eJournals Internationales Verkehrswesen 66/4

Internationales Verkehrswesen
iv
0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2014-0126
111
2014
664

Automatische Spurwechseltechnologie im eurasischen Schienengüterverkehr

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2014
Sebastian Kummer
Hans-Joachim Schramm
Mario Dobrovnik
Gennady  Pisarevskiy
Im eurasischen Schienenverkehr stellt die Überwindung unterschiedlicher Spurweiten eine besondere Herausforderung dar. Traditionelle Methoden zur Überbrückung dieser Systemgrenzen sind mit kosten- und zeitintensiven Prozessen verbunden. Die vorliegende Studie analysiert die Tauglichkeit automatischer Spurwechseltechnologie zur Adressierung dieses Problems.
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Internationales Verkehrswesen (66) 4 | 2014 76 TECHNOLOGIE Spurweiten Automatische Spurwechseltechnologie im eurasischen Schienengüterverkehr Ein Motor und Katalysator für wirtschaftliche Integration? Im eurasischen Schienenverkehr stellt die Überwindung unterschiedlicher Spurweiten eine besondere Herausforderung dar. Traditionelle Methoden zur Überbrückung dieser Systemgrenzen sind mit kosten- und zeitintensiven Prozessen verbunden. Die vorliegende Studie analysiert die Tauglichkeit automatischer Spurwechseltechnologie zur Adressierung dieses Problems. Die Autoren: Sebastian Kummer, Hans-Joachim Schramm, Mario Dobrovnik, Gennady Pisarevskiy D ie Möglichkeit zur Verlechtung des EU-Raumes mit osteuropäischen und asiatischen Staaten kann als wesentliche Determinante für wirtschaftlichen Erfolg verstanden werden. Efektiv und eizient ausgestaltete Verkehrs- und Logistiksysteme stellen in diesem Zusammenhang eine wichtige Voraussetzung zur Erreichung wirtschaftspolitischer Ziele dar [1]. Das nur unzureichend integrierte Schienenwegenetzwerk kann hierbei aufgrund seiner inhärenten Interoperabilitätsprobleme jedoch als neuralgische Komponente klassiiziert werden [2]. Insbesondere die Überwindung unterschiedlicher Spurweiten stellt ein großes Problem für die Durchführung eurasischer Schienenverkehre dar. Grundsätzlich stehen mehrere Alternativen zur Überbrückung unterschiedlicher Spurweiten zur Verfügung. Eine Möglichkeit ist, die Güter am Grenzbahnhof in einen systemspeziischen Zug umzuladen. Alternativ können die Drehgestelle der eingesetzten Waggons an der Grenze ausgetauscht werden. Beide Vorgehensweisen korrespondieren in der Regel jedoch mit langen Aufenthaltsbzw. Prozesszeiten und verlangen außerdem, dass am Grenzbahnhof entweder entsprechendes Rollmaterial oder eine ausreichende Anzahl systemspeziischer Drehgestelle bereitgestellt werden können. Beim Einsatz automatischer Spurwechseltechnologie (ASWT) werden Waggons und wahlweise auch Lokomotiven mit speziellen Drehgestellen ausgestattet, die auf Schienennetzen mit unterschiedlichen Spurweiten (z. B. Normalspur und Breitspur) eingesetzt werden können. An der Schnittstelle wird eine ortsfeste Umspuranlage installiert, welche die Drehgestelle des Rollmaterials bei der Überfahrt automatisch an die Spurweite des Zielsystems anpasst [3]. Gegenstand einer vom Institut für Transportwirtschaft und Logistik (WU Wien) und dem Forschungsinstitut der Russischen Eisenbahn (VNIIZhT) im Auftrag des Internationalen Eisenbahnverbands (UIC) und der Organisation für die Zusammenarbeit der Eisenbahnen (OSShD) durchgeführten Studie war die Evaluierung des Einsatzes von ASWT im eurasischen Schienengüterverkehr. Im Rahmen der Untersuchung wurden sowohl eine betriebswirtschaftliche Kosten-Nutzen Analyse [4] als auch eine Marktstudie [5] durchgeführt. Die wichtigsten Ergebnisse sind nachstehend dargestellt. Analyse eurasischer Güterströme und Marktentwicklung Das Marktpotential innovativer Spurwechseltechnologien hängt wesentlich von der Nachfrage nach grenzüberschreitenden Transporten ab. Eine Analyse der Güterströme zeigt, dass im Jahr 2012 über 50 Mio. Tonnen von Breitspurstaaten in Länder mit Normalspursystemen transportiert wurden (Bild 1), während in die Gegenrichtung nur ca. 5 Mio. t (Bild 2) befördert wurden. Diese, auch in der durchschnittlichen Auslastung der Waggons pro Fahrtrichtung widergespiegelte (Tabellen 1 und 2), Unpaarigkeit ist problematisch, da sie einen eizienten Einsatz spurwechselfähigen Rollmaterials hemmt bzw. Leerfahren und Repositionierungsverkehre erforderlich macht. 0 10.000.000 20.000.000 30.000.000 40.000.000 50.000.000 60.000.000 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Tonnen (t) Russische Föderation Ukraine Weißrussland andere 0 1.000.000 2.000.000 3.000.000 4.000.000 5.000.000 6.000.000 7.000.000 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Tonnen (t) Russische Föderation Ukraine Weißrussland andere Bild 1: Internationaler Schienengüterverkehr von 1520 (1524) nach 1435 mm in t klassifiziert nach Verkehrsquellen Bild 2: Internationaler Schienengüterverkehr von 1435 nach 1520 (1524) mm in t klassifiziert nach Verkehrssenken Internationales Verkehrswesen (66) 4 | 2014 77 Spurweiten Technologie Auf Basis der Auswertung von Experteninterviews kann außerdem festgestellt werden, dass die Branche kurzbis mittelfristig von einer Zunahme des Verkehrsaukommens im eurasischen Schienengüterverkehr ausgeht, wobei sich die Einschätzungen von Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU), Speditionen und Logistikdienstleistern weitgehend decken (Tabelle 3). Eine weiterführende Analyse ausgewählter Güterklassen (Tabelle 4) zeigt überdies, dass eine überproportionale Zunahme von Containerverkehren angenommen und für Kohletransporte und Metalle ein schwächeres Wachstum vorhergesagt wird. Im Bereich der Chemieprodukte und Düngemittel- gehen Branchenexperten von einer- überdurchschnittlichen Preissteigerung aus. Kosten- und nutzenaspekte automatischer Spurwechseltechnologie Ob ökonomisches Potential im Einsatz von ASWT bei den prognostizierten Güterströmen vorhanden ist, wird durch eine Gegenüberstellung des erwarteten Nutzens mit den korrespondierenden Kosten determiniert. Aus Perspektive der Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) stellen bei ortsfesten Umspuranlagen einmalige Investitionskosten, laufende Betriebskosten und Instandhaltungskosten die relevanten Kostengrößen dar. Der Nutzen ergibt sich für Anlagenbetreiber aus den eingehobenen Benutzungsentgelten. Die Anzahl der zur Erreichung der Kostendeckung erforderlichen, bezahlten Überfahrten kann gemäß Gleichung (1) berechnet werden. Ausgehend von einer Kapitalrendite zwischen 2,5 % und 15,0 %, einer Amortisationszeit der Anlage von zehn bis 35 Jahren sowie einer Nutzungsgebühr pro Waggondurchlauf zwischen EUR 1,- und EUR 25,- amortisiert sich die Spurwechselanlage bei einer Anzahl zwischen 319 und 214 252 Waggonabfertigungen pro Jahr. Wie viele Überfahrten erforderlich sind, um die Rentabilität der Anlage zu gewährleisten, hängt dabei in hohem Maße von den Systemkosten ab, die in Abhängigkeit zur eingesetzten Technologie stehen (Modell A und Modell B in Tabelle- 5 charakterisieren ASWT mit unterschiedlichem Automatisierungsgrad). Bei einer Kapitalrendite von 7 %, einer Amortisationszeit von 30 Jahren und einer Nutzungsgebühr von EUR 1,pro Durchlauf ergibt dies pro Jahr 13 588 Überfahrten für güterklasse Prognose Verkehrsaufkommen (2012 = 100) Prognose Transportpreise (2012 = 100) 2015 2020 2025 2015 2020 2025 Containerverkehre 120 (4,3) 130 (4,5) 139 (4,6) 116 (2,5) 123 (2,7) 137 (3,0) Mineralölprodukte 109 (2,8) 117 (3,1) 129 (3,3) 111 (1,8) 120 (2,0) 127 (2,1) Metalle 101 (3,7) 104 (3,7) 106 (3,8) 108 (2,5) 114 (2,9) 121 (3,3) Kohle 105 (1,5) 108 (1,4) 112 (1,3) 109 (1,4) 117 (1,7) 123 (1,7) Chemieprodukte und Düngemittel 110 (2,8) 115 (3,1) 122 (3,5) 116 (1,3) 140 (1,8) 175 (2,0) Tabelle 4: Erwartete Entwicklung des Transportaufkommens und der Transportpreise klassiiziert nach ausgewählten Güterklassen in %, Basisjahr 2012 = 100, Standardabweichung in Klammern Technologie der Spurwechselanlage Anschafungsinvestition (eUR) instandhaltung pro Jahr (eUR) 7 % Zinssatz 30 Jahre Amortisationszeit eUR 1,-/ Überfahrt 2,5 % Zinssatz 35 Jahre Amortisationszeit eUR 25,-/ Überfahrt Modell A   150.000,-  1.500,- 13.588 Überfahrten 319 Überfahrten Modell B 1.000.000,- 15.000,- 95.586 Überfahrten 2.328 Überfahrten Tabelle 5: Modellspeziische Kosten und erforderliche Überfahrten pro Jahr zur Kostendeckung der Spurwechselanalage Investitionskosten Barwertfaktor + Betriebskosten und Instandhaltungskosten pro Jahr Anzahl der Waggondurchläufe pro Jahr = Entgelt pro Überfahrt Gleichung (1) Verkehrsquelle 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Russ. Föderation 63,6 63,3 63,9 65,3 52,8 52,1 56,6 63,5 62,9 Ukraine 51,0 52,0 52,4 53,2 53,9 55,7 54,6 52,0 54,4 Weißrussland - 63,3 63,9 65,3 52,8 52,1 56,6 63,5 62,9 sonstige 61,1 59,3 60,3 64,0 51,9 52,0 56,4 60,8 19,3 Summe 56,4 57,6 58,4 60,2 53,0 53,4 55,7 57,8 40,0 Tabelle 1: Durchschnittliche Waggonauslastung in t von 1520 (1524) nach 1435 mm klassiiziert nach Verkehrsquellen Verkehrssenke 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Russ. Föderation 44,4 46,4 46,1 42,9 33,7 30,8 26,9 25,6 25,0 Ukraine 25,2 25,8 26,8 24,2 29,8 35,9 38,9 40,3 42,0 Weißrussland - 46,4 46,1 42,9 33,7 30,8 26,9 25,6 25,0 sonstige 44,8 46,7 46,7 43,7 34,3 31,2 27,0 25,7 25,1 Summe 35,0 35,8 35,1 32,4 32,1 32,3 29,9 28,9 29,0 Tabelle 2: Durchschnittliche Waggonauslastung in t von 1435 nach 1520 (1524) mm klassiiziert nach Verkehrssenken Unternehmen Prognose Verkehrsaufkommen Prognose Transportpreise 2015 2020 2025 2015 2020 2025 EVU und sonstige 109,15 (12,20) 116,02 (16,65) 123,72 (27,14) 111,57 (9,80) 119,17 (11,14) 129,43 (21,54) Speditionen und Logistikdienstleister 113,15 (13,35) 116,28 (10,90) 118,22 (13,05) 111,93 (12,34) 122,56 (23,19) 130,27 (24,98) Tabelle 3: Erwartete Entwicklung des Transportaufkommens und der Transportpreise in %, Basisjahr 2012 = 100, Standardabweichung in Klammern Internationales Verkehrswesen (66) 4 | 2014 78 TECHNOLOGIE Spurweiten Modell A und 95 586 für Modell B. 95 586 abgefertigte Güterwaggons entsprechen einer täglichen Durchlaufquote von 10,5 Zügen mit jeweils 25 Waggons. Ein kalkulatorischer Zinssatz von 2,5 %, eine Amortisationszeit von 35 Jahren und eine Gebühr von EUR 25,- pro Durchlauf resultieren bei Option A in 319 Waggons jährlich bzw. ca.-6-Waggons wöchentlich und im Fall von Option B in 2328 Waggons jährlich bzw. ca. 45 Waggons wöchentlich. Die Ergebnisse sind in Tabelle 5 dargestellt. In der betrieblichen Praxis ist es sinnvoll, die Gebühr pro Waggonabfertigung zu diferenzieren und an jenem Mehrbetrag auszurichten, den man einem Transport unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Alternativtechnologien anlasten kann. Wenn die Spurwechselanlage beispielsweise für Containertransporte attraktiv sein soll, könnte man eine Gebühr von EUR 1,- pro Waggondurchlauf ansetzen. Hingegen kann man für Transporte mit einem größeren Einsparungspotential, beispielsweise Chemietransporte, zwischen EUR 8,- und EUR 10,- pro Waggondurchlauf einheben. Zahlungsbereitschaft der Kunden Eine weitere, wesentliche Voraussetzung für den ökonomischen Einsatz von ASWT sind die Abbildbarkeit des dadurch für Kunden entstehenden Zusatznutzens und die entsprechende Bereitschaft, einen erhöhten Transportpreis zu akzeptieren. Zu diesem Zwecke wurde auf Basis von fragebogengestützten, persönlichen Interviews die Zahlungsbereitschaft der Kunden mittels einer Conjoint-Analyse erhoben. Befragt wurden EVU, Spediteure und Logistikdienstleister, die Verkehre entlang der Normal-/ Breitspurgrenze anbieten. Der Nutzen des Transportpreises (der Dauer) bei Einsatz von ASWT wurde dabei als Funktion in Abhängigkeit der prozentuellen Änderung der bestehenden Transportpreise (Dauer) auf Basis von Teilnutzenwerten modelliert. Die Ergebnisse sind in Tabelle 6 dargestellt. Alle Resultate sind signiikant ( α = 5 %) und weisen auf eine hinreichend hohe Modellgüte (korrigiertes R 2 ) hin. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass sowohl Preissteigerungen von mehr als 10 % (da x 1 > 1,100) als auch Zeiteinsparungen unter 15 % (da x 2 > 0,8534) gegenüber den bestehenden Werten unter Einsatz traditioneller Methoden des Spurwechsels in negativem Nutzen resultieren. Ein Vergleich mit Studienergebnissen der TU Dresden aus dem Jahr 2002 [3] zeigt außerdem, dass sich die Zahlungsbereitschaft für eine kürzere Gesamttransportdauer in den letzten zehn Jahren nur unwesentlich verändert hat. Modellhafte Umsetzung auf Basis konkreter Anwendungsfälle Da aus Sicht eines EVU jeder Verkehr speziische Merkmale aufweist und eine aggregierte Transportfallbewertung daher nur bedingt sinnvoll ist, wurde zur betriebswirtschaftlichen Evaluierung individueller Transporte ein Kalkulationstool entwickelt. Es erlaubt, die Tauglichkeit von ASWT transportfallbezogen durch einen Vergleich mit traditionellen Methoden des Spurwechsels zu überprüfen. Die Berechnung erfolgt pro Zug und berücksichtigt neben der Verkehrsart (Verkehrsweite, Anzahl der Umläufe) die Charakteristika der Güter (Volumen, Wert, Gewicht, Gefahrenpotential), die Kosten der eingesetzten Waggons, Umschlagskosten am Grenzpunkt, die Auswirkung von Prozesszeiteinsparungen auf Kapitalbindung und Mietkosten, Energiekosten sowie unternehmensspeziische Parameter. Eine Analyse von, mit EVU abgestimmten, Fallstudien zeigt, dass es Transporte gibt, bei denen die Rentabilitätsschwelle auch bei höheren Waggonkosten oder einer längeren Beförderungszeit erreicht wird (Bild 3). Das gilt insbesondere für Verkehre mit hohem Einsparpotential. Beispielsweise für Güter mit signiikantem Beschädigungsrisiko beim Umschlag sowie für Güter mit hohen Umschlagskosten je Tonne, z. B. umweltschädliche Chemikalien. In diesen Fällen kann es sinnvoll sein, die Umla- -4.000.000,00 -2.000.000,00 - 2.000.000,00 4.000.000,00 6.000.000,00 8.000.000,00 10.000.000,00 1,75 1,40 1,15 1,00 0,87 0,77 0,69 0,63 0,58 0,54 Barwert in EUR Umläufe pro Woche Waggon X (7%, 20 Jahre) Waggon X (10%, 20 Jahre) Waggon X (15%, 20 Jahre) Waggon Y (7%, 20 Jahre) Waggon Y (10%, 20 Jahre) Kalkulationszinssatz 7 % / 10 % / 15 % Umschlagskosten traditionell: EUR 7,pro t Entgelt Spurwechselanlage: EUR 1,- / Waggon Waggon X: Umrüstkosten EUR 49.670,- / Waggon, Zusatzgewicht: 2.190 kg / Waggon Waggon Y: Umrüstkosten EUR 90.300,- / Waggon, Zusatzgewicht: 4.000 kg / Waggon Betrachtungszeitraum: 20 Jahre Waggon Y (15%, 20 Jahre) -4.000.000,00 -3.000.000,00 -2.000.000,00 -1.000.000,00 - 1.000.000,00 2.000.000,00 3.000.000,00 1,75 1,40 1,15 1,00 0,87 0,77 0,69 0,63 0,58 0,54 Barwert in EUR Umläufe pro Woche Waggon X (7%, 20 Jahre) Waggon X (10%, 20 Jahre) Waggon X (15%, 20 Jahre) Waggon Y (7%, 20 Jahre) Waggon Y (10%, 20 Jahre) Waggon Y (15%, 20 Jahre) Kalkulationszinssatz 7 % / 10 % / 15 % Umschlagskosten traditionell: EUR 30,- (15,-) für beladene (leere) Container Entgelt Spurwechselanlage: EUR 1,- / Waggon Waggon X: Umrüstkosten EUR 49.670,- / Waggon, Zusatzgewicht: 2.190 kg / Waggon Waggon Y: Umrüstkosten EUR 90.300,- / Waggon, Zusatzgewicht: 4.000 kg / Waggon Betrachtungszeitraum: 20 Jahre Nutzenfunktion des Transportpreises Korrigiertes R² Nicht positiv für Teilnutzen y 1 = 21,546 - 19,588 x 1 0,6905 x 1 > 1,1000 Nutzenfunktion der Dauer des-Transportes Korrigiertes R² Nicht positiv für Teilnutzen y 2 = 9,159 - 10,734 x 2 0,3895 x 2 > 0,8534 Tabelle 6: Schätzung der Nutzenfunktionen für Transportpreise und Transportdauer Bild 3: Wirtschaftlichkeitsberechnung für Kohlezug mit 25 Waggons Bild 4: Wirtschaftlichkeitsberechnung für Containerzug mit 25 Waggons Internationales Verkehrswesen (66) 4 | 2014 79 Spurweiten TECHNOLOGIE dung- oder den Wechsel von Drehgestellen, die vergleichsweise kostenintensive Methoden zur Überwindung unterschiedlicher- Spurweiten darstellen, durch ASWT abzulösen. Containerverkehre kennzeichnen das andere Ende des Wirtschaftlichkeitsspektrums. Eine Substitution des Containerumschlags durch ASWT ist nur dann ökonomisch sinnvoll, wenn dadurch die Transportlogistik perfektioniert und die Umlaufzeiten verkürzt werden können (Bild 4). Diese Lösung könnte sich primär für hochwertige Waren bzw. Eilgüter sowie für Züge über kurze und mittlere Entfernungen mit häuiger Grenzüberschreitung anbieten (Bild 5). Ein besonderer Vorteil von ASWT ist außerdem, dass Mischzüge, die Container, Schüttgut, Flüssigkeiten und sogar Reisende befördern, eizient auf der gleichen Anlage abgefertigt werden können. Traditionelle Systeme erfordern hingegen in der Regel hochspezialisierte Umschlagsgeräte für jeden einzelnen Wagentyp, was den Einsatz von Zügen mit heterogenem Rollmaterial im Allgemeinen komplexer und teurer macht. Zusammenfassende Interpretation und Ausblick Insgesamt kann konstatiert werden, dass ASWT im eurasischen Güterverkehr für ausgewählte Transporte wirtschaftlich eingesetzt und der für Kunden entstehende Zusatznutzen in einem höheren Preisniveau relektiert werden kann. Für EVU anfallende Zusatzkosten müssen in erster Linie durch jene Einsparungen inanziert werden, die sich durch den Verzicht auf traditionelle Methoden zur Überwindung der Systemgrenzen ergeben, im Wesentlichen also durch die Einsparungen-beim Güterumschlag und den Waggonmieten. ASWT macht Schienenverkehr insgesamt vor allem dadurch attraktiver, dass sie • das Schadensrisiko durch einen Wegfall von Umschlagsvorgängen verringert, • Kosten für Gleisbelegung und den Umschlag reduziert und • Kosten für die Doppelvorhaltung von Rollmaterial bei Umladung bzw. von Radsätzen beim Wechsel von Drehgestellen senkt. Trotz der darstellbaren Vorteile kann allerdings nicht unmittelbar geschlussfolgert werden, dass kurzfristig alle potentiellen Grenzübergangspunkte mit ASWT ausgerüstet werden können. Dagegen sprechen beispielsweise sowohl die Notwendigkeit der Amortisation bereits vorhandener Anlagen zur Spurweitenüberwindung als auch bestehende Nutzungsverträge. Möglich wäre in einem ersten Schritt beispielsweise ein Einsatz an aukommensstarken Grenzbahnhöfen, beispielsweise in Tschop oder Brest. Überdies muss einbezogen werden, dass Investitionen in Terminalinfrastruktur und -suprastruktur sowie in Rollmaterial einen neuralgischen Punkt kennzeichnen. Der automatische Spurwechsel benötigt sowohl Infrastruktur als auch Waggons. Terminalbetreiber investieren allerdings nicht in die neue Technik, sofern es keine entsprechenden Waggons gibt und die Investition ihre Geschäftstätigkeit gefährden könnte. EVU bzw. Waggoneigentümer können nicht in spurwechselfähige Waggons investieren, solange es keine entsprechende Infrastruktur gibt. ASWT dient dazu, die Schnittstellen zwischen Schienennetzen mit unterschiedlichen Spurweiten zu überwinden. Im Vergleich zu traditionellen Methoden ist diese Technik besser an Veränderungen der Verkehrsströme anpassbar und langfristig gesehen auch wirtschaftlicher. Politische Maßnahmen zur Verkürzung der Beförderungszeiten würden gleichzeitig auch ASWT fördern. Dazu gehören Infrastrukturausbau und -modernisierung, die Beseitigung gesetzlicher Hindernisse, eine Vereinfachung von Zollformalitäten sowie die Bereitstellung von an die Anforderungen der Verkehrsunternehmen angepassten administrativen Kapazitäten für die Grenzabfertigung [4]. Abschließend kann außerdem festgehalten werden, dass der automatische Spurwechsel auf Basis der Studienergebnisse nicht nur im Güterverkehr eine taugliche Lösungsalternative darstellt, sondern im Hinblick auf eine weitere Integration der GUS- und EU-Länder auch aus politischer und volkswirtschaftlicher Sicht wünschenswert ist. ■ LITERATUR [1] Limao, N., Venables, A. J. (2001): Infrastructure, Geographical Disadvantage, Transport Costs, and Trade, in: The World Bank Economic Review, 15. Jg., Nr. 3, S. 451-479. [2] Walker, W. E., Baarse, G., van Velzen, A. und Järvi, T. (2009): Assessing the Variation in Rail Interoperability in 11 European Countries, and Barriers to its Improvement, in: European Journal of Transport and Infrastructure Research, 9. Jg., Nr. 1, S. 4-30. [3] Hofmann, K. B., Schramm, H.-J. und Kummer, S. (2002): Wirtschaftlichkeitsuntersuchung über den Einsatz von Systemen zum automatischen Spurwechsel von Eisenbahngüterwagen im „Ost-West- Verkehr“ am Beispiel des PAN-Korridors I: LOGCHAIN-Projekt E! 2353, Dresden. [4] Kummer, S., Dobrovnik, M. und Pisarevskiy, G. (2014): Automatic Gauge Changing Technology: Economic Viability Assessment of Gauge Changeover Technologies Performed under the Contract No 13.003/ 13.007 within the Framework of the Joint Working Group UIC / OSJD, Wien / Moskau. [5] Kummer, S., Schramm, H.-J., Pisarevskiy, G. und Vega, S. (2014): Automatic Gauge Changing Technology: Market Research Report on the Work Performed under the Contract No 13.009/ 13.006 within the Framework of the Joint Working Group UIC / OSJD, Wien / Moskau. Hans-Joachim Schramm, Dipl.-Vw. Dr. Assistenzprofessor am Institut für Transportwirtschaft und Logistik (WU Wien) hans-joachim.schramm@wu.ac.at Mario Dobrovnik, Mag. M.Sc. Universitätsassistent am Institut für Transportwirtschaft und Logistik (WU Wien) mario.dobrovnik@wu.ac.at Sebastian Kummer, Univ.-Prof. Dr. Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik (WU Wien) sebastian.kummer@wu.ac.at Gennady Pisarevskiy, Ph.D. Laborleiter am Forschungsinstitut der Russischen Eisenbahn (VNIIZhT) gepstar@rambler.ru Bild 5: Achshalter eines Transfesa- Güterwagens. Zum schnelleren Transport von Südfrüchten beschafte das spanische Transport- und Logistikunternehmen ab 1949 manuell umspurbare Kühlwagen für iberische Breitspur und Normalspur. Foto: Falk2/ Wikipedia