Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2011-0089
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Infrastruktur reagiert auf Wachstumsboom
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Wolfram Tauer
Der Ausbau und die Modernisierung der Infrastruktur in Vietnam sind ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur weiteren wirtschaftlichen Entwicklung. Einen Schwerpunkt bildet der Ausbau der Hafeninfrastruktur.
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INFRASTRUKTUR Hafen Vietnam Internationales Verkehrswesen (63) 5 | 2011 69 Infrastruktur reagiert auf Wachstumsboom Der Ausbau und die Modernisierung der Infrastruktur in Vietnam sind ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur weiteren wirtschaftlichen Entwicklung. Einen Schwerpunkt bildet der Ausbau der Hafeninfrastruktur. Abb. 1: Der Containerterminal Cai Mep in Südvietnam nimmt Gestalt an. Foto: Inros Lackner Wirtschaftliche Situation und Rahmenbedingungen Mit dem Ausbau der Hafeninfrastruktur im Sinne einer zukunftsorientierten Hafenentwicklung wird auf die prognostizierten wirtschaftlichen und verkehrlichen Entwicklungen reagiert. Schon heute haben die Häfen Vietnams ihre Kapazitätsgrenzen erreicht. Die Prognosen des Masterplans für den Hafenausbau gehen von einem Anstieg des Umschlags von 600-Mio.-t im Jahr 2015 auf 1- Mrd.- t bis 2020 und auf 2,1- Mrd.- t bis 2030 aus (Quelle: Asien Kurier 4/ 2010). Vietnam erlebt seit der marktwirtschaftlichen Öfnung und dem WTO-Beitritt in 2007 ein dynamisches Wachstum und gehört zu den sich am schnellsten entwickelnden Regionen in Südostasien. Die Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts zählen zu den höchsten weltweit. 2010 lag das Wirtschaftswachstum bei 6,8 % und hat sich somit nach einem Rückgang auf 5,3 % im Jahr 2009 wieder erholt. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf betrug 1064- USD im Jahr 2010, die Höhe der Importe lag bei 84- Mrd. und die der Exporte bei 71,6- Mrd. USD, was einem beachtlichen Zuwachs von mehr als 20 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht (Quelle: Wirtschaftstrends Vietnam; German Trade & Invest, 2011). Die Zahlen stehen beispielhaft für die guten wirtschaftlichen Randbedingungen, die zum Teil jedoch noch durch die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und eine hohe Inflation beeinträchtigt werden. Auch die politische Situation in der sozialistischen I n der Provinz Vung Tau in Südvietnam wird derzeit mit dem Cai Mep International Terminal einer der größten Tiefwasserhäfen Vietnams fertig gestellt. Hier entsteht der erste vietnamesische Containerterminal, an dem Schife der Post-Panamax-Größe be- und entladen werden können. Mit einer Kapazität von mehr als 13 000- TEU gehören sie zu den derzeit größten existierenden Containerschifen. Die Inros Lackner AG war maßgeblich an den Planungsleistungen zur Entwicklung des Containerterminals beteiligt. Das Ingenieurunternehmen unterstützt und berät zudem den Bauherrn während der Bauzeit und ist dafür verantwortlich, dass alle gültigen Sicherheits- und Unfallverhütungsvorschriften eingehalten werden. INFRASTRUKTUR Hafen Vietnam Internationales Verkehrswesen (63) 5 | 2011 70 Republik ist stabil. Insgesamt bietet Vietnam gute Arbeitsbedingungen für ausländische Unternehmen, auch wenn die Konkurrenzsituation mit Mitbewerbern aus Europa, Asien und Australien signifikant zugenommen hat. Wachstumsbranche Bauwirtschaft Der vietnamesische Bausektor zählt zu den wichtigsten Wachstumsbranchen im Land. Jährlich fließen bis zu 9 % des Bruttoinlandsprodukts in Infrastrukturmaßnahmen (Quelle: Wirtschaftstrends Vietnam; German Trade & Invest, 2011). Der aktuelle Status Quo zeigt, dass Häfen, Eisenbahnen, Straßen, Brücken und öfentliche Gebäude zum einen großteils veraltet und sanierungsbedürftig und zum anderen unzureichend vorhanden sind. Die zur Verbesserung der Situation notwendigen Investitionssummen verlangen nach internationalen Investoren. Viele der derzeitigen Infrastrukturprojekte werden durch einen Mix aus staatlichen und international finanzierten Vorhaben sowie Privatinvestitionen internationaler Bauherren realisiert, so auch der Containerterminal im Süden. Bau des Tiefwasserhafens Cai Mep Die Kapazitäten der Hafenanlagen in Vietnam sind begrenzt. Die vorhandenen Häfen werden überwiegend von einfachen Kaianlagen mit veralteten Be- und Entladeausrüstungen dominiert und auch die Tiefwasserhäfen im Süden bieten häufig unzureichende Möglichkeiten für große Containerschife. Für die Exportwirtschaft bedeutet das zusätzliche Kosten durch das Umladen von Waren in Hongkong oder Singapur. Erschwerend kommen die fehlenden Anbindungen an das Hinterland hinzu. Die Bahnlinien sind veraltet oder nicht vorhanden und auch die Straßen sind für größere Transportmengen nicht ausgelegt, was zu Staus und langen Wartezeiten führen kann. Für den Neubau eines internationalen Standards entsprechenden Tiefseehafens in Cai Mep erfolgte 2006 eine Auforderung zur Abgabe eines Angebots. Neben der fachlichen Qualifikation waren die guten Landeskenntnisse und damit eine hohe Planungssicherheit für den Investor wesentliche Voraussetzungen für die Beauftragung der Inros Lackner AG, zusammen mit Portcoast Consultant Corp., einem erfahrenen lokalen Planungsbüro. Auftraggeber ist die Cai Mep International Terminal Co. (CMIT), die im Januar 2007 als Zusammenschluss der Firmen Saigon Port, Vietnam Shipping Lines und APM Terminals BV gegründet wurde. Eckdaten zur Terminalplanung Der Hafen mit einer Fläche von 48 ha liegt am Cai Mep River im Bereich eines zu Projektbeginn völlig unerschlossenen Gebiets. Geplant und gebaut wurde eine 600- Meter lange Kaje, die über drei Zufahrtsbrücken vom Land aus erreicht wird, und Abfertigungskapazitäten für Post-Panamax-Containerfrachter bietet. Die Wassertiefe an den Liegeplätzen beträgt 14,5 m. Zur Schafung der landseitigen Infrastruktur und Stellflächen waren umfangreiche Bodenverbesserungsmaßnahmen erforderlich. Das Gelände wurde mit einer Gesamtmenge von etwa 5 Mio. m 3 Sand aufgespült. Moderne Be- und Entladeausrüstung Im Januar 2011 wurden die ersten zwei Containerbrücken, die für die Be- und Entladung von Containerschifen mit bis zu 15 000- TEU geeignet sind, als Komplettlieferung aus dem Herstellerwerk ZPMC in Shanghai angeliefert und aufgestellt. Weiterhin befinden sich seit Anfang des Jahres mehrere STS- (Ship-To-Shore) Krane sowie RTG (Rubber Tyred Gantries) auf dem Gelände des Terminals. Abfertigung des ersten Containerschifs Der neue Containerterminal befindet sich in einer strategisch günstigen Region, die viele internationale Schiffahrtswege kreuzt. Im April dieses Jahres legte als erstes Schif die CMA CGM Christophe Colomb, mit 363 m Länge und 45,6 m Breite und einer Kapazität von mehr als 11 000-TEU derzeit eines der weltgrößten Schife, an. Bis Ende 2011 laufen noch die Arbeiten zur weiteren technischen Ausrüstung des Terminals, das dann vollständig an den Terminalbetreiber übergeben wird. Nach seiner Fertigstellung soll der Terminal als ein wesentlicher Hub innerhalb des transatlantischen Seeverkehrs in Richtung Nordamerika sowie des asiatischen Verkehrs unter anderem mit Thailand und Kambodscha dienen. Dabei garantiert die moderne Umschlagtechnik eine hohe Eizienz und Leistungsfähigkeit des Terminals. Inzwischen sind in der Umgebung weitere große Hafenbauvorhaben in der Umsetzung. Davon profitiert die gesamte Region, die sich zu einer wirtschaftlichen Boomregion entwickelt mit einem starken Wachstum an Einwohnern und Arbeitskräften in den Provinzstädten. ɷ Eigenes Unternehmen in Vietnam Seit zehn Jahren ist die Inros Lackner AG auf dem vietnamesischen Markt mit Planungen und Beratungsleistungen für Infrastrukturprojekte (Häfen, Wasserver- und -entsorgungseinrichtungen, Straßen, Brücken), Hochbauleistungen (Tragwerksplanung, technische Gebäudeausrüstung, Architektur) vertreten. 2007 wurde die Inros Lackner Vietnam LLC, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft, in der deutsche und vietnamesische Ingenieure und Architekten beschäftigt werden, gegründet. INROS LACKNER AG Wolfram Tauer, Dr. stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Inros Lackner AG wolfram.tauer@inros-lackner.de Abb. 2: Die „CMA CGM Christophe Colomb“ in Vietnam Foto: Inros Lackner
