Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2016-0006
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Intelligente Pedelecs fördern
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Marco Bachmann
Sebastian Amrhein
Michael Kaloudis
Pedelecs erfreuen sich stetig steigender Beliebtheit in der Bevölkerung. Sie sind rechtlich dem Fahrrad gleich gestellt und erreichen durch Motorunterstützung eine Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h. Dies verhindert allerdings ihre Wahrnehmung als Substitut zum Kraftfahrzeug und sie stellen keine vollwertige Mobilitätsalternative dar. Durch Zusammenführung von GPS-Technologie, digitalem Kartenmaterial und zusätzlicher Mikroelektronik kann eine neuartige Elektrorad-Kategorie geschaffen werden, welche die Höchstgeschwindigkeit flexibel erhöht oder autonom begrenzt.
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POLITIK Nachhaltige Mobilität Internationales Verkehrswesen (68) 1 | 2016 16 Intelligente Pedelecs fördern Ein Ansatz zur nachhaltigen Verbesserung unseres Mobilitätsverhaltens Pedelec, GPS, digitale Karten, Geschwindigkeitszonen, Elektromobilität Pedelecs erfreuen sich stetig steigender Beliebtheit in der Bevölkerung. Sie sind rechtlich dem Fahrrad gleich gestellt und erreichen durch Motorunterstützung eine Höchstgeschwindigkeit von 25 km/ h. Dies verhindert allerdings ihre Wahrnehmung als Substitut zum Kraftfahrzeug und sie stellen keine vollwertige Mobilitätsalternative dar. Durch Zusammenführung von GPS-Technologie, digitalem Kartenmaterial und zusätzlicher Mikroelektronik kann eine neuartige Elektrorad-Kategorie geschaffen werden, welche die Höchstgeschwindigkeit flexibel erhöht oder autonom begrenzt. Autoren: Marco Bachmann, Sebastian Amrhein, Michael Kaloudis D ie Zahl der auf unserem Planeten lebenden Menschen steigt seit Jahrzehnten kontinuierlich an und wird für das Jahr 2050 auf 9,55 Mrd. prognostiziert [1, 2]. Besonders mit dem Fortschreiten der Industrialisierung von Schwellenländern und dem damit verbundenen Drang nach Erfüllung des Bedürfnisses Mobilität vieler Personen wird die Auseinandersetzung mit unserem Mobilitätsverhalten erforderlich. Die Kombination aus diesen Faktoren äußert sich in steigendem Verkehrsaufkommen im Individualverkehr großer Bevölkerungsgruppen. Die negativen Folgen in Form von Lärmbelastung, Luftverschmutzung oder Überlastung von Verkehrsinfrastrukturen sind nicht nur im fernen Indien oder China zu beobachten, sondern zeichnen sich bereits jetzt in großem Maße auch in westlichen Ballungsräumen ab. Deutschland ist hiervon keineswegs ausgenommen. Der große Teil der durch Straßenverkehrslärm belasteten Bevölkerung [3] oder hohe Jahresmittelwerte für Feinstaubkonzentrationen in der Luft [4] in betroffenen deutschen Gebieten sprechen eine deutliche Sprache. Um diesen Entwicklungen entgegen zu wirken, definiert die Bundesregierung verschiedene Maßnahmen. Hierzu zählt unter anderem der Nationale Entwicklungsplan Elektromobilität, mit dem 2009 die Basis geschaffen wurde, um zukunftsfähige Mobilitätskonzepte in der Gesellschaft zu etablieren. Er hat zum Ziel, sowohl die Forschung und Entwicklung von batterieelektrisch betriebenen Fahrzeugen als auch ihre Marktvorbereitung und Markteinführung in Deutschland voran zu bringen [5]. Mit seiner weiteren Konkretisierung zum Regierungsprogramm Elektromobilität im Jahre 2011 soll sich Deutschland zum Leitanbieter Elektromobilität weiter entwickeln. Zielgrößen, wie die Zahl der auf deutschen Straßen fahrenden Elektrofahrzeuge für die Jahre 2020 (mind. 1 Mio.) und 2030 (mind. 6 Mio.) wurden definiert und der Ausbau regenerativer Energiegewinnung zur Elektrifizierung von Fahrzeugen beschlossen [6]. Besondere Bedeutung wird auch elektrisch betriebenen Zweirädern zuteil, die ebenfalls Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor ersetzen sollen und somit als integraler Bestandteil neuer Mobilitätskonzepte betrachtet werden können. Nationaler Radverkehrsplan Die Beliebtheit des Fahrrades in Deutschland als umweltfreundliches Fortbewegungsmittel steigt seit Jahren kontinuierlich (Bild 1). Es ist praktisch frei von Lärm- und Schadstoffemission, zeichnet sich durch geringen Flächenbedarf aus und ist sehr flexibel einsetzbar. Längst sind die Potenziale des Fahrradverkehrs zur Entlastung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) auf nationaler Regierungsebene erkannt und schlagen sich in einer zielgerichteten Verkehrs- und Stadtentwicklungspolitik nieder. Mit dem Nationalen Radverkehrsplan 2020 (NRVP) ist ein Instrument geschaffen worden, um die Rahmenbedingungen für den weiteren Ausbau des Radverkehrs festzuschreiben. Der Bund agiert hierbei als Förderer, Impulsgeber, Moderator und Koordinator verschiedenster Projekte zur Umsetzung definierter Maßnahmen und verfolgt das übergeordnete Ziel, den Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen in Deutschland auf 15 % zu erhöhen [7]. Hierdurch soll auch eine Bild 1: Fahrräder in deutschen Haushalten in den Jahren 2000 und 2014 Quelle: [15, 16] Internationales Verkehrswesen (68) 1 | 2016 17 Nachhaltige Mobilität POLITIK Erhöhung des Standortfaktors Lebensqualität besonders in urbanen Gebieten erzielt werden. Die Entlastung von Verkehrswegen bei gleichzeitiger Reduktion der Flächeninanspruchnahme durch abgestellte KFZ und die Verringerung von Schadstoff- und Lärmimmission in verdichteten Lebensräumen, beschreiben positive Begleiterscheinungen steigender Fahrradmobilität. Mobilitätsverhalten in deutschland und Substitutionspotenziale Um den Nutzen eines Pedelecs bei der Umsetzung der Ziele aus dem NRVP quantifizieren zu können, ist es nötig, zuerst die Gesamtverkehrsleistung der deutschen Bevölkerung zu betrachten und im nächsten Schritt mögliche Substitutionspotenziale mit anderen Verkehrsarten zu identifizieren. Hierfür werden regelmäßig Erhebungen zum Mobilitätsverhalten durch verschiedene Institute durchgeführt und veröffentlicht. Die Grundlage für die nachfolgende rechnerische Betrachtung bilden Daten aus der im 43. Jahrgang erschienenen Ausgabe des Taschenbuches „Verkehr in Zahlen 2014/ 2015“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Es wird als ganzheitliches verkehrsstatistisches Standardwerk in Deutschland angesehen, nachdem es auch andere themenbezogene Studien und Erhebungen berücksichtigt, um eine vollständige Datengrundlage bereit zu stellen. Laut [8] haben mobile Personen im MIV allein im Jahre 2012 im Bundesgebiet 914,6 Mrd. Personenkilometer (Pkm) mit dem Motorrad oder dem KFZ zurückgelegt. Gemessen an der Gesamtverkehrsleistung entspricht dies ca. 80,5 % aller zurückgelegten Pkm und 82,5 % des gesamten Verkehrsaufkommens. Hiervon sind nur für Wege zur Arbeitsstelle im Kalenderjahr 2012 insgesamt 180,8 Mrd. Pkm von 10 511- Mrd. Personen zurückgelegt worden. Für den gleichen Betrachtungszeitraum ermittelte das Statistische Bundesamt, dass 49 % aller Berufspendler, unabhängig vom genutzten Verkehrsmittel, weniger als 10 km und weitere 27 % zwischen 10 km und 25 km für den täglichen Weg zur Arbeit zurücklegen [9]. Bemerkenswert ist dabei, dass die genannten Werte über einen mehrjährigen Betrachtungszeitraum nur sehr geringen Schwankungen unterliegen und somit eine plausible Berechnungsbasis bilden. Würde lediglich ein Prozent dieser Wege durch die Nutzung eines Pedelec ersetzt werden, so entspräche dies einer Verkehrsverlagerung von bis zu 1,374 Mrd. km pro Jahr und einer gleichzeitigen Erhöhung der nationalen Radverkehrsleistung um 3,9 % (siehe auch Bilder 2, 3 und 4). Zudem kann mit einer Reduktion von 0,2 Mio. Tonnen Treibhausgasemission jährlich gerechnet werden, nachdem pro gefahrenem Kilometer 148,4 g CO 2 gegenüber einem durchschnittlichen KFZ eingespart werden [10] (Bild 5). das Pedelec als KFZ-Substitut Durch seine elektrische Tretkraftunterstützung bietet das Pedelec dem Nutzer die Möglichkeit, hügelige Topographien mit deutlich verringerter Anstrengung und größerer Geschwindigkeit als mit einem herkömmlichen Fahrrad zu überwinden oder Bild 2: Jährliche Radverkehrsleistung in Mrd. Pkm Quelle: [8] Bild 3: Radverkehrsanteile deutscher Landeshauptstädte Quelle: [17] Bild 4: Radverkehrsanteile europäischer Mitgliedsstaaten Quelle: [18] POLITIK Nachhaltige Mobilität Internationales Verkehrswesen (68) 1 | 2016 18 sich von Gegenwind weniger als zuvor ausbremsen zu lassen. Weiterhin ist belegt, dass man sich im Stadtverkehr auf dem Pedelec bei Entfernungen von bis zu 10 km schneller als mit jedem anderen Verkehrsmittel fortbewegen kann [11], da neben der Fahrbahn auch Parkanlagen, Radwege und Busspuren befahren werden dürfen. Ebenfalls kann das Pedelec als Teil einer multimodalen Transportkette im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) genutzt werden. Positive Nebeneffekte wie der aktive Beitrag zur eigenen Gesundheit und die Reduktion direkter Lärm- und Schadstoffemission sind ebenfalls klare Aspekte, die für die Nutzung eines Elektrorades anstatt eines konventionellen KFZ sprechen. Mögliche Nutzungshemmnisse Nachdem die Vorteile der Pedelec-Nutzung beleuchtet wurden, soll im Folgenden auf Aspekte eingegangen werden, die potenzielle Nutzer noch daran hindern, ihr eigenes KFZ durch ein modernes Elektrorad zu ersetzen. Hierbei muss klar zwischen subjektiven und objektiven Faktoren unterschieden werden, wobei erstere sich häufig nur in der persönlichen Einstellung zum Mobilitätsverhalten begründen und durch eigene Gewohnheiten erklären lassen. Hierzu zählt auch die Angst vor Imageproblemen durch den Verlust eines Statussymbols, welches in Deutschland nach wie vor das Auto darstellt. Ein wesentlich greifbarerer Aspekt, der gegen die Nutzung eines Pedelec für den täglichen Arbeitsweg spricht, begründet sich in der immer noch selbst aufzuwendenden Antriebsenergie. Trotz der zusätzlichen elektrischen Motorunterstützung ist vor allem das Fahren von größeren Geschwindigkeiten weiterhin mit nicht unerheblicher körperlicher Anstrengung verbunden. Abhängig von Fahrstrecke und Reisetempo kann der Fahrer ohne die richtige Sportbekleidung schnell ins Schwitzen kommen, wenn er in entsprechend kurzer Zeit sein Ziel erreichen möchte. Konstruktionsbedingt und durch seinen straßenverkehrsrechtlichen Status als Fahrrad beträgt die Höchstgeschwindigkeit der Mehrheit der in Deutschland benutzten Pedelecs lediglich 25- km/ h bei einer maximalen Nenndauerleistung von 250 W. Besonders für Personen, die auf die Nutzung von Straßen im Mischverkehr angewiesen sind, ist diese Geschwindigkeit allerdings zu gering. Sie reicht nicht aus, um im fließenden Stadtverkehr mitschwimmen zu können oder längere Distanzen in suburbane Gebiete in adäquatem Tempo zurückzulegen, weshalb das KFZ nach wie vor das Mittel der Wahl bleibt. Schnelle Pedelecs sind keine Alternative Der größte Anteil der auf dem Markt befindlichen Elektroräder entfällt mit 95 % auf herkömmliche Pedelecs. Schnelle Pedelecs (S-Pedelecs) mit einer durch Motorunterstützung erreichbaren Höchstgeschwindigkeit von 45 km/ h füllen derzeit lediglich eine Marktnische mit einem Anteil von weniger als 5 % [11]. Dies begründet sich im Wesentlichen durch Auflagen und Restriktionen, die der Nutzer umsetzen und beachten muss. Obwohl sich diese Form des Elektrofahrrades äußerlich kaum von seiner 25 km/ h Version unterscheidet, wird es rechtlich einem Kraftfahrzeug gleichgestellt und unterliegt somit sämtlichen Gesetzen und Ordnungen des Straßenverkehrsrechtes. Das Befahren von Fußgängerzonen oder innerörtlichen Fahrradwegen ohne entsprechende Beschilderung sowie die Flächennutzung von Fahrradparkplätzen oder Gehsteigen sind verboten. Desweiteren besteht Führerschein-, Helm- und Versicherungspflicht. Vor allem Personen, die für Berufswege zwischen ihrem Wohnort in suburbanen exponierten Gebieten und Stadtzentren pendeln, verwehren sich trotz aller Vorteile bisher der Möglichkeit, solche Strecken mit einem S-Pedelec zurückzulegen, obwohl es das geeignete Verkehrsmittel hierfür darstellt. Im Stadtverkehr kann man mit ihm im fließenden Verkehr mitschwimmen, nachdem dortige Durchschnittsgeschwindigkeiten ohnehin nur bei ca. 30 km/ h liegen [12]. Die Bundesregierung geht mit der geplanten Änderung der StVO zur Freigabe von Radwegen für E-Bikes und S-Pedelecs außerhalb geschlossener Ortschaften vorerst einen Schritt in die richtige Richtung [13]. Vor allem auf Ein- und Ausfallstraßen mit erhöhtem Verkehrsaufkommen kann das enorme Gefahrenpotenzial, welches auf die großen Geschwindigkeitsunterschiede der verschiedenen Verkehrsteilnehmer zurückzuführen ist, durch die Trennung von KFZ- und Fahrradverkehr deutlich verringert werden. Zuständigen Straßenverkehrsbehörden wird es zudem in Zukunft freigestellt, auch innerorts Radwege mit entsprechenden Zusatzschildern („E-Bikes frei“) auszustatten, um deren Nutzung für schnelle Elektroradler zu ermöglichen. Diese Maßnahmen führen jedoch nur bedingt dazu, mehr Menschen zur Nutzung von E-Bikes oder S-Pedelecs zu bewegen, solange für sie stets der Status des Kraftfahrzeuges mit den geschilderten Nachteilen erhalten bleibt. Aktuell ist das Einfahren in Fußgängerzonen oder die Flächen- Bild 5: Szenario CO 2 -Einsparungspotenzial Quelle: [8] Internationales Verkehrswesen (68) 1 | 2016 19 Nachhaltige Mobilität POLITIK nutzung von Gehsteigen oder Abstellanlagen nach wie vor verboten und lediglich- den langsameren Elektroradlern vorbehalten. Smart-Bike-Konzept Durch Zusammenführung verschiedener Technologien am Pedelec könnte eine neuartige Elektrorad-Kategorie geschaffen werden, die sich die Vorteile der beiden bisher genannten Modellvarianten zunutze macht. Mit dem Einsatz zukunftsfähiger GPS-Technologie in Verbindung mit digitalem Kartenmaterial erhält ein solches Smart-Pedelec eine intelligente Einheit, die in der Lage ist, ihren zeitdiskreten Standort, unabhängig davon ob gerade ein Radweg, Parkanlage oder Verkehrsstraße genutzt wird, präzise zu bestimmen und zu erkennen. Gleichzeitig wird durch das Motormanagement die durch Unterstützung maximal erreichbare Höchstgeschwindigkeit flexibel geregelt und bei Bedarf autonom begrenzt. So sind verschiedene Szenarien sowohl für herkömmliche Pedelecs als auch ihre schnelle Version denkbar. Hierfür werden anhand des Kartenmaterials relevante Bereiche von den Stadtverwaltungen oder Kommunen definiert und der Hardware in Form von Koordinatenzonen digital zur Verfügung gestellt. Es kann beispielsweise auf innerstädtischen Fahrradwegen mit entsprechender Kennzeichnung („E-Bikes frei“) oder auf Fahrradwegen außerhalb geschlossener Ortschaften, die zum Fahren höherer Geschwindigkeiten geeignet sind, die erreichbare Höchstgeschwindigkeit auf die eines S-Pedelecs erhöht werden. Beim Verlassen dieser Umgebung wird unmittelbar der 25-km/ h-Modus des zulassungsfreien Elektrorades wiederhergestellt. In sensiblen Gebieten, wie Fußgängerzonen, Parkanlagen oder sonstigen verkehrsberuhigten Bereichen kann zudem eine weitere Herabsetzung der Unterstützung (< 25 km/ h) erfolgen, so dass die Akzeptanz durch andere Verkehrsteilnehmer und die Einsetzbarkeit beider Elektroradversionen im gleichen Zuge gesteigert werden. Der jeweilige aktuelle Fahrmodus könnte dabei durch ein Lichtsignal an die Umgebung und andere Verkehrsteilnehmer kommuniziert werden. Für den Nutzer bedeutet dies, dass er einerseits von der geplanten Initiative der Bundesregierung, Radwege zu öffnen, profitiert und sich andererseits absolut gesetzeskonform in allen weiteren Bereichen des öffentlichen und nicht öffentlichen Straßenverkehrs bewegen kann. Personen die ein solches Smart-Bike in Verbindung mit der entsprechend Zulassung und Versicherung nutzen wird es ermöglicht, mit erheblich geringerem Kraftaufwand einen höheren Geschwindigkeitsdurchschnitt in definierten Zonen zu erreichen und gleichzeitig die Vorteile der Fahrradnutzung im Alltag kompromisslos zu integrieren. Ferner ist davon auszugehen, dass das Unfallpotenzial weiter gesenkt werden kann, da Smart-Bike- Nutzer zum einen von anderen Verkehrsteilnehmern nicht mehr als langsames Hindernis wahrgenommen werden und zum anderen berechtigt sind, gesonderte Radverkehrsinfrastruktur zu nutzen. Laut [14] entsteht die Mehrzahl kritischer Situation im Längsverkehr durch Fahrstreifen- und Vorfahrtsmissachtung oder durch Konflikte mit ein- und abbiegenden motorisierten Verkehrsteilnehmern. Es wurde zudem festgestellt, dass S-Pedelec-Fahrer wegen ihres höheren Geschwindigkeitspotenzials nicht signifikant stärker gefährdet sind als langsamere Pedelec- oder Fahrradfahrer, in kritische Situationen zu gelangen. Fazit Ein Pedelec ist nicht nur praktisch und vergleichsweise preisgünstig, es kann gerade in Innenstädten von Mittel- und Oberzentren als Verkehrsmittel helfen, viele gesellschaftspolitische Probleme zu lösen. Die negativen Einflüsse von Luftschadstoff- und Lärmimmission oder Platzmangel auf die Lebensqualität der Menschen werden verringert. Um das elektrisch unterstützte Zweirad unter Betrachtung infrastruktureller und kommunaler Bedingungen für potenzielle Nutzer noch attraktiver zu gestalten, wird es allerdings notwendig sein, die erreichbare Maximalgeschwindigkeit zu erhöhen. Dennoch muss im Hinblick auf die Akzeptanz bei Fußgängern und nicht motorisierten Verkehrsteilnehmern eine gleichzeitige standortabhängige Regulierung derselben stattfinden. Der im September 2015 erschienene Abschlussbericht der Studie „Pedelection. Verlagerungs- und Klimaeffekte durch Pedelec-Nutzung im Individualverkehr“ unterstützt in weiten Teilen genannte Aspekte und fordert eine enge Verzahnung von Anwendung und Begleitforschung [10], die hinsichtlich dieser Thematik mit erhöhter Priorität behandelt werden sollte. Im Rahmen der ehrgeizigen Ziele der Bundesregierung, Elektromobilität auf deutschen Straßen zu etablieren, wird Pedelecs ein enormes Potential zugesprochen. Damit diese allerdings nachhaltig und schnell erreicht werden, muss noch stärker über Neuregelungen in Gesetz- und Rechtsprechung nachgedacht werden, um eine gemeinsame Grundlage für Innovation und Sicherheit unter Einbindung von Forschung und Entwicklung zu schaffen. ■ liTERATuR [1] UN DESA: Weltbevölkerung von 1950 bis 2015 (in Mrd.), 2015. http: / / de.statista.com/ statistik/ daten/ studie/ 1716/ umfrage/ entwicklungderweltbevoelkerung/ , abgerufen am: 13.11.2015 [2] UN DESA: Prognose zur Entwicklung der Weltbevölkerung von 2010 bis 2100 (in Milliarden), http: / / de.statista.com/ statistik/ daten/ studie/ 1717/ umfrage/ prognose-zur-entwicklung-der-weltbevoelkerung/ , abgerufen am: 13.11.2015 [3] Umweltbundesamt: Umweltbewusstsein in Deutschland 2014. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, 2015 [4] Umweltbundesamt: Jährliche Auswertung Feinstaub (PM10) - 2014 (Excel-Version), 2015. www.umweltbundesamt.de/ sites/ default/ files/ medien/ 358/ dokumente/ pm10_2014_3.xlsx, abgerufen am: 30.11.2015 [5] Bundesregierung: Nationaler Entwicklungsplan Elektromobilität der Bundesregierung, 2009 [6] Bundesregierung: Regierungsprogramm Elektromobilität, 2011 [7] Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Nationaler Radverkehrsplan 2020. Den Radverkehr gemeinsam weiterentwickeln, 2012 [8] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Hrsg.): Verkehr in Zahlen. Hamburg: DVV Media 2014 [9] Wingerter, C.: Berufspendler: Infrastruktur wichtiger als Benzinpreis, Wiesbaden 2014 [10] Lienhop, M., Thomas, D., Brandies, A., Kämper, C., Jöhrens, J. u. Helms, H.: Pedelection. Verlagerungs- und Klimaeffekte durch Pedelec-Nutzung im Individualverkehr, 2015 [11] Wachotsch, U., Kolodziej, A. u. Specht, B.: E-Rad macht mobil. Potenziale von Pedelecs und deren Umweltwirkung, 2014 [12] Ahrens, G.-A.: Sonderauswertung zur Verkehrserhebung „Mobilität in Städten - SrV 2008“, Dresden 2009 [13] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Fahrradfreundliche Reform der Straßenverkehrs-Ordnung. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden), Tabea Rößner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen - Drucksache 18/ 5184, Berlin 2015 [14] Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.: Neues Risiko Pedelec? , 2014 [15] Statistisches Bundesamt: Statistisches Jahrbuch 2010. Für die Bundesrepublik Deutschland mit Internationalen Übersichten. Wiesbaden 2011 [16] Statistisches Bundesamt: Statistisches Jahrbuch. Deutschland und Internationales. Wiesbaden 2015 [17] Bracher, T. u. Hertel, M.: Radverkehr in Deutschland. Zahlen, Daten, Fakten, Berlin [18] European Commission: Quality of transport. Report. Special Eurobarometer, Luxembourg, 2014 Michael Kaloudis, Prof. Dr. Fakultät Ingenieurwissenschaften, Hochschule Aschaffenburg michael.kaloudis@h-ab.de Marco Bachmann, B. Eng. Wissenschaftlicher Mitarbeiter Fakultät Ingenieurwissenschaften, Hochschule Aschaffenburg marco.bachmann@h-ab.de Sebastian Amrhein, M. Eng. Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Fakultät Ingenieurwissenschaften, Hochschule Aschaffenburg sebastian.amrhein@h-ab.de
