eJournals Internationales Verkehrswesen 67/4

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2015-0103
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2015
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Auf gutem Weg - aber längst nicht am Ziel

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Walter Niewöhner
Markus  Egelhaaf
Nach den Höchstständen zu Beginn der 1970er-Jahre gehen in Europa die Zahlen der bei Verkehrsunfällen Getöteten und Verletzten mehr oder weniger konstant nach unten. Zu verdanken ist diese positive Entwicklung vor allem dem Zusammenspiel technischer, organisatorischer und infrastruktureller Maßnahmen zur präventiven Unfallvermeidung und Unfallfolgenminderung. Zahlreiche Sicherheitstechnologien wurden über die Zeit konsequent weiterentwickelt und haben nun mit den Möglichkeiten der immer besseren Fahrerunterstützung eine neue Dimension in Sachen Verkehrssicherheit eröfnet.
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Internationales Verkehrswesen (67) 4 | 2015 70 Auf gutem Weg - aber längst nicht am Ziel Verkehrssicherheit, automatisiertes Fahren, Straßeninfrastruktur, Unfallforschung, Vision Zero Nach den Höchstständen zu Beginn der 1970er-Jahre gehen in Europa die Zahlen der bei Verkehrsunfällen Getöteten und Verletzten mehr oder weniger konstant nach unten. Zu verdanken ist diese positive Entwicklung vor allem dem Zusammenspiel technischer, organisatorischer und infrastruktureller Maßnahmen zur präventiven Unfallvermeidung und Unfallfolgenminderung. Zahlreiche Sicherheitstechnologien wurden über die Zeit konsequent weiterentwickelt und haben nun mit den Möglichkeiten der immer besseren Fahrerunterstützung eine neue Dimension in Sachen Verkehrssicherheit eröfnet. Die Autoren: Walter Niewöhner, Markus Egelhaaf D ie Zahlen sprechen für sich: Kamen 1991 auf den Straßen der heutigen 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union insgesamt 75 426 Menschen ums Leben, waren es 2014 „nur“ noch 25 700 Verkehrstote. Das bedeutet immerhin einen Rückgang um 66 % und darf insbesondere auch in Anbetracht der im gleichen Zeitraum kräftig gestiegenen Fahrleistungen durchaus als Erfolg gewertet werden. Dessen ungeachtet ist jeder Verkehrstote einer zu viel. Und auch wenn die Entwicklung in Europa im Vergleich zu vielen anderen Regionen der Welt deutlich besser aussieht, bewertet die EU-Kommission Straßenverkehrsunfälle mitsamt ihren Folgen nach wie vor als großes gesellschaftliches Problem. Ein Fokus im laufenden Aktionsprogramm „On the move - for safer roads in Europe“ soll daher verstärkt auf Maßnahmen liegen, die dazu beitragen, Unfälle möglichst schon im Vorfeld zu vermeiden, heißt es in einem im Oktober 2014 veröfentlichten Arbeitspapier der EU-Kommission. Erklärtes Ziel ist bis zum Jahr 2020 die Halbierung der Zahl der Verkehrstoten gegenüber 2010 - also von 31 500 auf 15 750. Ob dieses Ziel tatsächlich zu erreichen ist, wird sich noch zeigen müssen. Annähern kann man sich ihm nach Ansicht der EU-Kommission aber auch dadurch, dass menschliches Fehlverhalten als die häuigste Unfallursache durch den Einsatz elektronischer Systeme kompensiert wird. Dazu geeignet seien insbesondere: • Elektronisches Fahrdynamikregelsystem EVSC (Electronic Vehicle Stability Control), • Geschwindigkeitswarner, • Notbremssystem AEBS (Advanced Emergency Braking System), • Spurhalteunterstützung (Lane Support = Lane Departure Warning + Lane Keeping), • Alkohol-Interlock, • Automatisches Notrufsystem (eCall) für Motorräder, schwere Nutzfahrzeuge und Busse, Foto: Andreas Rosar TECHNOLOGIE Verkehrssicherheit Internationales Verkehrswesen (67) 4 | 2015 71 Verkehrssicherheit TECHNOLOGIE • Gurtwarner (Seat Belt Reminder) für alle Fahrzeuginsassen und • Reifendruckkontrollsystem (Tyre Pressure Monitoring System). Große Bedeutung misst die EU auch dem Unfalldatenspeicher (Event Data Recorder) bei, um über die Vorgänge bei einem Unfall genauere Erkenntnisse zu erhalten. Pioniere der passiven Sicherheit Diese noch verhältnismäßig jungen Systeme stehen am Ende einer langen Reihe von Meilensteinen, die maßgeblich zur Verkehrssicherheit beigetragen haben. Eine geradezu revolutionäre Grundlage für alle nachfolgenden Sicherheitssysteme hat etwa der über mehrere Jahrzehnte für die damalige Daimler-Benz AG tätige Konstrukteur Béla Barényi geschafen: 1951 meldete der gebürtige Ungar sein Konzept einer „gestaltfesten Fahrgastzelle mit Knautschzonen vorne und hinten“ zum Patent an. Ohne eine solche Karosserie, die heute Standard ist, könnten alle anderen Systeme des Insassenschutzes bei schweren Unfällen nicht richtig wirksam werden. Auf Barényi geht auch die 1963 zum Patent angemeldete „Sicherheitslenkwelle für Fahrzeuge“ zurück. Die Neuerung: Derartige Anlagen dringen nur noch sehr wenig in die Fahrgastzelle ein und geben in Kombination mit einem Sicherheitslenkrad beim Anprall des Fahrers nach. Ein auch bei schweren Frontalkollisionen nicht unkontrolliert in den Innenraum eindringendes Lenkrad ist auch heute noch wichtig und die Voraussetzung dafür, dass der Fahrerairbag optimal schützen kann. Bereits 1959 schlug die Geburtsstunde eines weiteren bahnbrechenden Systems: Der schwedische Volvo-Ingenieur Nils Ivar Bolin meldete den Dreipunkt-Sicherheitsgurt zum Patent an. Gestaltfeste Fahrgastzelle mit Knautschzone und angelegter Sicherheitsgurt - heute mit Gurtstrafer und Gurtkraftbegrenzer - sind nach wie vor wesentliche Voraussetzungen für die passive Sicherheit von Fahrzeuginsassen. Dies gilt nicht nur für Frontalkollisionen, sondern auch bei Seitenkollisionen und Fahrzeugüberschlägen. Vorreiter elektronischer Sicherheitssysteme 1971 wurde von der Daimler-Benz AG ein praxistauglicher Fahrer-Airbag zum Patent angemeldet. Er unterstützt die Rückhaltewirkung des Sicherheitsgurts bei schweren Frontalkollisionen. Nach und nach kamen später der Beifahrer-Airbag, diverse Seiten- Airbags und der Knie-Airbag zum Einsatz. Heute gehören in der Regel sechs bis acht Airbags zur Standardausstattung eines PKW. Ab Oktober 1978 begann ebenfalls bei Daimler-Benz der Einbau des Antiblockiersystems ABS in Serienfahrzeuge. ABS ermöglicht eine Vollbremsung mit nahezu maximaler Verzögerung bei gleichzeitigem Erhalt von Lenkbarkeit und Richtungsstabilität des Fahrzeugs. Das System wurde bald um die Antriebsschlupfregelung ASR erweitert, um auch bei großer Beschleunig die Fahrstabilität zu gewährleisten. Im Jahr 1995 führten die Robert Bosch GmbH und Mercedes-Benz mit dem Elektronischen Stabilitätsprogramm ESP ein weiteres bremsbasiertes fahrdynamisches Assistenzsystem ein. Damit verfügt der Fahrer über eine zusätzliche aktive Unterstützung des Fahrzeugs in Situationen, die querdynamisch kritisch sind - zum Beispiel Über- oder Untersteuern. International üblich wurde die Bezeichnung Electronic Stability Control ESC. Welche Bedeutung das System hat, zeigt sich daran, dass ESP neutralen Untersuchungen zufolge nahezu jeden zweiten schweren oder tödlich verlaufenden Alleinunfall verhindern kann. Damit ist es nach dem Sicherheitsgurt und noch vor dem Airbag das zweitwichtigste Sicherheitssystem im Auto. Elektronische Fahrdynamikregelsysteme sind Plichtausstattung für nahezu alle PKW, Wohnmobile, LKW und Busse, die seit dem 1. November 2011 erstmals eine Typzulassung für Europa erhalten haben. Seit 1. November 2014 müssen alle Fahrzeuge, wenn sie neu in den Verkehr kommen, mit einem solchen System ausgestattet sein. Neue Herausforderungen bei Fahrerassistenz- und Kollisionsvermeidungssystemen In Sachen Technologie geht die Reise nun in Richtung des hoch oder voll automatisierten Fahrens. Die Erforschung von dessen Möglichkeiten begann bereits vor mehr als 25 Jahren. Zu den frühen Meilensteinen gehört das 1986 initiierte europäische EU- REKA-Forschungsprojekt PROMETHEUS (PROgraMme for European Traic with Highest Eiciency and Unprecendented Safety). Im Rahmen des Projekts fuhren die Roboterfahrzeuge VaMP und VITA-2 auf der Basis des damaligen Mercedes 500 SEL 1994 weitgehend autonom mehr als 1000 Kilometer im normalen Verkehr bei Geschwindigkeiten bis zu 130 km/ h auf mehrspurigen Autobahnen im Ballungsraum Paris. 1995 wurde mit entsprechenden Fahrzeugen die Strecke von München nach Kopenhagen zurückgelegt. Bereits damals konnte der Beweis geliefert werden, dass automatisches Fahren auf Autobahnen mit den hier vorkommenden Manövern zum Abstandhalten, Spurwechseln und Überholen technisch möglich ist. Im Rahmen des Projekts spielte die Sicherheit eine ganz zentrale Rolle. Hintergrund: Der Mensch ist bekanntlich das unsicherste Element im Gesamtsystem, und er macht häuig Fehler, die - wenn sie nicht mehr korrigiert werden können - oftmals zu Unfällen führen. Wird der Mensch durch technische Assistenzsysteme zunehmend von seiner direkten Fahraufgabe entlastet oder sogar zeitweise entbunden, dann ist zu erwarten, dass auch die Anzahl der durch menschliches Fehlverhalten verursachten Unfälle sinkt. Eine große Herausforderung bei zukünftigen Fahrerassistenzsystemen besteht darin, neben der Situation für das eigene Fahrzeug auch andere Verkehrsteilnehmer sowie die gesamte Verkehrssituation zu erfassen und bei erkannten Konlikten eine geeignete Gegenmaßnahme einzuleiten. Bild 1: Immer weniger Getötete im Straßenverkehr: Nach einem kräftigen Anstieg zwischen 1953 und 1970 ging in den folgenden Jahrzehnten die Zahl der Verkehrsopfer in Deutschland unter anderem auch dank zahlreicher gesetzlicher Rahmenbedingungen konstant zurück. Grafik: Dekra. Datenquelle: Statistisches Bundesamt Internationales Verkehrswesen (67) 4 | 2015 72 Technologie Verkehrssicherheit Diese muss angemessen und verhältnismäßig sein und darf nicht neue, unter Umständen sogar noch größere Risiken heraubeschwören, als sie schon durch die ursprüngliche Konliktsituation gegeben waren. Letztendlich muss dies bei Bedarf auch noch nach einem Unfall festgestellt und von Richtern bewertet werden können. Technische Systeme müssen einwandfrei funktionieren Grundsätzlich muss die zuverlässige Funktion jedes sicherheitsrelevanten Systems über die gesamte Nutzungsdauer eines Fahrzeugs gewährleistet sein. Als ein wesentlicher Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit darf deshalb die periodische Fahrzeugüberwachung nicht vergessen werden. In Deutschland erfolgte die Einführung der Hauptuntersuchung (HU) bereits 1951. Das französische Pendant hierzu, die „Contrôle Technique“, wurde dagegen erst 1992 verplichtend für alle PKW, Nutzfahrzeuge und Busse eingeführt. Der Stellenwert gerade auch der elektronischen Systeme für die Sicherheit der Fahrzeuge ist mittlerweile auch von der EU-Kommission aufgegrifen und in die Rahmenvorgaben zur europaweiten Fahrzeugüberwachung aufgenommen worden. In Deutschland wurde inzwischen mit der lächendeckenden Einführung des so genannten HU-Adapters die Voraussetzung dafür geschafen, dass im Fahrzeug verbaute elektronische Sicherheitssysteme im Rahmen der Hauptuntersuchung auf Vorhandensein und Funktion überprüft werden können. Vorschriften, Kampagnen und-infrastruktur machen Straßen sicherer Selbstverständlich gibt es auch abseits der Fahrzeugtechnik eine Reihe von Meilensteinen, die zur Erhöhung der Verkehrssicherheit beigetragen haben. So in Deutschland die Einführung des ersten allgemeinen Tempolimits zum 1. September 1957. Seitdem gilt „innerhalb geschlossener Ortschaften“ die Höchstgeschwindigkeit von 50- km/ h, falls sie nicht durch andere Verkehrszeichen anders geregelt ist. Inzwischen sind in Deutschland weitere allgemeine Tempolimits wie zum Beispiel 100 km/ h auf Landstraßen eingeführt worden. 1953 wurde die erste „Promillegrenze“ für Kraftfahrzeugführer in Deutschland eingeführt. Sie betrug damals noch 1,5 Promille und wurde erst strafwirksam, wenn Autofahrer einen Verkehrsunfall verursacht hatten. Aus heutiger Sicht war dieser erste Grenzwert - angesichts der enthemmenden und beeinträchtigenden Wirkungen, die der Genuss von Alkohol haben kann - unverantwortlich hoch. Die Grenze von 0,8 Promille wurde am 14. Juni 1973 vom Bundestag beschlossen. Später sind die Grenzwerte nach und nach noch weiter gesenkt worden. Heute können Fahrfehler schon bei 0,3 Promille rechtliche Konsequenzen haben. Für Fahranfänger gilt in der Probezeit am Steuer ein absolutes Alkoholverbot. Ob Sicherheitsgurt, Tempolimits oder Alkohol-Grenzwerte: Viele dieser Vorschriften werden seit Jahrzehnten von öfentlichkeitswirksamen Auklärungskampagnen begleitet - in Deutschland etwa seit Anfang der 1970er-Jahre unter anderem vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR). Aber auch in anderen europäischen Staaten führten die hohen Zahlen an Verkehrsunfallopfern zu kreativen Kampagnen. In Großbritannien jährte sich beispielsweise 2014 zum 50. Mal die Erstausstrahlung eines TV-Spots zum Sicherheitsgurt. Aktuelle Kampagnen thematisieren inzwischen nahezu jeden Problembereich des Straßenverkehrs und wenden sich auch an Risikogruppen wie junge Fahreranfänger, Senioren oder Motorradfahrer. In Sachen Infrastruktur trug unter anderem die Ausstattung der Straßen mit Rückhalteeinrichtungen dazu bei, das Abkommen von Fahrzeugen von der Fahrbahn zu verhindern und somit das Risiko schwerer Unfälle wie Fahrzeugüberschläge, Kollisionen mit Hindernissen - vor allem Bäumen - am Straßenrand oder fatale Gegenverkehrskollisionen auf Autobahnen oder autobahnähnlich ausgebauten Fernstraßen zu reduzieren. Was die Optimierung der Straßeninfrastruktur anbelangt, spielen außerdem Aspekte wie Zustand der Fahrbahndecke, Vorhersehbarkeit der Straßenführung, Seitenraumgestaltung, Fahrbahnmarkierungen, Gestaltung von Kreuzungs- und Einmündungsbereichen, Schafung von Ausweich- und Überholmöglichkeiten und speziell bei den Brücken der allgemeine Bauwerkszustand eine wichtige Rolle. HINTERGRUND 90 Jahre Dekra Seit 90 Jahren arbeitet Dekra für die Sicherheit: Aus dem 1925 in Berlin gegründeten Deutschen Kraftfahrzeug-Überwachungs- Verein e.V. ist eine der weltweit führenden Expertenorganisationen geworden. Die Dekra SE ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des Dekra e.V. und steuert das operative Geschäft des Konzerns. Rund 35 000 Mitarbeiter sind in mehr als 50 Ländern auf allen fünf Kontinenten im Einsatz. Mit qualiizierten und unabhängigen Expertendienstleistungen arbeiten sie für die Sicherheit im Verkehr, bei der Arbeit und zu Hause. Das Portfolio reicht von Fahrzeugprüfungen und Gutachten über Schadenregulierung, Industrie- und Bauprüfung, Sicherheitsberatung sowie die Prüfung und Zertiizierung von Produkten und Systemen bis zu Schulungsangeboten und Zeitarbeit. Die Vision bis zum 100. Geburtstag im Jahr 2025 lautet: Dekra wird der globale Partner für eine sichere Welt. Bild 2: Damals und heute - bei zwei ähnlichen Kollisionen zwischen PKW und LKW im Abstand einiger Fahrzeuggenerationen haben die Insassen im modernen Fahrzeug (rechts) sehr gute Überlebenschancen und ein vergleichsweise geringes Verletzungsrisiko. Fotos: Dekra Internationales Verkehrswesen (67) 4 | 2015 73 Verkehrssicherheit TECHNOLOGIE Unfallforschung: Erste wichtige Impulse kamen aus den USA Unabhängig von allen technischen und infrastrukturellen Weiterentwicklungen muss für Beurteilungen der Fahrzeug- und Verkehrssicherheit immer das reale Unfallgeschehen auf den Straßen maßgebend sein. Aus den Ergebnissen der Verkehrsunfallforschung lassen sich grundlegende Erkenntnisse für weitere Verbesserungen ableiten. Ihren Anfang nahm diese Forschung einst in den USA, wo Anfang der 1950er-Jahre der Physiker William Haddon mit ersten Untersuchungen am Unfallort begann. Er war es auch, der Ende der 1960er-Jahre eine Methode entwickelte, die letztlich bis heute einen wichtigen theoretischen Rahmen für systematische Überlegungen zum Thema Verkehrssicherheit darstellt. Die „Haddon Matrix“ basiert einerseits auf der zeitlichen Gliederung von Unfällen in drei Phasen - vor, während und nach dem Crash - und ordnet andererseits die Ursachen dem menschlichen Verhalten, dem Fahrzeug und der Verkehrsinfrastruktur zu. „Vision Zero“ - Science-Fiction oder eines Tages Realität? Abschließend noch einige Anmerkungen zu einem Begrif, der automatisch fällt, wenn es um die qualitative Beschreibung von Verkehrssicherheit geht: die „Vision Zero“. Diese Vision wurde erstmals 1997 in Schweden von Claes Tingvall vorgestellt. Ihre Ziele: keine durch Unfälle getöteten oder schwer verletzten Verkehrsteilnehmer. Dieses allein schon aus humanitären Gründen erstrebenswerte Ziel wird jedoch bis heute oftmals als nicht realisierbar angesehen. Ist dieses Ziel daher nur eine wissenschaftliche Fiktion? Zugegeben: Von der Vision, nach Unfällen in Städten und Ortschaften sowie auf Landstraßen und Autobahnen weder Verkehrstote noch Schwerverletzte beklagen zu müssen, ist man noch weit entfernt. Dessen ungeachtet sind besagte Ziele zumindest in urbanen Lebensräumen in Bezug auf die Anzahl der Getöteten teilweise schon Realität. Eine von Dekra durchgeführte Sonderanalyse von Unfallzahlen aus den letzten Jahren zeigt, dass es in über 600 europäischen Städten mit mehr als 50 000 Einwohnern zumindest schon einmal ein Jahr gab, in dem keine Verkehrstoten zu beklagen waren. In den USA sind es mehr als 100 solche Städte, in Japan rund 50. Diese Zahlen machen Mut und unterstreichen die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen beziehungsweise Investitionen in die Verkehrssicherheit, damit die Vision immer mehr zur Realität auch für die Schwerverletzten wird. ■ LITERATUR CARE Database (2015): Road Safety Evolution in the EU 2014. Brüssel DEKRA (2015): Verkehrssicherheitsreport 2015 - Zukunft aus Erfahrung. Strategien zur Unfallvermeidung auf den Straßen Europas. Stuttgart Statistisches Bundesamt (2015): Verkehrsunfälle 2014. Wiesbaden Walter Niewöhner, Dipl.-Ing. Teamleiter Unfallforschung, DEKRA Automobil GmbH, Stuttgart walter.niewoehner@dekra.com Markus Egelhaaf, Dipl.-Ing. Projektmanager Unfallforschung, DEKRA Automobil GmbH, Stuttgart markus.egelhaaf@dekra.com Bild 3: Trotz der deutlich größeren Massen moderner Fahrzeuge (rechts) und der damit viel höheren Crash-Energie ist das Verletzungsrisiko deutlich geringer als im Crash der beiden älteren Fahrzeuge. Fotos: Dekra © Rainer Sturm, pixelio.de IHR KUR ZE R DR AHT ZUM ANZEIGEN -T E AM Silke Härtel Anzeigenleitung Tel.: +49 (40) 23714-227 silke.haertel@dvvmedia.com Tim Feindt Anzeigenverkauf Tel.: +49 (40) 23714-220 tim.feindt@dvvmedia.com Telefax Anzeigen-Team: +49 (40) 23714-236