eJournals Internationales Verkehrswesen 66/4

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2014-0119
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2014
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Strategischer Einsatz des Kombinierten Verkehrs

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2014
Ralf Elbert
Lowis Selkowsky
Der Beitrag untersucht, wie sich die Deregulierung des europäischen Speditionsmarktes auf die Wettbewerbsstrategien von Logistikdienstleistern auswirkt. Eine Datenanalyse von Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüssen in der Logistik-Branche zeigt, dass europäische Spediteure zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit ihr ehemals nationales Transportnetzwerk auf den europäischen Binnenmarkt ausweiten. Die strategische Ausrichtung des Produktionskonzepts erfolgt zunehmend durch den selbständigen Eintritt in den europäischen Transportmarkt, beispielsweise durch Nutzung des Kombinierten Verkehrs.
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Internationales Verkehrswesen (66) 4 | 2014 50 Strategischer Einsatz des Kombinierten Verkehrs Eine Strategie zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit im-europäischen Speditionsmarkt Der Beitrag untersucht, wie sich die Deregulierung des europäischen Speditionsmarktes auf die Wettbewerbsstrategien von Logistikdienstleistern auswirkt. Eine Datenanalyse von Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüssen in der Logistik-Branche zeigt, dass europäische Spediteure zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit ihr ehemals nationales Transportnetzwerk auf den europäischen Binnenmarkt ausweiten. Die strategische Ausrichtung des Produktionskonzepts erfolgt zunehmend durch den selbständigen Eintritt in den europäischen Transportmarkt, beispielsweise durch Nutzung des Kombinierten Verkehrs. Die Autoren: Ralf Elbert, Lowis Seikowsky E in zunehmender Wettbewerb, veränderte Kundenanforderungen sowie ein hoher Kostendruck führen dazu, dass Speditionsunternehmen vor großen Herausforderungen stehen. War das Speditionsgewerbe einst ein stark regulierter und zum Teil durch staatliche Unternehmen dominierter Markt, ist seit Beginn der 1990er Jahre eine schrittweise Liberalisierung und Harmonisierung des europäischen Speditionsmarktes zu beobachten. Für in Deutschland ansässige Speditionsunternehmen ist die Folge dieser Liberalisierungsprozesse deutlich spürbar. Denn die daraus resultierende zunehmende Anzahl an Wettbewerbern, insbesondere aus dem osteuropäischen Raum, sowohl im inländischen wie auch im grenzüberschreitenden Verkehr bedingt einen hohen Kostendruck für das ganze Speditionsgewerbe. Ein entscheidender Treiber für diese Entwicklung ist die kontinuierliche Auhebung des Verbotes von Kabotage- Transportdienstleistung in der Europäischen Union (EU), welche es Logistikdienstleistern erleichtert, Transportdienstleistungen im europäischen Ausland durchzuführen (Schmidt 2007). Zugleich ist in westeuropäischen Ländern der Straßengüterverkehr durch geringe Gewinnmargen geprägt (Meyer-Rühle 2008). Neben den Abbau der Markteintrittsbarrieren wurden seitens der EU entscheidende Schritte zur länderübergreifenden Harmonisierung des Speditionsrechts getätigt, insbesondere die Angleichung der Lenk- und Ruhezeiten. Die skizzierten Entwicklungen haben Auswirkungen auf die Wettbewerbsstrategien der Speditionen, was sich in den Anforderungen an das Transportnetzwerk widerspiegelt. Zum Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit sind europäische Spediteure gezwungen, ihr Transportnetzwerk auf den neu regulierten, europäischen Binnenmarkt und die veränderten Wettbewerbsstrukturen in Europa auszurichten. Netzwerkkompetenzen gelten gerade für kleine und mittelständische Logistikdienstleister als zent- Inländischer Verkehr Nationaler Verkehr Quelle, Ziel und Meldeort des Fahrzeuges entfallen auf dasselbe Land Kabotage Quelle und Ziel entfallen auf dasselbe Land, das Fahrzeug ist in einem anderen Land gemeldet Grenzüberschreitender Verkehr Bilateraler internationaler Verkehr Quelle und Ziel liegen in unterschiedlichen Ländern, von denen eines zugleich auch das Meldeland ist Dreiländerverkehr Quelle, Ziel und Meldeort entfallen auf unterschiedliche Länder Tabelle 1: Unterscheidung der Transportvorgänge nach Relation von Quelle, Ziel und Meldeland LOGISTIK Kombinierter Verkehr Foto: kombiverkehr.de Internationales Verkehrswesen (66) 4 | 2014 51 Kombinierter Verkehr LOGISTIK rale Voraussetzung (Straube et al. 2007). Neben dem Eingehen von Kooperationen, Fusionen mit Wettbewerbern oder deren Akquisition kann die strategische Ausrichtung des Produktionskonzepts bzw. die Erweiterung des Leistungsangebotes durch den selbständigen Eintritt in den Markt erfolgen. Dieser Beitrag untersucht, wie sich die Deregulierung des europäischen Speditionsmarktes auf die Wettbewerbsstrategien von Logistikdienstleister auswirkt. Dabei wird zuerst der Eigeneintritt von Logistikdienstleistern als Erweiterung des Produktionskonzepts bzw. des Leistungsangebots betrachtet. Anschließend werden Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse als Strategien zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit analysiert. Tendenzen, wie sich die Transportbranche innerhalb der EU bei weiteren Liberalisierungsmaßnahmen entwickeln könnte, werden aufgezeigt. Wettbewerbsvorteile durch Eigeneintritt Um Transportvorgänge wie den Kombinierten Verkehr (KV) in das Produktionskonzepts bzw. in das Leistungsangebot aufzunehmen, ist u. a. die Nachfrage nach Transporten zuverlässig zu prognostizieren (Straube 2008). Die Transportvorgänge können in vier Kategorien eingeteilt werden. Hinsichtlich Quelle und Ziel wird zunächst zwischen inländischen und grenzüberschreitenden Transportvorgängen unterschieden. Inländische Transporte sind dadurch charakterisiert, dass Quelle und Ziel im selben Land liegen, wohingegen bei grenzüberschreitenden Transporten Quelle und Ziel auf zwei Länder entfallen. Unterscheidet man darüber hinaus, ob das verwendete Fahrzeug im Quellbzw. Zielland des Transportes oder aber in einem Drittland gemeldet ist, so ergeben sich vier Kategorien zur geograischen Charakterisierung eines Transportvorgangs, die in Tabelle 1 aufgeführt sind (Eurostat 2012). Die Verteilung der vier Transportvorgänge im EU-Transportmarkt fällt im Jahr 2011 sehr unterschiedlich aus (Bild 1). Nationaler Verkehr bildet mit 67 % der Gesamt- Transportleistung (in tkm) derzeit noch den größten Markt für Transportdienstleistungen. Jedoch variiert der Anteil nationaler Verkehre am Gesamt-Transportaukommen zwischen den Ländern stark. Für Länder im Osten des EU-Raums ist der nationale Verkehr weniger stark ausgeprägt als für die westlichen Länder. Bilateraler internationaler Verkehr macht 25 % der Transportleistung aus, gefolgt vom Dreiländerverkehr mit 7 % Marktanteil. Der Kabotage-Transportleistungsanteil beläuft sich auf nur 1 % der Transportleistung (Eurostat 2012, Glaeve et al. 2013). Steigerung von Kabotage-Transportdienstleistung, Dreiländerverkehr und Kombiniertem Verkehr Die Entwicklung des Transportmarktes für inländischen und grenzüberschreitenden Verkehr zeigen vergleichbare Tendenzen. Bei inländischen Verkehren weist der Markt für nationale Transporte mit einem Anstieg des Tonnenkilometeraukommens von 1,2 % in 2010 nur ein geringes Wachstum auf. Hingegen haben Kabotage-Transportdienstleistungen im Zuge der Liberalisierungsprozesse in der EU in den letzten Jahren stark zugenommen. So stieg das Tonnenkilometeraukommen für Kabotage- Transportdienstleistungen zwischen 2009 und 2010 um 17 % (EC2011 - European Commission DG for Mobility and Transport 2011). Ein Großteil dieses Anstieges entfällt dabei auf die EU-Länder, die vor 1995 dem Wirtschaftraum beigetreten sind. Hier betrug das Wachstum zwischen 2009 und 2010 sogar 51 % (EC2011). Über die Hälfte der Kabotage-Transportdienstleistung entfällt auf die beiden Zielländer Deutschland und Frankreich. Nach den EU-Erweiterungsrunden übernehmen die neuen Mitgliedstaaten zunehmend die Kabotage- Transportdienstleistungen. So hatten in 2007 Logistikdienstleister aus Deutschland, Luxemburg und Niederlanden den größten Kabotage-Marktanteil (in tkm) (Eurostat 2012). Bereits in 2011 etablierte sich Polen als Hauptanbieter von Kabotage-Transportdienstleistungen im EU-Raum (Gleave et al. 2013). Während das tkm-Aukommen einheimischer Transporteure in den Inlandtransporten also stagniert, weisen ausländische Speditionen hier hohe Wachstumsraten auf. Ähnliche Entwicklungen lassen sich auch auf dem Markt für grenzüberschreitende Transporte feststellen. Die Transportleistung im bilateralen internationalen Verkehr innerhalb der EU stagniert im Mittel. Das Teilsegment des Dreiländerverkehrs weist hingegen auch in den letzten Jahren hohe Wachstumsraten auf. Zwischen 2005 und 2010 nahm die Transportleistung um 71 % zu. Des Weiteren entielen fast drei Viertel des tkm-Aukommens im Dreiländerverkehr auf Speditionen, die im EU-12- Raum gemeldet waren (EC2011). Da KV eine hohe Transport-Mindestentfernung benötigt, um wirtschaftlich eingesetzt zu werden (Seidelmann 1997), ermöglicht und fördert die Liberalisierung und Harmonisierung des europäischen Speditionsmarktes diese Transportalternative. So kann beispielsweise KV eine zusätzliche Alternative darstellen, das Produktionskonzept bzw. das Leistungsangebot zu erweitern, indem gleichzeitig neue Marktsegmente bedient werden können und das Transportnetzwerk des Spediteurs ausgebaut wird. Darüber hinaus eignet sich KV - aufgrund der Vielzahl heterogener und rechtlich unabhängiger Operateure - für preisbezogene Wettbewerbsmaßnahmen (Stölze und Resch 2009). Weiterhin können Logistikdienstleister durch den Einsatz von KV vermehrt Transportdienstleistungen im europäischen Ausland durchführen, da die Kabotagerestriktionen für den Vorbzw. Nachlauf des KV nicht zutrefen. So regelt Artikel 4 der Richtlinie 92/ 106/ EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom 7. Dezember 1992, dass Verkehrsunternehmen „im Rahmen des kombinierten Verkehrs zwischen Mitgliedsstaaten innerstaatliche oder grenzüberschreitende Zuund/ oder Ablaufverkehre auf der Straße“ durchführen können. Wettbewerbsstrategien für Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse Neben dem Eigeneintritt dienen Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse als Strategien zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit. Um Wettbewerbsvorteile zu generieren, greifen Logistikdienstleister auf Wachstumsstrategien, Eizienzstrategien, 67% 25% 7% 1% Na i onaler Verkehr Bilateraler interna i onaler Verkehr Dreiländerverkehr Kabotage Bild 1: Prozentuale Verteilung der EU-Transportleistung (tkm) in 2011 Internationales Verkehrswesen (66) 4 | 2014 52 LOGISTIK Kombinierter Verkehr Produktinnovationsstrategien und Marketingstrategien zurück (Holderied 2005). Ziel ist es, ein möglichst optimales bzw. lächendeckendes Transportnetzwerk anzubieten, um darüber hinaus möglichst viele Marktsegmente (ergänzende Transportdienstleistungen wie den KV) bedienen zu können. Im Rahmen der Wachstumsstrategie generiert das Unternehmen Wettbewerbsvorteile allein durch den Ausbau der Unternehmensgröße. Skalenefekte werden durch die kontinuierliche Erschließung neuer geograischer und leistungsspeziischer Märkte erzeugt. Im Zuge von Eizienzstrategien werden Verbundefekte hergestellt. Synergien und Kostenvorteile werden durch horizontale und vertikale Unternehmenszusammenschlüsse generiert. Um dennoch zahlreiche Marktsegmente individuell zu bedienen, ist ein stetiger Kompetenzaubau unabdingbar.WennProduktinnovationsstrategien verfolgt werden, sind Übernahmen von spezialisierten Unternehmen möglich. Schließlich können Zukäufe und Zusammenschlüsse auch in Form von Marketingstrategien verfolgt werden, indem z. B. Unternehmen übernommen werden, die Werte wie Umweltbewusstsein vertreten. Dadurch kann das zukaufende Unternehmen sein Unternehmensimage zielgerichtet erweitern bzw. verbessern. Um die Auswirkungen der Liberalisierung des europäischen Speditionsmarktes auf die Wettbewerbsstrategien von Logistikdienstleistern zu untersuchen, wurden unter Einsatz der „Zephyr-Datenbank“ (Bureau van Dijk 2014) Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse in der Logistik-Branche im EU-Raum analysiert. Dazu wurden die Veränderungen nach der EU-Erweiterungsrunde im Jahre 2004 untersucht. Zuerst wurde der Drei-Jahres- Zeitraum ab der ersten EU-Osterweiterung betrachtet. Im Jahr 2004 traten die Staaten Polen, Tschechien, Ungarn, Estland, Lettland, Litauen, Slowenien, Slowakei, Malta und Zypern der EU bei. Im Jahr 2007 folgten Bulgarien und Rumänien in der zweiten EU-Osterweiterung. Nach Ablauf der Übergangsfristen zum 30. April 2009 wurde die Kabotagefreiheit auf alle Beitrittsländer der ersten EU-Osterweiterung ausgeweitet. Zuvor konnten EU-Mitgliedsstaaten Kabotagebeschränkungen auf nationaler Ebene wie beispielsweise den Zeitraum der Transportdurchführung, die Anzahl der Fahrten oder Mengenbeschränkungen beschließen. Um die Auswirkungen der Liberalisierung zu untersuchen, wurden daher für die nächste Untersuchungsperiode Daten nach Ablauf der Übergangsfrist ab dem Jahr 2009 gewählt. Für Rumänien und Bulgarien sollte die Übergangsfrist zuerst vom EU-Beitritt bis zum Jahresende 2009 gelten, wurde dann aber vor Ablauf bis Ende 2011 verlängert. Damit die Vergleichbarkeit der Zeiträume möglich ist, wurde jeweils ein Drei- Jahres-Zeitraum von Januar bis Dezember gewählt. Neben der Branchenzugehörigkeit eines der beteiligten Unternehmen zum Logistik-Sektor und den Zeiträumen 2004- 2006 und 2009-2011 wurden als Suchkriterien der Typ der Übernahme oder des Zusammenschlusses und die Region verwendet. Der Typ kann Rückschlüsse auf die Strategie bzw. Kooperationsbereitschaft von Logistikdienstleistern geben. Die Region wurde untersucht, um den gesamten europäischen Speditionsmarkt zu betrachten. Der Datenkorpus umfasst 92 Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse von Logistikdienstleistern in Ländern, die in der jeweiligen Zeitperiode Mitgliedsland der EU waren. Dabei entfallen auf die erste Periode 31 und auf die zweite Periode 61 Zusammenschlüsse und Übernahmen. Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse von Logistikdienstleistern An den 92 Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse von Logistikdienstleistern waren zumeist kleine und mittelgroße Unternehmen beteiligt. Insgesamt wurden 97 % der Unternehmen übernommen und in nur 3 % der Fälle kam es zu einem Zusammenschluss zwischen Unternehmen. Dass hauptsächlich Unternehmen übernommen wurden, könnte auf den starken Wettbewerb unter Logistikdienstleistern hindeuten. Zwar sind Logistikdienstleister von den Potenzialen horizontaler Kooperation im Grunde überzeugt, jedoch scheitert die Umsetzung oft daran, dass einerseits kein geeigneter Kooperationspartner gefunden wird und sich dann nicht auf eine Auszahlungsmechanik geeinigt werden kann (Cruijssen et al. 2007). So fanden neben den hauptsächlich horizontalen auch vereinzelt vertikale Transaktionen bzw. Übernahmen statt. Es wurden beispielsweise Software- Unternehmen, Logistikdienstleister zur Abwicklung des Seehafen-Hinterlandverkehrs sowie „klassische“ Speditionsunternehmen übernommen. Im Zeitabschnitt zwischen 2004 und 2006 fanden 77,4 % der betrachteten Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse innerhalb eines Landes statt. In 22,6 % der Fälle übernahm oder fusionierte ein Logistikdienstleister mit einem im Ausland ansässigen Unternehmen. Dieser Anteil iel im Zeitabschnitt zwischen 2009- 2011 auf 11,5 %. Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse wurden zu 88,5 % Zeitperiode Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse im Ausland Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse im Inland Total 2004-2006 7 (22,6 %) 24 (77,4 %) 31 (100 %) 2009-2011 7 (11,5 %) 54 (88,5 %) 61 (100 %) Tabelle 2: Totale und prozentuale Anteile der Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse von Logistikdienstleistern im In- und Ausland in den Zeiträumen 2004-2006 und 2009-2011 77,40% 88,50% 22,40% 11,50% 0,00% 10,00% 20,00% 30,00% 40,00% 50,00% 60,00% 70,00% 80,00% 90,00% 100,00% 2004 - 2006 2009 - 2011 Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse im Ausland [%] Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse im Inland [%] Zeitraum Bild 2: Prozentuale Anteile der Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse im In- und Ausland in den Zeitabschnitten 2004-2006 und 2009-2011 Internationales Verkehrswesen (66) 4 | 2014 53 Kombinierter Verkehr LOGISTIK im Inland getätigt. Tabelle 2 zeigt die absoluten und prozentualen Anteile der Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse im In- und Ausland in den Zeiträumen 2004-2006 und 2009-2011. Die Analyse der betrachteten Daten zeigt, dass Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse in der Logistik-Branche hauptsächlich im Inland stattinden. Bild 2 verdeutlicht den Rückgang von Übernahmen und Zusammenschlüssen im Ausland. Zwar wurden im Zeitraum 2009-2011 prozentual weniger Unternehmen im Ausland erworben oder schlossen sich zusammen als im Zeitraum 2004-2006, jedoch hat sich die Reichweite der Übernahmen bzw. Zusammenschlüsse erhöht. Während bis 2006 die Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse eher im angrenzenden Ausland stattfanden, wurden ab 2009 vermehrt Unternehmen im nicht-angrenzenden Ausland übernommen oder schlossen sich zusammen. Motive für Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse Die Konzentration der Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse von europäischen hin zu nationalen Märkten könnte darauf hindeuten, dass durch die Liberalisierung des europäischen Speditionsmarktes sich die Wettbewerbsstrategien von Logistikdienstleistern ändern. Tabelle 3 stellt die Motive für die Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse in den Zeiträumen 2004-2006 und 2009-2011 gegenüber. Die Motive, die Unternehmen als Grund der Übernahme bzw. Zusammenschlusses in der Zephyr-Datenbank angaben, konnten den Wettbewerbsstrategien zugeordnet werden. Dabei zeigte sich, dass Unternehmen mit abnehmender Tendenz aus reinen Wachstums- und Eizienzgründen übernommen werden. Zunehmend werden Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse mit Produktinnovations- und Marketingstrategien begründet. Durch die Deregulierung des europäischen Speditionsmarktes könnten sich die Wettbewerbsstrategien von Logistikdienstleistern dahingehend ändern, dass der der Eigeneintritt zur Erweiterung des Produktionskonzepts bzw. des Leistungsangebots in den Fokus rückt. Fazit Europäische Spediteure weiten zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit ihr ehemals nationales Transportnetzwerk auf den neu entstandenen, europäischen Binnenmarkt aus. Die strategische Ausrichtung des Produktionskonzepts bzw. die Erweiterung des Leistungsangebotes erfolgt zunehmend durch den selbständigen Eintritt in den europäischen Transportmarkt. Hingegen sinkt der Anteil von Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüssen aus wachstumsstrategischen Motiven. Weitere Deregulierungen bzw. Liberalisierungsprozesse, beispielsweise beim KV, können diesen Efekt noch verstärken. ■ Das IGF-Vorhaben (17550 N) der Forschungsvereinigung Bundesvereinigung Logistik e.V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. LITERATUR Bureau van Dijk (2014): Zepher Datenbank - M&A-Transaktionsdaten weltweit mit integrierten Firmeninanzdaten, Zugrif unter http: / / zephyr.bvdep.com. Cruijssen, F., Cools, M., Dullaert, W. (2007): Horizontal cooperation in logistics: Opportunities and impediments. Transportation Research Part E, 43(2), S. 129-142. EC2011 - European Commission DG for Mobility and Transport (2011): Road Freight Transport Vademecum 2010 Report. Market trends and structure of the road haulage sector in the EU in 2010. Eurostat (2012): Europe in igures. Eurostat yearbook 2012. 2012 edition, Theme. Luxembourg 2012. Gleave, S. D., Frisoni, R., Dionori, F., Vollath, C., Tyszka, K., Casullo, L., Routaboul, C., Jarzemskis, A., Tanczos, K. (2013): Development and Implementation of EU Road Cabotage. European Parlament. Directorate General for Internal Policies. Policy Department B: Structural and Cohesion Policies. Transport and Tourism. Holderied, C. (2005): Güterverkehr, Spedition und Logistik. Managementkonzepte für Güterverkehrsbetriebe, Speditionsunternehmen und logistische Dienstleister. 1. Aul., München 2005. Meyer-Rühle, O. (2008): Statistical coverage and economic analysis of the logistics sector in the EU (SEALS). Basel 2008. Rat der Europäischen Union (1992): Richtlinie 92/ 106/ EWG des Rates vom 7. Dezember 1992 über die Festlegung gemeinsamer Regeln für bestimmte Beförderungen im kombinierten Güterverkehr zwischen Mitgliedsstaaten. Schmidt, K. (2007): Erfolgsfaktoren in Speditionen. Dortmund, Techn. Univ., Diss., 2007. Seidelmann, C. (1997): Der kombinierte Verkehr - Ein Überblick. Internationales Verkehrswesen, 49(6), S. 321-324. Stölzle, W., & Resch, B. (2009): Geschäftsmodelle als Ausgangspunkt für das Preismanagement im KV. Internationales Verkehrswesen, 61(6), S. 199-205. Straube, F. (2008): Containerverkehr der Nordrange - Konzeption eines Planungsmodells für den see- und landseitigen Verkehr. Internationales Verkehrswesen, 60 (4), S. 120-126. Straube, F., Dominik, K., Hermann, S. (2007): Netzwerkkompetenz als zentrale Voraussetzung für kleine und mittelständische Logistikdienstleister. Jahrbuch Logistik, freie Beratung (2007), S. 50-52. Motive für Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse Anteil in 2004-2006 Anteil in 2009-2011 Wachstumsstrategien 45,8 % 34,4 % Eizienzstrategien 33,3 % 24,7 % Produktinnovationsstrategien 14,6 % 15,1 % Marketingstrategien 6,3 % 25,8 % Tabelle 3: Motive für Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse in den Zeitabschnitten 2004-2006 und 2009-2011. Das Projekt KoVoS Wie kann ein mittelständisches Speditionsunternehmen sein Geschäftsmodell im Zuge der bedeutenden Umweltveränderungen so anpassen, dass die künftige Wettbewerbsfähigkeit im Transportgewerbe gesichert wird? Diese Frage steht im Mittelpunkt des AiF-Projekts KoVoS, in dem die TU Darmstadt den KV-Markt und die Verhaltensmuster der verschiedenen beteiligten Akteure erforscht. Mit Hilfe der Ergebnisse des Projekts sollen Spediteure bei der Transportmittelwahl sowie der notwendigen Anpassungen ihrer Strategien und ihres Geschäftsmodells unterstützt werden. Ein webbasierter Leitfaden bietet den Spediteuren die Möglichkeit eine Erweiterung ihres bestehenden Produktionskonzeptes um den Kombinierten Straßen-/ Schienengüterverkehr (KV) zu prüfen und anhand ihrer speziellen Rahmenbedingungen und Anforderungen direkt Unterstützung bei der Entscheidungsindung zu erhalten. Vor allem mittelständische Spediteure werden so für das Thema KV sensibilisiert und gleichzeitig mit umsetzungsnahen Handlungsempfehlungen unterstützt. Unter www.kovos.de inden sich aktuelle Informationen zum deutschen KV-Markt sowie ab Anfang 2015 der webbasierte Leitfaden. Ralf Elbert, Prof. Dr. Fachgebiet Unternehmensführung und Logistik, Technische Universität Darmstadt elbert@bwl.tu-darmstadt.de Lowis Seikowsky, Dipl.-Wi.-Ing. Fachgebiet Unternehmensführung und Logistik, Universität Darmstadt seikowsky@bwl.tu-darmstadt.de