eJournals Forum Modernes Theater 35/1-2

Forum Modernes Theater
fmth
0930-5874
Narr Verlag Tübingen
10.24053/FMTh-2024-0005
0120
2025
351-2 Balme

Geschichte und die Krise der dramatischen Form: Handlungsfäden und Handlungsgewebe zwischen Hauptmanns Die Weber (1892), Brecht, Szondi und Polleschs Passing (2020)

0120
2025
Stefan Hölscher
Dieser Beitrag beschäftigt sich zunächst mit Peter Szondis Lesart von Gerhart Hauptmanns Die Weber (1892), die auf einem ‚geschlossenen‘ Dramenverständnis beruht, das von naturalistischen Theorien der ‚offenen‘ Form abweicht, wie sie Ende des 19. Jahrhunderts formuliert wurden. In einem zweiten Schritt wird dann gefragt, inwiefern sich in René Polleschs Passing. It’s so easy, was schwer zu machen ist (2020) eine Problematik manifestiert, die auf das von Szondi beschriebene Verhältnis von ‚sozialer Wirklichkeit‘ und deren Verfremdung im epischen Theater zurückgeht. An Polleschs epischem Stück, das sichweniger um soziale Wirklichkeit als um eine verfremdende Reflexion desTheaters auf seine Mittel dreht, lässt sich schließlich zeigen, dass die Weise, in der Szondi dramatische und epische Formen infolge einer ihm zufolge um 1900 aufkommenden historischen Krise in einen Widerspruch zueinander setzt, das Potential von Hauptmanns Drama über den Weber:innenaufstand im schlesischen Eulengebirge von 1844 zur Dramatisierung von Geschichte anhand kleiner Ereignisse, Gesten und Worte ausblendet.
fmth351-20055
Geschichte und die Krise der dramatischen Form: Handlungsfäden und Handlungsgewebe zwischen Hauptmanns Die Weber (1892), Brecht, Szondi und Polleschs Passing (2020) Stefan Hölscher (Bochum) Dieser Beitrag beschäftigt sich zunächst mit Peter Szondis Lesart von Gerhart Hauptmanns Die Weber (1892), die auf einem ‚ geschlossenen ‘ Dramenverständnis beruht, das von naturalistischen Theorien der ‚ offenen ‘ Form abweicht, wie sie Ende des 19. Jahrhunderts formuliert wurden. In einem zweiten Schritt wird dann gefragt, inwiefern sich in René Polleschs Passing. It ’ s so easy, was schwer zu machen ist (2020) eine Problematik manifestiert, die auf das von Szondi beschriebene Verhältnis von ‚ sozialer Wirklichkeit ‘ und deren Verfremdung im epischen Theater zurückgeht. An Polleschs epischem Stück, das sich weniger um soziale Wirklichkeit als um eine verfremdende Reflexion des Theaters auf seine Mittel dreht, lässt sich schließlich zeigen, dass die Weise, in der Szondi dramatische und epische Formen infolge einer ihm zufolge um 1900 aufkommenden historischen Krise in einen Widerspruch zueinander setzt, das Potential von Hauptmanns Drama über den Weber: innenaufstand im schlesischen Eulengebirge von 1844 zur Dramatisierung von Geschichte anhand kleiner Ereignisse, Gesten und Worte ausblendet. 1. Die Weber als zerbröckelnde dramatische Form In seiner Theorie des modernen Dramas (1956) gesteht Szondi Hauptmann zunächst zu, einen „ Zug des Zerbröckelns “ 1 in die dramatische Form eingeführt und sie mit einem sozialen Thema verschränkt zu haben. Zugleich meint er aber, auf formaler Ebene würde eine adäquate Darstellung soziohistorischer Wirklichkeit erst von „ Piscator und Brecht [. . .] auf Kosten der dramatischen Form zum Durchbruch geführt “ 2 . Die Weise, auf die Szondi hinsichtlich einer ihm zufolge um 1900 aufkommenden historischen Krise dramatische und epische Formen in einen Widerspruch zueinander setzt, so meine hier verfolgte These, blendet das Potential von Hauptmanns Stück über den Weber: innenaufstand im schlesischen Eulengebirge von 1844 zur Dramatisierung von Geschichte anhand kleiner Ereignisse, Gesten und Worte aus, womit ein anderes, dramatisches Theater gemeint ist und nicht das von Brecht oder Pollesch. Der erste Akt spielt im Haus des Parchentfabrikanten Dreißiger, bei dessen Expedient Pfeifer Weber: innen ihre Stoffe abliefern, wofür ihnen der Kassierer Neumann einen Hungerlohn auszahlt. Irgendwann fällt ein Junge vor Erschöpfung um. Während der zweite Akt den Fokus auf eine karge Stube verschiebt, wo die verarmte Familie Baumert an Spinnrädern sitzt, bevor Jäger in der Szene erscheint und die Anwesenden mit dem Lied vom Blutgericht zum Aufstand motiviert, zeigt der dritte Akt eine Schenkstube. Hier bezeugen Weber: innen einem Reisenden ihren Unmut und reden sich betrunken in Rage, bis ein Gendarm erscheint und Alkohol bestellt. Der vierte Akt wird durch die längere Ausmalung der opulenten Privaträume Dreißigers eingeleitet und führt einen Polizeiverwalter und Pastor Kittelhaus ein, der Dreißiger bezüglich der unruhig werdenden Weber: innen Forum Modernes Theater, 35/ 1-2, 55 - 70. Gunter Narr Verlag Tübingen DOI 10.24053/ FMTh-2024-0005 warnt, aus Schafen könnten noch Wölfe werden. Jäger tritt auf und droht allen, gefolgt von Pfeifer, der als Bote agiert und meint, draußen hätten Weber: innen gerade einen Staatsbeamten verprügelt. Am Ende betritt die Menge das Haus. Der fünfte Akt ist in einer Weber: innenhütte situiert. Hier berichtet Hornig von der Verwüstung des Hauses Dreißigers. Das Stück schließt mit einer Kugel, die das Fenster durchschlägt und den alten Hilse, der nicht am Aufstand teilnehmen wollte, zufällig tötet, während er am Spinnrad Stoff produziert. 2. Szondis Geschichte und die Krise des Dramas Zunächst soll hier Szondis brechtscher Zugriff auf Die Weber rekonstruiert werden, auf Grundlage dessen er die Konfrontation des Dramas mit ‚ sozialer Wirklichkeit ‘ und somit sein „ Problematischwerden “ 3 im späten 19. Jahrhundert aufzeigt. Szondis Lesart von Die Weber will ich daran anknüpfend mit Positionen aus dem Feld des Naturalismus, dem Hauptmann angehörte, kontrastieren und auf die Spezifik der Form der Weber eingehen. Bevor ich auf Polleschs postdramatisches Meta-Theater Passing zu sprechen komme, werde ich anhand von Michael Thalheimers Inszenierung der Weber am Deutschen Theater von 2011 zeigen, inwiefern es in dieser Produktion, wie ich es nennen möchte, eher um die dramatische ‚ Auffächerung von Handlung als Gewebe ‘ denn um die epische ‚ Unterbrechung von Handlung als Faden und Fabel ‘ geht, auf die Szondi hinauswill, wenn er epische gegenüber dramatischen Formen privilegiert. Ich schreibe dabei als Theaterwissenschaftler, der Szondis wirkmächtige literaturwissenschaftliche Dissertationsschrift im Hinblick auf deren Bedeutung für das eigene Feld liest: Während eines langen Sommers der Theorie übernahmen Wirth und Lehmann, bei denen Pollesch später studierte, Szondis Theorie des Theaters, ohne die kein postdramatisches Theater denkbar wäre. 4 Hauptmanns Die Weber bezeichne ich als offenes Gewebe, weil die fünf Akte, aus denen sie bestehen, von keinem kohärenten Handlungsfaden durchlaufen werden, sondern in ihrer episodischen Qualität Orte und soziale Milieus lose miteinander verknüpfen. Conrad Alberti, einer der wichtigsten Theoretiker des Naturalismus, meint um 1900, Milieus beruhten in ihrer „ einfachsten Stufe “ 5 darauf, Menschen aus dem zu erklären, was außer ihnen ist. 6 Davon handeln Die Weber meines Erachtens auch strukturell. „ Von der Möglichkeit des Dialogs hängt die Möglichkeit des Dramas ab “ 7 , beschreibt Szondi in seinem ebenso für Wirths Vom Dialog zum Diskurs. Versuch einer Synthese der nachbrechtschen Theaterkonzepte (1980) wie für Lehmanns Postdramatisches Theater (1999) folgenreichen Text die ‚ Krise des Dramas ‘ . Diese würde erst im 20. Jahrhundert vom epischen Theater gelöst. Die Weber ordnet er den ‚ Rettungsversuchen ‘ des Dramas und nicht den ‚ Lösungsversuchen ‘ seiner Krise zu, indem er Hauptmann durch die Brille Brechts liest, der in seinen Anmerkungen zum Volksstück (1940) naturalistische Darstellungsweisen immerhin als Dampfschiffe bezeichnet und vom ‚ klassischen ‘ Drama, dessen gehobenen Stil er mit einem Segelschiff verglich, abgehoben hatte. 8 Szondi zufolge lassen die Dramen Henrik Ibsens und August Strindbergs ‚ klassische ‘ Handlung stocken, indem sie die Psychen bürgerlicher Protagonist: innen ausleuchten, während Hauptmanns soziale Dramen untere Gesellschaftsschichten und politisch-ökonomische Verhältnisse thematisieren. Für Szondi nimmt die Handlung der Weber zwar „ Aufnahmen späterer Phonogrammarchive “ 9 vorweg. Ihr Thema jedoch, der kurze Aufstand schlesischer Weber: innen von 1844, verlange eine epische 56 Stefan Hölscher Form, die Hauptmann nicht erreiche. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschreibt Szondi, der sich nur am Rande mit Inszenierungen befasst, das Drama, dessen Widerspruch zwischen Inhalt und Form für ihn Die Weber auf besondere Weise markieren, „ von der Stelle seiner heutigen Verhinderung aus “ 10 als ‚ Gegenwartsabfolge ‘ . Die dramatische Form setzt sich ihm zufolge ‚ absolut ‘ und lässt weder einem epischen Ich, das in einen Abstand zum Dialog treten könnte, noch denjenigen Platz, die sich „ schweigend, mit zurückgebundenen Händen, gelähmt vom Eindruck einer zweiten Welt “ 11 mit einer illusionistischen Bühnenhandlung identifizieren: ihren Zuschauer: innen, dem Publikum. Laut Szondi schließt das Drama mit kritischer Distanz gleichsam soziohistorische Wirklichkeit aus, die erst Piscator und Brecht angemessen darstellen würden, indem sie dialogische Aktualität episch unterbrächen. Hierbei stimmen seine Überlegungen mit denjenigen Walter Benjamins überein, der in seinen Versuchen über Brecht (1955) über die Geste als Mittel der Unterbrechung von Handlung bemerkt: „ Gesten erhalten wir um so mehr, je häufiger wir einen Handelnden unterbrechen. Für das epische Theater steht daher die Unterbrechung der Handlung im Vordergrunde. “ 12 Szondi versteht dramatische Formen nicht wie Manfred Pfister rund 20 Jahre nach ihm als ‚ offene ‘ Formen und in Bezug auf Aufführungstexte. 13 Anhand von Dramentexten will er das Drama episch überwinden und den in sich geschlossenen Handlungszusammenhang mit einem konkreten ‚ Außen ‘ konfrontieren. Für Szondi ist der Dialog ebenso Träger der Handlung wie Möglichkeitsbedingung des Dramas. Dessen Schauplatz, die Guckkastenbühne, unterbinde jede Distanzierung, „ [d]ie Rampe, die sie beleuchtet, bezweckt den Anschein, als spende das dramatische Spiel auf der Bühne sich selber das Licht. “ 14 In den Webern sieht er ein Werk, das diese Form ‚ thematisch ‘ relativiere, sie aber nicht ‚ formal ‘ überwinde, weil es politisch-ökonomische Zustände dialogisch darstelle, ohne in eine verfremdende Distanz zu ihnen zu treten. 3. Der Widerspruch zwischen epischem Inhalt und dramatischer Form „ Das ‚ soziale Drama ‘ ist deshalb epischen Wesens und ein Widerspruch in sich “ 15 , fasst Szondi seine Lesart von Hauptmanns Werk zusammen. Seine Theorie des modernen Dramas, die Inszenierungen lediglich dann thematisiert, wenn sie auf Piscators politische Revuen und Brechts Theater der V-Effekte seit den 1920er Jahren zu sprechen kommt, läuft auf die „ Inthronisierung des wissenschaftlichen Prinzips “ 16 als ‚ demonstratives ‘ Darstellungsverfahren hinaus. „ Die Geschehnisse dürfen sich nicht unmerklich folgen, sondern man muß mit dem Urteil dazwischen kommen können “ 17 , fordert er mit einem Zitat aus Brechts Kleinem Organon für das Theater (1949). Die hier thematisierte Distanz zu dramatischer Aktualität wird Jahrzehnte später auch in Polleschs Theater zu finden sein, zumindest für jene Zuschauer: innen im Publikum, die dessen Referenzketten zu lesen wissen. Szondi zufolge stützt sich die in polemischer Weise von ihm so genannte „ Alleinherrschaft des Dialogs “ 18 in aristotelischer Tradition auf ein Verständnis von Handlung als ‚ Faden ‘ und ‚ Fabel ‘ , die sich lösungsorientiert in Raum und Zeit entfalten. Demgegenüber vollziehe sich mit der Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert ein Stilwandel, der später zur „ Formwerdung der thematischen Epik aus dem Inneren der dramatischen Form heraus “ 19 und, wie er aus Piscators Das politische Theater (1929) zitiert, zur „ Schaffung einer Verbindung zwischen der Bühnen- 57 Geschichte und die Krise der dramatischen Form handlung und den großen historisch wirksamen Kräften “ 20 führe. Gegen Szondis Lesart lässt sich einwenden, ihr Potential liege gerade darin, jene kleinen Ereignisse, Gesten und Worte, die soziohistorische Milieus konstituieren, zu dramatisieren, ohne deren ‚ großen ‘ Zusammenhang, was Szondi an Piscator wie Brecht schätzt, „ mit dem Gestus des politischen Redners “ 21 zu erklären. Insofern korrespondieren Die Weber mit Benjamins Überlegungen zu Brecht, obwohl sie Handlung nicht in dessen Sinne demonstrieren, sondern in ihre nebensächlichen Details hinein auffächern. Die Fähigkeit, „ [a]us kleinsten Elementen der Verhaltensweisen zu konstruieren, was in der aristotelischen Dramaturgie ‚ handeln ‘ genannt wird “ 22 , gesteht Benjamin allein Brecht zu. Demgegenüber will ich jetzt zunächst zeigen, inwiefern Szondis Postulierung eines Widerspruchs zwischen epischem Inhalt und dramatischer Form von einem Dramenverständnis abweicht, wie es Ende des 19. Jahrhunderts im Kontext naturalistischer Strömungen vertreten wurde. Diesbezüglich schlage ich vor, ein Konzept von Handlung als primär zeitliche Entwicklung und Lösung eines Handlungsfadens von einem Konzept von Handlung als räumlich ausgedehntem Handlungsgewebe zu unterscheiden. 4. Die naturalistischen Weber und ihr Handlungsgewebe In seiner Form entspricht Die Weber der Forderung Albertis, der Naturalismus solle die Welt wie auf Fotografien dokumentieren. 23 „ Kunst = Natur - x “ 24 , fasst Arno Holz das naturalistische Anliegen zusammen und meint damit, um sich, wie beim Blick durch ein Fenster, künstlerisch soziohistorischer Wirklichkeit anzunähern, müssten ‚ eigene ‘ Standpunkte - das X - in den Hintergrund treten. Ein solches zugleich aufgefächertes und ausschnitthaftes Verständnis von Handlung, für das bereits vor Brecht ‚ Gänge ‘ wichtiger werden als ‚ Ausgänge ‘ und aus dem heraus Pfister 1977 für ein ‚ offenes ‘ Dramenkonzept plädiert, in dem sich Handlung „ nicht mehr als geschlossenes, hierarchisiertes Ganzes präsentiert, sondern als Ensemble von Einzelsequenzen, die relativ unabhängig und isoliert voneinander sind “ 25 , findet Szondi 1956 erst im epischen Theater, das Handlung verfremde, so „ daß die Knoten auffällig werden “ 26 . Solche Knoten finden sich jedoch bereits Ende des 19. Jahrhunderts auf dem Feld des Naturalismus. „ Es gibt nichts an sich Episches. Es gibt nichts an sich Dramatisches “ 27 , ruft Max Halbe 1889 in seinem Berliner Brief aus und fügt dem hinzu: Es ist an der Zeit, daß auch das Drama sein gutes Recht fordere, sich frei nach allen Richtungen auszuleben, seine Gliedmaßen unbeengt, ledig jeder Regelzwangsjacke zu strecken und zu dehnen. 28 Die Weber, will ich im Kontext naturalistischer Theorien gegen Szondis Lesart und im Hinblick auf Polleschs Passing einwenden, ist ein solches offenes Gewebe. Das Stück, dessen Urfassung Hauptmann im schlesischen Dialekt verfasste und unter dem Titel De Waber veröffentlichte, ist kein Lehrstück. Es entgrenzt jedoch die Dramenform, indem es sie ins Episodische hinein ausfransen lässt. Bereits Wilhelm Bölsche beschreibt in der Freien Bühne 1892 De Waber als „ Drama ohne einen durch alle Akte durchgehenden Helden “ 29 . Hauptmann hätte, wie er weiter unten im selben Artikel schreibt, „ überwältigt von der Anziehungskraft des Stoffes “ 30 , eine Form der Darstellung gewählt, „ die dem Einzelfall gerecht wurde “ 31 . Als räumlich aufgefächertes Handlungsgewebe verbindet Hauptmanns Text Anspielungen auf Zeitzeugnisse zur Not schlesischer Weber: innen 58 Stefan Hölscher mit Referenzen auf Namen historischer Personen, 32 die er entlang penibler Inszenierungsanweisungen und detailversessener Beschreibungen kleiner Ereignisse, Gesten und Worte konstelliert, ohne einem mit der Zeit gelösten Handlungsfaden zu folgen, der in Brechts Überlegungen zur Fabel in der Kritik steht: „ Die Auslegung der Fabel und ihre Vermittlung durch geeignete Verfremdungen ist das Hauptgeschäft des Theaters. “ 33 Anders als durch Szondis Verständnis von Verfremdung wie auch in Polleschs Passing setzt Die Weber nicht nur inhaltlich, sondern auch formal um, was Christian von Ehrenfels 1891 vom Naturalismus fordert, nämlich das „ Wiederaufsuchen des verlorenen Kontakts “ 34 des Dramas zu soziohistorischer Wirklichkeit. „ [D]ie zerrissenen, unvollendeten Sätze werden bühnenfähig, der Dialekt tritt in seine Rechte “ 35 , lobt er im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts Hauptmanns Drama. 5. Brechtsche Zugriffe auf den Kontext der Weber um 1900 Szondis Lesart der Weber geht bedauerlicherweise nicht näher auf jene Aspekte von Hauptmanns Inszenierungsvorlage ein, die von einem brechtschen Zugriff abweichen. Jeder der fünf Akte beginnt mit detailversessenen Beschreibungen unterschiedlicher Orte. Insgesamt ist der Text durch zwischen die Figurenrede geschobene Beschreibungen gekennzeichnet, die in ihrer prosaischen Qualität sowohl mögliche Bühnenfassungen herausfordern als auch eine rein deskriptive Funktion haben. So heißt es etwa zu Beginn des ersten Aktes: „ Es ist ein schwüler Tag Ende Mai. Die Uhr zeigt zwölf. “ 36 Jeder der fünf Akte führt unvermittelt neue Figuren ein, blendet andere plötzlich aus und verheddert sich in scheinbar nebensächliche Details. Obwohl Hauptmanns Drama den Weber: innenaufstand von 1844 behandelt, ist das große Ereignis, wie auch Szondi hervorhebt, in ihm Referenzpunkt, ohne sich aus der Handlung heraus zu entwickeln. Das Handlungsgewebe der Weber wird mal vom ‚ Lumpenproletariat ‘ , dann vom Bürgertum und der Kirche, der Polizei und weiteren Milieus getragen, die Geschichte aktualisieren, ohne ihre Spannungen dialogisch lösen zu können. Obwohl das Stück aus fünf Akten besteht, vollzieht es vermittels seiner räumlich aufgefächerten Form, was Szondi erst durch epische Demonstration erreicht sieht: Die Darstellung eines soziohistorischen Konflikts. Die ein- und ausgeblendeten Figuren folgen keinem einheitlichen Handlungsfaden, der auf den Aufstand als Lösung eines Konflikts hin gestrickt wäre. Eugen Zabel, ein dem Naturalismus nicht wohl gesonnener Kritiker, wirft dem Drama deshalb einen „ Mangel an klar gegliederter, fortschreitender Handlung “ 37 vor. „ Das Stück bewegt sich nicht vorwärts, es rotiert um dieselbe Achse, wie eine Drehscheibe, auf der immer andere Gruppen sichtbar werden “ 38 , moniert er mit Blick auf eine Aufführung am Deutschen Theater von 1893 und bedient sich dabei einer topologischen Metapher. Zabel sieht in Die Weber „ ein[en] verwirrende[n], von der Hauptsache ablenkende[n] Bilderbogen “ 39 , der ihm das Gefühl vermittelt, daß in einem Album ein Blatt nach dem anderen umgelegt wird. Anstatt das Interesse des Publikums wenigen Personen ungetheilt zuzuwenden, greift Hauptmann aus der Masse bald Diesen, bald Jenen heraus, wer ihm gerade in den Wurf kommt und stellt ihn in den Vordergrund. 40 Zabels Vorwurf lautet, dass Hauptmann „ sich in die Ausmalung des Zuständlichen verliert, daß er immer mehr kleine und überflüssige Charakterzüge zusammenträgt und darüber vergißt, wozu die Figuren eigentlich da sind. Drama heißt Hand- 59 Geschichte und die Krise der dramatischen Form lung. “ 41 Anders als vorige Kritiker des Naturalismus, die Hauptmann den Bruch mit Konventionen vorwerfen, sieht Szondi rund ein halbes Jahrhundert später, dass Die Weber den „ Widerspruch zwischen epischer Thematik und nicht aufgegebener dramatischer Form “ 42 nicht lösen habe können, da sich der gesellschaftliche Zustand, in dem sie sich befinden, „ jenseits des Zwiegesprächs “ 43 abspiele. Hauptmann habe demnach überhaupt die letzten deutschen Dramen geschrieben, die noch Dramen seien. Wie Pollesch viele Jahre nach ihm adressiert Szondi dabei vor allem Brecht-Fans. 44 Im Kontext der von mir hier so bezeichneten naturalistischen Auffächerung von Handlungsfäden in Handlungsgewebe lassen sich Die Weber auch anders lesen. Obwohl sie neben den Dramen Georg Büchners unter anderem von Heinrich Heines Gedicht Die schlesischen Weber (1844) inspiriert sind und Käthe Kollwitz zu einem Zyklus an Radierungen inspiriert haben, verfolgt Hauptmann, anders als Piscator und Brecht, aber auch anders als später Szondi und Pollesch, kein dezidiert politisches Programm. Sein Text ist aus von ihm über Jahre hinweg in Notiz-Kalender eingeklebten dokumentarischen Materialien wie Chroniken und Zeitungsberichten sowie Gesprächen mit Augenzeug: innen auf einer Studienreise zum Ort des historischen Geschehens in Peterswaldau und Langenbielau heraus entstanden. Auf persönliche Begegnungen in einer dortigen Weber: innenhütte zurückblickend schreibt er später: „ Ich habe in meinem Drama ‚ Die Weber ‘ in der letzten Tiefe, die es in dieser Hütte erreichte, nichts enthüllt. “ 45 Hauptmann versteht sein Werk weder als „ Revolutionsdrama “ 46 noch als „ Märtyrertragödie “ 47 , wie es Szondi nahelegt, sondern - unter Zurücknahme eines ‚ eigenen ‘ Standpunktes - als Konstellation von Momentaufnahmen. Er will keine ‚ Tiefe ‘ , sondern soziohistorische Wirklichkeit ‚ auf ihrer Oberfläche ‘ darstellen. „ Ich habe die Komplexe dieser Wirklichkeit zugrunde zu legen und nicht eine künstlich eingezwungene Handlung, die Lüge ist, weil sie nirgend im Leben geschieht [. . .] “ 48 , notiert er retrospektiv im Jahre 1906. Diesbezüglich wendet Hans Schwab-Felisch ge- Abb. 1: Michael Thalheimers Inszenierung von Gerhart Hauptmanns Die Weber am Deutschen Theater (2011). © Arno Declair / Deutsches Theater Berlin. 60 Stefan Hölscher gen Szondis Theorie eines epischen Ichs, das im „ wissenschaftlichen Blick “ 49 Brechts Gestalt annehme, ein: Die soziale Wirklichkeit unter möglichster Ausschaltung subjektiver Einflüsse im Kunstwerk darzustellen - dies gehört nun einmal [. . .] zu den Zielen der naturalistischen Epoche. 50 6. Thalheimers Inszenierung der Weber am Deutschen Theater (2011) Mit einer kurzen Szene aus der Inszenierung von Hauptmanns Drama durch Thalheimer am Deutschen Theater von 2011 (Abb. 1) möchte ich zu Polleschs von Brecht inspiriertem Meta-Theater Passing überleiten. Anders als bei Pollesch, der das brechtsche Stilmittel der Verfremdung einsetzt, um gemeinsam mit seinen Fans und für ein eingeweihtes Publikum auf die Mittel des Theaters zu reflektieren, geraten bei Thalheimer auf besondere Weise kleine Ereignisse, Gesten und Worte in den Fokus. An einer Stelle zu Beginn des Stücks besteht Bäcker darauf, den ihm zugesagten Lohn in seine Hand gelegt, anstatt ihn vor die Füße geworfen zu bekommen. Dieser Vorgang wird von Thalheimer, der sich, trotz mancher Textstreichung und Abweichung, bezüglich der gestischen Details an Hauptmanns Text hält, nicht durch epische Distanzierung demonstriert, sondern in Form einer Serie dramatischer Momentaufnahmen protokolliert: Dreißiger „ nimmt überhastig dem Kassierer das Geld ab und wirft es auf den Zahltisch, so dass einige Münzen auf die Diele rollen “ 51 , Bäcker „ berührt mit den Fingern der rechten die linke Handfläche “ 52 , der Lehrling „ tut es, legt das Geld in Bäckers Hand “ 53 und so weiter. Anhand Thalheimers Inszenierung dieser Szene will ich kurz erläutern, inwiefern das Potential von Hauptmanns ‚ präepischem ‘ Werk in der dramatischen Spannung besteht, in die es einzelne soziale Milieus zu großen historischen Konflikten setzt, ohne dass diese dialogisch gelöst würden. Obwohl Thalheimer seine Schauspieler: innen in einem von Olaf Altmann minimalistisch abstrahierten Bühnenbild stillstellt und sie frontal ins Publikum sprechen lässt, sind die Gesten Dreißigers, seines Angestellten und des Webers Bäcker, die er in ihren Details nahezu fotografisch einfriert, bereits im Dramentext angelegt. Anstatt sein Publikum der Szene kritisch gegenüberzusetzen, zieht Thalheimer es nahezu immersiv in sie hinein. Theodor Fontane sah um 1900 in Die Weber ein „ Bild von Druck und Gegendruck “ 54 . Weder bei Hauptmann noch bei Thalheimer wird dieses Bild ‚ absolut ‘ ausgeleuchtet. In einer offenen dramatischen Form und nicht durch deren Überwindung qua epischer Demonstration kommt in Thalheimers Inszenierung von Hauptmanns Text politische Ökonomie zur Darstellung, indem die kleinen Ereignisse, Gesten und Worte anvisiert werden, in denen diese sich manifestiert. Szondi zufolge gelingt es erst dem Theater Brechts, gesellschaftlichen Zuständen durch „ hinzeigenden Abstand “ 55 eine ihnen entsprechende Form zu geben. Dieser allzu strenge Gegensatz von Geschichte und dramatischer Form wird den Webern meiner Ansicht nach nicht gerecht. Bei Hauptmanns Dramentext ebenso wie beim Aufführungstext Thalheimers handelt es sich um komplexe Handlungsgewebe, die Geschichte dramatisieren. Thalheimer macht nicht wie der späte Pollesch ein Theater kritischer Distanz. Ebenso wenig lässt sich seine Inszenierung der Weber dem sogenannten postdramatischen Theater zuordnen, wie es Szondis Schüler Lehmann Ende des 20. Jahrhunderts vor allem als nicht länger ‚ literarisches ‘ Theater nach Brecht beschreibt. Thalheimer stellt, wie beim Blick durch ein Kameraobjektiv, die 61 Geschichte und die Krise der dramatischen Form vielen Details in Hauptmanns Text scharf, indem er eine Form findet, die weder nur dramatische noch nur epische Qualitäten aufweist und beide ineinander verschwimmen lässt. Das tat bereits Hauptmann mit seinem in protokollarische Prosa ausfransenden Werk, wenn auch auf andere Weise als später Pollesch, der sich wie Szondi in der Tradition Brechts sieht. 7. Polleschs Passing und die absolut epische Form In Polleschs Passing erklärt die für einen von vielen Momenten aus der Rolle gefallene Kathrin Angerer ihren männlichen Genossen: Wenn Bertolt Brecht seine Gefühle da rauszieht, also aus dem Tauschhandel im Theater, so seine Gefühle da rauszieht. . . Ihr bekommt ein großes Gefühl und habt dafür auch ein großes Gefühl wie . . . Ihr bekommt unsere Gefühle und habt dafür auch ein großes Gefühl. . . Und er sein Theater mit Theorie und Geisteswissenschaften bewegt, dann ist das gar nicht das epische Theater. Nein! Sondern. . . Wir beharren hier auf unserer Präsenz. Wir, wir, wir. . . Ja, wir, wir beharren hier auf unserer Präsenz. Daran ist nicht herumzuschrauben oder herumzuinterpretieren. Die hat soviel Spielraum, und dieser Spielraum ist das proletarische Theater [. . .]. Sie wirkt dabei, als wolle sie ein theatrales Mittel, das Brecht in mehreren seiner Schriften zum Theater (1957) Verfremdung genannt und gegen die Idee von Handlung als ‚ Faden ‘ in Stellung gebracht hat, ebenso auf ihren Ursprung zurückführen wie auf eine neue Metaebene bringen. Die Szene lässt offen, ob sich die entlang der vierten Wand auf der Bühnenrampe befindlichen Schauspieler*innen ans Publikum oder aneinander wenden und ob die ‚ Präsenz ‘ , von der die Rede ist, vielleicht nur konnotiert, dass alle ein bisschen voneinander wegrücken sollen, um nicht allzu dicht gedrängt zu beiden Seiten derjenigen zu sitzen, die hier eine Ansprache über den Begründer des epischen Theaters und dessen Privilegierung von Distanzierung gegenüber Einfühlung hält. Um ‚ kleine ‘ Ereignisse, Gesten und Worte geht es dabei eher weniger. In Passing wirkt das brechtsche Konzept des V-Effekts nicht nur im meistens abgeklärt demonstrativen Spiel der Darsteller: innen nach, sondern auch in Videoprojektionen, Texteinblendungen und Soundtracks von Hollywoodfilmen, die hier allerdings eine Fabel weniger unterbrechen als die Form der Fabel selbst in einen absoluten Kommentar auf sich selbst und eine ununterbrochene Reflexion des Theaters auf seine Mittel verwandeln. Im weiteren Verlauf des zweiten Schritts möchte ich deshalb zeigen, inwiefern Polleschs Inszenierung Brecht zwar explizit mit Brecht denkt, dabei aber wie Szondi feierlich ein Theater betrauert, das es so vielleicht nie gegeben hat. Berücksichtigung in der Argumentation findet dabei die These Wirths, wonach es sich beim epischen Theater seit den Neo-Avantgarden der 1960er Jahre lediglich ‚ formal ‘ um episches Theater handle, da es ohne ‚ inhaltliche ‘ Gesellschaftskritik auskomme. Ganz im Sinne Brechts folgt die Komposition des Sprechtextes, den Pollesch montiert hat, einer nicht-aristotelischen Dramaturgie. Das Wort „ Fertig “ , das zu Beginn, mehrmals innerhalb und zwischen einzelner Szenen und dann wieder am Ende von Passing auf die Bühnenrückwand sowie auf eine über der Rampe heruntergelassene vierte Wand projiziert wird, verkittet die nebeneinander herlaufenden Dialoge und Referenzketten ebenso wie es als dem Stücktitel getreues Motto den Theaterabend zusammenhält. „ Fertig “ ist hier ein Abend, der nun mit dem Publikum geteilt wird. „ Fertig “ ist aber an anderer Stelle auch das Theater insgesamt. „ Fertig “ sind diejenigen, die es 62 Stefan Hölscher produzieren ebenso wie diejenigen, die ihm zuschauen. „ Fertig “ ist, wie Angerer, mit Verweis auf Brecht, an einer Stelle ausruft, was keinen Spielraum hat. Nur der Spielraum der ‚ Präsenz ‘ aller im Theater Versammelten könne ein proletarisches Theater manifestieren, wie es in den 1920er Jahren neben Brecht vor allem Piscator vorschwebte, der in dieser Inszenierung Polleschs von 2020 nachhallt. 8. Fäden, Passings Wenn Brecht in Das moderne Theater ist das epische Theater (1931) davon ausgeht, dass seine Lehrstücke ohne historischen Materialismus nicht zu denken seien und fordert, der epischen müsse es im Gegensatz zur dramatischen Form darum gehen, die Zuschauer: innen zu distanzieren, statt sie affektiv in die Szene hineinzuversetzen, die Spannung auf den Gang statt auf den Ausgang zu legen und Menschen zum Gegenstand eines Experiments zu machen, anstatt sie als in ihrem ‚ Wesen ‘ fixiert dem als Labor gedachten Theater vorauszusetzen, dann tut er dies entgegen der Idee der Einfühlung in eine Bühnenhandlung, wie sie durch die von ihm so genannte aristotelische Dramatik bis hin zum Naturalismus überliefert wurde. 56 Ganz nach historisch materialistischer Idee soll episches Theater Brecht zufolge gesellschaftliche Verhältnisse nicht nur interpretieren, sondern auch verändern. Dazu muss es sie zunächst verfremden. In Verfremdungseffekte in der chinesischen Schauspielkunst (1937) plädiert Brecht für den V-Effekt als Darstellungsmittel, das eine gesellschaftliche Funktion habe und zur „ Historisierung der darzustellenden Vorgänge “ 57 führe. „ Das Interesse des epischen Theaters ist also ein Abb. 2: René Polleschs Passing an den Münchner Kammerspielen (2020). © Münchner Kammerspiele, Thomas Aurin. 63 Geschichte und die Krise der dramatischen Form eminent praktisches. Das menschliche Verhalten wird als veränderlich gezeigt, der Mensch als abhängig von gewissen ökonomisch-politischen Verhältnissen und zugleich als fähig, sie zu verändern “ 58 , verspricht er wiederum in Über die Verwendung von Musik für ein episches Theater (1935). Polleschs Passing, das zu Beginn der durch Covid-19 bedingten Pandemie Premiere hatte, liegt ein weniger verheißungsvoller Ton zugrunde. Das Stück betrauert, dass es dem epischen Theater von Brecht über Castorf bis Pollesch bisher nicht gelungen ist, gesellschaftlich zu wirken, indem es, wie es im Organon heißt, „ die Kämpfe der Klasse mitkämpft. “ 59 Trotz aller Distanznahmen, verfremdender Spielweisen, Zeigetafeln und der Verwandlung von Bühnen in gesellschaftspolitische Kommentarscreens wiederholt sich die Welt weiter wie gehabt. Darum dreht sich Passing für eine Spielfilmlänge von eineinhalb Stunden: Wann immer das Wort „ Fertig “ eingeblendet wird und am Ende, wenn Angerer auf einer Videoprojektion als Penelope am Webstuhl sitzt und - vom Song It goes like it goes, den Jennifer Warnes 1979 als Soundrack für den Hollywood-Film Norma Rae einsang, begleitet - Garn spinnt, während sich die Webstühle auf- und abbewegen, bis das Bild einfriert und Passing mit einer weiteren Referenz, nämlich auf Hauptmanns naturalistisches Drama Die Weber, sein Ende nimmt und wortwörtlich fertig ist. 9. Vom Dialog zum Diskurs Neben Problemen des Theaters im Jahre 2020 beschäftigt Pollesch in seinem Stück die Frage, an wen sich ein ‚ proletarisches ‘ Theater im Sinne Piscators, wenden kann, wenn ihm das Publikum fehlt. Bereits die Zuschauer: innen von Brechts und Piscators Aufführungen gehörten eher zum Bildungsbürgertum als zur proletarischen Klasse. Sich von gesellschaftlichen Zuständen kontemplativ und mit wissenschaftlich geschultem Blick distanzieren zu können, setzte auch damals schon bestimmte Privilegien voraus. Das Proletariat, das sie mobilisieren wollten, saß im besten Fall auf den hinteren Rängen. 60 Brecht hatte wie Pollesch eine eingeschworene Fan-Gemeinde, die dagegen in den vorderen Reihen Platz nahm. Ausgehend von der Annahme eines solchen brechtschen Theaters für ‚ Fans ‘ , stellt Wirth in Vom Dialog zum Diskurs die These auf, das Theater der Neo-Avantgarden der Nachkriegszeit, mit dem Pollesch aufgewachsen ist, führe ‚ Brecht ohne Brecht ‘ weiter. 61 Er skizziert, dass in unterschiedlichen Theaterformen vor allem seit den 1960er Jahren der V-Effekt als demonstratives Spiel aufgegriffen würde, ohne dass entsprechende Darstellungsweisen Modellcharakter für gesellschaftliche Veränderung beanspruchten. Pollesch, ein Studierender Wirths während der frühen 1980er Jahre am 1982 neu gegründeten Institut für Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen, ist seit dem Ende der 1990er Jahre mit Arbeiten wie Heidi Hoh (1999) und Stadt als Beute (2001) international bekannt geworden. 62 Kennzeichnend für seine Stücke waren damals Qualitäten, die Wirth in seinem Artikel von 1980 einem brechtschen Theater ‚ ohne Brecht ‘ zuschreibt und die u. a. von der Theaterwissenschaft hinlänglich analysiert wurden. 63 Hierbei geht es um die Auflösung des Dialogs in ‚ Soliloge ‘ , Textflächen, die Überforderung der Schauspieler: innen durch die Geschwindigkeit und grammatikalische Komplexität der zu sprechenden Sätze sowie den Konflikt zwischen Körper und Sprache 64 , kurzum: das verfremdende Spiel mit und auf der Grenze zwischen Demonstration und Demonstriertem im Sinne eines ‚ anti-naturalistischen ‘ Spiels. Allerdings waren Polleschs frühe Stücke nie nur reine Lehrstücke. Sie waren ebenso durch ‚ große Gefühle ‘ gekennzeichnet, die 64 Stefan Hölscher Angerer in der oben geschilderten Szene anspricht. Seine Schauspieler: innen drückten, zwar auf formalisierte und funktionale Weise, vor allem Wut aus. Das exzessive Schreien, das die Mimik von Polleschs Darsteller: innen in den frühen 2000er Jahren verzerrte und ihre Stimmbänder an ihre anatomischen Grenzen brachte, verband in seinen ersten Stücken - die zunächst durch Amateur: innen besetzt waren, - das brechtsche Theater der V-Effekte mit Antonin Artauds Vision eines Theaters der Grausamkeit. 65 Sie waren Aufführungen ebenso wie Rituale, die Publikum und Bühne weniger voneinander distanzierten als affektiv miteinander synchronisierten. Zwar folgte Pollesch von Anfang an dem Prinzip der Verfremdung. Anders als Brecht in seinen Schriften zum Theater ging es ihm zu Beginn seiner Karriere jedoch nicht um kritische Distanz, sondern auch um affektive Ansteckung. 10. Theater ohne getauschte Gefühle Im Jahr 2020 lässt Pollesch Angerer den Versammelten erläutern, dass es sich nicht um episches Theater handele, wenn Brecht seine Gefühle aus dem ‚ Tauschhandel ‘ des Theaters herausziehe, und sie darauf hinweisen, dass die gemeinsame ‚ Präsenz ‘ aller einen Spielraum habe, der das proletarische Theater sei. Im Kontrast zu Polleschs frühem Pathos bleiben während Passing jegliche Schreiarien aus. Seine Schauspieler: innen sprechen vollkommen ruhig, so als ob sie nicht mit den gesellschaftlichen Verhältnisse, die sie in ihren Dialogen behandeln, verwoben wären. Dabei verknotet ein auf unzähligen Ebenen zugleich operierender Webstuhl Geschichten, die ohne Unterlass aufeinander verweisen und sich gegenseitig kommentieren, ohne wie Hauptmanns Dramentext Die Weber ein Handlungsgewebe zu eröffnen. Neben Publikumsansprachen rücken auch melodramatisch gesprochene Texte und wie in jüngeren Film- Abb. 3: René Polleschs Passing an den Münchner Kammerspielen (2020). © Münchner Kammerspiele, Thomas Aurin. 65 Geschichte und die Krise der dramatischen Form arbeiten Polleschs eine von Rainer Werner Fassbinder inspirierte Ästhetik in den Vordergrund. Anstatt seine Schauspieler: innen als ausrastende Textmaschinen einzusetzen, setzt Pollesch in Passing, anders als Hauptmann mit seinem Text und Thalheimer in seiner Inszenierung des Stücks, auf reibungs- und konfliktlos gleitende Übergänge zwischen Szenen. Anders als Polleschs frühe Arbeiten beschwört Passing weder ein revolutionärhysterisches Subjekt der Geschichte noch eine prekarisierte Subjektivität herauf, sondern feiert traurig, dass es ein solches Publikum niemals gegeben hat. Pollesch scheint die Einsicht, dass im epischen Theater viel zu lernen sei, vorausgesetzt, es sei schon viel gelernt worden, auf sein eigenes Œ uvre zu übertragen, indem er V-Effekte nutzt, um intellektuelle Witze ausschließlich für Eingeschworene zu machen. Aus der Wut, die sich in seinen ersten Stücken als ‚ großes ‘ Gefühl manifestierte, scheint mit Zynismus garnierte Resignation geworden zu sein, etwa wenn Kathrin Angerer, die einzige Schauspielerin auf der Bühne, von ihren männlichen Genossen in gegenderter Form gefragt wird, ob sie eine Proletarierin sei, was sie verneint und antwortet, sie sei ‚ divers ‘ . Ansonsten thematisiert Pollesch in einem Netz aus heterogenen Referenzen in Passing auf melancholische Weise, an wen sich episches Theater wendet, wenn es nicht das Proletariat, sondern eine eingeschworene Fangemeinde adressiert, die Wirth nach Szondi und Brecht und vor Pollesch in Vom Dialog zum Diskurs mit Heiner Müllers historischem Pessimismus und den USamerikanischen Neo-Avantgarden der 1960er Jahre assoziiert. Während der Proben haben Pollesch und das Ensemble der Münchner Kammerspiele Donna Haraway gelesen. Das von Nina von Mechow gestaltete Bühnenbild wird jedoch nicht von einem Oktopus, sondern von einer an Zugstangen befestigten Spinne dominiert, die im Verlauf des Abends mehrmals auf den Bühnenboden herabgelassen und wieder in die Obermaschinerie hochgefahren wird, als stünde sie statt der menschlichen Figuren auf der Bühne hinter den dort dargestellten Ereignissen (Abb. 2 u. 3). An einer Stelle heißt es, sie könne Flugblätter drucken. „ Warum kann das Theater nicht wie ein Flugblatt sein? “ , fragt Angerer dann und fordert, „ dass man mit dem Wagen herumfährt und es den Menschen sagt “ , um dann festzustellen: „ Wir können nur mit der Spinne herumfahren. “ Hinter der Spinne befinden sich zwei vertikal aufgerichtete Videoleinwände, die ebenso wie weitere Projektionsflächen im Verlauf des Abends mit vorproduzierten Sequenzen und Live-Aufnahmen bespielt werden und auf denen gleich zu Beginn wie auf einer Zeigetafel „ Fertig “ steht, als wäre hier etwas zu Ende, bevor es begonnen hat. Aufgrund der esoterischen Qualität der Anspielungen und Referenzen ist es jedoch unmöglich zu erkennen, worauf hier gezeigt wird und was hier demonstriert werden soll. Handlungsgewebe werden so zu einem einzigen, immerhin episch und auf kritische Distanz gestrickten, Handlungsfaden. 11. Interpretieren ohne zu verändern Das Theater der V-Effekte, das Szondi gegen Hauptmann und den Naturalismus des späten 19. Jahrhunderts insgesamt in Stellung bringt, spinnt in Polleschs Stück interpretierend herum, ohne soziohistorische Wirklichkeit darzustellen oder gar Gesellschaft zu verändern. Eher dezent verfremden die Schauspieler: innen unterschiedliche Rollen, die sie kontinuierlich ‚ passieren ‘ . Sie operieren nicht wie in Polleschs frühen Stücken als ausrastende Satzschleudern, sondern wechseln zwischen einem unterkühlt melodramatischen Stil und einer kommentierenden Distanzierung zu den vielen verknäulten 66 Stefan Hölscher narrativen Metaebenen der Handlung von Passing. Bevor der Abend mit Penelope am Webstuhl endet, wohnen die Zuschauer: innen zu Beginn einem Dialog über den Begriff des ‚ Passings ‘ bei, der an einem B- Movie-Set in Desert Rock (das wiederum ein Musik-Genre konnotiert) statthat und sich an der Frage aufhängt, warum so schwer ist, was eigentlich leicht zu machen sei: Als etwas oder jemand anderes durchgehen, in eine Rolle schlüpfen, sich den Text von jemandem aneignen, so tun als ob, etwas für jemanden darstellen. Kurzum: Theater zu machen mit den ihm eigenen Mitteln, ob mit oder ohne Gefühle. Später heißt es, Brechts Lehrstücke lebten im B-Movie fort: „ Das proletarische Theater sah aus wie ein B- Movie “ , meint Damian Rebgetz dann mit australisch eingefärbtem Akzent. Anders als Szondi mit seiner Theorie des modernen Dramas wirft Pollesch mit Passing einen traurigen Blick auf das Theater nach und mit Brecht, indem er anhand des V- Effekts die Mittel des Theaters reflektiert. Jede Metaebene geht in diesem um sich selbst kreisenden Theater fortwährend in eine andere über, die wiederum neue Assoziationswege eröffnet. Ob der Titel des Stücks diese Übergänge oder vielleicht auch nur den Münchner Stadtteil Pasing meint bleibt dabei offen. Als dichtes Bedeutungsnetz, das die den Bühnenraum dominierende Spinne kondensiere, beschreibt auch Maximilian Sippenauer in seiner auf Nachkritik.de veröffentlichten Rezension dieses Theater, das hauptsächlich damit befasst ist, sich selbst als Darstellungsapparat zu durchleuchten. Dieses Netz erschließe sich allerdings nur jenen Fans von Brecht und Pollesch, die die Bezüge zu entschlüsseln wissen und die, um ein prägnantes Beispiel zu geben, bereits wissen, dass der dadaistische Bühnenbildner John Heartfield, der im Verlauf des Stücks mit dem fiktiven B-Movie Regisseur Mitch Brenner (dessen Name mit dem der Hauptfigur aus Alfred Hitchcocks Die Vögel von 1963 korrespondiert) kooperiert, Brecht-Vertrauter war und nach dem Krieg der Neo-Avantgarde angehörte: Die Spinne ist zugleich Leitmotiv und Schaltzentrale, von dem aus das Zitat- und Narrativnetz verwaltet wird, das Pollesch und Ensemble für diesen Abend entsponnen haben. Sie symbolisiert das Theater als Ort, darin Geschichten immer weiter gewoben werden, verschiedenste Stränge zusammenlaufen. Dann ist sie wieder Spinnerei, Werkstatt, Fabrik und Epizentrum der proletarischen Bewegung und prekären Kunst. 66 Ein ähnliches Beziehungsproblem mit soziohistorischer Wirklichkeit, so will ich abschließend behaupten, liegt sowohl Brechts Konzept des Lehrstücks als auch Szondis damit zusammenhängendem Zugriff auf das naturalistische Drama um 1900 zugrunde. 12. Das Leben findet nebenan statt Verfremdet werden soll hier zwar etwas, das Szondi „ soziohistorische Wirklichkeit “ 67 nennt. Lesbar ist eine Darstellung der Wirklichkeit durch Distanznahme dabei von Anfang an leider nur für jene, die einen ‚ wissenschaftlichen ‘ Blick einnehmen und die Referenzen des Lehrstücks miteinander verweben können. „ Das Leben findet nebenan statt, auf einer Nebenbühne, in einem Nebentext “ , heißt es an prominenter Stelle in Polleschs Passing. Am Ende, nach dem letzten ‚ Fertig ‘ , bleiben die Zuschauer: innen mit dem Eindruck zurück, Pollesch hätte die brechtsche Straßenszene auf ein neues Metalevel gehoben. Benjamin spricht in seinen Versuchen über Brecht dem epischen Theater die Fähigkeit zu, gesellschaftliche Zustände zu entdecken und meint, dass es diese Zustände nicht einfach wiedergebe, sondern die Unterbrechung die Zustände umgekehrt 67 Geschichte und die Krise der dramatischen Form überhaupt erst aufdecke. 68 Eine solche Dialektik des Stillstands lässt sich in Polleschs Stück von 2020 nicht finden. Hier passieren Gesten in hoher Frequenz und Meta-Kommentare werden zu leeerlaufenden Wortspielen. Die vielen Metaebenen von Passing entwickeln sich entlang einer Signifikantenkette, der ihr Signifikat, d. h. so etwas wie eine gesellschaftliche Wirklichkeit außerhalb des Theaters, längst abhandengekommen ist. So wird Passing am Ende zu einem Abgesang auf das epische Theater als Mittel für gesellschaftliche Veränderung. Entgegen Benjamins Hoffnungen hinsichtlich des V- Effekts unterbricht in Polleschs Stück das Montierte nicht „ den Zusammenhang, in welchen es montiert ist. “ 69 Vielmehr bleibt die Inszenierung über eine Spielfilmlänge hinweg ihrem Titel insofern treu, als dass sie eine Konstellation von Kontexten zeigt, die zwar interpretierbar, aber nicht ‚ wirklich ‘ veränderbar ist. Die Arbeiten Polleschs seien dadurch gekennzeichnet, so Annemarie Matzke in Theorien auf die Bühne schmeißen. René Polleschs Lehrstück-Theater (2012), „ dass hier Fragmente und Zitate aus politischen, philosophischen oder soziologischen Theorien auftauchen und mit Fragen der Alltagswirklichkeit der Schauspieler: innen verknüpft werden. “ 70 An dieser Alltagswirklichkeit geht Passing ebenso vorüber wie am Bezug auf etwas, das nicht Theater von und für Fans ist. „ Das Ereignis hat stattgefunden. Hier findet die Wiederholung statt “ 71 , schreibt Brecht in seinem oft zitierten Aufsatz Die Straßenszene von 1940, während er davon ausgeht, Theater könne Gesellschaft transformieren. In Polleschs Produktion von 2020 hingegen hat es den Anschein, Theater finde ohne Publikum statt. Ein tragischerer Unfall ist nur schwer denkbar. Becht wieder mit Brecht? Ja, aber wessen ‚ Präsenz ‘ steht in diesem Tauschhandel dann auf dem Spiel? Hauptmann und den Naturalismus wiederzuentdecken hingegen könnte zu anderen Öffnungen von Handlungsfäden auf Handlungswebe hinführen: hinsichtlich von Geschichte und der noch immer nicht gelösten Krise der dramatischen Form dann aber eher durch protokollarische Treue zu so etwas wie gesellschaftlicher Wirklichkeit als Handlungsgewebe als durch die ‚ epische ‘ Verfremdung von Handlungsfäden. Im Leben nebenan, das andere, weiter- und tiefergehendere Reflexionen erfordert als theatrale Selbstreflexionen. Wofür neben Brecht und Pollesch auch Hauptmann wieder gelesen und gespielt werden könnte. Ob nun als Drama kleiner Ereignisse, Worte und Gesten oder schlicht als inszenierte Prosa. Anmerkungen 1 Peter Szondi, Theorie des modernen Dramas (1880 - 1950), Frankfurt a. M. 1963, S. 86. 2 Ebd., S. 115. 3 Ebd., S. 12. 4 Vgl. Philipp Felsch, Der lange Sommer der Theorie. Geschichte einer Revolte 1960 bis 1990, Berlin 2016. 5 Conrad Alberti, „ Natur und Kunst. Beiträge zur Untersuchung ihres gegenseitigen Verhältnisses “ , in: Theo Meyer (Hg.), Theorie des Naturalismus, Stuttgart 1973, S. 152 - 166, hier S. 163. 6 Vgl. ebd. Zur Bedeutung des Milieu-Begriffs für Hauptmanns Stück Vor Sonnenaufgang (1889) vgl. Sebastian Kirsch, „‚ Where the Sun Does Not Reach, There the Doctor Will Appear ‘ . Environmentalization in Gerhart Hauptmann ’ s ‚ Before Daybreak ‘“ , in: Mathias Denecke / Holger Kuhn / Milan Stürmer (Hg.), Liquidity, Flows, Circulation. The Cultural Logic of Environmentalization, Berlin 2022. Zum Verhältnis von Moderne und Milieu vgl. exemplarisch Christina Wessely / Florian Huber (Hg.), Milieu. Umgebungen des Lebendigen in der Moderne, München 2017. 7 Szondi, Theorie des modernen Dramas, S. 19. 68 Stefan Hölscher 8 Vgl. Bertolt Brecht, „ Anmerkungen zum Volksstück “ , in: Ders., Schriften zum Theater, Frankfurt a. M. 1957, S. 115 - 123, hier S. 117 f. 9 Szondi, Theorie des modernen Dramas, S. 71. 10 Ebd., S. 13. 11 Ebd., S. 15 f. 12 Walter Benjamin, Versuche über Brecht, Frankfurt a. M. 1971, S. 19. 13 Vgl. Manfred Pfister, Das Drama, München 1977, S. 35. 14 Szondi, Theorie des modernen Dramas, S. 16. 15 Ebd., S. 64. 16 Ebd., S. 115. 17 Ebd., S. 120. 18 Ebd., S. 15. 19 Ebd., S. 154. 20 Ebd., S. 111. 21 Ebd., S. 115. 22 Benjamin, Versuche über Brecht, S. 116. 23 Vgl. Alberti, „ Natur und Kunst “ , S. 166. 24 Arno Holz, „ Die Kunst. Ihr Wesen und ihre Gesetze “ , in: Theo Meyer (Hg.), Theorie des Naturalismus, Stuttgart 1973, S. 168 - 174, hier S. 172. 25 Pfister, Das Drama, S. 323. 26 Szondi, Theorie des modernen Dramas, S. 120. 27 Max Halbe, „ Berliner Brief “ , in: Meyer, Theorie des Naturalismus, S. 269 - 273, hier S. 269. 28 Ebd. 29 Wilhelm Bölsche, „ Gerhart Haupmanns Webertragödie “ , in: Theo Meyer (Hg.), Theorie des Naturalismus, Stuttgart 1973, S. 280 - 281, hier S. 280 30 Ebd., S. 281 31 Ebd. 32 So verweist etwa Dreißiger auf die Brüder Ernst Friedrich und August Zwanziger, deren Wohnhaus und Fabrikgebäude 1844 von den Aufständischen verwüstet wurden. 33 Bertolt Brecht, „ Kleines Organon für das Theater “ , in: Ders., Schriften zum Theater, Frankfurt a. M. 1957, S. 128 - 173, hier S. 169. 34 Christian von Ehrenfels, „ Wahrheit und Irrtum im Naturalismus “ , in: Theo Meyer (Hg.), Theorie des Naturalismus, S. 277 - 280, hier S. 279. 35 Ebd.. 36 Gerhart Hauptmann, Die Weber, Stuttgart 2022, S. 9. 37 Eugen Zabel, „ Theaterkritik “ , in: Hans Schwab-Felisch (Hg.), Gerhart Hauptmann. Die Weber. Dichtung und Wirklichkeit, Frankfurt a. M./ Berlin 1986, S. 211 - 212, hier S. 212. 38 Ebd., S. 213. 39 Ebd., S. 188. 40 Ebd., S. 189. 41 Ebd., S. 187. 42 Szondi, Theorie des modernen Dramas, S. 72. 43 Ebd., S. 69. 44 Vgl. ebd., S. 83. 45 Gerhart Hauptmann, „ Erlebnisse “ , in: Hans Schwab-Felisch (Hg.), Gerhart Hauptmann. Die Weber. Dichtung und Wirklichkeit, Frankfurt a. M./ Berlin 1986, S. 161 - 165, hier S. 165. 46 Szondi, Theorie des modernen Dramas, S. 72. 47 Ebd., ebd. 48 Gerhart Hauptmann, „ Die Kunst des Dramas “ , in: Theo Meyer (Hg.), Theorie des Naturalismus, Stuttgart 1973, S. 288 - 290, hier S. 290. 49 Szondi, Theorie des modernen Dramas, S. 115. 50 Hans Schwab-Felisch, „‚ Die Weber ‘ - ein Spiegel des 19. Jahrhunderts “ , in: Ders. (Hg.), Gerhart Hauptmann. Die Weber. Dichtung und Wirklichkeit, Frankfurt am Main und Berlin 1986, S. 73 - 113, hier S. 111. 51 Hauptmann, Die Weber, S. 19 52 Ebd. 53 Ebd. 54 Theodor Fontane, „ Über die Weber “ , in: Hans Schwab-Felisch, Gerhart Hauptmann. Die Weber. Dichtung und Wirklichkeit, Frankfurt a. M./ Berlin 1986, S. 220 - 221, hier S. 221. 55 Szondi, Theorie des modernen Dramas, S. 121. 56 Vgl. Bertolt Brecht, „ Das moderne Theater ist das epische Theater “ , in: Ders., Schriften zum Theater, Frankfurt a. M. 1957, S. 13 - 29, vgl. hier S. 19 f. 57 Ders., „ Verfremdungseffekte in der chinesischen Schauspielkunst “ , in: Ders., Schriften zum Theater, Frankfurt a. M. 1957, S. 74 - 89, hier S. 85. 69 Geschichte und die Krise der dramatischen Form 58 Ders., „ Über die Verwendung von Musik für ein episches Theater “ , in: Ders., Schriften zum Theater, Frankfurt a. M. 1957, S. 239 - 251, hier S. 242. 59 Ders., „ Kleines Organon für das Theater “ , in: Ders., Schriften zum Theater, Frankfurt a. M. 1957, S. 158. 60 Vgl. Helmut Popp, Theater und Publikum, München 1978. 61 Vgl. Andrzej Wirth, Vom Dialog zum Diskurs. Versuch einer Synthese der nachbrechtschen Theaterkonzepte, in: Theater heute 1 (1980). 62 Auch Wirth schreibt in den frühen 2000er Jahren eine Lobeshymne auf seinen Schüler. Vgl. Ders., „ René Pollesch. Generationsagitpoptheater für Stadtindianer “ , in: Werk- Stück. Regisseure im Porträt. Arbeitsbuch 2003, Berlin 2003, S. 126 - 131. 63 Zur sehr umfangreichen Polleschforschung vgl. exemlarisch Diedrich Diederichsen, „ Denn sie wissen, was sie nicht leben wollen. Das kulturtheoretische Theater des René Pollesch “ , in: Theater heute 3 (2002): Ders., „ Einleitung “ , in: René Pollesh, Kill Your Darlings, Hamburg 2014; Tim Schuster, Räume, Denken: Das Theater René Polleschs und Laurent Chétouanes, Berlin 2013; Georg Dobnig, Das Theaterschaffen René Polleschs im postdramatischen Kontext: Sprache, Figuren, Handlung, Baden-Baden 2015. 64 Vgl. hierzu Gerald Siegmund, „ IV ‚ . . .Ernst des Scheins . . . ‘ Der Skandal des Körpers. Zum Verhältnis von Körper und Sprache in der Farce bei Feydeau und René Pollesch “ , in: Maske und Kothurn, Band 51, 2005, S. 249 - 262. 65 Vgl. exemplarisch Antonin Artaud, Schluß mit dem Gottesgericht. Das Theater der Grausamkeit. Letzte Schriften zum Theater, München 1980. Zum Motiv des exzessiven Schreiens beim frühen Pollesch vgl. exemplarisch Achim Geisenhanslüke, „ Schreie und Flüstern. René Pollesch und das politische Theater in der Postmoderne “ , in: Franziska Schößler / Dorothea Kraus / Ingrid Gilcher-Holtey (Hg.), Politisches Theater nach 1968. Regie, Dramatik und Organisation, Frankfurt a. M. 2006, S. 254 - 268. Zum Verhältnis eines epischen Theaters der Distanz zu Artauds Theater der Grausamkeit vgl. Jacques Rancière, Der emanzipierte Zuschauer, Wien 2010. 66 Maximilian Sippenauer, „ Der Kuss der Theaterspinne “ , in: nachtkritik.de, 29.2. 2020, https: / / nachtkritik.de/ index.php? opti on=com_content&view=article&id=17739: p assing-it-s-so-easy-was-schwer-zu-machen-i st-muenchner-kammerspiele-rene-polleschmit-einem-launigen-neuen-metadiskurs-ue ber-theater-und-trash&catid=38&Itemid=40 (Zugriff am 25.4.2023). 67 Vgl. Szondi, Theorie des modernen Dramas. 68 Vgl. Benjamin, Versuche über Brecht, S. 20. 69 Ebd., S. 115. 70 Annemarie Matzke, „ Theorien auf die Bühne schmeißen. René Polleschs Lehrstück- Theater “ , in: Dies. / Christel Weiler / Isa Wortelkamp (Hg.), Das Buch der Angewandten Theaterwissenschaft, Berlin/ Köln 2012, S. 119 - 133, S. 119. 71 Bertolt Brecht, „ Die Straßenszene “ , in: ders., Schriften zum Theater, Frankfurt a. M. 1957, S. 90 - 105, hier S. 92. 70 Stefan Hölscher