Internationales Verkehrswesen
iv
0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2010-0137
101
2010
6210
Litauisch-deutsche Kooperation plant GVZ bei Vilnius und Kaunas
101
2010
Wulfram Overmann
Die Entwicklung von Güterverkehrszentren (GVZ) hat auch in Litauen begonnen: Ende Oktober 2009 wurde eine Machbarkeitsstudie für den Standort Vaidotai, rund 10 km südöstlich der litauischen Hauptstadt Vilnius, von einem deutsch-litauischen Konsortium fertig gestellt. Zwei weitere Projekte sind geplant.
iv62100040
Infrastruktur + Verkehrspolitik 40 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 10/ 2010 bundenen Vorteile voll zu nutzen, strebt LG die Entwicklung eines integrierten Logistikparks um das Terminal herum an. Unternehmen aus der Logistik-, Transport- und Servicebranche sollen optimale Bedingungen für ihre Ansiedlungsinvestition erhalten. Hauptverkehrswege, Kommunikations- und Versorgungsnetze und sonstige Infrastruktur stehen ab 2012 zur Verfügung. Unternehmen, die sich im PLC Vilnius ansiedeln, genießen nicht nur die Vorteile der erstklassigen Schienen- und Straßeninfrastruktur, sondern haben auch eine perfekte geografische Lage für die Distribution von Waren in der Hauptstadtregion Vilnius sowie benachbarten polnischen, weißrussischen und russischen Städten. Die litauische Eisenbahn beauftragte Ende 2008 ein Konsortium bestehend aus Ernst & Young Baltic UAB, Vilnius, sowie den beiden Potsdamer Unternehmen Infrastruktur- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH (IPG) und Wagener & Herbst Management Consultants GmbH (W&H) mit der Erarbeitung einer Machbarkeitsstudie für das Projekt PLC Vilnius. Innerhalb von zehn Monaten wurden umfangreiche Marktanalysen und -prognosen durchgeführt, verschiedene Managementmodell- und Masterplanvarianten entwickelt und für die Vorzugsvariante ein Businessplan und Detailplanungen erarbeitet. Mehrere Ausbaustufen Das PLC Vilnius hat eine Gesamtgröße von 430 ha und soll in mehreren Phasen entwickelt werden. Dabei sind rund 120 ha für Logistikansiedlungen mit Grundstückgrößen in Abhängigkeit von Investorenanforderungen zwischen 20 000 und 130 000 m 2 innerhalb eines flexiblen Systems vorgesehen. Ein Industriegebiet mit 125 ha ist in einer späteren Entwicklungsphase geplant. Das Containerterminal wird mit zwei Ladegleisen zu je 1000 m Länge und einer Umschlagkapazität für etwa 100 000 Ladeeinheiten/ Jahr starten. In der ersten Entwicklungsstufe des PLC Vilnius sind auch ein Container Service Center sowie ein Zollabfertigungsbereich vorgesehen. In späteren Phasen werden Serviceeinrichtungen wie Hotel, Restaurant, Lkw-Waschanlage und -werkstatt hinzukommen. Der integrierte Ansatz des deutschen GVZ-Modells mit verschiedenen Funktionen innerhalb eines öffentlichen Logistikzentrums, dessen Infrastruktur von der öffentlichen Hand entwickelt wurde, war etwas Neues für Litauen, wo bisher private eines Containerterminals und weiterer Infrastrukturmaßnahmen zu investieren. Inbetriebnahme 2013 geplant Das Inlandcontainerterminal wird hauptsächlich die Funktion der Importdistribution übernehmen, um die Marktreichweite des Hafens Klaipe˙ da im Wettbewerb mit den Ostseehäfen in Polen, Lettland und Russland zu erhöhen. Mit der Inbetriebnahme des Terminals Ende 2013 soll ein intermodaler Shuttle Service zwischen Klaipe˙ da und Vilnius eingerichtet werden, der einen Großteil der Containertransporte von der Straße auf die Schiene verlagert. Er wird so dazu beitragen, Staus, Schadstoff- und Lärmemissionen sowie andere negative Effekte des Lkw-Straßenverkehrs in Litauen zu mindern. Um die Entwicklung des intermodalen Transports zu fördern und die damit ver- Wulfram Overmann Litauisch-deutsche Kooperation plant GVZ bei Vilnius und Kaunas Die Entwicklung von Güterverkehrszentren (GVZ) hat auch in Litauen begonnen: Ende Oktober 2009 wurde eine Machbarkeitsstudie für den Standort Vaidotai, rund 10 km südöstlich der litauischen Hauptstadt Vilnius, von einem deutsch-litauischen Konsortium fertig gestellt. Zwei weitere Projekte sind geplant. Der Autor Wulfram Overmann, Projektleiter Wagener & Herbst Management Consultants GmbH, 14469 Potsdam; w.overmann@wagener-herbst.com I n den von Litauens Regierung und Parlament verabschiedeten wichtigsten strategischen Dokumenten wird die Förderung der Intermodalität verlangt, unter anderem durch Schaffung von öffentlichen Logistikzentren (Public Logistics Center, PLC). Dafür wurden die Regionen Klaipe˙ da, Kaunas und Vilnius ausgewählt. Bahn übernimmt Führung Das Transportministerium Litauens übertrug der litauischen Staatsbahn Lietuvos Geležinkeliai (LG) die Aufgabe, PLC in den Regionen Kaunas und Vilnius zu entwickeln. Um die Planungs- und Raumordnungsverfahren zu erleichtern, wurde das PLC Vilnius zu einem Projekt von nationaler Bedeutung erklärt. Der Standort liegt in direkter Nachbarschaft zu Litauens größtem Rangierbahnhof und damit im Korridor IX der transeuropäischen Netze (TEN), der auf der Schiene den Seehafen Klaipe˙ da mit Minsk und Moskau verbindet, sowie an der künftigen Umgehungsstraße Vilnius-Süd. Es ist vorgesehen, bis zu 24 Mio. EUR aus dem EU-Kohäsionsfonds in den Bau Containerzug der litauischen Eisenbahn Foto: LG Infrastruktur + Verkehrspolitik 41 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 10/ 2010 Die Ähnlichkeit mit dem GVZ Großbeeren bei Berlin ist unverkennbar: Von der einen Seite werden die Logistikhallen (blau) von einer Schnellstraße gesäumt (rot), auf der anderen liegt die Bahnlinie samt Containerterminal (violett). Gelb markiert sind die Erschließungsstraßen, grau schraffiert sind künftige Erweiterungsflächen. Südlich schließt sich ein noch zu besiedelndes Industriegebiet an. Quelle: ipg Unternehmen ihre eigenen Logistikimmobilien an separaten Standorten errichtet haben. Die Logistik- und Osteuropaerfahrung von Wagener & Herbst und die Erfahrungen der IPG in Planung und Vermarktung der drei Berliner GVZ zusammen mit den lokalen Marktkenntnissen des litauischen Partners trugen wesentlich zum erfolgreichen Abschluss der Machbarkeitsstudie bei. W&H hatte zudem bereits 1992 ein erstes Projekt für das litauische Transportministerium umgesetzt. Darüber hinaus haben IPG und W&H seit 2006 gemeinsam mehrere Durchführbarkeitsstudien und Planungen für Logistikstandorte in Russland erarbeitet. Das erfolgreiche litauisch-deutsche Konsortium arbeitet derzeit an zwei weiteren Machbarkeitsstudien für PLC-Standorte in Litauen: Erneut im Auftrag der litauischen Eisenbahn LG für ein Public Logistics Center bei Kaunas im Zentrum Litauens sowie im Auftrag der Stadt Šiauliai für ein PLC in der Nähe des Flughafens im Norden des Landes. Nordeuropa und Russland wollen Infrastrukturengpässe beseitigen Die „Northern Dimension Partnership for Transport and Logistics“ (NDPTL) erhält ein Sekretariat bei der Nordic Investment Bank (NIB). Das haben die europäischen Verkehrsminister im Juni auf ihrer TEN-V-Tagung beschlossen. Ziel der NDPTL, die im Herbst 2009 gegründet wurde: die nordeuropäischen Länder besser mit Russland zu vernetzen, um die Wirtschaft der Region anzukurbeln. Dies soll speziell durch den Ausbau der Infrastruktur geschehen, etwa durch Ausdehnung der transeuropäischen Netze (TEN). Die Finanzierungsmodalitäten sollen bis Ende dieses Jahres geklärt sein, öffentlichprivate Partnerschaften (ÖPP) sind angedacht. Zudem wird auf die Verbesserung der Zollabwicklung Wert gelegt. Beteiligt an der NDPTL sind neben allen skandinavischen und baltischen Staaten Deutschland, Polen, Russand und Weißrussland. Auf dem 7. Baltischen Verkehrsforum in Rostock-Warnemünde im August wur- Auch Lübeck verzeichnet Umschlagzuwächse. Foto: LHG Besseres Netz für bessere Partnerschaft den unter anderem die Zuwachsraten im Seeverkehr im baltischen Raum für dieses Jahr prognostiziert: Während im weltweiten Containerverkehr 2010 mit einem Plus von 12 % gegenüber 2009 gerechnet wird, sollen die Containerfeederverkehre auf der Ostsee noch stärker zulegen. Dr. Kimmo Naski, Direktor des finnischen Hafens Kotka, rechnet in diesem Jahr mit insgesamt 7,1 Mio. TEU im gesamten Ostseeraum, 30 % mehr als 2009. Vor der Weltwirtschaftskrise lag das Volumen bei 8 Mio. TEU. Auch der Hamburger Hafen hofft auf den wachsenden Außenhandel der Ostsee-Anrainerstaaten. Er hatte in Folge der Krise fast zwei Drittel seines Containertransitgeschäfts verloren. (zp)
