Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2010-0073
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Determinanten und Perspektiven des Verkehrsverhaltens
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Ralph Bühler
Uwe Kunert
In einer Kooperation der Rutgers University (New Jersey) und des DIW Berlin wurde untersucht, auf welche Faktoren Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Mobilität zurückzuführen sind und ob die Trends für beide Länder in eine gemeinsame Richtung weisen.
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Mobilität + Personenverkehr 16 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Ralph Bühler / Uwe Kunert Determinanten und Perspektiven des Verkehrsverhaltens USA und Deutschland im Vergleich In einer Kooperation der Rutgers University (New Jersey) und des DIW Berlin wurde untersucht, auf welche Faktoren Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Mobilität zurückzuführen sind und ob die Trends für beide Länder in eine gemeinsame Richtung weisen. 1 Die Autoren Prof. Ralph Bühler, PhD, Virginia Tech, School of Public and International Affairs, 1021 Prince Street, Alexandria, VA 22314, ralphbu@vt.edu, Dr. Ing. Uwe Kunert, DIW Berlin, Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt, Mohrenstraße 58, 10117 Berlin, ukunert@diw.de I n einem vorangehenden Beitrag haben wir die Entwicklung der Mobilität über die zurückliegenden Jahrzehnte geschildert. 2 Welche Faktoren erklären die Unterschiede der Mobilität 2002? Im Vorangehenden sind zwar ähnliche Trends, aber große Unterschiede in Autobesitz, Wegezahl pro Person, durchschnittlicher Wegelänge und Modal Split zwischen Deutschland und den USA deutlich geworden. Zur Erklärung dieser Unterschiede kommen zahlreiche Einflussfaktoren auf die Mobilität in Betracht. Verkehrsverhalten selbst und damit auch dessen Varianz wird gewöhnlich als Passagierkilometer, Wegelänge, Wegezahl pro Person, Modal Split, Motorisierungsrate und gelegentlich auch als Verkehrsenergienutzung operationalisiert. Eine Auswertung der Literatur zeigt, dass die Zusammenhänge zwischen unabhängigen und abhängigen Variablen sehr komplex sind. Zum Beispiel können sozioökonomische Faktoren das Verkehrsverhalten direkt beeinflussen, aber auch indirekt durch Einflüsse auf die Raumstruktur oder die Verkehrspolitik. Kinder und Jugendliche, Rentner, ärmere Menschen und Arbeitslose sind generell weniger mobil und legen weniger Wege mit dem Auto zurück. Wohlhabende Haushalte besitzen mehr Autos und wohnen oft im suburbanen Gebiet. Steigende Einkommen können Verkehrsverhalten daher auch über die Raumstruktur beeinflussen. Die Verkehrspolitik kann Verkehrsverhalten direkt und indirekt beeinflussen: direkt beispielsweise durch Steuern auf Kraftstoffe oder durch die Verringerung von Parkplätzen. Ein indirekter Einfluss geht von Vorschriften zur Nutzungsmischung und Kompaktheit von Siedlungen aus. Verkehrsverhalten kann seinerseits die Raumstruktur und Verkehrspolitik beeinflussen. Eine vorhandene Raumstruktur kann auch ein Hindernis für die Einführung neuer Politiken sein. Zum Beispiel machen zersiedelte Gebiete ein ÖPNV-Angebot ineffizient und kostspielig. Schließlich haben Kultur und individuelle Präferenzen auch einen Einfluss auf das Verkehrsverhalten. Einige Autoren argumentieren beispielsweise, dass die amerikanische Kultur mit ihrem stereotypen Fokus auf Individualität und Ablehnung von Regierungseinfluss den Automobilverkehr fördert. Verkehrsverhalten wird in den Analysen im ausführlichen Bericht durch drei verschiedene Indikatoren operationalisiert: die Zahl der Wege pro Person und Tag; die täglich zurückgelegte Distanz aller Wege; die Verkehrsmittelwahl. Die Daten für die National Household Travel Survey für die USA und für Mobilität in Deutschland wurden mit ähnlichen Methoden und in einem überlappenden Zeitraum (2001/ 2002) erhoben. Die Datensätze wurden so aufbereitet und ergänzt, dass ein Vergleich des Verkehrsverhaltens entlang dieser Dimensionen möglich ist. Die Analyse der Wegehäufigkeit zeigt, dass Amerikaner pro Tag durchschnittlich etwa ein Fünftel mehr Wege zurücklegen als Deutsche. Auch differenziert nach allen unabhängigen Variablen und für alle Subgruppierungen weisen Amerikaner ein höheres Mobilitätsniveau als Deutsche auf. Generelle Theorien der Verkehrsnachfrage werden in beiden Ländern bestätigt: Beschäftigte Individuen legen mehr Wege zurück und Rentner nehmen an weniger außerhäuslichen Aktivitäten teil. Die Analyse zeigt nur geringe Variabilität entlang räumlicher Variablen. Dichtere Siedlungen können mit einer leicht reduzierten Wegehäufigkeit assoziiert werden. Im Folgenden werden die interessantesten Unterschiede und Ähnlichkeiten im Verkehrsverhalten zwischen Deutschland und den USA anhand der Tagesdistanzen dargestellt. Die durchschnittliche Wegedistanz mobiler Personen in Deutschland betrug 43,2 km. Der Median lag bei 18 km. In den USA war der Durchschnitt 74,5 km und der Median lag bei 40 km. Beide Verteilungen sind rechtsschief und werden durch extreme Ausreißer beeinflusst, allerdings waren jeweils ungefähr 95 % aller täglichen Distanzen kürzer als 200 km. Um Verzerrungen zu vermeiden, beinhalten die deskriptiven Verteilungen in diesem Abschnitt nur Wege, die kürzer als 200 km waren und die mit Auto, dem ÖV, zu Fuß oder per Rad zurückgelegt wurden. Tabelle 1 zeigt drei verschiedene Verteilungen der täglichen Wegedistanz. Amerikaner legen nicht nur generell längere Distanzen als Deutsche zurück, in einigen bivariaten Darstellungen überlappen die Verteilungen nicht einmal, das heißt, die kürzesten Tagesdistanzen für Amerikaner sind länger als die höchsten für Deutsche. Sozioökonomische und demographische Faktoren In den Jahren 2001/ 2002 betrug das durchschnittliche Bruttojahreseinkommen nach den hier genutzten Erhebungen in Deutschland US-$ 47 000 (Median US- $ 43 600) und in den USA US-$ 57 800 (Median US-$ 52 500). Abbildung 1 zeigt, dass Amerikaner im niedrigsten Einkommensquartil mehr Personenkilometer pro Deutschland USA Ø Median Std Min Max N Ø Median Std Min Max N Tagesdistanz 43 18 93 0,1 5722 45 698 74 40 190 0,2 11 344 52 627 Tagesdistanz (< 200 km) 30 17 34 0,1 200 43 989 49 36 44 0,20 200 49 358 in (Tagesdistanz) 2,8 29,9 1,4 -4,6 8,4 45 698 3,5 3,7 1,3 -1,7 9,3 52 627 Tab. 1: Deskriptive Statistiken für drei Versionen der Variablen Tagesdistanz mobiler Personen 2001/ 2002 Quellen: NHTS, MiD Mobilität + Personenverkehr 17 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Tag zurücklegen als Deutsche im höchsten Einkommensquartil. In beiden Ländern nimmt die tägliche Wegstrecke mit steigenden Einkommen zu. Die Ausstattung der erwachsenen Bevölkerung mit Führerscheinen liegt in beiden Ländern noch merklich auseinander: 92 % aller Amerikaner über 16 Jahre und etwas über 86 % der über 18-jährigen Deutschen dürfen mit dem Auto fahren. Amerikaner ohne Führerschein legten im Durchschnitt 34 km pro Tag als Passagier in einem Auto zurück, verglichen mit nur 18 km für Deutsche ohne Führerschein. Amerikanische Haushalte besaßen 1,1 Fahrzeuge pro Haushaltsmitglied über 16 Jahre, verglichen mit nur 0,7 Fahrzeugen pro Haushaltmitglied über 18 in Deutschland. In über 80 % der amerikanischen Haushalte gibt es gleich viel oder mehr Fahrzeuge als Personen mit Fahrerlaubnissen. In Deutschland waren dies nur 37 % (Abbildung 2) . Je mehr Autos pro Haushaltsmitglied vorhanden sind, desto mehr Kilometer werden von Personen in diesen Haushalten zurückgelegt (Abbildung 3) . Dabei legen in beiden Ländern Frauen im Tagesverlauf kürzere Wegstrecken als Männer zurück, wobei dieser Unterschied in Deutschland wesentlich größer ist: 47,3 km pro Tag versus 51,2 km in den USA und 26,6 km versus 33,3 km in Deutschland. Rentner und Arbeitslose legen kürzere Wegstrecken zurück als andere sozioökonomische Gruppen, wobei selbst Rentner in den USA im Durchschnitt weiter unterwegs sind als alle deutschen Personengruppen und dabei über 90 % ihrer Wege mit dem Auto zurücklegen, in Deutschland beträgt dieser Anteil lediglich 55 %. Zugang zum Nahverkehr Abbildung 4 zeigt, dass Deutsche generell einen besseren Zugang zum Nahverkehr haben als Amerikaner. Über 50 % der Deutschen wohnen in einem Abstand von bis zu 400 m zu einer Nahverkehrshaltestelle. In den USA sind dies nur gut 30 % und 50 % aller Einwohner leben in einem Entfernungsbereich bis 2 km zu einer ÖPNV-Haltestelle. In beiden Ländern steigt die tägliche Wegedistanz mit zunehmender Entfernung des Haushalts von einer ÖPNV-Haltestelle an. Allerdings legen Amerikaner sogar mit gutem Zugang zum ÖPNV mehr Kilometer pro Tag zurück als Deutsche in Haushalten, die mehr als 1000 m von einer ÖPNV-Haltestelle entfernt sind. Räumliche Verteilung Insgesamt zeigen international vergleichende Studien, dass die Raumstruktur weniger Variabilität in der Mobilität erklärt als die sozioökonomischen und demographischen Faktoren, dass aber dichte, kompakte Siedlungsformen mit Nutzungsmischung generell weniger Autonutzung aufweisen als zersiedelte Gebiete. In Deutschland haben die Städte eine wichtige Aufgabe als Zentren für Wohnen, Beschäftigung und Einzelhandel. Ihre Funktionen in Service und Infrastruktur leiten sich ab aus einem System der zentralen Orte. In den USA sind einige Städte entweder zu Geschäftszentren geworden oder aber Gebiete hoher Arbeitslosigkeit und Kriminalitätsraten mit den sozialen Problemen einer segregiert lebenden armen Bevölkerung. Ein höherer Anteil von Handel, Beschäftigung und Bevölkerung ist in Deutschland in den Städten zu finden. Entsprechend sind die Pendelmuster in Deutschland stärker auf die Stadtzentren ausgerichtet und weniger stark von Vorstadt zu Vorstadt orientiert wie in den USA. Die deutschen Nahverkehrssysteme sind ein entscheidender Faktor, die dichtere Entwicklung entlang von Bedienungskorridoren und stärker city-orientierte Pendelbeziehungen zu stützen. Im Jahr 2002 betrug die Bevölkerungsdichte besiedelter Flächen in Deutschland 2550 Personen pro km 2 , in den USA nur ungefähr 1100 Personen pro km 2 . Insbesondere innere und äußere Vorstädte sind in Deutschland deutlich dichter als in den USA, was auf ein anderes Niveau der Zersiedlung hinweist. Fast 80 % aller Amerikaner, aber nur 35 % aller Deutschen wohnten in Gebieten mit weniger als 2000 Personen pro km 2 . Abbildung 5 zeigt, dass Personen in Gebieten mit höherer Bevölkerungsdichte weniger Kilometer pro Tag zurücklegen. Interessanterweise legen Amerikaner in der höchsten Dichtekategorie ungefähr so viele Kilometer pro Tag zurück wie Deutsche in der niedrigsten Dichtekategorie. Zudem weisen Personen in Gebieten mit einer größeren Mischung von Arbeitsplätzen und Wohnungen kürzere tägliche Wegedistanzen auf. Allerdings legen Amerikaner selbst in Gebieten mit hoher Mischung mehr Kilometer pro Tag zurück als Deutsche in Gebieten mit niedriger Durchmischung. Die Größe der Stadtregion hatte kaum einen Einfluss auf die zurückgelegten Tagesdistanzen. Wie man durch die gegebene Raumstruktur vermuten kann, ist der Anteil kürzerer Wege zwar höher in Deutschland, jedoch ist in den einzelnen Entfernungsbereichen - insbesondere über die kurzen Di- Abb. 1: Tagesdistanz nach Einkommensquartilen 2001/ 2002 Abb. 2: Haushalte nach Fahrzeugbesitz je Fahrer 2001/ 2002 Abb. 3: Tagesdistanz nach Haushalts-Fahrzeugbesitz je Fahrer 2001/ 2002 Abb. 4: Entfernung zum Nahverkehr 2001/ 2002 Mobilität + Personenverkehr 18 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Das Straßenangebot und die möglichen Geschwindigkeiten beeinflussen die Attraktivität und Nutzerfreundlichkeit. Nach dem Zweiten Weltkrieg war es eine Priorität der US-Bundesregierung, ein Straßennetz zu finanzieren und zu bauen, das alle Bundesstaaten und städtischen Regionen verbindet. Dieses Interstate Highway System wurde durch den Ausbau von Staats- und Regionalstraßen ergänzt. Auch die deutsche Bundesregierung erweiterte das Straßennetz, jedoch auf einem niedrigeren Niveau als die USA. Im Jahr 2004/ 05 gab es in den USA etwa einen Kilometer Straße je 47 Einwohner, in Deutschland lag dieser Kennwert bei 128. Ein höheres Angebot einerseits und Fußgängerzonen, Verkehrsberuhigung und Tempo 30-Zonen andererseits beeinflussen die durchschnittlichen Geschwindigkeiten: Die Reisegeschwindigkeiten mit dem Auto sind in den USA etwa um ein Drittel höher als in Deutschland (41 km/ h versus 33 km/ h). Die durchschnittliche ÖV-Nahverkehrsgeschwindigkeit inklusive Wartezeit war in beiden Ländern ungefähr gleich. Fahrradfahrten waren in Deutschland 1 km/ h schneller (11 km/ h versus 10 km/ h) und die Gehgeschwindigkeiten betrugen 4,5 (D) und 5 km/ h (USA). Diese Angebotsqualitäten sind ein Anreiz, eher das Auto als andere Verkehrsmittel zu wählen. Bei vielen verkehrspolitischen Fragestellungen muss man sich vor allzu einfachen Schlussfolgerungen aus einer Untersuchung und daraus abgeleiteten Empfehlungen hüten. So legen zum Beispiel Individuen im suburbanen Raum längere Wegstrecken zurück als Bewohner von Siedlungen höherer Dichte. Es ist jedoch möglich, dass dies nicht nur eine Wirkung der Nutzungsdichte ist, sondern dass sich darin auch Präferenzen der jeweiligen Bewohner ausdrücken. Demnach könnten stanzen - der Anteil des Autos in den USA viel höher. In der Nähe zu Nahverkehrsangeboten (Haltestelle bis 400 Meter) ist der Modalanteil des Umweltverbundes in den USA mit 20 % nur halb so hoch wie in Deutschland. Politiken mit Wirkung auf Flächennutzung und Verkehr Vielfältige Maßnahmen beeinflussen das individuelle Verkehrsverhalten - und bei unterschiedlichen Politiken in beiden Ländern eventuell mit entsprechend unterschiedlichen Ergebnissen. Politiken der Nachfrageseite sind Preise, Verkehrs- Nachfrage-Management und die Regulierung der Verkehrsmittel. Politiken der Angebotsseite können in Infrastrukturausstattung, Infostruktur und Bedienungsqualität unterteilt werden. Hier können nur exemplarisch zwei Aspekte herausgegriffen werden, die deutlich politikbeeinflusst sind: Mobilitätskosten und Geschwindigkeit. Die Steuern auf Kraftstoffe sind in Deutschland traditionell höher als in den USA, woraus trotz besserer Kraftstoffeffizienz der Fahrzeuge höhere variable Kosten pro gefahrenem Kilometer in Deutschland resultieren. Während die Gesamtkosten je Kilometer in Deutschland etwa 50 % höher sind, betragen die variablen Kosten das Doppelte. 3 In beiden Ländern steigt die Tagesdistanz der mit dem Auto mobilen Personen mit sinkenden variablen Kosten (Abbildung 6) . Im Gegensatz zu den höheren Kosten der Automobilnutzung sind die Kosten für die Nutzung des ÖPNV in Deutschland im Durchschnitt geringer als in den USA. Im Jahr 2002 betrug der durchschnittliche Preis für einen Kilometer Beförderungsleistung in Deutschland 10 US-Cent verglichen mit 11 US-Cent in den USA (FHWA 2006, APTA 2006, VDV 2002). sich Personen mit höherem Mobilitätsbedürfnis im suburbanen Raum angesiedelt haben. Diese Personen bevorzugen eine Siedlungsform, die untrennbar mit längeren Wegstrecken verbunden ist. Die Ergebnisse dieser Analyse können diesen Selbstselektionseffekt nicht erklären, da nur Informationen über das Verkehrsverhalten, aber nicht über die Auswahl der Wohnlage vorliegen. Ein identisches Problem besteht bei der Variable Fahrzeugbesitz pro Haushaltsmitglied. Haushalte mit höherem Mobilitätsbedürfnis könnten mehrere Autos besitzen. Somit wird ein direkter kausaler Schluss von Autobesitz auf Mobilitätsverhalten beeinträchtigt. Multivariate Analyse der Tagesdistanzen Auch die multivariate Analyse basiert auf den zwei vergleichbaren nationalen Verkehrsbefragungen. Eine Literaturübersicht zeigt, dass Unterschiede im individuellen Verkehrsverhalten durch sozioökonomische Merkmale, Raumstruktur, Verkehrspolitik und Kultur erklärt werden können. Es gibt jedoch nur wenige Studien, die versucht haben, die Einflüsse dieser Faktoren auf internationale Unterschiede anhand von vergleichbaren Daten auf der Individualebene zu untersuchen. Für die Analysen fasst das Modell 1 diese Faktoren zu einem generellen Modell zur Erklärung des Verkehrsverhaltens zusammen: [Modell (1): VV=f (VP, RS, SD, K)] VV=Verkehrsverhalten VP=Verkehrspolitik RS=Raumstruktur SD=Sozioökonomische und demographische Faktoren K=Kultur Diese Erklärungsfaktoren können in jedem Land einen unterschiedlichen Einfluss haben und zu einer landesspezifischen Struktur der Verkehrsnachfrage beitragen. Zur Aufklärung dieser Struktur werden drei Gruppen von Regressionsmodellen geschätzt. Jede Gruppe hat eine andere abhängige Variable, die eine Dimension des Verkehrsverhaltens abdeckt: die tägliche Distanz aller Wege pro Person (Tageswegedistanz); die tägliche Distanz der Wege, die mit dem Auto zurückgelegt wurden (Tageswegedistanz mit dem Auto); die Wahl des Verkehrsmittels. Hier werden nur die Hauptergebnisse der Analysen der Tagesdistanz dargestellt. 4 Für alle Analysen werden die Daten von NHTS und MiD in einem gepoolten Datensatz zusammengefügt. Die Modelle zur täglichen Wegedistanz basieren auf einem gepoolten Sample von ungefähr 122 000 Personen aus Deutschland und den USA. Unterschiede in Stärke, Vorzeichen und statistischer Signifikanz der Koeffizienten zwischen den Ländern werden durch Interaktionseffekte für Deutschland gemessen: Für jede unabhängige Variable enthalten die Modelle daher eine Interaktionsvariable für Deutschland, die den Unterschied der Wirkung dieses Einflusses zwischen Deutschland und den USA misst. Für kulturelle Unterschiede kann lediglich eine nominale „0/ 1“-Variable als grober In- Abb. 5: Tagesdistanz nach Bevölkerungsdichte 2001/ 2002 Abb. 6: Tagesdistanz Auto nach Quartilen der variablen Kosten 2001/ 2002 Mobilität + Personenverkehr 19 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Tab. 2: Übersicht der Ergebnisse der OLS-Regressionen Tagesdistanz Tagesdistanz Auto USA Deutschland USA Deutschland n.a. n.a. Verkehrspolitik sozialökonomische und demograpahische Variablen Raumstruktur OLS und HSM OLS und HSM ÖPNV Haltestelle > 400 m ÖPNV Haltestelle 400 - 1000 m Variable Autokosten in US Cents Relative Geschwindigkeit Auto vs. andere Modes Einwohner je Quadratkilometer Nutzungsmischung Haushaltseinkommen Autozugang Führerschein Teenager/ Kind Beschäftigt in Single HH Nicht beschäftigt in Single HH Beschäftigt in Erwachsenen Haushalt Nichts beschäftigt in Erwachsenen Haushalt Beschäftigt in Haushalt mit kleinen Kindern Nicht beschäftigt in Haushalt mit kleinen Kindern Nicht beschäftigt in Haushalt mit älteren Kindern Rentner Haushalt Geschlecht (1 = männlich) Deutschland (1 / 0) Art der Modelle Interpretation Statistisch signifikanter positiver Zusammenhang Statistisch signifikanter negativer Zusammenhang Kein Zusammenhang Pfeil Pfeile Interpretation Ein Pfeil für beide Länder gemeinsam Der Zusammenhang ist statistisch in beiden Ländern identisch Dickerer Pfeil für ein Land; dünnerer Pfeil für das andere; beide Pfeile zeigen in die selbe Richtung Der Zusammenhang ist in einem Land stärker als in dem anderen; die Effekte sind statistisch Pfeile in gegensätzliche Richtungen Der Zusammenhang geht in unterschiedliche Richtungen in Deutschland und in den USA Quelle: Rutgers, DIW Berlin. Legende und Schlüssel Blick erscheinen. Eine 10 %-Erhöhung der variablen Kosten führt zu einer Reduktion der täglichen Autodistanz von 2 % in den USA und von 1,6 % in Deutschland. Die 95 %-Konfidenzintervalle der beiden Elastizitäten (-|0,20| und -|0,16|) überlappen sich. Dies bedeutet zwar, dass die Elastizitäten statistisch nicht signifikant unterschiedlich sind, dennoch gibt es inhaltliche Erklärungen für diese Unterschiede. 5 Insgesamt ergeben die im Bericht dargelegten verschiedenen Erklärungsmodelle, dass verkehrspolitische Einflüsse, Raumstrukturen, sozioökonomische und demographische Faktoren zur individuellen Varianz der Mobilität beitragen. Je nach gewähltem Mobilitätsindikator und Modellansatz kann der verkehrspolitische Einfluss etwa 25 % der aufgeklärten Varianz beitragen, ebenfalls etwa 25 % können durch die Indikatoren der Raumstruktur 2,7 km in den USA und 1,7 km in Deutschland. Wiederum ist die Distanz in Deutschland homogener verteilt als in den USA. Die Modelle für die Autodistanzen enthalten auch ein Merkmal, das die variablen Kosten je gefahrenem Kilometer mit dem Auto abbildet. Eine Erhöhung der variablen Kosten der Autonutzung um 1 US-Cent/ km führt zu einer Reduktion der täglichen Autodistanz von 2,4 km in den USA und von 0,4 km in Deutschland. Der Unterschied der Koeffizienten ist überraschend. Man könnte erwarten, dass eine Erhöhung der variablen Kosten in den USA weniger Veränderungen des Verkehrsverhaltens mit sich bringen würde, da das Transportsystem dort sehr autoorientiert ist und wenige andere Verhaltensmöglichkeiten bietet. Eine detailliertere Analyse der Nachfrageelastizität zeigt jedoch, dass die Unterschiede nicht so groß sind wie sie auf den ersten dikator eingesetzt werden. Das Modell 2 zeigt die generelle Herangehensweise: [Modell (2): VV=f (SD, SD(D), RS, RS(D), VP, VP(D),K)] VV, SD, RS, VP, und K definiert wie oben (D)=Interaktionseffekt für Deutschland Für die abhängigen Variablen „tägliche Wegedistanz“ und „tägliche Wegedistanz mit dem Auto“ werden lineare OLS-Regressionen verwendet. Die Analyseeinheit sind Personen und als unhabhängige Variablen werden Verkehrspolitiken, Raumstruktur, sozioökonomische Faktoren sowie Kultur untersucht. Das erste Modell schloss nur Individuen ein, die mindestens einen Weg pro Tag zurückgelegt hatten. Im zweiten Modell wurden nur Personen berücksichtigt die mindestens einen Weg pro Tag mit dem Auto unternommen hatten. Es ist nun möglich, dass sich Individuen, die am Stichtag mobil sind (bzw. die mit dem Auto fahren) signifikant von den nicht mobilen (bzw. nicht mit dem Auto fahrenden) unterscheiden. Es lägen dann Selektionseffekte vor. Es wäre auch möglich, dass einige unabhängige Variablen nicht nur die Tagesdistanz, sondern auch die Entscheidung mobil oder „automobil“ zu sein, beeinflussen. Arbeitslose beispielsweise könnten eher zu Hause bleiben als Personen mit Anstellung. Um diese Effekte zu kontrollieren, wurden zusätzlich zweistufige Heckman-Selection-Modelle (HSM) geschätzt. In diesen simulierte die erste Stufe die Entscheidung mobil (oder automobil) zu sein, die zweite Stufe modellierte dann die Wegedistanz. Obwohl der Einwand nach der Selektion theoretisch gerechtfertigt ist, waren die Ergebnisse der OLS und die der zweiten Stufe der HSM fast identisch. Die Ergebnisse der OLS sind einfacher zu interpretieren und werden hier vorgestellt. Ergebnisse der HSM können bei Bühler (2008) eingesehen werden. Ergebnisse der OLS-Regressionen sind in Tabelle 2 zusammenfassend dargestellt. Dabei ähneln die Ergebnisse der Modellierung für die Tageswegedistanz mit dem Auto denen für die Tageswegedistanz insgesamt, da das Auto als schnellstes Verkehrsmittel die Überwindung von größeren Distanzen ermöglicht und einen hohen Marktanteil an den Wegen und stärker noch den Distanzen hat. Die geschätzten Koeffizienten zeigen, dass unter Kontrolle aller anderen Merkmale, Deutsche durchschnittlich 31 km weniger pro Tag mit dem Auto zurücklegen. Damit ist trotz der Wirksamkeit aller weiteren Politik-, Raum-, sozioökonomischen und demographischen Variablen das verbleibende Merkmal für den Nationenunterschied mit dem höchsten Koeffizienten verbunden. Personen in Haushalten innerhalb von 400 m zu einer ÖPNV-Haltestelle legen weniger Kilometer im Auto zurück als Individuen in Haushalten, die mehr als 1000 m von einer Haltestelle entfernt sind (6,5 km in USA und 3,2 km in Deutschland). Ein Anstieg in der Bevölkerungsdichte um 1000 Personen pro km 2 führt zu einer Reduktion der Tageswegedistanz mit dem Auto von Mobilität + Personenverkehr 20 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 ge der Rezession) zu Verschlechterungen im Angebot und zu Preiserhöhungen, so dass die Fahrgastgewinne des Vorjahres wieder verloren gingen. 7 Diese Reaktion wird durch die Einseitigkeit des US-Personenverkehrs sichtbar: Die Bürger der USA legen im Durchschnitt fast ein Fünftel mehr Wege mit über zwei Drittel höheren Tagesdistanzen zurück. Diese Alltagsmobilität wird fast ausschließlich mit dem Auto bewältigt, das für etwa sieben Achtel der Wege genutzt wird. Hingegen bestreiten in Deutschland die Verkehrsmittel des Umweltverbundes einen Anteil von zwei Fünfteln am Verkehrsaufkommen, dreimal höher als in den USA. Mit der in Deutschland breiteren Verteilung der Verkehrsleistung auf verschiedene Verkehrsträger wird die Mobilitätsabwicklung optimiert. Die jüngst erfolgten Preissprünge bei Kraftstoffen sind zum einen durch die etwa zehnfache Besteuerung „gedämpft“ und bewirken insgesamt nur relativ schwache Reaktionen der Nachfrage im Personenverkehr: Die Verkehrsleistung des MIV stagniert seit einigen Jahren und weist 2008 nur einen leichten Rückgang aus, während die öffentlichen Verkehrsträger seit einigen Jahren leichte Zuwächse verzeichnen: Zuletzt stieg die Beförderungsleistung 2008 und 2009 um jeweils 1 bis 2 %. 8 Somit entwickelt sich der Personenverkehr zwar in beiden Ländern bezüglich einiger Aspekte in die gleiche Richtung, aber auf sehr verschiedenen Niveaus und mit teilweise anderen Wirkungsmechanismen, wie die unterschiedlichen Reaktionen auf die jüngsten Preisentwicklungen illustrieren. Allerdings zeigen die Analysen auch, dass weitgehend demographisch bedingte Effekte für Deutschland noch eine größere Steigerung der Automobilität bringen werden - das Ausmaß dieser Veränderungen aber auch gestaltbar ist, wenn ein nachhaltiges Verkehrssystem angestrebt wird. 9 So liegt die Ausstattung der erwachsenen Bevölkerung mit Führerscheinen zwischen beiden Ländern noch merklich auseinander: 92 % aller Amerikaner über 16 Jahre und etwas über 86 % der über 18-jährigen Deutschen dürfen mit dem Auto fahren. Amerikaner ohne Führerschein legten im Durchschnitt 34 km pro Tag als Passagier in einem Auto zurück, verglichen mit nur 18 km für Deutsche ohne Führerschein. Die zukünftig höhere Führerscheinausstattung wird in Deutschland kohortenbedingt im Wesentlichen durch die Frauen getragen werden und eine höhere Motorisierung nach sich ziehen. Amerikanische Haushalte besaßen 1,1 Fahrzeuge pro Haushaltsmitglied über 16 Jahre, verglichen mit nur 0,7 Fahrzeugen pro Haushaltmitglied über 18 in Deutschland. In über 80 % der amerikanischen Haushalte gibt es gleich viel oder mehr Fahrzeuge als Personen mit Fahrerlaubnissen. In Deutschland waren dies nur 37 %. Je mehr Autos pro Haushaltsmitglied vorhanden sind, desto mehr Kilometer werden von Personen in diesen Haushalten zurückgelegt. In den USA korrespondiert ein Auto mehr je Haushaltsmitglied (im „Führerscheinalter“) mit einer im Mittel frage eine historisch einmalige Reaktion zu verzeichnen. Verglichen mit dem Jahr 1998 - dem Ende der Niedrigpreisphase für Öl - sind die Jahresdurchschnittspreise für Kraftstoffe bis 2008 - dem vorläufig höchsten Preisniveau - nominal in Deutschland um etwa 80 % und in den USA um fast 300 % gestiegen. Berücksichtigt man die allgemeine Preisentwicklung und die Verringerung des Kraftstoffverbrauchs der Fahrzeuge, so beträgt für das durchschnittliche Auto die Steigerung der realen variablen Kilometerkosten in Deutschland etwa 35 % und in den USA gut 200 % (Abbildung 7) . 6 Höhere Preiselastizität, drastisch stärkere Preissignale und sinkende Beschäftigung haben in den USA zu einem deutlichen Rückgang in der Verkehrsnachfrage geführt: Gegenüber den Spitzenwerten in 2007 fiel die Fahrleistung der Kraftfahrzeuge bis 2009 um 3 % (Abbildung 8) . In 2009 stellte sich ein niedrigeres Preisniveau für Kraftstoffe ein, das aber für US-amerikanische Gewohnheiten immer noch hoch ist. Obwohl sich die allgemeine Wirtschaftslage zur Jahresmitte 2009 verbesserte, verringerte sich die Arbeitslosigkeit bislang nicht. Diese Faktoren tragen zu der Stagnation der Fahrleistung seit einem Jahr bei. Parallel zu den hohen Kraftstoffpreisen war zunächst eine Belebung der Nachfrage im ÖPNV („Transit“) zu verzeichnen: Die Fahrgastzahlen lagen im vierten Quartal 2008 um 4 % über dem Vorjahr. Im Jahr 2009 bewirkte jedoch die anhaltende Schwäche des Arbeitsmarktes verringerte Pendlerzahlen. Zudem führen Finanzierungsprobleme des ÖV (durch Steuerausfälle infol- und um 40 % durch die sozioökonomischen und demographischen Merkmale erklärt werden. Auch in nationalen Studien ist die Dominanz der sozioökonomischen Merkmale auf Unterschiede im Verkehrsverhalten nachgewiesen worden. Die Befunde aus diesem Ländervergleich bedeuten, dass zwar ein großer Anteil der Differenzen auf sozioökonomische und demographische Merkmale wie Altersstruktur, Erwerbsbeteiligung, Einkommen zurückgeführt werden kann, dass aber die messbaren Einflüsse von Raumstruktur und Politiken zusammen genommen ähnlich relevant sind. Unter den sozioökonomischen und demographischen Variablen hat die Pkw-Verfügbarkeit der Haushaltsmitglieder die größte Wirkung auf die Mobilitätsindikatoren. Aktuelle Tendenzen bei hohen Mobilitätskosten Die Befunde aus der statistischen Analyse zeigen eine geringe Preissensibilität der mit dem Auto zurückgelegten Entfernungen für beide Länder, in Deutschland noch geringer als in den USA. Die traditionell höheren Benzinpreise in Deutschland dürften die Autofahrer zum ökonomischeren Verhalten bei der Autonutzung veranlasst haben - trotz besserer Kraftstoffeffizienz der Fahrzeuge. In den USA - bei niedrigen Benzinpreisen - werden viele „unnötige“ Wege mit dem Auto zurückgelegt. Ein signifikanter Anstieg der Benzinpreise könnte für diese Wege das Auto unökonomisch machen. Und tatsächlich ist in der jüngsten Phase hoher Benzinpreise in der Verkehrsnach- Abb. 8: Kfz-Fahrleistungen und Kraftstoffpreise in den USA Januar 1998 bis Mai 2009 Abb. 7: Kraftstoffkosten* für Pkw in Deutschland und in den USA 1998 = 100 Mobilität + Personenverkehr 21 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 6/ 2010 Bullard, R. D. (2004): Highway Robbery. South End Press Cambridge, MA. CDC (2005): Overweight and Obesity. Gefunden am 12.11.2006 unter http: / / www.cdc.gov/ nccdphp/ dnpa/ obesity/ . DESTATIS (2003): Einkommens- und Verbrauchsstichprobe. Statistisches Bundesamt, Wiesbaden. DESTATIS (2005): Statistik Lokal 2003. Statistisches Bundesamt, Wiesbaden. DIW (1993): Vergleichende Auswertungen von Haushaltsbefragungen zum Personennahverkehr, KONTIV 1976, 1982 und 1989. Berlin: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung. DIW (2006): Rückgang von Fahrleistung und Kraftstoffverbrauch im Jahr 2005, anhaltender Trend zum Diesel-Pkw. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin. 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Diese Werte scheinen klein zu sein, sind aber für die Analyse von Individualdaten üblich und im Rahmen der R2 anderer disaggregierter Analysen mit NHTS und MiD. Wenn man die gesamte erklärte Variabilität auf die verschiedenen Variablengruppen verteilt, dann ergibt sich folgendes Bild: 25 % tragen die Verkehrspolitikvariablen bei, 25 % die räumlichen Variablen und um 40 % die sozioökonomischen Variablen. 6 Berechnet über den Kraftstoffsortenmix und die Fahrleistungen nach Antriebsarten. 7 Quellen: Fahrleistungen aller Kfz aus US DOT FHWA, Traffic Volume Trends 2010, am aktuellen Rand nicht nach Fahrzeugarten verfügbar; ÖV-Nachfrage aus American Public Transportation Association, Public Transportation Ridership Report 2010. 8 Quellen: Verkehrsnachfrage MIV, vorläufige Schätzungen von BASt und DIW 2010, ÖV-Nachfrage aus „Verkehr in Zahlen“ und Statistisches Bundesamt, Fachserie 8, Reihe 3.1, 2009. Leider liegen für Deutschland keine derart aktuellen und unterjährigen Angaben zur Entwicklung im Kraftfahrzeugverkehr wie in den USA vor. 9 Nützliche Lehren für die US-Transportpolitik wurden in einer separaten Veröffentlichung der Reihe Transportation Reform Series des Metropolitan Policy Program von Brookings veröffentlicht: Ralph Buehler, John Pucher, and Uwe Kunert: Making Transportation Sustainable: Insights from Germany, Washington D.C. 2009. Literatur AAA (2002): Your Driving Costs 2002. American Automobile Association, Washington, D.C. ADAC (2002): Autokosten 2002. Allgemeiner Deutscher Automobil Club, München. APTA (2006): Public Transportation Factbook. Washington, D.C. BBR (2005): Raumordnungsbericht 2005. Berichte, Band 21, Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bonn. BBR (2006b): INKAR 2006. BBR Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bonn. BLS (2000 -2003): Consumer Expenditure Survey. U.S. Bureau of Labor Statistics, Washington, D.C. BMVBS (1991-2007): Verkehr in Zahlen. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Berlin. BMVBS (2004): Mobilität in Deutschland. Bonn: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Brookings Institution (2003): A primer on the gas tax. Brookings Institution, Washington D.C. Bureau of Transportation Statistics (2007): The Federal Gas Tax. BTS, FHWA, Washington, D.C. Bühler, R. (2008): Transport Policies, Travel Behavior, and Sustainability: A Comparison of Germany and the U.S. Dissertation. Rutgers University, New Brunswick, NJ. Bühler, R.; Pucher, J.; Kunert, U. (2009): „Making Transportation Sustainable: Insights from Germany“, The Brookings Institution, Metropolitan Policy Program, Washington DC. um 3,3 km höheren Tagesdistanz je Person, in Deutschland liegt dieser Effekt mit 9 km mehr als doppelt so hoch. Deutsche Haushalte mit mehr Pkw als Fahrer zeigen ein ähnliches Mobilitätsverhalten wie solche Haushalte in Amerika. Für Haushalte unterhalb dieser Schwelle klafft das Mobilitätsverhalten zwischen beiden Ländern viel weiter auseinander. Zu den zu erwartenden kohortenbedingten Effekten gehört auch die Verkehrsmittelwahl höherer Altersgruppen. In Deutschland wählen Personen im Rentenalter heute noch eher den ÖV oder sind eher nichtmotorisiert unterwegs als der Rest der Bevölkerung. In den USA ist dies gerade umgekehrt. Dieser Unterschied wird sicher durch viele Faktoren beeinflusst, nicht zuletzt durch die mangelhafte Verkehrssicherheit für Fußgänger und Radfahrer in den USA und die eingeschränkte Verfügbarkeit und Qualität öffentlicher Verkehrsangebote. Ein weiterer Faktor sind aber auch die Mobilitätsbiographien der Personen, die für Ältere in beiden Ländern völlig anders aussehen. Heutige US-Pensionäre sind schon zu Zeiten einer weitgehenden Verfügbarkeit von Autos in den Haushalten aufgewachsen und nehmen das eingeübte Mobilitätsverhalten mit hoher Autonutzung mit ins Alter. Diese Entwicklung steht in Deutschland mit der Alterung der Generation der Baby-Boomer gerade erst am Anfang und wird das zukünftige Mobilitätsverhalten der Älteren verändern. Während in den USA Männer und Frauen das Auto für etwa den gleichen Anteil ihrer Wege benutzen, gibt es hier in Deutschland eine „gender gap“, da Männer das Auto viel stärker nutzen, insbesondere als Fahrer. Dabei legen in beiden Ländern Frauen im Tagesverlauf kürzere Wegstrecken als Männer zurück, wobei dieser Unterschied in Deutschland wesentlich größer ist: 47,3 km pro Tag versus 51,2 km in den USA und 26,6 km versus 33,3 km in Deutschland. Hier deutet sich also sowohl für die Männer und insbesondere für die Frauen noch ein erhebliches Steigerungspotenzial an. Mit einer höheren Motorisierung in den Haushalten fahren auch Kinder und Teenager in den USA mit 77 % der Wege sehr viel mehr im Auto als in Deutschland, wo diese Altersgruppe fast 60 % ihrer Wege mit dem Rad, dem ÖPNV oder zu Fuß zurücklegt. 1 Bühler, R.; Kunert, U. : Trends und Determinanten des Verkehrsverhaltens in den USA und in Deutschland, Forschungsprojekt im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Projektnummer 70.0802/ 2006, Berlin, Dezember 2008, elektronisch verfügbar. Wir danken den Mitarbeitern des Referats A34 des BMVBS für ihre Unterstützung bei dieser Studie. 2 Vgl. Bühler, R.; Kunert, U. : Trends des Verkehrsverhaltens in den USA und in Deutschland. In: Internationales Verkehrswesen, IV 1+2/ 2010, S. 10 -14. 3 Alle Kosten angepasst für Kaufkraftunterschiede. 4 Vgl. im Einzelnen zur Vergleichbarkeit der Erhebungen, der Modellierungsstrategie, zu den verwendeten Variablen, deren Messniveaus und deskriptiven Statistiken sowie der Modellgüte den Bericht Bühler und Kunert 2008. 5 Zur Modellgüte: In beiden Modellen wurden die Variablen in Bedeutungsgruppen nacheinander eingefügt. Summary Determinants and Outlook on Travel Behaviour in Germany and the USA This article explores the role of socioeconomic and demographic factors, spatial development patterns, and transport policies as explanatory factors for dissimilar travel behaviour in Germany and the USA. We find that all groups of society in the USA are more car dependent than Germans − even after controlling for socioeconomic factors and spatial development patterns. For example, Americans living in the highest population density category still travel more kilometres by car per day than Germans in the lowest population density category. Similarly, Germans in the highest income quartile drive fewer kilometres by car per day than Americans in the lowest income quartile. A multivariate analysis shows that transport policy proxy variables capture up to 25 % of the explained variability. We also find that car travel distance in the USA is more sensitive to automobile operating costs: a 10 % increase in automobile operating cost per km is associated with a 2 % reduction in car travel distance in the USA, compared to only 1.6 % in Germany. The price sensitivity of car travel in the USA is demonstrated by an analysis of the decline in vehicle kilometres of car travel over the last two years.
