eJournals Internationales Verkehrswesen 62/3

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2010-0036
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Klimaschutz braucht Teamwork

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Florian Eck
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Standpunkt 54 INTERNATIO NALES VERKEHRSWESEN (62) 3/ 2010 Dr. Florian Eck, stellvertretender Geschäftsführer, Deutsches Verkehrsforum e.V., Berlin Klimaschutz braucht Teamwork Die Ergebnisse der Klimakonferenz von Kopenhagen ernüchtern auf den ersten Blick. Bei genauerem Hinsehen zeigen sich dennoch einige Fortschritte: Ein Bekenntnis zur 2 °C-Grenze; strategische O ptionen für die Entwicklungsländer; die Absichtserklärung, künftig stärker Marktmechanismen zu nutzen. Dennoch stimmt die Soll-Seite nachdenklich: Es gibt keine verbindliche Absprache, da das Plenum von der Kopenhagener Vereinbarung nur Kenntnis nahm; es fehlt ein Zeitplan; wesentliche Details zu Reduktionszielen und -maßnahmen sind noch offen. Damit bleiben die besonders von der im globalen Wettbewerb stehenden Verkehrsbranche geforderte internationale Transparenz und einheitliche Zielsetzung zunächst auf der Strecke. Beim Mitte des Jahres anstehenden Bonner Folgegipfel müssen daher die positiven Ansätze der Kopenhagener Vereinbarung ausgebaut und die Defizite nachgebessert werden. Die Bundesregierung muss als Gastgeber die Chance nutzen, das Thema Klimaschutz mit einer transparenten, marktorientierten, wirtschaftlich tragfähigen und mit verbindlichen Zielen versehenen „ Bonner Vereinbarung“ voran zu bringen. Deutschland - Vorreiter in Europa In den vergangenen Jahren hat der deutsche Verkehrssektor bereits einen großen Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Bei anhaltendem Verkehrswachstum sind die CO 2 -Emissionen des Verkehrs in Deutschland nach Angaben des Umweltbundesamtes von rund 180 Mio. t im Jahr 2000 auf rund 152 Mio. t im Jahr 2007 gesunken, der Anteil des Verkehrssektors an den gesamten CO 2 -Emissionen in Deutschland ist im gleichen Zeitraum von 20,4 % auf 18,1 % zurückgegangen. Dies zeigt, dass bei uns im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten die Entkoppelung von Verkehrswachstum und Emissionen gelungen ist. Auch für die Zukunft haben die Unternehmen ihre Bereitschaft zur Mitarbeit beim Erreichen der Klimaziele signalisiert. Die deutsche Automobilindustrie hat zur Entwicklung klimafreundlicher und effizienter Fahrzeuge im Jahr 2009 rund 21 Mrd. EUR aufgewendet. Im Schienenverkehr hat sich die DB AG mit ihrem Klimaschutzprogramm zu einer Reduktion der spezifischen CO 2 -Emissionen bis 2020 um 20 % gegenüber 2006 verpflichtet. Die Hersteller der Luftfahrtbranche wenden 14 % ihres Umsatzes für Forschung und Entwicklung auf, alleine in die Entwicklungsinitiative „ Clean Sky“ werden 1,6 Mrd. EUR investiert. Auch die Schifffahrt leistet ihren Beitrag, unter anderem durch Flottenerneuerung und Geschwindigkeitsreduktion. Rahmenbedingungen müssen stimmen Aber auch die Politik ist gefordert. Es ist ein „ Klimaschutz mit Augenmaß“ notwendig, der den Erfordernissen des Umweltschutzes Rechnung trägt, aber Wachstum nicht behindert. CO 2 sollte dort vermieden werden, wo es wirtschaftlich am sinnvollsten ist. Allein auf sektorale Reduktionsziele zu setzen, bringt uns nicht weiter. Wir brauchen eine sektorübergreifende Strategie, bei der wir uns nach dem Kosten-Nutzen-Prinzip an den niedrigsten Vermeidungskosten orientieren. Dazu müssen sektor- und grenzübergreifende Märkte und Mechanismen geschaffen werden. Der bestehende Emissionshandel ist mit dieser Zielsetzung überfordert. Darüber hinaus muss die Politik ihren Beitrag im Rahmen der Daseinsvorsorge leisten. National durch Bereitstellung einer bedarfsgerechten und intelligent vernetzten Infrastruktur, damit Staus und Umwegverkehre und damit unnötige Umweltbelastungen vermieden werden. Auf dem internationalen Parkett muss die Bundesregierung weitere führende Industrienationen überzeugen, der Vorreiterrolle Deutschlands zu folgen, damit unser klimapolitischer Vorsprung nicht zum Standortnachteil wird. Auch das Thema einheitlicher europäischer Luftraum (Single European Sky) steht nach Jahrzehnten immer noch ungelöst auf der europäischen Agenda, obwohl durch diese Maßnahme in Europa rund 12 % der CO 2 -Emissionen des Luftverkehrs eingespart werden können. Bürger sitzt am Hebel Mobilität ist eine abgeleitete Dienstleistung. Letztendlich bestimmt daher der Bürger als Verbraucher, Kunde und Unternehmer, welche Produkte und Klimaschutzmaßnahmen Akzeptanz finden. Und da besteht ein Widerspruch: nach einer infas-Befragung im Auftrag des Deutschen Verkehrsforums halten zwar 88 % der deutschen Bürger das Thema Klimaschutz für wichtig und 57 % sehen den Einzelnen - also sich selbst - als wichtigste Einflussgröße. Andererseits verneinen 60 % der Bevölkerung eine Kostenbeteiligung an Klimaschutzmaßnahmen und nur 7 % der Bürger sind bereits heute wirklich aktiv und mit persönlichem Einsatz dabei. Rund 65 % der Bevölkerung verhalten sich abwartend. Für sie gilt: Klimaschutz muss sich lohnen! Und das ist die große Herausforderung der künftigen Klimapolitik.