eJournals Forum Modernes Theater 34/2

Forum Modernes Theater
fmth
0930-5874
Narr Verlag Tübingen
10.24053/FMTh-2023-0016
121
2023
342 Balme

Editorial

121
2023
Christopher Balme
fmth3420155
Editorial Christopher Balme Mit diesem Editorial beende ich meine Tätigkeit als Herausgeber der Zeitschrift Forum Modernes Theater. 2007 übernahm ich die Herausgeberschaft vom Begründer der Zeitschrift, Günter Ahrends (Bochum). In meinem ersten Editorial, geschrieben im Mai 2007, habe ich mich mit der fachlichen Neuausrichtung der Zeitschrift, vor allem mit der performativen Wende und dem Siegeszug des postdramatischen Theaters beschäftigt. Das scheint inzwischen lange her zu sein und ist es auch. Die Schlussworte behalten allerdings ihre Aktualität: In Zukunft wird FMT abwechselnd Schwerpunkthefte und thematisch offene Nummern gestalten. Die Redaktion ist bemüht, Theater in seinen kulturellen, ästhetischen und geschichtlichen Erscheinungsformen, auch in Bezug zu benachbarten Disziplinen, zu diskutieren. FMT ist eine peer-reviewed-Zeitschrift. Alle eingesandten Artikel werden einer Begutachtung durch Fachleute unterzogen mit dem Ziel, möglichst hohe wissenschaftliche Standards zu erreichen. Eine Zeitschrift ist allerdings nur so gut wie ihre Inhalte. (FMT 22.1) Zu der Zeit war FMT die einzige theaterwissenschaftliche Fachzeitschrift mit peer review, zur damaligen Zeit ein vielleicht noch unwichtiges Alleinstellungsmerkmal, das aber in den letzten anderthalb Jahrzehnten zu einem zentralen Evaluationskriterium für Forschung geworden ist. Eine Fachzeitschrift steht in einem symbiotischen Verhältnis zur Fach-Community, die sie sowohl repräsentiert als auch evaluiert. Während dieses Verhältnis in der angelsächsischen Welt, wo es mehrere renommierte Zeitschriften gibt, die teilweise von Fachgesellschaften getragen werden, selbstverständlich ist, ist das Verhältnis in der deutschsprachigen Theaterwissenschaft nach wie vor „ ungeklärt “ . Damit meine ich die Praxis, dass wissenschaftliche Aufsätze in erster Linie im Rahmen von Tagungen und Symposien vorgestellt und dann in einem Sammelband mit Druckkostenzuschuss und ohne Begutachtung veröffentlicht werden. Auf diesen „ Missstand “ habe ich sehr früh, als Präsident der Gesellschaft für Theaterwissenschaft und in meinen Editorials, immer wieder hingewiesen, in der Hoffnung, dass die Bereitschaft, Aufsätze für die Zeitschrift einzureichen und einem peer review-Verfahren unterziehen zu lassen, zunehmen würde. Das hat sich nicht bewahrheitet. Nach wie vor tut sich die Zeitschrift schwer, genug Beiträge für zwei Hefte im Jahr einzusammeln. Das hat in der Vergangenheit zu echten Krisen und sogar zu einer Unterbrechung des Publikations-Rhythmus geführt. Inzwischen sind wir dazu übergegangen, das werden die aufmerksamen Leser: innen gemerkt haben, eine Mischform zu etablieren, wo einige wenige „ freie “ Beiträge neben Schwerpunkt-Themen stehen. Das ist an sich nicht verwerflich - viele Zeitschriften pflegen diese Praxis - , aber das Verhältnis muss stimmen. Die wirklich interessante Frage dabei ist, warum der tagungsunabhängige Beitrag Seltenheitswert in unserem Fach hat. Genießt der Aufsatz in einem Sammelband einen besonderen Status? Oder fürchtet man sich vor dem peer review-Verfahren? Dieses könnte schließlich Kritik formulieren. Aber das ist ja die Funktion des Verfahrens: Einen kritischen Blick auf die eigenen Forschungsergebnisse zu bekommen und den Beitrag darauf hin zu überarbeiten. In den Forum Modernes Theater, 34/ 2, 155 - 156. Gunter Narr Verlag Tübingen DOI 10.24053/ FMTh-2023-0016 ganzen Jahren der Herausgeberschaft habe ich kaum Autor: innen erlebt, die nicht davon profitiert haben. Oder sind die Grundkoordinaten einer wissenschaftlichen Laufbahn zwischen Promotion, Habilitation und „ großem Drittmittelantrag “ heute so konfiguriert, dass keine Zeit entsteht, um einen längeren Aufsatz über ein Thema, gern auch als Vorarbeit für den „ großen Drittmittelantrag “ , zu verfassen? Die letzten anderthalb Jahrzehnte waren eine Herausforderung, da sich die wissenschaftliche Landschaft erheblich verändert hat. Die Funktion einer wissenschaftlichen Zeitschrift hat sich im Gleichschritt mit diesen Entwicklungen verändert. Die weitreichendste dieser Entwicklungen ist die Einführung des Open Access, der große Probleme für die Verlage und ihre Geschäftsmodelle mit sich gebracht hat. Eine weitere wichtige Neuerung ist das Entstehen von Konsortien, in denen wissenschaftliche Zeitschriften gebündelt und als Paket über Bibliotheken verkauft werden. Organisationen wie JSTOR, Project Muse oder Cambridge Journals haben neue Beschränkungen und Möglichkeiten geschaffen. 2012 ist Forum Modernes Theater in Project Muse aufgenommen worden und kann nun über dieses neben JSTOR wohl wichtigste Online-Archiv für wissenschaftliche Zeitschriften ‚ durchsucht ‘ werden. Neben der erhöhten Sichtbarkeit wird die Mitgliedschaft in Project Muse auch eine finanzielle Unterstützung gewährleisten, die eine langfristige Absicherung der Zeitschrift garantiert. Rückblickend lässt sich konstatieren, dass der Beitritt zu Project Muse einen Wendepunkt für die Zeitschrift markierte. Dieser Schritt wurde von Peter Marx während seiner Amtszeit als Schriftleiter initiiert. Ich bin sehr dankbar für seine Initiative, und die Mitgliedschaft in diesem Konsortium hat dazu geführt, dass die Zeitschrift eine gesunde finanzielle Unabhängigkeit erlangt hat, was für eine Publikation, die nicht von einem Berufsverband unterstützt wird, von entscheidender Bedeutung ist. Schließlich habe ich nur noch zu danken: neben Peter Marx, Berenika Szymanski-Düll und Johanna Zorn auch Wolf-Dieter Ernst, der seit 2007 die Rezensionen betreut. Von verlegerischer Seite war Kathrin Heyng als Lektorin ebenfalls von Anfang an dabei und hat die Zeitschrift konstant betreut und begleitet. Zum Schluss wünsche ich Berenika Szymanski-Düll, Johanna Zorn und dem Beirat gutes Gelingen. Christopher Balme, November 2023 156 Christopher Balme