrund der gewählten Forschungsmethodik oftmals doch beide Modalitäten involviert sind. So ist beispielsweise bei einer Satzergänzungsaufgabe, die für die Erklärung von Sprachproduktion verwendet wird, auch Sprachverständnis inkludiert. Als Argumente für die duale Architektur der menschlichen Sprachverar‐ beitung (dual-processor architecture) werden zunächst die unterschiedlichen Anforderungen von Sprachproduktion und -rezeption genannt: So ist etwa das Interpretieren von Mehrdeutigkeiten für die Sprachproduktion weniger relevant als für die Sprachrezeption, umgekehrt ist die Kombinierbarkeit von Lemmata und die Herstellung der Satzstellung für die Sprachproduktion von weit größerer Bedeutung. Als weiteres Argument für zwei unterschiedliche Verarbeitungssysteme wird die Fähigkeit von Sprecher*innen, ihre eigenen Äu‐ ßerungen zu kontrollieren und zu korrigieren (self-monitoring), genannt. Dabei wird davon ausgegangen, dass das Monitoren über das Verarbeitungssystem der Sprachrezeption abläuft. Darüber hinaus wurden lange Zeit Forschungser‐ gebnisse aus dem Bereich der Aphasie-Forschung herangezogen, die zu belegen schienen, dass das Broca-Areal für die Sprachproduktion, das Wernicke-Areal hingegen für die Sprachrezeption zuständig sei. Diese Trennung der Zuständig‐ keiten verschiedener Hirnareale unterstützte ebenfalls die Vorstellung eines dualen Systems. Neuere Erkenntnisse aus der Neurolinguistik zeigen jedoch, dass das Broca-Areal sowohl Aspekte des Enkodierens als auch des Dekodierens übernimmt (vgl. Friederici 2017). Schließlich wird aus der Erwerbsperspektive ein weiteres Argument für die Existenz zweier Verarbeitungssysteme vorge‐ bracht. Dieses fußt darauf, dass sich Fähigkeiten der Sprachproduktion und -rezeption nicht simultan zu entwickeln scheinen und die Rezeption der Pro‐ duktion im Spracherwerb meist vorausgeht, wenngleich es auch Gegenbeispiele für Asymmetrien zugunsten der Produktion gibt (vgl. u. a. Hendriks/ Koster 2010; Hendriks 2014; Tasseva-Kurktchieva 2015; Ünal/ Papafragou 2015). Die genannten Punkte (s. auch Kempen 1999, 5 f.) müssen in der Debatte sicherlich berücksichtigt werden, lassen jedoch nicht zwangsläufig den Schluss zu, dass die beiden Modalitäten in zwei verschiedenen Systemen operieren, und schließen eine integrierte Position (single-processor architecture) nicht aus. In den letzten Jahren finden sich in der Psycholinguistik einige Forschungs‐ ansätze, die ebendiese integrierte Position als Gegenposition zur lange Zeit ver‐ breiteten Position der zwei unterschiedlichen Verarbeitungssysteme einnehmen und die Interaktion zwischen Sprachproduktion und -rezeption damit direkt adressieren (vgl. MacDonald/ Hsiao 2018, 185). Als eine der umfassendsten Theo‐ 2.2 Schnittstellen zwischen Sprachproduktion und -rezeption 27 <?page no="28"?> 13 Auch MacDonald (2013) geht in ihrem Production-Distribution-Comprehension Account (PDC) von Interaktionen zwischen Sprachproduktion und -verständnis aus. Sie identifi‐ ziert wesentliche Prinzipien der Sprachproduktion und zeigt, wie diese die Distribution von produzierten sprachlichen Formen und in weiterer Folge die Sprachrezeptionspro‐ zesse beeinflussen. 14 Auch im Gegensatz zum verbreiteten Sprachproduktionsmodell von Levelt, das als Produktionsmodell Rezeptionsprozesse zwar in Form von Selbstkontrolle der Äuße‐ rungen aufnimmt (siehe Abschnitt 4.2.1), die Rezeptionsprozesse aber nicht für die Satzverarbeitung selbst mitdenkt. rien dazu ist die Integrated Theory of Language Production and Comprehension von Pickering/ Garrod (2013) zu nennen 13 . Die Grundmotivation dieses Ansatzes liegt in der dialogischen Natur der Sprachverwendung, die durch schnelle Sprecherwechsel (turns) charakterisiert ist (vgl. Gambi/ Pickering 2017, 173). Pickering/ Garrod (2013) sehen Sprach‐ produktion und -rezeption auf verschiedenen sprachlichen Ebenen als stark verwoben und argumentieren, dass diese Verwobenheit auf der Fähigkeit der Sprecher*innen basiert, ihre eigenen Aussagen sowie jene ihres Gegenübers vorherzusagen. Sprachproduktion ist für sie eine Form der Handlung, Sprach‐ verständnis eine Form der Wahrnehmung der Handlung. Diese Verwobenheit übertragen sie auf die Sprachverarbeitung selbst 14 . In ihrer Integrated Theory of Language Production and Comprehension schlagen sie daher vor, dass Spre‐ cher*innen in der Sprachproduktion routinemäßig auf Rezeptionsprozesse zu‐ greifen können und umgekehrt: „[W]e propose that comprehension processes are routinely accessed at different stages in production, and that production processes are routinely accessed at different stages in comprehension.“ (Pi‐ ckering/ Garrod 2013, 332) Zentrale Bedeutung kommt in ihrem Modell der Fähigkeit der Vorhersage (prediction) sowohl bei der Produktion als auch bei der Rezeption zu. Um als Sprecher*in die eigenen Aussagen vorherzusagen, braucht es sowohl Produktionsals auch Verstehensprozesse, dasselbe gilt für die Vorhersage der Aussagen des Gegenübers (ebd., 332). Auch Kempen (2000) schlägt eine integrierte Position zur produktiven und rezeptiven Satzverarbeitung vor, genauer gesagt zum grammatischen Enko‐ dieren und Dekodieren (single-processor architecture). Aus der Sicht einer dualen Architektur der menschlichen Sprachverarbeitung gibt es zwei voneinander unabhängige Modalitäten, die nur deklarative Ressourcen (Lexikon und Gram‐ matik) teilen, denen aber unterschiedliche Verarbeitungsoperationen zugrunde liegen. Das heißt, dass grammatische Strukturen in der Produktion und Rezep‐ tion in unterschiedlichen Arbeitsbereichen (dedicated workspaces) verarbeitet und kurzfristig gespeichert werden. In der Perspektive einer integrierten Ar‐ chitektur der Sprachverarbeitung, wie jener von Kempen (2000) und Kempen 28 2 Sprachproduktion und Sprachrezeption <?page no="29"?> 15 Kempen et al. (2012) bestätigen ihre Annahmen auch empirisch. Eine duale Archi‐ tektur würde vorhersagen, dass verschiedene grammatikalische Formen, die aus dem Enkodieren und Dekodieren stammen, bearbeitet werden können und dabei nicht zwischen den Aufgaben und den beteiligten grammatischen Formen gewechselt werden muss. Eine integrierte Architektur mit einem gemeinsamen Arbeitsbereich hingegen würde davon ausgehen, dass für die gleichzeitige Bearbeitung zweier unterschiedlicher grammatischer Formen aus dem En- und Dekodieren ein Wechsel zwischen den Auf‐ gaben und den beteiligten Formen nötig ist. In ihrer empirischen Überprüfung wählen Kempen et al. (2012) Versuchsanordnungen, in denen schnelle Wechsel zwischen Enkodierungs- und Dekodierungsprozessen notwendig sind, so beim Korrekturlesen und Paraphrasieren. et al. (2012), hingegen teilen sich die beiden Modalitäten viele der Verarbei‐ tungsressourcen und ein einzelner Arbeitsbereich ist für die Verarbeitung und kurzfristige Speicherung von grammatischen Strukturen sowohl in der Produktion als auch in der Rezeption zuständig. Dieser Arbeitsbereich wird als „single shared workspace“ (Kempen et al. 2012, 348) bezeichnet 15 . In der L2-Verarbeitungsforschung wurde schließlich kürzlich ein integriertes Modell vorgestellt. Im Integrated Encoding-Decoding Model of SLA geht Lenzing (2019, 2021) aufbauend auf Kempen et al. (2012) auch für die L2-Satzverarbei‐ tung von einem einzigen syntaktischen Prozessor aus, der für grammatisches Enkodieren und Dekodieren zuständig ist und sich schrittweise nach den Vorhersagen der PT entwickelt (Lenzing 2021, 90). Das Modell wird in Abschnitt 5.1. im Detail vorgestellt. Während in den letzten Jahren also vermehrt eine integrierte Position zur Satzverarbeitung eingenommen wird, scheint sowohl in der allgemeinen Sprachverarbeitungsforschung als auch in der L2-Forschung schon länger Konsens über einige Gemeinsamkeiten der Sprachproduktion und -rezeption zu bestehen. So ist man sich einig, dass Sätze sowohl bei der Sprachproduktion als auch bei der Sprachrezeption inkrementell verarbeitet werden (vgl. Keating 2010, 114; Hopp/ Schimke 2018, 2). Bei der Produktion einer Äußerung werden Informationen schrittweise vom Konzeptualisierer zum Artikulierer (s. Levelts Sprachproduktionsmodell in Abschnitt 4.2.1) weitergegeben, ebenso wird beim Verstehen eines Satzes nicht gewartet, bis der Satz vollständig artikuliert wird, um mit der Dekodierung und Interpretation zu beginnen (vgl. Keating 2010, 114). Einigkeit scheint auch darüber zu herrschen, dass Sprachproduktions- und Sprachrezeptionsprozesse auf dieselbe, zentrale Wissensbasis zurückgreifen, die aus dem Lexikon und syntaktischen Regeln besteht (vgl. Friederici/ Levelt 1988; Friederici 2017, 89). In weiterer Folge soll nun ein Überblick über die morphosyntaktische Ver‐ arbeitung in der L2-Produktion und -Rezeption gegeben werden. Ziel der 2.2 Schnittstellen zwischen Sprachproduktion und -rezeption 29 <?page no="30"?> L2-Verarbeitungsforschung ist es, die Sprachverarbeitung mehrsprachiger Spre‐ cher*innen „systematisch zu verstehen und zu modellieren“ (Hopp/ Schimke 2018, 4). Dafür wird in Kapitel 3 zunächst ein historischer Abriss zur Model‐ lierung der Lernersprache vor allem hinsichtlich lernersprachlicher Zwischen‐ schritte präsentiert, bevor in einem zweiten Schritt Prinzipien der L2-Input-Ver‐ arbeitung dargestellt werden. 30 2 Sprachproduktion und Sprachrezeption <?page no="31"?> 16 Für eine Zusammenfassung s. Special Issue (2015) „Orders and Sequences in the Acquisition of L2 Morphosyntax, 40 Years On“ im Journal Language Learning 65/ 1. 3 Morphosyntaktische Verarbeitung in der L2-Produktion und -Rezeption Wie einleitend erwähnt, lag der Fokus der L2-Erwerbsforschung lange Zeit auf der Beschreibung der Sprachproduktion. Eine der zentralen Fragen dabei lautete, ob und in welchem Ausmaß lernersprachliche Zwischenschritte oder Entwicklungsstufen den Morphosyntaxerwerb bei L2-Lerner*innen unabhängig von deren L1, dem Lernsetting und anderen Lerner*inneneigenschaften wie Alter, Literalität oder Motivation leiten (vgl. Hulstijn et al. 2015, 1). In der Folge sollen diese Studien hinsichtlich der Morphosyntaxentwicklung kurz umrissen und chronologisch dargestellt werden. 3.1 Erwerbssequenzen im L2-Morphosyntaxerwerb Ein Blick in Einführungswerke und Lehrbücher der L2-Erwerbsforschung zeigt, dass viele Autor*innen von einer mehr oder weniger fixen Reihenfolge ausgehen, in der L2-Lerner*innen morphosyntaktische Strukturen erwerben. So schreiben VanPatten/ Williams (2015, 10): „Learners’ output (speech) often follows predictable paths with predictable stages in the acquisition of a given structure.“ und weiter: „Learners’ speech shows evidence of what are called ‚developmental sequences‘“, Ortega (2009, 34 f.) betont, dass auch L1-Transfer den L2-Erwerbsverlauf nicht grundlegend verändern kann: „There is robust evidence that L1 transfer cannot radically alter the route of L2 acquisition.“ Als Forscher*innen, die als erste eine L2-Erwerbsabfolge postulieren, werden meist Dulay/ Burt (1974) sowie Bailey/ Madden/ Krashen (1974) genannt, die diese These als klare Gegenposition zu behavioristisch-strukturalistischen Er‐ klärungen des Spracherwerbs (vgl. Lado 1957) aufstellen (vgl. Mitchell et al. 2019, 40; R. Ellis 2015, 182) 16 . Die meist als morpheme order studies bezeichneten Studien der 1970er Jahre gehen ursprünglich von der L1-Erwerbsforschung (zB Brown 1973) aus, in denen Entwicklungsmuster (pattern of development) gefunden werden. Die größtenteils als Querschnittstudien angelegten Untersu‐ chungen bestätigen die sogenannte Erwerbsabfolge (order of acquisition), die Reihenfolge, in der unterschiedliche Strukturen der Zielsprache mit zielsprach‐ <?page no="32"?> 17 Überlegungen zum accuracy level finden sich in Abschnitt 4.6.2. licher Korrektheit (accuracy) - meist in 80-90% 17 der obligatorischen Kontexte - produziert werden. Dabei muss kritisch angemerkt werden, dass diese Studien aquisition order mit accuracy order gleichsetzen (vgl. Hulstijn et al. 2015, 184). Erst durch longitudinale Studien wird in den Folgejahren der Begriff der sequences of acquisition bzw. der developmental stages relevant, bei denen Entwicklung nicht mehr in Hinsicht auf zielsprachliche Korrektheit, sondern als Entwicklung von einer Erwerbsstufe zur nächsten definiert und anhand von Frequenzanalysen gemessen wird (vgl. R. Ellis 2015, 183 ff.). Damit wird Entwicklung auch konstatiert, wenn noch keine vollständige zielsprachliche Korrektheit (mastery) erreicht wird. Auch wenn diese Studien noch große Schwächen aufweisen und keine theoretischen Erklärungen für die Erwerbsab‐ folgen liefern, stellen sie doch einen Wendepunkt in der L2-Erwerbsforschung dar (vgl. Jordan 2004, 207). Als weiterer wesentlicher Schritt bzw. als Paradigmenwechsel muss in der Folge die Untersuchung von Entwicklungssequenzen (developmental sequence) im Rahmen des Projekts Zweitspracherwerb Italienischer und Spanischer Ar‐ beiter (ZISA) (u. a. Meisel/ Clahsen/ Pienemann 1981) angesehen werden, die sich klar von den Studien zu Erwerbsabfolgen unterscheidet, insoweit sie im Gegensatz zu morpheme order studies keine spezifischen grammatischen Merk‐ male identifiziert, die der Reihe nach erworben werden, sondern Erwerbsstufen (stages oder sequences of development) definiert, die durchlaufen werden, wenn ein spezifisches grammatisches Merkmal erworben wird. Das ZISA-Projekt untersucht die Entwicklung der deutschen Wortstellung im ungesteuerten Erwerb bei 45 Erwachsenen, die sich aus arbeitsmigratorischen Gründen in Deutschland aufhielten und deren L1 Italienisch, Spanisch oder Portugiesisch waren, in einer Querschnittstudie und bei 12 Erwachsenen mit Italienisch und Spanisch als L1 in einer zweijährigen longitudinalen Studie. Durch die erstmalige Anwendung eines emergence criterion (s. Abschnitt 4.6.2) setzt das Projekt der bisher starken Orientierung an zielsprachlicher Korrektheit einen lerner*innenorientierten Ansatz entgegen. Zudem stellte es den Ausgangspunkt für die Entwicklung des Multidimensional Models (Meisel et al. 1981) dar, das weiter unten genauer dargestellt wird. Eine ähnliche Herangehensweise wie im ZISA-Projekt findet sich im Euro‐ pean Science Foundation Project (ESF) (u. a. Klein/ Perdue 1997, Klein 2013a), das drei breit definierte Varianten im ungesteuerten Erwerb unterschiedlicher europäischer Sprachen bei Migrant*innen in einem longitudinalen Projekt über 30 Monate definiert: die Pre-Basic Variety, die Basic Variety und die Post-Basic 32 3 Morphosyntaktische Verarbeitung in der L2-Produktion und -Rezeption <?page no="33"?> 18 In zahlreichen Publikationen wird von der „Anwendung der Regel“ gesprochen. Der Begriff „Regel“ erscheint insofern nicht ideal, als er explizites, deklaratives Wissen vermuten lässt. Gemeint ist jedoch vielmehr prozedurales Wissen. In der vorliegenden Arbeit wird deshalb von der Anwendung eines Verarbeitungsmechanismus bzw. einer Verarbeitungsprozedur für die produktive Verwendung einer Struktur gesprochen. Variety. Von allen Lerner*innen entwickelt wird die Basic-Variety, ein strukturell einfaches, aber kommunikativ effizientes sprachliches System, in dem komplexe Strukturen durch phrasale, semantische und pragmatische Einschränkungen charakterisiert sind, etwa durch infinite Verborganisation (vgl. Klein 2013b, 64). Die Pre-Basic Variety ist im Vergleich zur Basic Variety von nominalen Strukturen sowie Auslassungen von obligatorischen Konstituenten geprägt (vgl. Perdue 1996), die Post-Basic Variety ist schließlich eine Lerner*innenvarietät, die sich stark an die Zielsprache annähert und auch finite Sätze enthält. Auf Basis von Daten aus dem ZISA-Projekt entwickeln Meisel et al. (1981) das Multidimensional Model, dessen zentrale Aussagen in der Folge präsentiert werden sollen. Wie Cook (1993, 93) schreibt, spiegelt die Charakterisierung des Modells als „multidimensional“ die Hauptaussage bzw. das Hauptanliegen des Modells, „combining the concepts of ‘variation‘ and ‘developmental sequences‘“ (Meisel et al. 1981, 118), bereits wider. Hinsichtlich der Entwicklungssequenzen identifizieren Meisel et al. (1981) für den Erwerb der Satzstellung im Deutschen sechs aufeinanderfolgende Erwerbsstufen (formulas/ one word sentences - cano‐ nical word order - adverb preposing - verb separation - inversion - verb final), die später auch zur PT führen (zur detaillierten Ausarbeitung s. Kapitel 4). Als methodische Vorgehensweise verwenden sie dafür implicational scaling, unter der Annahme, dass damit psychologisch plausibel mit Lernen und Lernbarem umgegangen wird und es damit möglich ist, zwischen entwicklungsspezifischen und variationalen/ individuellen Faktoren zu unterscheiden und so jene Faktoren zu identifizieren, die den Beginn einer neuen Entwicklungsstufe markieren (Meisel et al. 1981, 123; auch Lenzing 2013, 63). Zusätzlich zu den developmental sequences beschreiben Meisel et al. (1981, 126) zwei Arten von Variation: Fossilisierung und Simplifizierung. Einerseits fossilisieren unterschiedliche Lerner*innen in unterschiedlichem Ausmaß: Ei‐ nige Lerner*innen erreichen eine höhere Erwerbsstufe, ohne dass sie im Stande sind die Regel 18 der vorherigen in allen Kontexten anzuwenden, während andere Lerner*innen eine Regel vollständig erwerben müssen, bevor sie zur nächsten übergehen können. Andererseits ist die Lernersprache unterschiedli‐ cher Lerner*innen unterschiedlich häufig von Simplifizierungsstrategien (rest‐ rictive simplification  19 ) gekennzeichnet, durch die Lerner*innen bestimmte Strukturen nicht produzieren, obwohl sie möglicherweise bereits dazu fähig 3.1 Erwerbssequenzen im L2-Morphosyntaxerwerb 33 <?page no="34"?> 19 Meisel et al. (1981, 115) unterscheiden zwischen elaborative simplification und restrictive simplification, wobei erstere dazu dient, die Lernersprache an die zielsprachliche Norm anzunähern, während bei zweiterer die Grammatik vereinfacht wird, sodass sie für die Lerner*innen leichter handhabbar ist. 20 Vor allem seit N. Ellis (2002) werden usage-based Ansätze der L2-Entwicklung konzi‐ piert, die die Existenz von klar abgrenzbaren Erwerbsstufen ablehnen und die indivi‐ duellen Unterschiede der einzelnen Lerner*innen im L2-Erwerb betonen. Usage-based Zugänge erkennen aber sehr wohl sogenannte trajectories of learning an, woraus sich die Frage ergibt, worin der Unterschied zwischen trajectories und sequences besteht (vgl. R. Ellis 2015, 187). wären. Meisel et al. (1981, 127) sprechen hier von „more simplified learner varieties“ im Vergleich zu „more grammatical learners“. Die Variation innerhalb von Entwicklungsstufen schreiben sie unterschied‐ lichen Lerner*innengruppen zu, die sozio-psychologische Unterschiede auf‐ weisen, darunter Faktoren wie Haltungen und Motivationen (vgl. Meisel et al. 1981, 119). Zusammengefasst liefert das Multidimensional Model ein Rahmenmo‐ dell für die Beschreibung dynamischer Prozesse in der Lernersprachenentwick‐ lung, indem Entwicklung und Variation als zwei separate Phänomene definiert werden (vgl. auch Lenzing 2013, 63). Das Multidimensional Model wird auch Kritik unterzogen, primär aufgrund seiner mangelnden Falsifizierbarkeit. U. a. führen Larsen-Freeman/ Long (1991, 285 f.) an, dass variable Faktoren mithilfe des Modells nicht a priori vorhergesagt werden können. Der laut Entwicklungsstufen nicht vorhergesehene Erwerb einer grammatischen Struktur kann sowohl als Gegenevidenz zum Modell als auch als „(newly discovered) variational feature of the language concerned“ (ebd.) erklärt und das Modell damit nicht falsifiziert werden. Vor allem dieser Kritikpunkt wird in der Entwicklung der Processability Theory aufgegriffen und im Vergleich zum Multidimensional Model eine Grammatiktheorie (Lexikalisch Funktionale Grammatik s. Abschnitt 4.2.2) sowie ein Modell der Sprachverarbei‐ tung (s. Abschnitt 4.2.1) zugrunde gelegt. Auf dieser Basis trifft PT explizite und falsifizierbare Vorhersagen zur Morphologie- und Syntaxentwicklung, deren Begründungen psycholinguistisch plausibel sind (vgl. Jordan 2004, 223). In jeder Erwerbsstufe sind zudem verschiedene lernersprachliche Lösungen möglich, die für den*die Lerner*in verarbeitbar sind. Der hypothesis space definiert, welche Optionen möglich sind, sagt jedoch nicht vorher, welche Optionen von den Lerner*innen gewählt werden. Positionen in der L2-Erwerbsforschung, die die Existenz von Spracherwerbs‐ sequenzen ablehnen 20 , werden oft damit begründet, dass individuelle Variabilität ein wesentlicher Faktor des L2-Erwerbs ist und damit einhergehend keine Vorhersehbarkeit von L2-Prozessen gegeben sein kann (vgl. u. a. De Bot et al. 34 3 Morphosyntaktische Verarbeitung in der L2-Produktion und -Rezeption <?page no="35"?> 2007; Verspoor et al. 2008), wie es durch die in PT präsentierte Hierarchie (s. Abschnitt 4.3) der Fall ist. Lenzing (2015, 91) argumentiert, dass der L2-Erwerb zwar ein dynamischer Prozess sei, individuelle Lerner*innenvariabilität sich aber innerhalb des L2-Verarbeitungssystems bewege und der Erwerb damit regelgeleitet und - etwa für morphosyntaktische Elemente (Entwicklungsstufen s. PT) - vorhersagbar ist. Lenzing (2015, 96) geht davon aus, dass beide Dimen‐ sionen - vorhersagbar vs. nicht genau vorhersagbar - sich nicht vollständig ausschließen, weil deterministische Systeme chaotische Subsysteme haben können, die wiederum begrenzt sind: „The key point I would like to make is that deterministic systems can obtain subsystems with chaotic behavior (e.g., Saari/ Urenk, 1984)“ (Lenzing 2015, 99). Erwerbssequenzen im Italienisch-L2-Erwerb Für das Italienische als L2 werden im ersten und bisher wohl auch umfas‐ sendsten Forschungsprojekt zur italienischen Lernersprache, dem Mitte der 1980er Jahre initiierten Progetto di Pavia (u.-a. Andorno 2001; Andorno/ Bernini 2003; Giacalone Ramat 2003), Entwicklungsstufen hinsichtlich der Morphosyn‐ taxentwicklung identifiziert. So geht aus dem longitudinalen Korpus hervor, dass Lerner*innen mit unterschiedlicher L1 dieselbe implikationale Erwerbsrei‐ henfolge von einigen sprachlichen Strukturen aufweisen, auch wenn sie diese Erwerbsabfolge mit unterschiedlicher Geschwindigkeit durchlaufen - abhängig von verschiedenen beeinflussenden Faktoren wie Markiertheit der Strukturen und struktureller Distanz zwischen L1 und L2 sowie von extralinguistischen Faktoren wie Alter, Motivation, Input und Einstellungen zur Sprache. Die im Korpus Pavia identifizierten Erwerbssequenzen umfassen u. a. den (1) Tempus- und Modus-Erwerb, den (2) Erwerb der Genusübereinstimmung und den (3) Erwerb der adverbialen Nebensätze (vgl. auch Chini 2016; Gracci 2006). Die unter (1), (2) und (3) angeführten Strukturen werden nach den Analysen von Banfi/ Bernini (2003), Chini (1995b) und Berruto (2001) in der folgenden Reihenfolge erworben, wobei die linksstehenden Strukturen vor den rechtsstehenden Strukturen erworben werden: 1. presente (e infinito) > (ausiliare) participio passato > imperfetto > futuro > condizionale > congiuntivo (Banfi/ Bernini 2003, 90) 2. anaforico di 3a sg. > articolo determinativo (>) articolo indeterminativo > aggettivo attributivo > aggettivo predicativo (>) participio passato (Chini 1995b, 285) 3. causali > temporali > finali > ipotetiche> concessive (Berruto 2001, 27) 3.1 Erwerbssequenzen im L2-Morphosyntaxerwerb 35 <?page no="36"?> 21 Für die Verbalmorphologie stellt Gracci (2006, 87) folgende Stufen fest: presente (und infinto) > (ausiliare) participio passato > imperfetto > futuro > condizionale > congiuntivo, zum Tempus-Aspekt-Erwerb s. später auch Toth (2020) und Vallerossa et al. (2021). 22 VanPatten (2004) ist eine aktualisierte und um Kommentare ergänzte Version von VanPatten (1996): Input Processing and Grammar Instruction: Theory and Research. 23 Die Übersetzungen der Prinzipien erfolgen in Anlehnung an Jackson et al. (2018). In Bezug auf die Nominalmorphologie 21 identifizieren Chini/ Ferraris (2003, 64-69) folgende Phasen: die fase pragmatica (o fonologica), in der kaum Definitar‐ tikel verwendet werden und die morphologische Variation keinen erkennbaren Regeln folgt; in der Folge die fase lessicale, in der Lerner*innen beginnen Artikel zu verwenden, vorerst indefinite, dann definite, die Numerusmarkierung lexikalisch erfolgt, der Plural schon teilweise, aber auf jeden Fall unsystematisch markiert wird; die fase (proto)morfologica, in der die Nominalmorphologie systematisiert wird und schließlich die fase morfosintattica, die durch zuneh‐ mende morphosyntaktische Korrektheit gekennzeichnet ist und die Genus- und Numerusmarkierung auf weitere Elemente angewandt wird (zB prädikative Adjektivkongruenz, Kongruenz im Partizip bei passato prossimo). Die hier angesprochenen Forscher*innengruppen gehören zu jenen, die den Großteil an empirischen Studien zu Erwerbsabfolgen in der L2-Erwerbsfor‐ schung durchgeführt haben. Hulstijin et al. (2015, 2 f.) führen an, dass seit 1996 insgesamt nur wenige empirische Studien, mit Ausnahme von drei Gruppen, durchgeführt wurden. Darunter nennen sie (1) Pienemann und Kolleg*innen im theoretischen Rahmen der PT, (2) Klein/ Perdue und Kolleg*innen auf Basis des European Science Foundation Projects sowie (3) Jia/ Fuse (2007) und Luk/ Shirai (2009). PT stellt auch den Rahmen für die hier durchgeführte Studie dar und soll in den Kapiteln 4 und 5 zunächst für die Sprachproduktion und im Anschluss für die Sprachrezeption präsentiert werden. Zuvor soll jedoch auf die Verarbei‐ tung von L2-Input eingegangen und wesentliche L2-Verarbeitungsprinzipien sollen anhand von VanPatten (2004, 2020) dargestellt werden. Während die in 3.1 angeführten Studien und Erkenntnisse zu Spracherwerbssequenzen die psycholinguistischen Prozesse der Sprachproduktion nutzen, wird der Fokus in der Folge auf die psycholinguistischen Prinzipien der Satzrezeption gelegt. 3.2 Morphosyntaktische Verarbeitung von L2-Input Das Input Processing (IP) als Modell des L2-Erwerbs (VanPatten 2004, 94 22 ) erklärt, welche universellen 23 Verständnisstrategien L2-Lerner*innen - vor allem zu Beginn des Erwerbs - anwenden, um Sätze zu verstehen und warum 36 3 Morphosyntaktische Verarbeitung in der L2-Produktion und -Rezeption <?page no="37"?> 24 Wenngleich VanPatten in seinen Werken eine generative Perspektive einnimmt, was die Art der Repräsentation von Sprache und die Frage angeht, was überhaupt gelernt wird, ist IP mit anderen Theorierahmen und Spracherwerbstheorien kompatibel, weil die in IP definierten, grundlegenden Prinzipien der Verarbeitung an sich nicht generativ definiert sind. VanPatten (2020, 124) weist bei der Verwendung des Begriffs „universal strategy“ auch explizit daraufhin, dass diese nicht als Teil der Universalgrammatik interpretiert werden sollten. L2-Lerner*innen bestimmte Formen (Wörter und grammatische Marker) zu bestimmten Zeitpunkten oft nicht verarbeiten und bestimmte grammatische oder thematische Rollen nicht zuweisen, auch wenn sie wichtige linguistische Informationen enthalten 24 . VanPatten geht davon aus, dass Lerner*innen bei der Inputverarbeitung durch zahlreiche Einschränkungen (constraints) limitiert sind, welche im Modell als miteinander interagierende Prinzipien angelegt sind. In der Folge sollen die wesentlichen Prinzipien präsentiert werden. Dem IP-Modell folgend (VanPatten 2020, 107) versuchen L2-Lerner*innen zu Beginn des Spracherwerbsprozesses, Input zu verstehen, indem sie im Prozess der Sprachrezeption zuallererst nach lexikalischen Items suchen. Das heißt, sie erstellen zunächst auf lexikalischer Basis Form-Bedeutungs-Beziehungen und verarbeiten zunächst keine Funktionswörter, Flexionsmorpheme und gramma‐ tische Marker (Prinzip des Vorrangs der Inhaltswörter). Was die Verarbeitung von Flexionsmorphemen betrifft, führt VanPatten (ebd., 108) weiter das Prinzip der lexikalischen Präferenz an. Bei der Verarbeitung von Inhaltswörtern mit Flexi‐ onsmorphemen, die keine zusätzliche Bedeutung ausdrücken, die nicht ohnehin schon im Satz gegeben ist, wird die Verarbeitung der grammatikalischen Form, beispielsweise des Flexionsmorphems, am Anfang des Erwerbs umgangen. In einem Satz wie „I called my mother yesterday“ wird also die Verarbeitung des Tempus anhand des temporalen Adverbs der Verarbeitung des morphologischen Tempusmarkers vorgezogen (ebd.). Dieses Prinzip kann zwei unterschiedliche Konsequenzen in der Verarbeitung des Inputs haben: (1) Lerner*innen verar‐ beiten grammatikalische Marker erst, wenn die entsprechenden lexikalischen Formen schon verarbeitet und in das sich entwickelnde Sprachsystem der Lerner*innen eingebaut wurden. (2) Die zweite mögliche Konsequenz ist, dass Lerner*innen im Prozess der Sprachrezeption am Anfang ausschließlich auf lexikalische Informationen vertrauen, wenn redundante grammatikalische Marker im Input vorkommen. Hierbei würde im Falle von Redundanz die lexikalische Route jegliche Verarbeitung von grammatischen Informationen überschreiben. Bei beiden Varianten geht VanPatten (ebd.) davon aus, dass Anfänger*innen 25 in jedem Fall die Verarbeitung lexikalischer Elemente jener der grammatischen Marker vorziehen, weil erstere aus Sicht der Lerner*innen 3.2 Morphosyntaktische Verarbeitung von L2-Input 37 <?page no="38"?> 25 Soweit ersichtlich liegt in der L2-Erwerbsforschung keine einheitliche Definition von Anfänger*innen in Abgrenzung zu Leichtfortgeschrittenen und fortgeschrittenen Lerner*innen vor, eine Dreiteilung scheint aber gängig. 26 Bardovi-Harlig (2015, 56) beschreibt in ihrem funktionalen Ansatz des Spracherwerbs Ähnliches für die Sprachproduktion. So erklärt sie, dass Strukturen, Morpheme, Wörter etc. über Funktionen verfügen und je nachdem, ob die genannten Elemente im Satz als einzige eine bestimmte Funktion erfüllen oder nicht, ihr functional load höher oder niedriger ist. In der Lernersprachenentwicklung wird ein one-to-one-principle hinsicht‐ lich der Form-Bedeutungs-Beziehung (Andersen 1984) vor einem multifunctionality principle erworben (s. für das Italienische sowie den Theorierahmen der PT auch Abschnitt 4.5). den Bedeutungsgewinn erhöhen. VanPatten (ebd., 109) führt hierfür auch empirische Evidenz aus einer Eye-Tracking-Studie (VanPatten/ Keating 2007) an, in der fortgeschrittene Spanisch-Lerner*innen mit Englisch als L1 bei der Verar‐ beitung von spanischen Sätzen, in denen das Adverb mit dem Tempus des Verbs übereinstimmte oder nicht übereinstimmte, dazu tendierten, bei der Verbform zu verweilen, um die zeitliche Referenz zu identifizieren. Anfänger*innen und Leichtfortgeschrittene hingegen tendierten zu den Temporaladverbien. Bei fort‐ geschrittenen Lerner*innen konnten native-like pattern gefunden werden, die darauf hindeuten, dass Fortgeschrittene grammatikalische Flexionsmorpheme sehr wohl zu verarbeiten beginnen. VanPatten/ Keating (ebd.) bestätigen diese Ergebnisse auch für Englisch-Lerner*innen mit Spanisch als L1, die ebenso zu‐ nächst die Temporaladverbien verarbeiten und nicht die Tempusmarkierung am Verb. Daraus leitet VanPatten (2020, 109) eine sprachenunabhängige Gültigkeit dieses Prinzips ab. VanPatten (2020, 109) weist einschränkend darauf hin, dass nicht alle gram‐ matischen Marker redundant sind, wie beispielsweise im Satz „The cat is sleeping“, in dem es keinen lexikalischen Hinweis auf ein Progressiv gibt. Davon ausgehend und unter der Annahme, dass Lerner*innen immer zuerst nach Bedeutungen suchen, formuliert VanPatten ein weiteres Prinzip (Prinzip der Präferenz für Nicht-Redundanz): Lerner*innen, verarbeiten grammatische Marker erst, wenn deren Bedeutung nicht lexikalisch encodiert ist. Sie tendieren damit zur Verarbeitung von nicht-redundanten grammatischen Markern vor redundanten Markern. Schließlich behandelt VanPatten (ebd.) im Prinzip des Vorrangs der Bedeutung auch jene grammatischen Marker, die keine Bedeutung tragen, und geht davon aus, dass Lerner*innen eher bedeutungstragende gram‐ matische Marker verarbeiten als Marker ohne semantische Bedeutung 26 . Als Beispiel nennt er hier das Verbindungswort „that“, das eine grammatische, aber keine semantische Funktion hat. Als weiteres Beispiel führt er die Adjektivkon‐ gruenz im Spanischen an. Dem stimmen auch Benati/ Lee (2008, 13) zu und 38 3 Morphosyntaktische Verarbeitung in der L2-Produktion und -Rezeption <?page no="39"?> argumentieren für grammatische Genusmarkierung in romanischen Sprachen im Allgemeinen, dass diese (1) ohne jegliche semantische Bedeutung [„any gender agreement of an adjective with a noun is a purely grammatical marker devoid of any semantic meaning“ (ebd.)] und (2) redundant sei [„the noun establishes the grammatical gender and so, consequently, marking the adjective is redundant“ (ebd.)]. Über die Form-Bedeutungs-Beziehungen hinaus, definiert VanPatten (2020, 112 ff.) weitere Prinzipien für das Sprachverständnis, die erklären sollen, wie Lerner*innen einen Satz grammatisch analysieren, wenn diese noch nicht über einen vollständig entwickelten parser verfügen. VanPatten geht einerseits von universellen Parsing-Strategien aus und andererseits von einem Transfer von L1 Parsing-Strategien. Im Rahmen ersterer definiert er das sog. Prinzip des ersten Nomens, das heißt, dass Lerner*innen dazu tendieren das erste Substantiv oder Pronomen, das im Input auftritt, als Subjekt zu verarbeiten. Im Rahmen zweiterer nennt er das alternative Prinzip des L1-Transfers, das besagt, dass Lerner*innen die L2-Sprachrezeption mit L1-Parsing-Strategien beginnen. Van Patten (2020, 113) gibt hier aber keine Antwort, ob und in welchem Ausmaß zweiteres Prinzip bei der anfänglichen Inputverarbeitung angewendet wird, und verweist auf weitere beeinflussende Faktoren, für die er auch weitere Prinzipien formuliert, die beide - wo möglich - von Lerner*innen als Alternative zum Prinzip des ersten Nomens und zu L1-Strategien angewendet werden: das Prinzip der Ereigniswahrscheinlichkeit und das Prinzip der lexikalischen Semantik. Er streicht dabei den wesentlichen Unterschied zwischen Ereigniswahrscheinlich‐ keit und lexikalischer Semantik heraus: „[W]ith event probabilities, either noun may be capable of the action but one is more likely. With lexical semantics, it is the case that only one noun is capable of the action.“ Das Beispiel „mangiare“ (dt. „essen, fressen“) erfordert etwa ein lebendiges Wesen (im Italienischen Mensch oder Tier), das die Handlung ausführt, also Nahrung zu sich nimmt, Antilopen oder Löwen etwa können fressen, Gras oder Zäune nicht. Während im Satz „L'antilope fu mangiata dal leone. [Die Antilope wurde vom Löwen gefressen.]“ beide Nomen für die Durchführung der Handlung in Frage kämen (Ereigniswahrscheinlichkeit), es aber wahrscheinlicher ist, dass der Löwe die Antilope frisst und nicht umgekehrt, kommt im Satz „La carne fu mangiata dal leone. [Das Fleisch wurde vom Löwen gefressen.]“ nur der Löwe und nicht das Fleisch als Agens für die Verarbeitung des Satzes in Frage (Lexikalische Semantik). Anknüpfend an das Prinzip des ersten Nomens nimmt VanPatten an, dass Lerner*innen sich auch weniger auf dieses stützen, wenn der vorange‐ hende Kontext eine Interpretation des Satzes schon einschränkt (Prinzip des einschränkenden Kontexts). 3.2 Morphosyntaktische Verarbeitung von L2-Input 39 <?page no="40"?> Die L2-Inputverarbeitung unterliegt nach dem soeben dargestellten IP-Mo‐ dell zahlreichen (psycholinguistischen) Einschränkungen, von denen auch in der Processability Theory ausgegangen wird. Diese Spracherwerbstheorie stellt, wie schon erwähnt, den theoretischen Rahmen der vorliegenden Arbeit dar und soll in den Kapiteln 4 und 5 für die Sprachproduktion sowie für die Sprachrezeption dargelegt und für das Italienische präzisiert werden. 40 3 Morphosyntaktische Verarbeitung in der L2-Produktion und -Rezeption <?page no="41"?> 27 Auch wenn Pienemann (1998a, 51) davon ausgeht, dass verarbeitungsbedingte Ein‐ schränkungen sowohl die Sprachproduktion als auch die Sprachrezeption betreffen, legt er in der Beschreibung der PT den Fokus auf die Sprachproduktion: „The theory to be tested requires data [that] relate to the learners’ capacity to utilise their interlanguage (IL) grammar under the time constraints of spontaneous oral language production“ (Pienemann 1998a, xvi, Hervorhebung der Verfasserin), „PT explains developmental schedules throughout the time course of language production“ (ebd. 2011, 27, Hervor‐ hebung der Verfasserin). Der explizite Verweis auf Sprachproduktion und -rezeption wie in Pienemann (2007, 137, Hervorhebung der Verfasserin) stellt in Pienemanns anfänglichen Publikationen eine Ausnahme dar („The logic underlying Processability Theory (PT) is the following: At any stage of development, the learner can produce and comprehend only those second language (L2) linguistic forms that the current state of the language processor can handle“). Durchgehend explizite Hinweise auf Sprachpro‐ duktion und -verständnis erfolgen erst in neueren Publikationen (Pienemann/ Lenzing 2015, 2020). 28 Pienemann (1998a, 1) geht dabei vom Konzept der Lernbarkeit aus, einem rein lo‐ gisch-mathematischen Problem, das uneingeschränkt gelöst werden kann, und fügt dem die Perspektive der Verarbeitbarkeit (processability) hinzu, bei der ein Problem gelöst werden kann, wobei mit menschlichen und psychologischen Einschränkungen umgegangen werden muss. 4 Processability Theory - Sprachproduktion 4.1 Einordnung und Grundlagen der Theorie Wie aus den Ausführungen in Kapitel 3 bereits hervorgeht, ist die Processability Theory (PT) (Pienemann 1998a; Pienemann/ Di Biase/ Kawaguchi 2005; Piene‐ mann/ Lenzing 2020) eine psycholinguistische Theorie der L2-Entwicklung. Die Grundannahme von PT besteht darin, dass der*die Lerner*in auf jeder Entwick‐ lungsstufe nur jene sprachlichen Strukturen produzieren und verstehen 27 kann, die zum jeweiligen Zeitpunkt vom Sprachprozessor verarbeitet werden können. Den Aufbau sowie die Funktionsweise des Sprachprozessors zu definieren, ist der Kern der Theorie, der es in der Folge erlaubt, universelle, morpho‐ syntaktische Entwicklungssequenzen für Sprachproduktion und -verständnis vorherzusagen und diese empirisch zu testen (vgl. Pienemann/ Lenzing 2020) 28 . Während PT in den Anfängen (Pienemann 1998a) der Frage nach geht, warum und wie L2-Lerner*innen universelle Spracherwerbssequenzen für morphosyn‐ taktische Strukturen durchlaufen und damit das Entwicklungsproblem des Spracherwerbs (s. Felix 1984) behandelt 29 , wird in neueren Veröffentlichungen und Erweiterungen der Theorie zunehmend auch das logische Problem des <?page no="42"?> 29 Pienemann (1998a, 5, Hervorhebung im Original) dazu: „[…] Processability Theory focuses solely on the developmental problem […] as an explanatory issue; it is not designed to contribute anything to the question of the innate or learnt origin of linguistic knowledge or the inferential processes by which linguistic input is converted into linguistic knowledge.“ 30 Dass es sich bei PT um eine kognitive Theorie handelt, wird auch aus der Definition des Verhältnisses zwischen Unterricht und Erwerb der L2 im Rahmen der Lehrbar‐ keitshypothese (Teachability Hypothesis, Pienemann 1989) klar. Nach Pienemann dient Unterricht dazu, bei der nächsten Stufe in der Erwerbsabfolge anzusetzen, um den Erwerb voranzutreiben, und nicht dazu - wie etwa in UG-Ansätzen üblich - ein bestimmtes Setting eines Parameters zu triggern und so die Lerner*innengrammatik zu reorganisieren (vgl. R. Ellis 1989, 323). Spracherwerbs (s. Wexler 1982) und somit die Frage nach dem Ursprung und der Repräsentation des sprachlichen Wissens der Lerner*innen untersucht (Pienemann et al. 2005; Lenzing 2013; Pienemann/ Lenzing 2015; Lenzing 2019, 2021; Pienemann/ Lenzing 2020, 164). Pienemann (1998a, 132) nimmt eine kognitive Perspektive auf den Spracher‐ werb ein und definiert Sprache als eigenes kognitives System, das mit anderen kognitiven Systemen interagiert und von diesen beeinflusst wird. Er stützt sich auf die kognitionswissenschaftliche Grundannahme, dass der grundlegende Aufbau kognitiver Prozesse von Individuen vergleichbar ist und der Erwerb etwa von Sprache verstanden werden kann, wenn seine konstituierenden kognitiven Prozesse identifiziert werden (ebd.) 30 . Wenn PT als kognitive Theorie eingestuft wird, bedeutet dies aber keinesfalls, dass nicht-kognitive Faktoren wie soziale Faktoren, keinen Einfluss auf die Sprachverarbeitung und den Spracherwerb von L2-Lerner*innen haben. Es bedeutet aber sehr wohl, dass dieser Einfluss nur innerhalb der allgemeinen Architektur des Sprachprozessors gegeben sein kann (Pienemann 1998a, 132). Im Folgenden sollen wesentliche Aussagen der Theorie erklärt und auf Basis von Di Biase/ Kawaguchi (2002) und Di Biase/ Bettoni (2015) auf das Italienische angewendet werden. Psychologische Prämissen Pienemann (2005, 3 ff.) nennt für seine Theorie vier psychologische Prämissen, unter denen das Sprachenlernen erfolgt. Basierend auf dem Sprachprodukti‐ onsmodell, wie es Levelt (1989) und auch bereits Friederici/ Levelt (1988, 663) entworfen haben, geht Pienemann in einer ersten Prämisse von einer inkremen‐ tellen Sprachverarbeitung aus: Verschiedene Komponenten der Verarbeitung haben unterschiedliche Aufgaben und verarbeiten den jeweiligen Input in kleinen Teilen. Die Komponenten agieren dabei größtenteils autonom und ohne 42 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="43"?> bewusste Kontrolle, was die hohe Geschwindigkeit bei der Sprachverarbeitung erklären lässt. Ebenfalls auf Grundlage von Levelts Sprachproduktionsmodell lautet die zweite Prämisse, dass die Verarbeitungskomponenten bzw. -systeme - das Konzeptualisieren, Formulieren und Artikulieren einer sprachlichen Äußerung - parallel ablaufen. Neben der inkrementellen und größtenteils automatisierten Verarbeitung, die Pienemann auf Basis von Levelt formuliert, spricht Pienemann (2005, 5) von einer dritten Prämisse für PT, die besagt, dass sprachlicher Output linear ist, wenngleich darunterliegende Mapping-Prozesse es nicht zwangsläufig sind. Unterschieden werden muss dabei zwischen dem Linearisierungsproblem im Zusammenhang mit der natürlichen Ereignisabfolge in einem Satz und dem Linearisierungsproblem auf der Ebene der Proposition (vgl. ebd.). So müssen Äußerungen nicht zwangsläufig in der natürlichen Reihenfolge der Ereignisse produziert werden, wie in Beispiel (1), in dem das Ereignis im Hauptsatz (zweiter Teil) vor dem Ereignis im Nebensatz (erster Teil) erfolgt und der*die Sprecher*in somit ein Ereignis im Gedächtnis behalten muss. Die zweite Art von Linearisie‐ rungsproblem auf der Ebene der Proposition bezieht sich auf die Unifizierung von grammatischen Informationen, etwa bei der Genus-Numerus-Kongruenz oder der S-V-Kongruenz, bei denen grammatische Informationen gespeichert werden müssen, bevor etwa das Verb oder das Adjektiv produziert werden. Die Art der zu behaltenden Information ist im Gegensatz zu Beispiel (1) hier jedoch nicht inhaltlich, sondern grammatisch. (1) Prima che finisse la scuola ha partecipato ad un progetto. [Bevor die Schule endete, hat er/ sie an einem Projekt teilgenommen.] Die vierte Prämisse betrifft die Speicherung der genannten Informationen - inhaltliche und grammatische. Beide werden nur temporär gespeichert, allerdings in unterschiedlichen Speichern. Inhaltliches wird vorübergehend im Arbeitsgedächtnis gespeichert, das jedoch nur begrenzte Kapazitäten hat (vgl. Pienemann 2005, 6), weshalb grammatische Informationen in einem stark spezialisierten grammatischen Speicher behalten werden. Die Verarbeitung der grammatischen Informationen erfolgt automatisch. 4.2 Theoretische Eckpfeiler Pienemann (1998a) stützt PT auf zwei wesentliche theoretische Eckpfeiler: Als psycholinguistische Grundlage wird das Sprachproduktionsmodell von Levelt herangezogen, die Formalisierung der Theorie und insbesondere der Verarbei‐ 4.2 Theoretische Eckpfeiler 43 <?page no="44"?> tungshierarchie (s. Abschnitt 4.3) erfolgt mithilfe der Lexikalisch Funktionalen Grammatik (LFG). Beide sollen in der Folge präsentiert werden. 4.2.1 Das Sprachproduktionsmodell von Levelt (1989) Levelts Sprachproduktionsmodell (1989) beschreibt den inkrementellen Prozess der Sprachproduktion von der Konzeptualisierung einer Nachricht bis zur Artikulation, wobei drei wesentliche Komponenten durchlaufen werden: der Konzeptualisierer, der Formulator und der Artikulator (s. Abbildung 1). CONCEPTUALIZER FORMULATOR ARTICULATOR AUDITION SPEECH- COMPREHENSION SYSTEM message generation monitoring grammatical encoding phonological encoding phonetic plan (internal speech) overt speech phonetic string parsed speech preverbal message discourse model, situation knowledge, encyclopedia etc. LEXICON lemmas forms surface structure Abbildung 1: Levelts Sprachproduktionsmodell (Eigene Darstellung nach Levelt 1989, 9) Im Konzeptualisierer (conceptualizer) werden relevante Informationen ausgewählt und geordnet. Das Ergebnis dieses Verarbeitungsschritts ist die sogenannte „prä‐ verbale Nachricht“, die alle notwendigen Informationen enthält, um Bedeutung in Sprache auszudrücken, die aber selbst noch nicht sprachlich ist. Levelt (1989, 5) unterscheidet hierbei zwei verschiedene Stufen der Planung der präverbalen Nach‐ richt: die Makro- und Mikroplanung. In der Makroplanung werden Informationen ausgewählt, welche die kommunikativen Ziele der Äußerung umsetzen werden/ können. Die Mikroplanung umfasst schließlich konzeptuelle Planungsschritte wie die Planung der Informationsstruktur einer Aussage (Topik, Fokus, etc.). 44 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="45"?> 31 Deklaratives Wissen meint idiosynkratisches Wissen wie Fakten (semantic knowledge) und Ereignisse (episodic knowledge), das größtenteils, wenn auch nicht immer, explizites, also bewusstes Wissen darstellt („available to conscious awareness“ [Ullman 2020, 131]). Im Gegensatz dazu umfasst prozedurales Wissen eine Reihe an Funktionen wie Informationen über Handlungsabläufe oder wahrnehmungsmotorische Fähigkeiten. Prozedurales Wissen scheint implizites Wissen zu sein, im Vergleich zu deklarativem Wissen wird es graduell erworben und scheint zu automatisierterer Verarbeitung zu führen (vgl. Ullman 2020, 132f.). Für die Konzeptualisierung der präverbalen Nachricht haben Sprecher*innen laut Levelts Modell Zugang zu deklarativem und prozeduralem Wissen 31 . Im Formulator (formulator) wird die präverbale Nachricht in einen phonetischen Plan umgewandelt, indem die entsprechenden Wörter bzw. Wortkombinationen ausgewählt und grammatische (grammatical encoding) und phonologische Regeln (phonological encoding) angewendet werden. Dafür bedarf es des Zugangs zum mentalen Lexikon, dessen Aufbau in der Folge kurz umrissen wird. Levelt (1989, 11) geht davon aus, dass lexikalische Einheiten aus zwei Teilen bestehen: dem Lemma, in dem Bedeutung sowie syntaktische Informationen repräsentiert sind, und dem Lexem, in dem die morpho-phonologische Form enthalten ist. Zunächst werden lexikalische Einträge durch das Matching der Bedeutung der jeweiligen Lemmata und der semantischen Informationen in der präverbalen Nachricht aktiviert, worauf die Abfrage syntaktischer Kate‐ gorien und grammatischer Funktionen ausgelöst und der Satzbau (syntactic building procedures) in Gang gesetzt wird (grammatical encoding). Während die Oberflächenstruktur gebildet wird, werden die morpho-phonologischen Informationen des entsprechenden Lemmas aktiviert und enkodiert, dh ein phonetischer Plan erstellt (phonological encoding), der wiederum den Input für den Artikulator darstellt. Der phonetische Plan, auch speech plan genannt, kann dank des Sprachrezeptionssystems bereits an dieser Stelle vom*von der Lerner*in überprüft werden, bevor dieser im Artikulator (articulator) in tatsäch‐ liche Sprache umgewandelt wird. Der Output aus dem Formulator wird dafür verarbeitet und kann auch temporär gespeichert werden, sodass Asynchronien ausgeglichen werden können. Wie schon beim phonetischen Plan kann das Sprachrezeptionssystem auch zur overt speech, dem Produkt der Artikulierung, Rückmeldungen geben. Pienemann (1998a, 73) zufolge hat Levelts Sprachproduktionsmodell, das für den L1-Erwerb konzipiert wurde, auch für den L2-Erwerb Gültigkeit. Er verweist auf De Bot (1992), der Überlegungen zu Anforderungen für eine zweibzw. mehrsprachige Version von Levelts Modell anstellt. De Bot (1992) behält Levelts Modell größtenteils bei und nimmt Adaptierungen vor, wenn empirische Erkenntnisse für die zweisprachige Sprachproduktion nicht mit dem 4.2 Theoretische Eckpfeiler 45 <?page no="46"?> 32 Es sei auch darauf verwiesen, dass sich zahlreiche Arbeiten im Bereich der psycholinguis‐ tischen Forschung auf LFG stützen: u.-a. Levelt 1989, Pinker 1989, Gropen et al. 1991. 33 Das grammatische Gedächtnis ist in „spezialisierten Prozeduren angelegt, die NPs, VPs usw. verarbeiten“ (Pienemann 2002, 5). vorliegenden Modell erklärt werden können (ebd., 7). So nimmt er etwa an, dass der Konzeptualisierer nicht vollständig sprachspezifisch agiert, sondern in der ersten Phase der Makroplanung sprachübergreifend und erst in der Mik‐ roplanung sprachspezifisch vorgeht. Für den für die PT besonders relevanten Bereich des Formulators geht er jedoch davon aus, dass dieser sprachspezifisch ist. Die kommunikativen Intentionen werden in eine präverbale Nachricht gegossen, die Informationen über die Sprache enthält, in der zumindest ein Teil der Aussage produziert werden soll. Dadurch wird der jeweilige Formulator aktiviert, der die präverbale Nachricht in einen phonetischen Plan umwandelt, und zwar „in the same way as unilingual processing takes place in Levelt’s model“ (De Bot 1992, 21). 4.2.2 Lexikalisch Funktionale Grammatik (LFG) als linguistische Basis Pienemann zieht für die Argumentation der Verarbeitungshierarchie im Rahmen der PT die Lexikalisch Funktionale Grammatik (LFG) als linguistische Basis heran 32 und begründet dies unter anderem mit der hohen typologischen und psycholinguistischen Plausibilität dieser Grammatiktheorie. So konnte LFG auf typologisch unterschiedliche Sprachen angewandt werden. Pienemann (2005, 15) argumentiert darüber hinaus, dass vor allem der Aspekt des proze‐ duralen Gedächtnisses 33 in Kempen und Hoenkamp’s inkrementellem prozedu‐ ralem Ansatz mit dem in der LFG formalisierten Prozess der Merkmalsunifizie‐ rung (feature unification) operationalisiert werden kann. Merkmalsunifizierung wird damit - vor allem in der ursprünglichen PT - zu einem zentralen Mecha‐ nismus für die Verarbeitungshierarchie im Rahmen von PT: „[I]t is the process of feature unification in particular that displays a high degree of psychological plausibility and makes LFG especially relevant in the context of PT“ (Pienemann 1998a, 91). In der Folge soll LFG als Grammatiktheorie eingeordnet und anhand von konkreten, italienischsprachigen Beispielen präsentiert werden, die für die im Rahmen der vorliegenden Arbeit durchgeführte Studie von Relevanz sind. Die sich daraus ergebenden Annahmen für den L2-Erwerb bei Anfänger*innen werden dann im Abschnitt 4.4 im Sinne der Multiple Constraints Hypothesis (Lenzing 2013) dargestellt. 46 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="47"?> 34 Über die drei hier genannten Ebenen hinaus wurden in der LFG-Literatur weitere Ebenen definiert: m(orphosyntactic)-strcuture, i(nformation)-structure, p(rosodic)-struc‐ ture, s(emantic)-structure. 35 Grammatische Funktionen können in regierte Funktionen (Subjekt [SUBJ], Objekt [OBJ, OBJ θ ], oblique Objekte [OBL], Komplement [COMP und XCOMP]) und nicht regierte, optionale Funktionen, auch Modifikatoren, (Adjunkte [ADJ und XADJ]) unterteilt werden (vgl. Dalrymple 2001, 10). Regierte Funktionen können wiederum semantisch eingeschränkt (COMP, xCOMP, OBL) oder uneingeschränkt (SUBJ, OBJ) sein (ebd., 15). LFG ist eine Grammatiktheorie, die in den späten 1970er Jahren von der theoretischen Linguistin Joan Bresnan und dem Psycho- und Computerlingu‐ isten Ronald M. Kaplan als Reaktion auf Chomskys Generative Transformati‐ onsgrammatik begründet und seit damals immer wieder weiterentwickelt und für typologisch unterschiedliche Sprachen überprüft wurde. Die in Bresnan (1982) zusammengefassten Grundlagen sind nach wie vor gültig (vgl. Butt/ Holloway King 2015, 840), wurden aber wesentlich erweitert (u. a. Bresnan 2001, Dalrymple 2001). Der Name der Theorie deckt die zwei wesentlichen Aspekte „lexikalisch“ und „funktional“ ab, durch die sich die Theorie auch von anderen Grammatiktheo‐ rien unterscheidet: Erstens wird angenommen, dass Grammatiken lexikalisch gesteuert sind, das heißt, es wird von Relationen zwischen unterschiedlichen Diathesen des Verbs im Lexikon ausgegangen und nicht von syntaktischen Transformationen (vgl. Dalrymple 2001, 3). Zweitens ist LFG funktional und nicht rein konfigurational, strukturell basiert. Die Theorie definiert also abs‐ trakte grammatische Funktionen (Subjekt, Objekt etc.) nicht in Form von Phrasen-Struktur-Konfigurationen, sondern als Primitiva der Theorie (ebd.). LFG beschreibt und modelliert Sprachen auf mehreren parallelen Ebenen, die im Gegensatz zu Chomskys Ansatz nicht durch Transformation, sondern durch funktionale Einschränkungen miteinander verbunden sind (vgl. Dalrymple et al. 2019, 1). Die beiden wesentlichen Darstellungsebenen der syntaktischen Struktur sind dabei die funktionale Struktur (F-Struktur) und die Konstituenten‐ struktur (K-Struktur), neuere Veröffentlichungen zu LFG inkludieren auch die Argumentstruktur (A-Struktur) und weitere Ebenen der Repräsentation 34 sowie deren Beziehungen untereinander (ebd. 2006, 1). In der folgenden Darstellung sollen zunächst die beiden ursprünglichen Ebenen behandelt werden. Die F-Struktur Die F-Struktur umfasst abstrakte grammatische Funktionen, wie beispielsweise Subjekt oder Objekt 35 , sowie abstrakte Merkmale, wie Person, Numerus oder Genus, die als universell gültig angenommen werden. Die K-Struktur hingegen stellt die konkrete Realisierung der grammatischen Funktionen dar, die sprach‐ 4.2 Theoretische Eckpfeiler 47 <?page no="48"?> 36 Wie in LFG üblich, werden nur jene funktionalen Merkmale angeführt, die für die jeweilige Untersuchung von Bedeutung sind, da eine vollständige Darstellung meist zu unübersichtlich wäre (vgl. Dalrymple 2006, 9). spezifischen Einschränkungen hinsichtlich Wortstellung und Phrasenstruktur unterliegen (vgl. ebd. 2006, 1). Durch diese parallelen Ebenen kann LFG konfi‐ gurationale wie nicht-konfigurationale Sprachen darstellen. Im Beispielsatz (2) „Gli astucci gialli sono di Giovanna ed Antonio“ ist „Gli astucci gialli“ das Subjekt, „di Giovanna ed Antonio“ ist das Präpositionalobjekt (Oblique), beide Argumente werden vom Prädikat regiert. Im Beispielsatz (3) ist „Gli astucci di Giovanna ed Antonio“ das Subjekt, während „sono gialli“ das Komplement (XCOMP) darstellen. Diese Informationen werden in LFG in der F-Struktur in Form einer Attribut-Werte-Matrix dargestellt. Attribute können Symbole sein, die grammatische Funktionen (wie SUBJ, OBJ etc.), semantische (PRED) oder funktionale Merkmale (wie NUM, PERS, TENSE) angeben; Werte können drei verschiedene Arten von Informationen angeben: Symbole (zB PL für Plural), semantische Formen (astuccio) und auch F-Strukturen selbst wie im Beispiel (2), in dem der Wert des Attributs SUBJ die F-Struktur des Subjekts des Satzes ist (vgl. Dalrymple 2001, 31). In der F-Struktur des Beispiels 2 36 ist der Wert von NUM ein Symbol (PL), der Wert von PRED eine semantische Form und der Wert des Attributs SUBJ ist eine weitere F-Struktur. Wie aus dem Beispiel ersichtlich wird, trägt jedes Inhaltswort einen Wert zum Merkmal PRED bei. (2) Gli astucci gialli sono di Giovanna ed Antonio. [Die gelben Federpennale sind von Giovanna und Antonio.] ‘Giovanna ed Antonio’ PRED ‘essere<SUBJ, OBL>’ SUBJ PRED ‘astucci’(ADJ) NUM PL GEND MASK SPEC DEF ADJ PRED ‘gialli’ NUM PL GEND MASK OBL PRED NUM PL GEND MASK 48 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="49"?> (3) Gli astucci di Giovanna ed Antonio sono gialli. [Die Federpennale von Giovanna und Antonio sind gelb.] PRED ‘essere<XCOMP>SUBJ’ SUBJ PRED ‘astucci’ (ADJ) NUM PL GEND MASK SPEC DEF ADJ PRED ‘Giovanna ed Antonio’ NUM PL GEND MASK XCOMP PRED ‘gialli<SUBJ>’ NUM PL GEND MASK SUBJ [] 1 1 LFG beschreibt drei grundlegende Prinzipien der F-Struktur, die deren Wohl‐ geformtheit sicherstellen: Kohärenz (coherence), Vollständigkeit (completeness) und Konsistenz (consistency/ uniqueness). Kohärenz meint, dass nicht mehr grammatische Funktionen im Satz vorkommen dürfen, als in der Argument‐ struktur spezifiziert (s. Abschnitt A-Struktur, die A-Struktur repräsentiert the‐ matische Rollen sowie eine Art Valenzrahmen). Vollständigkeit bezieht sich auf die Präsenz aller in der Argumentstruktur spezifizierten grammatischen Funktionen. Konsistenz wiederum definiert die Übereinstimmung der Werte der Attribute: ein Attribut der F-Struktur kann nur jeweils einen Wert haben (vgl. Kaplan/ Bresnan 1982). Letzteres Prinzip ist auch die Grundlage für das Prinzip der Merkmalsunifizierung (vgl. Lenzing 2013, 31). Anhand von Auszügen aus den für diese Arbeit erhobenen mündlichen spontansprachlichen Daten kann festgestellt werden, dass alle drei Prinzipien (vgl. Lenzing 2013, 32 ff. für englische Beispiele) von L2-Anfänger*innen nach 1,5 Jahren Italienisch-Unterricht verletzt werden, da deren Grammatik noch nicht vollständig erworben ist. Im Beispiel (4) aus Lenzings Korpus für das Englische ist die grammatische Funktion OBJ vorhanden, obwohl diese nicht in der Argumentstruktur bzw. in der Valenz des Verbs enthalten ist. Ein vergleichbares Beispiel im Lerner*in‐ nenkorpus dieser Studie könnte die Aussage des*r Lernenden L13 sein, in dem 4.2 Theoretische Eckpfeiler 49 <?page no="50"?> das SUBJ zweifach vorhanden ist (questo und il maglione marrone) und somit keine Kohärenz gegeben ist. (4) Beispiel - Lenzing (2013, 33): *I don’t you like fish. Beispiel - L13: *questo il maglione marrone E di cottone [*dieser der braune Pullover ist aus Baumwolle] Im Beispiel (5) sind nicht alle vom PRED regierten grammatischen Funktionen in der F-Struktur enthalten. Das Verb ‚ride‘ erfordert hier ein Subjekt und ein Objekt, die F-Struktur ist jedoch nicht vollständig, weil das Objekt fehlt. Im Lerner*innenkorpus dieser Studie findet sich das Beispiel „ho mettere in ordine solo due due giorno fa“ (L4), in dem das Verb „mettere in ordine“ neben dem vorhandenen Subjekt im Italienischen auch ein Objekt bräuchte, da dieses jedoch nicht ausgedrückt wird, ist die Vollständigkeit nicht erfüllt. (5) Beispiel - Lenzing (2013, 32): *I riding. Beispiel - L4: *ho mettere in ordine solo due due giorno fa [*(ich)habe erst vor zwei Tagen aufgeräumt] Schließlich hat in Beispiel (6) das Attribut „bianco“ aufgrund der fehlenden Merkmalsunifizierung vom Substantiv abweichende Werte und die Konsistenz ist nicht gegeben. (6) Beispiel - L13: *il berretto di lana E grigio con / eh punti punti bianco- [*die Mütze aus Wolle ist grau mit weiß Punkte] Die K-Struktur Wie viele andere linguistische Theorien wird auch in LFG die Konstituen‐ tenstruktur anhand von Phrasenstrukturbäumen dargestellt, wobei diese für endozentrische Sprachen, wie das Italienische, sehr hierarchisch und für le‐ xozentrische Sprachen sehr flach sind (vgl. Bresnan 2001). Die K-Struktur kann demnach auch lexozentrisch oder endozentrisch organisiert sein: erstere mithilfe von Flexionsmorphologie, letztere nach der X-bar Theorie (Chomsky 1970). Innerhalb der X-bar Theorie können verschiedene lexikalische und funktionale Kategorien unterschieden werden. Lexikalische Kategorien sind N(oun), P(reposition), V(erb), A(djective) oder A(dverb) und stellen den Kopf der Phrase dar, der wiederum die Kategorie der Phrase bestimmt (N => NP, P=> PP, V=> VP etc.). Jede Phrase ist damit Projektion einer Kategorie X, die immer vom Kopf ausgeht und zur maximalen Projektion verläuft. 50 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="51"?> Die K-Struktur für die italienischen Sätze in (7) „Gli astucci gialli sono di Giovanna ed Antonio“ und „Gli astucci di Giovanna ed Antonio sono gialli“ lautet: (7) N AP A Gli astucci gialli [Die gelben Federpennale Det VP NP subj N‘ V PP S Gli astucci di Giovanna ed Antonio sono gialli. sono di Giovanna ed Antonio. Det VP NP subj N‘ N PP V AP A S [Die Federpennale von G. und A. sind gelb.] sind von Giovanna und Antonio.] Wenn Informationen aus unterschiedlichen Teilen der K-Struktur zu einem Teil der F-Struktur beitragen, erfordert LFG als constraintbasierte Grammatik, dass die unterschiedlichen Informationen zusammengeführt werden und diese Informationen kompatibel sind. Wenn beispielsweise ein prädikatives Adjektiv Informationen über Zahl (NUM) und Geschlecht (GEND) des Nomens spezifi‐ ziert, müssen diese Werte (zB Femininum, Singular, 3. Person) mit den Werten für Zahl, Geschlecht und Person des Nomens (hier als Nominalphrase in der Funktion des Subjekts) übereinstimmen. In einem Satz wie „Gli astucci di Giovanna ed Antonio sono gialli“ wäre die F-Struktur des Subjekts wie in Beispiel (8), in dem die Informationen zu Zahl (NUM) und Geschlecht (GEND) sowohl für das Adjektiv (giallo) als auch das Nomen (astuccio) gelten. Der Satz „*Gli astucci di Giovanna ed Antonio sono giallo“ würde widersprüchliche Werte für die Zahl darstellen, was in (9) gezeigt wird. 4.2 Theoretische Eckpfeiler 51 <?page no="52"?> 37 PRED steht für den semantischen Gehalt des hier als Subjekt fungierenden Nomens ‚astuccio‘. Der Wert des Attributs PRED wird mit einer semantischen Form abgebildet, welche in einfache Anführungszeichen gesetzt wird. (8) PRED 37 ‘astucci’ NUM PL GEND MASK - - PRED ‘gialli’ NUM PL GEND MASK (9) - PRED ‘astucci’ NUM *SGgiallo/ PLastucci GEND MASK Kongruenz in LFG Kongruenz wird im LFG-Framework, wie in den meisten constraintbasierten linguistischen Theorien, als Fall von Merkmalsunifizierung (vgl. Butt/ Holloway King 2015, 844) und als „multiple specification of feature values by a controller and target“ (Dalrymple/ Hristov 2010, 187) eingeordnet. In Satz (10) weisen die Modifikatoren dieselben Werte für die Merkmale Zahl, Geschlecht (und Person) auf wie das Nomen aus der F-Struktur und der Darstellung in Beispiel (11), in der die Labels f und s für die Teile der F-Struktur und für s=(f SUBJ) stehen. (10) I libri gialli sono di Giovanni ed Antonio. [Die gelben Bücher sind von Giovanni und Antonio.] (11) i (s GEND) = MASK - (s NUM) = PL 52 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="53"?> libri (s GEND) = MASK - (s NUM) = PL gialli (s GEND) = MASK - (s NUM) = PL sono (f SUBJ NUM) = PL (f SUBJ PERSON) = 3 Zusammenspiel K-Struktur/ F-Struktur In der Folge soll erklärt werden, wie die beiden bisher präsentierten Ebenen, K-Struktur und F-Struktur, in Verbindung gesetzt werden können und wie dies formal dargestellt werden kann: „[C]-structure and f-structure are related to one another in a finely specified way“ (Dalrymple 2001, 70), das heißt, dass beispielsweise jene Teile der K-Struktur, die das Subjekt umfassen, mit der F-Struktur für SUBJ verbunden werden (s. Beispiel [12]). Formal verbindet die Funktion ∅ den K-Struktur-Knoten mit der jeweiligen F-Struktur. Durch diese Funktion wird jeder K-Struktur-Knoten mit einer spezifischen F-Struktur ver‐ bunden, kein Knoten kann mit mehr als einer F-Struktur verbunden werden, um‐ gekehrt werden aber oft mehrere K-Struktur-Knoten mit derselben F-Struktur verbunden (vgl. ebd.). (12) sind von Giovanna und Antonio.] S Det N‘ N AP VP NP subj V PP A P NP ∅ PRED ‘astucci’(ADJ) NUM PL GEND MASK SPEC DEF ADJ PRED ‘gialli’ NUM PL GEND MASK [ Gli Die astuc gelben ci Federpen gialli nale sono di Giovanna ed Antonio 4.2 Theoretische Eckpfeiler 53 <?page no="54"?> Das Mapping der K-Struktur/ F-Struktur unterliegt bestimmten Regeln: So entsprechen eine Phrase und ihr Kopf jeweils derselben F-Struktur. Um eine F-Struktur von einer K-Struktur abzuleiten, werden funktionale Annotationen zu den Phrasenstrukturbäumen hinzugefügt. Im Gegensatz zu Transformations‐ grammatiken werden alle K-Strukturen direkt durch Phrasenstrukturregeln wie in Beispiel 13 und 14 gebildet: Die Phrasenstrukturregeln (s. Beispiel 13) werden in Form von Funktionsgleichungen notiert (vgl. Butt/ Holloway King 2015, 841), welche die K-Struktur und die F-Struktur über eine mathematische Funktion miteinander verbinden (ebd., 842). Links des Pfeils steht der Regelkopf, rechts des Pfeils der Regelrumpf. Das Symbol im Kopf ist der Mutterknoten, die Sym‐ bole im Rumpf sind die Tochterknoten, die jeweils auch ein funktionales Schema erhalten. Der Pfeil nach oben referiert auf die F-Struktur des Mutterknotens, in (13) zB auf VP, der Pfeil nach unten bezieht sich auf den aktuellen Knoten, in (14) zB auf V bzw. PP. (13) S → NP VP - - (↑ SUBJ)=↓ ↑=↓ (14) VP → V PP - - ↑ = ↓ (↑ P_COMP)= ↓ Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Informationen der F-Struktur damit aus unterschiedlichen Quellen stammen: aus der K-Struktur, aus den jeweiligen Phrasenstrukturregeln, in denen funktionale Informationen enthalten sind, und aus den lexikalischen Einträgen (s. nächster Abschnitt) (vgl. Falk 2001, 77). Die Verbindung zwischen K-Struktur und F-Struktur wird einerseits durch Verknüpfungsprinzipien (Linking), die Teile der einen Struktur mit Teilen der anderen Struktur verbinden, und andererseits durch Abgleich‐ prinzipien (Mapping) definiert (vgl. Bresnan 1982). Lexikalische Einträge Die Endknoten der K-Struktur bestehen aus lexikalischen Einträgen (s. Beispiel [15]), die Informationen über Bedeutung, Form und syntaktische Kategorie (N, V, A, P etc.) sowie die funktionale Beschreibung der jeweiligen lexikalischen Items enthalten. Die Verbindung mit den grammatischen Funktionen (SUBJ, OBJ etc.) muss über die K-Struktur gesteuert werden, die wiederum durch 54 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="55"?> funktionale Annotationen angereichert ist (zB (↑SUBJ)=↓). Letztere werden über die Phrasenstrukturregeln hinzugefügt. Für lexikalische Einträge kann dieselbe Art der Annotation verwendet werden wie für Phrasenstrukturregeln. Ausgehend vom folgenden K-Struktur/ F-Struktur-Paar beschreibt Dalrymple (2001, 120) den lexikalischen Eintrag für „yawn“ wie in Beispiel (15) dargestellt. (15) K-Struktur/ F-Struktur PAST TENSE V PRED ‘YAWN(SUBJ)’ yawned lexikalischer Eintrag yawned V (↑PRED) = ‘YAWN(SUBJ)’ (↑TENSE) = PAST (Dalrymple 2001, 120) Wie schon bei den Phrasenstrukturregeln ausgeführt, symbolisiert ↑ auch hier wieder einen Bezug zum Knoten, der den lexikalischen Eintrag dominiert und ↓ einen Bezug zur F-Struktur des Wortes selbst. In den meisten Fällen wird jedoch nur erstere angeführt (vgl. ebd., 121), wie auch aus den Phrasenstrukturregeln für den Satz „Gli astucci gialli sono di Giovanna ed Antonio“ in Beispiel (16) hervorgeht. (16) gli Det (↑DEFINITE) = + - - (↑NUMBER) = PL - - (↑NUMBER) = 3 - - - astucci N (↑PRED) = ‘astuccio’ - - (↑NUMBER) = PL - - (↑GENDER) = MASK - - (↑PERSON) = 3 4.2 Theoretische Eckpfeiler 55 <?page no="56"?> gialli A (↑PRED) = ‘giallo‘ - - (↑NUMBER) = PL - - (↑GENDER) = MASK - - (↑PERSON) = 3 - - - sono V (↑PRED) = ‘essere’<SUBJ, P_COMP> - - (↑NUMBER) =PL - - (↑PERSON) = 3 - - (↑TENSE) = PRESENT - - - di P (↑PRED) = ‘di’ Giovanna N (↑PRED) = ‘Giovanna’ Antonio N (↑PRED) = ‘Antonio’ Die A-Struktur Zusätzlich zu den grundlegenden Darstellungsebenen K-Struktur und F-Struktur wurden im LFG-Framework weitere Strukturen definiert. Eine davon, mittlerweile Standard-Struktur, ist die A-Struktur (Argumentstruktur), die über eine semantische und eine syntaktische Komponente verfügt. Die semantische Komponente repräsentiert Relationen zwischen Prädikat und Ar‐ gumenten in Form von thematischen Rollen, die syntaktische bildet einen Art Valenzrahmen, der die minimal erforderlichen Informationen zur Charakteri‐ sierung der Konstituenten angibt. Sowohl für die thematischen Rollen (Agens > Benefizient > Rezipient/ Experiencer > Instrument > Thema/ Patiens > Lokation) als auch für die grammatischen Funktionen wird in LFG eine hierarchische Reihenfolge vor‐ geschlagen (SUBJ OBJ OBJ θ OBL COMP XCOMP ADJUNCT) (vgl. u.-a. Butt/ Holloway 2015, 843). Bei der Verknüpfung (Linking) werden die höchsten the‐ matischen Rollen auf den höchsten grammatischen Funktionen abgebildet, wodurch sich ein default-Mapping ergibt, bei dem der Agens mit dem Subjekt und das Thema mit den Objekten abgeglichen werden sollen (vgl. u. a. Butt/ Holloway 2015, 855). In unterschiedlichen Sprachen treten jedoch un‐ terschiedliche Merkmale auf, die vom default-Mapping abweichen, weshalb 56 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="57"?> 38 Darüber hinaus müssen auch Informationen zusammengeführt werden, die auf sepa‐ raten Ebenen dargestellt sind. Dafür definiert LFG sogenannte Mapping-Operationen, bei denen die Übertragung von grammatischen und semantischen Informationen zwischen K- und F-Struktur und auch A- und F-Struktur erfolgt. Die für die hier durchgeführte empirische Studie relevanten Strukturen beziehen sich auf Verknüp‐ fungsprozesse, die auf der K-Struktur anzusiedeln sind. in LFG eine explizite Lexical Mapping Theory formuliert wurde, die systema‐ tische Abweichungen (wie bei der Passivierung) und Alternationen (wie lokative Inversion) abdeckt. Im Rahmen dieser Arbeit soll nicht näher darauf eingegangen werden, sondern unter Bezugnahme auf LFG ein kurzer Abriss über die im Rahmen der hier durchgeführten Studie besonders relevante attributive und prädikative Adjektivkongruenz (s. attributive und prädikative Bedingung, Kapitel 6.2) gegeben werden. Adjektivkongruenz im Italienischen Unter dem Punkt K-Struktur wurde bereits auf den Prozess der Merkmalsunifi‐ zierung hingewiesen, bei dem grammatische Informationen auf der Ebene der K-Struktur unifiziert werden 38 . Im Folgenden sollen Merkmale und Werte, die für die Adjektivkongruenz im Italienischen relevant sind, wie in LFG üblich, dargestellt werden. Das Merkmal Numerus (NUM) hat im Italienischen zwei Werte: Singular oder Plural und wird durch Vokalalternation markiert (vgl. Maiden 2016, 697), im Unterschied zu anderen westromanischen Sprachen wie dem Französischen, Spanischen und Portugiesischen, die den Plural durch das Suffix -s bilden (Vincent 2018, 247). Das Italienische ist aus morphologischer Sicht nicht wortsondern stammbasiert (DiBiase/ Bettoni 2015, 118), das heißt der Wortstamm stellt kein vollständiges Wort dar, sondern es bedarf einer Endung und die Markierung des Numerus ist damit obligatorisch. So kann beispielsweise das lexikalische Item in (17a) nicht als reiner Stamm (b) ohne eine - für das italienische Nominalsystem typische - Vokalendung (c) realisiert werden (Di Biase/ Bettoni 2015, 118). (17) a Lexem: {bambino}-[Kind] b Stamm: */ bambin/ - c Mögliche Endungen: / -o [SG, mask]-~ -a [SG, fem]~ -i-[PL, mask]~ -e [PL, fem] / Das Merkmal Genus (GEND) ist ebenso obligatorisch und interagiert mit dem Merkmal Numerus (NUM). Auch hinsichtlich GEND verfügt das Italienische über ein binäres System: maskulin (MASK) vs. feminin (FEM). GEND ist im Gegensatz zu NUM ein intrinsisches Merkmal (vgl. Di Domenico 1997) und im 4.2 Theoretische Eckpfeiler 57 <?page no="58"?> mentalen Lexikon für jedes Substantiv annotiert; es kann in Fällen, in denen es mit dem natürlichen Geschlecht übereinstimmt, konzeptuell transparent sein, in den meisten Fällen ist es jedoch opak und auch arbiträr (vgl. u. a. Berretta 1993, 2002; Di Biase 2007, 25). Regelmäßigkeiten lassen sich auf phonologischer Basis erkennen: So wird Substantiven, die in der unmarkierten SG-Form auf -o enden (zB libro), tendenziell der Wert MASK zugewiesen, Substantiven auf -a (zB casa) FEM. Die Nomina der e-Deklination weisen jedoch keine Korrelation zwischen der Flexionsklasse und dem Genus auf, die Zuordnung des Genus ist hier vielmehr arbiträr: MASK: pane, FEM: neve (vgl. Schwarze 2009, 14; -Belletti/ Guasti 2015, 49). (18) bambino NUM SG bambini NUM PL GEND MASK - GEND MASK bambina NUM SG bambine NUM PL GEND FEM - GEND FEM Wie aus Beispiel (18) hervorgeht, wird GEND im Italienischen notwendiger‐ weise gemeinsam mit NUM gekennzeichnet, das Genusmorphem wird aus diesem Grund auch als „portemanteau“-Morphem bezeichnet (Gudmundson 2013, 233). NUM und GEND sind für Lerner*innen damit opak, wobei -o das häufigste Morphem für MASK und SG darstellt, -a für FEM und SG, -i für MASK und PL und -e für FEM und PL. Das Paradigma reicht aber weit über diese Formen hinaus, wie etwa eine Analyse des mündlichen Korpus LIP, Lessico di fre‐ quenza dell’italiano parlato (De Mauro et al. 1993) durch Gudmundson (ebd., 234) bestätigt, in dem sie elf unterschiedliche Suffixe (Formen) identifiziert, die jeweils einen oder mehrere der vier Werte (MASK, SG/ PL, FEM SG/ PL) aufweisen (s. Tabelle 1). 58 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="59"?> Tabelle 1: Form-Funktions-Beziehungen bei Flexionsmorphemen (Substantive), adaptiert von Gudmundson (2013, 234) Greift man beispielsweise die Markierung des Werts Plural am Sub‐ stantiv heraus, wird schnell klar, dass hier im Italienischen komplexe Form-Funktions-Beziehungen vorliegen. Abbildung (2) soll einerseits zeigen, durch welche Flexionsmorpheme der Plural im Italienischen markiert werden kann, und andererseits, welche weiteren Funktionen die den Plural ausdrü‐ ckenden Flexionsmorpheme noch übernehmen können. Die sich dadurch erge‐ benden Form-Funktions-Beziehungen sind vielfältig: (1) zeigt, dass mehrere Flexionsmorpheme dieselbe Funktion erfüllen können (many-to-one-relation‐ ship [Di Biase/ Bettoni 2015, 120]), in (2) übernimmt ein bestimmtes Flexi‐ onsmorphem die Markierung mehrerer Funktionen wie Singular und Plural (one-to-many-relationship), während in (3) die einzige eindeutige Form-Funk‐ tions-Beziehung vorliegt und--i-nur das Merkmal PL ausdrückt. 4.2 Theoretische Eckpfeiler 59 <?page no="60"?> Abbildung 2: Form-Funktions-Beziehungen bei der Pluralmarkierung (nach Di Biase/ Bettoni 2015, 120) Im Italienischen ist Genus- und Numeruskongruenz in der Nominalphrase zwischen dem Kopf der Nominalphrase und Artikelwörtern (Artikel und De‐ monstrativa), Spezifikatoren (zB alcun-, ciascun-, nessun-, quant-, altrettant-), Präartikeln (zB tutt-), Postartikeln (Possessiva, determinierenden Formen wie etc., unbestimmten Quantifikatoren, Ordinalzahlen etc.) sowie Modifikatoren in Form von attributiven altr-, stess-, unic-, sol- Adjektiven verpflichtend (vgl. Schwarze 1995, 8 ff.). So bestimmt das Substantiv Genus und Numerus der Nominalphrase und in weiterer Folge „bestimmen Genus und Numerus des Nomens direkt und indirekt einen großen Teil der Kongruenzbeziehungen“ (ebd.), weil die Nominalphrase auch ihrerseits wiederum Kongruenz erfor‐ dert. Anders ausgedrückt müssen alle deklinablen Elemente der Nominalphrase in Numerus und Genus übereinstimmen, was in LFG mit dem Begriff der fea‐ ture unification (Merkmalsunifizierung) ausgedrückt wird. Auch als Komple‐ ment der Kopula übernimmt die Adjektivphrase im Funktionsrahmen <Sub‐ jekt, A-Komplement> Genus und Numerus, in diesem Fall des Subjekts (vgl. Schwarze 1995, 221). Von einigen Autor*innen wird GEND an sich als „redundantes Phänomen“ oder als „linguistischer Luxus“ (Bally 1952, 45) bezeichnet. Aus sprachgeschicht‐ licher Sicht sieht Ibrahim (1973, 5) dieses Merkmal als rein zufällig entstandenes Phänomen. Sagarra/ Herschensohn (2010, 2024) attestieren dem Phänomen eine-Funktion, die über eine reine Wiederholung hinausgeht: „Gender concord is not simply a redundant agreement phenomenon in gendered languages, but rather is a facilitating factor for native speakers to access lexical items and concord relationships with greater speed, a factor known as congruency“. Aus der schnelleren Verarbeitung von Nomen und ihren Modifikatoren mit Genus‐ kongruenz im Vergleich zu Inkongruenz schließen sie, dass die Genusmarkie‐ rung nicht überflüssig ist, sondern eine schnellere Verarbeitung erleichtert (vgl. Sagarra/ Herschensohn 2011, 88). Die Verarbeitung der Genussowie der 60 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="61"?> 39 De Bot (1992), der Levelts Sprachproduktionsmodell für Zweisprachige adaptiert, zeigt, dass sprachspezifische Routinen in allen Teilen der präverbalen Nachricht sowie in der Folge auch bei der Wahl der Lexeme und im Formulator verwendet werden und geht von separaten Formulatoren für die unterschiedlichen Sprachen aus. 40 Lenzing (2013, 80) beschreibt functors als Funktionswörter wie Artikel oder Präposi‐ tionen; functorisation bezeichnet den Prozess des Einfügens dieser Funktionswörter. Numeruskongruenz muss auch im Zusammenhang mit Prinzipien der Inputver‐ arbeitung, wie sie VanPatten (2020, 106 ff; 2004; 1996) definiert und wie sie in Abschnitt 3.2 definiert wurden, gesehen werden. Welche Herausforderungen sich dadurch für den L2-Erwerb der hier untersuchten Lerner*innengruppe ergeben, wird in Kapitel 8 diskutiert. 4.3 Die hierarchische Entwicklungsabfolge Nachdem in 3.2 die theoretischen Grundpfeiler der PT dargestellt wurden, soll im Anschluss die hierarchische Entwicklungsabfolge (processability hierarchy), das Herzstück der PT, beschrieben werden. Die Erwerbsabfolge basiert auf dem Konzept der inkrementellen Sprachverarbeitung nach Levelt (1989) und Kempen/ Hoenkamp (1987), wonach Sätze in kleinen Teilen in unterschiedlichen Komponenten des Verarbeitungssystems parallel verarbeitet werden. Dabei muss berücksichtigt werden, dass Levelt und Kempen/ Hoenkamp ihre An‐ nahmen für erwachsene L1-Sprecher*innen und nicht für Sprachlerner*innen treffen. Pienemann (1998a, 73) argumentiert, dass Sprachanfänger*innen zwar wie L1-Sprecher*innen auf allgemeine kognitive Ressourcen zurückgreifen können, aber sprachspezifische Verarbeitungsroutinen erst aufbauen müssen 39 . Letztere umfassen - für die für PT relevanten Bereiche des Formulators und des Lexikons - Wortstellungsregeln, den Phrasenstrukturaufbau und die Spei‐ cherung grammatischer Informationen, diakritische Merkmale im Lexikon, lexikalische Kategorien von Lemmata und functorisation rules  40 (Pienemann 1998a, 74). Die sprachspezifischen Verarbeitungsmechanismen müssen von L2-Lerner*innen erworben werden, damit die Zielsprache verarbeitet werden kann (ebd. 2005, 13). Sie greifen zeitlich ineinander, das heißt, der eine Verar‐ beitungsmechanismus wird im Prozess der Sprachproduktion vor dem anderen verwendet, und die in einem Mechanismus verarbeiteten Informationen sind für einen anderen notwendig, sodass eine Hierarchie von Entwicklungsstufen entsteht, wie in Tabelle 2 dargestellt: 4.3 Die hierarchische Entwicklungsabfolge 61 <?page no="62"?> Merkmalsunifizierung zwischen Hauptsatz und Nebensatz (Nebensatzprozedere) Merkmalsunifizierung zwischen zwei Phrasen (Satzprozedere) Merkmalsunifizierung innerhalb der Phrase (phrasales Prozedere) Zuordnen von Wörtern zu Kategorien (Kategorieprozedere) Zugang zu Wörtern Tabelle 2: Verarbeitungshierarchie (adaptiert und übersetzt von Pienemann 1998a, 80) Pienemann (2005, 13) postuliert damit, dass die Verarbeitungsmechanismen in derselben Reihenfolge erworben werden, in der sie im Sprachproduktions‐ prozess auftreten. Wie in Tabelle 3 ersichtlich, sind die Entwicklungsstufen hierarchisch und implikational, das heißt jede niedriger angeordnete Entwick‐ lungsstufe ist Voraussetzung für den Erwerb der nächsthöheren. - t 1 t 2 t 3 t 4 t 5 S’procedure (Embedded S) - - - - - S‘procedure simplified simplified interphrasal information exchange interphrasal information exchange Phrasal proce‐ dure - phrasal infor‐ mation ex‐ change phrasal infor‐ mation ex‐ change phrasal infor‐ mation ex‐ change Category pro‐ cedure lexical mor‐ phemes lexical mor‐ phemes lexical mor‐ phemes lexical mor‐ phemes Word/ lemma + + + + + Tabelle 3: Vorhersagen der PT (adaptiert nach Pienemann 1998a, 79) Daraus ergeben sich für die Entwicklung des L2-Prozessors (zumindest) fünf aufeinanderfolgende Entwicklungsstufen (s. Tabelle 2 und 3), wobei darauf hingewiesen sei, dass es sich bei den in der Folge beschriebenen Verarbeitungs‐ mechanismen nicht um bewusste Prozesse im Sinne des Anwendens von Gram‐ matikregeln handelt, sondern um prozedurale Fähigkeiten. Auf Stufe 1 sind noch keine sprachspezifischen Verarbeitungsroutinen vorhanden, das mentale Lexikon der Lerner*innen ist im Aufbau und noch nicht mit sprachspezifischen syntaktischen Informationen annotiert (vgl. Pienemann 1998a, 83; s. dazu 62 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="63"?> Multiple Constraints Hypothesis [Lenzing 2013] in Abschnitt 4.4). Auf Stufe 2 können Lerner*innen den Wörtern der Zielsprache ihre syntaktische Kategorie zuweisen, aber noch keinen Austausch von grammatischen Informationen - weder innerhalb noch zwischen Konstituenten - durchführen. Die Speicherung und Unifizierung (s. Abschnitt 4.2.2 zu Merkmalsunifizierung) von diakritischen Merkmalen wird schließlich auf Stufe 3 auf der Ebene des Syntagmas möglich und auf Stufe 4 auf Satzebene. Abschließend kann die Merkmalsunifizierung auch über Satzgrenzen - etwa zwischen Haupt- und Nebensatz - erfolgen. Hinsichtlich des Erwerbs der Morphologie unterscheidet Pienemann (1998a, 8) damit zwischen drei Arten von Morphemen: (1) lexikalische Morpheme, (2) phrasale Morpheme, (3) interphrasale Morpheme (s. Tabelle 4). Erwerbsstufe Ort des Austausches Morphemart Beispiel Satzprozedere im Satz interphrasale Morpheme La casa è bella. phrasales Prozedere nur im Syntagma phrasale Morpheme la casa bella Kategorieprozedere kein Austausch lexikalische Morpheme case Tabelle 4: Arten von Morphemen (adaptiert für das Italienische auf Basis von Piene‐ mann/ Lenzing 2020, 166) Im Falle der lexikalischen Morpheme (Beispiel 1 in Tabelle 4) wie im italieni‐ schen Beispiel „case“ liegt kein Informationsaustausch vor; im Falle von (2) werden Informationen auf Ebene der Phrase unifiziert, im Beispiel „la casa bella“ werden sowohl „la“ als auch „casa“ und „bella“ mit dem Merkmal NUM und GEND annotiert und in allen drei Fällen weist das Merkmal NUM den Wert SG und das Merkmal GEND den Wert FEM auf. In Beispiel (3), „la casa è bella“, werden Informationen über die Phrase hinaus auf Satzebene unifiziert, „la casa“ (Nominalphrase) und „bella“ (XCOMP) tragen die Merkmale NUM und GEND mit denselben Werten (SG, FEM). Dabei müssen laut Pienemann (1998a, 113) zwei Schritte im Erwerb unterschieden werden: Zunächst der Informationsaustausch und die Unifizierung von diakritischen Merkmalen innerhalb von bzw. zwischen Konstituenten (Pienemann 1998a, 113). Darüber hinaus muss die morphologische Form des Affixes in Beziehung zu seiner Funktion gelernt werden, was eine zusätzliche Aufgabe darstellt (ebd.) und je nach Form-Funktions-Beziehung in den unterschiedlichen Sprachen und für die unterschiedlichen Strukturen unterschiedlich komplex sein kann (s. dazu für das Italienische Abschnitt 4.5). Dass unterschiedliche Grade an Komplexität jedoch auch für den Erwerb der diakritischen Merkmale selbst vorliegen, zeigt sich im Vergleich der Merkmale Numerus und Genus. Während Numerus aus der 4.3 Die hierarchische Entwicklungsabfolge 63 <?page no="64"?> 41 Pienemann et al. (2005) präsentieren drei Hypothesen: Unmarked Alignment Hypothesis, Topic Hypothesis und Lexical Mapping Hypothesis. The Unmarked Alignment Hypothesis wird jedoch von Bettoni/ Di Biase (2015, 17) wieder verworfen, die Topic Hypothesis in eine Promincence Hypothesis umformuliert und die Lexical Mapping Hypothesis spezifiziert. konzeptuellen Ebene abgeleitet werden kann, ist Genus ein idiosynkratisches Merkmal von Substantiven, das für jeden lexikalischen Eintrag separat gelernt werden muss (vgl. Pienemann 1998a, 159). 4.4 Erweiterungen der Theorie Wie bereits angesprochen, wurde die PT in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Eine wesentliche Erweiterung stellte der Aufsatz von Piene‐ mann et al. (2005) dar, welcher die ursprüngliche Modellierung der Merkmalsu‐ nifizierung innerhalb der K-Struktur und die Verwendung einer simplifizierten Version der F-Struktur um die Modellierung von sprachlicher Nicht-Linearität - durch die Berücksichtigung von Diskursfunktionen sowie der Lexical Mapping Theory  41 (zB dem Abgleich der A-Struktur mit der F-Struktur) - ergänzen. In der vorliegenden Arbeit, die Italienisch-Anfänger*innen untersucht, kann nicht näher auf diese Erweiterungen eingegangen werden; für diese Lerner*in‐ nengruppe besonders relevant sind Erweiterungen zur Modellierung des men‐ talen Grammatiksystems von L2-Anfänger*innen durch Lenzing (2013, 7 f.). Lenzing (ebd.) präsentiert die Multiple Constraints Hypothesis (MCH), die sich wiederum von LFG (Bresnan 2001) als Grammatiktheorie und PT (Pienemann 1998a) als Spracherwerbstheorie ableitet. Die Kernaussagen der MCH sind, dass das initiale mentale L2-Grammatiksystem hinsichtlich der Verarbeitbarkeit (processability) stark eingeschränkt ist (Lenzing 2013, 1) und dass die Entwick‐ lung des Systems den Vorhersagen der PT folgt. Die Beschränkungen lassen sich in Bezug auf die drei dargestellten Ebenen der LFG wie folgt zusammenfassen (s. Abbildung 3) und können empirisch überprüft werden. 1. Die K-Struktur ist laut MCH anfangs nicht vorhanden, wodurch Lerner*innen sich ausschließlich auf lexikalische Prozesse stützen und beispielsweise Einzelwörter oder auch formelhafte Äußerungen produ‐ zieren. Die sich nach und nach entwickelnde K-Struktur ist zunächst stark reduziert, das heißt, durch flache Phrasenstrukturbäume und fehlende funktionale Kategorien charakterisiert (vgl. Lenzing 2013, 9 u. 33). 64 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="65"?> 2. Die A-Struktur, die in LFG sowohl semantische als auch syntaktische In‐ formationen enthält, ist bei Anfänger*innen noch nicht vollständig entwi‐ ckelt. Die semantischen Informationen sind zu Beginn insofern beschränkt, als die Art der Argumente des Prädikates aufgrund der erst sukzessiv erfolgenden Annotation des L2-Lexikons nur teilweise spezifiziert sind. Die syntaktischen Informationen, dh die syntaktische Klassifikation der Argumente, sind ebenfalls nicht vollständig, was dazu führt, dass Lernende Argumente nicht auf grammatische Funktionen, sondern direkt auf die Oberflächenstruktur übertragen (Mapping). 3. Die F-Struktur ist bei Anfänger*innen nicht zugänglich. Die MCH geht davon aus, dass Informationen der F-Struktur wie beispielsweise Infor‐ mationen über grammatische Funktionen zwar im mentalen Grammatik‐ system der Lerner*innen vorhanden sind, diese bzw. die F-Struktur aber für Anfänger*innen aufgrund der noch fehlenden syntaktischen Merkmale in der A-Struktur und der nicht entwickelten Mapping-Prinzipien zwischen den verschiedenen Repräsentationsebenen nicht zugänglich sind (vgl. Lenzing 2013, 9). 4. Über die drei grundlegenden Darstellungsebenen von LFG hinaus ist auch das Lexikon zu Beginn des Erwerbs nicht vollständig - es sind etwa nicht für alle lexikalischen Einträge syntaktische Kategorien vorhanden. Das Lexikon wird erst graduell annotiert (Lenzing 2013, 7). Diese vier Punkte begründen auch die Nichteinhaltung der Prinzipien Kohä‐ renz, Vollständigkeit, Konsistenz, die in LFG postuliert und in Abschnitt 4.2.2 dargestellt wurden: Kohärenz kann nicht erreicht werden, weil syntaktische Merkmale in der A-Struktur fehlen und/ oder Argumente nicht auf grammati‐ sche Funktionen bezogen/ gemappt werden (Lenzing 2013, 33). Vollständigkeit kann nicht erreicht werden, weil die A-Struktur im mentalen Lexikon noch nicht vollständig annotiert, und damit das Mapping der Argumente auf gram‐ matische Funktionen in der F-Struktur eingeschränkt ist. Konsistenz kann nicht ermöglicht werden, weil wiederum das Lexikon nicht vollständig annotiert ist, die verschiedenen Darstellungsebenen noch nicht vollständig entwickelt sind und dadurch Einschränkungen bei der Merkmalsunifizierung und den Mapping-Prinzipien entstehen (vgl. Lenzing 2013, 31). 4.4 Erweiterungen der Theorie 65 <?page no="66"?> 42 Siehe auch Magnani (2019) zum Zusammenspiel von Syntax- und Morphologieentwick‐ lung, u.-a. im Italienischen. a-structure like <experiencer patient/ theme> semantic side ([-0]) ([-r]) syntactic side f-structure SUBJ OBJ c-structure I milk. I like rolls {mit} jam. Direct mapping Lexical processes Flat c-structure S N V N A-structure: • Syntactic side not (fully) annotated in the mental lexicon for syntactic features F-structure: • Grammatical functions present BUT: inaccessible due to lack of syntactic features in astructure C-structure: • Initially not present (lexical processes) Development follows a lexocentric pattern: flat trees, no functional categories present Constraints on processability Abbildung 3: Überblick über die Multiple Constraints Hypothesis (Eigene Darstellung nach Lenzing 2013, 8) Lenzing (2013) überprüft ihre Hypothese bei frühen Englisch-Lerner*innen und wendet dafür eine detaillierte Analyse von jeglichen in den Daten vorhan‐ denen lernersprachlichen Strukturen an, was ihr eine bessere Unterscheidung zwischen formelhaften Äußerungen und tatsächlich produktiv erworbenen Strukturen erlaubt, zumal sie ein Querschnitt- und ein Längsschnittdesign anwendet und damit auch den Weg von formelhaften Äußerungen, die nach und nach durch produktive Strukturen ersetzt werden, nachzeichnen kann. Innovativ ist zudem, dass sie als erste die A-Struktur bei Anfänger*innen im Theorierahmen der PT im Detail untersucht. 4.5 PT-Hierarchie für das Italienische Die in 4.3 dargestellten Entwicklungsstufen sollen in diesem Abschnitt anhand von Di Biase/ Kawaguchi (2002) und Di Biase/ Bettoni (2015) für das Italieni‐ sche konkretisiert werden. Aufgrund des Fokus der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Studie wird hier der Schwerpunkt auf die Morphologie gelegt. Di-Biase/ Bettoni (2015) decken jedoch auch die Syntax des Italienischen ab 42 . Als wesentliche Herausforderung für die Übertragung der PT auf das Italienische identifizieren Di Biase/ Bettoni (2015, 118) - etwa im Vergleich zum Englischen - die Komplexität des italienischen Flexionssystems, darunter die höhere Position des 66 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="67"?> 43 Der index of fusion beschreibt ein Kontinuum, das von hoch agglutinierenden zu hoch fusionierenden Sprachen reicht (vgl. Payne 2017, 85-90). Bei letzteren sind Morphem‐ grenzen schwer identifizierbar, während bei ersteren eine Segmentierung der Morpheme leichter erfolgen kann. Morphemgrenzen im Italienischen sind - etwa im Vergleich zum Englischen - schwieriger zu identifizieren, weil es sich beim Großteil der Morpheme um gebundene und nicht um freie Morpheme handelt. In Hinsicht auf Flexionsmorpheme in der Nominalflexion ist das Italienische auch im Vergleich zu westromanischen Sprachen wie Französisch, Spanisch oder Portugiesisch als höher fusionierende Sprache einzustufen, bei der das Pluralmorphem nicht durch das Suffix -s, sondern durch ein komplexes System der Vokalalternation markiert wird, was Genus und Numerus schwer voneinander trennbar macht (vgl. auch Di Biase 1999 zitiert in Di Biase 2007, 37). 44 Pienemann (1998a, 156) selbst schreibt, „This complexity [unterschiedliche komplexe Form-Funktions-Beziehungen] adds another dimension to the learning task which is separate from the task on which Processability Theory is focused, namely the exchange of grammatical information, including the use of diacritic features.“ Italienischen auf dem Kontinuum des index of fusion  43 und der damit einhergehend stärker fusionale Charakter des Italienischen mit schwerer segmentierbarer Flexi‐ onsmorphologie (vgl. Schwarze 2009). So verfügt das Italienische über ein System der Vokalalternation (beispielsweise anstatt des Suffix -s bei der Pluralmarkierung), wodurch es sich auch vom Französischen, Spanischen und Portugiesischen un‐ terscheidet (vgl. Vincent 2018, 248). Genus- und Numerusmarkierung sind für Lerner*innen zudem opak. Als weitere Herausforderung für die Verarbeitung sehen Di Biase/ Bettoni (2015, 119) die Stammbasierung im Italienischen (s. Ab‐ schnitt 4.2.2). Sie gehen davon aus, dass Lerner*innen den phonetischen Teil, das Erkennen, dass Wörter typischerweise über eine Vokalendung verfügen, schnell erwerben, jedoch viel mehr Zeit brauchen, um die grammatischen Informationen, die in der Vokalalternation enthalten sind, zu verarbeiten. Hinzu kommt im Italienischen ein komplexes Nominalparadigma mit zahlreichen phonologisch begründeten Kategorien (s. Abschnitt 4.2.2). Diese hier dargestellten Charakteristika des Italienischen veranlassen Di Biase (2007) und Di Biase/ Bettoni (2015, 119), das Italienische als Beispiel für eine Sprache einzuordnen, bei der das grundlegende PT-Prinzip der Merkmalsunifi‐ zierung innerhalb und über Syntagmen hinweg, um weitere Prinzipien ergänzt werden muss, um den L2-Erwerbsprozess erklären zu können 44 . Eines dieser Prinzipien ist die Form-Funktions-Beziehung, wie sie auch Pienemann (1998a, 154 f.) etwa für die deutsche Dativmarkierung beschreibt. Wie in Abschnitt 4.2.2 gezeigt, kann die Beziehung zwischen morphologischer Form und Funktion un‐ terschiedliche Komplexitätsgrade aufweisen und für den Erwerbsprozess kann angenommen werden, dass diese komplexen Form-Funktions-Beziehungen nur graduell erworben werden können und sich Lerner*innen von regelmäßigeren und einfacheren one-to-one-Form-Funktionsbeziehungen hin zu komplexeren 4.5 PT-Hierarchie für das Italienische 67 <?page no="68"?> entwickeln. Di Biase (2007, 30) geht zB konkret davon aus, dass nur die frequen‐ testen bzw. default gekennzeichneten Marker in der jeweils vorhergesagten Entwicklungsstufe auftreten, während das vollständige Paradigma erst später erworben wird. Dieser Aspekt muss bei der Analyse sowohl der produktiven Daten als auch der rezeptiven Daten der in dieser Arbeit vorgelegten Studie berücksichtigt werden, auch weil PT bisher wenig Vorhersagen zur Entwicklung des vollständigen Paradigmas trifft (Di-Biase-2007, 16). In der Folge sollen die einzelnen Erwerbsstufen für das Italienische über‐ blicksartig dargestellt werden (s. Tabelle 5). Nachdem Lerner*innen vorerst Einzelwörter oder formelhafte Wendungen produzieren (Lemmazugriff), be‐ ginnen diese auf der zweiten Entwicklungsstufe damit, den Wörtern Kategorien zuzuweisen. Dieses categorial marking kann sich im Italienischen etwa durch die Verwendung von Artikeln oder artikelähnlichen Formen äußern. PT folgend findet auf Entwicklungsstufe 2 (Kategorieprozedere) jedoch noch kein Informa‐ tionsaustausch zwischen Elementen einer Phrase oder eines Satzes statt. STAGE MORPHOLOGICAL OUTCOME STRUCTURE EXAMPLE S-BAR PROCED. INTERCLAUSAL MORPHOLOGY subjunctive marking in subordination immagino siano partiti [I imagine they have left] SENTENCE PROCED. INTERPHRASAL MORPHOLOGY NP TOPi Cl OBJi AUX V-to i NP SUBJ i fichi li ho comprati io [the figs, I have bought them] NP TOPi Cl OBJi V NP SUBJ i fichi li compro io [the figs, I buy them] NP SUBJ AUX V-to i bimbi sono partiti [the kids have left] NP SUBJ COP predicative adjective i bimbi sono buoni [the kids are good] PHRASAL PROCED. VP MORPHOLOGY AUX V-to sono usciti [(they) have left] COP predicative adjective sono buoni [(they) are good] NP MORPHOLOGY N adjective bambini buoni [good children] CATEGORY PROCED. LEXICAL MORPHOLOGY person marking on V mangiare vs. mangio [eat vs. I eat] past marking on V mangia vs. mangiato [eat vs. eaten] plural marking on N bambino vs. bambini [child vs. children] LEMMA ACCESS INVARIANT FORMS single words formulas no lavoro [no work] mi chiamo Karim [my name is Karim] Tabelle 5: Entwicklungsstufen für die italienische L2-Morphologie (Eigene Darstellung nach Di Biase/ Bettoni 2015, 121) 68 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="69"?> Di Biase/ Bettoni (2015, 122) argumentieren hier für das Italienische, dass die Ver‐ bindung von Substantiven und Artikeln Teil der Markierung von Substantiven und keine ausreichende Evidenz für die Merkmalsunifizierung innerhalb einer Phrase, zwischen Determinanten und Substantiven, darstellen. Sie begründen dies einerseits damit, dass alleinstehende Substantive am Beginn des L2-Erwerbs kaum produziert werden und ebenso bei L1-Sprecher*innen mit Ausnahme von Personennamen wenig frequent sind. Zusätzlich führen sie an, dass italienische Artikel weder syntaktisch noch prosodisch selbstständig sind und damit häufig als formelhafte Artikel-Substantiv-Kombinationen gelernt werden und auf der ersten Entwicklungsstufe anzusiedeln sind. Neben der Markierung mit einem Artikel kann eine kategoriale Markierung von Substantiven auch durch die Pluralmarkierung erfolgen, anfangs vor allem mit dem Pluralmarker -i (Details zu komplexen Form-Funktions-Beziehungen in Abschnitt 4.2.2). Zudem können auch Verben - wie Substantive - nach ihrer Kategorie markiert werden, so etwa durch die Verwendung des Infinitivs im Gegensatz zu einer konjugierten Form oder auch durch die Verwendung des Partizips Perfekts im Gegensatz zum Infinitiv, wenngleich diese noch nicht in analytischen Konstruktionen mit einem Auxiliar auftreten. Entwicklungsstufe 3 (phrasales Prozedere) ist im Italienischen durch Kon‐ gruenz in der Nominalphrase und der Verbalphrase charakterisiert. Innerhalb der Nominalphrase beginnen Lerner*innen Numerus- und Genus-Kongruenz zwischen attributiven Adjektiven und Substantiven (nominale Köpfe) sowie zwischen Determinanten bzw. Modifikatoren des Substantives. Darunter fallen etwa Demonstrativadjektive (zB questi [PL. MASK] libri [PL.MASK], dt. „diese Bücher“), die im Gegensatz zu Artikeln (s. oben) auch syntaktisch selbstständig sein und am Ende einer Phrase auftreten können sowie ihr eigenes Beto‐ nungsmuster haben. Innerhalb der Verbalphrase ist die Kongruenz zwischen Kopula und prädikativen Adjektiven (zB sono [PL] buoni [PL.MASK], dt. „[sie] sind gut“) oder Substantiven (zB sono [PL] alunni [PL.MASK], dt. „[sie] sind Schüler*innen“) und die Übereinstimmung zwischen Auxiliar sowie Partizip des lexikalischen Verbs (zB sono [PL] usciti [PL.MASK], dt. „[sie] sind aus-/ hinausgegangen“) möglich. Auf Entwicklungsstufe 4 (Satzprozedere) führen Di Biase/ Bettoni (2015) als charakteristische Beispiele die Unifizierung von Merkmalen des Subjekts (NUM, GEND) mit nicht-verbalen Prädikaten (zB prädikatives Adjektiv) an (s. Beispiel 19, in dem die Merkmale PL und MASK unifiziert werden). Di Biase/ Bettoni (2015, 124) plädieren dafür, nicht die S-V-Kongruenz als typische Evidenz für diese Erwerbsstufe heranzuziehen und begründen dies mit der Pro-Drop/ Null-SUBJ Charakteristik des Italienischen, durch die Person und Zahl 4.5 PT-Hierarchie für das Italienische 69 <?page no="70"?> direkt - „without a necessary co-reference to a nominal or pronominal SUBJ“ (ebd.) - auf die Verbform bezogen werden. Auf Basis dieser Argumentation wird auch in der hier vorliegenden Studie im Reaktionszeitexperiment der Erwerb des Satzprozederes anhand der prädikativen Adjektivkongruenz mit explizitem Subjekt untersucht. Wenn in der Studie also von der „prädikativen Adjektivkongruenz“ als Versuchsbedingung gesprochen wird, ist damit die Verwendung des prädikativen Adjektives mit explizitem Subjekt, nicht mit Null-Subjekt gemeint. (19) Di Biase/ Bettoni (2015, 124) Anne: i genitori di mia mamma sono australiani [Die Eltern-PL.MASK meiner Mama sind-3.PL Australier-PL.MASK] Als zweites Beispiel für Entwicklungsstufe 4 nennen Di Biase/ Bettoni (2015) schließlich die Numerus- und Genus-Kongruenz zwischen explizitem Subjekt und lexikalischem Verb in analytischen Verbkonstruktionen mit dem Auxi‐ liar essere wie in Beispiel (20), indem die Merkmale PL, FEM unifiziert werden. (20) nach Di Biase/ Bettoni (2015, 124) Amy: noi siamo andate da Napoli a Palermo [wir-1.PL sind-1.PL gefahren-PL.FEM von Neapel nach Palermo] Als dritte Struktur führen Di Biase/ Bettoni (2015, 125) das TOP-V-Agreement in einem Satz mit topikalisiertem Objekt (auch dislocazione a sinistra) an, bei dem das topikalisierte Objekt (NP TOP, s. Tabelle 5) am Anfang des Satzes und das klitische Akkusativpronomen (OBJ clitic), welches das Objekt aufgreift, in Numerus und Genus übereinstimmen müssen. In Beispiel (21) werden damit die Merkmale PL.MASK in der Nominalphrase „i broccoli“ mit dem direkten Objektpronomen „li“ unifiziert. (21) nach Di Biase/ Bettoni (2015, 125) Toni: i broccoli li compra il cane [die-PL.MASK Brokkoli-PL.MASK, die-PL.MASK kauft der Hund] Lerner*innen müssen dafür in der Lage sein, eine topikalisierte Nominalphrase als Nicht-Subjekt zu erkennen und diese zudem mit einem klitischen Akkusativ‐ pronomen wiederaufzugreifen. Als Voraussetzung dafür geben Di Biase/ Bettoni (2015, 125) an, dass Lerner*innen in der Lage sein müssen, die Funktionen SUBJ und OBJ eindeutig zuzuweisen. Bei analytischen Verbkonstruktionen mit Auxiliar muss das Partizip Perfekt zudem in Numerus und Genus mit dem klitischen Objektpronomen unifiziert werden. Dies zeigt sich an Beispiel (22), bei dem die Nominalphrase „le patate“ mit dem Pronomen „le“ ebensowie dem 70 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="71"?> Partizip Perfekt von „comprare“ (dt. „kaufen“), „comprate“, in den Merkmalen NUM und GEND (PL.FEM) übereinstimmen. (22) nach Di Biase/ Bettoni (2015, 125) Amy: le patate le ha comprate il cane [die-PL.FEM Kartoffel-PL.FEM, die-PL.FEM hat gekauft-PL.FEM der Hund] Für Entwicklungsstufe 5 (Nebensatzprozedere) führen Di Biase/ Bettoni (2015) für das Italienische schließlich den Erwerb der Konjunktivformen (congiuntivo) im Nebensatz wie in Beispiel (23) an. (23) nach Di Biase/ Bettoni (2015, 126) speriamo venga domani [(wir)hoffen-INDICATIVO.1.PL kommt-CONGIUNTIVO-3.SG morgen] [wir hoffen, dass er/ sie morgen kommt] Die Frage nach der Einordnung der Subjekt-Verb-Kongruenz in Pro-Drop-Spra‐ chen bedarf einer genaueren Betrachtung: Di Biase/ Kawaguchi (2002, 276) formalisieren die zugrundeliegenden Mapping-Prozesse von der A-Struktur auf die F-Struktur und von der K-Struktur auf die F-Struktur anhand von LFG (Bresnan 2001, 177) und damit nicht-transformational. Dabei geht aus Beispiel 24 und 25 hervor, dass in Pro-Drop-Sprachen wie dem Italienischendie strukturelle Abbildung des Subjektpronomen in Form einer NP oder DP im Vergleich etwa zum Englischen fehlt. Das Mapping von der A-Struktur zur F-Struktur ist zwar für beide Sprachen gegeben, das Italienische unterscheidet sich jedoch durch die morphologische Realisierung in der K-Struktur („subject as verb stem affix“ Di Biase/ Kawaguchi 2002, 276). Im vorliegenden Beispiel fungiert das Flexionsmorphem -o damit als gebundenes Pronomen der ersten Person (ebd., 277). 4.5 PT-Hierarchie für das Italienische 71 <?page no="72"?> (24) nach Di Biase/ Kawaguchi (2002, 277) ‘vedere’ <Experiencer Thema> V‘ V Cl PRED MODE … SUBJ [‘io’ dt. „ich”] OBJ [‘li’, dt. „sie”] li vedo ‘see’ <Experiencer Thema> PRED MODE … SUBJ [‘I’] OBJ [‘them’] IP V see DP them I‘ VP DP I Als empirische Evidenz für die Formalisierung in LFG ziehen Di Biase/ Kawa‐ guchi (2002) psycholinguistische Studien von Vigliocco/ Butterworth/ Semenza (1995) und Vigliocco/ Butterworth/ Garrett (1996) heran, die zum Ergebnis kommen, dass Subjekt- und Verb-Konstituenten unabhängig voneinander Merkmale von der Ebene der Konzeptualisierung (s. Abschnitt 4.2.1 zu Levelts Sprachproduktionsmodell) abrufen können. In ihrem Vorschlag (Vigliocco et al. 1995, 208 f. und 1996, 269) können Merkmale wie Numerus, Person und - falls relevant - Genus separat von der Ebene der Konzeptualisierung abgerufen werden und zwar für NP als auch VP und müssen nicht von einer Quelle (dem Subjekt) auf ein Ziel (das Verb) kopiert werden. Die Agreement-Beziehung besteht dann darin, die beiden Sets an Merkmalen zusammenzuführen. Laut Vigliocco et al. (1996, 288) ist diese Definition der Agreement-Beziehung vor allem für Sprachen mit (i) reicher verbaler Flexionsmorphologie, (ii) mit der Möglichkeit zu post- und prä-verbalen Subjekten (iii) sowie der Möglichkeit, Subjektpronomen wegzulassen, gegeben. Alle drei Charakteristika treffen auf das Italienische zu. Abbildung 4 (Vigliocco et al. 1995, 209) zeigt ein konkretes Beispiel für einen VS-Satz im Italienischen, in dem die Merkmale Person (3.), Nu‐ merus (SG) und Genus (MASK) direkt von der konzeptuellen Darstellungsebene (conceptual representation) abgerufen werden, um die Form des Hilfsverbs (è, dt. „ist“) und des Partizips des Vollverbs (uscito, dt. „ausgegangen“) zu spezifizieren. Die Zusammenführung der Merkmalsets erfolgt auf der Satzebene und ist mit dem großgeschriebenen U symbolisiert. 72 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="73"?> Abbildung 4: Merkmalsunifizierung in einem VS-Satz (Eigene Darstellung nach Vigli‐ occo et al. 1995, 209) Da die Merkmale also nicht vom Subjekt zum Verb kopiert, sondern - wie soeben mit Vigliocco et al. (1995, 1996) illustriert - direkt aus der konzeptu‐ ellen Ebene abgerufen werden können, stellt die Subjekt-Verb-Kongruenz im Italienischen Di Biase/ Kawaguchi (2002) sowie Di Biase/ Bettoni (2015) folgend kein typisches Beispiel für eine Merkmalsunifizierung zwischen zwei Phrasen dar. Dieser Argumentation folgend werden für die hier vorliegende Studie auch eindeutig zuordenbare Beispiele für die phrasale Prozedur (attributive Adjektivkongruenz) im Vergleich zur Satzprozedur gewählt (prädikative Adjek‐ tivkongruenz mit explizitem Subjekt, nicht mit Null-Subjekt). Empirische Überprüfung Die am Anfang dargestellte PT-Hierarchie wurde in den letzten Jahren für zahlreiche typologisch unterschiedliche Sprachen empirisch überprüft (neben dem Italienischen u. a. für Spanisch Hinger 2001; Bonilla 2015; für Arabisch Mansouri 2000 und Al Shatter 2008; für Japanisch Iwasaki 2008). Als Evidenz werden dabei mündliche spontansprachliche Daten herangezogen, um proze‐ 4.5 PT-Hierarchie für das Italienische 73 <?page no="74"?> 45 Dass nicht automatisch davon ausgegangen werden kann, dass Studien in SLA pro‐ zedurales, implizites Sprachkönnen untersuchen, zeigen etwa kritische Kommentare (u. a. Doughty 2003; Hinger 2016) zu Meta-Studien von Norris/ Ortega (2000) und Spada/ Tomita (2010). 46 Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der morphologischen Entwicklung. Für die syn‐ taktische Entwicklung liegen weitere Studien vor: eine Querschnitterhebung unter 15 erwachsenen Italienischlerner*innen s. Bettoni/ Di Biase (2011); zum Erwerb von postverbalen Subjekten s. Bettoni et al. (2009) sowie zur Subjektrealisierung insgesamt s. Di Biase/ Bettoni (2015); zum Erwerb von Konstituentenfragen s. Bettoni/ Ginelli (2015); zu Passivkonstruktionen s. Nuzzo (2012). 47 Eine detaillierte Ergebnisdarstellung liegt - soweit ersichtlich - nicht vor. durale, automatisierte Fähigkeiten 45 der Sprachverarbeitung zu überprüfen bzw. zu elizitieren: [R]eal-time production of language can only be accounted for in a system in which word retrieval is very fast and in which the production of linguistic structures is possible without any conscious or non-conscious attention, because the locus of attentive processes is short-term (or immediate) memory, and its capacity is limited to fewer operations than are required for most of the simplest utterances (Pienemann 1998a, 5). Die für das Italienische präsentierte PT-Hierarchie für morphologische 46 Ent‐ wicklung wurde erstmals in Di Biase (1999) und später in Di Biase/ Kawaguchi (2002) und Di Biase/ Bettoni (2015) im Detail dargelegt. Im Laufe der Jahre wurde sie in einigen Studien empirisch überprüft: So liegt ein Konferenzbeitrag von Di Biase aus 1999 (zitiert aus Di Biase 2007) vor, in dem er auf eine Querschnittsstudie für das Italienische mit fünf erwachsenen Italienisch-Lerner*innen (Studierende in einem Universitätskurs) und fünf Kindern im Grundschulkontext (allesamt mit Englisch als L1) verweist, deren Ergebnisse die Verarbeitungshierarchie laut PT bestätigen 47 . Eine weitere Querschnittserhebung führen Di Biase/ Kawaguchi (2002, 286 f.) mit sechs Italienisch-Lerner*innen mit Englisch als L1 durch. Bei den Pro‐ band*innen handelt es sich um zwei Anfänger*innen, zwei Leichtfortgeschrit‐ tene und zwei Fortgeschrittene, die alle im universitären Kontext Italienisch lernen. Zudem wird ein*e Studierende*r mit Italienisch als L1 in die Analyse aufgenommen. Mit allen Teilnehmer*innen werden Interviews in der Länge von 35 bis 60 Minuten geführt, wovon der erste Teil des Interviews für freie Konversation, eine Bildbeschreibung und die Erzählung einer Geschichte ver‐ wendet werden. Der zweite Teil umfasst einen Object First Communicative Task zur Elizitierung klitischer Objektpronomen. Die Lernersprachendaten werden auf Basis des emergence criterion nach Pienemann (1998a) ausgewertet und 74 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="75"?> 48 Mansouri/ Håkansson (2007) nahmen als erste im theoretischen Rahmen der PT eine Sequenzierung innerhalb von Erwerbsstufen (intrastage sequencing) vor und identi‐ auf Kontexte mit Evidenz für die jeweiligen Verarbeitungsmechanismen sowie zufällige, nicht systematische Anwendung (oversuppliance, zB Pluralmorphem in einem Singularkontext) untersucht. Die Analyse konzentriert sich auf vier charakteristische Strukturen, wobei zwei Strukturen der Entwicklungsstufe 2 (Pluralmarkierung, Markierung des Partizips im Vergleich zum Infinitiv), und jeweils eine Struktur den Entwicklungsstufen 3 (Numeruskongruenz in der Nominalphrase) und 4 zuzuordnen sind (Kongruenz bei topikalisierten Objekten). Die Distributionsanalyse und das implicational scaling (coefficient of scalability=1.0, s. dazu Abschnitt 4.6.3) bestätigten die im Rahmen der PT aufgestellte Erwerbsreihenfolge für das Italienische. Einschränkend muss dabei erwähnt werden, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels nur 4 exemplarische Strukturen analysiert wurden und sich die Proband*innengruppe auf 6 Personen beschränkte. Di Biase/ Bettoni (2015, 126 ff.) überprüfen die Daten dieser Lerner*innen‐ gruppe (n=6) hinsichtlich weiterer, in Di Biase/ Bettoni (2015, 121) als Ergänzung zu Di Biase/ Kawaguchi (2002) angenommener Strukturen der Morphosyntax‐ entwicklung im Italienischen. So werteten sie für die Entwicklungsstufe 3 die prädikative Adjektivkongruenz nach einer Kopula ohne explizites Subjekt und die Übereinstimmung zwischen Auxiliar und Partizip Perfekt bei intransitiven Verben aus. Entwicklungsstufe 4 ergänzten sie um die prädikative Adjektiv‐ kongruenz bei explizitem Subjekt (NP), die Übereinstimmung zwischen NP (explizites Subjekt) Auxiliar und Partizip Perfekt, die Übereinstimmung von topikalisiertem Objekt mit dem klitischen Objektpronomen sowie in weiterer Folge mit dem Partizip Perfekt bei der Verwendung des Auxiliars „essere“. In ihrer Datenauswertung berechnen Di Biase/ Bettoni (2015, 128) den Ska‐ lierbarkeitskoeffizienten einerseits für die drei berücksichtigten Erwerbsstufen und andererseits für alle darin enthaltenen Strukturen. Während der Koeffizient für die drei Erwerbsstufen bei 100 % liegt (s. oben), liegt jener für alle Strukturen bei 89 %. Diesen Unterschied nehmen Di Biase/ Bettoni (ebd.) zum Anlass, um auf „categorical implicational relationships“ zwischen den Entwicklungsstufen bzw. Verarbeitungsmechanismen einerseits und weniger starken implikationalen Beziehungen, aber trotzdem vorhandenen pattern, zwischen den spezifischen Strukturen innerhalb einzelner Entwicklungsstufen (intrastages) andererseits hinzuweisen. Unter Bezug auf Mansouri/ Håkansson (2007) 48 unterstützen Di Biase/ Bettoni (2015) den Ruf nach sogenannten optimalen Strukturen pro Entwicklungsstufe 4.5 PT-Hierarchie für das Italienische 75 <?page no="76"?> fizierten spezifische Muster/ pattern für den Erwerb von Strukturen innerhalb von Erwerbsstufen für das Arabische und Schwedische. 49 Informationen zur Datenerhebung, den Tasks und der Datenauswertung finden sich in Di Biase (2007, 113), wo Di Biase angibt, dass die Datenerhebung in der Mitte und am Ende des ersten und zweiten Semesters des Italienischsstudiums stattfanden. Die Datenerhebung setzte sich aus einem freien Interview und einem Spot the Difference Task sowie einem Bildbeschreibungstask zusammen. 50 Darüber hinaus wird die SV-Stellung analysiert, die Ergebnisse werden aber - soweit ersichtlich - nicht systematisch präsentiert. für die empirische Überprüfung der PT. Gleichzeitig plädieren sie jedoch dafür, die Gründe für die Komplexität einer Struktur oder Stufe zu untersuchen, um auch theoretische und falsifizierbare Vorhersagen über den Aufbau der jewei‐ ligen Erwerbsstufen treffen zu können. In diesem Zusammenhang sprechen sie von soft barriers, die Di Biase/ Bettoni (ebd., 129) zufolge entstehen, weil je nach Struktur auch Verarbeitungskapazitäten für lexikalische Aspekte und für zusätzliche diskursive Anforderungen der Grammatik - wie in der erweiterten PT (Pienemann et al. 2005) definiert - gebraucht werden. Ergänzt sei an dieser Stelle, dass für die prädikative Adjektivverwendung mit Kopula und explizitem als auch implizitem Subjekt und für die Überein‐ stimmung des Partizip Perfekts mit explizitem und implizitem Subjekt für 3 von 6 Lerner*innen wenige bis keine Kontexte produziert werden. Um die Zuordnung dieser Strukturen zu Entwicklungsstufe 3 und 4 tatsächlich validieren zu können, bräuchte es eine longitudinale Studie, um die Reihenfolge des Erwerbs dieser Strukturen nachzeichnen zu können, sowie Aufgaben, die auf die Elizitierung ebendieser Strukturen fokussieren. Über die bisher angeführten Studien hinaus liegen drei longitudinale Fallstu‐ dien vor: Di Biase (unveröffentlicht, zitiert in Di Biase 2007, 84 f.) untersuchte über einen Zeitraum von einem Jahr zwei Italienisch-Studierende im universi‐ tären Kontext, deren L1 Englisch war, wobei einer jedoch am Beginn des Erwerbs stand und noch keinen Kontakt zu Italienisch hatte und einer bereits leicht fortgeschritten war. Die erste Datenerhebung 49 wurde durchgeführt, als der Anfänger begann, Sätze mit mehr als einer Konstituenten zu produzieren. Di Biase (ebd.) analysiert die lernersprachlichen Daten vor allem hinsichtlich der Realisierung des grammatischen Subjekts 50 und unterscheidet hier Null-Subjekt, pronominales Subjekt und referentielles Subjekt. Aus den Daten ergibt sich u. a., dass beide Lernende bereits beim ersten Datenerhebungszeitpunkt eine hohe Anzahl an Null-Subjekten produzierten, was auf das oben erläuterte, direkte Abrufen von Merkmalen aus der konzeptuellen Darstellungsebene (conceptual representation) hindeutet. 76 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="77"?> 51 Informationen zu Umfang und Art des Kurses sind nicht bekannt. Bettoni/ Di Biase (2005) untersuchen den Italienisch-Erwerb eines 7-jährigen Mädchens mit Rumänisch als L1 zu acht Erhebungszeitpunkten in 15 Wochen ab ihrem Eintritt in das italienische Schulsystem. Das Mädchen zeigt bereits zum ersten Erhebungszeitpunkt, fünf Wochen nach dem Erstkontakt mit dem Italie‐ nischen, den produktiven Erwerb des Kategorieprozedere. In der siebten Woche beginnt sie attributive Adjektive in der Nominalphrase zu produzieren und kann auch die Merkmalsunifizierung zwischen Adjektiv und Nomen nachweisen. In der zehnten Woche beginnt sie das prädikative Adjektiv zu produzieren, wobei erst in der 12. Woche eine produktive, nicht formelhafte Verwendung eindeutig nachweisbar ist. Bettoni/ Di Biase (2005, 45) sehen damit die PT-Erwerbsreihen‐ folge vom Kategorieprozedere über das phrasale Prozedere zum Satzprozedere klar bestätigt. Schließlich präsentieren auch Bettoni et al. (2008) eine longitudinale Erhe‐ bung über 7 Monate (14 Erhebungszeitpunkte) mit zwei Lerner*innen, ein 16-Jähriger, der zum ersten Datenerhebungszeitpunkt 2 Monate in Italien verbracht hat und als L1 Pakistani angibt, sowie eine 28-Jährige, die seit 7 Jahren in Italien lebt, mit einem Italiener verheiratet ist und als L1 Englisch angibt. Beide Lerner*innen besuchten einen L2-Italienisch-Kurs 51 . Der Fokus der Un‐ tersuchung liegt auf der Erstellung umfassender Profile für die morphologische und syntaktische Entwicklung sowie deren Zusammenwirken. Laut Bettoni et al. (2008) erreichen beide Lerner*innen Entwicklungsstufe 3, zeigen aber unzureichende Evidenz für Stufe 4. In den ersten drei Erwerbsstufen entwickeln sich morphologische wie syntaktische Strukturen parallel, wobei die Entwick‐ lung der Syntax und Morphologie unterschiedlich schnell erfolgen kann, weil die eine nicht zwangsläufig für die Entwicklung der anderen notwendig ist (unveröffentlicht, zitiert in Di Biase 2007, 205). Dies ändert sich jedoch auf Entwicklungsstufe 4, wenn morphologische Markierungen notwendig werden, um die Funktion von NP zu markieren, deren Position von der kanonischen abweichen. Auf Basis dieser empirischen Daten geht auf Entwicklungsstufe 4 der Erwerb der Kongruenz zwischen explizitem Subjekt und prädikativem Adjektiv dem Erwerb der Übereinstimmung zwischen topikalisiertem Objekt und klitischem Pronomen voraus. Der Erwerb des klitischen Objektpronomens in Abwesenheit des Referenten (li mangia volentieri) erfolgt vor dem Erwerb desselben Merkmals mit vorhandenem Referenten (i fagioli li mangia volentieri), was wie folgt erklärt wird: „[Q]uesto perché nel primo caso (li mangia volen‐ tieri), per quanto formalmente complessa, si tratta di marca verbale categoriale, nel secondo (i fagioli li mangia volentieri) di accordo frasale Topic-Verbo“ (ebd.). 4.5 PT-Hierarchie für das Italienische 77 <?page no="78"?> Soweit ersichtlich untersuchten die bisher durchgeführten Studien für das Italienische weder den schulischen Kontext der Sekundarstufe noch Italie‐ nisch-Lerner*innen mit Deutsch als L1. Darüber hinaus wurden meist einzelne Strukturen herausgegriffen und keine umfassende Beschreibung der Lerner‐ sprache präsentiert. Zudem untersuchten die bisher vorliegenden Studien nur wenige Proband*innen, die Zahl der untersuchten Lerner*innen lag bei mindes‐ tens 2 und maximal 6. Die in diesem Buch vorgestellte Studie zielt darauf ab, diese Lücken zu schließen und die Erwerbsabfolge für das Italienische erstmals für eine größere Stichprobe (n=29) an Italienischlerner*innen mit Deutsch als L1 zu überprüfen und eine umfassende Beschreibung ihrer produktiven (und teilweise rezeptiven, s. Kapitel 5) Lernersprache vorzulegen. 4.6 Methodische Aspekte 4.6.1 Distributionsanalyse Zur Erstellung genauer Profile des lernersprachlichen Grammatiksystems ist eine detaillierte Analyse der lernersprachlichen Daten nötig. Pienemann (1998a, 139) schlägt dafür zunächst eine „finely-grained distributional analysis“ vor, um Kontexte bestmöglich zu segmentieren und um zu identifizieren, welche Kontexte und welche lexikalischen Items mit welchem spezifischen lerner‐ sprachlichen Verarbeitungsmechanismus verbunden sind. Johnson (2013, 291) beschreibt Distribution als „frequency of the values of a variable. It asks how often the variable took on particular values as opposed to others“. Sprachproduktionsdaten können dafür mit Fokus auf die relevanten morphosyntaktischen Merkmale die Lernersprachenentwicklung in einer L2 anzeigen. Wie aus Tabelle 6 (ausgewählte Lerner*innen aus der im Rahmen dieser Doktorarbeit durchgeführten Studie) hervorgeht, gibt „+“ das Auftreten des Merkmals attributive Adjektivkongruenz an, während „-“ das fehlende Auftreten in einem obligatorischen Kontext in den lernersprachlichen Daten anzeigt. L5 etwa produziert in 37 attributiven Adjektivkontexten eine Konkordanz, während sie dies in 9 obligatorischen Kontexten nicht tut. - L1 L2 L3 L4 L5 L6 L7 L8 L9 L10 L11 L12 L13 L14 L15 L16 … N attributives Adjektiv +10 -6 +9 -13 - -2 +19 -20 +37 -9 +5 -7 +8 -7 +29 -14 +9 -15 - -2 +5 -2 +37 -11 +9 -11 +19 -9 +5 -21 +25 -3 … Tabelle 6: Beispiel Distributionsanalyse 78 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="79"?> 52 Eine Ausnahme stellt wohl Hyltenstam (1977) dar (zitiert in Lenzing/ Nicholas/ Roos 2019b, 3). Aus der Distributionsanalyse gehen schließlich detaillierte Erwerbsprofile hervor, die verglichen werden können, nicht jedoch durchschnittliche Erwerbs‐ stufen oder Prozentangaben für eine Lerner*innengruppe, die berechnet werden könnten: „The notion of the distributional analysis of features across the different contexts in which they may be used means that it is not possible to determine an ‚average‘ level of acquisition for a group of learners if the emergence criterion is used.“ (Nicholas/ Lenzing/ Roos 2019, 392) 4.6.2 Erwerb und emergence Um replizierbare und falsifizierbare Aussagen über die Reihenfolge des Erwerbs morphosyntaktischer Strukturen in der Lernersprache treffen zu können, ist es notwendig, Kriterien für den Erwerb zu definieren. Diese sogenannten acquisition criteria sind Operationalisierungen, anhand derer bestimmt wird, ob in lernersprachlichen Daten eine Struktur als erworben oder nicht erworben gilt (vgl. Pallotti 2007, 361). Die Diskussion über Erwerbskriterien hat in der L2-Erwerbsforschung eine lange Geschichte und hält weiter an, auch wenn sich der Fokus der Fragestellung im Laufe der Zeit geändert hat. Als Meilenstein in der Debatte muss das ZISA-Projekt (s. Abschnitt 3.1) und die Einführung des emergence criterion (Meisel et al. 1981) im Rahmen des Multidimensional Model gesehen werden. Damit sollte die bis dahin gängige Zielsprachenorientierung überwunden und das in den 1960er und -70er Jahren 52 in nordamerikanischen und europäischen L2-Erwerbsstudien verbreitete Kriterium der accuracy abgelöst werden (vgl. Larsen-Freeman/ Long 1991, 283). In Fortentwicklung von Meisel et al. (1981, 191) definierte Pienemann (1998a, 138) das emergence criterion aus einer Sprachverarbeitungsperspektive: „[E]emergence can be understood as the point in time at which certain skills have, in principle, been attained or at which certain operations can, in principle, be carried out.“ Die Operationalisierung von Erwerb als emergence bedeutet damit, dass der Fokus auf den Beginn des Erwerbs oder, anders ausgedrückt, auf jenen Zeitpunkt gelegt wird, zu dem Lerner*innen prinzipiell in der Lage sind, bestimmte Verarbeitungsmechanismen anzuwenden. 4.6 Methodische Aspekte 79 <?page no="80"?> 53 „Um nicht doch auf einzelne Belege angewiesen zu sein, haben wir uns dafür ent‐ schieden, das Minimum von wenigstens fünf möglichen Verwendungskontexten beizu‐ behalten. Liegen die Werte darunter, werden sie im folgenden in Klammern angegeben und bei der Diskussion nicht als erworben betrachtet. […] Es soll damit aber nicht verschwiegen werden, daß [sic! ] die Grenze von fünf möglichen Kontexten willkürlich gewählt ist […].“ 54 „Four is the minimal level required by the present operationalization of the EC.“ (Pallotti 2007, 371) 55 Pienemann (1998a, 124) selbst führt in einer Fußnote die Bedingung von mehr als fünf Kontexten an: „The bottom line of Table 4.1-3 gives the type/ token ratio for the Anwendung des emergence criterion auf morphologische und syntaktische Entwicklung Pienemann benutzt emergence (1998, 133) sowohl für die syntaktische als auch für die morphologische Entwicklung, allerdings mit Unterschieden in der kon‐ kreten Anwendung: So legt er für die syntaktische Entwicklung das zumindest einmalige Auftreten einer Struktur als Kriterium für emergence fest, sofern diese nicht als einzige Struktur in identer Form mehrfach in einer Performanz auftritt (ebd.). Für die morphologische Entwicklung fügt er einschränkend hinzu, dass die Distributionsanalyse durch eine detailliertere, qualitative Unter‐ suchung ergänzt werden muss, die den Effekt von unanalysierten Einheiten aus dem mentalen Lexikon der Lerner*innen neutralisieren („neutralise“ ebd., 144) und somit eine produktive Verwendung des Verarbeitungsmechanismus in obligatorischen Kontexten nachweisen kann. Diese Neutralisierung wurde bisher durch verschiedene, mehr oder weniger ähnliche Vorgehensweisen durchgeführt (vgl. Dyson 2009, 362), was vor allem anhand der Frage nach der Mindestanzahl obligatorischer Kontexte sowie der produktiven und/ oder systematischen Verwendung der jeweiligen Strukturen ersichtlich wird, wie in der Folge erörtert wird. Die Frage nach der Anzahl an obligatorischen Kontexten Selbst in Studien, die im theoretischen Rahmen der Processability Theory veran‐ kert werden können, finden sich leicht variierende Herangehensweisen in Hin‐ sicht auf die Mindestanzahl an obligatorischen Kontexten, um emergence fest‐ zustellen. Dies geht etwa aus den im Sammelband von Lenzing/ Nicholas/ Roos (2019a) veröffentlichten Studien von Artoni, Zhang und Baten, aber auch aus früher veröffentlichten Aufsätzen hervor. So schreiben etwa Clahsen et al. (1983, 96) 53 von einem Minimum an fünf Kontexten, Pallotti (2007, 371) 54 verweist auf mindestens vier Kontexte. Während Clahsen et al. und Pallotti eine willkürliche Anzahl an Kontexten für die Morphologie festlegen 55 , um Erwerb zu definieren, stützen sich u. a. 80 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="81"?> NPs used in equational sentences, provided that the number of cases was greater than five.“ Pienemann (1998a, 124), nennt darüber hinaus und soweit ersichtlich in seinen Publikationen aber keine Anzahl an obligatorischen Kontexten für die Morphologie. 56 „In other words, the way in which the emergence criterion can be applied to morphology is by laying the distributional analysis out in such a way that the null-hypothesis can be tested for any hypothesised morphological rule. The linguistic context can then be refined down to the level of individual lexical entries. This methodology allows us to implement the basic elements of the emergence criterion into the analysis of morphological development“ (Pienemann 1998a, 145). Di Biase/ Kawaguchi (2002), Roos (2007) und Lenzing (2013, 2019) konsequent auf die produktive Verwendung einer Struktur, das heißt die Verwendung in lexikalisch und morphologisch unterschiedlichen Kontexten. Im Falle des Plu‐ ralmorphems muss beispielsweise mindestens ein Minimalpaar (zB gatto - gatti) und ein weiteres, lexikalisch unterschiedliches Beispiel mit Pluralmorphem vorkommen (zB case), das heißt insgesamt zumindest ein Lexem mit zwei unterschiedlichen grammatischen Morphemen und mindestens ein Morphem an zwei unterschiedlichen Lexemen. Mit der Analyse der produktiven, nicht formelhaften Verwendung liefern die Autor*innen damit eine theoretische Begründung für ein Minimum an obligato‐ rischen Kontexten, in denen der Verarbeitungsmechanismus angewendet wird. In diesem Sinne ist es auch nicht notwendig, eine exakte Anzahl an Kontexten zu definieren. Das Minimum an Kontexten kann je nach Merkmal und Komplexität des Merkmals auch variieren, wie ein Auszug aus Nicholas et al. (2019, 392) zeigt: „This meaning [what it means to acquire an aspect of language] may also vary depending on whether what is being acquired is a single feature or a structure (resulting from the combination of features) or a more abstract capacity to combine different features.“ Eine Operationalisierung des emergence criterions für die relevanten morphosyntaktischen Strukturen der hier durchgeführten Studie wird in Abschnitt 6.4.1 vorgenommen. Die Frage nach der produktiven und systematischen Verwendung Neben der soeben dargestellten produktiven Verwendung sprechen Pienemann (1984, auch 2006, 78) sowie Pallotti (2007) zusätzlich von einer systematischen Verwendung der Struktur über die zufällige Anwendung hinaus: „Emergence refers to a point in time corresponding to the first systematic and productive use of a structure“ (Pienemann 1984, 144; Hervorhebung der Verfasserin). Pienemann (ebd.) analysiert dazu mithilfe eines Null-Hypothesen-Tests, wie häufig und in welchen nicht-zielsprachlichen Kontexten die entsprechende Struktur im Vergleich zu obligatorischen Kontexten auftritt 56 . Ein Beispiel für die italienische Lernersprache findet sich bei Di Biase/ Kawaguchi (2002, 288), in 4.6 Methodische Aspekte 81 <?page no="82"?> dem eine Lernerin das Pluralmorphem -i in Singularkontexten anwendet. Diese Analyseschritte können aber bereits als über emergence hinausgehend eingestuft werden und stellen keine Gegen-Evidenz zur produktiven Verwendung dar. Anhand des Kriteriums der produktiven Verwendung wird also das erstmalige produktive Auftreten gemessen, wohingegen die systematische Verwendung bereits die Entwicklung von emergence zu mastery nachzeichnet. Zudem stellt sich wiederum die Frage, wie eine systematische Verwendung operationalisiert werden könnte und welcher Schwellenwert herangezogen werden müsste, ohne in die oft beschriebenen comparative fallacy mit der Zielsprache zurückzufallen. Versuche der statistischen Auswertung mithilfe eines Qui-Square-Tests finden sich in Pallotti (2007, 375). Weiters muss angeführt werden, dass gerade in Sprachen mit komplexer Morphologie wie dem Italienischen ein Auftreten eines Flexionsmorphems (zB Verbalmorphologie) in einem nicht-obligatorischen Kontext im Vergleich etwa zum Englischen gar nicht möglich ist bzw. vielmehr bedeutet, dass die Merk‐ malsunifizierung zwischen Subjekt und Verb eben nicht erfüllt ist, also keinen Fall von over supplience (wie zum Beispiel das 3.Person-SG-s im Englischen, angewandt in einer ersten Person SG) darstellt. Sollte eine fehlende Merkmal‐ sunifizierung vorliegen, ist diese zudem ohnehin in der Distributionsanalyse ausgewiesen. Die Frage nach den zu analysierenden Strukturen Neben der Anzahl an Kontexten und der Art von morphologisch und lexika‐ lisch unterschiedlichen Kontexten stellt sich bei der Operationalisierung des emergence-Kriteriums auch die Frage, welche Merkmale oder grammatischen Strukturen überhaupt pro Entwicklungsstufe analysiert werden (vgl. Nicholas et al. 2019, 392). In einer hypothesentestenden Arbeit, wie dieser, werden die lernersprachlichen Daten hinsichtlich der in Di Biase/ Bettoni (2015) für das Italienische definierten Erwerbstufen und den dort jeweils verankerten Strukturen analysiert (s. Abschnitt 4.5). Nachdem das emergence criterion nach Pienemann definiert und über we‐ sentliche damit einhergehende Fragestellungen für die Analyse von lerner‐ sprachlichen Daten reflektiert wurde, sollen in der Folge Potenziale und Herausforderungen der emergence-Perspektive und dem damit eingeläuteten Paradigmenwechsel (vgl. Pallotti 2007, 365) in der L2-Erwerbsforschung zusam‐ mengefasst werden: • Emergence fokussiert die Reihenfolge, in der sprachliche Strukturen zum ersten Mal auftreten, und schafft damit die Grundlage, auch den restlichen, auf emergence folgenden Prozess der Lernersprachenentwicklung adäquater 82 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="83"?> in den Blick zu nehmen und qualitativ zu beschreiben (vgl. auch Pallotti 2007, 362, s. auch Tabelle 7). Bei der Anwendung eines accuracy levels, das hohe bis sehr hohe Entsprechungen (s. Prozentzahlen oben) mit der zielsprachlichen Norm voraussetzt, können nur weit fortgeschrittene Er‐ werbsprozesse abgebildet werden (vgl. Nicholas et al. 2019, 397). • Ausgehend vom Konzept der interlanguage (Selinker 1972), die ein eigenes sprachliches System bildet und nicht mit der Zielsprache übereinstimmt, scheint emergence im Vergleich zu accuracy das adäquatere Kriterium für die Untersuchung der Lernersprachenentwicklung zu sein. Indem nicht auf zielsprachliche Normen zurückgegriffen und gefragt wird, wie häufig oder in welchem Ausmaß die Anwendung einer Struktur zielsprachlich korrekt erfolgt, können häufig auftretende, für die lernersprachliche Ent‐ wicklung spezifische, aber nicht der zielsprachlichen Norm entsprechende Muster besser erkannt werden (vgl. Pallotti 2007, 362). Darüber hinaus ermöglicht das emergence criterion Forscher*innen, die Variation zwischen Lerner*innen hinsichtlich unterschiedlicher, potenziell verfügbarer Verar‐ beitungsmechanismen zu beschreiben (vgl. Nicholas et al. 2019, 392). • Im Vergleich zur Anwendung eines accuracy levels, das in unterschiedlichen Zweitspracherwerbsstudien - meist nicht theoretisch begründet - zwischen 60 % (zB Vainikka/ Young-Scholten 1994) und 90 % (zB Dulay/ Burt 1974) festgelegt wird, stellt das erstmalige, produktive Auftreten einer bestimmten Struktur (emergence) ein konstanteres und weniger arbiträres Maß dar (vlg. Nicholas et al. 2019). Dies vor allem, weil die produktive Verwendung theoretisch argumentierbar ist; sie definiert sich so, dass überprüft werden muss, ob eine bestimmte Struktur in den Lerner*innendaten nur in unan‐ alysierten Einheiten oder in lexikalisch und gleichzeitig morphologisch unterschiedlichen Kontexten angewendet wird (s. dazu auch Abschnitt zur Anwendung des emergence criterion auf morphologische und syntaktische Entwicklung). • Gerade auch bei der Untersuchung von lernersprachlichen Entwicklungs‐ stufen in Sprachen wie dem Italienischen, bei denen zusätzlich zum wesentlichen Prinzip der Unifizierung und des Austausches von gram‐ matischen Informationen auch die unterschiedlich komplexe Beziehung von morphologischen Formen und Funktionen eine Herausforderung dar‐ stellt und bei Anfänger*innen Mechanismen der Merkmalsunifizierung überlagern kann, wäre eine Bewertung des Erwerbs anhand eines ac‐ curacy levels teilweise fehlleitend. So erwirbt ein*e Lerner*in aufgrund der Eins-zu-Eins-Form-Funktions-Beziehung beispielsweise zunächst das Plural -i als Markierung des Plural für jegliche Substantive noch bevor 4.6 Methodische Aspekte 83 <?page no="84"?> alle Substantive im mentalen Lexikon mit Gender und der phonologischen Klasse annotiert werden (vgl. Di Biase 2007, 27), was mithilfe des accu‐ racy-Kriteriums nicht erfasst werden könnte. Diese Ausführungen zeigen auf, was das emergence criterion (Pienemann 1998a) zu leisten vermag, sie legen aber gleichzeitig auch dar, was es nicht leisten kann, aber auch nicht vorgibt zu leisten. Aufgrund seines punktuellen Charakters sagt es etwa wenig über das „andere Ende des Erwerbsprozesses“ (Nicholas et al. 2019, 392) aus, das heißt darüber, wie sich der Erwerbsprozess nach dem ersten produktiven Auftreten einer Struktur hin zu deren mastery gestaltet. Nicholas et al. (ebd., 395) benennen diesen Weg, der über emergence hinaus führt, als „gaining control“ und definieren ihn als „term that can be used to refer to individuals’ processes of moving along trajectories of development“. Production of an obli‐ gatory con‐ text Use of the feature in an obligatory context Productive use of the feature in ob‐ ligatory con‐ texts More and more syste‐ matic use of the feature in obligatory contexts Native-like use of the fea‐ ture in obli‐ gatory con‐ texts - - Emergence (Pienemann 1998) Gaining control (Nicholas et al. 2019) Mastery Tabelle 7: Von emergence zu mastery (Sprachproduktion) In Tabelle 7 wird abschließend auf Basis von Nicholas et al. (2019) versucht, den Weg von der Produktion eines obligatorischen Kontexts bis zur zielsprachlich adäquaten Verwendung einer entsprechenden Struktur nachzuzeichnen. Dabei kann festgehalten werden, dass im Kontext der PT emergence sehr genau definiert und gut erforscht ist, wohingegen der lernersprachliche Weg von emergence zu mastery bisher weniger Aufmerksamkeit erfuhr. Neben der Distributionsanalyse und dem emergence criterion stellt das im‐ plicational scaling ein drittes wichtiges Tool im PT-Rahmen dar und soll im nächsten Abschnitt präsentiert werden. 4.6.3 Implicational scaling Implicational scaling ist ein methodisches Tool, das in der Soziolinguistik (u. a. Gibson 2011) und teilweise in der L2-Erwerbsforschung zum Einsatz kommt, um Variation in Performanzen und im L2-Erwerb abzubilden und Regelmäßigkeiten in der Lernersprachenentwicklung zu identifizieren (vgl. R. Ellis 2008, 965). In 84 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="85"?> 57 Zur Tradition der implicational scales in der Sozialwissenschaft sei auf Gutmann (1944) verwiesen. empirischen Studien im Theorierahmen der PT stellt es ein „standard tool“ dar (Lenzing 2021, 76). Dieses wurde in der linguistischen Forschung 57 zunächst vor allem in Studien zu Kreolsprachen (u. a. Decamp 1971 zum jamaikanischen Kreol) angewendet sowie zur Untersuchung von soziolinguistischen Varietäten und Sprachwandel in unterschiedlichen Sprachvarietäten (vgl. Rickford 2002, 142) und kam schließlich auch in Studien zum L2-Erwerb zur Anwendung. R. Ellis (2008, 69) formuliert das Ziel des implicational scaling wie folgt: [T]o exploit the inter-learner variability that exists in order to establish which features different learners have acquired and whether the features can be arranged into a hierarchy according to whether the acquisition of one feature implies the acquisition of one or more other features for each learner. Eine Implikation (in der Aussagenlogik auch „Konditional“ genannt) oder implikationale Beziehung unterscheidet sich klar von freier Variation sowie von Äquivalenz und bilateraler Implikation, bei der eine komplette Koabhängigkeit der beiden Variablen vorliegen würde. Sie hat Ähnlichkeit mit der alltagssprach‐ lichen Verwendung von „wenn … dann“, sie ist jedoch nicht damit identisch, denn sie drückt weder einen Kausalzusammenhang noch eine notwendige Folgerung aus (vgl. Wagner 1999). Ausgehend von zwei Aussagen P (zB zu Zeitpunkt 2 ist Merkmal 2 erworben) und Q (zB zu Zeitpunkt 2 ist Merkmal 1 erworben) ergibt sich die Aussagenverbindung des Konditionell P ⇒ Q (P impliziert Q) mit folgenden Eigenschaften: P ⇒ Q ist genau dann eine falsche Aussage, wenn P wahr (zB zu Zeitpunkt 2 ist Merkmal 2 erworben) und Q falsch ist (zu Zeitpunkt 2 ist Merkmal 1 nicht erworben). Andernfalls ist sie eine wahre Aussage (vgl. ebd.; Gibson 2011, 1). In Studien zum L2-Erwerb können mithilfe implikationaler Beziehungen sprachliche Merkmale auf eine Art und Weise geordnet werden, bei der das Auftreten eines Merkmals x in einem Datensatz das Auftreten des Merkmals y impliziert, aber nicht umgekehrt (vgl. dazu Rickford 2002, 143). Als Vorteil des implicational scaling sieht Lenzing (2021, 76; auch Pienemann 1998a, 134 f.), dass dieses Tool sowohl für longitudinale als auch Querschnitt-Datensätze angewendet werden kann, wie in den implikationalen Matrizes in Tabelle 8 und 9 symbolisch dargestellt wird. Für die hier vorliegende Studie (s. Kapitel 6) ist insbesondere das Querschnittdesign relevant, bei dem die sprachlichen Merkmale auf der vertikalen „Achse“ und die Lerner*innen auf der horizontalen Achse präsentiert werden. Die ungeordneten Daten werden so bearbeitet, dass zunächst die Anzahl an Plus (in der Tabelle symbolisiert als 4.6 Methodische Aspekte 85 <?page no="86"?> 58 Es soll darauf hingewiesen werden, dass - auch innerhalb des PT-Theorierahmens - beim implicational scaling unterschiedliche Herangehensweisen angewendet werden, was die Anordnung auf der vertikalen Achse betrifft. Einige Studien ordnen die unter‐ suchten grammatischen Merkmale auf der vertikalen Achse nach den Vorhersagen der PT an, in anderen Studien wird die Anordnung auf Basis der Anzahl der Proband*innen, die ein Merkmal erworben haben, vorgenommen (vgl. Buyl/ Housen 2015, 15). +) für jede Spalte gezählt wird und danach die Spalten neu in aufsteigender Reihenfolge von links nach rechts geordnet werden (s. Tabelle 8), je nachdem wie viele Plus die Reihen enthalten. Merkmal Zeitpunkt 1 Zeitpunkt 2 Zeitpunkt 3 Zeitpunkt 4 d - - - + c - - + + b - + + + a + + + + Tabelle 8: Implicational scaling angepasst für longitudinale Daten (vgl. Lenzing 2021, 76) Merkmal Lerner*in 1 Lerner*in 2 Lerner*in 3 Lerner*in 4 d - - - + c - - + + b - + + + a + + + + Tabelle 9: Implicational scaling angepasst für Querschnittdaten (vgl. Lenzing 2021, 77) In der Folge werden - auf Basis des Outputs des ersten Ordnungsvorgangs - die Anzahl an Plus pro Reihe gezählt und neu geordnet (vgl. Rickford 2002, 145 f.). Im Falle der Überprüfung einer Theorie wie der PT, die diese implikationale Abfolge von genau definierten Erwerbsstufen vorhersagt, ist die vertikale Achse 58 fix; berechnet werden die Abweichungen von dieser theoretisch begründeten Skala. Dies kann durch den coefficient of reproducibility (auch index of reproducibility [IR]) erfolgen, der den Anteil an nicht-abweichenden Zellen bzw. Feldern der Matrix an der Gesamtanzahl an Feldern der Matrix berechnet (s. Abbildung 5). 86 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="87"?> 59 Der Begriff Task wird hier im Sinne von Aufgabenstellungen, die mündliche spontan‐ sprachliche Äußerungen elizitieren, verwendet. IR= 1- Gesamtanzahl an Abweichungen = 1- Gesamtanzahl an Abweichungen Gesamtanzahl an möglichen Ab‐ weichungen Anzahl Spalten x Anzahl Reihen Beispiel = 1-(3/ (10*5)) = 0,94 Abbildung 5: Berechnung des coefficient of reproducibility (Übersetzt von Rickford 2002, 154) Lenzing (2021, 79) wendet hier den Minimisation of Error-Ansatz (McIver/ Car‐ mines 1981) an, bei dem die geringste Anzahl an „+“, die auf „-“ geändert werden müssen, oder „-“, die auf „+“ geändert werden müssen, um ein ideales Muster zu erhalten, berechnet wird. Als „cut score“ für eine valide Skala legt Rickford (2002, 157) einen coefficient of reproducibility von >0.90 fest, unter Berücksichtigung eines Signifikanzniveaus von 0.05 empfiehlt er einen 93%igen Anteil als Minimum. Im Beispiel der Abbildung 5 müssten 3 „-“ auf „+“ geändert werden, um ein ideales Muster in einer Matrix mit zehn Spalten (Proband*innen) und fünf Zeilen (Entwicklungsstufen) zu erhalten. Eins minus die Gesamtanzahl an Abweichungen (3) dividiert durch die Gesamtanzahl an möglichen Abweichungen (50) ergibt einen coefficient of reproducibility von 0.94. 4.6.4 Anforderungen an Tasks zur Elizitierung produktiver Grammatik Wie aus Abschnitt 4.1 und 4.6.2 hervorgeht, basiert das zu überprüfende Konstrukt von Sprachproduktion auf implizitem Sprachkönnen. Daraus folgt, dass die Elizitierung von Sprachproduktion unter Bedingungen erfolgen sollte, die den Rückgriff auf explizites Sprachwissen möglichst limitieren (vgl. Pallotti 2007, 369, auch Pallotti 2010), um so auch eine hohe Konstruktvalidität anzu‐ streben (vgl. u. a. Grotjahn 2006, 223). Dieser Anspruch kann vor allem durch den Einsatz mündlicher kommunikativer Tasks 59 erfüllt werden, bei denen davon ausgegangen wird, dass Lerner*innen mündliche Äußerungen spontaner, ungeplanter und damit stärker unter Rückgriff auf implizites Sprachkönnen produzieren (vgl. Spada/ Tomita 2010, 266). Mündliche kommunikative Tasks wiederum müssen für die Erstellung sprachlicher Profile mehrere Bedingungen erfüllen: Wesentlich erscheint, dass sie Äußerungen elizitieren, die eine hohe Datendichte aufweisen, das heißt eine 4.6 Methodische Aspekte 87 <?page no="88"?> 60 Darüber hinaus bedarf es weiterer grammatischer Strukturen: „The communicative tasks used aimed at achieving a good density of these diagnostic features, plus of course several other grammatical structures such as the marking of other verb tenses or the use of prepositions.“ (Pallotti 2010, 169) ausreichend hohe Anzahl an für die zu analysierenden 60 morphosyntaktischen Strukturen relevanten Kontexten (Pienemann 1998a, 302; Pallotti 2010, 163; Lenzing 2013, 146). Um dies zu garantieren, kann es Sinn machen, verschie‐ dene Tasks - von gelenkter bis freier mündlicher Produktion und Interaktion - einzusetzen (von Erzählaufgaben [Story/ Video telling], Entdecke-den-Unter‐ schied-Aufgaben [Spot the Difference Tasks], Bildbeschreibungen bis zu freien Kommunikationsaufgaben, vgl. auch Jiang 2007, 7). Eine weitere Maßnahme zur Erhöhung der Datendichte kann eine Pilotierung der Tasks, deren Ergebnisse zu entsprechenden Modifizierungen der Aufgabenstellung dienen, darstellen, wie sie auch im Rahmen der hier präsentierten Studie vorgenommen wurde (s. dazu Kapitel 6). Daran knüpft auch die Frage an, was gute diagnostische Merkmale sind („what are good ‘diagnostic features‘“ Pallotti [2010, 167]), das heißt, welche grammatischen Strukturen geben am besten Auskunft über die Lernerspra‐ chenentwicklung. Pallotti (2010, 167) verweist hier v. a. auf Merkmale mit „high diagnostic value“, die zwar in einer frühen Phase der Lernersprachenent‐ wicklung auftreten, teilweise schon als chunks, sich danach jedoch langsam entwickeln und selbst für fortgeschrittene Lerner*innen Verarbeitungsschwie‐ rigkeiten aufwerfen. Für das Italienische führt Giacalone Ramat (2002) auf Basis empirischer Studien neben der Markierung der Vergangenheit und den kliti‐ schen Pronomen auch Kongruenz in der Nominalphrase als solches Merkmal an. Auch Bartning/ Schlyter (2004) identifizieren Kongruenz - innerhalb der Phrase sowie phrasenübergreifend - als aussagekräftige Strukturen für die Analyse lernersprachlicher Entwicklung. U. a. auf dieser Basis wurde die prädikative und attributive Adjektivkongruenz (mit explizitem Subjekt, s. Abschnitt 4.5) als Zielstruktur für die Untersuchung der rezeptiven Lernersprache im Rahmen des Reaktionszeitexperiments dieser Arbeit verwendet (s. Details in Abschnitt 6.2). Über die Frage der mit bestimmten Tasks elizitierbaren Strukturen hinaus, sollten Tasks - gerade für junge Lerner*innen - „besonders einfach, sinnvoll und kommunikativ“ (Roos 2007, 133 f.) sein und sich auf Themen konzentrieren, die den Lerner*innen vertraut sind (ebd.). Diese Anforderung ergibt sich auch aus den GERS-Deskriptoren (Europarat 2001, Kapitel 4.4.1.1) für mündliche Produktion und Interaktion, die bis zum Niveau B2 von Themen sprechen, die aus den Interessensgebieten der Lerner*innen stammen. 88 4 Processability Theory - Sprachproduktion <?page no="89"?> 5 Processability Theory - Sprachrezeption R. Ellis (2008, 2461) ordnet die PT als „theory of language production“ ein. Dies unterstreicht auch VanPatten (2014, 5), wenn er ausführt: „[T]he Processability Theory (PT) is a theory about the development of output processing procedures and so far has remained agnostic about input processing/ computation during comprehension […].“ Diese Bewertungen resultieren wohl v. a. aus den anfangs auf die Sprach‐ produktion begrenzten Studien zur empirischen Überprüfung der PT. Piene‐ mann selbst präsentierte jedoch bereits 1998 in einem der weniger beachteten Kapitel (Evidence from On-line Experiments: The Procedural Skill Hypothesis) seines Buchs Language Processing and Second Language Development ein Sen‐ tence-Matching-Experiment, allerdings an dieser Stelle primär mit dem Ziel der Überprüfung seiner Procedural Skills Hypothesis. Die Hypothese geht von der Grundannahme der PT aus, dass der Erwerb einer L2 als Erwerb prozeduralen Wissens definiert ist. Sie besagt, dass L2-Lerner*innen ähnliche Verarbeitungs‐ muster wie L1-Sprecher*innen zeigen, wenn die Lerner*innen die erforderlichen Sprachverarbeitungsmechanismen erworben und automatisiert haben. Im Um‐ kehrschluss wird angenommen, dass Lerner*innen, die den jeweiligen Verarbei‐ tungsmechanismus noch nicht erworben haben, in der Sprachproduktion keine Strukturen zeigen, die auf diesem beruhen, und in rezeptiven Tasks andere Verarbeitungsmuster als L1-Sprecher*innen aufweisen (ebd.). Dafür erhob Pienemann (1998a, 1998b) spontansprachliche Produktionsdaten von 14 Deutsch-Lerner*innen zur Untersuchung der produktiven Verwendung der Subjekt-Verb-Kongruenz, von denen sieben die S-V-Kongruenz auch tat‐ sächlich produzierten, während die restlichen sieben dies nicht taten. Beide Gruppen sowie eine Kontrollgruppe von Deutsch-L1-Sprecher*innen nahmen im Anschluss an einem Sentence Matching Task (SMT) teil (s. Abschnitt 5.3.3), dessen Stimuli sich auf Clahsen/ Hong (1995) stützten. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl Natives als auch jene Lerner*innengruppe, die in ihren spontan‐ sprachlichen Produktionsdaten die S-V-Kongruenz erworben hatte, Sensitivität gegenüber ungrammatischen Items im SMT zeigten. Gleichzeitig waren jene Lerner*innen, die die S-V-Kongruenz laut Produktionsdaten noch nicht er‐ worben hatten, nicht sensitiv für die grammatischen Abweichungen. Darin sieht Pienemann (1998a, 229) eine Bestätigung der Procedural Skills Hypothesis, wenngleich er hinzufügt: „[T]he procedural skill hypothesis does not imply that there is no difference between L1 and L2 acquisition. All it implies is that <?page no="90"?> any such differences will be outside the domain of language processing“. Die Unterschiede liegen aus seiner Sicht im Ausgangszustand, den anfänglichen Hypothesen der L2-Lerner*innen und den Entwicklungsdynamiken, die daraus folgen (s. dazu auch MCH [Lenzing 2013]). Unter Berücksichtigung der soeben zitierten Procedural Skills Hypothesis sowie der empirischen Evidenz dazu und spätestens seit der Veröffentlichung des Integrated Encoding-Decoding Model of SLA (Lenzing 2019, 2021), das zwar weit über PT hinausgeht, dessen Herzstück sich aber dennoch auf die Vorher‐ sagen der PT für grammatisches Dekodieren und Enkodieren stützt, kann PT heute wohl nicht mehr als reine Theorie der Sprachproduktion charakterisiert werden. Hinzu kommen in den letzten Jahren mehrere Publikationen, die auch die empirische Überprüfung der in PT vorhergesagten Entwicklungsstufen in rezeptiven Daten explizit anstreben. In der Folge soll zunächst Lenzings Modell präsentiert werden, bevor die bisher veröffentlichten empirischen Stu‐ dien zur rezeptiven Grammatikentwicklung im theoretischen Rahmen der PT überblicksartig dargestellt werden. 5.1 The Integrated Encoding-Decoding Model of SLA (Lenzing 2019, 2021) Lenzing (2019, 2021) präsentiert mit dem Integrated Encoding-Decoding Model of SLA ein integriertes Modell der L2-Sprachproduktion und -rezeption, das Prozesse des grammatischen En- und Dekodierens erklärt und dafür auch se‐ mantische Aspekte (lexikalische Semantik, Ereigniswahrscheinlichkeit und das Konzept der Prototypikalität) in der syntaktischen Verarbeitung als Erklärungs‐ grundlage hinzuzieht. Lenzing geht so von zwei Wegen der L2-Verarbeitung aus, einer semantischen und einer syntaktischen. Als theoretische Grundpfeiler für ihr Modell gibt sie auf der Produktionsseite - wie in PT - das gängige psycholinguistische Sprachproduktionsmodell von Levelt (1989, 1999) und Levelt/ Roelofs/ Meyer 1999 (s. Abschnitt 4.2.1) an. Auf der Rezeptionsseite stützt Lenzing (2021) ihr Modell auf den Good-Enough-Ap‐ proach to Language Comprehension (Christianson et al. 2001; Ferreira et al. 2003; Ferreira/ Patson-2007)-und dessen Erweiterung in Form der-Online-Cogni‐ tive Equilibrium Hypothesis (Karimi/ Ferreira 2016), die sie für den L2-Erwerb adaptiert und so wesentliche semantische Aspekte, die den Verstehensprozess beeinflussen, in ihr Modell einbaut. Das Verhältnis zwischen Enkodieren und Dekodieren stellt sie aufbauend auf dem von Kempen et al. (2012) definierten shared grammatical workspace dar. Als spracherwerbstheoretischen Rahmen 90 5 Processability Theory - Sprachrezeption <?page no="91"?> wählt sie - wie schon erwähnt - die PT (Pienemann 1998a; s. Abschnitt 4.1) sowie die von ihr entwickelte MCH (Lenzing 2013, 2015; s. Abschnitt 4.4). Die zwei Hauptannahmen des Integrated Encoding-Decoding Models betreffen einerseits das sog. Entwicklungsproblem des Spracherwerbs und andererseits das logische Problem: So geht das Modell von einem einzigen syntaktischen Prozessor aus, der sowohl für grammatisches Enkodieren als auch Dekodieren im L2-Erwerb zuständig ist und sich schrittweise nach den Vorhersagen der PT entwickelt (Lenzing 2021, 91): „This means that similar to the syntactic encoding process, the decoding process is also constrained by processability.“ Die mentale Grammatik für grammatisches Enkodieren und Dekodieren ist - wie schon in der MCH definiert (Lenzing 2013; s. auch Abschnitt 4.4) - bei L2-Anfänger*innen auf allen Ebenen der syntaktischen Repräsentation nach LFG stark eingeschränkt, weshalb L2-Lerner*innen anfangs auf direktes Map‐ ping von Konzepten und Argumenten auf die Oberflächenform beschränkt sind-(s. Abschnitt 4.2.2). CONCEPTUALISER FORMULATOR SEMANTIC ROUTE PROTOTYPCIALITY EVENT PROBABILITY LEXICAL SEMANTICS GRAMMATICAL ENCODING GRAMMATICAL DECODING PROCESSING PROCEDURES VERB & ARGUMENTS (SYNTACTIC FEATURES) GRAMMATICAL CODER SHARED WORKSPACE SURFACE STRUCTURE STRING OF LEXEMES Abbildung 6: Integrated Encoding-Decoding Model of SLA (Eigene Darstellung nach Lenzing 2021, 90) 5.1 The Integrated Encoding-Decoding Model of SLA (Lenzing 2019, 2021) 91 <?page no="92"?> Wie in Abbildung 6 ersichtlich, unterscheiden sich Sprachrezeption und -pro‐ duktion dabei durch die Verarbeitungsrichtung und auch durch die Richtung des direkten Mappings, von der Oberflächenstruktur zum Konzept im Falle der Sprachrezeption und umgekehrt im Falle der Sprachproduktion. Beim Dekodieren - ausgehend von der Oberflächenstruktur - sind anfangs die grammatischen Funktionen nicht zugänglich, weil syntaktische Merkmale in der A-Struktur fehlen und die K-Struktur nur teilweise annotiert ist, weshalb Lerner*innen - wie bei der Produktion (s. Kapitel 4 zu PT) - anfangs auch bei der Sprachrezeption auf lexikalische Prozesse und direktes Mapping vertrauen.-Mit fortschreitender Annotation des mentalen Lexikons und der A-Struktur können Lerner*innen schließlich die grammatischen Funktionen in der F-Struktur nützen-(Lenzing 2021, 92). Darüber-hinaus geht Lenzing (2021, 90) in ihrem Modell davon aus, dass der Weg der syntaktischen Verarbeitung bei L2-Lerner*innen unterentwickelt sein und von einem „alternativen Weg“ (in Abb. 10 als Pfeil rechts dargestellt) der semantischen Verarbeitung „überschrieben“ werden kann. Lenzing spricht hier von einer dualen Route von semantischer und syntaktischer Verarbeitung (ebd., 92). Vor allem Lerner*innen, die die nötigen morphosyntaktischen Verarbei‐ tungsmechanismen noch nicht erworben haben, könnten in der L2-Rezeption auf eine Art von shallow processing zurückgreifen (ebd., 92): „The use of the semantic route especially applies to early L2 learners who cannot draw on the processing procedures required for full morpho-syntactic processing, as their L2 grammatical coder is initially underdeveloped.“ In der Folge sollen die drei von Lenzing genannten semantischen Faktoren, die vor allem die Sprachrezeption beeinflussen, kurz erläutert werden: Len‐ zing (2021, 93) definiert die lexikalische Semantik und Ereigniswahrschein‐ lichkeit unter Rückgriff auf VanPatten (1996) (s. Abschnitt 3.2). Sie argumen‐ tiert die klare Unterscheidung der beiden semantischen Faktoren auch damit, dass die zwei Arten von Wissen in unterschiedlichen Bereichen gespeichert sind: Informationen zu lexikalischer Semantik im mentalen Lexikon, Wissen über Ereigniswahrscheinlichkeit hingegen im deklarativen Wissen des*der Lernenden, ähnlich dem situationalen und enzyklopädischen Wissen auf Ebene des Konzeptualisierers (s. Levelts Sprachproduktionsmodell). Dementsprechend positioniert sie beide Einflussfaktoren auch in ihrem Modell sowohl im Kon‐ zeptualisierer-als auch im Lexikon. Hinsichtlich des Konzepts der Prototypikalität bezieht sie sich - klassischer‐ weise - auf Rosch (1978) und nimmt für ihr Modell und auch für ihre empirische Studie dann Meints (1999, 69) Blick auf Prototypikalität ein, die das Konzept auf 92 5 Processability Theory - Sprachrezeption <?page no="93"?> das englische Passiv umlegt, welches auch Lenzing in mehreren empirischen Studien untersucht. Das Zusammenwirken von semantischen und syntaktischen Prozessen er‐ klärt Lenzing (2021, 96 f.) schließlich anhand der Online Cognitive Equilibrium Hypothesis von Karimi/ Ferreira (2016), die sich damit auf good-enough-Reprä‐ sentationen bei der Sprachrezeption, wie von Ferreira/ Ferraro/ Bailey (2002) beschrieben, stützen. Der good-enough-Ansatz geht davon aus, dass bei der Verarbeitung von sprachlichem Input von Hörer*innen nur Repräsentationen erstellt werden, die gut genug sind, um die jeweilige Aufgabe zu erfüllen. Darum können Repräsentationen innerhalb eines Satzes oberflächlich (shallow) und ungenau sein. Karimi/ Ferreira (2016, 1017) stellen die Frage, „[W]hat is the general underlying force that influences depth of processing? “ und beantworten sie unter Bezug auf Piagets Theorie der kognitiven Entwicklung wie folgt: Sobald das Sprachverarbeitungssystem mit Input versorgt wird, entsteht eine kognitive Herausforderung, die das kognitive Equilibrium nach Piaget aus dem Gleichgewicht bringt; ein Status des Desequilibriums tritt ein, da der Input noch nicht verarbeitete Informationen enthält, die erst in bestehende Schemata integriert werden müssen. Nach erfolgreicher Verarbei‐ tung des Satzes wird das Equilibrium - der kognitiv bevorzugte Status - wiederhergestellt (ebd.). Die Wiederherstellung des Equilibriums ist dabei abhängig von der Verarbeitung und Integration der Bedeutung des Satzes in das bestehende Schema. Karimi/ Ferreira (2016, 1018) gehen von folgender Annahme aus: „[L]anguage processing is incrementally sensitive to changing states of equilibrium in real time and […] many psycholinguistic findings can be explained by appeal to this sensitivity.“ Sie schlagen für die Online Cognitive Equilibrium Hypothesis vor, dass das kognitive System erstens sofort versucht, das Equilibrium zu maximieren, und zweitens versucht, so lange wie möglich im Status des Equilibriums zu verbleiben. Um dies zu erreichen, werden bei neuem Input sowohl die heuristische Verarbeitungsroute (semantisch) also auch die algorithmische Verarbeitungsroute (syntaktisch) parallel aktiviert. Diese gleichzeitige Aktivierung der beiden Routen geht aus Abbildung 7 hervor. Da die heuristische Route üblicherweise einfacher funktioniert, steht Output schneller als bei der algorithmischen Route zur Verfügung. Durch diesen interim output, nicht zwangsläufig bestmöglichen Output, kann schneller wieder ein Status des Equilibriums hergestellt werden, in dem das System auch bleibt, solange es keinen triftigen Grund zur Weiterbearbeitung gibt, wenngleich die algorithmische Verarbeitung noch gar nicht abgeschlossen ist. Dieser Einfluss des interim output auf die algorithmische Verarbeitung ist laut Karimi/ Ferreira (2016, 1018) Grund für „good-enough linguistic representations“. 5.1 The Integrated Encoding-Decoding Model of SLA (Lenzing 2019, 2021) 93 <?page no="94"?> Abbildung 7: The Online Cognitive Equilibrium Hypothesis (Eigene Darstellung nach Karimi/ Ferreira 2016, 1019) Lenzing (2021, 98) adaptiert dieses Modell für den L2-Erwerb und geht davon aus, dass L2-Lerner*innen grundsätzlich - wie L1-Lerner*innen - auch beide Routen parallel aktivieren können, die syntaktische jedoch bei Anfänger*innen unterentwickelt oder beschränkt ist und deshalb auf die semantische Verar‐ beitung ausgewichen wird: „[I]nitially, the interim output from the heuristic route is not further refined by the algorithmic route and constitutes the final output.“ (Lenzing 2021, 98) Der schrittweise Erwerb der Verarbeitungsmecha‐ nismen führt schließlich dazu, dass Lerner*innen zunehmend auf syntaktische Verarbeitung zurückgreifen können (ebd.). Für die empirische Überprüfung schlägt Lenzing (ebd.) vor, zu begründen, welche Strukturen notwendigerweise von L2-Lerner*innen syntaktisch verarbeitet werden müssen und so für die empirische Überprüfung des shared grammatical workspaces geeignet sind. Nachdem aus theoretischer Sicht präsentiert wurde, welche Annahmen PT und darüberhinausgehende Erweiterungen, allen voran das Integrated Enco‐ ding-Decoding Model of SLA (Lenzing 2019, 2021) zur Sprachrezeption treffen, sollen in der Folge empirische Studien präsentiert werden, die sich im theoreti‐ schen Rahmen der PT explizit mit der Entwicklung der morphosyntaktischen Verarbeitung bei der Sprachrezeption beschäftigen. 5.2 Empirische Studien zu rezeptiver Grammatik Die bisher vorliegenden Studien zu produktiver und rezeptiver Grammatikent‐ wicklung im theoretischen Rahmen der PT (Keatinge/ Keßler 2009; Spinner 2013; 94 5 Processability Theory - Sprachrezeption <?page no="95"?> 61 Der Vollständigkeit halber soll ergänzt werden, dass sich Pienemann selbst schon in seinem Buch 1998 mit der Sprachrezeption beschäftigte und ein Sentence-Matching-Ex‐ periment durchführte (s. mehr dazu in Einleitung Kapitel 5 und Abschnitt 5.3.3). Buyl/ Housen 2013, 2015; Buyl 2015; Lenzing 2019, 2021; Spinner/ Jung 2019; Buyl 2019, Håkansson 2019) wählen teils sehr unterschiedliche methodische Herangehensweisen und kommen auch zu stark divergierenden Ergebnissen, die Lenzing (2021, 87) zumindest zum Teil auf die methodischen Unterschiede und auch Schwächen der Studien zurückführt. Keatinge/ Keßler (2009), Buyl/ Housen (2012) sowie Lenzing (2021) bestätigen die PT-Erwerbsabfolge auch für die Sprachrezeption, während Spinner (2013), Buyl (2015), Buyl (2019) und Spinner/ Jung (2019) in ihren rezeptiven Daten keine Evidenz dafür finden. Erwähnt sei an dieser Stelle, dass der Großteil der hier zitierten Autor*innen zwar zahlreiche interessante Reflexionen zur Anwendung eines passenden Er‐ werbskriteriums für die Sprachverarbeitung präsentiert, aber nur Lenzing (2021) die Frage nach Schnittstellen zwischen Sprachproduktion und -rezeption sowie zusätzlich auch der syntaktischen und semantischen Verarbeitung theoretisch modelliert 61 . In der Folge sollen die Proband*innengruppe, die gewählte Forschungsme‐ thode, die untersuchten grammatischen Merkmale, die wichtigsten Ergebnisse sowie mögliche methodische und theoretische Herausforderungen der ein‐ zelnen Studien jeweils kurz zusammengefasst werden. Keatinge/ Keßler (2009) führten eine Studie zum produktiven und rezeptiven Passiv-Erwerb bei Englisch-Lerner*innen unterschiedlicher L1 und unterschied‐ licher Altersgruppen durch. Für die Sprachproduktion untersuchten sie 62 Lerner*innen mithilfe kommunikativer Tasks sowie des Fish Film Tasks (Tomlin 1995) und einer Satzergänzungsaufgabe zur Elizitierung der Passivstrukturen. Die Sprachrezeption wurde bei 33 Lerner*innen mit Deutsch als L1 anhand einer semantischen Entscheidungsaufgabe und einer Satz-Bild-Zuordnungsaufgabe gemessen, von denen jedoch nur 10 Lerner*innen in die Datenauswertung aufgenommen wurden. Die Autor*innen kamen dabei zum Schluss, dass das englische Passiv verstanden werden kann, bevor es produziert werden kann. In der Folge nahmen Keatinge/ Keßler (2009) eine Zuordnung der produktiven Pas‐ sivverwendung zu Entwicklungsstufe 6 nach Pienemann und eine Zuordnung der Produktion von Pseudo-Passivstrukturen sowie der rezeptiven Verarbeitung von Passivstrukturen zu Entwicklungsstufe 4 vor, die sie wie folgt zusammen‐ fassen: „It is evident that the acquisition of comprehension skills is one or two stages further developed than the productive skills.“ (ebd., 91) Lenzing (2021, 80) kritisiert hierbei aber zu Recht die mangelnde theoretische Begründung der Zuordnung zu den Erwerbsstufen: 5.2 Empirische Studien zu rezeptiver Grammatik 95 <?page no="96"?> Although the idea that the comprehension of a structure does not require productive processing skills might be intuitively appealing, the hypothesis that comprehension occurs at an earlier stage of acquisition than production but is nevertheless constra‐ ined in terms of processability remains fuzzy, as the processing prerequisites for the L2 comprehension of passives are not specified. Hinsichtlich der rezeptiven Daten muss neben der Problematik der chance per‐ formance (s. dazu auch Abschnitt 5.3.2) bei Satz-Bild-Zuordnungsaufgaben kri‐ tisch angeführt werden, dass Keatinge/ Keßler (2009) auf accuracy zurückgreifen und keine Spezifizierung des in ihrer Analyse angewandten Erwerbskriteriums vornehmen, wie etwa auch Buyl/ Housen (2015, 535) problematisieren: „The results showed that participants obtained only scores below 30 % (which were interpreted as lack of acquisition) or above 70 %. Their cut-off point for emer‐ gence/ acquistion could thus lie anywhere between 30 % and 70 %.“ Angesichts dieser Schwächen müssen auch die Schlussfolgerungen von Keatinge/ Keßler (2009), dass der produktive und rezeptive Passiverwerb von denselben, bei PT definierten Verarbeitungsmechanismen geleitet wird, mit Vorsicht interpretiert werden. Spinner (2013) veröffentlicht drei Studien, wobei ersterer ein mündlicher Timed Grammaticality Judgement Task (GJT), zweiterer ein mündlicher Pro‐ duktionstask und dritterer eine überarbeitete Version des getimten GJT zu Grunde liegt. In der ersten Studie werden bei 64 Englisch-Studierenden und einer Kontrollgruppe (n= 40) 15 morphosyntaktische Strukturen untersucht, die sich den PT-Erwerbsstufen 2-6 zuordnen lassen. Der Produktionsteil wird mit einer Subgruppe von Studie 1 durchgeführt (n=12), an Studie 3 nehmen schließlich 63 Englisch-Studierende teil. Während die Daten aus Studie 2 (ebd., 723) die Vorhersagen der PT vollständig bestätigen, kommt Spinner (ebd., 731) für Studie 1 und 3 zum Ergebnis, dass die Erwerbsreihenfolge nicht für die Sprachrezeption gilt, woraufhin sie für die untersuchten Strukturen ein unabhängiges grammatisches Dekodieren und Enkodieren vermutet. Dafür führt sie vier mögliche Interpretationen an: a) Die Verarbeitungsmechanismen in Sprachproduktion und -rezeption verhalten sich tatsächlich unabhängig voneinander; b) die Verarbeitungsmechanismen in Sprachproduktion und -re‐ zeption sind dieselben, werden aber durch Faktoren, die der Rezeption inhärent sind, verdeckt; c) Die Ergebnisse sind bedingt durch Task-Effekte; d) Die Ergebnisse erklären sich durch Mängel im PT-Modell. Unter b) nennt Spinner (ebd. 732) Faktoren wie phonologische Aspekte, die die Verarbeitung etwa von Suffixen erschweren können, oder den Einfluss von pragmatischen sowie lexikalischen oder semantischen Informationen. In der Konsequenz plädiert sie dafür, in zukünftigen Studien Tasks zu verwenden, bei denen Lerner*innen 96 5 Processability Theory - Sprachrezeption <?page no="97"?> notwendigerweise grammatische Informationen verarbeiten müssen, um den Task zu erfüllen (vgl. ebd., 733). Hinsichtlich der Task-Effekte (c) räumt Spinner ein, dass selbst bei getimten GJT mit mündlichem Input nicht sichergestellt werden kann, ob nur implizites Grammatikwissen oder auch metalinguistisches Wissen gemessen wird. Sie problematisiert schließlich auch die Anwendung eines accuracy-Kriteriums von mindestens 80 %, indem sie in Frage stellt, ob emergence überhaupt PT-gerecht durch ein accuracy-Level in rezeptiven Tasks abgebildet werden kann: „However, it is not clear whether emergence can be captured with a particular level of accuracy on receptive tasks at all.“ (ebd.; s. dazu auch Reflexionen zu accuracy vs. emergence in Abschnitt 4.6.2). Lenzing (2021, 82) moniert darüber hinaus, dass Spinner Gruppenmittelwerte heranzieht, diese jedoch kein geeignetes Mittel seien, um Erwerbsstufen in der individuellen produktiven Lernersprachenentwicklung mit der rezeptiven abzugleichen (ebd., vgl. auch Pienemann 1998a), zumal keine vollständige Distributionsanalyse präsentiert wird, sondern die Daten lediglich in implikationalen Tabellen hin‐ sichtlich des accuracy-Kriteriums dargestellt werden. Buyl/ Housen (2013, 2015) präsentieren in ihren beiden Artikeln eine sehr differenzierte Diskussion zur Anwendung des emergence criterion auf rezeptive Daten, die in Abschnitt 5.3.1 wiedergegeben wird. Unter anderem weisen sie bei der Anwendung von Bildauswahlaufgaben auf die sog. chance performance hin, die vorliegt, wenn Ergebnisse unter dem below chance level liegen und somit nicht garantiert werden kann, dass die Ergebnisse nicht zufällig erzielt wurden. Buyl/ Housen (ebd.) berechnen deshalb das better than chance-Level für ihren Task und berücksichtigen dieses folgerichtig bei der Definition eines accuracy criterions von 80 %, oder anders gesagt von mind. 5/ 6 richtigen Antworten, wobei sie in der Analyse 2013 auch die Ergebnisse für 3/ 6 und 4/ 6 sowie in 2015 1/ 6-4/ 6 richtigen Antworten abbilden, um eine vollständige Darstellung der Ergebnisse zu gewährleisten. In den Studien bleibt trotz dieser differenzierten Herangehensweise die Problematik der gewählten Bildauswahlaufgabe, ange‐ lehnt an den ELIAS Grammar Test (Kersten et al. 2010, 2012; Steinlen et al. 2010), der keine syntaktische Verarbeitung garantiert, sondern bei einigen Items auch mit semantischer Verarbeitung auskommt. In der longitudinalen Studie (Buyl/ Housen 2013) wurden 13 Eng‐ lisch-Lerner*innen über 3,5 Jahre (Kindergarten bis 3. Klasse Grundschule) zu vier Testzeitpunkten auf 6 morphosyntaktische Strukturen der Erwerbsstufen 2 und 5 getestet, indem diese einen mündlichen Prompt, der eine der Strukturen enthielt, einem von drei Bildern zuordnen mussten. In der Querschnittstudie (Buyl/ Housen 2015) wurden 72 französischsprachige Englisch-Lerner*innen untersucht. 5.2 Empirische Studien zu rezeptiver Grammatik 97 <?page no="98"?> Insgesamt zeigen die Ergebnisse der longitudinalen Studie (Buyl/ Housen 2013) bei allen Lerner*innen von Testzeitpunkt 1 bis 4 einen graduellen Zu‐ wachs, auch wenn dieser nicht immer linear ist: „Several participants show U-shaped behaviour in the sense that they may have passed the acquisition criterion at a certain test time but fail to do so at a later test time.“ (Buyl/ Housen 2013, 23). Insgesamt bestätigen die Daten jedoch die Vorhersagen von PT, insofern der Erwerb von Stufe 5 nie dem Erwerb von zumindest einigen Strukturen von Stufe 2 vorausgeht. Die Auswertung der Daten von Buyl/ Housen (2015) ergibt, dass die Verar‐ beitungsmechanismen in PT sowohl für die produktive als auch die rezeptive Grammatikentwicklung Gültigkeit haben, wenngleich die Studienautor*innen einschränkend anführen, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine „premature impression of systematicity“ (ebd., 543) vorliegt, weil nur Strukturen auf Entwicklungsstufe 2 und 5 untersucht wurden. Buyl/ Housen (ebd., 543 f.) führen schließlich als Desiderat auch an, dass im Gegensatz zu ihrer eigenen Studie eine parallele Untersuchung der Sprachproduktion in zukünftigen Stu‐ dien wünschenswert sei. Auch wenn für PT bereits zahlreiche Evidenzen für typologisch unterschiedliche Sprachen vorliegen, könne durch eine Einbet‐ tung der rezeptiven Daten in produktive Daten ein besseres Verständnis der möglicherweise bestehenden Schnittstellen zwischen Sprachproduktion und -verarbeitung erlangt werden. Buyl (2015) veröffentlichte eine weitere Studie, in der sie Sprachverarbeitung mithilfe einer Online-Verarbeitungsaufgabe, genauer eines Self-paced Reading Tasks misst, und methodisch damit eine andere Herangehensweise als in den bisher präsentierten Studien wählt, die das accuracy-Problem bis zu einem gewissen Punkt umgeht (vgl. Abschnitt 5.3.1). Bei einem Self-paced Reading Task werden Reaktionszeiten für festgelegte Segmente (zB Wort oder Phrase) eines Satzes oder einer Serie von Sätzen gemessen, die auf einem Compu‐ terbildschirm präsentiert werden (vgl. Jegerski/ VanPatten 2014). Der Task basiert auf der Annahme, dass Lerner*innen, die ein bestimmtes grammatisches Merkmal erworben haben, Sensibilität für ungrammatische Sätze zeigen, die in verlangsamten Lesezeiten resultiert. Buyl (2015) untersucht in ihrer Studie 6 morphologische Strukturen, die auf 5 unterschiedlichen Erwerbsstufen nach PT anzusiedeln sind. Bei den Proband*innen handelt es sich um 18 erwachsene Englisch-Lernende. Im Self-paced Reading Task untersucht Buyl (ebd., 157), ob die Lernenden Sensibilität für die fehlerhafte Morphologie bei den gewählten Strukturen zeigten, die sich laut Annahme in höheren Reaktionszeiten in den jeweiligen Testpositionen bei den ungrammatischen Sätzen im Vergleich zu den grammatischen Sätzen zeigen sollten. Die Auswertung der Daten erfolgte 98 5 Processability Theory - Sprachrezeption <?page no="99"?> zunächst auf Gruppenebene, woraus sich ein signifikanter Unterschied zwi‐ schen grammatischen und ungrammatischen Sätzen ergab, jedoch waren die Reaktionszeiten für ungrammatische Stimuli für alle 6 Merkmale niedriger als für grammatische Stimuli, im Falle von „3 SG -s“, „Aux+ing“ und „Aux+ed“ sogar signifikant niedriger (ebd.). Buyl (ebd., 159) schließt daraus, dass sich die rezeptiven Daten nicht mit den Vorhersagen von PT decken. In Frage zu stellen ist hier jedoch, ob mithilfe des Self-paced Reading Tasks tatsächlich die Verarbeitung der morphologischen Elemente gemessen wurde und ob diese auch zwangsläufig von den Lernenden verarbeitet wurden. Neben der Gruppenauswertung führte Buyl auch eine Auswertung der indi‐ viduellen Lerner*innendaten durch. Sie (ebd., 159) betrachtete eine*n Lerner*in dabei als in der Lage, eine bestimmte Struktur zu verarbeiten, wenn folgendes Kriterium erfüllt war: „[W]hen there was a delay in processing in the ungram‐ matical trials compared to the grammatical trials that reached statistical signi‐ ficance“. Diese Ergebnisse bereitet sie schließlich im implicational scaling-Ver‐ fahren auf. Dort kann Buyl keine Erwerbsstufen nach PT nachzeichnen und findet auch keine Skalierbarkeit (ebd., 160). Lenzing (2021, 84 f.) folgend muss bei dieser Vorgehensweise allerdings kritisch angemerkt werden, dass durch das Plotten von individuellen Reaktionszeitergebnissen auf eine implicational scale die Ergebnisse wenig aussagekräftig sind, weil diese Ausreißer und indivi‐ duelle Abweichungen enthalten und somit das Gesamtergebnis stark verzerren können. Wenn die Studienautorin (Buyl 2015, 163) in der Folge also vorsichtig andeutet, dass es sich bei der rezeptiven und produktiven Grammatikentwick‐ lung um voneinander unabhängige Prozesse handeln könnte, müssen auch die soeben genannten methodischen Limitierungen mitgedacht werden. Spinner/ Jung (2017, 2019) setzen neben mündlichen Interviews für die Elizi‐ tierung von Sprachproduktionsdaten ebenso wie Buyl (2015) einen Self-paced Reading Task ein. Auch sie interpretieren längere Lesezeiten mit Verarbeitungs‐ schwierigkeiten und kürzere Lesezeiten als leichter zu verarbeitende Sätze bzw. Phänomene in den Stimuli. In ihrer Studie werden 61 Englisch-Lerner*innen mit unterschiedlichen L1 sowie eine Kontrollgruppe, bestehend aus 21 L1-Spre‐ cher*innen, untersucht. Ähnlich wie bei Buyl (2015) wenden auch Spinner/ Jung (2019) die individu‐ ellen Daten für implicational scaling an, finden in den Self-paced Reading-Daten jedoch keine Skalierbarkeit, während die produktiven Daten fast vollständig den Vorhersagen von PT folgen. Wie oben bei Buyl (2015) schon ausgeführt, muss auch hier wieder der Aussagewert von individuellen Mittelwerten bei Reaktionszeiten reflektiert werden. Eine weitere Herausforderung stellen die unterschiedlichen Modalitäten (schriftliche Modalität des rezeptiven Tasks, 5.2 Empirische Studien zu rezeptiver Grammatik 99 <?page no="100"?> mündliche Modalität im produktiven Task) dar, die miteinander verglichen werden. Lenzing (2021, 83) ergänzt hier, dass selbst bei der Kontrollgruppe in Spinner/ Jung (2019) keine vollständige Skalierbarkeit gefunden werden konnte, was ihrer Einschätzung nach daraufhin deutet, dass das Plotten von individuellen Mittelwerten aus Reaktionszeitmessungen auf implicational scales wenig hilf‐ reich ist, um systematische Muster im L2-Erwerb zu erhalten. Buyl (2019) veröffentlicht eine weitere Studie mit 61 erwachsenen Eng‐ lisch-Lerner*innen sowie 19 L1-Lerner*innen als Kontrollgruppe. Als unter‐ suchte Strukturen behielt sie jene aus Buyl (2015) bei, allerdings kam in dieser Studie ein schriftlicher GJT zum Einsatz, der einige oben bereits diskutierte methodische Fragen hinsichtlich der Konstruktvalidität aufwirft. Zur Auswer‐ tung und Lösung des ebenfalls schon mehrfach skizzierten accuracy-Problems wendet Buyl (2019, 88) für das implicational scaling drei verschiedene Kriterien an. Sie operationalisiert emergence mit 80 %, 50 % und 30 % accuracy, was sie wie folgt definiert: The former score is closer to native like performance (i.e., suggesting full, native-like processing abilities), while the latter allow learners to make some mistakes - po‐ tentially reflecting processing abilities which do not yet operate perfectly in all circumstances. It should also be emphasised, however, that this interpretation of the GJT scores is tentative at best. Unter keinem der drei Kriterien konnte Buyl eine Entwicklungssystematik für die untersuchten morphologischen Merkmale in den rezeptiven Daten finden. Zu anderen Ergebnissen kommt Lenzing (2019, 2021), die auf Basis ihres Integrated Encoding-Decoding Models genaue Vorhersagen für die lernersprach‐ liche Entwicklung der von ihr untersuchten Passivstrukturen trifft und diese theoretisch auf Basis der LFG begründet: So geht sie davon aus, dass in einer ersten Entwicklungsstufe der jeweils ersten NP im Satz die Rolle des Agens zugewiesen wird, weil syntaktische Merkmal im Lexikon der Lerner*innen noch nicht annotiert sind; in einer zweiten Stufe kommt es zu einem nicht-linearen Argument-Funktion-Mapping, der ersten NP kann also auch die Rolle des Patiens/ Thema zugewiesen werden. In einer dritten Stufe kommt schließlich die K-Struktur zum Tragen und es erfolgt eine morphosyntaktische Verarbeitung, das heißt, die Merkmalsunifizierung innerhalb der VP wird durchgeführt und Form-Funktions-Beziehungen werden ausgebaut. In der Folge überprüft Lenzing (2019, 2021) ihre theoretischen Annahmen in mehreren empirischen Studien bei insgesamt 82 Englisch-Lerner*innen mit Deutsch als L1 im schulischen Kontext, wobei sich die Datenerhebung auf drei 100 5 Processability Theory - Sprachrezeption <?page no="101"?> Bereiche konzentriert und nicht alle Lerner*innen an allen Teilen teilnahmen: (1) auf die Erhebung des Sprachstandes der Lerner*innen anhand der PT-Er‐ werbsstufen mithilfe von drei unterschiedlichen kommunikativen Tasks; (2) auf die Elizitierung von Passivkonstruktionen in mündlichen spontansprachlichen Daten mithilfe a) des Fish Film Tasks (Tomlin 1995) und b) des Passive Film Tasks, um die lexikalische Varianz zu erhöhen; 3) auf die Untersuchung der Ver‐ arbeitung von Passivstrukturen anhand a) eines mündlichen Enactment Tasks, b) einer mündlichen Satz-Bild-Zuordnungsaufgabe und c) eines mündlichen Sentence-Matching-Reaktionszeitexperiments. Letzteres hatte vor allem zum Ziel, die syntaktische Verarbeitung zu untersuchen (Lenzing 2019, 42). Die mündlichen Produktionen der Lerner*innen wertete Lenzing (2019), wie im Theorierahmen der PT üblich, mithilfe einer Distributionsanalyse der individuellen spontansprachlichen Daten aus, auf die sie das emergence criterion nach Pienemann (1998a) sowohl für syntaktische als auch für morphologische Strukturen anwendete. Das implicational scaling der Daten bestätigt, dass die Lernersprachenentwicklung implikational ist, alle Lerner*innen den spezi‐ fischen PT-Erwerbsstufen folgen und keine der Erwerbsstufen überspringen (ebd., 34). Die im Fish Film Task und im Passive Film Task elizitierten Passivformen unterschied Lenzing (2019) nach Strukturen, die lineares und non-lineares Argument-Funktions-Mapping erforderten, sowie danach, ob eine Struktur von einer*m Lerner*in konsistent in allen Kontexten „+“ oder nicht in allen Kontexten angewendet wurde „(+)“. Auch aus diesen Daten ging ein impli‐ kationaler Erwerb hervor, der sich mit dem von Lenzing angenommenen Entwicklungsverlauf - von linearem Argument-Funktions-Mapping zu nicht linearem Argument-Funktions-Mapping zu tatsächlicher morphosyntaktischer Verarbeitung - deckte. Ausgehend von ein und demselben „grammatischen Prozessor“ für Sprach‐ produktion und -verarbeitung geht Lenzing davon aus, dass das in PT definierte Konzept des emergence criterion zwar grundsätzlich für L2-Sprachrezeption gültig, aber nicht eins zu eins dafür operationalisierbar ist. Als Hauptgrund führt sie - ähnlich wie Buyl/ Housen (2015) - dafür an, dass chance performance bei der Elizitierung von Sprachrezeptionsdaten einen großen Einflussfaktor darstellt (Lenzing 2019, 38). Bei der Auswertung der Daten aus dem Enactment Task sowie der mündlichen Satz-Bild-Zuordnungsaufgabe löst sie das Problem der Anwendung des emergence criterion - wie sie schreibt - „indirectly“ (Lenzing 2019, 40), indem sie das implicational scaling der verarbeiteten Passivstrukturen mit einer Korrelationsanalyse mit den Erwerbsequenzen der Lerner*innen auf 5.2 Empirische Studien zu rezeptiver Grammatik 101 <?page no="102"?> Basis der Produktionsdaten vergleicht. So umgeht sie die Notwendigkeit eines cut-off points (ebd.). Die Ergebnisse der Studie zeigen eine implikationale Entwicklung unter‐ schiedlicher Verbtypen bei der Verarbeitung von Passivstrukturen, die Len‐ zing (2019, 40) mit einer graduellen Entwicklung von semantischer hin zu syntaktischer Verarbeitung erklärt und durch die Prototypikalität von Pas‐ sivkonstruktionen sowie durch semantische Faktoren wie Reversibilität und Eintrittswahrscheinlichkeit beeinflusst ist. Andererseits kann Lenzing eine Korrelation zwischen der Anzahl an verstandenen Passivstrukturen und der PT-Erwerbsstufe, auf der sich der*die jeweilige Lerner*in befindet, feststellen (ebd.): So geht aus der Korrelationsanalyse eine stark positive Korrelation zwischen der Anzahl an verstandenen Passivstrukturen und Passivstrukturen mit nicht-linearem Argument-Funktions-Mapping sowie eine starke positive Korrelation zwischen der Anzahl an verstandenen Passivstrukturen und Passiv‐ strukturen mit zielsprachenähnlicher Verbalmorphologie hervor. Lenzing (ebd., 41) schließt daraus: „This supports the claim that the procedures underlying the stages of acquisition are also involved in the comprehension process.“ Trotz des nachgewiesenen implikationalen Erwerbs der Passivstrukturen mit unterschiedlichen Verbtypen führt Lenzing (ebd., 42) einschränkend an, dass die Ergebnisse der Studie aufgrund methodischer Limitierungen der Tasks hinsichtlich der tatsächlichen syntaktischen Verarbeitung keine eindeutigen Schlussfolgerungen zulassen. In einer weiteren Studie von Lenzing (2021) greift sie diese Limitierungen auf und führt einen SMT (s. Abschnitt 5.3.3) durch. Auch die Ergebnisse dieser Studie stimmen mit den für das englische Passiv vorhergesagten Erwerbsstufen für die Sprachrezeption überein. So greifen L2-Lerner*innen ab Erwerbsstufe 4 auf morphosyntaktische Verarbeitungsme‐ chanismen zurück, was sich in statistisch signifikanten Unterschieden in den Reaktionszeiten zwischen grammatischen und ungrammatischen Sätzen zeigt. Für die Lerner*innen auf Erwerbsstufe 2 und 3 finden sich hingegen keine signifikanten Unterschiede. Verwiesen sei abschließend auf eine Studie von Håkansson (2019) zur rezept‐ iven Grammatik von 41 Kindern (Alter: 7-8 Jahre) mit Schwedisch als L1 vor deren erstmaligem schulischen Englisch-Unterricht. Wie Buyl/ Housen (2013, 2015) untersuchte sie auf Grundlage des ELIAS Grammar Tests (Kersten et al. 2010) drei morphologische Strukturen (plural -s, possessive -s und 3rd person singular -s) und konnte die PT-Entwicklungsstufen bestätigen. Wie in diesem Abschnitt gezeigt, liegen bislang fast ausschließlich Studien zur produktiven und rezeptiven Grammatikentwicklung für das Englische als Lernersprache vor, andere Sprachen, die auch andere oder zusätzliche metho‐ 102 5 Processability Theory - Sprachrezeption <?page no="103"?> 62 In der Forschung zu syntaktischer Verarbeitung kann grundsätzlich zwischen zwei Modellen unterschieden werden, die der Frage nachgehen, ob syntaktische Verarbei‐ tungsprozesse von anderen Verarbeitungsprozessen wie semantischen Informationen oder Diskursinformationen abgegrenzt werden können (vgl. Van Gompel/ Pickering 2007, 289): Modulare Modelle, auch garden-path-Modelle, gehen davon aus, dass im Prozessor zunächst nur die syntaktische Struktur des Satzes verarbeitet wird, um eine einzelne Analyse eines möglicherweise temporär zweideutigen Satzes zu erhalten. Nicht-syntaktische Informationen wie semantische Informationen (zB Plausibilität), der Kontext oder auch die Frequenz der Strukturen werden erst in späteren Verar‐ beitungsschritten hinzugezogen (Van Gompel/ Pickering 2007, 290 verweisen hier auf Modelle von Frazier 1987 und Rayner et al. 1983). Interaktive Modelle, auch constraint-based-theories, hingegen nehmen an, dass im Prozessor von Beginn an alle möglichen Informationsquellen mitverarbeitet werden, semantische wie kontextuelle Informationen oder Einschränkungen und die Frequenz der Strukturen im Input (vgl. Van Gompel/ Pickering 2007, 292). dische Herausforderungen liefern können, wurden im theoretischen Rahmen der PT - mit Ausnahme des von Pienemann (1998a) mit Deutsch-Lernenden durchgeführten SMT - noch nicht bearbeitet. 5.3 Methodische Aspekte 5.3.1 Anwendung des emergence criterion auf rezeptive Daten Das in Abschnitt 4.6.2 beschriebene emergence criterion basiert auf mündli‐ chen, produktiven Daten und ist - wie aus Abschnitt 5.2 hervorgeht - nicht eins zu eins für Sprachverarbeitungsdaten operationalisierbar, sondern stellt viel mehr eine der größten methodischen Herausforderungen in Studien zu Erwerbsstufen in der rezeptiven Grammatikentwicklung dar (vgl. Buyl 2019, 76). In der Folge sollen einige problematische Aspekte bei der Übertragung des emergence criterion auf Sprachverarbeitungsdaten herausgearbeitet und im Kontext des für die vorliegende Studie verwendeten SMT beurteilt werden. Die Herausforderungen liegen dabei einerseits in der Natur der Sprachverarbeitung selbst und andererseits im theoretischen Rahmen der PT (vgl. ebd. 2015, 146). Im Vergleich zur Produktion, die - ausgenommen von formelhafter Sprache - nicht ohne die Verarbeitung von morphosyntaktischen Merkmalen auskommt, erfordert das Verständnis von sprachlichem Input je nach Modell nicht zwangs‐ läufig die Verarbeitung grammatischer Informationen, sondern kommt teilweise mit der Verarbeitung von semantischen, prosodischen und kontextuellen In‐ formationen aus (Van Gompel/ Pickering 2007, 293 ff., Fernández/ Cairns 2011, 225 ff.; s. auch Kapitel 2) 62 . Verarbeitungsdaten lassen somit nicht immer einen 5.3 Methodische Aspekte 103 <?page no="104"?> 63 Zur Abgrenzung von Anfänger*innen und (leicht-)fortgeschrittenen Lerner*innen s. Fußnote 4. In Sagarra/ Herschensohn (2011) wurde die Abgrenzung auf Basis eines proficieny tests (Auszug aus Diploma de Español como Lengua Extranjera) durchgeführt. direkten Blick auf die den Lerner*innen zur Verfügung stehende rezeptive Grammatik und die morphosyntaktische Verarbeitung zu. Wichtig scheint hier aber auch zu erwähnen, dass grammatische Informa‐ tionen, die für das Verständnis des Inputs nicht notwendig sind, wie etwa Konkordanzphänomene, von fortgeschritteneren Lerner*innen sehr wohl verar‐ beitet werden können. Dies bestätigen etwa Studien von Pearlmutter/ Garnsey/ Bock (1999) und Sagarra/ Herschensohn (2011). So zeigen Proband*innen in Pearlmutter et al. (1999) eine frühe Verarbeitung von Abweichungen in der S-V-Kongruenz, das im Englischen kaum zu Einschränkungen des Verständ‐ nisses eines Satzes führt. Pearlmutter et al. (ebd., 451) schließen daraus ein System, das kontinuierlich auch grammatische Informationen in der Sprachrezeption einbezieht, unabhängig davon, ob diese zum Verständnis beitragen oder nicht. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Sagarra/ Herschen‐ sohn (2011, 103) für die Genuskongruenz bei Spanischlerner*innen und Spa‐ nisch-L1-Sprecher*innen, die wiederum für die Interpretation einer Äußerung nicht notwendig ist. Die Autorinnen (ebd.) differenzieren jedoch zwischen Anfänger*innen und Lerner*innen einer Mittelstufe 63 : „In effect, RT and gram‐ maticality judgment data reveal that beginners are insensitive to the gender concord/ discord distinction, whereas intermediates show qualitatively similar reactions to monolinguals (longer RTs and lower accuracy in the grammaticality judgments in the gender discord than the gender concord condition).“ Die Un‐ tersuchung von unterschiedlich fortgeschrittenen Lerner*innengruppen kann damit wichtige Erkenntnisse für die Verarbeitung unterschiedlicher Informa‐ tionen im Input bringen. Unabhängig davon, ob grammatische Informationen schließlich verarbeitet werden oder nicht, kann ausgehend von LFG das Verständnis von grammati‐ schen Informationen verschiedene Darstellungsebenen und verschiedene Prin‐ zipien, die diese verbinden, betreffen. So sind etwa bei Passivkonstruktionen nicht-lineare Mapping-Prozesse von der A-Struktur zur F-Struktur notwendig, die vom default-Mapping abweichen und nicht die thematische Rolle Agens (prominenteste Rolle) auf das Subjekt mappen, sondern auf das Oblique. Eine weitere Ebene stellt die nicht kanonische Übereinstimmung zwischen K-Struktur und F-Struktur bei der Topikalisierung von Objekten (zB dislocazione a sinistra) dar. Bei Fragen der Unifizierung von Merkmalen wie NUM oder GEND in der Nominalphrase 64 handelt es sich hingegen um Prozesse der Merkmalsunifizierung, die auf der Ebene der K-Struktur ablaufen, die im Italie‐ 104 5 Processability Theory - Sprachrezeption <?page no="105"?> 64 Innerhalb der Nominalphrase „la casa bella“ ist die grammatische Information GEND/ NUM am attributiven Adjektiv nicht für die Interpretation des Satzes notwendig. Dasselbe gilt für die prädikative Verwendung des Adjektivs in der Verbalphrase: „Giulia è bella.“ Wohingegen das Morphem -a im Satz „È bella.“ ohne explizitem Subjekt je nach Kontext für die Interpretation des Satzes notwendig sein kann. nischen zudem zu einer mehrfach redundanten Präsenz der Merkmale NUM und GEND führen. Während in den ersten beiden Beispielen das Verständnis der nicht-linearen Mapping-Prozesse anhand von Verständnisfragen wie (Wer hat etwas gemacht? ) überprüfbar ist, ist dies für das Beispiel der Numerus- und Genuskongruenz nicht gegeben. Gemessen werden kann in letzterem Fall - wie in psycholinguistischen Studien üblich - nur die Sensitivität der Lernenden für Grammatikalität, das heißt, was zu einem bestimmten Entwick‐ lungszeitpunkt in der Lerner*innengrammatik als grammatisch angenommen wird (vgl. Bley-Vroman/ Masterson 1989, zitiert in Verhagen 2009, 92). Je nach grammatischer Struktur und involvierter Linkingbzw. Mapping-Prozesse muss also Sprachrezeption bereits anders operationalisiert werden. Für die hier vorliegende Studie besonders relevant sind die syntaktischen Prozesse der Merkmalsunifizierung auf der K-Struktur. Lenzing (2021, 128) plädiert dafür, bei der Elizitierung rezeptiver Daten ein Messinstrument zu wählen, das syntaktische Verarbeitung unumgänglich macht. Sie argumentiert beispielsweise, dass eine Satz-Bild-Zuordnungsaufgabe semantische Faktoren sowie den Erwerb des nicht-linearen Mappings von Argumenten auf Funktionen (wie im Falle des Passivs) untersucht, morphosyn‐ taktische Verarbeitung aber nicht klar genug abdeckt. Daher spricht sie sich dafür aus, für die syntaktische Verarbeitung zusätzlich Tasks, wie beispielsweise ein Reaktionszeitexperiment in Form eines SMT zu verwenden. Darin wird gemessen, wie Lernende auf grammatische Abweichungen von bestimmten morphosyntaktischen Strukturen reagieren (s. Abschnitt 5.3.3). Aufgrund der verschiedenen Anforderungen unterschiedlicher grammati‐ scher Informationen und Strukturen für Aufgabentypen werden bei der Erfor‐ schung rezeptiver Grammatik also unterschiedliche Tasks verwendet (vgl. auch Pallotti 2007, 369), die wiederum unterschiedliche Daten generieren und damit auch eine jeweils unterschiedliche Umsetzung des emergence criterions erfor‐ dern. Im Gegensatz zur produktiven Grammatik, die zwar ebenfalls durch eine Vielzahl an Tasks (Spot the Difference, Story Telling, s. Abschnitt 4.6.4) elizitiert werden kann, aber immer in derselben Art von Daten mündet (mündliche spontansprachliche Daten) und auch mithilfe desselben emergence criterion analysiert werden kann, braucht es für die Analyse der rezeptiven Daten eine ad hoc-Lösung (operational definition) für den jeweiligen Tasktyp (etwa 5.3 Methodische Aspekte 105 <?page no="106"?> 65 Dennoch werden in Studien zu rezeptiver Grammatik cut-off-points definiert, s. dazu Abschnitt 5.2 für Studien zu rezeptiver Grammatik im PT-Framework. für Multiple-Choice-Antworten bei GJTs oder Reaktionszeiten bei Self-paced Reading Tasks oder SMT etc.) (vgl. Buyl 2019, 99). Das Hauptproblem hierbei ist die Abgrenzung von emergence und accuracy. Das Festlegen eines cut-off-point als emergence criterion ist - wie bei Produktionsdaten schon kritisch diskutiert - ebenso für Rezeptionsdaten problematisch, weil es sich dabei um eine arbiträr festgelegte untere Grenze des Erwerbs handelt, die theoretisch schwer argumen‐ tierbar ist und bei Anwendung unterschiedlicher cut-off-points in unterschied‐ lichen Studien zudem keine Vergleichbarkeit der Ergebnisse gegeben ist (vgl. Buyl 2015, 148; Lenzing 2021, 86). 65 Lenzing (2021, 86) plädiert daher für eine Anwendung des implicational scalings auch auf Sprachverarbeitungsdaten. Sie wendet dieses etwa für das Verständnis unterschiedlicher Passivstrukturen im Englischen an, die unterschiedlichen Erwerbsstufen zuordenbar sind und die sie auf eine implicational scale plotted. Indem sie die verstandenen Strukturen mit einer statistischen Korrelationsanalyse zwischen rezeptiven und produktiven Daten verbindet, wendet sie das Erwerbskriterium indirekt auf die rezeptiven Daten an und greift nicht auf einen willkürlich festgelegten cut-off-point zurück. Voraussetzung dafür ist aber, dass der rezeptive Task individuelle Ergebnisse für die einzelnen Proband*innen erlaubt, was etwa für Reaktionszeitmessungen nicht zutrifft, weil diese - nach gängiger Praxis - nur auf Gruppenebene ausgewertet werden. Bei allen Arten von Tasks, deren Daten auf Basis einer Entscheidung der Lerner*innen zwischen mehreren Optionen gesammelt werden, liegt zudem ein sogenanntes below chance level vor, das je nach Anzahl der Antwortmög‐ lichkeiten und nach Anzahl der Items variiert. Liegen die Ergebnisse unterhalb dieses Niveaus, kann - wie schon in Abschnitt 5.2 angesprochen - statistisch nicht garantiert werden, dass die Ergebnisse nicht zufällig erzielt wurden, es sich also um eine chance performance handelt (Howell 2010). Für das Festlegen eines emergence criterion für rezeptive Daten bedeutet dies folglich, dass ein zu niedrig angesetzter cut-off-point zu verzerrten Ergebnissen führen kann. Um das better than chance-Level festzulegen, muss für jede Antwortmöglichkeit die Wahrscheinlichkeit berechnet werden, diese korrekt zu wählen, und im Anschluss die Erfolgschance für jeden einzelnen Versuch auf Basis der Anzahl der Versuche, das heißt zB der Items, hochgerechnet werden (vgl. Buyl 2019, 87) (s. Tabelle 10). 106 5 Processability Theory - Sprachrezeption <?page no="107"?> n 6 ∏ 0.33 k 0 1 2 3 4 5 6 p ≥k 1.00 0.91 0.64 0.31 0.10 .02* .00* n=number of prompts; ∏ = chance level; k= number of correct responses; p ≥k = probability of obtaining score k or higher by chance; * = score is above chance performance (p > .05). Tabelle 10: Emergence criterion und chance performance (Eigene Darstellung nach Buyl 2019, 87) Buyl/ Housen (2015, 535 f.) stellen in Tabelle 10 die Berechnung des better than chance-Levels für einen Task mit drei Antwortmöglichkeiten pro Item und einer Gesamtanzahl von 6 Items pro grammatikalischem Merkmal im Detail dar. Daraus ergibt sich, dass nur bei Ergebnissen von 5 von 6 richtigen Antworten oder von 6 von 6 richtigen Antworten eine Leistung vorliegt, die statistisch über einer Zufallsauswahl liegt (p >.05). Für die Anwendung des emergence criterion auf die Sprachrezeption wurden Spezifika der Sprachrezeption bzgl. der morphosyntaktischen Verarbeitung einerseits und Herausforderungen bei der Abgrenzung von emergence und accuracy sowie der chance performance diskutiert. Die sich daraus ergebenden Anforderungen für rezeptive Tasks werden im folgenden Abschnitt dargestellt. 5.3.2 Anforderungen an Tasks zur Überprüfung rezeptiver Grammatik Aus den bisher diskutierten Herausforderungen können mehrere Anforde‐ rungen abgeleitet werden, darunter zunächst - und v. a. in Hinsicht auf die For‐ schungsfragen dieser Doktorarbeit - die Notwendigkeit, morphosyntaktische Verarbeitung aus dem holistischen Sprachverständnis herauszulösen. Folglich müssen psycholinguistische Testverfahren berücksichtigt werden, in denen das Verhalten der Lerner*innen (in Form von Reaktionszeitdaten etwa bei Self-paced Reading/ Listening Tasks und SMTs oder in Form von Augenbewegungen bei Eye-Tracking) oder deren neuronale Reaktion (im Falle von ereigniskorrelierten Potentialen) gemessen wird und die auch bereits vielfach in Studien etwa zur Verarbeitung von Konkordanz eingesetzt wurden. Beispielsweise spricht eine in den Reaktionszeiten eines SMTs gezeigte Sensibilität für ungrammatikalische Sätze (=signifikant längere Reaktionszeiten im Vergleich zu grammatischen 5.3 Methodische Aspekte 107 <?page no="108"?> Sätzen) bei L2-Lerner*innen dafür, dass diese Lerner*innen den jeweils zugrun‐ deliegenden Verarbeitungsmechanismus erworben haben (s. Pienemann 1998b, nähere Ausführungen in Abschnitt 5.3.3) und die längeren Reaktionszeiten nicht rein zufällig sind. Zudem sollen die genutzen Untersuchungstools prozedurales Wissen messen, um dem Konstrukt, das auch bei der Sprachproduktion im Theorierahmen der PT gemessen wird, eher zu entsprechen (vgl. Abschnitt 4.6.2, vgl. Pienemann 1998b). Ein weiteres Kriterium für rezeptive Tasks, das sich ebenfalls aus dem Vergleich mit produktiven Daten ableitet, ist die Modalität. Um einen tatsäch‐ lichen Vergleich zwischen der Sprachproduktion, die in PT mit mündlichen spontansprachlichen Daten untersucht wird, und Sprachrezeption anstreben zu können, sollten Untersuchungstools, die sich mündlichen Inputs bedienen, bevorzugt werden. Schließlich soll das Verfahren des implicational scalings auch auf Sprachver‐ arbeitungsdaten angewendet werden (s. oben, Lenzing 2021, 86), was jedoch nur bei rezeptiven Tasks möglich ist, die nicht nur eine Gruppenauswertung, son‐ dern auch individuelle Ergebnisse für die einzelnen Teilnehmer*innen zulassen. Dass alle methodischen Herausforderungen in einem Task gelöst werden können, erscheint zum gegebenen Zeitpunkt nicht möglich, weil sich mehrere der formulierten Kriterien gegenseitig ausschließen. Je nach Fragestellung, untersuchtem Phänomen und Sprache muss daher abgewogen werden (s. dazu Ausführungen für die hier vorliegende Studie in Kapitel 6). 5.3.3 Evidenz aus (Auditory) Sentence Matching Tasks Sentence Matching Tasks (SMT) wurden von Bley-Vroman/ Masterson (1989) erstmals im Bereich der L2-Erwerbsforschung angewendet, die diese ursprüng‐ lich als Ergänzung zu GJT intendierten. Sie stützten sich dabei auf den u. a. von Freedman/ Forster (1982, 1985) in psycholinguistischen Experimenten zur Verarbeitung von lexikalischen Einheiten (Wörtern vs. Nichtwörtern) gezeigten Effekt der Informationsverarbeitung auf die Verarbeitungsgeschwindigkeit (vgl. Pienemann 1998a, 216). In den Folgejahren wurden SMT durchaus häufig in der L2-Erwerbsforschung verwendet (vgl. u. a. Gass 2001); Pienemann (1998a, 1998b) selbst verwendete zur empirischen Überprüfung der Procedural Skills Hypothesis einen SMT. Im Folgenden soll das allgemeine Design sowie die Grundannahmen von SMT erklärt werden: In einem SMT werden den Proband*innen auf einem Bildschirm Satzpaare präsentiert, die üblicherweise durch eine kurze Pause getrennt werden. Die Proband*innen werden dabei nicht nach einem gramma‐ 108 5 Processability Theory - Sprachrezeption <?page no="109"?> ticality judgement gefragt, sondern dazu aufgefordert, möglichst schnell zu entscheiden, ob die beiden Sätze ident sind oder nicht. Dafür sollen sie auf einer Tastatur oder einem separaten Antworttaster die entsprechende Taste (ident vs. nicht ident) drücken (vgl. u. a. Chambers/ Forster 1975; Freedman/ Forster 1985; Pienemann 1998a; Verhagen 2011; Lenzing 2021). Unter ident wird dabei verstanden, dass sich die beiden Sätze in keinerlei Hinsicht (weder lexikalisch noch syntaktisch) unterscheiden. Die verwendeten Satzpaare umfassen also je‐ weils zwei grammatische oder zwei ungrammatische Sätze, die ident (matching pairs) sind oder sich unterscheiden (non-matching pairs). Gemessen werden einerseits die Entscheidungen der Proband*innen über das matching oder non-matching der Sätze und andererseits die Reaktionszeit, die ein*e Proband*in für die Entscheidung bei grammatischen und bei ungrammatischen Satzpaaren benötigt (vgl. u.-a. Verhagen 2011, 825). Die Grundannahme des SMT stützt sich auf Ergebnisse aus Studien mit L1-Sprecher*innen, die bei matching pairs eine schnellere Verarbeitung von identen grammatischen Strukturen im Vergleich zu ungrammatischen zeigten (vgl. Bley-Vroman/ Masterson 1989, 214 f.; Jiang 2012, 203). Dieser Effekt wird auf L2-Lerner*innen, die eine bestimmte Struktur erworben haben, übertragen und wird in der Fachliteratur durch zwei Erklärungsansätze begründet. Freedman/ Forster (1985) gehen auf Basis von Ergebnissen bei Word Matching Tasks davon aus, dass bei der Verarbeitung grammatischer Sätze unmittelbar und automatisch eine unifizierte high-level-Repräsentation des eingehenden Inputs produziert wird, die dann mit der syntaktischen Repräsentation des einge‐ henden zweiten Satzes abgeglichen wird. Umgekehrt wird bei ungrammatischen Sätzen keine high-level-Repräsentation hergestellt und das Matching muss durch andere, weniger effiziente Strategien wie etwa durch einen Wort-für-Wort-Ver‐ gleich durchgeführt werden, was längere Verarbeitungszeiten zur Folge hat. Die Reaktionszeiten der Lerner*innen werden damit als Hinweis auf die Gramma‐ tikalität eines bestimmten Satzes bzw. Satzpaares in der mentalen Grammatik des*der Lernenden gesehen (vgl. auch Duffield/ Matsuo/ Roberts 2007, 156). Eine zweite Erklärung begründet die Verzögerung in der Verarbeitung mit einer mentalen Korrektur und weniger mit dem Grad an Grammatikalität an sich. So gehen v. a. Crain/ Fodor (1987, 138) davon aus, dass bei ungrammatischen Beispielen zwar auch zwei mentale Repräsentationen erstellt werden, wobei jedoch eine der Version des Inputs folgt und die zweite eine korrigierte Version darstellt: „The subject’s representation of the first sentence in short term memory will then differ from the actual sentence presented (or at least it could cost a certain effort to store the difference and refer to it later), and this should 5.3 Methodische Aspekte 109 <?page no="110"?> 66 Konstruktvalididtät bezieht sich in diesem Kontext auf das, was genau eine konkrete Methode elizitiert (vgl. Gass 2001, 421) und was ein bestimmtes (sprachliches) Verhalten über die mentale Sprachverarbeitung (ebd., 422) aussagt. cause confusion when the first sentence is compared with the second, since a positive match requires literal identity including identity of syntactic errors.“ Darüber hinaus finden sich in der Fachliteratur unterschiedliche Einschät‐ zungen zur Frage, ob SMT sprachliche Repräsentation oder Verarbeitung messen. Pienemann (1998a, 220) weist dabei darauf hin, dass die Einordnung des SMT als Task zur Überprüfung sprachlicher Repräsentation in enger Ver‐ bindung mit der Definition von Ableitungsprozessen im Theorierahmen der Generativen Transformationsgrammatik (GTF) mit ihren unterschiedlichen Repräsentationsebenen steht und ein SMT außerhalb der GTF in anderen Grammatiktheorien nicht zwangsläufig als Messinstrument für sprachliche Repräsentation interpretiert werden kann: „In other words, SM tasks can by no means be taken as a general-purpose measure of linguistic representation.“ (ebd.) Um die Frage nach der Konstruktvalidität 66 eines SMT im Rahmen der hier vorliegenden Studie beantworten zu können, erscheint es hilfreich, auch den theoretischen Rahmen der LFG noch einmal heranzuziehen und zunächst festzuhalten, dass SMT in erster Linie die Geschwindigkeit misst, mit der bestimmte Verarbeitungsmechanismen ausgeführt werden (Pienemann 1998a, 2001, unter Bezug auf Kaplan/ Bresnan 1982). In einem nächsten Schritt könnte dann eine Verbindung zwischen den Verarbeitungsmechanismen und den damit verbundenen sprachlichen Reprä‐ sentationen hergestellt werden (ebd.). Die Konzeptualisierung von sprachlicher Repräsentation in LFG sowie vor allem auch die Konzeptualisierung der Verbin‐ dung zwischen Verarbeitung und Repräsentation unterscheidet sich stark von jener in GTF. So argumentiert Lenzing (2021, 130), dass der Erwerb von Verar‐ beitungsmechanismen zur Durchführung von Linking- und Mapping-Prozessen nicht unabhängig von der Entwicklung des mentalen L2-Grammatiksystems erfolgen kann, welches laut der MCH (s. Abschnitt 4.4) anfänglich stark ein‐ geschränkt und nicht vollständig annotiert ist. Auf dieser Basis argumentiert Lenzing (ebd., 131), dass SMT ein „suitable means“ darstellt, um den L2-Er‐ werb von morphosyntaktischen Verarbeitungsprozessen zu untersuchen, zumal Antwortmuster von L2-Lerner*innen in SMT von erworbenen Verarbeitungs‐ mechanismen einerseits und ihrem mentalen L2-Grammatiksystem andererseits beeinflusst werden. Aus der Verarbeitungsperspektive zieht Pienemann (1998a, 1998b), s. auch Kapitel 5 zur Procedural Skills Hypothesis, als Erklärung der höheren Reak‐ 110 5 Processability Theory - Sprachrezeption <?page no="111"?> tionszeiten von Natives bei der Verarbeitung ungrammatischer Sätze oder Nicht-Wörter Levelts Sprachproduktionsmodell (1989) heran. Levelt folgend argumentiert er, dass sprachliche Verarbeitung in parallel ablaufende Routinen integriert ist. Im Falle von ungrammatischen Sätzen oder Nicht-Wörtern ver‐ fügt der*die Sprecher*in über keine dieser „ready-made“-Routinen (Pienemann 1998a, 221 f.), wodurch eine Verzögerung in der Verarbeitung entsteht. Die genannten Routinen betreffen sowohl syntaktische Muster als auch den Wort‐ zugang. Laut PT ist ein Teil des Erwerbs grammatischer Strukturen die Automa‐ tisierung ebendieser zugrundeliegenden Routinen. Wenn ein*e Lerner*in bei‐ spielsweise die Genus-/ Numerusunifizierung auf der Syntagmaebene erworben hat, hat der*die Lerner*in die Routine erworben, die Genus-/ Numerusunifizie‐ rung auf der Syntagmaebene zu verarbeiten. Durch die Verfügbarkeit dieser Routine wird der jeweilige Verarbeitungsmechanismus „freigegeben“, wodurch der*die Lerner*in auch Reaktionszeiten aufweisen wird, die der L1-Verarbei‐ tung/ den L1-Sprecher*innen ähnlich(er) sind. Pienemann (1998b, 323) sagt demnach eine „gradual transition from NNS [non native speaker] behaviour to NS [native speaker] behaviour“ vorher. Online vs. offline Tasks Da die hier vorgelegte Forschungsarbeit im theoretischen Rahmen der PT ver‐ ankert ist und damit schon im produktiven Bereich prozedurales Sprachkönnen zu elizitieren versucht (s. Abschnitt 4.6.4), soll dies auch für den rezeptiven Bereich versucht werden. Marinis (2003) und Roberts (2012) gehen davon aus, dass Online-Verarbeitungstasks adäquatere Instrumente zur Überprüfung von impliziter Verarbeitung von grammatischer Kongruenz sind als GJT und Bildauswahlaufgaben. Wie oben schon angeführt, schließen auch Buyl/ Housen (2015, 544) ihre methodologischen Überlegungen zur Überprüfung rezeptiver Grammatik im theoretischen Rahmen der PT in diesem Sinne: „Given that PT deals with productive online processing skills and with learners’ ability to unify and exchange grammatical information, and given the aim of the present research venture to apply PT to the receptive counterpart of this language skill, tasks which target receptive online processing seem particularly appropriate for future research.“ SMT werden oft nicht als Online-Tasks im engen Sinn charakterisiert, weil die Antwort der Proband*innen erst nach der vollständigen Präsentation des gesamten Stimulus und damit außerhalb des Teststimulus erfolgen (vgl. Duffield et al. 2007, 161). In dieser Hinsicht ist ein SMT einem Offline Judgement Task näher als einem Online-Setting wie in einer Eye-Tracking-Studie. An anderen Pa‐ rametern gemessen entspricht ein SMT jedoch sehr wohl den üblichen, für diese 5.3 Methodische Aspekte 111 <?page no="112"?> Studie wesentlichen, Charakteristika eines Online-Tasks: So sind SMT zeitlich limitiert. Godfroid et al. (2015, 270) folgend führt eine zeitliche Limitierung (timed) dazu, dass - wie in ihrer Studie zu GJTs - ein jeweils anderes Konstrukt gemessen wird. Während untimed GJTs eher explizites Wissen messen, decken timed GJTs eher implizites Wissen ab. Die Kategorisierung von SMT als timed und implicit scheint eine Zuordnung zu Online-Tasks nach Jiang (2012) zu erlauben, wenngleich Tasks - so Godfroid et al. (ebd.) - Lerner*innen immer zur Verwendung des einen oder des anderen Wissensbereichs tendieren lassen und nicht bestimmen, welche Art von Wissen tatsächlich verwendet wird: „[I]n part, what knowledge is used depends on the knowledge sources available to the individual learner“ (ebd., 271). Godfroid et al. (ebd., 272) schließen in ihrer Studie, dass nach wie vor unklar ist, auf welche Wissensbereiche sich Lerner*innen stützen, wenn sie Bewertungen (judgements) durchführen, und weisen darauf hin, dass dieser Rückgriff auch von anderen task-spezifischen Faktoren beeinflusst sein kann. Sie nennen als Faktoren hier beispielsweise die Grammatikalität der Items. Für den in der hier vorliegenden Studie verwendeten SMT erscheint wichtig zu erwähnen, dass es sich dabei nicht um einen GJT, sondern um eine Bewertung der Übereinstimmung oder Unterscheidung von zwei Sätzen handelt. Trotzdem kann bei Bewertung der ungrammatischen Satzpaare der Aspekt der fehlenden Grammatikalität der Sätze auch einen Einfluss auf das Bewertungsverhalten haben. Mündliche vs. schriftliche SMTs Ursprünglich war die Modalität von Items in SMTs schriftlich bzw. visuell, das heißt, Lernenden wurden am Bildschirm schriftliche Inputsätze präsentiert. Verhagen (2009, 2011) verwendete - soweit ersichtlich - als erste einen münd‐ lichen SMT. Neben Verhagen (2009), die das Phänomen der Verneinung im Niederländischen untersuchte, verwendete darüber hinaus bisher - soweit ersichtlich - nur Lenzing einen mündlichen SMT zur Untersuchung des Passivs im Englischen (s. Abschnitt 5.2). Beide begründen diese Wahl in erster Linie mit der damit einhergehenden Einsetzbarkeit für Zielgruppen, die nicht über automatisierte Lesefähigkeiten verfügen, wie etwa bei Kindern und auch L2-An‐ fänger*innen (Verhagen 2009, 92; 2011, 834). Mögliche Leseschwierigkeiten in diesen Zielgruppen können potenziell zu Verzögerungen bei der Reaktionszeit führen, die nicht durch die morphosyntaktische Verarbeitung bedingt sind (vgl. Lenzing 2021, 131). Mündliche SMTs scheinen zudem weniger stark zu Wort-für-Wort-Abgleichen zu verleiten ( Jiang 2012, 206 f.). 112 5 Processability Theory - Sprachrezeption <?page no="113"?> Darüber hinaus sprechen weitere Argumente für den Einsatz von mündli‐ chen SMTs: Ein wesentliches Ziel der vorgelegten Forschungsarbeit ist es, produktive und rezeptive Daten zu vergleichen und mögliche Schnittstellen der produktiven und rezeptiven Grammatikentwicklung zu identifizieren. Vor diesem Hintergrund weisen mündliche SMTs einen klaren Vorteil gegenüber schriftlichen auf, weil sie dieselbe Modalität wie die mündlichen spontansprach‐ lichen Produktionsdaten nutzen. 5.3 Methodische Aspekte 113 <?page no="115"?> 6 Studiendesign und Datenerhebung Zur Beantwortung der zentralen Forschungsfrage, ob der produktive und re‐ zeptive Grammatikerwerb bei Italienisch-L3-Schüler*innen der Sekundarstufe II denselben von der Processability Theory (PT) postulierten Entwicklungsstufen folgt (s. Abschnitt 1.2), werden spontansprachliche mündliche sowie rezeptive Daten in derselben Proband*innengruppe erhoben, um L2-Erwerbsstufen für die produktive und rezeptive Verarbeitung von Merkmalen der Adjektivkongruenz im Italienischen zu untersuchen. Die mündlichen spontansprachlichen Daten erfüllen dabei zwei Funktionen: 1) die Identifikation der Entwicklungsstufen nach PT, die die jeweiligen Schüler*innen erworben haben, sowie 2) die Erhe‐ bung der attributiven und prädikativen Adjektivkongruenz in der mündlichen Sprachproduktion. Die rezeptiven Daten überprüfen Punkt (2) hinsichtlich der mündlichen Sprachrezeption. 6.1 Tasks zur Elizitierung der Sprachproduktion Für die Elizitierung spontansprachlicher mündlicher Daten wurden vier unterschiedliche Tasks (Nunan 1989) verwendet, die auf den folgenden Seiten abgebildet sind und allesamt eine spezifische kommunikative Situation sowie ein Handlungsziel und die intendierte Zielgruppe bzw. die Interakti‐ onspartner*innen angeben (Task 1: Du bist soeben aus dem Urlaub zurückge‐ kehrt [kommunikative Situation] / schicke eine Audio-Nachricht [Handlungs‐ ziel] / einer*m italienischen Freund*in [Zielgruppe]; Task 2: Du arbeitest in einem Modegeschäft / präsentiere Kleidungsstücke / deinen italienischen Kund*innen; Task 3: Nächstes Monat organisiert ihr einen Schüler*innenaus‐ tausch / beschreib ein Foto/ dein Zimmer / einer*m italienischen Freund*in; Task 4: Du siehst ein Bild / beschreibe es und finde 20 Fehler / deiner*m Partner*in). <?page no="116"?> Il mio ultimo viaggio Sei tornata da un viaggio. Invia un messaggio vocale su Whatsapp a un’amica italiana. • Descrivi il posto (la città, la zona ecc.) dove sei stata. • Presenta l’alloggio: - il tipo di sistemazione - - la camera - - il cibo - - gli eventi ecc. - • Racconta la giornata che ti è piaciuta di più. "" Abbildung 8: Aufgabenstellung Task 1 In un negozio d'abbigliamento Immagina di lavorare in un negozio d’abbigliamento. Presenta i seguenti capi d’abbigliamento ai tuoi clienti e descrivi • la quantità • il colore • il materiale • lo stile Esempio: Queste magliette sono bianche con un autobus rosso. Sono di cottone. Sono a maniche lunghe. Sono sportive. Abbildung 9: Aufgabenstellung Task 2 116 6 Studiendesign und Datenerhebung <?page no="117"?> La mia casa Il prossimo mese la tua classe va in Italia per fare uno scambio scolastico. La classe italiana vi manda alcune foto delle case dei ragazzi. Parlane con un’amica italiana/ un amico italiano. • Descrivi la foto. - i mobili - i colori - i vestiti - le decorazioni ecc. • Immagina chi abita in questa casa. • Descrivi la tua camera. Abbildung 10: Aufgabenstellung Task 3 6.1 Tasks zur Elizitierung der Sprachproduktion 117 <?page no="118"?> Partner A Sotto trovi l’immagine A. Il tuo partner ha l’immagine B. Descrivi l’immagine e trova almeno 20 differenze. Comincia A. Dopo aver trovato un errore tocca a B. Partner B Sotto trovi l’immagine B. Il tuo partner ha l’immagine A. Descrivi l’immagine e trova almeno 20 differenze. Comincia A. Dopo aver trovato un errore tocca a B. Abbildung 11: Aufgabenstellung Task 4 118 6 Studiendesign und Datenerhebung <?page no="119"?> Durch die Verwendung von situationalen Kontexten aus der Lebenswelt der Schüler*innen wurde versucht, eine Verbindung zwischen den Aufgaben und den Situationen, in denen die Schüler*innen möglicherweise die Sprache außer‐ halb des Klassenzimmers verwenden, herzustellen und damit die situationale Authentizität zu erhöhen (ALTE 2005, 108). Im Folgenden sollen die verwen‐ deten Tasks im Detail nach Tasktyp (Fulcher 2003, 57), Domäne, Thema sowie Art der mündlichen Aktivität (Europarat 2001, Kapitel 4.4.1) präsentiert werden. Fulcher (2003, 52) definiert die Task-Orientierung als zentrales Kriterium der Task-Beschreibung, das es erlaubt, einen Task auf einem Kontinuum - von offenen, gelenkten und geschlossenen Tasks - einzuordnen. Während Lerner*innen in geschlossenen Tasks durch den Input und die Anleitungen stark gelenkt werden und der Lerner*innenoutput damit vordefiniert ist, hängt der Output bei offenen Tasks eher von den Lerner*innen ab und kann entsprechend variieren. In gelenkten Tasks ist der Output der Lerner*innen gesteuert, aber: „there is a degree of flexibility in how the test taker reacts to the input“ (ebd.). Tabelle 11 gibt einen Überblick über die verwendeten Tasks. Die Arbeitsan‐ weisungen wurden den teilnehmenden Schüler*innen jeweils in schriftlicher Form präsentiert. Die Datenerhebung startete mit einer Aufwärmaktivität (s. Abbildung 12), die aus einigen persönlichen Fragen bestand, die die Forscherin stellte und die es den Lerner*innen ermöglichen sollten, die Sprechsituation besser einzuschätzen (ALTE 2005). Task Domänen und Themen Mündliche Aktivitäten Morphosyntaktische Strukturen Kategorie‐ prozedere Phrasales Prozedere Phrasales Pro‐ zedere/ Satz‐ prozedere Ein‐ lei‐ tung private Do‐ mäne: Fragen zur eigenen Person mündliche In‐ teraktion (dialogisch) - - - 1 private und öffentliche Domäne: Reisen, Orte mündliche Produktion (monologisch): Erfahrungen beschreiben - NP (DET und Substantiv; DET, Sub‐ stantiv und attributives Adjektiv) Kopula; Ver‐ balmorpho‐ logie: presente, passato pros‐ simo 2 berufliche Domäne: Einkaufen mündliche Produktion (monologisch): Kleidungs‐ stücke be‐ schreiben Plural- Markie‐ rung NP (DET und Substantiv; DET, Sub‐ stantiv und attributives Adjektiv) Kopula; Kopula und prädika‐ tives Adjektiv 6.1 Tasks zur Elizitierung der Sprachproduktion 119 <?page no="120"?> Task Domänen und Themen Mündliche Aktivitäten Morphosyntaktische Strukturen Kategorie‐ prozedere Phrasales Prozedere Phrasales Pro‐ zedere/ Satz‐ prozedere 3 private Do‐ mäne: Wohnen, Umgebung, Alltagsleben mündliche Produktion (monologisch): Umgebungen und Gewohn‐ heiten be‐ schreiben Plural- Markie‐ rung NP (DET und Substantiv; DET, Sub‐ stantiv und attributives Adjektiv) Kopula; Kopula und prädika‐ tives Adjektiv 4 öffentliche Domäne: Freizeit, öf‐ fentliche Plätze mündliche In‐ teraktion (dia‐ logisch): Bedeutungs‐ aushandlung mit Informa‐ tion Gap Plural- Markie‐ rung - NP (DET und Substantiv; DET, Sub‐ stantiv und attributives Adjektiv) Kopula; Kopula und prädika‐ tives Adjektiv; Verbalmorpho‐ logie: presente Tabelle 11: Überblick über die produktiven Tasks (orientiert an Hinger 2016, 200) Parte introduttiva - Racconta qualcosa di te. - - • Nome? - • Età? - • Città? - • Scuola? - • Lingue? - • Tempo libero? - • Piatto preferito? • Famiglia? Abbildung 12: Aufgabenstellung Aufwärmaktivität 120 6 Studiendesign und Datenerhebung <?page no="121"?> Task 1 (s. Abbildung 8) ist ein offener mündlicher Produktionstask, der mit drei Aufzählungszeichen respektive Operatoren strukturiert ist. Die Schüler*innen werden aufgefordert, eine WhatsApp-Audio-Nachricht zu produzieren. Das Thema des Tasks sind Reisen sowie Orte (s. Europarat 2001). Die Lerner*innen (1) beschreiben (descrivi) eine Urlaubsdestination in der Vergangenheit, (2) prä‐ sentieren (presenta) die Art der Unterkunft und (3) berichten (racconta) über den schönsten Tag während des Urlaubs. Die ersten beiden Operatoren (beschreiben und präsentieren) beziehen sich auf Deskriptoren des GERS-A2-Niveaus für zusammenhängendes monologisches Sprechen (Erfahrungen beschreiben): Der*die Lerner*in „[k]ann mit einfachen Worten […] Orte […] beschreiben“, „[k]ann erklären, was er/ sie an etwas mag oder nicht mag“. Der dritte Operator bezieht sich auf ein A2+-Niveau, das vorsieht, dass Lernende „kurz und einfach über ein Ereignis oder eine Tätigkeit“ sowie „über vergangene Aktivitäten und persönliche Erfahrungen berichten [können]“ (Europarat 2001, Kapitel 4.4.1). Der gewählte Fokus auf deskriptiver Sprachverwendung ist durch die Annahme begründet, dass dadurch für die Studie besonders relevante morphosyntaktische Strukturen wie Nominalphrasen mit attributiver Adjektivkongruenz und die Kopula mit prädikativer Adjektivkongruenz produziert werden (können). Dar‐ über hinaus zielt der Task auch darauf ab, Verbalmorphologie zu elizitieren, um die jeweiligen Erwerbsstufen der Lerner*innen identifizieren zu können. Während Task 1 in einer privaten Domäne zu verorten ist, ist Task 2 (s. Ab‐ bildung 9) im beruflichen Kontext und im Thema „Verkauf/ Shopping“ verankert. Der Task ist im Vergleich zu den anderen Tasks gelenkter (vgl. Fulcher 2003), weil unterschiedliche Bilder präsentiert werden, die die Lerner*innen für ihre Sprachproduktion aufgreifen sollen. Lerner*innen schlüpfen hier in die Rolle einer Verkäuferin/ eines Verkäufers eines Modegeschäftes und beschreiben die in Form von Bildern präsentierten Kleidungsstücke (descrivi il colore, il materiale, lo stile [beschreibe die Farbe, das Material, den Stil]). Wie schon in Task 1 ist auch hier die Verwendung der - vor allem prädikativen - Adjektivkongruenz mit Substantiven, die sich in Genus und Numerus unterscheiden, wahrscheinlich. Task 3 bietet zusätzlich zu den drei Operatoren auch Input in Form eines Bildes. Der erste Operator bezieht sich auf den visuellen Input und erwartet eine Beschreibung des abgebildeten Zimmers (descrivi l’immagine [beschreibe das Bild]). Er ist im Vergleich zu den folgenden Operatoren gelenkter. Die Operatoren „immagina“ e „descrivi la tua camera“ [stell dir vor und beschreibe dein Zimmer] erfordern mehr Flexibilität und Vorstellungsvermögen. Wie schon bei Task 1 handelt es sich auch bei Task 3 um zusammenhängendes monologisches Sprechen, das auch von den GERS-Deskriptoren für das Niveau A2 abgedeckt wird: „Kann die Familie, Lebensverhältnisse, die Ausbildung und 6.1 Tasks zur Elizitierung der Sprachproduktion 121 <?page no="122"?> die gegenwärtige oder die letzte berufliche Tätigkeit beschreiben.“ (Europarat 2001, 4.4.1.1) Auf morphosyntaktischer Ebene kann Task 3 wiederum attributive und prädikative Adjektivkongruenz elizitieren sowie bei fortgeschritteneren Lerner*innen möglicherweise auch Verbstrukturen, die den Modus des Kon‐ junktivs (congiuntivo) verlangen. Bei Task 4 handelt es sich schließlich um einen Spot the Difference Task (vgl. Mackey/ Gass 2005, 67f., s. Abbildung 11), der ein Gespräch in Paaren erfordert. Die beiden zur Verfügung gestellten Bilder unterscheiden sich in 20 Punkten, wodurch eine Informationslücke [Information Gap], das heißt ein realer Kommunikations‐ bedarf zwischen den beiden Gesprächspartner*innen entsteht. Die Lernenden erhalten jeweils ein Bild, das der*die andere nicht sehen kann. Die Bilder sind sehr ähnlich, aber nicht ident und die Gesprächspartner*innen beschreiben sich gegenseitig ihr Bild, um Unterschiede ausfindig zu machen (descrivi l’immagine e trova le 20 differenze [beschreibe das Bild und finde 20 Unterschiede]). Für die Bildbeschreibung bedarf es der Fähigkeit, „mit einfachen Worten Personen, Orte, Dinge [zu] beschreiben“ sowie „mit einfachen Mitteln Gegenstände sowie Dinge, […] kurz [zu] beschreiben und [zu] vergleichen“ (Europarat, Kapitel 4.4.1.1). Bild‐ basierte Information-Gap-Aktivitäten werden als gut funktionierende Aktivitäten vor allem für Anfänger*innen angesehen, weil einfache sprachliche Äußerungen produziert werden (ALTE 2005, 147). Auch dieser Task zielt auf die Elizitierung von attributiver und prädikativer Adjektivkongruenz ab. Um eine möglichst hohe Datendichte zu erreichen, die Klarheit der Aufga‐ benstellungen zu überprüfen sowie eine Einschätzung zu erhalten, ob die Tasks für die Proband*innen besondere lexikalische Herausforderungen darstellen, wurden alle Aufgaben wie schon erwähnt, mit einer Lerner*innengruppe, die ähnliche Charakteristika wie die Proband*innen aufwies, pilotiert (vgl. Pallotti 2007, 369). Die Gruppe (n=11) besuchte denselben Schultyp (Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe) und befand sich im selben Lernjahr (2.) wie die Proband*innen der Hauptstudie. Auf Basis der Pilotierung wurden mehrere Anpassungen der Bildimpulse sowie Präzisierungen der Aufgabenstellungen vorgenommen: So wurden beim einleitenden Task (Parte introduttiva, s. Abbil‐ dung 12) Piktogramme hinzugefügt. Einige Teilnehmer*innen der Pilotierung hatten Schwierigkeiten, die als Unterstützung gedachten Stichwörter zu ver‐ stehen. Durch die visuelle Darstellung wurde eine zusätzliche Unterstützung angeboten. Bei Task 1 (s. Abbildung 8) wurden beim ersten Operator Ideen in Form von Stichwörtern hinzugefügt und damit der Operator konkretisiert und wiederum durch Piktogramme visuell unterstützt. Die ursprünglich von Di Biase (2007, 237, s. Anhang 1) verwendeten Bilder für Task 4 (Trova le differenze) wurden auf Basis der Pilotierung weiter modifiziert sowie um Unterschiede 122 6 Studiendesign und Datenerhebung <?page no="123"?> ergänzt, die vor allem weitere Pluralkontexte schaffen sollten. Als Referenz wurde hierbei wiederum auch der im Lehrwerk der Proband*innen-Gruppe der Hauptstudie verwendete Wortschatz herangezogen. So wurden Enten durch Fische ausgetauscht, Schildkröten und Pferde sowie weitere Verkehrsmittel hinzugefügt, die Gebäude im Hintergrund detaillierter und mit größeren Un‐ terschieden dargestellt. Um die lexikalische Vielfalt zu erhöhen, wurden auch weitere Farben sowie farbliche Unterschiede hinzugefügt. Über die Modifikation der Tasks hinaus wurde auf Basis der Pilotierung ein detailliertes Interlocutor Frame (s. Anhang 2, vgl. auch ALTE 2005, 143) für alle vier Tasks erstellt, um die gestellten (Zwischen-)Fragen zu vereinheitlichen und zu gewährleisten, dass allen Teilnehmer*innen dieselben Nachfragen gestellt wurden. 6.2 Task für die Überprüfung morphosyntaktischer Verarbeitung bei der Sprachrezeption Zur Überprüfung der morphosyntaktischen Verarbeitung der Adjektivkon‐ gruenz bei der Sprachrezeption wurde ein SMT durchgeführt (zur theore‐ tischen Begründung s. Abschnitt 5.3.3). Die im Reaktionszeitexperiment verwendeten Items können zwei Bedingungen zugeordnet werden, die nach PT den graduellen Erwerb der Kongruenz über die Entwicklungsstufe 3 und 4 (phrasales Prozedere und Satzprozedere, s. Abschnitt 4.5) nachzeichnen und in Tabelle 12 zusammengefasst werden. Die Adjektivkongruenz wurde gewählt, weil diese als Struktur mit „hohem diagnostischem Wert“ für romanische Sprachen eingeschätzt wird, die zwar oft schon in frühen Phasen der Lernersprachenentwicklung auftritt, aber auch für fortgeschrittenere Lerner*innen Verarbeitungsschwierigkeiten darstellt (vgl. Giacalone Ramat 2002; Bartning/ Schlyter 2004; Pallotti 2010). Die Adjektivkongruenz ist zwar kein Merkmal, das zwangsläufig bei mündlicher Sprachrezeption verarbeitet werden muss, dennoch belegen Studien in anderen theoretischen Rahmen, dass eine Verarbeitung bei fortgeschritteneren Lerner*innen gegeben sein kann (vgl. u. a. Sagarra/ Herschensohn 2010, 2012). In dieser Hinsicht sind interessante Einblicke in die unterschiedlichen Lerner*innengruppen der insgesamt heterogenen Klasse zu erwarten. 6.2 Task für die Überprüfung morphosyntaktischer Verarbeitung bei der Sprachrezeption 123 <?page no="124"?> 67 In dieser Studie wird nur die prädikative Adjektivkongruenz mit explizitem Subjekt abgedeckt (s. Abschnitt 4.5). 68 Um generalisierbare Ergebnisse zu erhalten, bedarf es einer möglichst hohen Anzahl an Items pro Bedingung, die es auch erlaubt, Variation in den Reaktionszeiten auszugleichen. Bley-Vroman/ Masterson (1989, 230) verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass 12 Items pro Bedingung - wie in ihrer eigenen Studie - bereits eine zu geringe Anzahl darstellen. Trotzdem liegt die typische Anzahl an Items (experimental items und Distrak‐ toren) in den meisten Studien zwischen 60 und 90, sodass die Experimentdauer 15 Minuten nicht überschreitet. Angesichts der jungen Zielgruppe und des schulischen Kontexts wurde entschieden, nur insgesamt 48 Items zu verwenden, was in durchschnittlich 9,38 Minuten für die Durchführung resultierte (s. Abschnitt 6.4.2) und wonach bereits erste Konzentrationsverluste bei einigen Teilnehmer*innen zu beobachten waren. Entwick‐ lungsstufe 4 Satzproze‐ dere prädikative Adjektivkongruenz (mit explizitem Subjekt) L16: questi pantaloni sono neri - diese-PL.MASK Hosen-PL.MASK sind schwarz-PL.MASK Entwick‐ lungsstufe 3 Phrasales Prozedere attributive Adjektivkongruenz L8: i pantaloni neri e lunghi E classico - die-PL.MASK Hosen-PL.MASK schwarz-PL.MASK und lang -PL.MASK ist klassisch-SG.MASK Entwick‐ lungsstufe 2 Kategorie‐ prozedere Pluralmarkierung L1: venti personi Tabelle 12: Überblick über Adjektivkongruenz nach PT Pro Bedingung (attributive Adjektivkongruenz, prädikative Adjektivkon‐ gruenz 67 ) wurden 6 Satzpaare präsentiert, insgesamt somit 24 Satzpaare oder experimental items, die sich allesamt in matching pairs befanden (vgl. Verhagen 2009, 93). Hinzu kamen 24 68 filler-Paare, deren Sätze sich sowohl lexikalisch als auch syntaktisch unterschieden und bei denen die Unterscheidung an un‐ terschiedlichen Positionen im Satz zu finden war (s. Tabelle 13 und vollständige Items in Anhang 3). Um einen möglichen bias zu vermeiden, wurde dieselbe Anzahl an matching und non-matching-Satzpaaren sowie an grammatischen und ungrammatischen Satzpaaren verwendet (vgl. Bley-Vroman/ Masterson 1989, 231; Jiang 2012, 203), woraus sich eine target-filler-ratio von 1: 1 ergibt (vgl. Verhagen 2009, 93; Jiang 2012, 203). Wie - mit Ausnahmen - in SMTs üblich, wurden keine Verständnisfragen eingebaut, um die Komplexität des Tasks - gerade für Anfänger*innen - nicht weiter zu erhöhen. 124 6 Studiendesign und Datenerhebung <?page no="125"?> Experimental items (Matching pairs) grammatisch (gr)/ attributiv I fiori belli sono di Angela e Giuseppe. Die-PL.MASK Blumen-PL.MASK schön-PL.MASK sind von Angela und Giuseppe. Die schönen Blumen sind von Angela und Giuseppe. ungrammatisch (ugr)/ attributiv *I fiori bello sono di Angela e Giuseppe. Die-PL.MASK Blumen-PL.MASK schön-SG.MASK sind von Angela und Giuseppe Die schönen Blumen sind von Angela und Giuseppe. grammatisch (gr)/ prädikativ I fiori di Angela e Giuseppe - sono belli. Die-PL.MASK Blumen-PL.MASK von Angela und Giuseppe - sind schön-PL.MASK. Die Blumen von Angela und Giuseppe sind schön. ungrammatisch (ugr)/ prädikativ *I fiori di Angela e Giuseppe - sono bello. Die-PL.MASK Blumen-PL.MASK von Angela und Giuseppe - sind schön-PL.SG. Die Blumen von Angela und Giuseppe sind schön. Tabelle 13: Beispiel für grammatische und ungrammatische Satzpaare (jeweils nur ein Satz abgedruckt) in beiden Bedingungen (attributiv/ prädikativ) Die im Experiment verwendeten ungrammatischen Satzpaare waren ungram‐ matisch in Hinsicht auf die Übereinstimmung des Merkmals Numerus im Plural (zB i libri giallo). Eine zusätzliche Abweichung im Merkmal GEND (zB i libri gialla) hätte eine hohe Anzahl weiterer Items gebraucht, was die Dauer des Experiments verzögert und sowohl aus praktischen Gründen (begrenzte zur Verfügung stehende Zeit im schulischen Kontext) als auch aus verarbeitungs‐ technischen Gründen (Faktor Konzentration) nicht zielführend gewesen wäre. Zu berücksichtigen ist auch, dass es sich im Falle der Numerusmarkierung um eine referentielle Kategorie handelt und damit ein direkter, eindeutiger Bezug zum Referenten/ zur Referentin hergestellt wird. Dies trifft auf die Ge‐ nusmarkierung nicht zwangsläufig zu, die Genuszuweisung erfolgt erst im Laufe der Lernersprachenentwicklung, wenn das mentale Lexikon aufgebaut wird und Annotationen von Lexemen erfolgen. Darüber hinaus belegen etwa 6.2 Task für die Überprüfung morphosyntaktischer Verarbeitung bei der Sprachrezeption 125 <?page no="126"?> 69 Die Präpositionalphrase „di Vorname e Vorname“ wurde eingefügt, um zu vermeiden, dass zu kurze Sätze als chunks gespeichert werden (vgl. Verhagen 2009, 88), sowie um sicherzustellen, dass beide Bedingungen eine ähnliche Satzlänge aufweisen (vgl. Jiang 2012, 204). Sagarra/ Herschensohn (2012, 14) größere Effekte des Arbeitsgedächtnisses für die Genusverarbeitung im Vergleich zur Numerusverarbeitung. So geht aus ihrer Studie für das Spanische hervor, dass eine größere Gedächtnisspanne positiv mit der Sensibilität für Genuskongruenz korreliert, nicht jedoch mit Numeruskongruenz. Bei der Überprüfung der Genuskongruenz müsste in wei‐ terer Folge auch der sogenannte Gender Congruency Effect bei der Erstellung der Items mitgedacht werden. Dieser geht davon aus, dass Genusmarkierungen von Substantiven und Modifikatoren in der L2, die kongruent mit jenen der L1 sind, die Verarbeitung beschleunigen und umgekehrt eine inkongruente Markierung die Verarbeitung verlangsamt (vgl. u.-a. Sagarra/ Herschensohn 2011, 88). Alle Substantive und Adjektive folgten dem default-Paradigma des Italie‐ nischen. Damit wurde - wie auch bei den produktiven Daten - ein Fokus auf die Merkmalsunifizierung gelegt. Der gerade für das Italienische sehr rele‐ vante zusätzliche Aspekt der komplexen Form-Funktionsbeziehungen wurde außen vorgelassen, weil davon auszugehen ist, dass emergence zunächst beim default-Paradigma auftritt (s. auch Abschnitt 4.5). Bei der Erstellung der Items wurden zahlreiche Faktoren kontrolliert, die u. a. bei Bley-Vroman/ Masterson (1989, 224) und Keating/ Jegerski (2014) als beeinflussende Faktoren definiert werden: Länge des Stimulus, Vertrautheit mit dem Wortschatz und syntaktische Komplexität. So bestanden alle Sätze - sowohl experimental items als auch filler items - aus 8 Wörtern und waren 15 Silben lang. Angesichts des schulischen Kontexts, in dem die Studie durchgeführt wurde, wurden die verwendeten lexikalischen Items (Substantive und Adjektive) nicht auf ihre Frequenz in mündlichen und/ oder schriftlichen L1-Korpora überprüft, sondern anhand ihres Auftretens im verwendeten Lehrwerk (Orlandino/ Rizzo/ Ziglio 2017; Orlandino/ Balì/ Rizzo 2018). Für die verwendeten Namen wurden Listen zu den im italienischen Sprachraum beliebtesten Vornamen herange‐ zogen. Keines der lexikalischen Items wurde in mehr als einem Satzpaar verwendet. Hinsichtlich der syntaktischen Komplexität wurde für beide Bedin‐ gungen ein ähnlicher Aufbau gewählt 69 . Die Sätze wurden von einem männlichen L1-Sprecher aus Padova (Nordita‐ lien) in einem schalldichten Raum aufgenommen und mit dem Audioeditor Audacity geschnitten. Die Aufnahmen wurden von einer weiteren L1-Spre‐ cherin angehört und hinsichtlich Auffälligkeiten in der Aussprache sowie 126 6 Studiendesign und Datenerhebung <?page no="127"?> 70 In Absprache mit den beteiligten Lehrpersonen sowie der Direktion bot sich stunden‐ plantechnisch einzig der Mittwoch als Datenerhebungstag an. dialektalen Einflüssen als „standardnah“ bewertet. Die Länge der Items wurde vereinheitlicht und betrug für alle Satzpaare 8.70 Sekunden. Für das Experiment wurde die open source Software „Psychopy“ (Peirce et al. 2019) verwendet. Die Sätze wurden den Teilnehmer*innen mündlich auf einem Macintosh-Laptop präsentiert. Die Satzpaare wurden mit einer Pause von 1500 Millisekunden (vgl. Verhagen 2009, 94) zwischen den beiden Sätzen präsentiert; die Reaktionszeiten der Lerner*innen wurden ab dem Ende des zweiten Satzes gemessen. Zu diesem Zeitpunkt erschien am Bildschirm auch ein Hinweis für die Teilnehmer*innen, der noch einmal anhand zweier Symbole (grüner Haken = matching = grün markierte Taste auf der Tastatur; rotes Kreuz = non-matching = rot markierte Taste auf der Tastatur) anzeigte, dass eine Antwort gegeben werden konnte. Für die Durchführung der Tests wurden vier pseudo-randomisierte Listen angelegt, wobei jede Liste mit denselben vier Übungsitems begann, die die Teilnehmer*innen durchführten, nachdem sie zunächst eine standardisierte, mündliche Einführung in das Experiment erhalten hatten (s. Interlocutor Frame im Anhang 2) und die Anweisungen auch schriftlich noch einmal am Bildschirm lesen konnten. Die Teilnehmer*innen wurden nicht über die Agrammatikalität der Hälfte der Sätze informiert. Zwischen den Übungsitems und dem Start des tatsächlichen Experiments konnten die Teilnehmer*innen zudem Fragen stellen. Wenn diese wissen wollten, ob sie auf die Übereinstimmung/ Unterscheidung hinsichtlich der Bedeutung oder hinsichtlich anderer Aspekte achten mussten, erhielten sie die Auskunft, dass sie die rote Taste (non-matching key) drücken sollten, sobald sie einen Unterschied zwischen den beiden Sätzen wahrnehmen konnten. 6.3 Datenerhebung 6.3.1 Ablauf Die Datenerhebung fand im Jänner 2019 an drei aufeinanderfolgenden Mittwo‐ chen statt 70 . Die Schüler*innen wurden damit nach 1,5 Jahren Italienischunter‐ richt (s. Abschnitt 6.3.3) im zweiten Lernjahr untersucht. Der Zeitpunkt der Querschnitterhebung wurde auf Basis von Ergebnissen anderer Studien zum Anfänger*innenunterricht (vgl. Keßler 2006; Roos 2007, 158 f.; Lenzing 2013) 6.3 Datenerhebung 127 <?page no="128"?> gewählt, aus denen hervorgeht, dass der Großteil der Lerner*innen am Ende des ersten Lernjahrs noch keine Verarbeitungsmechanismen erworben haben, die über den Zugang zu lexikalischen Einheiten und deren formelhafte Verwendung hinausgehen. Die zitierten Studien wurden in der Primarstufe (oder in Keßler 2006 Sekundarstufe I) durchgeführt und sind deshalb nicht direkt mit den Lerner*innen der Sekundarstufe II vergleichbar, weil u. a. davon auszugehen ist, dass der Spracherwerb bei gleichem quantitativen Input in der Sekundarstufe schneller vorangeht (vgl. Keßler 2006, 175). Angesichts fehlender Studien aus der beginnenden Sekundarstufe II dienen die zitierten Untersuchungen jedoch als Orientierung. Für das Verbalsystem kann zudem auch Hinger (2016) für die Sekundarstufe II herangezogen werden. Die Datenerhebung wurde im Veranstaltungsraum der Schule durchgeführt. Im Raum wurden zwei separate Arbeitsplätze für die Erhebung der produktiven und rezeptiven Daten vorbereitet. Für die Elizitierung der spontansprachlichen Daten wurden drei Stühle um einen runden Tisch positioniert, sodass eine möglichst ungezwungene Gesprächsatmosphäre geschaffen werden konnte. Für das Reaktionszeitexperiment wurde am anderen Ende des Raums ein Laptop auf einem Schreibtisch positioniert. Der Schreibtisch war in Richtung einer weiß gestrichenen Wand positioniert, um beispielsweise Blicke aus dem Fenster wäh‐ rend des Reaktionszeitexperiments zu vermeiden. Sony Noice-Cancelling-Kopf‐ hörer sowie Reinigungstücher für diese wurden zur Verfügung gestellt. An der Tür wurde ein Schild „Experiment, bitte nicht stören! “ angebracht. Für die Durchführung der mündlichen Gespräche sowie des Reaktionszei‐ texperiments wurde ein genauer Zeitplan erstellt, den die Forscherin mit der Unterstützung einer studentischen Mitarbeiterin umsetzte. Die Schüler*innen wurden jeweils zu zweit aus der Klasse gebeten und zum „Experimentraum“ geführt. Die paarweise Herangehensweise wurde vor allem deshalb gewählt, um Skepsis und mögliche Angst vor der Teilnahme zu reduzieren und die Datenerhebung für die Schüler*innen möglichst angenehm zu gestalten (vgl. Roos 2007, 140; Johnstone 2000, 15). Pro Paar wurde eine Stunde Zeit ein‐ geplant, die wie in Tabelle 14 ersichtlich strukturiert war. Die Einführung sowie die Arbeitsanweisungen wurden nach einem genauen interlocutor frame präsentiert, was im Anhang 2 nachgelesen werden kann. Zu Beginn der Datenerhebung wurden die Proband*innen von der Forscherin sowie der studentischen Mitarbeiterin begrüßt und nach der persönlichen Einverständ‐ niserklärung sowie jener der Eltern gefragt. Beide Formulare (s. Anhang 4) wurden bereits bei einem ersten Besuch der Forscherin in der Klasse ausgeteilt und den Schüler*innen zur Unterzeichnung ausgehändigt. Die Proband*innen wurden erneut auf die Anonymisierung und Pseudonymisierung aller Daten 128 6 Studiendesign und Datenerhebung <?page no="129"?> 71 Für die mündliche Produktion und Interaktion stand keine Planungszeit zur Verfü‐ gung. hingewiesen und gebeten, einen Code, bestehend aus dem ersten Buchstaben des Vornamens der Mutter, dem ersten Buchstaben des Nachnamens der Mutter sowie des eigenen Geburtstags, zu bilden. Proband*in 1 begann im Anschluss mit dem mündlichen Produktionsteil 71 , bestehend aus einer Aufwärmübung und den monologischen Tasks 1, 2 und 3, Proband*in 2 mit dem Reaktionszeitexperiment sowie dem Ausfüllen eines Fragebogens zum Reaktionszeitexperiment (s. Anhang 6) sowie zur eigenen Sprachlernbi‐ ographie (s. Anhang 5). Im Anschluss führte Proband*in 1 den rezeptiven Teil sowie die Fragebogenerhebung durch, Proband*in 2 den produktiven Teil. Die unterschiedliche Reihenfolge der Aufgabenerfüllung kann einen Einflussfaktor beispielsweise auf die Konzentration bei der Durchführung der Aufgaben haben. Aufgrund der begrenzenten zur Verfügung stehenden zeitlichen und personellen Ressourcen musste hier jedoch ein Kompromiss eingegangen werden, indem zumindest für beide Proband*innen zwischen Teil 1 (produktiv oder rezeptiv) und Teil 2 (rezeptiv oder produktiv) eine kurze Pause eingeplant wurde. Den abschließenden Teil stellte das dialogi‐ sche Sprechen zwischen den beiden Proband*innen auf Basis des Spot the Difference Tasks (Task 4) dar. Aus schulorganisatorischen Gründen musste ein*e Proband*in das Paargespräch mit der studentischen Mitarbeiterin, die in Italienisch ein mit den Proband*innen vergleichbares Niveau aufwies, führen. Während die Forscherin die Lerner*innen durch die produktiven Teile führte, leitete die studentische Mitarbeiterin das Reaktionszeitexperiment sowie die Fragebogenerhebung an. 6.3 Datenerhebung 129 <?page no="130"?> Dauer Proband*in 1 Proband*in 2 5 min Allgemeine Einführung für beide Allgemeine Einführung für beide 20 min Aufwärmübung Conoscersi RT-Experiment Task 1 Vacanze Fragebogen zu RT Task 2 Vestiti Fragebogen Sprachlernbiographie Task 3 Camere Pause 20 min Pause Aufwärmübung Conoscersi RT-Experiment Task 1 Vacanze Fragebogen zu RT Task 2 Vestiti Fragebogen Sprachlernbiographie Task 3 Camere 15 min Task 4 Spot the Difference Task Task 4 Spot the Difference Task Tabelle 14: Überblick über den Ablauf der Datenerhebung Die Gesprächsdauer der monologischen Teile (Aufwärmübung, Task 1, 2 und 3) geht aus Tabelle 15 hervor. Die durchschnittliche Dauer für diesen Teil beläuft sich auf 23 Minuten, 1 Sekunde, die minimale und maximale Gesprächsdauer schwankt zwischen 16 Minuten, 25 Sekunden und 31 Minuten, 6 Sekunden. Das Paargespräch (dialogischer Teil) dauert durchschnittlich 13 Minuten, 8 Se‐ kunden, wobei hier die Minimal- und Maximalwerte bei 10 Minuten, 9 Sekunden und 16 Minuten, 27 Sekunden liegen. Die unterschiedlichen Gesprächslängen können eine Herausforderung für die Validität mündlicher spontansprachlicher Produktionstasks darstellen, die weder mit einer Begrenzung der Gesprächszeit noch mit einer Beschränkung der geäußerten Wörter pro Proband*in zufrieden‐ stellend gelöst werden können, weshalb hier eine Gesamtanalyse der Daten, wie auch von Hinger (2016, 203) vorgeschlagen, vorgenommen wird. Die Gesamtgesprächsdauer aller analysierten spontansprachlichen Äuße‐ rungen (s. Tabelle 15 und 16) beträgt 14 Stunden, 24 Minuten und 35 Sekunden. Das erhobene Lernersprachenkorpus besteht aus insgesamt 26.876 Wörter (tokens) inkl. auf Deutsch geäußerter Wörter. Das Reaktionszeitexperiment dauerte im Durchschnitt 9,38 Minuten, die schnellste Teilnehmer*in absolvierte es in 8,85 Minuten, die langsamste in 10,54 Minuten. 130 6 Studiendesign und Datenerhebung <?page no="131"?> Monologischer Teil Dialogischer Teil Max. Gesprächsdauer 00: 31: 06 00: 16: 27 Min. Gesprächsdauer 00: 16: 25 00: 10: 09 Mittelwert Gesprächsdauer 00: 23: 01 00: 13: 08 Gesamt 11: 07: 33 03: 17: 02 Tabelle 15: Auswertung der Gesprächsdauer Lerner*in L1 L2 L3 L4 L5 L6 L7 L8 L9 L10 monol. Teil 20: 31 19: 08 27: 18 16: 25 18: 54 22: 52 24: 58 22: 41 17: 15 17: 54 dialog. Teil 15: 51 13: 13 11: 09 15: 51 12: 37 12: 36 10: 09 12: 37 12: 13 11: 09 Σ Pro‐ duktion 36: 22 32: 21 38: 27 32: 16 31: 31 35: 28 35: 07 35: 18 29: 28 29: 03 Σ RT 09: 33 09: 03 09: 11 09: 35 09: 07 09: 05 09: 27 08: 56 08: 51 09: 21 Lerner*in L11 L12 L13 L14 L15 L16 L17 L18 L19 L20 monol. Teil 21: 51 16: 39 25: 18 30: 24 27: 01 31: 06 23: 46 22: 31 19: 10 22: 04 dialog. Teil 12: 26 12: 13 10: 32 15: 36 11: 40 13: 43 13: 32 13: 32 15: 18 13: 43 Σ Pro‐ duktion 34: 17 28: 52 35: 50 46: 00 38: 41 44: 49 37: 18 36: 03 34: 28 35: 47 Σ RT 09: 08 10: 05 09: 34 10: 05 09: 28 09: 37 08: 59 09: 31 09: 08 10: 32 Lerner*in L21 L22 L23 L24 L25 L26 L27 L28 L29 - monol. Teil 27: 41 20: 39 17: 15 19: 11 26: 39 20: 20 29: 39 28: 59 29: 24 - dialog. Teil 10: 32 12: 36 13: 13 12: 26 10: 09 11: 40 16: 27 15: 36 15: 18 - Σ Pro‐ duktion 38: 13 33: 15 30: 28 31: 37 36: 48 32: 00 46: 06 44: 35 44: 42 - Σ RT 09: 21 09: 30 09: 05 09: 19 09: 12 08: 54 08: 55 10: 03 09: 28 - Tabelle 16: Auswertung Gesprächsdauer und Dauer RT-Experiment pro Lerner*in Die Sentence-Matching-Experimente der Kontrollgruppe wurden in einem Besprechungsraum an der Universität Innsbruck durchgeführt. Wie bei der Schüler*innengruppe wurde auch bei der Native-Gruppe darauf geachtet, dass 6.3 Datenerhebung 131 <?page no="132"?> 72 Die Statistik Austria erhebt die Mehrsprachigkeit österreichischer Schüler*innen unter dem Titel „Schülerinnen und Schüler mit nicht-deutscher Umgangssprache im Schul‐ jahr 2019/ 20“. Als Datenbasis wird dabei - so die Statistik Austria - „nur die erste Angabe beim Merkmal ‚im Alltag gebrauchte Sprache(n)‘ der Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Datenerhebung zur Schulstatistik gem. Bildungsdokumentationsge‐ setz, unabhängig davon, ob bei der/ den weiteren im Alltag gebrauchten Sprache(n) auch Deutsch angegeben wurde“ herangezogen. Die Kategorie „Schüler*innen mit nicht-deutscher Umgangssprache“ scheint demnach ungenau bzw. irreführend, ent‐ spricht aber wohl der in der hier vorliegenden Studie erhobenen Frage, ob Schüler*innen mehrsprachig aufgewachsen sind. Vergleicht man den Wert für Berufsbildende höhere Schulen mit jenem der untersuchten Lerner*innengruppe, liegt dieser mit 20,7% im österreichischen Mittel (20,5%), jedoch deutlich über dem Mittel des Bundeslandes Tirol (14,8%) (vgl. Statistik Austria 2021). 73 Bei den Schülerinnen handelt es sich um Geschwister, die dieselbe Angabe im Frage‐ bogen machten. 74 Die hier angegebene Sprachenreihenfolge entspricht der von den Proband*innen gewählten Reihenfolge im Fragebogen. 75 Die Schülerin nahm erst in der Sekundarstufe II an Italienischunterricht teil. der Blick der Teilnehmer*innen während des Experiments auf eine weiße Wand gerichtet war, um Ablenkungen möglichst einzuschränken. 6.3.2 Proband*innen Die Studie wurde mit Lerner*innen einer zweiten Klasse einer Höheren Lehr‐ anstalt für wirtschaftliche Berufe (HLW) durchgeführt, die sich aus 28 Schüle‐ rinnen und einem Schüler, zusammensetzte. Das Durchschnittsalter lag bei 15,6 Jahren, das Mindestalter bei 15, das Höchstalter bei 18 Jahren. Die Sprach‐ biographie der Lerner*innen ist unterschiedlich vielfältig: So sind sechs der 29 Schüler*innen (20,7%) 72 laut eigenen Angaben mehrsprachig aufgewachsen: zwei Schülerinnen 73 viersprachig mit Ungarisch-Serbisch-Deutsch-Englisch 74 , eine Schülerin dreisprachig mit Tschetschenisch-Deutsch-Russisch, drei Schü‐ lerinnen zweisprachig mit Deutsch-Englisch, Türkisch-Deutsch und Unga‐ risch-Deutsch. Zudem gibt eine Schülerin an, mit Kroatisch aufgewachsen zu sein, sie schätzt sich selbst aber nicht als „mehrsprachig aufgewachsen“ ein. Eine weitere Schülerin, die schon als Kleinkind mit Italienisch in Kontakt 75 war, schätzt sich ebenfalls nicht als „mehrsprachig aufgewachsen“ ein. Wie sich im Interview herausstellt, ist ihr Vater Italiener. Die Klasse besteht aus zwei Lerner*innengruppen, die jedoch von derselben Lehrperson im zweiten Lernjahr unterrichtet werden. Wie aus Tabelle 17 hervorgeht, befinden sich sechs Schüler*innen (L6, L9, L11, L17, L21, L28, gesamt 20,7%) bereits im dritten Lernjahr im Rahmen ihrer Ausbildung an der HLW, weil sie ein Schuljahr wiederholen oder wiederholt haben. Acht 132 6 Studiendesign und Datenerhebung <?page no="133"?> 76 Laut österreichischem Mittelschullehrplan können unterschiedliche Sprachen als „Frei‐ gegenstand Fremdsprache“ im Ausmaß von sechs bis zwölf Wochenstunden über vier Schuljahre hinweg angeboten werden. Im Tiroler Kontext handelt es sich bei der angebotenen Fremdsprache häufig um Italienisch (BMUKK 2012). Mehrere Volks‐ schulen etwa in Innsbruck bieten sogenannte „Classi bilingui“ (Italienisch-Deutsch) als schulautonome Projekte an (s. zB VS Innere Stadt: https: / / vs-innere-stadt.tsn.at/ schule / bilinguale-klassen, VS Altwilten: https: / / vs-altwilten.tsn.at/ ). 77 L4 machte widersprüchliche Angaben zu Lernjahr, Vorerfahrungen und mehrspra‐ chigem Hintergrund. Schüler*innen (27,6%) haben laut eigenen Angaben zudem bereits vor dem Wechsel in die HLW Italienisch gelernt, beispielsweise an (Neuen) Mittelschulen oder in Volksschulen 76 . Die Schüler*innen lernen an dieser HLW Italienisch neben Englisch, wobei aufgrund der unterschiedlichen Sprachlernbiographien Italienisch die zweite oder auch dritte lebende Fremdsprache nach Englisch sein kann. So geben L8 und L20 Grundkenntnisse in anderen romanischen Sprachen an (Spanisch und Französisch), L14 in Niederländisch und L22 in Ungarisch. Darüber hinaus verfügen drei Lerner*innen über Lateinkenntnisse, zwei (L11 und L25) laut eigenen Angaben über Grundkenntnisse, L8 über gute Kenntnisse. Über den schulischen Unterricht hinausgehend verbrachten alle Schüler*innen bereits zumindest einen Aufenthalt in Italien. Zehn Schüler*innen (34,5%) gaben an, bis zu zwei Wochen für Urlaub oder Sonstiges in Italien verbracht zu haben, drei Schüler*innen (10,3%) hielten sich zwei bis vier Wochen für Urlaub und im Falle eines Schülers/ einer Schülerin für Urlaub sowie einen Sprachkurs in Italien auf, weitere sechs Schüler*innen (20,7%) verbrachten auf das gesamte Leben bezogen ein bis drei Monate Urlaub in Italien und die restlichen zehn Schüler*innen sogar mehr als drei Monate, wobei auch hier alle für Urlaubszwecke nach Italien reisten und ein*e Schüler*in zusätzlich an einem Schüleraustausch teilnahm. Lerner*in L1 L2 L3 L4 L5 L6 L7 L8 L9 L10 Alter 16 15 15 15 15 17 15 15 16 16 Ge‐ schlecht f f f f f f f f f f Lernjahr HLW 2. 2. 2. 2. 2. 3. 2. 2. 3. 2. Lernjahr gesamt 2. 2. 4. 2. 77 4. 3. 2. 2. 5. 2. 6.3 Datenerhebung 133 <?page no="134"?> Lerner*in L11 L12 L13 L14 L15 L16 L17 L18 L19 L20 Alter 16 16 15 15 15 15 18 16 16 16 Ge‐ schlecht f f m f f f f f f f Lernjahr HLW 3. 2. 2. 2. 2. 2. 3. 2. 2. 2. Lernjahr gesamt 3. 2. 2. 6. 2. 2. 3. 2. 2. 3. Lerner*in L21 L22 L23 L24 L25 L26 L27 L28 L29 - Alter 16 15 15 15 15 16 15 17 16 - Ge‐ schlecht f f f f f f f f f - Lernjahr HLW 3. 2. 2. 2. 2. 2. 2. 3. 2. - Lernjahr gesamt 3. 4. 6. 2. 2. 2. 2. 3. 2. - Tabelle 17: Demographische Informationen der Lerner*innen Die Kontrollgruppe bestand aus fünf Männern und 13 Frauen, deren Durch‐ schnittsalter sich auf 30 Jahre belief und die im Umfeld von Studierenden der Universität Innsbruck für die Teilnahme gewonnen werden konnten. Alle Teilnehmer*innen gaben als L1 Italienisch an, wobei zwei Teilnehmer*innen angaben, zweisprachig mit Italienisch-Arabisch und Italienisch-Albanesisch aufgewachsen zu sein. Die Teilnehmer*innen hielten sich zum Zeitpunkt des Experiments unterschiedlich lange im deutschsprachigen Umfeld auf (0,5 bis 6 Jahre). 6.3.3 Schulischer Italienischunterricht Laut der Stundentafel des Lehrplans für HLWs sind für die zweite lebende Fremdsprache drei Wochenstunden à 50 Minuten für das erste und zweite Lernjahr, zwei Wochenstunden für das dritte und vierte Lernjahr und weitere drei Wochenstunden für das fünfte Lernjahr vorgesehen. Bis zur Standardi‐ sierten Reife- und Diplomprüfung (SRDP) in der Abschlussklasse sind damit 13 Wochenstunden vorgesehen (BMBWF 2021), die an der untersuchten Schule schulautonom wie folgt auf die fünf Schulstufen verteilt werden: 3-3-3-2-2. Das 134 6 Studiendesign und Datenerhebung <?page no="135"?> 78 Der Lehrplan für HLWs gibt das GERS-Niveau nicht explizit an. Eine Analyse der angeführten Deskriptoren lässt diesen Schluss aber zu („Die Schülerinnen und Schüler verstehen Gehörtes, zB bekannte Wörter, Wendungen und einfache Aussagen und Fragen, wenn es um Dinge von unmittelbarer Bedeutung geht, sofern klar, sorgfältig und nicht zu schnell gesprochen wird und wenn Pausen Zeit lassen, den Sinn zu erfassen; verstehen das Wesentliche von kurzen, relativ einfachen Mitteilungen und Anweisungen; können sehr kurze, einfache Texte Satz für Satz lesen und verstehen, indem sie bekannte Namen, Wörter und einfache Wendungen heraussuchen und, wenn nötig, den Text mehrmals lesen; können sich auf einfache Art verständigen, das Gesagte falls nötig durch Gesten unterstützen, wenn es um Themen von unmittelbarer Bedeutung geht, doch ist die Kommunikation völlig davon abhängig, dass etwas bei Bedarf langsamer wiederholt, umformuliert oder korrigiert wird; können eine einfache Beschreibung von Alltagsroutinen, Vorlieben oder Abneigungen usw. geben sowie auf sehr einfache Art über Erlebnisse berichten“ [BMBWF 2021]). 79 Die Teachability Hypothesis stellt zwar keine Kernannahme der PT dar, lässt sich aber in deren Rahmen formalisieren (vgl. Lenzing 2021, 174). 80 Die Frage, ob das angesprochene deklarative, explizite Wissen in ein prozedurales, implizites und - für kommunikative Kompetenz als wesentlich angesehenes - Wissen übergeführt werden kann, wird in der Forschungsliteratur üblicherweise in sog. interface positions ausgedrückt. Am einen Ende des Paradigmas befindet sich dabei die non-interface-position (Krashen 1978, 1981; vgl. auch Paradis 1994), laut welcher sich explizites Regelwissen durch Automatisierung nicht zu implizitem Wissen entwickeln kann, am anderen Ende findet sich die strong-interface-position (u. a. DeKeyser 1995), wonach dieser Transfer sehr wohl möglich ist. Theoretische und empirische Befunde (vgl. Pienemann 1989; 1998; Diehl et al. 2000; Schlyter 2003; Pienemann et al. 2005), die „eine Erwerbsabfolge in implikationalen Entwicklungssequenzen“ (vgl. Hinger 2016, 268) nachweisen, lassen eine Abschwächung dieser Position im Sinne einer weak-interface-position zu. Demnach kann deklaratives Wissen nur eine unterstützende Rolle beim impliziten Lernen einnehmen, wenn die Erwerbsabfolge berücksichtigt wird. Zielniveau, das bis zur SRDP erreicht werden soll, ist B1 (Selbstständige Sprach‐ verwendung), im zweiten Lernjahr wird als Zielniveau A2 angestrebt 78 (BMBWF 2021). Nach ihren Italienisch-Kenntnissen gefragt geben alle Lerner*innen, mit Ausnahme von L1 und L12, die ihre Italienisch-Kenntnisse als „gut“ einschätzen, an, über Grundkenntnisse zu verfügen. Aus theoretischer Sicht dürfte kein Unterschied darin bestehen, ob unter‐ suchte morphosyntaktische Strukturen explizit im Rahmen des Italienischunter‐ richts unterrichtet wurden oder nicht, weil im Rahmen der PT und insbesondere in der Teachability Hypothesis 79 (Pienemann 1989) davon ausgegangen wird, dass Lerner*innen nur das produzieren und verstehen können, was sie auch verar‐ beiten können. Die Rahmenbedingungen bzw. der Kontext des Lernens selbst werden in der PT nicht fokussiert, weil die vorgeschlagenen Erwerbsstufen als sprachenübergreifend und universell auf jedwede weitere Sprache anwendbar gelten. Die Lehrbarkeit wird jedoch durch die erwähnten Verarbeitungsmecha‐ nismen gelenkt, womit Pienemann als Vertreter der weak-interface-position  80 6.3 Datenerhebung 135 <?page no="136"?> 81 Das Lehrwerk gibt für den Band 1 das Zielniveau A1 laut GERS (Europarat 2001) an, für Band 2 das Zielniveau A2 und schlägt pro Band Lernmaterialien für jeweils circa 90 Unterrichtstunden vor. 82 Mit Ausnahme der Lektion 2 scheint im Vergleich etwa zu Zipsers (2007, 2012) Lehr‐ werkanalyse für das Italienisch-Lehrwerk Buongiorno Neu für das Lehrwerk Espresso Ragazzi 1-2 (Orlandino et al. 2017, 2018) trotzdem eine etwas höhere Kompatibilität zu charakterisieren ist. Anders gesagt, ist der Effekt des Unterrichts durch den aktuellen lernersprachlichen Entwicklungsstand begrenzt (vgl. Pienemann 2015, 137). Trotzdem soll in der Folge ein kurzer Überblick über den Unterricht der im Rahmen dieser Studie untersuchten Adjektivkongruenz (attributiv und prädikativ) gegeben werden, um zu überprüfen, welche Strukturen im Unter‐ richt eingeführt wurden und damit im sprachlichen Input vorkamen. Nach Auskunft der Lehrperson wurde diese explizit auf Basis des im Unterricht verwendeten Lehrwerks Espresso Ragazzi 1 und 2 (Orlandino et al. 2017, 2018) 81 unterrichtet, darüber hinaus erfuhr die Struktur im Rahmen des Italienischun‐ terrichts keine gesonderte Aufmerksamkeit. Die von der Klasse im Unterricht behandelten Lehrwerks-Lektionen (Band 1: Lektion 1-8, Band 2: Lektion 1) wurden hinsichtlich der für die Studie besonders relevanten Aspekte der Pluralmarkierung sowie der attributiven und prädikativen Adjektivkongruenz untersucht. Die für die einzelnen Lektionen in der Inhaltsübersicht definierten Lernziele wurden hinsichtlich dieser Zielstrukturen analysiert (s. Tabelle im Anhang 7) (vgl. Lenzing 2006, 186). Darüber hinaus wurde die Umsetzung in der Lehrwerkseinheit genauer betrachtet. Unterschieden wurden dabei kommuni‐ kative Aktivitäten, in deren Rahmen die Verwendung der jeweiligen Struktur wahrscheinlich aber nicht zwangsläufig notwendig ist bzw. in denen die gram‐ matischen Strukturen nur eine dienende Funktion einnehmen, und Übungen mit formalsprachlichem Fokus (vgl. Siebold 2007), die eine Verwendung der jeweiligen Grammatikstruktur unumgänglich machen. Analysiert wurde ferner der zur Verfügung gestellte Input, wobei sich diese Analyse auf explizite Gram‐ matikerklärungen limitierte und keine vollständige Analyse des Auftretens der Strukturen in visuellem, audiovisuellem sowie auditivem Input durchgeführt werden konnte. Wie aus Abbildung 13 und aus Anhang 7 hervorgeht, wird in Lektion 1 des Lehrwerks bereits die Pluralmarkierung (Kategorieprozedere, Entwicklungsstufe 2) explizit eingeführt und unmittelbar danach in Lektion 2 wird die prädikative Adjektivkongruenz (Satzprozedere, Entwicklungsstufe 4) besprochen, in der Folge aber nicht mehr aufgegriffen, nur in Band 2 im Rahmen von Vergleichen indirekt wieder angesprochen. Die attributive Adjektivkongruenz auf Entwicklungsstufe 3 (Phrasales Prozedere) wird damit eindeutig übersprungen; sie wird erst in Lektion 6 explizit behandelt 82 . Zum 136 6 Studiendesign und Datenerhebung <?page no="137"?> mit den Erkenntnissen zu den in PT definierten Erwerbsstufen gegeben zu sein. Ein‐ schränkend muss allerdings erwähnt werden, dass sich diese Analyse auf ausgewählte Strukturen beschränkt. Zeitpunkt der Studie dürften somit alle Schüler*innen explizite Erklärungen und Übungen zur attributiven und prädikativen Adjektivkongruenz erhalten haben. Allerdings waren jene für die prädikative Adjektivkongruenz bereits zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem zumindest der Großteil der Schüler*innen für diese aus Verarbeitungssicht nicht bereit waren („not developmentally ready“; vgl. Di Biase 2002; Roos 2016), das heißt die zur Verarbeitung notwendigen Mechanismen noch nicht erworben hatten. 1 2 3 4 5 PT-Entwicklungsstufe Band 1, Lektion 1-8, bis Band 2, Lektion 1 Lektion 1 Lektion 2 Lektion 3 Lektion 4 Lektion 5 Lektion 6 Lektion 7 Lektion 8 Lektion 1 Abbildung 13: Auftreten der ● Pluralmarkierung (Entwicklungsstufe 2), ■ attributiven (Entwicklungsstufe 3) und ◆ prädikativen Adjektivkongruenz (Entwicklungsstufe 4) in den Lektionen 1-8 (Band 1) 9 (Lektion 1, Band 2) des Lehrwerks Espresso Ragazzi 1 und 2 (Orlandino et al. 2017, 2018) 6.4 Datenanalyse 6.4.1 Daten aus der Sprachproduktion Die mündlichen spontansprachlichen Daten wurden in MAXQDA 2018 nach dem System von Briz Gómez (1998, 13 f., angepasst von Hinger 2001, 39) transkribiert. Den Lerner*innen wurde bereits bei der Datenerhebung ein Code, bestehend aus dem ersten Buchstaben des Vornamens der Mutter des Schülers/ der Schülerin, dem ersten Buchstaben des Nachnamens der Mutter sowie dem Geburtstag des Schülers/ der Schülerin, zugewiesen, unter dem 6.4 Datenanalyse 137 <?page no="138"?> 83 Die analysierten morphologischen Merkmale umfassen nach Pienemann (1998a, 163) und auch Di Biase/ Bettoni (2015) neben der Nominal-, Verbal- und Adjektivflexion auf Ebene des Syntagmas auch die Beziehungen zwischen den Syntagmen und die alle erhobenen Daten gespeichert wurden. Die mündlichen Lerner*innenäuße‐ rungen selbst wurden bei der Transkription weiter anonymisiert, indem ihnen der Großbuchstabe L plus eine Zahl (1-29) zugeordnet wurde. Die Interviewerin wurde mit dem Großbuchstaben I abgekürzt. Weitere Transkriptionszeichen gehen aus der untenstehenden Tabelle hervor. L1-L29: anonymisierte*r Lerner*in I: Interviewerin [ Beginn eines parallelen Redebeitrags ] Ende eines parallelen Redebeitrags / kurze Pause / / längere Pause / / / lange Pause […] Auslassung einer Passage [Übung] Einfügung zur besseren Verständlichkeit [lachen] redebegleitende Ereignisse E LEI betonte Passage o ( ) o leise gesprochener Redebeitrag (( )) nicht verstehbare Passage S steigende Intonation Tabelle 18: Überblick Transkriptionszeichen Die transkribierten Daten wurden schließlich in einem ersten Schritt einer Distributionsanalyse (s. Abschnitt 4.6.1) unterzogen. Zu erwähnen gilt es, dass Echos von Wörtern, die von der Interviewerin im unmittelbar vorangegangenen turn genannt wurden, ebenso wie unmittelbare Wiederholungen von Wörtern oder Phrasen durch die Lerner*innen selbst (vgl. Pallotti 2007, 378) für die Analyse nicht berücksichtigt wurden. Die Distributionsanalyse stützt sich auf die von Di Biase/ Bettoni (2015) und Di Biase/ Kawaguchi (2002) definierten Merkmale für das Italienische als Lernersprache und stellt für jede*n Lerner*in dar, wie oft ein bestimmtes Merkmal 83 in einem obligatorischen Kontext verwendet wurde (+Anzahl an 138 6 Studiendesign und Datenerhebung <?page no="139"?> Beziehungen zwischen Sätzen und Satzgefügen, womit ein sehr breites Verständnis von Morphologie vorliegt, das auf Basis anderer Definitionen (vgl. Linke/ Nuss‐ baumer/ Portmann 2001) in die Syntax hineinreicht. Die klare Trennung zwischen morphologischer und syntaktischer Entwicklung wird bei Bettoni/ Di Biase (2015, 16) jedoch theoretisch stringent argumentiert: So grenzen sie die morphologischen Markierungen auf den unterschiedlichen hierarchischen Ebenen der Satzorganisa‐ tion (phrasal, interphrasal, interclausal), die über lexikalisches Lernen hinausgehen und im theoretischen Rahmen der LFG mit Mechanismen der Merkmalsunifizierung modelliert werden können, von syntaktischen Entwicklungen ab, denen unterschied‐ liche Mapping-Prozesse zwischen den drei parallelen LFG-Strukturen A-Struktur, F-Struktur und K-Struktur zugrunde liegen. Wie an mehreren Stellen bereits erwähnt, ist für die vorliegende Arbeit der erstere Bereich relevant. 84 S. dazu auch Pallottis (2007, 370) Forderung: „Rather than relying on case-by-case intuition, authors should provide either an exhaustive list or general principles for inclusion/ exclusion.“ 85 Für die empirische Überprüfung schlägt Pienemann (1998a, 157) vor, Affixe mit einer eindeutigen (one-to-one) Form-Funktions-Beziehung heranzuziehen, sofern diese in der Zielsprache existieren, um weitere beeinflussende Variablen auszuschließen. Als ersten Kontexten) und wie oft dasselbe Merkmal in einem obligatorischen Kontext nicht angewandt wurde (-Anzahl an Kontexten). In der Folge wurde eine zweite, genauere Distributionsanalyse durchgeführt, weil aus der ersten, primär quantitativen Analyse, nicht hervorgeht, welche Qualität das Auf‐ treten des jeweiligen Merkmals hat, das heißt ob die Verwendung über eine formelhafte Verwendung hinausgeht und eine lexikalische sowie mor‐ phologische Varianz der Kontexte vorliegt. Für diese qualitative Auswertung wurden zunächst für die jeweilige Struktur spezifische Ausschlusskriterien 84 erarbeitet, die nicht als Evidenz für emergence der entsprechenden Struktur herangezogen wurden. Bei der Pluralmarkierung trifft dies beispielsweise auf Substantive zu, die im Input sowie im Lehrwerk gehäuft oder ausschließlich im Plural vorkommen (zB capelli, genitori, occhiali, pantaloni, soldi, spaghetti, stivali; vgl. u. a. Pallotti 2007, 374 f.), die formelhafte Ausdrücke darstellen und als solche auch im Lehrwerk vorkommen (zB a righe, a quadri) und die unflektierbar sind (zB autobus, auto, bar, bici, caffè, cinema, foto, hobby, jeans, moto, scooter). Danach wurde das emergence criterion - wie in Abschnitt 4.6.2 definiert - angewendet und die produktive Verwendung der jeweiligen Verarbeitungsmechanismen anhand der morphologischen und lexikalischen Varianz überprüft. Zu diesem Zeitpunkt „quantitative data are interpreted on a qualitative basis“ (Pienemann 1998a, 148). Die von PT postulierten Verarbeitungsmechanismen sind zwar univer‐ sell, welche exakten Merkmalsunifizierungen über welche syntaktische Dis‐ tanz erforderlich sind, muss allerdings, abhängig von der Komplexität der Form-Funktions-Beziehungen 85 , sprachspezifisch und je nach morphosyntakti‐ 6.4 Datenanalyse 139 <?page no="140"?> Analyseschritt schlägt er vor, in den vorhandenen lernersprachlichen Daten zu über‐ prüfen, ob dort beispielsweise Pluralmarkierung zu finden ist. Dafür muss überprüft werden, ob in einem der möglichen Pluralkontexte irgendein Affix vorhanden ist. Im Anschluss muss die Form der Affixe spezifiziert werden, um herauszufinden, ob eine bestimmte Form gehäuft in (Plural-)Kontexten im Vergleich zu Nicht-(Plural)Kontexten auftritt. Diese Herangehensweise, die Pienemann (1998a, 159) „factorising diacritic features and the linguistic environment“ nennt, soll es erlauben das lernersprachliche System des Form-Funktions-Mappings von Lerner*innen offenzulegen. scher Struktur definiert werden (vgl. Bettoni/ Di Biase 2015, 55). Deshalb wird in der vorliegenden Analyse das emergence criterion für die einzelnen Erwerbs‐ stufen und die jeweiligen sprachspezifischen morphosyntaktischen Strukturen im Detail operationalisiert und offengelegt (s. Anhang 8). Dies scheint vor allem auch in Hinsicht auf die oft geäußerte Kritik der uneinheitlichen Anwendung des emergence criterion sinnvoll und notwendig (vgl. dazu Nicholas et al. 2019, 392) und kann als Entwurf einer Analyseanleitung für Untersuchungen zur italienischen Lernersprache im Theorierahmen der PT betrachtet werden. Auf Basis der qualitativen Analyse wird der Erwerb für die einzelnen mor‐ phosyntaktischen Merkmale wie in Tabelle 19 zusammengefasst dargestellt. Die Bewertung des Erwerbs der gesamten Erwerbsstufen stellt schließlich den Abschluss der Analyse der produktiven Daten dar, dafür reicht es aus, wenn zumindest eine Struktur (auch structural domain) der jeweiligen Entwicklungs‐ stufe festgestellt werden konnte und damit der entsprechende Verarbeitungs‐ mechanismus prinzipiell verwendet wurde. + sprachlicher Kontext wird erzeugt, genügend Evidenz für den Erwerb des Verarbeitungsmechanismus (+) sprachlicher Kontext wird erzeugt, ungenügende Evidenz für den Erwerb des Verarbeitungsmechanismus aufgrund mangelnder lexikalischer und/ oder morphologischer Varianz sprachlicher Kontext wird erzeugt, keine Evidenz für den Verarbeitungsme‐ chanismus / keine Evidenz, sprachlicher Kontext wird nicht erzeugt Tabelle 19: Operationalisierung des emergence criterion (basierend auf Pienemann 1998a, 146, Di Biase 1998) Da diese Doktorarbeit nicht im Rahmen eines Projekts durchgeführt wurde, standen keine personellen Ressourcen zur Verfügung, um die Datenauswertung 140 6 Studiendesign und Datenerhebung <?page no="141"?> in einem idealerweise mehrköpfigen Team durchzuführen. Die Inter-Bewer‐ terzuverlässigkeit (interraterreliability) ist damit nicht überprüfbar. Die oben angeführte und im Anhang in Vollständigkeit abgedruckte Analyseanleitung kann jedoch einen Beitrag zur Erhöhung der Intra-Bewerterzuverlässigkeit (intraraterreliability) leisten, zumal diese zu Beginn der Analyse erarbeitet und mit Expert*innen diskutiert wurde, an einigen Performanzen erprobt und auf dieser Basis ergänzt und dann erneut auf alle Performanzen angewendet wurde (vgl. auch Albert/ Marx 2014, 29). 6.4.2 Daten aus der Sprachrezeption Wie bei der Auswertung von Sentence-Matching-Experimenten üblich (vgl. Verhagen 2009, 103), wurden nur die Reaktionszeiten der matching pairs für die Analyse herangezogen, die Antworten auf non-matching pairs (=Distraktoren) wurden ausgeschlossen. Ebenso ausgeschlossen wurden matching pairs, die von den Teilnehmer*innen nicht als solche erkannt und damit nicht korrekt gematcht wurden. Darüber hinaus wurden auf Basis der Fehlerquote jene Teilnehmer*innen der Kontrollgruppe ausgeschlossen, deren Anzahl an falschen matching-Antworten 15 % überstieg (vgl. u. a. Duffield et al. 2007; Verhagen 2009; Lenzing 2021). Ver‐ hagen (2009, 103) und Lenzing (2021, 208) rechneten dabei auch Antworten auf non-matching pairs mit ein und zogen die Fehlerquote damit als Indikator für die insgesamte Taskerfüllung heran. In der vorliegenden Studie wurde die Fehler‐ quote sowohl inklusive als auch exklusive der Distraktoren berechnet, woraus sich für die Kontrollgruppe ergibt, dass 5 der 18 Proband*innen eine höhere Fehlerquote als 15 % über die gesamten Items hinweg aufweisen. Fehlerhafte Matches treten im Falle dieser Proband*innen jedoch nur bei Distraktoritems auf, wie die Analyse der Fehlerquoten auf Basis der experimental items ohne Distraktoritems belegt (s. Tabelle 20). In einer weiteren Studie könnten diese Items schon in einer umfassenderen Pilotphase identifiziert und modifiziert werden. Für die vorliegende Studie wurden auf Basis der Fehlerquote der experimental items keine L1-Sprecher*innen ausgeschlossen, weil die maximale Fehlerquote der experimental items hier bei 12,5% lag. 6.4 Datenanalyse 141 <?page no="142"?> Fehler‐ quote Gesamt Häufigkeiten L1-Teil‐ nehmer- *innen % Pro‐ band*in Fehler‐ quote Gesamt Fehlerquote experimental items 0 3 16,7 - N1 2,1 4,17 2,1 5 27,8 - N2 2,1 4,17 4,2 3 16,7 - N3 2,1 4,17 12,5 1 5,6 - N4 4,2 8,33 14,6 1 5,6 - N5 2,1 0 16,7 2 11,1 - N6 27,1 0 22,9 1 5,6 - N7 0 0 27,1 1 5,6 - N8 16,7 0 33,3 1 5,6 - N9 4,2 8,33 Total 18 100 - N10 22,9 0 - - - - N11 33,3 0 - - - - N12 4,2 8,33 - - - - N13 16,7 0 - - - - N14 0 0 - - - - N15 12,5 12,5 - - - - N16 2,1 4,17 - - - - N17 0 0 - - - - N18 14,6 4,17 Tabelle 20: Häufigkeiten der Fehlerquote (%) über alle Items hinweg sowie Fehlerquoten (%) inkl. und exkl. Distraktoren pro Proband*in (Kontrollgruppe) Auf die Lerner*innengruppe wurde das Ausschlusskriterium Fehlerquote aus mehreren Gründen nicht angewendet: Im Vergleich zur Native-Kontrollgruppe ist davon auszugehen, dass fehlerhafte Antworten bei Lerner*innen auch auf Schwierigkeiten bei der phonetischen Dekodierung sowie auf fehlenden Wortschatz zurückzuführen sind und nicht zwangsläufig auf mangelhaftes Matching hindeuten. Zudem muss berücksichtigt werden, dass es Ziel der Studie ist, Einblicke in die Verarbeitung der gewählten sprachlichen Phänomene 142 6 Studiendesign und Datenerhebung <?page no="143"?> 86 Aufgrund der niedrigen Anzahl an Items für die vier Bedingungen wurden die Grup‐ penmittelwerte als Grundlage für Standardabweichungen und den Ausschluss von Ausreißern herangezogen. Damit folge ich Lenzing (2021, 209), die sich wiederum auf Duffield et al. (2007) bezieht, aber im Unterschied zu Verhagen (2009, 103), die als cut-off-Wert zwei Standardabweichungen über oder unter den jeweiligen individuellen Teilnehmer*innen-Mittelwerten heranzog. Unterschiedliche Herangehensweisen im Umgang mit Ausreißern sind durchaus nicht unüblich, so verweist zB auch Marinis (2010, 143 f.) in einem Einführungswerk darauf, dass vor allem in homogeneren Gruppen Ausreißer von weiterführenden Analysen ausgeschlossen werden sollten, bei klinischen Populationen sowie L2-Lerner*innen die Entscheidung dafür jedoch kontroversieller ist (für eine Diskussion in SLA s. auch VanPatten/ Smith 2018, 411). 87 U. a. empfiehlt Marinis (2010, 144), Ausreißer für jede einzelne Bedingung zu analy‐ sieren: „Outliers should be calculated for each condition separately per participant and bei Anfänger*innen zu erhalten, wobei die Fähigkeit, Satzpaare zu matchen, noch unterschiedlich entwickelt sein kann und durch das Ausschließen von Lerner*innen Verzerrungen entstehen könnten. Der Vollständigkeit halber soll hier aber auch die Fehlerquote für die Lerner*innengruppe angegeben werden (s. Tabelle 21): Durchschnittlich wurden 17,2% der Satzpaare nicht korrekt gematcht, wobei die Spannbreite von Schüler*innen, die für alle Items ein korrektes Matching durchführten, bis zu Schüler*innen, die 38 % des Matchings nicht korrekt vornahmen, reichte. -- Kontrollgruppe (n=18) Lerner*innen (n=29) Mittelwert 3,24 17,24 Median 2,08 16,67 Modus 0,00 17,00 Standardabw. 3,93 9,75 Minimum 0,00 0,00 Maximum 12,50 38,00 Tabelle 21: Gegenüberstellung der Fehlerquoten (%) zwischen Kontroll- und Lerner*in‐ nengruppe Im Anschluss wurden Durchschnittswerte und Standardabweichungen (SD) für die Reaktionszeiten aller Proband*innen berechnet. Reaktionszeiten, die zwei Standardabweichungen über dem Gruppenmittelwert 86 für eine jeweilige Bedingung 87 (attributiv_gr, attributiv_ugr, prädikativ_gr, prädikativ_ugr) lagen, wurden ausgeschlossen (vgl. Verhagen 2009, 103; auch Lenzing 2021). Len‐ 6.4 Datenanalyse 143 <?page no="144"?> per item. Extreme values and outliers can be either excluded from the analysis or they can be replaced with the mean value in each condition per participant or per item“. zing (2021, 209) folgend, wurden nur Abweichungen nach oben, nicht jedoch nach unten ausgeschlossen. Lenzing begründete dies mit den mündlich präsen‐ tierten Stimuli des Auditory SMT, bei denen im Vergleich zu den schriftlich präsentierten Satzpaaren in klassischen Sentence-Matching-Experimenten oft sehr schnelle Entscheidungen getroffen werden, die teilweise noch vor dem Anhören des zweiten Satzendes passieren. Auf dieser Grundlage wurden im hier beschriebenen Experiment 4,06% der Reaktionszeiten der Kontrollgruppe und jeweils 3,9%, 3,6% und 2,5% der Gruppen 1, 2 und 3 der Lerner*innengruppe ausgeschlossen. Die verbleibenden Reaktionszeiten wurden in SPSS für die jeweiligen Gruppen weiter analysiert. Reaktionszeit-Experimente werden üblicherweise auf Basis von zusammengeführten Daten der Gruppen und nicht auf Basis einzelner Proband*innen ausgewertet. Wenngleich einige der kürzlich veröf‐ fentlichten Studien zur rezeptiven Grammatikentwicklung (u. a. Spinner/ Jung 2019; Buyl 2015; s. auch Kapitel 5.2) letztere Herangehensweise gewählt haben, wird in der hier vorliegenden Studie - wie bislang üblich - eine Auswertung mithilfe der Gruppenwerte durchgeführt (vgl. Jiang 2012). 144 6 Studiendesign und Datenerhebung <?page no="145"?> 7 Analyseergebnisse Wie im Kapitel 6 „Studiendesign“ werden im nun folgenden Kapitel 7 „Analy‐ seergebnisse“ zunächst die Ergebnisse für die Sprachproduktion (7.1) und im Anschluss Ergebnisse für die Sprachrezeption (7.2) im Detail dargestellt. 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion Die transkribierten Daten der mündlichen, spontansprachlichen Produktionen der Proband*innen werden - wie in 6.4.1 gezeigt - anhand einer Distributi‐ onsanalyse untersucht, wofür zunächst ein Gesamtüberblick präsentiert wird (7.1.1). Darauf folgt eine zweite genauere Distributionsanalyse, in der die Qualität des Auftretens unterschiedlicher morphosyntaktischer Merkmale ana‐ lysiert und in Abschnitt 7.1.2 pro Entwicklungsstufe präsentiert wird. 7.1.1 Gesamtüberblick über die quantitative Analyse In Tabelle 22 wird ein Gesamtüberblick über die quantitative Analyse der in den Lerner*innenperformanzen auftretenden morphologischen Merkmale prä‐ sentiert. Die Spalten der Tabelle repräsentieren die Lerner*innen, die einzelnen Zeilen stehen für die untersuchten Merkmale und sind in Entwicklungsstufen zusammengefasst. In den Zellen wird die Anzahl an Kontexten angegeben, in denen der entsprechende Verarbeitungsmechanismus angewendet (+ Anzahl der Kontexte) oder nicht angewendet wird (- Anzahl der Kontexte). Aus Tabelle 22 geht hervor, dass die Lerner*innen in ihren mündlichen, spontansprachlichen Äußerungen in der Zielsprache Italienisch bereits eine Bandbreite an morphosyntaktischen Merkmalen verwenden, die die Erwerbs‐ stufen 1 bis 4 umfassen und im Falle eines Probanden/ einer Probandin (L12) bis in die höchste Erwerbsstufe 5 reichen. Auf den ersten Blick scheint das Vor‐ handensein der jeweiligen Merkmale dem von PT prognostizierten implikativen Muster zu folgen, das heißt, dass die Daten zu bestätigen scheinen, dass „das Vorhandensein einer Regel gleichzeitig auch die Präsenz früher erworbener Regeln der niedrigeren Erwerbsstufen impliziert“ (Roos 2007, 149). Der Gesamt‐ überblick zeigt überdies, dass sich die analysierte Lerner*innengruppe, bei der es sich um eine Schulklasse handelt, als eine durchaus heterogene Gruppe hinsichtlich des Sprachentwicklungsstands der einzelnen Lerner*innen erweist. <?page no="146"?> So verwenden L7 und L18 nur ein Merkmal der Entwicklungsstufe 3, während L5, L12, L17, L21 etwa mehrere Merkmale der Entwicklungsstufe 4 anwenden. Eine detaillierte Diskussion der Heterogenität dieser Lerner*innengruppe findet sich in Kapitel 8. Dieser erste, quantitative Blick auf die Lerner*innenäußerungen und der damit möglicherweise verbundene Eindruck, dass ein Großteil der Lerner*innen aufgrund der häufigen Verwendung der Merkmale bereits morphosyntaktische Strukturen höherer Erwerbsstufen erworben hätten, bedarf einer zweiten ge‐ naueren Distributionsanalyse (s. dazu Abschnitt 4.6.1), bei der die morphologi‐ sche und lexikalische Qualität des Auftretens der jeweiligen Merkmale unter‐ sucht wird. An dessen Ende steht Tabelle 23, aus der schließlich die Anwendung des emergence criterion (s. Abschnitt 4.6.2) auf alle analysierten Merkmale hervorgeht. „/ “ steht dabei für morphosyntaktische Strukturen, für die keine Kontexte produziert werden; „-“ für Strukturen, für die Kontexte produziert werden, aber der Verarbeitungsmechanismus nicht angewendet wird; „(+)“ für Strukturen, bei denen der Verarbeitungsmechanismus zwar angewendet wird, aber keine produktive Verwendung nach dem emergence criterion in morpholo‐ gisch und lexikalisch unterschiedlichen Kontexten nachgewiesen werden kann; „+“ steht schließlich für Strukturen, bei denen der Verarbeitungsmechanismus produktiv verwendet wird. 146 7 Analyseergebnisse <?page no="147"?> L18 L24 L7 L10 L1 L2 L6 L13 L15 L19 L25 L28 L29 L11 L3 L4 L8 L9 L20 L21 L22 L23 L26 L5 L14 L16 L17 L27 L12 N e b e n s a t z p . Markierung des congiun‐ tivo im Neben‐ satz - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -5 S a t z p r o z e d e r e NPtopic Clobj AUX V-to NPsubj -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- - -1 -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- NPtopic Clobj V NPsubj -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- +2 -3 NPsubj AUX V-to -- - -2 -- -- -- +1 - -- - -1 -- - -3 - -2 - -1 -- -- - -2 - -1 -- -- - -3 +1 - - -1 - -1 - -2 +3 -1 -- - -1 +3 - - -3 +2 -2 NPsubj Kopula prädikatives Adjektiv -- - -4 - -3 - -1 +22 -15 +5 -1 +5 -6 +10 -16 +4 -5 +4 -4 +1 - +2 -6 +5 -5 +10 -5 +8 -13 +9 -10 +8 -2 +6 -12 +3 -3 +8 -9 +4 -10 +8 -5 +2 -17 +9 -12 +19 -5 +17 -3 +11 -9 +9 -6 +10 -5 P h r a s a l e s P r o z e d e r e Aux essere Verb-to -- +1 - -- - -1 - -3 +1 - -- +1 -3 - -2 +1 -2 - -2 - -2 -- - -3 - -2 - -2 -- - -3 - -3 +1 - +1 - +1 -1 +1 -3 +1 -1 - -1 - -2 +4 - - -2 +5 -1 Kopula prädika‐ tives Adjektiv -- +2 - -- +1 - +7 -7 - -3 +2 -11 -- +4 -2 +1 - +3 - -- +3 -3 +9 -5 +2 -3 +1 -3 +2 -2 +9 -8 +1 -2 +4 -8 +1 - +2 -5 +3 -2 +3 -1 +3 - +12 -1 +1 -1 +1 -4 +13 -6 N attributives Adjektiv +6 -5 +9 -1 +8 -7 - -2 +10 -6 +9 -13 +5 -7 +9 -11 +5 -21 +7 -5 - -1 +4 -6 +7 -5 +5 -2 - -2 +19 -20 +29 -14 +9 -15 +15 -7 +8 -2 +10 -17 +18 -11 +2 -1 +37 -9 +19 -9 +25 -3 +19 -12 +8 -13 +37 -11 Determinant N +4 -3 +4 -11 +1 -5 - +1 -2 +1 -5 +1 -2 +9 -2 +10 -8 +4 -2 +8 -3 +1 -5 +5 -1 +12 -4 +10 - +10 -18 +1 - +17 -2 +8 -1 +7 -9 +6 -3 +7 -4 +9 -1 +12 -3 +7 -2 +20 -2 +12 -6 +12 -6 +24 -8 K a t e g o r i e p r o z e d e r e Markierung der Vergangen‐ heit am V +2 -1 +2 -1 - -1 - -1 - -9 +4 -1 - +3 -4 - -10 +3 -4 +2 -4 +3 -7 +1 -2 +3 -4 +2 -3 +4 -6 +2 -1 +2 -8 +4 -3 +6 -1 +3 -7 +5 -7 +1 -10 +10 - +3 -8 +7 -6 +7 -2 +1 -9 +18 - Markierung der Person am V +12 -10 +11 -3 +10 -5 +3 -3 +66 -10 +37 -8 +26 -4 +48 - +35 -7 +31 -2 +23 -3 +36 -8 +22 -17 +54 - +37 -4 +83 -12 +18 -2 +62 -3 +25 -2 +64 -10 +57 -2 +89 -14 +47 -2 +68 -1 +57 -11 +87 -6 +59 - +48 -9 +153 -9 Pluralmarkie‐ rung am N +14 -6 +6 -6 +7 -3 +7 -3 +24 -13 +25 -6 +15 -7 +30 -7 +20 -7 +12 -7 +6 -2 +21 -10 +25 -9 +24 -6 +10 -2 +52 -14 15 -6 +17 -9 +10 -4 +14 -8 +24 -6 +33 -3 +20 -9 +42 -5 +34 -7 +32 -4 +30 -4 +21 -6 +52 -4 Tabelle 22: Quantitative Auswertung morphologischer Strukturen nach Di Biase/ Bettoni (2015, 121) 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 147 <?page no="148"?> L18 L24 L7 L10 L1 L2 L6 L13 L15 L19 L25 L28 L29 L11 L3 L4 L8 L9 L20 L21 L22 L23 L26 L5 L14 L16 L17 L27 L12 N e b e n s a t z p . Markierung des congiuntivo im Nebensatz / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / - S a t z p r o z e d e r e NPtopic Clobj AUX V-to NPsubj / / / / / / / / / / / / / / / - / / / / / / / / / / / / / NPtopic Clobj V NPsubj / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / (+) NPsubj AUX V-to / - / / / (+) / - / - - - / / - - / / - (+) - - - (+) / - (+) - (+) NPsubj Kopula prädikatives Ad‐ jektiv / - - - (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) + (+) (+) (+) (+) (+) + + + + + + P h r a s a l e s P o z e d e r e Aux essere Verb-to / (+) / - - (+) / (+) - (+) - - / - - - / - - (+) (+) (+) (+) (+) - - (+) - (+) Kopula prädika‐ tives Adjektiv / (+) / (+) (+) - (+) / (+) (+) (+) / (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) + (+) (+) + N attributives Adjektiv (+) (+) (+) - (+) (+) (+) (+) (+) (+) - - (+) (+) - (+) + + + (+) - + (+) + + + + (+) + Determinant N (+) (+) (+) / (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) + + + (+) + (+) + + + + + (+) + (+) + + K a t e g o r i e p r o z e d e r e Markierung der Vergangenheit am V (+) (+) - - - + / (+) - (+) (+) + (+) (+) + + (+) (+) + + + + (+) + (+) + + (+) + Markierung der Person am V (+) + + (+) + + + + + + + + + + + + + + + + + + (+) + + + + + + Pluralmarkie‐ rung am N + + + + + + + + + + + + + + (+) + + + + + + + + + + + + + + Tabelle 23: Überblick Erwerb einzelner morphologischer Strukturen pro Entwicklungsstufe nach Di Biase/ Bettoni (2015, 121) 148 7 Analyseergebnisse <?page no="149"?> 88 An dieser Stelle sei angemerkt, dass Pluralmarkierungen durch das Affix -i auch dann als vorhandene Markierung gezählt wurden, wenn -i nicht das zielsprachlich korrekte Pluralmorphem darstellte. So wurde beispielsweise in Beispiel (28) *personi als Pluralkontext analysiert, der das Merkmal PL aufweist, auch wenn die zielsprachlich korrekte Pluralform persone ist. 7.1.2 Morphosyntaktische Merkmale pro Erwerbsstufe In der Folge werden die unterschiedlichen morphosyntaktischen Merkmale, denen der jeweilige Verarbeitungsmechanismus einer Entwicklungsstufe zu‐ grunde liegt, der Reihe nach dargestellt und mit Beispielen aus dem Lerner*in‐ nenkorpus belegt. Zusammenfassend wird pro Entwicklungsstufe eine Graphik präsentiert, die einen Überblick über alle Strukturen einer Entwicklungsstufe sowie die Anzahl an Proband*innen, die diese Stufe bereits erworben haben, geben soll. Die erste Entwicklungsstufe Lemmazugriff wird in der Folge nicht genauer dargestellt, weil sie von allen Lerner*innen eindeutig erreicht wird (vgl. auch Di Biase/ Bettoni 2015, 128). - 7.1.2.1 Entwicklungsstufe Kategorieprozedere Auf den Zugang zu Einzelwörtern und unanalysierten Einheiten folgt Entwick‐ lungsstufe zwei, die durch das Zuordnen von Wörtern zu Kategorien (category procedure) charakterisiert ist, bei der Merkmalsunifizierungen zwischen jegli‐ chen Elementen des Syntagmas oder Satzgefüges jedoch noch fehlen. Durch die Zuordnung einer Kategorie kann ein Wort schon als Kopf einer Phrase identifiziert werden. Pluralmarkierung Im Bereich der Nominalphrase zählt die Pluralmarkierung zum Kategoriepro‐ zedere, bei dem auf Basis konzeptueller Informationen über den Referenten die Kategorie Numerus dem jeweiligen Nomen (zB amico vs amici) zugeordnet, aber noch keine Merkmalsunifizierung auf der Ebene der Phrase vorgenommen wird (vgl. Di Biase/ Kawaguchi 2002, 283). Die identifizierten obligatorischen Kontexte für die Pluralmarkierung in den Lerner*innenäußerungen werden auf ihre lexikalische und morphologische Varianz hin untersucht, das heißt es wird analysiert, ob mehr als ein Substantiv im Pluralkontext ein Pluralmorphem aufweist und mindestens ein Substantiv in einem Singular- und einem Pluralkontext mit dem entsprechenden Affix vertreten ist 88 . Auf Basis dieser Kriterien kann - mit Ausnahme von L3 - 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 149 <?page no="150"?> 89 Für die Beispiele werden verschiedene, für die jeweiligen morphologischen Merkmale relevante Kontexte zusammengefasst, die die*der jeweilige Lernende produziert hat. 90 Bei der Transkription wurde „è“ durch „E“ ersetzt, um Probleme mit der Software bei der Weiterverarbeitung auszuschließen. bei allen Lerner*innen (96,6%) davon ausgegangen werden, dass diese die Pluralendungen produktiv verwenden, wie in Tabelle 22 festgehalten wird. Die detaillierte Analyse des Beispiels 26 (L1) zeigt, dass die Lernerin - über die Verwendung ganzheitlich gelernter Pluralformen hinaus - die Kriterien für den Erwerb erfüllt und das Merkmal Pluralmarkierung mit morphologischer und lexikalischer Variation verwendet. So gelingt es L1, auf „gatto“ je nach Referent, auf den sie sich bezieht, die Singular- oder Pluralmarkierung mit „gatt-o“ oder „gatt-i“ anzuwenden. (26) L1: Pluralmarkierung mit morphologischer Variation 89 ehm / / ehm / / due vinistra / e tavolo / ti vi / ehm / / eserschizi / e gatto mh / / en la tavolo [zögert] ha proprio propIo tutto / e gatto / ehm l'com‐ puter / figlio / esersici ja o esersici o libro in casa mh-i pantaloni blu maglione rosso ehm / e questo / E 90 bianco stivali euro cellulare ehm / / succo di aranciata [lacht]-e penne tre gatti / sI (27) L1: Pluralmarkierung mit default -i giacco / i giacchi rosso rossi ehm / E lungo / e molto elegante e sono di cottone / E rosso di unita na rosso di unita (28) L1: Pluralmarkierung mit default -i ehm venti personi Darüber hinaus finden sich in den Äußerungen von L1 weitere Hinweise auf eine produktive Verwendung der Pluralmarkierung, wie etwa Beispiel 27 und 28, bei denen in beiden Äußerungen das - nicht zielsprachenkonforme - Pluralmorphem -i zur Markierung verwendet wird. Dies bestätigt Di Biase/ Bettonis (2015, 122; Übersetzung der Verfasserin) Annahme, dass das Plural -i als „eindeutigster Pluralmarker“ in den Lerner*innenäußerungen als erstes Morphem bei der Markierung von Referent*innen im Plural auftritt und damit vor den anderen Pluralmorphemen erworben wird: „[W]hile more advanced 150 7 Analyseergebnisse <?page no="151"?> procedures are not yet available and earlier ones not yet automatised, the least costly solution for learners is to resort to default (or unmarked) structures involving the simplest one-to-one relationship between form and function […]“ (Bettoni/ Di Biase 2015, 53). Diese Annahme kann auch für die weiteren Proband*innen bestätigt werden (s. Tabelle 24, in der Pluralmarkierungen an maskulinen Nomen auf -i (pl on N_m-i+), an femininen Nomen auf -e (pl on N_f-e+) und auf -i (pl on N_f_i+) dargestellt werden). - L18 L24 L7 L10 L1 L2 L6 L13 L15 L19 L25 L28 L29 L11 L3 L4 L8 L9 L20 L21 L22 L23 L26 L5 L14 L16 L17 L27 L12 pl on N_f_-i+ - - - - - - - - - 1 - - - - - - - - - - - - - - - - - - - pl on N_fe+ - - 4 1 11 7 1 6 5 1 - 3 13 7 2 24 1 4 1 6 5 16 4 16 8 16 10 8 21 pl on N_m-i+ 14 6 3 6 13 18 14 24 15 10 6 18 12 17 8 28 14 13 9 8 19 17 16 26 26 16 20 13 32 Tabelle 24: Unterschiedliche Pluralmorpheme Ebenso deuten kreative Produktionen wie „due Pferdi“ oder „tre turtli“ der Lerner*innen L29 und L8 auf die Verwendung des Morphems -i als default-Plu‐ ralmarkierung hin, selbst in Kontexten, in denen das Lexem direkt - wie im Fall von „Pferdi“ oder „turtli“ - aus dem Deutschen oder Englischen übertragen wird. Bei L3 liegen zwar lexikalische Varianten der Pluralmarkierung vor (s. Bei‐ spiel 31), in den Lerner*innenäußerungen lässt sich aber keine morphologische Varianz finden, wodurch nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich bei der Markierung des Plural im Falle dieser Probandin/ dieses Probanden um einen formelhaften Gebrauch handelt. Hinzu kommt, dass die auftretenden Nomina größtenteils auch im von der Lerner*innengruppe verwendeten Lehrwerk (Orlandino et al. 2017, 2018) im Plural auftreten (zB punti, persone), als Teil von kommunikativen Phrasemen gelernt werden (zB Quanti anni hai? - Ho quindici anni. / Hai fratelli? - Ho tre sorelle.) oder es sich überhaupt, wie im Beispiel „pantaloni“, um Wörter handelt, die im Input gehäuft oder ausschließlich im Plural auftreten (s. Ausschlusskriterien im Anhang 8). (29) L3: Pluralmarkierung ohne morphologische Varianz okay / -io mi chiamo X / io / cinquanta anni naa [lacht] jetzt wart / / ja / io abito ad Absam ehm ehm la mia scuola si chiama XSchuleX / mia lingua E / / [lacht] ehm was heißt Deutsch? ehm la mia mamma si chiama A e il mio papA si chiama B / ehm io ho tre sorelle ehm si chiamano X Y e Z / ehm / ja [lacht]-ehm 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 151 <?page no="152"?> mh / / / is des es Bett? okay / il letto E marroni e / / / ja mir fallt nur der Name wies heißt nit so ein / ja ehm [lacht] ehm i libri e una gatto ehm / / ehm / / i pantaloni / e / / / una laptop [lacht] / / / eh / / ah le nere pantaloni / e strecci / e lungo / and e pantaloni caro [lacht] con una / / sí [lacht] e io non eh io ho non libri [lacht] e io ho un aso so Pflanze e / una ehm / / / [lacht] ja ha i punti giallo (giallo) e una na una Schildkröte ha tre punti punti [zögert] ehm E otto persone / / Die Analyse jener Kontexte, in denen eine Pluralmarkierung verwendet wird, obwohl diese nicht erforderlich ist (zB in einem Singularkontext), macht deut‐ lich, dass 65,5% der Lerner*innen keine durchgehend systematische Verwen‐ dung der Pluralmarkierung aufweisen (s. Tabelle 25). In Tabelle 25 werden Pluralmarkierungen in Singularkontexten in der Zeile „pl on sg >“ vermerkt, fehlende Pluralmarkierungen in Pluralkontexten in der Zeile „pl on pl -“ und vorhandene Pluralmarkierungen in Pluralkontexten in der Zeile „pl on pl +“. - L18 L24 L7 L10 L1 L2 L6 L13 L15 L19 L25 L28 L29 L11 L3 L4 L8 L9 L20 L21 L22 L23 L26 L5 L14 L16 L17 L27 L12 pl on pl + +14 +6 +7 +7 +24 +25 +15 +30 +20 +12 +6 +21 +25 +24 +10 +52 +15 +17 +10 +14 +24 +33 +20 +42 +34 +32 +30 +21 +52 pl on pl - -6 -6 -3 -3 -13 -6 -7 -7 -7 -7 -2 -10 -9 -6 -2 -14 -6 -9 -4 -8 -6 -3 -9 -5 -7 -4 -4 -6 -4 pl on sg > - >1 >1 - >1 >2 >2 - - >1 >2 - >1 - >2 >5 >2 >2 >3 >1 >8 - >2 >1 - - >5 >1 - Tabelle 25: Pluralmorpheme in Singularkontexten Wie in Abschnitt 4.6.2 beschrieben, wird die Verwendung der Pluralmarkierung in Singularkontexten jedoch nicht als Gegenevidenz zur eindeutigen produk‐ tiven Verwendung (wie sie auch aus Zeile 2 von oben der Tabelle 25 hervorgeht) eingestuft. Verbmarkierung (Person) Wie in der Nominalphrase kann die Zuordnung der Wörter zu Kategorien auch in der Verbalphrase durch die Markierung von Person und Tempus erfolgen. Ebenfalls wie bei der Nominalmorphologie ist das System der italienischen Verbalmorphologie stammbasiert, das heißt Verben bestehen in ihrem Grund‐ schema aus einem Stamm und einer Endung, die ihrerseits - wie in Tabelle 26 dargestellt - noch einmal untergliedert werden können. Der Stamm setzt 152 7 Analyseergebnisse <?page no="153"?> 91 Der u-Stamm bildet nur das Partizip Perfekt (vgl. Schwarze 2009, 89). sich aus einer Wurzel und einem Thema zusammen, wobei die Wurzel den semantischen Inhalt des Wortes trägt und das Thema aus einem Themavokal (-a-, -i-, -e- oder -u-  91 ) und möglichen konsonantischen Erweiterungen besteht. Die Endung kann aus einem Infix, der die Merkmale Tempus und Modus markiert, und einem Suffix, der Person und Numerus darstellt, zusammengesetzt sein. (Vgl. Schwarze 2009, 83 ff.) Zusammengefasst ergibt sich für finite Verben folgendes „maximales Schema“ (ebd., 84), wobei dieses für viele Verbformen nicht realisiert wird, sondern in reduzierter Weise auftritt (s. Zeile 2 und 3 in Tabelle 26). In reduzierter Weise bedeutet trotzdem, dass zumindest eine Stelle des Maximalschemas besetzt ist. Eine Ausnahme stellen unregelmäßige Formen in der dritten Person Singular Indikativ Präsens dar, die eine gekürzte Wurzel haben und bei denen die Person-Numerus-Endung wegfällt, wie in Zeile 3. Stamm Thema Endung Wurzel Themavokal -a-, -i-, -e-, -ukonsonantische Erweiterung Infix (Tempus und Modus) Suffix (Person und Numerus) fin i r ebb ero abit Ø - - o ha Ø - - Ø Tabelle 26: Maximales Schema finiter Verben im Italienischen (nach Schwarze 2009, 84) In den Lerner*innenäußerungen wird analysiert, ob die verwendeten Verben lexi‐ kalisch variieren und mindestens ein verwendetes Verb auch eine morphologische Varianz aufweist (zB zwei verschiedene Personen oder eine finite und eine infinite Verwendung). Als Ausschlusskriterien werden für die Markierung der Person am Verb „mi piace“ und „ti piace“ formuliert, die beide im Lehrwerk als formelhafte Wendungen eingeführt und auch eingeübt werden (s. Anhang 8). Das Kopulaverb „essere“ und das Hilfsverb „avere“ wird hingegen - wie etwa bei Pallotti (2007, 375) - nicht ausgeschlossen, weil deren Konjugationen zwar stark idiosynkratisch sind, die Zuordnung der Kategorie zum Verb von den Lerner*innen jedoch genauso getroffen werden muss. Dabei muss festgehalten werden, dass die lexikalische Varianz insgesamt niedrig und auf einige frequente Verben, die im Lehrwerk (Orlandino et al. 2017, 2018) in den ersten Lektionen behandelt werden, beschränkt ist. Dennoch ist beim Großteil der Proband*innen lexikalische Varianz gegeben, so auch bei L9, die „abitare“, „amare“, „chiamarsi“, „essere“, „piacere“ verwendet 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 153 <?page no="154"?> 92 Dieses Beispiel wirft interessante Fragen zur Verwendung expliziter und impliziter Wissensquellen bei unterschiedlichen Lerner*innen auf (vgl. Hulstijn 2015). und am Verb „abitare“ in „abito a Rum“ und „abita la sorella“ und „la mia famiglia eh abito in Austria“ dreimal die Person markiert (s. Beispiel (30]), auch wenn hier noch nicht durchgängig eine Merkmalsunifizierung mit dem Subjekt stattfindet. Interessanterweise verwendet der/ die Lerner*in abita (er/ sie/ es wohnt) auch in drei weiteren Kontexten, in denen er/ sie das Verb „andare“ (gehen) in der ersten Person Plural im Perfekt verwenden möchte. Dieses Beispiel lässt vermuten, dass der lexikalische Eintrag zu „andare“ noch nicht vollständig annotiert ist und der/ die Lerner*in hier auf einen anderen Stamm, der in seinem/ ihrem Lexikon schon verfügbar ist, zurückgreift und diesen in der dritten Person Singular Präsens Indikativ verwendet, was der Hypothese von Bettoni/ Di Biase (2015, 57) zur Entwicklungsstufe Kategorieprozedere entspricht: „For those lexical entries which are not yet fully annotated the learner will likely use default or citation forms, the least marked and most available in the input, such as (but not necessarily for all lexemes) the singular form in languages that mark number, the nominative form in those that mark case, non-past forms for tense, and so on.“ (30) L9: Markierung der Person am Verb ehm mi chiamo X Y ehm sedici anni abito a Rum io amo il pizza o i spaghetti / ehm mia la mia famiglia eh abito in Austria / la mia mamma E di Rum e mia nonna E di Südtirol also ja sì e mio padre E di Kärnten aso vestiti E colorato e le decorazioni E carina / ehm / ehm abita eh la sorella la / also kleine Schweschter [fragend] / was is nochmal camera also mi piace andare in cittA con mia amica e andare ci cinema o swim schwimmen ehm ma mia amica e mi e io abita in Aqualandia e ja e / mir hat’s gut gfallen also mi piace / mi piacciono bene eh il Aquapark Aqualandia ehm eh ehm abita in Murano e Burano sì ehm eh abita in Strand was heißt Strand L26 verwendet in ihren eigenen Äußerungen zwar mehrere Verben, diese variieren jedoch nicht morphologisch. Im Spot the Difference Task, den L26 gemeinsam mit L15 durchführt, zeigen sich hinsichtlich der Flexionsmorpho‐ logie interessante Reaktionen von L26, die ihre Gesprächspartner*in L15 zweimal explizit korrigiert und die zielsprachenadäquate Variante anbietet, als diese in ersterem Fall die dritte Person Singular Präsens anstatt der ersten Person (32, 1) und im zweiten Fall die infinite anstatt der finiten Verbform (32, 2) verwendet 92 . 154 7 Analyseergebnisse <?page no="155"?> (31) L26: Markierung der Person am Verb mi chiamo X in nel mio tempo libro eh mio amo fatto sport h abita in Zirl eh Anna abita in in quella casa [lacht] capisco ho sedici anni non mi [lacht]-ho due pizzeria mi piace molto mi piace il giorno eh tre fisch di giallo eh un fisch E rosso l’albergo E bello (und weitere Beispiele mit E) (32) L26 und L15: Markierung der Person am Verb L26 und L15 im Dialog (1) L15: io [lacht] io ha L26: na ho - L26 und L15 im Dialog (2) L15: io ho due negozio io non capire [lacht] L26: [lacht] capisco In den Äußerungen von L10 finden sich insgesamt nur sechs obligatorische Kontexte, wovon drei keine Markierung der Person aufweisen und die restlichen drei jeweils das Verb essere in der dritten Person Singular verwenden, wodurch noch nicht auf eine produktive Verwendung der Markierung der Person am Verb geschlossen werden kann. 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 155 <?page no="156"?> 93 Die Endung -to markiert im Italienischen nicht nur Tempus (Vergangenheit), sondern auch Aspekt (Perfektivität) (vgl. Di Biase/ Bettoni 2015, 123). (33) L10: Markierung der Person am Verb hotel E bella E pool E / [lacht] e E dieci personi / Mit Ausnahme von drei Proband*innen (10,3%; L10, L18 und L26), bei denen keine ausreichende lexikalische bzw. morphologische Varianz festgestellt werden kann, können 89,7% der Proband*innen in ihren Äußerungen mehrere (mindestens 3 und maximal 162) Kontexte schaffen, in denen eine Markierung der Person obligatorisch ist, und eine solche auch anwenden. Verbmarkierung (Vergangenheit) In die Entwicklungsstufe Kategorieprozedere fällt neben der Markierung der Person auch die Markierung der Vergangenheit, die im Italienischen durch den schwachen Perfektstamm angezeigt werden kann und die Anfügung der konsonantischen Erweiterung -to  93 an den Präsensstamm erfolgt (vgl. Schwarze 1995, 100), wobei die jeweiligen Themavokale erhalten bleiben, der Themavokal e jedoch durch u ersetzt wird (avere - avuto). Tempus wird im Perfekt also einer‐ seits durch Flexion, andererseits durch Auxiliarität ausgedrückt (vgl. Schwarze 1995, 194), wobei die Verwendung des Partizips Perfekt mit den auxiliaren Verben „essere“ (sein) und „avere“ (haben) in einer analytischen Konstruktion (die teils obligatorische, teils fakultative Kongruenzregeln erfordert) von den Lerner*innen auf Entwicklungsstufe 2 noch nicht zu erwarten ist. Im Vergleich zu den anderen beiden im Rahmen dieser Entwicklungsstufe untersuchten morphologischen Strukturen, bei denen die emergence-Quote bei 96,6% (Pluralmarkierung) und 89,7% (Markierung der Person) liegt, wird die Vergangenheitsmarkierung nur von 12 der 29 Proband*innen (41,4%) erworben (s. Abbildung 14). L3 wendet die Vergangenheitsmarkierung etwa für „piacere“ (mi piace giocare pallavolo / a pallavolo vs. ja mia ah mi piaciuta il lago di Garda) an und verwendet darüber hinaus ein weiteres Verb mit Vergangenheitsmarkie‐ rung (mangiato) (s. Beispiel [36]). (34) L3: Markierung der Vergangenheit mit lexikalischer und morphologischer Varianz mi piace giocare pallavolo / a pallavolo / ehm / io preferisco / ehm / mangiare pizza / [lacht] 156 7 Analyseergebnisse <?page no="157"?> ja [lacht] es ist so viel in meinem Kopf aber / / / ja mia ah mi piaciuta il lago di Garda e Gardaland e Lazise und ja okay il campeggio ehm e io mangiato pizza e pasta ja e io / / mh Eine noch höhere lexikalische Varianz zeigt L16 (Beispiel 37), die die Vergangen‐ heit an insgesamt fünf unterschiedlichen Verben markiert. Dabei handelt es sich um regelmäßige (zB mangiare - mangiato; nuotare - nuotato; piacere - piaciuto) als auch unregelmäßige (prendere - preso; vedere - visto) Verben. (35) L16: hohe lexikalische Varianz bei der Markierung der Vergangenheit in / in albergo c’E un ristorante / ho mangiato con mia famiglia in ristorante / / ho hm / ho pren na ho preso / una pizzetta / / e caffE / / mio fratello ha preso / lasagna / ahm / ha no abbiamo nuo nuotato / in mare / ehm / / / ehm mi / / mi sono piaciuta ahm / mangiare in ristorante con la mia famiglia / / / sono / sono stato in / in museo ahm piU piU tardi / / piU tardi / / ho visto una festa in aula Die Art der Tasks, die nur in einem Teil auf eine Elizitierung von Vergangen‐ heitszeiten ausgerichtet waren, trug vermutlich dazu bei, dass sich die Gesamt‐ zahl der obligatorischen sprachlichen Kontexte im Vergleich zur Markierung der Person und der Pluralmarkierung auf eine niedrigere Zahl beläuft (s. Gesamt‐ überblick in Tabelle 22), dennoch erzeugen bis auf eine Proband*in (L6) alle Lerner*innen Kontexte (mindestens 1, maximal 18), die eine Vergangenheits‐ markierung erfordern. Im Falle von 4 Proband*innen (13,8%; L1, L7, L10, L15, s. auch Abbildung 14) wird zwar sprachlicher Kontext erzeugt, die Lerner*innen markieren morphologisch aber in keinem Fall die Vergangenheit. Weitere 12 Proband*innen (41,4%) markieren die Vergangenheit zwar morphologisch, zeigen aber keine ausreichende lexikalische und morphologische Varianz, um den Erwerb der Vergangenheitsmarkierung festzumachen, wie aus Tabelle 27 hervorgeht. Darin werden die Evidenzen der 12 Lerner*innen aufgelistet und hinsichtlich der lexikalischen und morphologischen Varianz ausgewertet. In zwei Fällen wird zudem vermerkt, dass die Proband*innen die Vergangenheits‐ markierung am Verb „piacere“ aus den Fragen der Interviewerin übernommen haben könnten. 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 157 <?page no="158"?> L8 • mhm faccio / faccio viaggio in in Rostock / visit visi‐ tato un amici e / l’all l’alloggio in casa la amica / was ist la camera? - • na ved veduto un film keine morphologische Varianz L9 • okay ehm also mi abita eh in Italia in (…) Jesolo con mia amica e con la mia mamma ehm eh dorm dormito eh in un bungalow con la mia amica e la mia mamma e eh eh auch aso anche in bungalow ehm / / abita in Venedig con Schiff con Schiff was heißt Schiff - • un letto e la mia mamma dormita on couch also sì / ehm mh la mia mamma E cu kochen i woaß net keine lexikalische Va‐ rianz keine morphologische Varianz - L11 • ah abbiamo tornata in un albergo ahm sono grande / ahm pfm- - • ehm visita il cittA e ehm fatto la spesa e / nuotare in lago ahm / / - • non messo in ordine ahm [lacht] keine morphologische Varianz L13 • okay ja io dove in London con gli amici e la famiglia eh st stato in un l’hotel di cinque was heißt Stern? • eh stati / sei giorni - • la giornata / E piaciuta moltissimo E la giorno nu‐ mero due eh ja ehm ja wie soll i des sagen wo wir ausgegangen sind mit meinen Freunden keine klare lexikalische Varianz (E piaciuta mög‐ licherweise von der In‐ terviewerin bzw. aus der Aufgabenstellung über‐ nommen) L14 • ehm / abbiamo mangiato ehm / a belle ristorante e ahm [lacht] e di sera parties [lacht] ja • mhm ho visto due rosso mofas [lacht] - • ehm / / il secondo dschgiorno / e mio piace molto perchE ehm mia famiglia e mio / / [lacht] e nel visitato i musei ja keine morphologische Varianz L18 • ehm / ehm / io fa fatto ehm la cro Croascia ehm muss i einfach sagen was- • hm / nuotare / ehm / io fatto un ehm festa / / keine lexikalische und morphologische Varianz L19 • okay mangiato molto pizza molta pizza e spaghetti e io / hm / io esco un evento ehm e ja i woaß net mehr • la domenica / io ho / andato in un Freizeitpark ehm con mia famiglia e un a sera e di sera io andato io andato al mare una passeggeta / und ja keine morphologische Varianz L24 • haa schwimmen e anda andato di cittA e e wos hoaßtn Caneva - • ja andato di cittA e non speziale keine lexikalische und morphologische Varianz L25 • [räuspert sich] ahm io io visit io io sono visitato la cittA London Londra e / e sono / ma mia fallt nix ein • ehm piaciuta / sono piaciuta eh un shopping centre keine morphologische Varianz keine lexikalische Varianz (piaciuta möglicherweise von der Interviewerin bzw. aus der Aufgaben‐ stellung übernommen) L27 • ehm vostra ehm vostra / prim primo giornata E la E il best giornata ahm voi ahm ahm / voi ahm / con keine morphologische Varianz 158 7 Analyseergebnisse <?page no="159"?> macchin macchina eh ja i woaß net genau wos foan hoaßt / con macchina ehm di hotel ehm in hotel a roy a mangiare mangiato ah / e poi ehm / voi vedere un eh eh wos hoaßt jetzt Kirche keine lexikalische Va‐ rianz L29 • nuota nuo nuotata in mare ehm e eh ja so Sehens‐ würdigkeiten anschauen / visitare ah keine morphologische Varianz keine lexikalische Varianz Tabelle 27: Lerner*innenäußerungen mit Markierung der Vergangenheit, die Kontexte aufweisen, aber ungenügend Evidenz für den Erwerb liefern Dass sich diese Proband*innen in „lernersprachlichen Verarbeitungsvorgängen“ (Hinger 2016, 204) befinden, können auch sogenannte false starts anzeigen, wie sie bei den Lerner*innen L8, L9, L18, L24, L25, L29 auftreten. Diese korrigieren sich selbst, nachdem sie, wie beispielsweise L25 den Infinitiv (mangiare man‐ giato) ausgesprochen oder den Stamm des intendierten Wortes verwendet haben (L8 visit visitato; L29 nuota nuo nuotata). Ein weiteres Beispiel für die lerner‐ sprachliche Annäherung an die Zielsprache zeigen Übergeneralisierungen, wie sie etwa L8 verwendet, wenn sie „na ved *veduto un film“ sagt und damit den schwachen Perfektstamm durch das Ersetzen des Themavokals e durch u bildet, anstatt die unregelmäßige zielsprachlich korrekte Form „visto“ zu verwenden. 1 4 1 3 12 28 26 12 0 5 25 30 Pluralmarkierung Markierung der Person Markierung der Vergangenheit 10 15 20 Anzahl Proband*innen morphosyntaktische Merkmale Entwicklungsstufe Kategorieprozedere + (+) - / Abbildung 14: Überblick über den Erwerb der morphologischen Strukturen in Entwick‐ lungsstufe Kategorieprozedere (n=29) 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 159 <?page no="160"?> Jene Proband*innen, die die Vergangenheitsmarkierung schon erworben haben, weisen auch öfter (durchschnittlich 35,3%) analytische Konstruktionen mit dem Auxiliar (essere oder avere) auf als Proband*innen, die die Vergangen‐ heitsmarkierung noch gar nicht nachweisen oder keinen eindeutigen Erwerb nachweisen können (10,2%). Es lässt sich hiermit also ein Prozess von der reinen Vergangenheitsmarkierung am Partizip zum weiteren Ausbau der ana‐ lytischen Vergangenheitskonstruktion mit Auxiliarverben nachzeichnen. In Tabelle 28 werden alle Vergangenheitskontexte präsentiert und danach in Kontexte, in denen das Auxiliar „avere“ verwendet wird, und in Kontexte, in denen das Auxiliar „essere“ verwendet wird, aufgegliedert. Daraus wird der Anteil an Vergangenheitsmarkierungen, die in analytischen Konstruktionen mit Auxiliarverben auftreten, errechnet. Bei den 12 Proband*innen, für die die Markierung der Vergangenheit am Verb als erworben einzustufen ist, handelt es sich ausschließlich um Proband*innen, die auch die Markierung der Person erworben haben. - - L18 L24 L7 L10 L1 L2 L6 L13 L15 L19 L25 L28 L29 L11 L3 L4 L8 L9 L20 L21 L22 L23 L26 L5 L14 L16 L17 L27 L12 (+) (+) - - - + / (+) - (+) (+) + (+) (+) + + (+) (+) + + + + (+) + (+) + + (+) + Kon‐ texte 3 3 1 1 9 5 0 7 10 7 6 10 3 7 5 10 3 10 7 7 10 12 11 10 11 13 9 10 18 avere - - - - - - - - - - 1 2 - 2 - 4 - - - - - - - 5 3 2 3 - 9 essere - 1 - - - 1 - 1 - 2 1 - - - - 1 - - - 1 1 1 1 5 - 1 4 - 9 % mit aux 0 33 0 0 0 20 0 14 0 29 33 20 0 29 0 50 0 0 0 14 10 8 9 100 27 23 78 0 100 Tabelle 28: Übersicht Erwerb der Vergangenheitsmarkierung und bereits produzierte auxiliare (avere und essere) pro Lerner*innenäußerung - 7.1.2.2 Entwicklungsstufe Phrasales Prozedere In die Entwicklungsstufe Phrasales Prozedere (phrasal procedure) fallen Merk‐ malsunifizierungen innerhalb der Nominal- und der Verbalphrase. In der No‐ minalphrase erwerben Lerner*innen die Übereinstimmung in Numerus und Genus von Determinanten und attributiven Adjektiven mit dem Kopf der Nominalphrase. In der Verbalphrase findet die Merkmalsunifizierung laut den Vorhersagen der PT zwischen Kopula und prädikativen Adjektiven oder prä‐ dikativen Substantiven statt sowie zwischen dem Auxiliar „essere“ und der Verbendung des lexikalischen Verbs (vgl. Di Biase/ Bettoni 2015, 123). Nominalphrase (N + Adjektivphrase-attributiver Gebrauch) Das Adjektiv hat im Italienischen im Gegensatz zum Nomen nicht drei, sondern nur zwei Flexionsklassen: die a/ o-Deklination und die e-Deklination. Aus 160 7 Analyseergebnisse <?page no="161"?> Tabelle 29 wird ersichtlich, dass Adjektive der a/ o-Deklination Endungen der a-Deklination haben, wenn die Adjektive maskulin, und der o-Deklination, wenn die Adjektive feminin sind. Bei der e-Deklination kann das Genus nicht ausgedrückt werden (vgl. Schwarze 1995, 223). - a/ o-Deklination e-Deklination SG ross-o ross-a verd-e PL ross-i ross-e verd-i - m. f. - Tabelle 29: Flexionsklassen des Adjektivs Die Flexion des Adjektivs basiert auf Kongruenz, die „den Zusammenhang zwischen dem adjektivischen Prädikat und seinem Argument“ betont (Schwarze 1995, 221). Im hier besprochenen Merkmal ist die Adjektivphrase als Modifikator attributiv gebraucht und „übernimmt […] Genus und Numerus von dem Nomen, dessen Modifikator sie ist“ (ebd.). In den Lerner*innenperformanzen wird untersucht, ob die geäußerten Nominalphrasen lexikalisch unterschiedliche Adjektive aufweisen und ob zumindest ein Adjektiv auch in morphologischer Varianz (beispielsweise SG im Vergleich zu PL) vorkommt. Alle Proband*innen produzieren obligatori‐ sche Kontexte für Nominalphrasen mit einem Nomen als Kopf und einer qualifizierenden Erweiterung durch eine Adjektivphrase (vgl. Schwarze 1995, 67), die als Modifikator des Nomens fungiert. Aus den teilweise sehr hohen Zahlen an obligatorischen Kontexten (s. Tabelle 22) müssen die default-Über‐ einstimmungen herausgerechnet werden, wie auch Di Biase/ Bettoni (2015, 128) konsequenterweise anführen und wie folgt begründen: „[O]therwise the acquisition criteria would be clouded over by the bulk of the default itself“. Dabei handelt es sich konkret um das Maskulinum Singular als Zitierform des Italienischen, um unveränderliche Adjektive wie etwa die Farbadjektive „blu“ oder „rosa“, die weder Genus noch Numerus ausdrücken, und auch um Adjektive der e-Deklination im Singular, die das Genus nicht erkennen lassen. Eine Darstellung der um die mit default-Übereinstimmung bereinigten obligatorischen Kontexte findet sich in Tabelle 30. 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 161 <?page no="162"?> L18 L24 L7 L10 L1 L2 L6 L13 L15 L19 L25 L28 L29 L11 L3 L4 L8 L9 L20 L21 L22 L23 L26 L5 L14 L16 L17 L27 L12 - (+) (+) (+) - (+) (+) (+) (+) (+) (+) - - (+) (+) - (+) + + + (+) - + (+) + + + + (+) + N attri‐ butives Ad‐ jektiv +3 +2 +1 - +1 +4 +2 +1 +3 +5 - - +4 +2 - +2 +11 +7 +6 +5 - +9 +2 +20 +10 +8 +12 +4 +17 -5 -1 -7 -2 -6 -12 -6 -11 -21 -4 -1 -6 -5 -2 -2 -19 -11 -12 -5 -2 -14 -10 -1 -8 -9 -3 -10 -12 -11 Tabelle 30: Obligatorische Kontexte für N+attributives Adjektiv ohne default Daraus geht hervor, dass bei insgesamt neun Proband*innen (31,0%, grau mar‐ kiert) die Übereinstimmung zwischen attributivem Adjektiv und Substantiv in der Nominalphrase als erworben nachgewiesen werden konnte. Beispielsweise produziert L8 die Merkmalsunifizierung bei unterschiedlichen Adjektiven und weist auch morphologische Varianz, u. a. an den Adjektiven „rosso“ und „lungo“, nach (s. Beispiel [38]). (36) L8: N-Adjektivphrase (attributiver Gebrauch) lo stil E elegante e bello ehm il cappotto rosso c’E Reißverschluss / keine Ahnung mhm la sciarpa rosso / rossa rosso rossa / e c’E cotone e d’invernale tre scooter due rossi uno verd verde no tre gialli e un rossi rosso [Antwort auf tre rossi e tre gialli (pesci)] e un rosso fior fiori / ahm sono il pullovo lungo sono i pantaloni lunghi i pantaloni neri e lunghi E classico ja sI Fünf der 29 Proband*innen (17,2%) produzieren in keinem Beispiel die obligatorische Übereinstimmung des Substantivs und Adjektivs in Genus und Numerus (L3, L10, L22, L25, L28). Die restlichen Proband*innen (15 Personen, 51,7%) wenden die Merkmalsunifizierung bereits an, allerdings nur mit unzureichender lexikalischer und/ oder morphologischer Varianz. So zeigt etwa L21 mehrere obligatorische Kontexte, bei einer genaueren Analyse deutet allerdings einiges darauf hin, dass es sich um ganzheitlich gelernte Formen handelt: Das Phrasem „a maniche lunghe“ wurde - zusammen mit anderen, ähnlichen Strukturen wie „a maniche corte“, „a pois“, „a righe“, „a quadri“ - auf Basis des Lehrwerks (Orlandino et al. 2017, 2018), in dem diese auch vorkommen, mit der Lerner*innengruppe kurz vor der Datenerhebung besprochen. Dass diese Struktur zudem lexikalisch noch nicht 162 7 Analyseergebnisse <?page no="163"?> 94 In diesem Beispiel verwendet die Lernerin eine Wortkreation auf Basis des Englischen „bag“ mit dem italienischen Singular-Morphem -o. vollständig erworben ist, zeigen die verschiedenen Varianten, in denen sie in den Lerner*innenäußerungen von L21 vorkommt: a manghia lunghe, a manc manche a maniche lunghe, a maniche lunghe. Die weiteren Kontexte, in denen die Merkmalsunifizierung entweder nicht gelingt oder anhand der häufigsten Form des Maskulinum Singular nicht festmachbar ist, stützen das Ergebnis, dass die Lerner*in die attributive Adjektivkongruenz noch nicht ausreichend produktiv verwendet. (37) L21: N-Adjektivphrase (attributiver Gebrauch) no un gelato aranchiata e gial gial giallo no tre gatti nero mhm ehm sono due cane nero e un cane bianco no un t-shirt blu con bianco e un blu Rock a marrone sono di cottone e sono a manghia lunghe ono a manc manche a maniche lunghe / sono bequem sono di cottone sono a maniche lunghe sono di satein / sono a maniche lunghe / sono moderno L15 (s. Beispiel 38) verwendet zwar unterschiedliche Adjektive, diese sind aber morphologisch auf jeweils eine Form beschränkt. Ein ähnlicher Fall liegt bei L4 (s. Beispiel 39) vor, die zwar mehrere obligatorische Kontexte produziert, diese sich aber bis auf zwei Beispiele, die wiederum keine morphologische Varianz aufweisen, auf männliche Formen im Singular oder auf unveränderliche Adjektive begrenzen und daran noch kein Erwerb nach dem emergence criterion festgemacht werden kann. (38) L15: N-Adjektivphrase (attributiver Gebrauch) capelli capelli marrone also na na il ragazzo capelli marrone e la ragazza ehm capelli corto di neri i pantaloni grigi eh na nero na neri also i pantaloni neri / eh piccolo tavolo con Regal hamma alles mal glernt hab i olles wieder vergessen la mia camera E piccolo e in eh eh con una balcon ehm piccolo balcon [lacht] ahm con una / Fenschter / wos hoaßtn des nuamoi? [lacht]- ehm la tua ehm le tue donne una donna di blu una donna di bianca con bagno 94 di giallo? 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 163 <?page no="164"?> (39) L4: N-Adjektivphrase (attributiver Gebrauch) i miei patto preferiti sono cozze con vongole okay so i i miei ultimo viaggio hm ho fatto in Cagliari a Sardegna no neri ehm [elliptische Antwort auf gatti marroni] a destra di piccolo ragazzo sI anche un ospedale ehm i ciesa ho tre finestra in blu- / / grande sI io visto due marrone un bianco e un bianco marrone [elliptische Antwort auf cani] sI anche una due piccolo e un grande-[elliptische Antwort auf Schildkröten] sI con un grande / letto e un hm Bad-per solo per mei e miei io ho un letto grande per due personi e / ehm questo E un maglione per uomo di marrone un po' fiori di ro una rosa ehm visto un visto tre pesce giallo e un rosso / ah in acqua un uomo di in nero una casa grande io ho un ehm Fenster ja finisch hmm-fineschtra una fineschtra grande allora / questa E una maglione di grigio ehm lei ha molto lei ha libro molt eh viele libro e lei ha una tavol tavolo di marrone no solo uno gi gelato ehm ehm a destra di uomo nero Auffällig ist dabei, dass knapp die Hälfte (48,3%) der Lerner*innen (in mindes‐ tens 3 %, in maximal 78 % der obligatorischen Kontexte) zu „alternativen Lösungen“ greift und die Adjektivphrase nicht direkt an das Nomen anfügt, sondern eine Präposition dazwischenschiebt (beispielsweise di oder in) (s. Tabelle 31). Dabei handelt es sich vor allem um jene Lerner*innen, bei denen die Merkmalsunifizierung noch nicht eindeutig als erworben festgestellt werden kann, wie etwa bei L4, die diese Strategie in 33 % der Nominalphrasen mit attributivem Adjektiv anwendet, und bei L25, wo dies in 41 % der Kontexte der Fall ist. Dass Lerner*innen beim Lösen entwicklungsbedingter Schwierig‐ keiten im Erwerbsprozess zu verschiedenen Strategien greifen, lässt sich im Rahmen der PT auch mithilfe des Konzepts des hypothesis space erklären (vgl. Pienemann 1998a, 231 ff.), das Variation nicht mithilfe sprachexterner Faktoren 164 7 Analyseergebnisse <?page no="165"?> wie Kommunikationsstrategien, sondern primär anhand der Verarbeitbarkeit der jeweiligen morphosyntaktischen Strukturen erklärt (vgl. Pienemann 1998a, 223; Roos 2007, 90). - L18 L24 L7 L10 L1 L2 L6 L13 L15 L19 L25 L28 L29 L11 L3 L4 L8 L9 L20 L21 L22 L23 L26 L5 L14 L16 L17 L27 L12 er‐ worben (+) (+) (+) - (+) (+) (+) (+) (+) (+) - - (+) (+) - (+) + + + (+) - + (+) + + + + (+) + Adj. m. Präp. (%) 0 0 0 0 0 45 78 5 41 8 0 0 0 14 0 33 3 8 0 0 71 19 0 0 8 0 0 29 10 Tabelle 31: Detaillierte Analyse des Aufbaus der Nominalphrase hinsichtlich der Ver‐ wendung von Präpositionen (in %) Eine detaillierte Analyse des Aufbaus der Nominalphrase hinsichtlich der Stellung der Adjektivphrase (s. Tabelle 32) ergibt, dass die Lerner*innen hier unterschiedlich vorgehen. Die Daten lassen jedoch keine Systematik erkennen, was aufgrund der komplexen - text-pragmatischen, syntaktischen und/ oder lexikalischen - Faktoren, die die Positionierung der Adjektivphrase rechts oder links des Nomens beeinflussen können (vgl. Schwarze 1995, 244), für diese Phase des Erwerbsprozesses nicht verwunderlich erscheint. Eine mögliche Erklärung kann die L1 der Lerner*innen und damit eine Interferenz aus dem Deutschen sein. Lerner*innen mit den L1 Türkisch, Kroatisch, Tschetschenisch bilden interessanterweise keine Nominalphrasen mit einer Adjektivstellung links des Nomens. - L18 L24 L7 L10 L1 L2 L6 L13 L15 L19 L25 L28 L29 L11 L3 L4 L8 L9 L20 L21 L22 L23 L26 L5 L14 L16 L17 L27 L12 Erwerb (+) (+) (+) (-) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (-) - (+) (+) - (+) + + + (+) - + (+) + + + + (+) + Ad‐ jektiv rechts 64 20 27 50 87 55 22 84 50 17 100 70 83 57 50 31 68 83 100 100 4 43 33 91 50 96 30 43 73 Ad‐ jektiv links 27 20 60 0 0 0 0 0 9 25 0 10 0 29 50 18 15 4 0 0 21 24 33 4 42 4 63 10 8 Nphrase ohne Subj. 9 60 13 50 13 0 0 11 0 50 0 20 17 0 0 18 15 4 0 0 4 14 33 4 0 0 7 19 8 Adj. rechts m. Präp. 0 0 0 0 0 45 78 5 41 8 0 0 0 14 0 33 3 8 0 0 71 19 0 0 8 0 0 29 10 Tabelle 32: Detaillierte Analyse der Nominalphrase hinsichtlich der Stellung der Adjek‐ tivphrase (in %) Nominalphrase (Determinant + Substantiv) Di Biase/ Bettoni (2015, 122) sehen die Merkmalsunifizierung zwischen Nomen und Artikel in der Nominalphrase nicht als Evidenz für die morphologischen 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 165 <?page no="166"?> 95 Anders als im Deutschen können Possessiva die Nominalphrase nicht definit stellen, die Possessiva treten meistens neben Artikelwörtern auf, die die Nominalphrase definit (oder indefinit) machen (vgl. Schwarze 1995, 641). Verarbeitungsprozesse auf Ebene des phrasalen Prozedere, sondern ordnen diese der vorangehenden lexikalischen Ebene (Kategorieprozedere) zu, auf der den Substantiven durch Artikel eine Kategorie zugeordnet werden kann. Als Hauptargumente dafür nennen sie, dass Artikel im Italienischen nicht syntaktisch unabhängig und ebenso wenig prosodisch unabhängig von den Inhaltswörtern, die ihnen folgen, sind und damit ein formelhafter Erwerb von Kombinationen aus Artikeln und Substantiven wahrscheinlich ist. Di Biase/ Bettoni (ebd.) grenzen davon jedoch klar den Erwerb der Merkmalsuni‐ fizierung zwischen anderen Artikelwörtern (wie Demonstrativa), Präartikeln, Spezifikatoren und Postartikel - hier zusammenfassend auch als Determinanten bezeichnet - und dem Substantiv ab. Diese Unifizierung verorten sie sehr wohl auf Ebene des phrasalen Prozedere, vor allem, weil diese Elemente syntaktisch unabhängig sind, am Ende einer Phrase auftreten können und auch eigenständige prosodische Einheiten darstellen (vgl. ebd., 122). Trotz dieser Argumentationsweise führen die Autor*innen (ebd., 121) das soeben bespro‐ chene Phänomen nicht explizit als Beispiel in ihrem Modell der hypothesised stages for L2 Italian morphology an. In der hier durchgeführten Analyse werden nach der Klassifizierung von Schwarze (1995, 23 ff.) Präartikel, Demonstrativa sowie Postartikel (Quantoren und Possessiva 95 ) in den lernersprachlichen Daten gefunden, die eine Übereinstimmung mit dem Nomen erfordern. Um die Merk‐ malsunifizierung zwischen Determinant und Nomen als erworben einordnen zu können, muss wiederum lexikalische und morphologische Varianz gegeben sein, das heißt es müssen lexikalisch unterschiedliche der oben genannten Determi‐ nanten verwendet werden und zumindest einer davon muss morphologische Varianz aufweisen. Diese Kriterien erfüllen 12 der 29 Proband*innen (41,4%), weitere 16 Proband*innen produzieren zwar Kontexte, diese variieren aber lexikalisch und morphologisch nicht ausreichend. Ein*e Lerner*in produziert keinen Kontext für die Merkmalsunifizierung zwischen Determinanten und Substantiven (s. Tabelle 22). Aus Tabelle 33 geht hervor, wie sich die Verwendung von Determinanten auf die unterschiedlichen Unterkategorien nach Schwarze (1995, 23 ff.) verteilt, und zwar auf Präartikel, Demonstrativa und Postartikel, darunter Quantoren und Possessiva. 166 7 Analyseergebnisse <?page no="167"?> 96 Die Formen flektieren - mit Ausnahme von loro, das indeklinabel ist, - nach der a/ o-Deklination (Schwarze 1995, 36). L18 L24 L7 L10 L1 L2 L6 L13 L15 L19 L25 L28 L29 L11 L3 L4 L8 L9 L20 L21 L22 L23 L26 L5 L14 L16 L17 L27 L12 Präar‐ tikel 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 6 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 4 De‐ monst‐ rativa 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 5 0 2 0 3 0 4 2 0 0 2 0 1 5 Postar‐ tikel (Quan‐ toren) 0 1 1 0 0 1 2 5 0 2 1 1 0 2 0 4 0 0 0 3 3 1 2 4 3 2 2 2 6 Postar‐ tikel (Posses‐ siva) 5 4 3 0 3 4 0 2 6 4 3 2 4 4 6 5 2 4 4 4 4 4 4 6 2 6 6 3 5 Tabelle 33: Überblick über Determinanten in den Lerner*innenäußerungen (Anzahl absolut) Dabei wird ersichtlich, dass in den Lerner*innenäußerungen kaum Präartikel wie tutt-, im Falle von 9 Lerner*innen Demonstrativa wie „quest-/ quell-“, vor allem aber Postartikel in Form von Quantoren wie „molt-/ poc-“ und Possessiva (s. Tabelle 34) vorkommen. Bei wiederum detaillierter Analyse der Possessivad‐ jektive ergibt sich, dass diese sich in 93,7% der Kontexte auf „mio“ oder eine deklinierte Form und in 3,2% der Kontexte auf „tuo“ oder eine deklinierte Form beschränken. Stämme des Pos‐ sessivums für En‐ dungen des SG Anzahl absolut Anzahl prozen‐ tuell Lerner*in 1.Sg. mi- 96 148 93,7% alle Lerner*innen außer L6, L10, L28 2.Sg. tu- 5 3,2% L3, L9, L12, L15, L17 3.Sg. su- 1 0,6% L25 1.Pl. nostr- 1 0,6% L21 2.Pl. vostr- 2 1,2% L27 3.Pl. loro 1 0,6% L16 Gesamt 158 100% - Tabelle 34: Possessiva in den Lerner*innenäußerungen 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 167 <?page no="168"?> Dennoch weisen einige Lerner*innen lexikalische und auch morphologische Varianz hinsichtlich der Verwendung der Possessiva (s. Tabelle 35), aber auch darüber hinaus, auf. So etwa die Lerner*innen L4 und L5, die jeweils mehrere morphologisch unterschiedliche Kontexte produzieren, in denen sie das Posses‐ sivadjektiv „mio“ mit den jeweiligen Substantiven übereinstimmen (s. Beispiele 40 und 41). Darüber hinaus werden in den beiden Lerner*innenäußerungen jeweils andere Determinanten verwendet, so bei L4 „tutto“ und „questo“, bei L5 „molto“. Insgesamt kann festgehalten werden, dass mit Ausnahme der L3 und der L25, bei jenen Proband*innen, bei denen die Merkmalsunifizierung zwischen Determinanten und Substantiv als erworben einzustufen ist, der Erwerb durch Kontexte, die über die Verwendung von Possessiva hinausgehen, abgesichert ist. - L18 L24 L7 L10 L1 L2 L6 L13 L15 L19 L28 L29 L25 L11 L3 L4 L8 L9 L20 L21 L22 L23 L26 L5 L14 L16 L17 L27 L12 Σ Kont. m. M.unif. 3 2 1 0 1 1 0 4 10 3 0 5 5 10 10 5 1 15 8 4 4 4 6 7 5 11 9 10 14 Mor phol. Varia‐ tion - - - - - - - - + - - + + + + + - + + - + + + + - + + + + Lexikal. Varia‐ tion - - - - - - - - + - - - + - + - - + - + - - - - - + + + + Tabelle 35: Lexikalische und morphologische Varianz der Possessivpronomina in den Lerner*innenäußerungen (40) L4: Determinanten in der Nominal- und Präpositionalphrase okay il Ampel il tutti le due sono rosso sI tutte le due okay ehm i case a destra ehm il Dach kay so allora questa camera non E mettere non E in ordine so quest io visto un letto per solo un persone con un smartphone vestiti e al ehm dahinter sono un hm Schrank i miei hobby sono suonare pianoforte e giocare a tennis o escono con amici ahm i miei patto preferiti sono cozze con vongole con mia fama famiglia ehm i miei genitori ho mieten # una casa grande con tre camere ehm io ho un camera per solo per mi so non con mio fratello so io immachina una ragazza so una duoma abita in questa casa ehm (41) L5: Determinanten in der Nominal- und Präpositionalphrase ehm sono colori molti / ahm i cono vestiti molti / al letto sono un pantaloni / e un handy / e un camicia ehm le / sinistra del / sinistra del finestra E molto / sono molti vestiti / ahm / molti colori / / / mhm di fronte del finestra ahm sono tre libri e una ah 168 7 Analyseergebnisse <?page no="169"?> un tavolo con computer e penne e un fior fioro fiora [fragend] / ehm sul tavolo ehm sono molti libri e foglie ahm / / / il mio piatto preferito E la lasagna ahm ho una sorella ha / dodici anni [lacht] ehm e si chiama Sophia e mia madre si chiama Evi mio mio padre si chiama Markus ho / / quarantasei anni e quarantatrE anni ehm il hm heißt das Freizeit oder? S: ahm il mio hobby ehm la casa E grande e abita con mia mamma papa e mia sorella e ho un grande giardino con un / / ehm / epia nah [lacht] Schwimmbad rmadio e destra del mio letto E una lampada ho un tavolo con i miei libri per scuola e ho due finestre sI - Verbalphrase (Kopula + prädikatives Adjektiv) Wie in Abschnitt 4.2.2 erwähnt, stützt sich die Flexion des Adjektivs auf Kongruenz. Während die Adjektivphrase als Modifikator Genus und Numerus des Nomens übernimmt, das sie modifiziert, wird bei Adjektivphrasen, die Komplemente der Kopula sind, Kongruenz mit dem Subjekt hergestellt (vgl. Schwarze 1995, 221). Dabei stellt sich die Frage, welche Merkmale tatsächlich unifiziert werden. Während Di Biase/ Bettoni (2015, 123) bei der Merkmalsu‐ nifizierung innerhalb der Nominalphrase zwischen Nomen und attributivem Adjektiv explizit Genus und Numerus als zu unifizierende Merkmale anführen, nennen sie bei der Unifizierung innerhalb der Verbalphrase nur das Merkmal NUM (SG und PL). Dies ist insofern korrekt, als das Subjekt, das hier ein Null-Subjekt ist, die Kategorien des Subjekts übernimmt und „die so erhaltenen (aber nicht ausgedrückten) Kategorien“ (Schwarze 1995, 9) an das Prädikat weitergibt, im Falle des Verbs nur das Merkmal NUM. An das prädikative Adjektiv werden aber beide Merkmale, NUM und GEND, übertragen. Hier liegt also ein Unterschied zwischen der Merkmalsunifizierung in der Nominalphrase im Vergleich zur Verbalphrase vor, weil das Merkmal GEND vom Null-Subjekt stammt, während das Merkmal NUM in der Kopula abgebildet ist (s. Tabelle 36, s. auch Abschnitt 4.5). Hier liegt also eine Unausgeglichenheit zwischen Verb und Adjektiv vor. Dasselbe gilt auch für die Merkmalsunifizierung zwischen dem Auxiliar „essere“ und den Endungen des Partizips des lexikalischen Verbs (s. auch nächster Abschnitt). 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 169 <?page no="170"?> Phrasales Prozedere Nominal N-attributives Adjektiv NUM NUM GEND GEND (nicht bei Adjektiven auf -e) Determinant-N NUM NUM GEND GEND Verbal Kopula-prädikatives Adjektiv NUM NUM (GEND kommt von Null-Subjekt) Aux-V-to NUM NUM (GEND kommt von Null-Subjekt) Tabelle 36: Überblick über die Anzahl und Art der zu unifizierenden Merkmale Anhand der Beispiele von L16 (s. Beispiel 42) soll die Merkmalsunifizierung ex‐ emplifiziert werden. So handelt es sich beim Großteil der von L16 produzierten Kontexte um Null-Subjekte, die als anaphorische Ausdrücke bereits in der Lerner*innenäußerung Antezedenzien als Subjekte wiederaufgreifen oder um vom*von der Diskurspartner*in eingebrachte Gegenstände. L16 referiert mit „questa borsa“ (Singular, Femininum) etwa auf die auf der Bildkarte abgebildete Tasche und verwendet bei der Wiedererwähnung der Tasche als Subjekt das Nullsubjekt. Durch den anaphorischen Bezug auf „questa borsa“ übernimmt das Verb (è) die Merkmale SG und FEM, wenngleich nur das Merkmal NUM ausgedrückt wird, wohingegen beide Merkmale, NUM und GEND, an das Adjektiv weitergegeben werden (ross-a, ner-a = Singular, Femininum). (42) L16: Kopula-prädikatives Adjektiv sciarpa la sciarpa E rossa e di cotone / E basic questa camicia E per l’uomi e maniche corti / / non E sportiv sportiva / E elegante / E di cottone questa borsa E a righe / E gialla rossa e nera ci sono tre tortughe a destra […] sI ehm so sono sono verde e gialle questo maglione E per uomo uomi ehm E marrone ahm questo cappotto non E elegante / ehm E rosso / / e maniche lunghi questi pantaloni sono neri / e sono sportivi [un negozio] sI E giallo hm questi pantaloni E neri e bianchi a quadri di cotone / sono eleganti 170 7 Analyseergebnisse <?page no="171"?> Wie schon bei der Darstellung der Nominalphrase mit attributivem Adjektiv ausgeführt, wird auch bei der Analyse der Verbalphrase mit Kopula und prädi‐ kativem Adjektiv die lexikalische und morphologische Varianz untersucht, das heißt in den Lerner*innenäußerungen kontrolliert, ob lexikalisch unterschied‐ liche Adjektive und zumindest ein Adjektiv mit morphologisch unterschiedli‐ chen Flexionen vorhanden sind. Nach den soeben beschriebenen Kriterien produzieren vier Lerner*innen (13,8%) keine Kontexte für das hier analysierte Merkmal, ein*e Proband*in produziert zwar Kontexte, wendete die Merkmalsunifizierung aber in keinem Fall an. Drei Viertel (75,9%) der Lerner*innen erzeugen zwar obligatorische Kontexte, bei den Kontexten handelt es sich aber großteils um Kontexte im Singular Maskulinum oder um Adjektive der Flexionsklasse -e, auf deren Basis der Erwerb nicht nachgewiesen werden kann, wie etwa die Äußerungen von L11 (s. Beispiel 43) verdeutlichen. L29 (s. Beispiel 44) soll herausgegriffen werden, weil diese*r Lerner*in ein interessantes Monitoring durchführt und alle Konstruktionen mit Kopula und prädikativem Adjektiv selbst korrigiert oder das Adjektiv zumindest ein zweites Mal wiederholt. Die Selbstkorrekturen führen dabei nur in einem Fall (sono lungo / na lunga [la giaccia]) zu einer Annäherung an die zielsprachliche Korrektheit. (43) L11: Kopula-prädikatives Adjektiv ahm ahm sono pantalon na woll sono pantaloni / a quadri sono nero e neri e bianchi ah abbiamo tornata in un albergo ahm sono grande / ahm pfm [il maglione] sono marrone e molto sportivo ahm eh (indesso un uomo) / oh Gott mi piacciono non per niente [lacht]-boa [lacht] mham ah il modello sono elegante ahm / / inder per inverno ahm / sono molto costoso / / / Mantel (scheiße) na woaß i net mhm ha sono nero e rosso bianco mhm oh gott was isch denn des oh Gott ahm mhmhm / / il modello sono brutto mhm / / in‐ doso per fatto la spesa / o lego per mare ahm sono grande / (44) L29: Kopula-prädikatives Adjektiv (Blusen) oha sono blu blu geht schon koan Plan / sono stale / e le stile elegante / sono marrone ja marrone sono ahm / / aso il materiale E luna luno eh ehm was isch aso as Zimmer / il stretto ahm ahm ma bella oder bello ja 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 171 <?page no="172"?> il ehm la giacca il colore arancione ehm / sono elegante / eleganta / sI / sono lungo / na lunga ahm sono due giacche ehm il colore rosso rossa sono eleganti ah für conzerto sI Schließlich haben zwei (6,9%) der 29 Lerner*innen (L12 und L16) die Merk‐ malsunifizierung zwischen Kopula und prädikativem Adjektiv innerhalb der Verbalphrase erworben. Wie aus (41) ersichtlich wird, produziert L16 die Merk‐ malsunifizierung in mehreren Verbalphrasen mit unterschiedlichen Adjektiven und zeigt zudem für die Adjektive „sportivo“ und „giallo“ morphologische Varianz (sportiv-a Singular, Femininum vs. sportiv-i Plural, Maskulinum / giall-a Singular, Femininum vs. giall-e Plural, Femininum). Beide Lerner*innen produzieren die Kopula in allen obligatorischen Kon‐ texten zielsprachenadäquat, während dies für die anderen Proband*innen nicht der Fall ist (s. Tabelle 37). In Tabelle 37 werden die obligatorischen Kontexte für Kopulastrukturen mit prädikativem Adjektiv angeführt und jene Kontexte, in denen die Kopula fehlt oder nicht zielsprachenadäquat ist (jeweils in absoluten Zahlen und prozentuell) separat ausgewiesen. Aufgrund der sehr unterschied‐ lichen Anzahl an obligatorischen Kontexten kann daraus zwar nicht geschlossen werden, dass ein Erwerb der Merkmalsunifizierung auf das Adjektiv für alle Proband*innen mit dem Erwerb der Kopula einhergeht. Dennoch scheint diese Hypothese für weitere Studien verfolgenswert. - L18 L24 L7 L10 L1 L2 L6 L13 L15 L19 L25 L28 L29 L11 L3 L4 L8 L9 L20 L21 L22 L23 L26 L5 L14 L16 L17 L27 L12 Kop. präd. Adj. - (+) - (+) (+) (-) (+) - (+) (+) (+) - (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) + (+) (+) + oblig. Kontext - 2 - 1 14 3 13 - 6 1 3 - 6 14 5 4 4 17 3 12 1 7 5 4 3 13 2 5 19 Kop. fehlend - 0 - 0 1 0 3 - 0 0 0 - 2 0 2 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Kop. n. korr. - 0 - 1 7 2 8 - 1 0 0 - 1 7 0 1 0 5 2 2 1 2 0 3 1 0 0 0 0 Kop. fehl % - 0 - 0 7 0 23 - 0 0 0 - 33 0 40 0 25 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Kop. n. korr % - 0 - 100 50 67 62 - 17 0 0 - 17 50 0 25 0 29 67 17 100 29 0 75 33 0 0 0 0 Tabelle 37: Detaillierte Auswertung der obligatorischen Kontexte mit Kopula (Null-Sub‐ jekt) Verbalphrase (Auxiliar V-to) Innerhalb der Verbalphrase ist die Merkmalsunifizierung auch zwischen der finiten Präsensform des Auxiliars „essere“ und der Endung des lexikalischen Verbs (-to / -ta / -ti / -te) obligatorisch, das heißt es „besteht Genus- und Nume‐ ruskongruenz mit dem Subjekt“ (Schwarze 1995, 195). Wenn das Subjekt als Null-Subjekt realisiert ist, erhält das Null-Subjekt die Kategorien Genus und 172 7 Analyseergebnisse <?page no="173"?> Numerus „aus dem verbalen oder situativen Kontext und gibt sie an das Partizip weiter“ (ebd.). 82,8% der Proband*innen erzeugen obligatorische Kontexte, wobei 44,8% die Merkmalsunifizierung in keinem Kontext anwendeten. Die verbleibenden 37,9% produzieren Unifizierungen, mit der Ausnahme von L12 und L17 jedoch mit nicht ausreichender lexikalischer und morphologischer Varianz, sodass nicht von einem Erwerb im Sinne des emergence criterion gesprochen werden kann. Auch im Falle von L12 und L17 kann trotz lexikalischer Varianz, aber aufgrund mangelnder morphologischer Varianz noch kein Erwerb ausgemacht werden. 1 4 5 5 1 13 16 15 22 11 12 9 2 0 5 10 15 20 25 Nphrase: Determinant N Nphrase: N attributives Adjektiv Vphrase: Kopula Adjektiv Vphrase: AUX + V-to Anzahl Proband*innen Morphosyntaktische Merkmale Entwicklungsstufe Phrasales Prozedere + (+) - / Abbildung 15: Überblick über den Erwerb morphologischer Strukturen in der Entwick‐ lungsstufe Phrasales Prozedere (n=29) Die in Abbildung 15 zusammengefassten Ergebnisse für die morphologischen Strukturen der Entwicklungsstufe Phrasales Prozedere zeigen, dass die Merk‐ malsunifizierung in der Nominalphrase vor jener in der Verbalphrase auftritt. Auffällig ist weiters, dass im Falle von acht Lerner*innen (L3, L4, L11, L21, L22, L24, L26 und L27) der Erwerb der Entwicklungsstufe nur durch die Merkmalsunifizierung zwischen Determinant und Substantiv abgedeckt ist und der Verarbeitungsmechanismus noch nicht auf weitere Strukturen produktiv angewendet wird. 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 173 <?page no="174"?> 7.1.2.3 Entwicklungsstufe Satzprozedere Um die Entwicklungsstufe Satzprozedere zu erwerben und Merkmale zwischen Phrasen zu übertragen (interphrasal level), müssen Lerner*innen die Kategorien der einzelnen Konstituenten des Satzes sowie deren grammatische Beziehungen (zueinander) erkennen. Allgemeiner gesprochen müssen Lerner*innen auf dieser Erwerbsstufe „die Beziehung zwischen Prädikat und Argumenten“ her‐ stellen (Di Biase/ Bettoni 2015, 124). Di Biase/ Bettoni (2015, 124 f.) identifizieren für das Italienische für diese Stufe die Merkmalsunifizierung zwischen expliziten Subjektiven und prädikativen Adjektiven sowie die Unifizierung der Merkmale Zahl und Geschlecht zwischen Subjekt (Nominalphrase) und analytischen Verbalstrukturen mit Auxiliar. Beide Strukturen sollen in der Folge analysiert werden. Nphrase-Subj Kopula-prädikatives Adjektiv Um die produktive Verwendung der prädikativen Adjektivkongruenz festma‐ chen zu können, wird überprüft, ob in den Lerner*innenperformanzen min‐ destens ein Adjektiv mit variierendem Numerusund/ oder Genusmorphem auftritt (zB la borsa è gialla, i libri sono gialli) und die Merkmalsunifizierung zusätzlich bei mindestens zwei unterschiedlichen Adjektiven vorkommt und über eine non-default-Übereinstimmung hinausgeht, das heißt über Singular Maskulinum der Deklinationsklasse -o und Singular Maskulinum/ Femininum der Deklinationsklasse -e. Spezifische Kriterien für Adjektive, die bereits bei der Analyse der bisher präsentierten Entwicklungsstufen herangezogen wurden, finden auch hier wieder Anwendung. Aus der quantitativen Analyse geht hervor, dass alle Lerner*innen mit Aus‐ nahme von L18 Kontexte produzieren, auch wenn die minimale und maximale Anzahl an Kontexten eine Spannbreite von 1 (L10, L25) bis 37 obligatorischen Kontexten (L1) umfasst. Die detaillierte, qualitative Analyse der Lerner*innen‐ äußerungen ergibt schließlich, dass 6 der 29 Lerner*innen (20,7%) die Struktur auch produktiv verwenden, wie etwa Beispiel (45) belegt, in dem sich zwei morphologische Minimalpaare und weitere Beispiele befinden, die lexikalische Varianz aufweisen. Ähnliches gilt für L16 (Beispiel 46), die morphologisch unterschiedliche Formen von lexikalisch unterschiedlichen Adjektiven (nero, bianco und rosso) produziert, auch wenn dabei die Kopulaverben im Plural nicht zielsprachenadäquat sind. 174 7 Analyseergebnisse <?page no="175"?> (45) L14: Evidenz für NPSubj-Kopula-prädikatives Adjektiv i pantaloni sono grigi il maglione è grigio i pantaloni sono eleganti il cappotto rosso è elegante la camera è abbastanza piccola la borsa è rossa la gonna è gialla (46) L16: Evidenz für NPSubj-Kopula-prädikatives Adjektiv questi pantaloni è neri e bianchi questa borsa è nera bianca e meno rossa questi pantaloni sono neri questa sciarpa è nera finestre della chiesa è nere questa magione ahm è gri grigia grigio ahm questa borsa è rossa il cappotto è rosso, la sciarpa è rossa Weitere 19 Lerner*innen (65,5%) wenden die Merkmalsunifizierung zwischen Nominalphrase und prädikativen Adjektiven zwar an, produzieren aber nicht ausreichend morphologisch und lexikalisch variierende Evidenz, sodass das Merkmal nicht als erworben angesehen werden kann. Die restlichen drei Lerner*innen (10,3%) produzieren die Unifizierung nicht, auch wenn sie obliga‐ torische Kontexte dafür äußern (s. Tabelle 22). Ein genauerer Blick auf jene Proband*innen, deren Produktionen als er‐ worben einzustufen sind, zeigt, dass zwei von ihnen (L12, L16) auch die auf der vorangegangen Entwicklungsstufe eingestufte Struktur der prädikativen Adjektivverwendung mit Null-Subjekt erworben haben, bei den anderen vier Proband*innen ist dies nicht der Fall, auch wenn sie obligatorische Kontexte dafür produzieren. Eine der 6 Proband*innen (L27) hat auch die Merkmalsuni‐ fizierung zwischen Substantiv und attributivem Adjektiv nicht erworben, damit ist sie die einzige Proband*in, die zwar interphrasale Morphologie erworben 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 175 <?page no="176"?> hat, davor aber auf Ebene der Phrase nur die Merkmalsunifizierung zwischen Determinanten und Substantiven, nicht aber dem attributiven Adjektiv und in der Verbalphrase. Ergänzend muss erwähnt werden, dass ein Großteil der Evidenz für interphrasale Morphologie bei Proband*in L27 Selbstkorrekturen enthält, die auf einen einsetzenden Erwerb hindeuten können. (47) L27: Selbstkorrekturen bei der Merkmalsunifizierung pantaloni ah ah sono neri e bianc bianchi ehm la eh i pantaloni ah sono nero sono neri mia na mio vacanze eh sono belle la città è molto bella ehm e molto grande Nphrase-Subj Aux V-to Wie oben bereits ausgeführt, besteht bei Verwendung des Auxiliars „essere“ für das Partizip im Italienischen eine obligatorische Genus- und Numeruskon‐ gruenz mit dem Subjekt. Dies gilt sowohl für Subjekte in Nominalphrasen als auch für Null-Subjekte (vgl. Schwarze 1995, 195). Ersterer Fall stellt eine Struktur dar, die in die Entwicklungsstufe Satzprozedere fällt. In den vorliegenden Lerner*innendaten liefern 11 Lerner*innen keine entsprechenden Kontexte, während 13 diese zwar produzieren, aber die Merkmalsunifizierung nicht anwenden. Darüber hinaus gibt es fünf Proband*innen, die Evidenz zeigen, bei denen die produzierten Strukturen jedoch morphologisch und lexikalisch nicht variieren und so ein formelhafter Gebrauch nicht ausgeschlossen werden kann, so etwa bei Proband*in L17, die nur das pronominale Subjekt (io) verwendet. (48) L17: Beispiele für NPsubj-Aux-V-to e io sono andata un evento in cittA un libero eventi ahm io an io sono andata in cittA gli mi amici in un caffE und ja hm io sono stata in Serbia ahm eh es in una cittA Subotica NPtopic Clobj V NPsubj und NPtopic Clobj Aux V-to NPsubj Eine weitere Struktur, die für die Entwicklungsstufe Satzprozedere vorgesehen ist, ist die Übereinstimmung von koreferenten, klitischen Akkusativpronomen und topikalisierten Objekten in Numerus und Genus. Wenn darüber hinaus das Verb in einer Konstruktion mit Auxiliar V-to vorkommt, müssen die Merkmale Numerus und Genus auch auf das Partizip übertragen werden. Für letzteres Beispiel werden in den vorliegenden Lerner*innenperformanzen keine Kontexte 176 7 Analyseergebnisse <?page no="177"?> gebildet, für erstere liefert L4 einen Kontext, in dem das angebundene Element (eine Nominalphrase: i i miei ultimo viaggio hm ho fatto) nicht mit einem klitischen Objektpronomen (lo) aufgegriffen wird. Eine andere Art von Kontext produziert L12 (s. Beispiel 51): Hier findet keine Dislokation nach links statt, sondern ein anaphorisch gebrauchtes Pronomen greift das Objekt auf der Satz‐ ebene aus einem nicht verbundenen Kontext (vgl. Schwarze 1995, 637) auf. In einer strengen Interpretation der Beispiele nach LFG würden diese - so Di Biase/ Bettoni (2015, 146) - „to the category procedure stage (with no information exchange outside the VP)“ gehören, „because LFG sees clitic pronouns as verbal morphology rather than separate“. Dabei müssen jedoch zwei weitere Fragen aufgeworfen werden: In den Hauptsatzreihen „questo E un giubbotto piU elegante […] e anche lo puoi mettere in inverno“ sowie in „E una sciarpa rossa ehm E di cottone e *lo puoi mettere anche in inverno“ müssen Merkmale (SG, mask bzw. SG, fem) vom ersten Hauptsatz auf einen weiteren Hauptsatz übertragen werden. Genauer gesagt erfolgt die Merkmalsunifikation zwischen dem Substantiv der Nominalphrase (zB la sciarpa) und dem Pronomen, das dieses in einem weiteren Hauptsatz aufgreift. L12 führt diese Merkmalsunifizierung in „E una sciarpa rossa ehm E di cottone e *lo puoi mettere anche in inverno“ nicht durch. Für eine tiefgehendere Erklärung des anaphorischen Pronomengebrauchs müsste also eine Analyse der lernersprachlichen Produktion über die Satzgrenzen hinaus erfolgen. Hinzu kommt auf syntaktischer Ebene, dass bei der Verwendung des anaphorischen direkten Objektpronomens im Italienischen auch automa‐ tisch eine nichtkanonische Satzstellung mit einer Topikalisierung des Objekts vorliegt (ClObj - V), was auf der letzten syntaktischen Entwicklungsstufe zu verorten wäre. (49) L12: Direktes Objektpronomen (anaphorischer Gebrauch) questa E un cappotto rosso E di cottone E una qualitA veramente buona e lo puoi mettere nell’inverno questo E un giubbotto piU elegante E un E anche rosso ehm e anche lo puoi mettere in inverno E una sciarpa nera con un po’ di bianco e rosso e penso che questo E piU legger leggero che questo e lo puoi anche mettere in inverno questa E una sciarpa rossa ehm E di cottone e lo puoi mettere anche in inverno questo E una camicia ehm a manica lunghe E blu con eh farfalle o cuore bianchi sopra eh viene da America ehm forse lo puoi mettere per un compleanno o quando esci stasera ehm ja 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 177 <?page no="178"?> 1 11 27 3 13 19 5 1 6 0 5 10 15 20 25 30 Npsubj Kopula prädikatives Adjektiv NPsubj Aux V-to NPtopic Clobj V NPsubj NPtopic Clobj Aux V-to NPsubj Anzahl Proband*innen Morphosyntaktische Merkmale Entwicklungsstufe Satzprozedere + (+) - / Abbildung 16: Überblick über den Erwerb morphologischer Strukturen in der Entwick‐ lungsstufe Satzprozedere (n=29) - 7.1.2.4 Entwicklungsstufe Nebensatzprozedere Schließlich, auf der höchsten Entwicklungsstufe, kann die Nebenordnung Aus‐ wirkungen auf die Morphologie haben und eine Konjunktivform erfordern. Das Auftreten des congiuntivo im Nebensatz ist weitgehend lexikalisch bedingt (vgl. Schwarze 1995, 731), so auch im Falle von L12, die als einzige der 29 Lerner*innen Kontexte für die Verwendung des congiuntivo bildet (s. Tabelle 22 und Beispiel 50), die allesamt durch das Verb „pensare“ (dt. „denken“) ausgelöst werden und eine Einstellung zum Ausdruck bringen. In allen Kontexten verwendet der*die Lerner*in jedoch die Indikativform. (50) L12: Kontexte für den congiuntivo penso E piU piU caldo che questo penso che questo E piU legger leggero che questo penso che abita-eh che qua abita una studentessa o cosI penso che mio stanza E vero ordinato penso che E E / mhm naturale 178 7 Analyseergebnisse <?page no="179"?> 7.1.3 Zusammenfassung der produktiven Daten Auf Basis der oben im Detail beschriebenen Analyse kann zusammenfassend geschlossen werden, welche Lerner*innen welche Entwicklungsstufen erreicht haben. Eine Entwicklungsstufe gilt als erworben, wenn ein für sie typisches Merkmal und somit der jeweilige Verarbeitungsmechanismus erworben wurde (vgl. Pienemann 1998a). Dabei wird in Tabelle 38, wie schon für die einzelnen analysierten morphosyntaktischen Strukturen in Tabelle 23 ausgewiesen, ange‐ zeigt, ob auf den entsprechenden Entwicklungsstufen keine Kontexte produziert werden „/ “; Kontexte produziert werden, aber der Verarbeitungsmechanismus nicht angewendet wird „-“; der Verarbeitungsmechanismus zwar angewendet wird, aber keine produktive Verwendung nach dem emergence criterion in morphologisch und lexikalisch unterschiedlichen Kontexten gegeben ist „(+)“; oder der Verarbeitungsmechanismus produktiv verwendet wird „+“. - L18 L24 L7 L10 L1 L2 L6 L13 L15 L19 L25 L28 L29 L11 L3 L4 L8 L9 L20 L21 L22 L23 L26 L5 L14 L16 L17 L27 L12 Neben‐ satzp. / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / - Satzproze‐ dere / - - - (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) + + + + + + Phra‐ sales Proze‐ dere (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) + + + + + + + + + + + + + + + + Kate‐ gorieproze‐ dere + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + Lemmazugriff + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + Tabelle 38: Sprachentwicklungsstand der Lerner*innen auf Basis der von Di Biase/ Bettoni (2015, 121) definierten Entwicklungsstufen Die Ergebnisse bestätigen, dass der Erwerbsprozess bei allen Schüler*innen den in PT vorhergesagten und für das Italienische von Di Biase/ Bettoni (2015) defi‐ nierten Erwerbsstufen in implikationaler Anordnung folgt (s. Tabelle 38, auch Abbildung 17). Demnach haben alle Lerner*innen im Bereich der Morphologie den Verarbeitungsmechanismus der Zuordnung von Kategorien zu Wörtern erworben. 16 (55,2%) Proband*innen haben auch die Merkmalsunifizierung auf Ebene der Phrase erworben, 6 (20,7%) zwischen Phrasen auf der Satzebene. Für die höchste Verarbeitungsstufe produziert ein*e Proband*in zwar Kontexte, keine*r der Lernenden wendet den Verarbeitungsmechanismus aber an. 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 179 <?page no="180"?> 1 28 3 1 13 19 29 29 16 6 0 5 10 15 20 25 30 Lemmazugriff Kategorieprozedere Phrasales Prozedere Satzprozedere Nebensatzprozedere Anzahl Proband*innen Entwicklungsstufen Entwicklungsstufen Gesamt + (+) - / Abbildung 17: Überblick über alle Erwerbsstufen (n=29) Der coefficient of scalability, der sich aus der Gesamtanzahl an Abweichungen durch die Gesamtanzahl an möglichen Abweichungen von 1 abgezogen ergibt (s. Abschnitt 4.6.3), beläuft sich auf 1 und bestätigt damit die in PT postulierte implikationale Verarbeitungshierarchie auch für diese Italienisch-Lerner*innen‐ gruppe. Werden die Daten wie in einigen PT-Studien nicht auf Basis der in PT vorhergesagten Strukturen, sondern nach der Anzahl an Proband*innen, die diese erworben haben, angeordnet und die Berechnungen auf dieser Basis für alle Strukturen durchgeführt (s. Tabelle 39), so ergibt sich eine Ratio von 0.96 (14 Abweichungen/ 348 Optionen), was den von Rickford (2002, 157) festgelegten Minimalwert von 93-% für eine valide Skala eindeutig übersteigt. 180 7 Analyseergebnisse <?page no="181"?> Plural‐ markie‐ rung am N Markie‐ rung der Person am V Tem‐ pus‐ markie‐ rung am V Deter‐ minant N N attri‐ butives Ad‐ jektiv NPsubj Kopula prädi‐ katives Ad‐ jektiv Kopula prädi‐ katives Ad‐ jektiv Aux es‐ sere Verb-to NPsubj AUX V-to NPtopic Clobj V Npsubj NPtopic Clobj AUX V-to Npsubj Markie‐ rung des congi‐ untivo L1 + + - (+) (+) (+) (+) - / / / / L2 + + + (+) (+) (+) - (+) (+) / / / L3 (+) + + + - (+) (+) - - / / / L4 + + + + (+) (+) (+) - - / - / L5 + + + + + + (+) (+) (+) / / / L6 + + / (+) (+) (+) (+) / / / / / L7 + + - (+) (+) - / / / / / / L8 + + (+) (+) + (+) (+) / / / / / L9 + + (+) + + + (+) - / / / / L10 + (+) - / - - (+) - / / / / L11 + + (+) + (+) (+) (+) - / / / / L12 + + + + + + + (+) (+) (+) / - L13 + + (+) (+) (+) (+) / (+) - / / / L14 + + (+) (+) + + (+) - / / / / L15 + + - (+) (+) (+) (+) - / / / / L16 + + + + + + + - - / / / L17 + + + (+) + + (+) (+) (+) / / / 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 181 <?page no="182"?> Plural‐ markie‐ rung am N Markie‐ rung der Person am V Tem‐ pus‐ markie‐ rung am V Deter‐ minant N N attri‐ butives Ad‐ jektiv NPsubj Kopula prädi‐ katives Ad‐ jektiv Kopula prädi‐ katives Ad‐ jektiv Aux es‐ sere Verb-to NPsubj AUX V-to NPtopic Clobj V Npsubj NPtopic Clobj AUX V-to Npsubj Markie‐ rung des congi‐ untivo L18 + (+) (+) (+) (+) / / / / / / / L19 + + (+) (+) (+) (+) (+) (+) - / / / L20 + + + (+) + (+) (+) - - / / / L21 + + + + (+) (+) (+) (+) (+) / / / L22 + + + + - (+) (+) (+) - / / / L23 + + + + + (+) (+) (+) - / / / L24 + + (+) (+) (+) - (+) (+) - / / / L25 + + (+) (+) - (+) (+) - - / / / L26 + (+) (+) + (+) (+) (+) (+) - / / / L27 + + (+) + (+) + (+) - - / / / L28 + + + (+) - (+) / - - / / / L29 + + (+) (+) (+) (+) (+) / / / / / Anzahl Lerner *innen Struktur er‐ worben 28 26 12 12 9 6 2 0 0 0 0 0 Tabelle 39: Anordnung nach Strukturen, die die Proband*innen am häufigsten erworben haben 182 7 Analyseergebnisse <?page no="183"?> Ergänzend muss - wie oben schon kurz angesprochen - angeführt werden, dass die Lerner*innen L3, L4, L11, L21, L22, L26, L27 zwar die Erwerbsstufe Phrasales Prozedere erreicht haben, diese aber bisher nur mit einer Struktur, der Merkmalsunifizierung zwischen Determinanten und Substantiven, abgesichert ist. Im Falle von L27 ist die darüber liegende Entwicklungsstufe Satzprozedere ebenfalls erworben. Abschließend sollen die Proband*innen und ihr jeweils erreichter Sprachen‐ twicklungsstand im Zusammenhang mit der Dauer des Sprachunterrichts, den sie bisher besucht haben, analysiert werden. Die Berechnung des Rang‐ korrelationskoeffizienten nach Spearmen, der ausdrückt, ob zwei Variablen zusammenhängen, und wenn ja, wie stark und in welche Richtung der Zusam‐ menhang besteht, ergibt einen mäßigen Zusammenhang zwischen Lernjahr und Entwicklungsstufe (r s =0,46). Dies lässt sich auch aus Tabelle 40 ablesen, in der die Proband*innen nach der Anzahl an Lernjahren (aufsteigend) angeordnet und auch Informationen zur Vorbildung der Lerner*innen hinsichtlich Italienisch‐ unterricht im vorangegangen Schultyp oder durch wiederholte Schuljahre im selben Schultyp zusammengefasst werden. Angeführt werden zudem die L1 und weitere gelernte Sprachen. L18 L7 L10 L24 L1 L2 L13 L15 L19 L25 L29 L4 L26 L8 L27 L16 L6 L28 L11 L21 L20 L17 L3 L22 L5 L9 L23 L14 L12 Nebensatzp. / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / - Satzprozedere / - - - (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) + + (+) (+) (+) (+) (+) + (+) (+) + (+) (+) + + Phrasales Prozedere (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) + + + + + (+) (+) + + + + + + + + + + + Kategorie p. + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + Lemmazugriff + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + Lernjahr 2. 3. 4. 5. 6. L2 Wiederholer*in x x x x x ITA-U vor HLW NMS NMS NMS NMS NMS NMS VS L2 L1 hu sr de hr hu de de de de de de de de de de de de ce, de,ru tr de de de en de de hu sr de de de de de de de weitere Sprachen es la la fr un nl Tabelle 40: Gesamtüberblick Sprachentwicklungsstand Lerner*innen nach Lernjahren Aus der Tabelle geht hervor, dass Schüler*innen, die bereits in der Sekundarstufe I (Neue Mittelschule) oder in der Primarstufe (Volksschule) Italienischunterricht besuchten, zu jenen Lerner*innen gehören, die bereits eine höhere Erwerbsstufe - über das Kategorieprozedere hinaus - erreicht haben. Darüber hinaus wird ersichtlich, dass jene Schüler*innen, die die Entwicklungsstufe Satzprozedere erreicht haben, Schüler*innen sind, die wie L17 bereits im 3. Lernjahr, wie L5 7.1 Ergebnisse Sprachproduktion 183 <?page no="184"?> 97 Wie in Abschnitt 5.3.2 dargestellt, besteht ein Grammatikalitätseffekt, wenn ein signi‐ fikanter Unterscheid in der Antwort der Lerner*innen auf einen ungrammatischen im Vergleich zu einem grammatischen Impuls vorliegt. im 4. Lernjahr, L14 im 6. Lernjahr sind oder wie L12 das Italienische mit ihrem Vater von Geburt an gesprochen haben. In diese Gruppe fallen jedoch auch die Schüler*innen L16 und L27, die sich erst im zweiten Lernjahr befinden und bereits die Entwicklungsstufe Satzprozedere erreicht haben. Der Entwick‐ lungsstand von L27 wurde oben bereits mehrfach thematisiert; bei L16 ist auffällig, dass er/ sie laut Angaben im Fragebogen zur Sprach(-lern-)biographie mehrsprachig mit Tschetschenisch, Deutsch und Russisch aufgewachsen ist und in der Volksschule auch Russischunterricht besucht hat. Inwieweit dieser mehrsprachige Hintergrund und die Sprachlernerfahrungen des Probanden/ der Probandin einen Einfluss auf seinen/ ihren Italienischerwerb haben, lässt sich nicht endgültig beantworten. Die Sprachlernerfahrungen des Probanden/ der Probandin könnten aber einen Erklärungsansatz für den hohen, im zweiten Lernjahr erreichten Sprachentwicklungsstand bieten. Bei jenen Schüler*innen, die sich im dritten Lernjahr befinden, muss einschränkend ergänzt werden, dass es sich beim Großteil um solche handelt, die eine Klassenstufe wiederholen, was etwa die niedrigere Progression von L6 und L28 im Vergleich zu Gruppen‐ kolleg*innen im zweiten Lernjahr erklären könnte. 7.2 Ergebnisse Sprachrezeption Die Darstellung der Ergebnisse des SMT und damit der rezeptiven Daten folgt den Forschungsfragen, die in Abschnitt 1.2 präsentiert wurden und hier aufge‐ griffen werden. Auf Basis der inkludierten Verarbeitungsmechanismen für die verschiedenen Bedingungen ist für Forschungsfrage 3 („Zeigen Reaktionszeit‐ daten von Italienisch L3-Schüler*innen abhängig von ihrer Entwicklungsstufe Grammatikalitätseffekte für attributive und prädikative Adjektivkongruenz? “) von folgenden Hypothesen auszugehen: • H.1: Die Reaktionszeiten der L2-Lerner*innen, die die Erwerbsstufe Kate‐ gorieprozedere erreicht haben, zeigen in keiner der beiden Bedingungen (attributive und prädikative Adjektivkongruenz) einen Grammatikalitätsef‐ fekt 97 . • H.2: Die Reaktionszeiten der L2-Lerner*innen, die die Erwerbsstufe Phra‐ sales Prozedere erreicht haben, zeigen einen Grammatikalitätseffekt, jedoch nur für attributive Adjektivkongruenz. 184 7 Analyseergebnisse <?page no="185"?> • H.3: Die Reaktionszeiten der L2-Lerner*innen, die die Erwerbsstufe Satzpro‐ zedere erreicht haben, zeigen denselben Effekt für beide Bedingungen. • H.4: Die Reaktionszeiten der Italienisch-L1-Sprecher*innen der Kontroll‐ gruppe zeigen einen Grammatikalitätseffekt, das heißt längere Reaktions‐ zeiten für ungrammatische Satzpaare, für beide Bedingungen. Um diese Hypothesen zu überprüfen, wurden die Lerner*innen für die statisti‐ sche Analyse auf Basis der Ergebnisse der mündlichen spontansprachlichen Daten in drei Gruppen eingeteilt (s. Tabelle 41): jene Lerner*innen, die den Verarbeitungsmechanismus des phrasalen Prozederes noch nicht erworben haben (Gruppe 1), jene die das phrasale Prozedere, nicht aber das Satzprozedere erworben haben (Gruppe 2) und jenen die beide Verarbeitungsmechanismen, phrasales Prozedere und Satzprozedere, produktiv erworben haben (Gruppe 3). Diese implizite Anwendung des für die produktiven Daten angewendeten emergence criterions erfordert umso mehr, dass das emergence criterion im Detail offengelegt wird (s. Kapitel 6.4), weil es auch die Auswertung der rezeptiven Daten beeinflusst. Gruppe 1 (n=13) Lerner*innen auf Entwicklungsstufe 2 Phrasales Prozedere nicht erworben Gruppe 2 (n=10) Lerner*innen auf Entwicklungsstufe 3 Phrasales Prozedere erworben, Satz‐ prozedere nicht erworben Gruppe 3 (n=6) Lerner*innen auf Entwicklungsstufe 4 Phrasales Prozedere und Satzprozedere erworben Kontroll‐ gruppe (n=18) L1-Sprecher*innen Phrasales Prozedere und Satzprozedere erworben Tabelle 41: Gruppenbildung auf Basis der produktiven Daten Bevor die Ergebnisse des SMT im Detail präsentiert werden, sollen zunächst die Reaktionszeiten über alle Bedingungen hinweg dargestellt werden. Die Aufbereitung der Daten sowie der Umgang mit Ausreißern wurden bereits in Abschnitt 6.4.2 beschrieben. Auch wenn Ausreißer anhand der oben darge‐ stellten Vorgehensweise bereits ausgeschlossen wurden, werden in der Folge zusätzlich zu den Mittelwerten stets auch Modus und Median angeführt, weil auch Mittelwerte vor allem bei niedriger Proband*innenanzahl sensibel auf extreme Werte reagieren (vgl. Mackey/ Gass 2005, 255). Angeführt werden auch Minimal- und Maximalwerte und die Standardabweichung. Aus der Deskriptiv‐ statistik (s. Tabelle 42) geht klar hervor, dass die durchschnittlichen Reaktions‐ 7.2 Ergebnisse Sprachrezeption 185 <?page no="186"?> 98 Fortgeschritten bezieht sich hier auf die auf Basis der mündlichen spontansprachlichen Daten identifizierten Entwicklungsstufen nach Pienemann (1998a). 99 Während Mittelwerte Gruppenmittelwerte darstellen, kommen Minimal- und Maxi‐ malwerte auf Basis der individuellen Reaktionszeiten zustande. zeiten insgesamt - auf grammatische und ungrammatische Satzpaare - der Kontrollgruppe die kürzesten aller drei Gruppen darstellen. Vergleicht man die durchschnittlichen Reaktionszeiten der Lerner*innengruppen, kann festgestellt werden, dass die fortgeschrittensten 98 Lerner*innen (Gruppe 3) die längsten Reaktionszeiten aufweisen, die am wenigsten fortgeschrittenen Lerner*innen (Gruppe 1) jedoch längere Reaktionszeiten als jene der Gruppe 2 zeigen. Eine mögliche Erklärung für die kurzen Reaktionszeiten der Kontrollgruppe könnte in der automatisierten, algorithmischen Verarbeitung der Satzpaare bei Natives liegen (vgl. Lenzing 2021, 210). Die längeren Reaktionszeiten der Lerner*in‐ nengruppen im Vergleich zur Kontrollgruppe könnten mit einem niedrigeren Grad der Automatisierung erklärt werden, der für alle Lerner*innen-Gruppen vorliegt, unabhängig davon, ob diese die für die Satzpaare notwendigen Verar‐ beitungsmechanismen bereits erworben haben oder nicht. - G1 (n=13) G2 (n=10) G3 (n=6) Kontrollgruppe (n=18) Mittelwert 0,8993 0,8748 0,9153 0,7018 Median 0,8431 0,8557 0,9313 0,6714 Modus 0,3346 0,2221 0,3086 0,0293 Standardabw. 0,3383 0,2634 0,3063 0,3244 Minimum 0,3346 0,2221 0,3086 0,0293 Maximum 99 2,4104 1,6000 1,6511 2,8119 Tabelle 42: Reaktionszeiten (in Sekunden) für Satzpaare (gesamt) nach Gruppen In einem nächsten Schritt wurden die durchschnittlichen Reaktionszeiten sowie die Standardabweichung für die vier Gruppen sowohl für die grammatischen Satzpaare (in der Tabelle: RT gr) als auch für die ungrammatischen Satzpaare (RT ugr) berechnet. Die deskriptivstatistischen Werte in Tabelle 43 zeigen, dass sowohl die Lerner*innengruppen auf den unterschiedlichen Erwerbsstufen als auch die Kontrollgruppe der Natives längere Reaktionszeiten für die ungram‐ matischen Satzpaare im Vergleich zu den grammatischen Satzpaaren aufweisen. 186 7 Analyseergebnisse <?page no="187"?> G1 (n=13) G2 (n=10) G3 (n=6) Kontroll‐ gruppe (n=18) RT gr RT ugr RT gr RT ugr RT gr RT ugr RT gr RT ugr Mittelwert 0,8847 0,9135 0,8655 0,8839 0,8945 0,9361 0,6477 0,7558 Median 0,8131 0,8637 0,8656 0,8413 0,9111 0,9826 0,6073 0,7293 Modus 0,3346 0,4230 0,3183 0,2221 0,3672 0,3086 0,0293 0,1660 Stand.abw. 0,3539 0,3231 0,2338 0,2905 0,2953 0,3180 0,2743 0,3605 Minimum 0,3346 0,4230 0,3183 0,2221 0,3672 0,3086 0,0293 0,1660 Maximum 2,1790 2,4104 1,3943 1,6000 1,6216 1,6511 1,3571 2,8119 Tabelle 43: Reaktionszeiten (in Sekunden) für grammatische und ungrammatische Satz‐ paare nach Gruppen Für alle Gruppen wurden in der Folge die Unterschiede der grammatischen im Ver‐ gleich zu den ungrammatischen Satzpaaren inferenzstatistisch untersucht. Dafür wurde zunächst die Normalverteilung der Daten für die einzelnen Gruppen mit einem Shapiro-Wilk-Test kontrolliert. Daten aus Reaktionszeitmessungen folgen häufig keiner Normalverteilung, was Marinis (2010, 144) damit begründet, dass die Reaktionszeiten nach unten begrenzt sind, das heißt Teilnehmer*innen in der Schnelligkeit, ihre Entscheidung zu treffen, limitiert sind und Reaktionszeitdaten damit häufig positiv schief sind. Das zeigt sich auch in dieser Studie, in der die Daten der Gruppen 1 und 2 sowie der Kontrollgruppe nicht normalverteilt sind (p<.05; Gruppe 1: p<.001, Gruppe 2: p=.017; Kontrollgruppe: p<.001). Einzig die Daten der Gruppe 3 sind normalverteilt (p>.05) (s. Tabelle 44). - Kolmogorov-Smirnov Shapiro-Wilk - Statistic df Sig. (=p) Sta‐ tistic df Sig. (=p) G1_ Lerner*innen auf Stufe 2 0,14 249 0 0,886 249 0 G2_Lerner*innen auf Stufe 3 0,053 190 ,200 0,982 190 0,017 G3_Lerner*innen auf Stufe 4 0,065 116 ,200 0,979 116 0,064 Kontrollgruppe 0,052 378 0,014 0,93 378 0 Tabelle 44: Berechnung der Normalverteilung für die jeweiligen Gruppen 7.2 Ergebnisse Sprachrezeption 187 <?page no="188"?> 100 Es gibt verschiedene Arten, die Effektstärke zu messen. Zu den bekanntesten zählen die Effektstärke von Cohen (d) und der Korrelationskoeffizient (r) von Pearson. Der Korrelationskoeffizient eignet sich sehr gut, weil die Effektstärke dabei immer zwischen 0 (kein Effekt) und 1 (maximaler Effekt) liegt. Wenn sich jedoch die Gruppen hinsichtlich ihrer Größe stark unterscheiden, wird empfohlen, d von Cohen zu wählen, da r durch die Größenunterschiede verzerrt werden kann (vgl. Universität Zürich 2018). In einem nächsten Schritt wurde untersucht, ob sich erstens die insgesamten Reaktionszeiten für grammatische und ungrammatische Satzpaare und zweitens die Reaktionszeiten für die unterschiedlichen Bedingungen (attributiv gramma‐ tisch/ ungrammatisch vs. prädikativ grammatisch/ ungrammatisch) signifikant unterscheiden. Im Sinne einer konsistenten Vorgehensweise wurde für alle Gruppen ein nicht-parametrischer Wilcoxon signed-rank Test genutzt, um den größtenteils nicht normalverteilten Daten gerecht zu werden. Angesichts der limitierten Anzahl an Items pro Gruppe müssen die folgenden Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden, lassen aber in jedem Fall Einblicke und Tendenzen in der morphosyntaktischen Verarbeitung attributiver und prädikativer Adjek‐ tivkongruenz in romanischen Sprachen zu. Tabelle 45 präsentiert einen Überblick über die Ergebnisse des Wilcoxon signed-rank Test für die jeweiligen Gruppen und zeigt nur für die Kontrollgruppe einen signifikanten Unterschied zwischen Reaktionszeiten für grammatische und ungrammatische Stimuli (z = -5,222; p < 0.001). Zur Beurteilung der Größe des Effekts wurde zusätzlich die Effektstärke von Cohen 100 (d) herangezogen, die für die Kontrollgruppe bei d=0.337 liegt und Cohen (1992) folgend einem mittleren Effekt entspricht. Dieses Ergebnis bestätigt die Grundannahme des Experiments (vgl. Abschnitt 5.3.3), dass die Reaktionszeiten von Natives für ungrammatische Satzpaare signifikant länger sind als jene für grammatische Satzpaare und zeigt, dass Teilnehmer*innen im Sentence-Matching-Experiment auf die unterschiedlichen Stimuli reagieren. Der Unterschied der Reaktions‐ zeiten zwischen grammatischen und ungrammatischen Satzpaaren für die Lerner*innengruppe 3 hingegen ist nicht signifikant, wenngleich diese laut den Auswertungen der produktiven Daten beide untersuchten Verarbeitungs‐ mechanismen bereits erworben hat. 188 7 Analyseergebnisse <?page no="189"?> Gruppe Grammatisch Ungrammatisch Wilcoxon Signed-rank Test RT Mittel‐ wert RT SD RT Mittel‐ wert RT SD Signifikanzniveau 0.05 Gruppe 1 0,8847 0,3539 0,9135 0,3231 z = -1,092; p = 0.275 Gruppe 2 0,8655 0,2338 0,8839 0,2905 z = -0,458; p = 0.64 Gruppe 3 0,8945 0,2953 0,9360 0,3180 z = -1,077; p = 0.282 Kontrollgruppe 0,6477 0,2743 0,7558 0,3605 z = -5,222; p < 0.001 Tabelle 45: Ergebnisse Vergleich Reaktionszeiten (in Sekunden) grammatisch-ungram‐ matisch im Vergleich für alle Gruppen In der Folge werden die Reaktionszeiten für die unterschiedlichen Bedingungen (attributiv grammatisch/ ungrammatisch vs. prädikativ grammatisch/ ungram‐ matisch) für alle Gruppen analysiert. Bevor die Ergebnisse für die einzelnen Gruppen präsentiert werden, sollen noch einmal die Hypothesen für die ein‐ zelnen Lerner*innengruppen sowie die Kontrollgruppe aufgegriffen werden. Die Reaktionszeiten der Lerner*innengruppe 1 zeigen weder für attributive noch für prädikative Adjektivkongruenz einen Grammatikalitätseffekt (H.1). Die Reaktionszeiten der Lerner*innengruppe 2 zeigen einen Grammatikalitätseffekt für die attributive Adjektivkongruenz, nicht jedoch für die prädikative (H.2). Die Reaktionszeiten der Lerner*innengruppe 3 zeigen einen Grammatikalitätseffekt für attributive und prädikative Adjektivkongruenz (H.3). Dasselbe gilt für die Kontrollgruppe (H.4). Ergebnisse Gruppe 1 Wie aus Tabelle 46 (detaillierte Deskriptivstatistik im Anhang 9) ersichtlich wird, sind die durchschnittlichen Reaktionszeiten für die Lerner*innengruppe 1 unter beiden Bedingungen für ungrammatische Satzpaare länger als für grammatische. Ergebnisse aus dem nicht-parametrischen Wilcoxon Signed-rank Test zeigen jedoch, dass die Unterschiede für keine der beiden Bedingungen statistisch signifikant sind (attributiv: z = -1,075; p = 0.282; prädikativ: z = -0,360; p = 0.719). Diese Ergebnisse bestätigen die Hypothese (H.1), dass in Gruppe 1 für keine der beiden Bedingungen Grammatikalitätseffekte nachgewiesen werden können. Der statistisch nicht signifikante Unterschied deutet darauf hin, dass Lerner*innen, die bisher nur den Verarbeitungsmechanismus Kategorieproze‐ 7.2 Ergebnisse Sprachrezeption 189 <?page no="190"?> 101 Wie bereits mehrfach angeführt bezieht sich „prädikativ“ auf die Verwendung des prädi‐ kativen Adjektivs in einem Satz mit explizitem Subjekt. dere und keine weiteren Mechanismen erworben haben, die Adjektivkongruenz noch nicht syntaktisch verarbeiten. Bedingung Grammatisch Ungrammatisch Wilcoxon Signed-rank Test RT Mittel‐ wert RT SD RT Mittel‐ wert RT SD Signifikanzniveau 0.05 attributiv 0,8797 0,3813 0,9301 0,3555 z = -1,075; p = 0.282 prädikativ 101 0,8897 0,3268 0,8959 0,2864 z = -0,360; p = 0.719 Tabelle 46: Vergleich durchschnittliche Reaktionszeiten attributiv und prädikativ, Ergeb‐ nisse Wilcoxon Test, Gruppe 1 Ergebnisse Gruppe 2 Die Ergebnisse der unterschiedlichen Bedingungen für Gruppe 2 sind in Tabelle 47 zusammengefasst. Wie Gruppe 1 zeigt auch Gruppe 2 für die attributive Adjektivkongruenz eine längere durchschnittliche Reaktionszeit bei ungram‐ matischen Stimuli im Vergleich zu grammatischen Stimuli, auch bei Gruppe 2 ist der Unterschied jedoch nicht signifikant (z = -1,022; p = 0.307). Für die zweite Bedingung (prädikative Adjektivkongruenz) sind die durchschnittlichen Reaktionszeiten für grammatische und ungrammatische Satzpaare sehr ähnlich, wenngleich sich eine leicht längere Durchschnittsreaktionszeit für die gramma‐ tischen Stimuli zeigt, die wiederum nicht signifikant ist (z = -0,268; p = 0.789). Die fehlende Signifikanz für beide Bedingungen respektive eine leicht längere Reaktionszeit für grammatische Satzpaare widerlegen die eingangs formulierte Hypothese (H.2) für die Lerner*innengruppe 2, für die auf Basis der produktiven Daten angenommen wurde, dass die attributive Adjektivkongruenz bereits erworben wurde. 190 7 Analyseergebnisse <?page no="191"?> Bedin‐ gung Grammatisch Ungrammatisch Wilcoxon Signed-rank Test RT Mittelwert RT SD RT Mittelwert RT SD Signifikanzniveau 0.05 attributiv 0,8609 0,2178 0,9001 0,2755 z = -1,022; p = 0.307 prädikativ 0,8701 0,2511 0,8676 0,3068 z = -0,268; p = 0.789 Tabelle 47: Vergleich durchschnittliche Reaktionszeiten attributiv und prädikativ, Ergeb‐ nisse Wilcoxon Test, Gruppe 2 Ergebnisse Gruppe 3 Aus der Analyse der durchschnittlichen Reaktionszeiten für die fortgeschrit‐ tenste Lerner*innengruppe, Gruppe 3, geht eine höhere Reaktionszeit für grammatische Satzpaare im Vergleich zu ungrammatischen Satzpaaren in der at‐ tributiven Bedingung hervor, was der Annahme für diese Gruppe widerspricht. Ein Wilcoxon Signed-rank Test zeigt jedoch keinen signifikanten Unterschied (z = 1,526; p = 0.127). Ein solcher ist für diese Gruppe aber für die prädikative Adjek‐ tivkongruenz gegeben. Die durchschnittliche Reaktionszeit für ungrammatische prädikative Adjektivübereinstimmung ist hier länger als für grammatische Stimuli, der Unterschied laut Wilcoxon Test signifikant (z = -3,518; p < 0.001). Die Berechnung der Effektstärke nach Cohen bestätigt diesen signifikanten Unterschied und deutet auf einen starken Effekt hin (d=0.671). Aufgrund der geringen Anzahl an Items können die Ergebnisse jedoch wiederum nur tentativ interpretiert werden. Die für Gruppe 3 formulierte Hypothese (H.3) muss demnach teilweise verworfen werden: Die Annahme für die Bedingung „attri‐ butive Adjektivkongruenz“ trifft nicht zu, jene für die Bedingung „prädikative Adjektivkongruenz“ kann bestätigt werden. Daraus ergeben sich interessante Fragen für die in PT postulierte Reihenfolge des Erwerbs der Adjektivkongruenz in der Nominal- und Verbalphrase (s. Abschnitt 4.5). Bedin‐ gung Grammatisch Ungrammatisch Wilcoxon Signed-rank Test RT Mittelwert RT SD RT Mittelwert RT SD Signifikanzniveau 0.05 attributiv 1,0089 0,2762 0,9118 0,3190 z = 1,526; p = 0.127 prädikativ 0,7632 0,2639 0,9603 0,3208 z = -3,518; p < 0.001 Tabelle 48: Vergleich durchschnittliche Reaktionszeiten attributiv und prädikativ, Ergeb‐ nisse Wilcoxon Test, Gruppe 3 7.2 Ergebnisse Sprachrezeption 191 <?page no="192"?> Ergebnisse Kontrollgruppe Die Auswertung der durchschnittlichen Reaktionszeiten der Kontrollgruppe für die unterschiedlichen Bedingungen zeigt ein klareres Bild: Die durchschnittli‐ chen Reaktionszeiten für ungrammatische Stimuli sind sowohl für attributive als auch prädikative Adjektivkongruenz länger als für grammatische Stimuli und bestätigen damit die Grundannahmen des Sentence-Matching-Experiments (s. Abschnitt 5.3.3). Wie für die Lerner*innengruppen wurde für die Überprü‐ fung eines statistisch signifikanten Unterschieds der Wilcoxon Signed-rank Test herangezogen. Demnach konnte der in Hypothese H.4 angenommene Grammatikalitätseffekt für beide Bedingungen (attributiv: z = -3,285; p = 0.001, prädikativ: z = -4,908; p < 0.001) bestätigt werden. Bedingung Grammatisch Ungrammatisch Wilcoxon Signed-rank Test RT Mittel‐ wert RT SD RT Mittel‐ wert RT SD Signifikanzniveau 0.05 attributiv 0,6192 0,2764 0,7278 0,3967 z = -3,285; p = 0.001 prädikativ 0,6760 0,2707 0,7842 0,3195 z = -4,908; p < 0.001 Tabelle 49: Vergleich durchschnittliche Reaktionszeiten attributiv und prädikativ, Ergeb‐ nisse Wilcoxon Test, Kontrollgruppe Wie in Tabelle 50 zusammengefasst und in Abbildung 18 visuell veranschau‐ licht, kann festgehalten werden, dass die Kontrollgruppe die kürzesten durch‐ schnittlichen Reaktionszeiten aufweist und ein Grammatikalitätseffekt für beide Bedingungen (attributiv und prädiktiv) bestätigt werden kann, weil die durch‐ schnittlichen Reaktionszeiten für ungrammatische Satzpaare jeweils signifikant länger sind als jene für grammatische Satzpaare. Für die Lerner*innengruppe 3 zeigt sich dieser Effekt nur für die prädikative Bedingung. Dies lässt den Schluss zu, dass Lernende der Gruppe 3 den zugrundeliegenden Verarbeitungsmecha‐ nismus der Satzprozedur erworben haben, wenngleich ihre Reaktionszeiten sich in der Länge noch von der automatisierten Verarbeitung der L1-Sprecher*innen unterscheiden. Für die weiteren Lerner*innengruppen (1 und 2) liegt für keine der beiden Bedingungen ein Effekt vor. 192 7 Analyseergebnisse <?page no="193"?> 102 Die Anzahl an Proband*innen pro Gruppe ergab sich in diesem Forschungsdesign auf Basis der Auswertung der produktiven Daten aller Lerner*innen im Klassenverbund. Dadurch konnte die Gruppengröße für das Reaktionszeitexperiment nicht im Vorfeld gesteuert und für eine ausgeglichene Gruppengröße gesorgt werden. Gruppe G1 (n=13) G2 (n=10) G3 (n=6) Kontrollgruppe (n=18) attri‐ butiv/ prädi‐ kativ RT attributiv RT prädikativ RT attributiv RT prädikativ RT attributiv RT prädikativ RT attributiv RT prädikativ gr/ ugr gr ugr gr ugr gr ugr gr ugr gr ugr gr ugr gr ugr gr ugr Mittel‐ wert 0.8797 0.9301 0.8897 0.8959 0.8609 0.9001 0.8701 0.8676 1.0089 0.9118 0.7632 0.9603 0.6192 0.7278 0.6760 0.7842 SD 0.3813 0.3555 0.3268 0.2864 0.2178 0.2755 0.2511 0.3068 0.2762 0.3190 0.2639 0.3208 0.2764 0.3967 0.2707 0.3195 Wilcoxon z = -1.075 p = 0.282 z = -0.360 p = 0.719 z = -1.022 p = 0.307 z = -0.268 p = 0.789 z = 1.526 p = 0.127 z = -3.518 p < 0.001 z = -3.285 p = 0.001 z = -4.908 p < 0.001 Tabelle 50: Deskriptiv- und inferenzstatistische Ergebnisse für attributive und prädika‐ tive Adjektivkongruenz für die Lerner*innengruppen 1, 2 und 3 und die Kontrollgruppe 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 0 1 2 3 4 Sekunden Gruppen attributiv_gr attributiv_ugr prädikativ_gr prädikativ_ugr Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Kontrollgruppe Abbildung 18: Überblick durchschnittliche Reaktionszeiten (alle Bedingungen, alle Gruppen) Aufgrund der geringen Anzahl an Items pro Bedingung und der geringen Anzahl an Proband*innen pro Gruppe (vor allem der Gruppe 3 102 ) wurde darauf verzichtet, weitere statistische Analysen (ANOVA, lineare gemischte Modelle etc.) zu berechnen. Die präsentierten Ergebnisse für die morphosyntaktische Verarbeitung der Adjektivkongruenz in der Sprachrezeption werden in Kapitel 8 interpretiert und mit den Ergebnissen für die Sprachproduktion diskutiert. 7.2 Ergebnisse Sprachrezeption 193 <?page no="195"?> 8 Diskussion der Ergebnisse Die in diesem Buch präsentierte Studie untersuchte, ob der produktive und rezeptive Morphosyntaxerwerb, insbesondere der Erwerb der attributiven und prädikativen Adjektivkongruenz, denselben von der PT postulierten Entwick‐ lungsstufen folgt. Dafür wurden ein Querschnittkorpus bestehend aus spontan‐ sprachlichen mündlichen Sprachproduktionen sowie Reaktionszeitmessungen aus einem mündlichen SMT von 29 Lerner*innen des Italienischen als L3 in der Sekundarstufe II erhoben und analysiert. In der Folge werden in einem ersten Schritt die Ergebnisse für die Sprachproduktion insgesamt und für den Erwerb der Adjektivkongruenz im Besonderen diskutiert. In einem zweiten Schritt werden die Ergebnisse zur produktiven Grammatikentwicklung in Hinblick auf weitere Studien zum Entwicklungsstand der Lernersprache im zweiten Lernjahr schulischen Unterrichts eingeordnet. Im Anschluss wird die Übertragbarkeit der PT auf die L2-Rezeption anhand der Ergebnisse für die produktive Gram‐ matikentwicklung sowie jener des SMT für die rezeptive Entwicklung diskutiert. Darüber hinaus werden die Diskussion zur möglichen Operationalisierung des emergence criterions für die rezeptive Grammatikentwicklung sowie Perspek‐ tiven auf die Abfolge von Sprachrezeption und Sprachproduktion aus anderen Forschungsbereichen aufgegriffen. Sprachproduktion Auf Basis der Distributionsanalyse sowie der qualitativen Analyse aller ob‐ ligatorischen Kontexte und der anschließenden Anwendung des emergence criterions sowie des implicational scalings (coefficient of scalability=1.0) lässt sich Forschungsfrage 1, ob spontansprachliche Produktionsdaten von Italienisch L3-Schüler*innen die von PT postulierten Erwerbsstufen widerspiegeln, ein‐ deutig bejahen. Die Ergebnisse bestätigen damit die in Kapitel 4.5 zusammenge‐ fassten Studien für die produktive Grammatikentwicklung im Italienischen mit einem umfassenderen Datensatz (n=29) sowie einer komplexen Analyse aller von PT vorhergesagten Entwicklungsstufen für die morphologische Gramma‐ tikentwicklung. Das Herausgreifen einzelner Strukturen unterschiedlicher Entwicklungs‐ stufen muss im PT-Kontext mit Vorsicht erfolgen, kann dennoch interessante Erkenntnisse zu Tage fördern und erscheint gerade in Hinsicht auf den in dieser Studie durchgeführten Vergleich mit rezeptiven Daten interessant. Betrachtet man demnach die attributive Adjektivkongruenz in der Nominalphrase sowie <?page no="196"?> die prädikative Adjektivkongruenz zwischen Nominalphrase und Verbalphrase, also jene beiden Bedingungen, die zentral für das Reaktionszeitexperiment sind, kann die implikationale Abfolge wie von PT vorhergesagt (attributive Kongruenz vor prädikativer Kongruenz bzw. phrasale vor interphrasaler Kon‐ gruenz) (coefficient of scalability=0.98) bestätigt und damit auch Forschungs‐ frage 2, ob spontansprachliche Produktionsdaten den Erwerb der attributiven Adjektivkongruenz vor dem Erwerb der prädikativen Adjektivkongruenz wie‐ derspiegeln, bejaht werden. In Tabelle 51 werden die genannten Strukturen aus den Entwicklungsstufen 3 und 4 für alle Lerner*innen herausgegriffen. Verwiesen sei dabei auf L27, die als einzige Lernerin die prädikative Adjektiv‐ kongruenz vor der attributiven erworben hat, wenngleich L27 den Verarbei‐ tungsmechanismus des phrasalen Prozederes mithilfe ausreichender Kontexte für andere morphosyntaktische Strukturen nachweisen kann. Weitere vier Lerner*innen (L3, L22, L25, L28), die die prädikative Adjektivkongruenz an‐ wenden - wenn auch in lexikalisch und morphologisch zu wenig vielfältigen Kontexten -, weisen keine Verwendung der attributiven Adjektivkongruenz nach, auch wenn sie Kontexte dafür produzieren. - L18 L24 L7 L10 L1 L2 L6 L13 L15 L19 L25 L28 L29 L11 L3 L4 L8 L9 L20 L21 L22 L23 L26 L5 L14 L16 L17 L27 L12 NPsubj Kop. präd. Adj. / - - - (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) + + + + + + N attribu‐ tives Ad‐ jektiv (+) (+) (+) - (+) (+) (+) (+) (+) (+) - - (+) (+) - (+) + + + (+) - + (+) + + + + (+) + Determi‐ nant N (+) (+) (+) / (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+) + + + (+) + (+) + + + + + (+) + (+) + + Tabelle 51: Kongruenz mit Determinanten, attributiven und prädikativen Adjektiven im Vergleich (produktive Daten) Diese Ergebnisse sind mit Blick auf andere Studien zu unterschiedlichen Ad‐ jektivkategorien interessant, die accuracy hinsichtlich beider Bedingungen untersuchten und aus denen widersprüchliche Ergebnisse zur Erwerbsreihen‐ folge von attributiver und prädikativer Adjektivkongruenz hervorgehen. Glahn et al. (2001) untersuchten den Erwerb der Adjektivkongruenz bei insgesamt 47 L2-Lerner*innen des Dänischen, Norwegischen und Schwedischen und analysierten mündliche Daten, die mithilfe zweier gelenkter Tasks, dh mit spezifischen Fragen (Beispielitems „What is there in front of the little green house? “ - „A green tree“) explizit die Adjektivproduktion elizitierten. Für die Analyse der Daten wandten sie drei unterschiedliche Erwerbskriterien an (eine 196 8 Diskussion der Ergebnisse <?page no="197"?> 103 Soweit ersichtlich kann eine einzige zielsprachlich korrekte Verwendung nicht die von Pienemann mit dem emergence criterion geforderte „produktive Verwendung“ in lexikalisch und morphologisch unterschiedlichen Kontexten erfüllen. 104 In einer zusätzlichen, getrennten Analyse nach Numerus- und Genuskongruenz finden die Autor*innen neben der phrasal-interphrasal-Abfolge auch eine parallele Numerus-Genus-Abfolge, die Glahn et al. (ebd., 413) wie schon Håkansson (1996) mit dem konzeptuellen Charakter des Merkmals Numerus im Vergleich zum nichtkonzeptu‐ ellen Charakter des lexikalischen Genus erklären. Das heißt, Lerner*innen produzieren zunächst ein reduziertes Set diakritischer Merkmale, das direkt aus der konzeptuellen Struktur abgeleitet werden kann und erst in einem graduellen Erwerb die weiteren Genusmarkierungen. Letzterer Befund ist auch für das Italienische wahrscheinlich, weil insgesamt davon auszugehen ist, dass der Genuserwerb für jedes Lexem gelernt werden muss. 105 Zu berücksichtigen ist bei diesen Vergleichen, dass unterschiedliche emergence criteria bzw. accuracy-rates herangezogen werden und zudem die Art der Daten sich teilweise grundlegend unterscheiden. Isabelli-García (2020) verwendet etwa schriftliche GJT. zielsprachlich korrekte Verwendung 103 von maximal 15 elizitierten Antworten, 50 % zielsprachliche Verwendung sowie 80 % zielsprachliche Verwendung; ebd., 398) und konnten für alle drei Kriterien die implikationale Abfolge nach PT bestätigen, wenn auch mit niedriger Skalierbarkeit für das 50 %- und 80 %-Krite‐ rium 104 . Bartnings (2000, 232) Daten von fortgeschrittenen L2-Französisch-Ler‐ nenden hingegen stellen diese Abfolge in Frage: „[A]djectival agreement in attributive position […] develops and is mastered later than in predicative position […], in contrast to Pienemann’s hierarchy“. Ähnlich wie Dewaele/ Vér‐ onique (2001) und Isabelli-García (2020), die für fortgeschrittene L2-Französisch- und L2-Spanisch-Lerner*innen 105 keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der beiden Bedingungen finden, wirft Bartning (2000, 232) die Frage auf, ob der Unterschied der Position der Übereinstimmung von Merkmalen mit fortgeschrittenem Entwicklungsstand weniger relevant wird. Aus Tabelle 50 geht für die hier vorliegende Studie hervor, dass innerhalb der Erwerbsstufe Phrasales Prozedere die Konkordanz mit Adjektiven größten‐ teils (75 % der Lerner*innen) erst nach der Konkordanz mit Determinanten erfolgt, was die von Chini (1995a, 139) für das Italienische, sowie von Bartning (2000, 235), Dewaele/ Véronique (2001) und Tengler (2019) für das Französische gefundene implikationale Abfolge (Kongruenz Determinant-Substantiv vor attributiver Kongruenz) tendenziell bestätigt. Entwicklungsstand im zweiten Lernjahr Neben der empirischen Überprüfung der von PT vorhergesagten Entwicklungs‐ stufen für die produktive italienische Lernersprache, die eine Bestätigung eben‐ dieser erlaubt, ermöglichen die spontansprachlichen Daten dieser Studie auch 8 Diskussion der Ergebnisse 197 <?page no="198"?> einen der ersten detaillierten Einblicke in den morphologischen Entwicklungs‐ stand von Italienisch-Lerner*innen eines zweiten Lernjahrs der Sekundarstufe II. So haben alle Schüler*innen der Lerner*innengruppe (100 %) nach 1,5 Jahren gesteuertem Italienisch-Unterricht im Rahmen der Sekundarstufe II die Ent‐ wicklungsstufe 2 Kategorieprozedere erworben. 16 Lerner*innen (55,2%) haben auch die Entwicklungsstufe 3 phrasales Prozedere erworben und 6 Lerner*innen (20,7%) die Entwicklungsstufe 4 Satzprozedere. Um das Ergebnis, dass Lerner*innen nach 1,5 Lernjahren zumindest Ent‐ wicklungsstufe 2 erworben haben, für die morphosyntaktische Lernerspra‐ chenentwicklung in einer zweiten lebenden Fremdsprache der Oberstufe verallgemeinern zu können, bedarf es weiterer Studien mit größeren Pro‐ band*innengruppen. Dennoch bestätigt der Blick auf Studien, die ebenfalls die lernersprachliche Entwicklung für andere Sprachen im schulischen Kontext untersuchten und eine Analyse im theoretischen Rahmen der PT vornahmen, einen ähnlichen Entwicklungsstand für das zweite Lernjahr. So erreichten die von Lenzing (2013) untersuchten Schüler*innen nach einem Jahr Englischun‐ terricht größtenteils Entwicklungsstufe 1 (91,7%), nach zwei Jahren Unterricht konnten die Schüler*innen größtenteils (79,2%) Entwicklungsstufe 2 erreichen, 20,8% befanden sich weiterhin auf Entwicklungsstufe 1 und weitere 25 % schon auf Entwicklungsstufe 3. Einschränkend muss erwähnt werden, dass Lenzings Studie in der Grundschule durchgeführt wurde und damit keinen direkten Ver‐ gleich erlaubt. Die von Hinger (2001, 93 ff.) untersuchten Spanisch-Lerner*in‐ nengruppen der Sekundarstufe II, je neun Schüler*innen in einem Intensivsowie einem Extensivkurs-Setting, erreichten am Ende des zweiten Lernjahrs Entwicklungsstufe 3, Entwicklungsstufe 4 hingegen wurde von keinem der Lerner*innen erworben. Damit scheint eine grobe Übereinstimmung mit den Ergebnissen dieser Studie vorzuliegen, wenngleich die Gruppe im Vergleich zu Hinger (2001) etwa eine größere Heterogenität hinsichtlich des Sprachstands aufzuweisen scheint. Für die Lerner*innengruppe der hier vorliegenden Arbeit besteht ein mäßig großer (r s =0,46) Zusammenhang zwischen Lernjahr und Entwicklungsstufe: Schüler*innen, die bereits in der Sekundarstufe I (Neue Mittelschule) oder in der Primarstufe den Italienischunterricht besuchten, gehören zu jenen Lerner*innen, die die Entwicklungsstufe phrasales Prozedere erreichten. Darüber hinaus haben Schüler*innen mit sehr unterschiedlichen Vorerfahrungen die Entwicklungsstufe Satzprozedere erreicht: 2 Schüler*innen im zweiten Lernjahr, 1 Schüler*in im dritten Lernjahr, 1 Schüler*in im vierten Lernjahr, 1 Schüler*in im sechsten Lernjahr sowie 1 Schüler*in, der/ die mit ihrem Vater von Geburt an 198 8 Diskussion der Ergebnisse <?page no="199"?> Italienisch spricht. Der Faktor „Vorerfahrungen“ scheint den hohen Sprachen‐ twicklungsstand also nur teilweise aufzuklären. Hinsichtlich des Unterrichts kann auf Basis der Lehrwerksanalyse sowie der Selbsteinschätzung der unterrichtenden Lehrperson angenommen werden, dass die attributive sowie prädikative Adjektivkongruenz bereits im ersten Lernjahr unterrichtet wurde. Trotzdem haben nur sechs Lerner*innen (20,7%) diese auch tatsächlich erworben. Da keine umfassenden Unterrichtsbeobachtungen für die Gruppe vorliegen und somit die Qualität des Inputs, der methodisch-didaktische Ansatz, das Ausmaß der expliziten Fokussierung der attributiven und prädi‐ kativen Adjektivkongruenz sowie die Möglichkeiten zur fremdsprachlichen Interaktion und Produktion der genannten Strukturen nicht überprüft wurden, lassen die Daten jedoch keine definiten Schlüsse über den Zusammenhang zwischen Unterricht und Erwerb zu. In Hinblick auf die von Pienemann (1989) formulierte Teachability Hypothesis scheinen die Ergebnisse aber vor allem für die prädikative Adjektivkongruenz nicht verwunderlich, weil diese höchst‐ wahrscheinlich zu einem Zeitpunkt unterrichtet wurde, zu dem sich der Großteil der Lerner*innen auf einer Entwicklungsstufe befand, die - wie auch zum Erhebungszeitpunkt noch - nicht über Entwicklungsstufe 2 hinausging. Damit handelte es sich um einen Form-Fokus, der für den Großteil der Lernenden noch nicht verarbeitbar war und damit dem Ansatz des Developmentally Moderated Focus on Form (DMFonF) (Di Biase 2002, 2008) widersprach. DMFonF ist ein Unterrichtsansatz, bei dem die Teachability Hypothesis (Pienemann 1984) mit Longs Konzept des Focus on Form (FonF) (1991) verknüpft wird. Dabei wird davon ausgegangen, dass im Rahmen von kommunikativen Aufgaben (primary focus on meaning) und sprachlichen Herausforderungen, die sich dabei ergeben können, die Aufmerksamkeit der Lerner*innen auf jene Formen (focus on form) gelenkt wird (vgl. Long 2015, 317), für die Lerner*innen aus sprachverarbei‐ tungstechnischer Perspektive auch bereit sind, und dadurch ein Effekt für den Erwerb spezifischer Strukturen ermöglicht wird. Sprachproduktion vs. Sprachrezeption Zur Beantwortung der Hauptforschungsfrage, ob der produktive und rezeptive Grammatikerwerb bei Italienisch- L3-Schüler*innen der Sekundarstufe II den‐ selben von der PT postulierten Entwicklungsstufen Phrasales Prozedere und Satzprozedere folgt, wurden auf Basis der produktiven Daten drei Lerner*in‐ nengruppen gebildet. Jene Schüler*innen, die Entwicklungsstufe 2 erworben hatten (Gruppe 1), zeigten in keiner der beiden Bedingungen, also weder für die attributive noch die prädikative Adjektivkongruenz signifikante Unter‐ schiede zwischen den grammatischen und ungrammatischen Satzpaaren. Der 8 Diskussion der Ergebnisse 199 <?page no="200"?> Annahme entsprechend konnte für diese Gruppe also kein Grammatikalitätsef‐ fekt gefunden werden. Ebenso wenig konnte ein Grammatikalitätseffekt für Schüler*innen, die die Entwicklungsstufe 3 nach PT erworben haben (Gruppe 2), nachgewiesen werden, was der Annahme widerspricht, dass Schüler*innen, die die attributive Adjektivkongruenz im Produktiven erworben haben, diese auch im Rezeptiven erworben hätten. Schüler*innen, die die Entwicklungsstufe 4 nach PT erworben haben (Gruppe 3), zeigten sehr wohl einen Grammatikali‐ tätseffekt, das heißt signifikant längere Reaktionszeiten für ungrammatische im Vergleich zu grammatischen Satzpaaren. Dieser Effekt limitiert sich allerdings auf die prädikative Adjektivkongruenz und tritt nicht - wie postuliert - bei der attributiven und prädikativen Bedingung auf. Die Verarbeitungsmuster der fortgeschrittenen Lerner*innen deuten damit darauf hin, dass diese den Verarbeitungsmechanismus des Satzprozederes erworben haben, wenngleich sich ihre Reaktionszeiten in der Länge noch von den Reaktionszeiten der Natives unterscheiden, die - aufgrund der automatisierten Verarbeitung - kürzer sind. Dieses Ergebnis bedeutet jedoch auch, dass die Lerner*innen der Gruppe 3 das Satzprozedere am Beispiel der prädikativen Adjektivkongruenz mit explizitem Subjekt in der Sprachrezeption vor dem phrasalen Prozedere, anhand der attributiven Kongruenz, anwenden können, was der von PT vorher‐ gesagten Erwerbsreihenfolge widerspricht (s. Abbildung 19). Forschungsfrage 3, ob Reaktionszeitdaten von Italienisch-L3-Lerner*innen abhängig von ihrer Entwicklungsstufe Grammatikalitätseffekte für attributive und prädikative Ad‐ jektivkongruenz zeigen, kann somit nur teilweise mit ja beantwortet werden. Mögliche Erklärungen für dieses Ergebnis lassen sich auf unterschiedlichen Ebenen der Sprachrezeption finden. Abbildung 19: Erworbene Verarbeitungsmechanismen in der Sprachproduktion vs. -rezeption für alle Gruppen Zunächst kann ausgehend von Lenzings Integrated Encoding-Decoding Model bestätigt werden, dass beim Dekodieren zwei Wege der Verarbeitung existieren, 200 8 Diskussion der Ergebnisse <?page no="201"?> 106 Benati/ Lee (2008) identifizieren - unter Bezug auf VanPattens Prinzip The Meaning-Be‐ fore-Non Meaning Principle - auch die fehlende semantische Unterscheidung beispiels‐ weise der Adjektive „bello“ und „bella“ in einer Phrase mit Genuskongruenz wie „la casa bella“ als weitere Herausforderung. Für die hier vorliegende Studie scheint dieses Argument aber nicht zu greifen, weil die Items im Reaktionszeitexperiment nicht das Merkmal GEND, sondern ausschließlich das Merkmal NUM untersuchten. jener der syntaktischen und jener der semantischen Verarbeitung, wobei L2-Anfänger*innen (Gruppe 1 und 2) zunächst auf die semantische Route zurückgreifen. Dies trifft auf Basis der Ergebnisse auch auf die Lerner*innen der Gruppe 2 zu, die die Verarbeitungsmechanismen teilweise beim Encoding bereits anwenden, diese aber beim Decoding nicht einsetzen, sondern stattdessen auf eine Art shallow processing zurückzugreifen scheinen (Clahsen/ Felser 2006, 2018). Gerade für Gruppe 2 könnte eine zusätzliche Erklärung in den - bei anspruchsvollen Tasks wie dem mündlichen SMT - nicht ausreichend vor‐ handenen Verarbeitungsressourcen der wenig fortgeschrittenen Lerner*innen liegen, wie etwa Keating (2010, 116) für den Erwerb der Genuskongruenz ins Treffen führt: „[…] even if L2 learners possess the requisite knowledge of gender, they may display insensitivity to gender violations because they lack the processing resources necessary to execute the Agree relation, particularly in demanding on-line tasks (a processing deficit).“ Benati/ Lee (2008, 56) fassen in ihrem Beitrag mehrere Verarbeitungsschwie‐ rigkeiten für die Genuskongruenz zusammen, die im Zusammenhang mit einer semantischen Verarbeitung relevant sein können: Unter Bezug auf VanPattens Verarbeitungsprinzip des Vorrangs der Inhaltswörter nennen sie in erster Linie die Verarbeitung von redundanten Formen, wie bei der attributiven als auch der prädikativen Adjektivkongruenz der Fall und in Kapitel 3.2 gezeigt. Diese kann dazu führen, dass Lerner*innen die Formen überhaupt nicht oder in geringem Ausmaß verarbeiten 106 . Darüber hinaus erwähnen Benati/ Lee (ebd., 56) als wei‐ tere Erklärung der Verarbeitungsschwierigkeiten bei Genusübereinstimmung auch phonetische Aspekte: Das für die Kongruenz zuständige Flexionsmorphem befindet sich in einer unbetonten Silbe und ist damit akustisch oder perzeptiv nicht salient, was beispielsweise bei N. Ellis (2007) als wichtiger Faktor im Morphemerwerb identifiziert wurde und von Di Biase (2015) als zusätzlicher, vor allem für morphologisch reiche Sprachen wie das Italienische in die PT-Hierar‐ chie aufzunehmender Faktor diskutiert wird. Die angeführten Punkte betreffen vor allem die Lerner*innengruppen 1 und 2, bei der am weitesten fortgeschrittenen Gruppe (Gruppe 3) ist, wie oben 8 Diskussion der Ergebnisse 201 <?page no="202"?> 107 Sagarra/ Herschensohn (2010, 2012) gehen auf Basis ihrer Studie zu Genus- und Nu‐ meruskongruenz u. a. bei attributiven Adjektiven (mithilfe eines GJT sowie eines Self-paced-Reading-Tests) bei erwachsenen Spanisch-Lerner*innen vom Faktor profi‐ ciency als wesentlichem Faktor für eine L1-ähnliche Verarbeitung bei L2-Lerner*innen aus. Aus ihren Daten geht hervor, dass Leichtfortgeschrittene (zur Abgrenzung von Anfänger*innen und Leichtfortgeschrittenen s. Fußnote 4) im Gegensatz zu Anfänger*innen „qualitatively similar reactions to monolinguals“ (ebd. 2012, 607), also signifikant längere Reaktionszeiten für Sätze mit agrammatischer Genus-/ Nume‐ ruskongruenz der Adjektive, zeigen. Für die Gruppe der Leichtfortgeschrittenen halten sie daher ein striktes shallow structure processing nicht haltbar, denn diese Gruppe scheint im Gegensatz zu den untersuchten Anfänger*innen lexikalische, semantische und pragmatische Hinweise im Satz nicht als Gegensatz zu morphosyntaktischen Hinweisen zu verwenden bzw. zu verarbeiten. Sagarra/ Herschensohn (2010, 2035) kommen zum Schluss, dass die Lernersprache der Leichtfortgeschrittenen zwar nach wie vor in Entwicklung ist und deren Verarbeitungsfähigkeiten langsamer sind als jene der Natives (s. längere Reaktionszeiten), die Lerner*innen aber sehr wohl eine Sensibilität für Substantiv-Adjektiv-Kongruenz in Online-Tasks zeigen. angesprochen, interessant, dass diese statistisch signifikante Grammatikalität‐ seffekte aufweist 107 , wenngleich nur für die prädikative Bedingung. Bei der attributiven Bedingung, die für die Lerner*innen der Gruppe 3 keine signifikanten Unterschiede in den Reaktionszeiten zwischen ungrammatischen und grammatischen zeigte, könnte die Position des Adjektivs in der Nominal‐ phrase eine zusätzliche Schwierigkeit bei der Verarbeitung darstellen (vgl. u. a. Benati/ Lee 2008, 56). In einer typischen Nominalphrase mit attributivem Ad‐ jektiv befindet sich dieses in der finalen Position und stellt - in der Reihenfolge des Auftretens - das dritte Wort mit Genus- und Numerusmarkierung in Serie dar. Im Gegensatz dazu ist das prädikative Adjektiv, auch wenn dieses ebenfalls postnominal auftritt, in der Verbalphrase das erste Element, das sowohl Genus als auch Numerus markiert. Benati/ Lee (ebd.) schließen daraus: „This position [in der finalen Position einer Nominalphrase bei attributiven Adjektiven] would make the adjective marking even less likely to be processed than if it were, for example, in initial position“. Werden abschließend Spinners (2013, 732) Erklärungsansätze für die von den Vorhersagen der PT abweichenden Ergebnisse für grammatisches Dekodieren noch einmal aufgegriffen (s. Abschnitt 5.2), ist auf Basis der hier diskutierten Ergebnisse unwahrscheinlich, dass sich die Verarbeitungsmechanismen in Sprachproduktion und -rezeption völlig unabhängig voneinander verhalten und sich die Ergebnisse durch Mängel im PT-Modell erklären lassen, zumal Letzteres für die Sprachproduktion eindeutig bestätigt werden konnte. Wahr‐ scheinlicher ist, dass sich die Verarbeitungsmechanismen in Sprachproduktion und -rezeption ähneln, diese aber teilweise durch Faktoren, die der Rezeption 202 8 Diskussion der Ergebnisse <?page no="203"?> inhärent sind, verdeckt werden. Dabei muss auch erwähnt werden, dass die Anzahl an Items des durchgeführten Reaktionszeitexperiments ebenso wie die Proband*innenzahl, vor allem der fortgeschrittensten Lerner*innengruppe (Gruppe 3), limitiert waren und somit nur tentative Aussagen zulässig sind. Das emergence criterion in der Sprachrezeption Wie in Kapitel 5.3 ausführlich diskutiert, stellt die Anwendung des emergence criterion auf rezeptive Daten weiterhin eine methodische Herausforderung dar (vgl. auch Buyl/ Housen 2015; Buyl 2015). Die Verwendung eines mündlichen SMT, wie in dieser Studie, scheint aber die Kriterien der Modalität (mündliche Daten) sowie des im Rahmen der PT gemessenen Konstrukts (prozedurales, implizites Wissen) zu erfüllen (vgl. Pienemann 1998b), wenngleich eine Aus‐ wertung individueller Reaktionszeiten nicht sinnvoll scheint und somit nur Gruppenergebnisse und in weiterer Folge kein imlicational scaling für die rezeptiven Daten möglich sind. Im gewählten SMT wird davon ausgegangen, dass Lerner*innen, die Sensi‐ bilität für ungrammatische Sätze in Form von signifikant längeren Reaktions‐ zeiten im Vergleich zu grammatischen Sätzen zeigen, den zugrundeliegenden Verarbeitungsmechanismen erworben haben. In anderen Worten sind deren längeren Reaktionszeiten in ungrammatischen im Vergleich zu grammatischen Sätzen nicht zufällig, sondern darauf zurückzuführen, dass die jeweilige Pro‐ zedur erworben wurde. Dass die in dieser Studie vorliegenden Daten das nur für die prädikative Bedingung in der Lerner*innengruppe 3 bestätigen, bedarf zusätzlicher Erklärungen. In Analogie zu bestimmten sprachspezifischen morphosyntaktischen Struk‐ turen in der Sprachproduktion stellt sich etwa die Frage, ob es - für eine genauere Erklärung des Erwerbsprozesses einiger sprachspezifischer Merkmale - nicht auch in der Sprachrezeption Erklärungsansätze braucht, die über die in PT zentrale Merkmalsunifizierung hinausgehen und Faktoren, die der Rezeption inhärent sind, miteinbeziehen. Darunter könnten Prinzipien fallen, welche die Komplexität der Form-Funktions-Beziehungen heranziehen (vgl. Di Biase/ Bettoni 2015, 119) und welche für die Sprachproduktion bereits in PT diskutiert wurden (vgl. Pienemann 1998a; Di Biase 2002). So wie Di Biase/ Bettoni (2015) die Entwicklung - etwa der Pluralmarkierung - vom anfänglichen Erwerb einfacher, hochfrequenter default-Markierungen, wie jener des Plural-i, das eine quasi Eins-zu-Eins-Form-Funktionsbeziehung aufweist, hin zu komplexeren Form-Funktions-Beziehungen skizzieren, scheint es auf Basis der hier gewon‐ nenen Daten und Analysen sinnvoll, die Form-Funktions-Beziehung sowie den sogenannten functional load (Bardovi-Harlig 2015, 56) auch für die Erklärung der 8 Diskussion der Ergebnisse 203 <?page no="204"?> rezeptiven Daten miteinzubeziehen. Dies würde bedeuten, dass morphosyntak‐ tische Strukturen, die Funktionen im Satz ausdrücken, die bereits durch andere Elemente ausgedrückt werden und damit einen niedrigen functional load haben, in der Sprachrezeption später erworben werden als jene, die einen höheren functional load haben (s. Tabelle 52). Offen bleibt, inwieweit diese Überlegungen in empirischen Studien überprüft werden können. In Tabelle 52 wird versucht, den Weg von emergence über das gaining control zur mastery (s. Abschnitt 4.6.2) unter Berücksichtigung der Form-Funktionsbeziehungen sowohl für die Sprach‐ produktion als auch die Sprachrezeption zu skizzieren. Die Sprachproduktion könnte sich von der Produktion von Elementen im Satz, die eine eindeutige Form-Funktionsbeziehung haben, über die Produktion von Elementen, die eine komplexe multifunktionale Beziehung haben, hin zur Produktion des vollen Paradigmas entwickeln. Die Sprachrezeption könnte sich parallel dazu von der Verarbeitung von Elementen im Satz, die einen hohen functional load haben, also das einzige Element mit einer bestimmten Funktion sind, über die Verarbeitung von Elementen im Satz, die einen niedrigen functional load haben, also nicht das einzige Element mit dieser Funktion sind, hin zu einer native-like Verarbeitung entwickeln, die schließlich auch als schnellerer, automatisierter Prozess abläuft (für Überlegungen zur Automatisierungen im L2-Erwerb s. u. a. Segalowitz 2003). Sprachproduktion Produktion von Elementen im Satz, die eine ein‐ deutige Form-Funktionsbezie‐ hung haben Produktion von Elementen, die eine komplexe mul‐ tifunktionale Beziehung haben volles Paradigma, native-like Sprachrezeption Sensibilität für Elemente im Satz, die einen hohen func‐ tional load haben, also das einzige Element mit einer be‐ stimmten Funktion sind Sensibilität für Elemente im Satz, die einen niedrigen functional load haben, also nicht das einzige Element mit dieser Funktion sind native-like (zB auch hinsichtlich der Verarbeitungsge‐ schwindigkeit) emergence gaining control mastery Tabelle 52: Mögliche Erweiterungen von emergence zu mastery für die Sprachproduktion und die Sprachrezeption 204 8 Diskussion der Ergebnisse <?page no="205"?> Sprachproduktion vor Sprachrezeption Aus der hier vorliegenden Studie geht - unabhängig von der Definition des Erwerbskriteriums für die rezeptive Grammatik - schließlich hervor, dass bei Lerner*innengruppe 2 die Produktion sowohl attributiver als auch prädi‐ kativer Adjektivkongruenz der Rezeption vorausgeht, dasselbe gilt für die Lerner*inngruppe 3 für die attributive Bedingung. Dazu können im Bereich der kindlichen L1-Erwerbsforschung interessante Erklärungsansätze gefunden werden. Hendriks (2014, 183) gibt in ihrem Buch einen Überblick über Studien, die Strukturen auf unterschiedlichen sprachlichen Ebenen (Phonologie, Mor‐ phosyntax - zB Verbalflexion, Semantik, Pragmatik) identifizieren, in denen die Sprachproduktion der Sprachrezeption vorausgeht. Sie liefert zudem eine umfassende grammatische Erklärung (grammatical account) für Asymmetrien zwischen Sprachproduktion und Sprachrezeption. Ihre Erklärung knüpft an das Framework der Optimalitätstheorie (Prince/ Smolensky 2004) an, die - wie auch LFG - eine constraintbasierte Grammatik ist und davon ausgeht, dass die Beziehung zwischen Formen und Bedeutungen in einer Sprache nicht fixiert ist, sondern unterschiedlichen Einschränkungen (constraints) unterliegt. Folglich kann Grammatik durch die Verarbeitungsrichtung (in diesem Fall direction of optimization) beeinflusst sein und bei der Produktion können sich andere Form- und Bedeutungspaare ergeben als bei der Rezeption (vgl. Hendriks 2014, 183). Bei der Sprachproduktion verfügt der*die Sprecher*in demnach über mehrere Optionen an Formen, während die Sprachrezeption durch Ambiguität, also mehrere Optionen in der Bedeutung, charakterisiert ist. Die Auswahl an Formen und Bedeutungen ist durch mehrere Einschränkungen gekennzeichnet, die eine unterschiedlich große Relevanz haben können. Zudem treffen gewisse Einschränkungen nur auf die Auswahl von Formen, andere nur auf die Auswahl von Bedeutungen zu. Sprachproduktion kann damit zu einer anderen Form-Be‐ deutungs-Paarung führen als Sprachrezeption. Daraus schließt Hendriks (2014, 185): „As a consequence, a child’s selection of a form for a given meaning in production may be adult-like whereas its selection of a meaning for this form in comprehension is not yet, or vice versa“. Umgelegt auf die Lernenden dieser Studie könnte dies bedeuten, dass zB die Auswahl einer bestimmten Form (Pluralmorphem am prädikativen Adjektiv) bereits native-like ist, während die Auswahl der Bedeutung für diese Form dies noch nicht ist, was Hendriks folgend zwar bedeutet, dass Produktion und Verständnis separat ablaufen, aber auf Basis derselben Grammatik. Dieser Schluss könnte auch mit dem in Lenzings Integrated Encoding-Decoding Model of SLA beschriebenen shared grammatical workspace kompatibel sein. 8 Diskussion der Ergebnisse 205 <?page no="207"?> 9 Konklusion Diese Arbeit stellt - soweit ersichtlich - die erste umfassende Untersuchung morphosyntaktischer Erwerbsstufen bei Italienisch-Schüler*innen mit Deutsch als L1 im Kontext der Sekundarstufe II dar. Die durchgeführte Studie untersucht am Beispiel der attributiven und prädi‐ kativen Adjektivkongruenz, ob der produktive und rezeptive Morphosyntaxer‐ werb bei Italienisch L3-Schüler*innen im zweiten Lernjahr (Durchschnittsalter: 15,6 Jahre) denselben von der PT postulierten Entwicklungsstufen folgt. Ausge‐ hend von den Vorhersagen der PT wurde angenommen, dass Lernende sowohl in der Sprachproduktion als auch in der Sprachrezeption die attributive vor der prädikativen Adjektivkongruenz (mit explizitem Subjekt) erwerben. Zur Identifikation der Entwicklungsstufen nach PT, die die jeweiligen Schüler*innen erworben haben, sowie zur Untersuchung der attributiven und prädikativen Adjektivkongruenz in der mündlichen Sprachproduktion, wurden mündliche spontansprachliche Daten auf Basis von vier kommunikativen Tasks elizitiert. Das so entstandene mündliche Querschnittkorpus umfasst 14 Stunden 24 Minuten 35 Sekunden und 26.876 tokens von insgesamt 29 Lerner*innen. Die‐ selben Lerner*innen nahmen an einem Auditory Sentence Matching Task (SMT) teil, bei dem ihre Reaktionszeiten auf mündlich präsentierte grammatische und ungrammatische Satzpaare, die wiederum den beiden Bedingungen attributive und prädikative Adjektivkongruenz zugeordnet waren, gemessen wurden. Eine umfassende Distributionsanalyse aller morphosyntaktischen Strukturen der PT-Verarbeitungshierarchie für das Italienische (Di Biase/ Bettoni 2015), sowie das anschließende implicational scaling (coefficient of scalability=1.0) bestätigten die postulierten Erwerbsstufen für die mündliche Sprachproduktion. Zudem erwarben die Lerner*innen wie von PT vorhergesagt - mit Ausnahme einer Probandin - die attributive Adjektivkongruenz vor der prädikativen. Damit kann die Verarbeitungshierarchie der PT für das Italienische auf breiterer empirischer Basis nachgewiesen und für jugendliche Lerner*innen im schuli‐ schen Kontext bestätigt werden. Auf Basis der produktiven Daten wurden die Lerner*innen in drei Gruppen zusammengefasst: jene Lerner*innen, die den Verarbeitungsmechanismus bzw. die Erwerbsstufe Kategorieprozedere erworben haben in Gruppe 1 (n=13); jene, die die Erwerbsstufe phrasales Prozedere erreicht haben in Gruppe 2 (n=10) und jene, die auch den Verarbeitungsmechanismus Satzprozedere erworben haben in Gruppe 3 (n=6). Die statistische Auswertung der Reaktionszeiten von <?page no="208"?> grammatischen im Vergleich zu ungrammatischen Satzpaaren im mündlichen SMT wurde für die genannten drei Gruppen sowie für die Kontrollgruppe der Italienisch-L1-Sprecher*innen (n=18) durchgeführt. Die Grundannahme des Experiments, dass L1-Sprecher*innen signifikant längere Reaktionszeiten für ungrammatische im Vergleich zu grammatischen Satzpaaren aufweisen, konnte dabei für die Kontrollgruppe sowohl für die attributive als auch die prädikative Adjektivkongruenz bestätigt werden. Bei den Lerner*innengruppen zeigte nur die fortgeschrittenere Gruppe 3 einen Grammatikalitätseffekt (=signifikanter Unter‐ schied) für die Satzpaare mit prädiktiver Adjektivkongruenz, nicht jedoch für die attributive Adjektivkongruenz, obwohl beide Arten der Adjektivkongruenz für die Sprachproduktion bereits als erworben nachgewiesen werden konnten. Gruppe 1 und 2 zeigten keine Grammatikalitätseffekte für keine der beiden Bedingungen, wobei Gruppe 1 die für die Adjektivkongruenz notwendigen Verarbeitungsmechanismen in der Sprachproduktion ebenfalls nicht erworben hat, wohingegen Gruppe 2 den produktiven Daten folgend das phrasale Prozedere sehr wohl erworben hat. Hinsichtlich der PT-Erwerbsreihenfolge wurde damit festgestellt, dass die Lerner*innen der Gruppe 2 den Verarbeitungsmechanismus des phrasalen Prozederes in der Sprachproduktion, nicht aber in der Sprachrezep‐ tion anwenden; die Lerner*innen der Gruppe 3 wenden den Verarbeitungsmecha‐ nismus des phrasalen Prozederes und des Satzprozederes in der Sprachproduktion an, in der Sprachrezeption jedoch nur jenen des Satzprozederes. Diese Ergeb‐ nisse wurden in Kapitel 8 hinsichtlich unterschiedlicher für die Sprachrezeption potenziell relevanter Faktoren, wie der semantischen Verarbeitungsroute, der begrenzten Verarbeitungsressourcen bei mündlicher Sprachrezeption, aber auch hinsichtlich spezifischer Faktoren des untersuchten Merkmals der attributiven und prädikativen Adjektivkongruenz diskutiert. Um die Verarbeitungsmuster der Lerner*innen am Anfang sowie in einer weiter fortgeschrittenen Phase des Erwerbs besser zu verstehen und auf längere Sicht auch den Weg von der emergence über das gaining control hin zur mastery für die Sprachproduktion als auch die -rezeption nachzeichnen zu können, bedarf es noch umfassenderer Studiendesigns. Wird etwa die Adjektiv‐ kongruenz untersucht, könnten in einer größer angelegten Studie weitere Tasks hinzugezogen werden. Zusätzlich zum SMT könnte beispielsweise eine Aufgabe ergänzt werden, in der die Verarbeitung der Numerus- und Genusmarkierung am Adjektiv für das Verständnis des Satzes unerlässlich ist, wie etwa bei der prädikativen Adjektivverwendung in Sätzen mit Null-Subjekt (è bello vs. è bella / sono belli vs. sono belle). Eine Kombination mehrerer Tasks, wie etwa auch in Lenzings Studiendesign (2019, 2021) für das Passiv, könnte breitere 208 9 Konklusion <?page no="209"?> Einblicke in die morphosyntaktische Verarbeitung der Adjektivkongruenz unter Berücksichtigung von Faktoren, die der Rezeption inhärent sind, liefern. Um vor allem die weniger fortgeschrittenen Lerner*innen und deren mor‐ phosyntaktische Verarbeitung noch in den Fokus zu nehmen, und um besser zwischen den Gruppen unterscheiden zu können, wäre es in weiterführenden Studien sinnvoll, die morphosyntaktische Verarbeitung von Strukturen der PT-Stufen 2 (Kategorieprozedere) bis 4 (Satzprozedere) sowie eine höhere Anzahl an Items pro Struktur in den rezeptiven Tasks abzudecken. Zudem müssten longitudinale Studien durchgeführt werden, die im Rahmen einer einzelnen, nicht in ein größeres Projekt eingebundenen Doktorarbeit wie dieser nur sehr schwer umsetzbar sind. Für die vorliegende Arbeit ist zudem darauf hinzuweisen, dass durch die Covid-Pandemie und den dadurch stark einge‐ schränkten Zugang zu Schulen als Forschungsstätten longitudinale Studien zusätzlich erschwert wurden. In Summe kann jedoch festgehalten werden, dass mit der hier vorliegenden Arbeit der vielfach geäußerten Forderung nach der Untersuchung freier lerner‐ sprachlicher Produktionen von Italienisch-Lerner*innen (u. a. Michler/ Reimann 2019, 298) nachgekommen wurde und ein nicht unwesentlicher Beitrag zur - in Bezug auf das Italienische - „bis dato inexistente[n]“ (Michler/ Reimann 2019, 298) empirischen Fremdsprachenforschung bzw. Italienischdidaktik geleistet und die Untersuchung der produktiven Lernersprache um die rezeptive Lernersprache ergänzt werden konnte. Die in der Italienischdidaktik bisher vielfach aus der italienischen L2-Erwerbsforschung in ungesteuerten Spracherwerbskontexten entnommenen und auf den Fremdsprachenunterricht übertragenen empirischen Evidenzen können damit um Forschungsergebnisse ergänzt werden, die unmit‐ telbar aus dem schulischen Unterricht des Italienischen stammen. Abschließend soll die Frage gestellt werden, welche Rolle Erkenntnisse wie jene aus der hier durchgeführten Studie für das unterrichtliche Handeln von Sprachlehrer*innen spielen. Der Forschungsbereich ISLA sowie im deutspra‐ chigen Raum die Sprachlehr- und -lernforschung, die mittlerweile Einzug in die Fremdsprachendidaktik gefunden hat, verfolgen das Ziel, das Sprachenlernen mithilfe entsprechender Forschungsmethoden besser zu verstehen, und aus den empirischen Befunden „begründete Empfehlungen, aber keine Rezepte für das unterrichtliche Lehren und Lernen von Fremdsprachen“ (Königs, 2013, 10) abzuleiten. Für diese Studie sind begründete Empfehlungen für den Italienischunterricht zur morphosyntaktischen Verarbeitung für den Bereich der Sprachproduktion direkter möglich als für die Sprachrezeption. Für die Sprachproduktion scheinen die von PT postulierten Erwerbsstufen zum aktuellen Zeitpunkt empirisch auch 9 Konklusion 209 <?page no="210"?> für das Italienische sehr gut abgesichert, für die Sprachrezeption kann dies noch nicht eindeutig festgehalten werden. Für Italienisch-Lehrpersonen scheint es zunächst essenziell, lernersprachliche Varietäten sowie morphosyntaktische Erwerbsstufen zu kennen und zu ver‐ stehen, gerade auch in Hinsicht auf die Umsetzung des Lehrplans, der in Ös‐ terreich explizit die Berücksichtigung der Annäherung an die Zielsprache in „lernersprachliche[n] Zwischenschritten“ fordert. Die im Lehrplan übersprachlich definierten „lernersprachlichen Zwischenschritte“ können durch die Studiener‐ gebnisse konkretisiert und somit für den schulischen Italienischunterricht besser greifbar gemacht werden. Auf Basis der hier vorliegenden Daten scheint auch eine bessere Einschätzung des Entwicklungsstands von Italienisch-L3-Lerner*innen in einem zweiten Lernjahr der Sekundarstufe möglich. Die Vertrautheit mit Ver‐ arbeitungsmechanismen kann Lehrpersonen schließlich auf unterschiedlichen Ebenen unterstützen, evidenzbasierte Entscheidungen zu treffen: So können die Entwicklungsstufen als Werkzeug eingesetzt werden, das es Lehrer*innen ermöglicht „zu diagnostizieren, wo sich ihre Schüler[*innen] in Bezug auf den Ablauf des Spracherwerbs befinden“ (Pienemann 2014, 57). Dadurch können binnendifferenzierte Lernziele definiert werden, die die Erkenntnisse zu Erwerbs‐ stufen mitdenken. Darüber hinaus können Erkenntnisse aus der hier präsen‐ tierten Sprachverarbeitungsforschung in didaktischen Ansätzen und Methoden umgesetzt werden. Im Rahmen des Aufgabenorientierten Ansatzes (Task-based language teaching) ermöglicht ein Developmentally Moderated Focus on Form (DMFonF), wie von Di Biase (2002, 2008) vorgeschlagen, den Erwerbsstufen Rechnung zu tragen und evidenzbasiert mit sprachlichen Äußerungen bzw. dem Output von Lerner*innen umzugehen. Im Rahmen des Processing Instruction-An‐ satzes (u. a. VanPatten 2004, Benati/ Lee 2008) können wiederum Aufgaben ent‐ wickelt werden, die spezifische Aspekte des L2-Inputs fokussieren, die schwierig zu verarbeiten sind. Schließlich liefern Grundlagenforschungsprojekte wie dieses eine wichtige Grundlage für die (technologische) Weiterentwicklung von Lernmaterialien. Wenn für die jeweilige Sprache umfassende Evidenzen über den Spracherwerb und über detaillierte Erbwerbsabfolgen vorliegen, können in Zukunft intelli‐ gente Feedbacksysteme evidenzbasiert entwickelt und programmiert werden (zB sogenannte Feedbooks, die in Lehrwerke integriert werden, vgl. Meurers et al. 2018). Die hier ausgearbeiteten Empfehlungen (s. auch Sato/ Loewen 2019 zu Evi‐ dence-based Second Language Pedagogy) zielen schlussendlich allesamt auf einen Unterricht ab, der sich an der Lernersprache der jeweiligen Schüler*innen orientiert und damit lernersprachensensibel ist. 210 9 Konklusion <?page no="211"?> 10 Literaturverzeichnis Al Shatter, G. (2008): “The development of verbal structures in L2 Arabic”. In: Keßler, J. (Hrsg.): A brief introduction to Processability Theory. Newcastle upon Tyne: Cambridge Scholars. Albert, R./ Marx N. ( 2 2014): Empirisches Arbeiten in Linguistik und Sprachlehrforschung. 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Mails) □ Kopfhörer mittels Bluetooth mit dem Laptop verbinden □ Noice Cancelling der Kopfhörer aktivieren □ Reinigungstücher für Kopfhörer bereitstellen □ Fragebogen zu RT-Experiment und Sprachlernbiographie auflegen 2) für Gespräch □ Drei Stühle um einen Tisch □ Möglichst gemütlich □ Möglichst weit weg von Computerarbeitsplatz □ Aufgabenstellungen auflegen □ Alle auszufüllenden Listen (Zeitplan/ Liste) und Aufgabenstellungen (Tasks 1-4) vorbereiten Allgemeine Einführung in die Studie max. 5 Minuten □ Hallo X und Y (Namensliste kontrollieren). Wir sind A und B. □ Vielen Dank! ! ! Ich freue mich sehr, dass du bereit bist mitzumachen. Du hilfst mir damit sehr bei meiner Doktorarbeit. □ Du hast deine Einverständniserklärung schon abgegeben - Danke! ODER Du hast deine Einverständniserklärung noch nicht abgegeben - hast du sie dabei? □ Hast du auch die Einverständniserklärung deiner Eltern dabei? □ Wichtig ist mir noch einmal zu sagen, dass alles was du hier machst, alle Daten, die gesammelt werden, nur für die Forschung verwendet werden und überhaupt keinen Einfluss auf deine Noten haben. Alle Daten werden anonymisiert, das heißt sie sind nicht auf dich als Person zurückzuführen. Dafür brauche ich von dir einen Code. Der Code ist: 1.Buchstabe des Vornamens deiner Mutter + 1. Buchstabe des Nachnamens deiner Mutter + dein Geburtstag, zB AS16 => Code notieren auf Liste 232 Anhang <?page no="233"?> □ Die Studie besteht aus verschiedenen Teilen: 1. Auf Italienisch sprechen 2. Ein Experiment am Computer 3. Zu zweit auf Italienisch sprechen □ Wer von euch möchte am Computer beginnen? □ Falls eine*r von euch beiden früher fertig ist: bitte den Raum verlassen (um nicht die Lösungen / Produktionen der Kolleg*innen schon zu hören)! Parte introduttiva - Conoscersi 5 Minuten Vor dem Task □ Du wirst jetzt auf Italienisch sprechen. Ich nehme alles mit dem Handy und dem Aufnahmegerät auf, damit ich danach analysieren kann, was du gesagt hast. Hier tippe ich auch deinen Code ein. □ Die Aufgabenstellungen sind auf Italienisch. Wenn du etwas nicht verstehst, bitte sag mir sofort Bescheid, dann können wir gleich klären, worum es geht. □ Du bekommst mehrere kommunikative Situationen. Versuche dich bitte in diese hineinzuversetzen. □ Zuerst machen wir eine kleine Aufwärmübung. Hast du noch Fragen? □ Va bene. Possiamo cominciare. □ Handy direkt vor dem*r Proband*in positionieren. Ich starte die Aufnahme. □ Aufgabenstellung vorlesen (s. Blatt Task 0). Während des Tasks □ Mögliche Fragen zur weiteren Elizitierung könnten sein: ⇒ Puoi descrivere un po‘ tua sorella/ tuo fratello/ tua madre/ tuo padre. Com’è? ⇒ Perché studi l’italiano? ⇒ Che cosa ti piace fare nel tuo tempo libero? Task 1 - Vacanze 5 Minuten Vor dem Task □ Aufgabenstellung vorlesen (s. Blatt Parte introduttiva) □ Hai una domanda? Anhang 233 <?page no="234"?> Während des Tasks □ Auf fehlende Bulletpoints hinweisen/ hinzeigen □ Mögliche Fragen zur weiteren Elizitierung könnten sein: ⇒ Puoi descrivere la città / il posto / la zona / i dintorni? ⇒ Puoi descrivere l’hotel / l’albergo / il campeggio? ⇒ Puoi descrivere la stanza / la camera? ⇒ Dove e che cosa avete mangiato? ⇒ Che cosa avete fatto / hai fatto? ⇒ Che cosa hai comprato? Task 2 - Vestiti 5 Minuten Vor dem Task □ Aufgabenstellung vorlesen (s. Blatt Task 2) und ein Beispiel geben □ Hai una domanda? □ Bei Unklarheiten Beispiele geben zu - Anzahl - Farbe - Größe - Muster / Material - Stil zB sportlich - elegant - modern - altmodisch - klassisch - originell - alternativ - teuer - langweilig - einfach - aufwendig Während des Tasks □ Jeweils 2 Bilder (2 verschiedene Hosen, 2 verschiedene Mäntel etc.) zeigen □ Mögliche Fragen zur weiteren Elizitierung könnten sein: ⇒ E com’è il materiale / lo stile-…? ⇒ Puoi descrivere dei dettagli? Task 3 - Camere 5 Minuten Vor dem Task □ Ich lese die Aufgabenstellung vor (s. Blatt Task 3) □ Hai una domanda? Während des Tasks □ Auf fehlende Bulletpoints hinweisen □ Mögliche Fragen zur weiteren Elizitierung könnten sein: 234 Anhang <?page no="235"?> ⇒ Di che colore sono i mobili / le decorazioni / -…? ⇒ Invece nella seconda foto che cosa vedi? ⇒ Secondo te, chi abita in questa casa.-………… => Perché? ⇒ Com’è casa tua? ⇒ Com’è la tua camera? □ Grazie mille! Ich speichere diese Aufnahme jetzt unter deinem Code ab. Task 4 - Spot the Difference Task max. 15 Minuten Vor dem Task □ Das ist der letzte Teil (Blatt Task 4, A und B) □ Ihr kennt bestimmt Fehlersuchbilder. □ Ihr bekommt jetzt zwei verschiedene Bilder. Bitte zeigt sie nicht eurer Kollegin / eurem Kollegen. X du bekommst Bild A. Y du bekommst Bild B. □ Eure beiden Bilder unterscheiden sich. Es gibt viele Unterschiede. Ihr müsst mindestens 20 finden. zB kann sich die Anzahl von Dingen, Tieren, Personen unterscheiden oder die Farben oder auch Details, die Kleidung, das Aussehen etc. □ Unterhaltet euch jetzt auf Italienisch und findet die Fehler. X beginnt. Sobald ihr einen Fehler gefunden habt, wechselt ihr euch ab. □ Ich werde hier Striche machen, für die Fehler, die ihr gefunden habt, gut? □ Habt ihr noch Fragen? □ Ich starte wieder die Aufnahme: Code X_Code Y □ Handy zur Aufnahme direkt vor den beiden Proband*innen positio‐ nieren! Während des Tasks □ Nur einschreiten, wenn die Proband*innen nicht mehr weiterkommen □ Evtl. noch einmal darauf hinweisen, dass sich auch die Farben, die Kleidung, das Aussehen unterscheiden können □ Evtl. bei Person X oder Person Y auf Bereiche des Bildes deuten, in denen sich ein Fehler befindet □ Se non trovate più nessun errore, potete confrontare le vostre immagini (A e B). Anhang 235 <?page no="236"?> Nach dem Task □ Vielenm vielen Dank noch einmal. □ Ist euch noch etwas aufgefallen? Möchtet ihr noch etwas sagen? Habt ihr noch Fragen? □ Zum Schluss muss ich dich noch um einen Gefallen bitten: Bitte sprich mit niemandem über dieses Experiment, nicht mit deinen Lehrer*innen, nicht mit deinen Kolleg*innen oder Freundinnen. Der Grund ist, dass deine Kolleg*innen erst drankommen und wenn sie schon wissen, worum es geht, kann das die Ergebnisse sehr beeinflussen. Wenn alle deine Kolleg*innen dranwaren, komme ich gerne noch einmal zu euch an die Schule und präsentiere die Ergebnisse. In der Zwischenzeit aber bitte pssst! ; -) □ Schoko-Marienkäfer verschenken Mögliche Fehler im Spot the Difference Task 1. Orange Bäume - rote Bäume 2. Braune Katzen - schwarze Katzen 3. 1 große Katze, 2 kleine Katzen - 2 große Katzen, 1 kleine Katze 4. Schildkröten mit orangen Punkten -Schildkröten mit gelben Punkten 5. 5 Fische - 4 Fische 6. 3 rote, 2 gelbe Fische - 1 roter Fisch, 3 gelbe Fische 7. Blaues T-Shirt - T-Shirt mit weißem Stern 8. Keine Socken - Socken 9. Gelber Rock - blauer Rock 10. . Hellblaues T-Shirt - Dunkelblaues T-Shirt 11. Braune Shorts - schwarze Shorts 12. Kariertes T-Shirt - gepunktetes T-Shirt 13. Bunter Ball - einfarbiger Ball 14. Eine Person fehlt 15. Kleid mit roten Punkten - Kleid mit schwarzen Punkten 16. Weiße Schuhe - schwarze Schuhe 17. 2 braune Hunde, 1 weißer Hund - 2 braune Hunde 18. Blaue Kirchenfenster - schwarze Kirchenfenster 19. Schwarze Kirchentür - braune Kirchentür 20. 2 Frauen mit weißen Kleidern - 1 Frau mit weißem Kleid, 1 Frau mit blauem Kleid 21. Gelbe/ rote Blumen - gelbe Blumen 22. Grüne Flaschen - rote Flaschen 236 Anhang <?page no="237"?> 23. Ein Eis - zwei Eis 24. 3 Roller rot / grün - 2 Roller rot 25. Ein Hut fehlt bei fahrradfahrender Frau 26. Großer grauer Vogel, kleiner brauner Vogel - drei kleine Vögel grau und braun 27. Zwei Pizzerien - eine Pizzeria 28. Orange Haare - braune Haare 29. 1 weißes Pferd - 2 braune Pferde 30. Rote Sonnenbrillen - keine Sonnenbrillen 31. 2 tramezzini - keine tramezzini RT-Experiment Vor dem Experiment □ Super, dass du bereit bist, auch bei diesem Teil der Studie mitzumachen. Vielen Dank schon jetzt! □ Erklärung Versuchsablauf - Du hörst nun Sätze auf Italienisch. - Genauer gesagt Satzpaare, das heißt du hörst immer 2 Sätze. - Deine Aufgabe ist es, die Sätze zu hören und dann MÖGLICHST SCHNELL zu entscheiden, ob die Sätze GLEICH sind oder UNTER‐ SCHIEDLICH. - Sobald du irgendeinen Unterschied erkennst (auch wenn nur die Satz‐ struktur anders ist ect.) => drücke die ROTE Taste. - Wenn die Sätze GLEICH sind, drücke die GRÜNE Taste. □ Rückfragen Hast du Fragen zum Ablauf ? □ Programm öffnen - Code eingeben □ Übungsteil Bevor es losgeht, hast du die Möglichkeit, einige Beispiele zu üben. Für die Studie ist es sehr wichtig, dass du sehr konzentriert arbeitest und versuchst, dein Bestes zu geben. Nach dem Experiment □ Bitte fülle nun diesen Fragebogen (s. Blatt Fragebogen RT-Experiment) aus. □ Zum Schluss interessiert uns noch, welche Sprachen du wann gelernt hast. Bitte fülle auch noch den Fragebogen zu deiner Sprachenbiografie aus (s. Blatt Fragebogen Sprachlernbiografie). □ Je nach Zeit: Du kannst jetzt 5 Minuten Pause machen. Anhang 237 <?page no="238"?> □ Bitte sprich mit niemandem über dieses Experiment, nicht mit deinen Lehrer*innen, nicht mit deinen Kolleg*innen oder Freund*innen. Der Grund ist, dass deine Kolleg*innen erst drankommen und wenn sie schon wissen, worum es geht, kann das die Ergebnisse sehr beeinflussen. Finale Checkliste pro Proband*in □ Audiofile mit Codename mit allen 4 mündlichen Tasks inkl. Kennenlernen □ Audiofile Code X_Code Y mit Spot the Difference Task □ 3 Psycopy-Dateien mit Codenamen □ Einverständniserklärung Schüler*in □ Einverständniserklärung Eltern □ Sprachlernbiographie □ Fragebogen zu RT-Experiment □ Evtl. Auffälligkeiten, Kommentare 238 Anhang <?page no="239"?> Anhang 3 Items des Sentence Matching Tasks (SMT) Mit Ausnahme des Items 1 wird für die experimental items nur jeweils ein Satz pro Satzpaar angegeben, weil alle Items der Matching-Bedingung entsprechen. Für filler (distractor) items werden Beispiele angeführt, in diesem Fall werden beide Sätze pro Item angegeben. Experimental items 1 grammatisch/ prädikativ I fiori di Angela e Giuseppe sono belli. I fiori di Angela e Giuseppe sono belli. ungrammatisch/ prädikativ *I fiori di Angela e Giuseppe sono bello. *I fiori di Angela e Giuseppe sono bello. grammatisch/ attributiv I fiori belli sono di Angela e Giuseppe. I fiori belli sono di Angela e Giuseppe. ungrammatisch/ attributiv *I fiori bello sono di Angela e Giuseppe. *I fiori bello sono di Angela e Giuseppe. 2 I dischi di Teresa e Giovanni sono vecchi. 3 Gli astucci di Giovanna ed Antonio sono gialli. 4 I pesci di Lucia e Francesco sono rossi. 5 I giochi di Francesca e Angelo sono nuovi. 6 Gli zaini di Elena e Vincenzo sono pieni. 7 Gli esempi di Alice e Michele sono chiari. 8 I gatti di Jacopo e Matteo sono neri. 9 I dolci di Cristina e Nicola sono buoni. 10 I frutti di Aurora e Luciano sono freschi. 11 I vasi di Martina e Lorenzo sono vuoti. 12 I quadri di Giovanna ed Andrea sono strani. 13 I libri di Elisa e Tommaso sono cari. 14 I nonni di Erica e Riccardo sono ricchi. 15 I tacchi di Debora e Sofia sono alti. 16 I fogli di Antonia ed Alberto sono bianchi. 17 I bimbi di Lucrezia e Mattia sono biondi. 18 I voti di Monica e Simone sono bassi. 19 I giochi di Ilaria e Daniele sono brutti. 20 Gli alberghi di Camilla e Stefano sono chiusi. Anhang 239 <?page no="240"?> 21 I cani di Serena e Filippo sono grigi. 22 I piatti di Michela e Gianluca sono sani. 23 Gli abiti di Noemi e Roberta sono lunghi. 24 I letti di Irene e Davide sono larghi. Filler items (Beispiele) grammatisch - lexikalisch unterschiedlich Elvira e Massimo comprano le sciarpe verdi. Elvira e Pasquale comprano le sciarpe verdi. grammatisch - syntaktisch unterschiedlich Alessia e Marina portano gonne uguali. Portano gonne uguali Alessia e Marina. ungrammatisch - lexikalisch unterschiedlich *Le mele di Sabrina e Patrizio dolci sono. *Le mele di Sabrina e Patrizio verdi sono. ungrammatisch - syntaktisch unterschiedlich *Le maglie scure di Emilia e Bernardo sono. *Le maglie di Emilia e Bernardo scure sono. 240 Anhang <?page no="241"?> Anhang 4 Einverständniserklärungen Eltern und Schüler*innen An die Schüler*innen der XSchuleX - - Datum Wissenschaftliche Untersuchung Cari alunni, ich arbeite an der Universität Innsbruck, genauer gesagt am Institut für Fachdidaktik und beschäftige mich in meiner Doktorarbeit mit Prozessen, die beim Italienischlernen im schulischen Kontext ablaufen. In den nächsten Wochen möchte ich dafür eine wissenschaftliche Untersuchung in deiner Klasse durchführen. Dabei bitte ich dich um deine Hilfe ! ! . Die Teilnahme ist freiwillig. Zuallererst möchte ich erwähnen, dass alle im Rahmen der Untersuchung erhaltenen personenbe‐ zogenen Daten anonymisiert und streng vertraulich behandelt werden. Die Daten werden nur für Untersuchungszwecke verwendet, das heißt an niemanden weitergegeben. Die Ergebnisse sind auch niemals auf dich als Person zurückzuführen. Somit haben die Ergebnisse keine Auswirkungen auf deine Italienisch-Note. Trotzdem bitte ich dich, alle notwendigen Schritte mit möglichst großer Ernsthaftigkeit durchzuführen, damit die Aussagekraft der Studie möglichst hoch sein kann. Du leistest damit einen wichtigen Beitrag für die Forschung und die Weiterentwicklung des Fremdsprachenunterrichts. Wenn du Fragen zum Ablauf oder zum Projekt an sich hast, stehe ich dir jederzeit gerne zur Verfügung. Grazie mille per il tuo aiuto! ! ! Un caro saluto Katrin Unterschrift Studienleiterin: Name Studienteilnehmer*in: _______________________________ ____________________________________ - - Unterschrift Studienteilnehmer*in: - ____________________________________ Universität Innsbruck, Innrain 52, 6020 Innsbruck Telefon: +43 512 507-43005 E-Mail: katrin.schmiderer@uibk.ac.at Anhang 241 <?page no="242"?> An die Eltern X - - Datum - - Wissenschaftliche Untersuchung Liebe Eltern, ich bin Universitätsassistentin am Institut für Fachdidaktik der Universität Innsbruck und be‐ schäftige mich in meiner Doktorarbeit mit Sprachverarbeitungsprozessen beim Italienischlernen im schulischen Kontext. In Absprache mit Frau Direktorin X sowie der Italienischlehrerin der Klasse, Frau X, werde ich in den nächsten Wochen eine empirische Studie in der Klasse Ihrer Tochter/ Ihres Sohnes durchführen. Die Teilnahme an der Studie ist freiwillig. Die mittels unterschiedlicher Auf‐ gabenstellungen erhaltenen Daten, werden anonymisiert, streng vertraulich behandelt und ausschließlich für Untersuchungszwecke in anonymisierter Form genutzt. Somit haben die Ergebnisse keinen Einfluss auf den Schulerfolg Ihrer Tochter/ Ihres Sohnes, stellen jedoch einen wertvollen Beitrag für die Spracherwerbsforschung und in Folge für die Weiterentwicklung der Fremdsprachendidaktik sowie des Fremdsprachenunterrichts dar. Für Fragen und detaillierte Informationen zu diesem Projekt stehe ich Ihnen jederzeit gerne telefonisch unter X oder per E-Mail an X zur Verfügung. Ich danke Ihnen schon jetzt herzlich für die Unterstützung dieses Forschungsprojekts. Mit freundlichen Grüßen Mag. a Katrin Schmiderer, BA - Unterschrift Studienleiterin: Name Studienteilnehmer*in: _______________________________ ____________________________________ - - Unterschrift Erziehungsberechtige: - ____________________________________ - Universität Innsbruck, Innrain 52, 6020 Innsbruck Telefon: +43 512 507-43005 E-Mail: katrin.schmiderer@uibk.ac.at 242 Anhang <?page no="243"?> Anhang 5 Fragebogen zur Sprachlernbiographie Code des Probanden/ der Probandin: __ __ __ __ erster Buchstabe Vorname Mutter, erster Buchstabe Nachname Mutter, Geburtstag Cara alunna/ Caro alunno, bitte fülle zum Abschluss den Fragebogen aufmerksam aus. Kreuze die auf dich zutreffenden Antworten an. Grazie mille per il tuo aiuto! ! ! 1. Geschlecht - o weiblich o männlich - 2. Alter - ____ Jahre - 3. Muttersprache(n) - o Arabisch o Deutsch o Türkisch o Bosnisch/ Kroatisch/ Serbisch o Italienisch o Andere: ____________________________ - 4. Sprachlernbiografie - Bist du mehrsprachig aufgewachsen? o ja: Sprachen ____________________________ o nein Welche der folgenden Sprachen beherrschst du wie gut? - Sprache Keine Kenntnisse Grund‐ kenntnisse Gute Kenntnisse Mutter‐ sprache Arabisch o o o o Bosnisch, Kroatisch, Serbisch o o o o Deutsch o o o o Englisch o o o o Französisch o o o o Anhang 243 <?page no="244"?> Italienisch o o o o Latein o o o o Spanisch o o o o Türkisch o o o o Andere: ____________ o o o o Wann hast du begonnen, Italienisch zu lernen? o in der Volksschule o in der NMS (4 Jahre) o in der XSchuleX o in ____________ - o in der NMS (2 Jahre) - - - o in der NMS (1 Jahr) - - Seit wie vielen Jahren besuchst du die XSchuleX? o ich bin im zweiten Jahr o ich bin im dritten Jahr o ich bin im ________ Jahr 5. Aufenthalt in Italien Wie viel Zeit hast du bisher insgesamt in Italien verbracht? o weniger als 2 Wochen o 2 bis 4 Wochen o 1 bis 3 Monate o mehr als 3 Monate Was war der Grund für deinen Aufenthalt? (Mehrfachnennung möglich) o Urlaub o Sprachkurs o Schüleraustausch o anderer Grund 244 Anhang <?page no="245"?> Anhang 6 Fragebogen zum Reaktionszeitexperiment Code des Probanden/ der Probandin: __ __ __ __ erster Buchstabe Vorname Mutter, erster Buchstabe Nachname Mutter, Geburtstag Cara alunna/ Caro alunno, bitte fülle nach dem Experiment den Fragebogen aufmerksam aus. Kreuze die auf dich zutreffenden Antworten an. Grazie mille per il tuo aiuto! ! ! Wie schwierig war es für dich, die Entscheidung GLEICH oder NICHT GLEICH zu treffen? sehr leicht sehr schwierig □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 □ 5 Wie hoch war deine Konzentration? sehr hoch sehr niedrig □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 □ 5 - Ist dir irgendetwas aufgefallen? zum Sprecher zu den Sätzen zur Aufgabenstellung zu-… Hast du eine Vermutung, worum es in der Studie genau gehen könnte? .................................................................................................................................................. .................................................................................................................................................. Vielen Dank nochmal für deine Teilnahme! Ich bitte dich, mit NIEMANDEM über diese Studie zu sprechen, weil das einen Einfluss auf die Ergebnisse haben kann! Anhang 245 <?page no="246"?> Anhang 7 Übersicht Lehrwerkanalyse hinsichtlich Pluralmarkierung, attributiver und prädikativer Adjektivkongruenz Analysierte Lehrwerksteile: Orlandino, E./ Rizzo, G./ Ziglio, L. (2017): Espresso Ragazzi 1. Ein Italienischkurs. Lehr- und Arbeitsbuch. München: Hueber Verlag. Orlandino, E./ Balì, M./ Rizzo, G. (2018): Espresso Ragazzi 2. Ein Italienischkurs. Lehr- und Arbeitsbuch. München: Hueber Verlag. Analysekriterien: • Entwicklungsstufe nach PT • Art der Umsetzung des jeweiligen morphosyntaktischen Merkmals ○ Explizite Grammatikerklärungen (1) ○ Kommunikative Aktivitäten (2) ○ Übungen mit Fokus auf die Form (3) Lektion Inhalts‐ über‐ sicht Umsetzung in der Lektion 1 2 3 Entwick‐ lungsstufe nach PT Lezione 1_1 Nationali‐ tätsadjek‐ tive • Schriftlicher Cloze (Kurzdialoge) mit bank zu Nationalitäten (14) - ✔ - Entwick‐ lungsstufe 2 Zuweisung einer Kate‐ gorie (Genus) • Kurzdialoge (Sei italiano? ) auf Basis eines Beispieldialogs (15) - ✔ - • Scheda Grammatica 1: Nationalitätsbe‐ zeichnungen mit expliziten Grammatiker‐ klärungen sowie Beispielen: „Männliche Adjektive im Singular enden auf -o, weib‐ liche Adjektive im Singular auf -a. Manche Adjektive haben die Endung -e für beide Geschlechter.“ (18) ✔ - - • Produktion von kurzen schriftlichen Texten (Vorstellung inkl. Herkunft) (20) - ✔ - • Umwandlung von Substantiven in männ‐ liche und weibliche Nationalitätsadjektive (Übungsteil, 124) - - ✔ Lezione 1_2 Substan‐ tive auf -o und -a • Schriftlicher Cloze (isolierte Sätze) mit bank mit männlichen/ weiblichen Formen zur Auswahl (25) - - ✔ Entwick‐ lungsstufe 2 Zuweisung einer Kate‐ gorie (Genus) • Scheda Grammatica 2: Substantive auf -o und -a (Singular), Personenbezeich‐ nungen (Singular) „Die meisten Substantive auf -o sind männ‐ lich, jene auf -a weiblich. ✔ - - 246 Anhang <?page no="247"?> Auch Personenbezeichnungen auf -o sind meist männlich und jene auf -a meistens weiblich. Es gibt jedoch Ausnahmen, wie die Wörter auf -ista (il/ la farmacista/ gior‐ nalista). In manchen Fällen gibt es nur eine männliche Form.“ (30) der be‐ stimmte Artikel (Singular) • Mündliche Produktion (Vorstellung von Personen) (23) - ✔ - Entwick‐ lungsstufe 2 Zuweisung einer Kate‐ gorie (Numerus) • Erklärung des bestimmten Artikels im An‐ schluss an mündliche Aktivität: „der be‐ stimmte Artikel (Singular): il francese, l’ita‐ liano, lo spagnolo la festa, l’amica“ (23) ✔ - - • Infobox von Italo informa: „Parlo l’italiano. = Parlo italiano. Non parlo spagnolo. = Non parlo lo spagnolo. Der Artikel ist nicht notwendig! “ (24) ✔ - - • Scheda Grammatica 2 „Der bestimmte Ar‐ tikel (Singular)“: „Bei Ländernamen steht immer der bestimmte Artikel: L’Italia/ La Germania/ Il Brasile è un Paese interessante. Achtung: Bei der Präposition in + Land entfällt der Artikel: Abito in Italia. Bei Spra‐ chen ist der Artikel nicht notwendig. Parlo (l‘)italiano e (il) francese.“ ✔ - - • Vervollständigung einer Tabelle mit den richtigen Artikeln. (bestimmt / unbe‐ stimmt) (Übungsteil, 127) - - ✔ questo/ questa • Erklärung „presentare una persona“: „Qu‐ esto è il mio amico Tommaso. Questa è la mia amica Cécile.“ (23) ✔ - - Entwick‐ lungsstufe 4 Interphrasale Merkmalsuni‐ fizierung (als Chunks ein‐ geführt) der unbe‐ stimmte Artikel • Info-Box „der unbestimmte Artikel: un ris‐ torante, uno studio, una scuola, un’agenzia“ (25) ✔ - - Entwick‐ lungsstufe 2 Zuweisung einer Kate‐ gorie (Genus) • Scheda Grammatica 2 „Der unbestimmte Artikel“(30) ✔ - - • Scheda Bilancio 2 „Vervollständige die Ta‐ belle“ articolo indeterminativo (34) - - ✔ Adjektive zur Perso‐ nenbe‐ schrei‐ bung (1) • Gioco „Chi è“? (inkl. Beruf, Herkunft etc.) - ✔ - Entwick‐ lungsstufe 4 (Pronomen + Kopula + prä‐ dikatives Ad‐ jektiv; NPSubj + Kopula + prädikatives Adjektiv) • Anschlussaktivität zu Hörübung (Zuord‐ nung von Adjektiven zur Personenbe‐ schreibung (-a/ -o/ -e) zu Personen) (27) - ✔ - • Mündliche Produktion: Il mio migliore amico/ La mia migliore amica è-… - ✔ - Anhang 247 <?page no="248"?> 108 Dabei handelt es sich um eine pattern-drill-artige Übung. 109 Bei den Beispielen handelt es sich um wenig authentische Beispiele im Kontext eines Restaurantbesuchs, zudem sind die Beispiele insgesamt wenig frequent. • Info-Box: „Lui è simpatico./ Lei è simpatica. Lui/ Lei è interessante.“ • Info-Box „Substantive im Singular auf -e sind männlich oder weiblich: maschile li‐ mone, femminile carne“ (37) Entwick‐ lungsstufe 2 Zuweisung einer Kate‐ gorie (Nu‐ merus) ✔ Lezione 1_3 Substan‐ tive auf -e • Zuordnungsübung/ Kategorisierungs‐ übung nach Genus von Wörtern (Übungs‐ teil, 132) - - ✔ Entwick‐ lungsstufe 2 Markierung einer Kate‐ gorie (Genus) • Mündliche Interaktion (Dialog an der Bar zwischen Eisverkäufer und zwei Gästen), „Ihr könnt dafür den Beispieldialog ver‐ wenden und die unterstrichenen Wörter mit den Wörtern der Liste ersetzen. Achtet dabei auf den unbestimmten Artikel.“ (38) 108 - ✔ - unbe‐ stimmter Artikel • Erarbeitung von Wortschatz Il cibo, Er‐ weiterung: „Guarda di nuovo la piramide e completa lo schema sui nomi. (singo‐ lare/ plurale)“ (37) - - ✔ Entwick‐ lungsstufe 2 Markierung einer Kate‐ gorie (Numerus) der Plural der Sub‐ stantive • Infobox zu Pluralbildung bei Fremdwör‐ tern und Wörtern mit Akzent • „Fremdwörter: un toast => due toast, Wörter mit Akzent am Wortende: un caffè => due caffè, un tè => due tè“ (38) ✔ - - Entwick‐ lungsstufe 2 Markierung einer Kate‐ gorie (Nu‐ merus/ Plural) • Infobox bei Aktivität Giocare „Schau dir die Speisekarte an und wähle pro Gang ein Gericht aus.“: „il pomodoro - i pomodori, il peperone - i peperoni, lo spaghetto - gli spaghetti, l’olio - gli olii  109 , la carota - le carote, l’insalata - le insalate, la carne - le carni“ (40) ✔ - - • Scheda Grammatica 3: „Plural der Substan‐ tive“ (männlich, weiblich, Ausnahmen) (44) ✔ - - • Scheda Bilancio: Umwandlung von Wör‐ tern im Singular in den Plural (46) - - ✔ • Umwandlung von Wörtern im Singular in den Plural (Übungsteil, 133) - - ✔ • Scheda Grammatica 3: „Der bestimmte Ar‐ tikel (Singular und Plural)“ • Übungsteil ✔ - - 248 Anhang <?page no="249"?> 110 Die Erklärung würde auch die Kongruenz bei prädikativen Adjektiven abdecken, die Beispiele beziehen sich jedoch explizit auf attributive Adjektive. der be‐ stimmte Artikel (Singular und Plural) • Scheda Grammatica 3: „Der bestimmte Ar‐ tikel (Singular und Plural)“ (männlich und weiblich) (44) ✔ Entwick‐ lungsstufe 2 Zuweisung einer Kate‐ gorie (Nu‐ merus) • Zuweisung von Artikeln zu Wörtern im Singular und Plural (Übungsteil, 134) - - ✔ • Cloze, Vervollständigung eines Dialogs mit bestimmten Artikeln (Übungsteil, 135) - - ✔ Lezione 1_6 die Über‐ einstim‐ mung der Adjektive • Zuordnungsübung Substantive-Adjektive „Adesso abbina i nomi e gli aggettivi. Poi rileggi la chat un’ultima volta e controlla.“ (77) - - ✔ Entwick‐ lungsstufe 3 NP+attribu‐ tives Ad‐ jektiv 110 -- • auf Basis einer Hörübung und eines Co‐ mics Reflexion zu Adjektivübereinstim‐ mung: „Rileggi il fumetto ancora una volta e completa le tabelle.“ (maschile singolare: monumento interesse / maschile plurale: al‐ berghi economici; femminile singolare: trat‐ toria tipica; femminile plurale: amiche fio‐ rentine) (74) - - ✔ • Scheda Grammatica 6: Übereinstimmung der Adjektive „Adjektive werden dem Sub‐ stantiv, auf das sie sich beziehen, in Ge‐ schlecht und Zahl angeglichen (negozio pic‐ colo, museo interessante, trattorie famose ecc.)“ (82) ✔ - - • Scheda Bilancio 6: Editing-Aktivität „Cor‐ regi gli errori, come nell’esempio.“ (86) - - ✔ • Umwandlung von Nominalphrasen mit attributivem Adjektiv (vom Singular ins Plural und umgekehrt) (Übungsteil, 146) - - ✔ • Bildung von Sätzen sowie Nominalph‐ rasen mit vorgegebenen Substantiven und Adjektiven. (Übungsteil, 146) - - ✔ • Infobox: „singolare - plurale antico - antichi tipica - tipiche“ (75) ✔ - - Adjektive auf -co/ -ca • Scheda Grammatica 6, Adjektive auf -co/ -ca „Achtung (nur in der männlichen Form): ristorante tipico -> ristoranti tipici, mueso storico -> musei storici; Adjektive auf -co bilden den Plural auch -chi, wenn sie auf der vorletzten Silbe betont werden und auf -ci, wenn sie auf der drittletzten Silbe betont werden“ (82) ✔ - - Entwick‐ lungsstufe 3 NP+attribu‐ tives Adjektiv -- Anhang 249 <?page no="250"?> 111 Die Pluralformen der Adjektive werden angegeben, es erfolgt jedoch kein expliziter Fokus auf die Suffixe. • Infobox zu einer Leseübung: „Molto con gli aggettivi Roma è una città molto bella. È un quartiere molto bello. con i nomi Ci sono molti musei. Ci sono molte trattorie.“ (76) ✔ molto/ molti • Scheda Grammatica 6 „Molto als Adverb ist unveränderlich. Als Adjektiv ist es ver‐ änderlich und richtet sich nach dem Wort, auf das es sich bezieht.“ (82) ✔ - - Entwick‐ lungsstufe 3 Determi‐ nant+NP - Lezione 1_8 Possessiv‐ begleiter • auf Basis einer Hörübung und eines Comics Reflexion zur Verwendung der Possessivpronomen und der Übereinstim‐ mung mit dem jeweiligen Substantiv „Adesso rileggi il fumetto alla pagina pre‐ cedente e completa lo schema sugli aggettivi possessivi.“ (singolare e plurale) (102) ✔ - - Entwick‐ lungsstufe 3 Determi‐ nant+NP - • Infobox: Aggettivi possessivi Singolare Plurale (il) nostro - (la) nostra (i) nostri - (le) nostre (il) vostro - (la) vostra (i) vostri - (le) vostre (il) loro - (la) loro (i) loro - (le) loro (103) ✔ - - • Gioco „Mio, tuo…“ zu Possessivbegleitern (104) - - ✔ • Scheda Grammatica 8 „Possessivbegleiter“ (108) ✔ - - • Reflexionsübung/ Auswahlübung „Arti‐ colo o no? “ (Übungsteil, 156) - - ✔ • Cloze ohne bank „Ergänze mit einem Pos‐ sessivbegleiter, und wenn nötig, mit dem passenden bestimmten Artikel.“ (Übungs‐ teil, 157) - - ✔ das Ad‐ jektiv bravo • Italo informa „Mamma mia è bravo […] Usiamo bravo per fare un complimento. Attenzione, bravo funziona come un agget‐ tivo normale! Le mie sorelle ballano molto bene. - Che brave! “ (106) ✔ - - Entwick‐ lungsstufe 3 Kopula + prä‐ dikatives Ad‐ jektiv Adjektive zur Perso‐ nenbe‐ schrei‐ bung (2) • mündliche Interaktion: „Secondo te come sono questi genitori? Seleziona gli aggettivi, poi motiva la tua opinione con un com‐ pagno/ una compagna.“ 111 (107) - ✔ - Entwick‐ lungsstufe 3 Kopula + prä‐ dikatives Ad‐ jektiv 250 Anhang <?page no="251"?> 112 Wie oben handelt es sich auch hier um eine stark pattern-drill-artige Übung. Lezione 2_1 quello • Infobox quello + Beispiele (13) ✔ Entwick‐ lungsstufe 3 Determi‐ nant+NP - • Scheda Grammatica 1: quello + Beispiele (20) ✔ - - • Cloze mit bank (Formen von quello) (13) ✔ - - • Cloze mit bank (Formen von quello, quanto) (22) ✔ - - plurali ir‐ regolari • Infobox: „plurali irregolari: un paio (m.) - due paia (f.)“ (10) ✔ - - Entwick‐ lungsstufe 2 Zuweisung einer Kate‐ gorie (Nu‐ merus/ Plural) colori • Infobox: „gli aggettivi beige, blu, rosa e viola sono invariabili: una gonna blu, un vestito blu, due felpe blu“ (10) ✔ - - Entwick‐ lungsstufe 3 NP+attribu‐ tives Adjektiv - • Gioco „Cerca qualcuno che….“ (inkl. Farben) (11) - ✔ - • Mündliche Interaktion „Che taglia porti“ (Dialog im Geschäft, inkl. Farben) (14) - ✔ - quanto • Infobox: „Quanto prosciutto? Quanta frutta? Quanti peperoni? Quante olive? “ ✔ - - Entwick‐ lungsstufe 3 Determi‐ nant+NP - compara‐ tivo • Mündliche Übung „Fare confronti“ 112 mit vorgegebenen Adjektiven „Beispiel: I supermercati sono meno cari dei piccoli alimentari tradizionali“ - - ✔ Entwick‐ lungsstufe 4 NPSubj + Ko‐ pula + prädi‐ katives Ad‐ jektiv) Tabelle 53: Lehrwerksanalyse (Espresso Ragazzi 1-2) hinsichtlich ausgewählter Aspekte Anhang 251 <?page no="252"?> Anhang 8 Analyseanleitung für lernersprachliche Daten (Italienisch) 1. Quantitative Auswertung Distributionsanalyse • Echos von Wörtern, die von der Interviewerin im vorangegangenen turn genannt wurden, werden für die quantitative Analyse nicht berücksichtigt • unmittelbare Wiederholungen von Wörtern oder Phrasen werden nicht berücksichtigt (vgl. Pallotti 2007, 378) Ergebnis: Tabelle 22 mit Anzahl + obligatorische Kontexte mit Evidenz für den jeweiligen Verarbeitungsmechanismus obligatorischer Kontexte ohne Evidenz für den jeweiligen Verarbeitungsmechanismus 2. Qualitative Auswertung • Anwendung von Ausschlusskriterien (s. unten), die für die jeweilige Struktur spezifisch sind, und nicht als Evidenz für emergence herangezogen werden können • Überprüfung der produktiven Verwendung der jeweiligen Verarbeitungsmechanismen (s. unten) ▸ Morphologische Varianz ▸ Lexikalische Varianz „the rule is supplied more than once in lexically and structurally varied environments“ (Di Biase/ Kawaguchi 2002, 288) • Anwendung des emergence criterion + sprachlicher Kontext wird erzeugt, genügend Evidenz für den Erwerb des Verarbeitungsmechanismus (+) sprachlicher Kontext wird erzeugt, ungenügende Evidenz für den Erwerb des Verarbeitungsmechanismus aufgrund mangelnder lexikalische und/ oder morphologische Varianz sprachlicher Kontext wird erzeugt, keine Evidenz für den Verarbeitungsmechanismus / keine Evidenz, sprachlicher Kontext wird nicht erzeugt Morphosyntaktische Struktur Vorgangsweise in der Auswertung Entwicklungssequenz Kategorieprozedere---Keine Merkmalsunifizierung Pluralmarkierung am N Spezifische Ausschlusskriterien • Wörter, die im Input und im Lehrwerk gehäuft im Plural vor‐ kommen: capelli, genitori, occhiali, pantaloni, soldi, spaghetti, stivali • Wendungen/ formulae (Lenzing 2013, 163), die im Lehrwerk als solche vorkommen: a pois, a righe, a quadri • unflektierbare Substantive: autobus, auto, bar, bici, caffè, cinema, foto, hobby, jeans, moto, scooter Produktive Verwendung • morphologische Varianz mindestens ein Lexem/ Substantiv mit Plural- und Singularmor‐ phem (morphologisches Minimalpaar, zB gatto - gatti) UND 252 Anhang <?page no="253"?> • lexikalische Varianz Pluralmorphem, das bei mindestens zwei unterschiedlichen Le‐ xemen/ Substantiven auftritt (zB gelati, fiori, libri, punti) Systematische Verwendung • Überprüfung der Verwendung des Pluralmorphems in nicht-obli‐ gatorischen Kontexten (Singular-Kontexten), zB un gatti • Überprüfung kreativer Anwendungen, zB due auto auti; tre turtli Markierung der Person am V Spezifische Ausschlusskriterien • Wendungen/ formulae (Lenzing 2013, 163), die im Lehrwerk als solche vorkommen: mi piace, ti piace Produktive Verwendung • morphologische Varianz mindestens ein Verb in zwei verschiedenen morphologischen Formen (zB mangiare - mangio oder gioca---giocano) UND • lexikalische Varianz Morphem, das bei mindestens zwei unterschiedlichen Le‐ xemen/ Verben auftritt (zB abito, divido, parlo) Systematische Verwendung • Überprüfung der Verwendung finiter, konjugierter Verben (zur Markierung der Person) in infiniten Kontexten: keine Beispiele dafür im Datensatz Markierung der Ver‐ gangenheit am V Spezifische Ausschlusskriterien • keine Produktive Verwendung • morphologische Varianz mindestens ein Verb in zwei verschiedenen morphologischen Formen (zB mangiare - mangiato oder mangio---mangiato) UND • lexikalische Varianz Morphem, das bei mindestens zwei unterschiedlichen Le‐ xemen/ Verben auftritt (zB mangiato, nuotato, piaciuto) Systematische Verwendung • Überprüfung der Verwendung des Partizip Perfekt in Präsens-Kon‐ texten: keine Beispiele dafür im Datensatz Entwicklungssequenz Phrasales Prozedere - Merkmalsunifizierung auf der Ebene des Syntagmas Determinant + N Spezifische Ausschlusskriterien • Artikel nicht als Evidenz für die morphologischen Verarbeitungs‐ prozesse auf Ebene der Phrase (vgl. Di Biase / Bettoni 2015, 122) Produktive Verwendung • morphologische Varianz mindestens ein Lexem/ Determinant mit variierendem Numerusund/ oder Genusmorphem (zB questo maglione - queste borse) UND Anhang 253 <?page no="254"?> • lexikalische Varianz mindestens zwei unterschiedliche Determinanten und Substantive (zB queste borse - molti libri) N attributives Ad‐ jektiv Spezifische Ausschlusskriterien • Wendungen/ formulae (Lenzing 2013, 163), die im Lehrwerk als solche vorkommen: a maniche corte, a maniche lunghe • unflektierbare Adjektive: beige, blu, rosa, viola Produktive Verwendung • morphologische Varianz mindestens ein Lexem/ Adjektiv mit variierendem Numerusund/ oder Genusmorphem (zB la borsa gialla, tre pesci gialli) UND • lexikalische Varianz mindestens zwei unterschiedliche Adjektive und Substantive (zB la borsa gialla, i capelli neri); die Variation muss dabei über ein Adjektiv im Singular Maskulinum der Deklinationsklasse -o und ein Adjektiv im Singular Maskulinum/ Femininum der Deklinati‐ onsklasse--e hinausgehen Kopula prädikatives Adjektiv Spezifische Ausschlusskriterien • unflektierbare Adjektive: beige, blu, rosa, viola Produktive Verwendung • morphologische Varianz mindestens ein Lexem/ Adjektiv mit variierendem Numerusund/ oder Genusmorphem (zB è gialla, sono gialli) UND • lexikalische Varianz mindestens zwei unterschiedliche Adjektive und Substantive (zB è gialla, sono neri); die Variation muss dabei über ein Adjektiv im Singular Maskulinum der Deklinationsklasse -o und ein Adjektiv im Singular Maskulinum/ Femininum der Deklinationsklasse--e hinausgehen Aux essere Verb-to Spezifische Ausschlusskriterien • keine Produktive Verwendung • morphologische Varianz mindestens ein Verb/ Partizip mit variierendem Numerusund/ oder Genusmorphem (zB sono andata - siamo andati) UND • lexikalische Varianz Numerusund/ oder Genusmorphem, das bei mindestens zwei unterschiedlichen Lexemen/ Partizipien auftritt (zB siamo andati, siamo usciti); die Variation muss dabei über das default-Singular Maskulinum hinausgehen (vgl. Di Biase/ Bettoni 2015, 124) 254 Anhang <?page no="255"?> Entwicklungssequenz Satzprozedere - Merkmalsunifizierung zwischen Syntagmen NPsubj Kopula prädi‐ katives Adjektiv Spezifische Ausschlusskriterien • unflektierbare Adjektive: beige, blu, rosa, viola Produktive Verwendung • morphologische Varianz mindestens ein Lexem/ Adjektiv mit variierendem Numerusund/ oder Genusmorphem (zB la borsa è gialla, i libri sono gialli) UND • lexikalische Varianz Numerusund/ oder Genusmorphem, das bei mindestens zwei unterschiedlichen Adjektiven und Substantiven auftritt (zB la borsa è gialla, i libri sono neri); die Variation muss dabei über ein Adjektiv im Singular Maskulinum der Deklinationsklasse -o und ein Adjektiv im Singular Maskulinum/ Femininum der Deklinati‐ onsklasse--e hinausgehen NPsubj auxiliar V-to Spezifische Ausschlusskriterien • unflektierbare Adjektive: beige, blu, rosa, viola Produktive Verwendung • morphologische Varianz mindestens ein Verb/ Partizip mit variierendem Numerusund/ oder Genusmorphem (zB La mia amica è andata al mare. - La mia famiglia ed io siamo andati a Roma.) UND • lexikalische Varianz Numerusund/ oder Genusmorphem, das bei mindestens zwei unterschiedlichen Lexemen/ Partizipien auftritt (zB I ragazzi sono andati a ballare. I ragazzi sono usciti); die Variation muss dabei über Singular Maskulinum hinausgehen NPtopic Clobj V NPsubj Spezifische Ausschlusskriterien • Wendungen/ formulae (Lenzing 2013, 163), die im Lehrwerk als solche vorkommen: non lo so, dammelo, dimmelo Produktive Verwendung • morphologische Varianz mindestens ein Objektpronomen mit Variation in Genus und/ oder Numerus (zB la torta la compro io / le torte le compro io) UND • lexikalische Varianz co-referentielles Topik, das lexikalisch variiert (zB i libri li compro io, la torta la compro io) NPtopic Clobj AUX V-to NPsubj Spezifische Ausschlusskriterien • Wendungen/ formulae (Lenzing 2013, 163), die im Lehrwerk als solche vorkommen: ce l’ho fatta Produktive Verwendung • morphologische Varianz mindestens ein Objektpronomen mit Variation in Genus und/ oder Numerus (zB la torta l’ho comprata io / le torte le ho comprate io) UND Anhang 255 <?page no="256"?> • lexikalische Varianz co-referentielles Topik, das lexikalisch variiert (zB i libri li ho comprati io, le torte le ho comprate io) Entwicklungssequenz Satzprozedere - Merkmalsunifizierung zwischen Sätzen Markierung des con‐ giuntivo Produktive Verwendung • morphologische Varianz mindestens ein Verb in zwei verschiedenen morphologischen Formen (zB giochi---giochino) UND • lexikalische Varianz Morphem, das bei mindestens zwei unterschiedlichen Le‐ xemen/ Verben auftritt (zB veda, mangi, parlino) Systematische VerwendungÜberprüfung der Verwendung von Verben im Konjunktiv in nicht-obligatorischen Kontexten: keine Bei‐ spiele dafür im Datensatz Tabelle 54: Analyseanleitung für lernersprachliche Daten (Italienisch) 256 Anhang <?page no="257"?> Anhang 9 Sentence Matching Task (SMT) - Detaillierte deskriptivstatistische Ergebnisse für Gruppen 1, 2, 3 und Kontrollgruppe Gruppe 1 - attributiv_gr attributiv_ugr prädikativ_gr prädikativ_ugr Mittelwert 0,8797 0,9301 0,8897 0,8959 Median 0,8099 0,8593 0,8353 0,8782 Modus 0,3346 0,4292 0,3374 0,4230 Standardabw. 0,3813 0,3555 0,3268 0,2864 Minimum 0,3346 0,4292 0,3374 0,4230 Maximum 2,1790 2,4104 1,9846 1,8465 Tabelle 55: Detaillierte deskriptivstatistische Ergebnisse für Gruppe 1 Gruppe 2 - attributiv_gr attributiv_ugr prädikativ_gr prädikativ_ugr Mittelwert 0,8609 0,9001 0,8701 0,8676 Median 0,8655 0,8539 0,8657 0,8160 Modus 0,4249 0,3219 0,3183 0,2221 Standardabw. 0,2178 0,2755 0,2511 0,3068 Minimum 0,4249 0,3219 0,3183 0,2221 Maximum 1,3640 1,4955 1,3943 1,6000 Tabelle 56: Detaillierte deskriptivstatistische Ergebnisse für Gruppe 2 Anhang 257 <?page no="258"?> Gruppe 3 - attributiv_gr attributiv_ugr prädikativ_gr prädikativ_ugr Mittelwert 1,0089 0,9118 0,7632 0,9603 Median 1,0120 0,9340 0,8274 0,9905 Modus 0,3888 0,3086 0,3672 0,3117 Standardabw. 0,2762 0,3190 0,2639 0,3208 Minimum 0,3888 0,3086 0,3672 0,3117 Maximum 1,6216 1,6144 1,2498 1,6511 Tabelle 57: Detaillierte deskriptivstatistische Ergebnisse für Gruppe 3 Kontrollgruppe - attributiv_gr attributiv_ugr prädikativ_gr prädikativ_ugr Mittelwert 0,6192 0,7278 0,6760 0,7842 Median 0,0285 0,0407 0,0278 0,0330 Modus 0,5817 0,6676 0,6916 0,7666 Standardabw. 0,0293 0,1660 0,1149 0,1741 Minimum 0,2764 0,3967 0,2707 0,3195 Maximum 0,0293 0,1660 0,1149 0,1741 Mittelwert 1,3209 2,8119 1,3571 1,6243 Tabelle 58: Detaillierte deskriptivstatistische Ergebnisse für die Kontrollgruppe 258 Anhang <?page no="259"?> Register accuracy-32, 79, 83, 96 ff., 100, 104, 106 f., 196 f. Adjektivkongruenz-18, 36, 38, 57, 70, 75, 78, 88, 115, 121-124, 136 f., 163, 174, 184, 188-193, 195 f., 199, 201, 205, 207 f. Arbeitsgedächtnis-43 A-Struktur 47, 49, 56, 64 ff., 71, 92, 104, 139 Auditory Sentence Matching Task-207 Basic Variety-32 chance performance-96 f., 101, 106 f. chunks-18, 88, 126 coefficient of scalability-75, 180, 195 f., 207 Determinant-165 f., 173, 197 Developmentally Moderated Focus on Form (DMFonF)-199, 210 Distraktoren-124, 141 f. Distributionsanalyse-75, 78 ff., 82, 84, 97, 101, 138, 145 f., 195, 207 Drittsprache (L3)-19, 21 f., 115, 149, 151, 156, 162, 168, 173, 183 f., 195 f., 199, 207 Einschränkungen-33, 37, 40 f., 47 f., 65, 103 f., 205 emergence criterion-23, 32, 74, 79-84, 97, 101, 103, 105 ff., 139 f., 146, 163, 173, 179, 185, 195, 197, 203 Entwicklungsstand-23, 136, 184, 195, 197 f., 210 Ereigniswahrscheinlichkeit-39, 90, 92 Erstsprache (L1)-16 f., 20 ff., 25, 31 f., 35, 38 f., 45, 61, 69, 74, 76 ff., 89, 94 f., 99 f., 102, 104, 109, 111, 126, 134 f., 141, 150, 157, 165, 174, 183, 185, 192, 202, 205, 207 f. Erwerbssequenz-31, 35 Erwerbssequenzen-31, 33 Erwerbsstufe-32 ff., 69, 102, 145, 149, 174, 183 ff., 197, 207 European Science Foundation Project 32, 36 experimental items-124, 126, 141 Flexionsmorphem-59, 71, 201 Focus on Form-199, 210 Form-Funktions-Beziehung-59 f., 63, 67, 69, 83, 100, 139, 203 F-Struktur-47-57, 64 f., 71, 92, 104, 139 functional load-38, 203 gaining control-84, 204, 208 Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen (GERS)-17 f., 88, 121, 135 f. Good-Enough Approach to Language Com‐ prehension-90 hypothesis space-34, 164 Implicational scaling-84, 86 implikationale Abfolge-86, 196 f. Instructed Second Language Acquisition (ISLA)-19, 209 intrastage-75 Kategorieprozedere-68, 77, 136, 149, 154, 156, 159, 166, 183 f., 190, 198, 207, 209 Kontrollgruppe 89, 96, 99 f., 131, 134, 141 f., 144, 185-189, 192 f., 208 Kopula-60, 69, 75 f., 121, 160, 169-172, 174 f. Korpus COLI-17 Korpus MERLIN-17 Korpus VALICO-17 K-Struktur-47, 50 f., 53-57, 64, 71, 92, 100, 104, 139 L1-Transfer-31, 39 Lernersprache 16, 18, 20, 23, 30, 33 ff., 78 f., <?page no="260"?> 81, 88, 102, 138, 140, 195, 197, 209 f. lexikalische Semantik-90, 92 Lexikalisch Funktionale Grammatik (LFG)-44, 46-52, 56 f., 60, 64 f., 71 f., 91, 100, 104, 110, 139, 177, 205 mastery-32, 82, 84, 204, 208 Merkmale-26, 32, 47 f., 52, 56 f., 61, 63, 65, 69 f., 72 f., 78, 82, 85 f., 88, 92, 95, 99 f., 105, 138, 140, 145 f., 149, 153, 169 f., 174, 176, 197, 203 Merkmalsunifizierung-46, 49 f., 52, 57, 60, 63 ff., 67, 69, 73, 77, 82 f., 100, 104, 126, 139, 149, 154, 160, 162, 164 f., 168-177, 179, 183, 203 Morphosyntaktische Merkmale-149 Multidimensional Model-32 ff., 79 Multiple Constraints Hypothesis (MCH)-64 f., 90 f., 110 N-Adjektivphrase-162 ff. Nebensatzprozedere-71, 178 Nominalphrase-51, 60, 63, 69 f., 75, 77, 88, 104 f., 149, 152, 160, 162, 165 f., 169, 171, 173 ff., 177, 195, 202 Null-Subjekt-76, 169 f., 172, 175 f., 208 Obligatorische Kontexte-162 Online-Cognitive-Equilibrium Hypo‐ thesis-90, 93 f. Optimalitätstheorie-205 parsing-25 Phrasales Prozedere-136, 160, 173, 183 ff., 197, 199 Pilotierung-88, 122 f. Pluralmarkierung-60, 67, 69, 75, 136 f., 139 f., 149-152, 156 f., 203 Possessiva-60, 166 ff. Post-Basic Variety-33 Pre-Basic Variety-32 Procedural Skills Hypothesis-89 f., 108, 110 Processability Theory (PT)-15, 29, 33-36, 38, 41 ff., 46, 61 f., 64, 66 ff., 73-77, 84 ff., 89-92, 94, 96, 98 f., 101 ff., 106, 108, 111, 115, 123 ff., 135, 137, 139, 145, 160, 164, 179 f., 191, 195, 197 ff., 201 ff., 207 ff. processing-19, 25, 46, 89 f., 92 f., 96, 99 f., 111, 201 f. Processing Instruction Ansatz-210 Pro-Drop-69, 71 Progetto di Pavia-16, 35 Reaktionszeiten-20, 98 f., 102, 106 f., 109, 111, 124, 127, 141, 143 f., 184-193, 200, 202 f., 207 Satzprozedere-69, 77, 123, 136, 174, 176, 178, 183, 185, 198 f., 207, 209 Sentence Matching Task-89, 102 f., 105 f., 108-113, 123, 144, 184 f., 195, 201, 203, 207 f. shallow processing-92, 201 shared grammatical workspace-15, 90, 94, 205 Simplifizierung-33 Spot the Difference Task-76, 88, 122, 129, 154, 235 f., 238 Sprachproduktion 15 f., 18, 22 f., 25-29, 31, 36, 38, 40 f., 44 f., 61, 84, 87, 89 f., 92, 95 f., 98, 101, 108, 115, 121, 137, 145, 193, 195, 199 f., 202-205, 207 ff. Sprachproduktionsmodell-28 f., 42-45, 61, 72, 90, 92, 111 Sprachrezeption-15 f., 18, 22 f., 25 ff., 29, 36 f., 40 f., 89, 92-96, 101 f., 104 f., 107 f., 115, 123, 141, 145, 184, 193, 195, 199 f., 203 ff., 207 ff. Stimulus-18, 111, 126 Task-74, 87, 89, 96-101, 106 ff., 110 f., 115- 119, 121 ff., 129 f., 210, 233-236 Teachability Hypothesis-42, 135, 199 typologisch-46 f., 73, 98 Variabilität-34 260 Register <?page no="261"?> Verarbeitungshierarchie-44, 46, 62, 74, 180, 207 Verarbeitungsmechanismen-61 f., 75, 79, 83, 92, 94, 96, 98, 102, 110, 128, 135, 139, 184 ff., 188, 200-203, 208, 210 Verbalphrase 69, 105, 152, 160, 169, 171 ff., 176, 191, 196 Verbmarkierung-152, 156 ZISA-Projekt-32 f., 79 Zweitsprache (L2)-15-18, 20-23, 25, 29, 31 f., 34-42, 45 f., 49, 61 f., 64 f., 67 ff., 77 ff., 82, 84 f., 89-92, 94, 96, 100 ff., 108 ff., 112, 115, 126, 143, 166, 184 f., 195 f., 201 f., 204, 209 f., 213, 215 Zweitspracherwerb-15 f., 21 f., 31 f., 34, 36, 38, 45 f., 61, 67, 69, 79, 82, 84 f., 90 f., 94, 100, 108, 110, 115, 204, 209 Register 261 <?page no="263"?> Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Levelts Sprachproduktionsmodell (Eigene Darstellung nach Levelt 1989, 9) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Abbildung 2: Form-Funktions-Beziehungen bei der Pluralmarkierung (nach Di Biase/ Bettoni 2015, 120) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Abbildung 3: Überblick über die Multiple Constraints Hypothesis (Eigene Darstellung nach Lenzing 2013, 8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Abbildung 4: Merkmalsunifizierung in einem VS-Satz (Eigene Darstellung nach Vigliocco et al. 1995, 209) . . . . . . . . . . . . . 73 Abbildung 5: Berechnung des coefficient of reproducibility (Übersetzt von Rickford 2002, 154) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Abbildung 6: Integrated-Encoding-Decoding Model of SLA (Eigene Darstellung nach Lenzing 2021, 90) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Abbildung 7: The Online Cognitive Equilibrium Hypothesis (Eigene Darstellung nach Karimi/ Ferreira 2016, 1019) . . . . . . . . . . . 94 Abbildung 8: Aufgabenstellung Task 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Abbildung 9: Aufgabenstellung Task 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Abbildung 10: Aufgabenstellung Task 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Abbildung 11: Aufgabenstellung Task 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 Abbildung 12: Aufgabenstellung Aufwärmaktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Abbildung 13: Auftreten der ● Pluralmarkierung (Entwicklungsstufe 2), ■ attributiven (Entwicklungsstufe 3) und ◆ prädikativen Adjektivkongruenz (Entwicklungsstufe 4) in den Lektionen 1-8 (Band-1) 9 (Lektion 1, Band-2) des Lehrwerks Espresso Ragazzi 1 und 2 (Orlandino et al. 2017, 2018) . . . . . . . . . . . . 137 Abbildung 14: Überblick über den Erwerb der morphologischen Strukturen in Entwicklungsstufe Kategorieprozedere (n=29) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Abbildung 15: Überblick über den Erwerb morphologischer Strukturen in der Entwicklungsstufe Phrasales Prozedere (n=29) . . . . . . . . 173 Abbildung 16: Überblick über den Erwerb morphologischer Strukturen in der Entwicklungsstufe Satzprozedere (n=29) . . . . . . . . . . . . . 178 Abbildung 17: Überblick über alle Erwerbsstufen (n=29) . . . . . . . . . . . . . . . 180 Abbildung 18: Überblick durchschnittliche Reaktionszeiten (alle Bedingungen, alle Gruppen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 <?page no="264"?> Abbildung 19: Erworbene Verarbeitungsmechanismen in der Sprachproduktion vs. -rezeption für alle Gruppen . . . . . . . . 200 264 Abbildungsverzeichnis <?page no="265"?> Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Form-Funktions-Beziehungen bei Flexionsmorphemen (Substantive), adaptiert von Gudmundson (2013, 234) . . . . . . . 59 Tabelle 2: Verarbeitungshierarchie (adaptiert und übersetzt von Pienemann 1998a, 80) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Tabelle 3: Vorhersagen der PT (adaptiert nach Pienemann 1998a, 79) . . . 62 Tabelle 4: Arten von Morphemen (adaptiert für das Italienische auf Basis von Pienemann/ Lenzing 2020, 166) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Tabelle 5: Entwicklungsstufen für die italienische L2-Morphologie (Eigene Darstellung nach Di Biase/ Bettoni 2015, 121) . . . . . . . 68 Tabelle 6: Beispiel Distributionsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 Tabelle 7: Von emergence zu mastery (Sprachproduktion) . . . . . . . . . . . . . 84 Tabelle 8: Implicational scaling angepasst für longitudinale Daten (vgl. Lenzing 2021, 76) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Tabelle 9: Implicational scaling angepasst für Querschnittdaten (vgl. Lenzing 2021, 77) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Tabelle 10: Emergence criterion und chance performance (Eigene Darstellung nach Buyl 2019, 87) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Tabelle 11: Überblick über die produktiven Tasks (orientiert an Hinger 2016, 200) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Tabelle 12: Überblick über Adjektivkongruenz nach PT . . . . . . . . . . . . . . . 124 Tabelle 13: Beispiel für grammatische und ungrammatische Satzpaare (jeweils nur ein Satz abgedruckt) in beiden Bedingungen (attributiv/ prädikativ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Tabelle 14: Überblick über den Ablauf der Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . 130 Tabelle 15: Auswertung der Gesprächsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Tabelle 16: Auswertung Gesprächsdauer und Dauer RT-Experiment pro Lerner*in . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Tabelle 17: Demographische Informationen der Lerner*innen . . . . . . . . . . 133 Tabelle 18: Überblick Transkriptionszeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Tabelle 19: Operationalisierung des emergence criterion (basierend auf Pienemann 1998a, 146, Di Biase 1998) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 Tabelle 20: Häufigkeiten der Fehlerquote (%) über alle Items hinweg sowie Fehlerquoten (%) inkl. und exkl. Distraktoren pro Proband*in (Kontrollgruppe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 <?page no="266"?> Tabelle 21: Gegenüberstellung der Fehlerquoten (%) zwischen Kontroll- und Lerner*innengruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Tabelle 22: Quantitative Auswertung morphologischer Strukturen nach Di Biase/ Bettoni (2015, 121) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Tabelle 23: Überblick Erwerb einzelner morphologischer Strukturen pro Entwicklungsstufe nach Di Biase/ Bettoni (2015, 121) . . . . . . . 148 Tabelle 24: Unterschiedliche Pluralmorpheme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Tabelle 25: Pluralmorpheme in Singularkontexten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Tabelle 26: Maximales Schema finiter Verben im Italienischen (nach Schwarze 2009, 84) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Tabelle 27: Lerner*innenäußerungen mit Markierung der Vergangenheit, die Kontexte aufweisen, aber ungenügend Evidenz für den Erwerb liefern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Tabelle 28: Übersicht Erwerb der Vergangenheitsmarkierung und bereits produzierte auxiliare (avere und essere) pro Lerner*innenäußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Tabelle 29: Flexionsklassen des Adjektivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Tabelle 30: Obligatorische Kontexte für N+attributives Adjektiv ohne default . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Tabelle 31: Detaillierte Analyse des Aufbaus der Nominalphrase hinsichtlich der Verwendung von Präpositionen (in %) . . . . . . 165 Tabelle 32: Detaillierte Analyse der Nominalphrase hinsichtlich der Stellung der Adjektivphrase (in %) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Tabelle 33: Überblick über Determinanten in den Lerner*innenäußerungen (Anzahl absolut) . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Tabelle 34: Possessiva in den Lerner*innenäußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Tabelle 35: Lexikalische und morphologische Varianz der Possessivpronomina in den Lerner*innenäußerungen . . . . . . . 168 Tabelle 36: Überblick über die Anzahl und Art der zu unifizierenden Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Tabelle 37: Detaillierte Auswertung der obligatorischen Kontexte mit Kopula (Null-Subjekt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 Tabelle 38: Sprachentwicklungsstand der Lerner*innen auf Basis der von Di Biase/ Bettoni (2015, 121) definierten Entwicklungsstufen . 179 Tabelle 39: Anordnung nach Strukturen, die die Proband*innen am häufigsten erworben haben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Tabelle 40: Gesamtüberblick Sprachentwicklungsstand Lerner*innen nach Lernjahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Tabelle 41: Gruppenbildung auf Basis der produktiven Daten . . . . . . . . . . 185 266 Tabellenverzeichnis <?page no="267"?> Tabelle 42: Reaktionszeiten (in Sekunden) für Satzpaare (gesamt) nach Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Tabelle 43: Reaktionszeiten (in Sekunden) für grammatische und ungrammatische Satzpaare nach Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Tabelle 44: Berechnung der Normalverteilung für die jeweiligen Gruppen 187 Tabelle 45: Ergebnisse Vergleich Reaktionszeiten (in Sekunden) grammatisch-ungrammatisch im Vergleich für alle Gruppen . 189 Tabelle 46: Vergleich durchschnittliche Reaktionszeiten attributiv und prädikativ, Ergebnisse Wilcoxon Test, Gruppe 1 . . . . . . . . . . . . . 190 Tabelle 47: Vergleich durchschnittliche Reaktionszeiten attributiv und prädikativ, Ergebnisse Wilcoxon Test, Gruppe 2 . . . . . . . . . . . . . 191 Tabelle 48: Vergleich durchschnittliche Reaktionszeiten attributiv und prädikativ, Ergebnisse Wilcoxon Test, Gruppe 3 . . . . . . . . . . . . . 191 Tabelle 49: Vergleich durchschnittliche Reaktionszeiten attributiv und prädikativ, Ergebnisse Wilcoxon Test, Kontrollgruppe . . . . . . . 192 Tabelle 50: Deskriptiv- und inferenzstatistische Ergebnisse für attributive und prädikative Adjektivkongruenz für die Lerner*innengruppen 1, 2 und 3 und die Kontrollgruppe . . . . 193 Tabelle 51: Kongruenz mit Determinanten, attributiven und prädikativen Adjektiven im Vergleich (produktive Daten) . . . . . . . . . . . . . . . 196 Tabelle 52: Mögliche Erweiterungen von emergence zu mastery für die Sprachproduktion und die Sprachrezeption . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Tabelle 53: Lehrwerksanalyse (Espresso Ragazzi 1-2) hinsichtlich ausgewählter Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Tabelle 54: Analyseanleitung für lernersprachliche Daten (Italienisch) . . . 252 Tabelle 55: Detaillierte deskriptivstatistische Ergebnisse für Gruppe 1 . . . 257 Tabelle 56: Detaillierte deskriptivstatistische Ergebnisse für Gruppe 2 . . . 257 Tabelle 57: Detaillierte deskriptivstatistische Ergebnisse für Gruppe 3 . . . 258 Tabelle 58: Detaillierte deskriptivstatistische Ergebnisse für die Kontrollgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 Tabellenverzeichnis 267 <?page no="268"?> Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung Bisher sind erschienen: 1 Daniel Reimann, Andrea Rössler (Hrsg.) Sprachmittlung im Fremdsprachenunterricht 2013, 304 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-6824-3 2 Daniel Reimann (Hrsg.) Kontrastive Linguistik und Fremdsprachendidaktik Iberoromanisch- Deutsch Studien zu Morphosyntax, Mediensprache, Lexikographie und Mehrsprachigkeitsdidaktik (Spanisch, Portugiesisch, Katalanisch, Deutsch) 2014, 292 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-6825-0 3 Christine Michler, Daniel Reimann (Hrsg.) Sehverstehen im Fremdsprachenunterricht 2016, 446 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-6876-2 4 Lieselotte Steinbrügge Fremdsprache Literatur Literarische Texte im Fremdsprachenunterricht 2016, 134 Seiten €[D] 49,- ISBN 978-3-8233-8002-3 5 Ferran Robles i Sabater, Daniel Reimann, Raúl Sánchez Prieto (Hrsg.) Angewandte Linguistik Iberoromanisch - Deutsch Studien zu Grammatik, Lexikographie, interkultureller Pragmatik und Textlinguistik 2016, 259 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-6941-7 6 Ferran Robles i Sabater, Daniel Reimann, Raúl Sánchez Prieto (Hrsg.) Sprachdidaktik Spanisch - Deutsch Forschungen an der Schnittstelle von Linguistik und Fremdsprachendidaktik 2016, 188 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8014-6 7 Christoph Bürgel, Daniel Reimann (Hrsg.) Sprachliche Mittel im Unterricht der romanischen Sprachen Aussprache, Wortschatz und Morphosyntax in Zeiten der Kompetenzorientierung 2017, 419 Seiten €[D] 88,- ISBN 978-3-8233-8096-2 8 Elena Schäfer Lehrwerksintegrierte Lernvideos als innovatives Unterrichtsmedium im fremdsprachlichen Anfangsunterricht (Französisch/ Spanisch) 2017, 374 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-8089-4 9 Theresa Venus Einstellungen als individuelle Lernervariable Schülereinstellungen zum Französischen als Schulfremdsprache - Deskription, Korrelationen und Unterschiede 2017, 418 Seiten €[D] 88,- ISBN 978-3-8233-8136-5 <?page no="269"?> 10 Victoria del Valle Luque Poesía Visual im Spanischunterricht Von der literaturwissenschaftlichen Analyse zur gegenstands- und kompetenzorientierten Didaktik 2018, 311 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-8170-9 11 Bernd Sieberg Gesprochenes Portugiesisch aus sprachpragmatischer Perspektive 2018, 260 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-8186-0 12 Silvia Melo-Pfeifer, Daniel Reimann (Hrsg.) Plurale Ansätze im Fremdsprachenunterricht in Deutschland State of the art, Implementierung des REPA und Perspektiven 2018, 354 Seiten €[D] 88,- ISBN 978-3-8233-8189-1 13 Clémentine Abel Ausspracheschulung Erhebung der Kompetenzen, Überzeugungen und Praktiken von Französischlehrkräften. Entwicklung eines bedarfsbezogenen Fördermoduls 2018, 214 Seiten €[D] 58,- ISBN 978-3-8233-8264-5 14 Christian Koch, Daniel Reimann (Hrsg.) As Variedades do Português no Ensino de Português Língua N-o Materna 2019, 225 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8221-8 15 Daniel Reimann, Ferran Robles i Sabater, Raúl Sánchez Prieto (Hrsg.) Kontrastive Pragmatik in Forschung und Vermittlung Deutsch, Spanisch und Portugiesisch im Vergleich 2019, 381 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-8124-2 16 Marta García García, Manfred Prinz, Daniel Reimann (Hrsg.) Mehrsprachigkeit im Unterricht der romanischen Sprachen Neue Konzepte und Studien zu Schulsprachen und Herkunftssprachen in der Migrationsgesellschaft 2020, 409 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8385-7 17 Lukas Eibensteiner Transfer im schulischen Drittspracherwerb des Spanischen Wie L2-Kenntnisse des Englischen, Französischen und Lateinischen den L3- Erwerb von perfektivem und imperfektivem Aspekt im Spanischen beeinflussen 2021, 361 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-8435-9 18 Elissa Pustka (Hrsg.) La prononciation du français langue étrangère Perspectives linguistiques et didactiques 2021, 481 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-8428-1 <?page no="270"?> 19 Christian Helmchen, Sílvia Melo-Pfeifer, Julia von Rosen (Hrsg.) Mehrsprachigkeit in der Schule Ausgangspunkte, unterrichtliche Herausforderungen und methodischdidaktische Zielsetzungen 2021, 308 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8305-5 20 Cornelia Döll, Christine Hundt, Daniel Reimann (Hrsg.) Pluricentrismo e heterogeneidade O Ensino do Português como Língua de Herança, Língua de Contato e Língua Estrangeira 2022, 470 Seiten €[D] 82,- ISBN 978-3-8233-8487-8 22 Carmen Konzett-Firth, Alexandra Wojnesitz (Hrsg.) Mündlichkeit im Französischunterricht: Multiperspektivische Zugänge 2022, 323 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8496-0 23 Lukas Eibensteiner, Amina Kropp, Johannes Müller-Lancé, Claudia Schlaak (Hrsg.) Neue Wege des Französischunterrichts Linguistic Landscaping und Mehrsprachigkeitsdidaktik im digitalen Zeitalter 2023, 288 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8477-9 24 Elissa Pustka (Hrsg.) La bande dessinée perspectives linguistiques et didactiques 2022, 540 Seiten €[D] 88,- ISBN 978-3-8233-8486-1 25 Daniel Reimann (Hrsg.) Geschichte und Gegenwart der romanistischen Fachdidaktik und Lehrkräftebildung perspectives linguistiques et didactiques 2022, ca. 300 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-8578-3 26 Ferran Robles, Kathrin Siebold (Hrsg.) El español y el alemán en contraste y sus implicaciones didácticas Nuevas aportaciones desde la gramática, la traducción y la lingüística de corpus 2022, 288 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-8593-6 27 Juliane Costa Wätzold A Língua de Herança em contexto n-oformal de aprendizagem: o caso da transmiss-o intergeracional do Português Um estudo qualitativo 2023, 389 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-8603-2 28 Katrin Schmiderer Produktiver und rezeptiver Grammatikerwerb im schulischen Italienischunterricht Eine Lernersprachenanalyse 2023, 267 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8599-8 <?page no="271"?> ISBN 978-3-8233-8599-8 Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung 28 RFU 28 Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung 28 Dieser Band liefert eine empirische Untersuchung des produk�ven und rezep�ven Gramma�kerwerbs bei Italienisch-Schüler: innen der Sekundarstufe II. Am Beispiel der Adjek�vkongruenz wird der Frage nachgegangen, ob der Gramma�kerwerb sowohl bei der Sprachproduk�on als auch bei der Sprachrezep�on den von der Processability Theory postulierten Entwicklungsstufen folgt. Zur Iden�fika�on der im zweiten Lernjahr erworbenen Entwicklungsstufen werden mündliche spontansprachliche Daten auf Basis von kommunika�ven Aufgaben herangezogen. Zudem werden die Reak�onszeiten der Lerner: innen in einem Auditory Sentence Matching Task untersucht. Die gewonnenen Einsichten in den produk�ven und rezep�ven Spracherwerb können wich�ge Bezugspunkte für Italienischdidak�ker: innen und -lehrer: innen bieten. Schmiderer Produktiver und rezeptiver Grammatikerwerb im schulischen Italienischunterricht Katrin Schmiderer Produktiver und rezeptiver Grammatikerwerb im schulischen Italienischunterricht Eine Lernersprachenanalyse