Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2010-0070
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2010
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LuFV Bundesfernstraßen? | Wettbewerb im Schienenpersonenfernverkehr?
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2010
Gerd Aberle
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Kurz + Kritisch 6 Kurz + Kritisch: Prof. Gerd Aberle zu Themen der Verkehrsbranche nahmen transparent machen. Die Mittelverwendung ist durch Zustandskontrollen und Zahlungsstromkontrollen zu dokumentieren. Das Positionspapier geht von einer jährlichen Ersparnis aufgrund von Effizienzverbesserungen in Höhe von bis zu 600 Mio. EUR aus, die der Bestandserhaltung dann zusätzlich zur Verfügung stünden. Eine Verschiebung für Aus- und Neubauzwecke wird ausdrücklich ausgeschlossen. Aus ökonomischer Sicht - die sich auch hier höchstwahrscheinlich von der politischen unterscheidet - ist der Ansatz einer LuFV Straße voll zu unterstützen. Wie bei der als Vorbild gewählten LuFV Schiene wird die Inputorientierung durch eine effizienzbasierte Outputausrichtung ersetzt. Allerdings erscheint der Weg von der Konzeption zur Umsetzung steinig und vor allem wesentlich zeitbeanspruchender als bei der LuFV Schiene. Denn hier wird in Privilegien der Länder eingegriffen, die um die oft unsinnigen Länderquoten oder um kostenintensive Kompensationen kämpfen werden. Auch bei der LuFV Schiene versuchten die Länder, Quotierungen für den Nahverkehr durchzusetzen. Hier aber war die Bundesposition aufgrund der grundgesetzlichen Zuständigkeit stärker als bei der dezentralen Länderorganisation für die Verwaltung der Bundesmittel im Bundesfernstraßenbereich. Ebenfalls strittig könnte die Beurteilungsbasis für Qualitätszustände und insbesondere für die Kennziffernauswahl der Länderzuweisungen sein. Das Beispiel der gesetzlich vorgeschriebenen Revisionen der Verteilung der ÖPNV-Regionalisierungsmittel, die aufgrund des Widerstandes der Länder gegen eine Verteilungsänderung völlig scheiterten, stimmt nicht gerade ermutigend. Da aber das Bestandssicherungsproblem auch bei der Straße gravierend ist und die Finanzierungsschwierigkeiten und Verteilungskämpfe in Zukunft steigen werden, sollte LuFV Bundesfernstraßen? I m Januar 2009 wurde zwischen dem Bund und der Deutschen Bahn AG erstmalig eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) für das bundeseigene Schienennetz abgeschlossen. Ziel war und ist es, die Ersatzinvestitionen im Bestandsnetz aus der bisherigen und mit Einzelprojektprüfungen versehenen Jährlichkeit mit erheblichem Zeit- und Kosteneinsatz herauszulösen. Damit soll eine effizientere Planungs- und Realisierungssituation vor dem Hintergrund fest verfügbarer Investitionsmittel erreicht werden. Im Gegenzug muss die DB Netz AG vorgegebene Qualitätskriterien des Netzzustandes nachweisen. Die LuFV Schiene wird allgemein als großer Fortschritt bei der Qualitätssicherung des Bestandsnetzes angesehen. Garantierten staatlichen und für Erhaltungsinvestitionen im Bestandsnetz gebundenen Finanzmittelzuweisungen stehen Leistungsverpflichtungen zur Sicherung vertraglich vereinbarter und kontrollierter Netzqualitätszustände gegenüber. Damit wird eine der Zentralforderungen der Verkehrsinfrastrukturpolitik erfüllt: die Absicherung der Qualität der Bestandsnetze, ohne die Aus- und Neubauinvestitionen wenig Sinn haben. Hier nun weist gerade auch das Straßennetz zunehmend besorgniserregende Defizite auf. Das Bestandsnetz der Bundesfernstraßen (und mindestens auch das der Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen) verliert ständig an Qualität. 40 % der Bundesstraßen und 20 % der Autobahnen sind durch Qualitätsmängel gekennzeichnet. Auch 40 % der Brücken weisen Schäden auf, die dringend zur Substanzsicherung grundlegend instandgesetzt werden müssen. Die wachsende Qualitätslücke resultiert einerseits aus wesentlich zu geringer Finanzmittelzuweisung für die Ersatzinvestitionen. Für Neu- und Ausbauinvestitionen sowie für Ersatzmaßnahmen hat sich allein in den letzten fünf Jahren ein Finanzierungsdefizit von fast elf Mrd. EUR aufgebaut. Andererseits wird eine effiziente Nutzung der verfügbaren Bundesmittel gerade auch bei den Bestandserhaltungsinvestitionen durch finanzierungspolitische und verwaltungsorganisatorische Restriktionen stark eingeschränkt. Zu nennen sind politische und nicht bedarfsorientierte Länderquoten, das Fehlen einer aussagefähigen einheitlichen Datenbank der Qualitätszustände der Bundesfernstraßen sowie das Erfordernis der Jährlichkeit bei der Finanzmittelzuweisung und der Verausgabung. Dies alles führt zu einer letztlich ineffizienten Nutzung der verfügbaren Investitionsmittel durch Einzelmaßnahmendiskussionen, Verausgabungshektik am Jahresende und letztlich fehlende Planbarkeit und mangelnde stringente Umsetzung von Investitionsprojekten über mehrere Haushaltsjahre hinweg. Bereits im vergangenen Jahr wurde aufgrund der Einführung der LuFV Schiene eine vergleichbare Regelung für die Bundesfernstraßen vorgeschlagen. Nunmehr liegt ein konkretisiertes Positionspapier des Wirtschaftsrates der Union vor, das gemeinsam mit 16 Spitzenverbänden und Unternehmen in der Arbeitsgruppe Verkehrsinfrastruktur erstellt wurde. Ziel ist es, die verfügbaren Bestandsnetzinvestitionsmittel, welche die Länder im Bundesauftrag einsetzen, auf 3 Mrd. EUR jährlich für jeweils fünf Jahre festzuschreiben. Die Mittel sollen nach Bedarf und nicht nach Länderquoten zugeteilt und haushaltsjahrübergreifende Planungen und Baumaßnahmen gewährleistet werden. Eine Bundesfernstraßen-Datenbank soll die Qualitätszustände und bedarfsrelevante Baumaß- INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Termine + Veranstaltungen Weitere Veranstaltungstermine finden Sie im Internet unter www.dvz.de, www.eurailpress.de und www.dvwg.de 7.6.10 Polygonbildung von Straßenbahnrädern Berlin (D) Info: TU Berlin, Tel. 030-31423314, mgrochowski@railways.tu-berlin.de, www.railways.tu-berlin.de 7.-9.6.10 VDV-Jahrestagung München (D) Info: VDV, Tel. 0221-57979-0, www.vdv.de 8.-10.6.10 mtex 2010 - Internationale Fachmesse & Symposium Chemnitz (D) für Textilien und Verbundstoffe im Fahrzeugbau Info: Messe Chemnitz, Tel. 0371-38038-0, info@mtex-chemnitz.de, www.mtex-chemnitz.de 15.6.10 Autofahren anders bezahlen? (Symposim) Berlin (D) Info: InnoZ, Tel. 030-238884-0, info@innoz.de, www.innoz.de 16.-17.6.10 5. Wissenschaftssymposium Logistik Darmstadt (D) Info: BVL, Tel. 0421-173840, bvl@bvl.de, www.bvl.de/ wis 16.-17.6.10 1. Wo? -Kongress Duisburg (D) Info: Navisat e.V., Tel. 02323-925254, info@navisat.de, www.wo-kongress.de 17.6.10 8. Hamburger Staplertagung Hamburg (D) Info: Helmut-Schmidt-Universität/ Universität der Bundeswehr Hamburg, MTL, Tel. 040-6541-2855, rainer.bruns@staplertagung.de, www.staplertagung.de 21.6.10 Hochgeschwindigkeits- und Stadtschienenverkehr Berlin (D) in China Info: TU Berlin, Tel. 030-31423314, mgrochowski@railways.tu-berlin.de, www.railways.tu-berlin.de 21.-22.6.10 VDV-Umweltkonferenz: Berlin (D) Zukunftsbewusste und nachhaltige Mobilität Info: VDV-Akademie, Tel. 0221-57979-170, eckert@vdv.de, www.vdv-akademie.de 21.-22.6.10 Deutscher Verkehrsexpertentag 2010 Köln (D) Info: Gesellschaft für Ursachenforschung bei Verkehrsunfällen (GUVU) e.V., Tel. 0221-8905848, hesse-germann@guvu.de, www.guvu.de 22.-23.6.10 7. Netzwerk-Forum Logistik: Köln (D) Flexible Prozesse kostenoptimal steuern Info: BME, Tel. 069-30838-200, jacqueline.berger@bme.de, www.bme.de/ logistikforum 28.6.10 ERTMS - Chancen oder Kostengrab für Deutschland Berlin (D) und Europa? Info: TU Berlin, Tel. 030-31423314, mgrochowski@railways.tu-berlin.de, www.railways.tu-berlin.de 1.7.10 17. DVWG-Luftverkehrsforum: Klimaneutraler Frankfurt/ M. (D) Luftverkehr 2030 - Illusion oder realistisches Ziel? Info: DVWG, Tel. 030-2936060, hgs@dvwg.de, www.dvwg.de 5.7.10 Eigenschaften und Optimierungspotenziale Berlin (D) des Fahrgastwechsels Info: TU Berlin, Tel. 030-31423314, mgrochowski@railways.tu-berlin.de, www.railways.tu-berlin.de 15.-17.7.10 Mobility & Logistic Circle: Frankfurt/ M. (D) Herausforderungen an das Notfallmanagement Info: DVWG, Tel. 030-2936060, hgs@dvwg.de, www.dvwg.de 19.-20.8.10 7. Baltisches Verkehrsforum: Frankfurt/ M. (D) Der maritime Ostseeverkehr nach der Krise Info: DVWG, Tel. 030-2936060, hgs@dvwg.de, www.dvwg.de 7.-8.9.10 global maritime environmental congress - gmec 2010 Hamburg (D) Info: Hamburg Messe und Congress Gmbh, Tel. 040-35692444, gmec@hamburg-messe.de, www.gmec-hamburg.com 7.-10.9.10 SMM 2010 Hamburg (D) Info: Hamburg Messe & Congress, www.hamburg-messe.de/ smm 15.-17.9.10 Deutscher Straßen- und Verkehrskongress 2010 Karlsruhe (D) Info: FGSV, Tel. 0221-93583-11, koeln@fgsv.de, www.fgsv.de 21.-24.9.10 InnoTrans Berlin (D) Info: Messe Berlin, Tel. 030-30382376, innotrans@messe-berlin.de, www.innotrans.de 23.-30.9.10 IAA Nutzfahrzeuge Hannover (D) Info: Verband der Automobilindustrie e. V. (VDA), Tel. 030-89 78 42-0, www.iaa.de das Positionspapier ernsthaft diskutiert und als sinnvolle Anregung für die Politik bewertet werden. Dass nur die Bundesfernstraßen angesprochen werden und nicht, wie in der LuFV Schiene über 90 % des deutschen Schienennetzes, ist allerdings nicht zu übersehen. Wettbewerb im Schienenpersonenfernverkehr? M onopolkommission und einige Gutachter beklagen den fehlenden intramodalen Wettbewerb im Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) in Deutschland. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Verkehrsverbünde, die in Deutschland Schienenpersonennahverkehrsleistungen mit Refinanzierung durch die (Bundes-)Regionalisierungsmittel bestellen, möchte Einfluss auf den SPFV nehmen. Dabei stellt sich allerdings ein Zentralproblem: Der SPFV ist eigenwirtschaftlich zu organisieren. Wer die natürlichen Marktzutrittsschranken im SPFV und die Probleme einer kostendeckenden und Mindestrenditen sichernden Erlösstrategie kennt, weiß um die ökonomisch nachvollziehbare Zurückhaltung potenzieller Schienenwettbewerber. Daher wurde mit Interesse die Ankündigung der SNCF vom Herbst 2009 registriert, also eines ressourcenstarken Anbieters mit bereits zahlreichen Aktivitäten im deutschen Schienennahverkehr (Keolis, Eurobahn u. a.), in 2011 auf wichtigen Nord-Süd-Relationen im Wettbewerb gegen die DB AG zu fahren. Allerdings wurden bereits damals Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Ankündigung bzw. der Realisierbarkeit laut. Denn seit einigen Jahren hat sich das Verhältnis zwischen DB AG und SNCF mehr als abgekühlt, insbesondere durch die Übernahme der britischen Güterbahn EWS mit deren französischer Tochter EuroCargoRail (ECR). Die SNCF versucht, Frankreich vor intramodalem Wettbewerb abzuschotten, während sie gleichzeitig den offenen deutschen Marktzugang für erfolgreichen Wettbewerb im SPNV nutzt. Die Meldung von Mitte April dieses Jahres, dass die SNCF „vorläufig“ auf ein Fernverkehrsangebot in Deutschland verzichtet, kommt jedoch nicht überraschend. Die ungünstige wirtschaftliche Situation der SNCF mit einem Verlustausweis von 980 Mio. EUR für 2009 lässt risikoreiche Auslandsaktivitäten kaum noch zu, also mit Investitionen in Fahrzeuge, die Schaffung von attraktiven SPFV-Angeboten gegen ein dicht vertaktetes Fernverkehrssystem der DB AG mit starker Kundenbindung durch das Bahncard-System. Die aus dem Luftverkehr bekannten Probleme, für nur wenige tägliche Fahrten attraktive Slots, also Trassen, zu erhalten, sind erheblich, aber natürliche Marktzutrittsschranken. Auch das weitere Wettbewerbsprojekt HKX (Hamburg-Köln) ist mittlerweile zunächst aufgegeben worden. Je schneller die DB AG die Qualitätsprobleme in den Griff bekommt, desto schwieriger wird ein Marktzutritt weiterer Wettbewerber in die wirtschaftlich interessanten Relationen. Was ist daran so unbefriedigend, dass hier Regulierungsmaßnahmen diskutiert werden? Geht es da mehr um Regulierungsideologie statt um Regulierungseffizienz? Oder soll der Steuerzahler den potenziellen Wettbewerbern auch noch die Fahrzeuge stellen, um Wettbewerb starten zu können? So unsinnig das klingt: Im SPNV gibt es bereits solche Regelungen. Veranstaltungen vom 7.6.2010 bis 23.9.2010 Stand zum Redaktionsschluss am 19.5.2010
