eJournals Internationales Verkehrswesen 62/1-2

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2010-0012
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2010
621-2

Telematik verbessert Infokette

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2010
Michael Baranek
Oliver Caila-Müller
Erik Wirsing
Wohl kaum eine Branche prägt den gegenwärtigen Wandel zur Wissensgesellschaft mehr als die Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT). Sie bestimmt als einer der wirklich globalen Wirtschaftszweige wesentlich die Geschwindigkeit der Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Letztlich entscheidet aber auch die wirtschaftlich orientierte Einführung in die Geschäftsprozesse eines Unternehmens über den wahren Erfolg neuer Entwicklungen. Aktuell wird besonders am Beispiel der Transport- und Logistikbranche die Evolution der ICT deutlich.
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Technologien + Informationssysteme 41 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 1+2/ 2010 Michael Baranek / O liver Caila-Müller / Erik Wirsing Telematik verbessert Infokette Innovative Transport- und Logistiklösungen im Praxiseinsatz W ohl kaum eine Branche prägt den gegenwärtigen Wandel zur Wissensgesellschaft mehr als die Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT). Sie bestimmt als einer der wirklich globalen Wirtschaftszweige wesentlich die Geschwindigkeit der Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Letztlich entscheidet aber auch die wirtschaftlich orientierte Einführung in die Geschäftsprozesse eines Unternehmens über den wahren Erfolg neuer Entwicklungen. Aktuell wird besonders am Beispiel der Transport- und Logistikbranche die Evolution der ICT deutlich. D ie Autoren M ichael Baranek, Chief Innovation Manager der DB Systel GmbH, Frankfurt/ Main, michael.baranek@deutschebahn.com; Oliver Caila- M üller, Leiter Innovations & Research der Schenker AG, Essen, und Erik W irsing, Leiter zentrale Systementwicklung der Schenker Deutschland AG, Frankfurt/ Main S eit Jahren entwickelt sich im ICT-Umfeld auch ein Markt für mobile Business-Lösungen und End-to-End-Telematikanwendungen im M2M (mobile-tomobile) Umfeld. Stand am Anfang noch die passive Überwachung von Fahrzeugen im Vordergrund, so haben sich die Technologien in den vergangenen Jahren weiterentwickelt. Heute sind Telematiklösungen auf dem Vormarsch, die auch eine aktive und somit situationsabhängige Überwachung ermöglichen. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass der Markt für M2M-Anwendungen und somit für Telematiksysteme nach wie vor noch ein sehr junger Markt ist. Die technischen Voraussetzungen sowie die Kosten gestatteten bisher keine wirklich wirtschaftlichen Systeme. Durch die Nutzung der entstandenen technologischen Grundlagen und entsprechenden Weiterentwicklungen in den vergangenen Jahren erhält die Planung und Steuerung logistischer Prozesse heute eine neue Q ualität. Insbesondere durch die Schaffung einer bidirektionalen Kommunikation können Telematiksysteme als Schnittstelle und Kommunikationsmedium zum Austausch von Daten und Informationen zwischen zentralen und dezentralen Systemen dienen und ermöglichen eine Vielfalt unterschiedlicher Anwendungen, die über die reine O rtung weit hinausgehen und zur Unterstützung logistischer Prozesse beitragen können. Lückenlose Überwachung als W ettbewerbsvorteil Die durch die weltweite Finanzmarktkrise verursachte konjunkturelle Abkühlung, verbunden mit dem Einbruch der Realwirtschaft, stellt die gesamte Transportwirtschaft vor neue Herausforderungen. Der massive Nachfragerückgang bei Transportleistungen führt zu Überkapazitäten, die wiederum einen verschärften Wettbewerb nach sich ziehen. Der Wettbewerb in der Transportwirtschaft wird zunehmend dadurch bestimmt, welcher Anbieter im Rahmen der Supply Chain die lückenloseren Informationsketten realisieren kann. Umso wichtiger wird der Aufbau durchgängiger und lückenlos zu überwachenden Lieferketten mit einem ganzheitlichen IT-Konzept, mit vollständigen und richtigen Datenflüssen und jederzeit abrufbaren Informationen, um sowohl die Kundenanforderungen zu erfüllen als auch durch optimierte Nutzung der eigenen Ressourcen die Flottenproduktivität zu erhöhen. Genau hier finden Telematikanwendungen ihre Chance. Telematiksysteme geben Auskunft über den Aufenthaltsort von Lkw oder Wechselbrücken und liefern technische Daten von Ladung und Transportmittel. Wo ist die Ladung zurzeit? Wie sind die Temperatur und der Druck im Tankcontainer? Wie ist es um den technischen Zustand des Lkw bestellt? Fragen, die mit Hilfe der Telematik beantwortet werden können und die dazu dienen, die Wirtschaftlichkeit des Fuhrparks nachhaltig zu steigern. Weitere Vorteile bieten Telematiksysteme aber auch im grenzüberschreitenden Güterverkehr. Es ist einleuchtend, dass diese Informationen das notwendige Wissen liefern, um Transportketten zu optimieren. Will man die Telematiksysteme effektiv nutzen, ist es zudem entscheidend, die Informationsflüsse - unter Berücksichtigung des Datenschutzes - zu automatisieren sowie den Betriebs- und Installationsaufwand gering zu halten. Hier nimmt die Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT) in der Transport- und Logistikbranche als „ neuer“ Verkehrsträger sowohl Ergänzungsals auch Entlastungsfunktionen gegenüber den traditionellen Verkehrsträgern wahr. Schon heute wird das Geschäft in den Unternehmen sehr stark von der Informationstechnologie beeinflusst. Das digitale Zeitalter hält in allen Bereichen der Wirtschft Einzug. Eine Entwicklung, an der auch die Verlade- und Transportbranche als Dienstleister für die produzierende und weiterverarbeitende Wirtschaft auf Dauer nicht mehr vorbei kommt. Jede Transportkette muss von einer entsprechenden Informationskette begleitet werden, die notwendige Daten vor, während und nach dem Transport bereitstellt. Hierzu ist der freie Austausch der Daten über Unternehmens-, System- und Staatsgrenzen hinweg sicherzustellen. Optimierter Einsatz von W echselbrücken durch RFID Die Schenker Deutschland AG hat bundesweit mehr als 4000 Wechselbrücken mit RFID-Technik ausgestattet, um eine automatische Bestandsführung und Überwachung über alle deutschen Standorte hinweg zu gewährleisten. Hierzu wurden die Wechselbrücken mit 868-MHz-Transpondern und die insgesamt 48 Geschäftsstellen des Landverkehrs mit den entsprechenden Lesegeräten (Gates) ausgestattet. Dort wird jede Ein- und Ausfahrt der einzelnen Wechselbrücken elektronisch erfasst und dokumentiert. Alle Daten der RFID-Transponder gelangen in ein zentrales IT-System und können über ein Portal abgerufen werden. Auf Basis der implementierten Lösung werden alle Bewegungsabläufe der Wechselbrücken erfasst. Die Wege der einzelnen Ladungsträger lassen sich nun problemlos zurückverfolgen und dokumentieren. Durch die Einführung dieser RFID-basierten Lösungen kann eine O ptimierung des Wechselbrückeineinsatzes erreicht und die Verfügbarkeit der Wechselbrücken deutlich erhöht werden. Dank der automatischen Inventarisierung stehen jetzt für die Kunden jeweils der geeignete Wechselbrückentyp sowie insgesamt mehr Ladekapazität zur Verfügung. So trägt das Projekt auch zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit von Schenker Deutschland bei. Auch für die Nachhaltigkeit spielt ein möglichst optimal ausgelasteter Bestand an Wechselbrücken eine Rolle. Echtzeitdaten per GPS GPS spielt im Alltag vor allem bei der Suche nach Routen und der Zielnavigation eine große Rolle. Für DB Schenker hat die satellitengestützte Positionsbestimmung in der Logistik einen höheren Stellenwert. Technologien + Informationssysteme 42 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 1+2/ 2010 So können heute zum Beispiel in der Seefracht Container mit hochwertigen Waren in Echtzeit verfolgt werden. Dabei werden die von Sensoren gemessenen Parameter wie Temperatur, Feuchtigkeit, Türalarm und Erschütterung mit den Positionsdaten des GPS-Empfängers verknüpft und über eine Datenverbindung übermittelt. Diese Telematikdaten werden in einem Customer Information System (CIS) gespeichert und stehen für den Kunden jederzeit zum Abruf bereit. Dadurch entsteht eine neue Art der Transparenz innerhalb der Transportkette. Schwachstellen können so identifiziert und nachgebessert, Prozesse beschleunigt und die Datenqualität erhöht werden. Aber auch im Landverkehr ist GPS ein Teil der Sicherungsmaßnahmen. Durch Telematiklösungen unter Einbindung von GPS lässt sich so die Frage beantworten, wo die Ware ist, wann sie voraussichtlich ankommt, ob eine definierte Strecke eingehalten oder verlassen wurde, ob eine Ware beschädigt wurde und wie der Temperaturverlauf während des Transports aussah. Resümee RFID ist eine sinnvolle Ergänzung zum Barcode. Die unkomplizierte automatische Echtzeitdarstellung von Proze ssen und Warenströmen birgt die Grundlage zur Proze ssverbe sserung. Aspekte wie Proze sssicherung, Rückverfolgbarkeit und aktuelle Kundeninformationen sowie die optimierte Re ssourcenausnutzung stehen dabei im Vordergrund. Die Kombination von RFID mit O rtungstechnologien wie GPS und künftig auch Galileo verspricht eine be ssere Sicherung und weitergehende Lokalisierung von sensiblen Gütern. Telematiksysteme können somit in einem überschaubaren Investitions- und Betriebskostenrahmen ganz entscheidend zur Q ualitätsverbesserung beitragen. Denn sie schließen vorhandene Informationslücken innerhalb der Transportlogistik und schaffen die erforderliche Transparenz bezüglich Standort, Ladegut und sicherheitsrelevanter Faktoren während des Transports. In einem modernen Supply-Chain-Management-System wird die Integration dieser Technologie künftig nicht mehr wegzudenken sein. Literatur [1] Bitkom: Leitfaden Telematik und Navigation, Anwendungen & Mehrwertnutzen; 2009 [2] DB Welt: Smartbox hilft bei der Überwachung von See- containern; O ktober 2009 Abb. 3: Praxisbeispiel RFID Abb. 4: Praxisbeispiel GPS Abb. 1: Der Weg zum vollständig integrierten ICT-Dienst Abb. 2: Struktur der M obile Business Solutions