Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2010-0033
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Terminalbetrieb in Zeiten der Krise
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Wolfgang Müller
Die Deutsche Umschlaggesellschaft Schiene – Straße mbH (DUSS) hat ein Jahr voller Herausforderungen hinter sich, dennoch wird der Markt für den Kombinierten Verkehr (KV) langfristig weiter wachsen. Zukunftsthemen der Terminalbranche sind daher der Ausbau der Infrastruktur zur Schaffung weiterer Kapazitäten sowie die Optimierung des Betriebs.
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Güterverkehr + Logistik 44 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Wolfgang Müller Terminalbetrieb in Zeiten der Krise D ie D eutsche Umschlaggesellschaft Schiene - Straße mbH (DUSS) hat ein Jahr voller Herausforderungen hinter sich, dennoch wird der Markt für den Kombinierten Verkehr (KV) langfristig weiter wachsen. Zukunftsthemen der Terminalbranche sind daher der Ausbau der Infrastruktur zur Schaffung weiterer Kapazitäten sowie die O ptimierung des Betriebs. D er Autor W olfgang M üller, Vorsitzender der Geschäftsführung der DUSS mbH, Am Kümmerling 24-26, 55294 Bodenheim U m den Folgen der Wirtschaftskrise entgegenzuwirken und Arbeitsplätze zu sichern, hat die Bundesregierung Konjunkturprogramme aufgelegt. Ausgelegt auf einen zeitlichen Horizont bis 2011, stehen dabei allein rund 1,3 Mrd. EUR für die Schieneninfrastruktur zur Verfügung, die nicht zuletzt auch den Umschlagterminals zu Gute kommen. Trotz der Konjunkturprogramme sorgten verringerte Außenhandelsaktivitäten insbesondere in der Transport- und Logistikwirtschaft dafür, dass Containerschiffe nicht mehr voll ausgelastet wurden, die Häfen nach Jahren des Booms an Beschäftigung einbüßen mussten und somit auch Deutschland und das europäische Hinterland nicht mehr im bisherigen Umfang am Seehafenhinterlandverkehr partizipierten. Auch die DUSS blieb 2009 nicht vollständig von den Folgen der Wirtschafts- und Transportkrise verschont. Mit ihren 24 bundesweiten Schiene-Straße-Terminals stellt sie einen Großteil der Terminals und Umschlagkapazitäten im Kombinierten Verkehr (KV) in Deutschland zur Verfügung. Umso schwerwiegender war für die DUSS der Umstand, dass zunächst nicht nur der Seehafenhinterlandverkehr, sondern auch die oft zwischen verschiedenen DUSS-Terminals laufenden Verkehre von den schwierigen Entwicklungen auf dem KV-Markt betroffen waren. Durch Zusammenlegung von Relationen und eine enge monatliche Abstimmung der Programme, insbesondere mit den Hauptkunden Kombiverkehr und DB Schenker Rail Deutschland, gelang es jedoch, die bestehenden Netzwerkverbindungen im Jahresverlauf zu stabilisieren. Ungeachtet des 2009 zu verzeichnenden Rückgangs der Umschlagmenge um rund 13 % , hat sich das System „ Kombinierter Verkehr“ in den Zeiten der Krise bewährt. Gerade diese Güterverkehrssparte hat in den vergangenen Jahren in hervorragender Weise dazu beigetragen, dass Güter- und Warenströme sowohl aus wirtschaftlicher als auch umweltpolitischer Sicht sinnvoll unter Einbindung der Schiene verlagert wurden. Die Akzeptanz des KV ist weiterhin hoch, wozu auch verbesserte Wettbewerbsbedingungen beigetragen haben. Der Aufwärtstrend der vergangenen zehn Jahre ist zudem die notwendige Folge der globalen Vernetzung von Güter- und Verkehrsströmen, in denen intermodale Ladeeinheiten wie Container und Wechselbehälter immer stärkere Verbreitung finden. Bedarfsgerechter Kapazitätsausbau bleibt Hauptthema Trotz aktueller Wirtschafts- und Transportkrise sieht sich die europäische Bahninfrastruktur - insbesondere im Transitland Deutschland - nach bestehenden Prognosen mittel- und langfristig einer erheblich steigenden Nachfrage nach Verkehrsleistungen gegenüber. Daher wurde schon in den zurückliegenden Jahren damit begonnen, die Voraussetzungen für ein leistungsfähiges Schienennetz zu schaffen, das die erwarteten Zuwächse kapazitiv an den richtigen Stellen aufnehmen kann. Gerade die großen Terminals waren bereits im Jahr 2007 und insbesondere 2008 sehr stark ausgelastet. Deshalb hat die DUSS die Chance genutzt, in diesen Anlagen bei laufendem Betrieb mit Ausbaumaßnahmen zu beginnen. So wurde in Kornwestheim - einer Anlage mit drei Portalkränen - neben der Kranbahnverlängerung des zweiten Kranbahnmoduls auf 650 m Länge zusätzlich noch ein vierter Portalkran installiert. Dieser konnte Mitte Dezember 2009 seiner Bestimmung übergeben werden. Die Kranbahnverlängerung, zu der auch zwei Abstellspuren gehören, sowie der zusätzliche Kran erhöhen die Kapazität am Standort von rund 100 000 auf 150 000 Ladeeinheiten pro Jahr. Die Investition von etwa 7 Mio. EUR ist langfristig gut angelegt. Ferner wurde der schon lange geplante Ausbau im Terminal München-Riem in Angriff genommen. Im September rollten die ersten Bagger an, um der wichtigsten KV-Drehscheibe für den europäischen Güterverkehr im Südosten Deutschlands noch ein drittes Kranbahnmodul mit zusätzlich zwei Portalkränen, vier Umschlaggleisen und verbesserten Abstellmöglichkeiten hinzuzufügen. Seit Jahren operiert das Terminal mit mehr als 250 000 Ladeeinheiten pro Jahr an seiner Kapazitätsgrenze. Bis Ende 2010 soll der rund 16,5 Mio. EUR teure Ausbau abgeschlossen sein und eine betriebsprogrammabhängige Gesamtkapazität von rund 350 000 bis 400 000 Ladeeinheiten p. a. zur Verfügung stehen. Weitere Ausbauten und Kleinmaßnahmen werden bis Ende 2010 realisiert, darunter auch der Umbau und die Erweiterung des Terminals in Regensburg mit einem Kapazitätszuwachs von 100 000 auf 120 000 Ladeeinheiten pro Jahr für rund 6,5 Mio. EUR. Dank der finanziellen Mittel, die über die beiden Konjunkturpakete der Bundesregierung für den Infrastrukturausbau freigegeben wurden, werden bis Ende 2011 in Köln Eifeltor und Hamburg-Billwerder die Erweiterungen der Anlagen um jeweils ein drittes Kranbahnmodul vorangetrieben. Mit Investitionen von rund 32 Mio. EUR für Köln und 16 Mio. EUR für Hamburg wird die betriebsprogrammabhängige Leistungsfähigkeit der Umschlaganlagen pro Jahr jeweils von rund 300 000 auf rund 350 000 Ladeeinheiten in Köln sowie von 250 000 auf 340 000 Ladeeinheiten in Hamburg gesteigert. Beide Anlagen sind wichtige Drehscheiben für nationale und internationale Verkehre und konnten die Zuwächse der vergangenen Jahre kaum noch ohne Ausbau bewältigen. Auch die Investitionsgroßprojekte „ MegaHub Hannover-Lehrte“ und „ KV-Hub Rhein-Ruhr“ in Duisburg werden weiter verfolgt. Für diese Projekte prüft der Bund die Finanzierungen noch. Mit den derzeit laufenden Investitionen verschafft sich die DUSS die Kapazitäten, Abb. 1: Terminalkarte DUSS mit Rollout- Stand BLU Q uelle: DUSS Güterverkehr + Logistik 45 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 die nach Überwindung der Transportrezession auf Basis der langfristigen Prognosen zur Entwicklung im Güterverkehr erforderlich sein werden. Terminaloptimierung durch Vernetzung der Informationen und Prozesssteuerung Bei der Terminaloptimierung setzt die DUSS weiterhin auf die Vernetzung der Informationsflüsse. Das flächendeckende Rollout des Betriebsleitsystems für Umschlagterminals (BLU) kommt voran. Inzwischen sind zwölf Terminals am Netz (siehe Abb. 1). Im vergangenen Jahr stellten Wuppertal, Regensburg und Karlsruhe auf BLU-Betrieb um. Ende Februar 2010 wird Duisburg Ruhrort Hafen folgen. Dass das BLU die umfangreichen Informationsprozesse und das Auftragsmanagement in den Terminals zwischen den Beteiligten hervorragend unterstützt, zeigt ein Blick auf die Statistik. Mehr als 5 Mio. Auftragsdatensätze, rund 20 Mio. Statusinformationen und noch einmal so viele Vormeldedaten hat das System in den vergangenen fünf Jahren verarbeitet. Täglich werden über die Datenschnittstellen durchschnittlich rund 1700 Datensätze pro Terminal ausgetauscht, auf deren Basis die Disponenten ihre verschiedenen Terminalaktivitäten managen. Die Kundenanforderungen an den Informationsfluss sind ebenso gestiegen. Reichte früher oft ein Blatt Papier zur Übermittlung von Aufträgen, legen viele Kunden heute Wert auf Echtzeitverarbeitung über elektronische Schnittstellen, mit denen eine Statusverfolgung möglich ist. Um dies zu unterstützen, wurden in Kornwestheim, Leipzig und Basel mobile Datenerfassungsgeräte vom Typ Psion Teklogix 7535 G2 erfolgreich im Pilotbetrieb getestet. Die Transparenz der Abläufe und die Schnelligkeit der Statusinformationen für die Ladeeinheiten sind dadurch verbessert worden. Der flächendeckende Einsatz an den BLU- Terminals wird daher geprüft. Weitere Modulerweiterungen sind in Vorbereitung. So untersucht die DUSS im aktuellen Forschungsprojekt „ Neue Technologieansätze für automatisierbare Terminals im Kombinierten Verkehr (TaT)“ Lösungen, wie schnell und kostengünstig auf Ba sis der be stehenden Infra struktur die Leistungsfähigkeit der Terminals ge steigert werden kann. Schwerpunkte bilden dabei unter anderem die automatisierte Kranansteuerung und die dynamische Lagerplatzverwaltung. Hierzu soll da s System BLU die Möglichkeit bekommen, auf Ba sis einer vorgegebenen oder berechneten Zielposition den Kran halbautomatisch an die se Position zu steuern. Bei der dynamischen Lagerplatzverwaltung werden Methoden erforscht, mit denen etwa die Langzeitabstellung für die Seehafenverkehre im Terminal optimiert werden kann. Mit der Terminalprozessoptimierung speziell für zeitkritische Verkehre befasst sich das Projekt „ XPressNet“ . Hier engagiert sich die DUSS mit weiteren Projektpartnern bei der Durchleuchtung und Verbesserung der Abläufe zum Auf- und Ausbau von besonders zeitsensiblen Schienenverkehren, wie sie beispielsweise DHL und die Spedition Hellmann anbieten. Im Ergebnis dessen könnten Transportmengen von der Straße für den KV gewonnen werden. Diese Chance besteht insbesondere dann, wenn es gelingt, den Abfertigungs- und Durchlaufprozess so zu optimieren, dass hierfür weniger als 15 Minuten erforderlich sind. Auch an europäischen Projekten beteiligt sich die DUSS. So steht das Forschungsprojekt „ TIGER“ für „ Transit via Innovative Gateway concepts solving European Intermodal Rail needs“ . Darin werden unter anderem Lösungen für die optimale Hinterlandvernetzung maritimer Verkehre zur Entlastung der Häfen und Straßen untersucht. Die DUSS engagiert sich zusammen mit dem O perateur Kombiverkehr und anderen Partnern im Arbeitspaket „ Intermodal Network 2015+“ . Dabei wird besonders die systemische und betriebliche Integration von Terminaldrehscheibenkonzepten, wie das des geplanten MegaHub Lehrte, in ein solches Netzwerk untersucht. Von Terminaldrehscheibenkonzepten versprechen sich die Projektteilnehmer eine höhere Effizienz und Bündelungsfähigkeit beim Aufbau und der Gestaltung von intermodalen Verkehrsnetzen. Die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass in der Marktbearbeitung für den KV noch einiges Potenzial steckt. Als Terminalbetreiberin nutzt die DUSS die aktuelle Konjunkturschwäche, um mit kühlem Kopf zur Umsetzung der langfristigen Ziele zur Sicherung der KV-Kapazitäten und Steigerung der Betriebseffizienz beizutragen. Die damit erzielbaren Ergebnisse kommen dem gesamten KV-Markt zugute und tragen somit zur weiteren Erholung und Ausweitung des Markts bei. D USS Die Deutsche Umschlaggesellschaft Schiene - Straße mbH betreibt, plant und baut Umschlagterminals des Kombinierten Verkehrs sowie Verladeanlagen der Rollenden Landstraße (RoLa). Ziel der Gesellschaft mit Sitz in Bodenheim ist die nachhaltige Förderung des Kombinierten Verkehrs an der Schnittstelle der Verkehrsträger Schiene und Straße. Gesellschafter der DUSS sind die Frankfurter DB Netz AG (75 % ), die Kombiverkehr Deutsche Gesellschaft für Kombinierten Güterverkehr GmbH & Co KG, Frankfurt am Main, (12,5 % ) sowie die DB Mobility Logistics AG, Berlin (12,5 % ). Aufgabe und Gesellschafter Umschlag am DUSS-Terminal Leipzig-Wahren Foto: DUSS M obiles Datenerfassungsgerät im Einsatz am Terminal Kornwestheim Foto: DUSS
