Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2015-0095
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Thailands neuer Logistikplan
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Dirk Ruppik
Thailand hat einen Infrastruktur-Entwicklungsplan (2015 bis 2022) im Wert von rund 60 Mrd. EUR genehmigt. Mehr als 70 % des Budgets sollen für die Überholung und Restrukturierung des Transportsystems aufgewendet werden, damit sich das Königreich zum Logistik- und Fertigungshub in der Asean Economic Community entwickeln kann.
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Internationales Verkehrswesen (67) 4 | 2015 28 Thailands neuer Logistikplan Asean-Wirtschaftsgemeinschaft beschleunigt Ausbau Hafenausbau, Hochgeschwindigkeitsverkehr, Gütertransport, Luftverkehr, Asean Economic Community Thailand hat einen Infrastruktur-Entwicklungsplan (2015 bis 2022) im Wert von rund 60 Mrd. EUR genehmigt. Mehr als 70 % des Budgets sollen für die Überholung und Restrukturierung des Transportsystems aufgewendet werden, damit sich das Königreich zum Logistik- und Fertigungshub in der Asean Economic Community entwickeln kann. Der Autor: Dirk Ruppik M assiv ausbauen will Thailand im Rahmen der Asean Economic Community (AEC) die eigene Infrastruktur und die Anbindung an die Nachbarländer: Im Juli 2014 hat die Regierung einen Infrastruktur- Entwicklungsplan für die Jahre 2015 bis 2022 im Wert von 2400 Mrd. THB (rund 60-Mrd. EUR) genehmigt. Von diesem Budget sollen mehr als 70 % für die Überholung und Restrukturierung des Transportsystems aufgewendet werden. Durch den Ausbau des Eisenbahnsystems soll auch die Abhängigkeit des Landes vom Straßentransport reduziert werden. Mehr als 80 % aller Güter werden im Königreich auf der Straße transportiert (2 % auf der Schiene, s.-Bild 1). Das Land nimmt eine bedeutende Schlüsselrolle als Fertigungsszentrum in der Greater Mekong Subregion (GMS) ein. Daher ist der Ausbau des Schienennetzwerkes auch für den Frachttransport eine dringende Notwendigkeit. Im Rahmen des Plans ist beabsichtigt, das Intercity-Schienennetzwerk auf den Hauptstrecken zweispurig auszubauen. Ebenso werden die Flughäfen und Seehäfen erweitert und deren Kapazität erhöht sowie die Anbindung an das Hinterland verbessert. Die Schnellstraßen des Landes sollen zwischen den bedeutenden Wirtschaftszonen und an den Grenzen zu Nachbarländern vierspurig werden. Zudem ist geplant, Containerhöfe und andere Einrichtungen zu bauen (Tabelle 1). Beim Logistics Performance Index der Weltbank nahm das Königreich 2014 weltweit Platz 35 ein, bei den Asean-Staaten lag es auf Platz 3 hinter Singapur und Malaysia. Durch die zentrale Lage in den Asean- Staaten und der Wirtschaftsgemeinschaft AEC bieten sich viele Möglichkeiten im Bereich Logistik und Fertigung bzw. für den- Aubau von Verkaufs- und Vertriebszentren für die Region. Die Lohnkosten sind niedrig, der durchschnittliche Lohn liegt aktuell bei 13 000 THB (325 EUR), fachlich besonders qualiizierte Arbeitskräfte sind allerdings schwer zu bekommen. Ein weiteres Problem ist die trotz der neuen Militärregierung politisch nach wie vor instabile Lage. Viele Menschen schauen mit Ungewissheit und Angst einer möglichen Destabilisierung des Landes entgegen, wenn der 87-jährige König Rama IX. Bhumibol Aduljadej stirbt, seit 1946 im Amt und damit das am längsten regierende Staatsoberhaupt der Welt. Künftig zweigleisig und mit Hochgeschwindigkeit Das thailändische Schienennetzwerk hat momentan eine Länge von 4043 km, davon 3685 km eingleisig. Die durchschnittliche Geschwindigkeit beträgt nur 60 km pro Stunde bei Passagierzügen und 39 km pro Stunde bei Güterzügen, da diese überwiegend eingleisig fahren. In den nächsten Jahren sollen die Schienenverbindungen zwei- LOGISTIK Infrastrukturausbau Ostasien Don Mueang International Airport Cargo Terminal in Bangkok Foto: PlusMinus/ wikipedia.de Internationales Verkehrswesen (67) 4 | 2015 29 Infrastrukturausbau Ostasien LOGISTIK oder dreispurig ausgelegt werden und Geschwindigkeiten von 100 bis 120 km/ h erlauben. Bis 2022 soll sich die Gesamtstrecke auf 5097 km verlängern, wobei 3215 km dann zweigleisig sein sollen. Es wird erwartet, dass das Gütertransportvolumen von 11- Mio. t pro Jahr auf 50 Mio. t pro Jahr ansteigt. Die Frachtzüge werden dann mit einer Geschwindigkeit von 60 km/ h und die Passagierzüge mit 100 km/ h fahren. Vier Eisenbahnrouten sind als Hochgeschwindigkeitsstrecken (HGS) ausgewiesen. Alle beginnen in Bangkok und führen in den Norden (Chiang Mai), Nordosten (Nong Khai und Ubon Ratchathani), den Osten (Chanthaburi und Aranyaprathet) sowie den Süden (Padang Besar). Anstelle ofener Ausschreibungen existieren bilaterale Regierungsabkommen (G2G) mit China und Japan zum Bau der HGS. Die Bauarbeiten werden überwiegend thailändischen Bauirmen vorbehalten bleiben. Bislang sollte die Höchstgeschwindigkeit bei 250 km/ h liegen. Laut dem stellvertretenden Ministerpräsident Thailands, Pridiyathorn Devakula, wird der Bau sehr wahrscheinlich im November starten, die Finanzierung iat aber noch ungewiss (Bild 2). Eine der Linien führt vom chinesischen Kunming ins thailändische Nong Khai (Isaan Provinz). Die South China Morning Post berichtete im Juni, dass sich China gegen eine HGS in Thailand entschieden hat. Dazu Pridiyathorn Devakula: „Wir haben die Chinesen eingeladen, eine HGS zu bauen, doch die haben sich für mittlere Geschwindigkeiten entschieden, da sie auch den Gütertransport ermöglichen wollen. Es ist die Entscheidung Chinas, nicht Thailands.“ Ende Juli berichtete die Bangkok Post, ein japanisches Team sei zu einer Streckenuntersuchung für die 672 km lange HGS zwischen Chiang Mai und Bangkok entsandt worden. Laut dem stellvertretendem Transportminister Arkhom Termpittayapaisith ist ein Arbeitsplan für die HGS zwischen Bangkok und Chiang Mai vollendet worden. Im Stadtteil Bang Sue im Chatuchak-Distrikt von Bangkok wird zudem bis 2019 ein neuer Hauptbahnhof fertiggestellt werden. Um entlegene Regionen zu fördern, wurden sechs Gebiete für die Einrichtung von Sonderwirtschaftszonen ausgewählt. Dazu gehören Nong Khai, Mukdahan, Trat, Tak, Sa Kaeo und Songkhla. Ausbau beider Hauptstadtflughäfen Im Infrastruktur-Entwicklungsplan ist ein massiver Ausbau der Flughäfen Suvarnabhumi und Don Mueang in der Hauptstadt (großes Bild Seite 28), Phuket, Betong in der Yala-Provinz in Südthailand sowie Mae Sot in der Provinz Tak im nördlichen Thailand vorgesehen. Laut Regierung soll Thailand aufgrund der günstigen Lage in der AEC zum regionalen Zentrum für Lufttransport werden. Gemäß des Transportministeriums soll der Hauptstadtlughafen Suvarnabhumi in naher Zukunft alleine 120- Mio. Passagiere (Pax) abfertigen und 6,5-Mio. t Fracht umschlagen (in 2013 rund rund 66 Mio. Pax und 1,25 Mio. t zusammen mit Don Muang). Suvarnabhumi arbeitet bereits an der Kapazitätsgrenze und soll bis 2017 auf eine Railway Expand the inter-city rail network, with double track on main rails and extension to respective city borders Enhance mass tranist railway system in Bagkok an vicinity Air transport Enhace capacity of airports to serve as regional air traic hub Establish aviation industrial estates Sea transport Improve capacity and land connectivity of seaports on both Gulf ot Thailand and Andaman Sea (West of Thailand) Road Enhance highway capacity with four-lane road networks connecting key economic regions and linking border areas with neighbouring countries Devleop facilities along the main roads (such as container yards) Tabelle 1: Hauptprojekte des Infrastrukturentwicklungsplans (2015-2022) Quelle: Thailand Board of Investment Bild 1: Probleme des Transport- und Logistiksystems Bild 2: Hochgeschwindigkeitszüge wie der Zeiro von Bombardier sollen künftig auch in Thailand unterwegs sein. Foto: Bombardier Internationales Verkehrswesen (67) 4 | 2015 30 LOGISTIK Infrastrukturausbau Ostasien Kapazität von jährlich 60 Mio. Pax erweitert werden. Gleichzeitig wird der alte Hauptstadtlughafen ausgebaut und soll laut Bangkok Post schon in diesem Jahr als regional führender Hub für Billigluglinien dienen. Betreiber AOT renoviert die Terminals 1 und 2, um bei Eröfnung rund 30 Mio. Pax abfertigen zu können, momentan wird nur Terminal 1 betrieben. Am Flughafen Phuket wurde die Fertigstellung des Erweiterungsprojekts auch wegen schwerer Monsunregen auf 2016 verschoben. Die Kapazität liegt dann bei 12,5-Mio. Pax. Allerdings wird erwartet, dass schon Ende 2015 mehr als zwölf Millionen Passagiere auf die Insel kommen. „Die Zahl der Passagiere wächst aufgrund der Popularität der Resorts und dem Ruf als tropische Trauminsel rasant. Bei Fertigstellung des Flughafenausbaus könnten schon jährlich 18 Millionen Passagiere auf Phuket ankommen“, erklärte Flughafendirektor Prathuang Sornkham. Gemäß Berichten der Bangkok Post ist zudem der Ausbau der Flughäfen in Chiang Mai und Chiang Rai im Norden und Songkhla (Hat Yai) im Süden nahe Malaysia geplant (Tabelle 2). Landesweites Hafennetzwerk entsteht Im Rahmen des Infrastrukturplans wird das Königreich die Häfen Laem Chabang, Map Ta Phut, Chumpon, Songkhla 2 und Pakbara ausbauen, wobei Laem Chabang als wichtigster Hafen (Bild 3) derzeit die dritte Ausbauphase entwickelt. Der Hafen in der Nähe Pattayas nahm beim Containervolumen-Ranking 2015 des amerikanischen Journal of Commerce (JOC) Platz 22 ein und schlug 6,58 Mio. TEU im Jahre 2014 um, ein Plus von 9 % gegenüber dem Vorjahr. Laut der stellvertretenden Direktorin Arporn Tanttivechakul wird die Anbindung an Inlandswasserwege und die Schienenanbindung verbessert: „In der Zukunft wird Laem Chabang über zwei Gleise erreichbar sein. Nur ein Betreiber wird den Transport durchführen. Bisher organisieren die verschiedenen Terminalbetreiber, ihren Transfer selbst. Dies führt immer wieder zu Verstopfungen.“ Weiterhin werden Einrichtungen für den Container- und Passagierverkehr gebaut werden. Am bedeutensten ist die geplante Ausbaggerung des Hafens auf 18 m, wodurch Laem Chabang auch Megacontainerschife handeln könnte. Prajin Juntong, Generaloberst der Luftwafe und Transportminister Thailands, sagte, dass auch der Industriehafen Map Ta Phut in Rayong entwickelt werden soll, berichtete die Londoner Worldfolio. „Wir planen zudem den Bau eines Tiefwasserhafens in Pakbara im Süden Thailands in der Satun-Provinz. Bild 4: Laufende und geplante Infrastrukturprojekte Thailands Bild 3: Bei Laem Chabang als wichtigstem Hafen steht derzeit die dritte Ausbauphase an. Foto: Laem Chabang Port Airport Total Movement % Change from 2012 Passenger Aircraft Movement Passenger Aircraft Movement Chiang Mai 5,172,742 41,295 19.34 16.09 Chiang Rai 1,053,863 6,882 13.77 3.12 Hat Yai 2,465,370 17,056 22.46 17.04 Phuket 10,979,537 70,198 19.85 18.17 Suvarnabhumi & Don Mueang 66,463,450 423,992 20.65 16.45 Note: Data for fiscal years, Oct 2012-Sep 2013 Tabelle 2: Luftverkehr und Passagieraufkommen 2013 in Thailand Quelle: Airports of Thailand Internationales Verkehrswesen (67) 4 | 2015 31 Infrastrukturausbau Ostasien Logistik Momentan erstellen wir noch eine Machbarkeitsstudie. Wir wollen den anschließenden Meeresnationalpark nicht schädigen.“ Pakbara soll über Land mit dem Hafen Songkhla an der Ostküste verbunden werden. Ein weiteres Projekt ist der Ausbau des Seehafens Chumporn im mittleren südlichen Thailand. „Wir fokussieren nicht nur auf die Entwicklung der Inlandshäfen, sondern auch auf internationale Großprojekte, wie den Hafen Dawei in Myanmar in der Andamanen-See“, erklärte Juntong. „Im Moment sind wir im Verhandlungsprozess über die Finanzierung zwischen Myanmar, Thailand und China.“ Zu diesem Projekt gehört die Anbindung des Hafens via Schiene und Straße an Thailand, Kambodscha und Vietnam. Eine grenzüberschreitende Schnellstraße und eine Eisenbahnlinie werden Myanmar mit dem Nachbarland Thailand, via dem Tenasserim Gebirge mit Bangkok und dem Haupthafen Laem Chabang verbinden. Viele Waren sowie Öl und Gas können dann direkt unter Umgehung Singapurs über Burma nach Südchina und Südostasien gelangen. Für die langfristige Sicherung des Strombedarfs in der AEC spielen Myanmar und Laos eine wichtige Rolle. So investierte das thailändische Erdölunternehmen PTT Exploration & Production in fünf burmesische Ofshore-Felder und wird wohl auch an weiteren Ausschreibungen teilhaben. Der Hafen ist nicht zuletzt für die chinesische Regierung von Interesse, die damit Ressourcen wie Öl unter Umgehung der Melakkastraße nach Südchina befördern kann. Hub für die Region durch massiven straßenausbau schafen Thailand teilt über 5500 km Grenze mit den Nachbarstaaten Myanmar, Laos, Kambodscha und Malaysia. Laut Thailand Development Research Institute (TDRI) führt das Königreich derzeit 23 grenzübergreifende Landinfrastrukturprojekte durch: Acht zwischen Thailand und Laos, drei zwischen Thailand und Kambodscha, fünf Projekte zwischen Thailand und Malaysia und sieben Projekte zwischen Thailand und Myanmar (Bild 4). Zudem soll auch das inländische Schnellstraßensystem massiv ausgebaut werden. Um die Transitzeiten zwischen Bangkok und anderen großen Städten zu verringern, werden erweiterte vierspurige Schnellstraßen gebaut. Insgesamt sind laut Board of Investment (BOI) 235 Projekte auf zwölf Hauptverbindungen mit insgesamt 2162 km Streckenlänge geplant. Das Transportministerium (MOT) verlautbart, dass auch die Straßenverbindungen zwischen Thailand und Myanmar und von Thailand via Kambodscha nach Vietnam für den LKW-Frachttransport entwickelt werden. Das Königreich besitze wegen seiner zentralen Lage klar das Potenzial, als Hub für den Inlandsfrachttransport der Mekong Subregion zu fungieren. Der Handel zwischen dem Königreich und Malaysia beläuft sich aktuell auf 20 % des gesamten thailändischen Inner-Asean-Handels. Wertmäßig liegen die Im- und Exporte über dem mit allen anderen Nachbarländern. ■ Dirk Ruppik Asien-Korrespondent und freier Fachjournalist, Thailand dirk.ruppik@gmx.de Engineering & Consulting Wir entwickeln weltweit intelligente Verkehrssysteme für dynamische Wirtschaftsregionen. Von der Idee bis zur Realisierung, für Projekte jeder Größenordnung - made by Deutsche Bahn. Für Menschen. Für Märkte. Für morgen. www.db-international.de Setzen Sie auf uns. DB International Foto Fabry Die ganze Welt setzt auf die Schiene. Entdecken Sie unsere App für iOS und Android
