Internationales Verkehrswesen
iv
0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2013-0057
91
2013
653
Das Signal von Dublin
91
2013
Werner Balsen
iv6530019
Internationales Verkehrswesen (65) 3 | 2013 19 Das Signal von Dublin D as ist neu: Über viele Jahre hat die EU die technische Entwicklung intelligenter Verkehrssysteme, (Intelligent Transport Systems ITS) gefördert, von der sie sich von Anfang an viel versprach. Auf dem 9. ITS-Kongress, Anfang Juni in Dublin unter dem Motto „Real Solutions for Real Needs“, ist sie einen Schritt weiter gegangen. Die EU-Kommission hat dort das klare Signal gegeben, dass sie über die Unterstützung von Versuchen und kleinen Projekten hinaus gehen und den Einsatz von ITS großlächig fördern will. Die Brüsseler Behörde tut damit den Schritt von der Entwicklung zur Anwendung. Für die Branche, deren Unternehmen an diversen ITS-Entwicklungen arbeiten - wie die parallel zum Kongress organisierte Ausstellung eindrucksvoll zeigte - ist die Zeit schon lange reif, diesen Schritt zu gehen. Ihre Experten haben lange genug in Labors und Werkstätten herumgetüftelt. Im Experiment und im kleinen Rahmen funktionieren die ITS-Systeme. Um die Dienste endlich auf den Markt zu bringen, bedarf es jetzt relativ großer Projekte, die anwendungsorientiert sind. Denn die Techniker sind sich über eines im Klaren: Nur mit großlächigen Erfahrungen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten der EU und verschiedenartigen Regionen lassen sich Daten über die Akzeptanz von ITS-Systemen bei den direkten Nutzern gewinnen. Da traf es sich gut, dass unmittelbar nach dem Kongress die Verkehrsminister von Deutschland, den Niederlanden und Österreich in Luxemburg eine Absichtserklärung für einen „Cooperative ITS Corridor von Rotterdam bis Wien“ unterzeichneten. Ein ganz wichtiges Vorhaben, hieß es sofort in der IT-Branche. „Kooperativ“ bedeutet, dass auf dem Korridor Infrastruktur und Fahrzeuge miteinander kommunizieren können. In ihrer Absichtserklärung legen die Minister fest, dass auf dem Korridor bis 2015 „straßenseitig“ die notwendigen Voraussetzungen für ITS gelegt werden. Gleichzeitig verplichtet sich die Industrie bis dahin die Geräte in den Fahrzeugen zu installieren, die für deren Kommunikation mit der Infrastruktur notwendig sind. Halten sich alle Beteiligten an ihre Zusagen, könnten Autofahrer auf dem Korridor schon in einigen Jahren zwei der zahlreichen Möglichkeiten nutzen, die ITS Verkehrsteilnehmern zur Verfügung Werner Balsen EU-Korrespondent der DVZ Deutsche Logistik-Zeitung B E R I C H T A U S B R Ü S S E L VON WERNER BALSEN stellen kann. Dabei handelt es sich zum einen um Warnungen vor mobilen - also in aller Regel kurzfristig eingerichteten - Baustellen. Dabei werden von den mobilen Baustellenfahrzeugen exakte Positionsbestimmungen ausgesandt, die in PKW oder LKW empfangen werden können. Deren Fahrer haben so Gelegenheit, rechtzeitig auf die Baustelle zu reagieren. Im anderen Fall werden LKW und PKW selbst zu Sendern: Sie übertragen automatisch Informationen über die aktuelle Lage auf der Straße - rasche, langsame oder stockende Fahrt und Stillstand - an die Verkehrszentralen. In beiden Fällen kommunizieren Fahrzeug und Infrastruktur über den WLAN-Standard 802.11p oder per Mobilfunk. Die genannten Kommunikationen beschreiben nur einen Teil der Möglichkeiten, die auf dem ITS-Kongress in Dublin bereits im Kleinen vorgeführt wurden. Für LKW-Fahrer wäre weiterhin denkbar, dass sie über die Auslastung von vor ihnen liegenden Parkplätzen informiert würden und die Angaben ihrer Planung der Ruhezeiten zugrunde legen könnten. Informationen über die direkte Verkehrslage lassen sich durch andere - etwa Wetterangaben - erweitern. Sie können Trucker vor heftigen Schneefällen warnen und ihnen gleichzeitig sichere Parkmöglichkeiten anzeigen. Die Technik ist da und sie ist ausgereift. Sie wartet über das deutschniederländisch-österreichische Projekt hinaus auf Möglichkeiten, sich in der großen Praxis zu bewähren. Interessant ist, wie sehr die Industrie dabei nach Brüssel schaut. Die EU-Kommission, die sonst gegen den Vorwurf kämpfen muss, sich überall rein zu hängen, wird massiv gedrängt, „die Führung zu übernehmen“. Denn, so betonen es diverse Branchenvertreter, wir brauchen den Druck aus Brüssel. Konkret möchten die Industrievertreter, dass die EU Straßenbetreiber - Mitgliedstaaten oder private Firmen - zu den für ITS notwendigen Investitionen motiviert, damit Automobil- und Telematik- Industrie nachziehen. Gleichzeitig soll Brüssel dabei helfen, die Öfentlichkeit oder die Regierung des einen oder anderen Mitgliedstaates von den Vorteilen der ITS zu überzeugen, fordern die Branchevertreter. Das Signal der EU-Kommission von Dublin haben sie deshalb gern wahrgenommen. ■
