eJournals Internationales Verkehrswesen 64/3

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2012-0061
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Sprachkenntnisse und Kontakte unverzichtbar

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Kerstin Zapp
Schienengüterverkehre von und nach Osteuropa sind heutzutage weniger abenteuerlich als noch vor zehn oder gar 20 Jahren. Doch manche Schwierigkeiten sind geblieben. Zudem hat sich die Bedeutung des Begriffs „Osteuropa“ verändert.
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LOgISTIK Osteuropa Internationales Verkehrswesen (64) 3 | 2012 25 Sprachkenntnisse und Kontakte unverzichtbar Schienengüterverkehre von und nach Osteuropa sind heutzutage weniger abenteuerlich als noch vor zehn oder gar 20 Jahren. Doch manche Schwierigkeiten sind geblieben. Zudem hat sich die Bedeutung des Begrifs „Osteuropa“ verändert. W er in der EU und auf der Normalspur bleibt, hat es heute einfacher, Transporte auf der Schiene von und nach Osteuropa zu organisieren. Die Verzollung und damit diverse bürokratische Grenzprobleme fallen weg und das System des Einzelwagenverkehrs funktioniert besser als in Westeuropa. Darüber hinaus sind die Eisenbahnmärkte in Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Rumänien und Slowenien liberalisiert, so dass nicht nur auf Staatsbahnen, sondern auch auf private Gesellschaften zurückgegrifen werden kann. Zudem können Beförderungspreise auch mit den Staatsbahnen mittlerweile ausgehandelt werden, sind also nicht mehr starr tarifgebunden. Das berichtet Aleksandra Zlobinska, Geschäftsführerin der Ermefret GmbH, Berlin, in der Ausgabe 11/ 12 von „Rail Business“. Ermefret betreibt vor allem Eisenbahnlogistik für die chemische Industrie sowie Mineralöl- und Gasprodukte. Licht und Schatten Zlobinska spricht in dem Interview aber auch von den Schwierigkeiten. Sie beginnen an der Grenze zwischen Breit- und Normalspur, an der die Waren umgeladen und die Frachtbriefe umgeschrieben werden müssen von SMGS im Osten zu CIM im Westen und umgekehrt. Bei der Re-Expedition erweise sich zudem besonders die Ladungsgewichtsbestimmung gerade bei Bulkware als schwierig. Da auf beiden Seiten mit unterschiedlichen Waagen gewogen werde, komme es auf jeden Fall zu Mengendiferenzen und somit zu Komplikationen für die Zolldokumente. In der Regel erhalte der Händler auf der Westseite weniger Ware als er oder sein Kollege auf der Ostseite eingekauft habe. Ein weiteres Problem sind für Zlobinska die Standgelder, die in den Umschlagterminals berechnet werden, wenn Breit- und Normalspurwagen zu unterschiedlichen Zeiten eintrefen. Die Zeiten ließen sich nur dann einigermaßen vorausbestimmen, wenn der Spediteur sowohl für die Organisation des Transports auf dem Streckenteil in den GUS-Ländern als auch für den Teil innerhalb der EU verantwortlich sei. Oft werde die Logistik jedoch an der Grenze gebrochen, weil die Ware über mehrere Händler vermittelt werde. Handlungsbedarf Als Osteuropa deiniert Ermefret heute vor allem den europäischen Teil der GUS-Länder wie Russland, Ukraine, Weißrussland und Litauen. Vor wenigen Jahren waren damit noch Länder wie Polen und Tschechien gemeint. Anders als in diesen Ländern ist der Transporteur in den europäischen GUS-Staaten immer die jeweilige Staatsbahn. Entsprechend können laut Zlobinska die Preise auch nicht verhandelt werden. Hier bleibe allenfalls die Möglichkeit, eine Routenalternative zu suchen. Doch abgesehen von den Problemen im Breitspurnetz liege auch auf dem osteuropäischen Normalspurnetz einiges im Argen. Dies seien vor allem die hohen Trassenpreise etwa in Polen und der Slowakei, der schlechte Zustand des Netzes, der meist nur Transporte mit 80 t schweren beladenen Waggons (also rund 10 t weniger als der Standard in Westeuropa erlaubt) ermögliche, und die unterentwickelten Informationssysteme, die eine Bestimmung des jeweiligen Standorts von Wagen und Ladung erschwere. Hier regiere noch das Telefon. Darüber hinaus müsse dringend in den Bau von intermodalen Terminals investiert werden. Dass Transporte von und nach Osteuropa trotzdem erfolgreich organisiert werden können, führt Zlobinska vor allem darauf zurück, dass die Ermefret-Mitarbeiter die Sprachen der jeweiligen Länder beherrschen und sehr gute Beziehungen zu den vor Ort Tätigen plegen. Sie hielten einen persönlichen Kontakt zum Personal an wichtigen Bahnhöfen und an den Grenzübergängen sowie zu den verschiedenen Staatsbahnen. Darüber hinaus werde versucht, Einzelwagen und Wagengruppen zu Ganzzügen zu bündeln oder an solche anzuhängen. ■ Die Autorin: Kerstin Zapp Kerstin Zapp (zp) freie Fachjournalistin Redaktionsteam „Internationales Verkehrswesen“, DVV Media Group GmbH, Hamburg kerstin.zapp@dvvmedia.com Das Metrans-Terminal in Prag. Metrans ist eine Tochter der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und sorgt vor allem für die Anbindung des osteuropäischen Hinterlands an die deutschen Seehäfen. Foto: HHLA