eJournals Internationales Verkehrswesen 65/4

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2013-0095
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2013
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Zukunfsperspektiven für den Fährverkehr über den Fehmarnbelt

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Gernot Tesch
Geht es nach den Vorstellungen des dänischen Staatsunternehmens Femern A/S, soll ab Ende 2021 ein 17,6 km langer Absenktunnel durch den Fehmarnbelt, bestehend aus einer zweigleisigen elektrifizierten Bahnstrecke und einer vierspurigen Autobahn, die seit über 50 Jahren bestehende Fährlinie zwischen dem deutschen Puttgarden und dem dänischen Rødby ersetzen. Fährbetreiber Scandlines argumentiert gegen die Durchsetzung des Projekts und hat eine Strategie für einen emissionsfreien Fährbetrieb entwickelt.
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INFRASTRUKTUR Fehmarnbelt-Querung Internationales Verkehrswesen (65) 4 | 2013 40 Zukunftsperspektiven für den Fährverkehr über den Fehmarnbelt Geht es nach den Vorstellungen des dänischen Staatsunternehmens Femern A/ S, soll ab Ende 2021 ein 17,6 km langer Absenktunnel durch den Fehmarnbelt, bestehend aus einer zweigleisigen elektrifizierten Bahnstrecke und einer vierspurigen Autobahn, die seit über 50 Jahren bestehende Fährlinie zwischen dem deutschen Puttgarden und dem dänischen Rødby ersetzen. Fährbetreiber Scandlines argumentiert gegen die Durchsetzung des Projekts und hat eine Strategie für einen emissionsfreien Fährbetrieb entwickelt. Der Autor: Gernot Tesch D as eigentliche Querungsbauwerk soll aktuellen Planungen zufolge mindestens 5,5 Mrd. EUR kosten (Preisstand 2008). Hinzu kommen die Kosten für den Ausbau des Hinterlandes in Deutschland und Dänemark, auf dessen bauliche Ausgestaltung sich beide Staaten im September 2008 mittels Staatsvertrag verständigt haben. Dieser besagt, dass der Staat Dänemark die Baukosten der eigentlichen Querung übernimmt und über Mautgebühren refinanziert. Doch die Ausgangsbedingungen für dieses riesige Infrastrukturvorhaben sind schlecht. Sowohl die verkehrlichen Voraussetzungen als auch die Gesamtprojektkosten als maßgebliche Faktoren für den wirtschaftlichen Erfolg und den volkswirtschaftlichen Nutzen weichen erheblich von den ursprünglichen Annahmen ab. Verkehrsprognosen entsprechen nicht realer Verkehrsentwicklung Seit Veröffentlichung der letzten Verkehrsprognose für den potentiellen Personen- und Frachtverkehr über eine Feste Fehmarnbeltquerung sind mittlerweile mehr als 10 Jahre vergangen (FTC 2003). 1 Da zudem das ursprünglich als Prognosehorizont angenommene Eröffnungsjahr 2015 schon fast erreicht ist, erscheint es zweckmäßig, die Prognoseannahmen mit der realen Verkehrsentwicklung zu vergleichen. Die Prognose selbst besteht aus verschiedenen Basis- und Referenzszenarien, die unterschiedliche Zukunftsszenarien quantifizieren. Während die Basisszenarien die Feste Fehmarnbeltquerung im Jahr 2015 als gebaut und in Betrieb annehmen, beschreiben die Referenzszenarien einen sogenannten „Nullfall“ ohne eine Feste Querung. Da das sogenannte „Basisszenario B“ die Entscheidungsgrundlage der dänischen Regierung für den Bau der Festen Querung darstellte, dient es in der folgenden Betrachtung als Ausgangspunkt für den Vergleich. Das Verkehrspotential einer Festen Querung hängt, neben dem Volumen auf der Strecke selbst, maßgeblich von der Verkehrsentwicklung im parallelen Fährkorridor zwischen Deutschland und Dänemark/ Schweden (ohne Fehmarnbelt) ab, dessen Wachstum eine wesentliche Voraussetzung für die prognostizierten Verkehrsverlagerungen darstellt. Von den für das Jahr 2015 prognostizierten rund 6 Mio. Fährpassagieren in diesem Korridor sollen 1,3 Mio. auf die Feste Querung wechseln. In den letzten 20 Jahren gab es aber praktisch kein Passagierwachstum mehr in diesem Korridor. Ganz im Gegenteil hat insbesondere der Wegfall von dutyfree 1999 dazu geführt, dass der Fährpassagierverkehr außerhalb der Hochsaison eine entscheidende Grundlage verloren hat. Die Nachfragelücke ist überdeutlich: Das Passagieraufkommen im Jahr 2012 liegt 43 %, gleichbedeutend mit 2,6 Mio. Passagieren, unter der Prognose für 2015. Im Grunde stellt sich auch die Entwicklung auf dem Fehmarnbelt ähnlich dar. Der Normalreiseverkehr stagniert seit über einem Jahrzehnt nicht nur, er geht zurück und liegt zudem weit unter den Rekordwerten von Anfang der 90er Jahre. Eine Sonderentwicklung stellt die wachsende Bedeutung Bild 1: Entwicklung des PKW-Verkehrs im Fährkorridor zwischen Deutschland und Dänemark/ Schweden (ohne Fehmarnbelt) Internationales Verkehrswesen (65) 4 | 2013 41 des größtenteils auf steuerlichen Unterschieden zwischen Deutschland und Skandinavien basierenden Grenzhandels auf dieser Route dar. Durch die Einführung erheblich vergünstigter Sondertickets und eines eigenen landseitigen Bordershop-Konzeptes war Scandlines seit 2000 in der Lage, neue Kundensegmente zu erschließen. Damit ließen sich die Verluste rein volumenmäßig begrenzen. Dennoch liegen die aktuellen Passagiervolumina auch hier 1,6 Mio. (-21 %) unter der Prognose für 2015. Die entscheidende Rolle für den wirtschaftlichen Erfolg einer Festen Querung spielt aber der PKW-Verkehr, der für annähernd 50 % der zukünftigen Umsätze sorgen soll. Die Prognose unterstellt im Jahr 2015 über 1,4 Mio. PKW-Einheiten im Fährkorridor zwischen Deutschland und Dänemark/ Schweden (ohne Fehmarnbelt). Mit nur 650.000 tatsächlich transportierten PKW im Jahr 2012 fehlen dem Korridor für eine Zielerreichung rund 750.000 Einheiten - ein Minus von 54 % (Bild 1). Das prognostizierte Verlagerungspotential von rund 500.000 PKW stellt damit faktisch das gesamte Volumen aller parallelen Fährlinien ab Kiel, Lübeck und Rostock nach Dänemark und Schweden dar. Mit Eröffnung einer Festen Querung müssten diese Routen also entweder komplett eingestellt werden oder der Tunnel wird seine Umsatzziele nicht erreichen können. Auf dem Fehmarnbelt führten die bereits angesprochenen Shopping-Verkehre im PKW- Bereich zu einer Sonderentwicklung, die zwischen 2001 und 2012 ein durchschnittliches Wachstum von 2,7 % pro Jahr ermöglichte. Zieht man aber diese nur durch erhebliche Preisnachlässe des Fährbetreibers künstlich geschaffenen Verkehre (Anteil: ca. 35 %) vom Gesamtaufkommen ab, war im gleichen Zeitraum ein Verkehrsrückgang von durchschnittlich -1,3 % pro Jahr zu verzeichnen. Seit 2007 ist auch das Gesamt- PKW-Aufkommen rückläufig (Bild-2). Wahrscheinlich nur temporär wirksame Sondereffekte, wie sie Shopping-Verkehre darstellen, dürfen aber keinesfalls als Grundlage für ein langfristig ausgelegtes und zudem milliardenschweres Infrastrukturprojekt dienen. Zudem wird die Rentabilität einer potentiellen Festen Querung, die für ihre Kostendeckung erheblich höhere Umsätze als der Fährverkehr benötigen wird, durch erheblich rabattierte Sondertickets zusätzlich negativ beeinflusst. Ein Vergleich der entsprechenden PKW- Volumina im Jahr 2012 (ohne Shopping-Tickets) mit den prognostizierten Angaben für 2015 ergibt auch auf dem Fehmarnbelt ein Defizit von rund 900.000 PKW; bei Berücksichtigung der Shopping-Tickets immerhin noch von 360.000 PKW. Etwas besser entwickelte sich der Frachtverkehr. Bis zum Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise lag die Entwicklung des LKW-Verkehrs zumindest nahe am prognostizierten Wachstumspfad. Aber weder auf dem Fehmarnbelt noch im parallelen Fährkorridor konnten die Vorkrisenvolumina aus dem Jahr 2007 bisher wieder erreicht werden. Entsprechend wird auch dieses Segment die Prognoseerwartungen nicht erfüllen können, da die aktuellen Verkehrsvolumen 11 % (Fehmarnbelt) bzw. 29 % (paralleler Fährkorridor) unter dem Prognoseziel für 2015 liegen. Auch steigende Gesamtprojektkosten belasten das Nutzen-Kosten- Verhältnis der Festen Querung Aber nicht nur die niedrigeren Verkehrsvolumen, sondern auch steigende Investitionskosten verschlechtern die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einer Festen Querung. Im Staatsvertrag ist verankert, dass sich bei deutlichem Anstieg der Kosten beide Länder neuerlich verständigen und eine Neubewertung vornehmen. Der Bundesrechnungshof geht davon aus, dass statt der angenommenen 840 Mio. EUR mindestens 1,7 Mrd. EUR für die Hinterlandanbindung in Deutschland benötigt werden (Bundesrechnungshof 2009). Die nach Belastungsrechnungen notwendig gewordene zweite Fehmarnsundquerung sowie die von der Landesregierung in Schleswig-Holstein geforderte und parallel zur Autobahn verlaufende neue Schienentrasse lassen diese Summe leicht auf drei Mrd. EUR anwachsen. Die von Dänemark und Deutschland 1999 gemeinsam veröffentlichten Wirtschaftlichkeitsberechnungen kalkulierten noch mit Investitionskosten von rund 3,5-Mrd. EUR für den Bau der eigentlichen Querung (COWI und PLANCO 1999). Die aktuelle Kostenschätzung von Femern A/ S (Preisstand 2008) liegt mittlerweile bei 5,5-Mrd. EUR (Femern A/ S 2011). Das ohnehin nur magere gesamtwirtschaftliche Nutzen-Kosten-Verhältnis von 1,27 : 1 sinkt in Anbetracht dieser drastischen Kosten- und Volumenabweichungen weiter. Bereits im Jahr 2007 wurde zudem darauf hingewiesen, dass unter Berücksichtigung diverser methodischer Fehler (z. B. durch Nichtberücksichtigung von Fahrerruhezeiten) ein realistisches Verhältnis bei höchstens 0,65 : 1 liegen dürfte (Breitzmann 2007). Die Nutzen-Kosten-Analyse eines verbesserten Fährsystems als Alternative erreichte hingegen ein solides Ergebnis von 5,22 : 1 (PLANCO 2000). 2 Ein Vergleich der verkehrlichen Voraussetzungen einer Fehmarnbeltquerung mit dem Großen Belt und dem Øresund, welche von Befürwortern oft als Referenz für den Femarnbelt herangezogen werden, fasst das vorliegende Missverhältnis prägnant zusammen: Mit den wesentlich geringeren Verkehrsvolumina, aber deutlich höheren Kosten sowie den im Vergleich zu den beiden anderen Querungen eingeschränkten Voraussetzungen, neue Verkehre zu generieren, hat die Fehmarnbeltquerung keinerlei Chance, wirtschaftlich betrieben zu werden (Tabelle 1). Eine Neubewertung des Gesamtprojektes ist demnach dringend erforderlich und sollte in Anbetracht von Investitionssummen in Milliardenhöhe, den erheblichen volkswirtschaftlichen Auswirkungen und vor allem dem umfangreichen Einsatz öffentlicher Mittel eigentlich eine Selbstverständlichkeit darstellen. Ein weiterer wichtiger Punkt wurde bei den Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zur Festen Querung zudem gänzlich außer Acht gelassen: Der durch die wesentlich günstigere Kostenstruktur ermöglichte Weiterbetrieb des Fährdienstes parallel Bild 2: Entwicklung des PKW-Verkehrs über den Fehmarnbelt INFRASTRUKTUR Fehmarnbelt-Querung Internationales Verkehrswesen (65) 4 | 2013 42 zum Tunnel. Zwischen Puttgarden und Rødby operiert schließlich eine der effizientesten Fährlinien weltweit. Zudem werden dem Frachtverkehr logistische Vorteile wie Fahrerruhezeiten geboten. Auch Teile des Passagierverkehrs werden auf der Fähre verbleiben. Als Gründe hierfür können Tunnelphobien, Ruhepausen oder günstigere Ticketpreise genannt werden. Scandlines entwickelt zukunftsfähiges Alternativkonzept für den Fehmarnbelt Als Betreiber der Fährlinie, die jährlich mehr als 6 Mio. Passagiere befördert, hat Scandlines eine Zukunftsstrategie für den Fehmarnbelt entwickelt, die eine schrittweise Umstellung des Verkehrs auf umweltfreundliche Technologien vorsieht. Damit soll einerseits den zukünftig immer strengeren Umweltregularien begegnet und anderseits die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Fährlinie sichergestellt werden. Den ersten Meilenstein dieser Strategie bildet aktuell die Umrüstung aller vier Regelfähren auf Hybridantrieb (teilweiser Batteriebetrieb) und die anschließende Installation von Abgaswäschern (Scrubber). Letztere werden benötigt, um den ab 2015 in der Ostsee geltenden schärferen Schwefelgrenzwerten zu entsprechen. Diese Maßnahme mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von über 24 Mio. EUR wird die Umweltbilanz des Dienstes weiter verbessern. Auf lange Sicht ist aber davon auszugehen, dass weitere Umweltregulierungen zukünftig ganz neue, innovative Antriebskonzepte erfordern. Scandlines hat daher zusammen mit FutureShip, Tochtergesellschaft des Germanischen Lloyd, Pläne für eine völlig emissionsfreie Fährschiffgeneration entwickelt (Bild 3). Mit Hilfe überschüssiger Windenergie wird in Nachtzeiten Wasserstoff erzeugt, der an Bord der Fähren als Energieträger dient. Der in den Brennstoffzellen erzeugte Strom deckt den notwendigen Energiebedarf für den gesamten Schiffsbetrieb. Dieses Konzept, das schon am Ende der laufenden Dekade realisiert sein kann, repräsentiert eine valide Alternative, die Weiterentwicklung der Fehmarnbeltregion auch im Falle ausgesetzter Querungsplanungen mit privaten Investitionen sicherzustellen. Begründet durch den hochinnovativen Charakter der Technik ist eine komplette Umstellung des Fährdienstes aber mit einer entsprechenden Entwicklungszeit und erheblichen Investitionskosten verbunden. Scandlines geht von über 500 Mio. EUR für das Gesamtprojekt aus. Zum Vergleich: Allein für die überwiegend planerischen Tätigkeiten bis 2015 plant Femern A/ S Ausgaben in Höhe von rund 500 Mio. EUR (bewilligte EU-Förderung: 193 Mio. EUR). 3 Eine wirtschaftlich rentable Mindestbetriebszeit der Schiffsneubauten wäre erreicht, wenn die Eröffnung der Festen Querung mindestens auf das Jahr 2030 verschoben würde. Empfehlung Ein Projektmoratorium würde die Möglichkeit eröffnen, das Vorhaben Feste Querung noch einmal sachlich zu überprüfen und die bisherigen Ansätze kritisch zu hinterfragen. Dazu gehört neben aktualisierten Nachfrage- und Kostenschätzungen und realistischen Nutzen-Kosten-Analysen auch eine Antwort auf die Frage nach einer Finanzierung der Hinterlandinfrastruktur ohne Verdrängung eigentlich wichtigerer Projekte mit höherem Nutzen-Kosten-Verhältnis. Aus verkehrspolitischer Sicht muss zudem ein verkehrsträgerneutraler Wettbewerb um die effizienteste Verkehrslösung zur Überwindung des Fehmarnbelts gewährleistet werden. In seiner jetzigen Form stellt das Gesamtprojekt aber einen ordnungspolitischen Sündenfall und eine extreme Art von staatlich geförderter Wettbewerbsverzerrung dar. Der Markteintritt des staatlichen Wettbewerbers wird überhaupt erst durch vom Königreich Dänemark einseitig ausgegebene Staatsgarantien sowie mehrere hundert Millionen Euro eingeplanter Tabelle 1: Transportvoraussetzungen und Investitionskosten Fester Querungen Bild 3: Zero Emission Fährkonzept Großer Belt Øresund Fehmarnbelt baukosten 2,9 Mrd. EUR (1988er Preise) 1) 4,8 Mrd. EUR (2010er Preise) 1) 2,0 Mrd. EUR (1990er Preise) 1) 3,0 Mrd. EUR (2010er Preise) 1) 5,5 Mrd. EUR (2008er Preise) 2) verkehr vor eröffnung 3) 1997 Pkw: 2,6 Mio. Lkw: 443.000 1999 Pkw: 2,4 Mio. Lkw: 450.000 2012 Pkw: 1,55 Mio. Lkw: 370.000 wachstumspotential für zusätzliche verkehre gegeben Wichtige innerdänische Verkehrsverbindung zwischen Fünen/ Jütland und Seeland gegeben Verbindung der Wirtschaftscluster Kopenhagen und Malmö nicht gegeben Ausschließliche Bedeutung für Transitverkehre Schwache regionale Wirtschaftsstruktur Jahresnettoergebnisse Stabile positive Ergebnisse Kumulierte Verluste im Nettoergebnis seit 2001: > 500 MEUR Wirtschaftliche Verluste vorprogrammiert Quellen: 1) Ministry of Transport Denmark: The Danish Transport System Facts and Figures, 2012 2) Femern A/ S: Konsolidierte Kostenschätzung für die Feste Fehmarnbeltquerung, August 2011 3) ShipPax: Ferry Traffic Statistics; diverse Jahrgänge Internationales Verkehrswesen (65) 4 | 2013 43 EU-Subventionen ermöglicht. Staatliche Aufgabe ist es, Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, nicht aber durch einseitige Bevorzugung einzelner Marktteilnehmer bestimmte Geschäftsmodelle überhaupt erst zu ermöglichen. Gerade in Zeiten knapper öffentlicher Mittel ist eine klare Konzentration des Staates auf seine Kernaufgaben notwendig, das heißt auf Projekte, für die keine privatwirtschaftlichen Investoren zur Verfügung stehen. Dies betrifft weniger die klassische Verkehrsinfrastruktur, sondern vielmehr Projekte, die alternativ durch unterschiedliche Verkehrsträger verwirklicht werden können. Im Ostseefährverkehr (nicht nur auf dem Fehmarnbelt) wurden in den letzen Jahrzehnten durch private Anbieter hochwertige Verkehrs- und Logistiklösungen geschaffen, die nicht durch unnötige staatliche Einflussnahme gefährdet werden dürfen. Zur Vermeidung volkswirtschaftlicher Wohlstandsverluste sollte die ausschließliche Realisierung von Projekten mit eindeutig positiven Nutzen-Kosten-Faktoren eine Selbstverständlichkeit darstellen. Im norddeutschen Raum existieren viele Engpässe in der Verkehrsinfrastruktur, deren Beseitigung eine große finanzielle Herausforderung darstellen wird. Der Fehmarnbelt gehört mit Sicherheit nicht dazu! ■ 1 Als Teil der Planfeststellungsunterlagen wurden Mitte November aktualisierte Prognosezahlen (Vorabentwurf mit Prognosehorizont 2025) veröffentlicht; leider erst nach Fertigstellung des Artikels. Mit Intraplan wurde hierfür ein Beratungsunternehmen beauftragt, das schon für die bisherige Passagier-/ PKW-Prognose Verantwortung trug. Eine vertiefte Analyse kann an dieser Stelle leider nicht mehr erfolgen. Da aber das ursprüngliche Prognosemodell nicht verändert wurde, gelten die in diesem Artikel kritisierten strukturellen Fehleinschätzungen auch für die aktualisierte Fassung. 2 Grundlage des verbesserten Fährsystems bildet neben einigen Effizienzsteigerungen der Einsatz von 2 zusätzlichen Fähren 3 C(2012)8552 final, Beschluss der Kommission vom 19.11.2012. LIterAtur BREITZMANN, K.-H. und LüSCH, J. (2007): Die deutsch-dänischen Untersuchungen zu einer festen Querung des Fehmarnbelts - Kritische Bestandsaufnahme zur gesamtwirtschaftlichen Bewertung. In: Beiträge und Informationen aus dem Ostseeinstitut für Marketing, Verkehr und Tourismus an der Universität Rostock. Heft 20. Rostock Bundesrechnungshof (2009): Bericht über die Feste Verbindung über den Fehmarnbelt mit Hinterlandanbindung. Gernot Tesch, Dr. Geschäftsführer, Scandlines Deutschland GmbH, Rostock gernot.tesch@scandlines.com Verfügbar über: http: / / www.beltquerung.info/ uploads/ media/ 16WP385__3__02.pdf [zuletzt abgerufen am 24.10.2013] COWI Consulting Engineers and Planners AS and PLANCO Consulting GmbH (1999): Economic and Financial Evaluation of a Fixed Link across the Fehmarn-Belt. Final Report. Verfügbar über: http: / / www.femern.com/ material-folder/ documents/ 1999-publications/ economic-and-financial-evaluation-of-a-fixed-link-across-the-fehmarn-belt.pdf [zuletzt abgerufen am 24.10.2013] Femern A/ S (2011): Konsolidierte Kostenschätzung für die Feste Fehmarnbeltquerung. Verfügbar über: http: / / www.femern.de/ material-folder/ documents/ 2011/ konsolidierte-kostenschatzung-fr-die-feste-fehmarnbeltquerung-august-2011 [zuletzt abgerufen am 24.10.2013] FTC Fehmarnbelt Traffic Consortium (2003): Fehmarn Belt Forecast 2002. Final Report. Verfügbar über: http: / / www.femern. com/ material-folder/ documents/ 2003-publications/ fehmarnbeltforecast2002finalreport [zuletzt abgerufen am 24.10.2013] PLANCO Consulting GmbH (2002): Economic Evaluation of an improved Ferry System across the Fehmarn Belt. Final Report. Verfügbar über: http: / / www.femern.com/ material-folder/ documents/ 1999-publications/ economic-and-financial-evaluation-of-a-fixed-link-across-the-fehmarn-belt.pdf [zuletzt abgerufen am 24.10.2013] Lesen Sie ÖPNV aktuell auch auf dem iPad und iPhone (Eurailpress-Kiosk) 5826_anz_oepnv_app_210x148.indd 1 11.11.2013 11: 19: 44