Internationales Verkehrswesen
iv
0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2010-0002
21
2010
621-2
Direkte Nutzerfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur | Schärferer Wettbewerb im Schienenverkehr
21
2010
Gerd Aberle
iv621-20006
Kurz + Kritisch 6 das gesetzliche Nonaffektationsprinzip! ) aus dem Mineralölsteueraufkommen haben zur Verärgerung der Zahler beigetragen, zumal gleichzeitig die Verkehrsinfrastrukturausgaben trotz stark steigender Bedarfe permanent real zurückgingen. Wenn dann die Politik auch (und hier leider berechtigt) auf den rechtlich fehlenden Zusammenhang von Mineralölsteuerzahlungen und Ausgaben für die Verkehrsinfrastruktur noch hinweisen konnte, so wurde das Dilemma bei der Lkw-Maut als Gebühr voll transparent. Sie wurde, entgegen allen Vorankündigungen, nicht als Zusatzeinnahme für zusätzliche Verkehrswegeausgaben im chronisch unterfinanzierten Straßenbereich verwandt. Vielmehr setzten die Haushälter und Finanzminister eine parallele Kürzung der durch Steuern finanzierten Infrastrukturausgaben durch und darüber hinaus noch eine 50 % ige Verwendung der Netto-Mauteinnahmen für straßenfremde Verkehrsinfrastrukturinvestitionen. Vor diesem Hintergrund sind die hoch emotionalisierten Ablehnungen auf Mautausweitungsvorschläge begrenzt nachvollziehbar. Das Finanzierungsproblem bleibt bestehen und fordert veränderte Lösungen. Hier bietet sich an, die völlig unzulängliche und mit negativen Erfahrungen belastete Haushaltsfinanzierung verstärkt in die direkte Nutzerfinanzierung überzuleiten. An diesem Weg wird nichts vorbeiführen, sofern eine realitätsbezogene Sicht eingenommen wird. Alle anderen Alternativen sind, wird von unbegründeten Hoffnungen abgesehen, obsolet. Relativ einfach gestaltet sich die Situation im Bereich der Bundesfernstraßen und hier speziell der Autobahnen. Die vielfach gelästerte Vignette würde bei einem Jahrespreis von nur 100 EUR (also weniger als zwei Tankfüllungen) in Deutschland eine Bruttoeinnahme von über 4,2 Mrd. EUR erbringen bei sehr geringen Erhebungskosten. Für eine Übergangszeit bis zur Einführung einer elektronischen und auf Fahrzeugkilometer basierenden Mauterhebung von fünf Jahren und ohne Risiken von Verkehrsverlagerungen auf mautfreie sonstige Straßen würde ein Zusatzbetrag für Investitionen von über Direkte Nutzerfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur S ie wird gern und regelmäßig zum Tabuthema erklärt, die direkte Nutzerfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur. In Deutschland ist, im Unterschied zu fast allen anderen europäischen Staaten, jede ernsthafte Diskussion außerhalb der Wissenschaft, die sich überwiegend für eine verstärkte Anwendung der direkten Nutzerfinanzierung bei der Verkehrsinfrastruktur ausspricht, verhindert und tabuisiert worden. Es sei denn, und das ist die pikante Würze in diesem Kontext, es passt in die politische und oft ideologisch-emotionalisierte Landschaft, wie die Einführung und die letztjährige Erhöhung der Lkw-Maut ab 12 Tonnen Gesamtgewicht auf Autobahnen. Schon die Prüfung der EU-Vorschläge auf Absenkung der mautpflichtigen Gewichtsklassen auf 3,5 Tonnen, die Andeutung einer Erhöhung der direkten Nutzerbeiträge im Ö PNV oder - und dies ist Tabuthema auf höchstem Level - angedeutete Überlegungen einer Pkw-Maut, rufen stets Entrüstungsstürme hervor. Eine direkte Nutzerfinanzierung, die Lastkraftwagen ab 12 Tonnen Gesamtgewicht einbezieht, Fernreisebusse, leichte Lkw und Pkw jedoch nicht, verlangt hohen Begründungsaufwand bei den Initiatoren. Dabei ist man, um die unterschiedliche Vorgehensweise zu rechtfertigen, um schizophren anmutende Begründungen nicht verlegen. So wird beim zahlungspflichtigen Lkw auf das Erfordernis einer angemessenen Wegekostendeckung verwiesen mit dem Zusatz, die speziellen Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuereinnahmen seien als allgemeine Steuern wegen des Nonaffektationsprinzips nicht berücksichtigbar. Beim nicht zahlungspflichtigen Pkw hingegen wird ausdrücklich auf dessen Zahlungen durch eben diese Steuern verwiesen und eine Mautzahlung als nicht zumutbar beurteilt. Direkte Nutzerzahlungen haben einerseits eine Finanzierungs- und andererseits eine Steuerungsfunktion für die Verkehrsabläufe. Wegen der gravierenden Finanzierungsengpässe, die für die Verkehrsinfrastruktur ab 2012 drohen, steht die Finanzierungsfunktion zunächst im Vordergrund. Deswegen sollten auch Forderungen nach gleichzeitiger Entlastung bei sonstigen Abgaben mit Zurückhaltung bewertet werden. Erst eine gesicherte langfristige Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur eröffnet Möglichkeiten einer auf Steuerungswirkungen bei der Kapazitätsauslastung ausgerichteten direkten Nutzerbelastung mit partiellen Kompensationen in der Gesamtbelastung. Dass Mineralölsteuerabsenkungen vor allem der Mineralölwirtschaft und kaum dem Treibstoffkunden zugute kommen, dürfte nicht schwer nachvollziehbar sein, wird aber trotzdem immer wieder genannt. Nachvollziehbar sind jedoch einige der Gründe gegen die zusätzliche Nutzerfinanzierung. Hier ist die Finanz- und Verkehrspolitik der letzten Jahrzehnte zu nennen, die Steuererhöhungen mit zeitlich begrenzten Sonderbelastungen der öffentlichen Haushalte begründeten (z. B. Golfkrieg bei der Mineralölsteuer), aber nach deren Auslaufen die Erhöhung beibehielten. Auch die Anhebung der Mineralölsteuer als Ö kosteuer oder die Finanzierung der Regionalisierungsmittel für den Ö PNV (jährlich rd. 6,9 Mrd. EUR mit Verstoß gegen Kein Tabuthema, sondern verkehrs- und finanzpolitische Notwendigkeit Kurz + Kritisch: Prof. Gerd Aberle zu Themen der Verkehrsbranche Kurz + Kritisch INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 1+2/ 2010 Termine + Veranstaltungen Weit ere Veranst alt ungst erm ine f inden Sie im Int ernet unt er w w w .dvz.de, w w w .eurailpress.de und w w w .dvw g.de 1 6 .- 1 7 .2 .1 0 1 2 . EBA- Sachverständigentagung Fulda (D) Info: DVV Media Group GmbH, c/ o punktgenau GmbH, Tel. +49 (0)40 23714-470, eurailpress-events@dvvmedia.com 1 6 .- 1 7 .2 .1 0 Iberian Rail D evelopment 2 0 1 0 Madrid (E) Info: Europea Railway Review, Russellpublishing, Tel. +44-1959563311, Tdean@russelpublishing.com, www.europeanrailwayrevue.com 2 3 .- 2 4 .2 .1 0 Elektrobusse - M arkt der Zukunft? ! Berin (D) Info: VDV-Akademie, Tel. 0221-57979-170, eckert@vdv.de, www.vdv-akademie.de 2 4 .- 2 6 .2 .1 0 6 . Internationale Fachmesse für Verkehrsinfrastruktur Innsbruck (A) (VIATEC) Info: Messe Innsbruck, Tel. +43-512 5383-0, messe@come-innsbruck.at , www.viatec.org 2 4 .- 2 6 .2 .1 0 IT- TRANS Karlsruhe (D) Info: Karlsruher Messe- und Kongress-GmbH, Tel. 0721-37202303, yvonne.halmich@kmkg.de, www.it-trans.org 2 .- 4 .3 .1 0 LogiM at Stuttgart (D) Info: Euroexpo Messe- und Kongress-GmbH, Tel. 089-32391253, management@euroexpo.de, www.logimat-messe.de 3 .- 4 .3 .1 0 5 . Internationaler VD V- Eisenbahnkongress Köln (D) Info: VDV Akademie, Tel. 0221-57979173, akademie@vdv.de, www.vdv-akademie.de 1 0 .- 1 1 .3 .1 0 1 1 . Logistics Forum Duisburg (D) BVL, Tel. 0421-173840, bvl@bvl.de, www.bvl.de 1 7 .- 1 8 .3 .1 0 1 . VD I- Fachkonferenz Elektromobilität Nürtingen (D) Info: VDI Wissensforum GmbH, Tel. 0211-6214201, wissensforum@vdi.de, www.vdi-wissensforum.de 1 8 .- 1 9 .3 .1 0 Forum Bahntechnik: Nürnberg (D) 1 7 5 Jahre Eisenbahn - jung und innovativ Info: DVWG, Tel. 030-2936969, hgs@dvwg.de, www.dvwg.de 1 8 .- 1 9 .3 .1 0 1 3 . SRL ÖPNV- Tagung 2 0 1 0 Schwäbisch Hall (D) Info: SRL, Tel. 030-27874680, info@srl.de, www.srl.de 2 2 .3 .1 0 Finanzierungsbedarf und möglichkeiten Berlin (D) einer nachhaltigen M obilität in Städten Info: Stiftung Heureka, Tel. 030-20188333, manfred.garben@stiftung-heureka.de, www.stiftung-heureka.de 2 3 .- 2 6 .3 .1 0 Intertraffic W orld European Amsterdam (NL) Innovative Transport Technologies on Show RAI Info: Amsterdam RAI, Tel. +31-20-5492396, c.jansen@rai.nl, www.intertraffic.com 2 5 .- 2 6 .3 .1 0 Qualitätsanforderungen an Verkehrsnachfragemodelle Berlin (D) (Symposium) Info: DVWG, Tel. 030-2936969, hgs@dvwg.de, www.dvwg.de 8 .- 1 1 .4 .1 0 AERO 2 0 1 0 Friedrichshafen (D) Info: Messe Friedrichshafen, Tel. 07541-7080, www.aero-expo.com 1 5 .- 1 6 .4 .1 0 1 9 . D eutscher M aterialfluss- Kongress 2 0 1 0 München (D) Info: VDI-Wissensforum GmbH, Tel. 0211-6214201, wissensforum@vdi.de, www.vdi-wisensforum.de 1 5 .- 1 6 .4 .1 0 Verkehrsdrehscheibe BeNeLux M otor Europas? ! Aachen (D) Perspektiven für grenzüberschreitenden Verkehr Info: tjm-consulting, Tel. 0221-3305030, info@tjm-consulting.de, www.tjm-consulting.de 1 9 .- 2 3 .4 .1 0 Hannover M esse Hannover (D) Info: Messe Hannover, hannovermesse@messe.de, www.hannovermesse.de 2 2 .- 2 3 .4 .1 0 2 . Internationaler Hafenkongress Karlsruhe Karlsruhe (D) Info: Karlsruher Messe- und Kongress-GmbH, Tel. 0721-37205000, info@kmkg.de, www.hafenkongress.de 2 2 .- 2 3 .4 .1 0 8 . D eutscher Nahverkehrstag Ludwigshafen (D) Info: Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz, Tel. 06131-16-0, info@der-takt.de, www.deutschernahverkehrstag.de 2 8 .- 3 0 .4 .1 0 3 . See- Hafen- Kongress Hamburg (D) Info: Umco Umwelt Consult GmbH, Tel. 040-41921300, umco@umco.de, www.umco@umco.de 20 Mrd. EUR zur Verfügung stehen - zusätzlich! Damit könnten dann alle aufgeschobenen und dringenden Investitionen im BAB-Bestandsnetz realisiert werden, abgesehen von den Beschäftigungs- und Wachstumseffekten. Allerdings: Voraussetzung ist die volle spezifische Zweckbindung dieser Zusatzeinnahmen ohne Kürzung der „ regulären“ Haushaltsmittel! O b die Politik dies kann oder will, ist auch derzeit völlig unklar. Aber sie wird es müssen, und dies schon in wenigen Jahren. Denn dann sind sie in allen unseren Nachbarstaaten eingeführt: die zusätzlichen direkten Nutzerzahlungen für die Verkehrsinfrastruktur. Schärferer Wettbewerb im Schienenverkehr D eutschland, das eine vollständige Marktöffnung des Schienenverkehrs bereits seit der Bahnreform 1994 gesetzlich abgesichert hat, erlebt intensive Marktauseinandersetzungen im Schienenverkehr. Sie werden in den kommenden Jahren an Intensität zunehmen. Dies gilt sowohl im durch öffentliche Finanzierung geförderten Schienenpersonennahverkehr (SPNV) als auch im Schienengüterverkehr (SGV) und im Schienenpersonenfernverkehr (SPFV). Im Zeitraum 2013 bis 2018 werden sehr hohe Fahrzeugkilometermengen in die Nahverkehrsausschreibungen gelangen. Da die überwiegende Zahl der die Ausschreibungen organisierenden Aufgabenträger des SPNV der hier bislang dominierenden DB Regio kritisch gegenübersteht, ist mit harten Wettbewerbsauseinandersetzungen zu rechnen. Die DB AG wird und muss wegen der Kostenremanenzen versuchen, durch Kostensenkungen und Q ualitätsverbesserungen einen wesentlichen Teil dieser Leistungen auch weiter zu erbringen, und dies gegen starke Wettbewerber. Sowohl im SGV als auch im SPFV zeichnen sich harte Auseinandersetzungen mit einem National Player, der SNCF, ab. Der französische Staatspräsident hat den Chef der SNCF angewiesen, das Unternehmen und vor allem den defizitären Güterbereich (SNCF FRET) zu einem europäischen Champion zu entwickeln. Das Verhältnis von DB und SNCF hat sich in den letzten Jahren permanent verhärtet. Dies wurde gefördert durch die Übernahme der britischen Güterbahn EWS (heute: DB Schenker Rail UK), die im Besitz einer Lizenz für den französischen Güterverkehr ist und mit der Tochter Euro Cargo Rail (ECR) als Wettbewerber der SNCF FRET agiert. Dies hat in Frankreich, das seinen Schienenverkehrsmarkt abzuschotten versucht, Verärgerung hervorgerufen. Dies überrascht, ist doch die SNCF im deutschen Markt zunehmend aktiv: Beteiligung an der Eurobahn (mit Keolis), Übernahme der ITL (Dresden) und seit Herbst 2009 der Kauf der Veolia Cargo. Dieses nach Schenker Rail größte SGV- Unternehmen in Deutschland firmiert nunmehr unter dem neutral klingenden Namen Captrain Deutschland. Weiterhin hat die SNCF die Aufnahme des Wettbewerbs im deutschen SPFV angekündigt. Die Strategie ist unverkennbar: Angriff auf möglichst vielen Geschäftsfeldern (mit dem Kauf von GEO DIS auch im Logistiksektor). Für die DB AG ist dies eine außerordentliche Herausforderung. Die immer wieder vorgetragene These, in Deutschland mangele es an intramodalem Bahnwettbewerb, resultiert entweder aus fehlender Sachkompetenz oder ist ideologisch begründet. Veranstaltungen vom 1 6 .2 .2 0 1 0 bis 3 0 .4 .2 0 1 0 Stand zum Redaktionsschluss am 1 5 .1 .2 0 1 0
