Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2010-0122
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Binnenschifffahrt in der Marktanteilsfalle? | Es ist kaum zu glauben … | Stuttgart 21: Dauerkrise vorprogrammiert?
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Gerd Aberle
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Kurz + Kritisch 6 Kurz + Kritisch: Prof. Gerd Aberle zu Themen der Verkehrsbranche ist zu fragen, ob sich die deutsche Volkswirtschaft angesichts der energetischen, umweltbezogenen und kapazitätspolitischen infrastrukturellen Herausforderungen einen solchen Rückgang des Stellenwertes der Binnenschifffahrt leisten kann. Es handelt sich überwiegend um ein mittelständisch strukturiertes Gewerbe, das mit hohem unternehmerischen Risiko und Engagement tätig ist. Gefordert sind kreative Marktstrategien, insbesondere auch für kooperative Lösungen mit anderen Verkehrsträgern. Im Containerverkehr, insbesondere im Rheinstromgebiet, hat die Schifffahrt beachtliche Leistungen aufzuweisen, beispielsweise durch Investitionen in Neubauten großer Containerschiffe mit Tragfähigkeiten von bis zu über 400 TEU, vor allem durch niederländische Partikuliere. Dass durch kreative Akquise interessante Erfolge auch in der Binnenschifffahrt möglich sind, zeigt die beeindruckende Entwicklung des ausgebauten trimodalen Hafens Andernach. Hier hat das Zusammenwirken von investierendem Hafen, einer aktiven Reederei, engagierten weiteren Hafenanliegern und einer die Chancen nutzenden Verladerschaft neue Potenziale erschlossen. Dies sollte - wie zahlreiche andere überzeugende Beispiele - Antrieb für das Gewerbe sein. Es ist kaum zu glauben … wozu die in der Tat unerfreulichen Ausfälle der Klimaanlagen in Zügen vor allem der ICE 2-Baureihe als Argumentationshilfe herhalten müssen. So hat der Vorsitzende der Monopolkommission diese Technikprobleme als Indiz für mangelnden Wettbewerb im Schienenpersonenfernverkehr gewertet und als weitere Begründung seiner Forderung nach Zerschlagung des integrierten Konzerns DB AG medienwirksam präsentiert. Offensichtlich ist die Ideologisierung der Zielsetzung, das Schienen- Binnenschifffahrt in der Marktanteilsfalle? D ie Wirtschafts- und Finanzkrise des Jahres 2009 brachte für die deutsche Binnenschifffahrt gegenüber 2008 Rückgänge bei der Transportmenge bzw. den Transportleistungen um 17,0 % bzw. 13,1 %. Wie das Statistische Bundesamt nachweist, hat vor allem der Güterempfang aus dem Ausland die stärksten Einbußen erlitten, gefolgt vom Auslandsversand. Die höchsten Rückgänge gab es mit bis zu über 40 % bei fünf Gütergruppen (Erze, Stahl, Kohle, chemische Erzeugnisse und Baustoffe). Hier spiegelt sich die in solchen Krisenlagen besonders problematische Abhängigkeit dieses Verkehrsträgers von vergleichsweise wenigen Massengutgruppen wider. Der Nachfrageanstieg im Verlauf der recht starken Konjunkturerholung des Jahres 2010 ist beim Hauptwettbewerber, der Eisenbahn, stärker ausgeprägt als bei der Binnenschifffahrt. Für die Geschäftslage erschwerend dürfte sich ein auch 2009 erkennbarer deutlicher Kapazitätszuwachs mit moderner Tonnage auswirken. Er resultiert vor allem aus einem starken Zugang an Großmotorschiffen niederländischer Betriebe in der Trockenschifffahrt und noch höherem Kapazitätszuwachs in der Tankschifffahrt, hier jedoch sowohl bei deutschen wie auch niederländischen Schifffahrtsunternehmen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich trotz erheblicher Verschlechterung der ökonomischen Rahmenbedingungen die Zahl der Insolvenzen oder Geschäftsaufgaben in der deutschen Binnenschifffahrt nicht erhöht hat. Dies verdeutlicht die Probleme eines Marktaustritts und deren Folgen für den Verkehrsträger insgesamt. Wesentlich größere Sorgen als die weitgehend überstandene Wirtschaftskrise bereiten jedoch die Zukunftsperspektiven der Binnenschifffahrt. So erwartet das Beratungsunternehmen ProgTrans in seinem neuen „World Transport Report 2010/ 2011“ für Westeuropa einen Anstieg der Transportleistungen um insgesamt 17,3 %, für die Eisenbahnen um 31,6 % (! ), für die Binnenschifffahrt jedoch nur um 10,8 %, was einen Rückgang im Modal Split bedeutet. Das Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel, InnoZ, kommt in Abschätzungen für 2030 zu jährlichen durchschnittlichen Wachstumsraten im Zeitraum 2006 bis 2030 für Deutschland auf 1,6 % bei der Binnenschifffahrt, bei der Eisenbahn jedoch auf 2,7 %, was ebenfalls einen Modal Split-Rückgang für die Schifffahrt beinhaltet. Die gleiche unterproportionale Entwicklung der Binnenschifffahrt bis 2030 erwartet auch das ifmo- Institut in allen drei untersuchten Szenarien der Verkehrsentwicklung 2008 bis 2030: Rückgang des Marktanteils auf 9,8 % (bei drei Verkehrsträgern) bei den Transportleistungen in Deutschland. Zur Erinnerung: 1991 betrug der Marktanteil noch 14,0 %, 1995 15,6 %, 2000 13,1 % und 2005 11,2 %. Wird berücksichtigt, dass die Binnenschifffahrt sowohl energetisch als auch generell umweltspezifisch besonders günstig im Verkehrsträgervergleich abschneidet und zusätzlich erhebliche Kapazitätsreserven existieren oder durch vergleichsweise geringe Infrastrukturinvestitionen erschlossen werden können, dann sind diese Zukunftsabschätzungen irritierend. Es INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 10/ 2010 Termine + Veranstaltungen Weitere Veranstaltungstermine finden Sie im Internet unter www.dvz.de, www.eurailpress.de und www.dvwg.de netz in eine Staatsverwaltung zu überführen, so weit gediehen, dass die abstrusesten Argumente herangezogen werden. Deutschland hat den Marktzutritt für den Schienenpersonenfernverkehr im Unterschied zu fast allen anderen EU- Staaten bereits vollständig geöffnet. Dass bislang nur Ankündigungen eines Markteintritts dritter Bahnen erfolgt sind, liegt an den beträchtlichen ökonomischen Risiken und Kapitalerfordernissen, die auch der Vorsitzende der Monopolkommission kennt und die keine Diskriminierung darstellen. Oder will der Vorsitzende der Monopolkommission den Eindruck erwecken, die DB AG warte die Klimaanlagen bewusst schlecht und nähme Ausfälle hin, um ihre Marktstellung gegenüber den Kunden voll auszuspielen und sie auf den Pkw und Luftverkehr abzudrängen? Stuttgart 21: Dauerkrise vorprogrammiert? D as Projekt Stuttgart 21 entwickelt sich zu einem Dauerproblem für alle Beteiligten. Bereits im Vorfeld der Entscheidungen zur unterirdischen Verlagerung des Hauptbahnhofs mit städtebaulicher Neuordnung und des Neubaus einer Strecke nach Ulm waren erhebliche Widerstände spürbar. In Stuttgart rumort es mit öffentlichen Protesten seit Monaten. Finanziert wird das Projekt durch die Region Stuttgart, das Land, den Bund und die DB AG, wobei die Bahn bis zu 4,5 Mrd. EUR investieren will. Im Juli dieses Jahres wurde nun bekannt, dass der 60 km lange neue Streckenabschnitt Wendlingen-Ulm fast 900 Mio. EUR(! ) teurer wird als die Kostenschätzung 2002 vorsah, obwohl noch nicht mit dem Bau begonnen wurde. Welche Kostenrisiken zusätzlich bestehen wird kontrovers diskutiert. Als ob die Probleme nicht schon gravierend genug sind, taucht eine neue Kalamität auf, das heißt ein Gutachten der Universität Stuttgart und eines Züricher Verkehrsplanungsunternehmens. Darin werden Kapazitätsengpässe bei der Konzeption des neuen Bahnhofs prognostiziert, da die Fahrplangerüste zu eng ausgelegt seien. Als Folge würden Wartezeiten von Zügen auftreten, so dass keine Zeitvorteile gegenüber dem derzeitigen Kopfbahnhof erreichbar seien. Geworben wurde jedoch für das Projekt mit einer Verdoppelung der Leistungsfähigkeit des Tiefbahnhofs. Ein weiterer Störfaktor dürfte ein vom Umweltbundesamt veröffentlichtes Gutachten darstellen, das Anfang August bekannt wurde und den verkehrlichen Nutzen des Projekts bezweifelt. Für die DB AG besteht die Gefahr, dass sich mit dem Projekt Stuttgart 21 eine langjährige und unerfreuliche zusätzliche Problembaustelle entwickelt, die auch medial sehr attraktiv ist. Dabei steckt das Unternehmen in einer Zwickmühle: Die Verträge sind abgeschlossen, die Baumaßnahmen beginnen, die Kosten werden in noch unbekanntem Ausmaß weiter steigen, ein Ausstieg wird mit Zeitablauf immer weniger möglich, und die Protestwelle könnte wegen der außerordentlich umfänglichen störenden Auswirkungen auf wichtige Bereiche Stuttgarts während einer Bauzeit von 15 und mehr Jahren sogar noch an Umfang gewinnen. 13.-14.10.10 VDI-Tagung „Elektronik 2010: Baden-Baden (D) Elektrisches Fahren machbar machen“ Info: VDI Wissensforum, Tel. 0211-6214201, wissensforum@vdi.de, www.elektronik-auto.de 26.-27.10.10 Die Zukunft des SPNV - Transparenz durch Regulierung? Hamm (D) Info: Nahverkehr Westfalen-Lippe, Tel. 02303-952630, info@nwl-info.de, www.nwl-info.de 2.-3.11.10 5. Deutsche Luftfahrttage Stutgart (D) Info: Euroforum, Tel. 0211-96863528, christine.schories@euroforum.com, www.luftfahrttage.de 10.-11.11.10 7. VDI-Tagung „Innovative Fahrzeugantriebe“ Dresden (D) Info: VDI-Wissensforum, Tel. 0211-6214201, wissensforum@vdi.de, www.vdi.de/ fahrzeugantriebe 10.-12.11.10 45. Symposium Einkauf und Logistik Berlin (D) Info: Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik, Tel. 069-30838-200, jacqueline.berger@bme.de, www.bme-symposium.de 11.11.10 Kontaktmesse Verkehr 2010 Dresden (D) Info: TU Dresden, Tel. 0351-46336614, giebel@kontaktmesse-verkehr.de, www.kontaktmesse-verkehr.de 11.-12.11.10 9. List-Symposium: „Verkehr der Zukunft - Dresden (D) 60 Jahre Verkehrswissenschaften in Dresden“ Info: TU Dresden, jeannette.klotzsch@mailbox.tu-dresden.de, www.tu-dresden.de 16.-17.11.10 2. ECOMOBIL - Mobilität neu denken Offenburg (D) Info: Messe Offenburg, 0781-922632, kircher@messeoffenburg.de, www.ecomobil-kongress.de 23.11.10 7. DVWG-Nahverkehrsforum Frankfurt/ M. (D) Info: DVWG, Tel. 030-2936060, hgs@dvwg.de, www.dvwg.de 30.11.10 6. Deutscher Luftverkehrskongress Berlin (D) Info: BDI, Tel. 030-2028-0 , www.luftverkehrs-kongress.de 30.11.-1.12.10 Neue Horizonte im Stadtverkehr - Luzern (CH) Innovative E-Bus-Systeme für attraktive Städte Info: Luzern Incoming GmbH, Tel. +41 (0)41-3184145, info@luzern-incoming.ch, www.luzern-incoming.ch 24.-25.1.11 Kraftstoffe der Zukunft 2011 - 8. Internationaler Berlin (D) Fachkongress für Biokraftstoffe des BBE und der UFOP Info: BBE, Tel. 0228/ 81 002-22, info@bioenergie.de, www.kraftstoffe-der-zukunft.com 26.-28.1.11 SMM Istanbul Istanbul (TUR) Info: Hamburg Messe und Congress GmbH, Tel. 040-3569-2148, info@smm-istanbul.com, www.hamburg-messe.de/ smm_istanbul 23.-24.2.11 5. Landshuter Leichtbau-Colloquium Landshut (D) Info: Hochschule Landshut, Tel. 0871 506134, leichtbaucolloquium@leichtbau-cluster.de. www.leichtbau-cluster.de 16.-17.3.11 HEUREKA Stuttgart (D) Info: Universität Stuttgart, Tel. 0711-685-66367, fovus@fovus.uni-stuttgart.de, 29.31.3.11 Rail-Tech Europe Amersfoort (NL) Info: Europoint, Tel. +31 (0)30-6981800, www.railtech-europe.com 7.-9.4.11 SMM India 2011 Mumbai (IND) Info: Hamburg Messe und Congress GmbH, Tel. 040-3569-2148, info@smm-india.com, www.hamburg-messe.de/ smm_india 2.-6.5.11 CeMAT 2011 - Sustainability in Intralogistics Hannover (D) Info: Deutsche Messe, info@messe.de, www.messe.de 11.-12.5.11 Parken (Fachausstellung und Fachtagung) Wiesbaden (D) Info: Mesago Messe Frankfurt GmbH, Tel. 0711-61946-0, annette.holtmann@mesago.com, www.parken-messe.de 22.-24.6.11 Public Transport / Interiors 2011 Berlin (D) Info: Messe Berlin GmbH, 030 3038-2212/ -2032, pti@messe-berlin.de, www.publictransport-interiors.de Veranstaltungen vom 13.10.2010 bis 24.6.2011 Stand zum Redaktionsschluss am 20.9.2010
