eJournals Internationales Verkehrswesen 65/4

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2013-0094
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2013
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Mobile Metering: Flexible und flächendeckende Ladeinfrastruktur

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Knut Hechtfischer
Mobile Metering verlagert Stromzählung und Datenkommunikation aus der stationären Ladeinfrastruktur in ein intelligentes Ladekabel oder direkt ins Fahrzeug. Dadurch werden die Ladepunkte für Elektrofahrzeuge auf technisch einfache Systemsteckdosen reduziert, die kompakt, günstig und einfach zu installieren sind. Ladepunkte nach dem Konzept von ubitricity verursachen nahezu keine laufenden Kosten und machen Ladeinfrastruktur somit bezahlbar und flächendeckend verfügbar.
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INFRASTRUKTUR E-Mobilität Internationales Verkehrswesen (65) 4 | 2013 38 Mobile Metering: Flexible und flächendeckende Ladeinfrastruktur Mobile Metering verlagert Stromzählung und Datenkommunikation aus der stationären Ladeinfrastruktur in ein intelligentes Ladekabel oder direkt ins Fahrzeug. Dadurch werden die Ladepunkte für Elektrofahrzeuge auf technisch einfache Systemsteckdosen reduziert, die kompakt, günstig und einfach zu installieren sind. Ladepunkte nach dem Konzept von ubitricity verursachen nahezu keine laufenden Kosten und machen Ladeinfrastruktur somit bezahlbar und flächendeckend verfügbar. Der Autor: Knut Hechtfischer U nser Alltag ist geprägt von Mobilität. Mobile Elektronik, die wir mit uns führen, ist ebenso allgegenwärtig wie selbstverständlich. Telefonieren, Nachrichten verfolgen oder per E-Mail Kommunizieren - alles geht überall dort, wo wir uns gerade aufhalten, weil wir unser mobiles Endgerät dabei haben. Niemand käme heute noch auf die Idee, an allen Orten, an denen telefoniert werden soll, Telefonzellen zu errichten. Viel zu teuer sind Anschaffung, Aufbau, Netzanschluss und Wartung. Stattdessen nutzen wir ein mobiles Telefon. Ähnlich wie in der Mobilfunkkommunikation bildet die mobile Elektronik auch den Schlüssel zu einer effizienten Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge (Bild 3). Elektrofahrzeuge sind mobile Verbraucher. Sie parken und laden nicht immer am selben Ort, sondern an einer Vielzahl von Orten. Notwendig werden deshalb mehr Ladepunkte als Fahrzeuge. Herkömmliche Konzepte für Ladeinfrastruktur sehen jedoch vor, dass Elektrizitätszähler und Kommunikationstechnik in der Ladesäule verbaut sind - hohe Investitions- und Betriebskosten sind die Folge. Dies verhindert insbesondere im halb-öffentlichen und öffentlichen Raum die flächendeckende Einrichtung von Ladepunkten. Einfach überall Tankstrom laden Infrastruktur auf Grundlage mobiler Technologie (Mobile Metering) bietet eine kosteneffiziente und innovative Alternative. Die Kosten für Ladeinfrastruktur und Abrechnungssysteme für E-Fahrzeuge können durch den Einsatz mobiler Smart Meter um bis zu 90% gesenkt werden. Mobile Metering basiert auf mobiler Zähl- und Kommunikationstechnik, die sich in einem intelligenten Ladekabel oder direkt im Fahrzeug befindet. Während der mobile Zähler den energiewirtschaftlich relevanten Zählpunkt bildet, können Ladepunkte auf technisch einfache Systemsteckdosen reduziert werden, für die kein Messstellenbetrieb und keine dauerhafte Online-Verbindung mehr erforderlich sind. Dadurch sinken Anschaffungs- und laufende Kosten ganz erheblich im Vergleich zu anderen Lademöglichkeiten. Die Verbindung von intelligentem Ladekabel und der Systemsteckdose bietet innerhalb der Infrastrukturlösung von ubitricity die volle Funktionalität zum Laden und Abrechnen von Ladevorgängen elektrischer Fahrzeuge (Bild 2). Sobald der Nutzer das intelligente Ladekabel an eine Systemsteckdose anschließt, startet ein automatischer Autorisierungsprozess via Mobilfunk mit dem Backend-System. Das intelligente Ladekabel schaltet die Systemsteckdose nach erfolgreicher Autorisierung des Nutzers für den Ladevorgang frei und Strom fließt. Für die physikalische Verbrauchsmessung wird im intelligenten Ladekabel eine Zähltechnik in Form eines intelligenten Stromzählers (Smart Meter) eingesetzt. INFRASTRUKTUR E-Mobilität Bild 1: Der Audi A2e von ubitricity an einer Straßenlaterne mit mastintegrierter Systemsteckdose auf dem EUREF-Campus in Berlin (Alle Fotos: ubitricity) Internationales Verkehrswesen (65) 4 | 2013 39 Die Übertragung der Nutzungs- und Transaktionsdaten erfolgt nach Beendigung des Ladevorgangs verschlüsselt, signiert und über das Mobilfunknetz sicher an die Leitstelle zur Vorbereitung der Abrechnung gegenüber den beteiligten Marktpartnern. Bei fehlender Mobilfunkverbindung zum Zeitpunkt des Ladevorgangs werden die Verbrauchsdaten zwischengespeichert und nachträglich an das System übermittelt. So kann der Nutzer die Details zur Transaktion sofort nach jedem Ladevorgang auf einem Internetportal nachvollziehen. Einmal monatlich erhält er dann eine transparente Rechnung über die Transaktionen, vergleichbar mit dem Einzelverbindungsnachweis eines Mobilfunkanbieters. Die entnommenen Energiemengen der mobilen Zählpunkte werden im Rahmen der energiewirtschaftlichen Prozesse abgewickelt. Volle Flexibilität auch bei der Wahl der Stromqualität Im Vergleich zu den Konzepten derzeitiger stationärer Ladesäulen bietet ein mobiler Zählpunkt, der in die energiewirtschaftlichen Prozesse integriert ist, deutliche Vorteile. Wie im derzeitigen Zusammenspiel der Marktteilnehmer für die Belieferung, Messung und Abrechnung von Haushalts- und Unternehmenskunden, ist auch im Mobile Metering System jedem E-Fahrzeugnutzer ein Zählpunkt zugeordnet. Der E- Fahrzeugnutzer schließt darauf basierend einen Mobilstromvertrag mit dem Lieferanten - entsprechend dem Tarif seiner Wahl. Die Integration des mobilen Zählers in die energiewirtschaftlichen Prozesse bietet E- Fahrzeugnutzern damit die gleichen Freiheiten in der Wahl von Stromlieferant, -tarif und -qualität, wie bei der Wahl des Stromversorgers für einen stationären Zählpunkt im Haushalt oder im Unternehmen. Dies ist bei herkömmlichen Ladesäulenkonzepten nur mit aufwändigen Roamingkonzepten möglich, bei denen die Beschaffung des Stroms meist durch den Betreiber der Ladesäule erfolgt und der beschaffte Strom den anderen Versorgern lediglich beigestellt wird. Über den mobilen Zählpunkt wird dagegen tatsächlich ein wirtschaftlicher und diskriminierungsfreier Zugang zu Ladepunkten und Kunden für alle Stromlieferanten möglich. Mobile Metering schließt gleichzeitig die Nutzung konventioneller Ladeinfrastruktur nicht aus: Nutzer mit einem intelligenten Ladekabel von ubitricity können auch an standardkonformen Ladesäulen anderer Anbieter laden. In diesem Fall verhält sich das intelligente Ladekabel genau wie ein herkömmliches Kabel und das Mobile Meter bleibt stumm. Die Abrechnung erfolgt unmittelbar zu den Konditionen des Ladesäulenanbieters. Die Nutzung anderer Infrastrukturalternativen wird durch Mobile Metering technisch daher nicht beeinträchtigt - der E-Fahrzeugnutzer erhält im Gegenteil zusätzliche Lademöglichkeiten. Flächendeckend bezahlbare Ladeinfrastruktur Über die energiewirtschaftlichen Vorteile einer auf mobiler Technologie beruhenden Infrastrukturlösung hinaus, wird auch ein zentrales Problem herkömmlicher Lösungen adressiert: Die prohibitiv hohen Kosten von flächendeckender Ladeinfrastruktur insbesondere im öffentlichen Raum. Auf Grundlage des Mobile Metering Systems können zusätzliche Ladepunkte im privaten, halb-öffentlichen und öffentlichen Raum flächendeckend bezahlbar aufgebaut werden - ohne auf Komfort und verbrauchsgenaue Abrechnung zu verzichten. Im privaten oder halb-öffentlichen Raum kann die Systemsteckdose für unter 100 EUR (Zielkosten) direkt an einer stabilen Wand installiert oder auf einem Metallfuß aufgeständert werden. Diese Lösung eignet sich unter anderem für zu Hause (auch am Mehrfamilienhaus), beim Arbeitgeber, Shoppingcenter oder an Veranstaltungsorten. Mit sehr geringem Aufwand kann der Infrastrukturanbieter so seinen Kunden, Gästen, Mietern oder Mitarbeitern Ladepunkte für Elektrofahrzeuge anbieten. Besonders effizient für den Aufbau von Infrastruktur im öffentlichen Raum ist die in Bild 1 gezeigte Integration der Systemsteckdose in die Straßenbeleuchtung. Straßenlaternen können sehr günstig und nahezu unsichtbar zu smarten Ladepunkten aufgerüstet werden (Zielkosten: ca. 300 EUR). Vorhandene Netzanschlüsse werden so besonders effizient genutzt, während zusätzliche Tiefbauarbeiten entfallen. Ausblick Flächendeckende Ladeinfrastruktur ist zweifelsohne eine zentrale Voraussetzung für das erfolgreiche Gelingen der Mission Elektromobilität. Doch das ausschließliche Festhalten an Konzepten der stationären Ladesäulen ist nicht nur unwirtschaftlich, sondern geht auch an der Lebensrealität unserer mobilen Gesellschaft vorbei. Die Ausführungen zum Mobile Metering zeigen, dass die mobile Intelligenz in einem smarten Ladekabel einen wichtigen Beitrag zu flächendeckender Bereitstellung von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge leisten kann. Mobile Metering orientiert sich am technologischen Fortschritt und rüstet mobile Verbraucher mit mobiler Technologie aus. Die mobile Messtechnik macht den Aufbau einer effizienten und maßgeschneiderten Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge flächendeckend bezahlbar. ■ Knut Hechtfischer Gründer und Geschäftsführer, ubitricity Gesellschaft für verteilte Energiesysteme mbH, Berlin, contact@ubitricity.com Bild 2: Das intelligente Ladekabel (Prototyp) bietet gemeinsam mit der Systemsteckdose von ubitricity die volle Funktionalität zum Laden und Abrechnen von Ladevorgängen elektrischer Fahrzeuge. Bild 3: Wie bei der Mobiltelefonie: Beim Mobile Metering bringt der Nutzer die Technik selbst zum Ladepunkt mit.