eJournals Internationales Verkehrswesen 64/4

Internationales Verkehrswesen
iv
0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2012-0106
61
2012
644

»Die Mobilität der Zukunft liegt auf der Schiene!«

61
2012
Guillaume Pepy
iv6440086
GasTkOMMEnTar Guillaume Pepy Internationales Verkehrswesen (64) 4 | 2012 86 »Die Mobilität der Zukunft liegt auf der Schiene! « I n den vergangenen Jahrzehnten erweckte es den Anschein, dass das Flugzeug den Zug im grenzüberschreitenden Verkehr verdrängen würde. Heute hat jedoch das gute alte „Stahlross“ wieder das Potenzial, das Rückgrat des Transportwesens zu werden. Für SNCF, eines der weltweit führenden Mobilitäts- und Logistikunternehmen, mit Serviceleistungen für Personen und Frachtkunden in 120 Ländern sowie für den internationalen Schienenverkehr ist dies eine große Chance. Die Energie- und Umweltkrise, aber auch die Globalisierung und der explosiv ansteigende Außenhandel haben selbst Zweilern vor Augen geführt, dass der Schienenverkehr eine Schlüsselrolle einnehmen muss, wenn wir langfristig den CO 2 -Ausstoß reduzieren und den Straßenverkehr entlasten wollen. SNCF macht sich bereits seit einiger Zeit, angetrieben durch die Entwicklung des damals revolutionären Hochgeschwindigkeitszugs (TGV), Gedanken über den französischen Verkehr der Zukunft. So ist der TGV für viele Destinationen attraktiver als das Auto und mindestens genauso interessant wie das Flugzeug. Im Jahr 2011 haben wir 126 Mio. Reisende im TGV befördert, während Lufthansa beispielsweise 100 Mio. Passagiere verzeichnete. Laut der Studie Planes, Trains, and Automobiles. Crossing Paths in European Travel der Boston Consulting Group werden bis zum Jahr 2020 50 % aller Zielorte in Europa schneller mit dem Zug als mit dem Flugzeug zu erreichen sein. Das ist jedoch alles nur der Anfang. Wenn es einen einheitlichen europäischen Eisenbahnmarkt gäbe, könnte sich der Schienenverkehr noch rascher entwickeln. Denn trotz europäischer Richtlinien ist die Überschreitung einer Landesgrenze mit dem Zug immer noch eine technische und organisatorische Herausforderung. Die jeweiligen nationalen technischen Sicherheitsnormen für das Schienennetz und die eingesetzten Fahrzeuge müssen schnellstmöglich angeglichen werden. Insbesondere in Grenzregionen und somit auf lokaler Ebene müssen wir gemeinsam neue Mobilitätskonzepte entwickeln. Im Rahmen dieser neuen Mobilitätskonzepte steht SNCF vor einer Reihe neuer Herausforderungen. So wollen wir beispielsweise unsere Dienstleistungen noch innovativer und individueller gestalten, um in der direkten Konkurrenz mit dem Flugzeug den Wettbewerbsvorteil unserer Züge nutzen zu können. Ein Angebot von attraktiven Dienstleistungen, die den Reisenden in den Mittelpunkt unserer Aktivitäten stellt, genießt daher höchste Priorität bei SNCF. So wird SNCF künftig 50 Mio. EUR - und damit zweibis dreimal so viel wie heute - in ein neues Garantieprogramm investieren, das neue Maßstäbe in der Kundenbindung setzt. Hiermit möchte SNCF das Reisen im Fernverkehr für ihre Kunden so einfach und komfortabel wie möglich gestalten. Die Garantie „Umbuchung oder Rückerstattung“ ermöglicht beispielsweise im Falle eines Zugausfalls oder einer Verspätung von mehr als einer Stunde vor der Abfahrt, dass TGV- und Intercités- Passagiere zur Erreichung ihres geplanten Reiseziels ohne Zusatzkosten einen anderen Zug nehmen können oder aber sie erhalten auf Wunsch den vollen Preis ihrer Fahrkarte unverzüglich zurück. Zudem steht SNCF über das Internet und neue Social Media-Kanäle im ständigen Austausch mit den Reisenden, um auf deren Bedürfnisse gezielt eingehen zu können und den Zug als Transportmittel zukünftig noch attraktiver zu machen. Der Zug hat somit alle Chancen, wieder zu dem zu werden, was er am Anfang des vergangenen Jahrhunderts war: Stützpfeiler der Mobilität von Menschen und Waren. Mit seiner soliden Verankerung im Schienenverkehr und seinem weltweit anerkannten Know-how ist SNCF entschlossen, die Weichen für die Zukunft zu stellen und Mobilität neu zu erinden. ■ Guillaume Pepy Seit 2008 Präsident des SNCF-Konzerns. Zuvor verantwortete er sechs Jahre lang als COO die operativen Geschäfte von SNCF, nachdem er bereits knapp 20 Jahre im Bahnsektor tätig gewesen war. Er ist Absolvent der Elitehochschule ENA sowie der Science Po Paris. ZUr PErsOn Foto: Mediathek SNCF