Internationales Verkehrswesen
iv
0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2013-0012
31
2013
651
Qingdao auf dem Weg an die Spitze
31
2013
Dirk Ruppik
Der nordchinesische Hafen Qingdao will seine führende Rolle als Rohstof- und bedeutender Containerhafen für China und Nordostasien ausbauen. Mit 30 Millionen TeU könnte er 2020 zu den fünf größten Häfen der Welt gehören und seinen südkoreanischen Konkurrenten Busan hinter sich lassen.
iv6510034
Internationales Verkehrswesen (65) 1 | 2013 34 Qingdao auf dem Weg an die Spitze Der nordchinesische Hafen Qingdao will seine führende Rolle als Rohstof- und bedeutender Containerhafen für China und Nordostasien ausbauen. Mit 30 Millionen TeU könnte er 2020 zu den fünf größten Häfen der Welt gehören und seinen südkoreanischen Konkurrenten Busan hinter sich lassen. D as Land der Mitte hat große Zukunftspläne für Qingdao: Der Hafen soll zu einem Schiffahrtszentrum für Nordostasien werden. Dafür hat die Qingdao Port Group einen Verbund mit den chinesischen Häfen Rizhao, Yantai und Weihai sowie dem südkoreanischen Hafen Busan gebildet. Laut dem britischen Magazin Portstrategy wollen mehrere internationale Unternehmen, darunter APM Terminals, rund 4,6 Mrd. USD in die Hafenexpansion investieren. Qingdao ist gemessen am Containerumschlag derzeit der siebtgrößte Hafen der Welt: Laut Nachrichtenagentur Xinhua schlug er im Jahr 2012 rund 14,5 Mio. TEU um, ein Plus von 11,4 % gegenüber dem Vorjahr. Zum Vergleich: 2011 stand Schanghai als weltgrößter Hafen bei 31,7 Millionen TEU, Singapur schlug 29,9 Millionen TEU um, Hongkong 24,4 Millionen TEU und Qingdao belegte mit 13 Millionen TEU Platz acht (Tabelle 1). Gemäß Xinhua erreichte Qingdao 2012 ein Frachtvolumen von 400 Mio. t, eine Steigerung um 9,5 %. Durch verschiedene Projekte soll bis 2015 das Containervolumen auf 20- Mio. TEU und die Frachtkapazität auf 600 Mio. t erweitert werden. Im Jahre 2020 könnte der Hafen dann mit 30 Mio. TEU Umschlagvolumen bei 200 gegenüber heute 81 Liegeplätzen Schanghai und anderen Häfen in der Region ernsthafte Konkurrenz machen. Bedeutende rolle als rohstofhafen Schon heute hat die Millionenstadt Qingdao in der ostchinesischen Provinz Shandong einen der bedeutensten Rohstohäfen Chinas. Es ist der weltgrößte Hafen für den Eisenerzimport und der wichtigste Rohölhafen Chinas und umfasst das alte Hafengebiet, den Huangdao-Ölhafen, das neue Qianwan-Hafengebiet sowie den Dongjiakou-Hafenbereich. In Dongjiakou existieren Tiefwasserterminals der Weltklasse für Eisenerz, Kohle, Rohöl und Getreide. Für die Weiterentwicklung von Dongjiakou hat die Qingdao Port Group strategische Allianzen unter anderem mit der Sinopec Group, COSCO und der China Merchants Group geschlossen, um den Schüttgutumschlag von bisher 30 Mio. t im Jahr 2012 auf 300 Mio. t zu steigern. Ende 2011 wurde der erste Vertrag mit einem ausländischen Investor geschlossen, dem brasilianischen Hafen Vila Velha. Hinter diesem brasilia- Der Autor: dirk ruppik INFraSTruKTur Seehafenausbau Foto: Maersk Line China Internationales Verkehrswesen (65) 1 | 2013 35 nischen Engagement stehen das Bestreben Chinas, sich aus der Eisenerz-Abhängigkeit von Australien zu befreien, und der Wunsch der brasilianischen Minengesellschaft Vale, mit ihrer Valemax-Frachterlotte nach China vorzudringen. Bisher verbietet Peking allerdings noch das Docken von Valemax- Schifen in China. Das Unternehmen besitzt 35 Frachter mit 400 000 t Tragfähigkeit, mit denen es den australischen Konkurrenten Rio Tinto und BHP Billiton Paroli bieten will: Gegenüber den halb so großen Capesize-Frachtern will Vale 25 bis 30 % Transportkosten einsparen. China importiert bisher 60 Prozent der weltweiten Eisenerz-Produktion, im August 2012 hatte Vale nur rund 20 % Anteil daran. Langfristig ist geplant, Dongjiakou als Handelsbasis für Schüttgut sowie als Schiffahrts- und Logistikzentrum auszubauen. Schon 2012 wurden hier 5,4 Mrd. EUR investiert. Ende 2012 meldete Xinhua den Bau von drei neuen Hafenbecken mit 112- Liegeplätzen. Zudem wurde der größte Tiefwasser-Liegeplatz der Welt mit 400 000 t Kapazität eröfnet. Bisher existieren vier Liegeplätze, doch der Vorsitzende und Präsident der Qingdao-Hafengruppe, Chang Dechuan, will 2013 weitere neun Liegeplätze mit einer Umschlagskapazität von gesamt 220 Mio. t im Hafengebiet bauen. Bis 2015 soll die Handling-Kapazität bei 300-Mio. t liegen. Containerterminal der Spitzenklasse Laut eigener Aussage besitzt die Qingdao Port Group das weltweit größte Containerterminal für Schife mit Kapazitäten zwischen 12 000 und 15 000 TEU. Dem Aoshanwan-Hafengebiet soll zwischen 2015 und 2020 eine Schlüsselrolle in der Planung des Qingdao International Container Port zufallen. Zusammen mit acht Partnern aus vier Ländern - der A.P. Moller-Maersk Group, DP World, APL, Cosco, China Merchants Group, Pan-Asia International Holdings und SITC International Holdings - will der Betreiber das internationale Joint Venture auf die Beine stellen. Schon im Jahr 2000 wurde das Qingdao Qianwan Container Terminal Co.Ltd. (QQCT) eröfnet (Bild 1). Am QQCT sind neben der Qingdao Port (Group) Co. Ltd. mit 31 % Anteilen die Dubai Ports World (29 %), Cosco Paciic (20 % Anteile, 18,18 % Stimmrechte) und A. P. Moller-Maersk Group (20 %) beteiligt. Das Terminal beherbergt bisher elf Liegeplätze für Containerschife bis 10 000 TEU. Die Kailänge beträgt 3 400 m mit bis zu 17,5 m Wassertiefe. Die Kapazität des gesamten Terminals lag bisher bei 6,5 Mio. TEU. Laut Bonnie Huang, Managerin bei Maersk China, sind weitere sechs Liegeplätze in Planung - die dänische Reederei hat hier im vergangenen Jahr mit mehr als einer Million TEU einen Rekordumschlag erreicht. Kürzlich erteilte der chinesische Staatsrat der Qingdao Qianwan Bonded Port Zone die Erlaubnis für den Import von vollständigen Kraftfahrzeugen. Derzeit wird ein RoRo- Terminal gebaut, und der Import wird noch 2013 beginnen. Dadurch soll die wachsende Nachfrage nach Automobilen aus dem Hinterland befriedigt werden. Qingdao kooperiert schon seit 20 Jahren mit Wilhelmshaven. „Mit dem Jade-Weser- Port bekommt Wilhelmshaven endlich einen festen Anlaufpunkt für die enge Partnerschaft“, erklärte der Oberbürgermeister von Wilhelmshaven Andreas Wagner. Dass die Kooperation und Kontakte nach China bereits Früchte tragen, hatten zuletzt die Ansiedlungspläne der Jade-Werke gezeigt. Das Tochterunternehmen der chinesischen Jiangsu Hantong Group will im Nordhafen Tripods bauen, Gründungsstrukturen für Ofshore-Windkraftanlagen. Kopf an Kopf mit dem engsten Konkurrenten Das Zentrum der Weltwirtschaft bewegt sich unauhaltsam Richtung China und Nordostasien. Dementsprechend entwickeln viele Länder ihre Logistiknetzwerke und streben eine Hub-Strategie an.Während sich Qingdao als führender Rohstof- und bedeutender Containerhafen für China und Nordostasien etabliert hat und seine Stellung ausbauen und festigen will, plant zum Beispiel Busan in Südkorea ebenfalls, sich als Hub für Nordostasien zu beweisen. Busan handelt 95 % des gesamten Containerumschlags und 45 % der gesamten Exportfracht des Landes. Bis 2015 sollen dort die 25 größten Containerhäfen der Welt rang Hafen, Land umschlag in Mio. Teu 2010 2011 1 Schanghai, China 29,07 31,74 2 Singapur, Singapur 28,43 29,94 3 Hongkong, China 23,70 24,38 4 Shenzhen, China 22,51 22,57 5 Busan, Südkorea 14,18 16,17 6 Ningbo-Zhoushan, China 13,14 14,72 7 Guangzhou, China 12,55 14,26 8 Qingdao, China 12,01 13,02 9 Jebel Ali, Dubai, VAR 11,60 13,01 10 Rotterdam, Niederlande 11,14 11,88 11 Tianjin, China 10,08 11,59 12 Kaohsiung, Taiwan, China 9,18 9,64 13 Port Kelang, Malaysia 8,87 9,60 14 Hamburg, Deutschland 7,91 9,04 15 Antwerpen, Belgien 8,47 8,66 16 Los Angeles, USA 7,83 7,94 17 Keihin Ports*, Japan 7,48 7,64 18 Tanjung Pelepas, Malaysia 6,47 7,50 19 Xiamen, China 5,82 6,47 20 Dalian, China 5,24 6,40 21 Long Beach, USA 6,26 6,06 22 Bremen/ Bremerhaven, Deutschland 4,89 5,92 23 Laem Chabang, Thailand 5,19 5,73 24 Tanjung Priok, Indonesien 4,61 5,62 25 New York-New Jersey, USA 5,29 5,50 * Der japanische Hub Keihin in der Bucht von Tokio umfasst die Häfen Yokohama, Kawasaki und Tokio. Tabelle 1: Liste der 25 größten Containerhäfen der Welt, Stand 2011. (Quelle: World Shipping Council) INFraSTruKTur Seehafenausbau Internationales Verkehrswesen (65) 1 | 2013 36 30 neue Containerliegeplätze im New Port entstehen, das Hinterlandstraßensowie das Schienennetzwerk sollen ausgebaut werden. Zudem will sich die Stadt in ein Finanzzentrum für Nordostasien verwandeln. Busan hat sich zunehmend in einen Transhipment-Hafen für Ostrussland, Nordchina und Nordwest-Japan mit einem extensiven Feedernetzwerk entwickelt. Gegenüber den japanischen Häfen hat Busan wegen des starken Yen einen eindeutigen Kostenvorteil. Und während einige Häfen in China aufgrund des stürmischen Wetters teilweise geschlossen werden müssen, bleibt Busan ganzjährig geöfnet. Laut Betreiber Busan Port Authority verfolgt der Hafen eine Strategie der Kooperation und des Wettbewerbs beziehungsweise des gemeinsamen Wohlstands (co-prosperity). Deshalb erweitert die Hafenverwaltung ihre Partnerschaften mit Häfen in China und Japan, um die eigenen nordostasiatischen Transhipment- Services zu optimieren. Qingdao wird derweil in den kommenden fünf Jahren acht neue Logistikparks erhalten und so die Transformation der Stadt hin zu einem komplexen Schiffahrts-Hub und internationalen Luftfahrt-Logistikzentrum dirk ruppik Asien-Korrespondent und freier Fachjournalist mit Büro in Thailand dirk.ruppik@gmx.de beschleunigen. Die Regierung will hier 45-Mrd. Yuan, rund 5,3 Mrd. EUR, in 63 logistische Schlüsselprojekte investieren. Der Anteil der Logistik am städtischen Bruttoinlandsprodukt soll 2015 bereits 11 % betragen. Die Qingdao Port Group arbeitet weiterhin mit den nahegelegenen chinesischen Häfen Rizhao, Yantai und Weihai zusammen, um die Hubpläne zu verwirklichen. Seit kurzem betreibt die Hafengruppe auch ein Rohölterminal mit einer Kapazität von 300 000 t in Kyauk Phyu, Rakhine State, für die China-Myanmar-Pipeline. Harte Zeiten für chinesische reeder Die Schiffahrtsindustrie des Landes ist, so berichtet Xinhua ganz ofen, wegen des zurückgehenden Im- und Exportwachstums 2012 in stürmische Gewässer gefahren. Der Präsident der Qingdao-Hafengruppe, Chang Dechuan, sagte schon im September: „Die Häfen und Reedereien müssen sich gut darauf vorbereiten, dass der globale Abschwung die Im- und Exporte innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre in Mitleidenschaft ziehen wird.“ Zudem wird die Situation durch Unsicherheiten auf dem heimischen Markt begleitet. Der Gewinnzuwachs der Hafenbetreiber ist geschwunden und die Reedereien leiden unter großen Verlusten durch Überkapazitäten. Anfang 2013 äußerte Hafen-Geschäftsführer Chang Chuande, dass sich Qingdao wegen des globalen Abschwungs mehr auf den Zugewinn von Fracht konzentrieren wird. Neben dem Bau des ersten Inlandshafen in Zhengzhou soll der Importboom angezapft werden. ■ Bild. 1: Qingdao Qianwan Container Terminal mit elf Liegeplätzen für Containerschife bis 10 000 TeU soll massiv erweitert werden. (Foto: Maersk Line China) Novofleet_RoteKarte_Zapfhaehne_210x297_InternVerkehrsw.indd 1 13.02.13 17: 27
