Internationales Verkehrswesen
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0020-9511
expert verlag Tübingen
10.24053/IV-2016-0015
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Malaysia will Hochlohn-Land werden
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Dirk Ruppik
Mit einem Fünf-Jahres-Plan der Regierung will Malaysia zum Hochlohn-Land avancieren – und ein Logis-
tics and Trade Facilitation Masterplan für erstklassige Logistik soll das südostasiatische Land dabei
unterstützen. Er beinhaltet drei Aktionsphasen: die Beseitigung von Engpässen, die Verstärkung des
Inlandswachstums sowie die Erhöhung des lokalen Einflusses der Logistikindustrie. So will Malaysia bis
2020 „Preferred Logistics Gateway“ nach Asien werden.
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Internationales Verkehrswesen (68) 1 | 2016 42 LOGISTIK Infrastrukturausbau Ostasien Malaysia will Hochlohn-Land-werden Mit dem Logistics and Trade Facilitation Masterplan auf-dem-Weg zum „Bevorzugten Logistik-Gateway“ Süddostasien, Fünf-Jahres-Plan, Logistics and Trade Facilitation Masterplan Mit einem Fünf-Jahres-Plan der Regierung will Malaysia zum Hochlohn-Land avancieren - und ein Logistics and Trade Facilitation Masterplan für erstklassige Logistik soll das südostasiatische Land dabei unterstützen. Er beinhaltet drei Aktionsphasen: die Beseitigung von Engpässen, die Verstärkung des Inlandswachstums sowie die Erhöhung des lokalen Einflusses der Logistikindustrie. So will Malaysia bis 2020 „Preferred Logistics Gateway“ nach Asien werden. Autor: Dirk Ruppik M itte 2015 hat Malaysia seinen- neuen Fünf-Jahres-Plan (2016-2020) verabschiedet. Ein Hauptziel ist, Hochlohn- Land zu werden und auch den geringer verdienenden Bevölkerungsschichten durch mehr Bildung höhere Einkommen zu verschaffen. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt derzeit schon um den Faktor 3 bzw. Faktor-2 über dem der Nachbarländer Indonesien bzw. Thailand - 2020 prgnostiziert Germany Trade and Invest (Gtai) ein jährliches Brutto-Nationaleinkommen um 54 100 Malayische Ringit (RM, rund 11 000- EUR) pro Kopf. Der Hauptantrieb für den Wirtschaftsaufschwung soll aus dem Privatsektor kommen. Das Wirtschaftswachstum soll in diesem Fünf-Jahres-Zeitraum bei 5 bis 6 % liegen (2014 bei 6 %), jedoch bringen Ölpreisverfall und schwaches globales Wirtschaftswachstum Unsicherheiten. Die Stärken des Landes mit rund 28 Mio. Einwohnern liegen in einer vergleichsweise guten Infrastruktur, Öl- und Gasreserven, gut ausgebildeten (meist englischsprachigen) Arbeitskräften, Rechtssicherheit und der Förderung ausländischer Investitionen. Nachteile sind eine starke Abhängigkeit von Öl- und Gasreserven, hohe Verschuldung privater Haushalte, hohes Haushaltsdefizit und Korruption. Mittlerweile ist die Herstellung arbeitsintensiver Produkte in Malaysia zu teuer geworden, daher wird sich die Industrie zunehmend auf die Fertigung höherwertiger und wissensbasierter Produkte fokussieren. Die wichtigsten Lieferländer hinter China und Singapur sind Japan und die USA, Deutschland folgt auf Platz 8. Beim Logistics Performance Index (LPI) 2014 der Weltbank rangiert Malaysia auf Platz 25 von 160 Ländern - noch vor China (28), der Türkei (30) und Thailand (35). Im Jahr 2014 wurden rund 98,5 % der Fracht laut der staatlichen Planungskommission Economic Planing Unit (EPU) auf See ins Land gebracht, der Rest überwiegend auf dem Luftweg. Den größten Frachtumschlag aller Seehäfen verbuchte mit 200,3 Mio. t (40 % des gesamten Frachtvolumens) der Hafen Kelang, wobei 63 % aller Güter containerisiert sind. Im Ranking des Containervolumens durch das amerikanische Journal of Commerce (JOC) liegt Kelang weltweit auf Platz 12, der Hafen Tanjung Pelepas auf Platz 18. Bei der Luftfracht liegt der Kuala Lumpur International Airport (KLIA) mit 77 % gehandeltem Frachtvolumen unangefochten in Führung, Penang folgt mit 12 %. Schienenfracht wird hauptsächlich über Padang Pesar an der Grenze zu Thailand abgewickelt (34 %). Logistics and Trade Facilitation Masterplan (LTFM, 2015-2020) Obwohl das südostasiatische Land bislang schon die beste Infrastruktur der Region besitzt, will die Regierung umfangreiche Infrastrukturprojekte angehen. Zur Förderung der Logistikindustrie wurde ein Logistik Masterplan verabschiedet, dessen Maßnahmen teilweise zur besseren Implementierung auch in den Fünf-Jahres-Plan aufgenommen wurden. Danach ist geplant, 130-Mrd. RM (26,4 Mrd. EUR) in schnellere Breitbandnetze, Krankenhäuser und die geplante Schnellzugverbindung von Kuala Lumpur nach Singapur sowie den Pan- Borneo-Highway zu investieren. Weitere 26,4-Mrd. EUR werden für die Bildung bzw. Berufsausbildung aufgewendet. Gleichzeitig will man sich weniger abhängig von den eigenen Ölreserven machen. Der Logistikplan der EPU setzt den Kurs für die Logistikindustrie bis 2020 und enthält fünf strategische Veränderungen: • Stärkung des institutionellen und gesetzgeberischen Rahmenwerks, • Ausweitung des Handels, • Entwicklung von Infrastruktur und der Nachfrage nach Transportdienstleistungen, • Stärkung der Technologie und des Humankapitals sowie die • Internationalisierung der Logistikdienste. Die Einführung läuft in drei Phasen (Bild- 1): Beseitigung von Engpässen, Verstärkung des Inlandswachstums und Stärkung des regionalen Einflusses. Malaysia will damit bis 2020 das „Preferred Logistics Gateway“ nach Asien werden. Die Förderung des Handels und der Logistik ist auch sicher vor dem Hintergrund des ASEAN Transport Strategic Plans zu sehen, dessen finale Phase in diesem Jahr durchgeführt wird. In Phase 2, der Verstärkung des Inlandswachstums von 2016 bis 2019, soll ein integriertes „Hub- und Spoke“-Logistiknetzwerk entstehen. Dazu gehört die Entwicklung des internationalen Flughafens in Kuala Lumpur (KLIA) zum Luftfrachthub Internationales Verkehrswesen (68) 1 | 2016 43 Infrastrukturausbau Ostasien LOGISTIK und des Hafens Kelang zum maritimen Zentrum. Zudem sollen „Frachtdörfer“ und Frachtzentren entstehen, die Fähigkeiten der Logistikdienstleister ausgebaut und gefördert werden. Weiterhin besteht die Absicht, private Betreiber auf Public-Private- Partnership-Basis für Eisenbahnbetrieb und -infrastruktur zu gewinnen. Schließlich ist geplant, dass der lokale Einfluss der Industrie ab 2020 unter anderem durch die Stärkung des E-Commerce und einer effizienteren Stadtlogistik erhöht werden. Hauptmängel bei der Transportinfrastruktur In Malaysia ergänzen sich die Transportmodi bisher nicht, sondern konkurrieren eher miteinander. Zusammen mit einer schlechten Erschließung des Hinterlandes führt dies zu einer geringeren Nachfrage nach Schienenfrachttransport. Wegen der mangelnden Nutzung der Schiene und fehlender Verbindungen auf der „letzten Meile“ ist der Zugang zum Schienenfrachtservice generell schwach ausgebildet, die schlechte Anbindung der Haupthäfen verursacht Verspätungen sowie höhere Inlandstransport- und -handlingskosten. Für die Abwicklung der Exportprozeduren benötigen Versender in Malaysia elf Tage und für der Abwicklung der Importprozeduren acht Tage - in beiden Fällen nahezu doppelt so lang wie im benachbarten Singapur. Der Flughafen KLIA bietet nur wenige Direktflüge nach Europa, was zu einem Abwandern eines hohen Frachtvolumens in die Nachbarstaaten Thailand und Singapur führt. Hafen Kelang schon bald in-den-Top-10 In den Ausbau der unterstützenden Infrastruktur des Hafens Kelang will Malaysia zur Exportunterstützung 300 Mio. RM (60,5 Mio. EUR) investieren. Das amerikanische Journal of Commerce (JOC) berichtete, die Hafenverwaltung sei aufgrund des großen Erfolgs der 2006 eröffneten Port Klang Free Zone (PKFZ) und der Expansion der Northport- und Westport-Terminals zuversichtlich, noch 2016 zu den Top 10 der umschlagstärksten Häfen zu gehören. Der Nordhafen hat seine Kapazität auf 5,6 Mio. TEU erhöht, der Westhafen auf 14 Mio. TEU; gehandelt wurden 2014 rund 2,5 bzw. 8,4 Mio. TEU. Momentan erweitert der Northport das Container Terminal 4 auf 513 m Kailänge mit 17 m Wassertiefe, um Megacontainerschiffe abfertigen zu können. Tanjung Pelepas (PTP) als zweitgrößter Hafen des Landes, ein natürlicher Tiefwasserhafen nahe Singapur mit 15 bis 19 m Tiefe und um 10,5 Mio. TEU Kapazität pro Jahr, Bild 1: Maßnahmen des Logistics and Trade Facilitation Masterplan (LTFM) für Malaysia Quelle: EPU; Download MOT Bild 2: Tanjung Pelepas kann als einziger Hafen Südostasiens auch langfristig mehr Containerverkehr aufnehmen. Foto: Ruppik Internationales Verkehrswesen (68) 1 | 2016 44 LOGISTIK Infrastrukturausbau Ostasien besitzt momentan 14 Liegeplätze und insgesamt 57 Kaikräne für Containerschiffe. Er ist bereits sowohl an die Schnellstraßen als auch an das malayische Schienennetz angeschlossen. Der Hafen-Masterplan sieht am Ende der Entwicklung 95 Liegeplätze und eine Umschlagskapazität von 150 Mio. TEU vor. PTP ist damit der einzige Hafen Südostasiens, der langfristig immer mehr Containerverkehr aufnehmen kann (Bild 2). die Eisenbahn erwacht aus dem dornröschenschlaf Die erste Schienenverbindung Malaysias entstand 1885 zwischen der Zinn-Abbaustadt Taiping und Port Weld. Während der japanischen Besatzung im Zweiten Weltkrieg wurde das bestehende Eisenbahnnetz zerstört und teilweise abgebaut, nach Kriegsende begann England mit dem Wiederaufbau des 2418 km langen Schienennetzes. Das heutige Inter-City-Netz besteht aus nur zwei Hauptlinien, der Westküstenlinie zwischen Singapur und Padang Besar in Perlis an der thailändischen Grenze sowie der Ostküstenlinie zwischen Gemas in Negeri Sembilan und Tumpat in Kelantan. Zusätzlich existiert eine 134 km lange Linie im malayischen Staat Sabah auf Borneo, die Tanjung Aru nahe Kota Kinabalu und Tenom im inneren Sabahs verbindet. Insgesamt nur 438 km sind zweigleisig angelegt (Bild 3). Das Eisenbahnsystem lag lange im Dornröschenschlaf - bisher werden nur 3 % der Güter im Inland auf der Schiene transportiert, dagegen 90 % auf der Straße und 7 % auf dem See- und Luftweg. Nun sind einige zukunftsweisende Projekte geplant. Teilabschnitte der Ostküstenlinie sollen modernisiert und Teile der Westküstenlinie zweispurig ausgebaut werden. Das Frachtvolumen soll in den nächsten Jahren insbesondere mit der zweispurigen Auslegung durch Eisenbahnbetreiber Keretapi Tanah Malayu (KTM) und die Fertigstellung der durchgehenden Verbindung zwischen Singapur und Kunming (China) steigen. Ein Großprojekt ist der Bau der 330- km langen Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Kuala Lumpur und Singapur bis 2020, die rund 43 Mrd. RM (8,7 Mrd. EUR) kosten soll. Die Geschwindigkeit der Züge wird bei 220 km/ h liegen. Singapurs Premierminister Lee Hsien Loong bezeichnet allerdings öffentlich den Zeitrahmen bis 2020 für unrealistisch. Straßen: Zunehmend im Wettbewerb um Investitionen Malaysia besitzt ein Netzwerk von 94 500-km Primär- und Sekundärstraßen, davon 70 970-km asphaltiert; 580 km hochwertiger Schnellstraße zwischen Kuala Lumpur und Singapur bzw. Verbindungen zum Hafen Klang und anderen Destinationen sind eingerechnet. Allerdings ist die Straßeninfrastruktur in Ostmalaysia - in Sarawak und Sabah auf Borneo - immer noch unterentwickelt. Der Infrastrukturplan sieht daher den Bau von 1663 km Pan-Borneo-Schnellstraße zwischen Sabah und Sarawak vor. Das Projekt wird auf 27 Mrd. RM (5,5 Mrd. EUR) veranschlagt und umfasst überwiegend die Erweiterung und den zweispurigen Ausbau der bestehenden Fernstraßen. Die gesamten Investitionen in den Infrastrukturbereich waren bereits von 5,3 Mrd. (2005) auf 14,3 Mrd. RM (2013) gestiegen und sollen bis 2025 jährlich um 9 % steigen. Dies entspricht dem Investitionswachstum in anderen umliegenden Ländern. Ein nach wie vor großes Problem ist allerdings die fehlende Kooperation zwischen Regierung und Privatsektor in diesem Bereich. ■ QuEllEN Germany Trade and Invest (Gtai): http: / / www.gtai.com/ Weltbank: http: / / www.worldbank.org/ Economic Planing Unit (EPU): http: / / www.epu.gov.my Transportministerium Malaysia (MOT): http: / / www.mot.gov.my/ my; Download: http: / / www.mot.gov.my/ en/ logistic/ the-logistics-andtrade-facilitation-masterplan/ background (abgerufen 07.01.2016) Hafen Kelang http: / / www.pka.gov.my/ Hafen Tanjung Pelepas http: / / www.ptp.com.my/ Keretapi Tanah Malayu (KTM, Malayische Eisenbahn) http: / / www.ktmb.com.my/ dirk Ruppik Asien-Korrespondent und freier Fachjournalist, Thailand dirk.ruppik@gmx.de Bild 3: Die bestehenden Inter-City-Linien in Malaysia und Sabah Quelle: KTM
