Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2011-0095
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Der Stadtbus von morgen
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Ralf Haase
Unter der Schirmherrschaft von Bundesminister Dr. Peter Ramsauer fand vom 5. bis 6. Mai 2011 in Eberswalde die dritte internationale Fachtagung des Bereichs Verkehrsstudien im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. zum Thema „Elektromobilität und der Stadtbus von morgen“ statt. Ziel war es, den aktuellen internationalen Status quo zum Elektrobus zu skizzieren und die zukünftigen Entwicklungsrichtungen in diesem Verkehrssegment des ÖPNV für Deutschland aufzuzeigen.
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VERANSTALTUNGEN Elektrobuskonferenz Internationales Verkehrswesen (63) 5 | 2011 84 Der Stadtbus von morgen Unter der Schirmherrschaft von Bundesminister Dr. Peter Ramsauer fand vom 5. bis 6. Mai 2011 in Eberswalde die dritte internationale Fachtagung des Bereichs Verkehrsstudien im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. zum Thema „Elektromobilität und der Stadtbus von morgen“ statt. Ziel war es, den aktuellen internationalen Status quo zum Elektrobus zu skizzieren und die zukünftigen Entwicklungsrichtungen in diesem Verkehrssegment des ÖPNV für Deutschland aufzuzeigen. D er Begrif „Oberleitungsbus“ war historisch negativ besetzt, innovativ vollzogene Entwicklungen in dieser Nutzfahrzeugsparte fanden kaum Beachtung. Erst mit der Agenda der Bundesregierung zur Elektromobilität kam Bewegung in die zum Teil festgefahrenen Sichtweisen und es gelang, den neuen umfassenderen Begrif „Elektrobus“ in aufsteigender Hierarchie von fahrleitungsgestütztem Trolleybus, elektrisch unterstützten Dieselhybridbus bis zum vollelektrischen Stadtbus durchzusetzen und neu zu bewerten. In der Eberswalder Konferenz hat sich gezeigt, dass ausgehend von den verkehrs-, umwelt- und energiepolitischen Vorgaben in den letzten Jahren die wissenschaftlichtechnische Entwicklungsarbeit für Elektrobusse sowohl im konventionellen wie auch im innovativen Bereich eine generelle Beschleunigung erfahren hat. In den thematischen Blöcken: •• Vom O-Bus zum innovativen Elektrobus •• Neue Rahmenbedingungen für den straßengebundenen ÖPNV •• Neue Technologiekonzepte für den Stadtbus fand dies seine Bestätigung. Mit dem Leitvortrag des BMVBS wurde deutlich erkennbar, dass die verkehrspolitische Sichtweise klar auf Zukunftstechnologien ausgerichtet ist und das Nationale Innovationsprogramm Wasserstof- und Brennstofzellentechnologie und das Programm Modellregionen in weiterführende Projekte im ÖPNV münden sollen. Nach aktuellem Erkenntnisstand wird es keine spezielle Bundesförderung für die konventionellen Technologien bei elektrischen Stadtbussen geben. Allerdings bleibt es den Bundesländern in Abstimmung mit den kommunalen Gebietskörperschaften überlassen, Finanzmittel aus dem Entflechtungsgesetz in bestehende bzw. neue Trolleybussysteme zu investieren. Was die Fahrzeug- und Ausrüsterindustrie am Markt anbietet, wird für den deutschen ÖPNV nach Meinung des Autors nur dort Bedeutung haben, wo diese Systeme bereits bestehen und schrittweise vervollkommnet wurden. Bei den Trolleys spiegelt sich das vor allem in der Rekuperation der Bremsenergie in fahrzeuginternen Energiespeichern und in wachsenden Gefäßgrößen der Fahrzeuge wider (24 m-Bus mit einer Fahrgastkapazität von ca. 200 Personen), die eine Umstellung auf die kostenintensivere Stadtbahn vermeiden können. Innovative Technologien Die Vorträge der dritten Konferenz wiesen auf die Richtungen der grundlagen- und anwendungsorientierten Forschung hin: Einsparung der material- und kostenintensiven Oberleitung mittels leistungsfähiger Batterie- und Ladetechnik (Erhöhung der Energiedichte in Hochleistungsbatterien bzw. punktuelle stationäre Batterieaufladung im Rahmen des Flottenbetriebs) und Formen der induktiven Energieübertagung von der Straße ins Fahrzeug. Bei der Brennstofzelle gibt es bereits anwendungsfähige Prototypen, wobei die energiekostengünstige Verfügbarkeit von Wasserstof ein künftiges Problem darstellt. Mit dem Strategiekonzept der Bundesregierung zur Elektromobilität haben sich die politischen Rahmenbedingungen auch für den straßengebundenen ÖPNV wesentlich verbessert. Im Zweiten Bericht der Nationalen Plattform Elektromobilität vom 16. Mai 2011 erkennt man Ansätze, die Anwendungsbereiche nicht generell auf den Pkw zu begrenzen und die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten technologieofen zu handhaben. Dennoch findet der Anwendungsbereich „straßengebundener ÖPNV“ dort keine explizite Erwähnung. Es wird nun darauf ankommen, ausgehend von der Hybridtechnologie geeignete Forschungsprojekte zu definieren, die den Weg zum vollelektrischen Bus beschreiben. Systemisches Denken gefragt Das auf der Grundlage des Strategieberichts von der Bundesregierung am 18. Mai 2011 beschlossene „Regierungsprogramm Elektromobilität“ spiegelt das uneingeschränkt wider. Der Gedanke, Elektrofahrzeuge, Energie- und Verkehrssysteme als Einheit im Sinne von Mobilitätsstrategien zu betrachten, eine Akzeptanz beim potenziellen Nutzer für neue Technologien zu entwickeln sowie funktionierende Netzwerke zwischen Industrie und Wissenschaft schneller aufzubauen, lässt erkennen, dass ein stringenteres Vorgehen angemahnt wird, um die angestrebte Marktführerschaft Deutschlands bei der Elektromobilität in möglichst kurzer Zeit zu erreichen. Die 3. Elektrobuskonferenz hat mit ihrer Bestandsaufnahme und der Benennung der weiteren Forschungs- und Anwendungsrichtungen die Weichen für die Zukunft gestellt. Die parallele Entwicklung von E-Pkw und E-Bus kann von den Synergieefekten leben, die dem Wesen nach beiden Systemen immanent sind. Was Pkw wie Busse brauchen ist eine Imageaufwertung. Sie hängt wesentlich von Qualität und Preis der innovativen Produkte und ihrer Einbindung in Mobilitätskonzepte ab. ɷ Arbeitspräsidium der 3. Elektrobuskonferenz (v.l.n.r: Frank Wruck, Geschäftsführer BBG; Arnulf Schuchmann, Vorstandsmitglied TrolleyMotion e. V. Salzburg/ Zürich; Florian Böhm, BMVBS; Prof. Reinhart Kühne, DLR-Verkehrsstudien; Bodo Ihrke, Landrat Landkreis Barnim) Foto: R. Haase Ralf Haase, Dr. oec. habil. Friedrich-List-Forum Dresden e. V. an der Technischen Universität Dresden dr.ralfhaase@t-online.de
