Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2015-0069
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Vietnams Hafensystem - mit Doppelstrategie zum Erfolg?
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Dirk Ruppik
Vietnam entwickelt sich zu einem spannenden Logistikmarkt, doch mit dem internationalen Seehandel
läuft es nicht wirklich rund. Nach dem Bau mehrerer Tiefwasserhäfen in der Cai Mep-Region bei
Ho Chi Minh und anderer Häfen im Land fordert die internationale Schiffahrtsindustrie nun eine zweifa-
che Strategie für die Entwicklung des vietnamesischen Hafensystems. Weil die neuen Containerhäfen in
Cai Mep durch mangelnde Auslastung in erbitterte Konkurrenz geraten sind, steht die Konsolidierung an.
Zugleich soll nun die bessere Nutzung bestehender Häfen und die Plege der Wasserwege angegangen
werden.
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Internationales Verkehrswesen (67) 3 | 2015 51 Vietnams Hafensystem - mit Doppelstrategie zum Erfolg? Südostasien, Containerhäfen, Seefracht Vietnam entwickelt sich zu einem spannenden Logistikmarkt, doch mit dem internationalen Seehandel läuft es nicht wirklich rund. Nach dem Bau mehrerer Tiefwasserhäfen in der Cai Mep-Region bei Ho-Chi-Minh und anderer Häfen im Land fordert die internationale Schiffahrtsindustrie nun eine zweifache Strategie für die Entwicklung des vietnamesischen Hafensystems. Weil die neuen Containerhäfen in Cai-Mep durch mangelnde Auslastung in erbitterte Konkurrenz geraten sind, steht die Konsolidierung an. Zugleich soll nun die bessere Nutzung bestehender Häfen und die Plege der Wasserwege angegangen werden. Der Autor: Dirk Ruppik N iedrige Lohnkosten sind der Auslöser für eine tiefgreifende Umstrukturierung in Vietnam: Sie locken ausländische Unternehmen an, die in dem südostasiatischen Land eine Fertigung aubauen - teils werden Fertigungsstätten aus China hierher verlagert. Nachdem in den letzten Jahren das Bruttoinlandsprodukt eingebrochen war, legte es 2014 mit einem Plus 5,6 % wieder kräftig zu. Laut Weltbank soll es bis 2017 auf rund 6 % steigen. Auch die Direktinvestitionen insbesondere aus Japan, Südkorea und Singapur steigen beträchtlich an: Von Januar bis Oktober 2014 lossen laut Invest in Germany 10,2 Mrd. USD (9,4 Mrd. EUR) in die Sozialistische Republik. Vietnam besitzt eine Küstenline von 3400 km Länge entlang einer der geschäftigsten Seestraßen für Fracht. Weil der Außenhandel über den Seeweg in den vergangenen Jahren enorm zugenommen hat, wurde in verschiedene Hafenprojekte investiert - die Regierung hat ambitionierte Pläne und will in Konkurrenz mit Singapur und Hongkong treten. Immerhin will sich das Land bis 2020 mit einem „Master Plan for Vietnam seaport system development“ zur bedeutenden Schiffahrtsnation entwickeln. In der ersten Phase wurden bereits dringend notwendige Tiefwasserhäfen gebaut und ausgebaut. Doppelstrategie für das Hafensystem Das sozialistische Land wird seitens der internationalen Schiffahrtsindustrie dazu gedrängt, eine zweifache Strategie für die Entwicklung seines Hafensystems einzuführen. „Es ist nicht so bedeutsam, dass neue Häfen gebaut werden, sondern, dass erstens die Ausnutzung der bereits ausgebauten Häfen Vietnam LOGISTIK Foto: Ruppik Internationales Verkehrswesen (67) 3 | 2015 52 LOGISTIK Vietnam im Cai Mep-Gebiet verbessert und zweitens die Ausbaggerung von Fahrrinnen in Flusshäfen dauerhaft gewährleistet wird“, sagt der Generaldirektor von Maersk Vietnam, Bich Nguyen, zur Portstrategy. „Eine der größten Herausforderungen für Reedereien ist die unzureichende Kanaltiefe in Flusshäfen, und die Flüsse verengen sich durch Schlamm und Sedimente sehr schnell.“ Große, kostensparende Schife können dadurch kaum Binnenhäfen erreichen. Aufgrund der schlechten Lademöglichkeiten und der hohen Kosten für Zulieferschife vermeiden viele Reedereien, diese Häfen anzulaufen. Zwar existieren in Cai Mep, in der V~ ung- Tàu-Provinz an der Südostküste gelegen (Bild 1), bereits Tiefwasserhäfen - allerdings ist deren Ausnutzungsgrad sehr gering, weil verschiedene Terminals hier um dieselben Marktbereiche konkurrieren. Konkurrenz und geringe Auslastung führen zur Konsolidierung Der Hafen Cai Mep-Vung Tau umfasst eine Gruppe von sieben Einzelhäfen in der Nähe von Ho-Chi-Min-Stadt im Südosten Vietnams, darunter die bisher einzigen beiden Tiefwasserhäfen des Landes. Der Hafen SP- PSA International wird durch ein Joint Venture zwischen dem Saigon (SP), Vinalines (Vietnam National Shipping Lines) und der PSA Vietnam (Tochter von PSA International, Singapur) geleitet. Er wurde als erster Tiefwasserhafen Vietnams mit einer Kailänge von 600 m und zwei Liegeplätzen (erste Phase) mit einer Wassertiefe von 14,5- m im Mai 2009 eröfnet. Die geplante zweite Phase wurde bisher noch nicht gebaut. Im Januar 2011 wurde der zweite Tiefwasserhafen Tan Cang Cai Mep International Terminal (TCIT) von der Saigon Newport mit einer Kailänge von 590 m eröfnet. An dem Projekt ist ein Konsortium aus den Unternehmen Hanjin Shipping (Südkorea), Mitsui O.S.K. Lines (Japan) und Wanhai Lines (Taiwan) beteiligt. Anfang April 2014 wurde der verlängerte Kai mit einem weiteren Liegeplatz eröfnet. Dadurch wurde die bisherige Kapazität von 1,15 Mio. TEU auf 1,6 Mio. TEU erhöht. Die insgesamt drei Liegeplätze eignen sich für Containerschiffe mit 8000 bis 11 000 TEU Kapazität. Das dritte Containerterminal in Cai Mep, das SP-SSA International Container Terminal, wurde Mitte 2011 in Betrieb genommen. Es wird als Joint Venture von der SSA Holdings International - Vietnam, Saigon Port und Vinalines betrieben. Die anderen vier Häfen sind allgemeine Häfen, Häfen für Schüttgut und ein militärisches Terminal. Besonders die Containerterminals stehen momentan in erbitterter Konkurrenz. In Erwartung internationaler Unternehmen wie Intel Corp. und Samsung Electronics Co. wurde zuviel Hafenkapazität geschaffen. Zudem schwächelte der internationale Handel in den letzten Jahren. „Dies ist ein neues Terminal ohne Kunden“, sagte der Generaldirektor des Cai Mep International Terminals Robert Hambleton zu Bloomberg. „Hier kann man sehen, wie schlimm die Situation wirklich ist. Die gesamte Terminalindustrie leidet unter der Überkapazität.“ Das Terminal ist momentan nur zu 30 % ausgelastet (Bild 2). Laut einem Bericht der Seaport Consultants Asia sind dadurch die Frachtraten stark gefallen, und die Verluste für die Terminalbetreiber belaufen sich bislang auf rund 1,5 Mrd. USD (1,4 Mrd.- EUR). Als die Hafenbetreiber ihre Entscheidung zur Investition in die jeweiligen Terminals trafen, gingen sie davon aus, dass einige Stadtterminals von Ho Chi Minh stillgelegt werden. Das ist allerdings nicht passiert - die meisten sind noch in Betrieb. Das Ministerium für Transport hat bereits im letzten Jahr ein Gespräch zwischen den Hafenbetreibern von Saigon New Port und Cai Mep International Terminal (Vinalines, Saigon Port, APM Terminals und SP-SSA International Terminal) einberufen, um eine Konsolidierung der verschiedenen Ter- Bild 1: Die Provinz Bà R.ia-V˜ung Tàu südöstlich von Ho-Chi-Min-Stadt ist eines der wirtschaftlichen Zentren des Landes. Quelle: Weltkarte.com Vietnam LOGISTIK minals und den Bau eines 1800 km langen Kais für noch größere Containerschife zu diskutieren. Durch die Zusammenlegung der Terminals und den Bau des Kais soll sich Cai Mep in einen bedeutenden Hub entwickeln und zunehmend das Transhipment über Singapur und Hongkong unnötig machen. „Die Schife werden größer und größer, daher benötigen wir größere Kais “, so Hambleton. Ein weiteres Problem in Vietnam ist die Korruption. Laut des leitenden Landesrepräsentanten des US-ASEAN Business Council, Vu Tu Thanh, hat fast jede Provinz ein Hafenprojekt „ergattert“. „Der Prozess bietet viele Möglichkeiten für Korruption und Eigeninteressen. Viele der guten Häfen sind nur gering ausgelastet.“ Dennoch: Die Regierung hat ambitionierte Pläne und will in Konkurrenz mit Singapur und Hongkong treten. Dafür will sie noch mehr Häfen bauen und gibt damit der Quantität mehr Gewicht als der Qualität. „Die Überkapazität könnte Unternehmen mit hochwertiger Fertigung abschrecken, da diese ein eizientes Transportsystem benötigen“, erklärt ein Bericht der Weltbank. Der stellvertretende Transportminister Nguyen Hong Truong freilich ist davon überzeugt, dass die Häfen der sozialistischen Republik lorieren werden, wenn erst die Weltwirtschaft wieder genesen ist: „Von jetzt bis 2020 braucht das Land weiter Tiefwasserhäfen.“ Entwicklung des Tiefwasserhafens Van Phong gestoppt Die Tatsachen sprechen weniger dafür. Die Van-Phong-Bucht mit einer natürlichen Wassertiefe von 22 bis 27 m gilt als einzig möglicher Platz für den Bau eines Tiefwasserhafens für Mega-Containerschife mit bis zu 18 000 TEU. Durch die vorgelagerte Insel Hon Gom ist die Bucht natürlicherweise vor Schlechtwetter geschützt. Der Baubeginn wurde schon mehrfach verschoben, doch nun ist das gesamte Hafenprojekt aufgrund von inanziellen Schwierigkeiten der staatlichen Vinalines und einem Mangel an Investoren (vorläuig) beendet worden. „Van Phong hat seine Bedeutung als neuer internationaler Transhipment-Hub verloren, seit die drei durch ausländische Investoren inanzierten Containerterminals in Cai Mep Containerschife bis 11 000 TEU beherbergen können“ , sagte der stellvertretende Generaldirektor der Portcoast Consultant Corporation, Nguyen Manh Ung. Versender im Süden Vietnams können nun ihre Fracht von dort aus ohne Transhipment über andere ausländische Häfen direkt nach Europa und Amerika exportieren. Nguyen Manh Ung: „Van Phong wird sich in den nächsten 15 bis 20 Jahren nicht zu einem Transhipmenthafen in Asien entwickeln.“ ■ LINKS http: / / www.sp-psa.com.vn/ http: / / www.tcit.com.vn/ http: / / www.ssit.com.vn Dirk Ruppik Asien-Korrespondent und freier Fachjournalist, Thailand dirk.ruppik@gmx.de * Industrie-Sectionaltor SPU 67 Thermo im Vergleich zum SPU 42 Energiesparen inklusive: Sectionaltore SPU Thermo • Europas Nr. 1 mit über 75 Jahren Erfahrung im Torbau • beste Wärmedämmung: U-Wert bis zu 0,51 W/ (m² • K) • Weltneuheit: thermisch getrennte Schlupftür mit extralacher Edelstahl-Schwelle Industrie-Sectionaltor SPU F42 Industrie-Sectionaltor SPU 67 Thermo bis zu 30 % * bessere Wärmedämmung Bild 2: Cai Mep International und andere Containerterminals sind sehr schwach ausgelastet. Foto: Ruppik
