eJournals Internationales Verkehrswesen 64/1

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2012-0006
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2012
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Wassernutzungsabgaben für die Schifffahrt?

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2012
Erik Gawel
Schiffsverkehr führt zu Umweltkosten durch morphologische und ökologische Eingrife in Oberlächengewässer. Vor dem Hintergrund des Finanzbedarfs für Schutzmaßnahmen nach der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, aber auch zur verursachergerechten Anlastung von Umweltkosten werden derzeit umfassende Wassernutzungsabgaben diskutiert. Sind diese aber im Bereich Schifffahrt geeignete Lenkungs- und Finanzierungsinstrumente?
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PolItIK Wasserstraßenmaut Internationales Verkehrswesen (64) 1 | 2012 19 Wassernutzungsabgaben für die Schiffahrt? Schifsverkehr führt zu Umweltkosten durch morphologische und ökologische Eingrife in Oberlächengewässer. Vor dem Hintergrund des Finanzbedarfs für Schutzmaßnahmen nach der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, aber auch zur verursachergerechten Anlastung von Umweltkosten werden derzeit umfassende Wassernutzungsabgaben diskutiert. Sind diese aber im Bereich Schiffahrt geeignete Lenkungs- und Finanzierungsinstrumente? D ie Schiffahrt wird vielfach als besonders umweltverträglicher Verkehrsträger gelobt, 1 vor allem mit Blick auf die klimapolitischen Entlastungsbeiträge. Auf der anderen Seite gerät die (Binnen-) Schiffahrt wegen ihrer Auswirkungen auf die Gewässer zunehmend in die Kritik. Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) verlangt bis 2015 insbesondere einen „guten ökologischen“ Zustand der Oberlächengewässer. Der Ausbau von Gewässern zu Wasserstraßen ist jedoch von erheblichen Eingrifen in die Ökologie und Morphologie der betrofenen Gewässer begleitet. Von den Bundeswasserstraßen erreichen heute weniger als 1 % den von der Wasserrahmenrichtlinie geforderten guten ökologischen Zustand oder das gute ökologische Potenzial. Gründe hierfür liegen vor allem in der veränderten Gewässergestalt - durch Begradigung und Kanalisierung, den Bau von Staustufen und Schleusen sowie der Ausdehnung von Uferbefestigungen, die zu einer starken Veränderung der natürlichen Gewässerbeschafenheit führen. So können die Durchgängigkeit für Wanderischarten unterbrochen, der hydrologische Austausch zwischen Fluss, Aue und Grundwasser reduziert, Veränderungen der Strömungs- und Transportvorgänge infolge veränderter Fließgeschwindigkeiten hervorgerufen und Substratumlagerungen vermindert sein. 2 Daneben ist die Schiffahrt mit schifsbetrieblichen Beeinträchtigungen der Gewässer verbunden (z. B. Gewässerverunreinigungen durch Öl, Ladungsreste oder Reinigungsmittel). In den einschlägigen Studien zu den Umweltkosten des Verkehrs 3 sind diese Auswirkungen bislang aus methodischen Gründen nicht ausreichend berücksichtigt. Unbestritten ist daher die Notwendigkeit, Belangen des Gewässerschutzes beim Ausbau und bei der Nutzung von Wasserstraßen angemessenen Raum zu geben. Allerdings stellt sich die Frage, mit welchen Instrumenten der Gewässerschutz umgesetzt werden soll. Ohne hierüber genaue Vorgaben zu machen, verlangt aber Art.- 9 WRRL, dass zur Zielerreichung auch kostendeckende Preise für Wasserdienstleistungen einschließlich „Umwelt- und Ressourcenkosten“ beizutragen haben. Was dies konkret für einzelne Wassernutzungen bedeutet, ist heftig umstritten: Ob etwa Aufstauungen zum Zwecke der Schiffahrt als „Wasserdienstleistungen“ gelten und damit der Kostendeckungsplicht unterliegen, wird kontrovers beurteilt. 4 Das rechtliche Gebotensein von Wassernutzungsabgaben (WNA) auf die Schiffahrt durch Art.- 9 WRRL ist nicht abschließend geklärt; ein anhängiges Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland, das Art.- 9 eng auslegt, und künftige Rechtsprechung des EuGH werden mehr Klarheit bringen. Der nationale Gesetzgeber ist aber nicht gehindert, weitergehende Abgabeplichten zu realisieren. Unabhängig vom umstrittenen Verplichtungsgehalt des europäischen Rechts gilt zudem aus umweltökonomischer Sicht, dass den Nutzern von Wasserressourcen die vollständigen gesellschaftlichen Kosten ihrer Nutzung angelastet werden sollten, um einen eizienten Umgang mit knappen Ressourcen sicherzustellen. Die verursachergerechte Anlastung bislang „externer“ Gewässerschäden (sog. Internalisierung) ist daher auch ein grundlegendes ökonomisches Gebot. Zudem stellt sich die Frage, wie der Finanzierungsbedarf für umfangreiche Maßnahmen nach der WRRL verursachergerecht aufgebracht werden soll. Bislang werden WNA in Deutschland nur in den Bereichen Abwasserbeseitigung (Abwasserabgabe) und Wasserbereitstellung (Wasserentnahmeentgelte) erhoben. Die Verbände und Unternehmen der Wasserwirtschaft, die traditionell einschneidenden Aulagen im Dienste des Gewässerschutzes einschließlich Abgabeverplichtungen unterliegen, verweisen darauf, dass nunmehr die Gewässerschutzprioritäten im Bereich der Gewässermorphologie und -ökologie lägen und deshalb lenkende wie inanzierende Zugrife künftig auf die in diesen Bereichen ursächlichen Sektoren zu richten seien. 5 Somit gerät auch die Schiffahrt in den Fokus der WNA-Debatte. In der wissenschaftlichen Literatur, 6 aber auch von Umweltverbänden 7 wird daher längst die Forderung erhoben, die Schiffahrt durch Wassernutzungsabgaben zur Abgeltung der durch sie verursachten Gewässerbeeinträchtigungen heranzuziehen. Das Wasserrecht macht stattdessen bisher von ordnungs- und planungsrechtlichen Instrumenten Gebrauch; diese belassen die zugestandene Gewässernutzung und deren Umweltauswirkungen entgeltfrei und Der Autor: erik Gawel »Zu unterscheiden sind hier Abgaben, die auf die Infrastrukturentscheidungen zum Ausbzw. Umbau eines Gewässers einwirken, von solchen Geldleistungen, welche die konkrete Befahrung einer Wasserstraße im Interesse des Gewässerschutzes entgeltpflichtig stellen.« Internationales Verkehrswesen (64) 1 | 2012 20 Foto: Ralf Roletschek sehen keine Freiheitsgrade in der Verhaltensanpassung vor. Verursachergerechte Kostenanlastung und Eizienz des Eingrifs bleiben so unzureichend. Andererseits besitzen diese Instrumente eine sofortige und abweichungsfreie Zwangswirkung. Auch können diese Regelungen - anders als die auf eine einzige Bemessungsgrundlage gerichtete Abgabe - beliebig komplex und detailliert auf gewässerschutzrelevante Einzelmaßnahmen ausgerichtet werden. Der ergänzende Einsatz von Wassernutzungsabgaben könnte vor diesem Hintergrund sowohl unter Lenkungsals auch unter Finanzierunggesichtspunkten vorteilhaft erscheinen. Eine eiziente Lenkung könnte die verkehrliche Nutzung und den diesbezüglichen Ausbau von Wasserstraßen auf ein volkswirtschaftlich optimales Maß begrenzen, das sowohl die Nutzen der Binnenschiffahrt als auch deren Kosten einschließlich der Gewässerbelastungen angemessen berücksichtigt. Doch können WNA gerade dieses Versprechen in der Praxis einlösen? Bevor wegen externer Gewässerkosten korrigierende Abgaben installiert werden, muss zunächst bedacht werden, dass damit in den Wettbewerb der Verkehrsträger eingegrifen wird, der insgesamt verzerrten Preissignalen unterliegt: In den Bereichen Klima- und Lärmschutz, Flächenverbrauch sowie Stau- und Unfallkosten sind ebenfalls nicht alle Umwelt- und Ressourcenkosten internalisiert - hier aber zu Lasten der Binnenschiffahrt. Volkswirtschaftlich „richtige“ Preise und Steuerungseingrife, die auch ökologisch die „Wahrheit sagen“, müssten alle Aspekte berücksichtigen: Der Binnenschiffahrt stünde danach ein fairer Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern zu, bei dem etwa die Klimaauswirkungen berücksichtigt, zugleich aber auch die erforderlichen Gewässerbeeinträchtigungen eingepreist sind - so wie andere Verkehrsträger ihre Eingrife in den Naturhaushalt (Versiegelung, Biodiversitätseingrife etc.) spüren müssten. Von einem solchen System perfekter Internalisierung sämtlicher externen Umweltlasten sind wir weit entfernt. Wird nun durch partielle Eingrife, etwa zugunsten des Gewässerschutzes, eine „Teil- Optimierung“ vorgenommen, so kann dies sogar wohlfahrtsmindernd wirken. Wie aber könnten WNA für die Binnenschiffahrt konkret aussehen? Zu unterscheiden sind hier Abgaben, die auf die Infrastrukturentscheidungen zum Ausbzw. Umbau eines Gewässers einwirken, von solchen Geldleistungen, welche die konkrete Befahrung einer Wasserstraße im Interesse des Gewässerschutzes entgeltplichtig stellen („ökologisierte Wasserstraßenmaut“). Eine direkte Belastung des Gewässerausbaus hat mit den hydromorphologischen Veränderungen der Gewässer die maßgeblichen Ursachen für die fehlende Erreichung der Umweltziele der WRRL im Blick. Dies könnte über eine Abgabe geschehen, die tatbestandlich an den Gewässerausbau anknüpft und direkt vom Bund als Vorhabenträger der Gewässerausbaumaßnahmen erhoben wird, denn gem. § 12- Abs.- 1- WStrG ist der Aus- und Neubau der Bundeswasserstraßen als Verkehrswege Hoheitsaufgabe des Bundes. Grundsätzlich kann auch der Bund Abgabeschuldner sein, wenn er den Tatbestand einer Abgabennorm erfüllt - selbst bei der Ausübung von Hoheitsaufgaben. In Bezug auf bereits verursachte Gewässerbeeinträchtigungen durch bestehende Binnenwasserstraßen hätte eine solche Abgabe keinerlei Lenkungsefekte, da sich hier die hydromorphologischen Veränderungen bereits realisiert haben. Auch für den zukünftigen Wasserstraßenausbau wären Lenkungswirkungen einer Gewässerausbauabgabe kaum zu erwarten: Dies gilt schon deshalb, weil der Bund als Entscheidungsträger politisch entscheidet und nicht ökonomisch, also nicht unter Abwägung wirtschaftlicher Anreize: Ihm steht die treuhänderische Verfügung über Steuermittel zu, ohne selbst unter existenziellen Kostendruck zu geraten wie ein Marktunternehmen. Politische Ausbau-Entscheidungen sind daher kaum rational über erhöhte Kosten unter Revisionsdruck zu setzen. Zwar sollte man im Rahmen dieser politischen Entscheidungsindung davon ausgehen, dass der Bund den Ausbau von Bundeswasserstraßen unter Berücksichtigung aller gegenläuigen Belange (Wirtschaftsinteressen, Naturschutz, Gewässerschutz) mit Augenmaß und im Einklang mit den ordnungsrechtlichen Bestimmungen betreibt, seinen Gewässerausbau und seine Wasserstraßenunterhaltung selber beschränkt und seine Bundeswasserstraßenverwaltung entsprechend anweist. Bleiben die Ergebnisse hier gewässergütepolitisch unbefriedigend, wie vielfach beklagt wird, 8 so überzeugt auch eine nachgeschaltete „Reparaturabgabe“ mit dem Ziel einer Ex-post-Korrektur nicht: Ein politisch zum Ausbau entschlossener öfentlicher Vorhabenträger wird sich durch - steuerlich jederzeit reinanzierbare - Zusatzkosten kaum davon abbringen lassen. Bei einmaligen Ja-/ Nein-Entscheidungen über Großinvestitionsvorhaben bzw. komplexe planerische Begleitsicherungen ist das morphologische Steuerungspotenzial einer Abgabe ohnehin gering: Sie kann grundsätzlich nur die Wirtschaftlichkeit eines Projekts herabsetzen, nicht aber morphologisch wirksame Feinsteuerungen anreizen. So unbefriedigend daher die bisherigen Ausbauplanungen des Bundes aus Sicht des Gewässerschutzes sein mögen, mit Hilfe einer Ausbauabgabe ist einem möglichen politischen Unwillen oder Unvermögen zur eizienten Abwägung auch der Gewässerbelange wohl nicht beizukommen. Um Planungsentscheidungen eizienter zu gestalten, wäre eher daran zu denken, den Planungsprozess durch Kosten-Nutzen- Analysen oder vergleichbare Instrumente zu rationalisieren. Denkbar wäre auch eine Benutzungsgebühr für Binnenwasserstraßen zur Deckung der externen Kosten, also die Einführung einer Internalisierung im Gebührenwege. Bereits jetzt werden an einzelnen Bin- PolItIK Wasserstraßenmaut hafen Büsum Internationales Verkehrswesen (64) 1 | 2012 21 erik Gawel, Univ.-Prof. Dr. Direktor des Instituts für Infrastruktur und Ressourcenmanagement der Universität Leipzig und stellv. Leiter des Departments Ökonomie am UFZ, Leipzig. erik.gawel@ufz.de nenwasserstraßen Schiffahrtsabgaben für die Benutzung der Bundeswasserstraßen und ihrer Anlagen durch die Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes als klassische Benutzungsgebühren erhoben (Befahrungsabgaben, Schleusengelder, Brückengelder). Derzeit werden die Abgaben lediglich an den Ausgaben für den Wasserverkehrsweg, einschließlich der Kosten für dessen Betrieb und Unterhaltung, bemessen (z. B. § 13- Abs.- 2 SeeAufgG für die Befahrung des Nord-Ostsee-Kanals). Sinnvoll wäre eine Ökologisierung der bestehenden Schiffahrtsabgaben unter Berücksichtigung von Umwelt- und Ressourcenkosten. Dies ermöglicht die verursachergerechte Finanzierung einer gewässerökologischen Unterhaltung und die Anlastung schifsbetriebsbedingte Umweltkosten. Unter Gesichtspunkten der gerechten Lastenverteilung ideal wäre zudem eine lächendeckende Einführung. Für eine Ökologisierung bestehender Schiffahrtsabgaben stünde dem Bund die Gesetzgebungskompetenz zu, da er nach der Föderalismusreform nicht mehr nur auf die Gesetzgebungskompetenz des Art.-74-Nr.-21-GG (Binnenschiffahrt und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen) beschränkt ist, sondern nunmehr auch gem. Art.- 74- Nr.- 32- GG die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für den Wasserhaushalt innehat. Abgabegläubiger wäre der Bund. Abgabeschuldner der Frachtführer und/ oder Eigentümer der Wasserfahrzeuge, Schwimmkörper und schwimmenden Anlagen. Bemessungsgrundlage könnten Art und Größe der Wasserfahrzeuge, Schwimmkörper und schwimmenden Anlagen, Art und Gewicht der Ladung und Umfang der Benutzung sein. In die Berechnung könnten Kosten für den Ausbau, den Betrieb und die Unterhaltung der Bundeswasserstraße einschließlich der damit verbundenen Umwelt- und Ressourcenkosten (gewässerökologische Unterhaltung, schifsbetriebsbedingte Umweltkosten) eingestellt werden. Dadurch würden die entstehenden Kosten auf den mittelbar verursachenden und durch Aus-/ Umbau proitierenden Verkehrsträger umgelegt. Voraussetzung wäre, dass internationale Vereinbarungen einer Abgabenerhebung nicht entgegenstehen. Durch eine umfassende ökologische Schiffahrtsabgabe können jedoch bei grenzüberschreitenden Flussläufen Konlikte mit internationalen Verträgen auftreten (z. B. nach der Revidierten Rheinschiffahrtsakte). Eine lächendeckende Erhebung von ökologisierten Infrastrukturabgaben gilt zwar als rechtlich möglich. 9 Auslegungsschwierigkeiten und Probleme der politischen Durchsetzbarkeit machen jedoch bei grenzüberschreitenden Flüssen letztlich ein anrainerbezogenes Gesamtkonzept für Abgabelösungen erforderlich. Bei ökologisierten Benutzungsgebühren hätten die Abgabeplichtigen keinen Einluss auf die Gewässermorphologie und könnten durch ihre Anpassungsmaßnahmen entsprechende Beeinträchtigungen weder mildern noch rückgängig machen. Allein die laufende Belastung der Gewässerökologie durch Schifsbetrieb könnte verringert werden. Die maßgeblichen Beeinträchtigungen, die durch Aus- oder Umbau des Wasserkörpers entstehen, bleiben so außerhalb des Anreizfeldes der Abgabe. Sie kann vielmehr zu Mindernutzungen anregen oder zu Marktaustritten führen. Dies ist zwar ebenfalls eine wichtige Lenkungsdimension und lastet folgerichtig Umwelt- und Ressourcenkosten an. Wenn jedoch klare Vorstellungen darüber bestehen, welche Wasserstraßen aus ökologischen wie wirtschaftlichen Erwägungen zur vordringlichen Renaturierung oder zum Ausbau vorzusehen sind, ist es kaum sinnvoll, zunächst einen lächendeckenden Ausbau der Gewässer zuzulassen, um anschließend dezentral - in einem längerfristigen Auszehrungsprozess der regionalen Binnenschiffahrt - über den Markt entscheiden zu lassen, wo Schiffahrt noch stattinden bzw. eingestellt werden und damit Renaturierung Platz greifen könnte. Das Ordnungsrecht ist hier überlegen: Es kann kurzfristig greifen und vermeidet sinnlose Ausbau- und anschließende Rückbauinvestitionen. Eine Ökologisierung von Schiffahrtsabgaben ist damit nicht obsolet, darf aber keine zu großen Erwartungen hinsichtlich der gewässermorphologischen Schutzefekte wecken. Weder können sie eiziente Planungsentscheidungen substituieren, noch decken sie zentral nicht bekannte Informationen über Renaturierungskandidaten auf. Stattdessen geraten sie in verkehrs- und regionalpolitische Wertungswidersprüche. Zum Teil wird befürchtet, dass durch den Finanzierungsdruck ein Anreiz für unerwünschte Verkehrsverlagerungen geschaffen würde. 10 Die Folge wäre, dass bestehende und funktionierende Infrastruktursysteme (einschließlich ihrer Gewässerbeeinträchtigungen) fortexistieren würden, deren Nutzen jedoch nicht mehr realisiert werden könnte. Hier kann nur ein umfassendes Gesamtkonzept für alle Transportinfrastruktursysteme helfen, durch Berücksichtigung sämtlicher Umweltefekte ineiziente Verlagerungen zu vermeiden. Zur Kostenwahrheit im Sinne einer vollen Anlastung externer Efekte, zur horizontalen Kostengerechtigkeit zwischen allen Wassernutzern sowie zur Finanzierung können ökologisierte Mautlösungen gleichwohl sinnvoll beitragen. ɷ 1 Planco Consulting GmbH, Verkehrswirtschaftlicher und ökologischer Vergleich der Verkehrsträger Straße, Bahn und Wasserstraße, 2007. Siehe auch Mitteilung der Kommission über die Förderung der Binnenschiffahrt vom 17.1.2006, KOM(2006) 6, S.- 2 f., nach der auf die Binnenschiffahrt als „umweltfreundlichster Landverkehrsträger“ (im Vergleich zum Verkehr auf Straßen und Schienen) aus Gründen der Verkehrs- und Umweltpolitik verstärkt zurückgegrifen werden sollte. 2 Reinhold, Der Schutz der Umwelt in der Binnenschiffahrt unter besonderer Berücksichtigung ausgewählter zukünftiger Handlungsansätze auf dem Weg zu einer ökologischen Binnenschiffahrtspolitik, 2008, 3 f.; BUND, Hintergrundpapier Binnenschiffahrt, 2001. 3 Infras/ IWW, External Costs of Transport, 2004; Schreyer et al., Externe Kosten des Verkehrs in Deutschland - Aufdatierung 2005, 2007; Gohlisch et al., Umweltauswirkungen der Binnenschiffahrt - Ein Vergleich mit Lkw- und Bahntransporten, Internationales Verkehrswesen 57 (2005), 150 f.; Planco Consulting (Fn. 1) 4 Dafür Unnerstall, Kostendeckung für Wasserdienstleistungen nach Art. 9 EG-WRRL, ZUR 2009, 234 f.; dagegen Kolcu, Der Kostendeckungsgrundsatz für Wasserdienstleistungen nach Art. 9 WRRL, 2008, 45 f.; Desens, Wasserpreisgestaltung nach Art. 9 EG-Wasserrahmenrichtlinie, 2008, 147 f. 5 VKU Stellungnahme. Forschungsbericht „Weiterentwicklung von Abwasserabgabe und Wasserentnahmeentgelten zu einer umfassenden Wassernutzungsabgabe, 2011; Bode, Redlichkeit und Zukunft der Abwasserabgabe, in: Streitfragen. Die Energie- und Wasserwirtschaft im Dialog 2011, 94 f. 6 Von Keitz/ Kraemer, Kurz- und langfristige Handlungsoptionen bedeutsamer Akteure, in: von Keitz/ Schmalholz (Hrsg.): Handbuch der WRRL, Berlin 2002, 245, 251; Palm, Beitrag zur Erweiterung des Einsatzes ökonomischer Instrumente im Rahmen einer gesamtheitlichen Flussgebietsbewirtschaftung, 2006, 99 f., die für eine an die genutzte schifbare Gewässerläche gekoppelte Nutzungsabgabe für die Binnenschiffahrt plädiert; Grünebaum et al., Gewässernutzer als Kostenträger: ein Umlagemodell zur verursacherbezogenen Finanzierung von Maßnahmen, in: 40. Essener Tagung für Wasser- und Abfallwirtschaft vom 14.-16.3.2007, 2007, 29/ 1 f.; Gawel/ Köck et al., Weiterentwicklung von Abwasserabgabe und Wasserentnahmeentgelten zu einer umfassenden Wassernutzungsabgabe, UBA-Texte, 67/ 2011. 7 BUND-Vision für Flusslandschaften in Deutschland. Eine Studie zur Lage und zu den Perspektiven der Flüsse und Ströme in Deutschland, 2011, 38. 8 BUND-Vision für Flusslandschaften in Deutschland (Fn. 8). 9 Generell für die herkömmlichen Benutzungsgebühren: Kreuter, Die Erhebung von Abgaben für die Nutzung der Bundeswasserstraßen durch die Schiffahrt, in: NordÖR 2007, 271 f.; für Umweltabgaben: Lagoni, Die Zulässigkeit von Schiffahrtsabgaben, in: Ehlers/ Erbguth (Hrsg.): Sicherheit im Seeverkehr und Fragen der Schiffahrtsabgaben, 2008, 43, 51 f. 10 So jedenfalls Europäische Kommission, Faire Preise für die Infrastrukturbenutzung: Ein abgestuftes Konzept für einen Gemeinschaftsrahmen für Verkehrs-Infrastrukturgebühren in der EU, Weißbuch, 22. Juli 1998, 56.