eJournals Internationales Verkehrswesen 62/5

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2010-0060
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2010
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Herstellung eines Finanzierungskreislaufs bei der VIFG

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2010
Kornelius Kleinlein
Die Regierungskoalition will prüfen, ob bei der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft mbH (VIFG) ein Finanzierungskreislauf hergestellt werden soll. Der Beitrag untersucht, wie ein solcher Finanzierungskreislauf ausgestaltet werden muss, damit die von der VIFG finanzierten Investitionen in die Straßeninfrastruktur weder auf die Nettokreditaufnahme des Bundes nach Art. 115 GG noch auf Defizit und Schuldenstand nach dem Maastricht-Vertrag angerechnet werden.
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Infrastruktur + Verkehrspolitik 32 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 5/ 2010 Kornelius Kleinlein Herstellung eines Finanzierungskreislaufs bei der VIFG Die Regierungskoalition will prüfen, ob bei der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft mbH (VIFG) ein Finanzierungskreislauf hergestellt werden soll. Der Beitrag untersucht, wie ein solcher Finanzierungskreislauf ausgestaltet werden muss, damit die von der VIFG finanzierten Investitionen in die Straßeninfrastruktur weder auf die Nettokreditaufnahme des Bundes nach Art. 115 GG noch auf Defizit und Schuldenstand nach dem Maastricht-Vertrag angerechnet werden. Der Autor Dr. Kornelius Kleinlein, Rechtsanwalt, Raue LLP, Potsdamer Platz 1, 10785 Berlin, Kornelius.Kleinlein@raue.com Der Koalitionsvertrag Die Koalition von CDU, CSU und FDP hat im Koalitionsvertrag vereinbart, die Herstellung eines Finanzierungskreislaufs „Straße“ unter direkter Zuweisung der Lkw-Maut an die VIFG und der Möglichkeit einer Kreditaufnahme durch die VIFG zu prüfen. Dadurch soll die Haushaltsabhängigkeit von Verkehrsinvestitionen reduziert und eine mehrjährige Planungs- und Finanzierungssicherheit für Investitionsprojekte erreicht werden. Derzeit wird das Mautaufkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Autobahnmautgesetz (ABMG) nach Abzug eines Betrags von 150 Mio. EUR in vollem Umfang für die Verkehrsinfrastruktur und überwiegend für den Fernstraßenbau verwendet. Die Maut fließt zunächst in den Haushalt und wird aufgrund dieser Zweckbindung wieder für die Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung gestellt. Mit der Herstellung eines Finanzierungskreislaufs „Straße“ würden Mauteinnahmen der VIFG unmittelbar zugewiesen und ohne Umweg über den Haushalt ausschließlich für die Straßeninfrastruktur verwendet. Eine Kreditaufnahme der VIFG ist bisher durch § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Errichtung der VIFG ausgeschlossen. Vorgesehen ist im Koalitionsvertrag eine Kreditaufnahme in begrenztem Umfang. Offen ist der Zweck der Kreditaufnahme. Es kann sich zum einen um bloße Liquiditätskredite handeln, die dazu dienen, Unterbrechungen von Baumaßnahmen zu vermeiden, wenn die Mauteinnahmen vorübergehend nicht zur Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen der VIFG ausreichen. Die Kreditaufnahme der VIFG kann aber auch dazu dienen, dass die VIFG Investitionen in das Fernstraßennetz vorfinanziert und diese Kredite langfristig mit den Mauteinnahmen tilgt. Unterfinanzierung des Fernstraßennetzes und Zwang zur Haushaltskonsolidierung Die Pällmann-Kommission stellte im Jahr 2000 fest, dass beim Aus- und Neubau und bei der qualifizierten Substanzerhaltung des Fernstraßennetzes ein erheblicher Rückstau bestand. Den jährlichen Fehlbetrag bei den notwendigen Investitionen in das Fernstraßennetz bezifferte die Pällmann-Kommission auf 2 Mrd. EUR. Im Jahr 2000 betrugen die Haushaltsmittel für den Fernstraßenbau 4,17 Mrd. EUR. In den Jahren 2001 bis 2008 bewegten sich die Mittel in einem Korridor zwischen 4,66 und 5,03 Mrd. EUR. Aufgrund der Konjunkturpakete I und II wurden 2009 Mittel in Höhe von 6,1 Mrd. EUR ausgegeben. 2010 und 2011 werden es bei gleichmäßiger Verteilung der noch nicht verbrauchten Mittel aus dem Konjunkturpaket II etwa 5,96 Mrd. EUR und 5,27 Mrd. EUR sein. Danach sinken die Investitionen nach der Finanzplanung der Bundesregierung auf 4,84 Mrd. EUR im Jahr 2012 und 4,85 Mrd. EUR im Jahr 2013. Unter Berücksichtigung der Preissteigerung im Straßenbau von 2000 bis 2009 von rund 18 % fallen die Investitionen damit unter das Niveau von 2000 zurück. Eine Beseitigung dieser Unterfinanzierung durch den Bundeshaushalt ist nicht zu erwarten. Die Schuldenregel in Art. 115 Grundgesetz (GG) wurde durch die Föderalismusreform II im Jahr 2009 grundsätzlich geändert. Hiernach ist der Bund verpflichtet, die Neuverschuldung ab 2011 zurückzuführen und bis 2016 auf 0,35 % des nominalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu begrenzen (Art. 143 d Abs. 1 GG). Im Unterschied zu Art. 115 GG alter Fassung erweitern die im Haushaltsplan veranschlagten Investitionen den Spielraum für die Nettokreditaufnahme nicht. Allerdings gilt der Schwellenwert von 0,35 % nur für die „strukturelle“ Neuverschuldung. Bei einer von der konjunkturellen Normallage abweichenden Entwicklung dürfen zusätzliche Kredite aufgenommen werden. Außerdem werden Kredite, die der Bund bei anderen öffentlichen Rechtsträgern aufnimmt, nicht auf die Verschuldungsgrenze angerechnet. 1 Dauerhaft wird sich der Bund aber nicht auf eine von der Normallage abweichende konjunkturelle Entwicklung berufen können, und auch die Kreditaufnahme bei anderen öffentlichen Rechtsträgern ist nur ein Notbehelf. Das Ausmaß der Einsparungen, zu dem die neue Schuldenregel zwingt, wird an folgender Berechnung deutlich: Das Bundesfinanzministerium rechnet mit einem Ansteigen des BIP bis zum Jahr 2013 auf 2631 Mrd. EUR. Wächst das BIP danach um jährlich 2 %, beträgt es im Jahr 2016 2792 Mrd. EUR. Zulässig ist daher im Jahr 2016 nur noch eine strukturelle Nettokreditaufnahme von 9,77 Mrd. EUR. Zum Vergleich: Für das Haushaltsjahr 2010 plant der Bund eine Nettokreditaufnahme von 80,2 Mrd. EUR, wobei die strukturelle Neuverschuldung nach dem Ergebnis der Beratung des Haushaltsausschusses 66,59 Mrd. EUR beträgt. 2 Die strukturelle Neuverschuldung muss daher − bei gleichzeitig weiter ansteigenden Lasten durch den Zuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung und andere Sozialleistungen - bis 2016 um 56,82 Mrd. EUR zurückgefahren werden. Schon vor der Neufassung des Art. 115 GG im Jahr 2009 hat sich Deutschland im Maastricht-Vertrag von 1992 verpflichtet, das Defizit auf 3 % des BIP und den Schuldenstand auf 60 % des BIP zu begrenzen. Gegen die Verpflichtung zur Begrenzung des Defizits auf 3 % des BIP hat Deutschland wiederholt verstoßen. Im Jahr 2009 betrug das Defizit 3,3 %, für 2010 wird mit einem Defizit zwischen 3,9 und 5,9 % gerechnet. Der Schuldenstand liegt seit 2002 über 60 % und wird 2010 auf 78 % des BIP ansteigen. Zu einer Rückführung der Schuldenstandsquote ist Deutschland nach Art. 126 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verpflichtet. Eine solche Rückführung ist aber nur möglich, wenn Schulden abgebaut werden oder die Neuverschuldung künftig langsamer ansteigt als das BIP. Anforderungen an eine haushalts- und maastricht-neutrale Finanzierung Vor diesem Hintergrund sollte der VIFG das Recht eingeräumt werden, Kredite zur Vorfinanzierung von Investitionen in das Fernstraßennetz aufzunehmen. Eine solche Vorfinanzierung würde nicht dazu führen, dass der Bund für diese Kredite spä- Infrastruktur + Verkehrspolitik 33 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 5/ 2010 ter einstehen muss. Vielmehr werden die Einnahmen aus der Lkw-Maut wegen der Zunahme der Transportleistung des Straßengüterverkehrs bis 2025 in einem Maß ansteigen 3 , das es der VIFG ermöglichen wird, die Kredite mit den Mauteinnahmen zurückzuzahlen. Sinnvoll ist eine solche Vorfinanzierung von Investitionen durch die VIFG nur, wenn die von ihr aufgenommenen Kredite weder auf die Nettokreditaufnahme nach Art. 115 GG noch auf Defizit und Schuldenstand nach dem Maastricht-Vertrag angerechnet werden. Die entscheidende Gestaltungsaufgabe besteht deshalb darin, den Status und die Aufgaben der VIFG so zu bestimmen, dass die von ihr aufgenommenen Kredite haushalts- und maastricht-neutral sind. Nationales Haushaltsrecht Art. 115 GG gilt für die Kreditaufnahme des Bundes. Sein Anwendungsbereich umfasst auch rechtlich unselbständige Sondervermögen des Bundes, nicht aber juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts. Diese Abgrenzung ist zunächst rein formal. Sie begründet die Gefahr, dass die Verschuldungsgrenze des Art. 115 GG durch Auslagerung der Kreditaufnahme auf andere, vom Bund kontrollierte juristische Personen umgangen werden könnte. Für die Abgrenzung zwischen einer zulässigen Kreditaufnahme durch solche juristische Personen und einer unzulässigen Umgehung des Haushaltsrechts bedarf es deshalb ergänzender Kriterien. Schon bei der bisherigen Fassung des Art. 115 GG stellte sich die Frage, auf welche Kriterien dabei abzustellen ist. Die Frage wurde in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt. 4 Sie wird unter der Neufassung des Art. 115 GG an Bedeutung gewinnen, da der Zwang zur Begrenzung der Neuverschuldung auf 0,35 % des BIP einen starken Anreiz für die Entwicklung alternativer Finanzierungsmodelle setzt. Die Rechtsprechung wird möglicherweise strengere Kriterien als bisher anlegen, um sicherzustellen, dass Art. 115 GG nicht durch zahlreiche Schattenhaushalte seiner Wirksamkeit beraubt wird. Es liegt nahe, für die Abgrenzung die Kriterien heranzuziehen, die für die Ermittlung von Defizit und Schuldenstand nach dem Maastricht-Vertrag gelten. 5 Defizit und Schuldenstand werden nach dem Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) berechnet. Rechtsgrundlage ist die Verordnung (EG) Nr. 2223/ 96 des Rates vom 25. Juni 1996. 6 Die Neufassung des Art. 115 GG bezweckt eine Angleichung an das ESVG. 7 Allerdings bleiben zwischen dem nationalen Haushaltsrecht und dem ESVG weiterhin prinzipielle Unterschiede, die insbesondere darin begründet sind, dass das Haushaltsrecht auf den Zufluss von Einnahmen und Ausgaben, das ESVG dagegen auf das Entstehen von Forderungen und Verbindlichkeiten abstellt. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die von der VIFG aufgenommenen Kredite dann nicht auf die Nettokreditaufnahme des Bundes nach Art. 115 GG anzurechnen sind, wenn sich die Maßnahmen der VIFG auch nach dem ESVG nicht auf Defizit und Schuldenstand auswirken. Diese Annahme erscheint nicht nur wegen der gewollten Annäherung von Art. 115 GG an das ESVG gerechtfertigt. Die Anforderungen an eine maastricht-neutrale Gestaltung sind tendenziell höher als die Anforderungen, unter denen bisher eine Auslagerung von Schulden und eine private Vorfinanzierung für zulässig erachtet wurde. 8 Ist eine Maßnahme nach dem ESVG nicht auf Defizit und Schuldenstand anzurechnen, so dürfte dies „erst recht“ für die Kreditaufnahme nach Art. 115 GG gelten. Defizit und Schuldenstand nach dem ESVG Das ESVG unterscheidet verschiedene institutionelle Sektoren. Voraussetzung einer maastricht-neutralen Gestaltung ist zunächst, dass die VIFG nicht dem staatlichen Sektor zuzurechnen ist. Die VIFG ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft des Bundes. Dies führt aber nicht dazu, dass sie zwingend dem staatlichen Sektor zuzuordnen ist. Das ESVG unterscheidet zwischen Kontrolle und Beherrschung. 9 Eine Kapitalgesellschaft wird kontrolliert, wenn die Möglichkeit besteht, die allgemeine Unternehmenspolitik festzulegen, etwa durch Bestellung der Personen für die Unternehmensleitung (Ziffer 2.26 ESVG). Beherrscht wird sie dagegen erst, wenn sie keine eigene Entscheidungsfreiheit für die Ausübung ihrer Haupttätigkeit mehr hat. Nur bei einer solchen Beherrschung wäre die VIFG zwingend dem staatlichen Sektor zuzurechnen. (Ziffer 2.13 c ESVG). Als alleiniger Anteilseigner kontrolliert der Bund die VIFG, sie ist deshalb eine „öffentliche Kapitalgesellschaft“. Belässt der Bund der VIFG aber einen unternehmerischen Entscheidungsspielraum, liegt keine Beherrschung im Sinne des ESVG vor. In diesem Fall kann die VIFG daher einem der anderen institutionellen Sektoren zugerechnet werden, wenn sie die dafür geltenden Voraussetzungen erfüllt. In Betracht kommt eine Zuordnung zum Sektor nichtfinanzielle oder zum Sektor finanzielle Kapitalgesellschaften. Voraussetzung dafür ist jeweils, dass die VIFG als Marktproduzent anzusehen ist (Ziffer 2.12 und 2.20 ESVG). Dies ist der Fall, wenn die VIFG 50 % ihrer „Produktionskosten“ durch eigene Umsätze deckt (Ziffer 3.37 ESVG). Nach der Koalitionsvereinbarung sollen der VIFG Mauteinnahmen direkt zugewiesen werden. Diese Mittel sind eigene Umsätze der VIFG, wenn sie nicht als Zuwendung des Staates, sondern als Entgelt für eine von der VIFG auf dem Markt erbrachte Leistung anzusehen sind. Der Umstand, dass die VIFG die Mautsätze nicht selbst festlegen kann, steht dem nicht entgegen. Auch bei einer staatlichen Preisfestsetzung oder -kontrolle kann ein Markt vorliegen, auf dem Umsätze erzielt werden. So liegt z. B. ein Umsatz auch bei einem für öffentliche und private Krankenhäuser geltenden System der Preisfestsetzung vor. 10 Die fehlende Preissetzungsmacht der VIFG steht daher einer Qualifizierung der Mauteinnahmen als Umsatz der VIFG nicht entgegen. In den Überlegungen zur Herstellung eines Finanzierungskreislaufs wird auch der Abschluss einer Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) zwischen dem Bund und der VIFG erwogen. Das Modell dafür ist die LuFV zwischen dem Bund und der DB Netz AG. Darin hat sich der Bund verpflichtet, der DB Netz AG jährlich 2,2 Mrd. EUR für Investitionen in die Schienenwege zur Verfügung zu stellen. Es erscheint nicht möglich, eine solche Zuweisung staatlicher Mittel als Umsatz zu qualifizieren. Die Zuweisung wird als staatliche Zuwendung, nicht als Gegenleistung für eine auf dem Markt erbrachte Leistung gezahlt. Bei der DB Netz AG steht die Zuweisung von Mitteln durch die LuFV einer Qualifizierung als Marktproduzent nicht entgegen, da die DB Netz AG mehr als 50 % ihrer Produktionskosten durch Trassenerlöse und damit durch eigene Umsätze deckt. Daher könnte eine LuFV auch bei der VIFG nur eine ergänzende Funktion haben. Mindestens die Hälfte ihrer Kosten muss die VIFG auf andere Weise decken. Weitere Voraussetzung einer maastrichtneutralen Gestaltung ist, dass die VIFG die Eigentümerrisiken an den Streckenabschnitten trägt, deren Ausbau sie finanziert. Dies ist nach der Entscheidung des europäischen Statistikamts Eurostat vom 11. Februar 2004 der Fall, wenn die VIFG das Baurisiko und entweder das Ausfallrisiko oder das Nachfragerisiko übernimmt. Diese Kriterien sind zwar für Öffentlich- Private Partnerschaften entwickelt worden. Sie können aber auch für die Zuordnung des Eigentümerrisikos im Verhältnis zwischen dem Bund und der VIFG herangezogen werden, da die Entscheidung auch anwendbar ist, wenn der Partner des Staates kein privates Unternehmen ist. Nur wenn die genannten drei Kriterien nicht zu einer eindeutigen Lösung führen, sind nach der Eurostat-Entscheidung zusätzliche Kriterien heranzuziehen. Die in Betracht kommenden Modelle Finanzielle Mittlertätigkeit der VIFG In Betracht kommt zunächst, dass die VIFG eine finanzielle Mittlertätigkeit im Sinne des ESVG ausübt. Bei dieser Gestaltung wäre die VIFG dem Sektor finanzielle Kapitalgesellschaften zuzurechnen. Die finanzielle Mittlertätigkeit einer institutionellen Einheit besteht darin, für eigene Rechnung auf dem Markt Forderungen zu erwerben und gleichzeitig Verbindlichkeiten einzugehen (Ziff. 2.32 ESVG). Bei diesem Modell läge der für eine finanzielle Mittlertätigkeit erforderliche Forderungserwerb darin, dass der Bund künftige Mauteinnahmen der VIFG zuweist. Das gleichzeitige Eingehen von Verbindlichkeiten würde darin bestehen, dass sich die VIFG gegenüber dem Bund verpflichtet, die Werklohnforderungen der mit Bau und Unterhaltung der Straßen beauftragten Unternehmen zu erfüllen. In Betracht käme auch, Infrastruktur + Verkehrspolitik 34 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 5/ 2010 dass die VIFG die Verträge mit den Unternehmen selbst abschließt und dadurch die Verbindlichkeiten eingeht. Im Rahmen von Betreibermodellen könnte die VIFG auch die Anschubfinanzierung bei A-Modellen und die Abschlagszahlungen bei Verfügbarkeitsmodellen wie bei der A 9 übernehmen. Ob durch eine solche Gestaltung eine Anrechnung auf Defizit und Schuldenstand des Staates vermieden werden kann, ist jedoch aus folgenden Gründen fraglich: Als finanzielle Mittlertätigkeit gelten grundsätzlich nur finanzielle Transaktionen auf dem Markt. Der Erwerb von Forderungen und das Eingehen von Verbindlichkeiten sollen sich auf die Allgemeinheit oder auf bestimmte, relativ große Gruppen erstrecken (Ziff. 2.37. ESVG). Die VIFG würde jedoch Forderungen nur vom Bund erwerben, nämlich in Gestalt der künftigen Maut. Bei der irischen Housing Finance Agency hat Eurostat eine finanzielle Mittlertätigkeit unter anderem deshalb verneint, weil diese Einrichtung Darlehen nur an Kommunen vergab. 11 Zweifelhaft ist auch, ob die Verpflichtung der VIFG zur Bezahlung von Baumaßnahmen den Bund von den Verbindlichkeiten entlastet, die aus den geschlossenen Verträgen für diese Baumaßnahmen herrühren. Übernimmt die VIFG diese Verbindlichkeiten gegen Übertragung künftiger Mautforderungen, ist dies nach einer Eurostat-Entscheidung vom 25. Juni 2007 nicht als echter Forderungsverkauf („true sale“), sondern als Darlehensaufnahme durch den Staat anzusehen. Die Übertragung künftiger Mautforderungen bezieht sich auf noch nicht entstandene Forderungen, da die Mautpflicht erst mit der tatsächlichen Benutzung der Autobahn entsteht. Die Höhe des Darlehens bestimmt sich nach der Gegenleistung des anderen Teils. Hier besteht die Gegenleistung in den von der VIFG übernommenen Zahlungen an die Auftragnehmer. In der Bilanz des Bundes findet daher nur ein Passivtausch statt: An die Stelle seiner Verpflichtung zur Zahlung des Werklohns tritt die Verpflichtung zur Rückzahlung des von der VIFG gewährten Darlehens. Auch wenn die VIFG die Verträge mit den Auftragnehmern selbst abschließt, erhöhen die Verbindlichkeiten aus diesen Verträgen Defizit und Schuldenstand des Bundes. Der bloße Abschluss dieser Verträge führt nicht zu einem Übergang des Eigentümerrisikos auf die VIFG. Da somit der Bund weiterhin das Eigentümerrisiko trägt, sind ihm die Verbindlichkeiten aus den Verträgen zuzuordnen. Bereitstellung der Verfügbarkeit von Strecken durch die VIFG Als zweites Lösungsmodell kommt in Betracht, dass die VIFG dem Bund die Verfügbarkeit bestimmter Autobahn-Teilstrecken bereitstellt. In diesem Fall wäre die VIFG nach dem ESVG als nichtfinanzielle Kapitalgesellschaft einzuordnen. Ihre Leistung bestünde in der Produktion von Gütern und nichtfinanziellen Dienstleistungen. Als Gegenleistung für die Bereitstellung der Verfügbarkeit von Strecken erhielte die VIFG vom Bund die auf diesen Strecken jeweils in einem Zeitabschnitt bereits eingenommene Maut. Der VIFG würden daher nicht künftige Mautforderungen übertragen, sondern die tatsächlich bereits angefallene Maut. Erhält die VIFG die Maut vom Bund als Gegenleistung für die Bereitstellung der Verfügbarkeit, ist ihre Tätigkeit mit der eines Betreibers bei einem privaten Betreibermodell vergleichbar. Dies bedeutet zunächst, dass ebenso wie bei den Betreibermodellen das Eigentümerrisiko vom Bund auf die VIFG übertragen werden kann. Wie dargelegt, setzt dies voraus, dass die VIFG das Baurisiko und entweder das Ausfall- oder das Nachfragerisiko übernimmt. Weitere Voraussetzung ist, dass die VIFG als selbständige institutionelle Einheit anzusehen ist, der Bund der VIFG also einen unternehmerischen Handlungsspielraum belässt. Um den Übergang des Eigentümerrisikos auf die VIFG zu erreichen, muss der Bund bei dieser Ausgestaltung das Recht haben, die Vergütung zu mindern oder zurückzuhalten, wenn die VIFG die Leistung nicht wie vereinbart erbringt. Würde die Maut der VIFG voraussetzungslos für eine bestimmte Zeit zugewiesen, läge das Eigentümerrisiko wieder beim Bund, da er dann ebenso wie ein Eigentümer lediglich auf seine Gewährleistungsansprüche beschränkt wäre. Das Bestehen von Gewährleistungsansprüchen reicht für den Übergang des Baurisikos nicht aus. 12 Die Konsequenz dieser Ausgestaltung wäre, dass sich die Tätigkeit der VIFG nicht wesentlich von der eines privaten Betreibers unterscheidet. Dies wirft zunächst die Frage auf, was der Mehrwert der Konstruktion ist. Die VIFG kann als Tochtergesellschaft des Bundes am Kapitalmarkt Kredite zu günstigeren Konditionen erhalten als ein privater Betreiber. Ob dieser Mehrwert es rechtfertigt, der VIFG eine Aufgabe zu übertragen, die auch von privaten Anbietern erfüllt werden kann, ist jedoch fraglich. Da auch private Betreiber Autobahn- Teilstrecken ausbauen und unterhalten können, würde die VIFG in Wettbewerb mit privaten Anbietern treten. Damit unterläge die Übertragung der Aufgabe grundsätzlich dem Vergaberecht. Als Inhouse-Geschäft kann die Übertragung der Aufgabe nicht angesehen werden, da dies voraussetzen würde, dass der Bund die VIFG wie eine eigene Dienststelle führt. Dann aber fehlte es an dem unternehmerischen Handlungsspielraum, der vorhanden sein muss, damit die VIFG als selbständige institutionelle Einheit qualifiziert werden kann (Ziff. 2.13c ESVG). Ohne diesen Spielraum ist die VIFG von vornherein dem staatlichen Sektor zuzuordnen. Betreiben von Teilstrecken durch die VIFG Die Alternative zu der vorstehend betrachteten Gestaltung besteht darin, dass die VIFG die Maut nicht vom Bund, sondern von den mautpflichtigen Nutzern als Gegenleistung dafür erhält, dass die VIFG die Strecke betreibt. Dies ist nicht lediglich eine Betrachtung desselben Sachverhalts aus einer anderen Perspektive. Die VIFG stellt eine Strecke den Nutzern nicht schon dann zur Verfügung, wenn sie diese ausbaut und unterhält. Solche Leistungen erbringen auch private Unternehmen im Rahmen der konventionellen Beschaffung und private Betreiber beim A-Modell und beim Verfügbarkeitsmodell. Gleichwohl zahlen die Nutzer die Maut nicht für diese Leistungen und auch nicht an die privaten Unternehmen, sondern an den Bund als Gegenleistung für die Benutzung der Autobahn. Die VIFG erhält die Maut nur dann von den Nutzern als Gegenleistung für die Benutzung der Autobahn, wenn die Benutzungsmöglichkeit nicht mehr vom Bund, sondern von der VIFG bereitgestellt wird. Zu fragen ist also, was ausschlaggebend dafür ist, dass die Nutzer eine Autobahnstrecke benutzen können. In Betracht kommen dabei: ̇ das Eigentum an der Strecke oder ein privatrechtliches Nutzungsrecht am Eigentum, ̇ die durch die Widmung begründete öffentlich-rechtliche Sachherrschaft, ̇ der Bau und die Unterhaltung der Straße durch den Träger der Straßenbaulast. Der österreichischen ASFINAG wurde ein privatrechtliches Nutzungsrecht an den Straßen übertragen. In Deutschland wird das private Eigentum an den Bundesfernstraßen jedoch durch die straßenrechtliche Widmung überlagert. Die Widmung begründet eine öffentlich-rechtliche Sachherrschaft. 13 Diese Sachherrschaft schließt eine privatrechtliche Nutzungsbefugnis innerhalb des Widmungszwecks aus. Die Übertragung des privatrechtlichen Eigentums oder eines privatrechtlichen Nutzungsrecht am Eigentum kommt daher in Deutschland nicht als Lösung in Betracht. Wird der VIFG die aus der Widmung folgende öffentlich-rechtliche Sachherrschaft übertragen, hat dies eine vergleichbare Wirkung wie das privatrechtliche Nutzungsrecht der ASFINAG. Bei der ASFI- NAG hat Eurostat bestätigt, dass es sich um eine öffentliche nichtfinanzielle Kapitalgesellschaft außerhalb des staatlichen Sektors handelt. 14 Es bietet sich daher an, dem österreichischen Modell mit der Maßgabe zu folgen, dass der VIFG anstelle eines privatrechtlichen Nutzungsrechts die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft an der Straße übertragen wird. Die Sachherrschaft an der Straße begründet die rechtliche Möglichkeit, die Straße den Nutzern zur Verfügung zu stellen. Hinzukommen muss die tatsächliche Bereitstellung der Straße, also Bau, Unterhaltung und Betrieb der Straße. Diese Leistungen erbringt der Träger der Straßenbaulast. Gläubiger von Straßenbenutzungsgebühren ist daher der Straßenbaulastträger. 15 Demgemäß hat die ASFI- NAG die Verpflichtung übernommen, die übertragenen Strecken zu planen, zu bauen und zu unterhalten. 16 In Deutschland werden private Betreiber von F-Modellen nach § 2 Abs. 1 FStrPrivFinG mit den Be- Infrastruktur + Verkehrspolitik den Bundesfernstraßen ergebenden Kosten zu tragen. 19 Diese Kompetenzverteilung wird durch die Unterscheidung zwischen der „internen“ oder „finanziellen“ Baulast des Bundes und der „externen“ Baulast der Länder zum Ausdruck gebracht. 20 Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 ABMG steht das Mautaufkommen dem Bund zu. Der Bund trägt nach der beschriebenen Aufgabenverteilung die „interne“ oder „finanzielle“ Baulast. Daher scheint es auf den ersten Blick zu genügen, dass der Bund nur diesen, in seiner Verwaltungskompetenz liegenden Teil der Baulast auf die VIFG überträgt. 21 Die „interne“ Straßenbaulast des Bundes erschöpft sich jedoch nicht in der Verpflichtung, die Kosten des Fernstraßenbaus zu tragen. Der Bund finanziert nicht nur, er entscheidet auch. Seine nur „interne“ Straßenbaulast steht in engem Zusammenhang mit dem Weisungsrecht gegenüber den Ländern. Aufgrund dieses Weisungsrechts kann der Bund die Wahrnehmung der Aufgaben aus der Straßenbaulast durch die Länder steuern. Das Weisungsrecht des Bundes kann nach Art. 85 Abs. 3 Satz 1 GG nur von der zuständigen obersten Bundesbehörde ausgeübt werden. Eine Übertragung des Weisungsrechts auf die VIFG ist deshalb nicht möglich. Von den Aufgaben des Bundes bliebe daher für eine Übertragung an die VIFG nur die Verpflichtung übrig, die Kosten des Fernstraßennetzes zu tragen. Dies sind. Dies ist jedoch jedenfalls dann nicht der Fall, wenn der VIFG die Aufgaben nicht durch Vertrag, sondern durch Hoheitsakt übertragen werden. Das Vergaberecht gilt in diesem Fall nicht, sofern die Übertragung durch Hoheitsakt nicht lediglich der Umgehung der Ausschreibungspflicht dient. 17 Eine Umgehung liegt jedenfalls bei der Übertragung einer größeren Anzahl von Strecken nicht vor. Es handelt sich um einen Fall der Organisationsprivatisierung, nicht um einen öffentlichen Auftrag oder eine Dienstleistungskonzession. Das Problem der Bundesauftragsverwaltung Bei der Übertragung von Aufgaben auf die VIFG stellt sich das organisationsrechtliche Problem, dass die Bundesfernstraßen gem. Art. 90 Abs. 2 GG von den Ländern im Auftrag des Bundes verwaltet werden. Die Bundesauftragsverwaltung führt zu einer Aufspaltung der Kompetenzen von Bund und Ländern. Träger der Baulast ist nach § 5 Abs. 1 Bundesfernstraßengesetz (FStrG) der Bund. Im Außenverhältnis werden die aus der Straßenbaulast folgenden Aufgaben, mit Ausnahme der zentralen Planungsaufgaben, jedoch von den Ländern wahrgenommen. 18 Im Innenverhältnis unterliegen die Länder dabei nach Art. 85 Abs. 3 GG den Weisungen des Bundes. Der Bund ist außerdem nach Art. 104a Abs. 2 GG verpflichtet, die sich aus der Straßenbaulast an fugnissen beliehen, die für Bau, Betrieb und Unterhaltung der Strecke erforderlich sind. Die Betreiber von F-Modellen sind im Unterschied zum A-Modell und zum Verfügbarkeitsmodell selbst Gläubiger der Straßenbenutzungsgebühr. Notwendig ist daher auch eine Übertragung von Aufgaben des Straßenbaulastträgers. In Anlehnung an § 2 Abs. 1 FStPrivFinG erscheint es nicht notwendig, der VIFG die Planung von Fernstraßen zu übertragen. Dagegen müssen Ausbau, Unterhaltung und Betrieb jedenfalls in wesentlichen Ausschnitten der VIFG übertragen werden. Werden der VIFG diese Aufgaben und die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft übertragen, ist ihre Tätigkeit mit einer Netzgesellschaft vergleichbar. Die VIFG erhält für die Benutzung der ihr übertragenen Strecken - ähnlich wie die DB Netz AG - ein Nutzungsentgelt. Zwar erscheint es zweckmäßig, dass der Bund die Maut weiterhin einzieht. Mautgläubigerin ist aber die VIFG; der Bund würde die Maut daher für die VIFG erheben. Dafür müssten das ABMG und der Vertrag zwischen dem Bund und dem Betreiber des Mautsystems angepasst werden. Auch bei diesem Modell stellt sich die Frage, ob das Vergaberecht oder die primärrechtlichen Anforderungen an Wettbewerb und Transparenz bei der Vergabe einer Dienstleistungskonzession anwendbar Firma Vorname/ Name E-Mail PLZ / Ort Abteilung/ Branche Telefon/ Fax Straße Datum/ Unterschrift Technische Daten: ISBN 978-3-87154-407-1, 368 Seiten, Format 135 x 180 mm, Broschur, Preis: € 49,- mit CD-ROM inkl. MwSt., zzgl. 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November 1996, nachfolgend „ESVG“. 7 BT-Drucks. 16/ 12410, Seite 13 und BT-Drucks. 16/ 12400, Seite 19 sowie Hanno Kube, in: Maunz/ Dürig (Fußn. 1), Art. 115 Rdnr. 134 f. 8 Siehe oben die Nachweise in Fußn. 4. 9 Cornelia Gorn (Fußn. 5), S. 56 ff. 10 Europäische Kommission, Handbuch zum ESVG 1995, Luxemburg 2002, Teil I.1, Ziffer 5.5, S. 16. 11 Eurostat, Schreiben vom 1. März 2007 an das Central Statistics Office, ESTAT/ C-3/ LN/ LA/ AK/ mg D (2007) 30036). 12 Siehe dazu Kornelius Kleinlein, in: Detlef Knop (Hrsg.), PPP Jahrbuch 2006, Frankfurt am Main, S. 27 ff. 13 Franz-Rudolf Herber, in: Kodal/ Krämer, Straßenrecht, 6. Auflage, München 1999, Kap. 7, Rdnr. 2 bis 4. 14 http: / / www.rechnungshof.gv.at/ fileadmin/ downl o a d s / 2 0 0 8/ b e r i c h t e/ t e i l b e r i c h t e/ b u n d/ b u n d _2008_09/ Bund_2008_09_6.pdf, Seite 144 ff. 15 Helmut Krämer, in: Kodal/ Krämer (Fußn. 13), Kap. 3 Rdnr. 10.3. 16 Art. I § 9 ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997. 17 BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2008, X ZB 32/ 08, Rdnr. 17. 18 Helmut Krämer, in: Kodal/ Krämer (Fußn.13), Kap. 2 Rdnr. 15.3 und 31. 19 Siehe näher Helmut Krämer, in Kodal/ Krämer (Fußn. 13), Kap. 2 Rdnr. 32. 20 Kritisch dazu Helmut Krämer (Fußn. 13), Kap. 2 Rdnr. 15.2. 21 Ein solcher Ansatz findet sich bei Richard Bartlsperger, Das Fernstraßenwesen in seiner verfassungsrechtlichen Konstituierung, Berlin 2006, S. 306 f. 22 § 2 Abs. 1 FStrPrivFinG. Die Rechte und Pflichten des Straßenbaulastträgers nach §§ 7a, 16a Abs. 3, §§ 18f, 19 und 19 a FStrG werden dem Privaten durch § 1 Abs. 3 FStrPrivFinG allerdings unmittelbar durch Bundesgesetz übertragen. 23 Ebenso Martin Ibler, in: v. Mangoldt/ Klein/ Starck, GG, 5. Auflage, München 2005, Art. 90 Rdnr. 75. Nach BVerfGE 119, 331 ff. verstößt die Bildung von Arbeitsgemeinschaften (Job-Centern) durch die Bundesagentur für Arbeit und kommunale Träger gegen das Verbot der Mischverwaltung. 24 Dazu Christoph Gröpl, in: Maunz/ Dürig, GG, München 2007, Lfg. 49, Art. 90 Rdnr. 121. 25 Zutreffend Martin Ibler, in: v. Mangoldt/ Klein/ Starck (Fußn. 23), Art. 90 Rdnr. 75. 26 So Christoph Gröpl, in: Maunz/ Dürig (Fußn. 24), Art. 90 Rdnr. 78. 27 Martin Burgi, in: v. Mangoldt/ Klein/ Starck (Fußn. 23) Art. 87 Rdnr. 107. 28 Siehe dazu § 6 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs sowie Helmut Krämer, in Kodal/ Krämer (Fußn. 13), Kap 2 Rdnr. 32, 42 29 Siehe näher die Internetseite der DEGES, http: / / www. deges.de/ deges.html 30 Siehe Fußn. 14, Seite 165. gaben entstehen. Ein Vorbild für die Begründung solcher Auftragsverhältnisse ist die DEGES, die bei den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit nicht-hoheitliche Aufgaben für die Straßenbauverwaltungen der Länder wahrnimmt. 29 Hiernach erscheint es möglich, dass auch die Straßenbauverwaltungen der Länder für die VIFG Aufgaben auf der Grundlage von Dienstleistungsverträgen wahrnehmen. Die tatsächliche Wahrnehmung der Aufgaben durch die Straßenbauverwaltungen der Länder würde sich daher nicht wesentlich ändern. Ausblick Es erscheint realistisch, dass die Länder zu einer zeitlich und gegenständlich begrenzten Aufgabe von Kompetenzen bereit sein werden, wenn dadurch Teile des Autobahnnetzes in ihrem Gebiet früher ausgebaut werden können als dies bei einer Haushaltsfinanzierung möglich wäre. In einem ersten Schritt würden der VIFG nur Teilstrecken übertragen. Im Übrigen würde das Bundesfernstraßennetz wie bisher im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung geführt. In diesem Rahmen können weiterhin private Betreiber bei A-Modellen und Verfügbarkeitsmodellen Bau, Betrieb und Unterhaltung von Streckenabschnitten übernehmen. Bewährt sich die Übertragung von Teilstrecken auf die VIFG, könnten der VIFG später größere Teile des Autobahnnetzes oder das gesamte Netz übertragen werden. Die VIFG würde damit zu einer Netzgesellschaft wie die ASFINAG oder die DB Netz AG ausgebaut. Sofern es politisch gewollt ist, könnten der VIFG durch Ausdehnung der Mautpflicht auf weitere Fahrzeugklassen Einnahmen verschafft werden, die es der VIFG ermöglichen, nicht nur die künftigen Investitionen zu finanzieren, sondern - wie die ASFINAG - auch einen Teil der aus dem Bau des Autobahnnetzes herrührenden Schulden des Bundes zu übernehmen. Damit würde die VIFG einen wichtigen Beitrag zur Verringerung des Defizits und zur Rückführung der Schuldenstandsquote auf 60 % des BIP leisten. Es erscheint möglich, dass die VIFG Kredite auf dem Kapitalmarkt zu ähnlichen Konditionen aufnehmen kann wie der Bund. Auch dies zeigt das Modell der ASFINAG. Von der ASFINAG begebene Anleihen sind mit einer Garantie des österreichischen Staates besichert worden. Im Jahr 2005 wurde die Nominalschuld der ASFINAG aufgrund eines höheren variablen Zinsanteils sogar etwas niedriger verzinst als die Finanzschuld des österreichischen Staates. 30 1 § 3 des Gesetzes zur Ausführung von Art. 115 GG; dazu kritisch Hanno Kube, in: Maunz/ Dürig, GG, München 2009, Lfg. 56, Art. 115 Rdnr. 135. 2 http: / / www.bundesfinanzministerium.de/ nn_4314/ DE/ Wirtschaft__und__Verwaltung / Finanz__und__ Wirtschaftspolitik/ Bundeshaushalt/ 20100308__ Haushaltsausschuss-anl,templateId=raw,property= publicationFile.pdf 3 http: / / www.bmvbs.de/ Verkehr/ Mobilitaet-und- Technologie-,3018/ Verkehrsprognose-2025.htm. Die Beratergruppe Verkehr und Umwelt GmbH rechnet dort ab 2004 mit einer Zunahme der Transportleistung im Straßengüterverkehr von 2,8 % jährlich. Tatreicht nicht aus. Maßgeblich für die Mautpflicht ist die tatsächliche Bereitstellung der Autobahnstrecke. Es müssen daher auch Teile der „externen“ Straßenbaulast auf die VIFG übertragen werden. Diese liegt in der Kompetenz der Länder. Demgemäß ist bei den F-Modellen vorgesehen, dass die Landesregierungen dem Betreiber die notwendigen Befugnisse für Bau, Betrieb und Unterhaltung des Streckenabschnitts übertragen. 22 Diese Konstruktion ist aber wiederum aus organisationsrechtlichen Gründen nicht auf die VIFG übertragbar. Der Bund nimmt mit der VIFG in Form der Organisationsprivatisierung Aufgaben der Bundesverwaltung wahr. Anders als einem privaten Betreiber können der VIFG daher Aufgaben der Landesverwaltung nicht übertragen werden. Andernfalls bestünde das Risiko, dass die Übertragung von Bundes- und Länderkompetenzen auf die VIFG gegen das verfassungsrechtliche Verbot der Mischverwaltung verstößt. 23 Art. 90 Abs. 3 GG sieht jedoch die Möglichkeit vor, dass der Bund auf Antrag eines Landes die in dessen Gebiet liegenden Bundesfernstraßen in bundeseigene Verwaltung übernimmt. Dabei muss es sich nicht um eine vollständige und endgültige Übertragung in bundeseigene Verwaltung handeln. Die Übertragung kann sich auf einen kleinen Ausschnitt aus der Verwaltungskompetenz beschränken. Ein Beispiel ist die Erhebung der Konzessionsabgabe für die Autobahnnebenbetriebe. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe haben die Länder dem Bund übertragen. 24 Hiernach ist es zulässig, dass die Länder einen Teil ihrer Verwaltungsaufgaben befristet auf den Bund übertragen. Der Bund kann diese Aufgaben dann in einem zweiten Schritt durch Organisationsprivatisierung auf die VIFG übertragen. 25 Allerdings wird die Ansicht vertreten, Art. 90 Abs. 3 GG schließe eine Organisationsprivatisierung der in bundeseigene Verwaltung übergegangenen Fernstraßen aus. 26 Dem ist jedoch nicht zu folgen. Art. 90 Abs. 3 GG bestimmt, dass der Bund auf Antrag eines Landes Bundesfernstraßen in bundeseigene Verwaltung übernehmen kann - aber nicht muss. Dies ist etwas anderes als die von der Gegenansicht angeführte Regelung in Art. 87d Abs. 1 GG alter Fassung, nach der die Flugsicherung in bundeseigener Verwaltung zu führen war. Es bleibt daher bei dem allgemeinen Grundsatz, dass der Bund sich im Rahmen seiner Verwaltungskompetenz grundsätzlich auch privatrechtlicher Organisationsformen bedienen darf. 27 Die Länder werden zu einer Aufgabe von Kompetenzen nur bereit sein, wenn die vorhandenen Kapazitäten in den Straßenbauverwaltungen der Länder weiterhin genutzt und deren Leistungen im bisherigen Umfang vergütet werden. 28 Dies kann erreicht werden, indem die VIFG die Straßenbauverwaltungen mit der Bauvorbereitung und der Bauüberwachung beauftragt und anteilig die Kosten trägt, die den Ländern durch die Wahrnehmung dieser Auf- Summary Creating an investment and financing pattern with the VIFG A government coalition team intends to review the need for creating an investment and financing pattern with the VIFG (Transport Infrastructure Finance Corporation Ltd.). This report investigates how such a pattern should be formulated so that VIFG-financed investments in road infrastructure projects will not be linked to federal government net credit loans in line with Art. 115 GG nor to any financial loss and debt incurred according to the Maastricht Treaty.