eJournals Internationales Verkehrswesen 64/2

Internationales Verkehrswesen
iv
0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2012-0038
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2012
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Shared Space - Vorfahrt für Kooperation

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2012
Sascha Baron
Christoph Menzel
Shared Space ist eine Planungsphilosophie, die in vieler Hinsicht ein Umdenken erfordert. Schließlich versucht dieser Ansatz in einem der am stärksten geregelten Bereiche, dem Verkehr, Restriktionen und Vorrechte abzubauen – und zwar zugunsten von Kommunikation und Gestaltung. Erfahrungen am Beispiel Umbau des Bahnhofplatzes in Konstanz.
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infraStruktur Verkehrsplanung Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 39 Shared Space − Vorfahrt für Kooperation Shared Space ist eine Planungsphilosophie, die in vieler Hinsicht ein Umdenken erfordert. Schließlich versucht dieser Ansatz in einem der am stärksten geregelten Bereiche, dem Verkehr, Restriktionen und Vorrechte abzubauen - und zwar zugunsten von Kommunikation und Gestaltung. Erfahrungen am Beispiel Umbau des Bahnhofplatzes in Konstanz. D er Anglizismus Shared Space ist in aller (Planer-)Munde. Entgegen vieler Spekulationen, was einen „Shared Space“ ausmacht, ist die Grundidee des Hans Monderman nicht schwer zu verstehen und auch nicht so neu, wie oft behauptet wird. Hans Mondermans Grundidee Straßen zeichnen sich in der Regel durch die Funktionen: Erschließung, Verbindung und Aufenthalt aus. In Zeiten der autogerechten Stadt, deren Planungsauswirkungen noch heute verschiedenenorts erlebbar sind, wurden primär die Aspekte Erschließung und Verbindung berücksichtigt. Mondermans Grundidee ist, dass den öfentlichen Straßenräumen wieder mehr Aufenthaltsfunktion zukommt. Die Verkehrsteilnehmer müssen miteinander kommunizieren. Dies ist nur bei verminderten Fahrgeschwindigkeiten möglich, so dass Schwächere durch die Stärkeren auch wahrgenommen werden können. Hierfür ist wichtig, dass das Sehen und Gesehenwerden durch die Schafung großzügiger Sichtbereiche ermöglicht wird. Die Straße muss einfach zu verstehen sein. Seine Grundidee bedeutet ein Mehr an Verkehrssicherheit. Jene Grundidee enthält aber noch einen anderen, sehr aktuellen Gedanken: Beteiligung der Öfentlichkeit an Planung, die als Kooperation, also auf gleicher Augenhöhe stattindet. Sein Anspruch war es, dass möglichst viele Akteure frühzeitig und prozessbegleitend einbezogen werden. Ebenso sollen die Planenden im Sinne einer „Advokatenplanung“ handeln und den Entwurf durch hinzugewonnenes lokales Expertenwissen sowie die Planungsideen der „Laien“ bereichern. Es geht darum, eine Straße für alle zu planen, die auch von allen akzeptiert wird. Die mit der Verbesserung der Aufenthaltsqualität verbundene Wiederaneignung des öfentlichen Raums ist nur konsequent für moderne Demokratien; schon im antiken Griechenland fand das demokratische Leben „auf der Straße“ statt. Die Autoren: Sascha Baron, Christoph Menzel Abb. 1: Vorentwurfsplanung Bahnhofplatz Konstanz (Stand 2010) Graik: Stadt Konstanz infraStruktur Verkehrsplanung Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 40 Beteiligungsformen in Deutschland Es gibt zwischenzeitlich eine Vielzahl an Beteiligungsformen und -verfahren, die angewendet werden können. Leider ist deren Anwendung auch heute noch nicht selbstverständlich. Gründe dafür liegen im zeitlichen und damit verbundenen Kostenaufwand, häuig aber auch im Fehlen eines situations- und vorhabenangepassten Beteiligungskonzepts. Bei der Beteiligung wird in vier Beteiligungsintensitäten unterschieden. Sie diferieren in der Kommunikationsrichtung zwischen Planenden, Beteiligten, Politik und Öfentlichkeit. ƀǁ Erkunden von Interessen und Meinungen ƀǁ Informieren, Fördern von Meinungsbildung ƀǁ Beteiligen, Mitwirken ƀǁ Kooperieren. Im konkreten Fall des Planungsprojekts Bahnhofplatz Konstanz wurde von der Ideenphase bis zu aktuell laufenden Ausführungsplanung eine intensiver werdende Mischung dieser vier Beteiligungsformen gewählt. konstanzer Modell einer Begegnungszone In Konstanz soll der Bahnhofplatz umgebaut werden. Durch die besonderen verkehrlich-städtebaulichen Gegebenheiten vor Ort wurde keine standardisierte Umbauplanung gewählt (Baron, Menzel 2010). In der Schweizerischen Nachbarstadt Kreuzlingen wurde Anfang 2011 die Hauptstraße, ein mit etwa 8000 Fahrzeugen im DTV belasteter Straßenabschnitt, umgebaut und als Begegnungszone gewidmet. Baulich orientiert sich das Konstanzer Beispiel u. a. daran. Verkehrsrechtlich greift man zunächst auf die Widmung als „verkehrsberuhigten Geschäftsbereich“ mit einem Tempolimit von 20 km/ h zurück. Bereits im Herbst 2008 gab es erste Workshops mit der Öfentlichkeit, in denen man sich zunächst nur der allgemeinen Thematik des Straßenumbaus nach „neuen Regeln“ widmete. Diese Öfentlichkeitsbeteiligung wurde - unterbrochen von reinen Planungsphasen - schrittweise intensiviert. Doch selbst die Planungsphasen selbst wurden nicht rein durch eine Konstellation aus Stadtverwaltung und Planungsbüros durchgeführt. Alle Sitzungen der „Arbeitsgruppe Bahnhofplatz“ wurden interdisziplinär geführt und von zahlreichen Externen sukzessive ergänzt. Feste Teilnehmer der Arbeitsgruppe sind - neben den städtischen Fachämtern - die Deutsche Bahn AG als Eigentümer einer Teilläche, die TU Kaiserslautern als externe Berater, die planenden Büros, die Polizei Konstanz, die Stadtwerke Konstanz und der Behindertenbeauftragte der Stadt. Diese Arbeitsgruppe befasste sich nicht nur mit der Planung sondern gleichzeitig mit der Öfentlichkeitsbeteiligung. Auf diese Weise konnte auf einige interne Abstimmungsmodalitäten weitgehend verzichtet werden. Ausgehend von den eher allgemein gehaltenen Workshops im Herbst 2008 gab es bis dato zwei weitere, jeweils detailliertere und konkretisierte Workshops, Beteiligungsrunden und Fachexkursionen vor allem mit Betrofenen und Anliegern, denen ein dritter Workshop im Rahmen des aktuell beschlossenen zunächst provisorischen Umbaus folgen wird. Erste Beteiligungsrunde november/ Dezember 2009 Schon zu diesem Zeitpunkt spielten gruppenspeziische Fragestellungen eine besondere Rolle. So wurden Anfang November 2009 an zwei aufeinander folgenden Tagen als erstes Mobilitätseingeschränkte und Anlieger mit den groben planerischen Ideen konfrontiert. Einen Monat später und von diesen ersten Beteiligungen beeinlusst folgte eine Veranstaltung für die allgemeine Öfentlichkeit. Die gesammelten Anregungen aller drei Veranstaltungen wurden für die politische Debatte aubereitet und dokumentiert. Ergänzt wurde noch eine öfentlich dokumentierte Fachexkursion mit Fachvertretern und Gemeinderäten im Dezember 2009 zum Umsetzungsbeispiel „Neue Mitte Ulm“. Im März 2010 folgte dann in zwei Runden die öfentlich-politische Grundsatzdebatte zum Projekt. Der Gemeinderat der Stadt Konstanz beschloss dann im März 2010 die Vorentwurfsplanungen, die zunächst parallel von zwei Planungsbürogemeinschaften in Konkurrenz erstellt wurden, von einem Büro weiterführen zu lassen. Die Ergebnisse der bis dahin vorliegenden Vorentwurfsplanungen sollten in einer weiteren Intensivierungsstufe der Öfentlichkeit vorgestellt und Anregungen Abb. 2: Begegnungszone Hauptstraße Kreuzlingen Foto: Menzel Abb. 3: Bahnhofplatz Konstanz (Stand 2010) Foto: Baron/ imove Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 41 eingeholt werden. Diese intensive Öfentlichkeitsbeteiligung wurde auf Antrag der Stadtverwaltung neben dem reinen Planungsbeschluss separat beschlossen. Damit war nicht nur der planerische Grundsatz mit einem demokratisch gefällten Beschluss verankert, sondern auch die Art und Intensität der projektbezogenen Beteiligungen. Workshop april 2010 Am 16.4.2010 fand ein ganztägiger, öfentlicher Workshop statt, der sich speziell mit den Belangen mobilitätseingeschränkter Menschen befasste. Der Ablaufplan sah eine Zweiteilung in einen gemeinschaftlichen Fachteil vormittags und Kleingruppenarbeit am Nachmittag vor. Die Moderation des Workshops übernahm ein Lokalredakteur der hiesigen Tagespresse, um einerseits Neutralität gegenüber der Verwaltung zu wahren und andererseits eine erweiterte Öfentlichkeitswirksamkeit des Termins selber zu erzielen. Nach einem Impulsvortrag über Beteiligungsformen für Mobilitätseingeschränkte bei kommunalen Planungen wurde von Seiten des planenden Konsortiums die Vorentwurfsplanungen vorgestellt. Die Planungsinhalte wurden verbal und optisch dargestellt, zusätzlich jedoch anhand einer zuvor ausgeteilten blindenlesbaren Broschüre. Die Folien des Powerpoint-Vortrags stimmten inhaltlich mit den Seiten der Broschüre überein. Die mehrseitige Broschüre zeigte in mehreren Layern die einzelnen gestalterischen Elemente des Bahnhofplatzes. Ausgehend von der Gesamtübersicht mit Gebäudekanten und Fahrbahnkanten enthielt die Darstellung Baumstandorte, Möblierungen und weitere Flächenelemente. Die Darstellung erfolgte über einen lüssigen Kunststof, der auf eine feste Papierschicht aufgebracht wird und somit erhaben erscheint und ertastbar ist. Die Beschriftung erfolgte mit Braille- Schrift. Gedruckt wurde die Broschüre in 25-facher Ausführung in der Blindenbibliothek Zürich. Für Hörgeschädigte waren über den gesamten Workshop zwei Gebärdendolmetscherinnen anwesend. Abschließend erfolgte die Zuordnung in die Kleingruppen, die über bestimmte, gruppenspeziische Anforderungen diskutierten. Die größte Gruppe stellte dabei die der Gehbehinderten, was auch den realen Begebenheiten am ehesten entspricht. Vor allem die Tatsache, dass auch gesunde Menschen mit vorübergehenden Handicaps (wie schweres Gepäck, Kinderwagen oder heilbaren körperlichen Einschränkungen) zu dieser Gruppe gehören, ist ausschlaggebend für eine erhöhte Aufmerksamkeit, die dieser Gruppe zuteil wurde. Die zweitgrößte Gruppe befasste sich vor allem mit Sehbehinderungen. Diese Gruppe schließt vor allem auch eine größer werdende Gruppe älterer Menschen ein, deren Sehvermögen stetig nachlässt. Die dritte Gruppe befasste sich mit den Belangen kognitiv eingeschränkter Menschen, deren Hauptanspruch darin liegt, die Gestaltung vor Ort möglichst einfach und verständlich zu halten. Hauptaugenmerk lag bei allen drei Gruppen auf dem Aspekt der Überquerbarkeit des gemeinsam genutzten Fahrbahnbereichs. Ein weiterer Aspekt war die Zugänglichkeit zu den öfentlichen Verkehrsmitteln vor Ort. Die Aufwertung der Seitenbereiche, die geplante Qualität der Möblierung und die Toilettenverfügbarkeit wurden von allen Seiten als deutliche Verbesserung gegenüber dem heutigen Zustand erwähnt. Alle drei Gruppenbesprechungen wurden separat moderiert und protokolliert, die Ergebnisse der Gruppen wurden abschließend allen vorgestellt und in aubereiteter Form im Internetangebot der Stadt Konstanz bereitgestellt. Die Protokollinhalte sind vertraglich abgesicherte Basis der anschließenden Entwurfsplanung, ebenso die aktive Teilnahme des Planungskonsortiums am gesamten Beteiligungsvorgang. Damit ergab sich auch das Arbeitspaket der bereits genannten interdisziplinären Arbeitsgruppe, die die konkreten Änderungswünsche auf Umsetzbarkeit prüfte, und auch eine Abwägung für konkurrierende Änderungswünsche vornahm. Die Art und Intensität der Beteiligung wurde von allen Anwesenden ausdrücklich gelobt. Verbesserungsvorschläge zum Ablauf und der Methodik des Workshops wurden nicht geäußert. Es wurde jedoch vorgeschlagen, die Broschüre, deren Beschriftung ausschließlich mit Braille-Schrift versehen war, noch um eine erhabene Beschriftung mit lateinischen Buchstaben zu ergänzen, da nur sehr wenige Blinde die Braille-Schrift lesen können, lateinische Buchstaben aber ertastbar sind. Die Kosten für den Workshop beliefen sich auf insgesamt ca. 12 000-EUR. konzept zweiter Workshop mit Orts- und Materialbegehung Mit Hilfe des Workshops im April 2010 wurden die besonderen Belange mobilitätseingeschränkter Personen identiiziert und gemeinsam diskutiert. Hierbei stand auch eine Sensibilisierung der individuellen Ansprüche (z. B. Gehbehinderte, Blinde, Kinder) an den Verkehrsraum im Vordergrund. Diese Er- Abb. 4: Detailansicht blindenlesbare Broschüre Foto: Baron/ imove Abb. 5: Gruppensitzung im Rahmen des Workshops vom 16.4.2010 Foto: Menzel/ Baron infraStruktur Verkehrsplanung Internationales Verkehrswesen (64) 2 | 2012 42 kenntnisse lossen bereits in den Abwägungsprozess für die Ausführungsplanung ein. Aus dem zwischenzeitlich beschlossenen provisorischen Umbau des Bahnhofplatzes ergibt sich die Chance, das verkehrliche Prinzip einer Begegnungszone - also den beabsichtigten Betrieb - im Entwurfsraum erlebbar zu machen. Das allein genügt jedoch nicht: Gerade der Einbau und die Materialwahl haben für mobilitätseingeschränkte Menschen und natürlich für die Stadtgestalt weitreichende Auswirkungen, die auf Jahrzehnte festgelegt werden und daher einer frühzeitigen Überprüfung bedürfen. Die vierte Stufe der Beteiligung und Kooperation setzt daher auf eine Kombination aus Workshop sowie Orts- und Materialbegehung. Der Sachstand der Ausführungsplanung soll durch eine Auswahl der in Frage kommenden Materialien sowie der geplanten Einbauarten für ein Teilstück als Muster eingebaut werden. Im Rahmen der Orts- und Musterbegehung ist vorgesehen, dass nicht nur die bisher beteiligten mobilitätseingeschränkten Personen, sondern auch die politischen Entscheider und Planer sowie weitere Interessierte einbezogen werden. Wichtig hierbei ist, dass es nicht um einen Umbau ausschließlich für Menschen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen geht: Es zählen auch z. B. Eltern mit Kinderwagen oder Reisende mit Gepäck zur Gruppe der Mobilitätseingeschränkten. All diese formulieren ähnliche Ansprüche hinsichtlich der Barrierefreiheit des öfentlichen Verkehrsraums und sind nicht nur bei intermodalen Verkehrsknotenpunkten wie im vorliegenden Beispiel betrofen. Mit Hilfe unterstützender Methoden sollen die jeweiligen Einschränkungen für alle Akteure simuliert und erlebbar gemacht werden. Der Grad der Barrierefreiheit der beabsichtigten Materialien und Einbauarten wird hierdurch überprüft. Als Hilfsmittel sollen dabei sowohl z. B. Rollstühle und Rollatoren, Dunkelbrillen, ggf. Age-Explorer und ähnliche Materialien zum Einsatz kommen. Es wird auch angestrebt die unterschiedlichen wetterabhängigen Zustände der Materialoberlächen zu simulieren; gerade bei Nässe können zusätzliche Probleme identiiziert werden. Durch den kombinierten Workshop wird nicht nur eine Lösungsindung anhand der gemeinsam gemachten Erfahrungen angestrebt. Auch eine weitreichende Akzeptanz der endgültig umgebauten Situation durch die unterschiedlichen Personengruppen wird so erst möglich. Die Ergebnisse dieser Beteiligungsstufe bilden eine wesentliche Grundlage für die endgültige Materialauswahl im Rahmen der Ausführungsplanung. Empfehlungen und Übertragbarkeit Gerade intermodale Verkehrsknotenpunkte, wie insbesondere Bahnhofplätze, bedürfen im Rahmen eines Umbaus einer guten und intensiven Beteiligungskultur. Der für den Bahnhofplatz frühzeitige und kontinuierliche Ansatz kann aber auch für andere verkehrsrelevante Umbauprojekte adaptiert werden. Grundsätzlich sollte mit Beginn eines Vorhabens gleichzeitig ein situationsangepasstes integratives Beteiligungskonzept erstellt werden; hier kann von Shared Space gelernt werden. Das Beispiel Konstanz kann durch das Aufgreifen dieser kooperativen Beteiligung durchaus als Vorzeigebeispiel gelten. ɷ Grundsätze für beteiligungsformen mobilitätseingeschränkter Personengruppen Folgende Grundsätze bezüglich der Beteiligung insbesondere Mobilitätseingeschränkter sollten bei Neu- und Umbauprojekten in sensiblen Stadträumen unbedingt eingehalten werden: ƀǁ Bildung einer interdisziplinären Arbeitsgruppe unter Einbezug des städtischen Behindertenbeauftragten bzw. den wichtigsten Behindertenverbänden, falls diese Position nicht besetzt ist. ƀǁ Die Beteiligung im Rahmen der Budgetierung des Projekts mit bis zu 5 % der Projektsumme verankern, ggf. weitere städtische Budgets (Öfentlichkeitsarbeit, Stadtmarketing) anzapfen. ƀǁ Bürgerinformation und Workshoptätigkeit bereits in der Phase der Ideensammlung ƀǁ Intensive Beteiligung in jeder neuen Planungsphase; orientieren kann man sich dabei an der HOAI. ƀǁ Bei neuen Planungsansätzen den Planungsprozess unbedingt wissenschaftlich begleiten lassen und ausführlich dokumentieren. Den Fokus auf wissenschaftliche Erkenntnisse bezüglich der Barrierefreiheit bzw. der Integration von Mobilitätseingeschränkten legen, alle anderen kommen dann automatisch mit. ƀǁ Bürger und Mobilitätseingeschränkte kreativ in den Planungsprozess eingreifen lassen. ƀǁ Unbedingt zwischen konkurrierenden Ansprüchen Mobilitätseingeschränkter moderieren. Baulich bedingte Fehler können später schlecht korrigiert werden. ƀǁ Unbedingt sollten die Planenden die Sichtweise Mobilitätseingeschränkter selbst erfahren. Blindenleittrainer und Behindertenverbände bieten überall solche Musterbegehungen mit Dunkelbrille bzw. Rollstuhl an. ƀǁ Alle Arten von Einschränkungen (Sehbehinderungen, Hörbehinderungen, Bewegungseinschränkungen, kognitive Einschränkungen) müssen bekannt und sowohl im Beteiligungsals auch im Abwägungsprozess berücksichtigt werden. ƀǁ Planunterlagen sollten blindenlesbar (ggf. unter Verzicht auf Braille-Schrift) in taktilen Schichten dargestellt werden. Die Erstellung solcher Unterlagen sollte im Rahmen der HOAI-Verträge verbindlich eingefordert werden. Die aktuelle HOAI bietet hierfür die Möglichkeit der freien Verhandlung von Vergütungen. ƀǁ Eine Musterbegehung entweder auf einem vergleichbaren Materialparcours, auf einem provisorischen Umbauabschnitt oder auf einer realitätsgetreuen Musterläche sollte nur für Projekte durchgeführt werden, in denen der Straßenraum nicht standardisiert umgebaut wird. In diesen Fällen gilt jedoch: je realitätsnäher, desto besser. ƀǁ Der gesamte Prozess ist ständig aktuell zu dokumentieren. Am besten eignen sich hierfür interaktive Internetportale. LEITFAdEN Christoph J. Menzel, Prof. Dr.-Ing. Professor für Verkehrskonzepte und Angebotsplanung im Öfentlichen Verkehr an der Hochschule Ostfalia und freiberulicher Verkehrsplaner Ch.menzel@ostfalia.de Sascha Baron, Dipl.-Ing. Wissenschaftlicher Mitarbeiter Institut für Mobilität und Verkehr Technische Universität Kaiserslautern Sascha.baron@imove-kl.de LITERATUR BARON, SASCHA; MENZEL, CHRISTOPH: „Niederländische Shared Spaces und Schweizer Begegnungszonen - Planerische Herangehensweise am Beispiel des Projektes Umbau des Bahnhofplatzes von Konstanz“, in: Der Nahverkehr, Ausgabe 10/ 2010, S. 52-60, Düsseldorf 2010. BMLFUW (Hrsg.): Partizipation & nachhaltige Entwicklung in Europa, online abrufbar unter: http: / / www.partizipation.at - letzter Zugrif: 31.08.2011 FGSV (Hrsg.)(in Vorbereitung): Hinweise zur Beteiligung und Kooperation in der Verkehrsplanung, Köln. GERLACH, JÜRGEN: Shared Space, und alles wird gut? − Neue Analysen und Bewertungen. in: Straßenverkehrstechnik, Vol. 54 1/ 2010, S. 32-41. ILS NRW (Hrsg.): Nachhaltige Verkehrspolitik - Akteure und Prozesse - Ein Leitfaden, ILS NRW Schriften 206, Dortmund 2007. LUTZ, SABINE: Shared Space ist kein Verkehrskonzept. in: Mobilogisch! 3/ 2009, S. 43-44. SCHWAB, ARNDT: Straßengestaltung aus Fußgängersicht. Was leisten Shared Space, Begegnungszonen und Verkehrsberuhigte Bereiche? in: Verkehrszeichen 2/ 2010, S. 14-20. Stadt Konstanz: http: / / www.konstanz.de/ umwelt/ 01029/ 02010/ 03748/ index.html? lang=de