eJournals Internationales Verkehrswesen 64/3

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2012-0073
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EU beseitigt Barrieren im europäischen Seeverkehr

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Werner Balsen
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Internationales Verkehrswesen (64) 3 | 2012 61 EU beseitigt Barrieren im europäischen Seeverkehr D ie EU schaft den hindernisfreien europäischen Seeverkehrsraum. Das Europäische Parlament (EP) und die dänische Ratspräsidentschaft als Vertreterin der Mitgliedstaaten einigten sich darauf, dass Waren auch im Seeverkehr zwischen EU- Häfen ohne aufwändige Zoll- und Grenzformalitäten befördert werden können. Was der Lkw längst darf, war für Schife bislang nicht möglich. Während Lastwagen ohne bürokratische Hindernisse die Grenzen von EU- Mitgliedstaaten überfahren können, sind Schife, die Güter von einem EU-Hafen in den eines anderen Mitgliedslandes transportieren, nach wie vor aufwändigen Zollformalitäten unterworfen. Denn der gemeinsame Binnenmarkt ist für den Seeverkehr bislang nicht verwirklicht. Noch bestehende Komplikationen im innereuropäischen Seeverkehr werden jetzt abgeschaft. Mit technischer Unterstützung der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (Emsa) und ihrem Safe Sea Net System wird es möglich sein, sicherzustellen, dass Schife im Short-Sea-Verkehr den europäischen Binnenmarkt nicht verlassen haben. Dass Werner Balsen EU-Korrespondent der DVZ Deutsche Logistik-Zeitung B E R I C H T A U S B R Ü S S E L VON WERNER BALSEN sie etwa auf einer Fahrt vom EU-Hafen Porto zum EU-Port Piräus nicht im außerhalb der Union gelegenen marokkanischen Tanger festmachen. In diesem Fall verzichten die Behörden im Zielhafen Piräus auf die bislang noch erforderlichen Zollformalitäten. „Mit der technischen Hilfe der Emsa ist es möglich, einen wahren Binnenmarkt auf See zu schafen und die Hürden abzuschafen, die den maritimen Transport verkomplizieren“, sagt der Hamburger EP-Abgeordnete Knut Fleckenstein (CDU). Er führte die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten. Fleckenstein betont, dass deren Regierungen sich lange gesträubt hätten, der Emsa mehr Zuständigkeiten zu übertragen. Das gilt auch für die stärkere Einbeziehung der Agentur in Ausbildung und Training von europäischen Seefahrern. Das Parlament hätte etwa das Emsa-Muster-Curriculum gerne verbindlich für die Ausbildung in den EU-Ländern festgeschrieben. Dagegen wehrten sich die Regierungen erfolgreich, so dass ihnen jetzt freigestellt ist, die Expertise der Agentur bei der Ausbildung zu nutzen. „Jeder Mitgliedstaat fordert eine Verbesserung der maritimen Ausbildung und attraktivere Karriereperspektiven für die Schiffahrt. Nennenswerte Initiativen gab es aber bisher nicht“, kritisiert der Abgeordnete. ■ »Auch für Schifstransporte wird der gemeinsame Binnenmarkt Wirklichkeit.« Reeder brauchen mehr Zeit Kaum ein Seeschiffahrtsthema wurde in den vergangenen Monaten derart kontrovers diskutiert wie die Senkung der Schwefelemissionswerte. Die Reeder sehen in den besonders scharfen Bestimmungen für Nord- und Ostsee eine zu große Belastung, die ihre Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt. Denn in dieser Region gilt von 2015 an ein Schwefelgrenzwert von 0,1 %. Der weltweite Standard hingegen wird 2012 von 4,5 auf zunächst nur 3,5 % sinken. Schätzungen der EU zufolge könnten die Schifsbetriebskosten um bis zu 40 % steigen; in der Folge zögen die Transportpreise an. Die in der Ostseefahrt tätigen Reedereien rechnen damit, dass ihnen für die Anpassung ihrer Flotten an die von 2015 an gültigen Umweltschutzvorschriften eine Übergangsfrist von fünf Jahren eingeräumt wird. Diese Zeit sei erforderlich, um die vorhandene Technologie zur Entschwefelung der Rauchgase an die Gegebenheiten in der Schiffahrt anzupassen. „Die Industrie ist noch nicht in der Lage, solche Anlagen für unsere Schife zu liefern“, sagte Hanns Heinrich Conzen, Geschäftsführer der TT-Line. In einem Pilotprojekt, das von der EU und dem Bund inanziell gefördert wird, will die TT-Line die Technik im Verkehr zwischen Deutschland und Schweden testen. Schife mit fast schwefelfreiem Treibstof zu betreiben, würde wegen der deutlich höheren Kosten zu einer Verlagerung von Verkehren auf den Landweg führen. Vor einem Zusammenbruch der Container-Feederschiffahrt warnte der Schifsmakler Torsten Westphal (Arkon Shipping). Weil der Einbau von Entschwefelungsanlagen bei den kleinen Schifen in der Regel nicht zu inanzieren sei, seien die Eigner dann gezwungen, Beschäftigung außerhalb Europas zu suchen. SHORT-SEA-vERKEHR