Forum Modernes Theater
fmth
0930-5874
Narr Verlag Tübingen
10.24053/FMTh-2024-0002
0120
2025
351-2
Balme„Wer bin ich eigentlich?“1 – Auto_Choreo_Grafie in Barbara Lubichs Tanzdokumentation Im Umbruch
0120
2025
Nadja Rothenburger
Anhand ausgewählter Filmbeispiele der Tanzdokumentation Im Umbruch (2020) skizziert der Beitrag den Begriff der Auto_Choreo_Grafie als künstlerischesVerfahren und tanzhistoriografische Analysekategorie. Der mit autobiografischen Konzepten verflochtene Begriff bezeichnet im Beitrag die Schnittstelle zwischen den Wissensfeldern von Choreografie und Autobiografie und ermöglicht die Annäherung an eine quellenkritische DDR-bezogene Tanzgeschichtsschreibung. Der Beitrag verfolgt dieses Erkenntnisinteresse angelehnt an die Dramaturgie des Films Im Umbruch, der die Umbruchserzählungen und Selbstentwürfe der drei Tänzerinnen Cindy Hammer, Fine Kwiatkowski und Daniela Lehmann thematisiert. Dabei springt der Film zwischen den Jahren 1980 bis 2019 sowie den Perspektiven der Tänzerinnen verschiedenen Alters. Die filmisch vermittelten Selbstentwürfe werden als tanzhistoriografische Konstellationen verstanden, die sowohl produktions- als auch rezeptionsästhetische Wirkmomente hervorbringen. Anhand einzelner Filmsequenzen diskutiert der Artikel diese Selbstentwürfe, die mit verschiedenen Materialien und Zeitschichten operieren, wobei die geteilte Erfahrung des Mauerfalls ein verbindendes Moment zwischen den Tänzerinnen darstellt. Dies macht den Film als kollektive Autobiografie beziehungsweise Auto_Choreo_Grafie lesbar.
fmth351-20007
„ Wer bin ich eigentlich? “ 1 - Auto_Choreo_Grafie in Barbara Lubichs Tanzdokumentation Im Umbruch Nadja Rothenburger (Bern) Anhand ausgewählter Filmbeispiele der Tanzdokumentation Im Umbruch (2020) skizziert der Beitrag den Begriff der Auto_Choreo_Grafie als künstlerisches Verfahren und tanzhistoriografische Analysekategorie. Der mit autobiografischen Konzepten verflochtene Begriff bezeichnet im Beitrag die Schnittstelle zwischen den Wissensfeldern von Choreografie und Autobiografie und ermöglicht die Annäherung an eine quellenkritische DDR-bezogene Tanzgeschichtsschreibung. Der Beitrag verfolgt dieses Erkenntnisinteresse angelehnt an die Dramaturgie des Films Im Umbruch, der die Umbruchserzählungen und Selbstentwürfe der drei Tänzerinnen Cindy Hammer, Fine Kwiatkowski und Daniela Lehmann thematisiert. Dabei springt der Film zwischen den Jahren 1980 bis 2019 sowie den Perspektiven der Tänzerinnen verschiedenen Alters. Die filmisch vermittelten Selbstentwürfe werden als tanzhistoriografische Konstellationen verstanden, die sowohl produktionsals auch rezeptionsästhetische Wirkmomente hervorbringen. Anhand einzelner Filmsequenzen diskutiert der Artikel diese Selbstentwürfe, die mit verschiedenen Materialien und Zeitschichten operieren, wobei die geteilte Erfahrung des Mauerfalls ein verbindendes Moment zwischen den Tänzerinnen darstellt. Dies macht den Film als kollektive Autobiografie beziehungsweise Auto_Choreo_Grafie lesbar. Tänzerische Selbstentwürfe und der Film Im Umbruch In der Tanzdokumentation Im Umbruch (2020) schildert die Dresdner Tänzerin Daniela Lehmann eine Kindheitserinnerung, die sich beim Turmspringtraining der Kinder- und Jugendsportförderung der DDR zuträgt. Über ihre Trainerin berichtet Lehmann: Und sie zeigt mir beide Hände mit ‘ ner vollen Zehn, was bedeutete, ich muss vom 10- Meter-Turm springen. Und sie stand dann oben mit mir zusammen, hat mich an beiden Händen gefasst. . . mit ihren beiden Händen (. . .) hing da schon da und sie hat dann (. . .) plötzlich (. . .) losgelassen. Dann bin ich nach Hause und ich weiß noch, dass ich irgendwie meinen Eltern gesagt hab ’ , ich will da nicht mehr hin. 2 Bemerkenswert an dieser Schilderung ist, wie sich Lehmann hier erinnert. Die Tänzerin blickt aus erwachsener Perspektive auf den Vorfall zurück, bei dem sie als Kind trotz ihres Unbehagens vom 10-Meter-Turm springen soll. Sie memoriert den damit verbundenen Bewegungsablauf und ist durch dieses körpervermittelte Wissen in der Lage, einen Zugang zu ihrer Erinnerung zu legen: Dass die Trainerin für sie entscheidet, auf den 10-Meter-Turm zu klettern; wie Lehmann mit ihr auf der Plattform steht; dass die Trainerin sie an den Händen festhält und sie ihr Gewicht nach unten hin verlagert ( ‚ hing schon da ‘ ), etc. Der besagte Bewegungsablauf hat sich ihr eingeprägt und führt wie ein roter Faden durch die Erzählung. Der damit verknüpfte Schreck, also der Vertrauensbruch zwischen Trainerin und der siebenjährigen Sportlerin, wird von Lehmann jedoch nur angedeutet. Forum Modernes Theater, 35/ 1-2, 7 - 22. Gunter Narr Verlag Tübingen DOI 10.24053/ FMTh-2024-0002 Dieser ist in der Schilderung mit einem merkwürdigen Ineinanderfließen der beiden assoziiert, denn kurz bevor Lehmann beschreibt, wie sie unfreiwillig von der 10- Meter-Plattform fällt, lösen sich ihre Hände erzählerisch in denen der Trainerin auf: „ hat mich an beiden Händen gefasst (. . .) mit ihren beiden Händen “ . 3 Und sie unterlässt das Wort ‚ Ich ‘ im Satz: „ hing da schon und sie hat dann (. . .) plötzlich (. . .) losgelassen “ 4 , heißt es. Der Interviewausschnitt Lehmanns gibt jedoch nicht nur - so werde ich im Folgenden argumentieren - ihre individuelle Erinnerung wieder, sondern ist sowohl von kollektiven Narrativen durchzogen als auch vom Gesprächskontext mitgestaltet. Dieser Kontext umfasst u. a. die Filmproduktion (z. B. Filmschnitt und Dramaturgie) sowie die soziohistorische DDR-Forschung der Regisseurin und Tänzerin Barbara Lubich. 5 Die im vorliegenden Beitrag untersuchten tänzerischen Selbstentwürfe wurden folglich von den inhaltlichen Setzungen der Regie mitkonstituiert. Die zitierten Filmausschnitte sind demnach von den künstlerischen Praktiken der Protagonistinnen zu unterscheiden, die für sich betrachtet andere, eigenständige Untersuchungsfragen aufwerfen. Für diesen Beitrag interessiert mich, wie die Tänzerinnen durch und mit dem Film in einem sozialen und künstlerischen Beziehungsgeflecht situiert werden. Die leitende These hierzu lautet, dass sich die Tanzdokumentation mit ihren Protagonistinnen Daniela Lehmann (*1979), Fine Kwiatkowski (*1956), Cindy Hammer (*1989) und Barbara Lubich (*1977) als eine mögliche kollektive Autobiografie lesen lässt, wobei ich diese Annahme mittels des tanzhistoriografischen Begriffs der Auto_Choreo_Grafie verdichte. Ausgewählte künstlerische und lebensweltliche Umbrüche der Protagonistinnen fungieren im Film als thematische Konstellationen mittels derer ein Ausschnitt der 1989 unterbrochenen DDR-bezogenen Tanzdokumentation und Geschichtsschreibung 6 in Augenschein genommen werden kann. Dies evoziert den Rückgriff auf Selbstzeugnisse und andere dokumentarische Verfahren (vgl. Abb. 1), woraus sich die weiterführende Fragestellung ergibt, wie die besprochenen Filmszenen Selbstentwürfe an- und umordnen und auf welche Weise lebensgeschichtliche Topoi dabei herangezogen werden. Ich untersuche also autobiografisch grundierte Setzungen des Films Im Umbruch auf ihre Wissensproduktion und hinsichtlich der jeweiligen (berufsbezogenen) Selbstkonstitution der Tänzerinnen. Um dieses Argument zu stützen, entwickle ich den Begriff Auto_Choreo_Grafie exemplarisch anhand des Films, weil er die Wissensfelder Autobiografie und Choreografie diskursstiftend miteinander verschränkt. Mit diesem Fokus arbeite ich heraus, dass die Selbstentwürfe und Umbruchserzählungen der Protagonistinnen von tanzbezogenem Wissen über autobiografische Selbstkonstitutionen durchzogen sind. Auto_Bio_Grafie und Auto_Choreo_Grafie sind folglich miteinander verschränkt, weshalb auch die vorliegenden Fragestellungen nicht immer trennscharf zwischen Rezeptions- und Produktionsästhetik unterscheiden. Mit der Tanzwissenschaftlerin Bojana Cvejic´ argumentiere ich vielmehr entlang dieses Problems, welches ein produktives Oszillieren zwischen den Perspektiven des Erzeugens, Performens und Beiwohnens erfordert. 7 Auto_Bio_Grafie als tanzhistoriografische Methode Mit dem Begriffskompositum „ Auto_Bio_ Grafie “ 8 untersucht die Tanzwissenschaftlerin Christina Thurner mit Blick auf die Choreografien Hunter von Meg Stuart (2014) und Autobiography von Wayne 8 Nadja Rothenburger McGregor (2017) „ die Reflexion des (eigenen) Lebens über den Körper “ , dessen Verhältnis „ zur Kunst des Choreografischen “ bzw. „ umgekehrt, wie die Kunst des Choreografischen zum (eigenen) verkörperten Leben in Relation gesetzt wird. “ 9 Bei der Engführung von Choreografie und Autobiografie entstehen Formen des Auto-, Bio- und Choreografischen, 10 die Thurner mit Bernhard Siegert als Ordnungs- und Repräsentationssysteme versteht sowie als raum-zeitliche Kulturtechniken liest. 11 Das ‚ (Er-)Schreiben ‘ dieser choreografischen wie lebensgeschichtlichen Ordnungs- und Repräsentationssysteme umfasst vielfältige mediale Spielarten, die Thurner als tänzerisch-autobiografische Performances auf ihr performatives Potenzial untersucht - ein Verständnis, auf das auch ich im Folgenden zurückgreife. 12 Dieses Erkenntnisinteresse erfordert es, kritisch mit den vorgefundenen Materialien umzugehen und dort getroffene (Selbst-) Aussagen gegebenenfalls zu überprüfen, vor allem aber quellenspezifisch einzuordnen, d. h. (Selbst-)Bezeichnung und Provenienz der Materialien zu beachten. Obwohl dabei der ‚ Wahrheitsgehalt ‘ einzelner Aussagen unbedingt berücksichtigt werden muss, ist das Eruieren von Faktizität/ Fiktion für meine Fragestellung doch zweitrangig. Vielmehr geht es mir hier um Darstellungsmodi und deren Wirkweisen; und mit ihnen um die Frage, welche künstlerischen Praktiken Tänzer: innen 13 im Umgang mit dem Wissensfeld Autobiografie entwickeln. Um dieses Erkenntnisinteresse zu verfolgen, ziehe ich die Begriffe autós, bíos, graph ḗ und chorós/ choreía heran, weil sie es ermöglichen, die im Film vorliegenden Selbstentwürfe differenzierter zu reflektieren und hinsichtlich gegenwärtiger (tanz-)historiografischer Diskurse präziser zu verorten. Zudem stütze ich mich auf Thesen von Gabriele Brandstetter 14 und Gerald Siegmund, 15 die für ihre tanzwissenschaftliche Theoriebildung u. a. Subjektkonstitutionen in künstlerischen Praktiken untersuchen. Siegmunds Überlegungen folgend, gehe ich von einem gespaltenen Selbst aus, dessen Abb: 1: Im Umbruch (Dresden 2020), montierte Filmstills © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 9 „ Wer bin ich eigentlich? “ vermeintliches Zentrum abwesend ist und das mit tänzerischen Mitteln stets neu an- und umgeordnet beziehungsweise durch diese Umordnungen überhaupt erst aufscheint. 16 Es erfolgt im choreografischen Sinne eine prozesshafte Selbst-Anordnung, wobei dieses Umordnen performativ genutzt wird, um oftmals selbstreflexiv die verwendeten Eigen- und Fremdbilder ins Verhältnis zu überindividuellen Umbruchszählungen zu setzen. Tanzkünstlerische Auto_Choreo_Grafien Das für Im Umbruch konstitutive Verständnis von Choreografie begreift dieselbe als aus den Tanzkünsten heraus entstandene, von Machtverhältnissen durchzogene, ordnungsstiftende Prinzipien, 17 die An- und Umordnungen in Raum-Zeit-Geflechten bedingen und zugleich hervorbringen. Bei diesem Choreografieverständnis muss nicht notwendigerweise mit tänzerischen Bewegungen operiert werden, vielmehr verlagert sich das Choreografische in das bewegtbewegliche ‚ Schreiben ‘ selbst und kann daher auch nicht-menschliche Entitäten betreffen. 18 Damit entfaltet der Begriff „ die Organisation, Gestaltung und Analyse von Bewegung in Raum und Zeit “ 19 , wie die Tanzwissenschaftlerinnen Yvonne Hardt und Anette Hartmann in ihrem Lexikoneintrag „ Choreografie “ feststellen. 20 Siegmund vertieft dieses Verständnis mit Rückgriff auf psychoanalytische Theoriebildung: „ Choreografie ist der körperliche Umgang mit der performativ anwesend gemachten Abwesenheit. Sie ist mit anderen Worten Arbeit an der symbolischen Struktur. “ 21 Doch wie gestalten sich diese räumlichen Anordnungen konkret? Und inwiefern wird eine Ver-Ortung von künstlerischen Selbstentwürfen im Film Im Umbruch vorgenommen? Ein Schlaglicht auf die Etymologie zeigt, dass sich das Wortpartikel ‚ Choreo ‘ in Choreografie aus dem Griechischen ableitet und gleichermaßen auf den Chortanz (choreía) sowie den Tanzplatz (chorós) referieren kann. 22 Mittels seiner konkreten Verknüpfung von Bewegung und Raum, enthält der Begriff also sowohl räumliche als auch zeitlich-bewegte Dimensionen, wobei choreía eher auf die erfolgte künstlerische Darbietung, u. a. den Reigen abhebt, während sich chorós auf den tatsächlichen Tanzplatz, die tanzende Gruppe und die einzelnen Chortänzerinnen beziehen kann. 23 Daraus folgt, dass chorós und choreía zusammen gedacht und in Verbindung mit konkreten Raum- Zeit-Gefügen betrachtet werden müssen. Bíos stammt ebenfalls aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie Leben, Lebensführung, Lebensunterhalt oder auch Vermögen. 24 Aus der Relation zwischen bíos und chorós/ choreía ergeben sich demnach Fragen nach dem Verhältnis eines eigenzeitlichen 25 Als-ob der Kunst, den Lebens- und Selbstperformances und deren Verhältnis zu alltagspraktischen Belangen - denn das gelebte Leben ist mitunter von Zufällen bestimmt, sodass ein Werdegang zwar präskriptiv betrachtet, jedoch rückblickend deskriptiv stets weiter- und umgeschrieben werden muss. Das Spannungsfeld von bíos und chorós/ choreía ist um autós - selbst - zu ergänzen, wobei die Bewegungen des An- und Umordnens als Graph ē , Schreiben, verstanden werden können. Mittels der an- und umordnenden Referenz auf eigene und/ oder fremdbestimmte Selbstentwürfe entstehen selbstbestimmte künstlerische Verfahrensweisen, welche die vielschichtige Angewiesenheit auf andere anerkennen und mit dieser produktiv operieren. Eine solche bewegt-bewegliche und raum-zeitliche Ver-Ortung unternimmt die Regisseurin Lubich, ihrerseits Tänzerin, Videokünstlerin, Soziologin und Historikerin, gleich zu Beginn des Films: Die zunächst 10 Nadja Rothenburger bildlose Leinwand ist mit Tondokumenten von 1989 unterlegt, die sich als charakteristisches, oftmals zitiertes Zeitdokument entpuppen. Obwohl nur für wenige Sekunden Menschenstimmen und diffuser Beifall zu hören sind, gibt sich das akustische Zitat erstaunlich schnell als Zeugnis der Maueröffnungen zu erkennen. Die Stimme Lubichs nimmt die Zuschauenden sodann mit hinein in ihr Erleben der damaligen Geschehnisse: „ Als die Berliner Mauer fiel, war ich ein Kind und sah die Bilder im Fernsehen. “ 26 Das medial vermittelte historische Ereignis führt die Zuschauenden zu Lubichs eigener Geschichte und situiert diese örtlich und zeitlich: „ Ende der 90er Jahre zog ich von Italien nach Deutschland. “ 27 Das thematische Vorzeichen insinuiert, dass der Film eine Art kollektives Ich porträtiert, das sich um den Mauerfall und Lubichs Ankommen im Deutschland der 1990er Jahre anordnet. Genau wie bei den drei anderen Tänzerinnen, wird Lubichs Perspektive auf die Geschehnisse durch die Zäsur des Mauerfalls gedacht. Von dort aus werden auf der Bildebene weitere Verbindungen zu den anderen Tänzerinnen gezogen: „ Das Deutschsprechen fiel mir schwer, aber durch das Tanzen lernte ich Leute kennen. “ 28 So kommentiert die Regisseurin, woraufhin Lubich und Lehmann als Tänzerinnen in einem Bühnentanzstück zu sehen sind oder eine Gesprächssituation mit Kwiatkowski gezeigt wird. 29 „ Ich begann über Tanz und Gesellschaft zu forschen. “ , heißt es weiter, „ Und meine Kamera war immer dabei. “ 30 Die Tänzerinnen Cindy Hammer, Daniela Lehmann und Fine Kwiatkowski werden namentlich genannt und mit jeweils signifikanten Bewegungssequenzen vorgestellt, die als Spuren im Filmverlauf wiederholt auftauchen werden. Gemäß der zuvor ausgeführten Begriffe chorós/ choreía fungiert das Filmintro sowie Im Umbruch selbst als Ort, an dem das Aufeinandertreffen der Tänzerinnen insze- Abb. 2: Fine Kwiatkowski (links oben), Daniela Lehman (rechts) und Cindy Hammer in Im Umbruch (Dresden 2020), Still aus dem Filmintro © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 11 „ Wer bin ich eigentlich? “ niert und aufgeführt wird. Hinzu kommen die Vorführungen in Programmkinos bzw. die Filmpremiere im Festspielhaus Dresden Hellerau, die nach Möglichkeit von einem Podiumsgespräch mit zwei bis drei der im Film porträtierten Künstlerinnen flankiert sind. Dies unterstreicht die performativen Effekte des Films, in dem ähnlich wie auf einem Tanzplatz, Selbstentwürfe entstehen und verworfen werden. 31 Dieser filmische Tanzplatz, chorós, ist fortwährend im Umbruch begriffen - und damit in Bewegung. Den szenisch montierten Materialien sowie dem Filmproduktionsprozess selbst kommt eine ähnliche Funktion zu: Die Vorarbeiten und die im Film dokumentierten Bewegungsfolgen (als assoziative und konkrete Querverbindungen zwischen den Protagonistinnen) repräsentieren in dieser Lesart choreía, den aufgeführten Tanz. Bíos, Leben, findet sich ebenso in einigen Elementen des Films, der sich eng an zeitgenössische Dokumentationspraktiken anlehnt und in der Selbstbeschreibung Lubichs als tänzerischer Dokumentarfilm bezeichnet wird. 32 Das derart gesponnene Beziehungsgeflecht erweitert den Blick also nicht nur auf historische Fotos, Super 8-Aufnahmen der 1980er Jahre sowie aktuelle Tanzvideos der Tänzerinnen, sondern wirft auch Schlaglichter auf die Regisseurin und die Filmproduktion, sowie die real auftretenden Personen beziehungsweise deren Tanzverständnis. Um diese These zu unterfüttern, stütze ich mich auf die Überlegungen der Slawistin und Literaturwissenschaftlerin Sylvia Sasse, die mit Philip Auslander zeigt, „ dass jede Form der Dokumentation selbst performativ ist, im extremen Fall, die Performance überhaupt erst hervorbringt. “ 33 Dies, so argumentiere ich, ist beim Film Im Umbruch (2020) der Fall, der die Geschicke der Tänzerinnen verschiedenen Alters und Herkunft montiert beziehungsweise zueinander ins Verhältnis setzt. Schließlich handelt es sich um Tänzerinnen, die aufgrund der brüchigen deutsch-deutschen (Tanz-)Geschichtsschreibung kaum voneinander wüssten. Der Annahme folgend, dass jede Dokumentation bereits in sich performativ ist, präzisiert Sasse Auslanders Begriff und konzipiert in ihrer Forschung über Geheimdienstakten einen dokumentarischen Akt, der „ doppelt performativ zu lesen “ 34 sei. Laut Sasse bergen Geheimdienstakten als Dokumente über sogenannte politisch auffällige Künstler: innen weniger relevante Informationen über sie selbst und deren Tätigkeiten, als dass sie Aussagen darüber zulassen, wer hier wie und zu welchem Zweck mehr oder weniger versteckt mitgehört, beobachtet oder fotografiert hat. Das Dokument konstituiert demnach „ zugleich das Geschehen als auch denjenigen, der dokumentiert, in seiner Rolle als Dokumentator “ 35 und ist in diesem Sinne „ autoperformativ “ 36 . Rückbezogen auf den Film Im Umbruch bedeutet dies, dass das performative Potenzial von dokumentarischen Materialien nicht nur berücksichtigt, sondern gezielt eingesetzt und choreografiert wird. Freilich ist dabei die Rolle Lubichs nicht mit der eines Geheimdienstes vergleichbar, diese Parallele, die allein deswegen nicht haltbar ist, weil Lubich sich als Tänzerin, Regisseurin und Forscherin vorstellt und ihre Anliegen transparent in das Filmskript einschreibt, möchte ich keinesfalls ziehen. Dennoch denke ich, dass das Konzept der Autoperformanz insofern für meine Theoriebildung gewinnbringend ist, als dass ich mit ihm das diskursstiftende Moment des Films für die untersuchten Aussageformationen präziser zu fassen bekomme. Die künstlerisch-tänzerischen Produktionsverhältnisse und Wirkweisen werden von den Protagonistinnen aufgegriffen, thematisiert, zuweilen umgedeutet und in ihrer Potenzialität aufgeführt. Auffassungen über das jeweilige Selbst werden dabei immer wieder aufs 12 Nadja Rothenburger Neue benannt, reflektiert und kontextualisiert, was manchmal nur durch Auslassungen oder Verweise auf einen diesbezüglich empfundenen Mangel gelingt. Der Begriff Auto_Choreo_Grafie meint demzufolge die bewegt-bewegliche Analyse, Anordnung und Gestaltung eines oder mehrerer Selbst in Raum und Zeit, die wiederum auf die eigenen oder auch fremden autobiografischen Perspektivierungen - Auto_Bio_ Grafien - zitat- und anekdotenhaft Bezug nehmen. Die derart hervorgebrachten Spuren sind wiederum im Wechselverhältnis zu den jeweiligen Selbstentwürfen der Tänzerinnen zu denken. Auto_Choreo_Grafie und Tanzgeschichtsschreibung Lehmanns Schilderungen werden im Film bildlich um Einstellungen von ihr und ihrer etwa zweijährigen Tochter ergänzt: Mehrere Szenen zeigen die beiden zusammen in Bewegung, bei wackligen Gehversuchen, autofahrend, wie Lehmann das Kind zur Schule begleitet oder durch unwegsames Gelände auf den Armen trägt. Der Kontrast zwischen der erzählten Kindheitserfahrung Lehmanns - die einen Vertrauensbruch beschreibt - und den später folgenden Filmbildern, die den liebevollen Umgang mit ihrer Tochter zeigen, erweitern ihre ersten Schilderungen: Mittels der filmischen Montage verschiedener Zeitebenen werden neue Handlungsspielräume und Bedeutungsebenen aufgezeigt. Die Montage von Materialien und damit verbundene Sprünge zwischen den Zeitschichten sind auch im Hinblick auf das Verhältnis der Tänzerinnen untereinander von Interesse: Aufgrund der Überblendungen und teils parallel ablaufenden Szenen (vgl. Abb. 2) entsteht ein Beziehungsgefüge, das nicht nur verschiedene alltägliche und künstlerische Momentaufnahmen miteinander verbindet, sondern zugleich auf die Lücken im Wissenstransfer zwischen den Beteiligten verweist. Die Tänzerin und Choreografin Cindy Hammer beschreibt diese Lücken als anhaltendes, diffuses Unbehagen: Es gab ganz, ganz viele Momente in meinem Leben, bei denen ich mich echt so ‘ n bisschen fehl am Platz gefühlt habe, manchmal auch so in diesem Land, wo ich so dachte, mir sind andere viel, viel näher. Und was soll das eigentlich, warum ist das so? Und ich glaube, so mit diesen ganzen Fragen kam eben auch nochmal eine andere Art Auseinandersetzung mit meiner Biografie und mit der meiner Familie. 37 Diesem Unbehagen Hammers wird im Film nicht auf individueller Ebene nachgegangen, sondern es wird vielmehr aufgrund der szenischen Montagen in einem breiteren Kontext komplexer gesellschaftlicher Verhältnisse und der damit verbundenen Dokumentation von deutsch-deutscher Geschichte verortet. Die im wiedervereinten Deutschland diffus empfundene soziale und kulturelle Ungleichheit kann durch die Bezugnahme auf andere distanzierter betrachtet und konkreter benannt werden. Durch die Arbeit am Film ergeben sich für die Beteiligten Gelegenheiten, persönliche und überindividuelle auto-/ biografische Momente zu reflektieren und ins Verhältnis zu jenen der anderen Tänzerinnen zu setzen. Dies geschieht im Rahmen der Podiumsgespräche der Vorführungen, aber auch im Film selbst, wenn Hammer und Lehmann beim Tanzkongress in Dresden (2019) gemeinsam auf einer Elbfähre unter Anleitung des in San Francisco ansässigen Choreografen Keith Hennessy eine Bewegungsphrase erlernen. Oder, wenn Kwiatkowski und Lehmann bei einem Aufeinandertreffen vor dem Hellerauer Festspielhaus filmisch eingefangen werden (vgl. Abb. 3) 38 - eine Szene, die nicht nur das Kennenlernen der beiden 13 „ Wer bin ich eigentlich? “ nachzeichnet, sondern auch auf schwelende Konflikte um die deutsch-deutsche Historisierung der Tanzmoderne verweist. 39 Diese Gemengelage untersuchte Lubich aus soziologischer und historischer Perspektive in ihrer Studie über Das Kreativsubjekt in der DDR. 40 Darin zeigt sie, inwiefern die DDR-Kulturpolitik einen widersprüchlichen Umgang mit der Tanzmoderne pflegt. 41 Dies führt zu Spannungen, die sie u. a. anhand einer Werkstatt junger Theaterschaffender in Potsdam 1987 exemplarisch darlegt. 42 Die dort von jüngeren Choreograf: innen angestrebten Erneuerungen werden von bereits etablierten Tanzschaffenden als subjektivistisch und unreif abgetan. Deren Einwände dienen vermutlich als Vorwand, um eine (tanzhistorische) Auseinandersetzung mit den ideologischen Spuren der Tanzmoderne in der DDR zu unterbinden. 43 Diese Dynamiken zeigen sich ab den 1950er Jahren sowohl in der BRD als auch in der DDR in unterschiedlichen Ausformungen und haben eine anhaltende Diskrepanz in der Diskursivierung der Tanzmoderne zur Folge. 44 Das von Hammer im Filminterview beschriebene Befremden schildert sie aus persönlicher Sicht und wird von ihr selbst nicht im Hinblick auf einen spezifischen Kontext verortet. Gleichwohl legen der Filmschnitt und Lubichs Studie nahe, dass Hammers Unbehagen auch auf überindividueller Ebene angesiedelt und tanzhistorisch betrachtet werden könnte. Die Tanzwissenschaftlerin Marion Kant bemerkt entsprechend zur Auseinandersetzung mit der Tanzmoderne: This [. . .] demonstrated several aspects of the tradition of modern German dance, above all, its continued cultivation of an ‘ apolitical ’ art, first defined by Mary Wigman as absolute dance in 1921. The purity of such art justified the refusal to revisit the Nazi past, to rethink or even reposition the ideology that fed modern dance in Germany. Thus the integrity of dance depended on its protection from interference by any nonartist and bureaucrat, and particularly by the politically engaged citizen. 45 Abb. 3: Fine Kwiatkowski & Daniela Lehmann beim Tanzkongress 2019 vor dem Festspielhaus Dresden Hellerau, Filmstill Im Umbruch © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 14 Nadja Rothenburger Tanzpädagogische und ästhetische Ansätze der Tanzmoderne werden in der DDR paradoxerweise zwar von einzelnen Tänzerinnen aufgegriffen und weitergeführt, deren Geschichte, ihre Kompatibilität mit der Reformbewegung, der Idee vom ‚ Neuen Menschen ‘ , dem Nationalsozialismus und der deutsch-deutschen Tanzgeschichtsschreibung bleiben jedoch weitgehend unangetastet. 46 Aus tanzwissenschaftlicher Perspektive spricht diese Gemengelage für eine konstellative Historiografie, die Diskontinuitäten und Gleichzeitigkeiten von ästhetischen Phänomenen sowie gesellschaftlichen Verhältnissen berücksichtigen kann. Eine solche Tanz-Geschichts-Schreibung 47 zeitigt besonders dann Synergieeffekte mit dem Begriff Auto_Choreo_Grafie, wenn die Künstlerinnen selbst den Bezug zu Lebensentwürfen herstellen: Der Einbezug dokumentarischen Materials, sei es nun ästhetisiert oder beiläufig entstanden, kann dann wiederum eine oftmals in nationalstaatlichen Begrifflichkeiten konstituierte Geschichtsschreibung (beziehungsweise deren Abwesenheit im Falle der DDR) ausdifferenzieren oder konterkarieren. Dies betrifft insbesondere länderübergreifende Phänomene, wie etwa Politiken und Ereignisse des Eisernen Vorhangs oder damit verknüpfte Migrationsbewegungen, die meist nur in der Zusammenschau mehrerer involvierter Staaten erfasst und verstanden werden können. Demzufolge vertiefen autobiografisch perspektivierte Lesarten monoperspektivische historische Narrative; setzen ihnen etwas entgegen oder relativieren diese, da Auslassungen und Leerstellen sichtbar werden. Bei der Einordnung ihrer Entfremdung vollzieht Hammer zunächst ähnliche biografischen Reflexionen wie sie Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey als symptomatisch für gegenwärtige gesellschaftliche Individuationen herausarbeiten. 48 Amlinger und Nachtwey analysieren das Spannungsfeld, in dem sich Individuen westlicher europäischer Gesellschaften befinden in der Linie der Kritischen Theorie u. a. mit Adorno/ Horkheimers Dialektik der Aufklärung. 49 Sie konstatieren eine hohe Bereitschaft zur Leistungsfähigkeit und -erfassung, 50 die konträr dazu mit einer wachsenden Angewiesenheit auf gesellschaftliche Institutionen einhergeht. Dies kreiere ein zunehmendes Frustrationspotenzial, das den „ kreativen Selbstverwirklicher “ 51 auf das vermeintlich eigene Scheitern zurückwirft, woraufhin unerfüllte Erwartungen und Wünsche in einer trotzig-regressiven Geste erstarren können. Die von Amlinger/ Nachtwey beschriebene Entfremdung von Vergesellschaftung geht dabei oftmals mit einer Selbstzentriertheit einher: Anstatt sich mit anderen zu solidarisieren und beispielsweise für bessere Arbeitsbedingungen oder ökologisch nachhaltigeres Wirtschaften einzutreten, wird die latente Erschöpfung therapeutisch oder mit Selbstmanagement angegangen. 52 Das im Film formulierte Erkenntnisinteresse spricht - wie am Beispiel Hammers gezeigt - von ebendiesem Navigieren zwischen eigenen und fremden Erwartungen. Dies, weil sich mittels einer biografischen Reflexion zwar Fragen präziser stellen lassen, einige der Antworten aber vermutlich in der historischen Gewordenheit gesellschaftlicher Zusammenhänge zu finden sind. Die von Lubich montierten Filmszenen der von Hammer mitbegründeten Go Plastic Company verdeutlichen mit ihren Stücken, dass die (auto-)biografische Auseinandersetzung der Tänzerin nur einen Bruchteil einer weitaus komplexeren künstlerischen Praxis ausmacht, die mit gestalterischen Mitteln gesellschaftliche Ordnungen zu erschließen sucht. Das gelingt eindrücklich, beispielsweise wenn zehn nicht-weiße Tänzerinnen eine Bowlingbahn für sich einnehmen, 53 einen der wenigen Orte gemeinschaftlicher Erfahrung im postsozialistischen Deutschland und zugleich Ausdruck eines bestimmten 15 „ Wer bin ich eigentlich? “ soziokulturellen Kontexts. Diese Geste lässt erahnen, welche Vielfalt an Geschichten dort zu finden sein könnte. 54 Bezüglich der Verschränkung der Begriffe Auto_Bio_Grafie und Auto_Choreo_Grafie bedeutet dies, dass in beiden Komposita das Wort ‚ Auto ‘ auf die Selbstentwürfe der jeweiligen Künstler: innen hinweist, die in Verschränkung mit mehrheitsgesellschaftlichen historischen Narrativen zu denken sind. Manfred Schneider perspektiviert demzufolge Autobiografie als kulturelles Gefüge und argumentiert, dass die Vorbedingungen und Wirkmechanismen einer solchen „ culture of autobiography “ 55 wissenschaftlich zu bestimmen seien. 56 Der Sozialwissenschaftler Carsten Heinze betont zudem, dass zeitgeschichtlich dominante Narrative, nationalstaatlich grundierte Geschichtsschreibung und persönliche beziehungsweise autobiografische begründete Erzählinteressen einander informieren und als multiperspektivisch operierende „ (auto-) biografische Intervention “ 57 fungieren können. Aus diesem Blickwinkel wird (Auto-) Biografisches zum Aushandlungsort von mehrheitsgesellschaftlicher und individueller Geschichtsschreibung. Mit Schneider diskutiere ich Auto_Choreo_Grafien also nicht hinsichtlich einer Verortung bzw. Definition als Gattung, sondern frage nach den Funktionen und Wirkmechanismen, die sie entfalten, indem ich komplexe künstlerische Praktiken untersuche. Die im Film aufgeworfenen autobiografischen Topoi konstituieren sich demzufolge in verschiedenen Medien und werden interdiskursiv wiederholt. Wobei interdiskursive Bewegungen mit der Tanzwissenschaftlerin Constanze Schellow nicht Interdisziplinarität meint, sondern Abgrenzungs- und Legitimationsdiskurse der Tanzkunst und der Tanzwissenschaft gegenüber verwandten Disziplinen wie z. B. der Theaterwissenschaft und den Performance Studies beziehungsweise anderen Künsten. 58 Die Tänzerinnen-Perspektive, aus der diese Auto_Choreo_Grafien entstehen, muss dabei insofern berücksichtigt werden, als dass mit dieser immer auch eine berufliche beziehungsweise berufspolitische Positionierung erfolgt, die ich als eine Verortung im Feld der Tanzkunst sowie der Tanzkunst im Gefüge der Künste verstehe. Dementsprechend bemerkt die Theaterwissenschaftlerin Annemarie Matzke über ihre eigene Biografie als Performerin, dass „ auf der Bühne [. . .] eine Reflexion über die Bedingungen, Verfahren und Voraussetzungen der Professionalisierung als Darstellerin “ 59 zunehmend stattfindet. Und weiter: „ Professionalisierungsprozesse wurden nicht nur benannt, sondern auch szenisch verhandelt und zur Aufführung gebracht. “ 60 Ähnliche Feststellungen finden sich in der tanzwissenschaftlichen Forschung, z. B. über Jérôme Bels (auto-)biografische Tänzerportraits. 61 Besagten künstlerischen Herangehensweisen ist also ein selbstreflexives wissenskonstituierendes Moment eingeschrieben, das die Tanzwissenschaft dazu auffordert, sie als eigenständige Theoriebildung zu begreifen und ihnen zugleich mit einer entsprechenden Theoriebildung zu begegnen. „ Ja, wer bin ich eigentlich? “ 62 - Möglichkeiten und Beschränkungen Autobiografische Bezüge und die damit einhergehenden Dynamiken und Situierungen sind konstitutiv für Im Umbruch. Der Film schreibt dabei seinerseits konstellative Tanzgeschichte, indem er beispielsweise Sequenzen über Fine Kwiatkowski mit jenen verschränkt, die von Lehmann und Hammer handeln. Zudem werden in einigen Szenen auf der Bildebene Fotos, Aufführungs- und Probenmitschnitte von Kwiatkowski aus den 1980er Jahren mit Gesprächen, Mails und Telefonaten der Gegenwart überblendet, wodurch deutlich wird, dass sich verschie- 16 Nadja Rothenburger dene Zeitschichten überlagern, durchdringen und unterbrechen. Die auf Ton- und Bildebene unterschiedlich adressierten Zeitschichten zeigen Kwiatkowski mal aus heutiger Sicht zurückblickend, mal tanzend in einem Experimentalfilm von Christine Schlegel aus den 1990er Jahren. Dann wieder schildert Kwiatkowski auf der Tonspur Ereignisse der 1980er Jahre, während der Bildschnitt Eindrücke von Improvisationen, Proben und Installationen versammelt. Unabhängig davon, welche der Zeitschichten adressiert wird, finden sich stets alltägliche Erlebnisse, Tätigkeiten und Stimmungen neben besonders intensiven Erinnerungen und Ereignissen wieder. Dieses Montageverfahren ordnet unterschiedlichste Materialien in Konstellationen an, die mit dem Bilderfluss als Bewegungsfolgen zur Aufführung gebracht werden. Dies inszeniert die Tänzerinnen ihrerseits als berichtende und damit eigenständige Akteure - ein Umstand, der gleichermaßen für die Regisseurin Barbara Lubich gilt, die teils langjährige persönliche und berufliche Beziehungen zu den Protagonistinnen pflegt, welche implizit in den Film einfließen. Von Lubich auf die Umbrüche in ihrem Werdegang befragt, beschreibt Kwiatkowski beispielsweise den Weggang damaliger Kolleg: innen als prägendes Erlebnis und ergänzt mit dieser Erinnerung prägnante politische zeithistorische Ereignisse um eine Alltagsgeschichte des Weggehens und Bleibens: Das ist für mich viel einschneidender gewesen als die Perestroika. Also Helge, wir wollten gerad ’ anfangen zu arbeiten - weg. Christine, wir waren mitten in der Arbeit - weg. Lutz, mitten in der Arbeit - weg. 63 Im darauffolgenden filmisch montierten Gespräch mit der Videokünstlerin Christine Schlegel, weist Kwiatkowski schließlich auch auf das Für und Wider einer (auto-)biografisch verengten Lesart ihrer künstlerischen Praxis hin: Ich möchte einfach nicht immer über diese DDR definiert werden. Alles, was danach kommt, spielt überhaupt keine Rolle mehr und wenn ich mir so einen Film [anschaue, NR], der einfach mitgeschnitten wurde, das hat sicherlich eine Gaudi, Spaß gemacht, damals als wir das machten. Betrachte ich das heute, möchte ich darüber nicht mehr definiert werden. Ich bin ein anderer geworden und es ist eine sehr vergängliche Kunst, der Tanz. 64 Anhand dieser Aussage wird deutlich, welche Probleme eine (auto-)biografische Perspektivierung für die Tanzgeschichtsschreibung aufwirft. Diese droht das künstlerische Schaffen der Tänzerinnen auf ihren Werdegang zu verkürzen. Ihre Arbeiten erscheinen dann nur zugänglich und von Interesse, wenn sie auf bestimmte gesellschaftliche Veränderungen reagieren und sich deutlich auf sie beziehen. Dies birgt die Gefahr, künstlerische Erzeugnisse für politische und historiografische Zwecke in Dienst zu nehmen. Zudem befinden sich die Protagonistinnen an äußerst unterschiedlichen Stationen ihrer Lebenswege beziehungsweise ihres beruflichen Werdegangs, was dazu führt, dass sie verschiedene Sprech-, Erzähl- und Darstellungsweisen bezüglich ihrer Selbstentwürfe wählen. An anderer Stelle nimmt Kwiatkowski erneut dezidiert Bezug auf diese autobiografische Verkürzung, die sich ihr zudem als Abwertungserfahrung eingeprägt hat: Im Westen eine DDR-Exotin zu sein, das fand ich sehr unangenehm. [. . .] Das ist für mich echt schwierig gewesen. [. . .] Ich hab ‘ mir vor ein paar Jahren wirklich ins Gedächtnis, ins Gefühl zurückrufen müssen: Ich bin jetzt so und so alt, ich habe schon 30 Jahre getanzt, und habe in den 30 Jahren so viele Arbeiten gemacht, auch Stücke, Themen bearbeitet. [. . .] Und ich war mit meinen Partnern, mit denen ich zusammen diese Arbeiten gemacht habe, einfach gut. Und ich hab ‘ das vergessen. [. . .] Und als ich mir das bewusst gemacht 17 „ Wer bin ich eigentlich? “ habe, da habe ich gedacht: Ja, wer bin ich eigentlich? Das habe ich nicht nötig. Und wenn mich keiner haben will, dann will mich keiner haben, da habe ich mich selbst. 65 Zwar wird ihre künstlerische Praxis auch in der Tanzdokumentation zunächst auf bestimmte Zeiten und Bezüge verengt, zugleich vertieft der Film jedoch das Verständnis für ihre künstlerischen Entscheidungen. Indem ihre tanzkünstlerischen Zeugnisse und (teils persönlichen) Erzählungen, mit denen von Lehmann und Hammer montiert werden, erschließen sich dem Publikum ihre Belange vielschichtiger und umfassender. Zudem können Phänomene wie das von Kwiatkowski beschriebene deutsch-deutsche Weggehen/ Bleiben für eine multiperspektivische Geschichtsschreibung erfasst und gewichtet werden. Mittels einer zwar (auto-)biografisch perspektivierten, aber transregional konstellierten Tanzgeschichtsschreibung können die beschriebenen Umbruchserfahrungen über längere Zeiträume betrachtet und in Verschränkung mit politischen Ereignissen gedacht werden. Fazit Die autochoreografischen Verfahren von Im Umbruch wurden im Beitrag konzeptionell und tanzwissenschaftlich als auch wirk- und produktionsästhetisch betrachtet. Es wurde gezeigt, dass die Filmdramaturgie mit einem Verständnis von Choreografie als Organisationsprinzip operiert, das in gegenwärtigen tanzwissenschaftlichen Diskursen u. a. mit Begriffen wie ‚ Erweiterte Choreografie ‘ diskutiert und erforscht wird. In diesem Verständnis lassen sich die künstlerischen und lebensgeschichtlichen Selbstentwürfe der porträtierten Tänzerinnen als mit ihren künstlerischen Praktiken verschränkt betrachten - ein Umstand, den der vorliegende Beitrag mittels der Begriffe chorós/ choreía und bíos zu veranschaulichen suchte. Einige DDR-bezogene tanzkünstlerische Ansätze, die aufgrund einer fragmentarischen deutsch-deutschen Geschichtsschreibung in den bisher etablierten tanzhistoriografischen Narrativen nicht vorkommen, werden im Film Im Umbruch mithilfe von Selbstzeugnissen sichtbar gemacht. Zudem können Brüche, Sprünge und Lücken im tänzerischen Wissenstransfer - wie hier beispielhaft anhand eines Diskursgeschehens der deutsch-deutschen Tanzmoderne skizziert - präziser benannt werden. Der Beitrag verwies zudem auf die Widersprüche eines (auto-)biografisch perspektivierten (tanzhistoriografischen) Vorgehens, indem er die Kehrseiten einer möglicherweise verkürzten, biografisch zentrierten Lesart benannte. Dies betrifft insbesondere die Reduzierung der Tänzerinnen auf Erfahrungen und Werke, die in die Zeit der DDR fallen und/ oder explizit auf sie Bezug nehmen. Eine Aufwertung ihrer künstlerischen Praktiken, die sich allein auf die damaligen Lebensumstände beruft, würde den eigenständigen Herangehensweisen und den individuellen tänzerischen Auseinandersetzungen der Protagonistinnen nicht gerecht, die sich im Film deutlich voneinander abheben. Ich schlage also vor, Im Umbruch als Auto_Choreo_Grafie zu lesen, weil der Film weder die Biografien der Tänzerinnen konventionell erzählt noch eine allgemeingültige Tänzerinnen-Biografie konstruiert. Vielmehr arbeitet die Filmdramaturgie mit Topoi, die in den Selbstentwürfen aller vier Protagonistinnen (Lubich als Regisseurin und Tänzerin eingeschlossen) thematisiert werden. Die An- und Umordnung dieser Topoi mithilfe von vier verschiedenen Perspektiven lädt dazu ein, sie überindividuell zu betrachten. Dramaturgie, Produktionsästhetik und Aufführungspraxis des Films bilden ein Beziehungsgeflecht, das verschiedene Tanzverständnisse, Zeitschich- 18 Nadja Rothenburger ten, Materialien und Ereignisse in einer tanzhistoriografischen Konstellation zueinander ins Verhältnis setzt. Diese Konstellation ermöglicht es, das performative Potenzial der verwendeten Materialien für die produktive Reformulierung bereits bekannter Fragestellungen rund um den Mauerfall und die Historisierung von DDRbzw. deutsch-deutscher Tanzkunst auszuloten und ausgiebiger zu nutzen. Weiterführend wäre für derlei konstellative tanzhistoriografische Vorgehensweisen zudem die dezidierte Berücksichtigung sozialer Mobilität von Interesse, da mit ihr Fragen der Herkunft und Ausbildung vertiefend betrachtet werden könnten. Anmerkungen 1 Fine Kwiatkowski stellt an einer Stelle des Films fest: „ Ja, wer bin ich eigentlich? Das habe ich nicht nötig. Und wenn mich keiner haben will, dann will mich keiner haben, da habe ich mich selbst. “ IM UMBRUCH. Go. Stay. Dance (Tanzdokumentation, Dresden 2020, R: Barbara Lubich), Min. 00: 46: 50. 2 Sprechpausen in den Filminterviews habe ich in der Transkription mit drei Auslassungspunkten in Klammern markiert. Ebd. Min. 00: 04: 20. 3 Ebd. Min. 00: 04: 20. 4 Ebd. Min. 00: 04: 20. 5 Vgl. Barbara Lubich, Das Kreativsubjekt in der DDR. Performative Kunst im Kontext, Bd. 12, Göttingen 2014. 6 Vgl. u. a. Jens Richard Giersdorf, „ Dance Studies in the International Academy: Genealogy of a Disciplinary Formation “ , Dance Research Journal 41/ 1 (2009), S. 23 - 44. 7 Vgl. Bojana Cvejic´, „ Problem as a choreographic and philosophical kind of thought “ , in: Martin Randy / Gerald Siegmund / Rebekah J. Kowal (Hg.), The Oxford Handbook of Dance and Politics, Oxford 2017, S. 199 - 220, hier S. 212. 8 Christina Thurner, „ Choreo-Graphie als Auto-Bio-Graphie. Kulturtechniken, die Leben ,schreiben ‘“ , in: Sabine Huschka, / Gerald Siegmund (Hg.), Choreografie als Kulturtechnik. Neue Perspektiven, Berlin 2022, S. 253 - 268. 9 Ebd., S. 254 - 255. 10 Ähnliche Ansätze finden sich bei Johanna Hilari et al., „ Auto_Bio_Graphical Urgencies. Vier tanzwissenschaftliche Perspektiven “ , in: Doris Kolesch et al. (Hg.), Matters of Urgency. 15. Kongress der Gesellschaft für Theaterwissenschaft, Berlin 2024, S. 471 - 486. Eine Betrachtung des damit verknüpften Aspekts der sozialen Mobilität unternehme ich zudem in meiner Dissertation Auto_ Choreo_Grafie (in Vorbereitung). 11 Vgl. Thurner „ Choreo-Graphie als Auto- Bio-Graphie “ , S. 254. 12 Hier lohnt sich auch ein Blick in den französischsprachigen Raum, wo ähnliche Fragen unter Berücksichtigung soziologischer Forschung bereits eingängig diskutiert wurden. Vgl. u. a. Eva Blome / Philipp Lammers / Sarah Seidel (Hg.), Autosoziobiographie. Poetik und Politik, Berlin 2022. Sowie Gregor Schuhen, „ Erfolgsmodell Autosoziobiografie? , “ in: Lendemains 45, 180 (2020), S. 51 - 63. 13 Da ich die Verschränkung von Autobiografie, Autorschaft und Choreografie untersuche, verwende ich im Text beide Begrifflichkeiten: Choreografin und Tänzerin. Beide Wissensfelder betrachte ich aus der Perspektive des europäischen, transatlantischen Bühnentanzes, bei dem zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Zuge der Tanzmoderne eine signifikante Umdeutung des Autorschaftsverständnisses vonstatten geht, die dazu führt, dass der Choreografiebegriff zwar aufgewertet, aber zum Teil diffus verwendet wird. Vgl. u. a. Anna Leon, Expanded Choreographies - Choreographic Histories. Trans-Historical Perspectives Beyond Dance and Human Bodies in Motion, Bielefeld 2022, S. 30 - 31. 14 Vgl. Gabriele Brandstetter, „ Xavier Le Roy: Product of Circumstances (1998/ 1999) “ , in: Martina Wagner-Egelhaaf (Hg.), Handbook of Autobiography / Autofiction, Bd. 3, Berlin/ Boston 2019, S. 2064 - 2073. 19 „ Wer bin ich eigentlich? “ 15 Vgl. Gerald Siegmund, Abwesenheit: Eine performative Ästhetik des Tanzes. William Forsythe, Jérôme Bel, Xavier Le Roy, Meg Stuart, Bielefeld 2015. 16 Gerald Siegmund, Theater- und Tanzperformance zur Einführung, Hamburg 2020, S. 65 und S. 209. 17 Vgl. Gerald Siegmund, „ Choreographie und Gesetz. Zur Notwendigkeit des Widerstands “ , in: Nicole Haitzinger / Karin Fenböck (Hg.), Denkfiguren. Performatives zwischen Bewegen, schreiben und erfinden. Für Claudia Jeschke, München 2010, S. 118 - 129. 18 Dies veranschaulicht beispielsweise die Choreografin Mette Ingvartsen eindrücklich, indem sie in ihrer fünfteiligen Serie evaporated landscapes, The Extra Sensorial Garden, The Light Forest, Speculations, The Artificial Nature Project (2009 bis 2012, Groß- und Kleinschreibung der Titel entspricht den Vorgaben auf Ingvartsens Internetauftritt) nahezu ausschließlich Dinge auf der Bühne choreografiert. 19 Yvonne Hardt, Annette Hartmann, „ Choreographie “ , in: Annette Hartmann / Monika Woitas (Hg.), Das grosse Tanz Lexikon: Tanzkulturen, Epochen, Personen, Werke, Laaber 2016, S. 150 - 152. 20 Ebd. 21 Siegmund, „ Choreographie und Gesetz “ , S. 129. 22 Vgl. Ulrike Wörner: „ Chorea “ , in: Hartmann / Woitas (Hg.), Das grosse Tanz Lexikon, S. 148 - 149. 23 Mit bestem Dank an den Kultur- und Islamwissenschaftler Frank Lange, der mir mit wertvollen Hinweisen hinsichtlich der Übertragungen aus dem Griechischen ins Deutsche zur Seite stand. Vgl. Hjalmar Frisk, Griechisches etymologisches Wörterbuch, Heidelberg 1991, S. 1112. 24 Vgl. ebd., S. 237. 25 Vgl. Helmut Hühn / Michael Gamper (Hg.), Zeit der Darstellung. Ästhetische Eigenzeiten in Kunst, Literatur und Wissenschaft, Hannover 2014. 26 IM UMBRUCH. Go. Stay. Dance, Min. 00: 00: 00 - 00: 03: 08. 27 Ebd. Min. 00: 00: 00 - 00: 03: 08. 28 Ebd. Min. 00: 00: 00 - 00: 03: 08. 29 Ebd. Min. 00: 00: 23. 30 Ebd. Min. 00: 00: 00 - 00: 03: 08. 31 Ich sehe den Film zur Premiere am 15.05.2022 im Festspielhaus Dresden Hellerau, in deren Rahmen ebenfalls eine Podiumsdiskussion mit allen Protagonistinnen stattfand. Dankenswerterweise gewährte mir Barbara Lubich im Anschluss Zugang zu einer Filmaufnahme, die eine genaue Auswertung einzelner Szenen ermöglichte. 32 „ IM UMBRUCH. Go. Stay. Dance. “ , Tanzdokumentation, Hechtfilm, 2020, https: / / w ww.hechtfilm.de/ projekte/ im-umbruch/ (Zugriff am 22.03.2022). 33 Sylvia Sasse, „‚ Inoffiziell wurde bekannt. . . ‘ Die Doppel-Performance der Dokumente “ , in: Kata Krasznahorkai / Sylvia Sasse (Hg.), Artists & Agents: Performancekunst und Geheimdienste, Leipzig 2019, S. 146 - 160, hier S. 153. 34 Ebd. 35 Ebd. 36 Ebd., S. 154. 37 IM UMBRUCH. Go. Stay. Dance, Min. 00: 15: 45. 38 Das Gespräch (Min. 00: 32: 18 - 00: 33: 22) handelt u. a. von den Vornamen der beiden Tänzerinnen und wie sich diese zu (Fremd-)Zuschreibungen verhalten - ein autobiografischer Topos, der insbesondere im deutsch-deutschen Diskurs starke Assoziationen hinsichtlich Herkunft und sozialem Status weckt und daher eine eigenständige Betrachtung verdient. 39 Der eigene Name wird mit Peter Widmer immer von und durch gesellschaftliche Verhältnisse hervorgebracht, weil durch ihn die reale, imaginäre und symbolische Ordnung mit dem eigenen Selbstverständnis verschränkt wird. Vgl. Peter Widmer, Der Eigenname und seine Buchstaben. Psychoanalytische und andere Untersuchungen, Bielefeld 2010, S. 42. 40 Vgl. Lubich, Das Kreativsubjekt in der DDR. 41 Vgl. ebd. insbesondere Kapitel 3 bis 6. 42 Ebd., S. 381 - 413. 43 Ebd., S. 381 - 413. 44 Aufschlussreich hierfür ist auch der Beitrag von Jens Giersdorf, „ Is It OK to Dance on Graves? Modernism and Socialist Realism 20 Nadja Rothenburger Revisited “ , in, The Oxford Handbook of Dance and Politics, S. 603 - 626; sowie ein Interview zwischen Janez Jan š a und Franz Anton Cramer, vgl. „ Vertikal und horizontal unendlich. Ein Gespräch über zeitgenössische Geschichte in Ost und West zwischen Franz Anton Cramer und Janez Jan š a, in: Tanzjournal 05 (2009), S. 15 - 24. 45 Marion Kant, „ Was bleibt? The Politics of East German Dance “ , in: Susan Manning / Lucia Ruprecht (Hg.), New German Dance Studies, Urbana 2012, S. 130 - 146, hier S. 133. 46 Neben Kant setzten sich meines Wissens u. a. Gabriele Brandstetter, Alexander Schwan sowie Susan Manning und Lucia Ruprecht kritisch mit derlei (Dis-)Kontinuitäten auseinander. Vgl. u. a. Gabriele Brandstetter, „ Ausdruckstanz “ , in: Diethart Kerbs / Jürgen Reulecke (Hg.), Lebensreform. Handbuch der deutschen Alternativbewegungen 1880 - 1933, Wuppertal 1998, S. 451 - 463; Susan Manning / Lucia Ruprecht (Hg.), New German dance studies, Urbana 2012; Susan Manning, Ecstasy and the Demon: Feminism and Nationalism in the Dances of Mary Wigman, Minneapolis 2006; Alexander Schwan, „ Expression, Ekstase und Spiritualität. Paul Tillichs Theologie der Kunst und Mary Wigmans Absoluter Tanz “ , in: Thom Hecht / Dagmar Ellen Fischer (Hg.), Tanz, Bewegung & Spiritualität, Leipzig 2009, S. 214 - 226. 47 Vgl. Christina Thurner, „ Zeitschichten, -sprünge und -klüfte. Methodologisches zur Tanz-Geschichts-Schreibung “ , Inventur der Tanzmoderne. Geschichtstheoretische Überlegungen zur tanzwissenschaftlichen Forschung. Forum Modernes Theater 23/ 1 (2008), S. 13 - 18. 48 Vgl. Carolin Amlinger, Oliver Nachtwey, Gekränkte Freiheit. Aspekte des libertären Autoritarismus, Berlin 2022, S. 69 - 70. 49 Vgl. Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung, Frankfurt a. M. 2008. 50 Vgl. ebd., S. 77. 51 Vgl. ebd., S. 58. 52 Vgl. ebd., S. 87. 53 Vgl. Go Plastic Company u. a.: We ’ re Used to Being Darker 2021, https: / / www.goplastic company.de/ were-used-to-being-darker/ (Zugriff am 19.01.2023). 54 Für die Theaterwissenschaft liegt nunmehr mit dem Band Theaterwissenschaft postkolonial/ dekolonial ein erstes Kompendium vor, das sich systematisch mit entsprechend neu perspektivierten Methoden, Fragestellungen und Arbeitsweisen auseinandersetzt. Vgl. Azadeh Sharifi / Lisa Skwirblies (Hg.), Theaterwissenschaft postkolonial/ dekolonial: Eine kritische Bestandsaufnahme, Bielefeld 2022. Für die DDR-Forschung sei diesbezüglich stellvertretend für eine erweiterte deutschdeutsche Geschichtsschreibung auch auf den Sammelband von Lydia Lierke und Massimo Perinelli hingewiesen, Vgl. Lydia Lierke / Massimo Perinelli (Hg.), Erinnern stören. Der Mauerfall aus migrantischer und jüdischer Perspektive, Berlin 2020. 55 Manfred Schneider, „ 1.5 Discourse Analysis “ , in: Martina Wagner-Egelhaaf (Hg.), Handbook of Autobiography / Autofiction, Bd. 1, Berlin/ Boston 2019, S. 45 - 53, hier S. 46. 56 Vgl. ebd., S. 46 - 49. 57 Carsten Heinze, „‚ Das Private wird politisch ‘ - interdisziplinäre Perspektiven auf autobiografisches Schreiben im Horizont von Erinnerungskulturen und Zeitgeschichte “ , in: Forum Qualitative Sozialforschung 12/ 2 (31.05.2011), https: / / www.qualitative-re search.net/ index.php/ fqs/ article/ view/ 1681 (Zugriff am 24.01.2022). 58 Vgl. Constanze Schellow, Diskurs-Choreographien. Zur Produktivität des ‚ Nicht ‘ für die zeitgenössische Tanzwissenschaft, München 2016. 59 Annemarie Matzke, „ Sich Selbst Professionalisieren - Zur Figur des Performancekünstlers im gegenwärtigen Theater “ , in: Jens Roselt / Stefan Krankenhagen (Hg.), De-/ Professionalisierung in den Künsten und Medien. Formen, Figuren und Verfahren einer Kultur des Selbermachens, Berlin 2018, S. 107 - 125, hier S. 108. 60 Ebd. 61 Vgl. Christina Thurner, „ Die Stimme erhoben: ‚ Ich ‘ -Sagen und Autorschaft in den 21 „ Wer bin ich eigentlich? “ Tänzerporträts von Jérôme Bel “ , in: Anne- May Krüger / Leo Dick (Hg.), Performing Voice Vokalität im Fokus angewandter Interpretationsforschung, Büdingen 2019, S. 209 - 215; Julia Wehren, Körper als Archiv in Bewegung. Choreografie als historiografische Praxis, Bielefeld 2016. 62 IM UMBRUCH. Go. Stay. Dance, Min. 00: 46: 50. 63 Ebd. Min. 00: 23: 05. 64 Ebd. Min. 00: 25: 47 - 26: 17. 65 Ebd. Min. 00: 45: 15 - 47: 45. 22 Nadja Rothenburger
