eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 53/2

Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
10.24053/FLuL-2024-0027
121
2024
532 Gnutzmann Küster Schramm

Pro - Studierende als Fremdsprachenlehrkräfte: Durch ein ‘Duales Studium’ den Realitäten begegnen?

121
2024
Bianca Roters
flul5320140
DOI 10.24053/ FLuL-2024-0027 53 • Heft 2 Aufgrund des Beschlusses der Kultusministerkonferenz im März 2023 zu flexibleren Einstiegswegen ins Lehramt werden derzeit an einzelnen Standorten in verschiedenen Bundesländern, u.a. Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen-Anhalt, Modellversuche für angehende Sekundarschullehrkräfte entwickelt, die einen frühen und umfangreichen Praxisbezug in das Studium integrieren. In diesen dualen Studiengängen sollen in einem iterativen Prozess ab dem 3. Semester unterrichtliche Praxisphasen mit eher theoretisch ausgerichteten Phasen an den Universitäten und Pädagogischen Hochschulen verzahnt werden. Die Studierenden sollen an ausgewählten Schulen als Unterrichtsassistenz, nicht als reguläre Lehrkraft, eingesetzt und entlohnt werden. Aus theoretischer Perspektive unterscheiden sich Ansätze der Professionsforschung u.a. im Zeitpunkt der Integration von unterrichtlicher Praxis. Folgt man der Expertiseforschung und dem Konzept des reflektierenden Praktikers, gibt es positive Evidenzen zum kumulativen Aufbau der analytisch-reflexiven Kategorien über Unterricht und des reflexiven Handlungswissens. In reflexiven Lerngelegenheiten erfolgt ein institutionenübergreifender Transfer zwischen theoretischem und (unterrichts-)praktischen Wissen und Können. Bei entsprechender Begleitung soll durch diese theoriegeleitete Reflexivität auch Distanz geschaffen und einer möglichen Überforderung entgegengewirkt werden. Begrüßenswert an den dualen Studiengängen ist die Möglichkeit des kumulativen Kompetenzaufbaus in der theoretisch-praktischen Verzahnung. Studierende können früh reflexive Kategorien entwickeln, institutionelles und reflexives (Handlungs-)Wissen aufbauen, um zukünftige Unterrichtssituationen kategorial besser einschätzen zu können. Dieser frühe Praxisbezug sollte eng von den beteiligten Institutionen begleitet und unter Bezugnahme auf fachliche und (fach-)didaktische Kategorien reflektiert werden. Ein solcher Ansatz folgt einer durchgängigen und phasenübergreifenden Professionsorientierung bei gemeinsamer Einigung auf Standards, Zielsetzung und Qualitätskriterien guten Unterrichts über verschiedene Institutionen hinweg und hoffentlich weniger einer Orientierung an Systemlogiken und Partikularinteressen einzelner Akteure. Die Einführung dualer Studiengänge ist dann keine Deprofessionalisierung des Lehramtsstudiums, wenn fachwissenschaftliche, erziehungswissenschaftliche und fachdidaktische Standards beibehalten und spätere Besoldungsverschiebungen vermieden werden. Die dazu notwendigen zusätzlichen zeitlichen und personellen Ressourcen sollten als Teil einer möglichen Strukturreform der Professionalisierungsphasen von Beginn an langfristig mitgedacht werden. Eine wissenschaftliche Evaluation des Prozesses ist zu empfehlen. Aus Forschungsperspektive bieten sich in institutionenübergreifenden Lernarrangements Unterrichtsentwicklungsforschungsprojekte an. Lehrenden in Schule und Hochschule bietet sich die Möglichkeit, die Unterrichtsentwicklung in ihrem Fach voranzubringen, da alle beteiligten Akteure eine community of practice bilden, gemeinsam an Forschungs- und Entwicklungsfragen arbeiten und so (hoch-)schulische Seminarformate professionsorientiert anpassen können. Studierende können in einem solchen Unterrichtsentwicklungsnetzwerk frühzeitig ihre Rolle als Lehrkraft ausbilden und eine adaptive Professionalitätshaltung durch Abwägung verschiedener Perspektiven entwickeln. Ludwigsburg B IANCA R OTERS S t u di e r e n d e a l s F r e m d s pr a c h e nl e hrkrä f t e : Durc h e i n ‘ D u a l e s S t u di u m ’ d e n R e a lit ä t e n b e g e g n e n ?