eJournals Internationales Verkehrswesen 68/1

Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2016-0013
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2016
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Offene Service-Plattform für den Fuhrparkbetrieb

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2016
Julien Ostermann
Kristian Lehmann
Kavivarman Sivarasah
Immer mehr Architekturen werden in Micro-Services aufgeteilt. Dabei gewinnt die Inter- aktion zwischen einzelnen Service-Komponenten und über verschiedene Systemgrenzen hinweg immer mehr an Bedeutung, um neue Mehrwerte für einen Kunden zu schaffen. Das Fraunhofer IAO entwickelt eine für den Fuhrparkbetrieb optimierte, offene Service- Plattform, die verschiedene Mobilitäts- und Energiesysteme kombiniert. Der Fokus liegt besonders auf der Integration von Drittanbieter-Services über offene Schnittstellen als auch auf Konzepten für die dafür notwendigen neuen Abrechnungsmodelle.
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Internationales Verkehrswesen (68) 1 | 2016 36 INFRASTRUKTUR Wissenschaft Offene Service-Plattform für den Fuhrparkbetrieb Flexibles Mobilitäts- und Energiemanagement durch Bündelung von Services über offene Schnittstellen Offene Schnittstellen, Mobilitätssysteme, Energiemanagement, flexible Abrechnungsmodelle, Micro-Services, Service-Plattform Immer mehr Architekturen werden in Micro-Services aufgeteilt. Dabei gewinnt die Interaktion zwischen einzelnen Service-Komponenten und über verschiedene Systemgrenzen hinweg immer mehr an Bedeutung, um neue Mehrwerte für einen Kunden zu schaffen. Das Fraunhofer IAO entwickelt eine für den Fuhrparkbetrieb optimierte, offene Service- Plattform, die verschiedene Mobilitäts- und Energiesysteme kombiniert. Der Fokus liegt besonders auf der Integration von Drittanbieter-Services über offene Schnittstellen als auch auf Konzepten für die dafür notwendigen neuen Abrechnungsmodelle. Autoren: Julien Ostermann, Kristian Lehmann, Kavivarman Sivarasah B ereits heute unterliegt unsere Arbeitsumgebung dem Wandel der Digitalen Transformation. Zunehmend werden Prozesse und Arbeitsaufgaben durch die Unterstützung intelligenter IT-Systeme vereinfacht, beschleunigt oder letztendlich erst ermöglicht. Viele Unternehmen stellt dieser Umbruch vor neue Herausforderungen, und verschiedene Branchen sind davon betroffen [1, 2]. Ausschlaggebend ist hierfür vor allem die Bereitstellung von Services in der Cloud und dieser Trend ist auch im Bereich des Fuhrparkmanagement zu sehen. Vorwiegend monolithische und statische Systeme werden hier zunehmend durch cloudbasierte Ansätze ersetzt [3]. Zu klären ist, ob damit die neuen Anforderungen der Kunden an eine moderne Mobilität erfüllt werden können. Eine Software-Lösung für den Kunden erfordert die Integration verschiedenartiger Schnittstellen, was mit zusätzlichen Kosten und einem verwaltungstechnischen Mehraufwand verbunden ist. Die Schaffung von einheitlichen, offenen Schnittstellen und einer Plattform zur Integration verschiedenartiger Internetdiensten ist notwendig, um diesem Mehraufwand entgegen zu wirken [4]. Je nach Anwendungsgebiet, kann eine IT-Lösung für den Fuhrparkbetrieb unterschiedliche Schwerpunkte setzten. Deshalb bezieht sich der Beitrag auf den Anwendungsfall einer Flotte aus gemischtartigen - also sowohl konventionellen als auch elektrischen - PKW und öffentlichem Nahverkehr, die in einem gewerblichen Kontext von verschiedenen Mitarbeitern genutzt werden können. Im Rahmen verschiedener Forschungsprojekte wie beispielsweise Shared E-Fleet [5], InFlott [6] und eFlotte [7] wurden die Anforderungen für ein Fuhrparkmanagement für den Betriebs eines Mobilitätssystems im geschäftlichen Umfeld untersucht und in Modellversuchen evaluiert. Dabei stellte sich die Herausforderung, verschiedenartige Services bereitzustellen und zu integrieren. Um diese Herausforderungen anzunehmen und bereits jetzt eine Lösung für zukünftig entstehende Probleme zu haben, wird ein cloudbasiertes Software-Konzept für eine offene Service-Plattform für den Fuhrparkbetrieb vorgestellt. Im geschäftlichen Umfeld spielt die Bereitstellung von Mobilität eine wichtige Rolle. Je nach Mitarbeiter, Mobilitätszweck und verwendetem Mobilitätssystem im Unternehmen können sich die Reisemittel unterscheiden. Im Rahmen der bereits erwähnten Forschungsprojekte wurde mit Hilfe eines neuen Softwarekonzepts für Fuhrparkanwendungen ein Großteil von Fuhrparkanforderungen neu angegangen: • Gesonderte Betrachtung und Integration verschiedener Mobilitätsanforderungen - E-Fahrzeuge - Verbrenner- und Hybridfahrzeuge - Einbezug externer Mobilität • Zugangsmanagement • Betrieb in der „Fraunhofer Private-Cloud“ • Lade- und Lastmanagement von E-Fahrzeugen • Motivation zur nachhaltigen Mobilität mittels Gamification 1 Anhand der gewonnenen Erkenntnisse innerhalb der Projekte und Erfahrungen aus dem Eigenbetrieb am Fraunhofer IZS, wurden Prozesse und die notwendige Dienste identifiziert. Eine Herausforderung bei der Umsetzung der Anforderungen ist die Integration der unterschiedlichen Services untereinander, da hierfür verschie- Internationales Verkehrswesen (68) 1 | 2016 37 Wissenschaft INFRASTRUKTUR denste Technologien einzelner System-Komponenten in Einklang gebracht werden müssen. Deshalb wurde die in Bild 1 dargestellte Architektur konzipiert. Die Architektur ist in drei Schichten aufgeteilt: die Repräsentations-, die Business-Logik- und die Kommunikations-Schicht. Die Schicht Repräsentation stellt dabei die Schnittstelle zum Nutzer dar. Letzterer kann ein Plattform-Nutzer oder ein weiterer Service sein, der „Value-Added Services“ anbietet. Die Möglichkeit der Bereitstellung von Drittanbieter-Services über die Plattform, als auch die Bereitstellung von offenen Schnittstellen für Drittanbieter ermöglicht jederzeit die Erweiterung des Gesamtsystems. In der Business-Logik finden das Management und die Orchestrierung der Services statt. Die auf der Plattform angebotenen Services stellen sowohl Basisfunktionalitäten für die Bereitstellung von Cloud-Services in einer „Software as a Service Platform“ bereit, als auch Services zur Durchführung eines Fuhrparkbetriebs. Entsprechend der von den Autoren in [8] dargestellten Prinzipien, kann hierdurch eine vertikale und horizontale „Business Service“-Integration gewährleistet werden. Zu Basisfunktionalitäten in der horizontalen Ebene zählen die Mehrmandantenfähigkeit, die Bereitstellung von Drittanwender-Services auf der Plattform, das Plattform- Monitoring und die Nutzungsabrechnungs-Komponente. In der vertikalen Ebene werden die plattformeigenen Services orchestriert. Diese Services umfassen: • Stammdatenverwaltung: Registrieren der Nutzer, Unternehmen, Standorte; die eingesetzten Fahrzeuge und bei elektrischen Fahrzeugflotten auch die Ladeinfrastruktur. • Dispositionsmanagement: Der Mobilitätsbedarf der Nutzer muss auf verschiedene Mobilitätssysteme abgebildet werden. Diese melden sich als Service bei der offenen Service-Plattform an und können mit in die Disposition integriert werden. Die letzte Schicht, Kommunikation, dient der Kommunikation der von der Plattform bereitgestellten Services mit Drittanwender-Services. Besonders erschwerend ist hierbei die Definition von Schnittstellen, da die einzelnen Services aus vorhandenen Systemen stammen. Im Bereich des Fuhrparkmanagement sind diese vor allem unternehmensspezifisch. Eine Standardisierung ist durch die unterschiedlichen Marktteilnehmer und deren Konkurrenz zueinander schwierig. Um die offene Service-Plattform umzusetzen, sind die Definition der Schnittstellen und ihre freie Zugänglichkeit besonders wichtig, da diese in der Kommunikations-Schicht das Herzstück der Plattform bilden (Bild 2). Basierend auf den neuen Schnittstellen müssen auch herstellerspezifische Adapter für die ein- und ausgehenden Daten geschrieben werden. Die vorgestellte Architektur für eine offene Service- Plattform bedient die Prinzipien des Cloud-Computing und bietet mit einheitlichen und offenen Schnittstellen für Services einen Quasi-Standard für moderne, cloudbasierte Service-Plattformen. Dies ermöglicht Softwareherstellern und Systemhäusern, die spezielle Lö- Benutzer Drittanbieter-Backend Service Service Service Service Business Logik Repräsentation Kommunikation API GATEWAY GUI Bild 1: Software- Architektur der offenen Service- Plattform anhand eines Schichtmodells Bild 2: Beispiel- Abstraktion der Schnittstellen innerhalb der Kommunikationsschicht Internationales Verkehrswesen (68) 1 | 2016 38 INFRASTRUKTUR Wissenschaft sungen für bestehende Probleme im Fuhrparkbetrieb entwickeln, ihre Lösungen bei Erfüllung der Standardisierungsrichtlinien der Kommunikationsschicht als Mikro-Services in die offene Service-Plattform zu integrieren. Hierdurch wird eine hohe Wiederverwendbarkeit von Softwarelösungen erreicht. Durch die Integration externer Services, die als isolierte Komponente u.a. auch auf externen Servern betrieben werden können, kann ein modulares, skalierbares, leicht erweiterbares, heterogenes Gesamtsystem aufgebaut werden. Durch diese Bereitstellung und die integrierte Dienste-Orchestrierung ist sie jederzeit den Bedürfnissen nach horizontal und vertikal skalierbar und flexibel. Dies ermöglicht Bezahlungsmodelle, bei denen Kunden nur für die tatsächlich genutzten Ressourcen zahlen. Zusätzliche Kosten entstehen nur, wenn diese notwendig sind. Ferner verdeutlicht die Architektur, dass auch Enterprise-Anwendungen durch ein Zusammenspiel von Mikro-Services abgelöst werden können. Diese Ergebnisse zeigen auch auf, dass beispielsweise durch den Trend zu Share Economy und Elektromobilität in Mobilitätssystemen verschiedene Möglichkeiten zur Verknüpfung von internetbasierten Dienstleistungen existieren. ■ 1 Auch „Spielifikation“; Anwendung spieltypischer Elemente und Prozesse in einem spielfremden Kontext. liTERATuR [1] Y. Lu, C. Liu, B. Ju: Cloud Manufacturing Collaboration: An Initial Exploration, IEEE WCSE 2012, p163-166, November 2012. [2] May Takada, Masaki Yamada, Yuji Kakutani, Ken Sodeyama, Shingo Hane, Takahiro Fujishiro, Shingo Hane, Takahiro Fujishiro, Yoshinori Furuno, and Hiroshi Watanabe. 2014: An Experimental Analysis on Latency Improvement of Cloud-Based Fleet Management System. In Proceedings of the 2014 IEEE/ ACM 7th International Conference on Utility and Cloud Computing (UCC ‚14). IEEE Computer Society, Washington, DC, USA, 505-506. DOI=http: / / dx.doi.org/ 10.1109/ UCC.2014.73 [3] M. Miller: Cloud Computing: Web-Based Applications That Change the Way You Work and Collaborate Online, Indiana: Que, 2008. [4] Jamsa, Kris, 2013: Cloud computing: SaaS, PaaS, IaaS, virtualization, business models, mobile, security and more. Burlington, MA: Jones & Bartlett Learning. Introducing Cloud Computing pp. 1-15. [5] Ostermann, J. et al., 2014: Leveraging Electric Cross-Company Car Fleets through Cloud Service Chains: The Shared E-Fleet Architecture. In 2014 Annual SRII Global Conference. San Jose, CA: IEEE, pp. 290-297. [6] Satikidis, Dionysios, et al., 2015: 15. Internationales Stuttgarter Symposium. EcoGuru - A system for the integrated management of electrified mobility systems pp. 217-232. [7] Scheffler, G., 2012: eFlotten- und Lademanagement. Fraunhofer IAO. Available at: http: / / www.keim.iao.fraunhofer.de/ de/ verbundprojekte/ eflotten--und-lademanagement- -eflotte-.html [Accessed January 25, 2016]. [8] Zhang, L.-J. & Zhou, Q., 2009: CCOA: Cloud Computing Open Architecture. 2009 IEEE International Conference on Web Services, pp.607-616. Kristian Lehmann, M.Sc. Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Fraunhofer IAO Anwendungszentrum KEIM, Esslingen a.N. kristian.lehmann@iao.fraunhofer.de Julien Ostermann, M.Sc. Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Fraunhofer IAO, Stuttgart julien.ostermann@iao.fraunhofer.de Kavivarman Sivarasah, M.Sc. Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Fraunhofer IAO Anwendungszentrum KEIM, Esslingen a.N. kavivarman.sivarasah@iao.fraunhofer.de URBANE S YS TEME IM WANDEL Branchenübergreifende Informationen zur aktiven Gestaltung der Stadt von morgen Ein Projekt von T RIALOG P UBLISHERS  Online-Wissensplattform  Newsletter  Fachmagazin als E-Paper und Print-Ausgabe Das neue Medium für Fach- und Führungskräfte w w w . t r a n s f o r m i n g c i t i e s . d e