eJournals Internationales Verkehrswesen 64/5

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2012-0116
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Safety first beim Gefahrenguttransport

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Brigitta  Ebeling
Michael Marx
Falsche Verpackungen, eine unprofessionelle Abfertigung oder eine nicht korrekte Bezeichnung – die Gründe, warum Güter zu einer Gefahr werden können, sind vielfältig. Wird Gefahrgut transportiert, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein.
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Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 26 LOGISTIK Gefahrgüter Safety first beim Gefahrguttranport Falsche Verpackungen, eine unprofessionelle Abfertigung oder eine nicht korrekte Bezeichnung - die Gründe, warum Güter zu einer Gefahr werden können, sind vielfältig. Wird Gefahrgut transportiert, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein. J ahr für Jahr und in größer werdendem Umfang werden Güter in der Luft, auf der Straße und auf See transportiert, welche die internationalen Luftfahrtorganisationen „International Civil Aviation Organisation“ (ICAO) und „International Airline Transport Association“ (IATA) als Dangerous Goods, also gefährliche Güter, klassiizieren. Bei der Lufthansa Cargo beispielsweise waren es im vergangenen Jahr über 130 000 Gefahrgutsendungen weltweit, davon über 25 000, die nur auf Frachtern transportiert werden durften („Cargo aircraft only“). Art und Weise des Transports In die Kategorie Dangerous Goods fallen die verschiedensten Substanzen: von Explosivstofen über brennbare Stofe bis zu giftigen oder radioaktiven Substanzen. Nicht alle sind auf den ersten Blick als Gefahrgut erkennbar - wie etwa Frachtstücke mit magnetisierenden Komponenten, bestimmte Batterietypen, Spraydosen aller Art oder auch Autos. Nicht erkannt, falsch verpackt, inkorrekt gekennzeichnet oder dokumentiert, unprofessionell abgefertigt - all dies können Gründe sein, warum die Stofe zu einer Gefahr werden können. Und zwar nicht nur für die Menschen, welche die Fracht verpacken, abfertigen oder verladen oder sich auch nur in der Nähe auhalten. Von Gefahrgütern können auch mögliche Gefahren für das Flugzeug mit Passagieren und Crew, für Gebäude und die Umwelt ausgehen. Kaum ein Produktionsprozess kommt heute ohne Güter der neun IATA-Gefahrgutklassen aus. Komponenten von Produkten werden vielfach an unterschiedlichen Standorten produziert; efektive Logistik spielt in der globalisierten Wirtschaft eine zentrale Rolle. Das gilt für die chemische und pharmazeutische Industrie ebenso wie für die Automobilindustrie und Konsumgüter. Die Frage ist nicht, ob Gefahrgüter transportiert werden, sondern wie sie sicher transportiert werden. Worauf kommt es dabei an? In erster Linie geht es um den sachgerechten Umgang und die Verladung, um die Sicherstellung der erforderlichen Qualiikation aller, die beim Transport von Gefahrgut eine Rolle spielen und um eine wirklich sichere Verpackung. Die Kriterien hierfür sind nicht der individuellen Einschätzung etwa einer Luftverkehrsgesellschaft oder sogar einzelner Mitarbeiter überlassen, sondern detailliert in den von der IATA herausgegebenen Dangerous Goods Regulations (DGR) geregelt - aktuell auf über 900- Seiten. Der Umgang mit dem „DGR-Buch“ will gelernt sein, für den Laien hat es „sieben Siegel“. Die Autoren: Brigitta ebeling, Michael Marx Foto: Lufthansa Cargo Internationales Verkehrswesen (64) 5 | 2012 27 Anforderungen für am Transport Beteiligte Für jeden am Transportprozess Beteiligten gibt es bestimmte Anforderungen. Er muss auf seine Aufgabe zugeschnittene Lizenzen vorweisen können. Für die Fluggesellschaften heißt dies: Die Ware annehmen und die gefährliche Fracht und ihre Dokumentation „checken“, darf nur, wer in einem Präsenzlehrgang eine sogenannte Category 6 (CAT-6)-Lizenz erworben hat und diese alle zwei Jahre erneuert. Aubauen, ver- und entladen darf, wer eine CAT 8-Lizenz besitzt. Gefahrgüter in der Information an die Piloten („Notiication to Captain“ − NOTOC) ausweisen darf ebenfalls nur ein Mitarbeiter mit CAT 8-Lizenz. Auch für die Versender und Spediteure sind die Anforderungen an ihre Qualiikation entsprechend geregelt. Für das Versenden bzw. Verpacken benötigen Mitarbeiter die Lizenzen CAT- 1 und CAT- 2. Für den Erwerb und das Aufrechterhalten der erforderlichen Lizenzen sind Versender, Spediteure und Luftfahrtunternehmen selbst verantwortlich und müssen diese gegenüber den zuständigen Behörden nachweisen: Gefahrgut versenden darf nur, wer über die geforderte Befähigung verfügt und diese bei einem von den zuständigen Behörden anerkannten Unternehmen erworben hat. Bei Lufthansa Cargo, einem der führenden Luftfrachtanbieter für Gefahrgut, besteht allein das Gefahrgut-Spezialistenteam in der Exportannahme am Drehkreuz Frankfurt aus 19 Mitarbeitern mit CAT- 6-Lizenz. Jedes Jahr schult das Lufthansa-eigene Trainingszentrum in Seeheim über 300 eigene Mitarbeiter sowie Mitarbeiter anderer Unternehmen im sachgerechten Umgang mit gefährlichen Gütern. Jedem Versender sollte stets bewusst sein, dass es eben keine normale Fracht ist, die er verschickt. Und so spielen - neben den grundlegenden Kriterien Streckenangebot, Transportmöglichkeiten (Hat die Airline Frachter für mein „Cargo aircraft only“- Frachtstück? Kann die Airline auch mit radioaktiven, giftigen oder explosiven Substanzen umgehen? ) und preislichen Konditionen - beim Gefahrgut das Vertrauen in Fachkompetenz und Verantwortungsgefühl des Transportpartners eine wesentliche Rolle. Der Transporteur muss die Materie beherrschen. Er darf keine Kompromisse eingehen, wenn es um die korrekte Umsetzung von Regeln geht, auf die sich die DGR- Experten von ICAO und IATA verständigt haben. Das bedeutet erheblichen Aufwand. Es bedeutet, dass alle involvierten Mitarbeiter ständig über Neuerungen und Änderungen informiert sind. Prozesse müssen angepasst werden und Kunden rechtzeitig erfahren, wenn ihre Fracht von solchen Änderungen betrofen ist. Hier geht es ganz wesentlich um Erfahrung und Engagement. Kompromisslose Beachtung von Aulagen und Restriktionen, sorgfältigster Umgang mit Gefahrgut sind letztendlich das ureigene Interesse eines Versenders und des von ihm gewählten Spediteurs - wenn er ruhig schlafen will, so lange seine Fracht in der Obhut des Luftfrachtanbieters ist. Keine Kulanz bei gefährlichen Gütern Auf die Probe gestellt wird das oft langjährige, erprobte Verhältnis zwischen Versender/ Spediteur und Airline, wenn eine Sendung durch die Fluggesellschaft abgelehnt wird: Die Airline entdeckt bei Annahme, dass die Dokumentation nicht vollständig ist, Labels fehlen, die Verpackung beschädigt ist oder nicht der für den Inhalt geforderte Verpackungstyp verwendet wurde. Kulanz - ein Schlüsselbegrif in vielen Branchen - darf es beim Umgang mit gefährlichen Gütern nicht geben. Hier muss die Airline die Annahme der Fracht ablehnen. Der Transportplan kann aus den Fugen geraten, dann muss neu geplant werden. Unerfreulich für alle Beteiligten - vom Versender bis zum Empfänger, der auf die Fracht nun womöglich länger warten muss. Auch wenn die Verantwortung für den Ablehnungsgrund beim Versender liegt, auch wenn der Spediteur in der Verplichtung steht, „ready for carriage“ anzuliefern - in solchen Fällen gilt, dass Versender, Spediteur und Airline mit Blick in die Zukunft gemeinsam Fehler analysieren und aus Fehlern lernen. Für den gefahrlosen Transport von gefährlichen Gütern muss die Transportkette durchgehend höchsten Ansprüchen genügen - ohne Ausnahme: „Safety irst“. ■ Brigitta ebeling Senior Product Manager Care/ td Lufthansa Cargo Brigitta.ebeling@dlh.de Michael Marx Manager Dangerous Goods Regulations Lufthansa Cargo k-michael.marx@dlh.de Jetzt anmelden unter www.dvz.de/ luftfracht Jetzt anmelden unter www.dvz.de/ luftfracht www.dvz.de ? Sie erhalten u.a. Antworten auf folgende Fragen: ̈ Welcher Verlader sollte sich zertifizieren lassen, wer sollte darauf verzichten? ̈ Was ist beim Antrag auf Zertifizierung zum Bekannten Versender zu beachten? ̈ Was offerieren die Security-Berater, was leisten die Schulungsanbieter? ̈ Ist die Aircargo-Kette auf künftig sehr viel „unsichere“ Fracht eingestellt, droht ein Kontrollstau? ̈ Was leisten X-Ray-Geräte, sind Schnüffelhunde eine alternative Form der Kontrolle? 2. DVZ-Konferenz „Luftfrachtsicherheit“ Aircargo-Security: Der Countdown läuft 23. Oktober 2012 Köln/ Bonn Airport 4940_anz_dvz_luftfracht_180x84_v4_test.indd 1 14.09.2012 15: 14: 19