Internationales Verkehrswesen
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expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2010-0134
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Hoffnungsträger Hauptstadt-Airport
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Kerstin Zapp
Europas größte Flughafenbaustelle nimmt Formen an: Seit 1996 wurde geplant, seit September 2006 wird der Flughafen Schönefeld zum neuen Hauptstadt-Airport Berlin-Brandenburg International (BBI) ausgebaut. Vom 3. Juni 2012 an soll der gesamte Flugverkehr der Region auf dem Airport im Südosten Berlins konzentriert sein.
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Infrastruktur + Verkehrspolitik 36 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 10/ 2010 Kerstin Zapp Hoffnungsträger Hauptstadt-Airport Europas größte Flughafenbaustelle nimmt Formen an: Seit 1996 wurde geplant, seit September 2006 wird der Flughafen Schönefeld zum neuen Hauptstadt-Airport Berlin-Brandenburg International (BBI) ausgebaut. Vom 3. Juni 2012 an soll der gesamte Flugverkehr der Region auf dem Airport im Südosten Berlins konzentriert sein. D as BBI-Konzept sieht einen modernen Flughafen mit kurzen Wegen vor, bei dem das Terminal zwischen den beiden parallel angelegten und unabhängig voneinander betreibbaren Start- und Landebahnen (parallele Entfernung 1900 m) liegt. Die Zahl internationaler Flüge soll wachsen, ein eigener Autobahnanschluss an die A 113 und ein Bahnhof direkt unter dem Terminal sorgen für eine gute Anbindung, reine Frachtflüge sind nicht vorgesehen. Dafür aber eine Startkapazität für bis zu 27 Mio. Passagiere. Je nach Entwicklung kann der Flughafen für bis zu 45 Mio. Passagiere jährlich ausgebaut werden. Die bereits bestehende südliche Start- und Landebahn wird die BBI-Nordbahn und von 3000 auf 3600 m verlängert. Ganz neu entsteht die Südbahn mit 4000 m Länge und 60 m Breite. 25 Fluggastbrücken und 85 Abstellpositionen sind vorgesehen. Vor dem Start im Juni 2012 werden sechs Monate lang von der Sicherheitskontrolle bis zum Gepäckband alle Einrichtungen getestet. In der Nacht vom 2. auf den 3. Juni zieht das gesamte mobile Gerät von Tegel und Schönefeld an den BBI um. Die bisherigen IATA-Flughafencodes „SXF“ und „TXL“ erlöschen, alle Berliner Flugbewegungen laufen ab dem 3. Juni 2012 unter dem neuen Code „BER“. Sprungbrett nach Osten Erstmals soll die deutsche Hauptstadt mit dem um insgesamt 970 ha auf 1470 ha vergrößerten Flughafengelände über die notwendige Infrastruktur für den Aufbau von Drehkreuzstrukturen und damit Langstreckenverbindungen in nennenswertem Umfang verfügen. Der BBI ist als Flughafen in der Mitte Europas mit einem starken Fokus auf innereuropäische Point-to-Point- Verkehre und ausgewählte Langstreckenverbindungen geplant. Traditionell haben die Berliner Flughäfen einen Osteuropa- Schwerpunkt. Mit der EU-Osterweiterung hat sich diese Tendenz verstärkt. Logistikstandort Durch die Aufnahme neuer Verbindungen soll sich auch das Frachtaufkommen am BBI erhöhen. Pro neuem Langstreckenziel und Jahr rechnen die Betreiber mit rund 1000 bis 3000 t zusätzlicher Beiladung. Das Luftfrachtaufkommen beider Berliner Standorte lag 2009 bei rund 50 000 t. Im Nordosten, in unmittelbarer Nähe zum Flughafen, soll mit 109 ha der größte Gewerbepark der Hauptstadt entstehen, der mit dem deutschlandweit geringsten Gewerbesteuerhebesatz um Investoren wirbt. Am nördlichen Flughafenrand ist auch ein Zentrum für KEP-Dienste geplant mit 4000 m 2 Umschlagfläche. Zudem gab Anfang Juli die Dietz AG den Bau eines Midfield-Luftfrachtzentrums am künftigen Flughafen bekannt. Das Zentrum, das der Abfertigung von Beiladefracht dienen soll, erhält eine Halle mit mehr als 12 000 m 2 Bruttogrundfläche und soll zunächst für einen Umschlag von bis zu 60 000 t pro Jahr ausgelegt werden. Durch entsprechende Prozessoptimierungen kann die Kapazität des geplanten Gebäudes auf bis zu 10 t pro m 2 und damit eine Umschlagmenge von 100 000 t pro Jahr gesteigert werden. Für die langfristige Zunahme des Frachtverkehrs wurde bereits vorgesorgt: Es stehen planfestgestellte Flächen zur Erweiterung auf eine Jahreskapazität von bis zu 600 000 t zur Verfügung. Allerdings können Speditionen im Luftfrachtzentrum nur sehr beschränkt Logistikflächen anmieten: Knapp vier Fünftel des Erdgeschosses gehen an die beiden Luftfrachtabfertiger CSB und Swissport sowie Zoll und Behörden. Für Logistiker bleiben in der Haupthalle 1800 m 2 und 770 m 2 Rampenbereich. Mieter müssen zudem einem Sonderkündigungsrecht des Vermieters zustimmen, falls Frachtabfertiger oder Behörden mehr Fläche benötigen. Diese haben auch das erste Obergeschoss des aufgesetzten Bürotrakts vollständig belegt. Es bleiben das zweite und dritte Stockwerk mit je 2300 m 2 Bruttogeschossfläche zur unbeschränkten Anmietung. Das Gebäude soll mindestens einen Monat vor Beginn des Flugbetriebs bezugsfertig sein. Aktueller Stand der Bauarbeiten Am 7. Mai 2010 fand das Richtfest des Terminalgebäudes statt. Nun läuft der Innenausbau. Im Juni haben die Berliner Flughäfen zudem den letzten Teil der unterirdischen Bahnanlagen an die DB Netz AG übergeben. Die Bauarbeiten an der südlichen Start- und Landebahn, den Vorfeldern und Rollbahnsystemen laufen ebenso auf Hochtouren wie die Fertigstellung der betriebsspezifischen Gebäude. Insgesamt liegen die Arbeiten sieben Monate hinter Plan, da aufgrund einer Änderung der EU-Sicherheitsrichtlinien neue Kontrollsysteme erforderlich wurden. Arbeitsplätze Bereits heute sind mehr als 60 Unternehmen aus der Luft- und Raumfahrtindustrie in der Region ansässig. Hinzu kommen 15 Hochschulen und Institute mit luft- und raumfahrtrelevanten Schwerpunkten. Bis Ende 2012 sollen bis zu 40 000 neue Arbeitsplätze in der Region entstehen. An den bestehenden Berliner Flughäfen arbeiten derzeit rund 18 000 Beschäftigte. Der Flughafen Berlin-Tegel wird mit der BBI-Eröffnung geschlossen, Tempelhof ist schon seit 2008 außer Betrieb, Schönefeld geht im BBI auf. Das Midfield-Terminal wird sechs Geschossebenen haben und in der Startversion zunächst bis zu 27 Mio. Passagieren Platz bieten. Foto: Günter Wicker
