Internationales Verkehrswesen
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expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2016-0002
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Internationales Verkehrswesen (68) 1 | 2016 6 IM FOKUS Airbus: Mehr Aufträge erhalten, aber weniger Auslieferungen als-Boeing erledigt S ie bleiben ewige Konkurrenten, die Flugzeugbauer Airbus und Boeing. Der US-Konzern hat 2015 erneut den Titel des weltgrößten Flugzeugherstellers geholt. Der europäische Rivale Airbus dagegen brüstet sich mit besonders vollen Auftragsbüchern. Ende 2015 waren dort 6787 Bestellungen notiert. Der Berg wächst, denn bei Airbus verzögern sich häufig die Auslieferungen. 2015 haben 635 Einheiten die Hallen verlassen, gab der Konzern im Januar auf der Jahrespressekonferenz in Paris bekannt. Boeing hat mit 762 Stück bedeutend mehr fertige Flugzeuge abgeliefert und 2015 Aufträge für 768 neue Maschinen eingesammelt. Bei Airbus sind 1036 Neubestellungen eingegangen. Der Iran kündigte im Januar an, ebenfalls 127 Passagierflugzeuge bei den Europäern einkaufen zu wollen. Besonders nachgefragt sind die Mittelstreckenjets wie der A320neo, von dem Mitte Januar 2016 die erste Einheit ausgeliefert wurde. Sie ging an Lufthansa, die insgesamt bisher 116 dieser Flieger und von einer längeren Variante des A321neo bestellt hat. Für den A320 soll die Produktion ausgeweitet werden. Auch der neue Großraumflieger A350 soll gut angenommen werden. Allerdings läuft hier die Produktion nur langsam hoch. Wenige Aufträge gibt es dagegen für den Jumbo-Jet 747-8 von Boeing und den A380 des Airbus-Konzerns, trotz der Ankündigung des Irans, acht A380 zu ordern. Airbus will die A380-Produktion zurückfahren, Boeing die Fertigung der 747-8-Frachter um die Hälfte reduzieren. (dpa/ zp) Die Fertigung des A320neo in der Airbus-Fabrik in Alabama, USA Foto: Airbus Corp. Gesunkene Treibstoffkosten: Rekordgewinne der Fluggesellschaften D ie im internationalen Luftfahrtverband Iata zusammengeschlossenen Fluggesellschaften profitieren vom billigen Kerosin. Die weltweite Dachorganisation hat im Dezember ihre bisherige Gewinnprognose für 2015 von 29,3 auf 33 Mrd. USD heraufgesetzt. Das wären knapp 90 % mehr als 2014 mit 17,4 Mrd. USD. Im kommenden Jahr soll der Branchengewinn weiter auf 36,3 Mrd. USD steigen. Lufthansa geht trotz diverser Streiks im vergangenen Jahr von einem Ebit vor Zinsen und Steuern in 2015 von 1,75 bis 1,95 Mrd. EUR aus. Das teilte der Konzern Anfang Januar mit. 2016 baut das Unternehmen besonders auf Eurowings, um die Kosten des Unternehmens zu senken. Die niedrigen Treibstoffkosten würden allerdings auch für weiter sinkende Ticketpreise sorgen. Trotzdem will Lufthansa das gesamte Passagiergeschäft um 7 % ausweiten. Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen hat ihre Prognose für 2015 beim Passagierzuwachs ebenfalls nach oben korrigiert: Statt von 2,8 % geht sie nun von knapp 4 % und insgesamt 216 Mio. Fluggästen aus. Im Frachtbereich dagegen ist bei den deutschen Flughäfen ein Minus für 2015 von voraussichtlich 0,5 % zu erwarten. Bei zusammen 4 054 131 t sind die Ausladungen um 1,1 % zurückgegangen, während die Einladungen geringfügig um 0,1 % zugelegt haben. Fraport hat bereits das Frachtergebnis 2015 vorgelegt: Das Frachtaufkommen am Frankfurter Flughafen ist 2015 um 2,3 % auf rund 2,1 Mio. t gesunken. Als Ursachen werden die Schwäche des Welthandels und die wirtschaftlichen Probleme in den Schwellenländern angegeben. Lufthansa Cargo hat im vergangenen Jahr 1,6 Mio. t Fracht und Post geflogen. Die Gesamtmenge nahm um 2 % ab. Die Turbulenzen in China, der starke US-Dollar und Streiks werden als Ursachen angeführt. Künftig wollen Lufthansa Cargo und United Cargo bei der Fracht zwischen den USA und Europa kooperieren. Dazu stimmen die Airlines unter anderem die IT-Systeme und die Frachtabfertigung aufeinander ab. Im Passagierbereich arbeiten Lufthansa und United Airlines seit Jahren zusammen. (zp) Internationales Verkehrswesen (68) 1 | 2016 7 IM FOKUS 2020: Hochautomatisiertes Fahren möglich N ach Ansicht von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt ist es 2020 so weit: Fahrzeuge können dann serienmäßig mit hochautomatisierten Systemen ausgestattet werden, um sich teilweise selbstständig im Straßenverkehr zu bewegen - Fahren mittels Autopilot auf Autobahnen. Doch auch über Autobahnen hinaus denkt Dobrindt: In diesem Jahr soll das digitale Testfeld Autobahn an der A9 auf Stadtteile von Ingolstadt erweitert werden, damit Unternehmen auch automatisiertes Fahren im realen Stadtverkehr testen können. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und anderer für das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWI) hat die Potenziale des hochautomatisierten Fahrens für Deutschland ermittelt und Ende 2015 vorgestellt. Darin wird ebenfalls festgestellt, dass hochautomatisiertes Fahren auf Autobahnen bereits 2020 technisch ausgereift sein wird. Die Forscher gehen davon aus, dass die Technologien große Chancen für Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland bieten werden. Die deutsche Automobilindustrie sei derzeit weltweiter Leitanbieter bei Fahrerassistenzsystemen und damit verbundenen Technologien. Aufgrund der hohen Marktanteile im Bereich von Premium- und Oberklassefahrzeugen würden deutsche Hersteller zunächst auch bei hochautomatisierten Fahrzeugen Leitanbieter sein. Allerdings werde der Wettbewerbsdruck durch Anbieter aus anderen Ländern massiv wachsen. Das Gutachten „Hochautomatisiertes Fahren auf Autobahnen - Industriepolitische Schlussfolgerungen“ hält zudem fest, dass mit dem hochautomatisierten Fahren große Potenziale für das Verkehrssystem und die Reduzierung der externen Kosten des Straßenverkehrs einhergehen. Die Konkurrenz in Europa schläft schon heute nicht: Die Allianz Renault-Nissan etwa will bis 2020 Technologien für hochautomatisiertes Fahren in mehr als zehn massenmarkttauglichen Modellen zu erschwinglichen Preisen anbieten. Gestartet wird in diesem Jahr mit der „Single Lane Control“, die es Fahrzeugen erlaubt, sich auf Autobahnen ohne Spurwechsel autonom fortzubewegen. Das System schließt den Stop-and-go-Verkehr ein. Für 2018 ist die „Multiple Lane Control“ geplant, die auch Spurwechsel auf Autobahnen ermöglicht. 2020 soll der Stadtverkehr einbezogen werden. Zusätzlich planen die Partner die Einführung einer Reihe von Software-Anwendungen, die Arbeit, Unterhaltung und Verbindung zu sozialen Netzwerken vom Fahrzeug aus erleichtern. Damit Deutschland weiterhin beim Thema hochautomatisiertes Fahren die Nase vorn hat, hat das BMWI Mitte Januar ein weiteres Forschungsprojekt gestartet. Geplant ist, im Rahmen von Pegasus (Projekt zur Etablierung von generell akzeptierten Gütekriterien, Werkzeugen und Methoden sowie Szenarien und Situationen zur Freigabe hochautomatisierter Fahrfunktionen) die Grundlagen für Testmethoden für hochautomatisiertes Fahren, insbesondere auf Autobahnen bis Tempo 130 km/ h, zu entwickeln. Am Projekt sind 14 Industriepartner sowie zwei wissenschaftliche Einrichtungen und eine technische Prüforganisation beteiligt. Es läuft bis Juni 2019. Neu ist auch das Tech Center a-drive, das Mitte Januar in Baden-Württemberg eröffnet wurde. Die Universität Ulm, das FZI Forschungszentrum Informatik sowie das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) führen hier ihre Kompetenzen auf dem Gebiet des automatisierten Fahrens zusammen. Praxispartner ist die Daimler AG. Ziel des Zentrums: die Verbesserung der Robustheit der Wahrnehmungs- und Handlungsplanung automatisierter Fahrzeuge. Wann allerdings das Wiener Übereinkommen über den Verkehr von 1968 geändert wird, ist noch nicht klar. Dort ist derzeit festgeschrieben, dass jedes Fahrzeug einen Fahrer haben muss. Fahrerlose Fahrzeuge werden also noch länger nicht eingesetzt werden können - auch, weil weitere rechtlichen Rahmenbedingungen fehlen. Zudem sind vor Einführung erhebliche Investitionen in die Infrastruktur erforderlich, um die Kommunikation zwischen den Fahrzeugen und zwischen Fahrzeugen und Infrastruktur flächendeckend zu ermöglichen. (zp) Continental koordiniert das vom BMWI geförderte Forschungsverbundprojekt „Ko-HAF - Kooperatives hochautomatisiertes Fahren“. Kooperativ steht hierbei für die Interaktion zwischen mehreren hochautomatisierten Fahrzeugen. Das Projekt ist Mitte 2015 gestartet und bis November 2018 geplant. Quelle: Continental AG Laborerfolg: Kerosin aus Abgasen F raunhofer-Forscher verschiedener Institute haben es gemeinsam im Labor schon geschafft: Sie haben Abgase mit Hilfe genetisch veränderter anaerober Bakterienstämme zu Alkoholen und Aceton fermentiert, haben die Stoffe zu einem dieselartigen Zwischenprodukt umgesetzt, das bereits als Schiffsdiesel eingesetzt werden könnte, dann in weiteren Prozessschritten Diesel hergestellt, der chemisch mit dem vergasertauglichen Tankstellenkraftstoff identisch ist, und mit einer einfachen Destillation daraus dann Kerosin sowie Spezialchemikalien hergestellt. Bisher kann die Fermentation von Synthesegas allerdings noch nicht in einem industriellen Maßstab umgesetzt werden. Genutzt werden könnten Abgase von Industrieanlagen. Nach Angaben der Forscher ist der Weg bis zu einer industriellen Relevanz dieses Verfahrens allerdings noch weit. (zp) Internationales Verkehrswesen (68) 1 | 2016 8 IM FOKUS Seefracht: Große Schiffe, große Allianzen F ür manche ist Größe alles. Für Reedereien bedeutet Größe Marktmacht. Das sieht man beispielsweise bei Hapag Lloyd und CSAV, bei Cosco und China Shipping, die mit ihren Linienreedereien CSCL und Coscon den viertgrößten Containercarrier formen wollen, und bei den Reedereikonsortien wie 2M von Maersk und MCM, G6 oder Ocean 3. Andere dagegen haben Probleme mit Größe, beispielsweise die Häfen- und Terminalbetreiber sowie Hinterlandoperateure mit den Ultra Large Container Ships (ULCS). Während für die Reedereien durch ihren Einsatz die Stückkosten pro Container sinken, sorgen in den Häfen die Umschlag-Peaks bei der Be- und Entladung dieser Schiffe für Engpässe auf den Terminals und vor allem bei den An- und Abfuhren der Container mit Bahn, Binnenschiff und LKW. Die Infrastruktur kann nicht mithalten. Das liegt einerseits sicher tatsächlich an den Peaks, andererseits aber auch am lange nicht erfolgten Ausbau und Zustand der Infrastruktur. Die Frage, ob die ULCS notwendig sind, stellt sich nicht. Sie sind bestellt, bis 2018 werden noch rund 100 weitere ausgeliefert. Andererseits sind Überkapazitäten entstanden, die die Auslastung der gesamten Flotte beeinträchtigen. Auf einer Konferenz der Federation of European Private Port Operators (Feport) im Dezember wurde über Lösungsmöglichkeiten gesprochen, die die Schifffahrtsunternehmen an den erforderlichen Investitionen in den Häfen beteiligen könnten. Die Steuerung über Hafengebühren ist im Gespräch. Derzeit erhalten Megaschiffe in den Häfen eher Rabatte als dass sie Zuschläge zahlen müssen. Letztendlich sind die Häfen jedoch davon abhängig, von den Reedereien weiterhin angelaufen zu werden. Und da sind wir wieder bei den Zusammenschlüssen der Reedereien: Je mehr sich der Markt konsolidiert und sich Reedereien in Allianzen zusammenschließen, desto weniger Kunden gibt es, um die die Häfen buhlen können. (zp) Nationales Hafenkonzept: Konkrete Maßnahmen M it 155 Einzelmaßnahmen will die Bundesregierung die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Häfen stärken, die Infrastruktur in den Häfen und die Hinterlandanbindungen ausbauen sowie qualifizierte Ausbildung und Beschäftigung sichern. Dies geht aus dem Nationalen Hafenkonzept hervor, welches das Bundeskabinett Mitte Januar beschlossen hat. Es definiert die Ziele der Hafenpolitik für die kommenden zehn Jahre: Stärkung der Häfen, indem sie fit gemacht werden für das global-digitale Zeitalter. Der strategische Leitfaden enthält konkrete Maßnahmen für alle Beteiligte wie Bund, Länder, Kommunen sowie die Hafen- und Logistikwirtschaft. Dazu gehören • die Digitalisierung der Hafenwirtschaft durch Auf- und Ausbau von Breitbandnetzen, Forschungs- und Technologieprogrammen. • die Engpassbeseitigung bei den seewärtigen Zufahrten, etwa die Anpassung der Fahrrinnen der Unter- und Außenelbe sowie der Unter- und Außenweser. • die Engpassbeseitigung bei den landseitigen Anbindungen der Häfen. Dobrindt hat beispielsweise ein 350 Mio. EUR schweres Ausbauprogramm für die Schienenanbindungen der Häfen aufgelegt. • die Engpassbeseitigung bei den Binnenwasserstraßen, beispielsweise am Rhein. Zudem soll die Bundesagentur für Arbeit mit bis zu 30 Mio. EUR die gezielte Qualifizierung von 1000 Personen zu Facharbeitern für die Einstellung in den deutschen Seehäfen fördern. Diverse Interessenverbände haben sich bereits positiv zum nationalen Hafenkonzept geäußert. (zp) Containerlärm: Simple Idee für komplexes Problem D ass ein Hafen Lärm macht, ist keine Neuigkeit. Wer lärmempfindlich ist, muss ja nicht in seine Nähe ziehen. Trotzdem beschäftigen sich findige Köpfe mit der Lärmminderung - nicht zuletzt, weil auch die Mitarbeiter der Hafenbetriebe, der LKW-Unternehmen und die Besatzungen der Schiffe betroffen sind. Ohrenschützer sind nur bedingt tauglich, denn sie mindern gleichzeitig die Wahrnehmung von Gefahren und Anweisungen. Eine Lösung für Container, die auf Trailern von Zugmaschinen an und von Bord von Ro-Ro-Schiffen gefahren werden, haben Mitarbeiter der Unikai Lagerei- und Speditionsgesellschaft mbH in Hamburg entwickelt. Die Container geraten auf der Laderampe und durch Bodenunebenheiten am Kai in Bewegung, der Stahl des Containers schlägt dann auf den darunter liegenden Stahl des Chassis. Nach mehreren Versuchen mit Gummimatten und Dämmplatten werden nun Dreiecke aus mit Eisengittern verstärkten Polyurethanplatten in den Ecken der Containerhalterungen auf den Trailern verschraubt. So entstehen statt bis zu 105 dB(A) in fünf Metern Entfernung nur noch wahrnehmbare 85 dB(A). Die Erfindung wurde Ende 2015 mit dem Signal Iduna Umwelt- und Gesundheitspreis der Handwerkskammer Hamburg ausgezeichnet. Einige Unternehmen haben bereits gefragt, ob sie diese Lösung ebenfalls nutzen können. (zp) Maersk Line gehört sowohl zu den großen Reedereien als auch zu denen mit besonders großen Containerschiffen. Foto: Maersk Line Internationales Verkehrswesen (68) 1 | 2016 9 IM FOKUS EU-Klimaziele: Bahnen werden es allein nicht schaffen B edingt durch die EU-Klimapolitik und angesichts der kritischen Auslastung des Straßennetzes gewinnt der Schienengütertransport im Wettbewerb der Verkehrsträger zunehmend an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund hat der Schweizer Telematikanbieter Fela Management AG eine Studie mit dem Titel „Mehr Zugkraft für die Güterbahn - Wie Bahn- und Flottenbetreiber von Telematiksystemen profitieren“ veröffentlicht. Darin beschreibt das Unternehmen, wie Telematiksysteme die Konkurrenzfähigkeit des Schienengüterverkehrs gegenüber anderen Transportmöglichkeiten verbessern können. Dazu gehören eine erhöhte betriebliche Effizienz der Bahnbetreiber, schnellere Transportvorgänge, eine höhere Streckenauslastung, effizientere Umläufe und eine steigende Transportsicherheit. Zudem enthält das Papier Praxisbeispiele und eine Checkliste mit Informationen, worauf Bahnbetreiber bei der Auswahl eines Telematiksystems achten sollten. Die Studie finden Sie unter: www. fela.biz/ wp-telematik/ ? type=98&print=1 Wie die Ziele des EU-Weißbuchs Verkehr 2011 für das Jahr 2050 - massive Verlagerung des Personen- und Güterverkehrs auf Schiene und Wasserstraße, Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 60 % gegenüber den Werten von 2005 - noch zu erreichen sind, wird im Forschungsprojekt „LivingRail“ untersucht. An ihm arbeitet das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI zusammen mit Partnern aus Politik, Verwaltung, Industrie, Bahnunternehmen und Wissenschaft. Die internationale Studie zeigt, dass die europäischen Bahnen diese Aufgaben nicht allein bewältigen können. Ihr Anteil am Modal Split stagniert nach Zahlen des Statistischen Amts der EU für 2013 im Personenverkehr bei 9 % und im Güterverkehr bei 17 %. Ein Wandel der Mobilitätskultur sei notwendig. Zudem müsse die EU mit Hilfe ihrer Mitgliedsstaaten den begonnenen Reformprozess hin zu einem einheitlichen und liberalisierten Eisenbahnraum fortsetzen. Gleichzeitig müssten die Bahngesellschaften die Umwandlung von Staatsunternehmen hin zu kundenorientierten Marktakteuren schaffen. Ohne massive Investitionen in die europäischen Schienennetze werden die Ziele des EU-Weißbuchs nach Angaben der Forscher jedoch nicht erreicht: Die Gesamtkosten für Investitionen und sonstige Maßnahmen werden für die gesamte EU von heute bis zum Jahr 2050 mit 37 bis 57 Mrd. EUR pro Jahr beziffert. Jährlich stünden 57 bis 71 Mrd. EUR durch erhöhte Einnahmen der Bahnen sowie 10 bis 20 Mrd. EUR durch Quersubventionierungen über Straßenbenutzungsgebühren zur Verfügung. Langfristig soll daher die Finanzierung aus eigenen Einnahmen der Bahnen mit geringfügiger Quersubventionierung aus Straße und Luftverkehr möglich sein. Gelingt die Umsetzung der Verlagerungsziele, wird der CO 2 - Ausstoß um 45 % reduziert. Das verbleibende Viertel an CO 2 -Reduktionen soll laut Projektbericht durch Verbesserungen und Verkehrsvermeidung im Straßen- und Luftverkehr erreicht werden. Weitere Informationen: www.livingrail.eu (zp) Schweiz: Schienengüterverkehr wird weiter gefördert D er Güterverkehr auf Straße und Schiene in der Schweiz hat 2014 um 2,8 % zugenommen und damit einen neuen Höchststand erreicht. Das teilte das schweizerische Bundesamt für Statistik (BFS) im Dezember 2015 mit. 2014 betrug die Transportleistung auf der Straße 17,5 Mrd. tkm (2013: 17,2, plus 1,7 %), auf der Schiene waren es 10,8 Mrd. tkm (2013: 10,3, plus 4,6 %). Die Bahnen erreichten damit 2014 einen Marktanteil von 38 %. Der alpenquerende Schienengüterverkehr ist weiter gewachsen, die Zahl der LKW-Fahrten durch die Schweizer Alpen hat sich auf rund 1 Mio. pro Jahr reduziert. Aufgrund dieser Daten aus dem Verlagerungsbericht 2015 hat der Schweizer Bundesrat Anfang Dezember weitere Maßnahmen beschlossen, um die Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene zu fördern: Einerseits soll Anfang 2017 die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) für LKW erhöht werden. Andererseits ist geplant, von 2017 bis 2021 die Trassenpreise so anzupassen, dass vor allem lange schwere Güterzüge durch die Alpen profitieren. Darüber hinaus hat der Bundesrat Anfang Dezember in der Revision der Verordnung über die Lärmsanierung der Eisenbahnen verbindliche Emissionsgrenzwerte festgelegt, die von 2020 an gelten sollen. Güterwagen mit Grauguss-Bremssohlen dürfen dann in der Schweiz nicht mehr fahren. Ausgenommen sind historische und Dienstfahrzeuge. Verstöße werden mit Bußgeldern von bis zu 20 000 CHF geahndet. In der neuen Bestimmung sind zudem die zentralen Kriterien zur Gewährung von Finanzhilfen für den Erwerb und Betrieb von besonders leisen Güterwagen sowie die Ressortforschung im Bereich Eisenbahnlärm und Maßnahmen an der Fahrbahn geregelt. Zur Verbesserung der Schieneninfrastruktur hat der Bund in der im September 2015 verabschiedeten Leistungsvereinbarung 2017 bis 2020 die Subventionen an die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) für Betrieb, Erhalt und Erneuerung der Infrastruktur in diesem Zeitraum bereits um 15 % auf rund 7,6 Mrd. CHF aufgestockt. Im Januar präsentierte nun das Schweizer Bundesamt für Verkehr (BAV) einen Bericht, wie die stetig steigenden Kosten in den Griff zu bekommen seien. Das Papier enthalte Empfehlungen und Maßnahmen, mit welchen die Lebensdauer der Infrastruktur verlängert und der finanzielle Mehrbedarf begrenzt werden soll, berichtet die „Neue Luzerner Zeitung“. (ici/ zp) Die Transportleistung auf der Schiene wächst in der Schweiz und durch die Schweizer Alpen wie hier am Gotthard weiter. Foto: SBB Cargo Internationales Verkehrswesen (68) 1 | 2016 10 IM FOKUS Paketmarkt: Amazon organisiert Teile der Logistik neu A mazon jetzt auch als Seefrachtspediteur? Zumindest hat der Versandhändler eine Lizenz als Non Vessel Operating Common Carrier (NVOCC) für seine chinesische Tochter Beijing Century Joyo Courier Service Co., LTD bei der Federal Maritime Commission der USA (FMC) beantragt. Gerüchte um eine eigene Flugzeugflotte oder zumindest geleaste Flieger, die in den USA bereits eingesetzt werden, gibt es ebenfalls. Bedeutend weiter sind da schon die Amazon-Pläne, in Deutschland einen eigenen Paketdienst zu gründen. In Großbritannien liefert das US-Unternehmen bereits selbst aus. In Olching bei München werden im Pilotzentrum von Amazon Logistics schon täglich 20 000 Pakete im eigenen Netz umgeschlagen. Damit steigt einer der Haupttreiber des Mengenwachstums im Kurier-, Express- und Paketmarkt selbst ins Geschäft ein. Die Auslieferung von Olching aus übernehmen Transporteure mit eigenen Fahrzeugen und fest angestellten Fahrern ohne den Einsatz von Subunternehmern, um die gewünschte Qualität zu gewährleisten. Sie ist erforderlich, um die Kundenbeziehung zu sichern, und der Hauptgrund für die Umstellung. Darüber hinaus macht ein eigenes Zustellsystem den Online-Händler unabhängiger von Logistikkonzernen. Zudem will Amazon verstärkt E-Fahrzeuge für die Auslieferung einsetzen. Auch, um die Akzeptanz der Anwohner für Anlieferungen in den Abendstunden zu erhöhen. Ein Unternehmen, das die fehlende Amazon-Paketmenge zu spüren bekommen wird, ist neben anderen die Deutsche Post. Sie konnte zumindest in der Weihnachtszeit das Amazon-Lieferversprechen nicht immer einhalten. Im Paketmarkt ist sie mit 43 % Marktanteil Branchenführer. Doch bei nicht gewährleisteter Qualität nutzen auch die immer wieder unterstellten und regelmäßig dementierten Quersubventionierungen aus dem Briefgeschäft und die Mehrwertsteuerbefreiung der Postleistungen bei Brief- und Paketlieferungen an Privatadressen nichts. (zp) Telematik: Immer komfortablere Lösungen im Angebot M obile Endgeräte wie Smartphones können immer mehr Aufgaben in der Logistik übernehmen. So zeigt die auf mobile Telematiklösungen spezialisierte TIS GmbH, Bocholt, im März 2016 auf der Logimat einige neue Apps, etwa für ein durchgängiges Auftragsmanagement. Für das Daten-Handling bietet TIS zwei Konzepte an: Bei Tislog mobile Enterprise verfügt das Endgerät über eine eigene Datenbank und kann daher auch im Offline-Modus arbeiten. Bei Tislog mobile Smart befinden sich die Daten hingegen zu keiner Zeit auf dem Endgerät. Ein weiteres Messeexponat ist mit Tislog Office eine Lösung für die automatische Vordisposition von Zustell- und Abholaufträgen etwa für den Sammelgutumschlag. Das System basiert auf einem Netzplan, in dem die verfügbaren Fahrzeuge und die bekannten Restriktionen der Anliefer- und Abholadressen hinterlegt sind. Damit können laut Hersteller große Sendungsmengen einzelnen LKW zugeordnet und im Vorfeld die bestehenden Terminvorgaben geprüft werden. Die Lösung soll erkennen, ob Liefertermine aufgrund von Restriktionen nicht eingehalten werden können, und zeigt dies dann an. Für wiederkehrende Abholaufträge können Regeln hinterlegt werden. Tislog Office verfügt über eine Schnittstelle für bestehende Speditionssoftware. (zp) TIS zeigt auf der Logimat unter anderem neue mobile Endgeräte von Zebra und Honeywell. Quelle: TIS Expansion: Axit auch in China und den USA D as Produkt ist bereits weltweit unterwegs, der Erfinder folgt. Seit dem vierten Quartal 2015 ist das deutsche Softwareunternehmen Axit GmbH, Frankenthal, in Dallas in den USA und in Peking in China vertreten. Die Siemens-Tochter arbeitet an ihrer Internationalisierungsstrategie. Über die von Axit betriebene IT-Plattform AX4 können Logistiker bereits ihre weltweiten Lieferketten per Mausklick über eine Cloud steuern. Das erspart es den Kunden, eine eigene IT-Infrastruktur vorzuhalten. Das Unternehmen gehört seit April 2015 zu Siemens Postal, Parcel & Airport Logistics (SPAL) und arbeitet vor allem an Cloudbasierten, unternehmensübergreifenden Supply-Chain-Management-Lösungen für den internationalen Markt. (zp)
