eJournals Internationales Verkehrswesen 62/9

Internationales Verkehrswesen
iv
0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2010-0109
91
2010
629

Langfristige Mobilitätsentwicklungen | DB AG im Regulierungskorsett

91
2010
Gerd Aberle
iv6290006
Kurz + Kritisch 6 Kurz + Kritisch: Prof. Gerd Aberle zu Themen der Verkehrsbranche (2007) grundlegend, was das reale Wirtschaftswachstum von 2008 bis 2025 betrifft: nur noch 10,3 % für Deutschland im gesamten Zeitraum; das Verkehrsleistungswachstum wird auf nur noch 16 % geschätzt, der Export wird nur noch um 18 % statt wie früher angenommen um 63,5 % steigen. Die Wachstumseuphorie in der Mobilitätsdiskussion war vorgestern, gestern die Wirtschaftskrise, heute ist die Erkenntnis der schwierigen Umfeldfaktoren und vor allem eines: zunehmende Unsicherheit. DB AG im Regulierungskorsett D ie Deutsche Bahn ist europaweit das erfolgreichste Unternehmen der Mobilitätsindustrie, auch nach der Wirtschaftskrise. Daran ändern auch die leider immer wieder auftretenden Qualitätsmängel vor allem im Schienenpersonenverkehr nichts, wobei hier offensichtlich Technikversagen in besonderer Intensität auftritt. Trotz eines bereits sehr ausdifferenzierten Regulierungsrahmens und beeindruckender Erfolge der Drittbahnen seit 2000, dem Jahr des tatsächlichen Starts des intramodalen Wettbewerbs, steht die DB AG unter einem stark zunehmenden Regulierungsdruck. Vor allem in den letzten Monaten sind nachhaltige Verschärfungen aufgetreten. So hat die Bundesnetzagentur Ende 2009 das System der Stationsentgelte aufgehoben, da es an Transparenz für die Einordnung der Bahnhöfe in Preiskategorien fehle. Weiterhin hat die Agentur im Mai 2010 die für die Trassenpreisbildung benutzten Regionalfaktoren ab Dezember 2010 für ungültig erklärt. Auch hier wird die Transparenz für die Einstufung von Langfristige Mobilitätsentwicklungen D ie völlig überholten Verkehrsprognosen der Jahre 2004 bis 2007 mit dem Zeithorizont bis 2015 werden noch immer gebetsmühlenartig wiederholt, obwohl sie vor der Wirtschaftskrise 2009 erstellt wurden und wichtige Strukturfaktoren nicht oder nur unzureichend berücksichtigen. In den letzten Monaten wurden zahlreiche neue Studien zur zukünftigen Verkehrsentwicklung bis 2025/ 2030 vorgelegt, die explizit veränderte Umfeldfaktoren und Megatrends in ihren Einflussnahmen auf den zukünftigen Personen- und Güterverkehr in Deutschland und Europa würdigen. Methodisch wird dabei teilweise mit der Szenario-Technik gearbeitet, die erstmalig bereits von Herman Kahn Anfang der 50er Jahre für US-Militärstrategien und Planungsaufgaben entwickelt wurde (ein in Darmstadt tätiger Wissenschaftler lässt sich allerdings seit Jahren als „Erfinder“ der Szenario-Technik feiern). Die wichtigsten Determinanten der Langfristentwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft mit hoher Relevanz für die Verkehrsleistungen sind die demografischen Veränderungen, die Energiepreise, die Mobilitätskosten und die Intensität der außenwirtschaftlichen Verflechtungen. Europa insgesamt und Deutschland speziell werden von der demografischen Entwicklung, der Überalterung der Bevölkerung und dem Absinken der Bevölkerungszahlen längerfristig dramatisch betroffen. Für wichtige Wirtschaftssektoren, etwa die Automobilindustrie, sinkt die nationale und europäische Absatzbedeutung gravierend zugunsten Asiens, Nordamerikas und vielleicht auch Afrikas. Als Folge werden zunehmend Produktionskapazitäten in außereuropäische Regionen verlagert, eine Entwicklung, der die Zulieferindustrie folgen muss. BMW und VW bauen rasant ihre Produktion in Asien aus; Daimler wird beim Modellwechsel der Mercedes C-Klasse 2014, einem wichtigen Produktionssegment, diese Produktlinie vollständig nach China, Nordamerika und Südafrika verlegen. Solche Entwicklungen wirken sich auf Arbeitsplätze, Außenhandelsbilanz und Inlandsprodukt aus. Deutschland und Europa werden verstärkt aus den weltweiten Wachstumsregionen beliefert. Das unterstreicht auch das Prognos-Institut (Basel) in seinem neuen „Deutschland Report 2025“, in dem nur noch mit einem BIP-Wachstum bis 2025 von durchschnittlich 1 % p. a. gerechnet wird. Die Kosten der Mobilität werden zukünftig deutlich steigen, worauf das Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel InnoZ (Berlin) nachdrücklich hinweist und was sowohl für den öffentlichen als auch den privaten Verkehr gilt. Auch das BMW-Forschungsinstitut für Mobilität ifmo, München, geht in seinen Szenarien bis 2030 von durchschnittlichen Rohölpreisen von 200 USD/ Barrel und der Einführung einer Pkw-Maut aus. Auch das wird die Personen- und Gütermobilität im Umfang wie auch im Modal Split beeinflussen. Progtrans (Basel) verändert in seinem neuen „World Transport Report“ seine früheren Abschätzungen Weniger Euphorie und mehr Unsicherheiten INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 9/ 2010 T ermine + Veranstaltungen Weitere Veranstaltungstermine finden Sie im Internet unter www.dvz.de, www.eurailpress.de und www.dvwg.de Netzteilen mit schwacher Auslastung in sogenannte Regionalnetze mit Trassenpreiszuschlägen als unzureichend bewertet. Für die DB AG bedeutet dies, relativ kurzfristig für beide Preiskategorien nachvollziehbare und für die Netznutzer differenzierte und plausible Kosten- und Preisinformationen zu liefern − eine für 5400 Personenbahnhöfe und mehre tausend Schwachlaststrecken erhebliche Herausforderung. Während diese beiden Regulierungsauflagen zwar arbeitsaufwendig, aber letztlich lösbar sind, stellt eine weitere Regulierungsvorgabe die DB AG vor große Probleme. Auf Intervention des Eisenbahnbundesamtes hat in 3. Instanz das Bundesverwaltungsgericht am 18. Mai 2010 entschieden, dass die Rechtsvertretung der Infrastrukturunternehmen der DB AG nicht mehr durch die zentrale Rechtsabteilung der DB AG in Angelegenheiten der Trassenzuweisung und Trassenpreise erfolgen darf. Durch dieses Urteil wird ein Keil in den integrierten Konzern getrieben, über dessen Wirkungen derzeit nur spekuliert werden kann. Verschärft wird das Problem noch dadurch, dass die EU- Kommission am 25. Juni 2010 beschlossen hat, Deutschland vor dem EuGH wegen noch bestehender Erschwernisse beim Netzzugang zu verklagen, obwohl in keinem anderen EU- Staat so viele und erfolgreiche Drittbahnen aktiv sind wie in Deutschland. Weiterhin überarbeitet die EU-Kommission derzeit die relevanten eisenbahnpolitischen Richtlinien (Recast) des 1. Eisenbahnpakets. Es sind zahlreiche Änderungen und Neuregelungen vorgesehen, die den Regulierungsrahmen für den deutschen Schienenverkehr umgestalten und Änderungen in den Eisenbahngesetzen erforderlich machen werden. Ein weiteres Regulierungsproblem stellt sich für die DB AG in der zu erwartenden Freigabe des Buslinienverkehrs. Auch hier muss das Unternehmen bereits kurzfristig reagieren, da das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheidung vom 24. Juni 2010 die (im noch geltenden Personenbeförderungsgesetz enthaltenen) Einstiegsbarrieren erheblich vermindert hat. Reguliert wird von der EU-Kommission mit Zustimmung des Europäischen Parlaments auch der Schienengüterverkehr durch die Etablierung von elf Güterverkehrskorridoren, die durch Vorrangtrassen für den Güterverkehr gekennzeichnet sind. Deutschland wird drei Korridore aufweisen, für die jeweils eine Trassenzuweisungsinstitution als One-Stop-Shop eingerichtet werden soll. Hierdurch kommt es zu einer problematischen Entscheidungszersplitterung und zu Gefahren für die Abwicklung des gerade in Deutschland sehr intensiven Personenverkehrs, wenn Vorränge Trassen blockieren. Durch die vom Bundeskabinett beschlossene Dividendenzuweisung von 500 Mio. EUR für vier Jahre aus dem Ergebnis der DB AG wird der Investitionsspielraum des Unternehmens nachhaltig eingeengt. Die im Koalitionsvertrag vorgesehene Auflösung des Gewinnabführungsvertrages zwischen der DB AG Holding und den DB Infrastrukturunternehmen würde zu weitreichenden finanzwirtschaftlichen Folgen sowohl für den Bund als auch den Konzern DB AG führen, die vielen Befürwortern offensichtlich nicht hinreichend bekannt sind. Das Regulierungskorsett wird zur Zeit immer enger geschnürt. Die langfristige Erfolgsbilanz der DB AG wird hiervon nicht unbeeinflusst bleiben. 7.-8.9.10 global maritime environmental congress - gmec 2010 Hamburg (D) Info: Hamburg Messe und Congress Gmbh, Tel. 040-35692444, gmec@hamburg-messe.de, www.gmec-hamburg.com 7.-10.9.10 SMM Hamburg (D) Info: Hamburg Messe und Congress GmbH, Tel. 040-3569-0, info@hamburg-messe.de, www.hamburg-messe.de/ smm 14.-15.9.10 28. Dortmunder Gespräche „IT für Logistik: Dortmund (D) Logistics on Demand“ Info: Bundesvereinigung Logistik, Tel. 0421-1738435, michalski@bvl.de, www.bvl.de/ do-ge 15.-17.9.10 Deutscher Straßen- und Verkehrskongress 2010 Karlsruhe (D) Info: FGSV, Tel. 0221-93583-11, koeln@fgsv.de, www.fgsv.de 20.9.10 8. DVWG-Bahnforum: Infrastrukturen für den Berlin (D) Schienenpersonenfernverkehr der Zukunft Info: DVWG, Tel. 030-2936060, hgs@dvwg.de, www.dvwg.de 20.-21.9.10 Hauptverkehrsstraßen im Fokus der Verkehrs- und Berlin (D) Stadtentwicklung Info: DIFU, Tel. 030-390010, fortbildung@difu.de, www.difu.de 21.-24.9.10 InnoTrans Berlin (D) Info: Messe Berlin, Tel. 030-30382376, innotrans@messe-berlin.de, www.innotrans.de 23.9.10 ÖPNV Forum: ÖPNV im Brennpunkt (InnoTrans) Berlin (D) Info: DVWG, Tel. 030-2936060, hgs@dvwg.de, www.dvwg.de 27.+28.9.10 Brennstoffzellen-Fachforum f-cell 2010 Stuttgart (D) Info: Peter Sauber Agentur Messen und Kongresse GmbH, Tel. 0711-65696051, f-cell@messe-sauber.de, www.f-cell.de 30.9.-1.10.10 Networks for Mobility Stuttgart (D) Info: Universität Stuttgart, Tel. 0711-685-66367, fovus@fovus.uni-stuttgart.de, www.uni-stuttgart.de/ fovus 13.-14.10.10 VDI-Tagung „Elektronik 2010: Baden-Baden (D) Elektrisches Fahren machbar machen“ Info: VDI Wissensforum, Tel. 0211-6214201, wissensforum@vdi.de, www.elektronik-auto.de 26.-27.10.10 Die Zukunft des SPNV - Transparenz durch Regulierung? Hamm (D) Info: Nahverkehr Westfalen-Lippe, Tel. 02303-952630, info@nwl-info.de, www.nwl-info.de 2.-3.11.10 5. Deutsche Luftfahrttage Stutgart (D) Info: Euroforum, Tel. 0211-96863528, christine.schories@euroforum.com, www.luftfahrttage.de 10.-11.11.10 7. VDI-Tagung „Innovative Fahrzeugantriebe“ Dresden (D) Info: VDI-Wissensforum, Tel. 0211-6214201, wissensforum@vdi.de, www.vdi.de/ fahrzeugantriebe 11.11.10 Kontaktmesse Verkehr 2010 Dresden (D) Info: TU Dresden, Tel. 0351-46336614, giebel@kontaktmesse-verkehr.de, www. kontaktmesse-verkehr.de 11.-12.11.10 9. List-Symposium: „Verkehr der Zukunft - Dresden (D) 60 Jahre Verkehrswissenschaften in Dresden“ Info: TU Dresden, jeannette.klotzsch@mailbox.tu-dresden.de, www.tu-dresden.de 23.11.10 7. DVWG-Nahverkehrsforum Frankfurt/ M. (D) Info: DVWG, Tel. 030-2936060, hgs@dvwg.de, www.dvwg.de 30.11.10 6. Deutscher Luftverkehrskongress Berlin (D) Info: BDI, Tel. 030-2028-0 , www.luftverkehrs-kongress.de 30.11.-1.12.10 Neue Horizonte im Stadtverkehr - Luzern (CH) Innovative E-Bus-Systeme für attraktive Städte Info: Luzern Incoming GmbH, Tel. +41 (0)41-3184145, info@luzern-incoming.ch, www.luzern-incoming.ch 24.-25.1.11 Kraftstoffe der Zukunft 2011 - 8. Internationaler Fachkongress für Biokraftstoffe des BBE und der UFOP Berlin (D) Info: BBE, Tel. 0228/ 81 002-22, info@bioenergie.de, www.kraftstoffe-der-zukunft.com 26.-28.1.11 SMM Istanbul Istanbul (TUR) Info: Hamburg Messe und Congress GmbH, Tel. 040-3569-2148, info@smm-istanbul.com, www.hamburg-messe.de/ smm_istanbul Veranstaltungen vom 7.9.2010 bis 28.1.2011 Stand zum Redaktionsschluss am 18.8.2010