Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2015-0013
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2015
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Supplier Collaboration in der Bahnindustrie
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Nils Kruse
Die traditionsreiche deutsche Bahntechnik ist weltweit für ihre Produktions- und Innovationskraft berühmt. Ein Blick auf die komplexen Lieferketten bei der Herstellung von Schienenfahrzeugen zeigt jedoch, dass hier noch ein großes Optimierungspotenzial besteht. Um im globalen Wettbewerb auch in Zukunft gut dazustehen und wachsende Umsatzchancen zu realisieren, ist es Zeit, die Effizienz der Supply Chain kritisch zu prüfen. Hilfreich hierfür ist ein Blick auf eine benachbarte Branche: den Flugzeugbau.
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Internationales Verkehrswesen (67) 1 | 2015 38 LOGISTIK Prozessoptimierung LOGISTIK Prozessoptimierung Supplier Collaboration in-der-Bahnindustrie Bessere Koordination und Integration aller am Product- Lifecycle beteiligten Unternehmen könnte den Bau von Schienenfahrzeugen optimieren. Produktion, Materialfluss, Rationalisierung Die traditionsreiche deutsche Bahntechnik ist weltweit für ihre Produktions- und Innovationskraft berühmt. Ein Blick auf die komplexen Lieferketten bei der Herstellung von Schienenfahrzeugen zeigt jedoch, dass hier noch ein großes Optimierungspotenzial besteht. Um im globalen Wettbewerb auch in Zukunft gut dazustehen und wachsende Umsatzchancen zu realisieren, ist es Zeit, die Effizienz der Supply Chain kritisch zu prüfen. Hilfreich hierfür ist ein Blick auf eine benachbarte Branche: den Flugzeugbau. Der Autor: Nils Kruse P olitik und Wissenschaft sind sich einig: Der Schienenverkehr spielt für die Zukunft der Mobilität eine maßgebliche Rolle. In puncto CO 2 - Bilanz, Verkehrssicherheit, sogar bei den Mobilitätskosten schneiden Bahnen besser ab als manch anderes Verkehrsmittel. Höchste Zeit also für die Bahnindustrie, sich für die Herausforderungen der Zukunft fit zu machen, Produktionshemmnisse aus dem Weg zu räumen und Wachstumspotenziale zu realisieren. Dabei sind es vor allem durch die Politik vorgegebene Rahmenbedingungen, die hierbei Beachtung finden müssen: Die Energiewende, der Trend zur Deregulierung und Privatisierung des Bahnverkehrs sowie die europäischen Bemühungen um Interoperabilität und Vereinheitlichung - alle diese politischen Ziele werden erhebliche Auswirkungen nicht nur auf die Betreiber, sondern auch auf die Produzenten von Bahntechnik haben. Hinzu kommen gesellschaftliche und wirtschaftliche Tendenzen, die zusammengenommen das Potenzial haben, die Fertigung und den Betrieb von Schienenfahrzeugen auf ganz neue Grundlagen zu stellen: Die zunehmende Globalisierung und Verflechtung der Weltwirtschaft schafft zuvor ungeahnte Absatzmärkte für Produzenten und Betreibergesellschaften, steigende Energiekosten machen technologische Innovationen erforderlich, wachsende Städte verlangen nach einem effizienten kommunalen Nahverkehrssystem. Herausforderungen wie diese treffen auf eine hochgradig verflochtene und zugleich sehr spezialisierte Bahnindustrie, der es zuweilen schwer fällt, sich auf flexiblere Märkte und wandelnde Produktanforderungen einzustellen. Dabei kann ein Blick auf den Flugzeugbau zeigen, wie die Herstellung von Schienentechnik optimiert werden könnte. Komplexe Supply Chain Insgesamt zeichnet sich die Bahnindustrie durch eine komplexe und grenzüberschreitende Fertigungsstruktur aus, wobei in Foto: fotolia.de Deutschland drei große Hersteller von Schienenfahrzeugen mit einer Vielzahl mittelständischer Zulieferbetriebe zusammenarbeiten. Einen Eindruck von der Komplexität der Zuliefererkette im Schienenverkehr liefert der Hauptabnehmer Deutsche Bahn: Hier organisiert ein Team von ca. 1000 Angestellten die Zulieferung durch rund 19 000 Betriebe. Erschwert wird die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Unternehmen dabei durch manche Eigenheiten, die branchentypisch für die Bahnindustrie sind: So wünschen sich die Betreibergesellschaften in der Regel speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Züge, was zur Folge hat, dass unterschiedliche Zugvarianten in der Regel nur in geringer Stückzahl produziert werden. Der Aufwand für Herstellung, Wartung und Instandsetzung der Bahntechnik ist dementsprechend hoch. Dass es auch anders geht, zeigt der Flugzeugbau, denn hier ist es üblich, den Fluggesellschaften Standardmodelle anzubieten. Um den Herstellungsprozess von Bahntechnik zu optimieren, empfiehlt es sich daher, das Product-Lifecycle-Management (PLM) und insbesondere das Supply- Chain-Management der Luftfahrtbranche genauer unter die Lupe zu nehmen. Die hier üblichen Prozesse, Standarddefinitionen und IT-Lösungen könnten auch die deutsche Bahnindustrie dabei unterstützen, ihren Marktanteil im internationalen Wettbewerb weiter auszubauen. Vorbild Luftfahrtindustrie Insbesondere bei komplexen Lieferketten kann es sich auszahlen, hierfür einen externen Dienstleister zu engagieren. Ein Experte aus dem Bereich Flugzeugbau ist die Airbus-Tochterfirma Cimpa, die sich auf Dienstleistungen im Bereich PLM spezialisiert hat. Um die Effizienz der Supply Chain zu optimieren und alle an der Herstellung beteiligten Unternehmen besser in das Netzwerk zu integrieren, hat CIMPA ein umfassendes Modell entwickelt, das das Potenzial hat, die Zusammenarbeit auch in der Bahnindustrie auf eine ganz neue Grundlage zu stellen. Das Collaboration Model greift dabei auf drei Ebenen unterstützend in den Produktionsprozess ein: Auf der ersten Ebene geht es zunächst darum, Verträge auszuarbeiten, Standards zu definieren und die Zusammenarbeit zwischen den Zulieferern und dem Abnehmer durch verbindliche Regeln zu gestalten und zu dokumentieren. Der Vorteil: Solche übergeordneten und verbindlichen Regelungen stellen Klarheiten her und helfen dabei, Reibungsverluste im Herstellungsprozess zu minimieren. Erst auf der zweiten Ebene sieht das Collaboration Model die Implementierung konkreter PLM-Methoden und Prozesse vor. Ziel ist es hierbei, durch ein professionelles Konfigurations- und Changemanagement die unternehmensübergreifenden Planungs- und Produktionsprozesse zu harmonisieren, die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Supply Chain zu steigern, und so die Anforderungen und Wünsche des Endabnehmers termin- und vertragsgerecht zu erfüllen. Kernstück der dritten Ebene, die sich auf die Gestaltung der IT-Architektur des Extended Enterprise bezieht, ist die zentrale Datenspeicherung und Nutzerverwaltung aller am Produktionsprozess beteiligter Instanzen. Design- und Produktdaten sind so jederzeit verfügbar - unnötige Barrieren und Zeitverluste können vermieden werden. Um ein solches IT-System gegen unbefugten Zugriff zu sichern, sieht das Modell unter anderem eine zentralisierte Verwaltung der Zugangsrechte und die Implementierung hochwertiger Firewalls vor. 1 Großes Optimierungspotenzial Die Trends der Zukunft bieten große Markt- und Gewinnchancen für die traditionsreiche deutsche Bahnindustrie. Dies nicht nur, weil in vielen Regionen der Welt der Bahnverkehr als klimaschonendes und günstiges Verkehrs- und Transportmittel stark ausgebaut wird, sondern auch, weil die global vernetzten Fertigungsprozesse beim Bau von Schienenfahrzeugen noch ein großes Optimierungspotenzial besitzen. Die Stärkung von Koordination und Integration aller am Product-Lifecycle beteiligter Unternehmen kann durch ein umfassendes, extern geplantes und umgesetztes Maßnahmenpaket wie das von CIMPA nachhaltig gefördert werden. Im weltweiten Vergleich steht die deutsche Bahnindustrie an der Spitze - sowohl hinsichtlich der Branchengröße als auch ihrer Innovationskraft. Nun ist es Zeit, alles dafür zu tun, dass ihre Supply Chain auch in Zukunft so funktioniert wie die von ihr produzierten Züge: Pünktlich, schnell und zuverlässig. ■ 1 Unternehmen, die das Collaboration Model von Cimpa nutzen, profitieren in allen Stadien der Zusammenarbeit von den Beratungs- und Serviceleistungen der Airbus-Tochter - von der Planungs- und Implementierungsphase über den laufenden Prozess bis zum Auslaufen des Kollaborationsvertrages und einem eventuellen Neustart. Nils Kruse Head of EADS & External Market PLM Services, CIMPA info@cimpa.com Connecting Global Competence Logistics makes it happen Pünktlich am richtigen Ort: Auf der Weltleitmesse für Logistik, Mobilität, IT und Supply Chain Management erwarten Sie über 2.000 Aussteller aus 63 Ländern. Hier dürfen Sie auf keinen Fall fehlen. BuCHen SIe IHr TICkeT jeTzT MIT WenIgen kLICkS: www.transportlogistic.de/ tickets 5. - 8. Mai 2015 Messe München TL15-Besucher_70x297_D.indd 1 06.02.15 12: 47
