eJournals Internationales Verkehrswesen 63/3

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2011-0059
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Nach Super E10

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Jörg Adolf
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GASTKOMMENTAR Jörg Adolf Internationales Verkehrswesen (63) 3 | 2011 94 Nach Super E10 D ie Zukunft der Automobilität scheint heute in elektrifizierter Mobilität zu liegen. Nicht lange vorher galten Biokraftstofe als Hofnungsträger nachhaltiger Mobilität. Sie waren wichtiger Baustein einer jeden alternativen Mobilitätsstrategie. Die Biokraftstofstrategie der Bundesregierung sah für Biokraftstofe bis zum Jahre 2020 einen Anteil von 20 % an der Kraftstofversorgung vor. Automobilindustrie und Landwirtschaft unterstützten, ja forderten mehr Biokraftstofe. Ein Biokraftstofquotengesetz, das zur Beimischung von steigenden Biokraftstofanteilen verpflichtet, wurde verabschiedet. Der Anteil von Biokraftstofen am Kraftstofabsatz erreichte bereits im Jahre 2007 7,5 % - „Germany, the most biofuelled nation in Europe“ schrieb dazu The Economist. In den letzten Jahren hingegen ging der Marktanteil von Biokraftstofen wieder auf 5,5 % zurück. Warum? Biogene Reinkraftstofe, wie reiner Biodiesel, sind mit modernen Antrieben technisch oft nicht verträglich. Neue Generationen von Biokraftstofen entwickeln sich langsamer als gedacht. Zudem gerieten Biokraftstofe in eine Diskussion um ihre Nachhaltigkeit. In der Folge wurden die politischen Ziele zurückgenommen. Die verpflichtende Biokraftstofquote liegt heute bei 6,25 statt 8 % bis zum Jahre 2014; das Langfristziel 2020 für Biokraftstofe lautet nun 12 bis 15 %. Höhepunkt der Diskussion um Biokraftstofe war schließlich die Einführung von „Super E10“. Die Bundesregierung hatte Ende 2010 die Voraussetzung für eine 10 %ige Beimischung von Bioethanol in Ottokraftstof geschafen. Die Kraftstofanbieter begannen Super E10 zu Beginn 2011 einzuführen − als Hauptsorte; denn nur so hätten sie die geforderte Beimischungspflicht erfüllen können. Obgleich Kraftstofgemische mit bis zu 5 % Bioanteil bereits lange und beim Diesel mit bis zu 7 % bereits seit Anfang 2009 eingeführt waren, wurde der neue Kraftstof Super E10 vom Verbraucher nicht angenommen. Die Verbraucherzurückhaltung verwundert umso mehr, als über 90 % aller Autos mit Benzinmotor Super E10 tanken könnten. Selbst bei einem Preisabstand von 10 Cent pro Liter waren die Verbraucher mehrheitlich nicht bereit, Super E10 statt Super E5 zu tanken. Die Sorge um die E10-Verträglichkeit ihrer Autos war dabei nur ein Grund - hinzu kamen die Ablehnung staatlicher Bevormundung oder Zweifel an der Nachhaltigkeit von E10. Dabei wurden die Verbraucher in ihrer Skepsis von Verbraucher- und Umweltorganisationen sowie Medien bestärkt. Nach Super E10 stellt sich die Frage: Welchen Beitrag sollen Biokraftstofe zur Energieversorgung des Verkehrssektors künftig leisten? Zunächst ist zu beachten, dass Biokraftstofe die einzig verfügbare Option sind, die als ergänzende Beimischung mit Verbrennungsmotoren kompatibel ist; nur Biokraftstofe können im Fahrzeugbestand nahtlos eingesetzt werden. Bei wichtigen Verkehrsträgern sind flüssige Kraftstofe und somit Biokraftstoffe als ergänzender Energieträger ohne Alternative - im schweren Güterkraftverkehr, im Flugverkehr oder auch in der Schiffahrt. Biokraftstofe werden zu Recht hinterfragt. Doch schon heute müssen Biokraftstofe - im Gegensatz zu anderen Verwendungen von Biomasse - gesetzliche Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Substanzielle Beiträge von Biokraftstofen zur Energieversorgung des Verkehrssektors setzen jedoch gesellschaftliche Akzeptanz voraus. Diese kann und muss durch Auklärung und Transparenz, durch Engagement und Überzeugungsarbeit aller beteiligten Akteure geschafen werden. ɷ »Welchen Beitrag sollen Biokraftsto e zur Energieversorgung des Verkehrssektors künftig leisten? « Dr. rer. pol. Jörg Adolf ist seit 2002 für Shell in Deutschland, Hamburg, tätig; zunächst als Government Relations Advisor, heute als Chefvolkswirt und Issues Manager. Zuletzt war er Projektleiter bei „Shell Pkw-Szenarien 2030 − Nachhaltige Auto-Mobilität“ (2009) sowie bei der „Shell Lkw-Studie - Wie geht’s weiter mit dem Straßengüterverkehr? “ (2010). ZUR PERSON