Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2010-0161
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Neues zur Kostenwahrheit im Verkehr
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Michael Engel
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Standpunkt 50 INTERNATIONALES VERKEHRSWESEN (62) 11/ 2010 Dr. Michael Engel, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften e.V. (BDF), Berlin Neues zur Kostenwahrheit im Verkehr Luftverkehr finanziert Luftverkehr - das Prinzip der reinen Nutzerfinanzierung wird in Diskussionen über Steuer- und Abgabenbelastungen des Luftverkehrs oftmals negiert oder verkannt. Jetzt haben sich INFRAS Zürich und das Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung erstmals mit einem umfassenden wissenschaftlichen Vergleich von Effizienz-, Umwelt- und Wirtschaftlichkeitsaspekten der Verkehrsträger Schiene, Straße und Luftverkehr befasst. Die Studie „Verkehrsträgeranalyse“ der beiden Institute liefert Ergebnisse, die manch einen erstaunen mögen, jedoch nichts anderes sind, als eine Bestätigung der Aussagen, die der Luftverkehr seit Jahren kommuniziert. Bei der Gesamtkostendeckung erreicht der Luftverkehr einen Kostendeckungsgrad von 95 % und liegt damit vor Straße (80 - 83 %) und Schiene (78 %). Die Studie belegt damit, dass der Luftverkehr seine Gesamtkosten nahezu vollständig selber trägt und nicht auf Kosten des Steuerzahlers finanziert wird. Auch zum Wettbewerbsverhältnis von Luftverkehr zu Schiene und Straße liefert die Arbeit wichtige Aussagen: Der Luftverkehr weist ab einer Reisedistanz von 400 km gesamtwirtschaftliche Kostenvorteile gegenüber den anderen Verkehrsträgern auf und ist bei Interkontinentalverbindungen nahezu konkurrenzlos. Die externen Umweltkosten liegen dabei mit 0,7 Cent pro Personenkilometer deutlich unter denen von Straße (1,6 Cent) und Schiene (1,1 Cent). Die Gründe für das gute Abschneiden des Luftverkehrs sind insbesondere die im Vergleich zu Straße und Schiene höhere Auslastung der Flugzeuge und die größere Reisedistanz pro Flug. Bereits heute deckt der Luftverkehr zu einem Großteil seine Umweltkosten. Dieses Ergebnis der Untersuchung ist für aktuelle und zukünftige Diskussionen über die Besteuerung des Luftverkehrs wichtig. Gewürdigt werden in der Studie auch die erheblichen Anstrengungen, welche die Luft verkehrswirtschaft seit jeher zur Steigerung der Effizienz und Senkung der Kosten unternimmt. Die Verbesserungen fallen - so die Studie - deutlich stärker aus als bei Straße und Schiene. Erstmals wird in der wissenschaftlichen Studie auch widerlegt, was öffentlich immer wieder behauptet wird: Der Luftverkehr erhalte Subventionsleistungen in Milliardenhöhe. Die Verkehrsträgeranalyse beweist nun, dass dieser Vorwurf jeglicher Grundlage entbehrt. Sie zeigt vielmehr, dass der Luftverkehr von allen Verkehrsträgern die niedrigsten Subventionen bezieht. Betrachtet man alle in Deutschland gewährten Subventionen an die Verkehrsträger Straße, Schiene (inkl. ÖPNV) und Luftverkehr, so erhält der Luftverkehr gerade einmal 4 % dieser Netto-Subventionen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Ergebnisse zu einer Versachlichung der Diskussion beitragen werden und der Luftverkehr im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern nicht weiter an den Pranger gestellt wird. Der Luftverkehr ist für den Wirtschafts- und Tourismusstandort Deutschland eine unverzichtbare Größe. Flughäfen und Fluggesellschaften werden in den kommenden Jahren annähernd 40 Mrd. EUR in ihre Standorte und Flotten investieren - für eine nachhaltige Stärkung ihrer Wettbewerbsposition. Nationale Alleingänge, wie die Einführung der Luftverkehrssteuer, sind für diese Ziele kontraproduktiv und - die Studie zeigt es - ökologisch und aus Kostensicht nicht begründbar. Und gerade weil die Studie einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion leisten will und die Notwendigkeit zur Stärkung der Intermodalität der Verkehrsträger zum Nutzen der Kunden betont, sind die Kritik und die Zweifel, die von manchen Seiten an der Unabhängigkeit der Studie geäußert wurden, nicht zielführend. Es mutet befremdlich an, wenn die Autoren der Studie öffentlich beschuldigt werden, windige Rechentricks angewandt und unseriöse Rechnungen aufgestellt zu haben. Angesichts des hohen Renommees, das INFRAS und Fraunhofer in der Forschungswelt genießen und in Anbetracht der Tatsache, dass sie Forschungsaufträge gerade wegen ihrer hohen Unabhängigkeit für private wie öffentliche Auftraggeber und für alle Verkehrsträger durchführen, sollte der Studie die Anerkennung zukommen, dass man sich mit ihren Ergebnissen gewissenhaft und sachlich auseinandersetzt und sie nicht mit lauten Lobbying-Parolen zu diskreditieren versucht.
