Internationales Verkehrswesen
iv
0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2015-0037
51
2015
672
Wie lässt sich nachhaltige Verkehrsentwicklung messen?
51
2015
Julia Gerlach
Susan Hübner
Edeltraud Günther
Udo J. Becker
Nachhaltige Entwicklung ist ein stetiger, gesellschaftlicher Prozess, der ein konsequentes Monitoring- und Evaluationskonzept benötigt. Dafür sind aussagekräftige Indikatoren in allen Sektoren notwendig, auch für den Verkehrsbereich. Im Rahmen der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie erfolgt dieses Monitoring durch entsprechende verkehrsspeziische Indikatoren im „Kernindikatorensatz“ der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Der Lehrstuhl für Verkehrsökologie der TU Dresden hat im Rahmen eines UFOPLAN-Projektes diese verkehrsspeziischen Indikatoren überprüft und einen Vorschlag zur Weiterentwicklung entworfen.
iv6720021
Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 21 Wissenschaft POLITIK Wie lässt sich nachhaltige Verkehrsentwicklung messen? Weiterentwicklung der Mobilitätsindikatoren der-Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie Nachhaltigkeitsindikatoren, Mobilitätsindikatoren, Modal-Split-Indikator, Transportintensitätsindikatoren, Nachhaltige Verkehrsentwicklung, Nachhaltiger Verkehr Nachhaltige Entwicklung ist ein stetiger, gesellschaftlicher Prozess, der ein konsequentes Monitoring- und Evaluationskonzept benötigt. Dafür sind aussagekräftige Indikatoren in allen Sektoren notwendig, auch für den Verkehrsbereich. Im Rahmen der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie erfolgt dieses Monitoring durch entsprechende verkehrsspeziische Indikatoren im „Kernindikatorensatz“ der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Der-Lehrstuhl für Verkehrsökologie der TU Dresden hat im Rahmen eines UFOPLAN- Projektes diese verkehrsspeziischen Indikatoren überprüft und einen Vorschlag zur Weiterentwicklung entworfen. Die Autoren: Julia Gerlach, Susan Hübner, Edeltraud Günther, Udo J. Becker D er Kernindikatorensatz der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie besteht aus insgesamt 38 Indikatoren in 21 Handlungsfeldern [1]. Acht dieser Indikatoren besitzen einen indirekten und weitere vier einen direkten Verkehrsbezug (siehe Tabelle 1). Vor allem die Indikatoren 11a bis 11d sollen die Situation im Verkehrsbereich beschreiben, sie adressieren die Transportintensität (tkm/ BIP bzw. Pkm/ BIP: je weniger, desto eizienter, desto besser) im Güter- und Personenverkehr sowie die Entwicklung des Modal- Split-Anteils von Bahn und Binnenschif im Güterverkehr. Daneben enthalten eine Reihe sektorübergreifender Indikatoren den Verkehrsbereich als einen von mehreren Verursachern (etwa Indikator 13: Schadstobelastung der Luft). Bei näherer Betrachtung dieser Indikatoren stellen sich verschiedene Fragen: • Zielen die ausgewählten Indikatoren auf die im Verkehrsbereich wirklich relevanten Handlungsfelder? Bleiben wichtige Aspekte einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung bisher unberücksichtigt? • Wurden die aktuell verwendeten Indikatoren so konstruiert, dass sie auch messen, was sie messen sollen? Kann aus der Indikatorentwicklung tatsächlich auf- eine gleichgerichtete Entwicklung der zugrundeliegenden Nachhaltigkeitswirkung geschlossen werden? • Sind die gewählten Abgrenzungen geeignet, die Wirkungen der international ausgerichteten Verkehrssysteme zu erfassen? Wo werden Indikatoren durch die gewählten Abgrenzungen systematisch verzerrt? • Wie kann das vorliegende Indikatorensystem im Verkehrsbereich weiterentwickelt werden? Der Beantwortung dieser Fragen diente das UFO- PLAN-Vorhaben „Entwicklung von Indikatoren im Bereich Mobilität für die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie“, das 2014 abgeschlossen wurde. Der Schlussbericht ist als UBA-Texte 12/ 2015 erschienen [2]. Die Hauptergebnisse sollen an dieser Stelle kurz vorgestellt werden. Methodischer Ansatz und Ableitung des Indikatorvorschlags Die Beantwortung obiger Fragen erfolgte im Projekt in vier Schritten (siehe Bild 1): Zunächst wurden konkrete Nachhaltigkeitsregeln für den Verkehrsbereich abgeleitet, die als normative Mindestanforderungen an eine Nr. Indikator Direkter Verkehrsbezug 11a 11b 11c 11d Gütertransportintensität (tkm/ BIP) Personentransportintensität (Pkm/ BIP) Anteil des Schienenverkehrs an der Güterbeförderungsleistung Anteil der Binnenschiffahrt an der Güterbeförderungsleistung Indirekter Verkehrsbezug (sektorübergreifend) 1a 1b 2 3a 4 13 14 Energieproduktivität Primärenergieverbrauch im Inland Treibhausgasemissionen Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch Anstieg der Siedlungs-/ Verkehrsläche Schadstofbelastung der Luft Vorzeitige Sterblichkeit (alle Ursachen) Tabelle 1: Indikatoren der Nachhaltigkeitsstrategie mit Verkehrsbezug (Quelle: [1]) Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 22 POLITIK Wissenschaft nachhaltige Verkehrsentwicklung fungieren. Diese wurden zweitens mit den aus Entscheider- und Wissenschaftssicht wichtigsten und drängendsten Handlungsfeldern abgeglichen. Ziel war es, das Themenspektrum, das sich aus den normativen Nachhaltigkeitsregeln ergibt, auf die wirklich relevanten Probleme einzuengen (Schritt 3). Die identiizierten Handlungsfelder sind in Tabelle 2 dargestellt. Im abschließenden vierten Schritt erfolgten für die identiizierten Handlungsfelder eine Bewertung der aktuell verwendeten und von weiteren potentiellen Indikatoren sowie die Entwicklung eines endgültigen Indikatorvorschlags, welcher im Folgenden vorgestellt wird. Für die Abwägung der Vor- und Nachteile einzelner Indikatoren wurde ergänzend ein Expertenworkshop zur Einbindung der Fachöfentlichkeit und der beteiligten Bundesministerien durchgeführt. Das methodische Vorgehen wurde überdies im Rahmen eines „Critical Reviews“ unabhängig begutachtet. Ergebnisse der Bewertung der vorhandenen Indikatoren Im Vorhaben erfolgte eine Bewertung der Indikatoren aller neun Handlungsfelder. Wegen ihrer herausragenden Stellung für den Verkehrsbereich wird im Folgenden vor allem auf die Bewertung der aktuell verwendeten verkehrsspeziischen Indikatoren 11a-d detaillierter eingegangen. Insbesondere bei diesen Indikatoren fallen auch Eigenschaften auf, die eine tatsächliche Bewertung der verkehrlichen Nachhaltigkeitswirkungen derzeit behindern: • Erstens werden im Kernindikatorensystem noch nicht alle aus verkehrlicher Sicht relevanten Nachhaltigkeitswirkungen adressiert. Insbesondere wird die soziale Dimension der Mobilität (die Sicherstellung von gesellschaftlicher Teilhabe durch ausreichende Mobilitätsmöglichkeiten) nicht angesprochen, obwohl sie strenggenommen die wirkliche Kernaufgabe unseres Verkehrssystems darstellt. Ähnliches gilt für Lärm als eines der aus Bevölkerungssicht am stärksten wahrnehmbaren Umweltprobleme. • Zweitens beziehen sich einige und insbesondere die Transportintensitätsindikatoren 11a und 11b nicht direkt auf die eigentlichen Ziele einer nachhaltigen Entwicklung. Diese Ziele liegen zum Beispiel in der tatsächlichen Reduzierung verkehrsbedingter Energieverbräuche und CO 2 -Emissionen. Allerdings lassen sich aus der Entwicklung der Verkehrsleistung (oder dem Verhältnis zwischen Wirtschaftsleistung und Verkehrsleistung) keine direkten Rückschlüsse auf die Entwicklung der Umweltbelastungen ziehen: Ein und dieselbe Verkehrsleistung kann je nach Verkehrsträger, Auslastung und technologischem Standard mit ganz unterschiedlichen Umweltwirkungen verbunden sein. Notwendig sind also Indikatoren, welche vor allem die absoluten Entwicklungen relevanter Umweltgrößen (z. B. absolute CO 2 -Emissionen) abbilden und eben keine sogenannten „Intensitäten“. • Drittens stellen sowohl die Transportintensitätsals auch die Modal-Split-Indikatoren relative Indikatoren dar. Damit können zwar Verschiebungen bei den Anteilen bzw. bei der Eizienz bewertet werden, absolute Veränderungen der Eingangsdaten werden dabei aber nicht berücksichtigt. Eine positive Entwicklung der Indikatoren muss demzufolge nicht mit einer Reduzierung der verursachten Umweltwirkungen einhergehen. [4, S. 35], [5, S. 10], [6, S. 337] Wie die Rechenbeispiele in Tabelle 3 zeigen, sind ganz im Gegenteil auch bei anscheinend positiver Entwicklung der Transportintensitäten und Modal-Split-Anteile ökologische Mehrbelastungen möglich. • Viertens wurden alle bisherigen Indikatoren nach dem Inlandsprinzip bilanziert, das heißt, die Grenzen der BRD bilden gleichzeitig die Bilanzierungsgrenzen. Derartige Indikatoren sind bzw. werden bei aktuell weiterhin steigenden internationalen Verkehrsleistungen immer weniger aussagekräftig: Bereits seit langem übersteigen bspw. die CO 2 -Emissionen des Bild 1: Arbeitsschritte im Projekt (Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an [3]) Leitwert der NHS Anforderungen an eine nachhaltige Mobilitätsentwicklung Zentrale Handlungsfelder Generationengerechtigkeit Einhaltung der ökologischen Regenerations-, Substitutions- und Tragfähigkeitsgrenzen Klimaschutz Nutzung energetischer Ressourcen Minimierung des Flächenverbrauchs Neuinanspruchnahme von Flächen und Zerschneidung Entkopplung, Verringerung von Energie-, und Ressourcenverbrauch durch steigende Eizienz Umweltfreundliche Verkehrsabwicklung Keine Verlagerung inanzieller Lasten in die Zukunft Finanzielle Nachhaltigkeit Verursachergerechte Anlastung der mit dem Verkehrssystem verbundenen Kosten Lebensqualität Vermeidung von Gesundheitsrisiken Luftqualität Lärm Sicherheit gewährleisten Verkehrssicherheit Sozialer Zusammenhalt Befriedigung der Grundbedürfnisse und Ermöglichung von Teilhabe aller am gesellschaftlichen Leben Mobilität sichern Bezahlbare Preise Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Verkehrsträgern Gestaltung des Verkehrssystems in einem partizipatorischen Prozess - Internationale Verantwortung Gestaltung der Rahmenbedingungen für eine global nachhaltige Entwicklung Tabelle 2: Zuordnung der Handlungsfelder zu den Nachhaltigkeitszielen Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 23 Wissenschaft POLITIK Im- und Exports die Emissionen des inländischen Güterverkehrs [7, S. 154]. Im Fall des Transportintensitätsindikators führt die Situation zu einer zunehmenden systematischen Verzerrung des Indikators. Ursache ist, dass die ausgewiesene BIP-Entwicklung auch (steigende) Exportgewinne enthält, während die ins Verhältnis dazu gesetzte Verkehrsleistung die beträchtlichen - und weiter zunehmenden - Transportleistungen für die Exporte nur bis zur Grenze der BRD berücksichtigt. Insgesamt zeigt die Analyse, dass bei Verwendung der bisherigen verkehrsspezifischen Indikatoren nicht alle Fehlentwicklungen erkannt werden können bzw. dass nicht auf die tatsächlichen Umweltbelastungen geschlossen werden kann. Vorstellung des Indikatorenvorschlags Die Kernaufgaben hin zu einem nachhaltigen Verkehrssystem werden durch die Handlungsfelder „Sicherung der Mobilität“ sowie „Umweltfreundliche Verkehrsabwicklung“ beschrieben. Räumliche Mobilität ist für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben unverzichtbar. Arbeitsplätze, Einkaufsgelegenheiten oder beispielsweise Freunde und Familie müssen für alle Menschen mit vertretbarem Aufwand erreichbar sein, hier ist aus Sicht einer sozial nachhaltigen Entwicklung eine Mindestteilhabe zu gewähren. Allerdings ist der für Verkehr derzeit notwendige ökologische Aufwand zu hoch, notwendig sind also zukünftig weitaus größere Anstrengungen zur Reduzierung der verkehrlichen Umweltwirkungen. Bezogen auf die verkehrsspezifischen Nachhaltigkeitsindikatoren wurden deshalb folgende Empfehlungen erarbeitet: • Dringend geboten erscheint zunächst die Einführung eines Indikators zur Sicherung einer Grundmobilität. Aus Sicht einer nachhaltigen Entwicklung geht es hier nicht um ein „Möglichst Viel“ an Mobilität, sondern eher um die Ermöglichung von gesellschaftlicher Teilhabe durch die Sicherstellung eines Mindestmaßes an Erreichbarkeit für alle Bevölkerungsteile - ggf. auch unabhängig vom eigenen Auto und auch in ländlichen Räumen. • Gleichzeitig kann und sollte aus den genannten Gründen auf die bisherigen Indikatoren zur Entwicklung der Transportintensitäten sowie der Modal-Split-Anteile im Güterverkehr verzichtet werden, sie stellen keine zielorientierten Nachhaltigkeitsindikatoren dar. • Stattdessen sollten Indikatoren für die angestrebte Reduzierung der absoluten Umwelt-belastungen verwendet werden, wobei im Verkehrsbereich insbesondere (aber nicht nur) die Treibhausgasemissionen relevant sind. • Ergänzend sollten die Treibhausgasemissionen der internationalen Verkehre von Gütern und Personen im Indikator berücksichtigt werden. Dabei sollte das Inlandsprinzip nicht vollständig aufgegeben, aber durch die Darstellung der Emissionen nach dem Inländerprinzip ergänzt werden. Erwähnenswert ist noch, dass für alle Indikatoren selbstverständlich klare, quantitative politische Zielstellungen vorliegen müssen. Im Verkehrsbereich existieren diese aktuell für die Entwicklung des Endenergiever- Fall Verkehrsleistung Straße Verkehrsleistung Schiene Anteil Straße Anteil Schiene Der Modal-Split- Indikator zeigt an: Tatsächliche Entwicklung der Belastungen Basisfall 300 tkm 300 tkm 50 % 50 % - - Zukunft 1 400 tkm 400 tkm 50 % 50 % Keine Änderung Verschlechterung Zukunft 2 400 tkm 600 tkm 40 % 60 % Verbesserung Verschlechterung Zukunft 3 200 tkm 300 tkm 40 % 60 % Verbesserung Verbesserung Zukunft 4 300 tkm 200 tkm 60v% 40 % Verschlechterung Verbesserung Tabelle 3: Rechenbeispiele zur fehlenden Aussagekraft relativer Indikatoren Handlungsfeld Indikatoren der Nachhaltigkeitsstrategie mit Bezug zum Handlungsfeld Direkter Verkehrsbezug 1. Umweltfreundliche Verkehrsabwicklung Teilindikator 1: Entwicklung des Endenergieverbrauchs im Güterverkehr, dieser Indikator wird in der graischen Abbildung durch folgende erklärende Graphen ergänzt: • CO 2 -Emissionen im Güterverkehr (Inlandsprinzip) • CO 2 -Emissionen im Güterverkehr (Inländerprinzip) • Verkehrsleistung im Güterverkehr (Inlandsprinzip) • Energieeizienz im Güterverkehr (Inlandsprinzip) Teilindikator 2: Entwicklung des Endenergieverbrauchs im Personenverkehr, dieser Indikator wird in der graischen Abbildung durch folgende erklärende Graphen ergänzt: • CO 2 -Emissionen im Personenverkehr (Inlandsprinzip) • CO 2 -Emissionen im Personenverkehr (Inländerprinzip) • Verkehrsleistung im Personenverkehr (Inlandsprinzip) • Energieeizienz im Personenverkehr (Inlandsprinzip) 2. Mobilität sichern Teilindikator 3: Erreichbarkeit von Nahversorgungseinrichtungen, dargestellt wird der Anteil der Bevölkerung nach Raumtyp mit maximal 1000 m fußläuiger Entfernung zwischen der Wohnung und einem Lebensmittelgeschäft [9] Teilindikator 4: Erreichbarkeit der Einrichtungen des gehobenen Bedarfs, dargestellt wird der Anteil der Bevölkerung, der mit dem ÖV das nächste Mittelzentrum in 30 min und das nächste Oberzentrum in 60 min erreichen kann [10] Indirekter Verkehrsbezug (sektorübergreifend) 3. Nutzung energetischer Ressourcen Verzicht auf den Teilindikator 1a Energieproduktivität, ergänzende Bilanzierung des Energieverbrauchs entsprechend des Inländerprinzips 4. Klimaschutz ergänzende Bilanzierung entsprechend des Inländerprinzips 5. Luftqualität Verzicht auf Monitoring SO 2 -Emissionen, ergänzendes Monitoring von Feinstaub, Aktualisierung der Umweltqualitätsziele und Zieljahre, Verzicht auf den Index zur Gesamtentwicklung aller Luftschadstofe 6. Lärm Neuer Indikator „Lärmbetrofenheit der Bevölkerung“ 7. Neuinanspruchnahme von Flächen und Zerschneidung Beibehaltung des aktuellen Indikators, Ergänzung eines Indikators 4b: Landschaftszerschneidung 8. Verkehrssicherheit Keine Änderungen 9. Finanzielle Nachhaltigkeit Keine Änderungen Tabelle 4: Indikatorenvorschlag Internationales Verkehrswesen (67) 2 | 2015 24 POLITIK Wissenschaft brauchs [8, S. 5], für die Emission von Treibhausgasen fehlen sie jedoch derzeit noch. Ebenso fehlen diferenzierte Ziele für den Endenergieverbrauch und die CO 2 - Emissionen des Personen- und Güterverkehrs. Ein entsprechender Zielindungsprozess sollte also vorangetrieben werden. Unter Berücksichtigung der erarbeiteten Empfehlungen, der Ergebnisse der Literaturrecherche und der verfügbaren bzw. ermittelbaren Datenbasis wurde abschließend der in Tabelle 4 dargestellte Indikatorenvorschlag für die direkten und indirekten Verkehrsindikatoren entwickelt. Schlussfolgerungen und Diskussion Das Vorhaben regt eine Neufassung der verkehrlichen Nachhaltigkeitsindikatoren an. Diese Umstrukturierung und Neufassung sollte im Rahmen eines gesamtgesellschaftlichen Diskussionsprozesses erfolgen. Der im Projekt erarbeitete Vorschlag kann hier als Grundlage dienen. Von allen Vorschlägen dürfte der Verzicht auf die Modal-Split- und die Transportintensitäts-Indikatoren wohl die meiste Diskussion auslösen, vor allem, weil die Indikatoren weithin bekannt sind und genutzt werden. Dennoch sind diese Indikatoren aus den oben genannten Gründen als zentrale Indikatoren einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung ungeeignet. Der Verzicht auf diese Indikatoren bedeutet natürlich nicht, dass beispielsweise die Verlagerung von Verkehr von der Straße auf die Schiene unwichtig wäre. Ganz im Gegenteil wird beispielsweise eine ausreichende Reduzierung der verkehrsbedingten CO 2 -Emissionen allein durch technische Maßnahmen (z. B. alternative Treibstofe und Antriebe) nicht möglich sein [11, S. 25], [12, S.- 42], Verkehrsvermeidung und -verlagerung sind hier also weiterhin die zentralen Strategien. Sie dürfen allerdings nicht als Nachhaltigkeitsziel an sich, sondern eben „nur“ als Instrument hin zu diesem Ziel angesehen werden. Auch die Setzung entsprechender Vermeidungs- und Verlagerungsziele wäre beispielsweise im Rahmen einer noch zu erarbeitenden Mobilitätsstrategie hilfreich und sinnvoll. Derartige Ziele sollten dann aber klar als Teilziele dem eigentlichen Ziel einer absoluten Reduzierung der verkehrsbedingten Energieverbräuche und CO 2 - Emissionen untergeordnet sein. Von den ProjektbearbeiterInnen wird deshalb ein Monitoring des übergeordneten Umweltzieles in der Nachhaltigkeitsstrategie empfohlen, während die damit verbundenen Vermeidungs- und Verlagerungsziele in einem nachgeordneten, fachspeziischen Indikatorensystem beobachtet werden sollten. ■ LITERATUR [1] Statistisches Bundesamt (2012): Nachhaltige Entwicklung in Deutschland - Indikatorenbericht 2012, Wiesbaden. Online im Internet: http: / / www.nachhaltigkeitsrat.de/ uploads/ media/ Indikatorenbericht2012.pdf (Zugrif am: 22.01.2015). [2] Gerlach, Julia u. a. (2015): Entwicklung von Indikatoren im Bereich Mobilität für die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie. Online im Internet: http: / / www.umweltbundesamt.de/ publikationen/ entwicklung-von-indikatoren-im-bereich-mobilitaet (Zugrif am: 20.02.2015). [3] Hartmuth, Gerhard (2004): “Nachhaltige Entwicklung im lokalen Kontext - Schritte zur Entwicklung eines kommunalen Nachhaltigkeits-Indikatorensystems,” UFZDiskussionspapiere 6/ 2004. Online im Internet: www.ufz.de/ export/ data/ 1/ 26241_Disk_Papiere_2004_06.pdf (Zugrif am: 04.06.2014). [4] Madlener, Reinhard; Alcott, Blake (2011): Herausforderungen für eine technisch-ökonomische Entkopplung von Naturverbrauch und Wirtschaftswachstum unter besonderer Berücksichtigung von Rebound-Efekten und Problemverschiebungen. Kommissionsmaterialie M17(26)13. [5] Schmitz, Mario (2012): Kriterien und Konzepte zur Auswahl und Bewertung von Indikatoren zur Nachhaltigen Entwicklung. Online im Internet: www.bhttp: / / www.nachhaltigkeitsbeirat.brandenburg.de/ cms/ media.php/ bb2.a.5490.de/ indik_meth.pdf (Zugrif am: 12.12.2014). [6] Günther, Edeltraud (2008): Ökologieorientiertes Management. Um-(weltorientiert) Denken in der BWL. Stuttgart: UTB. [7] Buyny, Sarka u. a. (2008): Umweltökonomische Aspekte der Globalisierung. Teil 2: CO 2 - Emissionen des internationalen Güter- und Personenverkehrs. In: Wirtschaft und Statistik, (2), S. 148-156. [8] BMWi; BMU (2010): Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung. Online im Internet: http: / / www.nachhaltigkeit.info/ media/ 1285831803phpz9Rqi2.pdf? sid=fd432471bca08446dfa5d43a7822e839 (Zugrif am: 02.02.2015). [9] BBSR (2014): Wie weit ist es zum nächsten Supermarkt? Modell veranschaulicht regionale Unterschiede in der Nahversorgung. Online im Internet: http: / / www.bbsr.bund.de/ BBSR/ DE/ Home/ Topthemen/ supermarkt.html (Zugrif am: 22.10.2014). [10] Wehmeier, Thomas; Koch, Annika (2010): Mobilitätschancen und Verkehrsverhalten in nachfrageschwachen ländlichen Räumen. In: Informationen zur Raumentwicklung, (7), S. 457-465. [11] Schäfer, A. u. a. (2011): TOSCA Project Final Report: Description of the Main S & T Results / Foregrounds. Online im Internet: http: / / www.toscaproject.org/ FinalReports/ TOSCA_FinalReport.pdf (Zugrif am: 20.05.2014). [12] Schade, Wolfgang; Krail, Michael (2012): GHG-TransPorRD. Reducing greenhouse-gas emissions of transport beyond 2020: linking R&D, transport policies and reduction targets. Online im Internet: http: / / www.ghg-transpord.eu/ ghg-transpord/ inhalte/ GHG- TransPoRD-D7-1.php (Zugrif am: 01.02.2015). Susan Hübner, BSc. Studentin Masterstudiengang Verkehrswirtschaft, Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“, TU Dresden susan.huebner@mailbox.tu-dresden.de Edeltraud Günther, Prof. Dr. rer. pol. Inhaberin des Lehrstuhls für betriebliche Umweltökonomie, Fakultät Wirtschaftswissenschaften, TU Dresden bu@mailbox.tu-dresden.de Julia Gerlach, Dipl.-Wi.-Ing. Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Lehrstuhl für Verkehrsökologie, Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“, TU Dresden julia.gerlach@tu-dresden.de Udo J. Becker, Prof. Dr.-Ing. Inhaber des Lehrstuhls für Verkehrsökologie, Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“, TU Dresden verkehrsoekologie@tu-dresden.de
